Protokoll:
16208

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 16

  • date_rangeSitzungsnummer: 208

  • date_rangeDatum: 5. März 2009

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  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 21:40 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 16/208 Wahl des Abgeordneten Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg als stellvertretendes Mitglied in der gemeinsamen Kommission zur Modernisierung der Bund-Länder- Finanzbeziehungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Absetzung der Tagesordnungspunkte 19 c, 20 und 26 d . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nachträgliche Ausschussüberweisung . . . . . . Nachruf auf den ehemaligen Bundesminis- ter des Innern und Präsidenten des Bun- desverfassungsgerichts Prof. Dr. Ernst Benda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 3: Christoph Pries (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dorothee Bär (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Jürgen Kucharczyk (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Reinhard Grindel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Jörg Tauss (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 19: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend – zu dem Entschließungsantrag der Ab- geordneten Ina Lenke, Sibylle Laurischk, Miriam Gruß, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der FDP 22395 D 22396 A 22397 C 22397 C 22397 D 22410 D 22411 C 22412 D 22413 C 22414 D Deutscher B Stenografisch 208. Sitz Berlin, Donnerstag, d I n h a l Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeord- neten Dr. Wolf Bauer, Dr. Edmund Peter Geisen und Dr. Franz Josef Jung . . . . . . . . . Begrüßung des neuen Abgeordneten Werner Wittlich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wahl der Abgeordneten Monika Griefahn als ordentliches Mitglied und des Abgeordne- ten Dr. Andreas Schockenhoff als stellver- tretendes Mitglied in den Verwaltungsrat des Deutsch-Französischen Jugendwerkes . . . . Wahl des Abgeordneten Joachim Hörster als Mitglied des Gemeinsamen Ausschusses nach Art. 53 a des Grundgesetzes . . . . . . . . Benennung des Abgeordneten Wolfgang Börnsen (Bönstrup) als Vertreter des Deut- schen Bundestages für das Präsidium der Filmförderungsanstalt . . . . . . . . . . . . . . . . . M B ( B H J M D F W 22395 A 22395 B 22395 C 22395 D 22395 D Unterrichtung durch den Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien: undestag er Bericht ung en 5. März 2009 t : edien- und Kommunikationsbericht der undesregierung 2008 Drucksache 16/11570) . . . . . . . . . . . . . . . . . ernd Neumann, Staatsminister BK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ans-Joachim Otto (Frankfurt) (FDP) . . . . . . Wolfgang Börnsen (Bönstrup) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . örg Tauss (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . onika Griefahn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE) . . . r. Lothar Bisky (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . ritz Kuhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . olfgang Börnsen (Bönstrup) (CDU/CSU) 22398 B 22398 C 22400 A 22401 A 22403 C 22403 D 22405 A 22405 D 22407 D 22409 B zu der Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Sechster Bericht der Bundesrepublik Deutsch- II Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 208. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 5. März 2009 land zum Übereinkommen der Ver- einten Nationen zur Beseitigung je- der Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW) – zu der Unterrichtung durch die Bun- desregierung: Sechster Bericht der Bundesrepublik Deutschland zum Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW) (Drucksachen 16/8416, 16/5807, 16/9368) b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zu dem Antrag der Abgeord- neten Dr. Kirsten Tackmann, Karin Binder, Heidrun Bluhm, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion DIE LINKE: Internationaler Frauentag muss gesetz- licher Feiertag werden (Drucksachen 16/8373, 16/12139) . . . . . . d) Antrag der Abgeordneten Dr. Barbara Höll, Dr. Kirsten Tackmann, Karin Binder, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Gleichstellung der Ge- schlechter in der Privatwirtschaft durch wirksame gesetzliche Regelungen fördern (Drucksache 16/9486) . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 1: Antrag der Abgeordneten Irmingard Schewe- Gerigk, Kerstin Andreae, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Quote für Aufsichtsratsgremien börsennotierter Unternehmen einführen (Drucksache 16/12108) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ina Lenke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christel Riemann-Hanewinckel (SPD) . . . . . Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christel Humme (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Ina Lenke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christel Humme (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Irmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Johannes Singhammer (CDU/CSU) . . . . . . . . Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kerstin Griese (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . J S C D M A E E Z B W n V u ( T a b c d e 22416 C 22416 D 22417 A 22417 A 22417 B 22418 C 22419 D 22420 B 22420 D 22422 A 22422 B 22422 D 22423 D 22426 C 22427 C 22428 A ohannes Singhammer (CDU/CSU) . . . . . . . ibylle Laurischk (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . aren Marks (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . . ichaela Noll (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Christel Riemann-Hanewinckel (SPD) . . . Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Renate Schmidt (Nürnberg) (SPD) . . . . . . ngelika Graf (Rosenheim) (SPD) . . . . . . . . lisabeth Winkelmeier-Becker (CDU/CSU) lke Ferner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . usatztagesordnungspunkt 10: eschlussempfehlung des Ausschusses für ahlprüfung, Immunität und Geschäftsord- ung zu einem Antrag: Genehmigung zum ollzug eines gerichtlichen Durchsuchungs- nd Beschlagnahmungsbeschlusses Drucksache 16/12131) . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 25: ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Abkommen vom 8. Oktober 2008 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Indien über Sozialversicherung (Drucksache 16/12065) . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Abkommen vom 4. Juli 2008 zwischen der Regierung der Bundes- republik Deutschland und der Regie- rung von Jersey über den Auskunfts- austausch in Steuersachen (Drucksache 16/12066) . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Abkommen vom 4. Juli 2008 zwischen der Regierung der Bundesre- publik Deutschland und der Regierung von Jersey über die Zusammenarbeit in Steuersachen und die Vermeidung der Doppelbesteuerung bei bestimmten Einkünften (Drucksache 16/12067) . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Ina Lenke, Frank Schäffler, Hartfrid Wolff (Rems- Murr), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Attraktivität von Au- pair-Beschäftigungen steigern (Drucksache 16/9481) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Horst Meierhofer, Michael Kauch, Angelika Brunkhorst, weiterer Abgeordneter und 22428 C 22428 D 22429 C 22430 D 22431 D 22432 C 22433 A 22433 C 22434 C 22435 D 22437 B 22438 C 22438 D 22438 D 22439 A 22439 A Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 208. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 5. März 2009 III der Fraktion der FDP: Ökologische Kon- sumentenverantwortung statt Produkt- lenkung durch den Staat – Europäische Ökodesign-Richtlinie grundsätzlich über- arbeiten (Drucksache 16/11912) . . . . . . . . . . . . . . . f) Antrag der Abgeordneten Mechthild Dyckmans, Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Statut der Europäi- schen Privatgesellschaft für deutschen Mittelstand auf europäischer Ebene praxisnah regeln (Drucksache 16/11913) . . . . . . . . . . . . . . . g) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung über die deutsche Personalpräsenz in internatio- nalen Organisationen (Drucksache 16/10963) . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 2: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Modernisierung von Verfahren im patentanwaltlichen Berufsrecht (Drucksache 16/12061) . . . . . . . . . . . . . . . b) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Neuregelung des notariellen Dis- ziplinarrechts (Drucksache 16/12062) . . . . . . . . . . . . . . . c) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Änderung des Internationalen Familienrechtsverfahrensgesetzes (Drucksache 16/12063) . . . . . . . . . . . . . . . d) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ih- ren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Montenegro andererseits (Drucksache 16/12064) . . . . . . . . . . . . . . . e) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Haager Übereinkommen vom 19. Oktober 1996 über die Zustän- digkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Maßnahmen zum Schutz von Kindern (Drucksache 16/12068) . . . . . . . . . . . . . . . f) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Anpassung der Vorschriften des Internationalen Privatrechts an die Ver- ordnung (EG) Nr. 593/2008 (Drucksache 16/12104) . . . . . . . . . . . . . . . g T a b c e f Z a 22439 A 22439 B 22439 B 22439 C 22439 C 22439 C 22439 D 22439 D 22439 D ) Antrag der Abgeordneten Mechthild Dyckmans, Dr. Karl Addicks, Christian Ahrendt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Professionalität und Effizienz der Aufsichtsräte deutscher Unternehmen verbessern (Drucksache 16/10885) . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 26: ) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung truppen- zollrechtlicher Vorschriften und ande- rer Vorschriften (Truppenzollrechts- änderungsgesetz) (Drucksachen 16/11566, 16/12142) . . . . . ) – Zweite Beratung und Schlussab- stimmung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 15. Oktober 2004 zwischen der Bun- desrepublik Deutschland und der Sozialistischen Libysch-Arabischen Volks-Dschamahirija über die För- derung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksache 16/11567) . . . . . . . . . . . . – Zweite Beratung und Schlussabstim- mung des von der Bundesregierung ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 13. November 2007 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Haschemiti- schen Königreich Jordanien über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksachen 16/11568, 16/11988) . . ) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (Drucksachen 16/10298, 16/12111) . . . . . ) Antrag der Bundesregierung: Ausnahme von dem Verbot der Zugehörigkeit zu einem Aufsichtsrat für Mitglieder der Bundesregierung (Drucksache 16/12015) . . . . . . . . . . . . . . )–k) Beschlussempfehlungen des Petitionsaus- schusses: Sammelübersichten 530, 531, 532, 533, 534 und 535 zu Petitionen (Drucksachen 16/11888, 16/11889, 16/11890, 16/11891, 16/11892, 16/11893) . . . . . . . . usatztagesordnungspunkt 3: ) Beschlussempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungs- ausschuss) zu dem Gesetz zur Neuordnung der Entschädigung von Telekommunika- 22440 A 22440 A 22440 B 22440 C 22440 D 22441 A 22441 B IV Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 208. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 5. März 2009 tionsunternehmen für die Heranziehung im Rahmen der Strafverfolgung (TK- Entschädigungs-Neuordnungsgesetz – TKEntschNeuOG) (Drucksachen 16/7103, 16/11348, 16/12016, 16/12120) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beschlussempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Ver- mittlungsausschuss) zu dem Gesetz über das Verfahren des elektronischen Ent- geltnachweises (ELENA-Verfahrensge- setz) (Drucksachen 16/10492, 16/11666, 16/12017, 16/12121) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Beschlussempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Ver- mittlungsausschuss) zu dem Gesetz zur Neuregelung der Kraftfahrzeugsteuer und Änderung anderer Gesetze (Drucksachen 16/11742, 16/11900, 16/11902, 16/11931, 16/12033, 16/12122) . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 5: Erste Beratung des von den Abgeordneten Mechthild Dyckmans, Sabine Leutheusser- Schnarrenberger, Dr. Max Stadler, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der FDP ein- gebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung der Zivilprozessordnung (§ 522 ZPO) (Drucksache 16/11457) . . . . . . . . . . . . . . . . . Mechthild Dyckmans (FDP) . . . . . . . . . . . . . Dr. Jürgen Gehb (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Nešković (DIE LINKE) . . . . . . . . . Brigitte Zypries, Bundesministerin BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Grosse-Brömer (CDU/CSU) . . . . . . Joachim Stünker (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 4: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Menschenrechte und Humani- täre Hilfe zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Achter Bericht der Bundesregierung über ihre Menschen- rechtspolitik in den auswärtigen Bezie- hungen und in anderen Politikbereichen (Drucksachen 16/10037, 16/10285 Nr. 14, 16/11982) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe c d e f 22441 D 22442 A 22442 B 22442 C 22442 C 22444 A 22446 B 22447 C 22448 C 22449 D 22451 B 22452 D 22454 C – zu dem Antrag der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Jerzy Montag, Wolfgang Wieland, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Völkerstrafgesetz- buch wirksam anwenden – zu dem Antrag der Abgeordneten Florian Toncar, Burkhardt Müller- Sönksen, Dr. Karl Addicks, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Für eine verbesserte Zusam- menarbeit deutscher Behörden bei der Verfolgung von Straftaten nach dem Völkerstrafgesetzbuch (Drucksachen 16/7137, 16/7734, 16/10282) ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe zu dem Entschließungs- antrag der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Marieluise Beck (Bremen), Alexander Bonde, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu der Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Dr. Uschi Eid, Kai Gehring, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Zur Lage der Menschenrechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender (Drucksachen 16/2084, 16/2800, 16/9651, 16/11972) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Menschenrechte und Hu- manitäre Hilfe zu dem Antrag der Abge- ordneten Volker Beck (Köln), Winfried Nachtwei, Marieluise Beck (Bremen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Für klare menschen- und völkerrechtliche Bin- dungen bei Auslandseinsätzen der Bun- deswehr (Drucksachen 16/8402, 16/11979) . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe zu dem Antrag der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Marieluise Beck (Bremen), Alexander Bonde, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Eine kohärente und konsistente Men- schenrechtspolitik gegenüber China entwickeln (Drucksachen 16/9422, 16/11980) . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Menschenrechte und Hu- manitäre Hilfe zu dem Antrag der Abge- ordneten Volker Beck (Köln), Marieluise Beck (Bremen), Alexander Bonde, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Men- schenrechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgendern und Inter- 22454 D 22455 A 22455 A 22455 B Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 208. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 5. März 2009 V sexuellen weltweit sicherstellen – Yogyakarta-Prinzipien unterstützen (Drucksachen 16/9603, 16/11981) . . . . . . g) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Menschenrechte und Hu- manitäre Hilfe zu dem Antrag der Abge- ordneten Volker Beck (Köln), Marieluise Beck (Bremen), Alexander Bonde, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aufnahme von Gefangenen aus Guantánamo Bay ermöglichen (Drucksachen 16/11759, 16/12144) . . . . . h) Antrag der Abgeordneten Florian Toncar, Burkhardt Müller-Sönksen, Jens Ackermann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Eigentumsfreiheit weltweit schützen (Drucksache 16/10613) . . . . . . . . . . . . . . . i) Antrag der Abgeordneten Florian Toncar, Burkhardt Müller-Sönksen, Harald Leibrecht, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Erweiterung des Rom-Statuts des Internationalen Straf- gerichtshofs – Verweigerung und Be- hinderung von humanitärer Hilfe bestrafen (Drucksache 16/11186) . . . . . . . . . . . . . . . j) Antrag der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Marieluise Beck (Bremen), Alexander Bonde, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Weitere Verschlechterung der Rechtssituation von Homosexuellen in Nigeria verhindern (Drucksache 16/12107) . . . . . . . . . . . . . . . Christoph Strässer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Burkhardt Müller-Sönksen (FDP) . . . . . . . . . Holger Haibach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Dr. Herta Däubler-Gmelin (SPD) . . . . . . . Monika Knoche (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Holger Haibach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Monika Knoche (DIE LINKE) . . . . . . . . . Angelika Graf (Rosenheim) (SPD) . . . . . . . . Hartwig Fischer (Göttingen) (CDU/CSU) . . . Johannes Jung (Karlsruhe) (SPD) . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 6: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Wolf Bauer, Dr. Christian Ruck, Ingrid Fischbach, weiterer Abgeordneter und der – ( D D D D D H T M J T B s J W w L t f ( D I D H J B T a b 22455 B 22455 C 22455 D 22455 D 22456 A 22456 A 22457 C 22459 C 22460 D 22462 A 22462 C 22463 D 22464 B 22466 A 22467 C 22469 B Fraktion der CDU/CSU sowie der Abge- ordneten Dr. Sascha Raabe, Gregor Amann, Elvira Drobinski-Weiß, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Hunger und Armut in Entwicklungs- ländern durch die Förderung von länd- licher Entwicklung nachhaltig bekämp- fen zu dem Antrag der Abgeordneten Thilo Hoppe, Ulrike Höfken, Ute Koczy, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die Ursa- chen des Hungers beseitigen – Die länd- liche Entwicklung fördern Drucksachen 16/11053, 16/11203, 16/11973) r. Sascha Raabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . r. Karl Addicks (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Wolf Bauer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . r. Karl Addicks (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Wolf Bauer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . üseyin-Kenan Aydin (DIE LINKE) . . . . . . Dr. Sascha Raabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . hilo Hoppe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . arianne Schieder (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . ohannes Röring (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 8: eschlussempfehlung und Bericht des Aus- chusses für Familie, Senioren, Frauen und ugend zu dem Antrag der Abgeordneten Jörn underlich, Klaus Ernst, Dr. Lothar Bisky, eiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE INKE: Arbeit familienfreundlich gestal- en – Vereinbarkeit von Familie und Beruf ür Mütter und Väter lebbar machen Drucksachen 16/7482, 16/10605) . . . . . . . . . r. Eva Möllring (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . na Lenke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ieter Steinecke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . enry Nitzsche (fraktionslos) . . . . . . . . . . . . örn Wunderlich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . ritta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 7: ) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Tourismuspolitische Leitlinien der Bun- desregierung (Drucksache 16/11594) . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Klaus Brähmig, Jürgen Klimke, Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof), weiterer Abgeordneter und der Frak- 22471 B 22471 C 22473 B 22474 C 22476 C 22476 D 22476 D 22477 B 22478 B 22479 B 22480 B 22481 C 22481 C 22483 C 22484 D 22486 C 22487 C 22488 B 22489 C VI Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 208. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 5. März 2009 tion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Annette Faße, Renate Gradistanac, Clemens Bollen, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Barrierefreien Tourismus weiter fördern (Drucksache 16/12101) . . . . . . . . . . . . . . . c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Tourismus zu dem Antrag der Abgeordneten Bettina Herlitzius, Cornelia Behm, Hans-Josef Fell, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Mehr Engage- ment für eine nachhaltige Tourismus- entwicklung – Ausweisung der CO2- Bilanz bei Pauschalreisen (Drucksachen 16/9346, 16/12075) . . . . . . Ernst Hinsken, Beauftragter der Bundesregierung für Tourismus . . . . . . Ernst Burgbacher (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Annette Faße (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Bettina Herlitzius (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Brähmig (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Brunhilde Irber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 10: Erste Beratung des von den Abgeordneten Volker Beck (Köln), Monika Lazar, Jerzy Montag, weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einge- brachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des Bundeswahlgesetzes (Drucksache 16/11885) . . . . . . . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Günter Krings (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gisela Piltz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Uwe Benneter (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE) . . . . . . Tagesordnungspunkt 9: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Modernisierung des Haushaltsgrundsätze- gesetzes (Haushaltsgrundsätzemodernisie- rungsgesetz – HGrGMoG) (Drucksachen 16/12060, 16/12105) . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 12: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Verkehr, Bau und Stadtentwick- l B F u n b ( U E P D W T A N A s D A D u t ( E D D K W S T B w g K g D s ( G W J 22489 C 22489 D 22490 A 22491 A 22492 C 22493 D 22494 D 22495 D 22497 B 22498 D 22499 A 22500 A 22501 A 22503 B 22504 B 22505 B 22507 A ung zu dem Antrag der Abgeordneten Ernst urgbacher, Sibylle Laurischk, Horst riedrich (Bayreuth), weiterer Abgeordneter nd der Fraktion der FDP: Integrierte Pla- ung für Schiene und Straße im Rheingra- en – Gesamtverkehrskonzept Südbaden Drucksachen 16/6638, 16/8029) . . . . . . . . . . we Beckmeyer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . rnst Burgbacher (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Marion Caspers-Merk (SPD) . . . . . . . . . . . Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD) . . . . . . . . eter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . . . Sibylle Laurischk (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Alexander Bonde (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . orothée Menzner (DIE LINKE) . . . . . . . . . infried Hermann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 11: ntrag der Abgeordneten Klaus Riegert, orbert Barthle, Antje Blumenthal, weiterer bgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU owie der Abgeordneten Dagmar Freitag, r. Peter Danckert, Martin Gerster, weiterer bgeordneter und der Fraktion der SPD: uale Karrieren im Spitzensport fördern nd den Hochschulsport strategisch wei- erentwickeln Drucksache 16/10882) . . . . . . . . . . . . . . . . . berhard Gienger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . etlef Parr (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agmar Freitag (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . atrin Kunert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . infried Hermann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . wen Schulz (Spandau) (SPD) . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 14: eschlussempfehlung und Bericht des Aus- ärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Ab- eordneten Wolfgang Gehrcke, Monika noche, Hüseyin-Kenan Aydin, weiterer Ab- eordneter und der Fraktion DIE LINKE: en Prozess von Annapolis durch eigen- tändige Initiativen unterstützen Drucksachen 16/9483, 16/10391) . . . . . . . . . ert Weisskirchen (Wiesloch) (SPD) . . . . . . olfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . ürgen Trittin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22507 B 22507 C 22508 C 22508 D 22509 C 22510 C 22511 C 22513 A 22514 C 22515 B 22516 C 22516 D 22518 A 22519 B 22520 B 22521 B 22522 B 22523 B 22523 B 22524 D 22525 D Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 208. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 5. März 2009 VII Tagesordnungspunkt 13: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Stärkung der Rechte von Verletzten und Zeugen im Straf- verfahren (2. Opferrechtsreformgesetz) (Drucksache 16/12098) . . . . . . . . . . . . . . . . . Alfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jörg van Essen (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jörn Wunderlich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 16: Antrag der Abgeordneten Rainder Steenblock, Jürgen Trittin, Manuel Sarrazin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Zwei Jahre Europa-Vereinbarung – Bundesregierung muss ihre Verpflichtungen unverzüglich vollständig erfüllen (Drucksache 16/12109) . . . . . . . . . . . . . . . . . Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Stübgen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Markus Löning (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Günter Gloser, Staatsminister für Europa . . . . Alexander Ulrich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Michael Roth (Heringen) (SPD) . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 4: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Fortführung der Gesetzeslage 2006 bei der Entfernungspau- schale (Drucksache 16/12099) . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 5: Erste Beratung des von den Abgeordneten Michael Kauch, Angelika Brunkhorst, Horst Meierhofer, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs ei- nes Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Vorrang Erneuerbarer Energien (Drucksache 16/12094) . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 15: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 3. September 2008 zwi- s u F ( A G L R H Z A K A K b ( T A K t N s i ( R B D M G D G T A V A N T A s m ( D K D 22526 C 22526 D 22527 C 22528 B 22529 B 22530 A 22530 B 22531 B 22532 D 22533 D 22534 D 22535 C 22536 C 22536 D chen der Bundesrepublik Deutschland nd dem Königreich Dänemark über eine este Fehmarnbeltquerung Drucksache 16/12069) . . . . . . . . . . . . . . . . . chim Großmann, Parl. Staatssekretär BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ero Storjohann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . utz Heilmann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . ainder Steenblock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gero Storjohann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . ans-Joachim Hacker (SPD) . . . . . . . . . . . . . usatztagesordnungspunkt 6: ntrag der Abgeordneten Katrin Kunert, atja Kipping, Dr. Gesine Lötzsch, weiterer bgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: eine Anrechnung der Abwrackprämie ei ALG II und Eingliederungshilfe Drucksache 16/12114) . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 17: ntrag der Abgeordneten Grietje Staffelt, rista Sager, Silke Stokar von Neuforn, wei- erer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- IS 90/DIE GRÜNEN: Privatsphäre in ozialen Netzwerken schützen – Anbieter n die Pflicht nehmen Drucksache 16/11920) . . . . . . . . . . . . . . . . . ita Pawelski (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . eatrix Philipp (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . r. Michael Bürsch (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . anfred Zöllmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . isela Piltz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Lothar Bisky (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . rietje Staffelt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 18: ntrag der Abgeordneten Britta Haßelmann, olker Beck (Köln), Birgitt Bender, weiterer bgeordneter und der Fraktion BÜND- IS 90/DIE GRÜNEN: Rechtsklarheit und ransparenz schaffen – Öffentlichkeit von ufsichtsratssitzungen kommunaler Ge- ellschaften bundesrechtlich eindeutig nor- ieren Drucksache 16/11826) . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Günter Krings (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . laus Uwe Benneter (SPD) . . . . . . . . . . . . . . r. Max Stadler (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22537 A 22537 B 22538 B 22539 D 22541 A 22541 D 22542 B 22543 C 22543 D 22544 A 22545 A 22546 B 22547 A 22547 D 22549 B 22549 D 22551 A 22551 B 22552 C 22553 C VIII Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 208. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 5. März 2009 Katrin Kunert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Axel Troost (DIE LINKE) zur Abstim- mung über den Antrag: Ausnahme von dem Verbot der Zugehörigkeit zu einem Aufsichts- rat für Mitglieder der Bundesregierung (Ta- gesordnungspunkt 26 e) . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 3 Erklärung nach § 31 Abs. 2 GO der Abgeord- neten Marion Caspers-Merk, Elvira Drobinski-Weiß, Dr. h. c. Gernot Erler und Rita Schwarzelühr-Sutter (alle SPD) zur Ab- stimmung über die Beschlussempfehlung zu dem Antrag: Integrierte Planung für Schiene und Straße im Rheingraben – Gesamtverkehrs- konzept Südbaden (Tagesordnungspunkt 12) . Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Moder- nisierung des Haushaltsgrundsätzegesetzes (Haushaltsgrundsätzemodernisierungsgesetz – HGrGMoG) (Tagesordnungspunkt 9) Jochen-Konrad Fromme (CDU/CSU) . . . . . . Bernhard Brinkmann (Hildesheim) (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Otto Fricke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Roland Claus (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Alexander Bonde (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung zu dem Antrag: Den Prozess von Annapolis durch eigenstän- dige Initiativen unterstützen (Tagesordnungs- punkt 14) Ruprecht Polenz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Dr. Werner Hoyer (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . A Z d R v g D J A Z d d p O F D D C A Z d d E D D M E H A Z E 3 b m ( J A Z d w h K A H K M 22554 A 22555 B 22556 C 22557 A 22557 C 22557 D 22558 B 22560 B 22561 B 22562 D 22563 C 22564 B 22565 D nlage 6 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der echte von Verletzten und Zeugen im Straf- erfahren (2. Opferrechtsreformgesetz) (Ta- esordnungspunkt 13) r. Matthias Miersch (SPD) . . . . . . . . . . . . . erzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 7 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Entwurfs eines Gesetzes zur Fortführung er Gesetzeslage 2006 bei der Entfernungs- auschale (Zusatztagesordnungspunkt 4) lav Gutting (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . lorian Pronold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Volker Wissing (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . r. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . hristine Scheel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 8 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung es Gesetzes über den Vorrang Erneuerbarer nergien (Zusatztagesordnungspunkt 5) r. Maria Flachsbarth (CDU/CSU) . . . . . . . irk Becker (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ichael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . va Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . . ans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 9 u Protokoll gegebene Rede zur Beratung des ntwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom . September 2008 zwischen der Bundesrepu- lik Deutschland und dem Königreich Däne- ark über eine Feste Fehmarnbeltquerung Tagesordnungspunkt 15) ürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 10 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Antrags: Keine Anrechnung der Ab- rackprämie bei ALG II und Eingliederungs- ilfe (Zusatztagesordnungspunkt 6) arl Schiewerling (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . ndrea Nahles (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . einz-Peter Haustein (FDP) . . . . . . . . . . . . . atrin Kunert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . arkus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22566 C 22567 C 22568 D 22569 C 22570 B 22570 D 22571 B 22572 A 22573 A 22573 C 22574 A 22574 C 22575 B 22576 B 22576 C 22577 B 22578 A 22579 B Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 208. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 5. März 2009 22395 (A) ) (B) ) 208. Sitz Berlin, Donnerstag, d Beginn: 9.0
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    Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 208. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 5. März 2009 22557 (A) ) (B) ) zu tragen und den Menschen vor Ort ein lebenswertes werden.Dr. Schwanholz, Martin SPD 05.03.2009 Leben ohne unzumutbare Lärmbelastung zu ermögli- chen. Die Gesundheit der Menschen ist es wert, die ent- stehenden Kosten aufzuwenden. Gesundheit, Umwelt und Infrastruktur dürfen nicht gegeneinander ausgespielt Dr. Scheer, Hermann SPD 05.03.2009 Schily, Otto SPD 05.03.2009 Anlage 1 Liste der entschuldigt * A u A d B r z z S n h u Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Andreae, Kerstin BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 05.03.2009 Beck (Bremen), Marieluise BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 05.03.2009 Fischbach, Ingrid CDU/CSU 05.03.2009 Fischer (Karlsruhe- Land), Axel E. CDU/CSU 05.03.2009* Frankenhauser, Herbert CDU/CSU 05.03.2009 Gabriel, Sigmar SPD 05.03.2009 Glos, Michael CDU/CSU 05.03.2009 Groneberg, Gabriele SPD 05.03.2009 Dr. Freiherr zu Guttenberg, Karl- Theodor CDU/CSU 05.03.2009 Hettlich, Peter BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 05.03.2009 Hill, Hans-Kurt DIE LINKE 05.03.2009 Korte, Jan DIE LINKE 05.03.2009 Dr. Lehmer, Max CDU/CSU 05.03.2009 Lopez, Helga SPD 05.03.2009 Dr. Lotter, Erwin FDP 05.03.2009 Lührmann, Anna BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 05.03.2009 Meckel, Markus SPD 05.03.2009 Möller, Kornelia DIE LINKE 05.03.2009 Dr. Müller, Gerd CDU/CSU 05.03.2009 Paula, Heinz SPD 05.03.2009 S W Z A (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht en Abgeordneten für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung der Westeuropäischen Union nlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Axel Troost (Die Linke) zur Abstimmung über den Antrag: Ausnahme von dem Verbot der Zugehörigkeit zu einem Aufsichtsrat für Mitglieder der Bundesregie- rung (Tagesordnungspunkt 26 e) Im Namen der Fraktion Die Linke erkläre ich, dass nser Votum „Ja“ lautet. nlage 3 Erklärungen nach § 31 Abs. 2 GO der Abgeordneten Marion Caspers-Merk, Elvira Drobinski-Weiß, Dr. h. c. Gernot Erler und Rita Schwarzelühr-Sutter (alle SPD) zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung zu dem Antrag: Integrierte Planung für Schiene und Straße im Rheingraben – Gesamtverkehrs- konzept Südbaden (Tagesordnungspunkt 12) Der Ausbau der Rheintalbahn ist ein besonders be- eutsames Projekt für die Region und den europäischen ahnverkehr. Der Verkehr auf dieser Strecke wird vo- aussichtlich über das Jahr 2015 hinaus kontinuierlich unehmen. Dies ist nicht zu kritisieren, denn wir wollen um Schutz der Umwelt, dass Güterverkehr von der traße auf die Schiene verlagert wird. Dies darf aber icht auf Kosten der Anwohnerinnen und Anwohner ge- en. Die Ausbauvariante „Baden 21“ ist der richtige Weg, m den verkehrspolitischen Notwendigkeiten Rechnung eib, Marion CDU/CSU 05.03.2009 aitz, Christoph FDP 05.03.2009 immermann, Sabine DIE LINKE 05.03.2009 bgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich 22558 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 208. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 5. März 2009 (A) ) (B) ) Daher müssen die bisherigen Planungen überdacht und Alternativtrassen eingehend geprüft werden. Eine realistische Schätzung der Mehrkosten ist hierbei unver- zichtbar. Die Mehrkosten müssen am Ende von Bund, Land und Bahn im Interesse eines richtigen Projekts und im Interesse der Menschen gemeinsam getragen werden. Deshalb müssen Bund, Land und Bahn bald an einen Tisch. Der Antrag der FDP macht jedoch keinerlei Aussage zu finanziellen Aspekten. Aufgrund dieses erheblichen Mangels ist er weder positiv noch negativ zu beurteilen. Seine Kernaussagen schweben damit im luftleeren Raum. Dabei könnte die FDP als Teil der baden- württembergischen Landesregierung durch ein klares Finanzsignal dazu beitragen, dass endlich eine men- schen- und umweltverträgliche Lösung machbar wird. Uns ist eine durchdachte Politik wichtig, die am Ende auch umgesetzt werden kann und umgesetzt werden wird. Daher nehmen wir an der Abstimmung nicht teil, werden jedoch unsere Arbeit zugunsten von „Baden 21“ mit aller Kraft fortsetzen. Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Modernisierung des Haushaltsgrundsätzegeset- zes (Haushaltsgrundsätzemodernisierungsge- setz – HGrGMoG) (Tagesordnungspunkt 9) Jochen-Konrad Fromme (CDU/CSU): Das Thema klingt nach „Ärmelschonern“ und „Buchhalternase“, also nach Langeweile, doch genau das Gegenteil ist der Fall. Ich halte das Haushaltsrecht für eine der Ursachen unserer öffentlichen Finanzmisere. Ein anderes Haus- haltsrecht hätte dazu geführt, dass wir nicht in die Situa- tion gekommen wären, bei einem Gesamthaushaltsvolu- men von 297 Milliarden Euro 43 Milliarden Zinsen zahlen zu müssen. Allein diese beiden Werte machen deutlich, dass wir dringend eine Änderung benötigen, um die Misere nicht noch größer werden zu lassen. Das System bestimmt das Denken der Menschen. Deshalb ist die Vorgabe des Systems auch eine der Ursa- chen für unsere Haushaltskrise. Wenn man etwas ändern will, dann muss man die Übel an der Wurzel bekämpfen und damit zu einem neuen System kommen. Nur das wird am Ende wirklich helfen. Wir haben mit unserem gegenwärtigen Haushaltssys- tem drei Probleme: Es bietet die Möglichkeit, konsum- tive Ausgaben mit Krediten zu finanzieren. Die Tren- nung von Fach- und Finanzverantwortung zwischen Fachminister und Finanzminister versus Fachpolitikern und Haushaltspolitikern begünstigt leichtfertige Ausga- beentscheidungen, weil niemand das Ende sieht. Wir be- trachten bei Projekten nicht die Lebenszykluskosten, sondern immer nur den Ausgabenaufwand, also den Li- quiditätsschluss im ersten Jahr. Das begünstigt Entschei- dungen, die wir uns nicht leisten können und die den Haushalt sprengen. In unserem gegenwärtigen Haus- h z d t w h K I d d m e m h F s z d h l s i f d e k g p d n e m S Z t W w A d g f t r b d ö e k d o d S g 0 K m d (C (D altsrecht dürfen wir Investitionen mit Krediten finan- ieren und später gibt es keine Tilgung. Das führt dazu, ass konsumtive Ausgaben in hohem Umfang mit Kredi- en finanziert worden sind. Wie funktioniert das? Wenn ir ein Auto beschaffen, dann ist das nach der Haus- altsgruppierung eine Investition und darf damit aus rediten finanziert werden. Seit Jahrzehnten wurden alle nvestitionen mit Krediten finanziert. Die Beschaffung es Autos an sich ist aber noch keine Vermögensverän- erung. Entweder ist es ein Aktivtausch, in dem ich Bar- ittel gegen den Vermögensstand „Auto“ tausche, oder s ist eine „Aktiv-Passiv-Mehrung“, in dem ich den Ver- ögensgegenstand „Auto“ erwerbe und gleichzeitig hö- ere Darlehensverpflichtungen eingehe. Erst wenn das ahrzeug benutzt wird, setzt ein Werteverzehr ein. Die- er spiegelt sich im Haushalt aber nicht wider. Das führt u der abstrusen Erscheinung, dass wir für Fahrzeuge, ie Anfang der 70er-Jahre – seitdem gilt dieses Haus- altsrecht – erworben haben, heute noch Zinsen bezah- en, obwohl nicht einmal mehr der Rost sichtbar ist, ge- chweige denn eine Nutzungsmöglichkeit besteht. Hier st ganz klar eine konsumtive Nutzung mit Krediten inanziert. Wir müssen wieder zu der Grundweisheit zurückfin- en, dass niemand auf Dauer mehr ausgeben kann, als er innimmt. Dies gilt auch für den Staat. Durch Kredite ann man seinen Finanzspielraum mittel- und langfristig esehen nicht ausweiten. Man kann lediglich den Zeit- unkt, zu dem eine Ausgabe getätigt wird, „vorziehen“. Ich will den Mechanismus noch einmal verdeutlichen, amit klar wird, dass Schulden an sich nichts Gutes und ichts Böses sind. Feuer kann wärmen, dann ist es gut, s kann zerstören, dann ist es böse. Es kommt eben im- er darauf an, was man damit macht. Gelingt es, über chulden zusätzliche Einnahmen zu erschließen, die insen und Tilgung überschreiten, dann ist das ein posi- iver Effekt. Das ist der Fall von Investitionen in der irtschaft. Denkbar ist dieses aber auch beim Staat, enn ich an die rentierlichen Einrichtungen wie Wasser, bwasser, Müll usw. denke. Immer wenn bezogen auf en Einzelhaushalt eine Kreditaufnahme zu mehr Aus- aben führt, dann erhöht sie den Schuldensockel und ührt in die Schuldenfalle. Genau hier muss die Korrek- ur im öffentlichen Haushaltsrecht ansetzen. Eine wichtige Vorleistung wird hoffentlich die Föde- alismuskommission, die parallel im Bundesrat tagt, ringen. Mit ihren Beschlüssen wird ein vierfacher Para- igmenwechsel verbunden sein. Dies kommt mir in der ffentlichen Diskussion viel zu wenig vor, deshalb soll s noch einmal herausgestellt werden: Der Bund wird ünftig alle aufgenommenen Schulden tilgen. Sowohl ie ordentliche Schuldenaufnahme als auch die außer- rdentliche Schuldenaufnahme wird dazu führen, dass er Schuldenberg nicht weiter anwächst, sondern mit der chuldenaufnahme auch gleichzeitig die Tilgung ein- eleitet wird. Ein kleiner Wermutstropfen ist hier die ,35-Punkte-strukturelle Neuverschuldung, die auf dem ompromisswege von uns als Union akzeptiert werden usste. Ich hätte mir hier eine Null gewünscht wie bei en Ländern. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 208. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 5. März 2009 22559 (A) ) (B) ) Die künftigen Regelungen gelten nicht nur für die Haushaltsaufstellung, sondern auch für den Vollzug. Es wird also eine Nachkalkulation stattfinden, sodass Mani- pulationen über Fehlveranschlagungen auf der Ein- nahme- oder Ausgabenseite nicht zu einer Verschuldung führen können. Verkaufserlöse werden künftig berück- sichtigt, es wird der sogenannte Netto-Investitionsbegriff verwendet. Es wird also künftig nicht mehr vorkommen können, dass Veräußerungserlöse zur Finanzierung kon- sumtiver Staatsausgaben eingesetzt werden können. Der vierte große Wechsel liegt darin, dass künftig Sondervermögen den gleichen Regeln unterworfen wer- den wie der Haushalt an sich. Auf diesem Wege war es bisher möglich, die Regeln zu umgehen. Bei dem Kon- junkturpaket II hatten wir uns freiwillig schon dem künf- tigen Regime unterworfen, indem wir die Tilgung gleich mit geregelt haben. Kreditaufnahmen wird es künftig nur noch in vier Fällen geben: Soll-Ist-Abweichungen sind nicht zu ver- meiden, sie werden aber sofort auf einem Kreditkonto verbucht und müssen gemeinsam mit konjunktureller Sonderverschuldung zurückgeführt werden. Im Auf und Ab der Konjunktur gibt es ein atmendes System, das in einer Abwärtsentwicklung zusätzliche Kreditaufnahme erlaubt, diese muss aber erstens wieder zurückgeführt werden und zweitens ist sie sofort fällig, wenn das entsprechende Konto, auf dem sie nachvollzogen wird, 1,5 Prozent des BIP überschreitet. Hier gibt es noch den politischen Streit zwischen SPD und CDU, ob und wann dieses Konto zu tilgen ist. Die SPD möchte hinsichtlich einer konjunkturell schlechten Entwicklung eine Aufwei- chung, die wir nicht billigen können. Es wird eine struktu- relle Neuverschuldungskomponente von 0,35 Prozent BIP für den Bund geben. Dies ist eine Kröte, die die CDU im Kompromisswege schlucken musste. Wir hätten hier lie- ber eine Null gesehen. Selbstverständlich muss der Staat in Notlagen hand- lungsfähig bleiben. Die entsprechende Möglichkeit, hier Sondermaßnahmen auch über Kredite zu ergreifen, ist beschränkt auf externe Ereignisse, also Ereignisse, die die Politik nicht beeinflussen konnte. Hier ist das Bei- spiel Erdbeben oder Ähnliches zu nennen. Gleichzeitig mit einer Kreditaufnahme muss auch über die Rückfüh- rung der Kredite beschlossen werden. Es gibt hier das gute Beispiel des Fonds Deutsche Einheit und des Maß- nahmenpaketes II. Wenn sich im Laufe des Haushalts- jahres negative Abweichungen ergeben, kann unter bestimmten Bedingungen eine Anpassung durch Kredit- aufnahme erfolgen, diese läuft aber sofort in das Aus- gleichskonto und muss zurückgeführt – also getilgt – werden. Das zweite Problem: Durch die Trennung der Finan- zierungskosten in die Einzelpläne des Finanzministers und die Sachausgaben in den Fachhaushalt, wird der Fi- nanzminister mit der Finanzierung völlig allein gelassen. Die Fachressorts entscheiden mit den Fachpolitikern über Investitionen auf Kredit und niemand sieht, dass dadurch ein „Rattenschwanz“ von Zinskosten ausgelöst wird. Benutzt man ein Gebäude 50 Jahre lang und legt eine Verzinsung von 5 Prozent zugrunde, dann sind die a B n d V z t m a n e s Z h u t d a f d E n c H m s d d t n s D r n D s d z s m k t l F t D h W n W a t h w k (C (D nfallenden Zinskosten im Laufe der Jahre höher als der auaufwand für das Gebäude. Da die Fachpolitik die Fi- anzierungskosten nicht sieht, entscheidet sie nur über en Gebäudeaufwand und nicht über die Folgekosten. erschlimmert wird das noch dadurch, dass allein 25 Pro- ent der Baukosten, nämlich die Bauplanungs-, -lei- ungs- und -überwachungskosten im Haushalt des Bau- inisters aufgrund einer Bund-Länder-Vereinbarung bgewickelt werden. Auch diese sieht die Fachpolitik ie. Der dritte Punkt ist, dass wir nur den Geldaufwand im rsten Jahr der Beschaffung betrachten. Die Folgekosten pielen in der Regel bei einer Entscheidung keine Rolle. war gibt es mit vielfältigen Unterlagen wie der Haus- altsunterlage „Bau“ und Projektbeschreibungen Neben- nterlagen, die die Kosten belegen, aber damit beschäf- igt sich niemand ernsthaft. Am deutlichsten wird das bei er Personaleinstellung. Die Personalkosten bestehen us zwei Teilen, zunächst dem unmittelbaren Gegenwert ür die Arbeitsleistung in Form von Gehalt, aber auch en anteiligen Pensionskosten, die zwangsweise mit der instellung von Personal anfallen, auch wenn es später icht mehr produktiv tätig sein kann. Da keine entspre- henden Rückstellungen gebildet werden, bildet der aushalt die Kosten nur unvollständig ab und stellt da- it eine verkürzte Entscheidungsgrundlage dar. Das all dieses so falsch läuft, liegt nur an einem fal- chen Rechnungswesen. Buchführung ist eben nichts für as Finanzamt oder für den Bundesrechnungshof, son- ern sollte eigentlich ein Steuerungsinstrument für Poli- ik und Verwaltung sein. Genau weil diese Funktion icht ordnungsgemäß wahrgenommen wird, konnten wir o in die Katastrophe laufen. Es gibt Systeme, die genau diese Fehler vermeiden. as ist die Doppik. Die gegenwärtig vorhandene Kame- alistik verzeichnet nur Einnahmen und Ausgaben, also ur Liquiditätsflüsse, und registriert keine Wertströme. as Doppik-System, eine Anlehnung an die Betriebe un- erer Wirtschaft, bildet Wertströme ab und ist deshalb in er Lage, auch den Entscheidern ein besseres Bild zu eichnen. Genau deshalb bin ich persönlich der Auffas- ung, dass wir zu diesem System übergehen sollten und üssen. Ich wiederhole: Das System bestimmt das Den- en! Die reine Ein- und Ausgabenrechnung der Kameralis- ik ist geeignet, einen Hoheitsstaat, der sich ausschließ- ich auf Verwaltungshandeln konzentriert, zu steuern. ür eine solche Organisationsform ist es einfaches und ransparentes Steuerungsinstrument. Die Bundesrepublik eutschland hat sich allerdings vom klassischen Ho- eitsstaat zu einem leistenden Staat mit umfangreicher ertschöpfungstätigkeit innerhalb der staatlichen Orga- isation entwickelt. Insofern ist er in weiten Teilen der irtschaft ähnlicher geworden und deshalb muss man ls Steuerungsinstrument auch ein dafür passendes Sys- em finden. Dem steht nicht entgegen, dass der Bundes- aushalt in großen Teilen nur Zuwendungen umfasst, ie zum Beispiel die Zuschüsse an Renten- und Kran- enversicherungen, für die verbleibenden Teile bedarf es 22560 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 208. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 5. März 2009 (A) ) (B) ) eines Paradigmenwechsels im Denken und deshalb ist der Wechsel notwendig. Die Bundesregierung erkennt Handlungsbedarf an, zieht aber mit ihrem Gesetzentwurf noch nicht ausrei- chende Konsequenzen aus dieser Situation. Sie will die sogenannte Erweiterte Kameralistik. Dabei bleibt offen, ob sie tatsächlich die Wertströme innerhalb der Haus- halte in Titeln abbilden will oder nur in Form von ergän- zenden Unterlagen im Haushaltsplan. Letzteres halte ich für vergebene „Liebesmühe“. Die bisherigen Erfahrun- gen mit Produkthaushalten und Ähnlichem zeigen, dass sich Parlament und Öffentlichkeit tatsächlich nur mit den Teilen eines Haushaltes beschäftigen, die sich tat- sächlich in Einnahmen und Ausgaben der Fachressorts scharf verwirklichen. Deshalb sind statistische Ergän- zungen nicht einmal ein halber Weg. Wenn nun mit ho- hem Aufwand in ein solches Zwischensystem gegangen werden soll, dann führt uns das im Ergebnis nicht weiter. Ich bin dafür, den etwas höheren Aufwand in einen tota- len Systemwechsel zu investieren, um dann auch tat- sächlich Ergebnisse zu erzielen. Weil wir das für den richtigen Weg halten, haben wir den Gemeinden die Einführung der Doppik vorgeschrie- ben. Auf Länderebene zeigt sich ein gemischtes Bild. Es ist nicht konsequent, wenn Bund und Teile der Länder einerseits den Kommunen etwas vorschreiben, es aber für sich selbst nicht anwenden wollen. International gibt es den Sonderweg der Kameralistik immer weniger. Praktisch alle bedeutenden Organisationen wählen die ohnehin vorhandenen Rechnungssysteme aus der Wirt- schaft, sind also für Doppik. Das Nebeneinander von unterschiedlichen Systemen erschwert das Führen einer volkswirtschaftlichen Ge- samtstatistik. Diese ist aber zur politischen Steuerung dringend notwendig. Da man aber nicht verschiedene Statistiken nebeneinander führen kann – das hätte keinen Aussagewert –, müssen Umrechnungen auf ein System erfolgen. Dies haben wir in unserer Gesellschaft so ge- löst, dass die fortschrittlichen Modernisierer, die die Doppik anwenden wollen, auch eine Nebenrechnung in Form einer kameralen Rechnung erstellen müssen, um daraus dann die volkswirtschafte Gesamtstatistik zu ma- chen. Wenn man mehrere Systeme nebeneinander hat, ist das unerlässlich. Das ist ein wichtiges Argument dafür, wieder ein einheitliches Ufer zu erreichen und für alle die im Trend der Zeit liegende Doppik wieder einzufüh- ren. Ich lade Sie alle herzlich zu einer konstruktiven Dis- kussion ein und würde mich freuen, wenn wir am Ende des Gesetzgebungsprozesses alle zu der gemeinsamen Erkenntnis kommen würden, dass nur die Doppik uns auf Dauer weiterführen wird. Bernhard Brinkmann (Hildesheim) (SPD): Erstens zum Gesetzentwurf: Der heute zu beratende Gesetzent- wurf, das Haushaltsgrundsätzemodernisierungsgesetz, scheint – zumindest auf den ersten Blick – eine eher trockene Materie zum Gegenstand zu haben. Das Haus- haltsgrundsätzegesetz erscheint selten auf den Titelsei- ten der großbuchstabigen Tagespresse. Die Gesetzes- n h u u r d H B B h D 1 d r w t s f L R t P j s n ä L w r v l B v c P H r l s s b W M a w d T t f g D s c e m w n c (C (D ovelle ist dennoch nicht zu unterschätzen; sie hat eine erausragende Bedeutung für die Haushalte von Bund nd Ländern. Es handelt sich bei genauerem Hinsehen m eine grundlegende Reform des föderalen haushalts- echtlichen Rahmens. Wir beraten einen Gesetzentwurf, er eine zentrale Weichenstellung für das staatliche aushalts- und Rechnungswesen vornimmt. Auch der undesrechnungshof hat in seinem Bericht nach § 99 HO über die Modernisierung des staatlichen Haus- alts- und Rechnungswesens Reformbedarf gesehen. as bisherige Haushaltsgrundsätzegesetz aus dem Jahr 969 ist nach fast 40 Jahren auch zweifelsfrei reformbe- ürftig. Zweitens. Die Gründe für die Gesetzesnovelle: Wo- um geht es? Bisher basiert die öffentliche Haushalts- irtschaft mit ihrer an Ein- und Auszahlungen orientier- en Sicht auf der Kameralistik. In einigen Bundesländern ind jedoch bereits vor einigen Jahren grundlegende Re- ormvorhaben auf den Weg gebracht worden. Einige änder wollen ihre bislang kameralen Haushalts- und echungswesensysteme auf ein kaufmännisch orientier- es Rechnungswesen, die staatliche Doppik, sowie auf rodukthaushalte umstellen. Die entsprechenden Pro- ekte in Hessen, Hamburg und Nordrhein-Westfalen sind chon recht weit fortgeschritten. Das kamerale Rech- ungswesen ist nach geltendem HGrG allerdings unver- ndert obligatorisch. Daher müssen auch doppische änder einen kameralen Haushalt in Aufstellung, Be- irtschaftung und Rechnungslegung vollständig mitfüh- en. Um diesen Doppelaufwand zu vermeiden, gab es on Länderseite 2006 eine Initiative, die haushaltsrecht- ichen Rahmenbedingungen entsprechend anzupassen. und und Länder sondierten in den letzten zwei Jahren or diesem Hintergrund sehr intensiv, ob und unter wel- hen Bedingungen Doppik und Kameralistik sowie rodukthaushalt und Titelhaushalt als Alternativen im aushaltsrahmenrecht verankert werden können. Drittens. Zentrale Bedingungen für die Modernisie- ung des Haushaltsrechts: Eine solche Pluralität im staat- ichen Haushalts- und Rechnungswesen zu ermöglichen, etzt zum einen voraus, dass die notwendigen finanz- tatistischen Daten von allen staatlichen Haushalten wie isher auf einheitlicher Basis bereitgestellt werden. ichtig ist dies allein schon mit Blick auf die aastricht-Statistik und den bundesstaatlichen Finanz- usgleich. Zum anderen ist sicherzustellen, dass die je- eiligen Systeme einheitliche Regelwerke haben und amit untereinander vergleichbar sind. Für kamerale itelhaushalte existiert die bekannte Haushaltssystema- ik. Für die doppischen Produkthaushalte müssen eben- alls einheitliche Regeln festgelegt werden. Der vorlie- ende Gesetzentwurf sichert dies alles ab. Die für die oppik und Produkthaushalte künftig geltenden Grund- ätze sind in der HGrG-Novelle fixiert. Die umfangrei- hen Systematiken und technischen Details sind von inem Standardisierungsgremium zu erarbeiten. Viertens. Fazit: Kern der Gesetzesreform. Zusam- enfassend ist festzuhalten: Mit dieser HGrG-Novelle ird künftig eine Koexistenz unterschiedlicher Rech- ungswesensysteme ermöglicht, also auch eine staatli- he Doppik im Alleinbetrieb zugelassen. Dabei wird in- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 208. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 5. März 2009 22561 (A) ) (B) ) nerhalb der verschiedenen Systeme das notwendige Maß einheitlicher Vorgaben gesetzt – insbesondere auch für die Reformbereiche staatliche Doppik und Produkthaus- halte. Ferner wird unabhängig von der jeweiligen Aus- richtung der Haushaltswirtschaft weiterhin gewährleis- tet, dass für statistische Anforderungen und sonstige Berichtspflichten die Daten auf einheitlicher Grundlage geliefert werden können. Fünftens. Auswirkungen auf den Bundeshaushalt und die Länderhaushalte: Aus dem Gesetz allein folgen je- doch keine unmittelbaren Handlungsvorgaben zur Umgestaltung des Haushalts- und Rechnungswesens bei Bund und Ländern. Die Gesetzesnovelle eröffnet Optio- nen. Die Länder, die ein doppisches Rechnungswesen als für ihre Verhältnisse am besten geeignet halten, wer- den in die Lage versetzt, ihre Reformmodelle vollständig umzusetzen. Gleichzeitig können die anderen Länder, die einen kameralen oder erweitert kameralen Haushalt als optimal betrachten, ihr Haushaltswesen unverändert beibehalten. Auch der Bund kann das von ihm favori- sierte Modell einer modernen, erweiterten Kameralistik weiterverfolgen. Damit verkörpert der Gesetzentwurf ein Stück funk- tionierenden Föderalismus. Es spricht für sich, dass der Bundesrat den Gesetzentwurf mit überwältigender Mehrheit unterstützt. Auch die Beratungen der extra ein- gerichteten Berichterstattergruppe des Haushaltsaus- schusses waren stets zielorientiert und der inzwischen fertiggestellte Bericht unterstützt ebenfalls den erforder- lichen Modernisierungsprozess. Der grobe Rahmen ist vorhanden, wir sollten daher in den weiteren Beratungen die Modernisierung des Haushaltsrechts konstruktiv und sachgerecht begleiten. Otto Fricke (FDP): Der Gesetzentwurf, mit dem wir uns heute beschäftigen, scheint auf den ersten Blick trocken, rein an Haushaltsrecht orientiert und eigentlich nur etwas für Feinschmecker. Haushaltsgrundsätze- modernisierungsgesetz, so der Titel. Letztlich handelt es sich um ein Gesetz, dessen primäre Intention, das will ich bereits zu Beginn sagen, von der FDP-Bundestags- fraktion grundsätzlich unterstützt wird. Wer kurz verstehen will, was die wesentliche Inten- tion des Gesetzes ist, der mag auf Seite 28 des Gesetz- entwurfes unter „finanzielle Auswirkungen“ schauen. Dort heißt es sehr schön: „finanzielle Auswirkungen: keine. Aus dem Gesetz allein folgen unmittelbar keine zwingenden Handlungsvorgaben zur Umgestaltung des Haushalts- und Rechnungswesen für die Gebietskörper- schaften, es werden lediglich Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet!“ Damit wird klargestellt, dass die Frage, wel- ches Haushalts- und Rechnungswesens eine Gebietskör- perschaft, also eine Gemeinde, ein Kreis, ein Bundes- land oder der Bund selber anwendet, nicht durch dieses Gesetz endgültig festgelegt wird. Festgelegt wird viel- mehr der Rahmen, was in einem funktionierenden Staat dringend notwendig ist, und festgelegt wird außerdem, wie man bei diesem sehr offenen Rahmen die Vergleich- barkeit erhält. Neudeutsch würde dies bedeuten, wie man die richtigen Schnittstellen zur Verfügung stellt. All d t f u d s u t d s g d t l v m s d D v e z F z j d v s l R k w V a k v l R e n d F w H d k n R R v k a P m p Ü G p (C (D ies wird begrüßt. Denn für die Frage, welches das rich- ige Rechnungswesen ist, welches die richtige Bilanz- orm ist, gibt es immer wieder unterschiedliche Ansätze nd Ideen. So ist es zum Beispiel in der Arbeitsgruppe es Haushaltsausschusses immer wieder der von mir ehr geschätzte Kollege Fromme gewesen, der sich klar nd eindeutig für die Doppik ausgesprochen hat, mit gu- en Argumenten. Der Kollege Fromme weiß, dass ich iese Argumente nur zum Teil teile, dass ich aber insbe- ondere für die Bundesebene einer anderen Überzeu- ung bin, die mit der Rolle des Haushaltsausschusses in em gesamten Gefüge zu tun hat. Dazu will ich aber spä- er noch etwas sagen. Nochmals zu der Frage, welche grundsätzlichen Mög- ichkeiten es gibt. Hier gibt der Gesetzentwurf eine her- orragende Übersicht und sollte von jedem, der sich ein- al mit den Denkansätzen auseinandersetzen will, tudiert werden. Ich danke insoweit auch ausdrücklich enjenigen, die diesen Gesetzentwurf erarbeitet haben. er Gesetzentwurf hat auch einen weiteren Vorteil, er ermeidet, dass es doppelte Arbeit gibt, weil man etwa ine Ebene der Gebietskörperschaften dazu verpflichtet, ur Vergleichbarkeit nicht nur in der von ihr gewählten orm des Haushalts- und Rechnungswesens etwas vor- ulegen, sondern auch das entsprechend Passende für die eweils andere Ebene, gemeint wäre wohl dann die Bun- esebene. Im Übrigen wäre es auch aus Sicht eines Liberalen ollkommen falsch, wenn man die Koexistenz unter- chiedlicher Rechnungslegungssysteme nicht ausdrück- ich ermöglichen würde und hierfür nicht einen klaren echtsrahmen setzen würde. Ich sehe auch persönlich eine Alternative zu dem hier gefundenen Gesetzent- urf, soweit es um die Frage geht, welches die richtigen oraussetzungen zur Schaffung sind. Hinzuweisen ist uch noch darauf, dass dieser Gesetzentwurf auf gar einen Fall eine Ermächtigungsgrundlage für Reform- orhaben darstellt und auch keine unmittelbaren Hand- ungspflichten zur Umgestaltung des Haushalts- und echnungswesens ableitet, jedenfalls grundsätzlich. Trotz all dieser positiven Vorzüge, die im Grundsatz igentlich eine Zustimmung meiner Partei zu solch ei- em Gesetzentwurf in einer, wann auch immer stattfin- enden 2./3. Lesung ermöglichen würden, lehnt meine raktion zum gegenwärtigen Zeitpunkt den Gesetzent- urf jedoch ab. Der Grund hierfür liegt im Kern des aushaltsrechtes an sich. Haushaltsrecht wird immer als as Königsrecht des Parlaments beschrieben. In demo- ratischen Zeiten passt diese etwas monarchische Form icht, sodass man wohl sagen könnte, es ist das nobelste echt des Parlamentes, im Auftrage der Steuerzahler der egierung bzw. der Exekutive zu sagen, wofür sie wie iel Geld wann und zu welchen Bedingungen ausgeben ann. Das heißt, es ist Kern dessen, was Gewaltenteilung usmacht. Ohne das Haushaltsrecht verkümmert das arlament am Ende zu einem ausführenden Organ der it weit mehr Fachpersonal und spezifischer Sachkom- etenz ausgestatteten Regierung. Sicherlich, im groben berblick sind die Parlamente in der Lage, die gesamte esetzgebung zu beherrschen. Im Detail sind sie es rein ersonaltechnisch nicht. Wie sollte es auch möglich sein, 22562 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 208. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 5. März 2009 (A) ) (B) ) wenn man sieht, was die Aufgaben eines Parlamentes heute viel mehr als früher sind im Bereich der Informa- tionsverbreitung, der Erklärung von Gesetzen und Ähn- lichem mehr. Außerdem wissen wir, dass die meisten Fachgesetze letztlich zu weit über 95 Prozent aus dem Ministerium stammen, selbst wenn sie als Koalitions- initiativen, wie leider viel zu oft in der Vergangenheit geschehen, dann von den Koalitionsfraktionen übernom- men werden, um möglichst schnell auch verabschiedet werden zu können. Dann ist es aber mehr die Pflicht ei- nes Parlamentes in solchen Zeiten, dass es dafür Sorge trägt, dass die finanziellen Mittel unter der Kontrolle des Parlamentes bleiben. Nun werden viele sagen, aber, Herr Abgeordneter, Sie haben doch gerade ausgeführt, dass das Gesetz keine Er- mächtigungsgrundlage ist und keine wesentlichen Ände- rungen vornimmt. Insoweit stimmt es auch und ist es auch richtig, dass das Gesetz nur formale Vorschriften enthält, und es ist auch in Ordnung, dass das Parlament über diese Änderungen der formalen Vorschriften, über die Frage, was systematisch wie einzuordnen ist und was systematisch wie zu benennen ist, gesetzgeberisch ent- scheidet. Man muss jedoch genau hinschauen, ob nicht auch wiederum Ermächtigungen an die Exekutive, die über das Haushaltsrecht ja kontrolliert werden soll, ge- geben werden. Dieses würde dann bedeuten, dass die zu kontrollierende Exekutive Rechte bekommt, die das Haushaltsrecht der Legislative wiederum verändern und, selbst wenn nicht gewollt, einschränken können. Ich finde hierfür mehrere Ansätze, will mich aber heute auf einen Punkt konzentrieren. Dieses ist der § 49 a Abs. 1 neu. Oft haben wir es bei gesetzlichen Regelun- gen so gehalten, und so ist es auch grundsätzlich richtig, dass die Detailregelung durch Verordnungsermächtigung der Exekutive gegeben wird. Wie ich zuvor ausführte, ist dieses eigentlich ein Paradoxon, wenn man es beim Haushaltsrecht so halten würde. Nun finden wir aber im § 49 a ein Gremium zur Standardisierung des staatlichen Rechnungswesens. Auf den ersten Blick hört sich das nicht besonders gefährlich an, auf den zweiten Blick soll aber dieses Gremium ganz wesentlich die Spielregeln des Haushaltsrechtes bestimmen. Auch das wäre an sich nicht schlimm, wenn dies ein Gremium wäre, das we- sentlich von der Legislative, sowohl auf Bundes- wie auf Landesebene, beeinflusst werden würde. Dieses ist aber gerade nicht der Fall, es soll sich bei diesem Gremium um ein rein exekutiv gesteuertes Gremium handeln, das eine „einheitliche Verfahrens- und Datengrundlage“ je- weils für Kameralistik, Doppik und Produkthaushalte „gewährleisten“ soll. Die Exekutive erarbeitet damit, so auch der Gesetzentwurf, die Standards für die Haushalte, stellt sicher, dass die Finanzstatistik einschließlich der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung berücksichtigt wird, und diese Standards sollen bereits für doppische Haushalte und Produkthaushalte erstmals zum 1. Januar 2010 überprüft werden. Daneben soll es dann noch eine „Verwaltungsvereinbarung“ zwischen Bund und Län- dern geben. Einer solchen Regelung kann aus den vorgenannten Gründen die FDP-Bundestagsfraktion nicht zustimmen, da letztlich das „Handwerksrecht“ der Haushalte der Le- g E d t t S f u P F s t d K T d k d d e h k l G w h s n i f t w a a a w H z h s u w t s s b d n s S „ l w m m w (C (D islative ganz wesentlich exklusiv auf den Ebenen der xekutive legt. Darüber hinaus würde im § 49 a Abs. 2 ann auch noch eine weitere Rechtsverordnungsermäch- igung erlassen, die der Zustimmung „nur des Bundesra- es“ bedarf, mit der dann nähere Bestimmungen für die tandards für kamerale und doppische Haushalte sowie ür Produkthaushalte, insbesondere zum Gruppierungs- nd Funktionenplan zum Verwaltungskontenrahmen und roduktrahmen erlassen werden. Alleine dies hätte zur olge, dass die Exekutive zukünftig alleine darüber ent- cheidet, wie detailreich ein Haushalt ist. Gerade die De- ailreichheit gibt aber grundsätzlich den Parlamenten erst ie Möglichkeit, eine präzisere Steuerung und schnelle ontrolle vorzunehmen. Je gröber ein Haushalt etwa gestrickt wäre, je weniger itel er hätte, umso weniger ist nachvollziehbar, wofür as Geld ausgegeben wird. Man mag nun in einer Nach- ontrolle dieses einzeln wieder aufziffern können, je- och wäre die Transparenz, die bisher gegeben war, ann sehr schnell dahin. Wenn überhaupt, dann kann ine solche Entscheidung nur kommen, wenn die Haus- altsausschüsse zustimmen, und insbesondere nur dann ommen, wenn in dem Gremium eben dann eine wesent- iche Beteiligung der Parlamente gesichert ist. Das vom esetzentwurf angesprochene Bund-Länder-Gremium, elches der Arbeitsausschuss Haushaltsrecht und Haus- altssystematik sein soll, kann jedenfalls nicht die Lö- ung sein. Dass die gesetzlichen Beteiligungsrechte der Rech- ungshöfe unberührt bleiben, mag ein wenig beruhigen, st aber nach unserer Ansicht letztlich Ausfluss der ver- assungsrechtlichen Position der Rechnungshöfe. Verrä- erisch jedoch ist, dass zwar sehr viel Wert darauf gelegt ird, dass die Rechte der Exekutive auf Landesebene, uf Bundesebene der Höfe und des Statistischen Bundes- mtes garantiert werden, auf die Rechte des Haushalts- usschusses, von dem all diese Fragen erst abgeleitet erden, hingegen in keiner Weise. Vielmehr muss der aushaltsausschuss, würde der Gesetzentwurf in Geset- eskraft erwachsen, dieses dann hinnehmen, nicht nur eute, sondern auch zukünftig. Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass der Ge- etzentwurf grundsätzlich in die richtige Richtung geht nd von der FDP hinsichtlich Vergleichbarkeit, Wettbe- erb zwischen den Systemen und Zukunftsfähigkeit un- erstützt wird. Die, wenn auch über geschickte Umwege, tarke Beschneidung der Rechte des Haushaltsausschus- es und die Nichtberücksichtigung der Parlamentshoheit ei Fragen des Haushaltsrechtes führen jedoch dazu, ass meine Fraktion diesen Gesetzentwurf, wenn er icht verändert wird, ablehnen muss, weil sie eine chleichende Entmachtung des Parlamentes an dieser telle nicht mitmachen wird. Ein Parlament, das sein Königsrecht“ im Detail von den Regierungen regeln ässt, begibt sich eines solchen Rechtes und führt einen eiteren Schritt, weg von einer parlamentarischen De- okratie, hin zu einer exekutiven Demokratie mit parla- entarischen Begleiterscheinungen. Roland Claus (DIE LINKE): Mit dem Gesetzent- urf der Bundesregierung ist die Absicht verbunden, Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 208. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 5. März 2009 22563 (A) ) (B) ) Grundsätze der Haushaltswirtschaft zu modernisieren. Einer Überweisung in die Ausschüsse steht nichts im Wege. Da der Text der Bundesregierung jedoch maximal unverständlich ist, will ich zunächst versuchen, den Sachverhalt ein wenig zu erhellen. Das Grundgesetz regelt im Art. 109 die Haushalts- wirtschaftsbeziehungen von Bund und Ländern und damit auch von Kommunen. Im Haushaltsgrundsätzege- setz des Bundes werden die Einzelheiten näher beschrie- ben. Die Haushaltswirtschaft von Bund, Ländern und Kommunen hat sich inzwischen recht verschieden ent- wickelt. Ziel einer Arbeitsgruppe des Haushaltsaus- schusses des Deutschen Bundestages war es deshalb, die Vergleichbarkeit der Haushaltspläne weiterhin zu ge- währleisten, auch um weiterhin eine zuverlässige volks- wirtschaftliche Gesamtrechnung für die Bundesrepublik zu ermöglichen. Neue Entwicklungen bei der Haushalts- wirtschaft und Buchhaltung sollten gefördert werden. Aktuell stehen sich vor allem zwei Systeme der Buch- führung gegenüber: zum einen die Kameralistik – also die klassische Buchung von Einnahmen und Ausgaben, wie sie am meisten bei den Haushalten bei Behörden an- zutreffen ist. Auf der anderen Seite steht die sogenannte doppelte Buchführung, auch Doppik genannt, bei der Kommunen oder auch Länder ihre Buchführung ähnlich wie Unternehmen vornehmen, also zum Beispiel den Ressourcenverbrauch regelmäßig widerspiegeln. Be- reits etwa 300 Kommunen in Deutschland wenden diese doppelte Buchführung an. Parallel zu diesen Beratungen der Arbeitsgruppe des Haushaltsausschusses wurden die Haushaltsbeziehungen von Bund, Ländern und Kommunen in der Föderalis- muskommission und in einem speziellen Arbeitskreis er- örtert. Die Fraktion Die Linke vertritt dazu folgende Position: Wir stimmen dem Gesetzentwurf in jenen Pas- sagen zu, in denen es um die weitere Vergleichbarkeit der Haushalte, um eine auch künftig den Realitäten ent- sprechende volkswirtschaftliche Gesamtrechnung geht. Das bedeutet jedoch für viele Kommunen einen zusätzli- chen Aufwand, weil sie auch weiterhin nach dem alten, kameralistischen Buchungssystem die Daten führen müssen. Die Linke stimmt nicht mit jenen Vorschlägen überein, die zu einer weiteren Beförderung der doppel- ten Buchführung gemacht werden. Diese Haushalte führen letztendlich dazu, dass ihr Inhalt nur noch von Kämmerinnen und Kämmerern und nicht mehr von Bür- gerinnen und Bürgern zu verstehen ist. Die Linke ist für Bürgerhaushalte, also für die Beteiligung der Einwohne- rinnen und Einwohner an richtungsweisenden kommu- nalen Entscheidungen auch bei den städtischen Haushal- ten. Wenn Haushalte immer weniger transparent und verständlich wären, würden die Möglichkeiten der direk- ten Demokratie verringert. Nicht alles, was als Modernisierung daherkommt, bringt auch wirkliche Verbesserungen. Vor zehn Jahren haben viele Finanzbeamte und Kämmerer Cross-Border- Leasing-Geschäfte für eine heilsame Modernisierung ge- halten. Sie werden nun eines Besseren belehrt. Zum Schluss: Wichtiger als Änderungen bei der Buchführung wären Überlegungen von Bundestag und Bundesregie- r s A N s d a t s g m s D E z g 4 3 r i l g H z G s e z p k L z k m d w d t v G k d s P s m d r h T H l h s Z u r (C (D ung für eine langfristig gesicherte bessere Finanzaus- tattung der Kommunen in unserem Land. Alexander Bonde (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): ls haushaltspolitischer Sprecher erlebe ich heute ein ovum: Das Haushaltsgrundsätzemodernisierungsge- etz ist ein Projekt der Großen Koalition, das tatsächlich ie Haushaltspolitik verbessert. Im Gegensatz zum ktuellen Haushalt mit seinen ganzen Neben- und Schat- enhaushalten geht es bei diesem Gesetz um eine verbes- erte, transparentere Form der Haushaltsführung. Dies ilt vor allem für die transparente Darstellung der Ver- ögenssituation, für die Berücksichtigung von Ab- chreibungen und Ressourcenverbrauch, für den Top- own-Ansatz bei der Haushaltsaufstellung und für die inführung der Doppik. Wir haben heute bei der Haushaltsaufstellung einige entrale Kernprobleme: Durch 5 500 Ausgabetitel man- elt es doch wesentlich an Transparenz. Allein 000 Klein- und Kleinsttitel machen zusammen nur ,7 Prozent aller Ausgaben aus. Eine Output-Orientie- ung fehlt ganz. Eine nachhaltige Vermögensrechnung st bisher nicht möglich. Auch ist bisher keine Darstel- ung des Ressourcenverbrauchs möglich. Abschreibun- en können dadurch nicht berücksichtigt werden. Die aushaltsaufstellung leidet unter dem Bottom-Up-Prin- ip: Die Ressorts melden ihren Bedarf an. Das heißt, die esamtkosten bzw. die zur Verfügung stehenden Mittel ind gar nicht Ausgangspunkt der Planung. Besser wäre in Top-Down-Verfahren: Da wird ausgehend von den ur Verfügung stehenden Mitteln geplant. Durch den roduktorientierten Haushalt, den das Gesetz vorsieht, ann die Politik klare Ansagen darüber machen, welche eistungen der Staat erbringen soll, und hierfür Mittel ur Verfügung stellen. Die Ausführung obliegt dann stär- er als bislang den Ressorts. Durch Zielvereinbarungen it den Ressorts und stärkere politische Überwachung er Mittelverwendung kann diese effizienter kontrolliert erden. Durch die Kosten- und Leistungsrechnung wer- en Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen wesentlich erleich- ert. So wird die Transparenz und Nachvollziehbarkeit on Kosten und Leistungen erhöht. Auch wird durch das esetz eine Vermögensrechnung ermöglicht. Dadurch önnen auch Abschreibungen erfasst werden. Wir Grüne haben diesen Prozess der Modernisierung es Haushaltsrechts von Beginn an konstruktiv unter- tützt. In unserem Zukunftshaushaltsgesetz, das wir ins lenum eingebracht haben, werden maßgebliche Be- tandteile des nun vorliegenden Haushaltsgrundsätze- odernisierungsgesetzes bereits vorgeschlagen. Gerade ie erweiterte Kameralistik ist eine deutliche Verbesse- ung gegenüber dem bestehenden System. Allerdings ätten wir uns einen weiteren Schritt zu noch mehr ransparenz gewünscht: die Einführung der doppischen aushaltswirtschaft. Dennoch werden Haushaltsaufstel- ung, Haushaltsbeschluss, Haushaltsvollzug und Haus- altskontrolle durch das Gesetz transparenter. Der Res- ourceneinsatz kann stärker daran ausgerichtet werden, iele effizienter zu erreichen. Die wahre Vermögenslage nd der wahre Werteverzehr des Bundes werden transpa- enter. 22564 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 208. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 5. März 2009 (A) ) (B) ) Aber auch mit dem neuen Haushaltsverfahren braucht es ein waches Parlament. Auch die Kolleginnen und Kollegen der Großen Koalition haben die Aufgabe, das Haushaltsrecht wieder als echte Kontrollfunktion der Regierung wahrzunehmen. Gerade bei den größeren Töpfen, die mit dem neuen Haushaltsgesetz ausgegeben werden, ist dies von zentraler Bedeutung. Denn Schat- tenhaushalte, Sondervermögen und demokratisch nicht ausreichend legitimierte Gremien zur Vergabe von Mit- teln in Milliardenhöhe – SoFFin – darf es nicht mehr ge- ben. Denn alle formalen Grundlagen zur Verbesserung nützen nichts, wenn die Koalition weiterhin eine ehrli- che und offene Haushaltspolitik vermeiden will. Es steht zu befürchten, dass zwar formal die Rahmenbedingun- gen verbessert werden, dass aber in der Praxis die groß- koalitionäre gefährliche Verschleierungstaktik einer ehrlichen und transparenten Haushaltswirtschaft entge- genläuft. Auch ist fraglich, ob die Planung, 2015 den ersten Haushalt auf Bundesebene mit der neuen erweiterten Kameralistik zu beschließen, Bestand haben wird: Denn verfolgt man die derzeitige desolate und gefährliche Haushaltspolitik der Großen Koalition, bestehen Zweifel daran, ob wir für 2015 überhaupt noch einen beschluss- fähigen Haushalt beraten können werden. Mit einem Haushaltsgrundsätzemodernisierungsgesetz das Haus- haltsrecht verbessern ist das eine, aber dann braucht es auch eine Koalition, die eine Haushaltsgrundsätzeeinhal- tungspolitik betreibt. Aber dazu sind Große Koalitionen ja nicht in der Lage. Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung zu dem Antrag: Den Prozess von Annapolis durch eigenständige Initiativen unterstützen (Tages- ordnungspunkt 14) Ruprecht Polenz (CDU/CSU): Mit ihrem Antrag „Den Prozess von Annapolis durch eigenständige Initia- tiven unterstützen“ rennt Die Linke offene Türen ein, so- weit sich darin vernünftige Forderungen finden – und das ist durchaus auch der Fall. Denn viele der von ihr be- nannten Punkte sind Bestandteil der Politik der Bundes- regierung. Ich will deshalb die Gelegenheit nutzen, nach den Wahlen in Israel und den ersten Entscheidungen der neuen amerikanischen Regierung ein paar Worte zu den Chancen zu sagen, wieder zu einem Prozess zu kommen, der den Namen Friedensprozess verdienen würde. Eine dauerhafte Lösung des Konflikts zwischen Israelis und Palästinensern kann nur in einer Zwei-Staaten-Lösung gefunden werden. Wie eine solche Lösung im Wesentli- chen aussehen kann, ist allen Beteiligten eigentlich klar: Die sogenannten „Clinton-Parameter“ aus dem Jahr 2000, die Verhandlungen zwischen Israelis und Palästi- nensern in Taba 2001 und das inoffizielle Verhandlungs- ergebnis der Genfer Initiative von 2003 skizzieren die Kernpunkte: Der Staat Israel liegt im Wesentlichen in den Grenzen von 1967, das palästinensische Staatsgebiet u s l m D j p t n S I k s S s i d w k f t H r i b l d F i F s d D H k I f Ä K s v n k S W R l i H g w f m F b B (C (D mfasst das Westjordanland und den Gazastreifen, Jeru- alem ist die Hauptstadt beider Staaten, wobei für die re- igiösen Stätten eine Sonderregelung gefunden werden uss, Israel räumt die Siedlungen im Westjordanland. ort, wo in Grenznähe und in der Umgebung Jerusalems üdische Siedlungen erhalten bleiben sollen, erhält der alästinensische Staat einen von beiden Seiten akzeptier- en flächenmäßigen Ausgleich, die Rückkehr der palästi- ensischen Flüchtlinge erfolgt in den palästinensischen taat und nur in Ausnahmen und mit Genehmigung sraels in den Staat Israel. Das Ziel einer Zwei-Staaten-Lösung ist also relativ lar. Der Weg dorthin ist das Problem. Auf palästinen- ischer Seite haben wir es mit einem „failing state“ ohne taat zu tun, noch dazu geteilt in Westbank und Gaza- treifen, und einer Autonomiebehörde, die gegenwärtig m Gazastreifen nicht viel zu melden hat. Dort herrscht ie Hamas, bei der nicht zuletzt Die Linke nicht müde ird zu betonen, sie sei demokratisch an die Macht ge- ommen, aber immer wieder vergisst zu sagen, um was ür eine Organisation es sich handelt und in welch dikta- orischer und menschenverachtender Weise sie ihren errschaftsanspruch durchsetzt. Lesen Sie einmal die Be- ichte von Menschenrechtsorganisationen wie „amnesty nternational“ oder „Human Rights Watch“ über die Ver- rechen der Hamas gegen ihre palästinensischen Lands- eute im Gazastreifen nach. Und in ihrer Charta schreibt ie Hamas zu ihrem Verhältnis zu Israel: „Ansätze zum rieden, die so genannten friedlichen Lösungen und die nternationalen Konferenzen zur Lösung der Palästina- rage stehen sämtlichst im Widerspruch zu den Auffas- ungen der Islamischen Widerstandsbewegung (…). Für ie Palästina-Frage gibt es keine andere Lösung als den schihad.“ Teil dieses Dschihads sind die von der amas in Israel verübten Terroranschläge, die das kon- rete Ziel haben, möglichst viele Zivilisten zu töten. Mit hren vorauseilenden Gesprächsangeboten an die Hamas allen Sie dem Palästinenserpräsidenten Abbas und den gyptern, die sich um eine Regierung des nationalen onsenses bemühen, in den Rücken. Aber ein terroristi- cher Hintergrund hat Sie ja, meine Damen und Herren on der Linken, auch in Ihrer Behandlung der kolumbia- ischen Farc nicht gestört. Die Aussichten, wieder zu einem Friedensprozess zu ommen, sind also im Augenblick auf palästinensischer eite nicht gerade günstig. Das gilt leider auch nach dem ahlergebnis für Israel. Der von Präsident Peres mit der egierungsbildung beauftragte Likud-Führer Netanjahu ehnt bisher eine Zwei-Staaten-Lösung ab. Die sich für hn abzeichnenden Koalitionspartner scheinen ihn in der eftigkeit der Ablehnung noch zu übertreffen. Trotzdem gibt es zwei Entwicklungen, die Hoffnun- en machen, und einen Grundtrend, der Handeln not- endig macht. Der Grundtrend: Die Zeit arbeitet nicht ür, sondern gegen eine Zwei-Staaten-Lösung – je länger an wartet, desto schwieriger wird sie zu erreichen sein. Und nun zu den positiven Entwicklungen: Seit der riedensinitiative von König Abdullah von Saudi-Ara- ien, die sich die Arabische Liga auf ihrem Gipfel in eirut 2002 zu eigen gemacht hat, gibt es die grundsätz- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 208. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 5. März 2009 22565 (A) ) (B) ) liche Bereitschaft aller arabischen Nachbarländer, Israel anzuerkennen. Und der neue amerikanische Präsident hat sich den Nahost-Konflikt trotz aller Schwierigkeiten ganz oben auf seine außenpolitische Agenda gesetzt und mit Senator Mitchell eine außerordentlich erfahrene und bei Palästinensern und Israelis gleichermaßen aner- kannte Persönlichkeit zu seinem Nahost-Beauftragten gemacht. Was muss jetzt geschehen? Zuallererst muss natürlich der Waffenstillstand gesichert und gefestigt werden. Die Raketenangriffe auf Israel müssen aufhören. Nicht zu- letzt auch mit deutscher technischer Hilfe muss der Waf- fenschmuggel in den Gazastreifen unterbunden werden. Das wiederum ist die Voraussetzung für eine Öffnung der Grenzübergänge in den Gazastreifen für Hilfsgüter, Menschen und normalen Warenverkehr. Für die Palästinenser wird es außerdem darum gehen, wieder zu einer handlungsfähigen Regierung zu kom- men, die für alle Palästinenser sprechen kann. Mit ägyp- tischer Vermittlung könnte eine Regierung aus „Techno- kraten“ ins Amt gebracht werden, die vor allem zwei Aufgaben hätte: Zum einen müsste sie die internationale Aufbauhilfe für den Gazastreifen entgegennehmen und das Aufbauprogramm in die Tat umsetzen. Zum anderen müsste sie baldige Neuwahlen im Gazastreifen und in der Westbank organisieren, damit für die eigentlichen Verhandlungen mit Israel ein demokratisch legitimierter Partner zur Verfügung steht. Israel muss endlich und sofort jegliche Siedlungstä- tigkeit jenseits der grünen Linie einstellen. Es gibt kei- nerlei Grund, die Erfüllung dieser Forderung von irgend- welchen Bedingungen abhängig zu machen, die die Palästinenser zuvor erfüllen müssten, denn jedes neue Haus in der Westbank ist ein betoniertes Hindernis auf dem Weg zum Frieden. Das gilt auch – und ich sage das aus aktuellem Anlass mit besonderem Nachdruck – für Ost-Jerusalem. Ich schließe mich ausdrücklich der For- derung von Amos Oz, David Grossmann und den ande- ren israelischen Preisträgern an, die sich in einem offenen Brief an den israelischen Bürgermeister von Je- rusalem, Nir Barkat, gegen die geplante Zerstörung von 88 Häusern, bewohnt von 1 000 Palästinensern im Ost- Jerusalemer Stadtteil Silwan, gewandt haben. Die Häu- ser sollen zerstört werden, um Platz für einen Park zu schaffen. Diese Vorgehensweise ist einer von vielen – so buchstäblich – Bausteinen einer Strategie, die arabische Bevölkerung Jerusalems zu reduzieren und die direkte Verbindung Ost-Jerusalems zur Westbank durch immer neue jüdische Siedlungen zu unterbrechen. Auf diese Weise sollen Fakten geschaffen werden, damit Ost-Jeru- salem nicht als Hauptstadt eines palästinensischen Staa- tes fungieren kann. Das israelische Ministerium für Wohnungsbau gibt an, dass es derzeit insgesamt Baupro- jekte für 4 554 Wohneinheiten in Siedlungen gebe, da- von 94 Prozent in Ost-Jerusalem. Diese Häuser dürfen nicht gebaut werden. Die sofortige und unbedingte Ein- stellung jeglicher Siedlungstätigkeit ist ein entscheiden- der Schritt, der Israel jetzt abverlangt werden muss. Israel sollte auch gedrängt werden, endlich sein Ver- sprechen einzuhalten und Straßensperren in der West- b d a ü A Z w E S n w V w T k d s g o b b t u m l l p b c d d w n h O n v a m n s d k d f e O b t u S D b s a v z (C (D ank abzubauen. Ich habe mit Interesse eine Übersicht es Israelischen Zentrums für internationale Zusammen- rbeit (MASHAV) am israelischen Außenministerium ber die Zusammenarbeit mit der palästinensischen utonomiebehörde (PA) gelesen. Der Schwerpunkt dieser usammenarbeit liege unter anderem auf den Gebieten irtschaftliche Entwicklung, Arbeitsplatzbeschaffung, rnährung und Landwirtschaft, Gesundheitsversorgung. o wichtig und nützlich die einzelnen dort beschriebe- en Projekte auch sein mögen, angesichts der enormen irtschaftlichen Schäden, die der palästinensischen olkswirtschaft durch die Straßenblockaden zugefügt erden, bleiben diese Projekte weniger als der berühmte ropfen auf den heißen Stein. Schon vor zehn Jahren am die Weltbank in einer Schätzung zu dem Ergebnis, ass die Straßenblockaden die palästinensische Wirt- chaft mehr als sieben Millionen Dollar pro Tag kosten, anz zu schweigen von den moralischen Kosten, die die ft demütigen Abfertigungsprozeduren mit sich bringen. Lassen Sie mich mit einem Zitat schließen. „Wir ha- en ein ,window of opportunity‘, einen kurzen Augen- lick, ehe wir in eine außerordentlich gefährliche Situa- ion kommen –, in dem wir einen historischen Schritt in nseren Beziehungen mit den Palästinensern … machen üssen. (…) Wir müssen eine Übereinkunft mit den Pa- ästinensern erreichen, die einen Rückzug aus nahezu al- en, wenn nicht allen der besetzten Gebiete bedeutet. Ein aar Prozent dieser Gebiete können in unseren Händen leiben, aber wir müssen den Palästinensern den glei- hen Prozentsatz von Gebieten anderswo geben – ohne iesen Schritt wird es keinen Frieden geben.“ Und auf ie Frage „einschließlich Jerusalem?“ erfolgt die Ant- ort „einschließlich Jerusalem – mit, so würde ich mei- en, speziellen Verabredungen für den Tempel und die eiligen und historischen Stätten.“ Gesagt hat dies Ehud lmert in einem Interview mit der Zeitung Yedioth Ahro- oth, das ich aus einer Übersetzung der New York Re- iew of Books vom 4. Dezember 2008 entnommen und us dem Englischen übersetzt habe. Warum, so habe ich ich gefragt, kommen Politiker erst zu solchen Erkennt- issen, wenn sie kurz davor stehen, aus dem Amt zu cheiden? Aber sei es drum. Als Vermächtnis für jeden enkbaren Nachfolger behalten diese Sätze ihre Gültig- eit. Dr. Werner Hoyer (FDP): 4,5 Milliarden US-Dollar, ie in dieser Woche für den Wiederaufbau des Gazastrei- ens von fast 80 Nationen zugesagt wurden, sind eine be- indruckende Zahl. Und trotzdem kann nicht wirklich ptimismus aufkommen. Denn die Situation in Nahost leibt verfahren. Im Kern stehen wir vor einer Situation, in der alle be- eiligten Parteien des Konfliktes der Fehleinschätzung nterliegen, sie hätten im jüngsten Waffengang einen ieg davongetragen. Israel hat seine Ziele nicht erreicht: er Raketenbeschuss geht weiter, Gilad Shalit ist nicht efreit, die Tunnelanlagen zu Ägypten waren nie voll- tändig zerstört oder werden unter Hochdruck wieder ufgebaut. Und auf der anderen Seite sind durch die un- erantwortlichen Handlungen der Hamas Tausende Tote u beklagen, die Grenzen bleiben mehr oder weniger ge- 22566 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 208. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 5. März 2009 (A) ) (B) ) schlossen, und das Ziel eines Palästinenserstaates ist in weitere Ferne gerückt. Ich kann nicht erkennen, wie sich in dieser Situation jemand als Sieger betrachten kann. Aber die Tatsache, dass es ganz offensichtlich so ist, macht es so unglaub- lich schwer, jetzt zu einer Verhandlungslösung zu kom- men, oder sagen wir besser: einen Verhandlungsprozess überhaupt erst einmal wieder zu initiieren. Es ist schwer, in einer solchen Situation, in der die Kompromissbereitschaft auf beiden Seiten nahe dem Gefrierpunkt ist, Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Vollkommen unrealistisch wäre es, in solch einer Lage von der einen oder anderen Seite Vorleistungen zu er- warten. Wir können uns das noch so sehr wünschen, es wird solche nicht geben. Und genauso falsch wäre es, die Situation jetzt durch Schuldzuweisungen von außen wei- ter zu verhärten. Mir ist vollkommen klar, dass es auch hier im Hause viele reizt, erkanntes Unrecht der einen oder anderen Seite auch anzuprangern. Aber ich bin zu- gleich auch der festen Überzeugung, dass wir auf diesem Wege keinen Schritt weiterkommen werden. Ein Entspannungsszenario muss zum jetzigen Zeit- punkt auf der Gleichzeitigkeit von Maßnahmen basieren – im Idealfall in Form eines Waffenstillstandes mit gleich- zeitiger Öffnung der Grenzübergänge und einer Freilas- sung Gilad Shalits. Ich hoffe sehr, dass die ägyptischen Verhandlungen hierzu Fortschritten kommen können. Das politische Signal, das von Scharm el Scheikh aus- gegangen ist, ist anderer Natur. Es ist die deutliche Bot- schaft, dass die internationale Staatengemeinschaft die moderaten Kräfte in der Region stützen wird. Das gilt für Präsident Abbas, zu dem ich derzeit keine Alterna- tive sehe – und der durch Erfolge gestärkt werden muss, wenn wir ihn nicht spätestens mit den nächsten Wahlen verlieren wollen. Und das gilt auch für jede kommende israelische Regierung. Neben die Beobachtung, dass Schuldzuweisungen in die eine oder andere Richtung nicht hilfreich sind, möchte ich noch einen anderen Punkt stellen. Was gelin- gen muss, ist, die Gesprächsfähigkeit zwischen den Kon- fliktparteien so zu institutionalisieren, dass die Tages- politik den Friedensprozess als solchen nicht dominieren kann. Ansätze dazu haben wir in den Verhandlungen zwischen Israel und der Fatah bereits gesehen. Ich denke, es wäre ein großer Fortschritt, wenn sich dies breiter aufstellen ließe, breiter sowohl thematisch als auch hinsichtlich der regionalen Dimension des Konflik- tes. Der Helsinki-Prozess und das Modell der KSZE können hier Vorbild sein. Es lohnt sich, über einen sol- chen Ansatz nachzudenken und ihn mit unseren ameri- kanischen Freunden, die sich auch in ihrer Nahostpolitik in der Phase der „policy review“ befinden, zu diskutie- ren. Die neue amerikanische Außenministerin hat erken- nen lassen, schon in ihrem Vortrag im Rahmen ihrer Se- natsanhörung und jetzt während ihres ersten Besuches in der Region, dass sie einen solchen Ansatz ebenfalls fa- vorisiert. Wir sollten sie meiner Meinung nach dabei nach Kräften unterstützen. Das schließt den scheinbar b z w U L d U r t A s d b d 2 n s O b V N l s l B Z d t O c e d k R R g a t s l ä n M (C (D eginnenden Versuch, zu einer Annäherung mit Syrien u kommen, ausdrücklich ein. Auch mit Blick auf Syrien ird das Denken in Vorleistungen nicht weiterführen. nd wir werden auch nicht von heute auf morgen ein and wie Syrien dort sehen, wo wir es gerne hätten. Auf em Weg von schwarz nach weiß gibt es viele Grautöne. nd diese muss man aushalten können, wenn man ealistische, strategisch ausgerichtete Außenpolitik be- reiben möchte. nlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der Rechte von Verletzten und Zeu- gen im Strafverfahren (2. Opferrechtsreformge- setz) (Tagesordnungspunkt 13) Dr. Matthias Miersch (SPD): Der vorliegende Ge- etzentwurf für ein 2. Opferrechtsreformgesetz knüpft an ie Verbesserungen für Opfer in Strafverfahren an, die ereits unter rot-grüner Bundesregierung vor allem urch das Opferrechtsreformgesetz vom 1. September 004 erreicht wurden. Der Entwurf nimmt darüber hi- aus auch Vorschläge des Bundesrates auf, sodass man chon davon reden kann, dass nunmehr die Stellung des pfers im Strafverfahren in ein Gesamtkonzept einge- ettet wird, das zu substanziellen Veränderungen und erbesserungen führt. Ein paar Beispiele möchte ich nennen: Erstens. Die Möglichkeit, sich als Nebenkläger bzw. ebenklägerin Strafverfahren anzuschließen, wird deut- ich erweitert. Verfahren, die Delikte gegen höchstper- önliche Rechtsgüter betreffen, sollen künftig die Mög- ichkeit der Nebenklage einschließen. Das gilt zum eispiel für Opfer von sexueller Nötigung, Raub oder wangsheirat. Zweitens. In diesem Zusammenhang wird der Kreis erjenigen, die – unabhängig von ihrer finanziellen Leis- ungsfähigkeit – einen Anspruch auf Beiordnung eines pferanwalts auf Staatskosten haben, erweitert. Das si- hert die konsequente Wahrnehmung der Interessen und rmöglicht gleichzeitig, durch professionelle Begleitung er potenziellen Täter- und Opferseite auch besser zu onfliktschlichtenden Verabredungen – zum Beispiel im ahmen des Täter-Opfer-Ausgleiches – zu gelangen. Drittens. Erstmals wird gesetzlich verankert, dass ein echtsanwalt jederzeit als Zeugenbeistand hinzugezo- en werden kann. Viertens. Zum Schutz junger Opfer wird die Schutz- ltergrenze von 16 auf 18 Jahre angehoben, sodass künf- ig im Verfahren auch 17-Jährige von speziellen jugend- chützenden Verfahrensvorschriften erfasst sein werden. Bereits an diesen Beispielen zeigt sich, dass der vor- iegende Gesetzentwurf sinnvolle und sachgerechte Ver- nderungen enthält, sodass ich davon ausgehe, dass wir ach den Beratungen in den Ausschüssen mit großer ehrheit diese Änderungen beschließen werden. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 208. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 5. März 2009 22567 (A) ) (B) ) Gleichzeitig liegt mir in diesem Zusammenhang da- ran, auf drei weitere Gesichtspunkte hinzuweisen, die nach meiner Auffassung stets im Rahmen einer entspre- chenden Veränderung der Opferrechte mit berücksichtigt werden müssen: Erstens. Wichtiges Prinzip des Strafverfahrens ist das Schuldprinzip, sodass stets der Beschuldigte bzw. der Angeklagte zentrale Person des Strafverfahrens ist und bleibt. Es ist deshalb zu berücksichtigen, dass eine Stär- kung der Rechte auf der Opferseite eine Schwächung der Rechte der Verteidigungsseite mit sich bringen kann. Durch die Mitwirkung eines Nebenklägers wird das be- reits heute schon zum Beispiel bei der Ausübung des Fragerechts der Verteidigung erkennbar. Ich werte es des- halb als wichtiges und richtiges Zeichen, dass wir in der letzten Sitzungswoche über die Novellierung des Unter- suchungshaftrechts debattiert haben und uns hier auch für eine Stärkung der Rechte des Beschuldigten – zum Beispiel durch die frühe Beiordnung eines Verteidigers – ausgesprochen haben. Wir sollten deshalb die jeweiligen Beratungen durchaus im Kontext sehen. Zweitens. In § 58 a Abs. 1 Satz 2 Strafprozessord- nung ist die Aufzeichnung einer Zeugenaussage auf Bild-Ton-Träger bei Personen unter 18 Jahren unter be- stimmten Voraussetzungen obligatorisch vorgesehen. Damit sollen vor allem auch mehrmalige belastende Aussagesituationen vermieden werden. Von einer ent- sprechenden Regelung und der damit verbundenen au- thentischen Dokumentation kann der Strafprozess grundsätzlich profitieren, sodass wir uns in diesem Zu- sammenhang mit dem Vorschlag des Deutschen Anwalt- vereins in den nun folgenden Beratungen befassen soll- ten, diese Form der Dokumentation über den Entwurf hinausgehend grundsätzlich – oder zumindest in weite- ren, bestimmten Fallkonstellationen – obligatorisch vor- zusehen. In seiner Stellungnahme aus dem Januar 2009 verweist der DAV ausführlich auf Erhebungen von Zeu- genaussagen im Strafprozess, die die elektronische Auf- nahme von Zeugenaussagen begründen. Diese sollten wir in unsere Beratungen auf jeden Fall mit einbeziehen. Drittens. Auf einen weiteren Aspekt muss man stets hinweisen, wenn es um Opferschutz geht. Dieser fängt schließlich nicht bei der Stellung des Opfers bzw. des Zeugen im Strafverfahren an. Vielmehr geht es hier zu- nächst um das weite Feld der Prävention. Diesbezüglich sind vor allem auch die Länder gefordert. Leider können wir feststellen, dass viele wichtige Projekte und Berei- che aus finanziellen Gründen beendet und gestrichen werden. Das ist eine höchst kurzsichtige Politik, die so nicht weitergehen kann. Wer heute bei Jugendeinrichtun- gen, bei der Sportförderung oder – um den Justizsektor zu nennen – bei der Bewährungshilfe streicht, wendet sich gerade gegen potenzielle Opfer. Man kann nicht erst mit dem Denken anfangen, wenn das Kind im Brunnen ist. Das ist die Herausforderung von Politik, und das ge- hört auch in diese Debatte. Viertens. Schließlich ein weiterer Punkt: Mit der fi- nanziellen Ausstattung hängt auch die Ausstattung des Vollzugs zusammen – ebenfalls seit einiger Zeit Sache der Länder. Ich will an dieser Stelle auf das Memoran- d S s v d s d k l v b c a R w S c a f T w M f m k s d K m p f V d w S s h f – z l s 1 s g d w l u H m m d d (C (D um zur Änderung der Strafprozessordung und des trafgesetzbuches der Behandlungsinitiative Opfer- chutz e.V. Karlsruhe verweisen. Diese rückt den prä- entiven Opferschutz im Strafvollstreckungsverfahren in as Zentrum, indem sie sich für eine psychotherapeuti- che Behandlung bestimmter Straftäter ausspricht, um en gebotenen Schutz des Opfers mit den Persönlich- eitsrechten des Täters in Einklang zu bringen. Wir stel- en heute fest, dass häufig bereits die richtige Erfassung orhandener Störbilder in der Hauptverhandlung unter- leibt und die notwendige Aufarbeitung in den entspre- henden Vollzugs- bzw. Maßregeleinrichtungen gerade uch aufgrund der knappen personellen und finanziellen essourcen nicht stattfindet. Auch diesen Aspekt sollten ir nicht unberücksichtigt lassen, wenn wir über die tärkung des Opferschutzes reden. Es ist nicht das einfa- he Wegsperren. Die wirkliche Bearbeitung und die Ver- rbeitung entsprechender Defizite in der Vollsteckung ühren zur Prävention und Vermeidung von Rückfällen. Zusammenfassend ist deshalb festzustellen, dass das hema Opferschutz und Stärkung der Opferrechte ein eites Feld betrifft. Manche Ansätze erfordern ein hohes aß an Differenzierung und vor allem den Blick auf Op- er und Täter. Ich bin mir sicher, dass wir in den kom- enden Beratungen all diese Gesichtspunkte ansprechen önnen und diskutieren werden. Ich freue mich auf kon- truktive Beratungen. Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Mit em 1. Opferrechtsreformgesetz 2004 hat die rot-grüne oalition die Opfer von Straftaten in den Blick genom- en und ihre Rolle als schutzwürdige Subjekte im Straf- rozess gestärkt. Wir haben die Informations- und Ver- ahrensrechte der Nebenklage gestärkt, Regelungen zur ermeidung von Mehrfachvernehmungen eingeführt, en Anspruch auf kostenlose Beiordnung eines Opferan- altes auf Angehörige von Getöteten ausgeweitet und chadensersatzansprüche durch die Stärkung des Adhä- ionsverfahrens besser durchsetzbar gemacht. Den Weg der Stärkung von Opferrechten geht der eute zu diskutierende Regierungsentwurf eines 2. Op- errechtsreformgesetzes weiter. Viele Regelungen sind jeweils für sich genommen – nicht angreifbar, sondern u begrüßen. Das gilt für die Verfahrensrechte von Ver- etzten, insbesondere die Beiordnung von Verletztenbei- tänden, dies gilt für jugendliche Zeugen zwischen dem 6. und dem 18. Lebensjahr, und dies gilt auch für chutzbedürftige Zeugen im Strafverfahren. Aber wir können und wollen nicht alles unbesehen utheißen. In den Beratungen im Rechtsausschuss wer- en wir einiges kritisch unter die Lupe nehmen. Hier ill ich schon einmal die Regelung der Ausschlussmög- ichkeit des Zeugenbeistandes nach § 68 b StPO nennen nd auch die Ergänzung des dringenden Verdachts beim aftgrund der Wiederholungsgefahr, der nach der For- ulierung künftig auch auf rechtskräftige Freisprüche itgestützt werden kann. Ich will aber heute die grundsätzliche Entwicklung es Strafprozesses ansprechen. Es muss jedem klar sein, ass das gesamte Strafverfahren und insbesondere der 22568 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 208. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 5. März 2009 (A) ) (B) ) Strafprozess vor Gericht von gegenläufigen Interessen bestimmt ist. Da diese Interessen – der Strafanspruch des Staates, das Recht auf ein faires und rechtsstaatliches Verfahren und der Anspruch auf Achtung der höchstper- sönlichen Rechte aller Akteure, besonders der Opfer und Verletzten – alle verfassungsrechtlich abgesichert sind, müssen sie so in ein filigranes Gleichgewicht gebracht und gehalten werden, dass keines dieser Rechte in sei- nem Kern verletzt oder gar ausgehebelt wird. Dabei funktioniert dieses System insgesamt nach der Regel der kommunizierenden Röhren. Jede Stärkung der einen Seite kann oder muss die Schwächung des Gegenparts bedeuten. Als wir in der letzten Legislaturperiode das Opfer- rechtsreformgesetz einbrachten, haben wir auch deutlich gemacht, dass es uns Grünen besonders wichtig ist – da- mals im Einvernehmen mit unserem Koalitionspartner SPD –, die Einbindung in eine Gesamtreform der Straf- prozessordnung zu erreichen. An dieser StPO-Reform haben wir zu der Zeit intensiv gearbeitet, konnten sie aber leider wegen der vorgezogenen Neuwahlen nicht vollenden. Die Große Koalition hat sich dagegen von diesem Projekt umgehend verabschiedet – sie hat dies schon gar nicht in ihren Koalitionsvertrag aufgenom- men. Aus der Gesamtschau erkennen wir jetzt deshalb die Unwucht der vorgelegten Änderungsvorschläge des jetzigen Entwurfs. Nicht die einzelnen Vorschläge – je- denfalls die meisten nicht – sind problematisch, sondern, dass Ausgleichsmaßnahmen bei den anderen Prozessbe- teiligten – besonders bei der Verteidigung und den Be- schuldigten – fehlen. Denn die Rechte der verschiedenen Beteiligten im Strafprozess stehen in Wechselwirkung zueinander und sollten daher in ein Gesamtkonzept ein- gebunden sein. Also: Nichts gegen erweiterte Gewährung eines Op- feranwalts auf Staatskosten – aber wo ist der seit langem nötige Ausbau der Pflichtverteidigung im Vorverfahren, verbunden mit eigenem Antragsrecht und entsprechen- der Belehrung? Es fehlt auch weiterhin die Pflichtvertei- digung vom ersten Tag der Haft an, obwohl das auch neulich hier im Plenum anlässlich der Debatte über das Untersuchungshaftrecht von Kollegen der Koalition fest zugesagt wurde. Aber damit lassen Sie sich Zeit, da lässt man die Legislaturperiode auslaufen. Nichts gegen die Ausdehnung der Anwesenheitsbe- fugnis des anwaltlichen Verletztenbeistands bei polizeili- chen Vernehmungen – siehe § 406 f StPO – und des an- waltlichen Zeugenbeistandes § 68 b StPO – aber wo ist die entsprechende frühzeitige Einbindung der Verteidi- gung im Ermittlungsverfahren? Wir brauchen ein Recht der Verteidigung auf Anwesenheit und Mitwirkung bei allen Beschuldigtenvernehmungen und bei allen staats- anwaltlichen und richterlichen Zeugenvernehmungen. Es ist in Ordnung, die Opfer noch umfassender als bisher und auch schriftlich über ihre Rechte zu informie- ren – aber bei Beschuldigten warten wir in Deutschland und erst recht auf europäischer Ebene immer noch auf den Letter of Rights. Dabei geht es doch um von der Jus- tizministerin selbst vehement geforderte rechtsstaatliche Mindeststandards. Und wenn wir schon bei den Beleh- r m n w m i p i d – a s m e e s g s m S p a s p w A p n S d m K s s n v l f a H ti e p b l H d (C (D ungen sind: Warum erhält nicht jeder Zeuge die Infor- ation, dass er zu einer polizeilichen Vernehmung gar icht erscheinen muss? So ist die Rechtslage, aber sie ist eitgehend unbekannt. Wir brauchen eine Pflicht der Er- ittlungsbehörden, den Beschuldigten über die gegen hn laufenden Ermittlungen zum frühestmöglichen Zeit- unkt zu informieren, wir brauchen ein Anhörungsrecht m Zwischenverfahren und eine Eingangsstellungnahme er Verteidigung nach der Anklageverlesung. Wenn wir die Nebenklage weiter stärken, was wir im vorgelegten Umfang – nicht kritisieren, müssen wir uch die Position der Verteidigung bedenken. Der Deut- che Anwaltverein hat den interessanten Vorschlag ge- acht, das Fragerecht neu zu regeln. Die Verteidigung rhält nach dem Gericht als erste das Fragerecht, danach rst die Staatsanwaltschaft und die Nebenklage. Und chließlich erlaubt die moderne Aufnahmetechnik ohne roßen Aufwand und unter Einsparung erheblicher Per- onalressourcen die lückenlose Aufnahme aller Verneh- ungen und der Hauptverhandlung. Liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalition, wenn ie bereit sind, aus Ihrem Opferreformgesetz ein Straf- rozessreformgesetz zu machen, wenn Sie bereit sind, uf allen Seiten im Strafverfahren für Verbesserungen zu orgen, werden Sie uns als konstruktiven Diskussions- artner gewinnen. So können und sollten Sie Ihren Ent- urf in den kommenden Beratungen verbessern. nlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Fortführung der Gesetzeslage 2006 bei der Ent- fernungspauschale (Zusatztagesordnungspunkt 4) Olav Gutting (CDU/CSU): Beim Thema Pendler- auschale verstehen unsere Bürgerinnen und Bürger ach knapp zwei Jahren Unsicherheit zu Recht keinen paß mehr. Umso unverständlicher war die Entschei- ung des Bundesfinanzministeriums, die Berufspendler it dem Vorläufigkeitsvermerk ohne entsprechende ommunikation in dem jeweils geänderten Steuerbe- cheid erneut zu verwirren. Ich möchte jedoch auch klar- tellen, dass der Vorläufigkeitsvermerk rein rechtlich icht zu beanstanden ist. Schließlich hatte das Bundes- erfassungsgericht entschieden, dass bis zu einer gesetz- ichen Neuregelung die Beschränkung „ab dem 21. Ent- ernungskilometer“ entfällt. Die nach dem Urteil entstandene Verunsicherung wäre llerdings mit einfachen Mitteln zu verhindern gewesen. ier hätten wir uns aus der CDU/CSU-Bundestagsfrak- on eine deutlich bessere Kommunikation – etwa durch in Begleitschreiben – vorgestellt, welches den Berufs- endlern die Notwendigkeit des Vorläufigkeitsvermerks esser erklärt hätte. So aber musste bei den Steuerzah- ern der Eindruck entstehen, die Politik möchte sich ein intertürchen offen lassen, um bei nächster Gelegenheit ie Rückerstattung wieder einzutreiben. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 208. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 5. März 2009 22569 (A) ) (B) ) Um die mit diesem Vorläufigkeitsvermerk hervorge- rufene Verunsicherung rasch zu beenden, hat sich die Union frühzeitig für eine gesetzliche Wiederherstellung der alten Pendlerpauschale eingesetzt. Es ist ein Erfolg der Union, dass unser Koalitionspartner diesem Anlie- gen folgt und gemeinsam mit uns die jetzt vorliegende Gesetzesinitiative auf den Weg bringt. Mit dieser Initia- tive wollen wir gemeinsam die alte Pendlerpauschalen- regelung wieder in Kraft setzen. Dies bedeutet, dass zu- künftig nicht nur die Entfernungspauschale ab dem 1. Kilometer gesetzlich wieder eingeführt wird, sondern dass auch die anderen Regelungen in diesem Zusam- menhang, welche das Bundesverfassungsgericht nicht beanstandet hat, wieder eingeführt werden. Mit der Än- derung der Rechtslage zum 1. Januar 2007 wurde näm- lich auch die Möglichkeit genommen, Unfallkosten, die auf dem Weg von oder zur Arbeit entstanden sind, neben der Pendlerpauschale geltend zu machen. Ebenfalls ab- geschafft wurde der Abzug der Aufwendungen für die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel für die Wege von der Wohnung zur Arbeit, wenn diese höher als die Pend- lerpauschale waren. Für viele Bürgerinnen und Bürger, die ständig weite Strecken zum Arbeitsplatz pendeln müssen, bedeutete die Entscheidung des Bundesverfas- sungsgerichts Balsam für die Seele und vor allem für den Geldbeutel. Lassen Sie mich aber auch all jenen aus der Opposi- tion, welche von Anfang an gegen die Änderung der Pendlerpauschale waren und nun nach der Entscheidung des Verfassungsgerichtes mit einer gewissen Häme und Schadenfreude reagieren, eines deutlich sagen: Die Koali- tion akzeptiert selbstverständlich das Urteil unseres höchsten Gerichtes und setzt nun mit dem Gesetzentwurf die Entscheidung des Verfassungsgerichts konsequent um und sorgt damit für Rechtssicherheit. Ich gehöre nicht zu denen, die mit der Entscheidung des Gerichts vollauf zufrieden sind. Ich erinnere daran, dass selbst das Bundesverfassungsgericht nicht einstimmig, aber eben doch mehrheitlich für eine Verfassungswidrigkeit votiert hat. Die unpopulären Änderungen bei der Pendlerpau- schale sind uns damals nicht leichtgefallen. Sie waren aber notwendig, um den Bundeshaushalt, der am Ende von Rot-Grün ein strukturelles Defizit von beinahe 60 Milliarden Euro aufwies, zu sanieren. Diese Schul- denpolitik ist uns teuer zu stehen gekommen und wird noch lange als Hypothek auf den Schultern unserer Kin- der und Enkel lasten. Auch wenn das Urteil aus konjunk- tureller Sicht zum richtigen Zeitpunkt kam, so ist es aus finanzpolitischer und haushälterischer Sicht nicht zu be- grüßen. Verantwortlich für diese finanzpolitische Misere ist nicht das Verfassungsgericht. Wir als Gesetzgeber sind verantwortlich. Hierbei rächt sich besonders, dass wir es seit vielen Jahren versäumen, ein einfaches, trans- parentes und damit gerechtes Einkommensteuersystem zu schaffen. Da ist es kein Wunder, dass unser Verfassungsgericht bei der Kompliziertheit unseres Einkommensteuerrechts zunehmend einzelne Bestimmungen für verfassungswid- rig erklärt. Mit jeder Steueränderung – sei es durch die Schaffung von Ausnahmen, europarechtliche Vorgaben u Ä s k d s d f a v a a T d w w m G p r A t s d a 2 K d b „ A p w W i d b t F R s P M n M f m d w s d z (C (D nd Urteile – wird dieses System weiter verkompliziert. nderungsgesetze können dann nur noch Flickschusterei ein. Es bleibt ein einziges Herumgeschraube am Ein- ommensteuersystem. Wir müssen daher die Entschei- ung des Bundesverfassungsgerichts nochmals als An- toß betrachten, über einen wirklichen Systemwechsel in er Einkommensteuer nachzudenken. Wir, die Unions- raktion, sind dazu bereit, eine Einkommensteuerreform nzuschieben, die gerade die Mittelschicht entlastet, die ereinfacht und schon aufgrund der Einfachheit ein mehr n Gerechtigkeit bietet. Florian Pronold (SPD): Zum wiederholten Male, ber dieses Mal zum guten Abschluss, haben wir das hema Entfernungspauschale auf der Tagesordnung. Mit er Verabschiedung des vorliegenden Gesetzentwurfs erden wir die alte Gesetzeslage, wie sie 2006 bestand, ieder dauerhaft herstellen. Der Gesetzentwurf wird auch von CDU und CSU itgetragen, die sich bei der Pendlerpauschale schon zur enüge selbst vorgeführt haben: Im CDU/CSU-Wahl- rogramm von 2005 wurde eine Menge Steuererleichte- ungen versprochen. Auf Seite 17 wird aber nicht nur die bschaffung der Steuerfreiheit von Nacht- und Sonn- agsarbeit, sondern auch die Kürzung der Pendlerpau- chale gefordert. Das war die damalige Programmatik er CDU/CSU. Die Historie ist, dass die SPD die Pendlerpauschale b dem ersten Kilometer beibehalten wollte. Das hat 005 in unserem SPD-Wahlmanifest gestanden. In den oalitionsverhandlungen hat die SPD durchgesetzt, dass ie Steuerfreiheit der Nacht- und Sonntagsarbeit erhalten leibt. Im Gegenzug hat sich die CDU/CSU im Punkt Kürzung der Pendlerpauschale“ durchgesetzt. Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens fand eine nhörung im Deutschen Bundestag statt, in der kein Ex- erte gesagt hat, dass der damals vorliegende Gesetzent- urf, den die CDU/CSU wollte, verfassungskonform ist. ir haben der Union mehrmals angeboten – das habe ch schon mehrfach in diesem Hohen Haus erwähnt –, iese Regelung zu ändern – während des Gesetzge- ungsverfahrens, nach den Urteilen von Finanzgerich- en. Diese Vorstöße sind aber jeweils gescheitert an der ührung der Union, insbesondere auch der CSU. Aber auch FDP und Grüne müssen hier keine großen eden schwingen. Die FDP wollte die Entfernungspau- chale immer in ihren Steuerkonzepten opfern. Die endler hätten die Zeche für die Steuergeschenke an illionäre gezahlt. Und die Grünen wollten die Entfer- ungspauschale halbieren, ein schwerer Schlag für die enschen im ländlichen Raum, die nicht auf einen öf- entlichen Personennahverkehr zurückgreifen können. Die CSU hat in Bayern immer so getan, als hätte sie it den Entscheidungen in Berlin nichts zu tun! Nach er verloren Kommunalwahl haben Sie sich als Feuer- ehrmann in Sachen Pendlerpauschale aufgespielt, tat- ächlich waren Sie Brandstifter und haben auch im Bun- estag nichts getan, um mit der SPD die alte Regelung ur Pendlerpauschale wieder herzustellen. 22570 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 208. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 5. März 2009 (A) ) (B) ) Deshalb blieb nichts anderes übrig, als das Verfas- sungsgerichtsurteil abzuwarten. Und es war eine schal- lende Ohrfeige für die CSU. Nicht an ihren Worten, an ihren Taten sollt ihr sie erkennen. Aber die CSU konnte es nicht lassen, weiterhin zu tricksen und den Menschen Sand in die Augen zu streuen – auch nach dem Urteil des Verfassungsgerichts. Frei nach dem Motto: Gibt’s im Sommer Eis und Schnee, Schuld ist nur die SPD bzw. ihr Finanzminister. Sie wollte den schwarzen Peter für ihre Sünden dem Fi- nanzminister unterjubeln. Die Finanzpolitiker der Union hatten es nach dem Urteil des Verfassungsgericht abge- lehnt, den alten Rechtszustand gesetzlich festzuschrei- ben. Wir Sozialdemokraten wollten sofort Rechtssicher- heit. Die Union hat sich geweigert: Damit mussten alle aktuellen Bescheide vorläufig ergehen. Und Seehofer hat eine Kampagne gestartet nach dem Motto, der Finanzmi- nister will den Menschen die gerade ausbezahlte Pend- lerpauschale wieder wegnehmen. Ein völliger Schwach- sinn. Dann hat er eine Bundesratsinitiative gestartet mit dem Ziel, den alten Rechtszustand sofort gesetzlich fest- zuschreiben: dasselbe, was seine CSU-Bundestagsabge- ordneten gerade hier abgelehnt hatten. Und selbst nach der Initiative der bayerischen Staatsregierung hat die Unionsführung im Bundestag alle Initiativen der SPD abgelehnt, die Pendlerpauschale rechtssicher zu machen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Man könnte sagen, Ende gut, alles gut. Aber: Dieses durchschaubare Schwarze-Peter-Spiel der CSU lassen wir uns nicht ge- fallen. Wir Sozis haben für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gekämpft, die Union hat sie im Regen ste- hen lassen. Der Schwarze Peter in Sachen Pendlerpau- schale gehört, farblich richtig zugeordnet, zu den Schwarzen! Dr. Volker Wissing (FDP): Die Debatte um die Pendlerpauschale ist exemplarisch für die politische Ar- beit der Großen Koalition, exemplarisch bezüglich des Ergebnisses: Wir führen wieder genau die Regelung ein, die wir bereits hatten. Millionen von Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern wurden vollkommen unnötig in Unsi- cherheit gehalten. Die Finanzämter wurden vollkommen unnötig mit Vorläufigkeitsvermerken immobilisiert. Das Bundesverfassungsgericht wurde vollkommen unnötig damit beschäftigt, weil von Anfang an klar war, dass dieses Gesetz nicht verfassungskonform ist. Die Große Koali- tion hat mit einem maximalen Aufwand ein Nullergebnis präsentiert. Aber auch in Bezug auf den Umgang von CDU/CSU und SPD mit der Verfassung ist die Pendlerpauschale exemplarisch für die Arbeit der Großen Koalition. Die Verfassung ist das Fundament, auf dem unser ganzes Gemeinwesen ruht. Da werkelt man nicht einfach so dran herum. Aber bei CDU/CSU und SPD heiligt der Zweck nahezu alle Mittel. Um eine höhere Steuerbelas- tung durchzusetzen, strapaziert man eben auch mal die Verfassung. Und wenn Sie wenigstens aus Ihrem Pend- lerpauschalendesaster gelernt hätten, aber nein, bei der Erbschaftsteuerreform haben Sie das gleiche Spiel betrieben. Der Verfassungsbruch als Kollateralschaden ist immer wieder Teil des Einigungsprozesses zwischen C r k s s w v m d r m p S g n ü ti a k s N a s n l p L s w b e n b H b S P w s s d w e b v M u v 6 p d e s k (C (D DU/CSU und SPD. Egal ob innere Sicherheit, Steuer- echt, Jobcenter, wenn Sie überhaupt zu einer Einigung ommen, dann eben auch gerne auf Kosten der Verfas- ung. Und wenn die Probleme gar nicht anders zu lösen ind, dann wird eben passend gemacht, was nicht passen ill. Wenn man, wie bei den Jobcentern, unfähig ist, eine erfassungskonforme Lösung zu finden, dann ändert an eben die Verfassung. Wie können Sie eigentlich von en Bürgerinnen und Bürgern die Einhaltung von Spiel- egeln einfordern, die Sie bei jeder Gelegenheit verletzen? Aber auch in Bezug auf das Verhalten des Bundes- inisters der Finanzen war die Debatte um die Pendler- auschale beispielhaft. Ich weiß nicht, wie oft Peer teinbrück wiederholt hat, dass er sich der Verfassungs- emäßheit absolut sicher sei. Am Anfang wollte er wohl och die Menschen, am Schluss nur noch sich selbst berzeugen. Aus der Suggestion wurde eine Autosugges- on. Aber das Verfassungsgericht hat ihn sehr unsanft uf den Boden der Verfassung zurückgeholt. Steinbrück am, sah – und ging als begossener Pudel vom Platz. Das teuerpolitische Chaos der Großen Koalition hat einen amen, und zwar: Steinbrück. Als Haushaltskonsolidierer ngetreten, als Steuer- und Schuldenmaximierer abtreten, o lässt sich die politische Erfolgsbilanz des Finanzmi- isters zusammenfassen. In einem weiteren Punkt ist die Debatte um die Pend- erpauschale beispielhaft, und zwar in Bezug auf die olitische Gestaltungskraft der Großen Koalition. Große ösungen wurden den Bürgerinnen und Bürgern ver- prochen, und nicht einmal kleinste geliefert. Niemand ird ernsthaft behaupten, dass es den Menschen heute esser geht als zu Beginn der Großen Koalition. Nicht in einziges der sozialen Sicherungssysteme ist so orga- isiert bzw. reformiert, dass man es als zukunftsfähig etrachten könnte. Nicht eine der großen politischen erausforderungen, vor denen unser Land steht, kann als ewältigt betrachtet werden. Vier Jahre CDU/CSU und PD waren vier verlorene Jahre für unser Land. Meine sehr geehrten Damen und Herren, dass Sie die endlerpauschale heute wieder einführen, ist gut. Besser äre es allerdings gewesen, Sie hätten sie nie abge- chafft. Am Ende dieser Großen Koalition müssen Sie elbst eingestehen, dass wir mit viel Aufwand dort wie- er stehen, wo wir ohne diese Regierung schon einmal aren. Ihre Erfolgsbilanz ist gleich null. Dr. Barbara Höll (DIE LINKE): Seit Dezember hat s der Bundesfinanzminister schwarz auf weiß: Die 2006 eschlossene Abschaffung der alten Pendlerpauschale ist erfassungswidrig! Eine schallende Ohrfeige für den ann, der versucht hat, ein bestätigtes Steuerprinzip zu ntergraben, wonach alle beruflich bedingten Kosten om Einkommen der Steuerpflichtigen abzuziehen sind. 4 Prozent dieser Kosten sind Fahrtkosten zum Arbeits- latz. Und nun: Rolle rückwärts! Ein Armutszeugnis für ie Arbeit der Großen Koalition. Der Höhepunkt der Dreistigkeit ist jedoch, dass die rzwungene Wiedereinführung der alten Pendlerpau- chale zum Bestandteil des ersten Konjunkturpakets er- lärt wurde. Aber auch nach dem Urteil will der Bundes- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 208. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 5. März 2009 22571 (A) ) (B) ) finanzminister langfristig nicht auf seine Steuerquelle in Höhe von jährlich 2,5 Milliarden Euro verzichten. Wäh- rend er gleichzeitig, nahezu selbstverständlich, Hunderte von Milliarden Euro schwere Schutzschirme für Groß- banken aufspannt, bekommen die Steuerzahlerinnen und -zahler nur vorläufige Bescheide bei der Pendlerpau- schale. Noch am 6. Februar sagte das Bundesfinanzmi- nisterium: „… eine gesetzliche Neuregelung ist auch für diese Legislaturperiode nicht vorgesehen … Wie eine künftige endgültige Regelung der Pendlerpauschale aus- sieht, hängt von den Entscheidungen des nächsten Bun- destages ab.“ Der Plan war wohl, bis zur Bundestags- wahl das Thema nicht mehr anzurühren. Danach kann bei Gefallen wieder abkassiert werden. Steuerzahlerin- nen und Steuerzahler wären wieder einmal die Ange- schmierten gewesen, weil die Große Koalition sich nicht zu einer sofortigen Neuregelung durchringen konnte. Immerhin haben Sie jetzt, auf öffentlichen Druck hin, die alte Pendlerpauschale wieder eingeführt. Damit er- füllen Sie eine alte Forderung der Fraktion Die Linke: Wir haben Ihnen seit Juni 2006 dreimal die Möglichkeit geboten, die von Ihnen vorgenommene verfassungswid- rige und ungerechte Abschaffung der Pendlerpauschale zurückzunehmen. Aber jetzt bestünde die Gelegenheit für eine gerechte und verfassungsmäßige Neuregelung. Von der alten Pendlerpauschale profitierten besonders Steuerpflichtige mit hohem Einkommen. Ein Beispiel: Ein alleinstehender Maurer hat 2008 einen Weg von 40 Kilometern zur Arbeit und arbeitet an 220 Tagen im Jahr. Bei einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 20 000 Euro bekommt er bestenfalls eine Steuerersparnis von 736 Euro; wäre er Journalist mit einem Einkommen von 60 000 Euro, könnte er dagegen bis zu 1 108 Euro sparen. Die Besserverdienenden werden bevorzugt – wieder einmal. Die Linke will daher die Pendlerpau- schale in einen Abzug von der Steuerschuld umwandeln. Damit erhält jede und jeder Steuerpflichtige unabhängig vom Einkommen den gleichen Betrag je Kilometer er- stattet. Das wäre gerecht! Aus ökologischen und sozia- len Gründen sollten darüber hinaus die Kosten für Bus und Bahn, sofern sie die Pauschale übersteigen, in voller Höhe abgesetzt werden können. Wir brauchen in diesen Zeiten einen Schutzschirm für die Menschen – Gerech- tigkeit bei der Pendlerpauschale gehört dazu! Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Bereits der Name des Gesetzentwurfs verrät es: Die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD müssen ihre politische Niederlage bei der Entfernungspauschale ein- gestehen und das Urteil des Bundesverfassungsgerichts umsetzen. Dies war längst überfällig, und sie hätten allen Bürgerinnen und Bürgern den Ärger um die Anerkennung ihrer Fahrtkosten zur Arbeit ersparen können. Sie sind mit dem Werktorprinzip vor dem Bundesverfassungs- gericht gescheitert und haben ihr Konsolidierungsziel von 2,5 Milliarden Euro pro Jahr verfehlt. Jetzt müssen sie rückwirkend auszahlen, und das ist richtig. Noch am 19. Januar 2009 wollte die Bundesregierung von der heutigen Gesetzesvorlage nichts wissen und er- klärte in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage (16/11565): „Es wird keine Gesetzesinitiative für eine rückwirkende N d e f d a s li d B R s v K v e p ä v w o z e d r 6 v v H r b z m n F m F 2 2 m h v ü H d S m k s d k u g p n e W (C (D euregelung der Pendlerpauschale geben, auch wenn iese Möglichkeit vom Verfassungsgericht ausdrücklich röffnet worden sei.“ Dies ist schon eine politische Unver- rorenheit des Bundesfinanzminsters Steinbrück gegenüber en steuerpflichtigen Bürgern, weil die Finanzämter bislang lle Steuererklärungen für die Frage der Entfernungspau- chale auch rückwirkend offengehalten haben. Offensicht- ch musste erst der politische Druck im Dampfkessel er Großen Koalition so stark ansteigen, dass jetzt das MF einen Gesetzentwurf vorgelegt hat, der endlich echtssicherheit für die Bürgerinnen und Bürger her- tellt. Erinnern wir uns, noch kurz vor dem Verhandlungstag or dem Bundesverfassungsgericht verteidigten Roland och von der CDU und Peer Steinbrück von der SPD ehement das Werktorprinzip. Sie verteidigten damit ine willkürliche Regelung, die bereits im Rahmen der arlamentarischen Beratung im Jahr 2006 zum Steuer- nderungsgesetz 2007 von vielen Sachverständigen als erfassungswidrig klassifiziert wurde. Koch/Steinbrück aren beratungsresistent bis zum letzten Tag und sind es ffensichtlich immer noch. Erst die Verfassungsrealität wingt zur Aufgabe und Auszahlung vereinnahmter Mehr- innahmen in einer Größenordnung von 2 bis 2,5 Milliar- en Euro. Für alle staatlichen Ebenen rechnet die Bundes- egierung für 2009 mit Steuermindereinnahmen von 5 bis Milliarden Euro. In dieser Größenordnung haben Sie das on der Großen Koalition vereinbarte Konsolidierungsziel erfehlt. Dafür tragen Sie angesichts der explodierenden aushaltsverschuldung die politische Verantwortung. Sie hatten 2006 die Möglichkeit, eine verfassungs- echtlich tragfähige Lösung mit einem Konsolidierungs- eitrag von 2,5 Milliarden Euro im Jahr zu verabschieden, um Beispiel mit einem verminderten Centbetrag je Kilo- eter ab dem ersten Kilometer zur Arbeit. Das haben Sie icht gewollt und haben finanzpolitisches Chaos bei den inanzgerichten und den Finanzämtern angerichtet. Erst it diesem Gesetzentwurf beenden Sie Ihren politischen ehlritt. Was passiert nach der Bundestagswahl im Herbst 009? Im Bundestagswahlprogramm der Union von 005 wurde vertreten, die Fahrtkosten zum Arbeitsplatz it 25 Cent pro Kilometer für eine Entfernung von öchstens 50 Kilometer abzugsfähig zu lassen. Die FDP ertrat die Auffassung, die Fahrtkosten zum Arbeitsplatz berhaupt nicht für abzugsfähig zu erklären. An dieser altung hat sich offensichtlich nichts geändert, wenn man ie Steuerreformvorschläge von Schwarz-Gelb verfolgt. ie wollen erhebliche Einschnitte nach der Wahl vorneh- en, aber heute nicht darüber reden. Die CDU/CSU ündigt eine Steuerstrukturreform an und will offen- ichtlich Steuergeschenke mit Steuerbelastungen verbin- en. Schenken Sie den Wählern reinen Wein ein und ein Wolkenkuckucksheim. In einer tiefen Rezession nd explodierender Staatsverschuldung Steuerentlastun- en für die nächste Legislaturperiode anzukündigen, ist olitisch unverantwortliches Gerede, weil die unange- ehmen Nachrichten den Bürgern bis zum Wahltag vor- nthalten werden. So etwas nenne ich vorbereiteten ahlbetrug. 22572 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 208. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 5. März 2009 (A) ) (B) ) Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Vorrang Er- neuerbarer Energien (Zusatztagesordnungs- punkt 5) Dr. Maria Flachsbarth (CDU/CSU): Die Verwen- dung von Biomasse und vor allem die Nutzung von Bio- gas haben eine große Bedeutung für den Ausbau der er- neuerbaren Energien und das Erreichen der deutschen Klimaschutzziele bis 2020. Innerhalb der Nutzung von Biomasse ist vor allem Biogas ein vielseitig verwendba- rer und effizienter Energielieferant und ermöglicht Wert- schöpfung im ländlichen Raum. Wichtige Bedingung für die effiziente Nutzung von Biogas bei einer Verstromung vor Ort ist ein sinnvolles Konzept zur Wärmenutzung. Da das nicht überall zu Verfügung steht, ist die Einspei- sung von aufbereitetem Biogas in das Erdgasnetz eine höchst effiziente alternative Möglichkeit, je nach Bedarf unterschiedliche Nutzungspfade in den Bereichen der Wärme- und/oder Stromerzeugung oder Mobilität zu be- dienen. Die Nutzung von Biogas in der zuletzt genann- ten Anwendung sollte dabei nicht außer Acht gelassen werden – vermindert sie doch auch die nahezu 100-pro- zentige Abhängigkeit von Kraftstoffimporten und leistet einen Beitrag zur Reduzierung der CO2-Emissionen. Zu- dem liegt es beim Vergleich der Hektarerträge biogener Kraftstoffe klar vorn und erzielt deshalb in Bezug auf die Energieeffizienz besonders gute Ergebnisse, die sich durch Pflanzenzüchtung noch steigern lassen. Bioerdgas ist heute jedoch noch teurer als das endli- che fossile Erdgas. Eine Förderung erfolgt derzeit im Rahmen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes über eine Verstromungsvergütung. Für die Biogaseinspeisung mit vorausgehender Aufbereitung ist aus Gründen der Wirt- schaftlichkeit eine gewisse Anlagengröße erforderlich. Unsere Anforderung an kleinere wie größere Anlagen ist allerdings, dass sie nachhaltig betrieben werden. Dazu braucht es arrondierte Flächen, von denen die Substrate stammen und die eine Optimierung der Transportwege zulassen, geschlossene Stoffkreisläufe, bei denen die Gärreste zurück auf die Äcker gelangen, abwechslungs- reiche Fruchtfolgen sowie möglicherweise die Verwer- tung betriebseigener Gülle. Wie Sie wissen, sind Vergütungen im Rahmen des Er- neuerbare-Energien-Gesetzes seit jeher von der Anla- gengröße abhängig. Große Anlagen können wirtschaftli- cher arbeiten als kleinere Anlagen und erhalten daher geringere Vergütungen. Einfallsreiche Anlagenbetreiber haben diese Situation in den letzten Jahren dahin gehend genutzt, Biogas in großem Stil zu produzieren und zu- gleich die bessere Vergütung kleiner Anlagen zu nutzen, indem sie statt einer großen Biogasanlage viele kleine Biogasanlagen auf ihrem Grundstück errichtet haben. Unter dem Ortsnamen „Penkun“ hat diese Vorgehens- weise für bundesweite Medienberichterstattung gesorgt, in der zunächst die innovative Anlage sehr gelobt und später die Gewinnmaximierung ebenso heftig kritisiert wurde. Diese „Gestaltung“ des Gesetzes hat dem Willen d d v V n u n w g d l k w tr w e p d I B b l e z s Z d r r l t f u v i b d n b L s r K G g d s B u a w i e g c r (C (D es Gesetzgebers ohne Zweifel nicht entsprochen. Aller- ings ist auf juristischer Ebene bislang dagegen nicht orgegangen worden. Deshalb hat der Gesetzgeber diese orgehensweise des sogenannten Anlagensplittings im euen EEG 2009 in § 19 bewusst und ganz ausdrücklich nterbunden. Das begrüßt die CDU/CSU-Fraktion für eu zu errichtende Anlagen ebenso ausdrücklich. Damit ollten wir auch den Anreiz zum Bau sehr großer Bio- asanlagen mindern – die in den neuen Bundesländern urchaus ihren Platz finden, doch in den alten Bundes- ändern, insbesondere in Süddeutschland mit seinen leinteiligeren ländlichen Strukturen, zu schweren Ver- erfungen im ländlichen Raum führen können. Wir sind allerdings auch der Auffassung, dass eine zen- ale Voraussetzung für das Erreichen unserer Klimaziele eitere private Investitionen in Anlagen zur Erzeugung rneuerbarer Energien sind, und dafür sind verlässliche olitische Rahmenbedingungen unabdingbar. Deshalb ürfen wir aus Gründen des Vertrauensschutzes und der nvestitionssicherheit die wirtschaftliche Grundlage von estandsanlagen – auch derer, die das Anlagensplitting isher nutzen – nicht zerstören. Investitionen in dreistel- iger Millionenhöhe stehen infrage, entsprechende Steu- rverluste durch Abschreibungen sind absehbar und ahlreiche Arbeitsplätze in strukturschwachen Gegenden ind in akuter Gefahr. Was in wirtschaftlich „normalen“ eiten möglicherweise zu verkraften wäre, ist in Zeiten er Finanz- und Wirtschaftskrise kaum zu kompensie- en. Deshalb muss es für diese Anlagen eine Ausnahme- egelung geben; zumal mir auch einige Projekte persön- ich bekannt sind, in denen das „Splitting“ durch echnische Gründe – optimale Wärmenutzung oder Ver- ügbarkeit von Generatoren bestimmter Leistung – ver- rsacht wurde. Deshalb begrüßen wir als Union ganz besonders den on den Ländern Schleswig-Holstein und Niedersachsen nitiierten Gesetzentwurf des Bundesrates vom Novem- er 2008 auf Drucksache 16/11833, der eine Sicherung er Bestandsanlagen fordert. Die FDP hat heute einen ahezu wortgleichen Antrag in den Bundestag einge- racht – Drucksache 16/12094 –, den wir jetzt in erster esung beraten. Die Union hat sich immer für eine Sicherung der Be- tandsanlagen stark gemacht. Wir hatten diese Forde- ung bereits im Sommer letzten Jahres als Antrag in die oalitionsverhandlungen zum Erneuerbare-Energien- esetz eingebracht, konnten uns mit dieser Forderung egenüber dem Koalitionspartner aber leider nicht urchsetzen. Derzeit wird der § 19 EEG 2009 auf juristi- cher Ebene beim Bundesverfassungsgericht geprüft. etreiber von Bestandsanlagen haben Klage eingereicht nd warten auf eine Entscheidung. Nachdem ein Antrag uf Erlass einer Einstweiligen Anordnung abgelehnt urde, steht die Entscheidung in der Hauptsache aus; es st nicht absehbar, wann sie erfolgen wird. Die Betreiber iniger Anlagen stehen nach eigenem Bekunden in weni- en Tagen vor der Insolvenz. Das macht ein unverzügli- hes Handeln des Gesetzgebers erforderlich. Unabhängig vom Ausgang des juristischen Verfah- ens macht auf politischer Ebene die erfolgreiche Verab- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 208. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 5. März 2009 22573 (A) ) (B) ) schiedung des Gesetzentwurfs im Bundesrat Mut. Er hatte während der Beratungen eine breite Mehrheit im Umwelt-, im Wirtschafts- sowie im Agrarausschuss ge- funden. SPD-geführte Länder wie Rheinland-Pfalz, Brandenburg oder Mecklenburg-Vorpommern hatten zu- gestimmt. Dies gibt Hoffnung, dass auch der Bundestag eine Regelung zum Bestandsschutz ermöglichen wird. Dirk Becker (SPD): Mit der Änderung des EEG zum 1. Januar 2009 haben wir durch die Änderung des Anla- genbegriffs der missbräuchlichen Ausnutzung des EEG durch die Betreiber großer Biogasanlagen einen Riegel vorgeschoben. Dies war ausdrücklich der politische Wille der Mehrheit dieses Parlamentes. Wille war es auch, eine Rückwirkung dieser Rege- lung zu beschließen, zumal es sich bei der Änderung im EEG 2009 lediglich um eine Klarstellung einer auch im alten EEG bestehenden Rechtslage und keinesfalls um eine neue Regelung handelt. Der Missbrauch des EEG, der jährlich zweistellige Millionenbeträge aus der von den Stromkunden zu finanzierenden EEG-Umlage in die Taschen ihrer Betreiber spült, durfte nicht noch nach- träglich legitimiert und belohnt werden, sondern musste nach unserem Rechtsverständnis zwangsläufig auch rückwirkend ausgeschlossen werden. Hiergegen wurde Klage erhoben und zumindest der Antrag auf einstwei- lige Verfügung durch das Bundesverfassungsgericht ab- gelehnt. Dies lässt darauf schließen, dass auch in der Sa- che zugunsten der Regelung im EEG entschieden werden wird. Und das ist gut so. Um dies jedoch genau beurteilen zu können, bleibt die Entscheidung in der Sa- che bzw. die Begründung aus Karlsruhe abzuwarten. Aus diesem Grund hat die Bundesregierung ihre Stel- lungnahme zu einem Antrag des Bundesrates auf Ände- rung des § 19 EEG zurückgestellt, um auf die Gerichts- entscheidung entsprechend eingehen zu können. Dies bleibt richtig, auch wenn die FDP nun geschickt den An- trag des Bundesrates kopiert, politisch Klamauk veran- staltet, obwohl sie um das gerade beschriebene Verfah- ren weiß. Es ist doch absurd, eine Gesetzesänderung zu beantragen, wo das Verfassungsgericht gerade seine Ver- fassungsfestigkeit prüft. Die Argumentation des Bundesrates und einiger Ver- treter der Biogasbranche lautet, dass nicht nur die, die sich durch Umgehung des EEG einen Vorteil verschafft haben, nun getroffen werden, sondern auch andere Be- treiber. Diesen Hinweis nehmen wir sehr ernst. Ich weise jedoch darauf hin, dass wir vor der Änderung des EEG über das BMU sehr wohl mit dem Fachverband Biogas gesprochen haben, um eine Folgenabschätzung vorzu- nehmen. Die damalige Aussage war, dass wohl nur die tatsächlichen Missbrauchsfälle betroffen sind. Mittler- weile sind Zahlen zwischen 40 und 250 Betroffene im Umlauf, allerdings ohne dass diese Zahlen belastbar und nachweisbar sind. Fest steht, dass wir zur Klärung von Streitigkeiten zwischen Anlagenbetreibern und Netzbetreibern eine Clearingstelle eingerichtet haben, an die sich jeder Be- troffene wenden kann. Hier sollen nach meinen Informa- tionen jedoch nur vier Verfahren anhängig sein. Zwei da- v E r A A t F h w s d k s d w n l g n g w t s d r E h d w b i d Z g t v S E u B l n d t s d h r p e g G n d h (C (D on betreffen Betreiber, die nach unserer Auffassung das EG klar umgangen haben und nun auch von der höhe- en Vergütung für Kleinanlagen auszuschließen sind. lle anderen Fälle scheinen demnach geklärt, und die nlagenbetreiber dürften die ihnen zustehende Vergü- ung erhalten. Wir brauchen zunächst aber belastbare Zahlen und akten. Nur auf Basis dieser Fakten und unter Heranzie- ung der Urteilsbegründung aus Karlsruhe kann beurteilt erden, ob überhaupt politischer Handlungsbedarf be- teht oder ob mögliche Grenzfälle nicht über das vorhan- ene Instrument der Clearingstelle zufriedenstellend ge- lärt werden können. Falls diese Überprüfung ergeben ollte, dass dennoch eine gesetzliche Anpassung erfor- erlich wird, wovon wir derzeit nicht ausgehen, werden ir handeln. Es kann aber keine Regelung geben, die achträglich die missbräuchliche Nutzung des EEG zu- asten der Endverbraucher legitimiert. Michael Kauch (FDP): Wenn der Gesetzgeber Re- elungen trifft, die ihm rückwirkend plötzlich selber icht mehr gefallen, dann darf der Staat diese Regelun- en trotzdem nicht einfach zulasten der Normadressaten ieder ändern, zumindest nicht rückwirkend. Das Ver- rauen der Betroffenen ist schutzwürdig. Da kann man ich auf die FDP verlassen. Der Vertrauensschutz gilt selbstverständlich auch ann, wenn es um das EEG geht. Dass die FDP ihre echtsstaatliche Überzeugung heute ausgerechnet beim EG unter Beweis stellt, mag mancher vielleicht als übsche Pointe empfinden. Denn es ist ja bekannt, dass ie FDP grundsätzlich andere Vorstellungen darüber hat, as der Staat tun müsste, um das Potenzial der erneuer- aren Energien sinnvoll ausschöpfen zu können. Eines st für uns klipp und klar, und wir haben das immer wie- er betont: Kaum ein Wirtschaftsbereich ist für die ukunft unseres Landes wichtiger als die Energieversor- ung. Und kaum etwas ist hier so wichtig wie das Ver- rauen der Menschen in stabile Rahmenbedingungen. In- estoren müssen sich darauf verlassen können, dass der taat nicht von heute auf morgen seine Meinung ändert. nergieanlagen, die nach dem geltenden EEG genehmigt nd errichtet worden sind, genießen also in jedem Fall estandsschutz. Das Vertrauen der Menschen in verläss- iche und stabile Rahmenbedingungen steht für die FDP icht zur Disposition. Die FDP garantiert den Schutz ieses Vertrauens, und zwar auch dann, wenn das Ver- rauen sich auf Regelungen bezieht, die die FDP in die- er Form ursprünglich nicht gewollt und unterstützt hat. Die Bundesregierung sieht dies offenbar anders: Gegen ie Stimmen der FDP und trotz eindringlicher Warnung at die Bundesregierung die Spielregeln beim EEG über- aschend geändert. Der Anlagenbegriff im EEG wurde lötzlich so umdefiniert, dass bestehende Anlagen, die in nger zeitlicher – innerhalb von zwölf aufeinanderfol- enden Monaten – und lokaler Nähe – auf demselben rundstück oder in unmittelbarer Nähe – in Betrieb ge- ommen wurden, bei der Vergütung plötzlich so behan- elt werden, als ob es sich um eine einzige große Anlage andelt. Die Bundesregierung hatte nämlich plötzlich 22574 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 208. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 5. März 2009 (A) ) (B) ) bemerkt, dass die geltende Regelung auf eine Weise genutzt wurde, die der Regierung nicht gefiel: Die Investoren haben bei der Anlagenplanung nämlich versucht, für sich das Beste herauszuholen. Mit anderen Worten: Die Investoren haben versucht, ihre Anlagenplanung optimal an das geltende Recht anzupassen. Als die Bundesregierung das merkt, ändert sie auch für Altanlagen die Spielregeln und verringert die gesetzlich garantierte Stromvergütung – rückwirkend –, und zwar so erheblich, dass viele mittel- ständische Altanlagen nun auf einmal in ihrer Existenz gefährdet sind. Dies ist mit der FDP nicht zu machen, auch dann nicht, wenn wir zur technologiedifferenzierten Stromvergütung eine andere Meinung haben. Die FDP legt Ihnen einen Gesetzentwurf vor, der klarstellt, dass für Anlagen, die bis zum 1. Januar 2009 in Betrieb genommen worden sind, entsprechende Über- gangsvorschriften gelten und dass ein wirksamer Be- standsschutz gilt. Wir haben exakt diesen Sachverhalt bereits bei der EEG-Novelle als Änderungsantrag vorge- legt, den CDU/CSU und SPD damals abgelehnt haben. Die FDP hat die Einbringung eines formulierungsglei- chen Gesetzentwurfs auch über die Länderkammer be- gleitet. Auf das Wort der FDP können sich gerade mittel- ständische Investoren verlassen, nicht nur die Investoren im Energiebereich, aber auch dort, nicht nur bei den er- neuerbaren Energien, aber auch dort. Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE): Biomasse hat unter den erneuerbaren Energien eine besondere Stellung: Sie ist grundlastfähig und speicherbar; sie ist aber auch nicht vollständig CO2-neutral und kann zur Überlastung wertvoller Böden führen. Deshalb ist es erforderlich, Biomasse zur Energieerzeugung möglichst wirkungsvoll einzusetzen. Je Hektar Energiepflanzen muss die Energie- ausbeute so hoch und die Treibhausgaswirkung so gering wie möglich sein. Biogas ist deshalb die erste Wahl, weil eine große Bandbreite an pflanzlichen Eingangsstoffen genutzt werden kann und bei hohen Energieerträgen die gleichzeitige Strom- und Wärmenutzung möglich ist. Auch kann Biogas ins Erdgasnetz eingespeist werden oder Fahrzeuge an- treiben. Da nur begrenzt Flächen zur Verfügung stehen, sind aber auch bei Biogas hohe Nachhaltigkeitsstandards nötig, um den Naturhaushalt nicht zu überfordern und Konflikte mit der Nahrungsmittelproduktion zu vermeiden. Und genau an diesem Punkt stößt eine groß dimensio- nierte Biogaserzeugung an ihre Grenzen. Aneinanderge- reihte Einzelanlagen auf einem Gelände stellen faktisch eine Großanlage dar. Sie erfordern enorme Biomasse- mengen und sind meist ausschließlich auf Maissilage eingestellt. Die Fruchtfolge und regionale Kreisläufe werden vernachlässigt. Außerhalb von Ortschaften ange- siedelt, produzieren sie ausschließlich Strom, und die Wärmeenergie verpufft in die Umgebung. Das ist schlicht Verschwendung knapper und wertvoller Roh- stoffe. Deshalb ist die neue Regelung im EEG 2009 rich- tig, die Betreiber von Biomasseanlagen zur gleichzeitigen Strom- und Wärmeabgabe zu zwingen und die EEG-För- derung zugunsten kleinerer Anlagen nach der Größe aus- zurichten. R d V E g i n A d n z b m u g g e d i v w d d A d u w I ü k W k d S f o I d T g 2 s t f w g P v g d d e t 2 (C (D Der Antrag der FDP geht deshalb in die falsche ichtung. Das ist aber bei den Liberalen nicht verwun- erlich – haben sie das EEG ja ohnehin stets bekämpft. iel sinnvoller ist es, die Einspeisung von Biogas ins rdgasnetz endlich so durchzusetzen, dass sich die Ab- abe ins Netz für die Anlagenbetreiber auch lohnt. Dazu st es erforderlich, die Erdgasunternehmen zur Auf- ahme von bis zehn Prozent Biogas zu verpflichten. uch die Aufbereitung auf Einspeisequalität muss Sache er Röhrenbetreiber sein, damit die Biogaslieferanten icht zu unerfüllbaren technischen Anforderungen ge- wungen werden können. Der Gesetzentwurf der FDP weist zwar auf ein Pro- lem einzelner Betreiber von Biogasanlagen hin. Man uss aber auch klar sagen, dass hier das EEG gezielt mgangen wurde und Anlagen zu einem Zeitpunkt auf- ebaut wurden, als absehbar war, dass eine strengere Re- elung im EEG 2009 kommen würde. Die Linke wird iner Verwässerung des EEG nicht zustimmen und lehnt en Vorschlag der FDP deshalb ab. Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es st schon erstaunlich: Die FDP stellt heute einen Antrag or zum Schutz von Investitionen, die unter dem welt- eit erfolgreichsten Gesetz für erneuerbare Energien, em EEG, getätigt wurden. Das ist gut so. Erstaunlich aran ist, dass die FDP diese Investitionen schützen will. nsonsten bekämpft sie nämlich bei jeder Gelegenheit as EEG und gefährdet damit Milliarden Investitionen nd Hunderttausende von Arbeitsplätzen. Natürlich ürde eine Abschaffung des EEG nicht die getätigten nvestitionen in Ökostrom-Anlagen gefährden, sie sind ber die 20-jährige Vergütungsdauer und das Rückwir- ungsverbot im Grundgesetz geschützt. Aber mit dem egfall des EEG, wie von der FDP allseits politisch be- undet, würde der Markt für neue Ökostrom-Anlagen rastisch einbrechen, was den Absatz aus Fabriken für olaranlagen, Windkraftanlagen oder Biogasanlagen ge- ährdet. Damit würden in der heutigen Rezession ganz hne Not weitere Arbeitsplätze verloren gehen und neue nvestitionen unmöglich werden. Nun ist es aber zu begrüßen, dass sich die FDP für en Bestandschutz von Biogasanlagen einsetzt. In der at sind einige Investitionen in diesem Bereich höchst efährdet. Durch die Novelle des EEG, die seit 1. Januar 009 in Kraft ist, stehen Biogasanlagen zum Beispiel im trukturschwachen und mit hoher Arbeitslosigkeit belas- eten Penkun vor dem Konkurs. Arbeitsplätze sind ge- ährdet und ebenso die persönlichen Einlagen von Land- irten. Die Große Koalition hat in der EEG-Novelle einen ravierenden Fehler begangen. Sie hat entgegen dem rinzip des Rückwirkungsverbotes bereits getätigte In- estitionen schlechter gestellt, indem sie den Anlagenbe- riff auch rückwirkend neu definiert hat. Damit gefähr- en SPD/CDU/CSU in hohem Maße Arbeitsplätze und en Bestand verschiedener Biogasunternehmen. Dies ist ine Parallele zum Biokraftstoff-Gesetz, in dem der Ver- rauensschutz einer ganzen Branche missbraucht und vor 009 bereits eine Besteuerung der reinen Biokraftstoffe Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 208. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 5. März 2009 22575 (A) ) (B) ) vorgenommen wurde, mit dem Ergebnis, dass viele Bio- dieselanlagen und Pflanzenölmühlen in Konkurs gingen und 70 000 Arbeitsplätze akut gefährdet sind. Worum geht es inhaltlich? Manchen Biogasbetreibern wie in Penkun wird vorgeworfen, erhöhte Vergütung zu beanspruchen, weil sie eine große Anlage in viele kleine Anlagen aufgesplittet haben. Kleinere Anlagen bekom- men pro Kilowattstunde eine höhere Vergütung als große Anlagen. Es spricht vieles dafür, dass der Gesetzgeber des alten EEG genau dies verhindern wollte. Wenn aber Biogasanlagenbetreiber mit der Aufsplittung in kleinere Anlagen gegen die gesetzlichen Bestimmungen des alten EEG verstoßen haben sollten, so wäre das ein Fall für Gerichte. Was nicht angeht, ist eine rückwirkende Geset- zesänderung mit dem Argument, der frühere Gesetzge- ber hätte das eben so gemeint. Es ist völlig in Ordnung, wenn in einer Gesetzesnovelle dies für künftige Investi- tionen so geregelt wird. Dafür braucht es aber eine Über- gangsregelung für den Bestandschutz getätigter Investi- tionen; genau diese fehlt aber in der Novelle des EEG. Der Bundesrat hat bereits eine entsprechende Geset- zesänderung vorgeschlagen. Die „geniale“ Leistung der FDP ist es, den Gesetzestext des Bundesrates in dem hier vorliegenden Antrag wortgleich zu übernehmen. Beach- tenswert ist, dass der mehrheitlich von Union und SPD dominierte Bundesrat an diesem Punkt die von Union und SPD verabschiedete EEG-Novelle als Fehler an- sieht. Wir Grünen fordern die Große Koalition auf, end- lich Klarheit in dieser Angelegenheit zu schaffen, die gleichzeitig die getätigten Investitionen schützt. Der Schaden, den Sie von der Großen Koalition in der Bioenergiebranche mit dem Vertrauensbruch bei Bio- kraftstoffen und Biogas angerichtet haben, ist sowieso nicht mehr gutzumachen. Sorgen Sie endlich dafür, dass wieder Vertrauen in der Branche gefasst werden kann, und korrigieren Sie rückwirkende Gesetzesänderungen, die getätigte Investitionen gefährden. Nur dann wird die Bioenergiebranche den von ihr erwarteten Beitrag zur Belebung der Wirtschaft in der jetzigen Rezession er- bringen und gleichzeitig Klimaschutz zusammen mit ei- nem wertvollen Beitrag zur Sicherheit der Gasversor- gung leisten können. Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 3. September 2008 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Dänemark über eine Feste Feh- marnbeltquerung (Tagesordnungspunkt 15) Jürgen Koppelin (FDP): Endlich wird eines der größten Verkehrsprojekte für Norddeutschland realisiert. Mit der festen Fehmarnbelt-Querung wird endlich eine bisherige Lücke im europäischen Verkehrsnetz geschlos- sen. Am 14. Dezember 1999 legte die damalige schles- wig-holsteinische Landesregierung aus SPD und Grünen p F 2 t 3 s w t m e Q t B n l S a g m c z g s w v p v d s V f J S g r z g z d g z W A z B o r h m m r c B g s s (C (D er Kabinettsbeschluss fest, dass eine feste Querung des ehmarnbelts realisiert werden soll. Nachdem am . September 2008 das dänische Parlament mit Zweidrit- elmehrheit seine Zustimmung erteilt hatte, wurde am . September 2008 der lang ersehnte Staatsvertrag zwi- chen Dänemark und Deutschland unterzeichnet. Damit urde endlich der Grundstein gelegt für eines der bedeu- endsten transeuropäischen Verkehrsprojekte der kom- enden Jahre. In Dänemark gibt es in der Bevölkerung ine überwältigende Mehrheit für die feste Fehmarnbelt- uerung. Die wenigen Kritiker auf deutscher Seite soll- en vielleicht einmal hinterfragen, warum es diese große egeisterung in Dänemark gibt, während man bei uns och immer versucht, mit vielen kleinen Bedenken sich autstark gegen das Projekt auszusprechen. Durch den Bau der festen Querung rücken nicht nur chleswig-Holstein und das dänische Lolland, sondern uch Skandinavien und Westeuropa zusammen. Der anze norddeutsche Raum, auch Mecklenburg-Vorpom- ern, wird davon profitieren. Das ist eine der wesentli- hen Voraussetzungen dafür, dass der Norden Europas usammenwächst, nicht nur wirtschaftlich, sondern auch esellschaftlich. Die Brücke wird die Mobilität der Men- chen deutlich steigern. Das wird die Wirtschaftsent- icklung in der Region beschleunigen, weil durch die erkürzten Fahrzeiten über den Fehmarnbelt die Trans- ortkosten sinken werden und deshalb der Austausch on Waren, Kultur, persönlichen Kontakten, Know-how, ie Begegnung von Personen sowie Innovationen chneller wachsen werden. Der Brückenschlag über die ogelfluglinie schafft erhebliche Impulse für Wachstum, ür Beschäftigung und für gesellschaftlichen Austausch. etzt müssen wir endlich beginnen, dass auf deutscher eite das Projekt intensiv begleitet wird. Laut Bundesverkehrsministerium sollen zur Bewälti- ung der neuen Verkehrsströme zwei große Maßnahmen ealisiert werden: Zum einen soll die Bundesstraße 207 wischen Heiligenhafen und Puttgarden vierspurig aus- ebaut werden. Der Bund wird dafür 90 Millionen Euro ahlen, das Land wird einen Teil mitbezahlen. Zum an- eren soll die Bahnstrecke von Bad Schwartau bis Putt- arden zweigleisig ausgebaut werden. Auch hier sollte ügig die Finanzierung geplant werden. Bislang fehlt jedoch jegliches Konzept, auf welche eise die Hinterlandanbindung realisiert werden soll. uch fehlt jedes Konzept, aus welchen Mitteln sie finan- iert werden soll. Ungeklärt ist, ob das Geld aus dem undesverkehrswegeplan genommen werden soll oder b andere Verkehrsprojekte in Schleswig-Holstein zu- ückgestellt werden müssen. Unklar ist, wie viel über- aupt an Bundesmitteln bereit steht und wie viel Landes- ittel nötig sind. Schleswig-Holstein und der Bund üssen endlich für ein klares Projekt- und Finanzie- ungskonzept sorgen. Ein weiterer Aspekt macht deutlich, warum ein sol- hes Konzept erforderlich ist. Zehn Jahre für Planung, ürgerbeteiligung und Bau sind – das zeigen die vergan- enen Schienen- und Straßenprojekte in Schleswig-Hol- tein – keine wirklich lange Zeit. Dies zeigt, dass in die- er Frage dringend etwas passieren muss. Für mich als 22576 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 208. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 5. März 2009 (A) ) (B) ) Bundestagsabgeordneten aus Schleswig-Holstein steht fest, dass das zu entwickelnde Konzept mehr beinhalten muss als den vierspurigen Ausbau der B 207 und den zweigleisigen Ausbau der Bahnstrecke Bad Schwar- tau–Puttgarden. Durch diese Maßnahmen ist das Hinter- land noch lange nicht an die Fehmarnbelt-Brücke ange- bunden. Was nützt eine vierspurige Beltquerung, wenn die Autos dann im Stau vor der zweispurigen Fehmarn- sund-Brücke stehen? Ich würde es auch sehr begrüßen, wenn auch die Auswirkungen der Fehmarnbelt-Querung auf die Zukunft des Schiffverkehrsaufkommens auf dem Nord-Ostsee-Kanal begutachtet werden könnten. Denn Auswirkungen wird es geben. Ebenso liegt mir daran, dass verschiedene vom Bundesbeauftragten für Wirt- schaftlichkeit in der Verwaltung vorgetragene Bedenken und Anregungen überprüft und als Anregungen ernst ge- nommen werden. Das Projekt selbst steht allerdings für mich zu keinem Zeitpunkt in Frage. All diese Fragen dürfen nicht erst 2018 beantwortet werden. Wir brauchen eine zügige, mit dem Bund abge- stimmte Planung im Rahmen eines Projekt- und Finan- zierungsplanes. Spätestens bei Baubeginn muss Klarheit in den von mir aufgezählten Punkten herrschen. Mir war es wichtig, heute auch diese Punkte anzu- sprechen, wenn wir über den Vertrag zwischen Deutsch- land und Dänemark über die feste Fehmarnbelt-Querung sprechen. Mit diesem Vertrag ist ein neues Kapitel der deutsch-skandinavischen Beziehungen aufgeschlagen worden zum Wohle auch der Menschen in dieser Region. Anlage 10 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Keine Anrechnung der Abwrackprämie bei ALG II und Eingliede- rungshilfe (Zusatztagesordnungspunkt 6) Karl Schiewerling (CDU/CSU): Mit Ihrem Antrag fordern Sie die Abwrackprämie auch für ALG-II-Bezieher. Gern erkläre ich Ihnen, warum dieser Personenkreis die Abwrackprämie nicht erhält. Im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch ist die Nach- rangigkeit des ALG II insbesondere gegenüber anderen Transferleistungen festgeschrieben. Dies bedeutet, dass grundsätzlich jede Einnahme in Geld oder Geldwert, in dem Fall die Abwrackprämie im Wert von 2 500 Euro, als Einkommen leistungsmindernd berücksichtigt wird. Im Gesetz gibt es Ausnahmen, und zwar für Einnah- men, die einem anderen Zweck als den Leistungen nach dem SGB II dienen und die Lage des Empfängers nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach dem SGB II nicht gerechtfertigt wären. Engagiert sich beispielsweise ein ALG-II-Empfänger bei der freiwilli- gen Feuerwehr, erhält er eine Aufwandsentschädigung. Diese Einnahme dient einem anderen Zweck als die Leistungen nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch. Da Aufwandsentschädigungen in aller Regel in überschauba- ren Größen ausgezahlt werden, dürfen diese „zusätzlichen“ Einnahmen auch behalten werden. 2 H J s a m e ü d g w A w r s E b z e a B l S s d v z k l P 8 i M f d li w m z d w ß W D G Z d f z V e s U r (C (D Anders verhält es sich natürlich bei einem Betrag von 500 Euro. Erhält ein SGB-II-Empfänger die Prämie in öhe von 2 500 Euro, um sich ein neues Auto oder einen ahreswagen anzuschaffen, beeinflusst das seine wirt- chaftliche Lage erheblich. Die Besserstellung zeigt sich uch vor dem Hintergrund, dass Hilfebedürftige ihr Ver- ögen grundsätzlich vor staatlichen Transferleistungen inzusetzen haben. Jeder Betroffene verfügt je nach Alter ber ein Schonvermögen. Wer mehr hat, muss zunächst ie Ersparnisse aufbrauchen, bevor es Geld vom Staat ibt. Ein Auto mit einem Wert von bis zu 7 500 Euro ird nicht als Vermögen angerechnet. Es ist also nicht so, dass SGB-II-Empfänger alle auf ihr uto verzichten müssen, doch ein Recht auf einen Neu- agen muss der Staat in diesem Falle auch nicht garantie- en. Die Umweltprämie wäre für ALG-II-Empfänger chlicht und ergreifend eine zusätzliche Einnahmequelle. s ist nicht ersichtlich, warum dieser Personenkreis, der ereits Hilfe vom Staat in Form der Grundsicherung erhält, usätzlich, also „on top“ oben drauf zusätzliches Geld rhalten soll. Irgendwann ist eine Grenze erreicht. Vor llem müssen wir das auch denjenigen Bürgerinnen und ürgern erklären, die knapp über den SGB-II-Regelsätzen iegen und mit ihren Steuern und Sozialabgaben diesen taat finanzieren. Wir führen hier eine Phantomdiskussion. Da die Grund- icherung für Arbeitsuchende – laut unseren Kollegen aus er Linksfraktion – per se arm macht, kann ich mir kaum orstellen, dass nun Massen an ALG-II-Empfängern so ahlungsfähig sind und sich Neu- oder Jahreswagen leisten önnen. Nehmen wir einen 58-jährigen Langzeitarbeits- osen. Dieser hat ein Schonvermögen von 6 000 Euro. lus die 2 500 Euro Umweltprämie könnte er sich für 500 Euro einen Neu- oder Jahreswagen leisten. Fraglich st doch, ob er für dieses Geld überhaupt etwas findet. al angenommen, er bekäme auf dem Markt ein Auto ür diesen Preis, würde dieses wiederum über dem Wert es geschützten Vermögens des Pkws von 7 500 Euro egen. Folglich müsste es dann als Vermögen angerechnet erden. Das ist doch absurd. Vielleicht mag es Ausnah- en geben. Doch für diese außerordentliche Aktion, die udem noch ein kleines Zeitfenster hat, das Gesetz auf en Kopf zu stellen, halte ich nicht für angemessen. Andrea Nahles (SPD): Die Umweltprämie oder Ab- rackprämie, wie sie oft auch genannt wird, ist ein gro- er Erfolg. Sie erfüllt die in sie gesetzten Erwartungen. ir kurbeln den Absatz umweltfreundlicher Autos an. amit helfen wir der Umwelt und stützen die Wirtschaft. enau das war beabsichtigt. Allein im Februar ist die ahl der Neuzulassungen um 21,5 Prozent gegenüber em Vorjahr gestiegen. Insgesamt wurden im Februar ast 280 000 fabrikneue Autos für den Straßenverkehr ugelassen. Dabei standen kleinere Autos deutlich im ordergrund. Weniger gefragt waren teure Pkw. Das ist in deutlicher Hinweis für mich, dass besonders Men- chen mit niedrigem und mittlerem Einkommen von der mweltprämie profitieren. Das ist gut und richtig. Ge- ade für Menschen mit niedrigem Einkommen ist es Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 208. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 5. März 2009 22577 (A) ) (B) ) ganz besonders wichtig, ein Auto zu fahren, welches kostengünstig im Unterhalt ist. Aber genau hier kommen wir zum Problem. An Men- schen mit besonders niedrigem Einkommen geht die Umweltprämie vorbei. Empfänger von Arbeitslosen- geld II müssen sich die Prämie als Einkommen anrech- nen lassen. Das war so nicht gewollt. Wir erwarten von diesen Menschen, dass sie durch Arbeit selbst ihren Le- bensunterhalt erwirtschaften. Gerade in ländlichen Re- gionen gibt es jedoch keine ausreichenden Angebote an öffentlichem Nahverkehr. Arbeitnehmer brauchen dort daher ein Auto. Und gerade wer wenig Geld hat wie die- jenigen, die zu ihrem Lohn noch ergänzend Arbeits- losengeld II bekommen, der braucht ein verbrauchsar- mes Auto. Die jetzige Regelung kann so nicht bleiben. Wir brauchen eine gesetzliche Klarstellung ganz ähnlich wie beim Kinderbonus, der auch allen Kindern zugute- kommt. Wie absurd die jetzige Situation ist, zeigt auch der folgende Vergleich: Würde nicht eine Umweltprämie ge- zahlt, sondern gewährte der Händler ganz allgemein ei- nen Nachlass auf seine Wagen, dann käme es nicht zu ei- ner Einkommensanrechnung. Ich glaube nicht, dass der Personenkreis, um den es geht, besonders groß ist. Das ist aber auch gar nicht der Punkt. Für mich ist das vielmehr eine Frage der Gerech- tigkeit. Es gibt für mich keinen erkennbaren Grund, ei- nem Bezieher von Arbeitslosengeld II die Umweltprä- mie zu verweigern, während beispielsweise ein leitender Angestellter sie erhält. Es geht überhaupt nicht darum, dass Arbeitslosen- geld-II-Empfänger ein neues oder neues gebrauchtes Auto auf Steuerzahlerkosten bekommen sollen. Wie je- der andere Bürger auch müssen sie eigenes Vermögen einsetzen, das heißt auf ihr Schonvermögen zurückgrei- fen. Vom Staat erhalten sie lediglich einen Zuschuss, den jeder bekommen kann, der sein altes Auto verschrotten lässt. Es geht hier also nicht um eine Besserstellung, sondern um eine Gleichstellung. Die Umweltprämie soll nicht eine bestimmte Personengruppe besserstellen, son- dern wir wollen die Wirtschaft ankurbeln und dabei auch noch der Umwelt helfen. Hier ist es egal, wer der Emp- fänger der Umweltprämie und damit der Käufer des Au- tos ist. Und überhaupt: Es geht lediglich um eine einma- lige, die Konjunktur stützende Aktion. Niemand muss hier einen Dammbruch befürchten. Ich spreche mich da- her ganz deutlich und unmissverständlich für eine Geset- zesänderung aus. Ich appelliere an unseren Koalitions- partner, noch einmal zu überlegen und sich nicht vernünftigen Argumenten zu verschließen. Auf Dauer kann niemand gegen das Gerechtigkeitsempfinden der Menschen verstoßen. Heinz-Peter Haustein (FDP): Es geht um die Ab- wrackprämie und da insbesondere um die Frage, ob die Prämie in Höhe von 2 500 Euro bei Beziehern von Ar- beitslosengeld II als Einkommen auf die Transferleis- tung angerechnet werden muss oder nicht, also ALG-II- B T m A u s s e E m a p z f k d u g s d s u t i t ü s h e e n n n s D s l w h A ß u d D A a f v l A z N d E d (C (D eziehern, die die Prämie erhalten entsprechend die ransferleistung gekürzt werden muss. Schon hier liegt ja der in der öffentlichen Wahrneh- ung verbreitete Irrtum: Natürlich bekommen alle die bwrackprämie, die ihr altes Auto verschrotten lassen nd sich ein neues Auto oder einen Jahreswagen kaufen, ofern das alte Fahrzeug wenigstens zwölf Monate auf ie zugelassen war. Es geht hier einzig um die Frage, ob s sich bei der staatlichen Prämie um anzurechnendes inkommen handelt. Lassen Sie mich zur Abwrackprä- ie Folgendes ausführen: Erstens. Die Abwrackprämie hat einen Grundmangel, uf den wir von Beginn an hingewiesen haben: Sie ist rinzipiell völlig untauglich, den ihr zugedachten Zweck u erfüllen. Zwar stützt sie – wie gewünscht – die Nach- rage nach Automobilen. Doch die Menschen kaufen eine deutschen Fabrikate, sondern wählen mehr auslän- ische Marken, die günstiger in der Anschaffung sind nd sparsamer im Verbrauch. Das zeigen die Erfahrun- en bereits. Dem Ziel der Stärkung der deutschen Wirt- chaft und der Erhaltung von Arbeitsplätzen aber dient er Kauf eines japanischen oder eines anderen ausländi- chen Autos kaum. Zweitens. Doch da sie nun in Kraft ist, müssen wir ns mit den praktischen Fragen der Umsetzung beschäf- igen, unter anderem mit der Anrechnungsfrage. Dabei st zuallererst zu klären, ob es sich bei dem von dem An- rag der Fraktion Die Linke aufgegriffenen Sachverhalt berhaupt um ein relevantes Problem handelt, das ge- etzlich geregelt werden muss. Hartz IV sieht für Bezie- er von ALG II vor, dass das vorhandene Fahrzeug, so s veräußert werden kann, in der Regel einen Verkaufs- rlös von 7 500 Euro nicht übersteigen darf. Es gibt aber ur wenige Autos, die als Neuwagen oder wenige Mo- ate altes Fahrzeug, maximal Jahreswagen, diesen Wert icht übersteigen. Allenfalls ein Modell eines rumäni- chen oder italienischen Fabrikats kommt da in Betracht. och das nur am Rande. So weit könnte man noch fest- tellen, dass das Anliegen der Linken relevant ist, so- ange es nur überhaupt ein Fahrzeug gibt, das als Jahres- agen im Wert unter die Marke von 7 500 Euro sinkt. Viel wichtiger jedoch ist noch die Frage, ob es über- aupt eine nennenswerte Zahl von Betroffenen gibt, also LG-II-Bezieher, die ihr Schonvermögen in dieser Grö- enordnung für einen Neuwagen verwenden möchten nd sich damit selbst der knappen eigenen Mittel entle- igen, die für „Notfälle“ gebraucht werden könnten. ies scheint mir äußerst zweifelhaft. Denn dass ein LG-II-Bezieher in einer Situation ohne die Gewissheit uf in Kürze steigende Einnahmen sein Schonvermögen ür einen Neuwagen aufbraucht, macht ja für mich nicht iel Sinn und scheint mir auch nicht sehr wahrschein- ich. Ich kann mir zumindest kaum vorstellen, dass ein LG-II-Bezieher in einer so schwierigen Lage sein ihm ur Verfügung stehendes Geld für den Erwerb eines euwagens aufbringt, anstatt es in die eigene Fortbil- ung zu investieren oder noch besser: in die Bildung und ntwicklung der eigenen Kinder. Wir reden immer über ie große Bedeutung von Bildung. Das gilt auch und ge- 22578 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 208. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 5. März 2009 (A) ) (B) ) rade für Kinder von ALG-II-Bezieher. Insofern wird wohl kaum ein Betroffener mit dem eigenen Geld ein neues Auto kaufen, sondern es sinnvoll und mit Bedacht investieren, statt in den Konsum zu stecken, und das auch deshalb, weil der vorhandene zehn Jahre alte Golf ja bei der hohen Qualität unserer heutigen Kfz noch aus- reicht, um zum Vorstellungsgespräch zu fahren und da- für der Neuwagen entgegen der Begründung der Frak- tion Die Linke nicht erforderlich ist bzw. bei erfolgter Neuanstellung immer noch gekauft werden kann und hinter anderen Dingen wie zum Beispiel der Bildung der Kinder ansteht. Es scheint mir also aus einer Vielzahl von Gründen angebracht zu sein, hier in den anstehenden Ausschuss- beratungen noch einmal sorgfältig abzuwägen und von der Bundesregierung Aufklärung über die Fallzahlen zu erhalten. Mit einem herzlichen Glück auf aus dem Erz- gebirge! Katrin Kunert (DIE LINKE): Mit dem faktischen Ausschluss von ALG-II-Beziehenden von der Umwelt- prämie setzt die Bundesregierung ihren Kurs der Aus- grenzung und Diskriminierung von ALG-II-Beziehen- den fort. Die Menschen, die eigentlich am meisten am Konjunkturpaket partizipieren müssten, werden ausge- schlossen. Ist Ihnen eigentlich bewusst, dass Sie damit auch all die Menschen ausgrenzen, die trotz Arbeit auf ergänzende Leistungen angewiesen sind? Und dass Menschen mit Behinderungen im Grundsicherungs- bezug, die ganz besonders einen Pkw brauchen, ebenso unter diesen Ausschluss fallen? Für mich stellt sich schon die Frage, ob Sie überhaupt darüber nachgedacht haben, was Sie da beschließen. Anscheinend nicht. Wie sonst ist es zu verstehen, dass die SPD überrascht scheint, dass die Umweltprämie auf die Grundsicherung für Arbeitsuchende angerechnet wird? Es wäre ja gut, wenn sich die SPD jetzt eines Besseren besinnt und mit uns gemeinsam diesen unhaltbaren Zustand ändert; denn ich halte es für einen unglaublichen Vorgang, der korri- giert werden muss. Die Fraktion Die Linke gehört mit Sicherheit zu den größten Kritikerinnen hinsichtlich der sogenannten Um- welt- oder, wie sie auch genannt wird, Abwrackprämie; was vielleicht auch treffender ist. Es ist nämlich fraglich, ob es überhaupt ökologisch sinnvoll ist, den Neukauf von Autos zu fördern. Zum einen dürfte in einigen Fäl- len eine ökologische Lebenszyklusanalyse – Ressour- cenverbrauch und Emissionen beim Bau, Betrieb und Entsorgung von Pkw – ergeben, dass es sinnvoller wäre, ältere und bislang wenig gefahrene Autos länger zu nut- zen, anstatt sie frühzeitig zu verschrotten. Zum anderen erhält die Abwrackprämie nur, wer sich anschließend ein neues Auto kauft. Das Umsteigen auf den öffentlichen Personenverkehr wird dagegen nicht gefördert. Das hat auch der Präsident des Umweltbundesamtes, Professor Dr. Andreas Troge von der CDU, kritisiert. Sein Vor- schlag: Derjenige, der sein Auto verschrotten lässt und auf den ÖPNV umsteigt, soll einen staatlichen Zuschuss von 50 Prozent zu einer Jahreskarte, beispielsweise einer Bahncard 100, erhalten. Diese Idee unterstützen wir. p m a N E d O p ti tu e j v S v r e 1 f 2 s d t s r m u d b U i g g i s d n a s k d b M a m s 2 h d g A n b e (C (D Überdies ist die Abwrackprämie so gut wie nicht an rogressive Umweltstandards gekoppelt. Der Neuwagen uss lediglich die Euro-4-Norm erfüllen. Das ist wenig mbitioniert, denn diese wird nach EU-Recht für alle euwagen bereits im Herbst dieses Jahres durch die uro-5-Norm abgelöst. Zudem hätte man die Zahlung er Prämie im Falle eines Neukaufs an eine strenge CO2- bergrenze binden können, etwa an 120 oder 130 Gramm ro Kilometer. Das alles ist nicht geschehen, sodass theore- sch der Besitzer eines alten, kleinen Golfs bei Verschrot- ng auch dann die Umweltprämie erhält, wenn er sich inen spritfressenden Geländewagen zulegt. Greenpeace hat im Zusammenhang mit dem Kon- unkturpaket den Vorschlag unterbreitet, bei Neukäufen on Kfz nach französischem Vorbild ein Bonus-Malus- ystem einzuführen. Neuwagen mit einem CO2-Ausstoß on unter 130 Gramm je Kilometer erhalten in Frank- eich einen Bonus. So bekommt beispielsweise der Käufer ines Mercedes Smart 1 000 Euro. Bei Autos mit über 60 Gramm je Kilometer wird ein Malus fällig. So müssen ür den Kauf eines Citroën C6 oder eines VW Touareg 600 Euro zusätzlich auf den Tisch gelegt werden. Aus- töße zwischen 130 und 160 Gramm pro Kilometer wer- en vom französischen Staat in diesem System als neu- ral bewertet. Die Linke hält diesen Vorschlag für innvoll und bedenkenswert. Schließlich haben in Frank- eich seither die Neukäufe klimafreundlicherer Autos it einem CO2-Ausstoß unter 130 Gramm je Kilometer m 50 Prozent zugenommen – im Jahr 2008 gegenüber em Vorjahr. Die Verkäufe von Spritfressern sind im sel- en Zeitraum um 40 Prozent zurückgegangen. So weit die generelle Kritik meiner Fraktion an der mweltprämie und deren Ausgestaltung, die wir bereits n der Vergangenheit geäußert hatten, die aber nicht dazu eführt hat, hier Änderungen vorzunehmen. Vor dem Hintergrund der von der Bundesregierung efällten Entscheidung für die sogenannte Umweltprämie st es nicht nur sozialpolitisch nicht zu rechtfertigen, ondern auch ein Skandal, Bezieherinnen und Bezieher er Grundsicherung für Arbeitsuchende durch die Anrech- ung als Einkommen von der Nutzung dieser Prämie uszuschließen. Nach der Ansicht der Bundesregierung ei die Umweltprämie im Monat des Zuflusses als Ein- ommen zu berücksichtigen. In vielen Fällen würde urch die Umweltprämie keine Hilfebedürftigkeit mehr estehen und folglich seien diese Personen „in diesem onat nicht auf die steuerfinanzierte Fürsorgeleistung ngewiesen“, so die Antwort der Bundesregierung auf eine schriftlichen Anfragen. Es wird vollkommen ignoriert, dass es eine Recht- prechung des Bundessozialgerichts vom 30. September 008 zu der ähnlich gelagerten Eigenheimzulage gegeben at. In dem Urteil kommt das Bundessozialgericht zu em Schluss, dass die Eigenheimzulage als „zweck- ebundenes Einkommen nicht bei der Berechnung des rbeitslosengeld II zu berücksichtigen“ ist, „soweit sie achweislich zur Finanzierung – auch der tatsächlichen aulichen Errichtung in Eigenarbeit oder durch Dritte – iner als Vermögen geschützten Immobilie im Sinne des Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 208. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 5. März 2009 22579 (A) ) (B) ) SGB II verwendet worden ist oder nachweislich die Ab- sicht bestand, sie derart zu verwenden.“ (BSG AZ B4 AS 19/07, Leitsatz). Die Zahlung der Abwrackprämie ist in analoger Weise zweckgebunden und erfordert den Nachweis über den Kauf eines Neu- oder Jahreswagens sowie über die Verschrottung des alten Personenkraftfahrzeugs. Es gibt daher keine Rechtfertigung, Hartz-IV-Beziehende und Menschen mit Behinderung im Grundsicherungsbezug von dieser Prämie auszuschließen. Für Bürgerinnen und Bürger ist dieser Ausschluss auch nicht nachvollziehbar. So erreichten uns in den letzten Tagen zahlreiche Anrufe, Mails und Briefe, die darüber ihr Unverständnis zum Ausdruck brachten. Ein Bürger schrieb: „Das halte ich für eine ungerechtfertigte Härte, insbesondere für ALG-II-Beziehende im länd- lichen Raum, die auf ein Fahrzeug angewiesen sind. Be- sonders als eine unbillige Härte empfinde ich es, wenn das Fahrzeug des ALG-II-Empfängers durch einen Un- fall oder Defekt zu einem wirtschaftlichen Totalschaden wird und eine Ersatzanschaffung erforderlich wird. Ei- nen Pkw bis zum Wert von 7 500 Euro kann der ALG-II- Empfänger anrechnungsfrei besitzen, das heißt, er könnte zum Beispiel einen Dacia erwerben, der als Neu- wagen ab 5 000 Euro zu bekommen ist. Damit hätte auch der ALG-II-Empfänger die Bedingungen zum Erhalt der Umweltprämie erfüllt. Dass ihm diese dann vom Regel- satz abgezogen wird, ist nicht nachvollziehbar.“ Der Besitz eines Pkws ist für den Personenkreis der erwerbstätigen Hilfebedürftigen und für Menschen mit Behinderung im Grundsicherungsbezug vielfach ein not- wendiges Mittel, um einer Erwerbsarbeit nachkommen und am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können; und für alleinerziehende Frauen und Männer gilt das ganz besonders. Bei anderen Hilfeberechtigten ist ein Pkw vielfach notwendig, um wieder in Arbeit zu gelangen. Gerade ihnen bietet die Umweltprämie eine Chance, sich ein Auto innerhalb der zulässigen Angemessenheits- grenze zu beschaffen und damit ihre Beschäfti- gungschancen zu erhöhen. Mit der Verwehrung der Umweltprämie werden Hartz-IV-Beziehende und Menschen mit Behinderung im Grundsicherungsbezug erneut ausgegrenzt und dis- kriminiert. Da die Umweltprämie laut Gesetz allen Per- sonen zusteht, die sich für den Kauf eines neuen und gleichzeitig für die Verschrottung eines alten Fahrzeuges entscheiden, wird damit auch Art. 3 Grundgesetz ver- letzt. Ich fordere Sie daher auf, unserem Antrag zuzustim- men. Er zielt darauf ab, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Umweltprämie nicht auf die Grund- sicherung von ALG-II-Beziehenden und von Menschen mit Behinderung, die im Grundsicherungsbezug sind, angerechnet wird. Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die sogenannte Umweltprämie kurbelt den Absatz der Auto- industrie an. Mit Umweltschutz hat das wenig zu tun, d v b t P s s „ d t m h v h g M d n 2 l B z S L w m l g l g d a D f n n d r a Z d z w is z d r li s n z m w (C (D enn die Neuwagen verbrauchen häufig mehr als das erschrottete Altfahrzeug. Außerdem entstehen rund 15 is 20 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs eines Au- os bei der Produktion. Einen Umwelteffekt hätte die rämie also nur dann, wenn die Neuwagen im Durch- chnitt 20 Prozent weniger verbrauchten als die ver- chrotteten Autos. Bei aller berechtigten Kritik an der unter dem Namen Abwrackprämie“ firmierenden Absatzhilfe sollte sie je- och – wenn es sie schon gibt – zumindest so ausgestal- et werden, dass niemand benachteiligt wird. Dies ist omentan nicht der Fall. Rund 4,6 Millionen erwerbsfä- ige Menschen erhalten derzeit Arbeitslosengeld II. Da- on sind rund 1,3 Millionen Menschen erwerbstätig, das eißt, sie verdienen so wenig Geld, dass sie ihr Monats- ehalt mit dem ALG II „aufstocken“ müssen. All diese enschen können nach der jetzigen Rechtsauffassung er Bundesregierung, namentlich des Bundesarbeitsmi- isteriums, eben nicht abschlagsfrei die Prämie von 500 Euro in Anspruch nehmen. Nach unserer Rechtsauffassung dürfte es hier eigent- ich kein Problem geben. Schon jetzt sieht das Zweite uch Sozialgesetzbuch vor, dass Einkommen, die weckbestimmt sind, nicht angerechnet werden können. o ist beispielsweise die Eigenheimzulage – wie die inksfraktion in dem vorliegenden Antrag richtiger- eise ausführt – ein solch zweckbestimmtes Einkom- en. Sie ist nicht anzurechnen, soweit sie für den eigent- ichen Zweck, die Finanzierung einer als Vermögen eschützten Immobilie, bestimmt ist. Gleiches gilt für die Abwrackprämie. Nach der Richt- inie zur Förderung des Absatzes von Personenkraftwa- en vom 20. Februar 2009 erhält man die Prämie gemäß en Zuwendungsvoraussetzungen erst dann, wenn das lte Auto verschrottet und ein neues zugelassen wird. as „Einkommen“ von 2 500 Euro ist nach unserer Auf- assung nicht anzurechnen, da es für den Zweck der Fi- anzierung eines als Vermögen geschützten (angemesse- en) Kraftfahrzeugs bestimmt ist. Die Prämie stellt einen urchlaufenden Posten dar, der gar nicht zur Finanzie- ung des Lebensunterhalts verwendet werden kann. Dass die Bundesregierung zu einer anderen Rechts- uffassung kommt, ist ärgerlich und unverständlich. war gäbe es die Möglichkeit, gegen eine Anrechnung er Prämie auf die Grundsicherung für Arbeitsuchende u klagen. Vermutlich hätte man damit auch Erfolg. Wir ollen aber eine schnelle, unbürokratische Lösung. Es t ohnehin nicht anzunehmen, dass sehr viele ALG-II-Be- iehende sich einen Neuwagen anschaffen. Schließlich ist as zur Verfügung stehende Vermögen im Regelfall ge- ing und die Anschaffung eines Neuwagens wahrschein- ch nicht die drängendste Sorge von Langzeiterwerbslo- en. Außerdem gilt für Leistungsbezieher im SGB II ach aktueller Rechtsprechung ein eigenes Kraftfahr- eug nur bis zum Gegenwert von 7 500 Euro als ange- essen. Ansonsten kann vor dem Hilfebezug die Ver- ertung des Autos verlangt werden. 22580 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 208. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 5. März 2009 (A) (C) (B) (D) Allerdings könnte vielleicht für eine Gruppe unter denjenigen, die Leistungen nach dem SGB II beziehen, die Abwrackprämie interessant sein. Rund 1,3 Millionen Menschen sind erwerbstätig, stocken ihr monatliches Gehalt durch Arbeitslosengeld-II-Leistungen nur auf. Teilweise sind diese Menschen nur temporär abhängig von staatlicher Hilfsleistung. Die Wahrscheinlichkeit aber, dass sie auf ein Auto angewiesen sind, um ihrer Ar- beit nachkommen zu können, ist durchaus gegeben. Also: Auch wenn es am Ende nur einige Hundert sein werden, die sich ein neues Kraftfahrzeug anschaffen möchten, darf die Abwrackprämie – so unsere Forde- rung – nicht auf die Grundsicherung angerechnet wer- den. Bleibt die Bundesregierung bei ihrer Rechtsauffas- sung, muss auf dem schnellsten Wege eine entsprechende gesetzliche Änderung eingeleitet werden. Bündnis 90/Die Grünen unterstützen die Bestrebungen, dieser Ungerechtigkeit ein Ende zu setzen! 208. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 5. März 2009 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7 Anlage 8 Anlage 9 Anlage 10
Gesamtes Protokol
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620800000

Die Sitzung ist eröffnet.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich begrüße Sie alle
herzlich.

Es gibt einige Mitteilungen, Ergänzungen und Ände-
rungen der Tagesordnung, über die ich zu Beginn infor-
mieren möchte:

Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass der Kol-
lege Dr. Wolf Bauer heute seinen 70. Geburtstag feiert.


(Beifall – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Das sieht man aber gar nicht! – Dr. h. c. Gerd Andres [SPD]: Er sieht aus wie 60! – Gegenruf des Abg. Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Höchstens!)


– Er wird besonders dankbar dafür sein, dass diese Zwi-
schenrufe aufgrund meiner Nachfrage vor Beginn der
Sitzung im Protokoll vermerkt werden.

Nun wollen wir auf die Zwischenrufe warten, die ge-
macht werden, wenn ich darauf hinweise, dass die Kolle-
gen Dr. Edmund Peter Geisen und Dr. Franz Josef
Jung heute ihren 60. Geburtstag feiern können.

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Redet

(Beifall)


– So viel Einigkeit gibt es hier selten. Umso herzlicher
gratuliere ich allen genannten Kollegen im Namen des
ganzen Hauses zu ihrem heutigen Geburtstag und wün-
sche alles Gute für die nächsten Jahre.

Der Kollege Ralf Göbel hat mit Wirkung vom
1. März auf seine Mitgliedschaft im Deutschen Bundes-
tag verzichtet. Als Nachfolger begrüße ich herzlich den
Kollegen Werner Wittlich.


(Beifall)


Da er dem Deutschen Bundestag nicht zum ersten Mal,
sondern erneut angehört, muss ich ihn mit de
bedingungen der Arbeit hier im Hause nicht
traut machen. Wir freuen uns auf die erneute u
Zusammenarbeit.

(C (D ung en 5. März 2009 1 Uhr Wir müssen zu Beginn unserer Sitzung einige Wahlen urchführen: Die Amtszeit des Verwaltungsrates des Deutschranzösischen Jugendwerkes endete am 31. Dezember 008. Die SPD-Fraktion schlägt die Kollegin Monika riefahn als ordentliches Mitglied und die CDU/CSUraktion den Kollegen Dr. Andreas Schockenhoff als tellvertretendes Mitglied vor. Sind Sie damit einvertanden? – Das scheint der Fall zu sein. Dann sind die ollegen Griefahn und Schockenhoff in diese Funktioen gewählt. Auf Vorschlag der Fraktion der CDU/CSU soll außerem der Kollege Joachim Hörster anstelle des aus dem eutschen Bundestag ausgeschiedenen Kollegen Ralf öbel zum Mitglied des Gemeinsamen Ausschusses ach Art. 53 a des Grundgesetzes gewählt werden. Sind ie auch damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann st der Kollege Hörster in den Gemeinsamen Ausschuss ewählt. Die Fraktion der CDU/CSU hat mitgeteilt, dass der ollege Wolfgang Börnsen erneut als Vertreter des eutschen Bundestages für das Präsidium der Filmförerungsanstalt benannt werden soll. Darf ich auch dazu hr Einvernehmen feststellen? – Das ist der Fall. Damit ext ist er für das Präsidium der Filmförderungsanstalt benannt. Schließlich soll auf Vorschlag der CDU/CSU-Fraktion der Kollege Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg als Nachfolger des Kollegen Michael Glos neues stellvertretendes Mitglied in der gemeinsamen Kommission zur Modernisierung der Bund-LänderFinanzbeziehungen werden. – Auch darüber besteht offensichtlich Einvernehmen. Dann ist der Kollege zu Guttenberg als stellvertretendes Mitglied der Föderalismuskommission gewählt. Westerwelle [FDP]: Der ist wohl gelastet! – Gegenruf des Abg. rindel [CDU/CSU]: Der wird jetzt raucht!)

n Rahmen-
weiter ver-
nd weitere


(Dr. Guido nicht aus Reinhard G überall geb Präsident Dr. Norbert Lammert Interfraktionell ist vereinbart worden, die verbundene Tagesordnung um die in der Zusatzpunktliste aufgeführten Punkte zu erweitern: ZP 1 Beratung des Antrags der Abgeordneten Irmingard Schewe-Gerigk, Kerstin Andreae, Volker Beck BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Quote für Aufsichtsratsgremien börsennotierter Unternehmen einführen – Drucksache 16/12108 – ZP 2 Weitere Überweisungen im vereinfachten Verfahren a)





(A) )


(B) )


(Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion


(Ergänzung zu TOP 25)

gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Moder-
nisierung von Verfahren im patentanwaltli-
chen Berufsrecht
– Drucksache 16/12061 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss

b) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neure-
gelung des notariellen Disziplinarrechts
– Drucksache 16/12062 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss

c) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände-
rung des Internationalen Familienrechtsver-
fahrensgesetzes
– Drucksache 16/12063 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

d) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Sta-
bilisierungs- und Assoziierungsabkommen zwi-
schen den Europäischen Gemeinschaften und
ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Repu-
blik Montenegro andererseits
– Drucksache 16/12064 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)

Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

e) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem
Haager Übereinkommen vom 19. Oktober 1996
über die Zuständigkeit, das anzuwendende
Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und
Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterli-
chen Verantwortung und der Maßnahmen
zum Schutz von Kindern
– Drucksache 16/12068 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

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(C (D f)

gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Anpas-
sung der Vorschriften des Internationalen Pri-
vatrechts an die Verordnung (EG) Nr. 593/
2008
– Drucksache 16/12104 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

g) Beratung des Antrags der Abgeordneten Mechthild
Dyckmans, Dr. Karl Addicks, Christian Ahrendt,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Professionalität und Effizienz der Aufsichts-
räte deutscher Unternehmen verbessern
– Drucksache 16/10885 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

P 3 Beschlussempfehlungen des Vermittlungsaus-
schusses

a) Beratung der Beschlussempfehlung des Ausschus-

(Vermittlungsausschuss)

der Entschädigung von Telekommunikations-
unternehmen für die Heranziehung im Rahmen

(TK-Entschädigungs-Neuordnungsgesetz – TKEntschNeuOG)

– Drucksachen 16/7103, 16/11348, 16/12016,
16/12120 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Antje Tillmann

b) Beratung der Beschlussempfehlung des Aus-

(Vermittlungsausschuss)

Verfahren des elektronischen Entgeltnachwei-
ses (ELENA-Verfahrensgesetz)

– Drucksachen 16/10492, 16/11666, 16/12017,
16/12121 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Wolfgang Meckelburg

c) Beratung der Beschlussempfehlung des Ausschus-

(Vermittlungsausschuss)

lung der Kraftfahrzeugsteuer und Änderung
anderer Gesetze
– Drucksachen 16/11742, 16/11900, 16/11902,
16/11931, 16/12033, 16/12122 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Thomas Oppermann

P 4 Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/
CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Fortführung der Gesetzeslage
2006 bei der Entfernungspauschale
– Drucksache 16/12099 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie






(A) )



(B) )


Präsident Dr. Norbert Lammert
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Haushaltsausschuss mitberatend und gemäß § 96 GO

ZP 5 Erste Beratung des von den Abgeordneten Michael
Kauch, Angelika Brunkhorst, Horst Meierhofer,
weiteren Abgeordneten und der Fraktion der FDP
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Än-
derung des Gesetzes über den Vorrang Erneu-
erbarer Energien
– Drucksache 16/12094 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

ZP 6 Beratung des Antrags der Abgeordneten Katrin
Kunert, Katja Kipping, Dr. Gesine Lötzsch, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE

Keine Anrechnung der Abwrackprämie bei
ALG II und Eingliederungshilfe
– Drucksache 16/12114 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Haushaltsausschuss

ZP 7 Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/
CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur weiteren Stabilisierung des Fi-

(Finanzmarktstabilisierungsergänzungsgesetz – FMStErgG)

– Drucksache 16/12100 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Haushaltsausschuss

ZP 8 Beratung des Antrags der Abgeordneten Hüseyin-
Kenan Aydin, Dr. Dietmar Bartsch, Karin Binder,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE

Einsetzung eines Untersuchungsausschusses
– Drucksache 16/12130 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und
Geschäftsordnung

ZP 9 Beratung des Antrags der Abgeordneten Rainder
Steenblock, Marieluise Beck (Bremen), Volker
Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Demokratie und Sicherheit im Südkaukasus
stärken
– Drucksache 16/12110 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)

Innenausschuss
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung

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(C (D Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Haushaltsausschuss Von der Frist für den Beginn der Beratungen soll, soeit erforderlich, abgewichen werden. Der ursprünglich für morgen vorgesehene Tagesrdnungspunkt 19 – dabei handelt es sich um Vorlagen ur Gleichstellung von Frauen – soll im Anschluss an en ersten Tagesordnungspunkt aufgerufen werden. Der agesordnungspunkt 4 und die weiteren Tagesordnungsunkte der Koalitionsfraktionen verschieben sich entprechend nach hinten. Die Tagesordnungspunkte 19 c, 20 und 26 d sollen bgesetzt werden. Schließlich mache ich auf eine nachträgliche Auschussüberweisung im Anhang zur Zusatzpunktliste auferksam: Der in der 187. Sitzung des Deutschen Bundestages berwiesene nachfolgende Antrag soll zusätzlich dem echtsausschuss iesen werden. Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. KarlTheodor Freiherr zu Guttenberg, Eckart von Klaeden, Anke Eymer ordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Dr. Rolf Mützenich, Gert Weisskirchen terer Abgeordneter und der Fraktion der SPD Nichtstaatliche militärische Sicherheitsunternehmen kontrollieren – Drucksache 16/10846 – überwiesen: Auswärtiger Ausschuss Innenausschuss Rechtsausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Verteidigungsausschuss Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Sind Sie mit diesen Veränderungen und Vereinbarunen einverstanden? – Das ist offensichtlich der Fall. ann ist das so beschlossen. Ich möchte Sie nun bitten, sich von Ihren Plätzen zu rheben. Liebe Kolleginnen und Kollegen, am Montag dieser oche verstarb im Alter von 84 Jahren unser ehemaliger ollege Professor Dr. Ernst Benda. Mit Ernst Benda verliert unser Land eine herausraende Persönlichkeit, die nach 1945 unserer Demokratie nd unserem Rechtsstaat als Mitglied des Bundestages, ls Bundesminister des Innern und als Präsident des undesverfassungsgerichts gedient und sie über mehrere ahrzehnte hinweg entscheidend geprägt hat. In Berlin am 15. Januar 1925 geboren, machte Ernst enda im Kriegsjahr 1943 in Berlin-Spandau sein Abitur. ach Arbeitsund Wehrdienst, Kriegsgefangenschaft Präsident Dr. Norbert Lammert und Studium hat er erste parlamentarische Erfahrungen in Berlin als Mitglied der Bezirksverordnetenversammlung Spandau von 1951 bis 1954 und danach als Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses von 1955 bis 1957 erworben. 1957 zog er dann als Vertreter des Landes Berlin für die CDU in den Deutschen Bundestag ein, dem er bis 1971 angehörte. Durch sein besonderes Engagement für die Verlängerung der Verjährungsfrist für NS-Verbrechen über den 8. Mai 1965 hinaus trug er wesentlich zur Lösung dieser außerordentlich schwierigen rechtsund verfassungspolitischen Frage in diesem Hause bei. Seine Rede zu diesem Thema wird zu den Sternstunden des deutschen Parlamentarismus gezählt. In der ersten Großen Koalition der Bundesrepublik wurde Ernst Benda im April 1967 zunächst Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern und schließlich Bundesinnenminister. Am 8. Dezember 1971 wurde Ernst Benda in das Amt des Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts und zum Vorsitzenden des Ersten Senats berufen. Fast 13 Jahre lang hat er die höchstrichterliche Rechtsprechung in unserem Lande maßgeblich mitgeprägt. Unter seinem Vorsitz fällte das Gericht eine Vielzahl wichtiger Entscheidungen. Dazu gehörten unter anderem das Urteil über den Grundlagenvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR und auch das sogenannte Diätenurteil, das wichtige Grundlagen für den Status der Abgeordneten des Deutschen Bundestages gelegt hat. Auch nach seinem Ausscheiden aus dem Bundesverfassungsgericht blieb Ernst Benda im öffentlichen Leben unseres Landes aktiv, nicht nur als Hochschullehrer an der Universität Freiburg, sondern auch als Mitglied des Präsidiums des Evangelischen Kirchentags und als sein Präsident beim 26. Deutschen Evangelischen Kirchentag in Hamburg. Ernst Benda hat sich um die Verfassung, die Demokratie und unser Land große Verdienste erworben. Der Deutsche Bundestag wird sein Andenken in Ehren bewahren. Seiner Familie, seiner Frau und seinen Kindern, sprechen wir unsere tiefe Anteilnahme aus. Ich danke Ihnen. Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 3 auf: Beratung der Unterrichtung durch den Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien Medienund Kommunikationsbericht der Bundesregierung 2008 – Drucksache 16/11570 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Kultur und Medien Innenausschuss Sportausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Gesundheit Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung t d I f d k B s ä z d t r B B A s D z s e m c f t d t d M W s d s u v b p u M V K k A (C (D Hierzu liegt ein Entschließungsantrag der FDP-Frakion vor. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für iese Aussprache eineinviertel Stunden vorgesehen. – ch höre keinen Widerspruch. Dann können wir so verahren. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort erhält zunächst er Staatsminister im Bundeskanzleramt, Bernd Neumann. B Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit dem eginn der Digitalisierung in den 90er-Jahren befinden ich die Medien in einem geradezu revolutionären Vernderungsprozess. Die Mediennutzung ist für den Einelnen und unser demokratisches Gemeinwesen von funamentaler Bedeutung. Wir müssen deshalb über die atsächliche Situation der Medien Bescheid wissen. Daum war es eine wichtige Entscheidung des Deutschen undestages, die Bundesregierung aufzufordern, einen ericht über die Lage der Medien vorzulegen. Dieser ufforderung sind wir nachgekommen. Der Bericht ieht so aus. a es mir auf meine Redezeit angerechnet würde, verichte ich darauf, ihn vorzulesen. Ich füge allerdings hinzu: Die Branche, die dahinterteht, die Medienund Kommunikationsbranche, ist in bedeutender Wirtschaftsfaktor. Vergleicht man sie it der Automobilindustrie, über die wir dauernd spre hen, muss man feststellen: Sie ist perspektivischer, erolgreicher und wichtiger, und sie produziert keine negaiven Schlagzeilen. Deswegen finde ich es angemessen, ass wir heute in der Kernzeit über dieses Thema diskuieren. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Die Anwesenden erheben sich)





(A) )


(B) )

Bernd Neumann (CDU):
Rede ID: ID1620800100

(Der Redner hält den Bericht hoch)


(Heiterkeit)


Mit diesem Bericht bringen wir zum Ausdruck: Me-
ien sind Wirtschafts- und Kulturgut zugleich. Der
edien- und Kommunikationsbericht ist mehr als ein
egweiser für die Politik. Er ist ein einzigartiges, wissen-

chaftlich fundiertes Kompendium. Er nimmt eine me-
ien- und ressortübergreifende Zusammenschau der ge-
amten technischen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen
nd politischen Auswirkungen der Medienentwicklung
om Ende der 90er-Jahre bis heute vor, erklärt ihre Ver-
indungen und zeigt die aktuellen und künftigen medien-
olitischen Instrumente der Bundesregierung auf. Dieser
mfassende Ansatz unterscheidet ihn von allen früheren
edienberichten der Bundesregierung.

Erstmals ist ein Medienbericht zudem auf die in der
erfassung angelegten Grundprinzipien der Medien- und
ommunikationspolitik wie den Schutz der Kommuni-
ationsgrundrechte und die Förderung der Qualität der
ngebote ausgerichtet. Dazu gehört jedoch auch, dass






(A) )



(B) )


Staatsminister Bernd Neumann
die Medienanbieter selbst, aber auch die Mediennutzer
angesichts eines immer unübersichtlicher werdenden
Medienangebots, eines Angebots von Vielfalt, stärker in
die Verantwortung genommen werden müssen.

Der Medienbericht zeigt umfassend auf, wie die Digi-
talisierung die Herstellung und Inhalte der Medienange-
bote, die Wertschöpfungsketten, die Unternehmensstruk-
turen und die Mediennutzung in den letzten Jahren
gravierend verändert hat und auch in Zukunft weiter ver-
ändern wird.

Am deutlichsten werden die Folgen der Digitalisie-
rung am beispiellosen Siegeszug des Internets sichtbar.
Vor nicht einmal 20 Jahren war das Internet nur einem
kleinen Kreis von Experten zugänglich und lediglich für
wenige Anwendungen vorgesehen. Inzwischen ist es zu
einer für jedermann verfügbaren und quantitativ uner-
schöpflichen Informations- und Kommunikationsplatt-
form geworden. Das Internet ist aus dem Alltag der
meisten Menschen nicht mehr wegzudenken. Um zu be-
schreiben, wie tief es den Einzelnen und die Gesellschaft
mittlerweile beeinflusst, eignet sich die Formel, die
Frank Schirrmacher in der aktuellen Debatte über die
Zukunft der Zeitung im Onlinezeitalter geprägt hat:

Zeitung und Internet sind konstitutiv für den, der
ein aufgeklärtes Leben führen will.

Meine Damen und Herren, am Beispiel des Internets
lässt sich auch die bedeutsamste Folge der Digitalisie-
rung demonstrieren: die Konvergenz, das Zusammen-
wirken, das Zusammenwachsen von technischen Kom-
munikationsstrukturen, Medieninhalten, Endgeräten
sowie aller Telekommunikations- und Medienbranchen.
Die Grenzen der klassischen Medien – Presse, Hörfunk
und Fernsehen – verlieren damit in weiten Bereichen
ihre Bedeutung. Neue Kommunikations- und Angebots-
formen entstehen. So wird zum Beispiel das klassische
Sender-Empfänger-Schema der analogen Welt überwun-
den. Der Nutzer wird erstmals in die Lage versetzt,
selbst zum Programmgestalter und zum Programmanbie-
ter zu werden und damit in Konkurrenz zu etablierten
Medienunternehmen zu treten.

Ebenso bilden sich bei jungen Nutzern mit den inter-
aktiven Bildschirmspielen neue Leitmedien heraus. Sie
verdrängen bei den Jugendlichen die Medien Tonträger,
Film und Fernsehen aus ihrer Rolle als Leitmedien.
Auch die Nutzung von Zeitungen, Zeitschriften und
Fernsehen nimmt insbesondere bei jungen Menschen zu-
gunsten des Internets massiv ab.

Wir befinden uns also in einer Umbruchsituation.
Internet und Konvergenz werden die klassischen Me-
dienangebote aber nicht gänzlich verdrängen. Denn die
klassischen Medien bedienen nach wie vor menschliche
Grundbedürfnisse, die in ihrem Kern keinem Wandel un-
terliegen. Für Zeitungen, Zeitschriften und Bücher ist
das der Wunsch nach Muße, Entschleunigung, fundierter
Information und Raum für Fantasie. Für das Fernsehen
ist das das Bedürfnis nach Unterhaltung und Informa-
tion, die nicht vom Zuschauer selbst gesteuert werden
müssen. Die Medienpolitik hat also mit den traditionel-
len Medien weiter zu rechnen. Deshalb muss sie dafür

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(C (D orgen, dass auch diese Medien eine faire Chance haben. nsbesondere die Printmedien müssen den Onlinebereich ls zusätzliche Chance nutzen können. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Jörg Tauss [SPD]: Aber auch öffentlich-rechtlich!)


Dass dies auch für den Rundfunk gilt, Herr Kollege
auss, ist selbstverständlich. Um die Stärke des öffent-

ich-rechtlichen Rundfunks im Onlinebereich brauchen
ir uns allerdings keine Sorgen zu machen; wie wir se-
en, sorgt er schon selbst dafür, dass er im Onlinebereich
ut vertreten ist.


(Dr. h. c. Gerd Andres [SPD]: Gilt das auch für journalistische Unabhängigkeit?)


Meine Damen und Herren, die wachsende Zahl der
edienangebote und Kommunikationsmöglichkeiten

erlangt den Menschen immer mehr Kenntnisse und Fer-
igkeiten ab. Dies gilt umso mehr, als der kompetente
mgang mit Technik und Inhalten heute stärker als je-
als zuvor Voraussetzung für die individuelle Orientie-

ung, für die gesellschaftliche Teilhabe und für berufli-
hen Erfolg ist. Damit wird die durchgreifende und
achhaltige Verbesserung der Medienkompetenz zu ei-
em immer wichtigeren Thema der Medienpolitik.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


edienkompetenz ist unabdingbar, um die in Fachkrei-
en viel diskutierte „digitale Spaltung“ der Gesellschaft
n eine Infoelite einerseits und in Modernisierungsverlie-
er andererseits zu vermeiden.

Die Bundesregierung hat deshalb eine Vielzahl inno-
ativer und nachhaltiger Projekte aufgelegt, die von
rintmedien bis zu Computerspielen sämtliche Medien-
ereiche umfassen und vielfach gemeinsam mit Partnern
us Wirtschaft und Bildungseinrichtungen durchgeführt
erden. Als herausragende Beispiele zu nennen sind

twa die „Nationale Initiative Printmedien“, „Ein Netz
ür Kinder“, die Einrichtung von „Vision Kino“ und last,
ut not least die vom Bundestag initiierte Vergabe eines
eutschen Computerspielpreises, den wir erstmals Ende
ärz dieses Jahres, gemeinsam mit der Computerspiel-

ranche, verleihen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD sowie des Abg. Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP])


ch finde, das ist ein wichtiges Signal im Hinblick auf
ualitätsanforderungen für diesen Bereich.

Die Digitalisierung eröffnet einerseits enorme Chan-
en für die individuelle, gesellschaftliche und politische
ommunikation und Entwicklung, für Bildung, für Wis-

enschaft und Wirtschaft. Andererseits ist nicht zu über-
ehen, dass die gravierenden Veränderungen in den ge-
annten Bereichen der Medien auch Risiken mit sich
ringen. Ich denke dabei besonders an die neuen Formen
ugendgefährdender Angebote, an Urheberrechtsverlet-
ungen und an das Problem der Datensicherheit im Netz.
enn das positive Potenzial der Digitalisierung für den






(A) )



(B) )


Staatsminister Bernd Neumann
Einzelnen und für die Gesellschaft voll zur Entfaltung
kommen soll, dann müssen wir diese Risiken auf ein Mi-
nimum reduzieren.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Der vorliegende Bericht – lassen Sie mich dies ab-
schließend sagen – belegt mit einer Vielzahl konkreter
Projekte, dass die Bundesregierung konsequent das Ziel
verfolgt, die Chancen der Digitalisierung zu nutzen und
ihre Risiken so weit wie möglich zu begrenzen. Dies ist
der richtige Wegweiser, um mit dieser Zukunftsindustrie
auch weiterhin Erfolg zu haben.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. h. c. Gerd Andres [SPD]: Das war aber kurz, Herr Staatsminister!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620800200

Das Wort erhält nun der Kollege Hans-Joachim Otto

für die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Hans-Joachim Otto (FDP):
Rede ID: ID1620800300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu-

nächst einige durchaus positive Aspekte: Dass wir heute
zum ersten Mal in dieser Legislaturperiode Gelegenheit
haben, in der Kernzeit über Medien- und Kommunika-
tionspolitik zu sprechen, verdanken wir der Tatsache,
dass Staatsminister Bernd Neumann einen Auftrag des
Parlaments getreulich und in beeindruckender Weise
ausgeführt hat. Der vorliegende Medien- und Kommuni-
kationsbericht ist in der Tat eine sehr gute Grundlage für
vielfältige weitere Diskussionen; er ist ein Kompen-
dium, an dem wir uns in den nächsten Jahren orientieren
werden können.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie der Abg. Monika Griefahn [SPD])


Zu begrüßen ist, dass dieser Bericht über eine reine
Bestandsanalyse weit hinausgeht. Er identifiziert we-
sentliche Entwicklungstrends, an denen wir uns bei der
Gestaltung der politischen Rahmenbedingungen für die
Informationsgesellschaft orientieren können. Dabei fal-
len völlig zu Recht vor allem zwei Schlagworte: Digita-
lisierung und Konvergenz. Liebe Kolleginnen und Kol-
legen, es mag noch nicht überall durchgedrungen sein;
aber wir leben bereits im digitalen und konvergenten
Zeitalter. Ohne die Erkenntnis dieser Tatsache wird man
keine zukunftsorientierte Medienpolitik mehr gestalten
können.

Der Deutsche Bundestag respektiert natürlich die
grundsätzliche Zuständigkeit der Bundesländer für die
Medienpolitik. Allerdings ist der im Bericht vertretenen
Auffassung sehr nachhaltig zuzustimmen, dass eine
große – ich füge hinzu: eine wachsende – bundespoliti-
sche Verantwortung für die Wahrung und Sicherung
der Meinungsfreiheit und -vielfalt in Deutschland exis-
tiert. Ebenfalls ist vor dem Hintergrund der Tatsachen,
dass medienpolitische Entscheidungen der Bundesländer

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(C (D icht nur regionale, sondern auch beträchtliche gesamttaatliche Wirkungen entfalten und im Übrigen der Bund ie deutsche Medienpolitik im Rahmen internationaler bstimmungen vertreten muss, ein Engagement des undes dringend geboten. Auch insoweit, Herr Staatsinister, stimmen wir mit Ihnen überein. Schließlich weise ich auf die ebenfalls richtige Festtellung im Bericht hin, dass Medien und Kommunikaion als politische Kategorien nicht nur, aber eben auch em Bereich der Wirtschaftspolitik zuzuordnen sind. eshalb ist das reflexhafte Wegducken aller Fraktionen m Bundestag – natürlich außer der FDP –, (Beifall bei Abgeordneten der FDP – Heiterkeit bei der CDU/CSU – Zurufe von der SPD: Oh!)


enn es etwa um die schwerwiegenden wettbewerbli-
hen Konsequenzen des letzten Rundfunkstaatsvertrags
der um die anstehende Novellierung der EU-Rundfunk-
itteilung geht, für mich immer schwerer nachzuvoll-

iehen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der von der Bun-
esregierung vorgelegte Bericht enthält viele richtige Er-
enntnisse und gute Hinweise. Dies hat die FDP auch in
em Entschließungsantrag angesprochen, der Ihnen zu
iesem Bericht vorliegt und der nachher an die Aus-
chüsse überwiesen werden wird. Leider zieht die Bun-
esregierung an einigen entscheidenden Stellen aus ih-
en richtigen Erkenntnissen nicht die notwendigen
onsequenzen. Wenn wir uns die vielen gesetzgeberi-

chen Aktivitäten und Unterlassungen der Regierungs-
raktionen und der Bundesregierung aus den letzten Mo-
aten und Jahren vergegenwärtigen, zeichnet sich ein
icht mehr ganz so helles Bild der deutschen Medien-
nd Kommunikationslandschaft ab, wie es der Bericht
uggeriert.

Von den vielen Baustellen spreche ich nur einige
ichtige an und komme zunächst auf ein sehr aktuelles
hema zu sprechen, bei dem die FDP allerdings seit Jah-

en Veränderungen gefordert hat. Nun ist das Kind in
en Brunnen gefallen. Sie ahnen es womöglich bereits:
s geht um das ZDF. Einige Politiker in Amt und Wür-
en sind gerade dabei, nicht nur gute und bewährte Füh-
ungskräfte dieses öffentlich-rechtlichen Senders in aller
ffentlichkeit zu demontieren, sondern gleich auch das
ertrauen in das gesamte ZDF zu beschädigen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Jörg Tauss [SPD]: Das ist wahr! Skandalös! Unglaublich!)


ch komme nicht umhin, auch Ihnen, Herr Staatsminis-
er, dafür eine Mitverantwortung zuzuschreiben.


(Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD])


ie sind nämlich Mitglied im Verwaltungsrat des ZDF.
ie müssen nun endlich insbesondere Ihre Parteifreunde
auch einen aus Hessen – zur Räson bringen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Jörg Tauss [SPD]: Er koaliert ja!)







(A) )



(B) )


Hans-Joachim Otto (Frankfurt)

Was dort gerade um Nikolaus Brender und das ZDF
herum abläuft, ist geeignet, das ZDF als eine wichtige
Säule der deutschen Medienordnung zu diskreditieren.


(Dr. h. c. Gerd Andres [SPD]: Das ist Ihr Koalitionspartner!)


Beenden Sie bitte das unwürdige Spiel der parteipoliti-
schen Pression!


(Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Ist immer so gewesen!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620800400

Herr Kollege Otto, gestatten Sie eine Zwischenfrage

des Kollegen Börnsen?


Hans-Joachim Otto (FDP):
Rede ID: ID1620800500

Aber sicher.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620800600

Bitte sehr, Herr Kollege Börnsen.


Wolfgang Börnsen (CDU):
Rede ID: ID1620800700

Lieber Joachim Otto, –


Hans-Joachim Otto (FDP):
Rede ID: ID1620800800

Das fängt schon gut an.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Ja, das muss ich auch sagen!)



Wolfgang Börnsen (CDU):
Rede ID: ID1620800900

– ist es nicht vertretbar, dass wir, da wir alle Vorgänge

in unserer Gesellschaft kritisch hinterfragen, auch die
Tätigkeit von Journalisten, von Personen kritisch hinter-
fragen?


(Jörg Tauss [SPD]: Aber ja!)


Darf es eigentlich einen Schonraum nur für Journalisten
geben? Ich glaube, das wäre auch nicht im Sinne der
FDP.

Wenn innerhalb von sieben Jahren 20 Prozent weni-
ger Zuschauer bei der Sendung heute, 10 Prozent weni-
ger beim heute-journal und 56 Prozent weniger beim
Auslandsjournal einschalten, dann muss doch der Ver-
waltungsrat eines Senders auf diese Rückgänge und an-
deres im Sender insgesamt reagieren. Besteht nicht die
Notwendigkeit, dass der Verwaltungsrat kritisch hinter-
fragt, ob das an Personen oder an der Struktur liegt?
Muss nicht auch ihm das Recht zugestanden werden,
sich mit dem Gesamtsachverhalt zu befassen und gleich-
zeitig dazu aufzufordern, über neue Strukturen nachzu-
denken?


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Das ist doch nicht unsere Aufgabe!)


Warum muss eigentlich immer die Politik die Kohlen
aus dem Feuer holen?

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(C (D (Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Das muss sie ja nicht!)


s gibt dort eine Vielzahl kluger Leute aus der Zivilge-
ellschaft.


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Frage!)


arum kann man das nicht auf den Sachverhalt und
icht nur auf Personen zuschneiden?


Hans-Joachim Otto (FDP):
Rede ID: ID1620801000

Lieber Wolfgang Börnsen, Nikolaus Brender ist nicht

ur ein guter, sondern auch ein erfahrener Journalist, der
on allen seinen Mitarbeitern im Sender hoch gelobt
ird. Wenn es so wäre, dass diese Rückgänge, die du

ben benannt hast, auf Herrn Brender zurückzuführen
ären, dann würde auch ich den Sachverhalt anders se-
en.

Wir sagen in aller Klarheit: Der öffentlich-rechtliche
undfunk hat den Auftrag, ein Qualitätsprogramm zu
achen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


it diesem Qualitätsprogramm erzielt man nicht immer
ine Riesenquote. Ich verlange von Nikolaus Brender
nd dem ZDF nicht, dass sie die gleiche Quote wie RTL
it seinen Nachrichten erzielen. RTL liegt mit seinen
achrichtensendungen weit vorne. Das ist nicht die Auf-
abe des ZDF. Wir Gebührenzahler zahlen dafür, dass
ier ein gutes Programm gemacht wird.

Die Nachrichtensendungen des ZDF sehe ich von al-
en Nachrichtensendungen am häufigsten. Ich finde, dass
as ZDF-Nachrichtenprogramm, und zwar sowohl heute
ls auch das heute-journal, ganz hervorragend ist.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD und der LINKEN)


ieses Programm ist prämiert. Alle Mitarbeiter im Sen-
er stehen hinter Nikolaus Brender.

Ein letztes Wort dazu: Seien wir bitte nicht blauäugig
nd naiv. Es geht hier um eine parteipolitische Sache.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Jörg Tauss [SPD]: So ist es! Euer Koalitionspartner!)


as ist ein ganz klarer Sachverhalt. Es geht hier nicht
m die Qualität. Natürlich hat der Verwaltungsrat die
ufgabe, zu kontrollieren. Das ist gar keine Frage.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Er hat sogar die Aufgabe, den Chefredakteur zu benennen!)


Wenn ich mich für Ihren Sender einsetze, lieber Herr
ollege Grindel, dann sollten Sie darüber doch beglückt

ein.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der SPD)


ch setze mich ja nicht jeden Tag so lebhaft für das ZDF
in. – Ich setze mich für das ZDF und für Nikolaus
render ein, weil ich der Meinung bin, dass dort ein her-






(A) )



(B) )


Hans-Joachim Otto (Frankfurt)

vorragendes Programm gemacht wird – jedenfalls über-
wiegend.

Kritik kann man immer üben, vor allen Dingen am
Verwaltungsrat. Ich möchte aber ganz klar sagen: Die
Kritik, die mein hessischer Ministerpräsident geäußert
hat, überzeugt mich von vorne bis hinten nicht.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Wir reden in der Koalition in Hessen auch darüber.


(Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD])


Lange Rede, kurzer Sinn: Das öffentlich-rechtliche
Programm ist und bleibt einem spezifischen Qualitäts-
auftrag verpflichtet. Ich glaube, dass Herr Brender dafür
ein guter Vertreter ist.

Wenn wir schon dabei sind: Die Causa Brender und
auch – jetzt kommt vielleicht der Beifall von der anderen
Seite – die delikate Geburtstagssause für Kurt Beck auf
Kosten des ZDF


(Jörg Tauss [SPD]: Was für eine Sause?)


sind nur die Spitze des Eisberges. Es ist allerhöchste
Zeit, die Aufsicht über den öffentlich-rechtlichen Rund-
funk grundlegend zu reformieren.


(Beifall bei der FDP)


Wir benötigen endlich eine effektive, externe und pro-
fessionelle Aufsicht, die nicht zuletzt über den sachge-
rechten und sparsamen Einsatz der 8 Milliarden Euro,
die wir Gebührenzahler jedes Jahr bezahlen müssen,
wacht. Das jetzige System der Binnenkontrolle ist nicht
effizient. Dadurch entstehen auch Schieflagen und Wett-
bewerbsverzerrungen im Mediensystem, zum Beispiel
durch die immer noch ungebremste Expansion der öf-
fentlich-rechtlichen Anstalten im Internet, welche die ei-
gentlich durch das duale System sicherzustellende Me-
dien- und Meinungsvielfalt gefährden. Hier ist auch der
Bund – nicht zuletzt auch die Bundespolitiker in den ver-
antwortlichen Gremien, Herr Staatsminister – gefragt.

Um das Thema Rundfunk an dieser Stelle abzuschlie-
ßen, sei noch darauf hingewiesen, dass auch die Finan-
zierungsfrage weiterhin im Raume steht. Am anachro-
nistischen System der gerätebezogenen Rundfunk-
gebühr und der Schnüffelbehörde GEZ festzuhalten, ist
fahrlässig.


(Beifall bei der FDP)


Helfen Sie mit bei der Einführung einer allgemeinen und
pauschalen Medienabgabe! Das hieße weniger Bürokra-
tie, keine unfairen Doppelbelastungen, keine GEZ-
Schnüffler und wäre also eine klassische Win-win-Situa-
tion.

In diesem Zusammenhang möchte ich es nicht versäu-
men, mein medienpolitisches Ceterum censeo anzubrin-
gen: Wir benötigen insgesamt eine einheitliche Aufsichts-
und Regulierungsstruktur für Medien und Telekommuni-
kation nach dem Vorbild der britischen Ofcom. Unsere
bürokratische und zersplitterte Aufsichtslandschaft be-

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(C (D indert den Wettbewerb und verhindert Investitionen nd Innovationen in Deutschland. Nächstes Thema: In dem Bericht wird korrekterweise ie Wichtigkeit eines diskriminierungsfreien Zugangs zu ommunikationsinfrastrukturen angesprochen. Wir haen uns gestern in der Regierungsbefragung mit der reitbandstrategie der Bundesregierung auseinanderesetzt. Es zeichnet sich eine dramatische Änderung dieer Strategie ab. Es wird immer deutlicher, dass man auf in marktbeherrschendes Unternehmen setzt und den ettbewerb zurückdrängt. Die Strategie lautet: Deutsche elekom, baue bitte für uns das Breitbandnetz in der Reublik aus; dafür schützen wir euch vor den Wettbewerern. Ich kann vor einer solchen Strategie nur warnen. ettbewerb ist gerade auch im Telekommunikationsbe eich eine wichtige Voraussetzung. Wer den Wettbewerb inschränkt, der schränkt auch Innovationen und Investiionen ein. Ein Punkt, den ich besonders hervorheben möchte, ist ie Überwachung und Speicherung von Telekommuikation. Ich zitiere aus dem Bericht die Eigenwahrnehung der Regierungskoalition: Die Bundesregierung ist sich dieser besonderen verfassungsrechtlichen Sensibilität der Gesetzgebung im Sicherheitsbereich bewusst und achtet bei allen Maßnahmen sorgfältig darauf, dass die berechtigten grundrechtlichen Belange der Journalisten und Medienunternehmen gewahrt bleiben. chöne Worte. Ich bin mir allerdings nicht ganz sicher, b die gesamte Bundesregierung diese Aussage bei ichte betrachtet unterschreiben würde. (Jörg Tauss [SPD]: Herr Schäuble nicht! Das ist klar!)


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


ie letzten Jahre waren von einer massiven Ausweitung
on Überwachungs- und Speicherungspflichten gekenn-
eichnet. Aber damit nicht genug: Sie wollten auch
och, dass der riesige technische Aufwand, der dazu be-
rieben werden muss, am besten von anderen – von pri-
aten Unternehmen – bezahlt wird. So geht das aber
icht. Auch die Gerichte haben der Bundesregierung in
nterschiedlichsten Instanzen – vom Amtsgericht bis
um Bundesverfassungsgericht – bereits schallende Ohr-
eigen verpasst.

Herr Staatsminister, wirken Sie bei Ihren Kollegen im
abinett und vor allen Dingen bei Ihren Kollegen in Ih-

er Fraktion darauf hin, dass endlich wieder ein gesundes
aß zwischen gebotenen Sicherheitsinteressen einer-

eits und einem hohen Maß an Meinungs-, Medien- und
ommunikationsfreiheit andererseits gefunden wird.
ußerdem empfehle ich Ihnen sehr, ein faires Entschädi-
ungsregime zu installieren, wenn Sie zu viele Ohrfei-
en durch die Gerichte meiden wollen. Entsprechende
orschläge liegen vor.

Ich möchte noch ein Wort zu einem Thema sagen, das
anz aktuell ist.






(A) )



(B) )


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620801100

Dann müssen Sie sich aber bitte beeilen.


Hans-Joachim Otto (FDP):
Rede ID: ID1620801200

Ja.


(Jörg Tauss [SPD]: Aber er hat recht! Da kann man noch eine Minute bekommen!)


– Ich habe häufiger recht, Herr Kollege Tauss.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620801300

Bedauerlicherweise ist die Redezeit häufig dann zu

Ende, wenn der unstreitig richtige Teil folgen soll.


(Heiterkeit)



Hans-Joachim Otto (FDP):
Rede ID: ID1620801400

Ob er unstreitig ist, lieber Herr Präsident, kann ich Ih-

nen nicht versprechen.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620801500

Sehen Sie! Deswegen ermahne ich Sie und weise da-

rauf hin, dass Ihre Redezeit eigentlich abgelaufen ist.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Die Betonung liegt auf „eigentlich“!)



Hans-Joachim Otto (FDP):
Rede ID: ID1620801600

Ich komme sofort zum Ende.

Es gab gestern eine Anhörung im Wirtschaftsaus-
schuss zu einem der wichtigsten Gesetze, die es im Be-
reich des Internets gibt, nämlich zum Telemediengesetz.
Diese Anhörung – übrigens zu einem Gesetzentwurf der
FDP – hat gezeigt: Wir brauchen dringend präzisere Haf-
tungsregelungen, die die Innovationsfähigkeit und die
Meinungsfreiheit im Internet stärken. Es darf nicht sein,
dass ganze Meinungsforen oder Wikipedia abgeschaltet
werden müssen, nur weil sich irgendjemand – manchmal
auch aus der Linkspartei – durch dort von einem Dritten
vorgebrachte Äußerungen gestört fühlt. Die Regierungs-
fraktionen und die Bundesregierung sind aufgefordert,
schnellstmöglich, noch in dieser Legislaturperiode, das
Telemediengesetz zu ändern.


(Beifall bei der FDP)


Es gäbe noch vieles zu sagen, allerdings nicht jetzt.
Seien Sie sicher: Die FDP-Fraktion wird sich an den not-
wendigen Diskussionen und Reformen gerade in diesem
Bereich sehr konstruktiv beteiligen. Wir wissen: Medien
und Kommunikation sind Branchen der Zukunft. Me-
dien und Kommunikation prägen die Kultur des Landes.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620801700

Herr Kollege Otto!


Hans-Joachim Otto (FDP):
Rede ID: ID1620801800

Deswegen, lieber Herr Präsident, komme ich jetzt

zum Ende.


(Heiterkeit und Beifall bei der FDP – Lachen bei der SPD)


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(C (D Herr Kollege Otto, es ist schon außerordentlich be auerlich, dass Sie weit jenseits der vorgesehenen Redeeit nicht mehr die Gelegenheit wahrgenommen haben ür einen knappen Dank an das Präsidium wegen seiner roßzügigkeit. Nun erhält für eine Kurzintervention das Wort der ollege Jörg Tauss. (Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Hätten wir das gewusst, hätte sich Herr Otto kürzer gefasst!)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620801900

(Heiterkeit)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1620802000

Jetzt klatsche ich einmal bei einem FDP-Redner Bei-

all, und Herrn Westerwelle ist es wieder nicht recht.

Herr Staatsminister, Sie haben den von uns allen be-
rüßten Bericht vorgelegt. Ich hätte mir aber in der Tat
ewünscht, dass Sie zu dem Thema, das der Kollege
tto angesprochen hat, nämlich zum derzeitigen Skan-
al im Verwaltungsrat des ZDF, dem Sie angehören, ei-
ige Worte verloren hätten. Meine Bitte lautet, das nach-
uholen, insbesondere im Hinblick darauf, was der
ollege Börnsen gesagt hat. Lieber Wolfgang Börnsen,
ie haben Zahlen genannt, die nicht nachvollziehbar
ind.

Herr Staatsminister, mich interessiert, ob es die Mei-
ung der Bundesregierung und speziell Ihre ist – die
eldungen im Zusammenhang mit den Nachrichtensen-

ungen zum Beispiel auf 3sat sind falsch; das wissen wir
lles; der Staatsminister weiß es als Mitglied des Verwal-
ungsrates sicherlich besser –, dass Nachrichtensendun-
en im öffentlich-rechtlichen Bereich denselben Anfor-
erungen an die Quote zu unterwerfen sind wie
nterhaltungssendungen in anderen Bereichen. Dies
ielte ich für problematisch, Wolfgang Börnsen.


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist keine Kurzintervention gewesen! Sich selber auf die Rednerliste setzen und dann eine Kurzintervention machen! Albern! – Gegenruf des Abg. Jörg Tauss [SPD]: Das war genau zum Thema!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620802100

Das Wort erhält nun die Kollegin Monika Griefahn

ür die SPD-Fraktion.


Monika Griefahn (SPD):
Rede ID: ID1620802200

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen

nd Kollegen! Was lange währt, wird endlich gut. Nun
iegt der lang ersehnte und von der SPD-Fraktion immer
ieder eingeforderte Bericht endlich vor. Der Bundestag
at 1976 die Bundesregierung aufgefordert, fortlaufend
ber die Entwicklung im Medienbereich zu berichten. In
ezug auf die modernen Informations- und Kommuni-
ationstechnologien ist viel passiert. Wenn ich mir das
anze genau anschaue, dann stelle ich fest: Die Digitali-

ierung und die Konvergenz von Medien erfordern neue
ntworten. Wir brauchen einen Schulterschluss zwi-






(A) )



(B) )


Monika Griefahn
schen Bund und Ländern; denn wir haben Kompetenzen
in beiden Bereichen. Leider sind die Ländervertreter
heute nicht anwesend. Es wäre gut, wenn wir schon hier
mit dem Schulterschluss beginnen würden.


(Jörg Tauss [SPD]: Die sind doch zuständig!)


– Ja, aber wir haben beides: zum Beispiel das Teleme-
diengesetz oder das Jugendschutzgesetz, wofür der Bund
zuständig ist, und auf der anderen Seite Gesetze, die in
der Kompetenz der Länder liegen.

Wir müssen die Vielfalt erhalten. Wir brauchen die
Verzahnung von medien-, kultur-, bildungs- und wirt-
schaftspolitischen sowie technologischen Fragen. Wir
haben es immer noch nicht geschafft, diese Fragen um-
fassend aufzugreifen. Von daher bietet der Bericht mei-
ner Ansicht nach eine gute Grundlage, um in diesem
Feld weiterzuarbeiten.

Ein sehr umfassendes Handlungsfeld sind die elektro-
nischen Medien und der Rundfunk; das haben wir gerade
in der Debatte angesprochen. Ganz wichtig ist auch der
Bezug – dieser wurde hier noch nicht besonders heraus-
gearbeitet – zur europäischen Medienordnung. Wir sehen
im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, dass die Europäi-
sche Kommission im Moment die Rundfunkmitteilung
überarbeitet, in der es um die staatliche Finanzierung des
öffentlich-rechtlichen Rundfunks bezogen auf das Bei-
hilferecht geht. Gerade heute – parallel zu unserer Sit-
zung hier – wird im Europäischen Parlament eine Anhö-
rung durchgeführt, in der sehr viele Mitgliedstaaten sehr
deutlich Kritik an der geplanten Überarbeitung üben.
Das kann ich nur unterstützen.

Die SPD-Bundestagsfraktion unterstützt die Bundes-
regierung auch in ihrer Position, dass eine grundsätzli-
che Überarbeitung der Rundfunkmitteilung aus dem
Jahre 2001 überhaupt nicht notwendig ist. Hier wird
wieder versucht, über den Umweg Brüssel die Finanzie-
rung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks durch Gebüh-
ren grundlegend infrage zu stellen. Insofern nutzen sol-
che Aktionen, wie sie im Moment laufen – auf diese sind
der Kollege Otto und der Kollege Tauss eingegangen –,
auch nicht viel. Denn auch damit wird das öffentlich-
rechtliche System infrage gestellt. Das muss man hier
auch einmal sehr deutlich sagen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP])


Nach dem Amsterdamer Protokoll zum EG-Vertrag
liegt die ausschließliche Kompetenz für den Rundfunk
bei den Mitgliedstaaten. Die Besonderheit des Rund-
funks liegt darin, dass es ein Kultur- und Wirtschaftsgut
ist. Ich betone noch einmal: Es ist ein Kultur- und Wirt-
schaftsgut, also nicht nur ein Wirtschaftsgut. Es kann
also nicht Aufgabe der EU-Kommission sein, im Auf-
trag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks unter wettbe-
werbsrechtlichen Aspekten einzugreifen.

Wir haben doch die Situation, dass wir im letzten Jahr
intensiv darüber diskutiert haben, wie der Beihilfekom-
promiss, also die Anforderungen, die im Hinblick auf
Digitalisierung und Internetnutzung an öffentlich-recht-
lichen Rundfunk gestellt worden sind, im 12. Rund-

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(C (D unks-änderungsstaatsvertrag in den Ländern umgesetzt ird. Man sollte erst einmal abwarten, wie sich die Um etzung des Dreistufentests in der Praxis bewährt. Dieen haben wir immer als problematisch erachtet, weil ir meinen, dass auch für die Öffentlich-Rechtlichen die öglichkeit bestehen muss, digitale Angebote zu ma hen. Was jetzt allerdings auf EU-Ebene geschieht, ist, ass die privaten Anbieter wieder probieren, nationales edienrecht zu umgehen, weil es ihnen nicht passt, und ie noch einmal nachsetzen. Das finde ich nicht akzeptael, und das muss man hier auch einmal deutlich mahen. Von allen Seiten wird auf die Unabhängigkeit und die otwendige Sachkunde in den Gremien des öffentlichechtlichen Rundfunks hingewiesen. Nun sehen wir, ass politisch Einfluss genommen wird. Von daher sollen wir uns überlegen, ob wir nicht die Gremienstrukur verändern müssen, damit solche Sachen – Herr Kolege Otto hat sie angesprochen – nicht mehr passieren. ch denke, auch das ist ein Punkt, über den wir hier inensiv reden müssen. (Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Schön, dass Sie auch zu der Erkenntnis kommen!)


Ich – und natürlich auch die SPD-Fraktion – streite
ür den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Das heißt aber
uch, dass die Unabhängigkeit gewährleistet werden
uss und dass wir Qualität haben wollen und müssen.


(Beifall bei der SPD)


as ist unsere Anforderung an öffentlich-rechtlichen
undfunk.

Herr Koch, Sie haben in der Diskussion über den
2. Rundfunkänderungsstaatsvertrag einen engen, an
ualität orientierten Programmauftrag gefordert. Bitte

etzen Sie es um, und lassen Sie die Leute arbeiten! Das
st jetzt notwendig.


(Beifall bei der SPD – Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Wo sie recht hat, hat sie recht! – Jörg Tauss [SPD]: Wir sehen gerade den echten Koch!)


Ja, das ist der Punkt. Wir haben genau diese Situation
m Moment.

Es ist meiner Meinung nach sehr wichtig, dass im Be-
icht neue Themen aufgegriffen worden sind. Wir haben
ber die Computerspiele gesprochen. Der Herr Staats-
inister hat darauf hingewiesen, dass wir am 31. März

n München das erste Mal den „Deutschen Computer-
pielepreis“ verleihen werden. Ich meine, es ist wichtig,
arauf aufmerksam zu machen, dass wir gute Produktio-
en in Deutschland haben. Wir führen eben nicht diese
iskussion um die Killerspiele weiter. Vielmehr haben
ir wunderbare Spiele wie zum Beispiel „Die Siedler
on Catan“. Nennen möchte ich auch „Wii Fit“, das im
nternationalen Bereich ein großer Renner ist, sowie
ußballspiele, die viel größere Marktanteile haben als
ie berühmten Killerspiele. Wir haben den Jugend-
chutz, glaube ich, auch in dem Bereich verstärkt, indem
ir die Kennzeichnung verbessert haben.






(A) )



(B) )


Monika Griefahn
Ein wichtiger Punkt ist: Wir versuchen jetzt, die Me-
dienkompetenz in allen Bereichen zu verstärken. Die
Computerspiele haben heute – wie der Film – eine ganz
wichtige Funktion auch im künstlerischen Bereich. Die
Musikentwicklung, die Designentwicklung, die Kostüm-
entwicklung und alles, was im Film passiert, gibt es auch
in den Computerspielen. Das wird dadurch deutlich.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620802300

Frau Kollegin Griefahn, gestatten Sie eine Zwischen-

frage der Kollegin Jochimsen?


Monika Griefahn (SPD):
Rede ID: ID1620802400

Ja, gerne.


Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620802500

Frau Kollegin Griefahn, Sie haben gerade gesagt, die

Politik müsse sich eventuell überlegen, ob die Gremien-
besetzung in Zukunft anders gestaltet werden sollte.
Diese Überlegung gibt es schon seit Jahrzehnten.

Stimmen Sie mir zu, dass es eigentlich zwei ganz ein-
fache Handlungsweisen gäbe? Erstens. Man könnte dem
ZDF eine Intendantenverfassung, wie sie der Hessische
Rundfunk hat, geben, gemäß der der Intendant die Beset-
zung seiner herausragenden journalistischen Positionen
überhaupt nicht mit dem Verwaltungsrat abstimmen
muss. Der Hessische Rundfunk hat, seit es diesen Sender
gibt, eine Intendantenverfassung innerhalb der ARD, die
man übernehmen könnte. Zweitens. Man könnte – auch
das ist seit Jahren in der Diskussion – einfach bestim-
men, dass in den Verwaltungsrat keine Vertreter von Par-
teien berufen werden. Darüber ist übrigens sehr lange
und sehr oft diskutiert worden.

Stimmen Sie mir zu, dass es eigentlich ganz einfache
Wege gibt, aus dieser Situation herauszukommen, dass
darüber schon seit Jahrzehnten diskutiert wird und die
Vorschläge letztendlich an der Politik scheitern, weil
doch wieder die Vertreter der Parteien in die Gremien
berufen werden?


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Jörg Tauss [SPD]: Die sind in ihrer Funktion als Ministerpräsident da drin!)



Monika Griefahn (SPD):
Rede ID: ID1620802600

Intendantenverfassungen gibt es in vielen Einrichtun-

gen. Deswegen ist das eine sinnvolle Frage. Die Verwal-
tungsgremien entscheiden über den Intendanten, und der
Intendant darf dann selber entscheiden, wie er seine Po-
litik gestaltet. Das halte ich für richtig. Ich glaube, das ist
auch in diesem Fall richtig. Die Frage, ob die Vertreter,
die nicht von den Parteien kommen, trotzdem parteipoli-
tisch gebunden sind, bleibt aber offen. Die gesellschaftli-
chen Gruppen sollen vertreten sein, es muss aber darauf
geachtet werden, dass nicht Parteien innerhalb der ge-
sellschaftlichen Gruppen ein Übergewicht gewinnen.
Das ist eine wichtige Diskussion, die wir noch führen
müssen.

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(C (D (Klaus Uwe Benneter [SPD]: Nur Vertreter der Volkssolidarität dahinschicken! Die sind parteiungebunden!)


Wenn wir über Computerspiele sprechen, müssen wir
uch noch einen Satz zu der aktuellen Situation des
ilmförderungsgesetzes sagen. Wir haben das Gesetz
nde des letzten Jahres novelliert. Es gab ein Verfahren
on einigen Kinobetreibern vor dem Bundesverwal-
ungsgericht – ich will ausdrücklich sagen: nicht von al-
en –, das dazu geführt hat, dass diese Kinobetreiber im
rinzip recht bekommen haben. Ich denke, die Bundes-
ilmförderung, die Förderung über die Filmförderan-
talt ist sehr wichtig. Sie nutzt allen: Sie nutzt den Kinos,
ie nutzt den Filmemachern, sie nutzt den Produzenten,
nd sie nutzt den Kinobesuchern, weil es eine Vielzahl
on Filmen gibt, die nicht nur ausschließlich von den
ändern gefördert werden.

Deshalb möchte ich an dieser Stelle dringend darum
itten, dass sich alle an einen Tisch setzen – ich weiß,
ass heute das Präsidium der FFA zusammentritt und
arüber diskutiert wird – und an einer Lösung arbeiten.
s kann doch nicht angehen, dass dieses bewährte In-
trument der bundesweiten Filmförderung, das von einer
olidarischen Gemeinschaft finanziert und umgesetzt
ird, dadurch aufgehoben wird, dass einige nicht damit

inverstanden sind. Also noch einmal an dieser Stelle:
ir brauchen eine Lösung. Die Förderung darf nicht nur

ber die Länder, sondern muss auch über den Bund lau-
en. Wir brauchen jetzt eine Lösung in diesem Fall. Ich
ürde mir sehr wünschen, dass wir an dieser Stelle wei-

erkommen.

Die Konvergenz der Medien und die Zahl der cross-
edialen Medienformen nehmen zu. Wir brauchen eine

n dieser Entwicklung orientierte Medienordnung. Diese
ird immer notwendiger. Wir müssen immer wieder Ju-
endmedienschutz und Datenschutz prüfen, da es immer
ehr Übertragungswege und -formen gibt, und wir müs-

en überlegen, was noch getan werden kann, und bishe-
ige Verfahren infrage stellen. Wir müssen uns stärker
it der Frage auseinandersetzen, ob für das Zusammen-
achsen der Medienstrukturen nicht eine sektorüber-
reifende Medienordnung notwendig ist. Ich glaube, ja.
iese Medienordnung haben wir schon vor einigen Jah-

en gefordert. Der Kommunikationsbericht ist jetzt ein
uter neuer Ansatz, um daran weiterzuarbeiten. Ich wün-
che mir, dass wir das in der nächsten Legislaturperiode
emeinsam mit allen Fraktionen konstruktiv anpacken;
enn das geht uns alle an.

Danke schön.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620802700

Das Wort erhält nun der Kollege Dr. Lothar Bisky für

ie Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Lothar Bisky (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620802800

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Die Bedeutung von Medienpolitik wird heute






(A) )



(B) )


Dr. Lothar Bisky
allgemein und von allen politischen Parteien unter-
schätzt. Peter Glotz sprach bereits im Jahr 1970 von der
Medienpolitik als dem fünften Rad am Wagen der Poli-
tik. Besser ist es bis in die Gegenwart nicht geworden.
Wir reden heute in der Kernzeit über dieses Thema. Viel-
leicht ist das der Beginn einer allmählichen Verände-
rung, was ich jedenfalls hoffe.

Die gewählten Medienpolitikerinnen und Medienpo-
litiker haben erstaunlich wenig zu entscheiden. Weder
in den Landesparlamenten noch im Bundestag noch im
Europäischen Parlament werden die Grundlinien der
Medienpolitik bestimmt. Die wesentlichen Entscheidun-
gen fällen andere in außerparlamentarischen Verhand-
lungssystemen und Netzwerken: in Deutschland zum
Beispiel in der Rundfunkkommission, einem komplett
intransparenten Gremium. Auf europäischer Ebene sieht
es nicht besser aus. Ebenso informelle Gremien der
Kommissarin für Informationsgesellschaft und Medien
und der Kommissarin für Wettbewerb haben hier das Sa-
gen.

Im Bundestag sind die medienpolitischen Gestal-
tungsmöglichkeiten – das wissen Sie alle – aufgrund län-
der- und europapolitischer Zuständigkeiten ziemlich be-
grenzt, obwohl es einige gibt. Im Kulturausschuss
kommen Medien zwar regelmäßig vor. Letztlich aber
herrscht in der Medienpolitik die Expertokratie.


(Beifall bei der LINKEN)


Dabei kann es in einer demokratischen Mediengesell-
schaft doch gar nicht genug Transparenz und Teilhabe
geben. Insofern gebührt Staatsminister Neumann Dank,
mit dem Medien- und Kommunikationsbericht ein Do-
kument vorgelegt zu haben, in dem ein umfassender An-
satz gewagt wird und die Bedingungen der Medienpoli-
tik in ihrer gesamten rechtlichen, ökonomischen und
technologiepolitischen Bandbreite aufgezeigt werden.

Der Zugang zu Kommunikation und Information be-
rührt Grundfragen demokratischer Beteiligung. Wer die
Kulturtechniken des Digitalzeitalters nicht beherrscht,
wer sich im Internet nicht auskennt, wer keinen Zugang
zu digitalen Netzinfrastrukturen hat, kann sich an diesem
Teil demokratischer Willensbildung nicht ausreichend
beteiligen. Dieser Teil, die digitale Welt, wächst. Im di-
gitalen Kapitalismus werden Information und Wissens-
produktion unmittelbar zur Produktivkraft. Es ist ent-
scheidend, wie und vor allem von wem die Netzwerke
digitaler Kommunikation künftig beherrscht werden.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir stehen hier vor neuen Herausforderungen. Die
Trennung zwischen Rundfunk und Telekommunikation
ist schon bald Geschichte. Sie wird in einer Konver-
genz, also einer Angleichung der Netze, aufgelöst wer-
den. Rundfunk, Fernsehen und Telefonate können über
digitale Netze und Frequenzen übertragen werden. Es ist
also kein Wunder, dass sich schon bald neben den eta-
blierten Senderfamilien und Programmbetreibern zusätz-
lich Kabelnetz- und Telekommunikationsanbieter auf
dem Rundfunkmarkt tummeln werden. Dabei sind auch
die finanzstarken Internetkonkurrenten nicht zu verges-
sen, die hier Geld verdienen wollen. Genau das ist das

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(C (D roblem. Sie alle wollen Rundfunk vorwiegend komerziell und möglichst unabhängig von den kulturellen nd politischen Dimensionen eines demokratischen Geeinwesens betreiben. Davon halten wir Linken gar ichts. Die fortschreitende Kommerzialisierung der Inforation, der wirtschaftliche Handel mit Information und issen sind von einer anhaltenden Medienkonzentration eprägt. Die Pressefreiheit sowie die Meinungsund Inormationsvielfalt sind dauerhaft gefährdet, weil der enditeund der Quotendruck nach und nach den Quali ätsjournalismus verdrängen. Meine Damen und Herren, die Medienpolitik ist geordert, die im digitalen Zeitalter neu entstehenden Heausforderungen aufzugreifen. Das darf nicht in kleinen, ielteiligen Regulierungsschrittchen geschehen. Es ist in medienpolitischer Rahmen notwendig, ein Rahmen, er die Bedingungen der digitalen Kommunikation und hrer Netzwerke berücksichtigt. Aus Sicht der Linken ind dabei mindestens vier Punkte von grundsätzlicher edeutung zu berücksichtigen. Erstens. Der Zugang zu digitalen Informationsund ommunikationstechnologien ist auch in Deutschland ach Einkommen und Regionen ungleich verteilt. Dies ührt zu einer kommunikativen Spaltung der Gesellchaft. Das ist für eine Demokratie nicht sehr gut. Wir ordern daher, endlich die Infrastruktur für ein Breitandinternet für alle – ich betone: für alle – bereitzutellen. Bislang konkretisiert die Bundesregierung nicht auseichend, welche Summen sie im Konjunkturpaket II für en Breitbandausbau bereitstellen will. Angesichts der illiardenforderungen aus der Industrie halte ich fest: ie Netzinfrastruktur darf nicht mit Steuergeldern ausebaut werden, um anschließend allein den Profitinteresen der Unternehmen überlassen zu bleiben. as Breitbandnetz gehört in die Hand der Gesellschaft. (Beifall bei der LINKEN – Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Aha, Verstaatlichung! Super!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


Zweitens. Der freie und gleiche Informationsfluss im
etz ist ein hohes Gut. Meine Damen und Herren von
er Union, ich kenne Ihre Sehnsucht, das Internet zu
berwachen und zu kontrollieren. Sie machen sich damit
um Erfüllungsgehilfen von Industrieinteressen.


(Jörg Tauss [SPD]: Nein! – Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Völliger Quatsch!)


ie Linke sagt dazu Nein.


(Beifall bei der LINKEN)


ir lehnen es ab, dass das Urheberrecht im Digitalzeit-
lter zum Industrierecht verkommt.






(A) )



(B) )


Dr. Lothar Bisky

(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Unsinn!)


Ein modernes Urheberrecht muss stattdessen die Interes-
sen der Kreativen in den Mittelpunkt stellen.


(Beifall bei der LINKEN)


Selbstverständlich müssen Privatkopien und Kopien für
Bildungs- und Forschungszwecke möglich sein und blei-
ben.

Drittens. Es gilt, die rein betriebswirtschaftliche
Denkweise im Medienmarkt zu begrenzen. Um zu ver-
hindern, dass Rundfunk und Presse als reines Kommerz-
geschäft betrieben werden, sollte über eine alte Idee neu
nachgedacht werden: Ich denke an Redaktionsstatute.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Ach du lieber Gott!)


Sie könnten dazu beitragen, die redaktionelle Unabhän-
gigkeit zu stärken.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Von wegen!)


Sie ist bitter notwendig, damit die Aushöhlung öffentli-
cher Berichterstattung im rein finanziellen Interesse ver-
hindert wird.


(Beifall bei der LINKEN)


Gerade die Massenkommunikation muss demokratisch
legitimiert sein.


(Dr. Stephan Eisel [CDU/CSU]: Seit wann sind Sie Experte für Pressefreiheit?)


Viertens. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk sollte
die mit der Digitalisierung verbundenen neuen Entwick-
lungsmöglichkeiten frei und ohne Einschränkungen nut-
zen können. Allerdings dürfen neue digitale Aktivitäten
kein Grund sein, die Rundfunkgebühr zu erhöhen.

Meine Damen und Herren, in einem zukunftsfähigen
öffentlich-rechtlichen Rundfunk haben die Kreativen
mehr und die Verwaltungen weniger zu sagen,


(Beifall bei der LINKEN)


sind Mitspracherechte der Zuschauerinnen und Zu-
schauer selbstverständlich, ist eine konsequent werbe-
freie, nicht kommerzielle Ausrichtung die Grundlage für
Qualität. In einem zukunftsfähigen öffentlich-rechtli-
chen Rundfunk gäbe es mehr Sachverstand in den Rund-
funkgremien.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will nur kurz er-
wähnen – Herr Otto ist darauf eingegangen; Kollegin
Griefahn hat dazu gesprochen –: Die unappetitlichen
Vorgänge im ZDF zeigen doch, dass der Parteienpro-
porz und der Versuch, in den Medien immer wieder Par-
teiinteressen durchzusetzen, nicht der Geschichte ange-
hören, sondern lebendige Gegenwart sind.


(Volker Schneider [Saarbrücken] [DIE LINKE]: Leider!)


Deshalb schlagen wir einen Parteienrückzugsvertrag vor.
Wir sind für den Rückzug unserer Vertreter aus den Gre-

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(C (D ien, wenn die anderen Parteien mitmachen. Lassen Sie ie frei gewordenen Plätze in den Gremien durch geählte Rundfunkund Medienräte besetzen! Lassen Sie mich zum Schluss noch einen Punkt erähnen. In der digitalen Welt gibt es ein Informationsrekariat. Die Linke ergreift ausdrücklich Partei für die ielen Medienund Kreativschaffenden, die neuen Foren von Ausbeutung und Prekarisierung unterworfen ind und oft noch nicht einmal ein Einkommen von 000 Euro im Monat – damit werden Kunstund Kul urschaffende hierzulande abgespeist – erreichen. Sie ind die eigentlichen Leistungsträgerinnen und Leisungsträger und müssen für ihre Arbeit besser bezahlt erden. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der LINKEN – Jörg Tauss [SPD]: Hättet Ihr nur weniger Lafontaine und mehr von der Sorte!)


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620802900

Das Wort hat nun der Kollege Fritz Kuhn, Bündnis 90/

ie Grünen.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Der neue Medienexperte der Fraktion! – Gegenruf des Abg. Jörg van Essen [FDP]: Nein, da reden die Fraktionsvorsitzenden zu allem! Fachpolitiker haben keinerlei Chance!)



Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620803000

Herr Kollege, ich dachte, Sie wären froh darüber, dass

ir den Medienbericht zur Primetime diskutieren. Dem
ntspricht auch, wer alles dazu redet.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vor-
iegende Bericht ist in der Tat beeindruckend, weil er die
anze Breite und Vielfalt der alten und neuen Medien-
robleme darstellt. Er hat große Stärken in der Gesamt-
chau und in der Analytik, aber noch Schwächen im Zu-
ammenhang mit konkreten Vorschlägen dazu, wie
estimmte Punkte umzusetzen sind. Zum Beispiel brau-
hen wir wegen der Konvergenz der verschiedenen Me-
ien neue Formen der Monopolkontrolle. Die bisheri-
en Formen funktionieren bei Presse und Hörfunk, aber
icht so gut bei den Computermedien. Wir sind noch
icht so weit, das im Sinne einer effektiven Konzentra-
ions- und Monopolkontrolle neu aufzustellen. Wir in
er Politik – nicht nur der Staatsminister, sondern auch
as Parlament – haben die Aufgabe, dies jetzt zu konkre-
isieren.

Nach der Lektüre des Berichts finde ich, dass die Spu-
en dafür gelegt sind, wie es gemacht werden könnte.
ber es ist unendlich mühsam und kompliziert, zu neuen
ösungen zu kommen, die der Konvergenz, also dem
usammenwachsen aller Formen von Medien, wirklich
erecht werden.


(Monika Griefahn [SPD]: Das ist richtig! Deshalb geht das auch nicht in drei Monaten!)







(A) )



(B) )


Fritz Kuhn
Herr Staatsminister, ich will Ihnen einmal ein Feed-
back geben. Wenn ich mich frage, wofür Sie, Herr
Staatsminister Neumann, eigentlich stehen, dann fallen
mir die Filmförderung, der neue Computerpreis und
vielleicht noch die „Nationale Initiative Printmedien“
ein. Aber zu allen anderen Fragen, die im Bericht als
wichtig und vorrangig beschrieben sind, hört man von
Ihnen als Staatsminister, der für den gesamten Bereich
zuständig ist, herzlich wenig.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Wenn Sie nie im Ausschuss sind, können Sie das auch nicht erfahren! – Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Kommen Sie mal in den Ausschuss!)


– Ich rede jetzt auch von der Öffentlichkeit.


(Weitere Zurufe)


– Beruhigen Sie sich doch! Sie wissen, dass Fraktions-
vorsitzende nicht in jedem Ausschuss sind.

Ich will Ihnen einmal ein Beispiel nennen. Für das im
Bericht und auch von Ihnen gerade reklamierte Ziel der
Medienfreiheit sind Themen wie Onlinedurchsuchung
und Vorratsdatenspeicherung elementar. Was Innenmi-
nister Schäuble in diesem Bereich gemacht hat, das sind
Anschläge auf die Rundfunk- und Medienfreiheit, und
zwar sowohl der Mediennutzerinnen und Mediennutzer
als auch der Journalistinnen und Journalisten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Dazu haben wir von Ihnen als dem zuständigen Staats-
minister öffentlich nichts gehört. Wenn Sie sich in Ihrem
Amt als Anwalt für die Belange der Medienfreiheit ver-
stehen, dann, finde ich, hätten Sie sich dazu äußern müs-
sen.

Ich will einen zweiten Punkt ansprechen. Wir haben
in Deutschland als Konsequenz aus der deutschen Rund-
funkgeschichte das Prinzip des staatsfernen Rund-
funks – nach dem Krieg zu Recht auch von den Alliier-
ten verlangt –, bei dem die öffentlich-rechtlichen
Anstalten die Geschäfte über gesellschaftlich relevante
Gruppen im Rahmen praktizierter Binnenpluralität zu re-
geln haben. Es gilt also Staatsferne, damit wir nicht in so
etwas geraten, was es in der DDR gab, was es bei Putin
gibt und wofür Sarkozy in Frankreich jetzt mit dem
neuen Gesetz die Spur legt. Die Ereignisse um den Chef-
redakteur des ZDF, Herrn Brender, die schon angespro-
chen worden sind, zeigen nichts anderes, als dass wir die
Staatsferne nicht dauerhaft verwirklicht haben, sondern
immer neu erkämpfen müssen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Aufgrund der ZDF-Satzung – ich war lange im Fern-
sehrat des ZDF – ist es möglich, dass man in den Gre-
mien intern über bestimmte Fragen diskutiert – das heißt
Binnenpluralität –, in diesem Fall speziell im Verwal-
tungsrat über die Frage, ob es bei der Besetzung des
Chefredakteurpostens ein Einvernehmen mit dem Inten-
danten gibt. Dass aber Ministerpräsidenten, die im Ver-
waltungsrat sind, diese Debatte öffentlich führen


(Jörg Tauss [SPD]: Skandal!)


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(C (D nd damit eine öffentliche Personaldiskussion in der Abicht führen, das Interesse eines Regierungschefs durchusetzen, das hat nichts mit staatsfernem öffentlichechtlichen Rundfunk zu tun, sondern das ist ein illegitier Eingriff in die deutsche Rundfunkund Fernsehver assung insgesamt. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)


Es gibt eine einfache Lösung. Frau Jochimsen, an ei-
er Stelle stimme ich Ihnen übrigens nicht ganz zu. Die
arteien sind gesellschaftlich relevante Gruppen. Wer
ollte dies verneinen? Deswegen gehören sie in beschei-
enem Umfang in die Rundfunkräte. In Verwaltungsrä-
en und im Rundfunkrat aber haben vor allem Vertreter
on Regierungen und Staatskanzleien nichts zu suchen.
ir haben inzwischen ein „Staatskanzleirundfunkwesen“
der Bundesrepublik Deutschland. Das muss geändert
erden. Deswegen schlagen wir vor, dass Regierungsver-
eter nicht im Rundfunkrat und im Verwaltungsrat sein
ürfen, sehr wohl aber im Rundfunkrat Parteienvertreter
ein können.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


arteien dürfen nicht dominieren. Das ist entscheidend.
ie Parteienvertreter machen beim ZDF nicht mehr als
ie Hälfte aus. Wenn man aber hinzurechnet, welche ge-
ellschaftlich relevanten Gruppen noch von Parteien mit-
estimmt werden, dann kommt man auf weit über die
älfte. Deswegen haben wir einen politisch dominierten
undfunk. Das sollten wir ändern.

Herr Neumann, als dafür zuständiger Staatsminister
nd als Mitglied des Verwaltungsrates des ZDF – Sie
ntscheiden mit über die Personalie des ZDF-Chefredak-
eurs – hätte ich mir von Ihnen eine öffentliche Klarstel-
ung gewünscht, dass Sie für Rundfunkfreiheit sind und
ass Sie diese Intervention von Herrn Koch missbilligen.
enn man für Medienfreiheit kämpfen will, gehört Mut

azu, aber nicht nur schöngeistige Reden auf einem ge-
issen Niveau, wie wir es von Ihnen gewohnt sind.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Ich will noch einige andere Punkte ansprechen, die
ichtig sind. Das Thema der digitalen Spaltung bezieht

ich nicht nur auf die Frage – davor warne ich –, wer
ichtig angeschlossen ist, sondern bezieht sich vor allem
uf die Frage, wer über die entsprechenden Kompeten-
en verfügt, um die Mediennutzung so praktizieren zu
önnen, dass sie wirklich weiterhilft.

Wir haben ein Mediensystem, das unendliche Men-
en von Informationen liefert. Aus diesen Informationen
ber Wissen zu machen – also das eigenständige Verar-
eiten von Informationen –, ist eine Frage der Medien-
ompetenz, die nicht allein in den Medien oder durch
ie Medien erworben werden kann. Wer die Medien-
ompetenz voranbringen will, der muss bei den Bil-
ungssystemen der Länder einen Durchbruch für mehr






(A) )



(B) )


Fritz Kuhn
Medienkompetenz schaffen. Dass die Länder bei der
heutigen Debatte gar nicht vertreten sind, sehe ich unter
diesem Gesichtspunkt als nicht besonders positiv an.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN und der Abg. Dorothee Bär [CDU/CSU])


In dem Bericht steht an mehreren Stellen, Schulen
und Eltern müssten einen größeren Beitrag leisten. Dazu
sind aber Mittel und Ressourcen notwendig, weil der Er-
werb von Medienkompetenz – aus Informationsbergen
sich selbst qualifiziertes Wissen erarbeiten zu können –
ein sehr schwieriger Prozess ist, bei dem man metho-
disch und pädagogisch geleitet werden muss und Unter-
stützung braucht. Deshalb ist ein anderer Stellenwert der
Medien insgesamt und der Computer im Besonderen an
unseren Schulen erforderlich. Ein bisschen Informatik
reicht nicht.

Der nächste Punkt, den ich ansprechen möchte, be-
zieht sich auf die Vielfalt. In dem Bericht wird oft das
Hohelied der Vielfalt gesungen. Ich zitiere aus dem Be-
richt:

Die Einführung des privaten Rundfunks hat dazu
geführt, dass wir in Deutschland eines der vielfäl-
tigsten Rundfunkangebote der Welt haben.

Ich will ganz persönlich sagen, aber diese Auffassung
müssen nicht alle teilen: Wir können zu Hause eine
Menge Programme empfangen. Wenn man aber genau
hinschaut, dann stellt man fest, dass die Zahl der Pro-
gramme nicht so groß ist, wie die Fernbedienung es her-
gibt, sondern wir haben ungeheuer viel von Gleichem.
Von wegen Vielfalt!

Ich finde, eine Aufgabenstellung der nächsten Zeit,
für deren Erfüllung die Länder hauptsächlich zuständig
sind, ist, dafür zu sorgen, dass aus diesen vielen Pro-
grammen endlich auch eine Vielfalt im Sinne qualitativ
unterschiedlicher Angebote wird.

Wir sollten in der politischen Auseinandersetzung
mehr Qualität im privaten wie im öffentlich-rechtlichen
Rundfunk einfordern. Dann wären wir auf einem guten
Weg. Nicht nur die Zahl der Knöpfe auf der Fernbedie-
nung zählt; denn dies allein hilft nicht weiter.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620803100

Das Wort erhält nun der Kollege Wolfgang Börnsen

für die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Wolfgang Börnsen (CDU):
Rede ID: ID1620803200

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Herr Kuhn, Ihrer letzten Bemerkung, dass es um mehr
Qualität in den öffentlich-rechtlichen, aber auch in den
privaten Medien gehen muss, kann man zustimmen. Es
hätte aber Ihrer Redeintention noch mehr gedient, wenn

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(C (D ie in den letzten dreieinhalb Jahren einmal im Auschuss für Kultur und Medien gewesen wären. (Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Was soll das denn?)


ann hätten Sie nämlich erfahren, dass der Staatsminis-
er für Kultur und Medien sehr wohl Anwalt für Medien-
reiheit und für Medienvielfalt ist, nicht nur im Aus-
chuss, sondern auch darüber hinaus.


(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


r vertritt dieses Anliegen auch engagiert in der Bundes-
egierung. Gerade dafür steht er. Er übt sehr wohl auch
ritik daran, wenn Medienfreiheit und Medienvielfalt

ingeschränkt werden.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das kommt nur nicht bei den Menschen an!)


as hätten Sie erfahren, wenn Sie an Ausschusssitzun-
en teilgenommen hätten. Danke.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In welchen öffentlichen Verlautbarungen steht denn das?)


Vor 20 Jahren kam der Sendung Wetten, dass..? im
eutschen Fernsehen ein Alleinstellungsmerkmal zu;
eute, 20 Jahre später, ist die Wirklichkeit der Medien
ine völlig andere. Statt einer großen Sendung haben wir
ine Medienvielfalt an Programmen, Kanälen und
bertragungswegen. So viele Bilder wie heute gab es
och nie: allein bei uns 149 bundesweite und 226 regio-
ale Sender, dazu 116 Kabelnetzbetreiber. Sie sorgen für
ie größte Angebotsvielfalt aller Zeiten. Es gibt fast 700
ationale Programme; darüber hinaus kann man sich die
esamte Welt ins Wohnzimmer holen – eine noch nie da-
ewesene Flut an Information und Unterhaltung; kein
ehr an Qualität, aber ein Weniger an Orientierung.
eshalb kommt der Medienbericht zum passenden Zeit-
unkt. Er nimmt eine Standortbestimmung vor: kennt-
isreich, kritisch, konstruktiv. Er ist eine fundierte Art
on Regierungserklärung zum Medienstandort Deutsch-
and, ein gutes Werk.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wir Christdemokraten treten – das gilt für die vergan-
enen sechs Jahrzehnte deutscher Politik – für die Siche-
ung der Meinungsvielfalt, für die Wahrung der Medien-
ualität, für die Aufrechterhaltung des Wettbewerbs und
ür die internationale Wettbewerbsfähigkeit deutscher

edienanbieter ein. Das ist der Vierklang unseres me-
ienpolitischen Konzeptes. Vielfalt, Qualität und Wett-
ewerb müssen auch Maßstäbe für Europa sein. Mei-
ungsfreiheit und Meinungsvielfalt sind entscheidende
undamente unserer funktionierenden Demokratie. Mit
iesen Maßstäben stellen wir uns den neuen medienpoli-
ischen Herausforderungen durch die Digitalisierung.
iese sorgt für eine explosive Vielfalt, für Wachstum,

ür mehr Arbeitsplätze. Doch auch die Gefahr der Ver-
lachung nimmt damit zu.






(A) )



(B) )


Wolfgang Börnsen (Bönstrup)

Neue Möglichkeiten der Teilhabe eröffnen sich für
alle. Wir werden nicht nur unsere eigenen Programmdi-
rektoren; wir schreiben, fotografieren, senden die Inhalte
gleich mit. Wir sind Konsumenten und Produzenten in
einer Person. Wir werden mehr als zuvor Mediengestal-
ter, wenn, ja wenn wir uns auch dafür qualifiziert haben.
Digitalisierung fordert von uns mehr als zuvor Medien-
kompetenz. Sie muss in Elternhäusern, Kindergärten,
Schulen und Bildungseinrichtungen erworben werden
können. Kritische Mediennutzung ist gefragt, aber auch
ein europaweit einheitlicher Standard beim Jugendme-
dienschutz. Die Würde des Menschen muss dafür Richt-
schnur sein. Brutale Gewalt und Exzesse gehören nicht
ins Programm.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


In einer verwirrend gewordenen Medienlandschaft
haben die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten
eine besondere Verantwortung. Vom Bürger finanziert,
muss die Qualität ihrer Programme ihr Kennzeichen
sein. Information, Kultur und Bildung gehören noch
mehr in die Hauptprogramme und in die Hauptsendezei-
ten, nicht in digitale Spartenkanäle. Marcel Reich-
Ranickis Wutrede sollte als Weckruf verstanden werden,
um über Fernsehqualität nachzudenken. Der Hahn hat
zwar gekräht, aber der Geflügelhof ist noch nicht aufge-
schreckt. Die Probleme sind nicht gelöst.

Zum Auftrag von ARD und ZDF zählen auch die
politische und die Parlamentsberichtserstattung. Un-
ser Parlament braucht eine mediale Bühne. Wenn die
Kluft zwischen den Bürgern und der politischen Klasse
nicht noch größer werden soll, sollten zumindest die Öf-
fentlichen eine Brücke bauen. Gut informierte, kritische
Bürger sind eine Barriere gegen Radikalismus, ob von
links oder von rechts.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Jürgen Kucharczyk [SPD] und Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP])


Der Printbereich hat trotz Digitalisierung nicht an
Bedeutung verloren. Sein Stellenwert für die Sicherung
der Meinungsvielfalt ist fundamental. Der Anteil der
Presse an der Demokratiestabilität unseres Landes ist he-
rausragend. EU-Medienwerbebeschränkungen lehnen
wir ab. Werbung zu verbieten, bedeutet eine Entmündi-
gung der Bürger.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Zu unserer bunten Medienlandschaft gehört die Deut-
sche Welle, unsere mediale Visitenkarte mit engagierten
Mitarbeitern. Dass es in einem Haus mit circa 1 500 Ak-
tiven aus über 60 Ländern auch zu Problemen kommen
kann, ist nicht zu vermeiden. Dass man jetzt aktiv an ei-
ner Verbesserung arbeitet, ist zu begrüßen. Die finan-
zielle Talfahrt der Deutschen Welle wurde gestoppt,
doch für die Zukunft sind mehr Mittel notwendig.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Richtig!)


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(C (D Eine Stärke des Medienstandortes Deutschland ist die ehlende staatliche Einmischung in Unternehmen. Das at unserer Demokratie gut getan. Dabei muss es auch leiben. Wir lehnen eine Beteiligung des Staates oder olitischer Parteien an Medienhäusern und Verlagen ab. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


und 13 Prozent der in Deutschland täglich erscheinen-
en Abozeitungen kommen aus Verlagen mit Parteibe-
eiligung.


(Jörg van Essen [FDP]: Das merkt man auch, wenn man sie liest!)


n manchen Städten bilden solche Blätter regionale Mo-
opole. Das ist eine ungute Entwicklung.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ir wollen keine „Berlusconisierung“ unserer Medien.
taatliche Hilfen für Medien wie in Frankreich halten
ir für eine gefahrvolle Entwicklung.

Ein positives Beispiel der Medienstärkung hat die
undesregierung vor einigen Monaten gesetzt, –


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620803300

Herr Kollege, Sie denken bitte auch an die Redezeit.


Wolfgang Börnsen (CDU):
Rede ID: ID1620803400

– als sie den Plänen der Post, mit Gratiszeitungen den
arkt zu erobern, eine Absage erteilt hat. Bei dieser Ein-

tellung muss es bleiben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Das war ein abruptes Ende!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620803500

Für die SPD-Fraktion hat nun der Kollege Christoph

ries das Wort.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Christoph Pries (SPD):
Rede ID: ID1620803600

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegin-

en und Kollegen! Seit langem hat meine Fraktion einen
edien- und Kommunikationsbericht der Bundesregie-

ung gefordert. Mit dessen Vorlage existiert nun eine
ute Basis, die den Akteuren eine umfassende Bestands-
ufnahme und Handlungsempfehlung an die Hand gibt.
eben Kulturstaatsminister Neumann danke ich insbe-

ondere dem Hans-Bredow-Institut der Universität Ham-
urg für die umfassende wissenschaftliche Betrachtung.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Der Bericht verdeutlicht: Qualitätsjournalismus – auf
en ich hier meinen Fokus richten möchte – hat an meh-
eren Fronten zu kämpfen. Erstens befindet sich die Me-
ienlandschaft in Deutschland in einer Phase einer um-
assenden Umstrukturierung. Die Digitalisierung hat in
lle Medienbereiche Einzug gehalten und führt zu einem
ortschreitenden Verschmelzungsprozess. Diese Konver-






(A) )



(B) )


Christoph Pries
genz umfasst nicht nur einzelne Medienarten, sondern
auch deren Inhalte sowie die Hardware, über die sie kom-
munizieren. Anfangs wurde von vielen Verlagen die Be-
deutung des Internets als neue Form der Kommunikation
und Informationsquelle unterschätzt. Man verzichtete
darauf, im Internet Verwertungsketten zu etablieren. Nun
zeigt sich, dass es schwierig ist, diese im Nachhinein ein-
zuführen, da kaum jemand für etwas zahlen möchte, was
er lange Zeit gratis bekommen hat.

Zweitens haben sich die ökonomischen Rahmenbe-
dingungen, insbesondere die der Printmedien, in den
vergangenen Jahren deutlich verschlechtert. Die Einnah-
men aus Abonnements und Anzeigengeschäft sind dra-
matisch zurückgegangen. Zeitungen und Zeitschriften
sind gezwungen, Einsparungen vorzunehmen oder mehr
Erlöse zu erzielen. Ersteres geht meist mit einem Quali-
tätsverlust einher, welcher wiederum auf die Verkaufs-
zahlen wirkt. Insbesondere Journalisten bekommen die
Folgen von Einsparungen zu spüren. Durch den Abbau
von Arbeitsplätzen ist das Zeitbudget für Recherche-
arbeiten auf weniger als zwei Stunden täglich gesunken.
Der Zeitaufwand für technische und organisatorische
Aufgaben dagegen ist deutlich gestiegen. Es liegt auf der
Hand, dass Journalisten zunehmend gezwungen sind, auf
wenig vertrauenswürdige Informationen – in erster Linie
aus dem Internet – zurückzugreifen. In der „Googleisie-
rung“ steckt jedoch eine große Gefahr für die Qualität
journalistischer Arbeit. Suchmaschinen, Blogs, Chats
und Wikis sind für einen Einstieg in die Recherche nicht
schlecht, aufgrund ihrer Manipulierbarkeit und ihrer An-
onymität jedoch schlechte Ratgeber, wenn es um Fakten
geht.

Wie der Bericht der Bundesregierung zu Recht fest-
stellt, ist Qualitätsjournalismus „ohne Unabhängigkeit
von ökonomischen, politischen oder weltanschaulichen
Interessen Dritter undenkbar“. Leider wachsen die Be-
gehrlichkeiten kontinuierlich an. Es sind nicht nur profit-
orientierte Finanzinvestoren, die sich in Verlage einkau-
fen. Es ist auch der Staat, der unter dem Mantra der Si-
cherheit versucht, seine Interessen zu wahren und auszu-
bauen. Ich persönlich bin nicht traurig, dass
Investitionen von Finanzinvestoren, wie zum Beispiel
durch die Mecom-Gruppe bei der Berliner Zeitung, mit
Pauken und Trompeten gescheitert sind.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Datenschutzskandale der letzten Zeit haben zuneh-
mend deutlich gemacht, dass wir bessere datenschutz-
rechtliche Regelungen brauchen. Auch die Eingriffsbe-
fugnisse der Sicherheitsbehörden sind hinsichtlich ihrer
Verhältnismäßigkeit, Wirksamkeit und Effizienz zu über-
prüfen. Nur unabhängiger Journalismus kann guter Jour-
nalismus sein.

Angesichts dramatischer Veränderungen in der Me-
dienlandschaft muss das nötige Rüstzeug bereitgestellt
werden, um die Entwicklungen in der Medienwelt zum
Gegenstand öffentlicher Diskurse zu machen. Ein wich-
tiger Schritt besteht in der Einführung einer Medienda-
tenbank in diesem Jahr. Man muss wissen, worüber man
redet, um eine Sachlage beurteilen zu können.

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(C (D Aber auch der Förderung von Medienkompetenz ommt eine zunehmend größere Bedeutung zu. Nur wer n der Lage ist, Medien und ihre Inhalte den eigenen Zieen und Bedürfnissen entsprechend zu nutzen und einzuchätzen, kann die Vielfalt der Medienlandschaft sinnoll nutzen. Ich bin froh, dass die Bundesregierung dies rkannt hat und die Förderung der Medienkompetenz urch zahlreiche Projekte der Medien-, Jugend-, Famiienund Bildungspolitik unterstützt. Danke, dass Sie mir zugehört haben. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Wir hätten auch noch länger zugehört!)


(Beifall bei der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620803700

Nächste Rednerin ist die Kollegin Dorothee Bär für

ie CDU/CSU-Fraktion.


Dorothee Mantel (CSU):
Rede ID: ID1620803800

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ehr geehrte Damen und Herren! Das Titelbild der aktu-
llen Ausgabe des Spiegels zeigt, dass wir in einer digi-
alen Gesellschaft leben, in der es in den letzten Jahren
uch in den zwischenmenschlichen Beziehungen zu gro-
en Veränderungen gekommen ist. Veränderungen in
er Medienwelt betreffen auch den Deutschen Bundes-

ag. Denn die aktuelle Debatte kann von jedermann mit-
els Livestream im Internet verfolgt werden. Das war in
onn noch nicht möglich. Früher hatten die Parlamenta-

ischen Geschäftsführer nicht die Möglichkeit – ich
chaue in Richtung von Herrn Koschyk und Frau
rnstberger –,


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Ich erlebe die Frau Bär lieber live!)


er SMS die Kollegen ins Plenum zu treiben. Damals
ussten sie andere Möglichkeiten nutzen.


(Jörg van Essen [FDP]: Die Peitsche!)


„Die Peitsche“, sagt Herr van Essen.

Die neuen Medien – nicht nur im Internetbereich,
ondern auch in anderen Bereichen der Kommunikation;
ch nenne beispielsweise die SMS – führen zu neuen In-
eraktionen. Es muss jetzt nicht jeder sein Handy heraus-
olen und eine SMS verschicken: Ich wollte damit nur
nmerken, dass die neuen Medien selbstverständlich
uch zu großen Veränderungen in unserer Arbeit geführt
aben. Wenn man sich die Medienlandschaft der letzten
age angeschaut hat, dann konnte man sehen, dass für
lle Parteien der Onlinewahlkampf das wichtigste
hema bei der Vorstellung ihrer Wahlkampfkonzepte
ar.

Neben den Veränderungen in den zwischenmenschli-
hen Beziehungen, die ich schon angesprochen habe,
ibt es auch Veränderungen im Arbeitsverhalten. Das
chlägt auf die aktuelle Politik durch. Im November
007 haben wir – die Kollegin Griefahn hat es bereits
ngesprochen – einen Antrag der Koalitionsfraktionen






(A) )



(B) )


Dorothee Bär
mit dem Titel „Wertvolle Computerspiele fördern, Me-
dienkompetenz stärken“ im Deutschen Bundestag be-
handelt. Daran sieht man, dass diesen neuen Medien
Rechnung getragen wurde. Aufgrund unseres Antrags
konnte ein Deutscher Computerspielpreis ausgelobt
werden, der heute im Medien- und Kommunikationsbe-
richt der Bundesregierung wiederzufinden ist.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Sehr guter Vorschlag!)


Deswegen möchte ich mich an dieser Stelle beim Kultur-
staatsminister für sein Engagement bedanken.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Bernd Neumann wird am 31. März 2009 in München


(Monika Griefahn [SPD]: Nächstes Jahr in Berlin!)


gemeinsam mit unserem Ministerpräsidenten Horst
Seehofer zum ersten Mal den Deutschen Computerspiel-
preis vergeben. Als Mitglied der Jury kann ich versichern,
dass es ganz außergewöhnliche Spiele gibt, die künstle-
risch und pädagogisch wertvoll sind. Frau Griefahn hat
die Sportspiele bereits angesprochen. Man weiß, dass vie-
len Kindern und Jugendlichen, die Lernprobleme haben,
durch Lernprogramme, die zum Bereich der neuen Me-
dien gehören, geholfen werden kann. Diese Programme
bieten große Chancen, die es in den vergangenen Jahren
noch nicht gab. Deswegen ist es wichtig, dass wir an die
Gegner, die immer alles pauschal verurteilen, das klare
Signal senden, dass durch die Forderung nach einem pau-
schalen Verbot nur die ganze Branche verunglimpft wird
und dadurch geleugnet wird, dass die Computerspiele zur
großen Vielfalt der Kulturlandschaft Deutschlands beitra-
gen.


(Jörg Tauss [SPD]: Das sind doch die Bayern! Schon wieder ein Problem von Bayern!)


Wir haben den Deutschen Computerspielpreis ins Le-
ben gerufen, weil wir der Überzeugung sind, dass Com-
puterspiele Teil der Kulturlandschaft Deutschlands sind,
und weil wir eine klare Linie zwischen den schwarzen
Schafen der Branche, die es zweifelsohne gibt – die gibt
es in jeder Branche –, und den anerkannten Spieleprodu-
zenten ziehen wollen.

Der Jugendmedienschutz in Deutschland wurde an-
gesprochen. Auch dazu stellt der Medien- und Kommu-
nikationsbericht der Bundesregierung fest, dass das
deutsche System des Jugendmedienschutzes den interna-
tionalen Vergleich nicht zu scheuen braucht.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Trotzdem müssen wir uns den Veränderungen auch dies-
bezüglich ständig anpassen. Im Unterausschuss „Neue
Medien“ haben wir sehr viele interessante Anhörungen
durchgeführt. Ich denke zum Beispiel an das Thema On-
linesucht. Das stelle ich auch fest, wenn ich mir die Kin-
derpornografie im Netz anschaue.


(Jörg Tauss [SPD]: Was? Das schaut man sich aber nicht an!)



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(C (D Herr Tauss, das ist kein Thema, über das man Witze acht. – Wir stehen ständig vor neuen Herausforderun en. Ich bin Herrn Kuhn dankbar dafür, dass er ein Thema ngesprochen hat, das auch mir seit Jahren am Herzen iegt. Wir müssen die Länder viel stärker dafür sensibiisieren, dass man auch im schulischen Bereich auf dem ebiet der neuen Medien etwas tun muss. Dafür haben ir leider oder Gott sei Dank – je nachdem, wie man das ieht – nicht die Kompetenz. Es ist wichtig, dass man die änder mit ins Boot holt, dass man mit den Ländern da über spricht und man darauf aufmerksam macht, dass in Fach wie Medienkunde heutzutage eigentlich unabingbar ist. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Danke. – Es ist gerade bei diesem Thema ganz wich-
ig, dass man auf Augenhöhe diskutieren kann. Die
chüler, die Jugendlichen dürfen mit diesem Medium
nd den Gefahren, die sich dahinter verbergen, nicht al-
eine gelassen werden. Die Eltern müssen ihre Kontroll-
unktion wahrnehmen können. Natürlich werden Eltern,
rzieher und Pädagogen nie auf demselben Stand sein
ie die Kinder. Das ist völlig klar. Uns machen die heute
ehnjährigen Dinge vor, die wir uns als Zehnjährige
icht haben vorstellen können. Wenn die heute Zehnjäh-
igen 30 oder 40 Jahre alt sind, werden auch ihnen die
üngeren etwas vormachen, weil diese dann im Umgang
it neuen Medien wesentlich fitter sein werden.

Es ist entscheidend, dass wir gemeinsam vorgehen,
nd zwar in Deutschland und in Europa. Wir müssen ge-
einsam mit den Ländern eine Strategie entwickeln, um

ie Chancen, die uns die neuen Medien bieten, nutzen zu
önnen, aber auch, um den Gefahren, die sie bergen, ent-
egentreten zu können.

Vielen Dank.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD sowie des Abg. Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP])



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620803900

Nächster Redner ist der Kollege Jürgen Kucharczyk

ür die SPD-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Jürgen Kucharczyk (SPD):
Rede ID: ID1620804000

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der
edien- und Kommunikationsbericht 2008 zeigt eines:

ür Mediennutzer und -anbieter eröffnet die Digitalisie-
ung enorme Chancen, sie birgt aber auch Risiken.

Die Lebenswelten ändern sich. Jugendliche sind uns
eute in vielen Fällen weit voraus, wenn es um die Nut-
ung der neuen Medien geht. Aber sie sind auch gefähr-
et und besonders schutzbedürftig. Deshalb spielt bei
er Mediengestaltung nicht nur das Urheberrecht eine






(A) )



(B) )


Jürgen Kucharczyk
wichtige Rolle. Es gilt, dem Jugendschutz und der Me-
dienkompetenz große Aufmerksamkeit zu schenken.

Kinder und Jugendliche eignen sich die Medienwelt
entsprechend ihrer alterspezifischen Fähigkeiten auf
höchst unterschiedliche Art und Weise an. Deshalb wird
im Bericht der Bundesregierung ein Schwerpunkt auf
den Erwerb von Medienkompetenz gelegt, vor allem in
Bezug auf die sogenannten neuen Medien. Medienkom-
petenz ist nicht nur für einen umfangreichen Jugend-
schutz entscheidend. Der korrekte Umgang mit elektro-
nischen Medien gehört heutzutage auch zur beruflichen
Basisqualifikation. Zudem haben Kinder und Jugendli-
che heute immer früher, auch allein, unmittelbaren Kon-
takt zu den neuen Medien.

Neben den Schülerinnen und Schülern selbst sind El-
tern, Großeltern, Lehrerinnen und Lehrer aufgefordert,
sich den neuen Medien anzunähern, um den Umgang ih-
rer Kinder mit den Medien kontrollieren und gegebenen-
falls Grenzen setzen zu können. Aber die Erziehungsbe-
rechtigten müssen erkennen, welchen Wert der sichere
Umgang mit den elektronischen Medien hat – beruflich
wie privat – und ihre Kinder darin unterstützen.

Medienkompetenz umfasst nicht nur das technische,
sondern auch das inhaltliche Verständnis und das Hinter-
fragen von Angeboten im Netz. Es ist daher wichtig, in
den Schulen frühzeitig auf das Lernziel, kritische Per-
sönlichkeiten im Hinblick auf mediale Inhalte zu for-
men, hinzuarbeiten.


(Beifall des Abg. Christoph Pries [SPD])


Damit kann gleichzeitig die Neugier der Schülerinnen und
Schüler auf qualitativ anspruchsvolle Angebote – online
wie offline – geweckt und einer digitalen Spaltung der
jungen Gesellschaft entgegengewirkt werden.

Der Entschließungsantrag der FDP-Bundestagsfrak-
tion mit dem Hinweis auf „nicht ausreichend angemes-
sene Vermittlung von Medienkompetenz im Bildungs-
system“ ist nicht zutreffend und bringt keine neuen
Erkenntnisse. Lassen Sie mich dies mit einem Gegenbei-
spiel, das auch im Medienbericht genannt wird, kurz ver-
deutlichen. Der Initiative „Schulen ans Netz“ ist seit
nunmehr über zehn Jahren, unterstützt durch das Bun-
desministerium für Bildung und Forschung, die Förde-
rung von Medienkompetenz und des Lernens mit digita-
len Medien angetragen. Die Initiative ist dafür zuständig,
allen Schulen den Zugang zum Internet zu ermöglichen.
Zugleich organisiert die Initiative Fortbildungen für
Lehrkräfte. Dieses Beispiel belegt: Wir sorgen dafür,
dass alle Kinder unabhängig vom Geldbeutel der Eltern
und der Schulform die Chance auf Fertigkeiten im Um-
gang mit den neuen Medien erhalten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Das sollte nicht allein, wie die FDP vorschlägt, in einem
eigenständigen Fach Medienkunde geschehen, sondern
im Rahmen des regulären Fachunterrichts eingebunden
sein.

An den Beispielen sehen wir: Wir brauchen starke
Kinder. Wir brauchen starke Eltern. Das können wir nur
mit Medienkompetenz erreichen. Deswegen müssen wir

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(C (D ie Kompetenz schon in den Schulen und in den daraufolgenden Berufsqualifikationen vermitteln. Insofern haen wir noch eine ganze Menge zu tun. Wir sind sicherich auf einem guten Weg; aber auch dieser gute Weg uss noch weiter ausgebaut werden. Danke schön. Reinhard Grindel erhält nun das Wort für die CDU/ SU-Fraktion. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Un er Thema ist der Medienund Kommunikationsbericht er Bundesregierung. Deswegen möchte ich in den Mitelpunkt stellen, dass ich, lieber Bernd Neumann – zuindest für unsere Fraktion; ich hoffe, auch für die Kol egen der SPD –, sagen kann, ass Sie ganz maßgeblich dafür gesorgt haben, die Meienund Kulturpolitik mit einem Stellenwert innerhalb ieser Bundesregierung zu versehen, wie wir das noch ie gehabt haben. Das ist eine große Leistung unseres inisters. ie haben, sowohl in der Filmwirtschaft als auch in der edienwirtschaft, dafür gesorgt, dass Arbeitsplätze ge ichert und neu geschaffen werden. Für die Menschen ist ie entscheidende Botschaft, dass wir hier eine ganze enge wirtschaftlich vorangebracht haben. (Monika Griefahn [SPD]: Vor Herrn Neumann gab es gar keinen, der dafür zuständig war?)


(Beifall bei der SPD)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620804100

(Beifall bei der CDU/CSU)

Reinhard Grindel (CDU):
Rede ID: ID1620804200

(Jörg Tauss [SPD]: Er ist nicht in der SPD!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


ass Tausende und Zehntausende im Bereich der Kul-
ur- und Medienwirtschaft einen Arbeitsplatz haben,
rau Kollegin Griefahn, ist für die Menschen, die uns
ier zuschauen, wichtiger als die Diskussion über einen
rbeitsplatz beim ZDF, um das ganz klar zu sagen.


(Jörg Tauss [SPD]: So platt geht es auch nicht! – Monika Griefahn [SPD]: Nur weil Sie der Anzettler sind, Herr Grindel!)


Lieber Kollege Bisky, Sie haben sich hier geäußert.
ie waren früher im SED-Unrechtsstaat für die Ausbil-
ung von Medienschaffenden verantwortlich. Ich kenne
n diesem Parlament niemanden, der so wenig das Recht
at, Forderungen zum Thema Meinungs- und Pressefrei-
eit zu erheben, wie Sie, Herr Kollege Bisky.


(Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch bei der LINKEN)


Wir können uns gerne über die Frage der Staatsferne
es öffentlich-rechtlichen Rundfunks und Fernse-
ens unterhalten, liebe Kollegen von der SPD. Aber, ich
inde, wer das einfordert, sollte sich nicht vom Geld des






(A) )



(B) )


Reinhard Grindel
Gebührenzahlers eine Geburtstagsfeier bezahlen lassen,
wie es der Kollege Beck getan hat. Das ist unehrlich.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Jeder sollte erst einmal vor seiner eigenen Haustür keh-
ren, um das hier ganz klar zu betonen.

Im Medienbericht heißt es völlig zu Recht:

Ein qualitativ hochwertiges, seriöses Medienange-
bot ist ein Lebenselixier der Demokratie. Nur wenn
gesellschaftliche und politische Debatten fundiert
geführt werden, können die Bürgerinnen und Bür-
ger von ihren demokratischen Partizipationsmög-
lichkeiten in vollem Umfang Gebrauch machen.

Nach meinem Verständnis setzt eine solche fundierte
Debatte eine gemeinsame Basis voraus. Es ist deshalb
richtig, dass der Medienbericht die Qualität unseres
dualen Fernsehsystems unterstreicht. Es ist faszinie-
rend, aus welcher Vielfalt von Programmangeboten Zu-
schauer heute auswählen können. Aber wir müssen uns
viel stärker damit auseinandersetzen, dass diese Ent-
wicklung auch die Gefahr beinhaltet, dass das Fernsehen
seiner notwendigen Integrationsfunktion nicht mehr ge-
recht wird.

Ist das Fernsehen heute wirklich noch die Plattform,
über die Diskussionen in unsere Gesellschaft getragen
werden, und das über Generationen hinweg? Wie will
man denn gesellschaftliche Debatten führen, wenn es
keine gemeinsamen Informationsquellen gibt, weil jeder
ein anderes Programm sieht? Das ist ein Problem, dem
wir uns stellen müssen. Ist es nicht so, dass uns zwar
viele Informationsquellen zur Verfügung stehen – ARD,
ZDF, n-tv, N24, Phoenix und erst recht das Internet –,
dass aber, um es zugespitzt zu formulieren, die Schere
zwischen Infoelite und Unterhaltungsproletariat mit pre-
kärem Medienkonsum immer weiter auseinandergeht,
weil einzelne Menschen wie Slalomfahrer um die Tor-
stangen mit der Fernbedienung um Informationspro-
gramme herumfahren?

Ich sage Ihnen: Es kommt ganz entscheidend darauf
an, dass wir diejenigen Medien stärken, die zu einer ge-
sellschaftlichen Debatte beitragen, und zwar – das muss
auch im Interesse des Bundestages sein – auf möglichst
breiter Basis. Insofern begrüße ich es, dass im Medien-
bericht zu lesen ist, dass der Rundfunk nicht wie ein her-
kömmliches Produkt behandelt werden darf, dessen Ver-
marktung allein wirtschaftlichen Kriterien gehorcht, und
dass Sicherungsmechanismen eingebaut und Qualitäts-
standards festgelegt werden müssen, deren Erfüllung der
Sicherung der Meinungsvielfalt dient.

Wir müssen dafür sorgen, dass das Fernsehen nicht so
wahrgenommen wird, als finde das Leben nur noch in
Dschungelcamps, Containern und Castingshows statt.
Wir müssen einen Beitrag dazu leisten, dass die Informa-
tionsangebote und die Bildungsangebote im Fernsehen
gestärkt werden. Das ist eine wichtige und richtige Bot-
schaft dieses Medien- und Kommunikationsberichts.


(Beifall bei der CDU/CSU)


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(C (D Letzte Bemerkung. Ich möchte mich nachdrücklich afür aussprechen, dass wir alles unternehmen, um den rhalt von Lokalzeitungen zu gewährleisten; davon war berhaupt noch nicht die Rede. (Monika Griefahn [SPD]: Oh doch! Das hat der Kollege Pries schon gesagt! Sie haben wohl nicht zugehört!)


orhin habe ich bereits auf die Integrationsfunktion der
edien hingewiesen. Vor Ort, in einem Dorf, einer Ge-
einde oder einer Stadt, ist es oftmals die Lokalzeitung,

ie eine mediale Klammer für die Menschen darstellt.
ie darf nicht durch anonyme überregionale Angebote
rsetzt werden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP])


Es stimmt: Wir haben in Deutschland vielleicht das
ielfältigste Medienangebot und das beste Rundfunksys-
em der Welt. Deshalb müssen wir eine ganze Menge
un, damit das so bleibt, und zwar gemeinsam. Dazu rufe
ch auf. Wir dürfen uns nicht in Nebendebatten verfan-
en und dabei das Ziel einer spannenden Medienstruktur
n Deutschland aus den Augen verlieren.

Herzlichen Dank für das Zuhören.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620804300

Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der

ollege Jörg Tauss für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der war doch schon dran! – Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Herr Tauss hat seine Redezeit doch schon mit Zwischenrufen abgearbeitet!)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1620804400

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!

em Dank für die Erarbeitung des Medien- und Kom-
unikationsberichts schließen wir uns an. Die Diskus-

ionen über dieses Thema haben lange gedauert. Ich
reue mich sehr, dass der BKM diese parlamentarische
nitiative aufgegriffen hat. An dieser Stelle, Kollege
rindel, besteht überhaupt kein Dissens.

Auch wir freuen uns übrigens, dass wir einen Beauf-
ragten für Kultur und Medien im Bundeskanzleramt ha-
en. Herr Neumann macht – wie könnte es in einer Ko-
lition, an der die SPD beteiligt ist, auch anders sein? –
inen guten Job. Das galt allerdings auch für die Beauf-
ragten für Kultur und Medien, die unter Rot-Grün im
mt waren. Kollege Grindel, ich möchte darauf hinwei-

en, dass wir dieses wichtige Amt im Jahre 1998 ge-
chaffen haben.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU] – HansJoachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Ihr seid echt super!)







(A) )



(B) )


Jörg Tauss
– Manchmal ist es gut, wenn man älter ist; denn dann
kann man sich an früher erinnern. – Damals wurden
Hohn und Spott über uns ausgeschüttet.


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Ja!)


– Lieber Wolfgang Börnsen, jetzt lasse ich die Vergan-
genheit ruhen.

Für wie wichtig dieses Thema gehalten wird, zeigt
sich an der Beteiligung des Bundesrates;


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Ja, allerdings!)


das ist schon angesprochen worden. Ich halte es für be-
schämend,


(Beifall des Abg. Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP])


dass, obwohl es um die zentrale politische Frage der Zu-
ständigkeit der Bundesländer geht, kein Vertreter des
Bundesrates hier ist.


(Beifall der Abg. Elke Ferner [SPD] – HansJoachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Jetzt muss ich sogar dem Tauss zustimmen!)


Aus diesem Grunde teile ich die Kritik, die geäußert
worden ist: Medienpolitik wurde als parlamentsfreier
Raum bezeichnet. In der Tat gibt es kaum ein Politik-
feld, das parlamentsferner ist.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Auch da hat der Tauss recht!)


Die diesbezüglichen Diskussionen finden in den Staats-
kanzleien statt. Dort wird ein Rundfunkstaatsvertrag ab-
gesegnet oder nicht abgesegnet. Das ist aber alles, was in
diesem Bereich geschieht. Ich glaube, dass dieser Be-
richt unseren Kolleginnen und Kollegen in den Landes-
parlamenten die Chance bietet – ich hoffe, dass sie sie
nutzen –, auch in den Landtagen zukunftsgerichtete me-
dienpolitische Debatten über die Herausforderungen für
die Medienpolitik zu führen. Kollege Kuhn hat – wie Kol-
legin Griefahn und andere Kolleginnen und Kollegen – in
einigen Punkten zusammengefasst, was diese Herausfor-
derungen sind.

Ich will in diesem Zusammenhang einmal sagen: Ich
bin ein begeisterter Twitterer, benutze Facebook und all
die hübschen Dinge, die es da gibt.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: So sehen Sie aus!)


Für diejenigen, die das noch nicht kennen: Twitter, das
sind SMS-Blogs. Gestern gab es im Twitter eine Diskus-
sion darüber, ob Twitter-Beiträge eine Nachrichten-
agentur ersetzen können. Ich sage in aller Deutlichkeit:
Nein. Bei Twitter geht es um persönliche Meinungsäu-
ßerungen, um individuelle Kommunikation. Ich will,
dass es weiter Nachrichtenagenturen gibt, dass es Zei-
tungen gibt, dass es öffentlich-rechtliches Fernsehen gibt
– aber auch, dass es privates Fernsehen gibt –, will, dass
ausgebildete, engagierte Journalistinnen und Journalis-
ten tatsächlich unbeeinflusst von Staatskanzleien frei,

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(C (D nabhängig, demokratisch uns kontrollieren, Meinungsielfalt herbeiführen. Das brauchen wir, egal welche euen Medien es gibt und wie die Welt in einigen Jahren ussehen wird. Aus diesem Grund, Kollege Kuhn, haben wir das Proekt einer Mediendatenbank auf den Weg gebracht, daür Mittel im Haushalt vorgesehen. Es gibt in diesem ande kaum eine Übersicht über Verflechtungen, über irtschaftliche Beteiligungen, erst recht nicht crossmeial, über die Grenzen neuer und alter Medien hinweg. s gibt Kontrolle durch das Kartellrecht; aber natürlich teht das Kartellrecht auch der einen oder anderen Enticklung im Weg. Diese Punkte müssen diskutiert weren. Wir brauchen in Deutschland eine moderne Inforations-, Kommunikationsund Medienordnung. Der edienund Kommunikationsbericht der Bundesregie ung ist eine hervorragende Grundlage für die weiteren ebatten. Wir sollten diesen Bericht nutzen, liebe Kolleinnen und Kollegen. Den Deutschen Computerspielpreis sollten Sie icht gering schätzen, Kollege Kuhn, gerade angesichts essen, dass Sie hervorgehoben haben, was Freiheit in ieser Gesellschaft ausmacht. Wir haben über Compuerspiele oft nur in negativen Zusammenhängen diskuiert, haben Jugendliche, die Computerspiele spielen, als otenzielle Gewalttäter dargestellt. Ich kann nur wiederolen: Auch ich habe schon Counter-Strike gespielt (Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Jetzt verstehe ich!)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


nd bin noch nicht marodierend durch den Bundestag
ezogen. – Gut, ich habe vielleicht andere Auffälligkei-
en. – Wir sollten zurückhaltend sein, wenn sich die
unge Generation eines Kulturgutes bedient, das sich
ielen in meiner Generation nicht erschließt. Der Deut-
che Computerspielpreis wird dieses Jahr ausgerechnet
n Bayern vergeben. Nichts gegen die lieben bayerischen
olleginnen und Kollegen! Aber dem Bundesrat liegt
och immer ein Gesetzesantrag Bayerns vor, „Killer-
piele“ zu verbieten. Kollegin Bär, ich würde vorschla-
en: Nehmt diesen Antrag endlich von der Tagesord-
ung! Das wäre sinnvoll.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Ich will dessen ungeachtet auf einige andere Punkte
urückkommen.


(Monika Griefahn [SPD]: Berlin nicht vergessen!)


Nächstes Jahr wird der Preis in Berlin vergeben. Aber
elbstverständlich werde ich auch in Bayern bei der
reisverleihung dabei sein.

Dieser Tage – auch das wird in dem Bericht erwähnt –
ird eine Debatte über das Thema Presse-Grosso ge-

ührt. Ich weiß nicht, ob mit diesem Begriff alle, insbe-
ondere die Menschen auf den Tribünen, etwas anfangen
önnen. Presse-Grosso ist das Vertriebssystem der Zei-
ungen und Zeitschriften in Deutschland. Es sorgt dafür,
ass an jedem Kiosk sämtliche Zeitungen und Zeitschrif-






(A) )



(B) )


Jörg Tauss
ten, ob diese nun eine größere oder eine kleinere Auflage
haben, ob sie winzige Verbreitung haben oder überregio-
nal sind, pünktlich erhältlich sind. Das ist ein ganz wich-
tiger, ein wesentlicher Beitrag zur Meinungsvielfalt.
Dieser Teil wird immer wieder infrage gestellt. Ich bin
froh, dass sich die Verlage wieder im Grundsatz geeinigt
haben. Leider beteiligen sich noch nicht alle Verlage; ich
nenne namentlich den Bauer-Verlag. Ich hoffe, dass es
noch möglich ist, dass sich alle einigen. Wenn die Ver-
lage nicht mehr in der Lage sein sollten, sich zu einigen,
droht, dass allein über den Vertrieb ganze Zeitungen aus-
geschlossen werden können, nicht mehr zum Konsu-
menten gelangen. Das wäre ein Verlust an Meinungsfrei-
heit und an Meinungsvielfalt, den wir nicht hinnehmen
könnten. Wir müssten gesetzgeberische Maßnahmen er-
greifen; ich sage dies in Richtung Verlage in aller Deut-
lichkeit.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Auch die Deutsche Digitale Bibliothek ist ein ganz
wichtiges Feld, nicht erst angesichts der Katastrophe im
Stadtarchiv von Köln. Natürlich werden historische Ori-
ginale durch digitale Kopien nicht ersetzbar sein. Aber
digitale Kopien müssen vorhanden sein, wenn unersetz-
liche Werke verloren gegangen sind – damit nicht eine
ganze Geschichtsschreibung verloren geht, wenn, wie in
Köln, ein Archiv einstürzt.

Auch bei der Digitalisierung im europäischen Bereich
stehen wir vor Herausforderungen. Ich stimme allen zu,
die gesagt haben, dass auch hier etwas geschehen muss.
Im Hinblick auf diese Punkte handeln wir auch, liebe
Kolleginnen und Kollegen.

Ich verstehe, dass es Ihnen unangenehm ist, Kollege
Grindel, wenn wir eine Frage wie die nach dem ZDF
heute in die Diskussion bringen. Sie können nicht sagen,
es gebe Wichtigeres; denn es geht nicht nur um eine
Stelle. Ich würde es etwas ernsthafter formulieren, und
deshalb ist es gut, dass dies heute angesprochen worden
ist. Es ist unsere Aufgabe, zum Erhalt des öffentlich-
rechtlichen Systems beizutragen, für das wir beide in der
Vergangenheit trotz unterschiedlicher Betrachtungen im-
mer gemeinsam gestanden haben. Hier haben wir uns
zum Teil von Herrn Kollegen Otto unterschieden, der ein
bisschen neoliberaler auftrat; heute war er ja ganz ver-
nünftig.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Wissen Sie, was neoliberal ist?)


Herr Kollege Grindel, eine Voraussetzung für den Erhalt
des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist natürlich auch
der Nachweis von Staatsferne. Aus diesem Grunde
müssen wir an dieser Stelle wirklich aufpassen.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Gilt für Radio Bremen aber auch!)


– Dies gilt für alle Beteiligten, und dies gilt auch für De-
batten über Rundfunkgebühren. Die Staatsferne ist ein
wichtiges Ziel, und wir sollten nicht den Hauch eines
Verdachtes auf uns kommen lassen, dass wir journalisti-
sche Unabhängigkeit in Gefahr bringen. Bei diesem
Thema gab es allerdings in letzter Zeit ein paar Punkte,

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(C (D ie wir zum Anlass genommen haben, um über Pressereiheit und den Schutz von Journalistinnen und Journaisten etwa bei Onlinedurchsuchungen zu diskutieren. iese Diskussion haben wir Medienpolitiker allerdings icht immer erfolgreich geführt; da stimme ich zu. Aber ie Herausforderung, Pressefreiheit, Medienfreiheit und vielfalt zu verteidigen, ist die zentrale Aufgabe. Für das, as wir hier in Zukunft tun müssen, finden wir in die em Bericht ganz wichtige Hinweise. Insofern kann man hn an dieser Stelle nur ausdrücklich loben. Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620804500

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf
rucksache 16/11570 an die in der Tagesordnung auf-
eführten Ausschüsse vorgeschlagen. Der Entschlie-
ungsantrag auf Drucksache 16/12135 soll an dieselben
usschüsse überwiesen werden. Sind Sie damit einver-

tanden. Das ist offensichtlich der Fall. Dann sind die
berweisungen so beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 19 a, b und d sowie
en Zusatzpunkt 1 auf:

19 a) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend (13. Ausschuss)


– zu dem Entschließungsantrag der Abgeordne-
ten Ina Lenke, Sibylle Laurischk, Miriam Gruß,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
FDP zu der Beratung der Unterrichtung durch
die Bundesregierung

Sechster Bericht der Bundesrepublik Deutsch-
land zum Übereinkommen der Vereinten
Nationen zur Beseitigung jeder Form von
Diskriminierung der Frau (CEDAW)


– zu der Unterrichtung durch die Bundesregie-
rung

Sechster Bericht der Bundesrepublik Deutsch-
land zum Übereinkommen der Vereinten
Nationen zur Beseitigung jeder Form von
Diskriminierung der Frau (CEDAW)


– Drucksachen 16/8416, 16/5807, 16/9368 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Eva Möllring
Renate Gradistanac
Ina Lenke
Jörn Wunderlich
Irmingard Schewe-Gerigk

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend (13. Ausschuss) zu dem An-
trag der Abgeordneten Dr. Kirsten Tackmann,






(A) )



(B) )


Präsident Dr. Norbert Lammert
Karin Binder, Heidrun Bluhm, weiterer Abgeord-
neter und der Fraktion DIE LINKE

Internationaler Frauentag muss gesetzlicher
Feiertag werden
– Drucksachen 16/8373, 16/12139 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Antje Blumenthal
Caren Marks
Sibylle Laurischk
Jörn Wunderlich
Irmingard Schewe-Gerigk

d) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Barbara Höll, Dr. Kirsten Tackmann, Karin
Binder, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
DIE LINKE

Gleichstellung der Geschlechter in der Privat-
wirtschaft durch wirksame gesetzliche Rege-
lungen fördern
– Drucksache 16/9486 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Arbeit und Soziales

ZP 1 Beratung des Antrags der Abgeordneten Irmingard
Schewe-Gerigk, Kerstin Andreae, Volker Beck

(Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Quote für Aufsichtsratsgremien börsennotier-
ter Unternehmen einführen
– Drucksache 16/12108 –

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind auch
für diese Aussprache eineinviertel Stunden vorgesehen,
wobei ich darauf hinweise, dass wir für die gerade statt-
gefundene Debatte erkennbar mehr Zeit als vereinbart
beansprucht haben. – Ich höre zu diesem Vorschlag kei-
nen Widerspruch; damit ist diese Gesamtredezeit verein-
bart.

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort zu-
nächst der Bundesministerin Frau Dr. Ursula von der
Leyen.


(Beifall der Abg. Marie-Luise Dött [CDU/ CSU])


Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin für
Familie, Senioren, Frauen und Jugend:

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der inter-
nationale Frauentag steht in diesem Jahr unter besonde-
rem Vorzeichen: Wir feiern 90 Jahre Frauenwahlrecht,
60 Jahre Grundgesetz mit Art. 3 Abs. 2, und auch das
Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Beseitigung
jeder Form von Diskriminierung der Frau hat in diesem
Jahr einen runden Geburtstag: 30 Jahre CEDAW. Bei
solchen Anlässen schauen wir zurück und ziehen Bilanz.
Aber natürlich schauen wir auch nach vorne und be-
schreiben Wegstrecken und auf ihnen vorhandene Hür-
den.

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(C (D Im Februar haben wir in Genf zum sechsten Mal den EDAW-Staatenbericht für Deutschland vorgestellt. it Erfolg: Der Ausschuss hat unsere Fortschritte in ho em Maße anerkannt und entgegen der Üblichkeit den ächsten deutschen Staatenbericht nicht für 2010/2011, ondern erst für 2014 vorgesehen. Gelobt wurde beipielsweise, dass sich Väter in Deutschland inzwischen tärker an der Elternzeit beteiligen. Bei der Vorlage des etzten Staatenberichtes – daran werden Sie sich noch ernnern – wurde die damalige Väterquote, die unter 4 Proent lag, noch heftig kritisiert. Mit den Partnermonaten m Elterngeld hat sich spürbar etwas verändert; die Väerquote hat sich inzwischen vervierfacht. Auch der Zweite Aktionsplan der Bundesregierung ur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen liegt auf der inie der CEDAW-Empfehlungen, insbesondere desalb, weil der Aktionsplan einen besonderen Schwerunkt auf Schutzmaßnahmen für Migrantinnen und für rauen mit Behinderungen legt. Dies alles ist Bestätigung, aber auch Ansporn; denn es st weiß Gott nicht alles Gold. Es gibt Bereiche, in denen och viel zu tun ist: Warum ist Armut immer noch zuächst einmal weiblich? Warum sind so wenige Frauen n Führungspositionen? Warum verdienen Frauen in eutschland für ein und dieselbe Arbeit im Durchschnitt ast ein Viertel weniger – eine Lohnlücke von 23 Prozent – ls ihre männlichen Kollegen? In dieser einen Messgröße, nämlich dem Verhältnis er Bruttostundenlöhne von Frauen und der Bruttostunenlöhne von Männern, verdichten sich fast alle Faceten der Probleme, die Frauen heute erleben, wenn sie im rwerbsleben ihren Weg gehen wollen: (Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Und was tut die Regierung dagegen?)


ie Hindernisse auf dem Karriereweg, die starren Rol-
enmuster, Frauen fehlen in bestimmten Berufen und
ranchen sowie auf höheren Stufen der Karriereleiter,
ie Schwierigkeiten, Familie und Beruf unter einen Hut
u bringen, und die erheblichen Hürden beim Wiederein-
tieg in den Beruf nach einer Familienzeit.

Typische Frauenberufe sind im Durchschnitt schlech-
er bezahlt als typische Männerberufe. Das ist sowohl im
inzelnen als auch in der Summe inakzeptabel; denn
rauen sind längst genauso gut ausgebildet wie ihre
ännlichen Kollegen. Viele Familien sind auf das Ein-

ommen der Frauen angewiesen. In jeder fünften Fami-
ie ist die Frau inzwischen die Haupternährerin.

Wenn man die Entgeltungleichheit europaweit ver-
leicht, dann stellt man fest, dass Deutschland im
chlechten hinteren Mittelfeld, nämlich auf dem siebt-
etzten Platz, liegt. Ich weiß, dass diese Statistik mit Vor-
icht zu genießen ist. Zum Beispiel ist die geringe Lohn-
ücke von Malta – sie beträgt gerade einmal 4 Prozent –
uch darauf zurückzuführen, dass auf Malta überhaupt
ur knapp 36 Prozent der Frauen einer Erwerbstätigkeit
achgehen. Das kann keine Antwort sein. Wir haben in
eutschland eine Frauenerwerbstätigenquote von 64 Pro-

ent und damit die Ziele der Lissabon-Strategie inzwi-






(A) )



(B) )


Bundesministerin Dr. Ursula von der Leyen
schen übertroffen. Zu welchem Preis aber? Das muss
heute nach wie vor die entscheidende Frage sein.

Gegen einige Ursachen für die Lohnlücke kann die
Politik nur schwer etwas tun: Gewerkschaften und Ar-
beitgeber sind bei den Tarifverhandlungen für die Ar-
beitnehmer in sogenannten typischen Frauenberufen und
sogenannten typischen Männerberufen entscheidend. Es
gibt gar keinen plausiblen Grund, warum ganze Bran-
chen schlechter bezahlt werden, nur weil in ihnen über-
wiegend Frauen arbeiten. Eine andere Ursache ist die
Tatsache, dass die Lohnlücke mit steigender Qualifika-
tion größer wird – das gilt gerade auch für die frei ver-
handelten Gehaltsebenen –, sodass Frauen für ein und
dieselbe Arbeit schlechter bezahlt werden.

An einer der wichtigsten Ursachen für die Lohnlücke
kann die Politik aber etwas tun, und da tut die Politik
auch etwas; hier müssen wir weiter hartnäckig am Ball
bleiben: Frauen unterbrechen ihre Erwerbstätigkeit we-
gen der Familie häufiger und länger als Männer. Je län-
ger diese Erwerbsunterbrechungen dauern, desto grö-
ßer werden die Gehaltseinbußen, und desto stärker
schwinden die Aufstiegsmöglichkeiten. Das hat seine
Ursachen natürlich auch in jahrzehntelangen Lippenbe-
kenntnissen für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf
und Familie, denen gar keine oder nur zögerliche Taten
gefolgt sind.

Deshalb ist das Elterngeld mit den Vätermonaten
richtig gewesen. Deshalb ist der Ausbau der Kinderbe-
treuung überfällig.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Ina Lenke [FDP])


Deshalb sind Ganztagsschulen und haushaltsnahe Dienst-
leistungen in diesem Land unverzichtbar.

Entscheidend ist: Kinder brauchen Zeit, zu pflegende
Angehörige brauchen Zeit, und die Karriere braucht
Zeit. Wenn eine Seite – zum Beispiel Kinder – nicht zu-
lasten der anderen Seite – Karriere – gehen soll, dann
gibt es nur eines: Es muss für Männer und Frauen das
gleiche Anliegen sein, und es muss Männer genauso wie
Frauen angehen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie der Abg. Ina Lenke [FDP])


Ich bin der festen Überzeugung, dass für die Verein-
barkeit von Beruf bzw. Karriere und Familie die von uns
eingeführten Partnermonate beim Elterngeld genauso
entscheidend sind wie unser gemeinsam durchgeführter
Ausbau der Kinderbetreuung. Das sind die Steine, die
am Anfang gelegt werden müssen, damit der Weg über-
haupt gegangen werden kann.

Im CEDAW-Ausschuss ist deutlich geworden: Wir
kommen mit der Gleichstellungspolitik voran, und wir
haben anerkanntermaßen einiges erreicht.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Auf welcher Seite haben Sie das denn gelesen?)


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(C (D ennoch ist der Weg lang. Ich bin überzeugt: Wenn wir iesen Weg weiter hartnäckig und unbeirrbar gehen, ann werden wir diese Lohnlücke weiter schließen. Vielen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620804600

Nächste Rednerin ist Ina Lenke für die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Ina Lenke (FDP):
Rede ID: ID1620804700

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Rechtzei-

ig vor dem Internationalen Frauentag diskutieren wir
eute den CEDAW-Bericht aus dem Jahr 2007. Frau Mi-
isterin, ich habe Ihnen sehr genau zugehört. Sie haben
ehr Fragen gestellt und mehr Punkte sachlich darge-

tellt, als Antworten gegeben.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Bedauerlich ist auch, dass die Bundesregierung bis
eute die „Concluding Observations“ – die abschließen-
en Bemerkungen – des CEDAW-Ausschusses aus dem
ebruar dieses Jahres nicht vorgelegt hat. Was sind die
ründe dafür? Sie haben am 2. Februar den Ausschuss
esucht; am 10. Februar ist der Bericht veröffentlicht
orden.

Auch die Alternativberichte der Allianz von Frauen-
rganisationen in Deutschland und des Juristinnenbunds
ind bisher nicht im Ausschuss diskutiert worden. Frau
inisterin, Sie haben eine hauseigene Pressemitteilung

om 13. Februar zitiert, die wortgleich mit einer Presse-
itteilung aus Ihrem Haus vom 4. März ist.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Unglaublich!)


ine hauseigene Pressemitteilung, in der sich die Regie-
ung über den Klee lobt, reicht aber wahrlich nicht aus.


(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich gebe der Ministerin recht und freue mich, dass Ih-
en und der Großen Koalition der Durchbruch bei den
rippenplätzen und auch beim Elterngeld gelungen ist.


(Elke Ferner [SPD]: Gegen den Widerstand der Union!)


as ist ein Erfolg der Bundesregierung, den auch wir un-
erstützt haben. Das ist gar keine Frage; die FDP will das
uch.

Familienpolitik aber ist das eine. Frauenpolitik
das, was der CEDAW-Bericht insgesamt in all seinen
acetten unter die Lupe nimmt – ist das andere. Hierbei
estehen bei dieser Bundesregierung Defizite.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Ina Lenke
Frau von der Leyen, mit Familienpolitik können Sie
zwar in der Öffentlichkeit besser punkten als mit der
Frauenpolitik, aber welche Konzepte für ein gerechteres
Steuersystem und gegen die Benachteiligung von Frauen
im Steuer- und Sozialrecht haben Sie? Welche Maßnah-
men unternehmen Sie bei anonymen Geburten, um
Frauen in einer Notlage zu unterstützen?

Außerdem – das hat mich sehr geärgert, Frau Ministe-
rin – hat das Familienministerium beim Konjunktur-
paket II komplett versagt. Das wird sicherlich auch im
nächsten CEDAW-Bericht eine Rolle spielen. Alle
Frauen, die geschieden sind und Barunterhalt von ihren
Männern bekommen, erhalten nicht einmal den vollen
Kinderbonus von 100 Euro, sondern nur die Hälfte. Der
Familienausschuss hat – das wissen wir alle – dem feder-
führenden Haushaltsausschuss einstimmig vorgeschla-
gen, dass diese Ungerechtigkeit geändert werden soll.
Zumindest wir von der Opposition werden solche Unge-
rechtigkeiten im Bundestag deutlich benennen. Das ge-
hört auch in den CEDAW-Bericht von heute und von
morgen.


(Beifall bei der FDP)


Die FDP hat zum Sechsten Bericht der Bundesrepu-
blik Deutschland zum Übereinkommen der Vereinten
Nationen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminie-
rung der Frau Vorschläge eingebracht, die heute mit zur
Beratung stehen. Wir fordern die Bundesregierung unter
anderem auf, die Benachteiligungen im Steuer- und So-
zialrecht abzubauen, weil sie sich an den Nettobezügen
orientieren. Das ist – das spreche ich, glaube ich, schon
zum zwanzigsten Mal an – auch mit der Steuerklasse V
verbunden, die für Ehefrauen diskriminierend ist.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Des Weiteren fordern wir, Stereotype bei Bildung,
Ausbildung und Beschäftigung zu bekämpfen, damit
Frauen in der Wirtschaft wie auch in den einzelnen Aus-
bildungszweigen besser positioniert sind. Das wollen wir
alle, und die Ministerin hat festgestellt – darin stimme ich
ihr zu –, dass das ein schwieriger Weg ist. Aber warum
haben Sie noch nicht mit den Gewerkschaften geredet,
Frau Ministerin? Wir haben in der AG Frauen mit den
Gewerkschaften geredet. Ich denke, sie sind auch ge-
sprächsbereit. Insofern sollte das nachgeholt werden.

Was bedeutet es, Frauen als Unternehmerinnen zu
fördern? Wir fordern das, und zwar auch für Erzieherin-
nen, die sich selbstständig machen wollen. Dem hat die
SPD einen Riegel vorgeschoben. An dieser Stelle gibt es
nichts. Da haben Sie sich leider nicht durchsetzen kön-
nen. Das bedauern wir von der FDP.


(Beifall bei der FDP)


Zum Thema Frauen und Bundeswehr ist festzustel-
len, dass Geschlechtergerechtigkeit und Familienfreund-
lichkeit bei der Bundeswehr bisher nicht umgesetzt wor-
den sind. Ich fahre am 30. März nach Seedorf, wo es
angeblich tolle Pilotprojekte gibt. Wir werden uns vor
Ort ein Bild davon machen.


(Antje Blumenthal [CDU/CSU]: Da hätten Sie mal vorher hinfahren sollen!)


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(C (D ehre Ankündigungen wie die Teilkonzeption zur Verinbarkeit von Familie und Dienst in den Streitkräften tehen bislang nur auf dem Papier. Das hat die Antwort uf die Große Anfrage der FDP gezeigt. (Antje Blumenthal [CDU/CSU]: Das stimmt doch überhaupt nicht!)


Frau Blumenthal, das stimmt. Lesen Sie es noch ein-
al nach!

Auf unsere Position zu Frauenhäusern und zu dem
hema Frauen und Mädchen mit Migrationshintergrund
ird meine Kollegin Frau Laurischk noch eingehen.

Wir stehen mit unserer Kritik am CEDAW-Bericht
icht alleine. Im Alternativbericht der Allianz von Frau-
norganisationen und im ergänzenden Alternativbericht
es Deutschen Juristinnenbundes zum Beispiel wird die
egierungsarbeit der letzten Jahre unter die Lupe ge-
ommen und festgestellt, dass die Bundesregierung of-
ensichtlich keine zielorientierte Gleichstellungspolitik
etreibt und dass sie sich fast ausschließlich auf die Fa-
ilienpolitik konzentriert. Unabhängige Frauenorgani-

ationen kritisieren zu Recht, dass mit ihnen keine Bera-
ung vor Abgabe des Berichts stattgefunden hat. Umso
ehr müssen sich das Parlament und der Familienaus-

chuss mit den Forderungen in den CEDAW-Alternativ-
erichten befassen.

Aufgrund meiner begrenzten Redezeit kann ich nur
inige Kritikpunkte aus dem über 50 Seiten starken Be-
icht nennen: keine Fortschritte bei der Gleichstellungs-
trategie „Gender-Budgeting“, Abschaffung der intermi-
isteriellen Arbeitsgruppe – das haben Sie gemacht –
nd der Gruppe „Gender-Mainstreaming“ sowie des Re-
erates. Es gibt kein klares Konzept für die neu einge-
ichtete Antidiskriminierungsstelle. Hier fehle es an Un-
bhängigkeit und Wirksamkeit.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das stimmt!)


assive Kritik wird auch an der ungleichen Bezahlung
on Männern und Frauen in Deutschland geübt.

Ich muss leider zum Schluss kommen. Die Conclu-
ing Observations, die Empfehlungen des CEDAW-
achausschusses vom 10. Februar dieses Jahres, müssen
on der Bundesregierung vorgelegt und im Ausschuss
eraten werden. Auch nach dem Internationalen Frauen-
ag muss so viel Zeit dafür sein.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620804800

Und manchmal sogar etwas mehr als vorgesehen.


(Heiterkeit bei der SPD)


Nun erhält zu einer Kurzintervention die Kollegin
iemann-Hanewinckel das Wort.


Christel Hanewinckel (SPD):
Rede ID: ID1620804900

Frau Ministerin, meine Kurzintervention bezieht sich

uf Ihre Rede. Sie waren so schnell fertig, dass ich meine






(A) )



(B) )


Christel Riemann-Hanewinckel
Kurzintervention beim Präsidium nicht rechtzeitig an-
melden konnte.

Ich habe einige Bemerkungen und zwei Fragen. Lei-
der liegen dem Parlament die abschließenden Bemer-
kungen des CEDAW-Ausschusses noch nicht vor. Aber
es gibt zum Glück Nichtregierungsorganisationen, die
diese abschließenden Bemerkungen auf ihren Homepa-
ges in Englisch veröffentlicht haben. Ich habe gehofft,
dass bis zum heutigen Tag eine deutsche Übersetzung
aus Ihrem Hause vorliegt. Das ist offenbar noch nicht
der Fall, bzw. sie ist noch nicht freigegeben. In diesen
abschließenden Bemerkungen wird deutlich, dass es in
der Tat eine Reihe von positiven Punkten gibt. Es gibt
aber auch sehr viele Punkte, in denen die Bundesregie-
rung aufgefordert wird, nachzubessern bzw. deutliche
Veränderungen vorzunehmen.

Vom Ausschuss wurde sehr moniert, dass die CEDAW-
Konvention in Deutschland zu wenig bekannt ist. Da
diese Konvention geltendes Recht in Deutschland ist,
wir aber feststellen müssen, dass Juristinnen und Juristen
sie kaum kennen und deshalb auch kaum anwenden, lau-
tet meine erste Frage: Wie will Ihr Haus in Zukunft dafür
sorgen, dass nicht nur Juristinnen und Juristen, sondern
auch die breite Bevölkerung diese Konvention zur
Kenntnis nehmen und vor allen Dingen anwenden kann?

Mein Hauptpunkt ist folgender: Ich habe als Mitglied
des Menschenrechtsausschusses von Anfang bis Ende an
der Ausschusssitzung am 2. Februar in Genf teilgenom-
men. Dort wurde von vielen Mitgliedern des Ausschus-
ses sehr deutlich und heftig kritisiert, dass sich die Bun-
desregierung, vor allem Ihr Haus, nicht mehr in der Lage
sieht, den Begriff „Gender-Mainstreaming“ zu ver-
wenden, obwohl dieser ein international verbindlicher
Begriff ist. Es wurde sehr deutlich festgestellt, dass die
Übersetzung ins Deutsche mit „Leitprinzip Geschlech-
tergerechtigkeit“ nicht die Strategie bezeichnet, die mit
Gender-Mainstreaming gemeint ist. Vielmehr handelt es
sich hier um eine Zielvorstellung. Selbst wenn Ge-
schlechtergerechtigkeit erreicht werden sollte – es ist
fraglich, ob das jemals gelingt –, bliebe das Prinzip des
Gender-Mainstreamings bestehen; denn auch danach
muss jedes Gesetz daraufhin überprüft werden, ob es un-
terschiedliche Wirkungen für Männer und Frauen hat.
Meine zweite Frage lautet daher: Sind Sie als zuständige
Ministerin bereit, zum Begriff und damit zum Prinzip
des Gender-Mainstreamings zurückzukehren?


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1620805000

Frau Ministerin, bitte.

Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin für
Familie, Senioren, Frauen und Jugend:

Zunächst einmal zu Ihrer Anmerkung, der CEDAW-
Bericht liege nicht vor. Wir haben ihn so schnell wie ir-
gend möglich ins Deutsche übersetzt. Ihrer Fraktion liegt
der Bericht inzwischen vor.

Sofern ich Sie richtig verstanden habe, haben Sie Ihre
Kurzintervention auf den Begriff „Gender-Mainstrea-
ming“ – das ist, glaube ich, der Inhalt Ihrer Kurzinter-

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(C (D ention gewesen – reduziert. Ich weiß von meiner hocheschätzten Vorgängerin, dass sie einen Preis ausgelobt at für eine lebensnahe, verständliche Übersetzung. Da iegt wohl das Hauptproblem bei Gender-Mainstrea ing. Es geht um den Inhalt von Gender-Mainstreaing, um den englischen Kontext, der uns allen eigent ich klar ist. Wir streben (Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Wir wollen doch Deutsch sprechen! – Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Übersetzen Sie „Best Practice“ auch ins Deutsche?)


ie Gleichstellung von Mann und Frau in allen Lebens-
ereichen an. Das ist der Gegenstand der Diskussionen,
ie wir hier zurzeit führen. Und genau darauf zielen die
emühungen, die die Bundesregierung in den letzten
rei Jahren in dieser Legislaturperiode in den eben er-
ähnten Feldern, die für die Gleichstellung von Män-
ern und Frauen im Erwerbsleben, im Familienleben
nd in allen anderen Bereichen des Lebens entscheidend
ind, mit großem Erfolg unternommen hat.

Aber sich an einen englischsprachigen Begriff zu
lammern, der hier nicht verstanden wird, ist meines Er-
chtens nicht der Sinn der Sache.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Sehr richtig! Bravo! So ist es!)


ielmehr kommt es auf den Inhalt an.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1620805100

Das Wort hat die Kollegin Christel Hummel, SPD-

raktion.


(Beifall bei der SPD)



Christel Humme (SPD):
Rede ID: ID1620805200

Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Liebe Kollegin-

en! Frau Lenke, auch Sie haben viele Fragen gestellt,
nd ich habe Ihrer Rede entnommen, dass Sie sich wei-
en Bereichen der Kritik des Gleichstellungsausschusses
nd der Berichte anschließen. Ich habe jedoch FDP-
onzepte und Antworten darauf vermisst.


(Ina Lenke [FDP]: Einen Antrag haben wir vorgelegt! – Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auch bei der Ministerin hat das Konzept gefehlt!)


ch denke, auch das muss man an dieser Stelle festhalten.


(Ina Lenke [FDP]: Wir haben einen Antrag vorgelegt! – Zuruf von der FDP: Das haben Sie wohl noch nicht bemerkt!)


Frauen sind auf dem Sprung.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1620805300

Frau Kollegin Humme, würden Sie eine Zwischen-

rage der Kollegin Lenke zulassen?






(A) )



(B) )


Christel Humme (SPD):
Rede ID: ID1620805400

– Nein. Mach doch am Schluss eine Kurzintervention,

Ina.


(Zurufe von der FDP)


– Ich habe doch noch gar nicht angefangen. Insofern
können Sie noch gar nichts dazu sagen.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Sie wollte sagen, dass sie einen Antrag dazu gemacht hat!)


Sie wollen Karriere, Kinder und einen Mann – aber
keinen Versorger.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Das ist gut! Jawohl!)


Das ist das Ergebnis der Studie „Frauen auf dem
Sprung“ bei 15- bis 19- und 27- bis 29-jährigen Frauen
im Jahre 2008. Mit anderen Worten: Die heutigen jungen
Frauen wollen berufstätig und ökonomisch unabhängig
sein. Wie weit diese Frauen letztlich springen können,
hängt eindeutig von uns ab – von unserer konkreten
Gleichstellungspolitik, von den Rahmenbedingungen,
die wir setzen.

Wir haben das Ziel, Frauen einen olympiareifen Weit-
sprung zu ermöglichen. Haben wir die Frauen genug da-
für trainiert, Frau von der Leyen? Ja, ansatzweise schon.
Denn mit unserem Elterngeld und den Partnermonaten
haben wir die Chancen der jungen Frauen auf Erwerbstä-
tigkeit erhöht. Keine Frage.

Mit unserem Ganztagsschulprogramm und unserem
Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für unter
Dreijährige ab 2013 machen wir einen weiten Sprung
nach vorne. Darauf können wir alle sehr stolz sein.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Und mit dem Betreuungsgeld!)


– Nein, auf das Betreuungsgeld nicht, Herr Singhammer. –
Dafür bekommen wir auch vom Gleichstellungsaus-
schuss sehr viel Lob; das darf man nicht vergessen. Aber
für eine Olympiamedaille reicht es noch nicht. Denn die
genannte Studie von 2008 stellt auch fest – ich zitiere –:

… aber die Zufriedenheit mit dem Beruf ist enorm
niedrig. … Die Frauen sehen ganz klar, dass Män-
ner bevorzugt werden, dass sie schlechtere Auf-
stiegschancen haben, die nicht auf Leistung, son-
dern auf Geschlecht beruhen.


(Elke Ferner [SPD]: So ist das!)


Diese individuellen Erfahrungen von Frauen werden
vom Frauenrechtsausschuss der Vereinten Nationen be-
stätigt. Er beklagt nach wie vor die bestehenden Un-
gleichheiten auf dem Arbeitsmarkt. Der Abschlussbe-
richt, Frau Riemann-Hanewinckel, liegt leider erst seit
gestern vor. Er ist sehr dick. Insofern kann ich verstehen,
dass Sie ihn sicherlich noch nicht haben lesen können.
Er ist auch noch nicht im Verteiler. Aber er liegt seit ges-
tern vor.


(Ina Lenke [FDP]: Wir haben ihn nicht! Die Opposition hat ihn nicht!)


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(C (D Der Frauenrechtsausschuss der Vereinten Nationen ibt uns in diesem Abschlussbericht einen Auftrag, und war hinsichtlich der Gleichstellung am Arbeitsmarkt ktiver zu werden. Was ist zu tun? Auf alle Fälle dürfen wir uns nicht täuschen lassen. ie Erwerbstätigenquote der Frauen von 64 Prozent aukelt uns vor, wir hätten das Lissabon-Ziel von 0 Prozent erreicht, ja vielleicht sogar schon übererfüllt. ichtig ist: Die Beschäftigungsquote von Frauen allein agt nichts darüber aus, welche Position sie auf dem Areitsmarkt haben. Tatsache ist: Ganz oben, in den Fühungspositionen, sind Frauen mit der Lupe zu suchen. anz unten, im Niedriglohnsektor, stellen Frauen die ehrheit. Wenn es um die Bezahlung geht, ziehen rauen trotz gleicher Arbeit den Kürzeren. Das wollen nd müssen wir dringend ändern. Beim Geld hört die leichberechtigung auf. Deutschland steht an siebter telle der 25 europäischen Staaten. Bei uns verdienen rauen – wir haben es gerade gehört – 23 Prozent wenier als Männer. Was besonders betroffen macht: Die ohnlücke wird größer statt kleiner. Das ist für Deutsch and ein Skandal. Der Gleichstellungsausschuss der Vereinten Natioen fordert von uns klare Regelungen, um in der Gleichtellung den entscheidenden Sprung nach vorne zu tun. as ist auch unsere, die sozialdemokratische Auffas ung. Wir brauchen Quotenregelungen für Frauen in der issenschaft, für Frauen in Aufsichtsräten. Norwegen at das vorgemacht. (Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Also stimmt ihr unserem Antrag zu? Das fände ich sehr schön!)


(Beifall bei der SPD)


ir brauchen ein Steuersystem, das Frauen nicht be-
achteiligt, wenn sie berufstätig werden. Wir brauchen
erbindliche gesetzliche Regelungen für gleichen Lohn
ei gleichwertiger Arbeit. Tarifverträge müssen einem
iskriminierungscheck unterzogen werden. Der gesetz-

iche Mindestlohn für alle muss endlich eingeführt wer-
en.


(Beifall bei der SPD)


ir müssen tradierte Rollenbilder aufbrechen. Dafür
rauchen wir eine noch bessere partnerschaftliche Auf-
eilung von Familie und Beruf. Zurzeit können Mütter
nd Väter gleichzeitig sieben Monate Teilzeit arbeiten.
arum sollte das nicht für die gesamte Elternzeit mög-

ich sein? Das wäre eine echte partnerschaftliche Auftei-
ung von Familie und Beruf.

Ich habe wegen der Kürze der Zeit nur vier Vor-
chläge herausgegriffen, die wir unterstützen und die
eutlich machen, dass die freiwilligen Vereinbarungen
u mehr Chancengleichheit im Beruf, die 2001 zwischen
er Regierung und der Wirtschaft getroffen wurden, in
uncto Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt nicht wei-
ergeholfen haben.


(Beifall bei der SPD – Irmingard ScheweGerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben wir Herrn Schröder schon gesagt, als er das abgeschlossen hat!)







(A) )



(B) )


Christel Humme
Nach acht Jahren müssen wir uns das endlich eingeste-
hen.

30 Jahre gibt es den CEDAW-Ausschuss. Vor 24 Jah-
ren haben wir das Übereinkommen der UNO zur Besei-
tigung jeder Form der Diskriminierung der Frau ra-
tifiziert. Damit haben wir in Deutschland die Beseiti-
gung jeder Form von Diskriminierung von Frauen als
unveräußerliches Menschenrecht anerkannt. Deshalb ist
spätestens seit diesem Zeitpunkt die Zeit der Freiwillig-
keit vorbei; denn Freiwilligkeit ist Stillstand. Meine
Fraktion hat am Dienstag einen eindeutigen Beschluss
gefasst: Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokra-
ten setzen auf klare gesetzliche Regelungen, damit wir
gleichstellungspolitisch einen guten Sprung nach vorne
tun.

Danke schön.


(Beifall bei der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1620805500

Das Wort zu einer Kurzintervention gebe ich der Kol-

legin Lenke.


Ina Lenke (FDP):
Rede ID: ID1620805600

Frau Humme, der Abschlussbericht liegt uns nicht

vor. Es ist schon merkwürdig, dass die Ministerin davon
spricht, dass die Große Koalition ihn hat. Aber Sie haben
eine Kollegin gehört, die ihn auch noch nicht hat. Es ist
einen Monat her. In dieser Zeit hätte etwas passieren
können.

Aber nun zu Ihnen, Frau Humme. Sie wissen genau,
dass die FDP bei anderthalb Stunden Debattenzeit eine
Redezeit von 10 Prozent hat. Das sind sechs Minuten.
Jetzt fragen Sie mich nach den Anträgen der FDP. Ihre
Mitarbeiterin scheint die Rede geschrieben zu haben;
denn wenn Sie die Tagesordnung gesehen hätten, dann
wüssten Sie, dass im Zusammenhang mit der Behand-
lung des CEDAW-Berichts auch der FDP-Antrag aufge-
führt ist, der schon im letzten Jahr zu diesem Thema ein-
gebracht worden ist. Ich würde Ihnen, Frau Humme,
zum Schluss gerne mit auf den Weg geben: Die SPD re-
giert so lange, wie ich im Bundestag bin, seit 1998. Das
sind zehn Jahre. Jetzt stellen Sie sich hin und beklagen
das Fehlen von Equal Pay, also die ungleiche Bezahlung
von Männern und Frauen.


(Elke Ferner [SPD]: Sie waren 16 Jahre mit Kohl in einer Regierung, Frau Lenke! Was ist denn da passiert?)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1620805700

Frau Kollegin Lenke, die FDP hat zehn Minuten Re-

dezeit. Das möchte ich klarstellen.

Bitte, Frau Kollegin Humme.


Christel Humme (SPD):
Rede ID: ID1620805800

Schönen Dank, Frau Präsidentin. – Frau Lenke, ich

bin sehr stolz darauf, dass wir zehn Jahre an der Regie-
rung beteiligt waren;

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(C (D (Sibylle Laurischk [FDP]: Waren! Sie sind schon in der Vergangenheit!)


enn vor allen Dingen in der ersten Legislaturperiode
aben wir gerade in der Gleichstellungspolitik sehr viel
uf den Weg gebracht.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


as Programm „Frau und Beruf“ im Rahmen des
leichstellungsgesetzes für die Bundesverwaltung


(Ina Lenke [FDP]: Hat nichts gebracht! – Gegenruf der Abg. Elke Ferner [SPD]: Doch! Natürlich!)


at eine ganze Menge gebracht. Ich bin sehr stolz, daran
eteiligt gewesen zu sein. Dass wir heute vielleicht noch
ehr brauchen, weil wir erkennen müssen, dass freiwil-

ige Vereinbarungen nicht gereicht haben, habe ich in
echs Minuten deutlich machen können. Ich verstehe
icht, warum Ihnen sechs Minuten nicht reichen, um die
orstellungen der FDP deutlich zu machen. Das ver-
chlägt mir die Sprache.

Danke schön.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1620805900

Ich gebe der Kollegin Dr. Barbara Höll, Fraktion Die

inke, das Wort.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Barbara Höll (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620806000

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

rinnern Sie sich noch, wie Exkanzler Schröder Frauen-
olitik als „Gedöns“ bezeichnet hat?


(Michaela Noll [CDU/CSU]: Die Zeiten sind vorbei!)


n einem schönen Ritual diskutieren wir Jahr für Jahr die
leichberechtigung der Frauen zum 8. März. Frau Mi-
isterin stellte viele Fragen, aber gab keine Antworten.
rau Humme, auch Sie haben Fragen gestellt. Aber Sie
ind in der Regierung. Jetzt, kurz vor Ende der Regie-
ungszeit, zu sagen, das und das und das müsste man
achen, aber nichts Konkretes vorzulegen, ist ein Ar-
utszeugnis für Sie als sozialdemokratische Frauen.


(Beifall bei der LINKEN – Widerspruch bei der SPD – Caren Marks [SPD]: Nur weil Sie Ihre Ohren nicht auf Empfang gestellt haben!)


Vielleicht liegt es daran, dass im Gegensatz zu Ihnen
rau Ministerin eben klipp und klar erklärt hat,


(Caren Marks [SPD]: Was hat sie klipp und klar erklärt?)


ie Entgeltungleichheit in Deutschland interessiere sie
ur in Worten, mehr nicht. Frau Ministerin hat hier ge-
agt, das sei ausschließlich Sache der Tarifparteien. Ge-
au das ist der Konfliktpunkt. Wir müssen uns als Abge-
rdnete entscheiden, ob wir das einfach so stehen lassen
der ob wir uns einschalten, ob wir Bedingungen dafür
chaffen, dass die Tarifparteien tatsächlich zu Gleichbe-






(A) )



(B) )


Dr. Barbara Höll
rechtigung und Entgeltgleichheit finden. Dazu haben wir
als Linke Ihnen einen Antrag vorgelegt. Sie brauchen
hier nur zuzustimmen, dann haben wir einen Weg.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir bemühen uns, hier gemeinsam ein Gesetz zu ver-
abschieden, welches für Unternehmen und Beschäftigte,
Betriebsräte und Tarifvertragsparteien den Rahmen dafür
setzt, dass eigene, auf die verschiedenen Berufszweige
zugeschnittene, differenzierte Vorgaben gemacht wer-
den, wie die Entgeltgleichheit erreicht werden kann.
Dem müssen wir uns stellen. Wir müssen konkret wer-
den. Wir müssen gesetzgeberisch aktiv werden, ohne in
die Tarifautonomie einzugreifen. Das möchte ich hier
klipp und klar zum Ausdruck bringen.


(Beifall bei der LINKEN)


Frau Humme, unabhängig davon, ob sich alle Frauen
einen Mann wünschen,


(Christel Humme [SPD]: An dieser Stelle einverstanden!)


was ich sehr bezweifle – vielleicht wünscht sich eine
Frau mehrere Männer, eine andere Frau wünscht sich
eine Frau als Partnerin, oder eine Frau möchte bewusst
alleine bleiben –: Frauen wollen schlicht und ergreifend,
dass das Grundgesetz nach 60 Jahren tatsächlich voll-
ständig umgesetzt wird. Die 4 Mütter und 57 Väter des
Grundgesetzes haben sich mit der Formulierung von
Art. 3 Abs. 2 des Grundgesetzes etwas gedacht. Sie ha-
ben allen weiteren Generationen den Auftrag erteilt:

Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der
Gleichberechtigung von Frauen und Männern und
wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile
hin.

Tun wir dies hier gemeinsam, indem wir gesetzgeberi-
sche Initiativen ergreifen!


(Beifall bei der LINKEN)


Wenn Frau von der Leyen vorhin erklärt hat, dass wir
das europäische Ziel erreicht haben und 67 Prozent der
Frauen berufstätig sind, so ist das noch nicht einmal die
halbe Wahrheit.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Alle in Teilzeit!)


Fakt ist: Das Arbeitsvolumen, welches durch Frauen ab-
gedeckt wird, hat sich nicht geändert.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Es ist zurückgegangen!)


Die Realität ist, dass zwar mehr Frauen arbeiten, aber in
Teilzeit bzw. geringfügiger Beschäftigung. Das ist eine
Katastrophe, und sie wird hier noch als Sieg und Erfolg
verkauft.


(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


Ich möchte einmal einen Manager zitieren: Bloß weil
sich ein paar Frauen um die Balance sorgen, werden wir

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(C (D och nicht die Regeln ändern. Wenn sie sich für Karriere ntscheiden, werden sie dafür in Stunden bezahlen müsen. – Das ist die Realität. Teilzeitarbeit ist oftmals iedrig bezahlt und ist karrierehemmend. Aus einer Teileitarbeit kann man sich beruflich kaum weiterentwikeln. Frauen werden zusätzlich auch noch mit der Hausareit belastet; das ist in der Realität leider so. Frauen weren auf diese Art und Weise eigentlich doppelt ausgeeutet. Dagegen muss man etwas tun, wenn man atsächlich Erfolge erzielen will. Damit die Gleichstellung der Geschlechter in der Priatwirtschaft gefördert wird, schlagen wir Ihnen vor, ass wir uns hier gemeinsam darauf verständigen, dass etriebe verpflichtet werden, einen Maßnahmeplan zur örderung der Gleichstellung vorzulegen, dass Betriebe nd Betriebsräte zu aktiver Gleichstellungspolitik verflichtet werden, dass Frauen bei Feststellung von Disriminierung einen Rechtsanspruch auf Einstellung oder eförderung haben. Wir brauchen ein Verbandsklage echt für das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz. Wir brauchen hier also eine Reihe von Maßnahmen. rst wenn diese umgesetzt werden, wird es so sein, dass rauen genauso berufstätig wie Männer sein können, enn sie wollen, und dass sie das gleiche Entgelt erhal en wie Männer. Dazu müssen wir auch einmal darüber achdenken, warum eine Krippenerzieherin, die einen roßteil der Verantwortung für unsere Kinder überimmt, im Vergleich zu einem Arbeiter in der Metallranche so gering eingestuft wird. Das ist doch eigentich nicht mehr erklärbar. Ich sage Ihnen: Hier müssen wir gemeinsam endlich twas tun und nicht nur Fragen stellen. Wir als Linke erden weiter darauf dringen. Ich hoffe, dass wir geeinsam etwas zustande bringen. Nächste Rednerin ist die Kollegin Irmingard Schewe erigk, Bündnis 90/Die Grünen. Irmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1620806100
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

rau Ministerin, das, was Sie gerade abgeliefert haben,
st schon ein starkes Stück gewesen. Sie haben eine Ana-
yse vorgenommen und dargestellt, wo Probleme beste-
en. Als zuständige Ministerin haben Sie dennoch kein
ort darüber verloren, wie Sie das ändern wollen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)


Ich möchte einmal einen Satz zitieren:

In bedeutsamen Lebensbereichen hat sich die Situa-
tion von Frauen






(A) )



(B) )


Irmingard Schewe-Gerigk
– in Deutschland –

verschlechtert. Deutliche Mängel gibt es bei der
Antidiskriminierungspolitik. Trotz aller positiven
Maßnahmen kämpfen Frauen auf dem Arbeitsmarkt
mit erheblichen Benachteiligungen.

Dieses vernichtende Urteil über Ihre Frauenpolitik,
meine Damen und Herren der Regierungskoalition,
stammt nicht von der bösartigen Opposition, sondern ist
das Fazit des sechsten UN-Berichts zur Beseitigung der
Diskriminierung von Frauen in Deutschland.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)


Die UN gehen mit Ihnen hart ins Gericht. Sie kritisie-
ren, dass Sie nicht aktiv werden, um die Diskriminierung
von Frauen zu beseitigen, dass Sie stattdessen sogar das
Prinzip des Gender-Mainstreamings abgeschafft, die ent-
sprechende Abteilung im Ministerium aufgelöst und die-
sen Begriff aus dem offiziellen Vokabular gestrichen ha-
ben.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Es ist doch gerade erklärt worden, warum!)


Englisch ist ja wirklich eine schwierige Sprache, Herr
Singhammer. Frau Ministerin, so geht man nicht mit rati-
fizierten internationalen Verpflichtungen um.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)


Was lesen wir in Ihrer Pressemitteilung dazu? Ich zi-
tiere: Der CEDAW-Ausschuss habe sich mit den Fort-
schritten der deutschen Gleichstellungspolitik zufrieden
gezeigt. – Frau Ministerin, das nenne ich versuchte
Volksverdummung oder auch Etikettenschwindel.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


Im UN-Bericht finden sich 25 Beanstandungen, die
meisten zur Situation von Frauen auf dem Arbeitsmarkt,
zur Lohndiskriminierung, zur Unterrepräsentanz in Füh-
rungspositionen. Ich finde schon, dass es eine Unverfro-
renheit ist, diesen Bericht heute hier auf die Tagesord-
nung zu setzen, ohne eine einzige Maßnahme der
Regierung dazu vorzulegen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der Abg. Elke Ferner [SPD])


Vier Jahre Große Koalition waren frauenpolitisch
eine verlorene Zeit. Kein einziges Gesetz zu Frauenrech-
ten haben Sie eingebracht. Woche für Woche legen Ih-
nen die Oppositionsfraktionen dazu Anträge vor, die Sie
ablehnen, ohne eigene Initiativen zu ergreifen. Sie rea-
gieren nur, wenn Sie das Bundesverfassungsgericht dazu
zwingt. Das betrifft in letzter Zeit – das steht auch in den
Berichten – die transsexuellen und intersexuellen Men-
schen. Dazu findet sich kein Wort von Ihnen im Länder-
report. Die Rüge der Vereinten Nationen kam postwen-
dend.

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(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


Letzten Montag hat es uns EU-Kommissar Spidla ge-
ade wieder einmal schwarz auf weiß vorgelegt: Der
urchschnittsverdienst von Frauen in Deutschland

iegt fast ein Viertel unter dem der Männer. Damit ist das
ohngefälle zwischen Männern und Frauen bei uns so
roß wie in kaum einem anderen EU-Land. Ich finde,
ieser Zustand ist beschämend, und es ist überfällig, dass
ier etwas passiert. Zu Recht erwägt Kommissar Spidla
esetzliche Regelungen. Solche Regelungen scheuen Sie
a wie der Teufel das Weihwasser.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Auf Initiative der Grünen fand im Januar im Frauen-
usschuss eine Anhörung dazu statt. Unsere Forderun-
en wurden mehrheitlich bestätigt. Darüber werden wir
n der nächsten Sitzungswoche diskutieren; vielleicht ha-
en auch Sie dann einen Antrag dazu.

Frau Ministerin, ich verkenne nicht, dass die von Ih-
en umgesetzten Verbesserungen bei der Kinderbetreu-
ng und das Elternzeitgesetz wichtige Maßnahmen sind.
ber Sie verwechseln konsequent Frauenpolitik mit Fa-
ilienpolitik;


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


anchmal möchte ich sogar sagen: mit Bevölkerungs-
olitik. Nicht alle Frauen sind Mütter, und sie verdienen
rotzdem weniger.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


arum muss endlich ein gesetzlicher Mindestlohn her.
avon würde jede vierte Frau in Deutschland profitie-

en.

Wir brauchen endlich auch ein Gleichstellungsgesetz
ür die Privatwirtschaft; da hat die Linke recht. Wir ha-
en das schon vor zwei Jahren gefordert – das ist natür-
ich abgelehnt worden –; darum unterstützen wir jetzt
en Antrag der Linken.


(Beifall der Abg. Dr. Barbara Höll [DIE LINKE])


Es wurde schon gesagt: Die freiwillige Vereinbarung
wischen der Bundesregierung und den Arbeitgeberver-
änden ist gescheitert. Alles bleibt beim Alten. Die Ver-
ntwortung wird hin und her geschoben: von der Wirt-
chaft zu den Gewerkschaften zur Regierung – und es
assiert überhaupt nichts.

Jetzt naht der Wahlkampf. Da erfährt der erstaunte
eser bzw. die erstaunte Leserin, dass die SPD, nament-

ich Franz Müntefering, nach vier Jahren Untätigkeit die
rauenpolitik zum zentralen Bestandteil des SPD-Wahl-
ampfs machen möchte.


(Widerspruch der Abg. Christel Humme [SPD])


Zentraler Bestandteil des Wahlkampfs“, das hört sich
unächst gut an; bei näherer Betrachtung erkennt frau al-






(A) )



(B) )


Irmingard Schewe-Gerigk
lerdings, dass es sich dabei um eine Wundertüte handelt,
in der nichts als heiße Luft ist.


(Beifall der Abg. Dr. Barbara Höll [DIE LINKE] – Caren Marks [SPD]: Von wegen!)


– Ich kann Ihnen das nicht ersparen; es tut mir leid.


(Elke Ferner [SPD]: Man muss sich leider auch noch mit jemandem einigen!)


Für eine Regierungspartei ist es unseriös, Politik via
Pressemitteilungen zu machen.


(Elke Ferner [SPD]: Wir sind nicht die Frauenministerin!)


Ihrem Kollegen Müntefering, der leider nicht da ist, kön-
nen Sie sagen: „Regieren“ heißt handeln; „regieren“
heißt nicht Pressemitteilungen schreiben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sie können heute unter Beweis stellen, wie ernst es Ih-
nen damit ist.

Ich komme damit zu dem Antrag der Grünen zur
Quotierung in Aufsichtsräten. Eine solche Quotierung
befürworten Sie. Das haben Sie auch in der Fraktion ver-
abschiedet.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der CDU ins Stammbuch geschrieben!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie wissen: Die Füh-
rungspositionen in der deutschen Wirtschaft sind fest in
Männerhand. In den Vorständen der 30 DAX-Unterneh-
men findet sich immer noch nur gerade mal eine Frau. In
den Aufsichtsräten liegt der Frauenanteil so gerade bei
10 Prozent. Ohne die Entsendung von Frauen in die Auf-
sichtsräte durch die Gewerkschaften – das liegt an der
Quotierung nach dem Betriebsverfassungsgesetz – wäre
sie nur halb so hoch.

Den Unternehmen – das müssten Sie eigentlich wis-
sen – geht durch diese Männerwirtschaft kreatives Poten-
zial verloren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die Reservate des Patriarchats, wie es ein Kollege von
uns einmal ausdrückte, sind nicht zukunftsfähig. Gerade
Zukunftsfähigkeit wird in der jetzigen Wirtschaftskrise
gebraucht. Ursache der Krise ist nicht nur ein Versagen
des Marktes; Ursache ist auch ein Versagen der Mana-
ger. – Da nickt auch der Herr Kollege Röttgen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Elke Ferner [SPD])


Wenn wir diese Krise als Chance begreifen wollen, müs-
sen wir endlich Strukturen ändern, nicht nur in den Ban-
ken, nicht nur in der Automobilindustrie, sondern gerade
auch in den Aufsichtsräten.

Unser Vorbild ist Norwegen. Seit 2006 müssen ge-
setzlich mindestens 40 Prozent der Sitze in Aufsichtsrä-
ten von Frauen besetzt sein. Das Gesetz wurde nicht
etwa von der Gleichstellungsministerin initiiert, sondern
von dem konservativen norwegischen Wirtschaftsminis-

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(C (D er Gabrielsen, der in der Bundestagsanhörung alle weifel der anwesenden Wirtschaftsvertreter eindeutig erstreute. Sein Ergebnis: Das Gesetz funktioniert zum ohle der norwegischen Wirtschaft; kein Unternehmen at das Land verlassen – bei uns wird ja immer mit der bwanderungstendenz argumentiert –; es gibt tatsäch ich genügend qualifizierte Frauen für die Aufsichtsräte. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Es spricht also überhaupt nichts dagegen, diese Er-
olgsgeschichte als Best Practice – schon wieder ein eng-
isches Wort – für Deutschland zu übernehmen, und
war in einem zweistufigen Verfahren, wie wir es Ihnen
etzt vorschlagen: Zunächst sollte eine Regelung in den
orporate-Governance-Kodex aufgenommen werden,
ach der die Aufsichtsräte deutscher Aktiengesellschaf-
en bis 2012 mindestens zu 40 Prozent mit Frauen zu be-
etzen sind. Falls dieses Ziel bis dahin nicht freiwillig
mgesetzt wird, erfolgt eine gesetzliche Regelung im
ktiengesetz, nach der dies bis 2015 zu erreichen ist.
anach greifen Sanktionen. So hat es uns Norwegen
orgemacht, so können wir es machen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Mit der Beschränkung der Aufsichtsratsmandate auf
ünf schaffen wir mehr Beteiligungsmöglichkeiten für
rauen und durchlöchern ein wenig die Old Boys Net-
orks. Schon die Finanz- und Korruptionsskandale der
ergangenen Jahre haben deutlich gemacht, dass die
ufsichtsräte häufig nicht im Sinne einer effektiven Un-

ernehmenskontrolle funktionieren.

Meine Damen und Herren, vor dem Hintergrund der
irtschaftskrise stellt sich erneut die Frage nach dem

tellenwert von Gleichstellungspolitik. Ist das nur ein
hema für wirtschaftlich gute Zeiten? Ich sage: Nein.
erade in der Krise ergibt sich die Möglichkeit, über-
ommene Strukturen und Rollen zu überwinden. Lassen
ie uns doch endlich diese Chance nutzen!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


ine gestern veröffentliche Umfrage ergab: 50 Prozent
er deutschen Bevölkerung trauen den Frauen, aber nur
7 Prozent der deutschen Bevölkerung trauen den Män-
ern eher zu, diese Krise zu meistern. Sie sehen, es ist
eit für Veränderungen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Diskriminierung wegen des Geschlechts ist für eine
oderne Gesellschaft beschämend und inakzeptabel.
ie Aufgabe einer Regierung ist es nicht, zu lamentie-

en; ihre Aufgabe ist, zu handeln.

Dabei haben sowohl die Kanzlerin als auch Ministe-
in von der Leyen offensichtlich Wahrnehmungspro-
leme. Während die Kanzlerin behauptet, der CDU-
undesvorstand sei zur Hälfte mit Frauen besetzt – quasi
ie Speerspitze der Quotierung –, ergibt ein Nachrech-
en, dass es gerade mal ein Viertel ist. Wenn Ministerin
on der Leyen als Beleg für ihre gute Arbeit damit
rahlt, im Jahr 2008 seien 3 400 Kinder mehr geboren






(A) )



(B) )


Irmingard Schewe-Gerigk
als im Jahr 2007, während einen Tag später das Statisti-
sche Bundesamt belegt, von Januar bis Oktober 2008
seien sogar 4 000 Kinder weniger auf die Welt gekom-
men als im gleichen Zeitraum des Vorjahres, dann fragt
man sich schon –


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1620806200

Frau Kollegin!


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


– ich komme zum Schluss –


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1620806300

Ich bitte darum.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


– ob es nur eine Wahrnehmungsstörung ist oder ob es
sich um eine gezielte Desinformation handelt. Eine
Schelmin, die Böses dabei denkt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Jetzt kommt der letzte Satz, Frau Präsidentin: Meine
Damen und Herren, wir haben in der Frauenpolitik vier
Jahre verloren. Es ist an der Zeit, dass dieser Stillstand,
diese Blockade überwunden wird. Wir brauchen einen
neuen Gesellschaftsvertrag auch zwischen den Ge-
schlechtern.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1620806400

Frau Kollegin!


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir brauchen eine Politik, die Frauen ernst nimmt.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1620806500

Frau Kollegin, Sie müssen jetzt zum Ende kommen.

Sie können nicht die Redezeit der Grünen dadurch ver-
längern, dass Sie meine Mahnungen ignorieren.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


– Ich bin schon beim allerletzten Satz. –


(Zuruf von der CDU/CSU: Wie viele denn noch?)


Wir brauchen wieder eine Frauen- und Gleichstellungs-
politik.

Recht herzlichen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1620806600

Das Wort hat der Kollege Johannes Singhammer,

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der SPD: Die Speerspitze des deutschen Feminismus!)


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(C (D Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und erren! Gleicher Lohn für gleiche Arbeit ist nicht nur ine Angelegenheit für Frauen; es gibt hier auch eine roße Verantwortung für Männer. Ich freue mich, dass ei dieser Debatte von unserer Fraktion die Kollegen fast älftig vertreten sind, was nicht bei allen Fraktionen im leichen Umfang der Fall ist. Wir wollen die Ungleichheit bei der Entlohnung zwichen Frauen und Männern einebnen. Hier fangen wir ber nicht bei null an, wie immer wieder mithilfe eines errbildes behauptet wird. Es ist richtig – Sie haben darauf hingewiesen, Frau inisterin –: Die Frauenerwerbstätigkeitsquote in eutschland liegt mit 64 Prozent weit über dem, was als iel von der Europäischen Union angestrebt wird. Das at natürlich auch seinen Grund darin, dass die Vereinarkeit von Familie und Beruf als eines der zentralen nliegen in den vergangenen Jahren entscheidend vo angebracht worden ist: (Elke Ferner [SPD]: Trotz der CSU, Herr Singhammer, trotz Ihnen! – Christel Humme [SPD]: Sie hätten eben zuhören müssen!)

Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1620806700

(Beifall bei der CDU/CSU)


it dem Elterngeld und mit dem Ausbau der Kinderbe-
reuung. Das sind Fakten, die nicht geleugnet werden
önnen. Vielen Dank, Frau Ministerin.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ich sage aber auch: Das reicht noch nicht. Natürlich
st Lohndiskriminierung nach nationalem und europäi-
chem Recht ausgeschlossen. Es ist eindeutig unzuläs-
ig.


(Elke Ferner [SPD]: Trotzdem passiert es!)


ie Problematik liegt aber im versteckten Bereich. Die
ersteckten Ursachen sind das, was wir gemeinsam be-
lagen. Selbstverständlich müssen wir diese Ursachen
enennen. Das ist kein Ausweichen. Wir haben auch Lö-
ungen. Lassen Sie mich drei benennen.


(Zuruf der Abg. Ina Lenke [FDP])


Sofort, Frau Lenke. Ich komme gleich darauf zu spre-
hen.

Zum einen haben Frauen nach wie vor oft ein be-
timmtes Berufsbild,


(Elke Ferner [SPD]: Männer auch!)


inen sogenannten typischen Frauenberuf im sozialen
ereich, der schlechter bezahlt wird, obwohl es sich um

ehr wichtige und hochqualifizierte Tätigkeiten handelt.
ir müssen erreichen, dass diese Tätigkeiten besser be-

ahlt und höher angesehen werden. Das ist ein ganz ent-
cheidender Punkt.


(Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Was machen Sie dafür? Nichts!)


Zum Zweiten geht es um die hier schon oft beschwo-
ene Teilzeitquote. Ja, sie gibt es, aber eine höhere Teil-






(A) )



(B) )


Johannes Singhammer
zeitquote ist doch als solche nichts Schlechtes. Viele
Frauen wollen ja maßgeschneiderte Teilzeitangebote.


(Widerspruch bei der SPD)


Wir haben das im Zusammenhang mit der Familienpoli-
tik des Öfteren diskutiert. Der EU-Kommissar Spidla,
der von Ihnen, Frau Schewe-Gerigk, zitiert worden ist,
hat gerade erst seine Kritik, die er in Bezug auf die Teil-
zeitquote in Deutschland geäußert hat, zurückgenom-
men. In einem Teil der Medien war beispielsweise ges-
tern zu lesen:

… Vladimir Spidla hat seine Aussagen über eine
Vertiefung des Lohngefälles zwischen Männern
und Frauen in Deutschland zurückgenommen.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das liegt daran, dass die andere Statistiken genommen haben!)


Wir wollen, dass es die Möglichkeit zur Teilzeitarbeit
gibt. Die meisten Frauen wollen das auch.


(Elke Ferner [SPD]: Stimmt doch nicht!)


Wir wollen aber nicht, dass sich Teilzeitarbeit als Hin-
dernis herausstellt, um in Führungspositionen zu gelan-
gen. Das ist das Entscheidende.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Deshalb müssen wir uns um ein wesentlich besseres Ver-
hältnis von Führungspositionen zur Teilzeit kümmern.


(Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Die Männer wissen, was die Frauen wollen!)


Zum Dritten freue mich ich allerdings auch, dass die
Bundesregierung in Bezug auf die Gleichstellung mit
gutem Beispiel vorangeht. Wir haben eine Bundeskanz-
lerin


(Elke Ferner [SPD]: In Teilzeit?)


– nicht in Teilzeit –,


(Caren Marks [SPD]: Sie taucht so ab wie in Teilzeit!)


und 6 von 14 Ministern sind Ministerinnen. Ich sage
aber auch, dass bezüglich der Führungspositionen im
öffentlichen Dienst noch nicht alles zum Besten steht
bzw. es nicht so ist, wie wir es uns vorstellen.


(Elke Ferner [SPD]: Aber besser als in der Privatwirtschaft!)


Wir wollen, dass der Frauenanteil in Führungspositionen
im öffentlichen Dienst, weil ihm in vielen Bereichen
eine Pilotfunktion zukommt, eindeutig verbessert wird.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1620806800

Herr Kollege Singhammer, gestatten Sie eine Zwi-

schenfrage der Kollegin Dückert?


Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1620806900

Ja, bitte schön.

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(C (D Herr Kollege Singhammer, Sie haben gerade darauf ingewiesen, dass die Regierung bei der Frage „Frauen n Führungspositionen“ vorbildlich vorangehe. Ich öchte Sie fragen, wie Sie vor dem Hintergrund dieser inschätzung die Entscheidung vom gestrigen Tag beerten, dass die Regierung einen Lenkungsrat zur Berteilung des 100-Milliarden-Euro-Rettungspaketes für ie Wirtschaft eingesetzt hat, der aus acht älteren Herren esteht. Diese haben sich in der Wirtschaft sicherlich in er Vergangenheit hervorgetan, aber sie gehören zuleich auch zu dem Herrenklub, der dazu beigetragen at, dass wir im Bereich „Finanzen und Wirtschaft“ in llerlei Turbulenzen geraten sind. Es handelt sich unter nderem um folgende Herren: den früheren BDI-Präsienten Michael Rogowski, (Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hört! Hört!)

Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620807000

en Chef der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie,
nergie, Hubertus Schmoldt, den früheren Wirtschafts-
taatssekretär Alfred Tacke, den Bonner Ökonomen

artin Hellwig. Man merke auf: Ein Wissenschaftler ist
abei, der sich mit der Bewertung beschäftigt.

Alles zusammengenommen und insbesondere an den
ntscheidungen aus jüngster Zeit wird also, wie ich

inde, deutlich, dass Sie uns nicht helfen, Frauen in
ichtige, leitende Positionen zu bringen, wodurch die
irtschaft vorangebracht werden könnte.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)



Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1620807100

Frau Kollegin Dückert, Sie können davon ausgehen,

ass letztendlich die Bundesregierung die entscheiden-
en Weichenstellungen vornimmt, auch und gerade in
en von Ihnen genannten Fragen der Kredit- und Bürg-
chaftsvergabe. Die Bundesregierung selber ist, wie ich
chon gesagt habe, vorbildlich besetzt; der Frauenanteil
eträgt fast 50 Prozent. Sie können davon ausgehen,
ass im Gremium Bundesregierung auch die entspre-
henden guten Entscheidungen mit hälftiger Beteiligung
on Frauen getroffen werden.

Lassen Sie mich noch eines sagen: Die Union hat ei-
en Beschluss gefasst, der zehn wichtige Schritte dazu
nthält, was noch zu tun ist.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Dann legen Sie die doch nächste Woche vor!)


iese werden wir auch umsetzen. Wir bleiben nicht ste-
en, sondern gehen Stück für Stück voran.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was? Wo denn?)


ch sage aber auch: Wenn man vorangeht, muss man in
ie richtige Richtung gehen.


(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wohin denn? – Elke Ferner [SPD]: Mit Volldampf zurück!)







(A) )



(B) )


Johannes Singhammer
Weil Sie von den Linken sich hier immer als Wortfüh-
rer des richtigen Wegs darstellen, möchte ich zu Ihrem
Antrag Folgendes sagen: Sie haben in Ihrem Antrag die
Forderung formuliert, es müssten in allen Lohngruppen
hälftig Frauen und Männer vertreten sein.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! – Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eigentlich müssten 51 Prozent Frauen sein!)


Das heißt also, Sie müssten eine Quote für alle Berufs-
zweige, vom Facharbeiter bis hin zur Hebamme, einfüh-
ren. Wenn das dann auch noch per Gesetz überwacht
werden soll, erfordert das ein neues Höchstmaß an Büro-
kratie, eine Monsterbürokratie.


(Widerspruch bei der LINKEN)


Nun mögen einige von Ihnen durchaus einen großen Ge-
fallen daran finden. Ich sage Ihnen: Eine solche Mons-
terbürokratie führt Frauen überhaupt nicht weiter. Wir
wollen sie nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Sie wollen überhaupt nicht weiter, genau!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1620807200

Das Wort zu einer Kurzintervention gebe ich der Kol-

legin Kerstin Griese.


Kerstin Griese (SPD):
Rede ID: ID1620807300

Herr Kollege Singhammer, Sie haben mir keine Gele-

genheit zu einer Zwischenfrage gegeben, sonst hätte ich
gefragt, wann Sie über das CEDAW-Abkommen, das
Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form der Diskri-
minierung von Frauen, sprechen wollen, das hier Thema
ist.

Ich will oder muss diese Kurzintervention allerdings
nutzen, um etwas klarzustellen, weil geschäftsordnungs-
technisch eine Kurzintervention auf die Antwort zu einer
Kurzintervention nicht möglich ist. Die Frau Ministerin
hat vorhin in ihrer Antwort den Eindruck erweckt, als sei
die deutsche Übersetzung der abschließenden Bemer-
kungen des Ausschusses zur Beseitigung der Diskrimi-
nierung der Frau dem Ausschuss zugegangen, indem sie
gesagt hat, die Übersetzung liege auf meinem Schreib-
tisch. Das ist nicht so.


(Zuruf von der SPD: Ein starkes Stück!)


Diese Bemerkungen sind zwar in der vorläufigen Fas-
sung der Koalitionskoordinierung zugegangen. Das ist
schön; trotzdem bestehe ich als Ausschussvorsitzende
darauf, dass sie auch dem Parlament zugehen. Ich glaube
nicht, dass etwas Geheimes darin enthalten ist. Im Ge-
genteil, sie könnten uns in unserer Frauen- und Gleich-
stellungspolitik weiterhelfen. Ich bitte also ausdrücklich
um die Weiterleitung, und ich bitte Sie als Sprecher der
CDU/CSU-Fraktion, ebenfalls darauf zu achten, dass das
weitergegeben wird.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD)


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(C (D Herr Kollege Singhammer. (Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist unangenehm, Herr Kollege Singhammer, oder?)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1620807400


Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1620807500

Das ist nicht unangenehm. Wir geben alles weiter,

as notwendig und wichtig ist. Hier den Eindruck zu er-
ecken, es würden irgendwelche Unterlagen zurückge-
alten, ist von vornherein falsch.


(Caren Marks [SPD]: Natürlich ist das so!)


Nein, das ist nicht so.

Was Ihr Unwohlsein – nicht das Ihre, Frau Kollegin
riese, aber das der Grünen – hervorgerufen hat, war,
ass die Ministerin die englische Bezeichnung Gender-
ainstreaming nicht mehr verwendet.


(Christel Riemann-Hanewinckel [SPD]: Das hat mit dem Begriff nichts zu tun!)


a kann ich nur sagen: Das ist völlig richtig; denn mit
usnahme der politischen Klasse, die sich damit be-

chäftigt, verstehen nur relativ wenige, was sich hinter
ieser Begrifflichkeit verbirgt.


(Widerspruch bei der SPD)


eshalb bin ich der Meinung, dass das richtig ist und
ass es keinen Anlass zur Kritik gibt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1620807600

Nächste Rednerin ist die Kollegin Sibylle Laurischk,

DP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Sibylle Laurischk (FDP):
Rede ID: ID1620807700

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist

chon interessant, zu beobachten, wie die Koalitions-
raktionen sich hier in die Wolle bekommen.


(Christel Riemann-Hanewinckel [SPD]: Das ist manchmal nötig!)


er Wahlkampf beginnt offensichtlich. Ich denke aber,
ass Frauenpolitik, Gleichstellung von Frauen und der
EDAW-Bericht ein zu ernstes Thema sind, als dass wir
ns nur in den Niederungen der Parteipolitik bewegen
ollten. Wichtiger wäre, die Sachfragen zu klären.


(Christel Humme [SPD]: Das eine schließt das andere nicht aus!)


Eine Tatsache, die ich hier anmerken möchte, ist, dass
s unter den 24 beamteten Staatssekretären der Bundes-
egierung nur eine einzige Frau gibt, und das auch erst
eit Ende 2008. Immerhin; vielleicht ist das ja ein An-
ang.

Aufgrund des Berichts, den uns die Frau Ministerin
ier vorgelegt hat, haben wir feststellen können, dass
och viel zu tun bleibt. Mit der Forderung nach der Be-
etzung von 40 Prozent der Aufsichtsratsmandate






(A) )



(B) )


Sibylle Laurischk
durch Frauen wird sicherlich nichts zu bewegen sein.
Wir wollen keine Eingriffe in die Wirtschaft. Aber wir
haben durchaus den Wunsch, dass die Wirtschaft dieses
Manko beseitigt und mehr Frauen Wirtschaftsverantwor-
tung überträgt. Meiner Ansicht nach werden sich dann
solche Fiaskos wie die Wirtschaftskrise, die wir derzeit
erleben, nicht so krass entwickeln, da nach meinem Da-
fürhalten durch den Sachverstand der Frauen die Risiken
eher erkannt würden.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Auch die Forderung nach einem Feiertag ausschließ-
lich für Frauen scheint mir wenig zielführend zu sein.
Dies würde eine weitere finanzielle Belastung bedeuten,
wodurch möglicherweise Arbeitsplätze gefährdet wären.
Das ist also ein völlig falscher Ansatz.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Im CEDAW-Bericht sind interessanterweise zwei Ab-
schnitte enthalten, die nach meinem Dafürhalten hier
bisher zu wenig Beachtung gefunden haben, nämlich das
Thema „Gewalt gegen Frauen“ und das Stichwort „ver-
letzbare Frauengruppen“. Frau Ministerin, hierzu habe
ich von Ihnen nichts gehört.


(Ina Lenke [FDP]: Ja!)


Ich bin der Meinung, dass Sie bei diesen ganz spezifi-
schen Frauenfragen Ihre Aufgabe nicht erfüllen. Sie
müssen nicht nur in Fragen des Elterngeldes, bei denen
Sie sich zweifellos profiliert haben, sondern auch in die-
sen Fragen sensibel sein. Dazu gehört die Frage: Wie
sieht es aus mit häuslicher Gewalt gegen Frauen?

Frauen sind nach wie vor von häuslicher Gewalt be-
troffen, und zwar in einem Ausmaß, das in der Öffent-
lichkeit immer noch nicht ausreichend bekannt ist. Wenn
Sie, Frau Humme, der Meinung sind, die FDP habe
keine Vorschläge gemacht, wie das Thema „häusliche
Gewalt“ zu behandeln sei,


(Ina Lenke [FDP]: Das ist unverschämt!)


dann muss ich Ihnen schon sagen, dass Sie die Debatte
nicht kennen. Es ist möglich, dass Sie nach Ihrem Aus-
scheiden aus dem Familienausschuss dieses Feld nicht
mehr überblicken.


(Ina Lenke [FDP]: Ja!)


Wir haben einen Antrag gestellt, in dem wir die Bun-
desregierung auffordern, über die Finanzierung von
Frauenhäusern Auskunft zu geben. Wir haben sehr de-
zidiert die Punkte aufgelistet, über die wir etwas erfah-
ren wollen. Die Bundesregierung hatte bis Ende 2008
Zeit, zu reagieren; sie hat aber einen solchen Bericht bis-
her nicht vorgelegt. Die im CEDAW-Bericht angespro-
chene Problematik haben wir schon in unserem Antrag,
den wir lange vor der Veröffentlichung des CEDAW-Be-
richts gestellt haben, behandelt. Wir verlangen, dass die
Bundesregierung Schritte zur Veränderung dieser Situa-
tion einleitet.

Die Bundesregierung muss sich mit der Finanzierung
von Frauenhäusern, von Schutzräumen befassen und
hier klare Signale an die Länder senden, damit dieses

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(C (D hema auf Bundes-, auf Landesund auf kommunaler bene breit diskutiert wird; das fordert auch die UN. Wir ürfen uns nicht in der Fragestellung verlieren, ob dieses hema verfassungsrechtlich in der Kompetenz des Bunes liegt; denn das Thema geht die gesamte Gesellschaft ieses Landes an. Es ist auch ein Thema für die Bundesegierung, die sich ihm bislang zu wenig gewidmet hat. ie FDP hat hier klare Forderungen gestellt, die wir wei er verfolgen werden. Ich danke Ihnen. Nächste Rednerin ist die Kollegin Caren Marks, SPD raktion. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Herren nd Damen! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Alle ahre wieder im März steht die Gleichstellungspolitik im arlament im Mittelpunkt. Der Internationale Frauentag teht vor der Tür. Aus diesem Anlass bedanke ich mich unächst einmal ganz herzlich bei allen, die sich für eine essere Gleichstellungspolitik starkmachen. Danke, iebe Mitstreiterinnen vom DGB, vom Deutschen Jurisinnenbund, vom Frauenrat und vielen anderen Organiationen. In diesem Jahr debattieren wir hier und heute über en Sechsten Bericht der Bundesrepublik Deutschland u CEDAW, das wichtigste internationale Menschenechtsinstrument für Frauen. Auf den ersten Blick sieht lles prächtig aus. Wer sich nur über das Ministerium inormiert, erfährt: CEDAW-Ausschuss der Vereinten Nationen zufrieden mit den Fortschritten der deutschen Gleichstellungspolitik ie heutige Debatte hat aber gezeigt, dass das deutlich u kurz gesprungen ist. leichstellungspolitik ist weit mehr als Vereinbarkeit on Familie und Beruf, Herr Singhammer; denn Frauen ind nicht nur Mütter. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


(Beifall bei der FDP)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1620807800

(Beifall bei der SPD)

Caren Marks (SPD):
Rede ID: ID1620807900

(Beifall bei der SPD)


Das sieht im Übrigen auch der CEDAW-Ausschuss so
nd mahnt unter anderem Verbesserungen bei der Ent-
eltgleichheit an. Die SPD nimmt diese Kritik ernst.
eshalb wollen wir gleichen Lohn für gleiche und
leichwertige Arbeit. Lohnunterschiede von 23 Prozent
wischen Männern und Frauen sind in der Tat ein Skan-
al. Es ist an der Zeit, dass wir die rote Laterne, die wir
amit innerhalb der EU haben, endlich abgeben. Frauen
erdienen mehr!


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des Abg. Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])







(A) )



(B) )


Caren Marks
Wir wollen eine gerechte Bezahlung von Frauen. Es
muss endlich Schluss damit sein, dass der männliche La-
gerarbeiter mehr verdient als die Kassiererin in einem
Supermarkt. Weil die Appelle für freiwillige Lösungen
kein Gehör finden, setzen wir von der SPD jetzt auf ge-
setzliche Regelungen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Wir wollen mehr Frauen in Führungspositionen;
denn schließlich haben Männer in den Chefetagen der
Banken diese Finanz- und Wirtschaftskrise zu verant-
worten. Mehr Frauen in Chefsessel! – Das ist eine der
wichtigsten Lehren, die aus dieser Krise gezogen werden
müssen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Dabei denke ich nicht nur an die weiblichen Spitzen-
kräfte. Frauen in Führungspositionen verbessern die
Chancen für alle anderen Frauen im Betrieb. Davon pro-
fitieren alle Frauen. Davon profitiert aber auch die ge-
samte Wirtschaft. Der norwegische Wirtschaftsminister
Andersen sagt, dass die Wirtschaft viel versäume, wenn
sie die Ressourcen der weiblichen Leitungen und Vor-
standsmitglieder nicht ausschöpft. Unsere CSU-Wirt-
schaftsminister sagen dazu – nichts. Wir sagen dazu:
Quote tut gut.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Stimmt doch unserem Antrag zu! – Gegenruf der Abg. Elke Ferner [SPD]: Würden wir ja gerne!)


Unsere Familienministerin hat Norwegen ebenfalls
als großes Vorbild entdeckt, allerdings in einem ganz an-
deren Zusammenhang, nämlich beim Access-Blocking.
Ich wundere mich schon ein wenig darüber, wie locker
Ihnen, Frau Ministerin, dieses Wort über die Lippen
kommt; denn beim Begriff Gender-Mainstreaming ist
das völlig anders.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das wird, so die Ministerin, angeblich nicht verstanden.
Das, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, verstehe
wer will.

Der CEDAW-Ausschuss kritisiert zu Recht, dass das
deutsche Frauenministerium die internationale Gender-
Mainstreaming-Strategie nicht umsetzt. Hier geht es
nicht um den Begriff; hier geht es um eine Strategie,
Frau Ministerin.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Nehmen Sie diese Kritik an und ernst! Sorgen Sie für
eine Politik, von der Frauen und Männer gleichermaßen
profitieren! Sorgen Sie endlich wieder für Gender-Main-
streaming!

Wofür steht die SPD in der Gleichstellungspolitik?
Wir wollen gute Arbeit für Frauen, das heißt: gleiche Ar-
beitsbedingungen für Frauen und Männer, faire Mindest-
löhne und Wege raus aus der Falle ungeschützter und ge-

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(C (D ingfügiger Beschäftigung. Wir wollen eine anständige bsicherung von Frauen in der Sozialversicherung, die eachtung der Bedürfnisse von Mädchen und Frauen im esundheitssektor und eine wirksame und umfassende trategie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen. ir wollen keine Diskriminierungen von lesbischen rauen oder interund transsexuellen Menschen. Gegen erhebliche Widerstände haben wir das Allgeeine Gleichbehandlungsgesetz durchgesetzt. Mittlereile wissen alle: Gefahr für die Wirtschaft droht nicht om AGG, meine lieben Kolleginnen und Kollegen von er Union, sondern vielmehr von den überwiegend ännlichen Chefetagen der Banken. Der CEDAW-Aus chuss lobt das AGG. Es wirkt. Das zeigen uns auch erreuliche Gerichtsurteile aus jüngster Zeit. Die Durchchlagskraft der Antidiskriminierungsstelle lässt aber zu ünschen übrig. Hier müssen wir nacharbeiten. Darum ollen wir von der SPD das AGG zu einem präziseren nd schärferen Schwert gegen Diskriminierung weiterntwickeln. Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, mit dem Bechluss des 10-Punkte-Plans „Jetzt sind Frauen dran“ hat ie SPD-Bundestagsfraktion vorgelegt. Er enthält im egensatz zum Beschlüsschen der Union wirklich konrete und zielführende Verbesserungen für Frauen im Ererbsleben. Unser Koalitionspartner setzt auf freiwillige ereinbarungen, Empfehlungen und besseres Berichtsesen. ir von der SPD dagegen wollen rechtlich verbindliche egelungen und damit eine Gleichstellungspolitik, die iesen Namen verdient. Lassen Sie uns gemeinsam Nägel mit Köpfen mahen, damit Frauen endlich das bekommen, was sie verienen: mehr Lohn, mehr Rechte, mehr Verantwortung, ine bessere Gleichstellungspolitik. Herzlichen Dank. Nächste Rednerin ist die Kollegin Dr. Kirsten ackmann, Fraktion Die Linke. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und nsbesondere liebe Kollegen! Liebe Gäste! Es ist hier chon mehrfach gesagt worden: Der CEDAW-Ausschuss eigt sich zufrieden mit den Fortschritten der deutschen leichstellungspolitik. Nein, das ist nicht meine Ein chätzung; das stand in der schon zitierten Presseerkläung aus dem Hause von der Leyen. Sie bezog sich auf en Sechsten Staatenbericht zum Übereinkommen der ereinten Nationen zur Beseitigung jeder Form von Disriminierung der Frau, kurz CEDAW genannt, den die Dr. Kirsten Tackmann Bundesregierung kürzlich im Vertragsausschuss der Vereinten Nationen in Genf vorgestellt hat. Die Presseerklärung hat nicht nur mich erstaunt. Teilnehmerinnen der 20-köpfigen Frauendelegation berichteten, dass in Genf sehr deutlich Kritik am Regierungsbericht geübt wurde, und zwar nicht nur von den deutschen Nichtregierungsorganisationen, sondern auch vom CEDAW-Ausschuss selbst. Der Deutsche Juristinnenbund berichtete zum Beispiel Folgendes: Im Ausschuss wurde gefragt, ob durch die deutsche Rechtspolitik ungewollt falsche Anreize gesetzt werden, die Rollenstereotype verfestigen und damit zur Diskriminierung von Frauen führen. Als Beispiele wurden auch genannt: erstens die Bedarfsgemeinschaftsregelung bei Hartz IV, zweitens die Anhebung des Rentenalters und drittens das Ehegattensplitting. – Was im CEDAW-Ausschuss freundlich als Frage formuliert wurde, kann ich ganz klar beantworten: Ja, die Große Koalition setzt falsche Anreize, und zwar gewollt, und ja, sie verfestigt Rollenstereotype, die zur Diskriminierung von Frauen führen. Außerdem wurden Anträge meiner Fraktion abgelehnt, die genau diese drei im CEDAW-Ausschuss kritisierten Anreize korrigiert hätten. Wir haben erstens die Aufhebung der Bedarfsgemeinschaft bei Hartz IV gefordert, weil jede und jeder einen eigenen Anspruch auf einen Regelsatz haben soll. Zweitens haben wir die Rücknahme der Rente ab 67 gefordert, weil diese Regelung gerade Frauen besonders hart trifft. Drittens haben wir die Streichung des Ehegattensplittings und stattdessen Individualbesteuerung gefordert. – Alles wurde abgelehnt, (Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Ja, weil es richtig ist!)


(Beifall bei der SPD)


(Elke Ferner [SPD]: Appelle!)


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1620808000

(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620808100




(A) )


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(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


und zwar in Kenntnis der gleichstellungspolitischen Fol-
gen.

Noch viel mehr Kritik steht im Alternativbericht zur
UN-Frauenkonvention CEDAW, den uns Abgeordneten
im vergangenen Dezember 28 Frauenorganisationen
vorgelegt haben, gemeinsam mit einem alarmierenden
Bericht zur Situation inter- sowie transsexueller Men-
schen in unserem Land. Dieser engagierten Arbeit ist es
zu verdanken, dass die real existierenden Mängel der
bundesdeutschen Gleichstellungspolitik und Frauenpoli-
tik deutlich benannt wurden. Alle diese Berichte wider-
sprechen dem allzu selbstgefälligen Bericht der Bundes-
regierung in ganz wesentlichen Punkten. Aber Kritik
nutzt nur, wenn sie gehört wird. Deshalb sehe ich diese
Alternativberichte als Hausaufgaben für das Parlament
und uns Abgeordnete. Wir müssen erzwingen, dass die
Bundesregierung die UN-Frauenkonvention endlich er-
lebbar durchsetzt.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D ir müssen quasi einen gleichstellungspolitischen roten der lila Faden in das Regierungshandeln einweben. Die inke hat und wird ihren Beitrag dazu leisten. Gerade aben wir zum Beispiel die Forderungen aus dem Schatenbericht der Bundesregierung als Kleine Anfragen vorelegt. Wir fragen, ob, wann und in welcher Form sie iese umsetzen will. Ich denke, auf die Antworten waren nicht nur wir. Ich gehe davon aus, dass es einen fraktionsübergreienden Willen gibt, endlich konkrete Beiträge zu einem rauenpolitischen Aufbruch zu leisten. Damit können ir heute beginnen. Wir können heute von dieser Bunestagssitzung aus ein klar erkennbares Zeichen senden: assen Sie uns den Internationalen Frauentag am . März zum gesetzlichen Feiertag machen. (Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der CDU/CSU: Oh Gott!)


timmen Sie unserem Antrag in diesem Hohen Hause
eute zu.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1620808200

Ich gebe das Wort der Kollegin Michaela Noll, CDU/

SU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1620808300

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Ich hatte jetzt ungefähr eine Dreiviertelstunde
ang die Gelegenheit, zuzuhören. Ich muss sagen: Ich
inde es schade. In einer Stunde haben wir die Möglich-
eit, einen Festakt zu begehen: 60 Jahre Art. 3 Grundge-
etz. Ich meine, das ist ein Festakt, den wir wirklich be-
ehen und feiern sollten, genauso wie den Festakt
90 Jahre Frauenwahlrecht“. Diese beiden Ereignisse
ind Meilensteine für die politische und gesellschaftliche
artizipation von Frauen gewesen. Deswegen bin ich der
einung, dass diese Debatte in falsche Bahnen läuft.


(Beifall bei der CDU/CSU – Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was soll das denn heißen? Sie müssen sich unsere Kritik schon anhören!)


Mittlerweile gibt es CEDAW seit fast 30 Jahren.
ürde ich Sie fragen, was genau CEDAW ist, könnten
ir aber bedauerlicherweise viele von Ihnen keine Ant-
ort geben, natürlich mit Ausnahme unserer Fachpoliti-
er.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Man kann dazu auch „UNAusschuss gegen die Diskriminierung von Frauen“ sagen!)


EDAW ist ein Übereinkommen der Vereinten Nationen
ur Beseitigung jeder Form der Diskriminierung von
rauen. Was das Gezeter, warum CEDAW in der Öffent-

ichkeit nicht so präsent ist, betrifft, muss ich ganz ehr-
ich sagen: Sowohl Sie als auch wir waren oder sind an






(A) )



(B) )


Michaela Noll
der Regierung. Wir alle müssen dieses Thema mehr als
bisher in die Öffentlichkeit transportieren.


(Caren Marks [SPD]: Das sollten Sie einmal Ihrer Familienministerin von der Leyen sagen!)


– Die Ministerin äußert sich auf der Homepage des Bun-
desfamilienministeriums zu diesem Thema, und weitere
Informationen sind auf der Homepage des Auswärtigen
Amtes zu finden. Außerdem gibt es entsprechende Bro-
schüren.


(Caren Marks [SPD]: Vielleicht kann sie ja das nächste Mal, wenn sie bei „Wetten, dass …?“ ist, etwas dazu sagen!)


Dennoch gibt es Informationslücken. Wenn wir wirklich
wollen, dass CEDAW ein Meilenstein wird, müssen wir
alle dieses Thema mehr als bisher in die Öffentlichkeit
tragen. Hier sind alle Politiker gefordert.


(Beifall bei der CDU/CSU)


– Das gilt auch für Frau Kollegin Marks. Wie ich sehe,
sind Sie gerade sehr damit beschäftigt, sich mit Ihrer
Kollegin zu unterhalten.


(Iris Gleicke [SPD]: Wir sind nun einmal eine muntere Fraktion! So etwas kennen Sie wohl gar nicht!)


Frau Kollegin Riemann-Hanewinckel, Sie haben in
Ihrer Kurzintervention unsere Ministerin angegriffen
und behauptet, sie habe ein Problem mit dem Begriff
„Gender-Mainstreaming“. Ich sage Ihnen: Sie hat damit
kein Problem. Weil die ehemalige Bundesfamilienminis-
terin Frau Renate Schmidt noch im Saal ist, bitte ich sie,
zu bestätigen, dass sie in der ersten Sitzung der letzten
Legislaturperiode an den gesamten Familienausschuss
appelliert hat, einen praktikableren Begriff zu finden.


(Abg. Christel Riemann-Hanewinckel [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


Sie hat in dieser Sitzung auch angekündigt, dieses Be-
mühen mit einem Geschenk zu verbinden.


(Caren Marks [SPD]: Das war eine Einzelmeinung! – Gegenruf des Abg. Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Wie bitte? Das meinen Sie doch wohl nicht ernst!)


– Das war keine Einzelmeinung. Dieser Appell hat die
Zustimmung des gesamten Ausschusses gefunden. Ma-
len Sie die Dinge bitte nicht schwärzer, als sie in Wirk-
lichkeit sind!


(Beifall bei der CDU/CSU – Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mit dem, was Sie da sagen, diskriminieren Sie den Frauenausschuss!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1620808400


Frau Kollegin Noll, gestatten Sie eine Zwischenfrage der
Kollegin Riemann-Hanewinckel?

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(C (D Ja. (Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn das so ist, möchte ich gleich auch eine Frage stellen! So geht das nämlich nicht!)

Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1620808500


Christel Hanewinckel (SPD):
Rede ID: ID1620808600

Frau Kollegin Noll, ich habe zwei Fragen an Sie.

Meine erste Frage: Haben Sie zur Kenntnis genom-
en, dass der Staatenbericht, der in der letzten Legisla-

urperiode, vor knapp fünf Jahren, an den CEDAW-Aus-
chuss nach New York geschickt worden ist – ich war
amals dafür verantwortlich –, erstmalig an dieses Hohe
aus überwiesen worden ist, damit er hierzulande nicht
ur bekannt, sondern auch debattiert wird?

Meine zweite Frage: Haben Sie zur Kenntnis genom-
en, dass der CEDAW-Ausschuss kritisiert hat – es geht

icht um die Begrifflichkeiten –, dass die Strategie des
ender-Mainstreaming und des Gender-Budgeting auf-
rund der Formulierung abhanden gekommen ist?


(Caren Marks [SPD]: Eben! Darum geht es!)


aben Sie diesen Hauptkritikpunkt zur Kenntnis genom-
en? Das kommt im Bericht, in den abschließenden Be-
erkungen des Ausschusses, ziemlich deutlich zum
usdruck. Man kann das im Zweifel auch im Protokoll
er Ausschusssitzung nachlesen.


Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1620808700

Ich habe das zur Kenntnis genommen. Nehmen Sie

itte zur Kenntnis, dass CEDAW vielen Bürgern nach
ie vor nicht präsent ist. Sie können mit diesem Begriff
nd mit dem Übereinkommen nichts anfangen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie müssen ja nicht CEDAW sagen! Es geht auch anders! – Weiterer Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Und was tut die Regierung dagegen?)


Das hat nichts mit dem Regierungshandeln zu tun. Um
atsächliche Gleichstellung zu gewährleisten, müssen
ir für einen Wandel in den Köpfen sorgen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Iris Gleicke [SPD]: Am besten fangen Sie in Ihrer eigenen Fraktion an! – Abg. Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


it festen Begriffen werden wir nichts erreichen. Wir wer-
en auch nichts erreichen, wenn wir in unserer Gesell-
chaft eine Diskussion nach dem Motto „Mann gegen
rau“ starten. Wir können nur gemeinsam erfolgreich sein.


(Beifall bei der CDU/CSU)


ch bin froh, dass meine Fraktion in dieser Debatte zu-
indest einen männlichen Redner gestellt hat. Bei Ihnen

st das nämlich nicht der Fall.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gut, dass Sie die CSU haben!)







(A) )



(B) )


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1620808800

Frau Kollegin Noll, gestatten Sie eine weitere Zwi-

schenfrage, diesmal von der Kollegin Haßelmann?


Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1620808900

Wenn sie nicht so lange dauert, ja. Um 13 Uhr findet

bei uns nämlich ein Festakt statt. – Bitte.


Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620809000

Liebe Kollegin Michaela Noll, Sie haben in Ihrem

Redebeitrag gerade den Eindruck erweckt, dass wir uns
im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
zu Beginn dieser Legislaturperiode einvernehmlich ver-
ständigt haben, von Gender-Mainstreaming Abstand zu
nehmen.


Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1620809100

Nein.


(Caren Marks [SPD]: Doch! Das haben Sie angedeutet!)



Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620809200

Ich möchte Sie bitten, uns zu sagen, auf welche Aus-

schusssitzung Sie sich beziehen. Ich bin in diesem Aus-
schuss die Obfrau der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Meiner Erinnerung nach habe ich während der gesamten
Legislaturperiode an nur zwei Sitzungen nicht teilge-
nommen. Ich kann mich nicht erinnern, dass sich dieser
Ausschuss im Einvernehmen mit dem Bündnis 90/Die
Grünen von der Strategie des Gender-Mainstreaming
distanziert hat. Ich kann mich auch nicht erinnern, dass
es dort ein Einvernehmen gegeben hätte, die Ministerin
zu beauftragen, eine neue Begrifflichkeit für das, was
mit Gender-Mainstreaming gemeint ist, zu suchen.


Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1620809300

Sehr geehrte Kollegin, ich muss Ihnen leider sagen:

Sie haben mir anscheinend nicht richtig zugehört. Ich
habe nicht von dieser Legislaturperiode gesprochen,
sondern von der letzten;


(Angelika Graf [Rosenheim] [SPD]: Auch da gab es keinen solchen Beschluss!)


da waren Sie noch nicht dabei.

Es wäre eigentlich nett, wenn die ehemalige Bundes-
familienministerin – sie ist ja zugegen – bestätigen
würde, dass sie diesen Appell in der ersten Sitzung ge-
startet hat.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1620809400

Frau Kollegin, jetzt würde gerne die frühere Fami-

lienministerin eine Zwischenfrage stellen. Lassen Sie
das zu?


Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1620809500

Natürlich.

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(C (D Bitte schön. Kollegin Noll, würden Sie bitte zur Kenntnis nehmen, ass ich ein Preisgeld – das ich niemals zahlen musste – afür ausgesetzt habe, einen Begriff zu finden, den auch ine Verkäuferin bei Karstadt versteht? Würden Sie aber auch zur Kenntnis nehmen, dass ich iemals gesagt habe, dass wir uns von dieser Strategie erabschieden sollten? Es ging lediglich darum, einen nderen Begriff für denselben Inhalt zu finden. Zu dieem Inhalt stehe ich noch heute uneingeschränkt. Sehr geehrte Kollegin Schmidt, ich habe nur in den aum gestellt, dass Sie in der letzten Legislaturperiode iesen Preis ausgelobt haben; das war das, was ich geagt habe, und das haben Sie mir mit Ihrer Bemerkung estätigt. (Elke Ferner [SPD]: Nein! Sie haben gesagt, der Ausschuss habe beschlossen, davon Abstand zu nehmen!)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1620809600
Renate Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1620809700

(Caren Marks [SPD]: Eben!)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1620809800

Ich würde jetzt gerne weitermachen; ich habe nur noch
wei Minuten.

Es wäre nett, wenn in der Diskussion, die wir hier
ühren, einmal anerkannt würde, wie viel in Deutsch-
and bereits für Frauen gemacht wurde. So sind viel
ehr Frauen am politischen und öffentlichen Leben be-

eiligt. Es ist übrigens die Union, die zum ersten Mal
ine Frau an die Spitze der Regierung gestellt hat. Es ist
ie Regierung, die sechs Ministerinnen Bundespolitik
estalten lässt. Dieser Umstand – auch wenn es manchen
chwerfällt, das anzuerkennen – ist in dem CEDAW-Be-
icht ausdrücklich gewürdigt worden. Und nicht nur auf
undesebene, auch auf kommunaler Ebene beteiligen

ich immer mehr Frauen. Ich kann das nur bestätigen.


(Caren Marks [SPD]: Man kann alles schönreden!)


Ich weiß nicht, wie das bei Ihnen ist. Ich jedenfalls
telle fest: In Nordrhein-Westfalen, wo es auf die Kom-
unalwahl zugeht, gehen immer mehr Frauen in die

rste Reihe und kandidieren für das Amt der Bürger-
eisterin.


(Caren Marks [SPD]: Bei uns in der Fraktion sind mehr Frauen als bei Ihnen!)


as erreichen wir damit? Frauen werden sichtbarer, auf
llen politischen Ebenen. Die Ministerin unterstützt das
it ihrer Kampagne „FRAUEN MACHT KOM-
UNE“; sie macht Frauen Mut, sich in der Kommunal-

olitik zu engagieren.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Christel Humme [SPD])







(A) )



(B) )


Michaela Noll
Ich hätte gerne noch etwas zu Frau Laurischk gesagt.
Frau Laurischk, Gewalt gegen Frauen ist in der Tat ein
Thema. Übrigens ist im CEDAW-Bericht auch der
zweite Aktionsplan der Bundesregierung, mit dem wir
mehr als 130 Maßnahmen bündeln und auch etwas ge-
gen häusliche Gewalt gegen Frauen mit Migrationshin-
tergrund tun, ausdrücklich gelobt worden. Ich bin ganz
Ihrer Meinung, wenn es darum geht, zu einer langfristi-
gen Finanzierung der Frauenhäuser zu kommen.


(Sibylle Laurischk [FDP]: Da muss mehr passieren! – Elke Ferner [SPD]: Deshalb haben Sie in Hamburg die Frauenhäuser geschlossen!)


Übrigens waren wir diejenigen, die zum ersten Mal im
Deutschen Bundestag eine Anhörung zur Situation der
Frauenhäuser durchgeführt haben. Ich weiß: Wenn wir
diese Anhörung ausgewertet haben, werden wir eine Lö-
sung finden.

Eine ganz kleine Anmerkung zu den Linken. Was
bringt es, den Internationalen Frauentag, wie Sie es
mit Ihrem Antrag fordern, zu einem gesetzlichen Feier-
tag zu machen?


(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Fragen Sie mal die Frauen!)


– Frau Tackmann, Sie waren gestern nicht dabei. Wenn
ich Revue passieren lasse, wie der Familienausschuss
auf diesen Vorschlag reagiert hat, muss ich sagen: Es gab
allgemeine Erheiterung.


(Widerspruch bei der LINKEN)


– Herr Kollege Wunderlich kann es mir wahrscheinlich
bestätigen. – Ein solcher Feiertag bringt Frauen nichts.
Was Sie damit erreichen wollen, ist wahrscheinlich, an
die alten Tage in der DDR anzuschließen; da gab es ei-
nen sogenannten Haushaltstag für verheiratete Frauen.


(Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Auch für Männer! Sie werden es nicht glauben!)


Sie versuchen jetzt, diesen Tag wieder gesellschaftsfähig
zu machen, diesmal in einer modernen Verpackung.

Einen gesetzlichen Feiertag einzurichten, ist Länder-
sache. Warum führen Sie diesen Feiertag nicht in Berlin
ein, wo Sie doch mitregieren?


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Genau!)


Auf Symbolpolitik können die Frauen in Deutschland
verzichten.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Das war so flach, darauf brauchen wir nicht zu antworten! – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es gab drei Anträge zur Finanzierung der Frauenhäuser! Alle drei kamen von der Opposition!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1620809900

Für die SPD-Fraktion gebe ich das Wort der Kollegin

Angelika Graf.

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(C (D Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! as die Diskussion darüber angeht, wie Frauen repräentiert sind, können wir durchaus auf die Fraktionen es Deutschen Bundestages schauen und feststellen, wie iele Frauen in den Reihen der Fraktionen sitzen. Auch ies macht deutlich, wie Fraueninteressen in den einzelen Parteien wahrgenommen werden. Lohn und Brot sind im Leben von großer Wichtigkeit, uch im Leben von Frauen. Genauso wichtig ist es aber, hne Gewalt und Diskriminierung leben zu können. eshalb ist sehr zu begrüßen, dass wir heute über den etzten CEDAW-Staatenbericht Deutschlands sprechen. ies stellt auch eine Gelegenheit dar, der Öffentlichkeit eutlich zu machen, was CEDAW überhaupt ist. Wir haen sehr darüber geklagt, dass dies niemand weiß. Diese ebatte bietet die Möglichkeit, darüber zu sprechen, was EDAW bedeutet. CEDAW ist die UN-Konvention, die eit 1979 weltweit gegen Gewalt an Frauen und Diskriinierung von Frauen kämpft. Sie setzt Maßstäbe, die ür viele Frauen eine Hoffnung bedeuten, und fasst den egriff „Gewalt und Diskriminierung“ absichtlich rela iv weit. Viele Staaten – auch wir – haben diese Konvenion unterzeichnet und haben sich vorgenommen, sie mzusetzen. Allerdings stellt sich die Frage nach der msetzung fast überall; auch dies zeigt der Bericht. Die Schattenberichte“ der NGOs, aber auch die Stellungahme der UN-Experten bei der Anhörung machen deutich, dass es auch bei uns an der Umsetzung fehlt. Als grundlegendes Defizit von CEDAW gilt – auch ies ist angesprochen worden –, dass diese Konvention ei uns viel zu wenig bekannt ist. Wir müssen also in Zuunft daran arbeiten, dass die Privatwirtschaft, die Justiz nd wir alle, der normale Mann und die normale Frau uf der Straße, wissen, was diese Konvention bedeutet. Was hat die Anhörung in Genf ergeben? Die Ergebisse waren recht gemischt, um es freundlich zu formuieren. Insbesondere wurde die Arbeit des BMZ gewürigt, da dort das Gender-Mainstreaming-Prinzip in allen ereichen gut durchgesetzt wird. In unserer auf Ge chlechtergerechtigkeit orientierten Menschenrechtsnd Entwicklungspolitik sehen wir also recht gut aus. In anderen Bereichen ist es wirklich beschämend, und ies betrifft grundlegende Belange über längere Zeit. ir haben es in den letzten Jahren offensichtlich nicht eschafft, für die Frauen Verbesserungen bei der Lohnifferenz, der relativ hohen Teilzeitrate und der geringen räsenz von Frauen in wirtschaftlichen Führungspositioen durchzusetzen. Wenn ich mir die Berichte über die Anhörung vor em CEDAW-Ausschuss ansehe und mir insbesondere nhöre, was die Kollegin Riemann-Hanewinckel hier anesprochen hat, dann stellt sich mir die Frage, die Frau ackmann angesprochen hat: Wie schaffen wir es, dass Angelika Graf Politik nicht falsche Anreize setzt, die zu einer Verstetigung von Stereotypen führen? Vorhin ist mir bei Ihnen, Herr Singhammer, eine Formulierung aufgefallen. Sie haben im Zusammenhang mit dem Elterngeld von den Vätermonaten gesprochen. Genau dies ist eine Verfestigung von Stereotypen. Welcher Zacken wäre Ihnen aus der Krone gebrochen, wenn Sie über Partnermonate gesprochen hätten? Aber auch die Problematik der von Gewalt betroffenen Frauen und hier insbesondere die oft schlechte Situation der Migrantinnen sind trotz des Gewaltschutzgesetzes immer noch brennend heiße Themen. Die gesundheitliche Versorgung der Frauen ist zum Teil – zum Beispiel bei illegal hier Lebenden – eine wirkliche Schande. Daran müssen wir weiterhin arbeiten. Auch das Thema Frauenhäuser nehme ich auf. Wir müssen dringend daran arbeiten, dass die Frauenhäuser besser finanziert werden, und hierfür eine Lösung zwischen Bund, Ländern und Kommunen finden. Was Zwangsverheiratungen angeht, spreche ich das EU-Richtlinien-Umsetzungsgesetz an, das bislang keine Rückkehr von Frauen vorsieht, die zwangsverheiratet werden. Weil aber viele Frauen aus dem Land, in das sie verbracht werden, zurückkehren wollen, müssen wir uns dieses Themas dringend annehmen. Auch sind in dem CEDAW-Bericht die Themen Frauenhandel und Zwangsprostitution angesprochen worden. Auch daran müssen wir weiterarbeiten, und ich bedaure sehr, dass wir hier noch nicht weitergekommen sind. Ich komme noch zu einem weiteren Punkt aus der Kritik der UN am deutschen CEDAW-Bericht, der heute schon mehrfach angesprochen worden ist. Ich bedaure es sehr, dass sich unser Ministerium offensichtlich vom Prinzip Gender-Mainstreaming verabschiedet. Es geht nicht um die Übersetzung des Begriffes, sondern um die Strategie, die dahintersteckt. Man kann sicher über diesen eventuell etwas sperrigen Begriff streiten, aber er ist nun einmal international üblich, und Gender-Mainstreaming wurde auch von uns mit der Unterzeichnung von CEDAW als Prinzip anerkannt. Wenn wir uns nun von diesem Prinzip verabschieden, dann verhalten wir uns vertragswidrig. Wir sollten dringend wieder dahin zurückkommen, das Prinzip Gender-Mainstreaming zur Leitlinie unserer Politik zu machen. Der VN-Ausschuss hat die Umsetzung von GenderMainstreaming und Gender-Budgeting angemahnt. Gender-Budgeting gibt es übrigens inzwischen in Österreich, also gar nicht so weit von uns entfernt, Herr Singhammer. – n D w r u V G D S d m l d t w s F W K v s k – s a z d m g d a g u T F (C (D (Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Österreich ist ein schönes Land! Hohe Berge!)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Angelika Graf (SPD):
Rede ID: ID1620810000

(Beifall bei der SPD)


(Beifall der Abg. Waltraud Lehn [SPD])





(A) )


(B) )


(Beifall bei der SPD und der LINKEN)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Das ist ein schönes Land, und die Menschen dort leben
och, obwohl sie Gender-Budgeting eingeführt haben.


(Beifall bei der SPD)


eswegen denke ich, dass wir uns überlegen müssen,
ie wir dieses gute Prinzip künftig besser implementie-

en können, statt über Gender-Mainstreaming zu klagen
nd den Begriff zu verändern.


(Beifall bei der SPD)


ielleicht ist es möglich, dass wir die 2005 aufgelöste
ender-Arbeitsgruppe im Ministerium wieder einsetzen.
as würde uns vielleicht schon wieder einen kleinen
chritt nach vorne bringen.


(Beifall bei der SPD)


Eigentlich ist es abstrus: International werden wir für
as gelobt, was wir im Rahmen von Gender-Mainstrea-
ing im Bereich der Menschenrechts- und Entwick-

ungspolitik voranbringen, während wir uns national von
iesen Themen verabschieden. Das ist ein großer Fehler.

Ich glaube, wir sollten die internationalen Erfolge be-
rachten und zusehen, dass wir das, was wir dort ange-
andt haben und anwenden, künftig auch national bes-

er anwenden. Das wäre ein großer Schritt für alle
rauen in unserem Land.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Markus Grübel [CDU/CSU])



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1620810100

Nächste Rednerin ist die Kollegin Elisabeth
inkelmeier-Becker, CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU):
Rede ID: ID1620810200

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe

olleginnen und Kollegen! Das CEDAW-Abkommen
on 1979 und die alljährlichen Berichtspflichten dazu
ind für uns noch einmal ein willkommener Anlass zur
ritischen Selbstreflexion.


(Angelika Graf [Rosenheim] [SPD]: Alle vier Jahre!)


Das ist der sechste Bericht nach 30 Jahren. Gut, das
ind alle fünf Jahre. Der nächste Bericht erscheint 2014,
lso in fünf Jahren. In diesem Rahmen spielt sich das ab.

Wir sind heute sicher einen großen Schritt weiter als
u dem Zeitpunkt, den auch Michaela Noll ansprach, an
em das Grundgesetz hier beschlossen wurde. Damals
usste noch um den Satz „Männer und Frauen sind

leichberechtigt“ in unserer Verfassung gekämpft wer-
en. Die Mütter des Grundgesetzes haben den Kampf
uf sich genommen und das auch durchgesetzt. Ich
laube, dass sich nicht alle, die das damals mitgetragen
nd dem zugestimmt haben, bewusst waren, welche
ragweite dieser Satz haben würde, durch den in der
olge wesentliche Entscheidungen des Bundesverfas-






(A) )



(B) )


Elisabeth Winkelmeier-Becker
sungsgerichts und wesentliche Änderungen in der Geset-
zeslage hervorgerufen wurden, mit denen die Vorrechte
der Männer beseitigt wurden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie der Abg. Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


Heute geht es mir um die De-facto-Gleichstellung.
Dieses Thema hat eine große Bandbreite. Ich brauche
hier nur auf die Vorredner und -rednerinnen zu verwei-
sen, die hier viele Themen angesprochen haben, die zu
diesem Bereich gehören.

Vielleicht noch kurz zu dem, was wir getan haben. Ich
glaube, wir haben in der Zeit der Großen Koalition
durchaus einiges erreicht, was sich auch international
vorweisen lässt: das einkommensabhängige Elterngeld
mit den Partnermonaten, die U3-Betreuung, die Wieder-
einstiegshilfen nach einer Familienphase und Initiativen
wie den Girls’ Day oder die MINT-Initiative der Bun-
desministerin für Bildung und Forschung.


(Elke Ferner [SPD]: Die gab es schon zu unserer Regierungszeit!)


Durch die Anhörung zur Entgeltgleichheit wurde ge-
zeigt, dass diese Themen, die Vereinbarkeit von Familie
und Beruf im Lebenslauf und die Stereotypen bei der
Berufswahl, die entscheidenden Stellschrauben sind, um
an dieser Stelle für die Frauen etwas zu verbessern.


(Beifall bei der CDU/CSU – Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Anhörung haben Sie den drei Oppositionsfraktionen zu verdanken!)


– Ich habe damit überhaupt kein Problem.

Man muss bedenken, welche Schritte wir von vor
60 Jahren bis heute gemacht haben.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Richtig!)


Viele Parteien und Regierungskoalitionen waren dafür
verantwortlich.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Gefällt Ihnen das nicht, Frau Schewe-Gerigk?)


Ich denke, wir können vieles auch als gemeinsamen Er-
folg ansehen.

Aber wir müssen uns vor allem damit befassen, was
wir in Zukunft zusammen anpacken wollen. Dabei ist,
denke ich, auch zu dem Thema Entgeltgleichheit, zu
dem es die große Anhörung gegeben hat, einiges klar ge-
worden. Es gibt etliche Analysen, die wir gemeinsam
tragen. Aber wir streiten an dieser Stelle noch, mit wel-
chem Maß an Zwang oder freiwilligen Anreizen wir zu
Änderungen beitragen wollen. Das werden wir sicher-
lich noch weiter diskutieren müssen.

Wir dürfen uns auf der einen Seite über das ausdrück-
liche Lob des CEDAW-Ausschusses über die Einfüh-
rung des Elterngeldes, den Ausbau der Kinderbetreuung
und einige andere positive Anmerkungen freuen. Aber
wir müssen auf der anderen Seite auch die Kritik ernst
nehmen. Ich glaube, dass wir uns nicht davor scheuen

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(C (D üssen. Es liegt auch eine Chance darin. Diese Kritik ist uch dem Respekt gegenüber den Vereinten Nationen, em Ausschuss und seinen Anmerkungen geschuldet. Die Distanz, mit der die Vereinten Nationen auf unere bundesdeutsche Politik schauen, ist sowohl eine tärke als auch eine Schwäche der Kritik. Sie ist einereits eine Stärke, weil aus der Distanz unsere parteipoliischen Reflexe, die unsere Diskussionen manchmal berlagern, keine Rolle spielen und man sich auch im inernationalen Vergleich einen offeneren, unbefangeneren lick auf andere Ideen und Maßstäbe gönnen kann. enn man andererseits aber in die Details geht, dann eigt die Kritik auch, dass man innerhalb der Vereinten ationen die typisch deutschen Besonderheiten nicht anz im Blick hat. Mir ist zum Beispiel aufgefallen, dass das deutsche nterhaltsrecht mit der Begründung kritisiert wurde, es önne nicht angehen, dass nach dem dritten Geburtstag ines Kindes der Unterhaltsanspruch entfalle und es auerdem auch keine angemessenen Rechtsbehelfe für die etroffenen Frauen gebe. Das geht an der Rechtslage öllig vorbei. arauf muss ich an dieser Stelle nicht näher eingehen. s zeigt, dass wir nicht alles eins zu eins umsetzen müsen. Wir müssen aber die Kritik ernst nehmen und sehr enau prüfen, welche Anregungen für unsere deutsche olitik infrage kommen und was wir davon übernehmen ollen. Das Thema Entgeltgleichheit, das dem CEDAW-Auschuss große Sorgen macht, (Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Uns auch!)


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Richtig!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


teht bei uns auf der Prioritätenliste; dort gehört es auch
in. Einzelne Punkte – zum Beispiel, das CEDAW-Ab-
ommen bekannt zu machen – können wir sicherlich in
ngriff nehmen. Wir müssen prüfen, ob die Antidiskri-
inierungsstelle gerade auch im Hinblick auf die Rechte

on Frauen effizient arbeitet. Wir müssen solche deut-
chen Sonderprobleme in Angriff nehmen wie die Frage,
ie wir die Länder stärker in einen verbindlichen Pro-

ess mit einbeziehen können.

Wir müssen die Bedenken kritisch prüfen und entwe-
er klarmachen, warum wir anderer Meinung sind, oder
ösungsansätze entwickeln, bis wir in fünf Jahren den
ächsten Bericht vorlegen müssen.


(Elke Ferner [SPD]: Und genauso schlau sind wie heute!)


ass dazu auch die Aufwertung des Internationalen
rauentages zu einem gesetzlichen Feiertag gehört, ist
llerdings auch dem CEDAW-Ausschuss nicht in den
inn gekommen.


(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Die kannten unseren Antrag nicht!)







(A) )



(B) )


Elisabeth Winkelmeier-Becker
Mehr Beteiligung und Einfluss von Frauen in allen
Positionen – auch in führenden Positionen – in Politik,
Gesellschaft und Wirtschaft werden zu einer Win-win-
Situation für die Frauen führen, die dann mehr erreichen
und sich besser einbringen können, aber auch für die
Männer, die sich auch einmal um etwas anderes küm-
mern können, und für die Unternehmen, die eine breitere
Fachkräftebasis brauchen.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1620810300

Frau Kollegin, ich darf Sie an Ihre Redezeit erinnern.


Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU):
Rede ID: ID1620810400

Ich komme zum Schluss. – Das ist hier schon ver-

schiedentlich angeklungen: Wir müssen auch darüber
nachdenken, ob es eine weltweite Finanzkrise in diesen
Dimensionen gegeben hätte, wenn es in der Finanzbran-
che mehr Frauen in führenden Positionen gäbe. Darüber
sollten wir alle nachdenken.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1620810500

Letzte Rednerin in dieser Debatte ist die Kollegin

Elke Ferner, SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Elke Ferner (SPD):
Rede ID: ID1620810600

Frau Präsidentin! Liebe Kollegen und Kolleginnen!

Man könnte fast sagen: „The same procedure as every
year.“ Wir analysieren jedes Jahr vor, unmittelbar am
oder direkt nach dem 8. März relativ einvernehmlich
das, was in unserer Gesellschaft nicht stimmt. Wenn es
aber darum geht, wie das Ganze verbessert und verän-
dert werden kann, ohne dass vielleicht noch die Kinder
unserer Enkeltöchter darauf warten und die gleichen De-
batten in diesem Haus führen müssen, dann kommt nicht
viel.

Ich habe mich während der Debatte gefragt, was denn
Marie Juchacz, die am 19. Februar 1919 als erste Frau
im Reichstag das Wort ergreifen konnte, nachdem das
Frauenwahlrecht eingeführt worden war, bei der heuti-
gen Debatte gedacht hätte. Wie hat sich Art. 3 des
Grundgesetzes, den Elisabeth Selbert zusammen mit drei
anderen Frauen in der Verfassunggebenden Versamm-
lung durchgesetzt hat und den wir 1994 parteiübergrei-
fend erweitert haben, ausgewirkt? Wo stehen wir heute?
Natürlich sind wir weiter als vor 90 oder 60 Jahren. Aber
wir sind noch lange nicht dort, wo wir schon sein müss-
ten.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Ina Lenke [FDP])


Das Problem ist, dass wir uns noch nicht einmal im obe-
ren Drittel befinden oder vielleicht sogar an zweiter oder
dritter Stelle in der westlichen Welt liegen, wenn es um
Gleichstellung geht. Nein, wir sind weit hinten.

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(C (D Frau von der Leyen, ich bin ziemlich enttäuscht, dass ie hier Fragen über Fragen stellen, aber keine einzige ntwort geben. Heute ist in den Tickermeldungen zu le en, dass Sie an die Wirtschaft appellieren. Wir appellieen schon seit über 60 Jahren an die Wirtschaft. Aber es assiert nichts. er letzte Bericht der Bundesregierung macht deutlich, ass der Anteil der Frauen in den Topführungspositionen n dieser Republik sogar zurückgegangen ist. Natürlich ann man darüber reden, ob das Allgemeine Gleichstelungsgesetz die Wirkung entfaltet hat, die wir uns, als ir es damals verabschiedet haben, gewünscht haben. uch hier könnten wir weiter sein, keine Frage. Aber es at auf alle Fälle mehr Wirkung gezeigt als freiwillige ereinbarungen. Frau Kollegin Schewe-Gerigk, ich gebe unumwunden u, dass es ein Fehler gewesen ist, dass wir, die Frauen in er SPD-Fraktion, aber auch Sie, die Frauen in der Frakion der Grünen, während der Regierungszeit der rotrünen Koalition nicht auf Einhaltung des entsprechenen Teils der Koalitionsvereinbarung bestanden haben. ch gebe gerne zu, dass das ein Fehler gewesen ist. Aber s ist nicht nur unser Fehler gewesen. Ihr seid mit im oot gewesen. Euch ist es nicht so wichtig gewesen, ass ihr es zum Dollpunkt gemacht und auf Umsetzung edrängt habt. Wir sind aber lernfähig und haben deshalb sowohl in nserem Hamburger Programm als auch am Dienstag ua Fraktionsbeschluss deutlich gemacht, dass wir ein leichstellungsgesetz für die Privatwirtschaft wollen, amit Lohngleichheit endlich Wirklichkeit in der Bunesrepublik Deutschland wird und damit sich mehr als ur eine Frau in den Vorständen der DAX-Unternehmen iederfindet und der Anteil der Frauen in den Aufsichts äten der Aktiengesellschaften in Deutschland über 12, 3 oder 19 Prozent liegt. Es gibt genügend qualifizierte rauen. Die Gewerkschaften achten mehr darauf, dass uch Frauen in den Aufsichtsgremien der deutschen Akiengesellschaften vertreten sind. Von der Anteilseignereite kommt hier viel zu wenig. Wenn das in Norwegen eht: Warum soll das dann nicht in der Bundesrepublik eutschland gehen? Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, ich ordere Sie auf, noch in dieser Wahlperiode mit der Erareitung eines Gleichstellungsgesetzes für die Privatwirtchaft zu beginnen, und biete Ihnen dabei unsere Untertützung an. Aber Sie wollen das nicht. Wir haben mit ühe und Not eine Überprüfungsklausel im Koalitions ertrag verankert, nach dem Motto: Schauen wir einmal, as der neue Bericht besagt – er liegt nun vor – und ob ann Maßnahmen notwendig sind! Wer angesichts der ilanz sagt: „Wir haben keinen Handlungsbedarf“, der st nicht von dieser Welt und vertröstet Generationen von rauen bei dem, was ihnen zusteht und was sie auch Elke Ferner wollen, nämlich gleiche Teilhabe nicht nur im Erwerbsleben, sondern auch in den Führungspositionen der deutschen Wirtschaft. Ich kann nur an Sie appellieren, die Ergebnisse Ihrer teilweise richtigen Analysen auch umzusetzen und Nägel mit Köpfen zu machen, damit wir hier endlich weiterkommen und nicht noch die nächsten Frauengenerationen auf ihren gerechten Anteil an der Gesellschaft warten müssen. Frau Kollegin Noll, Sie haben eben gesagt, die Union sei führend, wenn es um den Frauenanteil gehe. Ich habe eben nachgerechnet und festgestellt: Der Frauenanteil in Ihrer Fraktion liegt bei 20 Prozent. Das ist wahrscheinlich besser als in der letzten Legislaturperiode. Aber der Anteil könnte sicherlich noch höher sein. Wenn ich lese, dass Frau Kollegin Eymer Herrn Carstensen vorwirft, er habe ein Frauenbild, das der Sendung Bauer sucht Frau entspreche, dann frage ich mich, wie es um die Stellung der Frauen in der Unionsfraktion bestellt ist. Vielleicht zum Abschluss noch: Solange solche Bilder – fünf Herren im Nadelstreifen – sozusagen das repräsentieren, was heutzutage stellvertretend in den Vorständen der deutschen Unternehmen vorzufinden ist, nämlich keine einzige Frau, so lange ist auch der Text richtig: Die Herren brauchen Unterstützung. Sie finden die Fehler im Bild nicht alleine. – In diesem Sinne hoffe ich, dass wir im nächsten Jahr vielleicht über ein paar Fortschritte mehr diskutieren können, statt uns ständig nur in Analysen zu ergehen und in der Sache keinen Schritt weitergekommen zu sein. – Vielen Dank. Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zu dem Entschließungsantrag der Fraktion der FDP zu dem Sechsten Bericht der Bundesrepublik Deutschland zum Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/9368, in Kenntnis der Unterrichtung durch die Bundesregierung auf Drucksache 16/5807 den Entschließungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 16/8416 abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der Koalition bei Enthaltung von Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion Die Linke und bei Gegenstimmen der FDP angenommen. Wir kommen zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zu dem Antrag der Fraktion Die Linke mit dem Titel „Internationaler Frauentag muss gesetzlicher Feiertag werden“. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/12139, den Antrag d n s f m D f v s F m n s D F u B f g u E F Z s e D e s s (C (D er Fraktion Die Linke auf Drucksache 16/8373 abzulehen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer timmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempehlung ist bei Gegenstimmen der Fraktion Die Linke it dem Rest der Stimmen des Hauses angenommen. Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf rucksache 16/9486 an die in der Tagesordnung aufge ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einerstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung o beschlossen. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der raktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 16/12108 it dem Titel „Quote für Aufsichtsratsgremien börsen otierter Unternehmen einführen“. Wer stimmt für dieen Antrag? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – er Antrag ist mit den Stimmen von SPD, CDU/CSU, DP bei Gegenstimmen von Bündnis 90/Die Grünen nd Enthaltung der Fraktion Die Linke abgelehnt. Die heutige Tagesordnung soll um die Beratung einer eschlussempfehlung des Ausschusses für Wahlprü ung, Immunität und Geschäftsordnung zur Genehmiung zum Vollzug eines gerichtlichen Durchsuchungsnd Beschlagnahmungsbeschlusses erweitert werden. rhebt sich dagegen Widerspruch? – Das ist nicht der all. Dann ist das so beschlossen. Ich rufe nun Zusatzpunkt 10 auf: P 10 Beratung der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung Antrag auf Genehmigung zum Vollzug eines gerichtlichen Durchsuchungsund Beschlagnahmungsbeschlusses – Drucksache 16/12131 – Wir kommen sofort zur Abstimmung über die Bechlussempfehlung. Wer stimmt für diese Beschlussmpfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – ie Beschlussempfehlung ist bei zwei Enthaltungen und iner Gegenstimme mit dem Rest der Stimmen des Haues angenommen. Ich rufe nun die Tagesordnungspunkte 25 a bis 25 g owie die Zusatzpunkte 2 a bis 2 g auf: 25 a)


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der SPD)


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1620810700
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab-
kommen vom 8. Oktober 2008 zwischen der
Bundesrepublik Deutschland und der Repu-
blik Indien über Sozialversicherung

– Drucksache 16/12065 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales

b) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab-
kommen vom 4. Juli 2008 zwischen der Regie-
rung der Bundesrepublik Deutschland und
der Regierung von Jersey über den Auskunfts-
austausch in Steuersachen

– Drucksache 16/12066 –






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Rechtsausschuss

c) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab-
kommen vom 4. Juli 2008 zwischen der Regie-
rung der Bundesrepublik Deutschland und
der Regierung von Jersey über die Zusam-
menarbeit in Steuersachen und die Vermei-
dung der Doppelbesteuerung bei bestimmten
Einkünften

– Drucksache 16/12067 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss

d) Beratung des Antrags der Abgeordneten Ina

(RemsMurr)

der FDP

Attraktivität von Au-pair-Beschäftigungen
steigern

– Drucksache 16/9481 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (f)

Auswärtiger Ausschuss
Innenausschuss
Ausschuss für Arbeit und Soziales

e) Beratung des Antrags der Abgeordneten Horst
Meierhofer, Michael Kauch, Angelika Brunkhorst,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Ökologische Konsumentenverantwortung statt
Produktlenkung durch den Staat – Europäi-
sche Ökodesign-Richtlinie grundsätzlich über-
arbeiten

– Drucksache 16/11912 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

f) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Mechthild Dyckmans, Jens Ackermann, Dr. Karl
Addicks, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der FDP

Statut der Europäischen Privatgesellschaft für
deutschen Mittelstand auf europäischer Ebene
praxisnah regeln

– Drucksache 16/11913 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

g) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesre-
gierung

Bericht der Bundesregierung über die deut-
sche Personalpräsenz in internationalen Orga-
nisationen

– Drucksache 16/10963 –

Z

(C (D Überweisungsvorschlag: Auswärtiger Ausschuss Innenausschuss Sportausschuss Verteidigungsausschuss Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union P 2 a)Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Modernisierung von Verfahren im patentanwaltlichen Berufsrecht – Drucksache 16/12061 – Überweisungsvorschlag: Rechtsausschuss b)

gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neure-
gelung des notariellen Disziplinarrechts

– Drucksache 16/12062 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss

c) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände-
rung des Internationalen Familienrechtsver-
fahrensgesetzes

– Drucksache 16/12063 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

d) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Sta-
bilisierungs- und Assoziierungsabkommen
zwischen den Europäischen Gemeinschaften
und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der
Republik Montenegro andererseits

– Drucksache 16/12064 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)

Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

e) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem
Haager Übereinkommen vom 19. Oktober
1996 über die Zuständigkeit, das anzuwen-
dende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung
und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der el-
terlichen Verantwortung und der Maßnahmen
zum Schutz von Kindern

– Drucksache 16/12068 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

f) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Anpas-
sung der Vorschriften des Internationalen Pri-






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner
vatrechts an die Verordnung (EG) Nr. 593/
2008

– Drucksache 16/12104 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

g) Beratung des Antrags der Abgeordneten Mechthild
Dyckmans, Dr. Karl Addicks, Christian Ahrendt,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Professionalität und Effizienz der Aufsichts-
räte deutscher Unternehmen verbessern

– Drucksache 16/10885 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

Es handelt sich um Überweisungen im vereinfach-
ten Verfahren ohne Debatte.

Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlagen an
die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zu
überweisen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der
Fall. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe auf die Tagesordnungspunkte 26 a bis 26 c
und 26 e bis 26 k. Es handelt sich um die Beschlussfas-
sungen zu Vorlagen, zu denen keine Aussprache vorge-
sehen ist.

Tagesordnungspunkt 26 a:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Änderung truppenzollrechtlicher Vor-

(Truppenzollrechtsänderungsgesetz)


– Drucksache 16/11566 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzaus-
schusses (7. Ausschuss)


– Drucksache 16/12142 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Patricia Lips
Reinhard Schultz (Everswinkel)


Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen
wollen, um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Ent-
haltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Be-
ratung bei Enthaltung der Fraktion Die Linke mit dem
Rest der Stimmen des Hauses angenommen.

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Wer
stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf
ist damit in dritter Beratung ebenfalls bei Enthaltung der
Fraktion Die Linke mit dem Rest der Stimmen des Hau-
ses angenommen.

Tagesordnungspunkt 26 b:

– Zweite Beratung und Schlussabstimmung des
von der Bundesregierung eingebrachten Ent-

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(C (D wurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 15. Oktober 2004 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Libysch-Arabischen Volks-Dschamahirija über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen – Drucksache 16/11567 – – Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 13. November 2007 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Haschemitischen Königreich Jordanien über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen – Drucksache 16/11568 – Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie (9. Ausschuss)


– Drucksache 16/11988 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Rolf Hempelmann

Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie emp-
iehlt unter Nr. 1 seiner Beschlussempfehlung auf
rucksache 16/11988, den Gesetzentwurf der Bundesre-
ierung auf Drucksache 16/11567 anzunehmen. Ich bitte
iejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen,
ich zu erheben. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Der
esetzentwurf ist mit den Stimmen von SPD, CDU/CSU
nd FDP bei Enthaltung der Fraktion Bündnis 90/Die
rünen und Gegenstimmen der Fraktion Die Linke an-
enommen.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie emp-
iehlt unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung auf
rucksache 16/11988, den Gesetzentwurf der Bundesre-
ierung auf Drucksache 16/11568 anzunehmen. Ich bitte
iejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen,
ich zu erheben. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Der
esetzentwurf ist ebenfalls mit den Stimmen von SPD,
DU/CSU und FDP bei Gegenstimmen der Fraktion Die
inke und Enthaltung der Fraktion Bündnis 90/Die Grü-
en angenommen.

Tagesordnungspunkt 26 c:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Vierten
Gesetzes zur Änderung des Allgemeinen Ei-
senbahngesetzes

– Drucksache 16/10298 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

(15. Ausschuss)


– Drucksache 16/12111 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Horst Friedrich (Bayreuth)







(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner
Der Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwick-
lung empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf
Drucksache 16/12111, den Gesetzentwurf der Bundesre-
gierung auf Drucksache 16/10298 in der Ausschussfas-
sung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetz-
entwurf in der Ausschussfassung zustimmen wollen, um
das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Der
Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung mit den
Stimmen der Koalition bei Gegenstimmen der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion der FDP und
Enthaltung der Fraktion Die Linke angenommen.

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Gegenprobe! – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist
damit auch in dritter Beratung mit den Stimmen der Ko-
alition bei Enthaltung der Fraktion Die Linke und Gegen-
stimmen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der
Fraktion der FDP angenommen.

Tagesordnungspunkt 26 e:

Beratung des Antrags der Bundesregierung

Ausnahme von dem Verbot der Zugehörigkeit
zu einem Aufsichtsrat für Mitglieder der Bun-
desregierung

– Drucksache 16/12015 –

Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt dage-
gen? – Enthaltungen? – Der Antrag ist bei Enthaltung
der Fraktion Die Linke mit dem Rest der Stimmen des
Hauses angenommen.1)

Wir kommen zu den Beschlussempfehlungen des Pe-
titionsausschusses.

Tagesordnungspunkt 26 f:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 530 zu Petitionen

– Drucksache 16/11888 –

Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthal-
tungen? – Die Sammelübersicht 530 ist mit allen Stim-
men des Hauses angenommen.

Tagesordnungspunkt 26 g:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 531 zu Petitionen

– Drucksache 16/11889 –

Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthal-
tungen? – Sammelübersicht 531 ist bei Gegenstimmen
von FDP mit dem Rest der Stimmen des Hauses ange-
nommen.

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1) Anlage 2

(C (D Tagesordnungspunkt 26 h: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 532 zu Petitionen – Drucksache 16/11890 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Gegenrobe! – Enthaltungen? – Sammelübersicht 532 ist mit en Stimmen von SPD, CDU/CSU und FDP bei Gegentimmen von Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion ie Linke angenommen. Tagesordnungspunkt 26 i: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 533 zu Petitionen – Drucksache 16/11891 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthalungen? – Sammelübersicht 533 ist mit den Stimmen der raktion Die Linke, der SPD und CDU/CSU bei Gegentimmen von Bündnis 90/Die Grünen und FDP angeommen. Tagesordnungspunkt 26 j: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 534 zu Petitionen – Drucksache 16/11892 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthalungen? – Sammelübersicht 534 ist mit den Stimmen on SPD, CDU/CSU, FDP bei Gegenstimmen von ündnis 90/Die Grünen und Enthaltung der Fraktion Die inke angenommen. Tagesordnungspunkt 26 k: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 535 zu Petitionen – Drucksache 16/11893 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthalungen? – Sammelübersicht 535 ist mit den Stimmen der oalition bei Gegenstimmen der Opposition angenomen. Wir kommen zum Zusatzpunkt 3: Beschlussempfehungen des Vermittlungsausschusses. Zusatzpunkt 3 a: Beratung der Beschlussempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuss)

der Entschädigung von Telekommunikations-
unternehmen für die Heranziehung im Rah-

(TK–EntschädigungsNeuordnungsgesetz – TKEntschNeuOG)

– Drucksachen 16/7103, 16/11348, 16/12016,
16/12120 –






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner
Berichterstattung:
Abgeordnete Antje Tillmann

Wird das Wort zur Berichterstattung gewünscht? –
Wird das Wort zu Erklärungen gewünscht? – Das ist
nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Vermittlungsaus-
schuss hat gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 seiner Geschäfts-
ordnung beschlossen, dass im Deutschen Bundestag
über die Änderungen gemeinsam abzustimmen ist. Dies
gilt auch für die noch folgenden Beschlussempfehlungen
des Vermittlungsausschusses zu den Zusatzpunkten 3 b
und 3 c.

Wer stimmt für die Beschlussempfehlung des Ver-
mittlungsausschusses auf Drucksache 16/12120? – Ge-
genprobe! – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung
ist mit den Stimmen der Koalition bei Gegenstimmen
der Fraktion Die Linke und Enthaltung von Bündnis 90/
Die Grünen und FDP angenommen.

Zusatzpunkt 3 b:

Beratung der Beschlussempfehlung des Aus-

(Vermittlungsausschuss)

Verfahren des elektronischen Entgeltnachwei-
ses (ELENA-Verfahrensgesetz)


– Drucksachen 16/10492, 16/11666, 16/12017,
16/12121 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Wolfgang Meckelburg

Das Wort wird weder zu einer Berichterstattung noch
zu einer Erklärung gewünscht. Wir kommen dann zur
Abstimmung.

Wer stimmt für die Beschlussempfehlung des Ver-
mittlungsausschusses auf Drucksache 16/12121? – Ge-
genprobe! – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung
ist mit den Stimmen der Koalition bei Enthaltung der
Opposition angenommen.

Zusatzpunkt 3 c:

Beratung der Beschlussempfehlung des Aus-

(Vermittlungsausschuss)

gelung der Kraftfahrzeugsteuer und Ände-
rung anderer Gesetze

– Drucksachen 16/11742, 16/11900, 16/11902,
16/11931, 16/12033, 16/12122 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Thomas Oppermann

Es wird nicht das Wort zur Berichterstattung und auch
nicht zu Erklärungen gewünscht.

Wir kommen zur Abstimmung. Wer stimmt für die
Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses auf
Drucksache 16/12122? – Gegenprobe! – Enthaltungen? –
Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der Frak-
tion Die Linke, der SPD, der CDU/CSU bei Gegenstim-
men der FDP und Enthaltung von Bündnis 90/Die Grü-
nen angenommen.

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(C (D Ich rufe den Tagesordnungspunkt 5 auf: Erste Beratung des von den Abgeordneten Mechthild Dyckmans, Sabine LeutheusserSchnarrenberger, Dr. Max Stadler, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung der Zivilprozessordnung – Drucksache 16/11457 – Überweisungsvorschlag: Rechtsausschuss Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine Stunde vorgesehen. – Ich höre keinen iderspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kollein Mechthild Dyckmans, FDP-Fraktion. Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol egen! Ich bitte Sie heute um Unterstützung für eine Geetzesänderung, die unser Rechtsschutzsystem gerechter nd damit besser machen wird. Als ich zum ersten Mal ie Forderung hörte, der Gesetzgeber solle die Möglicheit abschaffen, dass ein Berufungsgericht durch eintimmigen Beschluss die Berufung gegen ein Zivilurteil urückweise, fragte ich mich: Wo liegt hier eigentlich as Problem? Als Richterin beim Hessischen Verwalungsgerichtshof hatte ich jahrelang mit einer entsprehenden Vorschrift gearbeitet. Seit dem 1. Januar 1991 ann das Oberverwaltungsgericht eine Berufung nach 130 a VwGO durch Beschluss zurückweisen, wenn es instimmig der Auffassung ist, dass diese Berufung unegründet ist, und wenn es eine mündliche Verhandlung icht für erforderlich hält. Durch eine Gesetzesänderung om November 1996 wurde diese Vorschrift sogar noch rweitert: Seither kann über die Berufung auch dann urch Beschluss entschieden werden, wenn der Senat sie instimmig für begründet hält. Ich habe an vielen solhen Beschlüssen mitgewirkt; es hat keine Kritik gegeen. Warum sollte dies im Zivilprozess nicht möglich ein? Warum gab und gibt es hier so massive Kritik an der ntsprechenden Regelung in der ZPO? (Joachim Stünker [SPD]: Das sind doch nur ein paar Rechtsanwälte, die das kritisieren!)


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Mechthild Dyckmans (FDP):
Rede ID: ID1620810800

Nein, Herr Kollege. – Es gibt einen kleinen, aber ent-
cheidenden Unterschied zwischen den Regelungen in
er VwGO und der ZPO. Nach der VwGO steht dem Be-
eiligten nämlich das Rechtsmittel zu, das zulässig wäre,
enn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Nach
er ZPO ist der entsprechende Beschluss gemäß
522 Abs. 3 unanfechtbar. Im Verwaltungsprozess ver-

iert der Rechtsuchende zwar eine mündliche Verhand-
ung, er behält aber sein Rechtsmittel. Im Zivilprozess
erliert er beides: die mündliche Verhandlung und das
echtsmittel.

Betrachten wir doch noch einmal die Entstehungsge-
chichte des § 522 Abs. 2 ZPO – einige der hier heute






(A) )



(B) )


Mechthild Dyckmans
sitzenden Kolleginnen und Kollegen werden sich sicher
noch daran erinnern –: Es war die Zeit der großen Zivil-
prozessreform, 2000, 2001. Wie ich den Protokollen ent-
nommen habe, schlugen die Wogen damals hoch. Das
gesamte Rechtsmittelsystem der ZPO stand auf dem
Prüfstand und es sollte umgekrempelt werden.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, es ist kei-
neswegs meine Absicht, diese alten Grabenkämpfe wie-
der aufzunehmen. Inzwischen sind acht Jahre ins Land
gegangen, und sowohl die Gerichte als auch Rechtsan-
wälte und Rechtsuchende haben mit dieser Vorschrift
ihre Erfahrungen gemacht. Es gibt heute nach wie vor,
besonders aus der Anwaltschaft, Stimmen, die die gänz-
liche Streichung des § 522 Abs. 2 ZPO fordern. Eine Be-
rufungszurückweisung ohne mündliche Verhandlung ist
für manche nach wie vor nur schwer hinnehmbar. Aber
– auch da spreche ich aus meiner Erfahrung als Richterin
einer Berufungsinstanz – eine mündliche Verhandlung
ist durchaus nicht immer zwingend erforderlich. Das
vereinfachte Erledigungsverfahren durch Zurückwei-
sungsbeschluss, das – so die damalige Gesetzesbegrün-
dung – zu einer schnelleren Befriedung der Rechtsu-
chenden führen sollte, ist durchaus sinnvoll und
durchaus manchmal im Interesse der Beteiligten. Daher
sieht unser Gesetzentwurf nicht die vollständige Ab-
schaffung des § 522 Abs. 2 ZPO vor.

Allerdings sind wir schon der Ansicht, dass es nicht bei
der Unanfechtbarkeit einer solchen Entscheidung bleiben
kann. Dies ist zwar keine Frage von Verfassungswidrig-
keit – das Bundesverfassungsgericht hat nämlich wieder-
holt entschieden, dass die Unanfechtbarkeit nicht gegen
das Grundgesetz verstößt –, es ist aber eine Frage der Ge-
rechtigkeit. Es ist doch äußerst erstaunlich, wie unter-
schiedlich von dem Instrument des Zurückweisungsbe-
schlusses Gebrauch gemacht wird. So lag die Quote von
Zurückweisungen nach § 522 Abs. 2 ZPO im Jahre 2006
– ich beziehe mich jetzt nur auf die Entscheidungen der
Oberlandesgerichte – im Bundesdurchschnitt bei 14 Pro-
zent. In den einzelnen Bundesländern variiert die Quote
von unter 10 Prozent bis über 25 Prozent.

Diese unterschiedliche Handhabung in den einzelnen
Bundesländern provoziert doch geradezu die Frage, ob
der Zugang zum Recht für alle Bundesbürger in der glei-
chen Weise eröffnet ist. Da den Gerichten bei der Frage,
ob sie durch Beschluss oder durch Urteil entscheiden,
kein Auswahlermessen zukommt – das hat der BGH
noch einmal ausdrücklich klargestellt –, sind diese Un-
terschiede schlicht nicht nachvollziehbar.

Auch der Hinweis des Bundesjustizministeriums, die
Schwankungsbreite sei durch die unterschiedlichen Ar-
beitsgebiete der Senate und der Berufungskammern be-
gründet, überzeugt mich nicht. Zum einen sind die Sach-
gebiete im Zivilrecht nicht bestimmten Bundesländern
zugewiesen – nur das könnte rechtfertigen, dass in einem
Bundesland erheblich öfter Entscheidungen nach § 522
Abs. 2 ZPO getroffen werden –; zum anderen zeigt die
Praxis, dass die unterschiedliche Handhabung gerade
nicht durch Besonderheiten der jeweiligen Spruchkörper
zu erklären ist. So hat der Deutsche Anwaltverein mitge-

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(C (D eilt, dass manche Senate bei allgemeiner Zuständigkeit is zu 70 Prozent der Berufungen durch Beschluss zuückweisen, während andere, die ebenfalls keine Speialzuständigkeit haben, eine Zurückweisungsquote von nter 10 Prozent haben. Die Annahme des Bundesjustizministeriums, in komlexen Rechtsstreitigkeiten werde von § 522 Abs. 2 ZPO eniger Gebrauch gemacht, wird von der Anwaltschaft icht bestätigt. Uns haben zahlreiche Schreiben von Analtskanzleien erreicht, die gerade die undifferenzierte andhabung der Zurückweisung durch Beschluss bei ochkomplexen Verfahren – sei es im Arzthaftungsrecht, ei Streitigkeiten mit insolvenzrechtlichem Hintergrund der in Verfahren aus dem Bereich des Kapitalanlageechts – rügen. Auch in Familiensachen wird häufig urch Beschluss zurückgewiesen. Gerade heute hat mein üro eine Mail von einer Klägerin bekommen, die dies erügt hat. Die unterschiedliche Handhabung wollen wir ändern, ndem wir mit der Rechtsbeschwerde die Möglichkeit chaffen, dass der BGH die gleiche Anwendung der Voaussetzungen des § 522 Abs. 2 ZPO in Zukunft sichertellt. Derzeit kann allein das Bundesverfassungsgericht orrigierend eingreifen, wenn ein Berufungsgericht eine erufung zu Unrecht einstimmig durch Beschluss zu ückgewiesen hat. Dies ist aber nicht seine Aufgabe; es ann eine einheitlich richtige Handhabung des § 522 bs. 2 ZPO auch nicht gewährleisten. Lassen Sie mich noch ganz kurz ein weiteres Arguent anführen. Gegen die Verwerfung der Berufung als nstatthaft nach § 522 Abs. 1 ZPO ist die Rechtsbechwerde ausdrücklich zulässig. ch meine, da ist es nur konsequent, wenn wir dies auch ür die Berufungszurückweisung nach § 522 Abs. 2 ZPO rmöglichen. Nur am Rande sei erwähnt, dass wir auch Zuschriften on Arbeitsrechtlern erhalten haben. Sie erachten es als ünschenswert, dass nach der von uns vorgeschlagenen nderung des § 522 Abs. 2 ZPO diese Regelung auch m Arbeitsgerichtsgesetz Anwendung findet. Unser Vorschlag würde zweifelsohne dem Rechtsfrieen dienen; er beließe den Gerichten aber auch die Mögichkeit, zu ihrer Entlastung im vereinfachten Verfahren on der Zurückweisung durch Beschluss Gebrauch zu achen. Ich würde mich freuen, wenn wir im Rechtsaus chuss zu einer einvernehmlichen Lösung kommen önnten, und hoffe, so wie es immer ist, auf konstruktive eratungen im Rechtsausschuss. Schönen Dank. Ich gebe das Wort dem Kollegen Dr. Jürgen Gehb, DU/CSU-Fraktion. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wem es morgens früh schon einmal passiert ist, dass er, vor dem Spiegel stehend, aufgeregt, weil er hier eine Rede vorlesen muss, den ersten Knopf seines Hemdes in das zweite Loch gesteckt hat, der wird festgestellt haben, dass er diesen Fehler nicht mehr heilen kann, sei die Knopfleiste auch noch so lang. Genauso ist es bei dem Gesetzentwurf der FDP: Schon im Ansatz verfehlt! Ich will Ihnen einmal vorlesen, wie bei der FDP der Problemaufriss formuliert ist: Gemäß § 522 Abs. 2 der Zivilprozessordnung... kann das Berufungsgericht eine Berufung durch einstimmigen Beschluss zurückweisen, wenn die Berufung nach Auffassung des Gerichts keine Aussicht auf Erfolg hat – man lausche! – oder die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat. Doppelt gefehlt! Gemäß § 522 Abs. 2 ZPO ist es nicht so, dass das Gericht durch Beschluss zurückweisen kann, sondern: Es weist durch Beschluss zurück, wenn – kumulativ, im Problemaufriss steht aber „oder“ – erstens keine Aussicht auf Erfolg besteht, zweitens keine grundsätzliche Bedeutung vorliegt – genau –, drittens (Wolfgang Nešković [DIE LINKE]: Fortbildung des Rechts!)


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Richtig!)


(Beifall bei der FDP)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1620810900




(A) )


(B) )

Dr. Jürgen Gehb (CDU):
Rede ID: ID1620811000

(Joachim Stünker [SPD]: Drittens!)


die Fortbildung des Rechts und – und! –


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oder!)


die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine
Entscheidung nicht erfordert. Also, bitte schön, genau
umgehen, nicht „oder“, sondern „und“. Alle drei Voraus-
setzungen müssen kumulativ erfüllt sein. Das ist das
Erste.

Weiter heißt es in Ihrem Problemaufriss:

Entscheidet das Gericht durch Urteil, ist gegen die
Zurückweisung der Berufung die Nichtzulassungs-
beschwerde gemäß § 544 ZPO statthaft.

Auch das ist falsch. Gegen die Zurückweisung der
Berufung ist nur dann die Nichtzulassungsbeschwerde
zu erheben, wenn in dem Urteil die Revision ausge-
schlossen wird. Es gibt auch Urteile, in denen das aus-
drücklich steht. Dann gibt es die Revision. Man sieht
also, es ist falsch, einfach zu sagen, gegen die Zurück-
weisung der Revision gebe es die Nichtzulassungsbe-
schwerde.

Ich habe schon oft von dieser Stelle aus gesagt: Nur
wer die Begrifflichkeit beherrscht, kann auch eine Dis-
kussion beherrschen.

Verehrte Kollegin Dyckmans, liebe Mechthild, wir
waren beide Richter am Hessischen Verwaltungsge-

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(C (D ichtshof. Ich bin sehr froh, dass die Vorschrift des 130 a VwGO hier angesprochen worden ist. Sie zeigt ämlich den wesentlichen Unterschied zwischen dem erufungsrecht nach der Verwaltungsgerichtsordnung nd dem nach der Zivilprozessordnung. Das richtige ergleichspäckchen wäre nicht § 130 a VwGO und 522 Abs. 2 ZPO, sondern § 522 ZPO und § 124 a bs. 5 Satz 4 VwGO; denn anders als im Zivilprozess es sei denn, wir haben die summa graviminis, die Be chwersumme von 600 Euro nicht überschritten – ist raft Gesetzes immer die Berufung zulässig. Im Verwalungsstreitverfahren muss die Berufung zugelassen weren, und zwar ausnahmslos. Das heißt, nur wenn das Verwaltungsgericht die Beruung nicht zulässt, kann der Berufungswillige den Anrag beim OVG oder VGH stellen. Passen Sie einmal uf, wie dann entschieden werden kann. Wenn das Beruungsgericht, also der judex ad quem, an den dieses Petium gestellt worden ist, diesen Antrag ablehnt, dann ist ie Entscheidung erster Instanz unanfechtbar und rechtsräftig. Dieser Beschluss soll möglichst knapp begrünet werden. Das heißt, es gibt ohne mündliche Verhandlung und hne Prüfung in der Sache eine Rechtskraft des erstintanzlichen Urteils. Aber warum? Das will ich Ihnen uch gleich erklären. Die Zulassung der Berufung ist ämlich von der Erfüllung folgender zwei Voraussetzunen abhängig, nämlich von der grundsätzlichen Bedeuung der Sache und Rechtsfortbildung bzw. Divergenz, lso Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung. Diese Voraussetzungen begegnen uns selbstverständich auch im Revisionsrecht. Auch im Revisionsrecht ist ie Revision nur beim Vorliegen dieser Voraussetzungen uzulassen. Was lehrt uns das? Ich habe vorhin gesagt, die ganze ache ist im Ansatz verfehlt. An dieser Stelle greife ich ie schöne Metapher mit dem Hemdknopf wieder auf. In der Begründung Ihres Entwurfs heißt es: Die Kritik an § 522 Abs. 2 ZPO entzündet sich weniger an dem Instrument des Zurückweisungsbeschlusses an sich, sondern vielmehr gegen seine grundsätzliche Unanfechtbarkeit. Wenn man wenigstens intellektuell redlich wäre und iesem Problem, das Sie ansatzweise aufgezeigt haben, uf den Leib rücken würde, dann müsste man konseuenterweise § 522 Abs. 2 ZPO, der die Möglichkeit zuässt, ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zu ntscheiden, gänzlich und ersatzlos aufheben. Das wäre enigstens redlich. (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat mit Redlichkeit nichts zu tun!)


ollegin Dyckmans, was wollen Sie denn mit Ihrer
echtsbeschwerde erreichen, oder was können Sie damit
rreichen? Sie haben nicht ausgeführt, mit welchem Pe-
itum diese Rechtsbeschwerde erhoben wird.

Nach der Entscheidung der 1. Kammer des Ersten Se-
ates des Bundesverfassungsgerichts vom 4. November






(A) )



(B) )


Dr. Jürgen Gehb
vergangenen Jahres ist § 522 Abs. 2 ZPO per se nicht für
verfassungswidrig gehalten worden, sondern nur seine
Anwendung im Einzelfall, weil die Voraussetzungen,
nämlich grundsätzliche Bedeutung und die anderen Vor-
aussetzungen, fehlerhaft und in einer den Justizgewäh-
rungsanspruch verletzenden Art und Weise angewendet
worden sind.

In der Konsequenz wurde die Entscheidung des Ober-
landesgerichtes, die dem zugrunde liegt, aufgehoben.
Dem Oberlandesgericht wird jetzt die Möglichkeit ein-
geräumt, durch andere Entscheidungsformen – nament-
lich durch Urteil – die Revision zuzulassen.

Mehr können Sie mit der von Ihnen angestrebten
Rechtsbeschwerde auch nicht erreichen. Man könnte
also mit der Rechtsbeschwerde den Bundesgerichtshof
anrufen. Dieser stellt dann fest, dass die Voraussetzun-
gen, durch Beschluss zu entscheiden, gar nicht vorlie-
gen. Dann wird die Entscheidung des Oberlandesge-
richts aufgehoben, und ihm wird aufgegeben, erneut und
dieses Mal durch Urteil zu entscheiden.

Wenn jetzt durch Urteil entschieden und die Revision
wieder nicht zugelassen wird, weil die Voraussetzungen
nicht vorliegen, muss der revisionswillige Kläger Nicht-
zulassungsbeschwerde einlegen. Herzlichen Glück-
wunsch! Hier gibt es keinen Beschleunigungseffekt, son-
dern eine Verdopplung des Rechtsmittelverfahrens,
indem man einmal über die Rechtsbeschwerde bis zum
BGH wieselt, dort gesagt bekommt: „So nicht!“ und zu-
rückverwiesen wird, dann aber über eine Nichtzulas-
sungsbeschwerde wieder dorthin geht. Dieses Prozedere
– das muss ich Ihnen ehrlich sagen – hat mit Prozessöko-
nomie so viel zu tun wie der Kilimandscharo mit dem
Brandenburger Tor.

Es wäre noch eine andere Version denkbar, nämlich
dass Sie sagen: Das wollen wir nicht, lieber Kollege
Gehb, sondern wir wollen mit der Rechtsbeschwerde so-
fort die Möglichkeit zur Revision und auch eine Begrün-
detheit verbinden. Dazu muss ich Ihnen sagen: So geht
es auf gar keinen Fall. Denn so bekämen Sie bei einem
durch mindere Entscheidungsformen, nämlich durch ei-
nen Zurückweisungsbeschluss, auf den Weg gebrachten
Verfahren die volle Rechtskontrolle, die Sie sich sonst,
wenn eine Berufung durch Urteil abgewiesen und die
Revision nicht zugelassen wird, über den dornenreichen
Weg der Nichtzulassungsbeschwerde erstens erstreiten
und zweitens begründen müssten.

Also kann ich nur sagen: Dieser Gesetzentwurf ist un-
ter allen Gesichtspunkten, unter intellektuellen Gesichts-
punkten, unter handwerklichen Gesichtspunkten, unter
verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten, auf jeden Fall
zurückzuweisen. Wir versprechen Ihnen, liebe Kollegin
Mechthild Dyckmans, zwar, konstruktiv im Verfahren
mitzuarbeiten, aber stattgeben können wir dem Gesetz-
entwurf wirklich nicht.


(Otto Fricke [FDP]: Das kann auch nur jemand sagen, der ein Richter ist!)


– Ja, Herr Fricke, dass Sie Schwierigkeiten haben, mir
zu folgen, liegt weniger an meinem Beitrag als vielmehr
an Ihnen.



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(C (D (Otto Fricke [FDP]: Schon klar, ich schaffe es einfach nicht auf Ihr Niveau! – Gegenruf des Abg. Wolfgang Nešković [DIE LINKE]: Lohnt auch nicht!)


Das ist ein tragisches Schicksal vieler.

Dann wurde angesprochen, dass man zwar gegen eine
eschlussentscheidung, bei der es um die Statthaftigkeit
eht, eine Beschwerde einlegen kann, aber nicht gegen
ine Sachentscheidung. Warum das so ist, ist ganz ein-
ach damit zu erklären, dass bei einer Sachentscheidung
it voller Prüfungstiefe geprüft wird. Ich will Ihnen ein-
al sagen, wie so etwas überhaupt vor sich geht, damit

n diesem Hohen Hause und auch bei den Zuhörern kein
alscher Eindruck entsteht: Wenn eine Berufung bei ei-
em Oberlandesgericht oder der Berufungskammer ei-
es Landgerichts eingeht, wird nicht nach Gutdünken
esagt: Heute beschließen wir einmal einstimmig. Nein,
s ist viel komplizierter. In einem kollektiven Spruch-
örper werden die Rechtseingänge nach einem bestimm-
en Verteilerschlüssel verteilt. Der Berichterstatter fertigt
in Votum an, in dem Folgendes steht: In dem Streitver-
ahren Müller gegen Meier schlage ich vor – Komma,
bsatz eingerückt –, entweder der Berufung stattzuge-
en, der Berufung teilweise stattzugeben, die Berufung
urch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen, mündli-
he Behandlung anzuberaumen oder Beweisbeschluss zu
rheben. – Das geschieht in einem langwierigen Prozess,
essen Intensität der Prüfung einem sonstigen Verfahren
n nichts nachsteht.

Es ist auch nicht so wie bei einem Verfahren nach
130 a Verwaltungsgerichtsordnung, bei dem nichts be-

ründet, sondern nur ein Dreizeiler verfasst werden
uss – ich hatte damit auch immer zu tun –, in dem

teht: Die Berufung wird aus den zutreffenden Gründen
er angefochtenen Entscheidung zurückgewiesen. Ab-
atz. Kosten hat zu tragen …

Den Beschluss, um den es in § 522 ZPO geht, müssen
ie begründen. Besser ist natürlich, wenn das Hinweis-
chreiben begründet wird. Im Hinweisschreiben müssen
ie ganz dezidiert die Erwägungen aufführen, die den
enat dazu bewegen, zu einem einstimmigen Beschluss
u kommen. Dagegen ist den Beteiligten natürlich recht-
iches Gehör zu gewähren. Das heißt, hier wird nicht ein-
ach willkürlich und aus Zeitersparnisgründen ein Be-
chluss hingeklatscht.

Nun könnte man sich natürlich treffend fragen, wa-
um man das eigentlich macht. Es stellt sich in der Tat
ie Frage: Worin ist denn eigentlich der ökonomische
eitgewinn zu sehen, wenn man fast so viel machen
uss wie bei einem Urteil?


(Otto Fricke [FDP]: Wer ist denn „man“?)


ut, man spart sich die mündliche Verhandlung; man
part sich eine Reihe anderer Koordinationsarbeiten.
us diesem Grunde will ich nicht ein für alle Mal aus-

chließen, dass man den § 522 vielleicht dann, wenn er
ich als signifikant ungeeignet erweist – vorher müsste
an das ein wenig evaluieren –, aufhebt. Das geht aber

uf keinen Fall, indem man die Möglichkeit zu einer
echtsbeschwerde anhängt, die gar nichts bringt.






(A) )



(B) )


Dr. Jürgen Gehb
Ich möchte noch auf die Zahlen eingehen, die Sie ge-
nannt haben. Abgesehen davon, dass man diese Zahlen
an dieser Stelle weder verifizieren noch falsifizieren
kann, sie vielmehr axiomatischen Charakter haben, ist zu
sagen: Selbst die Richtigkeit des Zahlenwerkes unter-
stellt, halte ich es für bedenklich, aus einer Statistik ver-
fassungsrechtliche oder prozedurale Schlüsse ziehen zu
wollen. Das kann man nicht machen.

Wenn dieser Gesetzentwurf jetzt an den Rechtsaus-
schuss überwiesen wird, haben wir alle Zeit der Welt,
um alles genau zu prüfen.


(Otto Fricke [FDP]: Nein, haben wir nicht mehr!)


– Haben wir nicht mehr? Am Ende geht dieser brillante
Gesetzentwurf also womöglich aus Gründen der Diskon-
tinuität unter? – Frau Präsidentin, das macht mich so
traurig, dass ich meinen Redebeitrag an dieser Stelle be-
ende.


(Heiterkeit)


Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620811100

Das bringt mich zu dem Schluss, dass wir im Präsi-

dium auf jeden Fall immer Taschentücher bereithalten
sollten. Das werden wir jetzt einführen.

Ich erteile das Wort dem Kollegen Wolfgang
Nešković für die Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1620811200

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten

Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Glanzer! Der
FDP-Gesetzentwurf verdient zwar Zustimmung. Er
greift jedoch erkennbar zu kurz. Das liegt daran, dass in
ihm die Veränderungen des Berufungsrechts, die zum
1. Januar 2002 in Kraft traten, grundsätzlich akzeptiert
werden. Das damalige Gesetz der rot-grünen Koalition
nannte sich Reformgesetz. Man hat mit diesem Reform-
gesetz jedoch das Recht der Berufung nicht reformiert,
sondern deformiert.

Eine Reform erkennen Sie daran, dass sie den Men-
schen nützt.


(Beifall bei der LINKEN)


Dieses Gesetz nützt den Menschen nicht, weil es die
Möglichkeiten der Überprüfung der erstinstanzlichen
Entscheidung drastisch einschränkt. Ursprünglich hat
die Zivilprozessordnung den Zweck verfolgt, mit der
Berufung die Erneuerung und Wiederholung des Rechts-
streits vor einem neuen Richter zu ermöglichen, frei
nach dem Motto: Neues Spiel, neues Glück. Das konnte
man sogar als Nichtjurist verstehen. Diese Regelung galt
für mehr als 100 Jahre. Dann hat die rot-grüne Koalition
einen Änderungsbedarf entdeckt, von dem der Richter-
kollege Egon Schneider meinte:

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(C (D Wir haben eine Reform des Zivilprozessrechts bekommen, die niemand brauchte und niemand wollte … n einem Fachbuch über die Berufung heißt es hierzu örtlich: Die von der juristischen Praxis und großen Teilen der Lehre als überflüssig und rechtsschutzverkürzend abgelehnte Neukonzeption der Berufung hat keine entscheidenden Verbesserungen, dafür aber viele Schwierigkeiten gebracht. Diese Kritik ist vernichtend. Ich wiederhole: Die eukonzeption der Berufung ist überflüssig, rechts chutzverkürzend, bringt keine Verbesserungen, aber iele Schwierigkeiten. Man hatte sich 2001 Bürgernähe, Effizienz und ransparenz auf die Fahnen geschrieben. So wurde Geetz, dass eine Berufung ohne mündliche Verhandlung urch Beschluss zurückgewiesen werden kann und dieer Beschluss dann nicht einmal anfechtbar ist. Das ist icht effizient für den Rechtsstaat. Es ist auch nicht ransparent für den Bürger. Deswegen ist es erst recht icht bürgernah. Seien Sie alle hier doch einmal bürgernah – aber nicht o wie Sie eben, Herr Gehb; wir sind nicht in einem juistischen Seminar. Stellen Sie sich einmal eine Bürgerin or, zum Beispiel eine alleinerziehende Mutter, die ween Schimmel in ihrer Wohnung die Miete mindert. Das mtsgericht verpflichtet sie auf Zahlung der vollen iete mit der Begründung, sie habe nicht richtig gelüf et. Das hat sie aber; sie hat regelmäßig gelüftet. iese Frau hat das erste Mal einen Gerichtssaal von inen gesehen. Sie ist davon überzeugt, dass man ihr mit em Urteil Unrecht zugefügt hat. Sie möchte um ihr echt kämpfen und geht in die Berufung. Das Landge icht teilt ihr nach einiger Zeit schriftlich mit, man halte ie Berufung für aussichtslos. (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Mit Begründung!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Zuruf von der SPD: Woher wissen Sie das?)


ie Sache sei auch nicht für die Fortbildung des Rechts
nteressant, grundsätzliche Bedeutung habe sie nicht,
nd sie diene auch nicht dem Bedürfnis nach einer ein-
eitlichen Rechtsprechung. Ihr Anwalt erklärt ihr,
echtsmittel gegen einen entsprechenden Beschluss
ebe es nicht.

Wenn dieser Beschluss ergeht, sind alle Akten für im-
er zu. Diese Frau hat einen Haufen Papier von ihrem
nwalt erhalten. Sie hat sich jedoch nie mit leibhaftigen
erufungsrichtern auseinandergesetzt und auch nie mit

hnen gesprochen. Dabei heißt es doch Rechtsprechung.
ie Richter sollen mit den Parteien sprechen


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Hatten sie doch in erster Instanz, oder?)


nd ihnen nicht nur schreiben. Erklären Sie das einmal
ieser Frau.






(A) )



(B) )


Wolfgang NeškoviæWolfgang Nešković
Beantworten Sie ihr doch bitte die folgenden Fragen
– aber nicht in der Art, wie Herr Gehb hier geredet hat,
sondern so, dass sie es versteht –:


(Beifall bei der LINKEN)


Warum hat sie die Richter nicht sprechen dürfen, die die
Entscheidung des Amtsgerichtes nicht korrigieren woll-
ten? Warum kann sie gegen diese Weigerung kein
Rechtsmittel einlegen? Und weiter: Warum könnte sie
ein Rechtsmittel einlegen – das ist schon gesagt worden –,
wenn das Gericht statt durch Beschluss ihre Berufung
durch Urteil zurückgewiesen hätte?

Ich will die Antworten geben: Weil der Deutsche
Bundestag und die Landtage bei der Bewilligung der
Mittel für die Haushalte der ärmlich ausgestatteten Justiz
nur kleckern und nicht klotzen.


(Beifall bei der LINKEN)


Sie tun dies, obwohl die Justizhaushalte die mit Abstand
kleinsten Haushalte sind. Sie liegen bei durchschnittlich
3 Prozent der Gesamthaushalte. Beim Bund liegt der An-
teil noch deutlich darunter. Deswegen klotzt der Deut-
sche Bundestag ganz groß, wenn es darum geht, soge-
nannte Entlastungen für die ärmlich gehaltene Justiz zu
beschließen. In einem der reichsten Staaten der Welt kür-
zen und verkomplizieren wir die Rechtsmittel, betreiben
Rechtsfindung auf Minimalniveau und nennen das noch
Entlastungen.


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Wir haben doch genug Rechtsmittel!)


Diese Entlastungen sind Belastungen für die Menschen.


(Beifall bei der LINKEN)


Sie belasten das Vertrauen in den Rechtsstaat. Sie belas-
ten auch das Gewissen der Richterinnen und Richter.
Denn diese stehen unter riesigem Arbeitsdruck und un-
terliegen immer häufiger der Verlockung, Rechtssachen
mit dünner Begründung zurückzuweisen.

Bei dieser Sachlage ist es bedenklich, den Richtern
die Entscheidung über den Umfang ihrer eigenen Ar-
beitslast selbst zu überlassen. Es besteht eine Miss-
brauchsgefahr, wenn Richter durch die Findung der Ent-
scheidungsform – Beschluss oder Urteil – zugleich
Rechtsmittel ausschließen oder zulassen.


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Meinen Sie, dass zehn Instanzen mehr Sicherheit bieten?)


– Sie müssten einmal die Kulturtechnik des Lesens an-
wenden. Dann hätten Sie die Möglichkeit, das alles zu
verstehen.


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Vorlesen! Diese Technik beherrschen Sie!)


– Ich lese jetzt auch vor. Ich habe Ihnen das Fachbuch
über Berufungsrecht, aus dem ich zitieren möchte, mit-
gebracht, damit Sie einmal die Möglichkeit bekommen,
darin zu lesen.


(Zuruf des Abg. Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU])


Ich zitiere: Einige Oberlandesgerichte

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(C (D neigen … zu einer radikalen Umsetzung der Reform, die nur von dem Gedanken der Arbeitsentlastung beherrscht wird. as sage nicht ich, sondern der Autor dieses Buches. as sind die Belastungen unseres Rechtsstaates, die der undestag beseitigen sollte. Wenn Sie also zur Abwechslung einmal eine echte ntlastung für die Menschen wollen, dann stimmen Sie em Gesetzentwurf der FDP zu. Meine Fraktion wird ies tun. Vielen Dank. Das Wort hat nun die Bundesministerin Brigitte ypries. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und ollegen! Es kommt nicht sonderlich häufig vor, dass ine Ministerin anlässlich der ersten Lesung eines Geetzentwurfes der Opposition redet. Warum ich dies denoch tue, will ich gerne erklären. Einer der Gründe, wesalb ich hier stehe, ist die Tatsache, dass mein arlamentarischer Staatssekretär Alfred Hartenbach eute Geburtstag hat. (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN und der FDP)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620811300
Brigitte Zypries (SPD):
Rede ID: ID1620811400

lfred Hartenbach ist einer derjenigen, die ganz maß-
eblich daran beteiligt waren, dass die Reform der
ivilprozessordnung – sie ist im Jahre 2002 in Kraft
etreten – überhaupt zustande kam. Das heißt, er hat im
orfeld in erheblichem Umfang mitgearbeitet und hat
eshalb ein großes Interesse daran, dass die guten Ergeb-
isse der Reform der Zivilprozessordnung erhalten blei-
en.


(Mechthild Dyckmans [FDP]: Das wollen auch wir!)


u den guten Ergebnissen gehört auch § 522 ZPO.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


aher will ich Ihnen an dieser Stelle sagen, dass der Ge-
etzentwurf der FDP mit dem Bundesministerium der
ustiz nicht zu machen ist.

Mit der ZPO-Reform – das ist eben schon einmal an-
edeutet worden – haben wir die Zivilprozessordnung
rundlegend modernisiert und auch dafür gesorgt, dass
s einen raschen und effektiven Rechtsschutz durch die
erichte gibt. Denn auch schnelles Recht ist gutes
echt.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


s war damals das Dilemma, dass es nicht so war.

Mit dem Zurückweisungsbeschluss, den wir seiner-
eit eingeführt haben, können aussichtslose Berufungen






(A) )



(B) )


Bundesministerin Brigitte Zypries
durch einstimmigen Beschluss des Gerichts zurückge-
wiesen werden. Die dafür notwendigen Voraussetzungen
könnte ich nicht so gut beschreiben, wie dies der Kollege
Gehb getan hat. Außerdem bedarf es keiner Wiederho-
lung. Ich möchte stattdessen darauf hinweisen, dass die
Praxis gezeigt hat, dass sich dieses Verfahren bewährt
hat. Wir haben seitdem schnellere Berufungsverfahren,
und zwar ohne dabei rechtstaatliche Grundsätze preiszu-
geben. Diesen Erfolg würden wir zunichtemachen, wenn
wir jetzt eine Beschwerdemöglichkeit im Sinne der FDP
einführen würden.

Deshalb lehne ich den Vorstoß der FDP ab. Frau
Dyckmans, wenn ich das richtig sehe, wird er auch von
den Mitgliedern Ihrer Fraktion nicht sonderlich unter-
stützt. Frau Dyckmans, Sie sind das einzige Mitglied des
Rechtsausschusses, das hier anwesend ist, oder sehe ich
da etwas falsch?


(Mechthild Dyckmans [FDP]: Wir sind zu dritt! – Dr. Werner Hoyer [FDP]: Die Bemerkung war daneben! Darauf kommen wir zurück!)


– Wieso?


(Dr. Werner Hoyer [FDP]: Auf die Bemerkung kommen wir zurück! Wir achten auf die Präsenz im Plenum bei jeder rechtspolitischen Debatte in Zukunft!)


– Lieber Herr Hoyer, wenn das ein Gesetzentwurf ist,
der von den Rechtspolitikern der FDP-Fraktion mit
Verve unterstützt wird, dann dokumentiert man das doch
auch durch Präsenz im Plenum, oder?


(Mechthild Dyckmans [FDP]: Alle Rechtspolitiker stehen auf der Drucksache vorne als Erste mit drauf!)


– Okay. Dann nehme ich das hiermit zurück. Tut mir
leid.

Nichtsdestotrotz würde ich gerne darauf hinweisen,
dass der Gesetzentwurf der FDP-Fraktion, der von allen
FDP-Mitgliedern des Rechtsausschusses getragen wird,
von falschen Voraussetzungen ausgeht, und das sowohl
faktisch als auch rechtlich. In dem Gesetzentwurf wird
die Länderumfrage, die das Bundesministerium der Jus-
tiz durchgeführt hat, falsch dargestellt – aus welchen
Gründen auch immer; das mag jetzt einmal dahingestellt
bleiben. Sie ist auf jeden Fall falsch. Sie gehen davon
aus, dass es eine Zurückweisungsquote von 32 Prozent
im Bundesdurchschnitt gibt. Sie sagen, in einzelnen Län-
dern, zum Beispiel in Bayern oder Mecklenburg-Vor-
pommern, gebe es eine Zurückweisungsquote von über
50 Prozent. Diese Zahlen sind schlicht falsch. Wir soll-
ten uns diese Umfrage vielleicht einmal gemeinsam an-
schauen und eine Exegese vornehmen. Nach unserer
Auslegung dieser Umfrage beträgt der Anteil der Be-
schlüsse nach § 522 Abs. 2 ZPO bei den Landgerichten
13,9 Prozent und bei den Oberlandesgerichten 14,8 Pro-
zent.


(Abg. Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


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(C (D Nun ist zwar richtig – lassen Sie mich das noch sagen; ann erübrigt sich Ihre Zwischenfrage vielleicht, Herr ontag –, dass manche Parteien ihre Berufung infolge iner Hinweisschleife – sie bekommen also einen Hineis darauf, dass ihre Berufung unzulässig sein kann nd zurückgewiesen wird – zurücknehmen oder eine solhe gar nicht erst einlegen. Diese Fälle kann man aber icht hinzuzählen; denn es wäre ja auch möglich geween, dass man bei der Begründung nachlegt und das Geicht zu einer anderen Auffassung kommt, doch mündich verhandelt und die Berufung nicht zurückweist. enn man diese Fälle hinzuzählt, kommt man, glaube ch, zu falschen Ergebnissen. So sehe ich das jedenfalls. Frau Ministerin, würden Sie eine Zwischenfrage des ollegen Montag zulassen? Ja. Bitte schön. Frau Ministerin, aufgrund der heutigen Debatte habe ch mich mit den Zahlen beschäftigt. Ich möchte Sie erzlich bitten, uns zu sagen, ob Sie bereit sind, zur enntnis zu nehmen, dass es einen Unterschied zwi chen dem Prozentsatz derjenigen Fälle, die nach § 522 PO zurückgewiesen werden, im Verhältnis zu allen ingängen bei Gericht und dem Prozentsatz derjenigen älle gibt, die streitig entschieden werden. Fakt ist, dass m Bundesdurchschnitt 14 Prozent aller Eingänge und 3 Prozent aller streitig entschiedenen Fälle nach § 522 PO beendet werden. Dann kommen wir trotzdem nicht auf 50 Prozent in inzelnen Bundesländern. (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil das der Bundesdurchschnitt ist!)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620811500
Brigitte Zypries (SPD):
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Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620811700
Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620811800
Brigitte Zypries (SPD):
Rede ID: ID1620811900

Nun gut. Ich kann das jetzt weder bestätigen noch de-
entieren, weil ich die Zahlen jetzt schlicht und ergrei-

end nicht vorliegen habe. Wir werden uns das aber noch
inmal anschauen. Wenn wir uns geirrt haben sollten,
erden wir das gerne nacharbeiten. Ich glaube das aber
icht; denn die Länder sind mit uns der Auffassung, dass
ich dieses Rechtsinstitut bewährt hat. Es wird gut ange-
ommen.

Dieses Rechtsinstitut ist – auf diesen Punkt möchte
ch jetzt zu sprechen kommen – keine Rechtsschutzver-
ürzung. Es stimmt zwar, dass die Zurückweisungsbe-
chlüsse unanfechtbar sind. Die Entlastung, die wir da-
urch erzielt haben – ich habe vorhin gesagt, dass auch
chnelles Recht gutes Recht ist –, ist aber positiv zu wer-
en: Die Verfahrensdauer in der Berufungsinstanz beträgt
ünfeinhalb Monate bei den Landgerichten und sieben-






(A) )



(B) )


Bundesministerin Brigitte Zypries
einhalb Monate bei den Oberlandesgerichten. Das soll so
bleiben.

Bei einem Zurückweisungsbeschluss nach § 522 ZPO
haben sich in einer Rechtssache vier Richterinnen oder
Richter einstimmig auf eine Meinung verständigt. Was
will man eigentlich noch mehr in einem Rechtsstaat, als
dass vier Richterinnen und Richter übereinstimmend sa-
gen: „Das wollen wir so nicht“ oder „Das wollen wir
so“.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU – Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Die Lateiner sagen: Duae sententiae conformes!)


Dafür, dass der Bundesgerichtshof bei einer Überprü-
fung der Zurückweisungsbeschlüsse zu einer anderen
Bewertung kommen würde – das behauptet die FDP –,
kann ich keine Anhaltspunkte erkennen. Die Erfolgs-
quote der Zulassungsrevision beim Bundesgerichtshof
können Sie dafür nicht heranziehen. Diese Quote um-
fasst nämlich auch die Fälle, in denen nach Ansicht des
BGH der Berufung zu Unrecht stattgegeben wurde.


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: So ist es!)


Darum geht es ja bei den Fällen nach § 522 Zivilprozess-
ordnung gerade nicht. Es sind also auch jene Fälle er-
fasst, in denen zwei Instanzen unterschiedlich entschie-
den haben.

Unzutreffend ist auch die Behauptung, dass dieses
Beschlussverfahren eine vorweggenommene Beweis-
würdigung sei; das ist falsch. Denn in dem Moment, in
dem es darum geht, Beweise zu würdigen, ist völlig evi-
dent, dass nach § 522 Zivilprozessordnung gerade nicht
entschieden werden darf. Deswegen ist Ihr Beispiel mit
dem Schimmelbefall völlig daneben.


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Rechtsbeugung wäre das!)


Wenn der Richter in der ersten Instanz sagt, der Schim-
melbefall sei darauf zurückzuführen, dass die Mieterin
nicht richtig gelüftet habe, ist das eine Frage der Beweis-
führung.


(Wolfgang Nešković [DIE LINKE]: Sie verstehen die Dinge nicht!)


– Nein, Sie verstehen sie nicht.


(Wolfgang Nešković [DIE LINKE]: Gucken Sie doch einmal ins Gesetz!)


Sie haben den Fall gebildet und gesagt, es gehe um eine
amtsgerichtliche Entscheidung.


(Zuruf des Abg. Wolfgang Nešković [DIE LINKE])


– Kann ich jetzt ausreden oder nicht? – Frau Präsidentin,
können Sie ihm einmal sagen, er solle ruhig sein?


(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D Sie haben folgenden Fall gebildet: Das Amtsgericht ntscheidet, dass eine Person, die wegen Schimmel in iher Wohnung die Miete gemindert hat, die volle Miete zu ahlen hat, weil der Schimmelbefall in der Wohnung arauf zurückzuführen ist, dass sie nicht hinreichend geüftet hat. Sie aber sagt, dass sie hinreichend gelüftet abe. Es ist also eine Frage des Beweises. In diesem Fall ann gar keine Entscheidung nach § 522 Zivilprozessrdnung ergehen. Das hat auch nichts mit Rechtzeitigkeit oder sonst etas zu tun. Die vier Voraussetzungen des § 522 – ich age es noch einmal – hat Kollege Gehb gerade hinreihend und anschaulich vorgetragen. (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber falsch!)


(Zuruf des Wolfgang Nešković [DIE LINKE])


Ich teile auch die Meinung, dass sich ein Rechtsmittel
egen Zurückweisungsbeschlüsse nicht dadurch recht-
ertigen lässt, dass man die unzutreffende Parallele zu
en Verwerfungsbeschlüssen nach Abs. 1 des § 522
ieht. Denn bei diesen Verwerfungsbeschlüssen nach
bs. 1 findet keine inhaltliche Überprüfung des erstin-

tanzlichen Urteils statt,


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Richtig!)


ährend bei Zurückweisungen nach Abs. 2 eine inhaltli-
he Überprüfung stattfindet und nicht nur gesagt wird:
ie zweite Instanz teilt die Auffassung der ersten In-

tanz.

Alles zusammengefasst meine ich: Der damaligen
undesregierung und dem damaligen Parlament ist eine

echt ordentliche Reform gelungen, die – nach allen an-
änglichen Anfeindungen – inzwischen auch in anderen
ereichen voll akzeptiert wird. Ich kann deshalb nur
azu raten, es bei der jetzigen Fassung des § 522 Abs. 2
ivilprozessordnung zu belassen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620812000

Jerzy Montag spricht jetzt für die Fraktion Bünd-

is 90/Die Grünen.


Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620812100

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zum

. Januar 2002 – Frau Kollegin Dyckmans, der einzige
ehler in Ihrem Gesetzentwurf ist, dass Sie schreiben,
ie Reform sei zum 1. Januar 2001 in Kraft getreten – ist
ine große Strukturreform der Zivilprozessordnung in
raft getreten,


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Geniale Richtigstellung!)


ie Qualitätssteigerungen, konsensuale Elemente, eine
ntlastung der Gerichte und auch eine Entlastung durch
echtswegverkürzung zum Inhalt hatte. Aber, Frau Mi-
isterin Zypries, eine Entlastung der Justiz und schnel-
ere Urteile sind keine Werte an sich, sondern Werte, die






(A) )



(B) )


Jerzy Montag
nur zu rechtfertigen sind, wenn die Gerechtigkeit nicht
auf der Strecke bleibt,


(Wolfgang Nešković [DIE LINKE]: So ist das!)


wenn wir ein Rechtswegesystem behalten, wenn also die
Rechtsstaatlichkeit nicht darunter leidet.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie des Abg. Wolfgang Nešković [DIE LINKE])


Deswegen würde ich Sie herzlich bitten, dass Sie
schnelle Urteile und die Entlastung der Justiz nicht ein-
fach als Werte an sich in der Debatte darstellen.

Es gibt seit Ende der 90er-Jahre tatsächlich einen
Rückgang der Zahl der Zivilsachen bei Landgerichten
und Oberlandesgerichten. Nach 2002 ist dieser Rück-
gang sogar sprunghaft größer geworden. Das hat mit vie-
len Elementen dieser Reform zu tun, auch mit der Förde-
rung konsensualer Elemente. Herr Kollege Gehb, Zahlen
sind, wenn sie valide sind, ein wichtiges Indiz für unsere
Argumente. Die Zahlen, die ich verwende, stammen aus-
schließlich aus statistischen Unterlagen der Bundesre-
gierung selbst.


(Zuruf des Abg. Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU])


Nach einem Hinweis des Gerichts an die Parteien
nach § 522 ZPO wurde jede zweite Berufung zurückge-
nommen. Das rügen wir nicht. Wir finden, das ist eine
vernünftige Regelung. Deswegen wollen wir § 522 ZPO
nicht abschaffen. Allerdings ist im Jahre 2005 im Bun-
desdurchschnitt ein Drittel der streitigen Verfahren durch
einen Beschluss nach § 522 ZPO erledigt worden. Das
allein sagt natürlich nichts aus. Es bedeutet nur, dass es
sich dabei nicht um eine periphere Entscheidungsmög-
lichkeit des Gerichts handelt. Ich wiederhole: Die Ober-
landesgerichte in Deutschland entscheiden in einem
Drittel aller streitigen Fälle nach § 522 Abs. 2 ZPO. Das
ist eine beachtliche Größe.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)


Meine Damen und Herren, es ist so, wie die FDP in
ihrem Gesetzentwurf völlig zu Recht geschrieben hat,
übrigens im Gegensatz zu Ihrem falschen Zitat, Herr
Gehb.


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Was? Ich habe das doch vorgelesen!)


– Ja, Sie haben etwas vorgelesen. Ich weiß aber nicht,
woraus Sie vorgelesen haben.


(Lachen des Abg. Dr. Jürgen Gehb [CDU/ CSU])


In der Begründung heißt es, dass das Berufungsge-
richt nur dann nach § 522 Abs. 2 ZPO entscheiden kann,
wenn die Berufung nach Auffassung des Gerichts keine
Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grund-
sätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts
oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung
eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert.

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(C (D (Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Ja! Das steht da drin!)


ie Gerichte haben übrigens nicht erst seit der letzten
ntscheidung des BGH, sondern schon seit dem
ahre 2002 keinen Ermessensspielraum mehr.

Ich sage Ihnen – ich bin übrigens nicht der Einzige,
er diese Ansicht vertritt –: Wenn die Oberlandesge-
ichte in Deutschland bei dieser Entscheidung keinen Er-
essensspielraum haben, sondern bei Erfüllung der drei
riterien so entscheiden müssen, dann darf es, was die
ahl der Entscheidungen angeht, keine große Spreizung
wischen den Bundesländern geben.

Tatsächlich gibt es aber eine solche Spreizung. Von
en streitigen Entscheidungen der Oberlandesgerichte
erden in Baden-Württemberg 22,4 Prozent aller Fälle
ach § 522 ZPO entschieden, im Nachbarland Bayern
1 Prozent. Für diese Spreizung kann man weder regio-
ale Unterschiede noch die besonders guten Richter oder
ie besonders schlechten Rechtsanwälte in Bayern haftbar
achen. Dass bei einem Vergleich der Nachbarländer Ba-

en-Württemberg und Bayern bei einer Nichtermessens-
ntscheidung eine Spreizung zwischen 22,4 Prozent und
1 Prozent zu verzeichnen ist, ist nur dann verständlich,
enn man davon ausgeht, dass die Gerichte nach einem

nneren Ermessen entscheiden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Eine solche Spreizung ist ein Angriff auf die Gerech-
igkeit in Deutschland. Denn sie hat zur Folge, dass sich
eder einzelne Bürger und jede einzelne Bürgerin aus-
echnen kann: Beginne ich meinen Prozess in Baden-

ürttemberg, besteht eine Wahrscheinlichkeit von
2 Prozent, dass ich nach § 522 ZPO abgefertigt werde.
eginne ich meinen Prozess in Bayern, liegt die Wahr-

cheinlichkeit sogar bei über 50 Prozent. – Eine solche
ngleichheit im Rechtsmittelrecht ist nicht erträglich.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Dr. Carl-Christian Dressel [SPD]: Glauben Sie wirklich, dass das jemand macht?)


Hinzu kommt ein Aspekt, der von Frau Bundesjustiz-
inisterin Zypries schon angesprochen worden ist. Die
ahlen, die nicht bestritten werden, sind ein Indiz für et-
as anderes. Die Oberlandesgerichte lassen bestimmte
evisionen nicht zu. Es werden Nichtzulassungsbe-

chwerden erhoben. 20 Prozent dieser Nichtzulassungs-
eschwerden sind erfolgreich. Das bedeutet nach Auf-
assung des Bundesgerichtshofes, dass jede fünfte nicht
ugelassene Revision zu Unrecht nicht zugelassen wor-
en ist. 80 Prozent der Revisionen, die gegen ein Urteil
ines Oberlandesgerichts eingelegt werden, haben Er-
olg. Der Bundesgerichtshof sagt also: 80 Prozent aller
ntscheidungen der Oberlandesgerichte, gegen die beim
GH Revision eingelegt wurde, waren falsch. Wenn der
GH der Auffassung ist, dass die Zahl der falschen Ent-

cheidungen von Oberlandesgerichten so hoch ist,
pricht vieles dafür, dass auch ein erheblicher Teil der
ntscheidungen nach § 522 ZPO nicht der Rechtslage
ntspricht.






(A) )



(B) )


Jerzy Montag

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Ganz falsch! – Gegenruf des Abg. Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! Das ist ganz logisch!)


Das ist die logische Konsequenz, die man aus dem Zah-
lenmaterial ziehen muss. Sie können dem folgen, oder
Sie müssen die Logik ausschalten. In zu vielen Fällen ist
die Gerechtigkeit verletzt.

Der 65. Juristentag im Jahre 2005 – ein erlauchtes
Gremium, Herr Kollege Gehb – hat sich mit diesem Pro-
blem ebenfalls beschäftigt und explizit vorgeschlagen,
bei § 522 ZPO wieder eine Rechtsbeschwerde einzufüh-
ren. Wir sollten die Rechtsbeschwerde wieder einführen.
§ 522 ZPO sollte bleiben; aber dass er nicht angreifbar,
nicht überprüfbar ist, kann nicht in Ordnung sein. Des-
wegen werden wir Grünen den Gesetzentwurf der FDP
unterstützen.

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Wolfgang Nešković [DIE LINKE])



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620812200

Der Kollege Michael Grosse-Brömer spricht jetzt für

die CDU/CSU-Fraktion.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Kollege Montag hatte recht!)



Michael Grosse-Brömer (CDU):
Rede ID: ID1620812300

Frau Präsidentin! Meine lieben Damen und Herren

Kollegen! Ich habe das Gefühl, wir müssten bei den Zu-
hörern einmal nachfragen, wer diese Debatte verstehen
konnte.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Joachim Stünker [SPD] – Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie, Herr Kollege!)


– Ich natürlich nicht; ich bin nur Anwalt. Ich habe aller-
dings das Gefühl, dass es Zeit wird, dass hier ein Anwalt
spricht und nicht nur Richter. Ich bin weit davon ent-
fernt, etwas gegen Richter zu sagen; aber manchmal er-
klären Anwälte Sachverhalte etwas einfacher. Deswegen
ist es manchmal schmerzlich, Herr Kollege Nešković,
Ihnen zuzuhören: Ihre Rede war wie immer zu lang, und
ihre Argumentation griff wie immer zu kurz.


(Wolfgang Nešković [DIE LINKE]: Die Redezeit ist vorgegeben!)


– Nein, Sie müssen auch wissen, worüber Sie reden:
Wenn Sie von Rechtsfindung auf niedrigem Niveau in
Deutschland sprechen,


(Wolfgang Nešković [DIE LINKE]: Auf Minimalniveau!)


dann ist das eine Beleidigung aller Kollegen Ihres Be-
rufsstandes, aller Richter.

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(C (D (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Wolfgang Nešković [DIE LINKE]: Ich sagte: auf Minimalniveau! – Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Kein Staat der Welt hat so viel Recht wie wir!)


Zweitens glaube ich nicht, dass das Beispiel mit dem
chimmel in der Wohnung – auch wenn es nicht völlig
bwegig ist; bei dem einen oder anderen Amtsgericht
oll so etwas ja anhängig gewesen sein – geeignet ist, zu
eigen, dass solche Fälle im Berufungsverfahren exorbi-
ant ungerecht entschieden werden. So etwas ist bei der
eweiserhebung zu klären; ein solcher Fall muss nicht
esonders kompliziert sein.

Es gibt den berühmten Spruch: Richter sind der Kopf
er Rechtspflege, die Anwälte sind das Herz. – Jetzt
abe ich Herrn Kollegen Montag zum Strahlen gebracht;
chon das ist es fast wert, diese Rede zu halten. – Gerade
eil wir Anwälte das Herz sind, können wir gegen ein

usätzliches Rechtsmittel eigentlich nichts haben, vom
ebührenrecht einmal ganz abgesehen.


(Wolfgang Nešković [DIE LINKE]: Das ist Ihre Denkweise! – Mechthild Dyckmans [FDP]: Es geht nicht um die Anwälte, es geht um die Rechtsuchenden!)


Es geht um die Rechtsuchenden; aber die werden ja
eistens von Anwälten vertreten.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie müssen sogar!)


Manchmal müssen sie sogar.

Sie haben völlig recht, Frau Dyckmans: Es geht nicht
m die Interessen des Anwaltes – allenfalls in zweiter
inie: wenn der Anwalt zusätzliche Gebühren bekommt,
enn er ein weiteres Rechtsmittel einlegt –, es geht um
en Anspruch des einzelnen Bürgers, darum, dass man
n einem Rechtsstaat seine Beschwerde vortragen kann.
er Staat muss dem Bürger die Gewähr dafür geben,
ass darüber entschieden wird.

Eckpfeiler unserer Rechtsordnung ist Art. 103 Grund-
esetz; diesen Artikel muss ich hier wahrscheinlich kei-
em erklären. Aber vielleicht darf ich sagen, dass ich in
einer Tätigkeit als Abgeordneter sowie in meiner jahr-

ehntelangen Tätigkeit als Rechtsanwalt und Notar nicht
en Eindruck gewonnen habe, dass Deutschland darun-
er leidet, zu wenige Rechtsmittelinstanzen und zu kurze
erfahren zu haben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU])


enn man die Debatte der Sache angemessen umfäng-
ich führt, ist die Debatte durchaus spannend. Ich freue

ich darauf, das einmal zu beleuchten mit all den Statis-
iken, auch wenn die jeder für sich selbst auslegt. Denn
ei Berufungsentscheidungen durch den BGH sind na-
ürlich Entscheidungen dabei, die vom OLG aufgehoben
urden.


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Natürlich!)







(A) )



(B) )


Michael Grosse-Brömer
Deswegen müsste man das aus meiner Sicht differen-
zierter sehen.

Es geht aber auch um Rechtsfrieden und Rechtssi-
cherheit in Deutschland und um die Notwendigkeit, dass
bei einem streitigen Verfahren, auch wenn es um Schim-
mel in der Wohnung geht, irgendwann einmal ein
Schlussstrich gezogen werden muss.


(Wolfgang Nešković [DIE LINKE]: Aber nicht zu früh!)


– Natürlich nicht zu früh. Hier gilt es ein vernünftiges
Verhältnis zu schaffen. Die spannende Frage ist, inwie-
fern § 522 ZPO in dem Spannungsverhältnis zwischen
dem Gebot des effektiven Rechtsschutzes auf der einen
Seite und einem effektiv und zügig arbeitenden Gericht
bzw. einer schnell arbeitenden Rechtspflege auf der an-
deren Seite eine Rolle spielt.

Ich will zu einem der wenigen Punkte kommen, die
hier noch nicht erwähnt worden sind. Wir sind nicht die
einzigen, die über § 522 ZPO diskutieren. Glücklicher-
weise gibt es hierüber auch sehr fundierte rechtswissen-
schaftliche Literatur – insofern muss man die Zuhörerin-
nen und Zuhörer auch nicht immer mit diesen sehr
speziellen Themen belästigen –, in der vereinzelt die
Auffassung vertreten wird, dies sei verfassungsrechtlich
bedenklich.


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Natürlich!)


Aber solche Auffassungen gibt es – das muss man fairer-
weise sagen – auch nur sehr vereinzelt; dazu gehört dann
auch ein Richter am BGH. Aber das Bundesverfassungs-
gericht hat keine verfassungsrechtlichen Bedenken,
ebenso wenig die überwiegende Mehrheit in der Litera-
tur. Ich sage dies nur, damit klar ist, auf welchem Niveau
wir hier reden.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Diesen Vorwurf haben wir auch nicht erhoben! – Wolfgang Nešković [DIE LINKE]: Das hat niemand gesagt!)


– Ich wundere mich über Ihre gefühlte Angegriffenheit.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie schauen zu mir!)


– Ich schaue Sie zwischendurch freundlich und kollegial
an, aber ich meine Sie gar nicht. Ich erkläre Ihnen das
vorbeugend, damit wir uns endlose Debatten im Aus-
schuss sparen. Ich will hier auch nicht alles wiederholen,
was andere schon gesagt haben.

Die beiden Eigenschaften des Zurückweisungsbe-
schlusses, unanfechtbar zu sein und keiner dezidierten
Begründung zu bedürfen, sind manchmal ein bisschen
anstrengend, auch für die Anwälte, die sich unendlich
Mühe geben und über 14, 15 Seiten hinweg erklären,
warum die erstinstanzliche Entscheidung falsch ist, und
anschließend unter Umständen die karge Mitteilung be-
kommen: Aus den zutreffenden Gründen der erstinstanz-
lichen Entscheidung wird die Berufung zurückgewiesen.


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Das ist bei § 522 nicht möglich!)


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(C (D as ist für den Anwalt manchmal etwas mühselig und eprimierend und gelegentlich für den rechtsuchenden ürger vielleicht nicht so leicht zu akzeptieren, weil er ahrscheinlich meint – übrigens ebenso wie sein Gegner n dem Verfahren –, er habe grundsätzlich recht. Aber ir müssen doch zumindest einmal hinterfragen, was em vorausgegangen ist. Ich habe auch gedacht: Wenn s immer nur dieser Zweizeiler ist, dann ist das auf auer möglicherweise nicht befriedigend. Deshalb habe ch mir im Internet angesehen, wie die Gerichte im Reelfall entscheiden. Auf der Internetseite des Landgerichtes Braunchweig habe ich gesehen, was solchen Entscheidungen elbstverständlich vorausgeht. Das ist ein mehrseitiger inweisbeschluss, in dem Punkt für Punkt aufgelistet ird, wo das Gericht Bedenken in Bezug auf die bishe ige Argumentation hat. Er ergeht im Übrigen unter Einlammerung der erstinstanzlichen Entscheidung, indem esagt wird: Dagegen haben wir eigentlich keine Bedenen; wir sind der Auffassung, das erstinstanzliche Geicht hat es richtig gesehen, und deswegen neigen wir azu, die Berufung zurückzuweisen. Man muss hinzufüen, dass man darauf noch ausführlich argumentativ einehen kann, und erst dann hat man unter Umständen den achteil, im Interesse einer zügig arbeitenden Gerichtsarkeit mit einem solchen Beschluss versehen zu weren. Das ist manchmal nicht lustig. Meines Erachtens muss auch der Appell an die Geichte erlaubt sein, die große Verantwortung, die sie daurch haben, auch wahrzunehmen und solche Bechlüsse nicht möglicherweise ein wenig zu leichtfertig u fassen. In diesem Punkt hat die Ministerin allerdings öllig Recht: Das entscheidet nicht nur ein Richter, sonern es muss Einstimmigkeit mehrerer Richter hergetellt werden. Selbst dann, wenn man einem vielleicht icht traut, bin selbst ich als Anwalt noch nicht so weit, ier Richtern in Deutschland zu unterstellen, dass sie eichtfertig, locker und ohne nachzudenken arbeiten. (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt haben Sie aus Ihrem Herzen eine Mördergrube gemacht!)


Meines Erachtens braucht man irgendwann einen
chlussstrich unter Streitigkeiten. Der Zurückweisungs-
eschluss ist eine gute Möglichkeit dazu. Wie viele von
hnen freue ich mich auf eine angeregte und wahrschein-
ich intellektuell hochwertige Debatte im Rechtsaus-
chuss.

Herzlichen Dank fürs Zuhören.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620812400

Jetzt spricht Joachim Stünker für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Joachim Stünker (SPD):
Rede ID: ID1620812500

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor Ihnen
teht einer, der die damalige Reform federführend als






(A) )



(B) )


Joachim Stünker
Berichterstatter meiner Fraktion mit vorangebracht hat.
Ich stehe auch heute noch voll hinter dieser Zivilprozess-
rechtsreform, über die wir in den Jahren 2000 und 2001
beraten und die wir dann zum Abschluss gebracht haben.
Entgegen dem, was teilweise heute Mittag hier geäußert
worden ist, sagen uns mittlerweile die Vertreter der Pra-
xis in den Instanzgerichten, aber vor allen Dingen in den
Tatsacheninstanzen ganz überwiegend: Jawohl, es war
eine richtige, eine im Ergebnis gute Reform. Dies sage
ich all denjenigen, die auch hier zu Anfang sehr skep-
tisch gewesen sind.

Bei dieser Reform sind wir natürlich nicht von einem
Richterbild ausgegangen, Herr Kollege Nešković, bei
dem wir dem Richter von vornherein Willkür unterstel-
len.


(Wolfgang Nešković [DIE LINKE]: Das hat niemand gemacht!)


– Doch, das haben Sie in Ihrer Rede hier getan. Das mag
vielleicht Ihre Erfahrung aus Ihrer Praxis als Amtsrichter
oder als Richter an einem Landgericht in Schleswig-Hol-
stein sein. Wir hingegen sind von einem Richterbild aus-
gegangen, wie wir es in diesem Land kennen, wo man
sorgfältig und gründlich arbeitet, wo man nach Recht
und Gesetz entscheidet und wo die Bürgerinnen und
Bürger nicht willkürlich abgebürstet werden, um das
einmal ganz deutlich zu sagen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Wolfgang Nešković [DIE LINKE]: Das habe ich aus einem Fachbuch vorgelesen!)


Dann haben wir eine Strukturreform durchgeführt,
das heißt, wir haben nicht nur diese eine Vorschrift im
Berufungsrecht geändert.


(Wolfgang Nešković [DIE LINKE]: Das war das Schlimme!)


Wir haben eine Strukturreform durchgeführt, durch die
wir zum Beispiel den Gerichten, die Tatsacheninstanz
sind, neue Hinweispflichten gegenüber den Parteien auf-
gegeben haben, wir haben eine Güteverhandlung vorge-
schaltet, und wir haben versucht, durch das Gesetz ein
konsensuales Verfahren zu fördern, um in der Tatsachen-
instanz die Möglichkeit zu schaffen, im Gespräch um-
fassend vorzutragen.

Auf dieser Grundlage haben wir die Rechtsmittel
nicht eingeschränkt, sondern der Umfang der Rechtsmit-
tel ist erweitert worden. Die Streitwertgrenze bei Rechts-
mitteln gegen Entscheidungen der Amtsgerichte ist ab-
gesenkt worden. Man kommt heute mit dem
Rechtsmittel bis zum Bundesgerichtshof, zu dem man
früher nie hingekommen ist, was dazu führt, dass wir in
diesem Land sehr schnell zu einer Einheitlichkeit der
Rechtsprechung kommen. All das sind Schritte, die mitt-
lerweile unisono begrüßt werden.

Dann haben wir – das ist richtig – das Rechtsmittel
der Berufung sozusagen ein Stück weit darauf be-
schränkt, dass die Berufung nicht die neue zweite Tatsa-
cheninstanz sein soll – wohlgemerkt: die neue zweite
Tatsacheninstanz –, sondern im Wesentlichen der Feh-
lerkontrolle und Fehlerbeseitigung dienen soll. Bis zu

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(C (D er Entscheidung hier haben im Ergebnis in der Tat vier ichterinnen und Richter in Deutschland auf diesen achverhalt geschaut, um ihn zu beurteilen. Wie läuft das Verfahren denn ab? Das Verfahren läuft icht so ab, dass eine Berufung eingeht und man einen eschluss nach Hause geschickt bekommt, in dem steht: ut uns leid, die Berufung ist unbegründet. Nein, das ericht hat die Verpflichtung, vorher schriftlich darzuleen, aus welchen Gründen es dieses Rechtsmittel, diese erufung für unbegründet hält. (Dr. Herta Däubler-Gmelin [SPD]: Sehr wahr!)


s muss also das tun, was man sonst erst in der Beru-
ungshauptverhandlung getan hätte, in der man den Par-
eien mit zwei Anwälten – das alles kostet Geld – erklä-
en muss: Tut uns leid, aber trotz allem, was Sie
eschrieben und vorgetragen haben, ist das Rechtsmittel
er Berufung nicht begründet.

Der Berufungsführer hat nach diesem Hinweis die
öglichkeit, noch einmal vorzutragen. Wenn er dann

eue Tatsachen vorbringt, von denen Sie zum Beispiel in
hrem Beispielsfall des Schimmelpilzes gesprochen ha-
en, Herr Kollege Nešković, und wenn diese neuen Tat-
achen möglicherweise wirklich geeignet sind, das Be-
eisergebnis aus der ersten Instanz infrage zu stellen,


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Dann wird neu verhandelt!)


ann wird kein Gericht in Deutschland willkürlich sa-
en: Da schauen wir nicht mehr hin, das belassen wir
inmal bei dem, was dort gemacht worden ist.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Das wäre Rechtsbeugung!)


as ist Ihr sozialistisches Richterbild, das aber nicht der
irklichkeit in diesem Land entspricht. So sieht das
anze aus.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Wir haben diese Regelung auch deshalb so getroffen,
eil wir natürlich wissen – wer lange genug in diesem
ereich gearbeitet hat, der weiß das; bei mir war es über
in Vierteljahrhundert und auf allen Ebenen –, dass es
uch taktische Rechtsmittel gibt. Gerade das Rechtsmit-
el der Berufung kann ein taktisches Rechtsmittel sein:

an ist verurteilt worden, soundso viel zu zahlen. Dann
ird erst einmal eine Berufung eingelegt, sodass das
anze ein bisschen verzögert wird, um zu schauen, wie
as in einem Jahr, wenn eine Entscheidung vorliegt,
öglicherweise aussieht. Die Aufschiebung des Zah-

ungstermins, also eine zinslose Stundung, hat man da-
it erst einmal auf den Weg gebracht. Auch diesen
issbrauch gibt es in diesem Bereich. Das muss man da-

ei eben ganz deutlich sehen.

Durch diese Regelung haben wir natürlich auch
ruck ausüben und darauf hinwirken wollen, dass die
arteien in der ersten Tatsacheninstanz umfassend vor-

ragen und nicht taktisch bestimmte Beweismittel noch
urückhalten, die man vielleicht erst in der nächsten In-






(A) )



(B) )


Joachim Stünker
stanz einbringen kann, um zu schauen, wie das taktische
Verfahren dann weiterläuft. In einem kontradiktorischen
Verfahren wie dem Zivilprozess weiß doch jeder kun-
dige Thebaner, wie die Tricks aussehen, um das Verfah-
ren in die Länge zu ziehen. Nein, das wollten wir nicht,
und die Möglichkeiten dafür wollten wir verringern. Da-
rum gibt es diese Regelung, die hier heute so heftig an-
gefochten wird.

Wenn erneut geprüft worden ist und diese Berufung
trotzdem keine Aussicht auf Erfolg hat und die übrigen
Voraussetzungen, die hier rauf und runter diskutiert wor-
den sind, vorliegen, dann kann durch Beschluss zurück-
gewiesen werden, und zwar – nun gibt es dabei noch et-
was Besonderes – ohne Begründung, wenn man nicht
eine neue Begründung zusätzlich zu der hat, die den Par-
teien bereits in den Hinweisen mitgeteilt wurde.

Was wollen Sie mit Ihrer Rechtsbeschwerde errei-
chen? Auf welcher Grundlage sollen dabei die nächste
Instanz und dann der Bundesgerichtshof überprüfen?
Was sollen die Gerichte eigentlich überprüfen? Die Ak-
tenlage von Blatt 1 bis 1 000?


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Genau! Die Rechtsmittel für die nächste Zeit!)


Sie müssen sich fragen, wie das in der Praxis funktionie-
ren soll.

Es gibt also einen nicht begründeten Beschluss. Wenn
Sie allerdings mit der Rechtsbeschwerde auch eine Be-
gründungspflicht einführen wollen, dann können wir uns
das Ganze schenken. Dann kehren wir zum alten Recht
zurück.

Alles, was hier vorgetragen worden ist, ist meines Er-
achtens nicht schlüssig. Bedenkenswert sind sicherlich
die unterschiedlichen Zahlen aus den Bundesländern.
Damit werden wir uns im Rechtsausschuss sehr gründ-
lich befassen und nach den Zusammenhängen fragen.
Aber aus dem Zahlenmaterial eine Schlussfolgerung für
die materielle Handhabung zu ziehen, scheint mir im Er-
gebnis ein bisschen gewagt gewesen zu sein, Kollege
Montag.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Diese Schlussfolgerung vermag ich nicht zu ziehen.

Frau Kollegin Dyckmans, ich muss zugeben, dass ich
mich nicht eine Woche lang auf die Debatte am heutigen
Mittag vorbereiten konnte. Aber als ich gestern Abend
erfahren habe, dass das Thema heute Mittag – zur besten
Sendezeit der Übertragung aus dem Deutschen Bundes-
tag, könnte man fast sagen – mit einer einstündigen De-
batte auf die Tagesordnung gesetzt wurde, habe ich mich
gefragt, ob eine ganze Stunde nötig ist, um im Ergebnis
eine Art Kolloquium mit einer Vorlesung zu halten. Ha-
ben wir in Deutschland nicht gegenwärtig andere Pro-
bleme, um die wir uns zu kümmern haben und über die
wir hier diskutieren sollten, als die spezielle Frage des
§ 522 ZPO?

Dass die FDP in dieser Situation, in der wir es in
Deutschland mit riesigen finanzwirtschaftlichen und
weltwirtschaftlichen Problemen zu tun haben, dieses
kleine Problem des Rechtsmittels aufbringt, bei dem es

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(C (D öglicherweise eine gewisse Ungerechtigkeit gibt, ist war ihr Recht. Aber ich meine, die Diskussion im echtsausschuss sollte genügen; es hätte keine erste Be atung im Hohen Hause geführt werden müssen. Schönen Dank. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Werner Hoyer [FDP]: Ein Verzicht auf Redezeit war das aber auch nicht gerade!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620812600

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent-
urfs auf Drucksache 16/11457 an den Rechtsausschuss
orgeschlagen. Gibt es dazu andere Vorschläge? – Das
st nicht der Fall. Dann ist so beschlossen.

Ich rufe jetzt die Tagesordnungspunkte 4 a bis 4 j auf:

a) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Menschenrechte und
Humanitäre Hilfe (17. Ausschuss) zu der Unter-
richtung durch die Bundesregierung

Achter Bericht der Bundesregierung über ihre
Menschenrechtspolitik in den auswärtigen Be-
ziehungen und in anderen Politikbereichen

– Drucksachen 16/10037, 16/10285 Nr. 14,
16/11982 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Holger Haibach
Christoph Strässer
Burkhardt Müller-Sönksen
Michael Leutert
Volker Beck (Köln)


b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Menschenrechte und
Humanitäre Hilfe (17. Ausschuss)


– zu dem Antrag der Abgeordneten Volker Beck

(Köln), Jerzy Montag, Wolfgang Wieland, wei-

terer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Völkerstrafgesetzbuch wirksam anwenden

– zu dem Antrag der Abgeordneten Florian
Toncar, Burkhardt Müller-Sönksen, Dr. Karl
Addicks, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der FDP

Für eine verbesserte Zusammenarbeit deut-
scher Behörden bei der Verfolgung von
Straftaten nach dem Völkerstrafgesetzbuch

– Drucksachen 16/7137, 16/7734, 16/10282 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Ute Granold
Christoph Strässer
Florian Toncar
Michael Leutert
Volker Beck (Köln)







(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Menschenrechte und
Humanitäre Hilfe (17. Ausschuss) zu dem Ent-
schließungsantrag der Abgeordneten Volker Beck

(Köln), Marieluise Beck (Bremen), Alexander

Bonde, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu der Beratung
der Großen Anfrage der Abgeordneten Volker
Beck (Köln), Dr. Uschi Eid, Kai Gehring, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Zur Lage der Menschenrechte von Lesben,
Schwulen, Bisexuellen und Transgender

– Drucksachen 16/2084, 16/2800, 16/9651,
16/11972 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Holger Haibach
Angelika Graf (Rosenheim)

Burkhardt Müller-Sönksen
Michael Leutert
Volker Beck (Köln)


d) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Menschenrechte und
Humanitäre Hilfe (17. Ausschuss) zu dem Antrag
der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Winfried
Nachtwei, Marieluise Beck (Bremen), weiterer
Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Für klare menschen- und völkerrechtliche
Bindungen bei Auslandseinsätzen der Bundes-
wehr

– Drucksachen 16/8402, 16/11979 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Holger Haibach
Christoph Strässer
Burkhardt Müller-Sönksen
Michael Leutert
Volker Beck (Köln)


e) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Menschenrechte und
Humanitäre Hilfe (17. Ausschuss) zu dem Antrag
der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Marieluise
Beck (Bremen), Alexander Bonde, weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Eine kohärente und konsistente Menschen-
rechtspolitik gegenüber China entwickeln

– Drucksachen 16/9422, 16/11980 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Holger Haibach
Dr. Herta Däubler-Gmelin
Florian Toncar
Michael Leutert
Volker Beck (Köln)


f) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Menschenrechte und
Humanitäre Hilfe (17. Ausschuss) zu dem Antrag

(C (D der Abgeordneten Volker Beck Beck geordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Menschenrechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgendern und Intersexuellen weltweit sicherstellen – Yogyakarta-Prinzipien unterstützen – Drucksachen 16/9603, 16/11981 – Berichterstattung: Abgeordnete Holger Haibach Angelika Graf Burkhardt Müller-Sönksen Michael Leutert Volker Beck g)

richts des Ausschusses für Menschenrechte und
Humanitäre Hilfe (17. Ausschuss) zu dem Antrag
der Abgeordneten Volker Beck (Köln),
Marieluise Beck (Bremen), Alexander Bonde,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Aufnahme von Gefangenen aus Guantánamo
Bay ermöglichen

– Drucksachen 16/11759, 16/12144 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Erika Steinbach
Christoph Strässer
Florian Toncar
Michael Leutert
Volker Beck (Köln)


h) Beratung des Antrags der Abgeordneten Florian
Toncar, Burkhardt Müller-Sönksen, Jens
Ackermann, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der FDP

Eigentumsfreiheit weltweit schützen

– Drucksache 16/10613 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe (f)

Auswärtiger Ausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung

i) Beratung des Antrags der Abgeordneten Florian
Toncar, Burkhardt Müller-Sönksen, Harald
Leibrecht, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der FDP

Erweiterung des Rom-Statuts des Internatio-
nalen Strafgerichtshofs – Verweigerung und
Behinderung von humanitärer Hilfe bestrafen

– Drucksache 16/11186 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe (f)

Auswärtiger Ausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
j) Beratung des Antrags der Abgeordneten Volker
Beck (Köln), Marieluise Beck (Bremen), Alexander
Bonde, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Weitere Verschlechterung der Rechtssituation
von Homosexuellen in Nigeria verhindern
– Drucksache 16/12107 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe (f)

Auswärtiger Ausschuss
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung

Zu dem Bericht der Bundesregierung über ihre Men-
schenrechtspolitik liegt ein Entschließungsantrag der
Fraktion der FDP vor.

Es ist verabredet, hierzu eine Stunde zu debattieren. –
Dazu höre ich keinen Widerspruch. Dann ist das so be-
schlossen.

Als erstem Redner erteile ich dem Kollegen
Christoph Strässer das Wort für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Christoph Strässer (SPD):
Rede ID: ID1620812700

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Meine Damen und Herren! Ende des vergangenen Jahres
wurde weltweit mit teilweise beeindruckenden Veran-
staltungen des Geburtstages der Allgemeinen Erklärung
der Menschenrechte gedacht. In diesem Jahr wird das
Grundgesetz, unsere Verfassung, ebenfalls 60 Jahre alt.
Ich meine, es ist eine Verfassung, auf die wir stolz sein
können, deren runder Geburtstag uns aber nicht nur
Grund für aufwendige Feierlichkeiten bieten sollte, son-
dern die uns nach innen wie nach außen die Verpflich-
tung aufgibt, permanent den Stand und die Umsetzung
der grundlegenden Werte – nämlich der Art. 1 bis 19 –
zu überprüfen. Dabei spielt auch der mittlerweile achte
Menschenrechtsbericht der Bundesregierung, den wir
heute debattieren, eine zentrale Rolle.

Der Bericht ist ein wichtiger Beitrag sowohl zur par-
lamentarischen als auch zur zivilgesellschaftlichen De-
batte um die Menschenrechtspolitik der Bundesregie-
rung. Die vorliegenden Berichte sind – das sage ich
ausdrücklich – nicht nur für Parlamentarier lesenswerte
Kompendien moderner Menschenrechtspolitik. Sie ge-
währen Einblicke in bilaterale und multilaterale Strate-
gien.

Für uns – für meine Fraktion und meine Arbeitsgruppe
– gilt an dieser Stelle ein ganz besonders herzlicher Dank
den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der beteiligten
Häuser – insbesondere des federführenden Auswärtigen
Amtes –, die an der Erstellung dieses Berichtes mitge-
wirkt haben.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dieser Dank ist diesmal ganz besonders berechtigt, weil
der Bericht sehr zeitnah vorgelegt wurde. Einen Bericht
mit diesem Umfang, der im Jahr 2008 abschließt, bereits
im Jahr 2008 vorzulegen, verdient gerade im Hinblick

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(C (D uf andere Berichte, über die wir debattieren, unsere Bechtung. Der Bericht befasst sich wie immer mit verschiedenen estandteilen der Menschenrechtspolitik nach innen wie ach außen. Insbesondere im Bereich des internationalen echtsschutzes wie auch der Umsetzung internationaler ormen und Konventionen in nationales Recht hat es im erichtszeitraum einige bedeutsame Entwicklungen geeben. So ist es außerordentlich zu begrüßen, dass Auenminister Steinmeier 2006 das Fakultativprotokoll zur ntifolterkonvention unterzeichnet hat und wir im Deut chen Bundestag den entsprechenden Gesetzentwurf erabschiedet haben. Ich sage dazu aber auch – etwas urückhaltend in der Bewertung –: Die Installierung des ationalen Präventionsmechanismus zu diesem Gesetz st verbesserungswürdig. Das muss man der Wahrheit alber an dieser Stelle sagen. Auch die Ratifizierung der Konventionen zum Schutz or Verschwindenlassen und zu den Rechten von Menchen mit Behinderung stellt außerordentliche Fortchritte dar. Wir können stolz darauf sein, dass die Bunesrepublik insbesondere bei der Konvention zu den echten von Menschen mit Behinderung eines der ersten änder gewesen ist, die diese Konvention mitgetragen aben. Noch immer klemmt es allerdings – das muss man der hrlichkeit halber sagen – bei der Ratifizierung der Antiorruptionskonvention. Das ist ein mehr als ärgerlicher organg, der dem Ansehen der Bundesrepublik interna ional schadet. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Genau!)


as muss dringend beseitigt werden.

Lieber Kollege Haibach, ich werde nicht müde, da-
auf hinzuwirken – auch wenn das den einen oder ande-
en nervt –, dass endlich der noch existierende Vorbehalt
ur Kinderrechtskonvention zurückgenommen wird. Da-
an werden wir noch in dieser Legislaturperiode arbei-
en.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Der Bericht geht sehr intensiv auf die Entwicklungen
nternationaler Rechtsschutzsysteme ein. Ich spreche aus
ktuellem Anlass den Internationalen Strafgerichtshof
n. Wie Sie wissen, haben die Richter des ICC gestern in
en Haag ihre positive Entscheidung über einen Haftbe-

ehl gegen den sudanesischen Präsidenten al-Baschir
egen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und
riegsverbrechen bekannt gegeben. Ich sage Ihnen aus
oller Überzeugung: Ich begrüße diese Entscheidung
achhaltig.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


ie Richter haben eine unmissverständliche Botschaft in
ie Welt gesetzt: Immunität und staatliche Souveränität
chützen auch amtierende Staatsoberhäupter nicht, wenn






(A) )



(B) )


Christoph Strässer
diese im Verdacht stehen, Verbrechen gegen die
Menschlichkeit und Kriegsverbrechen begangen zu ha-
ben.

Ich bin mir durchaus bewusst, dass diese Entschei-
dung zu diplomatischen Verwicklungen und Problemen
führen kann. Etliche Länder in der Region befürchten,
dass ein Haftbefehl gegen den Präsidenten die Haltung
des Sudans noch verhärtet und die Friedensverhandlun-
gen im Zusammenhang mit Darfur weiter erschwert. An-
geblich ziehen 37 Staaten, angeführt von Libyen, in Er-
wägung, das Römische Statut zu kündigen. Es gibt die
Befürchtung, dass ein solcher Schritt die sudanesische
Armee zu Vergeltungsschlägen gegen die Bevölkerung,
humanitäre Helfer oder Soldaten der Friedensmission
herausfordert. Deshalb sage ich: Die internationale Ge-
meinschaft muss gerade gegenüber den Menschen, die
dort ihr Leben und ihre Gesundheit riskieren, ihrer Ver-
antwortung gerecht werden. Sie muss unter Beweis stel-
len, dass sie ihrer Schutzverantwortung für diese Men-
schen und die Flüchtlinge in den Lagern in Darfur
nachkommt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Angesichts dieser schwierigen Lage warne ich nach-
drücklich davor, eine Diskussion zu beginnen, in der
Recht und Frieden im Sudan gegeneinander ausgespielt
werden. Ziel muss sein, beides zu verbinden. In dieser
Situation richte ich den dringenden Appell an die Mit-
glieder des Sicherheitsrates, die letztendlich diesen Fall
nach Kapitel VII der Charta an den ICC abgegeben ha-
ben, nun ihrer daraus resultierenden Verantwortung ge-
recht zu werden. Das sage ich insbesondere an die
Adresse der Volksrepublik China, ohne deren Unterstüt-
zung das Regime im Sudan aus meiner Sicht nicht lange
überlebensfähig wäre.

Da mir die Redezeit etwas davonrennt, möchte ich
nur kurz zum Antrag der Grünen zu Guantánamo Stel-
lung nehmen. Darüber werden wir sicherlich noch inten-
siv diskutieren. Nur so viel: Kollege Beck, wie Sie wis-
sen, werden wir Ihrem Antrag nicht zustimmen,
obwohl ich der Meinung bin, dass die Lösung des Pro-
blems Guantánamo nicht bedeutet, dass wir ein Problem
der Vereinigten Staaten von Amerika lösen wollen. Viel-
mehr geht es uns um die Lösung eines menschenrechtli-
chen Problems und die Menschen, die dort seit Jahren
unschuldig inhaftiert sind und gefoltert wurden. Darum
geht es, und dem wollen wir nahetreten.

Aber wir wollen und können diesen Antrag auch des-
halb nicht unterstützen, weil Sie von einer falschen Vo-
raussetzung ausgehen. Sie sagen nämlich im Prinzip, die
Bundesregierung tue an dieser Stelle nichts. Genau das
ist verkehrt. Die Bundesregierung und insbesondere der
Außenminister haben sehr klar gesagt, dass sie an einer
entsprechenden Lösung mitwirken werden.


(Widerspruch bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die Bundesrepublik Deutschland wird ihrer men-
schenrechtlichen und humanitären Verpflichtung nach-
kommen, wenn die Anfrage kommt,

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(C (D (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Konkreter!)


nd dann werden wir einen solchen Antrag unterstützen
nd klarmachen, dass wir dies wollen.

Lieber Kollege Beck, wenn Sie geschrieben hätten,
ass Sie die Bemühungen der Bundesregierung unter-
tützen würden, zu einer humanitären Lösung dieses
roblems zu kommen, dann würden wir diesem Antrag
ustimmen. Und wenn es an der Zeit ist, werden wir den
ntrag auf den Weg bringen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie hätten doch einen Änderungsantrag stellen können!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620812800

Der Kollege Burkhardt Müller-Sönksen hat jetzt das

ort für die FDP-Fraktion


(Beifall bei der FDP)



Burkhardt Müller-Sönksen (FDP):
Rede ID: ID1620812900

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-

egen! Der „Achte Bericht der Bundesregierung über
hre Menschenrechtspolitik in den auswärtigen Bezie-
ungen und in anderen Politikbereichen“ ist aus unserer
icht und der Sicht der Experten in der öffentlichen An-
örung im Oktober des letzten Jahres einhellig gewür-
igt worden. Der Bericht beleuchtet auf eindrucksvolle
eise die umfangreiche, vielschichtige und professio-

elle Arbeit der mit der Menschenrechtspolitik befassten
ersonen und Institutionen. Dabei ist jedoch in weiten
eilen eine Schwerpunktsetzung auf außenpolitische As-
ekte erkennbar, die menschenrechtliche Herausforde-
ungen im Inland zu sehr in den Hintergrund treten lässt.

Im Entschließungsantrag unserer Fraktion haben wir
ie Forderungen für die künftige Berichterstattung zu-
ammengefasst. Erstens. Es ist unverständlich, warum
ie Kritik am Siebten Bericht nicht im vorliegenden
enschenrechtsbericht eingearbeitet wurde. In der Be-

chlussempfehlung zum Siebten Menschenrechtsbericht
er Bundesregierung sprach der Deutschen Bundestag
ahlreiche Empfehlungen aus, um die Lesbarkeit des Be-
ichts weiter zu erhöhen.

Leider sind noch nicht alle dieser Verbesserungsvor-
chläge berücksichtigt worden. So ist der Bericht bei-
pielsweise aufgrund des überlangen Berichtszeitraums
on 36 Monaten weiterhin sehr umfänglich. Große Teile
ind deskriptive Hintergrundinformationen, die es dem
eser erschweren, die eigentlichen Positionen und
andlungen der Bundesregierung zu erkennen. Dabei
uss auch erkennbar werden, wo die Bundesregierung

urch den Einsatz finanzieller Mittel eigene Schwer-
unkte setzt.

Zweitens. Eine transparente Abtrennung von eigenen
ktivitäten der Bundesregierung und Beschreibungen ist
nklar. Oder sollen die eigenen Anteile sogar verschlei-
rt, versteckt werden? Wir Liberale fordern, die be-






(A) )



(B) )


Burkhardt Müller-Sönksen
schreibenden und erläuternden Teile des Berichts jeweils
in einen eigenständigen Handbuchteil aufzunehmen. Wir
fordern zur besseren Transparenz und Nachvollziehbar-
keit Zielformulierungen der Bundesregierung anhand
klarer Kriterien und Maßnahmen der Bundesregierung
einschließlich Angaben über die aufgewandten Finanz-
mittel, sodass Schwerpunkte erkennbar werden. Wir for-
dern darüber hinaus ein Ergebnis, also eine Auswertung,
Erfolgskontrolle, Evaluation. Und letztlich fordern wir
natürlich einen Ausblick und Perspektiven. All das ver-
missen wir hier ganz klar.


(Beifall bei der FDP)


Drittens. Die Menschrechte in Deutschland dürfen
keine Leerstelle sein. Deshalb sind die innenpolitischen
Vorgänge mit Menschenrechtsrelevanz ausführlicher
darzustellen. Wir erhöhen unsere eigene Glaubwürdig-
keit – und natürlich die der Kollegen aus dem Aus-
schuss, die ins Ausland fahren –, wenn wir auch im In-
land unsere Menschenrechtspolitik ständig überprüfen
und sagen: Wir kümmern uns auch um die Menschen-
rechtsverletzungen in Deutschland. Wir können nicht sa-
gen, dass wir uns im Ausland – beispielsweise in Russ-
land oder Weißrussland – um Menschenrechte kümmern,
wenn wir dies nicht gleichzeitig auch im eigenen Lande
tun.

Viertens. Der „Aktionsplan Menschenrechte der Bun-
desregierung“ sollte künftig nicht losgelöst angehängt
werden, sondern ein wichtiger Bestandteil des Berichts
werden. Dazu ist es unverzichtbar, dass die Umsetzung
des Aktionsplans detaillierter beschrieben wird, das
heißt bestehende Defizite aufgezeigt und geplante Maß-
nahmen angekündigt werden.

Fünftens. Wie in unserem Entschließungsantrag ge-
fordert, muss eine strategische Analyse der durch die
Globalisierung veränderten Rahmenbedingungen vorge-
nommen werden. Dazu zählen eben auch Fragen des
Menschenrechtsschutzes beim Kampf gegen den Terror.
Um unsere Position klar zu sagen: Terrorbekämpfung
darf niemals und nie wieder auf Kosten der Menschen-
rechte gehen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Aktuell müssen wir uns nun politisch mit den Folgen
der massiven Missachtung von Menschenrechten im
Kampf gegen Terrorismus beschäftigen. Darauf zielt der
Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit dem Ti-
tel „Aufnahme von Gefangenen aus Guantánamo Bay
ermöglichen“ ab. Die Forderung der Grünen nach einer
Aufnahmeverpflichtung auf bilateraler Ebene zwischen
den Vereinigten Staaten und Deutschland greift zu kurz
und stellt keine nachhaltige Außenpolitik dar. Der FDP
kann in der Debatte nicht vorgeworfen werden, sie
würde sich dieses Themas nicht annehmen, da unsere
Fraktion als eine der ersten die Schließung Guantánamos
verlangt hat. Die Debatte über die Aufnahme unschuldi-
ger Häftlinge aus Guantánamo wurde durch die Ankün-
digung Obamas, das Gefängnis schließen zu wollen, los-
getreten, obwohl bis zum heutigen Tage keine offizielle
Anfrage an Deutschland vorliegt. So jedenfalls lautete

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(C (D ie Aussage des Innenministers in Brüssel Ende Februar ieses Jahres. Die Innenminister der EU haben sich bei hrem Treffen darauf geeinigt, dass jedes EU-Land selbst ntscheiden könne, die Entscheidungen jedoch in enger bsprache fallen sollten. Schließlich haben wir im chengen-Raum offene Grenzen. Deswegen ist eine Abprache mit den Partnerländern der EU absolut notwenig. Wenn die Bestimmung des Aufenthaltsortes konkret nsteht, dann sind folgende Überlegungen vordergründig u beachten. Die sollten wir nennen, Herr Kollege trässer. Diese fehlen mir in Ihrer Argumentation, dem ntrag nicht zuzustimmen. Die Perspektive muss klar argestellt sein. Zu den Bedingungen sagen wir: Erstens. ie unschuldigen Häftlinge sollen zunächst vom Heiatland aufgenommen werden. Wenn dieses nicht mög ich ist, zum Beispiel wegen drohender Folter, Todestrafe etc., dann stehen – zweitens – zunächst die ereinigten Staaten in der Pflicht, das von ihnen gechaffene Unrecht selbst zu beseitigen. Das dürfen wir ier im Deutschen Bundestag selbstverständlich sagen. ir dürfen vielleicht hoffnungsvoll gestimmt sein, dass er neue Präsident diesem Wunsch eher nachkommt. as ist die zweite Priorität. Dazu gehört auch die Beantortung der Frage der Entschädigung unschuldig einsit ender Häftlinge. Das müssen wir mit allem Respekt vor en Vereinigten Staaten von hier aus sagen. Drittens. alls eine Aufnahme in den Vereinigten Staaten nicht öglich oder nicht zumutbar ist, dann ist eine Absprache n der EU unabdingbar, auch wegen der offenen Grenzen m Schengen-Raum. Viertens. Im Rahmen einer europäichen Lösung kann Deutschland seiner Größe und Beeutung entsprechend einen Beitrag leisten, wobei jeder all einzeln geprüft werden soll. Das ist unsere Stellungahme zu dem Grünen-Antrag. (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD)


Die Grünen haben sich in ihrer Regierungszeit dage-
en ganz anders verhalten, als sie heute fordern. Von
ärz 2003 bis Oktober 2004 war Claudia Roth Beauf-

ragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik
nd humanitäre Hilfe,


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie hat das Thema angesprochen!)


enau in der Zeit, als Kurnaz auf Guantánamo im Ge-
ängnis saß. Sie weist jegliche Verantwortung in diesem
all mit der Begründung von sich, sie habe nichts von
er Inhaftierung gewusst, obwohl in den Medien bereits
eit langem davon berichtet wurde. So eine Unkenntnis
st schlicht eine untaugliche Schutzbehauptung und zeigt
n diesem Fall die Unglaubwürdigkeit der Grünen, die
amit eine Einreise von Kurnaz nach Deutschland selbst
erhindert haben.


(Beifall bei der FDP – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sagt uns jetzt die Menschenrechtspartei FDP!)


Kommen wir nun zu einem leider gerade in Deutsch-
and völlig unerwartet infrage gestellten Menschenrecht,
inem nach unserer Verfassung geschützten Grundrecht.






(A) )



(B) )


Burkhardt Müller-Sönksen
Das Grundrecht auf Eigentum ist nämlich eine der
Grundlagen der Menschenrechte. Freiheit und Men-
schenwürde sind von der Herrschaft über Wirtschaftsgü-
ter nicht zu trennen. Liebe Große Koalition, das wusste
man schon im Mittelalter. Bereits in der Magna Charta
Libertatum, der großen Urkunde der Freiheiten, setzte
man im Jahre 1215 in England ein Abwehrrecht gegen-
über dem Staat durch, um Eigentum sogar vor Königen
und Lords zu schützen. Ohne eine solche Eigentumsga-
rantie gräbt sich jeder Rechtsstaat selbst ein politisches
Grab. Die Eigentumsgarantie bietet den Anreiz, ökono-
mische Grundlagen für individuelle Freiheiten zu erwer-
ben – so der Experte Paul Kirchhof.


(Christoph Strässer [SPD]: Den kennen wir!)


In diesem Geiste fordert die FDP-Bundestagsfraktion
mit dem Antrag „Eigentumsfreiheit weltweit schützen“
dieses Hohe Haus zu einem klaren Bekenntnis auf. Dass
das überhaupt nötig ist, zeigen uns die aktuellen Pläne
der Regierung in dieser Finanzkrise.


(Christoph Strässer [SPD]: Kennen Sie den Art. 15, Herr Kollege?)


– Artikel 14, Herr Kollege. – Für uns Menschenrechtler
wäre es vor einem halben Jahr unvorstellbar gewesen,
dass gesellschaftspolitisch so zersetzende Gedanken wie
Enteignung als Punkt auf der aktuellen Tagesordnung
stehen. Man kann es gar nicht fassen, wie leichtfertig das
Grundvertrauen der Bürger in das Grundrecht auf Eigen-
tum erschüttert wird. Ein Enteignungsgesetz ist nach
meiner Auffassung schlicht demokratiegefährdend. Ein
Enteignungsgesetz nimmt mehr Vertrauen aus dem
Staat, als es Vertrauen schafft.


(Beifall bei der FDP)


Stellen Sie sich einmal mit diesem Gesetz einen Fi-
nanzminister Oskar Lafontaine vor, den es in diesem
Hause einmal gegeben hat und hoffentlich nie wieder
gibt. Mit einem so geschaffenen Dammbruch könnte
eine sozialistische Springflut ausgelöst werden.


(Angelika Graf [Rosenheim] [SPD]: Oh! – Christoph Strässer [SPD]: Jawohl!)


Deswegen haben wir hierzu einen Antrag eingebracht.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620813000

Herr Kollege, Sie müssen jetzt zum Schluss kommen.


Burkhardt Müller-Sönksen (FDP):
Rede ID: ID1620813100

Ich komme zum Schluss. Ich würde gerne noch zum

Entschließungsantrag zur Lage der Menschenrechte von
Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgendern Aus-
führungen machen.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620813200

Das werden Sie jetzt nicht mehr schaffen.


Burkhardt Müller-Sönksen (FDP):
Rede ID: ID1620813300

Wir unterstützen ihn.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

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(C (D Der Kollege Holger Haibach spricht jetzt für die DU/CSU-Fraktion. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der FDP)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620813400


Holger Haibach (CDU):
Rede ID: ID1620813500

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

erren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kol-
ege Müller-Sönksen, wir haben uns in den letzten De-
atten zu Recht zur Wehr gesetzt, wenn vonseiten der
inkspartei versucht wurde, die Frage des gesetzlichen
indestlohns zum Menschenrechtsthema zu machen.

ch glaube, die gegenwärtige Finanzkrise und ihre Lö-
ung ist genauso wenig geeignet, um als Thema in einer

enschenrechtsdebatte aufgerufen zu werden. Damit
un wir den Menschenrechten keinen Gefallen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN – Burkhardt Müller-Sönksen [FDP]: Das sagen Sie!)


Man kann zu der Frage der Enteignung stehen, wie
an will. Ich bin mir aber nicht sicher, ob das wirklich

ine Frage ist, die in einer Debatte über Menschenrechte
ine Rolle spielen sollte. Abgesehen davon wissen Sie
ls Jurist, dass Enteignung auch in unserer Verfassung
orgesehen ist, wenn es um höherwertige Rechte und
iele geht, nämlich den Schutz und Erhalt unseres Staa-

es. Das heißt nicht, dass ich zwingend für Enteignung
in, wenn es um die Bewältigung der Finanzkrise geht.
ber ich finde, man muss die Politikbereiche sauber aus-

inanderhalten. Deswegen hat dieses Thema hier nichts
u suchen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Bevor ich zu dem komme, was ich mir aufgeschrie-
en habe: Lieber Kollege Christoph Strässer, ich weiß,
ass die Rücknahme der Vorbehalte zur Kinderrechts-
onvention ein gemeinsames Ziel von uns allen ist.


(Beifall des Abg. Christoph Strässer [SPD])


ch will an dieser Stelle deutlich sagen: Wir als Mitglie-
er der Menschenrechtsarbeitsgruppe und Familienar-
eitsgruppe der Union haben das immer ganz klar unter-
tützt. Wahrscheinlich weiß auch der Kollege Strässer,
ass es heute Abend Verhandlungen zwischen den Län-
ervertretern und der Bundeskanzlerin zu diesem Thema
ibt und dass wir insgesamt auf einem guten Weg sind,
ie Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Lin-
auer Abkommen auszuräumen. Wenn wir das schaffen,
ann haben wir gerade bei diesem Thema einen wichti-
en Schritt nach vorne gemacht. Ich will hier keine Le-
enden in der Art aufkommen lassen, es läge an der
nion, dass es hier nicht zu Fortschritten kommt. Das

timmt definitiv nicht.


(Christoph Strässer [SPD]: Warten wir es ab!)







(A) )



(B) )


Holger Haibach
Wir diskutieren heute neben dem Achten Menschen-
rechtsbericht der Bundesregierung sehr unterschiedliche
Themen. Es gibt Anträge zu China, zu den Rechten von
Schwulen, Lesben, Bisexuellen und Transgendern,
Guantánamo, Bundeswehr, Völkerstrafgesetzbuch, Rom-
Statut und Eigentumsrechten. Das zeigt, wie breit die
Bandbreite ist, wenn es um das Thema Menschenrechte
geht. Aber ein Punkt, über den wir alle nachdenken soll-
ten, ist: Ich frage mich, ob es den Themen, die alle eine
einzelne Betrachtung wirklich verdient hätten, angemes-
sen ist, wenn man versucht, diese elf Vorlagen inklusive
zweier Beschlussempfehlungen und eines großen Be-
richts der Bundesregierung tatsächlich in einer Stunde
abzuhandeln. Es ist nicht sinnvoll, das zu machen. Wir
sollten in Zukunft darauf achten, uns ein bisschen mehr
zu konzentrieren. Auf der anderen Seite sollten wir ver-
suchen, für die anderen Themen vernünftige Debatten-
punkte zu finden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Ich will bei dieser Gelegenheit noch Folgendes sagen:
Wenn ich mir anschaue, wie viele Debattenpunkte zum
Thema Menschenrechte in der letzten Legislaturperiode
aufgerufen wurden und wie viele wir in dieser Legisla-
turperiode diskutiert haben, dann verdeutlicht das, dass
wir hier einen ordentlichen Schritt nach vorne gemacht
haben. Das zeigt, dass das Thema durchaus an Bedeu-
tung gewonnen hat.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Thilo Hoppe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sind ja Maßstäbe!)


Der Menschenrechtsbericht der Bundesregierung
zeigt – der Kollege Strässer hat bereits darauf hingewie-
sen –, dass in den Häusern, in denen er erstellt worden
ist, große Sachkompetenz vorhanden ist. Ich kann mich
ausdrücklich dem Dank anschließen, besonders dem an
Günter Nooke und seine Mitarbeiter im Auswärtigen
Amt. Hier ist eine wichtige Arbeit geleistet worden,
nicht nur für uns als Parlamentarier, sondern auch für all
diejenigen, die sich insgesamt für Menschenrechte inte-
ressieren. Das soll an dieser Stelle ausdrücklich gewür-
digt werden; denn diese Arbeit ist keine kleine. Das wis-
sen wir alle.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Auch was das Abstimmungsverfahren innerhalb der
Bundesregierung angeht, ist es keine ganz einfache Sa-
che, die unterschiedlichen Meinungen der unterschiedli-
chen Häuser zusammenzubringen.

Was den Antrag der FDP betrifft, der hier zur Debatte
steht – es gibt auch einen gemeinsamen Antrag von
CDU/CSU, SPD und Grünen zu diesem Thema –: Ich
kann den dort formulierten Zielen durchaus folgen. Das
Problem ist nur: Wenn wir sie zu erreichen versuchen,
dann machen wir keinen Menschenrechtsbericht mehr,
sondern ein Menschenrechtslexikon. Wir würden dann
eine Bandbreite an Themen abhandeln müssen, die we-
der in einem noch in zwei, sondern vermutlich in zehn

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(C (D änden zu erledigen wäre. Außerdem würde der dafür ur Verfügung stehende Zeitraum nicht ausreichen. Dass dieser Zeitraum zuletzt 36 Monate umfasste, eht auf eine Vereinbarung zwischen dem Auswärtigen mt und unserem Ausschuss zurück. Es ist nicht so, ass wir das der Bundesregierung zur Last legen dürfen; ielmehr haben wir uns damit aufgrund der Tatsache einerstanden erklärt, dass in diese Zeit die EU-Ratspräsientschaft und die G-8-Präsidentschaft gefallen sind. Ich inde, der Ehrlichkeit halber kann man einmal sagen: ir haben uns damit einverstanden erklärt, dass dieser eitraum diesmal größer ist. Ich bin sicher, dass dieser ericht in Zukunft wieder im Zweijahresrhythmus vorelegt wird. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wenn wir uns die Handlungen der Bundesregierung
nd die Handlungen Deutschlands anschauen, dann kön-
en wir feststellen, dass sich die Bundesregierung in den
etzten Jahren sehr stark bemüht hat, ihre Menschen-
echtspolitik international auszurichten – und das ist
uch richtig so. Deutschland als bestenfalls mittelgroßer
taat mit 82 Millionen Einwohnern muss sicherlich
wenn Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte und inter-

ationales Recht weiterentwickelt werden sollen – den
eg über die internationale Gemeinschaft suchen.
eutschland hat sich vor kurzem dem Universal Periodic
eview unterzogen. Eine Delegation des Ausschusses ist

n Genf gewesen und hat sich das Ganze angeschaut.

Man kann über das, was dort diskutiert worden ist,
nterschiedlicher Meinung sein. Diejenigen, die vor Ort
aren, und die Diplomaten sagen, dass Deutschland dort

nsgesamt einen sehr guten Stand gehabt hat, auch wenn
ie Kritik von Nichtregierungsorganisationen an dieser
telle massiv – ich sage: zum Teil zu massiv – gewesen

st. Ich finde, man muss den Vergleich mit anderen Län-
ern im Blick behalten. Ich will an dieser Stelle noch
inmal in aller Deutlichkeit sagen: Es ist mehr als be-
remdlich, wenn ein Land wie Saudi-Arabien plötzlich
ach der Umsetzung der Frauenrechte in Deutschland
ragt.


(Beifall des Abg. Burkhardt Müller-Sönksen [FDP])



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620813600

Herr Kollege, möchten Sie eine Zwischenfrage von

rau Däubler-Gmelin zulassen?


Holger Haibach (CDU):
Rede ID: ID1620813700

Aber selbstverständlich.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620813800

Bitte schön.


Dr. Herta Däubler-Gmelin (SPD):
Rede ID: ID1620813900

Herr Kollege Haibach, wir waren in Genf und haben

ie, wie ich finde, hervorragende Präsentation des
taatsministers und des Staatssekretärs gesehen. Stim-
en Sie meiner Einschätzung zu, dass eine parlamenta-






(A) )



(B) )


Dr. Herta Däubler-Gmelin
rische Weiterbehandlung der Empfehlungen und auch
der im Einzelnen sehr klug anmutenden Fragen, die zum
deutschen Bericht gestellt wurden, angesagt ist?


Holger Haibach (CDU):
Rede ID: ID1620814000

Ich teile auf jeden Fall Ihre Meinung. Wenn im Juni

der endgültige Bericht verabschiedet wird, sollten wir
die Empfehlungen noch einmal zum Thema unserer par-
lamentarischen Beratungen machen.

Unabhängig von der Situation der Fragesteller und
dem Recht, das man ihnen zubilligt, diese Fragen zu stel-
len, halte ich diese Fragen für durchaus berechtigt. Damit
kein falscher Zungenschlag in diese Diskussion hinein-
kommt: Ich glaube, dass es richtig ist, die Äußerungen,
die über Deutschland gemacht werden, in den internatio-
nalen Kontext zu stellen.

In der letzten Woche ist China auf dem Prüfstand ge-
wesen. Wenn man vergleicht, wie kritisch die Fragen ge-
genüber China und wie kritisch die Fragen gegenüber
Deutschland gewesen sind, dann muss man sich fragen:
Wie objektiv und gerecht ist dieses System eigentlich?
Dann muss man sich auch fragen, ob es tatsächlich so
bleiben kann, wie es jetzt ist. Die Diskussion, ob es mög-
lich ist, daran Verbesserungen durchzuführen, hat auch
bei unserem Besuch in Genf eine große Rolle gespielt.

Gerade das Beispiel China zeigt – auch heute steht ein
Antrag zum Thema „China und Tibet“ auf der Tagesord-
nung –, dass es Staaten immer wieder gelingt, sich inter-
national aus der Affäre zu ziehen, obwohl sie selber eine
sehr schlechte Bilanz hinsichtlich der Einhaltung der
Menschenrechte haben. Das muss uns wirklich Sorge
bereiten.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ich verhehle nicht die Fortschritte, die auch in China
gemacht worden sind. Aber wenn ich mir die Situation
nach den Aufständen in Tibet im letzten Jahr anschaue,
dann kann ich nicht feststellen, dass da von einer größe-
ren Rechtsstaatlichkeit, von einer größeren Offenheit ge-
genüber Minderheiten oder von einer größeren Sensibili-
tät zu sprechen ist. Ich glaube, dass bei diesem
schwierigen Thema eher das Gegenteil der Fall ist.

Nichtsdestoweniger will ich nicht verhehlen, dass ge-
rade ein Staat wie China bei anderen Fragen für uns sehr
wichtig ist. Wir haben China als Partner, als Gesprächs-
partner, wenn es darum geht: Wie kommen wir in Afrika
voran? Was die gegenwärtige Krise in Sri Lanka angeht
– darüber haben wir am Mittwoch sehr ausführlich ge-
sprochen –, so wissen wir, dass ohne den Einfluss Chi-
nas dort nichts vorankommt.

Christoph Strässer hat zu Recht – auch das will ich an
dieser Stelle ganz deutlich sagen – auf das sehr bemerkens-
werte Eröffnen des Verfahrens gegen Herrn al-Baschir vor
dem Internationalen Strafgerichtshof hingewiesen. Ich
finde, das ist ein gutes Zeichen. Es ist deshalb ein gutes
Zeichen, weil es zeigt, dass internationales Recht immer
mehr an Bedeutung gewinnt und dass auch ein Staats-
machtinhaber nicht vor Strafverfolgung gefeit sein kann,
wenn er Verbrechen gegen die Menschlichkeit begeht.

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(C (D enn dann aber das Sicherheitsratsmitglied China sagt: Dieser Haftbefehl muss mindestens für ein Jahr ausgeetzt werden“ und wenn der Präsident, der mit Strafverolgung bedroht wird, beschließt, sämtliche Hilfsorganiationen aus dem Land zu werfen, ist das etwas, das in iese Debatte gehört und das uns alle sehr besorgt machen uss. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich möchte gern noch etwas zu Ihrem Antrag zum
hema Guantánamo sagen, Herr Kollege Beck, weil ich
ich auch an der Stelle nicht der Verantwortung entzie-

en will. Es ist bemerkenswert – da kann ich dem Kolle-
en Müller-Sönksen nur recht geben –, dass ausgerech-
et von Ihnen dieser Antrag kommt. Das alles fällt in
hre Regierungszeit.


(Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


er Antrag, so wie er heute vorliegt, sieht mir viel mehr
ach Wahlkampf als nach echtem Interesse an den Men-
chen dort aus.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Das Problem, Herr Kollege Beck, bleibt am Ende des
ages. Natürlich hat der Kollege Müller-Sönksen recht:
s gibt diese abgestuften Fragen, die wir uns stellen
üssen: Was ist mit den Ländern, die aufnehmen sollen?
enn das nicht geht: Was ist mit der Verantwortung der
SA? Wenn das nicht geht: Was ist mit unserer eigenen
erantwortung? Sie können sicher sein, dass wir am
nde des Tages unserer Verantwortung nicht aus dem
eg gehen werden, dass wir unsere Verantwortung
ahrnehmen werden.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sieht Frau Steinbach anders!)


ber das machen wir, wenn das ansteht, zeitlich gese-
en. Dann werden wir auch entsprechende Verhandlun-
en führen. Ich glaube, wir werden in der Koalition zu
iner guten Lösung kommen. Ich habe, ehrlich gesagt,
elativ wenig Verständnis dafür, dass Sie die Menschen-
echtsdiskussion quasi zur Eröffnung des Bundestags-
ahlkampfs nutzen. Das hat die Sache nicht verdient.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann haben wir schon 2007 den Wahlkampf eröffnet! Ein Antrag ist von 2007!)


Abschließend würde ich gern noch Folgendes sagen:
er Menschenrechtsbericht zeigt, dass innerhalb dieses
arlaments und auch innerhalb der Bundesregierung
ine hohe Sensibilität für die Menschenrechtsfrage exis-
iert. Das heißt nicht, dass es in Deutschland keine Pro-
leme gäbe. Es existiert kein Land, in dem keine Pro-
leme bestehen. Aber wir haben hier ein paar Vorteile,
ie wir uns immer wieder bewusst machen sollten. Wir
aben ein demokratisch legitimiertes Parlament mit ei-
em Menschenrechtsausschuss, der sich sehr intensiv






(A) )



(B) )


Holger Haibach
bemüht. Es gibt entsprechende Institutionen auf der
Bundesebene und auf der Länderebene; das geht bis in
die Kommunen hinein. Wir haben ein funktionierendes
Rechtssystem, und – das wissen wir spätestens seit dem
UPR; das wussten wir aber auch schon vorher – es gibt
eine wache Zivilgesellschaft. Alles das sollte uns ab und
zu ein bisschen stolz machen auf das, was wir in den ver-
gangenen Jahren erreicht haben.

Danke sehr.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie des Abg. Burkhardt Müller-Sönksen [FDP])



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620814100

Die Kollegin Monika Knoche hat das Wort für die

Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Monika Knoche (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620814200

Frau Präsidentin! Meine Herren und Damen! In der

heutigen Debatte gilt es, das Engagement für Menschen-
rechte in den auswärtigen Beziehungen zu bewerten. Ich
frage: Ist das Engagement in diesen Beziehungen ge-
recht verteilt, und ist es richtig verteilt? Ich nenne Ihnen
einige meiner Zweifel.

Immer wieder kam es zu Belastungen im deutsch-pol-
nischen Verhältnis, weil der Bund der Vertriebenen dem
bodengebundenen Menschenrecht auf Heimat nach-
hängt. Wir Linke legen ein aufgeklärtes Menschen-
rechtsverständnis zugrunde, und das ist in der Politik ge-
genüber Polen unverzichtbar.

In Europa müssen heutzutage Grundrechte vor dem
Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte einge-
klagt werden, um zum Beispiel als Schwangere das
Recht auf einen medizinisch begründeten Schwanger-
schaftsabbruch zugesprochen zu bekommen. Der prä-
gende Einfluss der katholischen Kirche auf Gesetze und
Gesellschaft entzieht noch immer Europäerinnen im
21. Jahrhundert das Grundrecht auf Selbstbestimmung.
So darf es nicht bleiben.


(Beifall bei der LINKEN)


Das Gleiche gilt für die gleichgeschlechtliche Orien-
tierung. Es passt nicht zu einem modernen Europa, wenn
Homosexuelle von der Polizei in Europa niedergeknüp-
pelt werden.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Bundesregierung muss die von Amnesty Interna-
tional beklagte Situation in Gefängnissen in verschiede-
nen Ländern Europas deutlich zur Sprache bringen.
Auch bei Russland steht zwar allenthalben die Presse-
und Meinungsfreiheit in Rede, um die Lage von Solda-
ten, die Diskriminierung von Drogenabhängigen und
Prostituierten kümmert sich in Deutschland aber nur eine
Handvoll Abgeordnete.


(Beifall bei der LINKEN – Holger Haibach [CDU/ CSU]: Das ist eine Unverschämtheit!)


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(C (D Ich fordere von der OSZE, die die Einhaltung der enschenrechte zu ihrem Selbstverständnis erklärt, zur inschränkung der Pressefreiheit in Georgien unter aakaschwili genauso entschieden Stellung zu nehmen. benso wenig darf die Missachtung von Frauenrechten ei Zwangsprostitution und Menschenhandel in Osturopa vernachlässigt werden. Frau Kollegin Knoche, möchten Sie eine Zwischen rage des Herrn Haibach zulassen? Ja. Herr Haibach, bitte sehr. Frau Kollegin Knoche, sind Sie bitte bereit, zur enntnis zu nehmen, dass der Menschenrechtsausschuss m vergangenen Jahr eine Delegationsreise nach Russand und Weißrussland unternommen hat und dort elbstverständlich Gefängnisse besichtigt hat, dass aber ie Fraktion Die Linke nicht in der Lage war, einen Teilehmer für diese Reise zu benennen? (Beifall bei Abgeordneten der FDP – Angelika Graf [Rosenheim] [SPD]: Nicht nur da nicht!)


(Beifall bei der LINKEN)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620814300
Monika Knoche (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620814400
Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620814500
Holger Haibach (CDU):
Rede ID: ID1620814600


Monika Knoche (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620814700

Darf ich Ihnen entgegnen, dass ich als Mitglied des

uswärtigen Ausschusses eine Delegationsreise unserer
raktion nach Polen und Russland gemacht und genau
iese Frauenrechtsfrage thematisiert habe. Im Übrigen
abe ich auch mit dem Gesundheitsausschuss ähnliche
nitiativen unternommen.

Allerdings spreche ich jetzt als Außenpolitikerin zu
ieser Frage. In diesem Zusammenhang kann ich mit der
ffiziellen Außenpolitik nicht zufrieden sein.


(Beifall bei der LINKEN – Burkhardt MüllerSönksen [FDP]: Mit der eigenen Fraktion nicht zufrieden sein!)


Ich beklage als Außenpolitikerin auch, dass die Bun-
esregierung die Rolle des Kosovos in der Frauenhan-
elsfrage nicht ausdrücklich thematisiert. Gelten Men-
chenrechte universell, oder werden sie nur dann zur
edingung in den auswärtigen Beziehungen gemacht,
enn sie eigenen Interessen nützen? Das ist meine
rage. Das ist eine ernsthafte Frage; denn Menschen-
echte dürfen nicht zum Instrument von Nützlichkeitser-
ägungen werden und bei befreundeten Staaten ein
chattendasein einnehmen. Die Menschenrechtspolitik
arf auch nicht durch wirtschaftliche und strategische In-
eressen ausgehöhlt werden.


(Beifall bei der LINKEN)







(A) )



(B) )


Monika Knoche
Ich betone, dass es aber auch Erfolge gibt. Bolivien
beispielsweise tritt in einem Maße positiv hervor, wie es
seinesgleichen in Lateinamerika sucht. Unter Präsident
Morales hat die Bevölkerung verfassungsverbriefte
Rechte bekommen, die sie vorher nicht kannte. Kultu-
relle und soziale Rechte sind Menschenrechte, die mit
demokratischen Mitteln erkämpft wurden.


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Jetzt müssen Sie nur noch Ihren Freund Chávez zitieren!)


– Ich komme gleich auf Herrn Chávez zu sprechen. –
Die indigene Sprache ist Amtssprache und damit Grund-
voraussetzung aller Menschen, an der Demokratie in La-
teinamerika teilzuhaben.


(Beifall bei der LINKEN – Burkhardt MüllerSönksen [FDP]: Deshalb hat er auch die Verfassung geändert! – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es fehlt nur noch Kuba!)


Die Linke sagt: Diese menschenrechtliche Leistung
muss Deutschland endlich anerkennen, seine politischen,
wirtschaftlichen und diplomatischen Kontakte intensi-
vieren und diesen Staat aufwerten.

Auch in Ecuador gibt es eine neue Verfassung qua
Volksentscheid. Diese gibt der Mehrheit der Menschen
kulturelle Heimat im eigenen Land. Das Bemühen, die
Natur zu erhalten, die Kultur zu schützen und eine öko-
logische Neuausrichtung der Wirtschaft zu vollziehen,
ist von hohem umweltpolitischen Wert, und sie muss
deutliche Unterstützung erhalten.


(Beifall bei der LINKEN)


Wenn dort wie auch in Venezuela das Recht auf Bil-
dung, auf Gesundheitsversorgung und auf die Überwin-
dung von Armut und Analphabetismus durch die Regie-
rung Chávez zum Staatsziel erhoben wird, dann werden
auch damit elementare Menschenrechte verwirklicht.


(Beifall bei der LINKEN – Holger Haibach [CDU/ CSU]: Und andere eingeschränkt!)


Die Linke kann jedoch nicht akzeptieren, dass zur Re-
gierung Uribe in Kolumbien beste Kontakte gepflegt
werden, wissend, wie immens die tagtägliche Gewalt
und das Morden der Paramilitärs und die Aufrechterhal-
tung der Kultur des Todes sind. Der militärische „Plan
Columbia“ fordert Tausende von Todesopfern, gerade
unter der bäuerlichen Bevölkerung. Entführungen sind
dort Alltag. Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter
werden ermordet, wenn sie für soziale Rechte kämpfen.
Bitte sehr! Hier ist das Engagement der Bundesregierung
gefordert.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Amerikapolitik insgesamt ist neu zu justieren.
Präsident Obama hat gesagt, er will dem internationalen
Recht folgen. Folgerichtig muss demnach die USA den
Internationalen Strafgerichtshof anerkennen. Es ist unab-
dingbar, dass die einzig verbliebene politische und mili-
tärische Weltmacht und Mitglied des UN-Sicherheitsra-
tes den Internationalen Strafgerichtshof anerkennt.

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(C (D s muss Schluss sein damit, dass US-Staatsbürgerinnen nd -bürger, dass US-Soldatinnen und -Soldaten nicht er Gerichtsbarkeit dieses Gerichtshofes unterstellt weren können. Wenn Kriegsverbrechen, wenn Folter und Foltergeängnisse existieren, gibt es dafür Verantwortliche. Dieer Täter muss man habhaft werden. Auch Amerika uss sich endlich zur Einhaltung der internationalen enschenrechte verpflichten. Das gilt gerade auch für ie Gefängnisse, die die USA in Afghanistan unterhalen. In Bagram existiert ein riesiges Antiterrorgefängnis. aut Spiegel sitzen dort 650 Gefangene ein. Menschen echtlerinnen und -rechtler sowie Journalisten werden om Militär ausgesperrt. Die CIA unterhält Geheimgeängnisse, schreibt der Spiegel im Januar 2009. Laut Taesschau nimmt ein deutscher ISAF-Stabsoffizier Verindungsaufgaben im Militärstützpunkt Bagram wahr. ll das ist Teil des Krieges gegen den Terror. Den will räsident Obama noch weiter intensivieren. Ist das die adikale Wende, die wir von Obama erwartet haben? enn Deutschland auf dem nächsten NATO-Gipfel dieer Kriegspolitik keine Absage erteilt, heißt das, dass ortwährende Menschenrechtsverletzungen billigend in auf genommen werden. Schon 2006 und 2007 unter Bush hat die USA die geerelle Anfrage gestellt, ob Deutschland bereit ist, uantánamo-Häftlinge aufzunehmen. Deutschland hat as abgelehnt, obgleich Linke und Menschenrechtsorgaisationen das vehement einfordern. Es darf nicht dazu ommen, dass wegen Minister Schäubles Weigerung unchuldig Inhaftierte weiter einsitzen. Ansonsten würde ich Deutschland mitschuldig machen. Deutschland ist oralisch verpflichtet, diese unschuldigen Häftlinge ufzunehmen. Will Deutschland ein verlässlicher Anwalt für Menchenrechte sein, darf die Unterstützung von Kriegen zw. die Kriegsbeteiligung nicht fortgeführt werden. eutschland muss die Beteiligung am Afghanistankrieg eenden; denn Menschenrechte sind bekanntlich nicht erhandelbar. Volker Beck hat jetzt das Wort für Bündnis 90/Die rünen. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nur ein atz zu Ihnen, Frau Knoche: Ich glaube, ganz so einfach nd so holzschnittartig, wie Sie es gerade dargestellt haen, sind die Verhältnisse nicht. (Monika Knoche [DIE LINKE]: Bei mir war gar nichts holzschnittartig!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620814800
Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620814900

twas mehr Differenzierung wäre wünschenswert, und
s würde vielleicht auch einmal guttun, wenn Ihr Kol-






(A) )



(B) )


Volker Beck (Köln)

lege aus unserem Ausschuss in dieser Debatte sprechen
könnte, der ja die Problematiken kennt.


(Monika Knoche [DIE LINKE]: Ich kenne die Problematiken! Werden Sie nicht übermütig, Herr Kollege!)


Er hätte zum Beispiel gewusst, dass wir erst letztes Jahr
auf Ausschussreise in Kolumbien und Peru waren. Ich
glaube, es war kein Mitglied der Linksfraktion dabei.
Kritisieren Sie hier also nicht, dass bestimmte Themen
ausgeklammert werden, obwohl wir uns als Ausschuss
durchaus fachlich darum kümmern.

Etwas anderes ist die Frage, wie man die Situation in
Kolumbien beurteilt. Da gehe ich durchaus mit Ihnen
konform. Auch ich finde, dass es nicht gut ist, wie die
Regierung dort handelt, und dass der Krieg gegen die
Drogen, der zulasten der Bevölkerung geht, nicht die
richtige Strategie ist und wir diese deshalb auch nicht
unterstützen sollten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Johannes Jung [Karlsruhe] [SPD])



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620815000

Herr Kollege Beck, möchten Sie eine Zwischenfrage

zulassen?


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620815100

Aber mit Vergnügen, wenn es der Redezeit dient.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620815200

Bitte schön.


Monika Knoche (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620815300

Herr Kollege Beck, ich weiß ja, dass Sie sich gerne

gegen die Linke profilieren. Aber die Linksfraktion ist
annähernd gleich groß wie Ihre Fraktion, Herr Kollege.


(Zuruf von der FDP: Frage!)


Wir haben Außenpolitikerinnen und -politiker, wir haben
Entwicklungspolitikerinnen und -politiker, wir haben
Menschenrechtspolitikerinnen und -politiker, die sich
um die entsprechenden Themen kümmern.

Würden Sie bitte zur Kenntnis nehmen, dass sowohl
ich als Außenpolitikerin als auch unser Entwicklungspo-
litiker und auch unser haushaltspolitischer Abgeordne-
ter, Herr Michael Leutert, an all diesen Reisen teilneh-
men, sofern es möglich ist.

Ich war im vergangenen Sommer mit der deutsch-la-
teinamerikanischen Parlamentariergruppe des Bundesta-
ges in Kolumbien. Also lassen Sie das! Wir sind mit aller
Kraft, auch in personeller Hinsicht, in der Menschen-
rechtsfrage in Lateinamerika engagiert.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)



Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620815400

Ihre Frage hat gezeigt, dass ich mit meiner Bemer-

kung ins Schwarze getroffen habe

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(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


nd dass Sie in Ihrer Fraktion ein relevantes Problem in
er Menschenrechtspolitik haben. Diese Politik wird von
anchen nicht gewünscht, sodass manche Abgeordnete

icht sprechen dürfen.

Meine Damen und Herren, wir diskutieren über den
enschenrechtsbericht der Bundesregierung und einige
nträge hierzu. Ich glaube, der Bericht ist in Ordnung.
as Problem ist die Politik – oder besser: die Politiken –
er Bundesregierung. Es gibt nämlich in der Menschen-
echtspolitik zwei Linien. Das konnten wir gestern im

enschenrechtsausschuss sehen, wo Frau Steinbach
em Auswärtigen Amt vorgeworfen hat, die Politik der
undesregierung werde von den deutschen Botschaften

m Ausland boykottiert,


(Erika Steinbach [CDU/CSU]: Jetzt müssen Sie das aber genau sagen!)


ährend der Kollege Jung betont hat, dass es ganz wich-
ig sei, die Differenzen innerhalb der Koalition in der

enschenrechtspolitik deutlich zu machen, und dass
an sehr dankbar für die Differenzen sei. Wer keine ab-

estimmte Menschenrechts- und Außenpolitik hat, hat
eder außenpolitisch noch menschenrechtspolitisch im
usland irgendeinen Einfluss. Das ist das Problem im
inblick auf China, auf Russland und auf die zentral-

siatischen Staaten. Immer gibt es zwei politische Li-
ien. Deutschland richtet mit seinem Gewicht nichts aus,
bwohl es in vielen Punkten hilfreich sein könnte.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


In dem Bericht kommt vielleicht ein Aspekt zu kurz,
en wir in der Zukunft stärker diskutieren sollten, näm-
ich die Frage der exterritorialen Staatenpflichten, zu de-
en ich in meiner Rede noch einiges sagen will. Wir ha-
en gesehen, dass gerade die Herrschaft des Rechts sehr
ichtig ist. Das zeigt der Haftbefehl, den Sie angespro-

hen haben, gegen Herrn al-Baschir, Staatspräsident des
udan. Daran erkennt man, wie wichtig der Internatio-
ale Strafgerichtshof ist. Ich hoffe und erwarte von der
euen amerikanischen Administration, dass es nicht nur
in „change“ in der Politik in Bezug auf den Kampf ge-
en den Terror und auf Guantánamo gibt, sondern dass
ie US-amerikanische Regierung endlich auch das Statut
es Internationalen Strafgerichtshofes ratifiziert.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Nun zum Thema Guantánamo. Wir fordern in unse-
em Antrag, dass man sich grundsätzlich bereit erklärt,
uch unschuldige Gefangene aus Guantánamo aufzuneh-
en. So steht es in dem Text, über den Sie jetzt abstim-
en und den Sie ablehnen wollen.


(Christoph Strässer [SPD]: Das hilft ja nichts!)


erade wenn wir von den Amerikanern mehr Multilate-
alität verlangen, müssen wir uns zu Herzen nehmen,
as Vizepräsident Joe Biden vor den Teilnehmern der
ünchner Sicherheitskonferenz gesagt hat: Unsere Si-






(A) )



(B) )


Volker Beck (Köln)

cherheit teilen wir, so auch unsere Verantwortung, sie zu
verteidigen. – Das hat er zum Thema Guantánamo ge-
sagt. Deshalb müssen wir, wenn es notwendig ist, bereit
sein, Gefangene aufzunehmen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Christoph Strässer [SPD]: Genau so!)


Wer sagt, wir würden das nur fordern, weil Wahl-
kampf sei, den kann ich nur darauf hinweisen: Bereits in
einem Antrag zur Menschenrechtslage der Uiguren von
2007 haben wir diese Forderung erhoben. Und wer sagt,
es gebe keine Anfragen aus den USA, dem lese ich aus
der Presse vor.


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Ach so!)


Die taz vom 3. Februar schreibt:


(Burkhardt Müller-Sönksen [FDP]: Die taz, das offizielle Presseorgan der Vereinigten Staaten!)


Schon 2006 und 2007 hat die US-Regierung ange-
fragt, ob Guantánamo-Häftlinge aufgenommen
werden können, gibt das Auswärtige Amt zu. Diese
wurden aber abgelehnt.

Hört, hört! Es gibt also eine aktuelle Anfrage. Unter
Freunden schickt man natürlich nicht einen offiziellen
Brief des Präsidenten an die Bundeskanzlerin, sondern
fühlt mit der Botschaft beim Auswärtigen Amt vor, um
zu sehen, wie darauf reagiert wird.

Wer da jetzt keinen Beitrag leistet, dem muss ins
Stammbuch geschrieben werden: Dann sind das in
Guantánamo auch unsere Gefangenen, es ist auch un-
ser Lager, weil wir dazu beitragen, dass nicht tatverdäch-
tige Personen nicht in Freiheit gelangen. Das darf nicht
länger der Fall sein.

Wenn Sie uns einen Vorwurf machen, können Sie die-
sen auch Ihrer CSU-Fraktion im Münchner Stadtrat ma-
chen. Denn sie hat sich bereit erklärt, die Uiguren aus
Guantánamo in München aufzunehmen. Das Gleiche er-
warten wir von Ihnen, damit wir hier einen Schritt vor-
ankommen.

Nachhilfestunden, Herr Haibach, brauchen wir in
punkto Guantánamo und Menschenrechte von Ihnen ge-
wiss nicht. Der Deutsche Bundestag hat auf Antrag der
rot-grünen Koalition 2004 beschlossen, die Bundesregie-
rung aufzufordern, alles dafür zu tun, dass Guantánamo
geschlossen wird.


(Holger Haibach [CDU/CSU]: Aber gemacht habt ihr nichts!)


Wir haben im Februar 2002, eine Woche nachdem die
Eltern von Kurnaz dem Auswärtigen Amt geschrieben
haben, in Washington durch die Botschaft in Bezug auf
Kurnaz nachgefragt, und man hat uns beschieden, dass
wir keine Antwort bekommen, weil er nicht unser
Staatsbürger ist.

Die ehemalige Menschenrechtsbeauftragte Claudia
Roth, die Sie vorhin erwähnt haben, hat im Jahr 2003 auf
der Konferenz des Internationalen Roten Kreuzes und

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(C (D es Roten Halbmondes Guantánamo angesprochen. Sie at dort die Schließung des Lagers sowie die Beendiung der illegalen und menschenrechtswidrigen Praktien verlangt. Wir haben uns da nichts vorzuwerfen. Aber was ist Ihre Logik? Der Innenminister sagt, ahrscheinlich sei jemand, der in Guantánamo war, ge ährlicher als ohne diese Leidenszeit. Der bayerische Inenminister sagt, von einer gewissen Verbindung zum errorismus müsse auch bei Unverdächtigen ausgeganen werden. Was heißt das denn? Ist Guantánamo richig, und hat Herr Bush es richtig gemacht, als er diese eute weiter gefangen hielt, oder nicht? Was sollen diese ussagen? An dieser Stelle sollte man Wahrheit und larheit in die Debatte bringen. Zweiter Punkt: Anträge zum Völkerstrafgesetzbuch. ir haben es unter Rot-Grün eingeführt. Es ist eine ganz ichtige Voraussetzung für die Herrschaft des Rechtes. ber es gab einige Fälle, wo es nicht richtig funktioniert at. Hier müssen wir mehr tun. Gegen den usbekischen nnenminister, Herrn Almatow, der in Deutschland zur rztlichen Behandlung war, wurde nicht ermittelt, obwohl ine Strafanzeige vorlag. Auch gegen Herrn Inojatow lag ine Strafanzeige vor. Er war im letzten Jahr als Geheimienstchef von Usbekistan auf Einladung der Bundesreierung in Deutschland. Das ist ein Skandal. Wir müssen afür sorgen, dass in der Strafprozessordnung die Mänel beseitigt werden und dass der Generalbundesanwälin endlich die personellen Ressourcen für die Ermittung in diesen Fällen zur Verfügung stehen, damit sich o etwas nicht wiederholt. Menschenrechtsverletzer üssen, wenn sie unsere Grenzen überschreiten, in eutschland festgenommen, angeklagt und vor Gericht estellt werden. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir diskutieren gerade wieder über „Atalanta“ und
ber die Frage, was eigentlich bei Bundeswehreinsätzen
m Ausland gilt. Ich denke, wir brauchen dringend ein
esetz, das regelt, wie die menschenrechtlichen Stan-
ards der EMRK bei solchen Auslandseinsätzen durch
ie Soldaten und Bundespolizisten angewandt werden
üssen. Für mich ist ganz klar: Wenn man jemanden

esthält, bei dem dringender Tatverdacht der Piraterie
esteht, dann muss er vor Gericht gestellt oder freigelas-
en werden. Solange wir keine Möglichkeit haben, ihn in
in Land zu überstellen, von dem wir wissen, dass dort
ie EMRK beachtet wird, dass also rechtsstaatliche Ver-
ahren eingehalten werden sowie keine Folter und keine
odesstrafe drohen, so lange muss er vor deutsche Ge-
ichte gestellt werden.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620815500

Herr Kollege Beck, Sie müssen zum Schluss kom-

en.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620815600

Eine letzte Bemerkung.






(A) )



(B) )


Volker Beck (Köln)

Die Bundesregierung arbeitet gerade mit Kenia an ei-
nem Abkommen zur Überstellung. Ich erwarte, dass die
Bundesregierung den Mitgliedern des Menschenrechts-
ausschusses, des Auswärtigen Ausschusses und des
Rechtsausschusses Rede und Antwort steht, wie in diesem
Abkommen gewährleistet ist, dass die Menschenrechte,
die in der Europäischen Menschenrechtskonvention doku-
mentiert sind, ohne ein Jota Abzug gewährleistet sind.
Wenn sie gewährleistet sind, kann man überstellen; dann
ist das so korrekt. Aber wenn sie nicht gewährleistet
sind, dann geht es einfach nicht. In diesem Falle haben
wir das Problem selbst zu schultern.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620815700

Angelika Graf hat das Wort für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Angelika Graf (SPD):
Rede ID: ID1620815800

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Frau Knoche, ich muss zunächst auf Ihren Redebeitrag
zurückkommen. Ich ärgere mich jedes Mal darüber, dass
die Linke Anträge zu Menschenrechtsfragen stellt, aber
dann, wenn diese Anträge in unserem Ausschuss bear-
beitet werden, nicht anwesend ist. Wir unternehmen Rei-
sen und besuchen Gefängnisse. Ihre Kollegen nehmen
daran aber nicht teil. Ich glaube, dass Sie hier kein Recht
haben, irgendetwas zum Thema Menschenrechtspolitik
bzw. zur Arbeit im Menschenrechtsausschuss zu sagen,
wenn sich Ihre Fraktionskollegen dieser Arbeit entzie-
hen.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Der Kollege Haibach hat schon angesprochen, dass
wir im Zusammenhang mit dem Achten Bericht der
Bundesregierung über die Menschenrechtspolitik ein
breites Themenspektrum bearbeiten. Erlauben Sie mir,
dass ich nur ein paar Schlaglichter auf die Bereiche „Ge-
walt an Frauen“ und „Integration“ werfe.

Mir fällt sehr positiv auf, dass der Bericht anerkennt,
dass Frauen aufgrund ihrer innergesellschaftlichen ge-
schlechtsspezifischen Diskriminierung von negativen
gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und klimatischen
Entwicklungen ganz besonders betroffen sind. Wer sieht
denn nicht vor seinem geistigen Auge diese endlosen
Flüchtlingsströme von Frauen mit ihren Kindern in Afrika
und in anderen Krisenherden der Welt?

Wir wissen, dass die aktuelle Wirtschaftslage insbe-
sondere für die Frauen in den Entwicklungs- und
Schwellenländern viel Elend mit sich bringen wird. In
dieser Woche haben die Ausschussvorsitzende und ich
ein Gespräch mit Vertretern von OCHA geführt. Wir ma-
chen uns zwar viele Gedanken über die Folge dieser
Krise für uns. Wir denken dabei aber viel zu wenig darü-
ber nach, wie wir mit den Auswirkungen auf die Ent-
wicklungs- und Schwellenländer umgehen wollen. Ich
denke, daran müssen wir wirklich arbeiten.

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(C (D (Beifall des Abg. Thilo Hoppe [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


Im Achten Menschenrechtsbericht werden Men-
chenrechtsverletzungen an Frauen und Mädchen insbe-
ondere unter dem Aspekt „Gewalt gegen Frauen“ be-
rachtet. Das schließt die Themen ein, mit denen sich
nser Ausschuss und der Frauenausschuss in den letzten
ier Jahren mehrfach intensiv beschäftigt haben, zum
eispiel den angesprochenen Frauenhandel zum Zwecke
er Zwangsprostitution, Zwangsverheiratungen oder Ge-
italverstümmelungen.

Lobenswert ist der Aktionsplan II der Bundesregie-
ung zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen. Mögli-
he Mehrfachdiskriminierungen werden darin erkannt.
n diesem Zusammenhang wird auch erwähnt, dass
rauen mit Migrationshintergrund und Frauen mit Be-
inderung oft in einer sehr schwierigen Lage und häufig
on Diskriminierung betroffen sind. Ich finde es positiv,
ass die seit Jahren bestehende Bund-Länder-Koopera-
ion zu den Themen häusliche Gewalt und Frauenhandel
uch in den letzten Jahren fortgeführt wurde. Löblich ist
benso das internationale Engagement der Bundesregie-
ung auf EU-Ebene mit Daphne III, auf VN-Ebene – ins-
esondere mit der Resolution zur Beseitigung von Ge-
alt gegen Frauen – und in der OECD.

Die Erwähnung von CEDAW, also der Konvention
egen jegliche Form von Gewalt gegen Frauen, des von
er Bundesregierung vor dem VN-CEDAW-Ausschuss
or vier Wochen in Genf abgegebenen sechsten Staaten-
erichts und der vielen kritischen Anmerkungen, die an
ie Adresse des BMFSJ gerichtet wurden, darf an dieser
telle nicht fehlen. Das war heute früh, in der Frauende-
atte, ein Thema. Ich wiederhole hier meine Forderung,
ehr für die Durchsetzung des Gender-Mainstreaming-
rinzips auf nationaler Ebene zu tun. Ich bedanke mich
usdrücklich bei Heidemarie Wieczorek-Zeul dafür,
ass sie Gender-Mainstreaming für ihr Ministerium
um Prinzip erklärt hat und sie das Thema Gender-
ainstreaming weiterhin mit Verve bearbeitet.


(Beifall bei der SPD)


Ich habe einleitend das Thema „Integration unter
rauenspezifischen Aspekten“ gestreift. In manchen aus-
änderspezifischen Bereichen fehlen uns nach wie vor
rkenntnisse und statistisches Material. Die Bundesre-
ierung, insbesondere die Migrationsbeauftragte, Frau
r. Böhmer, hat sich zusammen mit Brigitte Zypries
arum bemüht, dass Frauenthemen sowohl beim Inte-
rationsgipfel besprochen als auch in den Nationalen In-
egrationsplan aufgenommen wurden. Aufklärung, Bera-
ung und Betreuung der potenziell Betroffenen und ihrer
mgebung sind sehr wichtig. Hier sind die Bundeslän-
er gefordert. Ich möchte mich an dieser Stelle aus-
rücklich bei den Hilfsorganisationen bedanken, die in
iesen Bereichen auf nationaler und internationaler
bene arbeiten.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Menschenrechtspolitik ist Querschnittspolitik und
chnittstellenpolitik. Es besteht zum Beispiel eine
chnittstelle zwischen der Innen- und der Außenpolitik.






(A) )



(B) )


Angelika Graf (Rosenheim)

Unter dem Vorzeichen „Frauen vor Gewalt schützen“
und dem Stichwort „Schutz für Flüchtlinge, die schon
lange bei uns leben“ haben wir insbesondere über die
Umsetzung der aufenthalts- und asylrechtlichen Richtli-
nien der Europäischen Union kritisch und auch in der
Koalition manchmal sehr kontrovers diskutiert.

Wie komplex die Materie ist, möchte ich an einem
Beispiel verdeutlichen, an der Bleiberechtsregelung. Die
SPD hat sich sehr darüber gefreut, dass wir es geschafft
haben, die Einführung eines Aufenthaltsrechts auf Probe
für diejenigen Geduldeten durchzusetzen, die seit min-
destens sechs Jahren in Deutschland sind. Davon sind
etwa 110 000 Menschen betroffen. Etwa 70 000 von ih-
nen haben inzwischen eine Aufenthaltserlaubnis bean-
tragt. 40 000 Menschen bleiben übrig. Die Frist für die
Anmeldung zu diesem Verfahren läuft in wenigen Mona-
ten aus. Die Frage ist, was wir dann tun werden. Was
passiert mit diesen Menschen? Ich denke, wir müssen
uns noch vor der Wahl Gedanken darüber machen, wie
wir mit dieser Frage umgehen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Problematisch am EU-Richtlinienumsetzungsgesetz
ist die Frage des Rückkehrrechts, zum Beispiel bei durch
Zwangsverheiratung ins Ausland verschleppten Perso-
nen. Darüber haben wir hier mehrfach und sehr kontro-
vers diskutiert. Ich möchte diese Diskussion nicht wie-
derholen; ich möchte nur noch einmal darauf hinweisen,
dass es unerträglich ist, dass Frauen nach sechs Monaten
Abwesenheit infolge einer Zwangsverheiratung, einer
sogenannten Ferienverheiratung, nicht mehr nach
Deutschland zurückkehren können.


(Beifall bei der SPD)


Sie verlieren ohne eigene Schuld ihren Aufenthaltssta-
tus. So sind sie doppelt bestraft. Sie brauchen Hilfe. Ich
gebe die Hoffnung nicht auf, dass sich diese Einsicht
auch bei unserem Koalitionspartner noch vor der Wahl
durchsetzen könnte.

Bei den Fragen der Aufenthaltsmöglichkeit von nach
Deutschland verschleppten Personen, zum Beispiel bei
Opfern von Zwangsprostitution und Arbeitsausbeutung,
hat das oben erwähnte Gesetz ebenfalls keine Verbesse-
rungen gebracht. Hier muss es, denke ich, insbesondere
für Personen, die bereit sind, in einem Strafprozess aus-
zusagen, Verbesserungen geben.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620815900

Frau Kollegin, Sie müssen bitte schnell zum Ende

kommen.


Angelika Graf (SPD):
Rede ID: ID1620816000

Ich komme gleich zum Ende. Ich möchte nur noch ein

kurzes Wort zu dem Antrag der Grünen, zur Lage der
Menschenrechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und
Transgendern sagen. Lieber Kollege Beck, ich finde, es
ist ein guter Antrag. Meine persönliche Zustimmung ha-
ben Sie. Aber Sie wissen, wie es in einer Koalition ist:
Man ist an die Koalitionsdisziplin gebunden.

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(C (D (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das respektiere ich!)


eswegen werden wir diesem Antrag leider nicht zu-
timmen können.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Burkhardt Müller-Sönksen [FDP]: Das sind ja Tränen der Rührung!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620816100

Der Kollege Hartwig Fischer hat jetzt das Wort für die

DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Hartwig Fischer (CDU):
Rede ID: ID1620816200

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe

olleginnen und Kollegen! Ich halte die Art und Weise,
n der Frau Knoche hier vorgetragen hat, für eine Zumu-
ung und für selbstgerecht.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


enn Sie durch den Ausgang Ost des Reichstages und
ann nach links gehen, sehen Sie zwischen dem Paul-
öbe-Haus und dem Marie-Elisabeth-Lüders-Haus sie-
en Kreuze, und wenn Sie durch den Ausgang Ost und
ann nach rechts gehen, sehen Sie 13 Kreuze für Men-
chen, die an der innerdeutschen Grenze aufgrund des
chießbefehls und des Todesstreifens gestorben sind.


(Zuruf von der LINKEN – Dr. Karl Addicks [FDP]: Ja! Ja!)


enn Sie in dieser Zeit über die Begriffe Rechtsstaat
nd Unrechtsstaat in Ihrer Fraktion diskutieren, dann
ann ich nur sagen: Sie haben nicht den Anspruch, mit
em Sie hier angetreten sind, über Menschenrechtsfra-
en zu diskutieren.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Herr Beck, Sie haben eben die Verhandlungen mit
enia und die Frage der Piraterie angesprochen. Ich
laube, Sie sind nicht richtig informiert. Es ist keine
eutsche, sondern eine europäische Frage, die von
schechien im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft
echtlich zu klären ist und derzeit geklärt wird. Insoweit
önnen wir den Punkt verlassen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn die ein Abkommen machen, müssen wir das unterschreiben!)


Über den Menschenrechtsbericht mit der Drucksa-
hennummer 16/10037 sollte nicht nur im Bundestag
iskutiert werden, sondern vielleicht auch einmal an un-
eren Schulen und in gesellschaftlichen Gruppen,


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)







(A) )



(B) )


Hartwig Fischer (Göttingen)

weil er in den vielen Kapiteln deutlich macht, welche
Menschenrechtsverletzungen an vielen Stellen auf dieser
Welt, aber auch noch in Europa, geschehen. Schwer-
punkte deutscher Menschenrechtspolitik sind zusammen
mit Maßnahmen aufgelistet. In Kap. 1 steht zum Bei-
spiel, wo es die Todesstrafe gibt, wo es Folter gibt, wo es
Diskriminierung gibt und wie wir das in Verhandlungen
des Entwicklungsministeriums einbeziehen.

In Kap. 2 geht es um Armutsbekämpfung und Men-
schenrechte. Ich wiederhole hier, was ich schon oft ge-
sagt habe. Immer noch sterben täglich 30 000 Kinder an
mangelndem oder schlechtem Wasser, an mangelnder
Ernährung und Ähnlichem. 970 Millionen Menschen le-
ben unter der Armutsgrenze von 1 Dollar pro Tag.

In Kap. 4 „Menschenrechte von Kindern“ kann man
sich über die Situation informieren: über die nationalen
Maßnahmen, aber auch die internationalen Maßnahmen,
über Kinder in bewaffneten Konflikten, über Gewalt ge-
gen Kinder, über Kinderhandel, Kinderprostitution und
Kinderpornografie, über Kinderarbeit, Kinderarmut und
darüber, was wir mit den Durchführungsorganisationen
wie UNICEF oder auch mit der EU gemeinsam tun.

Teil C befasst sich mit Menschenrechten weltweit und
dem Brennpunkt „Weibliche Genitalverstümmelung
weltweit“. Ich weise bewusst auf Folgendes hin, weil
diese Sitzung von Phönix übertragen wird: Wenn Sie
sich diesen Bericht von meiner Homepage oder der Ho-
mepage der Bundesregierung herunterladen, schauen Sie
sich einmal Seite 145 an. Weltweit sind 140 Millionen
Frauen und Mädchen Opfer von Genitalverstümmelung.
Jährlich gibt es 3 Millionen neue Opfer. Allen Ausprä-
gungen der Praxis ist gemein, dass sie irreversibel sind
und die Frauen psychisch und physisch ihr Leben lang
darunter leiden. Über diese Fragen müssen wir in unse-
rer Gesellschaft diskutieren. Schließlich werden wir im-
mer wieder gefragt, wofür wir unsere Mittel einsetzen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Herr Nooke, ich danke Ihnen und der Regierung ins-
gesamt für die umfassenden Darstellungen im Men-
schenrechtsbericht. Ich bitte Sie ganz herzlich, dazu bei-
zutragen, dass wir nach der nächsten Bundestagswahl
das nächste Kapitel beim Thema Menschenrechte auf-
schlagen können. Viele von Ihnen wissen, dass mir dies
ein besonderes Anliegen ist.

Zufällig habe ich von einem angeblich unschuldig
Verurteilten in Ruanda gehört. Ich habe mich dieses Fal-
les angenommen und diesen Häftling, als ich in Ruanda
war, besucht. Ich konnte erreichen, dass drei Jahre spä-
ter, im Jahr 2005, seine Unschuld festgestellt wurde, und
das, nachdem er fast zehn Jahre gesessen hatte, ohne
dass es überhaupt zur Anklage gekommen ist. Das hatte
mit dem Rechtssystem und mit Genozid in Ruanda zu
tun.

Damals besuchte ich zum ersten Mal ein Gefängnis.
Seitdem ist ein Gefängnisbesuch Bestandteil meiner Rei-
sen in Entwicklungsländer. Ich bin dankbar, dass die
Mitglieder aller anderen Fraktionen das inzwischen ge-

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(C (D auso handhaben. Es ist unvorstellbar, was man in mahen Ländern erlebt. Meine Damen und Herren, ich stehe hier an einem ednerpult, das ungefähr 60 Zentimeter breit ist. Wir haen einmal ein Gefängnis besucht, in dem eine Zelle icht nur 60 Zentimeter breit, sondern auch nur 0 Zentimeter hoch war. In einer solchen Zelle kann man ur liegen. Bis vor drei Jahren musste sich ein Häftling ine solche Zelle zum Schlafen mit drei weiteren Persoen teilen, heute noch mit zwei. Die Häftlinge dürfen hre Zelle verlassen. Wenn sie das tun, kommen sie in eien Raum, der etwa 200 Quadratmeter groß ist. Wir haben Gefängnisse gesehen, in denen eine dreiis vierfache Überbelegung herrschte, wir haben geseen, dass dieser Gefängnisbau im Jahre 1919 errichtet ar. Wir haben zum Tode verurteilte Frauen, die wegen ines Gerichtsurteils in ihrem Land nicht mehr hingeichtet werden durften, in ihren Zellen besucht. Sie waen in Zellen untergebracht, die ihnen eine Breite von 0 Zentimetern zum Schlafen ließen. Vier Frauen mussen auf dem Betonfußboden liegen, drei nebeneinander nd eine quer. Ihre Zellen waren 1,80 Meter mal ,40 Meter groß und hatten nur ein kleines Fenster. Die ellen durften zwischen 8 Uhr und 17 Uhr verlassen erden. Danach wurden die Frauen dort eingeschlossen. n den Ländern, von denen ich spreche, herrschen zum eil Temperaturen von 35 oder 40 Grad Celsius. Außerem steht den Häftlingen zur Verrichtung ihrer Notdurft ur ein einziger Topf zur Verfügung. Sie können sich siherlich vorstellen, was in einer solchen Zelle los ist. Ich bitte Sie ganz herzlich – diese Bitte richtet sich uch an das Auswärtige Amt –, dafür zu sorgen, dass olche Gefängnisse von Vertretern unserer Botschaften icht nur dann besucht werden, wenn dort einmal ein eutscher oder ein Europäer, den wir betreuen, inhaftiert st. Vielmehr muss es ständig zu unseren Aufgaben geören, auf eine Verbesserung der Zustände in den Geängnissen hinzuwirken. Ich glaube, dass man vom Blick n ein Gefängnis auf den Zustand der Regierung im jeeiligen Land schließen kann. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


Lassen Sie mich darauf hinweisen, dass einige Kolle-
en gemeinsam ein solches Gefängnis besucht haben.
ir haben den Insassen versprochen, sie in Zukunft wie-

er zu besuchen. Bei unserem Besuch hatten wir die
öglichkeit, zu 400 Gefangenen zu sprechen. Als wir

ie fragten, ob sie geschlagen werden bzw. was mit ihnen
eschieht, traten einige von ihnen vor und berichteten
ns. Wir haben zu ihnen gesagt: Geben Sie uns bitte Ihre
amen und Ihre Nummern. Ein Kollege von uns wird
ie bald wieder besuchen und sich nach Ihnen erkundi-
en. – Zuerst waren wir mit dem Ausschuss dort, ein
albes Jahr später hat der Kollege Vaatz das Gefängnis
esucht, und einige Zeit später waren wir wieder dort.
ie Situation in diesem Gefängnis ist zwar noch nicht
ptimal, hat sich aber verbessert. Die Häftlinge wissen,
ass sie auf der Welt ein Sprachrohr haben.






(A) )



(B) )


Hartwig Fischer (Göttingen)

Ich möchte Ihnen ein Beispiel aus einem anderen
Land nennen, nämlich aus Angola. Die Verhältnisse wa-
ren dort verheerend. Wir haben festgestellt, dass man in
Angola mit den Budgetmitteln anderer Länder ein nagel-
neues Gefängnis gebaut hat, das, wenn es auch nicht mit
unseren Gefängnissen zu vergleichen ist, über fast opti-
male Voraussetzungen verfügte. Zwar sind dort auch
heute noch 30 Häftlinge pro Schlafsaal untergebracht,
aber er verfügt über vernünftige Betten und ist klimati-
siert. Außerdem gibt es dort Werkstätten, in denen die
Häftlinge arbeiten, mit dem Anspruch, sie nach erfolg-
reicher Rehabilitation wieder ins gesellschaftliche Leben
zu entlassen. Meine Damen und Herren, ich bitte Sie,
dieses Thema auch in Zukunft im Menschenrechtsbe-
richt und in unseren Verhandlungen zu berücksichtigen.
Menschenrechte sind für uns nicht teilbar.

Lassen Sie mich zum Schluss auf Sie, Herr Beck, zu-
rückkommen: Ich bin froh, dass wir eine Kanzlerin ha-
ben, die gegenüber Putin den Tschetschenien-Konflikt
angesprochen hat, die gegenüber Bush Guantánamo the-
matisiert hat und die in China das Thema Menschen-
rechtsverletzungen angesprochen hat. Damit hat sie
deutlich gemacht, dass manche Leute keine lupenreinen
Demokraten sind.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Walter Riester [SPD])



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620816300

Johannes Jung spricht jetzt für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Johannes Jung (SPD):
Rede ID: ID1620816400

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Wir sind am Ende der Menschenrechtsdebatte.
Es ist gut, dass wir anlässlich des Achten Berichts der
Bundesregierung über ihre Menschenrechtspolitik diese
Debatte führen. Es wurde weitgehend fraktionsübergrei-
fend festgestellt, dass sich mit diesem Bericht gut arbei-
ten lässt und dass er kaum – wenn überhaupt: wenig –
Versäumnisse aufweist.

Auch ich möchte zunächst auf die Arbeit im Men-
schenrechtsausschuss zu sprechen kommen. Der ge-
schätzte Kollege Volker Beck gibt uns immer wieder Ge-
legenheit zu qualitativ hochwertigem Disput. Von
diesem wechselseitigen Miteinander lebt die Arbeit im
Ausschuss, aber auch hier im Plenum. Lieber Kollege
Beck, ich habe mir in dieser Debatte, man muss es so sa-
gen, ein Lob von Ihnen eingefangen; aber das war nur
vordergründig ein Lob. Die finstere Absicht war, mit
diesem Lob eine Spaltung der Koalition bzw. Widersprü-
che in der Arbeit der Koalition aufzuzeigen. Dieser Ver-
such schlägt natürlich fehl: So etwas wird hier entschie-
den zurückgewiesen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU – Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Haben Sie keine Zeitung gelesen, Herr Kollege?)


Ich begründe kurz, warum. Selbstverständlich gibt es
zwischen CDU/CSU und SPD erhebliche Unterschiede

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(C (D n den Auffassungen zu Außenpolitik und Menschenechten. Das ist logisch. Es muss doch einen Grund haen, warum die einen Konservative und die anderen Soialdemokraten sind. Es wäre schlimm, wenn die nterschiede nicht mehr erkennbar wären. Aus dem Vorandensein von Unterschieden allerdings zu konstruieen, dass die Bundesregierung nicht handlungsfähig sei der dass es Versäumnisse in der Menschenrechtsund ußenpolitik gebe, ist abwegig, lieber Kollege Beck. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Zweiter Punkt, Guantánamo. Wir sind alle sehr er-
reut, dass Präsident Obama handelt, dass den Ankündi-
ungen Taten folgen. Etliche von uns, auch ich, hatten
uf der Münchner Sicherheitskonferenz die Gelegenheit,
u hören, was Vizepräsident Joe Biden zu diesem Thema
u sagen hatte. Er hat in München selbstverständlich, un-
erblümt und direkt angesprochen, worüber wir heute
uch diskutieren: Ist die Bundesrepublik Deutschland
ereit, Insassen aus Guantánamo aufzunehmen?

Ich habe an dieser Stelle oft genug betont: US-Ge-
ichte haben – völlig im Einklang mit amerikanischen

erten und mit dem, was wir die westlichen Werte nen-
en – beständig und zunehmend gegen die Praxis in
uantánamo, gegen die menschenrechtswidrige Politik
er US-Administration unter George W. Bush geurteilt.
enau deshalb ist Guantánamo exterritorial und nicht in
en USA errichtet worden.

Nun kommen wir zu dem Punkt, in dem wir uns vom
oalitionspartner entscheidend abheben. Die Insassen
on Guantánamo, die, wie sich bei der Prüfung gezeigt
at, zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen und so
älschlicherweise unter Verdacht geraten und unschuldig
nhaftiert worden sind, sind nicht freiwillig dort, wollten
iemals in die USA. Es ist ihnen keineswegs zuzumuten,
hre Zukunft in einem Land zu verbringen, dessen Re-
ierung sie rechtswidrig irgendwo auf der Welt aufge-
laubt und verschleppt hat. Diesen Leuten muss gehol-
en werden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Nach wie vor unzufrieden sind wir damit, dass auch
ie neue US-Administration eine unklare Haltung zu den
xtraordinary Renditions hat. Es ist untragbar, dass hier
eine Klarheit geschaffen wird. Diese Praxis muss been-
et werden. Es kann nicht sein, dass Gefängnisse ir-
endwo auf der Welt aufgefüllt werden mit Bürgerinnen
nd Bürgern anderer Staaten und diesen möglicherweise
hnliches widerfährt wie den Menschen, um die wir uns
erne kümmern wollen, wenn wir dazu aufgefordert
ind.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Joe Biden hat in München den schönen Satz gesagt:
s wird keinen Konflikt zwischen unseren Werten und
nserer Politik geben. – Das ist etwas, worin sich die
eue Administration von ihrer Vorgängeradministration
undamental unterscheidet. Das muss ernst genommen
erden.






(A) )



(B) )


Johannes Jung (Karlsruhe)

Ich habe in Anbetracht der Zeit nur noch Gelegenheit,
zwei Themen kurz anzuschneiden. Das erste ist der Be-
reich der Menschenrechte und unserer Werte in der
Außenpolitik. – Herr Fischer, ich glaube nicht, dass es
einer Bundeskanzlerin Frau Merkel bedurft hat, um die-
ses Thema ernst zu nehmen, nirgendwo auf der Welt,


(Beifall bei der SPD)


nicht im Umgang mit arabischen Staaten, nicht im Um-
gang mit ehemals sozialistischen Staaten und ihren Regie-
rungen.


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Wie war das mit dem lupenreinen Demokraten Putin? – Gegenruf des Abg. Christoph Strässer [SPD]: Wie war das denn mit Saudi-Arabien und dem Besuch hier in Berlin? Wo war sie denn da?)


Ich bin davon überzeugt, dass die Sozialdemokratie sehr
genau weiß, worauf es dabei ankommt. Das sind auch
die Gründe, weswegen ich Sozialdemokrat geworden
bin. Dies sei in aller Deutlichkeit gesagt.

Das zweite Thema. In den letzten Jahren ist es im
Deutschen Bundestag Usus geworden, quer durch alle
Fraktionen klare Aussagen zum Thema Visaregime, Er-
leichterung der Visumerteilung und der Visumvergabe für
Staatsbürgerinnen und Staatsbürger aus europäischen Staa-
ten zu treffen. Ich appelliere an dieser Stelle, zum Ende
dieser Debatte und meiner Redezeit, erneut an alle, die
hierfür im Deutschen Bundestag und in den Ministerien
Verantwortung tragen, auf diesem Gebiet den Worten
wirklich Taten folgen zu lassen, damit wir es in absehba-
rer Zeit schaffen, die dafür notwendigen Änderungen zu
erreichen.


(Beifall bei der SPD)


Meine Damen und Herren, ich bedanke mich recht
herzlich für Ihre Aufmerksamkeit und glaube, dass wir
mit der Arbeit im Menschenrechtsausschuss auf einem
guten Weg sind. Auch dieser Achte Bericht beweist, dass
dieses Thema von der Bundesregierung ernst genommen
wird.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620816500

Damit schließe ich die Aussprache.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Ausschus-
ses für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe auf Druck-
sache 16/11982 zu dem Achten Bericht der Bundesregie-
rung über ihre Menschenrechtspolitik in den auswärtigen
Beziehungen und in anderen Politikbereichen. Der Aus-
schuss empfiehlt in Kenntnis der Unterrichtung auf
Drucksache 16/10037, eine Entschließung anzunehmen.
Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Die Ge-
genstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist die Beschluss-
empfehlung einstimmig angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungs-
antrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 16/12136.
Wer stimmt für diesen Entschließungsantrag? – Gegen-
stimmen? – Enthaltungen? – Der Entschließungsantrag

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(C (D st gegen die Stimmen der Fraktionen der FDP und Die inke mit den Stimmen der übrigen Fraktionen des Haues abgelehnt. Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Auschusses für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe auf rucksache 16/10282. Der Ausschuss empfiehlt unter uchstabe a seiner Beschlussempfehlung die Ablehnung es Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf rucksache 16/7137 mit dem Titel „Völkerstrafgesetzbuch irksam anwenden“. Wer stimmt für diese Beschlussemp ehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist ie Beschlussempfehlung mit den Stimmen der Koaliionsfraktionen gegen die Stimmen der Fraktionen ündnis 90/Die Grünen und FDP bei Enthaltung der raktion Die Linke angenommen. Unter Buchstabe b seiner Beschlussempfehlung empiehlt der Ausschuss die Ablehnung des Antrags der raktion der FDP auf Drucksache 16/7734 mit dem Titel Für eine verbesserte Zusammenarbeit deutscher Behören bei der Verfolgung von Straftaten nach dem Völkertrafgesetzbuch“. Wer stimmt für diese Beschlussempehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist ie Beschlussempfehlung mit den Stimmen der Koaliionsfraktionen gegen die Stimmen der Fraktionen ündnis 90/Die Grünen und FDP bei Enthaltung der raktion Die Linke angenommen. Ich komme zur Beschlussempfehlung des Ausschusses ür Menschenrechte und Humanitäre Hilfe zu dem Entchließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen u ihrer Großen Anfrage mit dem Titel „Zur Lage der enschenrechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen nd Transgender“; das sind die Drucksachen 16/2084, 6/2800, 16/9651 und 16/11972. Der Ausschuss empfiehlt seiner Beschlussempfehlung, den Entschließungsantrag er Fraktion Bündnis 90/Die Grünen abzulehnen. Wer timmt für die Beschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – nthaltungen? – Damit ist die Beschlussempfehlung mit en Stimmen der Koalitionsfraktionen und der Fraktion er FDP gegen die Stimmen der Fraktionen Bündnis 90/ ie Grünen und Die Linke angenommen. Ich komme zur Beschlussempfehlung des Ausschuses für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe zum Anrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel Für klare menschenund völkerrechtliche Bindungen ei Auslandseinsätzen der Bundeswehr“. Der Ausschuss mpfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Druckache 16/11979, den Antrag der Fraktion Bündnis 90/ ie Grünen auf Drucksache 16/8402 abzulehnen. Wer timmt für diese Beschlussempfehlung? – Die Gegentimmen? – Enthaltungen? – Damit ist die Beschlussmpfehlung mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/ SU, der SPD, der FDP und Die Linke gegen die Stimen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen angenommen. Ich komme zur Beschlussempfehlung des Ausschusses ür Menschenrechte und Humanitäre Hilfe zu dem Antrag er Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel „Eine ohärente und konsistente Menschenrechtspolitik gegenber China entwickeln“. Der Ausschuss empfiehlt in seier Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/11980, den ntrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Druck ache 16/9422 abzulehnen. Wer stimmt für die Beschluss Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt empfehlung? – Die Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist die Beschlussempfehlung mit den Stimmen der Koalition gegen die Stimmen der Opposition angenommen. Beschlussempfehlung des Ausschusses für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe zu dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel „Menschenrechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgendern und Intersexuellen weltweit sicherstellen – Yogyakarta-Prinzipien unterstützen“. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/11981, den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 16/9603 abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Die Gegenstimmen? – Die Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen angenommen. Beschlussempfehlung des Ausschusses für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe zu dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel „Aufnahme von Gefangenen aus Guantánamo Bay ermöglichen“. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/12144, den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 16/11759 abzulehnen. Wer stimmt für die Beschlussempfehlung? – Die Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen von Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion Die Linke angenommen. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf den Drucksachen 16/10613, 16/11186 und 16/12107 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. – Damit sind Sie offensichtlich einverstanden. Dann werden wir so verfahren. Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 6 auf: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Wolf Bauer, Dr. Christian Ruck, Ingrid Fischbach, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Dr. Sascha Raabe, Gregor Amann, Elvira Drobinski-Weiß, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD Hunger und Armut in Entwicklungsländern durch die Förderung von ländlicher Entwicklung nachhaltig bekämpfen – zu dem Antrag der Abgeordneten Thilo Hoppe, Ulrike Höfken, Ute Koczy, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Die Ursachen des Hungers beseitigen – Die ländliche Entwicklung fördern – Drucksachen 16/11053, 16/11203, 16/11973 – Berichterstattung: Abgeordnete Dr. Wolf Bauer Dr. Sascha Raabe t s D l – s w h u T s P m k u i V l d i d tu e b h l i B A s B C B l s w A (C (D Dr. Karl Addicks Hüseyin-Kenan Aydin Thilo Hoppe Hierzu ist verabredet, eine Dreiviertelstunde zu debatieren. – Dazu höre ich keinen Widerspruch. Dann ist das o beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und rufe den Kollegen r. Sascha Raabe für die SPD-Fraktion auf. (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Karl Addicks [FDP]: Der Beifall ist ein schwaches Bild!)





(A) )


(B) )



Dr. Sascha Raabe (SPD):
Rede ID: ID1620816600

Frau Vorsitzende! Meine lieben Kolleginnen und Kol-

egen!


(Zuruf von der CDU/CSU: Präsidentin!)


Frau Präsidentin! Ja. Ehre, wem Ehre gebührt. Dann
oll sie auch so genannt werden.

Wir behandeln heute ein wichtiges Thema und einen
ichtigen Antrag der Koalitionsfraktionen, über den wir
eute in zweiter Lesung diskutieren. Ich glaube, es geht
m das zurzeit vielleicht drängendste und wichtigste
hema auf der Welt. Das sage ich mit vollem Bewusst-
ein so, auch wenn wir in Deutschland nur auf unsere
robleme – Stichwort: Finanzmarktkrise – schauen. Wir
üssen aber sehen, dass es nach der Nahrungsmittel-

rise in den Entwicklungsländern jetzt auch die Finanz-
nd Wirtschaftskrise bei den ärmsten Menschen gibt.

Wir reden über die Bekämpfung von Hunger und Armut
n den ländlichen Räumen, über Regionen, in denen drei
iertel der weltweit 1 Milliarde hungernden Menschen

eben. Hinzurechnen muss man noch diejenigen, die in
ie Städte flüchten. Denn die, die aus Hunger vom Land
n die Stadt flüchten, vergrößern dort die Probleme in
en Slums, Favelas bzw. Armenvierteln.

Deswegen ist der Antrag von entscheidender Bedeu-
ng im Zusammenhang mit dem Jahrtausendziel der Ver-

inten Nationen, den Anteil der Hungernden und Armen
is zum Jahr 2015 zu halbieren. Ich freue mich, dass wir
eute einen Antrag präsentieren können, mit dem wir die
ändliche Entwicklung stärken und fördern möchten und
n den auch die Ergebnisse einer kürzlich im Deutschen
undestag durchgeführten Anhörung einfließen. Die
nhörung hat im Wesentlichen das bestätigt, was wir

chon im letzten Jahr zur ersten Beratung gesagt haben.

Wir müssen den etwa 400 Millionen kleinbäuerlichen
etrieben mit weniger als 2 Hektar pro Betrieb bessere
hancen geben. Deshalb ist es gut und richtig, dass die
undesregierung die Ausgaben für ländliche Entwick-

ung für 2008 auf 600 Millionen Euro erhöht hat, damit
ich durch die Ernährungssicherung und ländliche Ent-
icklung die Chancen der Menschen verbessern.

Die ländliche Entwicklung stellt für uns einen breiten
nsatz dar. Das wird auch in unserem Antrag deutlich.


(Dr. Karl Addicks [FDP]: Darauf komme ich gleich!)







(A) )



(B) )


Dr. Sascha Raabe
Es geht eben nicht allein darum, einem armen Menschen
die berühmte Schaufel in die Hand zu drücken. Wir wollen
vielmehr, dass sich die Wertschöpfungskette insgesamt
verbessert und auch in anderen Sektoren Fortschritte er-
zielt werden. Denn eines ist auch klar: Wir werden auf die
Dauer nicht 9 Milliarden Menschen dadurch ernähren
können, dass jeder subsistenzorientiert Landwirtschaft
betreibt. Vielmehr werden wir dort auch mit wirtschaft-
lichen Betriebsgrößen Wertschöpfung erreichen müssen,


(Dr. Karl Addicks [FDP]: Bravo!)


auch in der verarbeitenden Industrie, was dann zu einer
Dienstleistungsindustrie und zur Entwicklung des Mit-
telstands auch im ländlichen Raum führt. Dabei sind
viele Bereiche – zum Beispiel Bildung und Gesundheit –
wichtig.

Wir haben auch mit unserem Engagement für die so-
zialen Sicherungssysteme im ländlichen Raum etwas auf
den Weg gebracht. Denn ein Grund, warum Menschen
dort leiden und sterben, selbst wenn sie ein wenn auch
kleines Einkommen haben, ist, dass es zu lange dauert,
bis sie zum Beispiel bei einem Blinddarmdurchbruch den
nächsten Arzt oder das nächste Krankenhaus erreichen. Es
fehlen Transportwege. Es fehlt Infrastruktur. Es fehlen
Krankenhäuser. Insofern sind zum Beispiel Krankenversi-
cherungssysteme auch für arme Menschen ein sehr wich-
tiger Punkt.

Die Redner der Opposition können sicherlich zu
Recht fragen, warum wir nicht schon vor fünf oder sechs
Jahren mehr Geld in den ländlichen Raum investiert ha-
ben, wenn das alles so wichtig ist.


(Dr. Karl Addicks [FDP]: Gute Frage!)


Sicherlich haben die internationale Gebergemeinschaft
ebenso wie die Entwicklungsländer selbst den ländlichen
Raum in den letzten Jahren vernachlässigt. Man muss
aber auch nach den Gründen fragen. Was hätte es ge-
bracht, wenn wir noch mehr Mittel in die Landwirtschaft
vor Ort gesteckt hätten?

Viele Entwicklungsländer haben sich früher selbst er-
nährt, indem sie Landwirtschaft betrieben und ihre lokalen
Märkte versorgt haben. Durch die Marktöffnungen, zu
denen sie zum Teil gezwungen waren, sind verstärkt
subventionierte Produkte zu Dumpingpreisen in diese
Länder eingeführt worden. Wenn die Menschen ihre
Milch oder Hühner nicht mehr auf den lokalen Märkten
verkaufen konnten, hat es aber für sie keinen Sinn mehr
gemacht, beispielsweise noch mehr auf Hühnerfarmen
und -zuchten oder Milchwirtschaft zu setzen.

Deswegen war es richtig, dass in der Entwicklungszu-
sammenarbeit nach anderen Möglichkeiten der Hilfe und
Förderung gesucht wurde. Die Krise ist auch dadurch
entstanden, dass aus ehemals selbstversorgenden Län-
dern Nahrungsmittelimporteure geworden sind, die
durch die höheren Preise in Schwierigkeiten geraten
sind. Ich glaube deshalb, dass es sehr wichtig ist, die
Krise auch dahin gehend als Chance zu sehen, dass es
sich wieder lohnt, in den ländlichen Raum zu investie-
ren, wenn für Agrarprodukte auf Dauer wieder höhere
Preise gezahlt werden. Deswegen ist, glaube ich, jetzt der

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(C (D ichtige Zeitpunkt, im Sinne unseres Antrags dort aktiv zu erden und massiv in den ländlichen Raum zu investieren. Dafür müssen aber die Rahmenbedingungen stimmen. ch habe bereits darauf hingewiesen, dass die Wirtschaftsedingungen innerhalb der Welthandelsorganisation davon eprägt sind, dass Dumpingexporte die Märkte stören. eshalb müssen wir auch in der WTO zu einem enticklungsorientierten Abkommen gelangen. Das bedeu et, dass die Exportsubventionen schnellstmöglich abgechafft werden müssen. Daher passt es überhaupt nicht ns Bild, dass die Europäische Union wieder Subventioen für Milchexporte – auch in Entwicklungsländer – ahlen möchte. Meine Kollegin Frau Schieder wird leich darauf etwas ausführlicher eingehen. Nur so viel: s ist wirklich ein Skandal, dass wir mit unserem Milchulver wieder Märkte kaputt machen. Es gibt den Slogan Die Milch macht’s“. Aber subventionierte Milch macht infach nur viel kaputt, nämlich die Existenz von Kleinauern. Das müssen wir verhindern. Es gibt neue Herausforderungen, denen wir uns im ahmen der ländlichen Entwicklung stellen müssen. ckerland steht auf der Welt nicht unbegrenzt zur Verfüung. Momentan sichern sich arabische Ölstaaten, aber uch südkoreanische Autofirmen mit massivem Mittelinsatz riesige Ländereien in Entwicklungsländern, reien sie sich regelrecht unter den Nagel, um dort Nahungsmittel anzubauen und diese dann in die eigenen änder zu exportieren oder sie für Biotreibstoffe zu verenden. Das hat in Madagaskar zu einer kritischen Situa ion und – zu Recht – zu Unruhen geführt. Wir kommen ier mit den bisherigen Mitteln nicht weiter. Mit ihnen önnen wir das nicht verhindern. Es gibt dafür kein inernationales Regelwerk. Deswegen unterstütze ich sehr tark unsere Ministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul, die ie Einrichtung eines UN-Sicherheitsrats für ökonomiche, ökologische und soziale Entwicklung fordert, der olchen sittenwidrigen Geschäften Einhalt gebietet. Wir erden zudem darauf achten müssen, wie China Politik n Afrika betreibt; denn es kann nicht sein, dass wieder in Kolonialismus stattfindet, in dessen Rahmen sich iele Länder Rohstoffe zulasten der ärmsten Bevölkeung in den Entwicklungsländern sichern. Ein anderes Problem sind die Spekulationen mit Nahungsmitteln und anderen Agrarprodukten an den Waenterminbörsen. Dafür müssen wir als Konsequenz der nternationalen Finanzmarktkrise neue Regeln schaffen. nsere Mütter haben uns als Kindern immer gesagt: Mit ebensmitteln spielt man nicht. Ich sage: Mit Lebensitteln spekuliert man auch nicht; denn man spekuliert icht mit dem Leben der ärmsten Menschen dieser Erde. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der SPD)


Wir brauchen ein Investitionsprogramm für Entwick-
ungsländer, und zwar insbesondere für den ländlichen
aum. Deshalb ist es richtig, dass wir der Weltbank für
en Infrastrukturfonds 100 Millionen Euro im Rahmen
es Konjunkturpakets II zur Verfügung gestellt haben.






(A) )



(B) )


Dr. Sascha Raabe
Wir müssen noch mehr Geld zur Verfügung stellen, um
unseren Verpflichtungen nachzukommen und die soge-
nannte ODA-Quote einzuhalten; denn Entwicklungslän-
der haben nicht die Spielräume, die wir zum Teil haben,
um Konjunkturprogramme aufzulegen. Sie brauchen
jetzt unsere Hilfe. Wir sollten lieber Bauern in den Ent-
wicklungsländern bei ihren Äckern helfen, als den
Ackermännern in Deutschland immer höhere Renditen
hinterherzuwerfen.


(Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Das war aber eine dumme Bemerkung! – Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Wunderbar! Aber macht mal etwas!)


Ich bin der Meinung, dass wir mit dem Antrag der
Koalition einen wesentlichen Schritt nach vorne machen
können. Ich glaube, es gibt eine große Mehrheit im Aus-
schuss für die wesentlichen Teile unseres Antrags. Si-
cherlich wird mancher in der Debatte sagen, das hätte
man an der einen oder anderen Stelle schärfer formulie-
ren können. Aber ich glaube, dass unser Antrag selbst-
kritisch und zugleich nach vorne gewandt ist. Wenn es
um die Bekämpfung des Hungers in der Welt geht, soll-
ten wir parteiübergreifend zusammenstehen. Deshalb
bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620816700

Für die FDP-Fraktion hat nun der Kollege Dr. Karl

Addicks das Wort.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Karl Addicks (FDP):
Rede ID: ID1620816800

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Die heute vorgelegten Anträge werden wir leider ableh-
nen, obwohl Sie unsere Zustimmung erbeten haben.
Trotzdem begrüßen wir, dass die Koalition diese parla-
mentarische Initiative an den Tag legt, wenn auch spät.
Aber besser spät als nie!

Warum sage ich das? Weil wir von der FDP – das wis-
sen alle Ausschussmitglieder und insbesondere der ge-
schätzte Kollege Raabe – seit Jahren es für eine der
Grundaufgaben der Entwicklungspolitik halten, Basis-
wertschöpfungsketten und die ländliche Entwicklung in
Gang zu setzen. Denn letztlich hat sich jede Volkswirt-
schaft so entwickelt, und es gibt überhaupt keinen
Grund, zu glauben, dass das in den heutigen Entwick-
lungsländern anders ablaufen wird. Irgendwann ist jedes
Land einmal ein Entwicklungsland gewesen – auch wir
hier in Europa, auch in Amerika.

Die Geschichte zeigt – das ist völlig zweifelsfrei –,
dass diese Basiswertschöpfungsketten – Sie haben sie
auch angesprochen – da, wo Menschen mit eigener
Hände Arbeit Produkte hervorbringen, nun einmal am
Anfang jeder Volkswirtschaft stehen. An dieser Erkennt-
nis kommt niemand vorbei, und ich freue mich darüber,
Herr Kollege Raabe, dass Sie und hoffentlich auch viele

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(C (D hrer Kollegen sich diese Auffassung zu eigen gemacht aben. Super! Diese Basiswertschöpfungsketten beginnen nun einal im Kleinen, aber es wird nicht dabei bleiben. Sie erden irgendwann einmal zu größeren Einheiten führen – ei es in der Landwirtschaft, im Handel, im Handwerk, m Gewerbe oder wo auch immer. Damit komme ich auf den kleinbäuerlichen Betrieb u sprechen, den auch Sie angesprochen haben. Natürich fängt es im ländlichen Raum an. Aber wenn die olkswirtschaften der Entwicklungsländer in Zukunft achsende urbane Räume – diese haben Sie ebenfalls ngesprochen – ernähren sollen – die Urbanisierung ommt so sicher wie das Amen in der Kirche; das könen wir schon heute an den Bevölkerungswachstumsahlen ablesen –, dann wird es bei der kleinbäuerlichen -Hektar-Wirtschaft mit Spaten, mit Hacke und Gießanne nicht bleiben können. (Hüseyin-Kenan Aydin [DIE LINKE]: Wer sprach von 1 Hektar?)


(Dr. Sascha Raabe [SPD]: Lange vor Ihnen!)


Davon hat der Kollege Raabe gerade auch
esprochen. – Dabei wird es nicht bleiben können.

Wir sind davon überzeugt, dass es dann auch im länd-
ichen Raum zu Konzentrationen und zu Mechanisierun-
en wird kommen müssen, also zum Einsatz von Land-
aschinen, zu ausgefeilten Bewässerungstechniken, zu

ernünftiger Gentechnik. Und auch Stickstoffdünger,
ieber Herr Kollege Hoppe, wird dazugehören. Dass
tickstoff und CO2 in der Landwirtschaft die begrenzen-
en Faktoren sind, das hat schon der gute alte Justus von
iebig gewusst, und den wollen wir doch nicht in Ver-
essenheit geraten lassen, wenn wir über Landwirtschaft
prechen.


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Er hat doch schon in der Feuerzangenbowle eine Rolle gespielt!)


Manchmal habe ich den Eindruck, Sie schwelgen in
rgendwelchen Träumereien, wenn Sie glauben, dass Sie
it Mist und Dung und mit Hacke und Schippe eine
achsende Bevölkerung ernähren können. Wenn man

ls Entwicklungsziel ein Ende des Hungers und schließ-
ich auch Wohlstand für alle sieht – das sehen wir Libe-
alen so; das ist für uns das Ziel jeder Entwicklungs-
olitik –,


(Thilo Hoppe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schauen Sie mal in den Weltagrarreport!)


ann wird man um eine Mechanisierung in der Land-
irtschaft nicht herumkommen. Dazu braucht man na-

ürlich vernünftige Betriebsgrößen – das haben Sie auch
utreffend angesprochen –, also Betriebsgrößen, die den
insatz dieser Mechanisierung lohnen. Diese größeren
inheiten werden entstehen müssen. Das ist klar. Das
eigt – wie gesagt – die historische Erfahrung, und da ist
uch gar kein Teufelswerk dabei.

Wir sind davon überzeugt: Wenn man das richtig und
ntschlossen anstellt – das hat auch der kürzlich vorge-






(A) )



(B) )


Dr. Karl Addicks
stellte Weltagrarbericht so aufgezeigt –, wenn man also
den Zugang zu Land und Krediten sichert, wenn man das
Privateigentum an Land herstellt, wenn man die Eigen-
tumsrechte sichert, wenn man Know-how importiert und
wenn man auch private Investitionen ermöglicht – das ist
ein zartes Pflänzchen, das man an manchen Stellen zu
sehen glaubt –, dann werden auch in Afrika die entspre-
chenden Fortschritte sichtbar werden.


(Beifall bei der FDP)


Wir meinen dabei durchaus nicht das, was Sie ange-
sprochen haben, Kollege Raabe, nämlich diese „Mega-
geschichten“ wie Daewoo. Daewoo hat schließlich
1,3 Millionen Hektar Land – das sind 4 Prozent der ge-
samten Landesfläche – in Madagaskar angepachtet, um
Nahrungsmittel zu erzeugen, die letztlich exportiert wer-
den sollen. Davon spreche ich nicht. Das ist etwas ganz
anderes.

Wenn noch überregionale Kooperationen zwischen
den Ländern Afrikas hinzukommen, die dann in der
Lage sind, auf Verschiebungen der Regenzeiten und Re-
genmengen zu antworten – diese Möglichkeiten sind
heute absehbar, wenn nicht sogar schon vorhanden –,
dann werden die Hungersnöte irgendwann der Ge-
schichte angehören. Davon sind wir überzeugt.

Lassen Sie mich noch kurz etwas zu den eingebrach-
ten Anträgen sagen. Die Anträge, über die wir heute hier
sprechen, sind an vielen Stellen gut und schön. Es steht
viel Wichtiges und auch viel Richtiges drin, und beson-
ders der Antrag der Großen Koalition ist diesem Thema
ja in großer Breite gewidmet. Fast meint man, hier den
9-Punkte-Plan und den Bericht der Arbeitsgruppe aus
dem Bundeskanzleramt wiederzuerkennen. Das nenne
ich praktizierte Gewaltenteilung. Wir sind da anderer
Auffassung.


(Dr. Sascha Raabe [SPD]: Harte Arbeit von Parlamentariern! Wir arbeiten anders als die FDP! Wir lassen uns die Anträge nicht abschreiben! Freche Unterstellung!)


Wir sagen: Umgekehrt wird ein Schuh draus. Lassen
Sie uns als Parlament die Regierung mit unseren Ideen
antreiben. Das wäre der richtige Weg.

Den Kollegen von den Grünen können wir in einem
Punkt zustimmen, nämlich dass ländliche Entwicklung
ein Schlüssel zur Entwicklung ist.


(Thilo Hoppe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Immerhin!)


Sehr richtig, aber damit sind wir leider mit den Gemein-
samkeiten auch schon am Ende. Die Grünen fordern den
Paradigmenwechsel. Den fordern auch wir schon seit
ewig und drei Tagen.


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Da habt ihr schon zwei Gemeinsamkeiten!)


Aber immer nur mehr Geld zu fordern – mehr Geld ist
sicher nicht das Schlechteste –, ist das alte Paradigma.
Das wollen wir nicht, und das braucht auch keiner; denn
die Erfahrungen haben gezeigt – das wissen auch Sie –,

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(C (D ass mehr Geld eben nicht mehr Entwicklung und vor alen Dingen nicht weniger Hunger bedeutet. Ich komme zum Schluss. Wir wollen eine solide Enticklungspolitik aus einem Guss, (Thilo Hoppe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die nichts kostet!)


ine Entwicklungszusammenarbeit, die Volkswirtschaf-
en in Gang und die Menschen in Lohn und Arbeit
ringt. Das geht – auch das sage ich Ihnen immer wieder –
etztlich nur über eine vernünftige wirtschaftliche Ent-
icklung; denn das ist die einzige Politik, die in eine

elbsttragende Entwicklung mündet. Alles andere ist und
leibt ein Herumkurieren an Symptomen. Das haben wir
ange genug gehabt. Lassen Sie uns das in Zukunft an-
ers machen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620816900

Für die Unionsfraktion spricht nun der Kollege

r. Wolf Bauer.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Wolf Bauer (CDU):
Rede ID: ID1620817000

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-

egen! Wir beraten heute zwei Anträge, einen Antrag der
egierungsfraktionen und einen Antrag der Grünen. Ich
ätte mich riesig gefreut, wenn wir auch einen Antrag
er FDP dabeigehabt hätten. Das wäre ein Zeichen für
as gewesen, was Sie, lieber Kollege Addicks, eben ge-
agt haben.


(Dr. Karl Addicks [FDP]: Wir freuen uns, dass Sie unsere Ideen aufgegriffen haben!)


Ich bin noch nicht lange in diesem Ausschuss, aber
och einige Jahre, allerdings kann ich mich nicht erin-
ern, dass Sie einmal initiativ geworden wären.


(Dr. Karl Addicks [FDP]: Wir waren die Ersten!)


Wenn ich mich richtig erinnere, haben Sie, Herr Kol-
ege Addicks, lediglich 2007 einen Antrag eingebracht,
er in der Hauptsache Afrika zum Inhalt gehabt hat. Da-
in kam die ländliche Entwicklung nahezu gar nicht vor.


(Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Genau!)


as, was Sie uns vorwerfen, ist etwas, was Sie in der Re-
el vernachlässigt haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Karl Addicks [FDP]: Nein!)


Wir wollen mit unseren Anträgen die ländliche Ent-
icklung wieder in den Fokus unserer Politik stellen.
ir sind über jeden froh, der uns dabei unterstützt. Wir

aben einen allumfassenden Ansatz. Ich will mich auf
inige Punkte konzentrieren, nämlich auf die Infrastruk-
ur, die bereits angesprochen worden ist, auf Umwelt-
chutz, Energiepolitik usw.






(A) )



(B) )


Dr. Wolf Bauer

(Sibylle Pfeiffer [CDU/CSU]: Und Bildung!)


Es gibt viele Beispiele. Für mich ist Folgendes aus-
schlaggebend: Wir haben mittlerweile sehr viele Analy-
sen erstellt. Wir gehen auch mit dem Antrag der Fraktion
der Grünen konform. Die Analysen stimmen. Darüber
waren wir uns auch schon im Ausschuss einig.


(Hüseyin-Kenan Aydin [DIE LINKE]: Die Forderungen stimmen auch!)


– Auch die stimmen. Die unterstützen wir teilweise. Da-
rauf komme ich gleich noch zurück. – Für mich ist wich-
tig, dass wir jetzt, nachdem wir die Analysen erstellt ha-
ben, endlich zur Praxis übergehen und die Erkenntnisse,
die wir gewonnen haben, endlich umsetzen. Dabei ist es
für mich auch wichtig, dass wir unseren Partnerländern
eine Art Katalog vorlegen, in dem steht, was wir alles
leisten können, welche Arbeit wir verrichten können und
welche finanziellen Möglichkeiten wir bieten können.
Dann müssen wir den einzelnen Ländern die Möglich-
keit geben, mit uns zusammen Kataloge zu erstellen, an-
hand derer wir unsere Arbeit ausrichten können. Dabei
halte ich für sehr wichtig, dass wir nicht in erster Linie
unsere Vorstellungen einbringen, sondern dass wir ge-
meinsam Vorschläge erarbeiten, wie wir für die Bevöl-
kerungen der einzelnen Länder etwas erreichen können.

Meine Aussage, dass wir nicht unbedingt unsere Vor-
stellungen einbringen sollten, führt mich zu dem Antrag
der Grünen. Wir sollten nicht von vorneherein durch ei-
nige Forderungen, die hier aufgestellt werden, eine Blo-
ckadepolitik betreiben. Es ist wichtig, dass wir zunächst
alle Möglichkeiten ausschöpfen. Dazu gehört meiner
Meinung nach auch die Grüne Gentechnologie. Wir wis-
sen nicht, wie die Situation in 20 Jahren aussieht. Viel-
leicht sind wir in 20 Jahren froh, wenn wir die vielen
Hungernden mit Produkten, die auf einer vernünftigen
Grünen Gentechnik basieren, satt machen können.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Daher meine ich, dass diese absolute Ablehnung, die die
Grünen in dem Antrag formulieren, nicht die richtige
Politik wäre.


(Sibylle Pfeiffer [CDU/CSU]: Das ist Ideologie!)


– Das ist Ideologie. Aber gut, wir wollen heute im Um-
gang miteinander nicht so hart sein. Wir haben ein ge-
meinsames Ziel. Insofern sollten wir entsprechend rea-
gieren.

Ich bleibe dabei: Wir müssen die Grüne Gentechnik
möglicherweise einsetzen, um 9 Milliarden Menschen
ernähren zu können. Vor der Ideologie kommt die Ver-
antwortung; das ist vollkommen richtig. Ideologie muss
vor dem Ziel, hungernden Menschen zu helfen, zurück-
treten.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Frau Kollegin Pfeiffer, sind Sie jetzt zufrieden? – Das
finde ich ganz prima.

In der Anhörung sind diese Dinge ebenfalls benannt
worden. Ich erinnere daran, was Herr Brüntrup gesagt

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(C (D at, nämlich dass wir auf diese Technologie zurückgreien müssen. In der Anhörung haben wir auch erfahren, ass die Dinge problematischer sind, als wir gedacht haen. Ich komme auf die kleinbäuerlichen Betriebe und ie 2-Hektar-Scholle zurück. – Übrigens hat Kollege aabe nicht von 1-Hektar-Schollen, sondern von 2-Hek ar-Schollen gesprochen; so habe jedenfalls ich es in Ernnerung. – Die Frage ist, ob dies so effektiv ist, um den ungernden Menschen helfen zu können. Möglichereise müssen wir andere Strukturen finden. Insofern üssen wir all das, was damit zusammenhängt, zum eispiel die Menschenrechte und die Vertreibung vom igenen Land, auf eine vernünftige Schiene bringen und ntsprechend behandeln. Ich lege Wert darauf, dass wir das Thema Landrechte icht vernachlässigen, weil auch dies ein grundlegendes roblem ist. Es passiert, dass ausländische Investoren iel Land aufkaufen – das ist schon angesprochen woren – und dadurch Kleinbauern in Schwierigkeiten brinen. Wir müssen den Fokus darauf richten, das zu verindern. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


In der Anhörung klang an, dass wir möglicherweise
on diesen 2-Hektar-Schollen im Sinne einer höheren
ffektivität wegkommen müssen. In diesem Zusammen-
ang erinnere ich daran, dass wir in Deutschland in den
0er-Jahren andere Verhältnisse hatten. Wenn wir diese
erhältnisse noch heute hätten, hätten wir wahrschein-

ich wesentlich größere Probleme, als sie sich jetzt dar-
tellen.

Damit komme ich auf die soziale Frage zu sprechen.
ir müssen aufpassen, dass bei diesen Umstrukturierun-

en Landarbeiter und Kleinbauern nicht noch weiter ins
oziale Elend abdriften. Vor allem die Frauen müssen
ns am Herzen liegen, Frau Kollegin Pfeiffer. Frauen
ragen in den Entwicklungsländern die Last schlechthin.
ie haben für das Einkommen und die Landwirtschaft zu
orgen. Damit müssen sie die größte Last tragen. Inso-
ern sollten wir auf die Frauen unser besonderes Augen-
erk richten und sie, soweit wir das können, unterstüt-

en und ihnen helfen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Für eine erfolgreiche Zusammenarbeit brauchen wir
ber auch die Unterstützung und die Mitwirkung der na-
ionalen Regierungen; das ist von großer Bedeutung.
ber genau da hapert es in vielen Fällen. Gerade hier
üssen wir ansetzen. Beratung, Überzeugungsarbeit, ge-

egentlich auch etwas Druck – diese Mittel müssen wir
insetzen. Auch an Appellen an die Verantwortlichen in
en einzelnen Ländern, dass es um die Ernährung und
as Wohlergehen ihrer eigenen Bevölkerung geht, man-
elt es kräftig; das stellen wir auf unseren Reisen immer
ieder fest.

Das Ganze hängt natürlich auch mit Geld zusammen.
ch möchte in diesem Zusammenhang noch auf die
DA-Quote eingehen; denn auch sie ist sehr wichtig.
as mir Sorgen bereitet, ist, dass wir bisher immer nur






(A) )



(B) )


Dr. Wolf Bauer
von einer Quote reden. Sollte das Bruttonationalprodukt
sinken – was wir nicht hoffen, aber das kann passieren –,
hätte dies aufgrund der Koppelung Auswirkungen auf
die Quote. Es ist hier schon angeklungen, dass die abso-
luten Zahlen wichtiger sein müssen.


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Absolut richtig!)


Sie müssen wir in den Vordergrund stellen, um eine aus-
reichende Finanzierung für unsere entwicklungspoliti-
schen Vorhaben bereitstellen zu können.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Man kann lange darüber streiten, wie sich die ODA-
Quote entwickelt hat. Ich halte das für müßig. Die Bilanz
der letzten Jahre unter dieser Bundesregierung in Bezug
auf die ODA-Quote und die Bereitstellung von Finanz-
mitteln in der Entwicklungspolitik kann sich sehen las-
sen. Wenn man diese Kurve über die Jahre betrachtet, so
wird klar, dass hier eine positive Entwicklung stattgefun-
den hat. Viel wichtiger, als sich über dieses Thema zu
streiten, ist, dass wir jetzt konkrete Programme auf den
Tisch legen, dass wir unsere Schwerpunkte herauskris-
tallisieren und uns auf diese Schwerpunkte konzentrie-
ren.

An dieser Stelle möchte ich auf das Thema Bildung
eingehen. Bei all den Reisen in Entwicklungsländer, die
wir gemacht haben, haben wir immer wieder gespürt,
dass der von uns angestrebte Ausbau des Bildungssek-
tors hoch anerkannt wird. Insofern möchte ich appellie-
ren, bei diesem Schwerpunkt zu bleiben, das duale Sys-
tem der beruflichen Ausbildung zu stärken und weiter in
den Vordergrund zu stellen. Man sollte sich klarmachen,
dass man damit – vielleicht kombiniert mit einer Mikro-
finanzierung – wirklich einen Mittelstand herausbilden
kann. Das ist genau die Entwicklung, die wir brauchen.
Wir können so eine gute Entwicklungspolitik betreiben.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wie ich sehe, läuft meine Redezeit langsam ab. Ich
möchte eine persönliche Bemerkung machen. Ich werde
nicht mehr für den Deutschen Bundestag kandidieren.


(Sibylle Pfeiffer [CDU/CSU]: Wie schade!)


Ich möchte mich daher bei allen für das kollegiale Mit-
einander und für das, was wir erreicht haben, bedanken.
Es war eine angenehme Zusammenarbeit.

Zum Schluss möchte ich für noch mehr Kontakte mit
den Menschen in den Entwicklungsländern werben.
Auch wenn einige Journalisten darüber meckern, dass
das Parlament zu reisefreudig sei, sollten wir uns nicht
davon ablenken lassen. Nur wer in einem Land war, wer
dieses Land einmal gerochen hat, wer mit den Menschen
in einem Slum, in einem Gefängnis, in einem Kranken-
haus oder wo auch immer gesprochen hat, der kann
nachher eine vernünftige Entwicklungspolitik betreiben.
Ich glaube, es ist unheimlich wichtig, dass wir uns da
nicht beeinflussen lassen. Ich wünsche, dass alle dem-
nächst noch viel reisen und vor allem viele Ideen und

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(C (D iel Engagement mitbringen, um in der Entwicklungspoitik weiterzukommen. Vielen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620817100

Zu einer Kurzintervention hat der Kollege Dr. Karl

ddicks das Wort.


Dr. Karl Addicks (FDP):
Rede ID: ID1620817200

Danke, Frau Präsidentin. – Lieber Herr Kollege

auer, ich möchte Sie bitten, zur Kenntnis zu nehmen,
ass wir anlässlich des G-8-Gipfels auf Hokkaido einen
ntrag in Bezug auf die Nahrungsmittelkrise einge-
racht haben, der einen großen Teil der Forderungen ent-
ält, die in Ihrem jetzt vorliegenden Antrag formuliert
erden. Außerdem haben wir eine Kleine Anfrage ge-

tellt. Einen großen Teil der Antworten darauf haben Sie
benfalls in Ihren Antrag integriert.

Da wir uns als Antreiber in dieser Frage gesehen ha-
en, haben wir es nicht für notwendig gehalten, einen
eiteren Antrag zu stellen. Ich bitte Sie alle, hier zur
enntnis zu nehmen, dass gerade die FDP in diesem Be-

eich absolut nicht untätig geblieben ist.

Vielen Dank.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620817300

Kollege Bauer, wollen Sie erwidern?


Dr. Wolf Bauer (CDU):
Rede ID: ID1620817400

Ich erwidere gern. – Mein lieber Kollege Addicks,

achdem Sie das so beschrieben haben, bin ich sicher,
ass Sie unserem Antrag zustimmen werden. Dafür be-
anke ich mich sehr herzlich.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620817500

Für die Fraktion Die Linke spricht nun der Kollege

üseyin-Kenan Aydin.


(Beifall bei der LINKEN)



Hüseyin-Kenan Aydin (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620817600

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe

olleginnen und Kollegen! Wenn ich mir den Antrag der
egierungskoalition zur ländlichen Entwicklung in den
ntwicklungsländern anschaue, darf ich zunächst erfreut

eststellen, dass die Argumente und die Initiativen, die
ie Linke zu diesem Thema seit Jahren vorbringt, zu-
indest zum Teil endlich auch bei Ihnen angekommen

ind.


(Beifall bei der LINKEN)


emerkenswert finde ich vor allem Ihre Erkenntnis, dass
ie – ich zitiere aus dem Antrag – „vorschnelle Handels-
iberalisierung ohne Schutzmöglichkeiten und angemes-






(A) )



(B) )


Hüseyin-Kenan Aydin
sene Übergangsfristen für heimische Produzenten … zur
Verarmung breiter Bevölkerungsschichten“ beigetragen
hat. Guten Morgen! Auch Sie haben es endlich begrif-
fen.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir müssen uns allerdings fragen: Warum fordern die
Abgeordneten von SPD und CDU dann die Bundesregie-
rung nicht auf, die Überschwemmung der Märkte der ar-
men Länder durch EU-Billigprodukte zu stoppen?


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Die Vorsitzende des Haushaltsausschusses im ostafrika-
nischen Regionalparlament, Frau Kimura, hat uns ges-
tern im Ausschussgespräch noch einmal nachdrücklich
darauf hingewiesen:

Die sogenannten Wirtschaftspartnerschaftsabkommen
zwischen der EU und den AKP-Staaten werden in ihrer
jetzigen Form zur Deindustrialisierung und zum Ban-
krott der Landwirtschaft führen, weil sie einseitig die
EU-Interessen bedienen.


(Beifall bei der LINKEN)


Ihre Ratifizierung muss ausgesetzt werden. Das wäre
eine angemessene Konsequenz.


(Beifall bei der LINKEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620817700

Kollege Aydin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Raabe?


Hüseyin-Kenan Aydin (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620817800

Aber selbstverständlich.


Dr. Sascha Raabe (SPD):
Rede ID: ID1620817900

Herr Kollege Aydin, nachdem Sie – wie der Kollege

Addicks – festgestellt haben, dass der Antrag eigentlich
nur vernünftige Punkte enthält, die auch Sie – angeblich –
schon gefordert hatten, bekommen wir nachher eine
ganz tolle Abstimmung hin, bei der auch die Linkspartei
und die FDP uns zustimmen. Nur: Sie sagten, dass wir in
unserem Antrag die Bundesregierung nicht auffordern,
dafür zu sorgen, dass die Entwicklungsländer nicht mit
subventionierten Produkten überschwemmt werden. Ich
zitiere aus unserem Antrag:

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregie-
rung auf, … sich weiter für eine Abschaffung von
marktverzerrenden Agrarsubventionen in den In-
dustrieländern einzusetzen, damit die Produzenten
in den Entwicklungsländern nicht weiter durch
Agrardumping geschädigt werden …

Jetzt sehen Sie: Auch diese Forderung ist in unserem
Antrag enthalten – Sie haben sie vielleicht überlesen –;
jetzt können Sie mit gutem Gewissen zustimmen.


(Beifall des Abg. Dr. Wolfgang Wodarg [SPD])


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(C (D Lieber Kollege Raabe, ich habe es im Antrag gelesen, nd ich habe mir auch Ihre Rede sehr aufmerksam angeört. Ich nehme erfreut zur Kenntnis: Viele der Positioen, die Sie heute vertreten, waren schon von Beginn an ie Position von Hüseyin Aydin und Heike Hänsel im usschuss. eshalb freut es mich, dass auch Sie mittlerweile diese osition vertreten. Allerdings: Die EU-Exportsubventionen gelten nach ie vor. Sie sind noch nicht gestoppt. Wir sind mittlereile seit vier Jahren in diesem Parlament, und seit vier ahren setzen wir uns damit auseinander. Sie haben als egierungskoalition bis heute versagt, wenn es darum eht, die Bundesregierung unter Druck zu setzen, damit ie sich auf der EU-Ebene endlich für die Abschaffung er Subventionen einsetzt. Trotz einiger zutreffender Punkte können wir dem ntrag der Koalition nicht zustimmen. it keinem Wort wird der Anteil der Nahrungsmittelspeulation an den Preissteigerungen benannt. Auch die falchen Versprechungen der Gentechnik und der industrillen Landwirtschaft tauchen auf den zwölf Seiten nicht uf. Zwar fordern Sie die Abschaffung der Agrarexportubventionen – ich will noch einmal darauf eingehen –, ber Mitte des vergangenen Jahres lehnten Sie einen Anrag der Grünen auf Verbot der Schweinefleischsubvenionen ab. Wenn es ernst wird, dann kneifen Sie. (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Thilo Hoppe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Hüseyin-Kenan Aydin (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620818000

(Dr. h. c. Gerd Andres [SPD]: Donnerwetter!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Zurufe von der SPD: Oh!)


Der Antrag der Grünen hingegen enthält viele Forde-
ungen, denen wir uns anschließen können. Seine Orien-
ierung auf die Förderung der kleinbäuerlichen Landwirt-
chaft geht in die richtige Richtung. Die konsequente
blehnung der Gentechnik unterstützen wir. Enttäu-

chend ist allerdings, dass sich die Verfasser nicht auf ein
erbot der Nahrungsmittelspekulation festlegen wollen.
egulation ist hier zu wenig, Kollegen von den Grünen.
ir fordern den sofortigen Stopp der Zockerei auf le-

ensnotwendige Rohstoffe. Dennoch werden wir dem
ntrag zustimmen.

Lassen Sie mich auf zwei Punkte eingehen, die mir
esonders wichtig sind: Erstens. Die Interessenvertre-
ungen unter der Landbevölkerung müssen stärker geför-
ert werden. Wir wollen die Genossenschaften und Or-
anisationen der Kleinbäuerinnen und Kleinbauern, der
andlosen und der Farmarbeiter stärken. Nur so haben
ie eine Chance, bei der nationalen Entwicklungspla-
ung ihre Interessen durchzusetzen und Einfluss auf die
ändliche Entwicklung zu nehmen. Solche Vereinigun-
en könnten zweitens dazu beitragen, dringend notwen-
ige Landreformen voranzutreiben. Die Ärmsten müs-
en Zugang zu Agrarflächen und Wasser erhalten. Ich
arne davor, Land zu einer handelbaren Ware zu ma-






(A) )



(B) )


Hüseyin-Kenan Aydin
chen. Kollege Raabe, aber auch Kollege Bauer haben be-
reits darauf hingewiesen.

Mit Sorge nehmen wir die umfangreichen Landkäufe
oder auch Verpachtungen in Ländern wie dem Sudan,
Madagaskar, Uganda, Mali, Brasilien oder Indonesien
zur Kenntnis.

Vor allem die Erdöl produzierenden arabischen Staa-
ten, aber auch europäische und asiatische Konzerne wol-
len auf den fruchtbaren Flächen Nahrungsmittel bzw.
Energiepflanzen anbauen, um ihren eigenen Bedarf abzu-
decken. Diese Landnahmen erinnern den Generaldirektor
der FAO, Herrn Diouf, an – ich zitiere ihn – „neokoloniale
Zustände“. Sie untergraben das Ziel der Ernährungssou-
veränität. Die Eigenversorgung mit Grundnahrungsmit-
teln durch eine sozial und ökologisch verträgliche Land-
wirtschaft muss aber zur entwicklungspolitischen
Priorität werden. Die jetzt wieder aufgenommenen Ex-
portsubventionen durch die EU hingegen stehen für ei-
nen Handelskrieg. Dieser Handelskrieg kann von den
Bäuerinnen und Bauern in den Entwicklungsländern nur
verloren werden.

Wir fordern gerechte Handelsstrukturen und ein Ende
der Marktöffnung zugunsten der Konzerne in den Indus-
triestaaten.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir fordern außerdem eine kräftige Erhöhung der Mittel
für die internationale Entwicklungszusammenarbeit. Es
ist höchste Zeit, für die Länder des Südens einen Schutz-
schirm aufzuspannen, der die Folgen der weltweiten
Wirtschaftskrise mildert; denn für die Menschen dort
geht es schließlich um Leben und Tod.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der LINKEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620818100

Das Wort hat der Kollege Thilo Hoppe für die Frak-

tion Bündnis 90/Die Grünen.


Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620818200

Frau Präsidentin! Zunächst möchte ich in meiner

Funktion als Ausschussvorsitzender von dieser Stelle
aus dem geschätzten Kollegen Dr. Bauer ganz herzlich
zu seinem 70. Geburtstag gratulieren.


(Beifall)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, erlauben Sie mir
zunächst einen Rückblick auf die vergangene entwick-
lungspolitische Debatte, die wir hier vor wenigen Wo-
chen geführt haben. Sie erinnern sich vielleicht daran,
dass die Kollegin Ute Koczy und ich in unseren Rede-
beiträgen auf die Widersprüche hingewiesen haben, die
es in der Politik der Bundesregierung gegenüber den
Entwicklungsländern gibt. Das hatten wir an der Wieder-
einführung der Agrarexportsubventionen für Milch und
Butter festgemacht. Bei beiden Reden hat Herr Staatsse-
kretär Müller interveniert und gefragt, ob es richtig sei,
dass es Ausnahmen gibt und diese Exporte nicht in Ent-
wicklungsländer gehen. Inzwischen haben wir es

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(C (D chwarz auf weiß, dass diese Auskunft nicht richtig war, ass zwar Länder wie Australien, die USA und Neuseeand aufgrund WTO-strategischer Überlegungen ausgeommen sind, aber kein einziges Entwicklungsland. Es ag sein, dass sich die Bundesregierung das gewünscht at und diese Position auch vertreten hat, aber in den zutändigen Gremien konnte sich die Bundesregierung icht durchsetzen. Unsere Kritik war also leider Gottes ehr als berechtigt. um Zeitpunkt der Abstimmung – Deutschland hat mit a gestimmt – war klar, dass es keine Ausnahmeregelunen für Entwicklungsländer gibt. Weiter und eklatanter önnen Entwicklungsund Agrarpolitik gar nicht auseianderfallen. In dem Antrag der Koalition, über den wir heute abtimmen, stehen sehr viele gute Beschreibungen, denen ir zustimmen können. Deshalb lehnen wir den Antrag icht ab; wir werden uns der Stimme enthalten. Hinichtlich des Beschreibungsteils besteht also große Überinstimmung, auch aufgrund der in der Anhörung geonnenen Erkenntnisse. Bei den konkreten Forderungen ird es im Antrag der Koalitionsfraktionen dann aber ehr schwammig. Man scheut Festlegungen. Es kommt ber auf Fakten an. Die Hunger-Taskforce der Vereinten Nationen hat alle ebernationen aufgefordert, mindestens 10 Prozent der tats der Entwicklungshaushalte für die Hungerbekämp ung und auch ganz gezielt zur Förderung der Kleinbaurn in den Entwicklungsländern einzusetzen. Wir nennen iese Zahlen in unserem Antrag. Deshalb ist unser Anrag die Schlussfolgerung aus den guten Erkenntnissen, ie im Antrag der Koalitionsfraktionen stehen. Ich ürde mich deshalb freuen, wenn Sie bei der Abstimung bei beiden Anträgen mit Ja stimmen könnten. Ich möchte noch einmal kurz auf die eklatanten Wiersprüche zurückkommen. Was würde es nützen, wenn an all diese guten Konzepte umsetzt, wenn man die ilchwirtschaft im Rahmen der Entwicklungszusamenarbeit aufbaut, diese dann aber mit den Exportdum ingfluten wieder einreißt? Da baut doch die eine Hand uf, was die andere Hand wieder einreißt. Ich erwarte on der gesamten Koalition, insbesondere von den Koleginnen und Kollegen der Union im Entwicklungsusschuss, die das wahrscheinlich ähnlich sehen, dass ie noch härter kämpfen, damit diese unseligen Agrarxportsubventionen endlich auslaufen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Hüseyin-Kenan Aydin [DIE LINKE])


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


s ist auch schade, dass die Agrarministerin, die zu Be-
inn der Debatte kurz hier war, jetzt nicht mehr da ist
nd ich diese Kritik nicht direkt an sie richten kann.


(Sibylle Pfeiffer [CDU/CSU]: Es geht doch nicht nur um Milch! Meine Güte!)







(A) )



(B) )


Thilo Hoppe
Ich möchte der Bundesregierung aber auch ein Lob
aussprechen, und zwar dem Entwicklungsministerium:
Mit ziemlicher zeitlicher Verspätung – aber besser spät
als überhaupt nicht – wurde jetzt endlich der Weltagrar-
bericht vom IAASTD zur Kenntnis genommen und bei
einer Veranstaltung im BMZ auch diskutiert. In diesem
Weltagrarbericht, den ein Netzwerk von über 3 000 Wis-
senschaftlern und Agrarexperten geschrieben hat – Herr
Dr. Addicks, das ist jetzt auch an Ihre Adresse gerich-
tet –, wird ein Paradigmenwechsel hin zu einer wirklich
nachhaltigen Landwirtschaft gefordert. Das heißt nicht,
dass man weltweit nur Demeter-Ökolandbau betreibt. Es
heißt aber sehr wohl, dass man keine Methoden anwen-
det, die zu einer weiteren Klimaerwärmung und zu einer
Zerstörung der Böden führen. Wir brauchen hier wirk-
lich einen intelligenten Ansatz. In diesem Weltagrarre-
port wird eben nicht eine zweite grüne Revolution mit
den Methoden der ersten gefordert, sondern es wird ein
sehr differenziertes Vorgehen gefordert, das auch Nach-
haltigkeitsgesichtspunkte stark berücksichtigt.

Jetzt ist die spannende Frage: Was macht die Bundes-
regierung, nachdem sie nun diesen IAASTD-Bericht mit
einer Veranstaltung gewürdigt hat? Unterschreibt jetzt
die Entwicklungsministerin oder noch besser die ge-
samte Bundesregierung diesen Bericht? Werden gar die
Empfehlungen dieses Berichtes – das wäre das Beste –
jetzt tatsächlich umgesetzt? Das würden wir uns sehr
wünschen im Sinne einer wirklich nachhaltigen Förde-
rung auch der kleinbäuerlichen Landwirtschaft in den
Entwicklungsländern. Darauf zielt ja dieser Bericht. Das
wäre schön, aber das wird, wie ich glaube, nur gelingen,
wenn auch die Grünen wieder in der nächsten Bundesre-
gierung vertreten sein werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Sibylle Pfeiffer [CDU/CSU]: Wenn das der einzige Grund ist!)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620818300

Nun hat die Kollegin Marianne Schieder für die SPD-

Fraktion das Wort.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Marianne Schieder (SPD):
Rede ID: ID1620818400

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Das wichtige und hoffnungsvolle Ziel der
Millenniumserklärung, die Halbierung der Armut in der
Welt bis zum Jahr 2015, scheint in der Tat in weite Ferne
gerückt zu sein. Nicht nur, dass die absolute Zahl der
hungernden Menschen in der Welt wieder angestiegen
ist und sehr wahrscheinlich weiter ansteigen wird; auch
angesichts der aktuellen politischen Herausforderungen
und der eigenen wirtschaftlichen Probleme, die es zu be-
wältigen gilt, droht bei den Menschen in unserem Land
das ehrgeizige und absolut notwendige Ziel der weltwei-
ten Armutsbekämpfung als solches wieder in den Hinter-
grund gedrängt zu werden. Gott sei Dank lässt sich die
deutsche Entwicklungshilfe von einem solchen Denken
nicht einfangen, sondern tritt dafür bei internationalen
Geberkonferenzen ein und setzt sich auch bei der Bereit-
stellung von entsprechenden Haushaltsmitteln – Herr

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(C (D r. Raabe hat schon darauf hingewiesen – erfolgreich urch. Wir als Sozialdemokraten meinen, dass bei allem, as wir in die Wege leiten, um unsere Probleme zu lö en, im Sinne einer verantwortungsvollen Politik in einer lobalisierten Welt doch genau geprüft werden muss, elche Auswirkungen unser Handeln gerade für die änder hat, in denen Hunger, Armut und Not das täglihe Leben der Menschen bestimmen. So können wir icht akzeptieren, dass die Europäische Union zur Beältigung der Probleme auf dem Milchmarkt plötzlich ieder zu Mitteln wie der Exportsubvention greift. (Beifall der Abg. Walter Kolbow [SPD] und Dr. Karl Addicks [FDP])


an weiß doch genau, welche Verwerfungen damit ge-
ade für die Märkte in den sogenannten Entwicklungs-
ändern verbunden sein können und auch sein werden.
o wird die vorgesehene Exportsubvention für Milch-
rodukte die Situation unserer Milchviehhalter wohl
aum spürbar verbessern. Aber es ist durchaus wahr-
cheinlich, dass andernorts die noch vorhandenen Milch-
ärkte empfindlich gestört werden, Einkommensmög-

ichkeiten für die Menschen wegfallen und dadurch
rmut und Hunger befördert werden. Selbst wenn auf
U-Ebene beschlossen worden wäre – was ja nicht be-
chlossen worden ist –, dass keine subventionierten
ilchprodukte in Entwicklungsländer exportiert wer-

en, so könnte dennoch nicht gewährleistet werden, dass
ie nicht über irgendwelche Umwege dorthin gelangen.
ass so etwas möglich ist, wissen wir aus leidvoller Er-

ahrung.


(Thilo Hoppe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig!)


Wir müssen, so meinen wir, nicht nur endlich einse-
en, dass die eine Hälfte der Welt nicht ohne die andere
eben kann, sondern wir müssen auch unser Handeln und
nseren Handel daran ausrichten. Daher verweise ich
och einmal mit Nachdruck auf die Forderung unseres
ntrags, dass der Weltagrarhandel zwischen Norden und
üden fair ausgestaltet werden muss.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


in wesentlicher Beitrag dazu ist der Abbau von Export-
ubventionen und handelsverzerrenden internen Stützun-
en in den Industrieländern. Mit unserem Antrag wird
och einmal deutlich, wohin aus deutscher Sicht bei den
grarverhandlungen die Reise gehen muss. In jedem
all muss es gelingen, in der EU die aus der Klamotten-
iste geholten Instrumente der Ausfuhrhilfen und Stüt-
ungskäufe schleunigst wieder einzupacken.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


ehmen wir endlich die Kritik der Agrarminister afrika-
ischer Länder ernst! Sie forderten anlässlich des ersten
erliner Agrarministergipfels im Januar dieses Jahres
on der EU den vollständigen Abbau aller handelsver-
errenden Exportsubventionen. Ansonsten bestehe die
efahr, dass weitere Hunderttausende von Bäuerinnen






(A) )



(B) )


Marianne Schieder
und Bauern und deren Familien in den Schwellen- und
Entwicklungsländern in die Armut getrieben werden.

Wir brauchen – auch das ist ein zentraler Punkt unse-
res Antrags – endlich weltweit ein ernsthaftes Bemühen
um eine integrierte und nachhaltige Entwicklung ländli-
cher Räume. Wir müssen die vorhandenen kleinbäuerli-
chen Strukturen stärken und Lagerhaltung, Verarbeitung
und Vermarktung verbessern, um nur einige Bereiche zu
nennen. Gerade auf dem Land ist es unerlässlich, ausrei-
chend Einkommensmöglichkeiten außerhalb der Land-
wirtschaft zu schaffen. Selbstverständlich muss im Be-
reich der Bildung eine Verbesserung erreicht werden.
Dabei muss besonderer Wert auf die Bildung von Frauen
gelegt werden. Selbstverständlich müssen auch alle Be-
mühungen um Demokratisierung in den einzelnen Län-
dern und Staaten unterstützt werden.

Ernährung muss insgesamt wieder mehr regional, sai-
sonal und kulturell gedacht werden. Soweit es die natür-
lichen Gegebenheiten erlauben, muss Nahrung in ausrei-
chendem Maße dort produziert werden können, wo die
Menschen sie brauchen. Die weitgehende Sicherung der
Eigenversorgung muss unser Ziel sein.

Herr Dr. Bauer, es wird uns nicht helfen, wenn die al-
ten Abhängigkeiten durch neue ersetzt werden, wie es
mit der Grünen Gentechnik zu befürchten ist.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ebenso wird es uns nicht helfen, wenn wir den Men-
schen in unserem Land erzählen, dass wir mit unserer
Produktion die Welt ernähren könnten. Wir wissen doch
aus der Vergangenheit, dass das nicht funktionieren
wird.

Wir haben versucht, in unserem Antrag umfassend zu
beschreiben, was wir tun müssen, um Hunger und Armut
in den Entwicklungsländern zu bekämpfen. Ich bitte Sie
um Zustimmung zu unserem Antrag.


(Beifall bei der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620818500

Für die Unionsfraktion hat nun der Kollege Johannes

Röring das Wort.


Johannes Röring (CDU):
Rede ID: ID1620818600

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die

Weltgemeinschaft hat sich in der Vergangenheit schon
öfter das Ziel gesetzt – zuletzt in ihrer Millenniumserklä-
rung im Jahr 2000 –, die Zahl der Hungernden zu halbie-
ren. An dieser Stelle müssen wir allerdings feststellen,
dass dieses Ziel deutlich verfehlt wurde. Ich kann nur
betonen: Das ist nicht hinnehmbar. Weil ich diese Um-
stände, weil ich den Hunger in der Welt nicht akzeptie-
ren kann, betrachte ich unseren Antrag als eminent wich-
tig und absolut richtig.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wir mussten feststellen, dass es bereits im Jahr 2007
eine Warnung an die Weltgemeinschaft gab. Obwohl wir

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(C (D jenem Jahr die höchste jemals erzielte Ernte einbringen onnten, hat es nicht gereicht. Das Thema „Nahrungsmitelversorgung und Ernährungssicherheit“ bekam große edeutung in den Medien. Im darauffolgenden Jahr, 008, haben wir nur 2,5 Prozent mehr geerntet. Wir haten genug Ernte. Heute spricht kaum jemand davon. ber die Rahmenbedingungen haben sich nach wie vor icht verändert. Weltweit sind die Lagerbestände immer och auf einem sehr niedrigen Niveau. Ein schlechtes rntejahr würde genügen, um die Situation wieder draatisch zu verschlechtern. Wir müssen der Herausforde ung begegnen, demnächst 9 Milliarden Menschen erähren zu können, und das auf immer weniger Fläche ro Mensch: 0,2 Hektar pro Erdbewohner. Diese und viele weitere Argumente zeigen uns deutich den Weg in die Zukunft, der so aussieht, dass wir die andwirtschaftliche Produktion steigern – ich würde soar sagen: verdoppeln – müssen. Der Weltagrarrat hat ierauf keine hinreichende Antwort gegeben. Deswegen egrüße ich – Frau Aigner war vorhin anwesend –, dass nlässlich der Grünen Woche ein Weltagrargipfel organiiert wurde. 20 Staaten waren sich einig, dass die landirtschaftliche Produktion erhöht werden muss, um na ürliche Ressourcen zu erhalten. Anlässlich dieses reffens herrschte auch Einigkeit darüber, dass man für ie Landwirte in vielen Teilen der Welt Rahmenbedinungen schaffen muss, damit sie zukunftsfähig und achhaltig wirtschaften können. Dazu gehört unter andeem – das wurde von vielen bereits betont –, dass es eien Zugang zu Boden und Kapital gibt und dass Beriebsmittel bereitgestellt werden. Im Übrigen muss man sagen: Diese Situation hatten ir vor vielen Generationen auch in Europa. ank der Idee Raiffeisens, die zur Entstehung der Volksanken geführt hat, wurden schon damals sozusagen leinkredite an Bauern vergeben. Dies ist also keine eue Entwicklung. Dieses Vorgehen hat bei uns in eutschland und in Europa dazu geführt, dass wir gealtige Fortschritte erzielen konnten. Wir können unsere evölkerung selbst ernähren. Auf dieser Basis entstand ei uns eine weltweit vorzeigbare arbeitsteilige Landirtschaft und Ernährungswirtschaft. Aus meiner Sicht ist es daher sehr wichtig, dass in en betroffenen Staaten erkannt wird, dass sie für die ahrungsmittelerzeugung selbst verantwortlich sind. ie Nahrung muss – wenn möglich – im eigenen Land rzeugt werden. Davon profitiert die Bevölkerung. Die eltgemeinschaft muss diesen Staaten – das ist die mpfehlung unseres Antrags – Unterstützung zur Selbstilfe anbieten. Wir werden alles dafür tun müssen, um ie lokalen Strukturen zu fördern. Es ist für mich traurig, zu sehen, dass viele Regionen er Welt ihre Möglichkeiten nicht nutzen können, weil taatszerfall und Kriege das Ausschöpfen vorhandener otenziale verhindern und damit die Grundlage für eine achhaltige Bewirtschaftung kaum gegeben ist. Angeichts dieser Situation müssen wir – das ist mir sehr ichtig zu betonen – auch deutlich machen, dass wir in Johannes Röring keiner Weise auf die ertragsstarken Regionen der Erde, also Europa und Nordamerika, verzichten können. Denn wenn hier der Ertrag sinkt, entsteht Sog an einer anderen Stelle. An die Adresse derjenigen Redner, die vorhin die landwirtschaftlichen Exportsubventionen stark kritisiert haben, sage ich deutlich: Ein Abbau ist nicht der Schlüssel für die armen Länder, sich zu entwickeln. Es bringt überhaupt keinen Vorteil, wenn wir in dieser dramatischen Situation die Milchbauern in Deutschland und in Europa allein lassen. Wir von der Union stehen zu unseren Bauern. Es besteht die Gefahr, dass diese Wirtschaft zusammenbricht; denn gerade Russland und die Ukraine sind die bevorzugten Exportmärkte. Eine kurzfristige Abschaffung dieser Subventionen – sie sollen bis 2013 abgeschafft werden – wird überhaupt nichts an der Situation der Entwicklungsländer ändern. Im Gegenteil: Eine Schwächung unserer Bauern würde vermehrte Nachfrage in anderen Regionen bedeuten. Abschließend möchte ich mein Unverständnis zum Ausdruck bringen, dass Sie von den Grünen sich unserem Antrag nicht anschließen. Sie haben zwar die Ziele richtig beschrieben. Aber angesichts der Tatsache, dass Sie bewusst auf den Ertrag verzichten wollen und moderne Methoden ausschließen wollen, muss ich sagen, dass Ihr Antrag an den Realitäten vorbeigeht. Ich kann nur feststellen, dass Sie das Problem nicht erkannt haben und Ihrer Ideologie immer noch blind hinterherrennen. Deswegen lehnen wir Ihren Antrag ab. Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung auf Drucksache 16/11973. Der Ausschuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner Beschlussempfehlung die Annahme des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU und SPD auf Drucksache 16/11053 mit dem Titel „Hunger und Armut in Entwicklungsländern durch die Förderung von ländlicher Entwicklung nachhaltig bekämpfen“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der Unionsfraktion und der SPD-Fraktion gegen die Stimmen der FDP-Fraktion und der Fraktion Die Linke bei Enthaltung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen angenommen. Unter Nr. 2 empfiehlt der Ausschuss die Ablehnung des Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 16/11203 mit dem Titel „Die Ursachen des Hungers beseitigen – Die ländliche Entwicklung fördern“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der Unionsfraktion, der SPD-Fraktion und der FDP-Fraktion gegen die Stimmen der antragstellenden Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion Die Linke angenommen. A d g K f F D d s z T d d D d b V f f p d H d ti d – d d D d E (C (D Ich rufe den Tagesordnungspunkt 8 auf: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend trag der Abgeordneten Jörn Wunderlich, Klaus Ernst, Dr. Lothar Bisky, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Arbeit familienfreundlich gestalten – Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Mütter und Väter lebbar machen – Drucksachen 16/7482, 16/10605 – Berichterstattung: Abgeordnete Dr. Eva Möllring Marlene Rupprecht Miriam Gruß Jörn Wunderlich Ekin Deligöz Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre azu keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kollein Dr. Eva Möllring für die Unionsfraktion. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und ollegen! Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist ür uns als Frauen in der Politik, gerade für uns als rauen in der Union, schon lange ein großes Thema. eswegen bin ich dankbar dafür, dass dieses Thema in iesem Jahr zum Weltfrauentag wieder auf der Agenda teht, und zwar zusammen mit der Entgeltungleichheit wischen Frauen und Männern, weil das die beiden großen hemen sind, die sehr viele Frauen beschäftigen. Wir ürfen die Mütter und inzwischen auch die Väter mit iesem Thema nicht alleine lassen. ie Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist ebenso wie ie Entgeltungleichheit kein privates, individuelles Prolem, sondern ein Problem, für das die Gesellschaft die erantwortung trägt. Sie hat hier ein großes Handlungs eld, auf dem noch einiges zu tun ist. Bei der Reaktion auf die Forderung, eine familienreundliche Arbeitswelt zu schaffen, erleben wir seit ein aar Jahren einen Bewusstseinswandel in der Wirtschaft, en wir viele Jahre lang gefordert und angemahnt haben. eute sind sich immerhin 71 Prozent der Unternehmen arüber im Klaren, dass Familienfreundlichkeit ein wichges oder sogar sehr wichtiges Thema ist. 2003 waren as nur 46 Prozent. Frau Humme, lassen Sie mir wenigstens genug Zeit, amit ich es mir auf der Zunge zergehen lassen kann, ass an dieser Stelle eine Verbesserung eingetreten ist. – ie Unternehmen erkennen, dass das Bewusstsein für ie Bedürfnisse von Familien sowohl über den zukünftigen rfolg der Firma entscheidet als auch bei der Gewinnung Dr. Eva Möllring und Bindung qualifizierter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine wichtige Rolle spielt. Daran, dass ein Unternehmen heute in einer einseitigen Werbeanzeige gesagt hat: „Sie bekommen das Kind. Wir kümmern uns um alles andere“, können wir einen gewaltigen Fortschritt erkennen. Ich wünsche mir, dass solche Aussagen Schule machen und viele andere bald ebenso denken. Wenn man sieht, wie mühsam es für Mütter und Väter ist, sich durch den Alltag zu schlagen, dann weiß man, dass noch sehr viel zu tun ist. Frau Humme, wir sind noch lange nicht am Ende der Fahnenstange angekommen. Der Bundestag und die Bundesregierung haben in dieser Wahlperiode wichtige Akzente gesetzt, gerade bezüglich dieses Themas. Zu nennen sind zunächst einmal das Elterngeld und insbesondere die Partnermonate. Die Partnermonate werden mittelfristig dazu führen, dass Väter nicht nur zu ihren ganz kleinen Kindern eine Bindung aufbauen, sondern sie diese in der weiteren Beziehung ausbauen und deswegen ein Verständnis dafür haben werden, dass es eine familienfreundliche Arbeitswelt geben muss und sie selber mit dafür verantwortlich sind, diese zu gestalten, weil sie erlebt haben, was Familie bedeutet. Eine wichtige Aufgabe in der nächsten Wahlperiode wird es sein, die Regelung zu den Partnermonaten auszubauen, damit sich Väter in ausreichendem Maße um ihre Kinder kümmern können. Die zweite wichtige Aufgabe wird der Ausbau der Kinderbetreuung für unter Dreijährige sein, und die dritte Aufgabe die finanzielle Förderung von Gesamtschulen. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Für mich ist es im Grunde genommen wichtiger, dass an den Grundschulen mehr Randbetreuung angeboten wird; denn da sind die kleineren Kinder, die sich nicht selbst versorgen können, wenn die Schulzeit vorbei ist. Insgesamt hat der Bund gewaltige finanzielle Leistungen erbracht, die eigentlich von Kommunen und Ländern getragen werden müssten. (Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Richtig! Jawohl!)


(Dr. Karl Addicks [FDP]: Ja!)





(A) )


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(Beifall bei der CDU/CSU)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620818700
Dr. Eva Möllring (CDU):
Rede ID: ID1620818800

(Beifall bei der CDU/CSU)


(Christel Humme [SPD]: Und?)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der CDU/CSU)


Lassen Sie mich an dieser Stelle auch einmal sagen:
Wenn ich in eine Kommune komme, wo man mir sagt,
dass unsere 50 Prozent ganz okay seien, und dann fragt,
wo denn die anderen 50 Prozent seien, habe ich dafür
nicht viel Verständnis. In gewissen Feldern wird von
Bund und Land sogar 80 Prozent finanziert. Wenn dann
auch noch der Anteil von 20 Prozent für die Kommune zu
viel ist, ist das schlecht. Da müssen wir in der Kommunal-
politik den Finger draufhalten und sagen: Nein, diese
Leistung ist von den Kommunen zu erbringen.

Die Leistungen, die wir erbracht haben, werden ohne
Zweifel dafür sorgen, dass die sehr jungen Eltern künftig
neben der Betreuung ihrer Kinder mehr, sogar Vollzeit
arbeiten können. Aber das ist eine zukünftige Entwick-
lung, die auf dem aufbaut, was jetzt angeschoben worden
ist und umgesetzt wird. All diejenigen, die diese Mög-
lichkeit noch nicht hatten, müssen zaubern – das ist nicht

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(C (D u hoch gegriffen –, um gleichzeitig Kinder zu erziehen nd im Beruf konkurrenzfähig zu sein. Ich nenne drei Handlungsfelder, bei denen ich meine, ass da ganz besonders etwas getan werden muss. Erstens: die Chancen von Müttern und Vätern, die Teileit arbeiten. Es ist in Deutschland so, dass mindestens die älfte der Mütter mit kleinen Kindern und immer mehr äter Teilzeit arbeiten und dies auch wollen. o sehr ich es achte, wenn Eltern Vollzeit arbeiten, so finde h es genauso in Ordnung, wenn sie sowohl Familienarbeit eisten als auch Teilzeit arbeiten. as ist wahrscheinlich der große Unterschied zwischen ns von der Union und Ihnen von den Sozialdemokraten. (Caren Marks [SPD]: Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit haben wir, glaube ich, eingeführt!)


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: So ist es!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


Seien wir doch einmal ehrlich und schauen wir uns
ie tägliche Lebenswirklichkeit an, Frau Marks. Wenn
an Lehrerin ist, ein Kind hat, das bilderbuchmäßig be-

abt ist, einen Kitaplatz, eine private Randbetreuung und
ine Oma, die am Ort angesiedelt ist, und einen Ehe-
ann hat, der in der Verwaltung arbeitet, dann kann man

as schaffen.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das war eine sozialdemokratische Biografie!)


ann kann man ziemlich schnell wieder Vollzeit arbeiten.
ber was machen all die anderen? Was macht die Erzie-
erin im Heim – der Fall ist mir gerade heute
uergekommen –, die zwar nur ein Schulkind hat, aber
lötzlich im Dreischichtsystem arbeiten soll? Was macht
ie Mutter von drei Kindern, die verschiedene Kitas und
chulen besuchen, und deren Mann in der IT-Branche ist
nd vielleicht bis in den Abend arbeitet? Wie viele
rauen kommen abends nach Hause, machen den Groß-
inkauf und stürzen sich um 20 Uhr ins Waschen und
ügeln? Sie arbeiten dann um 22 Uhr noch weiter, weil

ie sich Arbeit mit nach Hause gebracht haben.

Unbezahlte Hausarbeit ist der größte Sektor auf dem
rbeitsmarkt. Wollen wir nicht auch, dass sich Eltern
eit für die Kinder nehmen? Kinder sind 16 Stunden am
ag auf den Beinen und halten sich nicht an Öffnungs-
eiten. Das heißt, wir müssen es den Eltern ermöglichen,
ass sie ihre Berufs- und Familienzeiten so einrichten,
ass sie nicht zehn Jahre lang auf dem Zahnfleisch gehen
nd keiner Aufgabe mehr gerecht werden. Deswegen
üssen wir dafür sorgen, dass Teilzeit eine anerkannte
erufsform wird, dass man auch in Teilzeit alle Auf-

tiegsmöglichkeiten hat und nicht kurz-, mittel- und
angfristig abgehängt wird. Das haben wir neulich in der
nhörung von allen Experten sehr deutlich gehört.


(Beifall bei der CDU/CSU)


as betrifft sowohl die Köpfe, in denen sich etwas be-
egen muss, als auch die gesetzlichen Voraussetzungen.
ir müssen uns das Teilzeitgesetz einmal genau ansehen






(A) )



(B) )


Dr. Eva Möllring
und überlegen, wie wir diese Schallmauer durchbrechen
können.

Zweitens. Wir müssen noch mehr flexible, individuelle
Arbeitszeitmodelle einführen. Viele Unternehmen haben
Vertrauensarbeit eingeführt. Nach den Erhebungen des
Ministeriums sind es 51 Prozent – das ist eine stolze
Zahl – und doppelt so viel wie 2003, als es noch
22 Prozent waren. Ich will mich jetzt mit meiner Kritik
zurückhalten – das Ministerium hat das sicherlich sehr
gründlich erforscht –, aber aus meiner Sicht könnten das
ruhig noch mehr Betriebe machen. Diese Vertrauens-
arbeit ist der Grund, warum es als Lehrerin möglich ist,
Familie und Beruf gut miteinander zu vereinbaren. Man
kann die Hefte sowohl um 16 Uhr als auch um 20 Uhr
korrigieren; Hauptsache sie werden korrigiert. Dieses
Erfolgsmodell muss auf andere Berufe übertragen werden.

Drittens: die Überbrückung von Elternzeit und der Wie-
dereinstieg in den Beruf. Auch da haben wir erhebliche
Steigerungen von Vertretungseinsätzen und Einarbeitungs-
programmen, die jedes fünfte Unternehmen anbietet.
Aber es ist nun einmal nur jedes fünfte Unternehmen. Es
müsste jedes sein. An dieser Stelle müssen wir noch sehr
viel tun. Das ist der Bereich, in dem sich künftig der
Wettbewerb um die qualifizierten Kräfte abspielen wird.

Kurz vor Ende meiner Redezeit möchte ich noch ein
Wort zur Kernforderung der Linken nach Einführung ei-
ner siebenjährigen Elternzeit sagen. Meine Damen und
Herren, diese Forderung steht unter der falschen Über-
schrift. Sie haben diese Forderung nämlich unter der
Überschrift „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ auf-
geführt. Vereinbarkeit von Familie und Beruf bedeutet
aber nicht, dass man nur eins von beidem macht, sondern
dass man beides macht. Deswegen passt diese Forderung
nicht an diese Stelle.

Abgesehen davon ist diese Forderung realitätsfern.
Sie treiben die Frauen damit in eine Sackgasse. Nach
sieben Jahren können sie nämlich nicht mehr in ihren
Beruf zurückkehren. Das werden sie nicht schaffen.


(Beifall der Abg. Ina Lenke [FDP] – Zuruf von der LINKEN: Sie müssen mal richtig lesen!)


Es macht keinen Sinn, ihnen etwas anderes vorzugau-
keln.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620818900

Kollegin Möllring, achten Sie bitte auf das Zeichen

vor sich?


Dr. Eva Möllring (CDU):
Rede ID: ID1620819000

Ich bin bei meinem letzten Satz. – Noch viel schlim-

mer finde ich, dass Sie gerade Frauen, für die diese lange
Kündigungsfrist gilt, ein massives Einstellungshinder-
nis ans Bein binden,


(Ina Lenke [FDP]: Ja!)


und zwar unabhängig davon, ob sie Kinder haben wollen
oder nicht. Hier sind Sie auf dem Holzweg.

Danke für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D Für die FDP-Fraktion hat nun die Kollegin Ina Lenke as Wort. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Um es leich vorwegzusagen: Wir führen keine allgemeine Deatte über die Familienfreundlichkeit von Unternehmen, ondern uns liegt ein Antrag der Linken mit dem Titel Arbeit familienfreundlich gestalten – Vereinbarkeit von amilie und Beruf für Mütter und Väter lebbar machen“ or. Liebe Kollegen und Kolleginnen von den Linken, as ist wahrlich ein Schauantrag, ein Schaufensterantrag. icherlich hängt er ab morgen in allen Schaukästen der inken aus, ob in Thüringen, Sachsen oder Niedersachen. Er hängt also schon aus; das kann ich mir vorstellen. hre Strategie ist, den Eindruck zu erwecken: Die Linke st sozial, (Elke Reinke [DIE LINKE]: Das ist richtig! Sehr sozial!)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620819100

(Beifall bei der FDP)

Ina Lenke (FDP):
Rede ID: ID1620819200

(Elke Reinke [DIE LINKE]: Er hängt schon!)


(Heiterkeit bei der FDP)


ie anderen Parteien sind unsozial.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Das war eine wahre Aussage! So ist es! Wo sie recht hat, hat sie recht!)


iese Strategie verfolgen Sie jedes Mal, wenn Sie un-
ere politischen Aussagen nicht teilen. Jedem, der sich
it Ihrem Antrag inhaltlich auseinandersetzt, kann man

ur raten, ihn abzulehnen. Ich werde im Einzelnen be-
ründen, warum.


(Beifall bei der FDP)


Zum Inhalt. Sie wollen die Ausweitung des Kündi-
ungsschutzes für Frauen und Männer. Heutzutage kön-
en sie drei Jahre lang zu Hause bleiben. In diesen drei
ahren ist ihr Arbeitsplatz sicher. Nach diesen drei Jah-
en müssen sie, wenn sie ihren Arbeitsplatz behalten
ollen, zurückkehren. Frau Möllring hat schon darauf
ingewiesen, dass Sie den Kündigungsschutz von drei
ahren auf sieben Jahre ausweiten wollen. Das heißt,
ass ein Handwerksbetrieb mit fünf oder zehn Mitarbei-
ern einen Arbeitsplatz bis zu sieben Jahre freihalten
oll.


(Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Ach was! Das steht da doch gar nicht!)


Natürlich steht das in Ihrem Antrag.


(Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: So ein Quatsch! Wo steht denn so etwas? Können Sie eigentlich lesen?)


n Ihrem Antrag steht nicht, dass diese Forderung nur für
etriebe, die mindestens 20, 25, 50 oder 100 Mitarbeiter
nd Mitarbeiterinnen haben, gelten soll. Ich jedenfalls






(A) )



(B) )


Ina Lenke
habe nichts dergleichen gelesen, lasse mich von Ihnen
aber gerne eines Besseren belehren.

Wer jemals einen mittelständischen Betrieb geleitet
hat, der weiß, dass diese Regelung nicht vorteilhaft für
Frauen wäre, sondern einen Bumerangeffekt hätte.


(Beifall des Abg. Dr. Karl Addicks [FDP])


Diese Regelung würde sich zum Nachteil der Frauen
auswirken.

Wenn ein Betrieb eine offene Stelle zu besetzen hat,
für die es zwei Bewerber, einen Mann und eine Frau,
gibt, wen wird der Betrieb wohl einstellen? Müsste der
Betrieb diesen Arbeitsplatz später eventuell sieben Jahre
freihalten, würde wahrscheinlich der Mann die Stelle be-
kommen. Die Betriebsleitung würde nämlich davon aus-
gehen, dass Männer in der heutigen Gesellschaft noch
nicht so häufig auf ihre Kinder aufpassen wie Frauen. Es
wäre aus Sicht des Betriebes also der sicherere Weg, den
Mann einzustellen.


(Elke Reinke [DIE LINKE]: Genau dieses Denken wollen wir ändern!)


Ihre Forderung hätte zur Folge, dass sich die Chancen
von Frauen auf dem Arbeitsmarkt verringern.

Diese Regelung würde in der Praxis dazu führen, dass
der Arbeitsplatz nach sieben Jahren besetzt ist – was
soll der Betrieb auch machen? – und dass die Frau ihren
Arbeitsplatz nicht wieder bekommt. Denn nach sieben
Jahren kann man nicht die mittlerweile gut eingearbei-
tete Kraft, die diesen Arbeitsplatz nun hat, plötzlich an
eine andere Stelle versetzen.

Außerdem würde diese Regelung die Frauen in falsche
Sicherheit wiegen; das ist übrigens schon heute bei der
Dreijahresregelung der Fall. Auch ich bin der Meinung,
dass Familienarbeit äußerst wichtig ist. Es passt aber
nicht ins Konzept, dass der Staat sagt: Ihr könnt sieben
Jahre zu Hause bleiben und Familienarbeit machen. –
Deshalb lehnt die FDP diese arbeitnehmerinnenfeindli-
che Regelung ab. Wir wollen die Dreijahresregelung bei-
behalten.


(Beifall des Abg. Dr. Karl Addicks [FDP])


In Ihrem Antrag findet sich die schöne Überschrift
„Berufsrückkehr fördern“. Sicherlich, Arbeitgeber und
Arbeitgeberinnen haben ein natürliches Interesse daran,
gut qualifizierte Mitarbeiterinnen nach der Elternzeit
wieder an ihrem ehemaligen Arbeitsplatz einzusetzen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ja, sicher! Klar!)


Wie wir wissen, hat die demografische Entwicklung zur
Folge, dass es immer weniger Personal gibt. Heutzutage
muss jeder Betrieb sein qualifiziertes Personal halten.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist wohl wahr!)


Der Arbeitsvertrag ruht während der Elternzeit; danach
wird die Frau wieder in den alten Stand eingesetzt. Ich
weiß gar nicht, was es da zu regeln geben soll. In der Re-
gel spricht eine Arbeitnehmerin, bevor sie in Elternzeit
geht, mit ihrem Arbeitgeber darüber, ob sie die Möglich-

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(C (D eit hat, Urlaubsvertretung oder Krankheitsvertretung zu achen. Eine solche aktive Rolle der Frau – oder des annes –, die – oder der – in Elternzeit geht, ist in unse er Gesellschaft ausdrücklich erwünscht. Die Forderungen der Linken im Hinblick auf die Getaltung der Arbeitszeit sind ein Hammer. Ihre Klientel rbeitet doch auch, kann doch auch nachdenken. Auch ei Ihrer Klientel werden Sie mit diesen Forderungen ur Kopfschütteln ernten. Sie wollen, dass Eltern bis um zwölften Lebensjahr des Kindes Beginn und Ende er Arbeitszeit selbst gestalten können. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Schlaraffenland!)


(Beifall bei der FDP)


wölf Jahre lang das Recht auf Teilzeit, das Recht auf
ückkehr von Teilzeit in Vollzeit, das Recht auf Verlän-
erung der wöchentlichen Arbeitszeit, das Recht, Mehr-
rbeit nur zu erbringen, wenn die Arbeitgeberin die Be-
reuungskosten bezahlt. Man muss sich das einmal
orstellen! Selbst eine Arbeitgeberin, die Frauen mit
indern einstellen will, wird sich das nicht mehr leisten
önnen, wird Männer einstellen müssen. Deshalb lehnt
ie FDP Ihre Forderungen ab.


(Beifall bei der FDP)


erade Existenzgründerinnen können sich so etwas
icht leisten. Mit einer solchen Politik würde verhindert,
ass Frauen mit Kindern eingestellt werden. Wenn diese
orderungen umgesetzt würden, würde das die Chancen
on Alleinerziehenden, einen Arbeitsplatz zu finden, zu-
ichte machen.

Ich komme zum Schluss. Die FDP hält die bestehen-
en gesetzlichen Bestimmungen für ausreichend. Alles
ndere, liebe Kolleginnen und Kollegen, würde dem
unsch, mehr Frauen in Beschäftigung zu haben, entge-

enstehen.


(Beifall bei der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620819300

Für die SPD-Fraktion spricht nun der Kollege Dieter

teinecke.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Dieter Steinecke (SPD):
Rede ID: ID1620819400

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe

olleginnen und Kollegen! Zuerst möchte ich Frau
öllring auf die Sprünge helfen. Was das Recht auf Teil-

eit angeht, ist es meines Wissens so gewesen, dass die
PD dieses Recht gegen den erbitterten Widerstand der
DU/CSU durchsetzen musste.


(Caren Marks [SPD]: Richtig, so war’s! – Dr. Eva Möllring [CDU/CSU]: Das heißt nicht, dass man es nicht verbessern könnte! – Gegenruf der Abg. Caren Marks [SPD]: Man sollte aber nicht so tun, als hätte man jemals dafür gekämpft!)







(A) )



(B) )


Dieter Steinecke
– Dass die CDU/CSU im Nachhinein bekehrt ist, ist gut;
aber Sie sollten nicht Geschichtsklitterung betreiben.

Sie haben davon gesprochen, dass gerade in Grund-
schulen eine Randstundenbetreuung wichtig ist. Sie soll-
ten einmal Ihre Kolleginnen und Kollegen in Niedersach-
sen ansprechen: In den niedersächsischen Grundschulen
werden bewährte Strukturen gerade massiv zerschlagen.


(Dr. Eva Möllring [CDU/CSU]: Das ist doch Blödsinn!)


– Das ist kein Blödsinn, das ist so. Fragen Sie einmal
nach!


(Beifall der Abg. Caren Marks [SPD])


Meine Damen und Herren, der Antrag, den wir heute
beraten, ist nicht neu. Bereits in der 139. Sitzung am
24. Januar 2008 haben wir ihn in diesem Hause beraten.
Der Antrag ist – zu dieser Einschätzung sind wir vor gut
drei Monaten gekommen – falsch, und er ist seitdem
nicht richtiger geworden. Ich will die damalige Debatte
an dieser Stelle nicht wiedergeben; Sie können sie im
Protokoll nachlesen.

Auf einen zentralen Punkt möchte ich jedoch erneut
eingehen, auch wenn Herr Wunderlich sagt, wir hätten
das falsch verstanden. Herr Wunderlich, Sie haben
gleich Zeit, uns das in epischer Breite zu erklären.


(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: In vier Minuten! Da kann man nicht von epischer Breite reden!)


Ich jedenfalls lese das, was in dem Antrag steht, so, dass
die antragstellende Fraktion allen Ernstes fordert, den
Kündigungsschutz für Eltern auszudehnen, bis das Kind
sieben Jahre alt ist. Das geht, wie meine Vorrednerinnen
schon gesagt haben, an der Lebenswirklichkeit vorbei.
Diese Forderung ist nichts anderes als hanebüchener Un-
fug. Ein solch umfassender Kündigungsschutz hätte nur
eines zur Folge: Die Beschäftigungschancen junger
Frauen würden sich massiv verschlechtern. Gerade klei-
nere und mittlere Unternehmen – die nach wie vor das
Rückgrat unserer Wirtschaft und damit auch unseres Ar-
beitsmarktes darstellen – müssten sich zwei- bis sieben-
mal überlegen, ob sie eine junge Frau einstellen; denn
junge Frauen tragen nach wie vor den Hauptanteil an der
Kindererziehung. Im Zweifelsfall hätten gleich qualifi-
zierte männliche Bewerber die Nase vorn. Das ist gleich-
stellungspolitisch kontraproduktiv, wenn nicht gar frau-
enfeindlich.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


In diesem Zusammenhang stellt sich eine weitere
Frage: In welchen Berufen ist es überhaupt möglich,
nach siebenjähriger Abwesenheit wieder einzusteigen?
Dies dürfte doch umso schwieriger sein, je qualifizierter
die Tätigkeit ist, und ab einem bestimmten Niveau wäre
das praktisch unmöglich. Wer also eine siebenjährige Er-
ziehungszeit fordert, propagiert faktisch ein Absinken in
Teilzeit, prekäre Beschäftigungsverhältnisse oder gar ei-
nen endgültigen Berufsausstieg.

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(C (D (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Ina Lenke [FDP])


llein deswegen lehnen wir Sozialdemokraten den An-
rag ab.

Meine Damen und Herren, neben seiner fundamental
alschen Hauptforderung enthält besagter Antrag auch
ine üble Unterstellung. Die Familienpolitik – damit
ann nur die der Bundesregierung gemeint sein – habe
ie Vereinbarkeit von Familie und Beruf vernachlässigt,
st da zu lesen. Ob diese Aussage aus Böswilligkeit oder
gnoranz getätigt wurde, ist nicht von Interesse; in jedem
alle ist sie durch und durch falsch.


(Beifall bei der SPD)


Sie hat jedoch ihr Gutes, bietet sie mir doch eine will-
ommene Gelegenheit, die erfolgreiche sozialdemokra-
ische Regierungspolitik der letzten mittlerweile mehr
ls zehn Jahre erneut kurz darzustellen, denn es ist für
ie Familien, für die Kinder und Eltern in unserem Land,
erzeit unerheblich, welches Parteibuch die jeweilige
inisterin hat; derzeit ist es unerheblich. Entscheidend

st, dass eine vernünftige Politik gemacht wird, und diese
st – zumindest bei den vernünftigen Anteilen – auch un-
er der derzeitigen Ministerin eindeutig sozialdemokra-
isch.


(Beifall bei der SPD)


as freut mich als ehemaliges Mitglied des Niedersäch-
ischen Landtages ganz besonders; ich kenne die Minis-
erin von früher ganz anders. Aber jeder hat natürlich das
echt, Irrtümer zu erkennen und diese dann auch zu kor-

igieren.


(Dr. h. c. Gerd Andres [SPD]: Man kann immer dazulernen!)


Bei Frau Möllring hoffen wir, dass dies auch noch ge-
chieht. – Deshalb helfen wir der Ministerin nach Kräf-
en, unsere erfolgreiche Familienpolitik fortzusetzen, ge-
en alle Widerstände innerhalb der Union.

Doch weg von den handelnden Personen – sprechen
ir über Inhalte. Aus Zeitgründen muss eine umfassende
arstellung unterbleiben. Ich beschränke mich auf zwei
is drei wesentliche Punkte.

Zunächst einmal ist der Ausbau der Tagesbetreuung
u nennen. Wir haben schon vor Jahren für alle Kinder
b drei Jahren einen Rechtsanspruch auf einen Betreu-
ngsplatz geschaffen. In dieser Legislaturperiode haben
ir das Fundament dafür gelegt, dass es diesen An-

pruch bald ab Vollendung des ersten Lebensjahres ge-
en wird.

Das haben wir Sozialdemokraten durchgesetzt. Dafür
immt der Bund auch eine Menge Geld in die Hand.
iese Bundesmittel in Milliardenhöhe – das betone ich

usdrücklich – geben wir für eine Aufgabe aus, die ei-
entlich von den Ländern bewältigt werden müsste;
enn Familienpolitik ist eine gesamtgesellschaftliche
ufgabe, bei der sich niemand ins Unterholz schlagen
arf. Das richte ich an die Adresse der Länder und der
ommunen, aber ebenso nachdrücklich an die Verant-
ortungsträger in der freien Wirtschaft. Wir haben zwar






(A) )



(B) )


Dieter Steinecke
schon viel davon gehört, dass einige sich für bessere
Kinderbetreuung einsetzen, aber das reicht nicht aus.

Es genügt auch nicht, über einen vermeintlichen
Fachkräftemangel zu jaulen. Verschiedene Firmen zei-
gen bereits, wie sich vorhandene Potenziale mithilfe fle-
xibler Arbeitszeitmodelle für Eltern weit besser aus-
schöpfen lassen; denn eine familiengerechte Arbeitswelt
ist nicht nur gut für Eltern und deren Kinder, sondern
nützt auch den Unternehmen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Der Ausbau der Tagesbetreuung war und ist nicht we-
niger als ein Quantensprung. Noch in der Spätphase der
Ära Kohl wurden berufstätige Mütter – auch im Bundes-
tag – je nach Lebenslage als bemitleidenswerte Opfer
dargestellt oder als karrieregeile Rabenmütter diffamiert.
Das ist Gott sei Dank vorbei.

Ein weiterer wichtiger Baustein unserer Familienpoli-
tik ist das Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz. Damit
haben wir nicht nur für mehr Partnerschaftlichkeit und
Geschlechtergerechtigkeit in der Kindererziehung ge-
sorgt; zugleich wurden verlässliche Grundlagen für die
Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie für die Rück-
kehr in den Beruf geschaffen. Diese erfolgreiche Rege-
lung wollen wir durch zwei zusätzliche Partnermonate
und die Abschaffung des doppelten Anspruchsver-
brauchs bei gleichzeitiger Teilzeit weiterentwickeln. Da-
durch wird das Gute noch besser werden.

Ich könnte jetzt noch über das Unternehmensnetzwerk
„Erfolgsfaktor Familie“ oder über lokale Bündnisse spre-
chen, auch dies von Sozialdemokraten initiierte Erfolge
auf dem Weg zu einer familienfreundlicheren Arbeits-
und Lebenswelt; doch auch das würde den Zeitrahmen
leider sprengen. Interessierten empfehle ich an dieser
Stelle erneut die Lektüre des Protokolls der 139. Sitzung.
Darin ist dies alles bereits in epischer Breite ausgeführt
worden.

Ich fasse in einem Satz zusammen: Wir haben in den
letzten Jahren eine Menge erreicht. Natürlich haben wir
nicht das Paradies auf Erden geschaffen. Weitere Schritte
müssen folgen. Wir wollen die frühkindliche Betreuung
und Bildung verbessern; denn mit der Reduzierung der
Tagesbetreuung auf den Aspekt der Vereinbarkeit von El-
ternschaft und Beruf wird zu kurz gegriffen. Eine reine
Verwahrung und Beschäftigung wäre weder kindgerecht
noch nachhaltig. Nur gute Einrichtungen und qualifi-
zierte Pflegepersonen können Kindern bessere und vor
allem gerechtere Bildungschancen verschaffen und sie
optimal fördern. Wir wollen für eine bessere Qualität,
Beitragsfreiheit und Ganztagsplätze in unseren Kitas so-
wie eine weitere Erhöhung der Anzahl echter Ganztags-
schulen sorgen.


(Ute Kumpf [SPD]: Wir wollen alles, und zwar sofort!)


Eine gute Sozialpolitik ist immer auch eine gute Fa-
milienpolitik. Der gesetzliche Mindestlohn und eine bes-
sere soziale Absicherung, wie wir Sozialdemokraten sie
anstreben, werden willkommene Hilfen für junge Fami-
lien sein. Ich schließe bewusst die Einelternfamilien ein.

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(C (D ir wollen auch den Ausbau von Eltern-Kind-Zentren orantreiben, um Dienstleistungen und flexible Angeote unter einem Dach anzubieten. Das wird den jungen amilien in unserem Land nützen. Die Belange von Kindern und ihren Eltern sind bei ns Sozialdemokraten und natürlich auch Sozialdemoratinnen in guten Händen. Wir haben eine gute Politik ür Familien auf den Weg gebracht, wir haben große Erolge erzielt, und wir werden unseren Weg in den komenden Jahren in Regierungsverantwortung weiter be chreiten. Unsere Politik ist gut für die jungen Familien n unserem Land. Auf absurde Anträge der sogenannten inken Fraktion können sie hingegen getrost verzichten. Schönen Dank. Das Wort hat der Abgeordnete Henry Nitzsche. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Arbeit nd Familie sind die zwei Grundpfeiler, auf denen die ukunft unseres Landes, unserer Gesellschaft und letzt ich auch unseres deutschen Volkes beruht. Ohne Arbeit ird es keine Familien und ohne Familien keine Zukunft eben. Insofern ist gegen das Grundanliegen der Linksraktion prinzipiell nichts einzuwenden. In Wahrheit geht es Ihnen aber doch nicht um die Failien, sondern alleine darum, Ihre Ideologie zu verbrei en und unsere Gesellschaft umzubauen. (Caren Marks [SPD]: Das ist bei Ihnen anders?)


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620819500
Henry Nitzsche (Plos):
Rede ID: ID1620819600

ch zitiere aus Ihrem Antrag: „Umverteilung des gesell-
chaftlich erbrachten Arbeitsvolumens“ und „Gleichver-
eilung von Erwerbs- und Sorgearbeit zwischen den Ge-
chlechtern“.

Kommen wir zu den Inhalten dieses Antrages: Ver-
ängerung des Kündigungsschutzes bis zur Vollendung
es siebten Lebensjahres des Kindes, Mitspracherecht
ei der Gestaltung ihrer Arbeitszeiten, Recht auf Ableh-
ung von Überstunden und weitere Wunschvorstellun-
en. Liebe Genossen von der Linkspartei, das ist Arbei-
erparadies pur.

Erzählen Sie Ihre Forderungen doch bitte einmal ei-
em Arbeiter von Opel, einem von Qimonda, der in
resden demonstriert, einem von Schaeffler, einem von
osenthal usw. Ich rate Ihnen, der Wirklichkeit im

ahre 2009 einmal ins Auge zu schauen: Unternehmen
rechen reihenweise zusammen. Was steigt in Deutsch-
and? – Es sind die Zahlen der Entlassungen und der
urzarbeiter. Sie glauben doch nicht wirklich, dass sol-

he Forderungen unter diesen Umständen durchsetzbar
ind. Unter solchen Bedingungen würde kein Arbeitge-
er einem Familienvater oder einer alleinerziehenden
utter eine Stelle anbieten. Auch junge Frauen würden

icht eingestellt; denn sie könnten ja schwanger werden.






(A) )



(B) )


Henry Nitzsche
In meinem Wahlkreis hat zum Beispiel Hoyerswerda
eine Arbeitslosenquote von über 20 Prozent. Darunter
befinden sich noch viele junge Menschen, die nicht aus
ihrer Heimat wegziehen wollen. Sie glauben doch nicht,
dass diese nach Annahme Ihres Antrags überhaupt noch
eine Arbeit in der Region finden würden. Das würde das
Aus für solche Städte bedeuten. Erzählen Sie das doch
bitte einmal Ihrer Fraktion im Stadtrat. Die Einzigen, die
unter derartigen Bedingungen noch Arbeit finden wür-
den, sind Kinderlose jenseits des gebärfähigen Alters.

Mit Ihrem Antrag verschlechtern Sie somit die Situa-
tion junger arbeitsloser Väter und Mütter massiv, was Ih-
nen aber offensichtlich egal ist. Sie wollen lieber die
Position der betrieblichen Interessenvertretungen und
der Gewerkschaften stärken, wohl wissend, dass sich
diese einen Dreck um die Arbeitslosen scheren.

Wenn es Ihnen wirklich um alle Familien in Deutsch-
land ginge, dann müssten Sie sich auch um die Frauen
kümmern, die in den ersten Mutterjahren daheimbleiben
wollen. Auch sie verdienen unsere Unterstützung. Das
fängt schon damit an, dass man ihre Arbeit und ihre
Rolle als Mutter wertschätzt. Genau das tun Sie nicht.
Sie haben ganz andere Vorstellungen von Werten. Ich zi-
tiere aus Ihrem Parteiprogramm:

Ein neues Familienbild muss auch die Lebenswei-
sen von Schwulen, Lesben, Bisexuellen und Trans-
gendern einschließen.

So sieht also Ihre linke Familienförderung aus.


(Katja Kipping [DIE LINKE]: Heißt das, Sie wollen sie ausschließen, oder was?)


– Sie wissen genau, Frau Kipping, dass aus diesen Be-
ziehungen alles Mögliche entsteht, bloß keine Kinder.
Kinder brauchen wir nun einmal in Deutschland.

In Ihrem Antrag geht es weder um die Familien noch
um arbeitslose Väter oder Mütter. Der Antrag der Linken
schafft keine Arbeit; er verhindert sie. Außerdem führt
er zu einem weiteren Geburtenrückgang.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620819700

Herr Nitzsche, achten Sie bitte auf die Redezeit.


Henry Nitzsche (Plos):
Rede ID: ID1620819800

Ich komme zum Schluss. – Aber genau das können

wir uns nicht leisten. Frau von der Leyen mag noch so
viele frisierte Statistiken hervorzaubern. Deutschland
braucht mehr Kinder. Dies muss der Kern eines jeden fa-
milienpolitischen Antrags sein.

Im Übrigen, Frau Präsidentin: Das Plenum ist nicht
beschlussfähig.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620819900

Für die Fraktion Die Linke spricht nun der Kollege

Jörn Wunderlich.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! uch auf die Gefahr einer Verwarnung: Auf die braune oße meines Vorredners werde ich nicht eingehen. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)

Jörn Wunderlich (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620820000

Ich muss meine Rede ein bisschen stauchen. Das Intro
ber die Kinderbetreuung lasse ich deshalb weg. Sie ist
darin sind wir uns sicherlich alle einig – ein wichtiger
chritt neben vielen anderen flankierenden Maßnahmen,
ie es heißt. Aber wie sieht es mit der Kinderbetreuung

us?

Letzten Montag wurde in der Hannoverschen Neuen
resse aus einem Arbeitspapier des Städte- und Gemein-
ebunds zitiert. Da heißt es, bislang sei es sehr schlep-
end. Um das Ziel der Bundesregierung umzusetzen,
üsse es mindestens mit doppelter Geschwindigkeit vo-

angehen. 40 000 bis 70 000 Alleinerziehende sind er-
erbslos, weil ein Betreuungsplatz fehlt.

Ich frage mich, wo die flankierenden Maßnahmen
zw. die anderen Schritte bleiben, die immer wieder an-
ekündigt werden. Wir zeigen sie in unserem Antrag
uf.

Es geht darum, Rahmenbedingungen zu schaffen, mit
em Ziel, Elternschaft lebbar zu machen und den Be-
ürfnissen junger Familien besser zu entsprechen. Es
ieß immer in epischer Breite, wir sollten das Protokoll
er ersten Beratung lesen; darin stehe das alles schon.
ber man muss das immer wieder betonen und wieder-
olen, wenn es einfach nicht kapiert wird.


(Ina Lenke [FDP]: Was denn?)


Es ist doch mein Antrag. Wo steht in diesem Antrag,
ass eine Mutter – erstaunlicherweise ist immer von
üttern die Rede, dabei bestehen Eltern im Regelfall

us zwei Personen; auch Väter sind Teil der Eltern –


(Beifall bei der LINKEN)


ine Auszeit von sieben Jahren nehmen kann? Das ist an
einer Stelle zu lesen. Das ist eine bewusste politische
ehlinterpretation, die ständig wiederholt wird.


(Beifall bei der LINKEN – Ina Lenke [FDP]: Wieso das denn?)


Es geht um den Kündigungsschutz, nicht um Eltern-
eit.


(Ina Lenke [FDP]: Ja sicher! Das ist doch klar!)


ei der Elternzeit mit den Partnermonaten wollten wir
ine wirklich partnerschaftliche Elternzeit mit jeweils
wölf Monaten für den Vater und die Mutter, die nicht
bertragbar sind. Für Alleinerziehende sollte der dop-
elte Zeitraum gelten. Das war der Knackpunkt. Wir
ollten eine wirklich partnerschaftliche Regelung der

wölf Monate. Die sieben Jahre sind abgelehnt worden.
as will die Koalition nicht.


(Ina Lenke [FDP]: Was ist denn mit den sieben Jahren?)







(A) )



(B) )


Jörn Wunderlich
So eine Partnerschaft will die Koalition nicht. Die sieben
Jahre sind dem geschuldet, dass wir davon ausgegangen
sind, dass man das auch splitten kann.


(Ina Lenke [FDP]: Das steht nicht im Antrag!)


– Frau Lenke, Sie kennen doch unsere Anträge auch.


(Ina Lenke [FDP]: Im heutigen Antrag steht es nicht!)


Sie lehnen sie immer per se ab. Auf den Inhalt kommt es
Ihnen gar nicht an. Das zeigt sich auch heute.

Es ging darum, die Elternzeit so aufzusplitten, dass
man möglicherweise auch nach der Einschulung des
Kindes ein halbes Jahr nehmen kann. Weil im Regelfall
alle Kinder mit sieben Jahren eingeschult worden sind,
haben wir gefordert, den Kündigungsschutz entspre-
chend zu erweitern. Das ist der Kern unserer Aussage
zum Kündigungsschutz. Es ist nicht von einer siebenjäh-
rigen Auszeit – erst recht nicht nur von Müttern – die
Rede, Frau Lenke. Ich weiß nicht, woher Sie das haben.
Eine solche Interpretation ist schon irre.


(Beifall bei der LINKEN – Ina Lenke [FDP]: Das steht doch im Antrag! – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wir können doch lesen, Herr Wunderlich!)


Dass die Berufsrückkehr ein wesentlicher Punkt ist,
haben wir schon im Ausschuss festgestellt.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist alles sehr verwunderlich, was Sie hier vertreten!)


Dabei geht es um eine entsprechende Qualifizierung für
den Wiedereinstieg in den Beruf.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620820100

Kollege Wunderlich, gestatten Sie eine Zwischen-

frage der Kollegin Lenke?


Jörn Wunderlich (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620820200

Ich komme so schon kaum hin. Sie kann sich zu einer

Kurzintervention melden.

Die Förderung der Berufsrückkehr ist ein wesentli-
cher Punkt, der auch im Antrag gefordert wird. Es ist im
Ausschuss übereinstimmend festgestellt worden, dass
dies ein Knackpunkt ist, der geregelt werden muss.

Die Probleme mit dem Mehrschichtbetrieb, die Sie
angesprochen haben, Frau Möllring, greifen wir in unse-
rem Antrag auf. Wir fordern einen Anspruch auf Teilzeit
bzw. auf Normalschichtbetrieb. Diesen Problemen ist
man aber noch nicht gerecht geworden. Man kann nicht
immer auf freiwillige Vereinbarungen zwischen Be-
triebsrat, Belegschaft und Unternehmer setzen. Man
muss Regelungen schaffen. Es gibt sicherlich etliche Be-
triebe, die sagen, wenn unser Antrag durchkommt – er
kommt nicht durch; ich weiß, wie hier abgestimmt
wird –: „Dies interessiert mich nicht; das mache ich so-
wieso schon; ich rede mit meiner Belegschaft.“ – Man
kann nicht immer so tun, als schikanierten die Arbeit-
nehmer die Arbeitgeber.

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(C (D (Ina Lenke [FDP]: Aber das ist doch etwas ganz anderes als ein Rechtsanspruch!)


ch spreche von den Unternehmen, die einen Mehr-
chichtbetrieb ohne Rücksicht auf Familien durchführen.
as ist der Knackpunkt.

Wir zeigen in unserem Antrag die flankierenden Maß-
ahmen auf, die aus Sicht der Regierung eigentlich er-
orderlich sind, um eine familienfreundliche Politik in
iesem Land zu betreiben. Deshalb kann ich nur darum
rsuchen, unserem Antrag zuzustimmen. Sie sollten
icht dauernd etwas hineininterpretieren, was nicht drin-
teht. Das ist unmöglich.

Danke für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der LINKEN – Ina Lenke [FDP]: Das werden wir im Ausschuss klären!)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620820300

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun die

ollegin Britta Haßelmann das Wort.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620820400

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär!

iebe Kolleginnen und Kollegen der Linksfraktion, der
PD-Fraktion, der CDU/CSU-Fraktion, der FDP-Frak-

ion und meiner Fraktion! Es ist gut, dass wir heute mit
rnsthaftigkeit darüber diskutieren, wie wir es schaffen
önnen, dass Familie und Beruf besser zu vereinbaren
ind; denn für immer mehr Menschen wird Zeit zu einem
irklich knappen Gut. Das gilt insbesondere in der soge-
annten Rushhour des Lebens. Am besten soll man im
lter zwischen 20 und 35 Ausbildung, Beruf, Karriere-

eiter, Studienabschluss, vielleicht Familiengründung
nd Kinder miteinander vereinbaren und schultern. Das
lles soll man mit einem Diplom unter dem Arm im Eil-
empo hinbekommen. Das ist für immer mehr Frauen
ie für Männer ein wahnsinniges Problem; denn die ei-
ene Lebenswirklichkeit deckt sich für immer mehr
enschen immer seltener mit den eigenen Lebenswün-

chen. Deshalb ist es gut, darüber zu diskutieren, welche
ösungswege es gibt, den vielfältigen Lebenswirklich-
eiten von Frauen und Männern gerecht zu werden so-
ie jeder und jedem zu ermöglichen, ein selbstbestimm-

es Leben zu führen sowie Familie und Beruf zu
ereinbaren.

Jörn Wunderlich, wir sollten uns einmal anschauen,
elche Auswirkungen Ihre Vorschläge voraussichtlich

uf die Erwerbstätigkeit von Frauen und die Einstellungs-
raxis der Betriebe haben werden. Mit einer Elternzeit
on sieben Jahren und den anderen bereits angesproche-
en Maßnahmen geben Sie in Ihrem Antrag definitiv
eine Antwort auf die anstehenden Herausforderungen
ei der Zeitsouveränität von Frauen und Männern.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Ina Lenke [FDP])


Es geht um die Realität, in der wir leben, und die Re-
lität der Erwerbstätigkeit von Frauen, ob jung oder alt.
hre Vorschläge werden negative Auswirkungen auf die






(A) )



(B) )


Britta Haßelmann
Einstellung von Frauen in der Praxis haben. Das kann
man nicht wegdiskutieren. Ich finde es wahnsinnig
wichtig, dass wir über Zeitpolitik, Rushhour des Lebens
sowie die Zeitsouveränität von Frauen und Männern dis-
kutieren und darüber nachdenken, welche gesetzlichen
Rahmenbedingungen wir schaffen können und welchen
Raum wir in der Gesellschaft für bestimmte Fragestel-
lungen bieten können. Eines der großen Probleme dabei
ist nämlich, dass es dafür eigentlich keine Akzeptanz
gibt.

Die Ansprüche von Frauen entsprechen in der Regel
– das belegen alle Umfragen, die wir kennen – nicht dem
Wunsch, weniger zu arbeiten, sondern mehr zu arbeiten.
Sehr vielen der befragten Frauen geht es um eine eigen-
ständige Existenzsicherung und Erwerbstätigkeit. Wenn
man Männer fragt, was sie machen wollen, so bekommt
man als Antwort, dass sie Familienaufgaben mit Arbeit
verbinden wollen.

Die Lebensrealität sieht aber ganz anders aus: Die
Vollzeitquote von Vätern liegt bei der Erwerbstätigkeit bei
82 Prozent. Und diese Realität müssen wir anerkennen.
Insofern müssen wir überlegen, ob die Maßnahmen, die
Sie vorschlagen, nicht völlig kontraproduktiv sind und
dazu führen, dass es keine egalitäre Arbeitsteilung von
Frauen und Männern für Familie und Beruf geben kann,
obwohl diese das wünschen. Deshalb finde ich Ihre Vor-
schläge hierzu im Antrag so problematisch.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Da geht es jetzt nicht darum, zu sagen: Nur weil es die
Linken vorgeschlagen haben, muss man das alles ablehnen.
Vielmehr frage ich: Sind das wirklich geeignete Maßnah-
men, um eine egalitäre Arbeitsteilung hinzubekommen,
wenn Frauen und Männer diese wollen? Das ist meiner
Meinung nach nicht der Fall.

Wir brauchen eine Debatte über das Thema Zeit-
souveränität. Wir brauchen eine Debatte über die Vielfalt
der Lebensformen und der Lebensrealitäten, die Men-
schen leben wollen. Und wir brauchen eine Diskussion
darüber, welche Auswirkungen Maßnahmen, die wir
vorschlagen würden, auf die Geschlechtergerechtigkeit
hätten.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620820500

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über die Beschlussemp-
fehlung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen
und Jugend zu dem Antrag der Fraktion Die Linke mit
dem Titel „Arbeit familienfreundlich gestalten – Verein-
barkeit von Familie und Beruf für Mütter und Väter lebbar
machen“. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschluss-
empfehlung auf Drucksache 16/10605, den Antrag der
Fraktion Die Linke auf Drucksache 16/7482 abzulehnen.
Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer
stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die Beschluss-

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(C (D mpfehlung ist mit den Stimmen der Unionsfraktion, der PD-Fraktion, der FDP-Fraktion, der Fraktion Bündis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der Fraktion Die inke angenommen. Ich rufe auf die Tagesordnungspunkte 7 a bis 7 c: a)

gierung

Tourismuspolitische Leitlinien der Bundes-
regierung

– Drucksache 16/11594 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Tourismus (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Kultur und Medien

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Klaus
Brähmig, Jürgen Klimke, Dr. Hans-Peter
Friedrich (Hof), weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der CDU/CSU
sowie der Abgeordneten Annette Faße, Renate
Gradistanac, Clemens Bollen, weiterer Abgeord-
neter und der Fraktion der SPD

Barrierefreien Tourismus weiter fördern

– Drucksache 16/12101 -
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Tourismus (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Ausschuss für Kultur und Medien
Haushaltsausschuss

c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

(20. Ausschuss)

Herlitzius, Cornelia Behm, Hans-Josef Fell, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Mehr Engagement für eine nachhaltige Tou-
rismusentwicklung – Ausweisung der CO2-Bi-
lanz bei Pauschalreisen

– Drucksachen 16/9346, 16/12075 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Klaus Brähmig
Dr. Reinhold Hemker
Ernst Burgbacher
Dr. Ilja Seifert
Bettina Herlitzius

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich
öre dazu keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege
rnst Hinsken.






(A) )



(B) )

Ernst Hinsken, Beauftragter der Bundesregierung für
Tourismus:

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-
gen! Erstmals legt die Bundesregierung Leitlinien für die
Tourismuspolitik vor. Sie sind Ergebnis und Resultat
dessen, was wir in tourismuspolitischen Berichten in den
letzten Jahren immer wieder diskutiert und darüber hi-
naus auch beraten haben. Herr Kollege Burgbacher, ich
meine schon, sagen zu dürfen: Das ist die politische Bot-
schaft. Zum Beispiel hat es unter einem FDP-Minister
noch nicht gegeben, dass tourismuspolitische Leitlinien
aufgelegt wurden.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das kann ich mir nicht vorstellen! – Gegenruf von der CDU/ CSU: Es ist nicht alles gelb, was glänzt!)


Uns geht es vor allen Dingen darum, dass die Touris-
muspolitik in das Bewusstsein der Bevölkerung gerückt
wird. Wir sagen gerade mit diesen Leitlinien, was wir
wollen und welche Felder unserer Meinung nach fortent-
wickelt werden sollen.

Wir können in Sachen Tourismus auf Boomjahre
aufbauen. Denn seit der Fußballweltmeisterschaft im
Jahre 2006 rollt auch der Tourismusball. Wir können
darauf verweisen, dass allein im vergangenen Jahr trotz
hoher Energiepreise ein Plus von 2 Prozent in Sachen
Tourismus erzielt wurde und wir eine Steigerung der
Übernachtungszahlen auf 370 Millionen vorweisen kön-
nen.

Aber ich möchte gleichzeitig hinzufügen: 2009 ist die
Unsicherheit groß. Ich setze auf die Robustheit und auf
den Optimismus in der Tourismusbranche. Trotzdem
möchte ich nicht verhehlen, dass ich befürchte, dass es
gerade in diesem Jahr nicht nur zu einer Stagnation, son-
dern unter Umständen zu einem Minus von ungefähr
2 Prozent kommen wird. Gerade mit diesen Leitlinien
wollen wir aufrütteln. Wir wollen vernünftige Rahmen-
bedingungen setzen, damit sich die Tourismuswirtschaft
entfalten und sie noch mehr Gas geben kann, als das in
der Vergangenheit der Fall war.

Der Tourismus sollte nicht unterschätzt werden. Erfreu-
licherweise kann festgestellt werden, dass der Tourismus
nicht mehr nur durch die Brille des Urlaubs, der schönsten
Tage und Wochen des Jahres, gesehen oder in Verbindung
mit blauem Himmel, Strand und Meer gebracht wird,
sondern dass in der Zwischenzeit auch die ökonomische
Bedeutung des Tourismus erkannt wurde.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Ich darf bei dieser Gelegenheit darauf verweisen, dass
neben der Biotechnologie, dem IT-Sektor sowie der
Gesundheitswirtschaft gerade der Tourismus die Wachs-
tumslokomotive Nummer eins in der Bundesrepublik
Deutschland in diesem 21. Jahrhundert, das gerade
begonnen hat, ist. Nur, die Rahmenbedingungen müssen
stimmen. Neben den Bereichen Arbeit und Soziales,
Steuern, Verkehr, Umwelt, Verbraucherschutz, Gesund-
heit, Bildung, Sport und Kultur und vielen anderen Din-
gen mehr gilt es, die Rahmenbedingungen zu schaffen,
damit sich der Tourismus entfalten kann. Wie hat kürz-
lich unser neuer Bundeswirtschaftsminister formuliert?

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(C (D r sagte: Wir brauchen Leitplanken, gerade bei schlechem Wetter und trüber Sicht. – Wie recht hat er. Dem ollen wir Rechnung tragen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Auch müssen wir sehen, dass gerade die Tourismus-
irtschaft unter dem Globalisierungs- und Wettbewerbs-
ruck steht; denn weltweit wird um den einzelnen
ouristen gebuhlt. Wir müssen alles tun, um ein Stück
on diesem Kuchen, der zur Verteilung ansteht, abzu-
ekommen. Dabei können wir erfreut feststellen, dass
ber 30 Prozent der Deutschen ihren Urlaub in der
undesrepublik Deutschland verbringen. In verschiedenen
ändern sind es sogar noch etwas mehr. Ich möchte dem
inzelnen die Urlaubsfreude nicht vermiesen. Man soll
ich informieren. Aber wenn man dreimal während des
ahres in Urlaub geht und davon ein- oder zweimal den
rlaub in der Bundesrepublik Deutschland verbringt,
ann tut man nichts Falsches, sondern man tut etwas für
nsere Tourismuswirtschaft und lernt Land und Leute
ennen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Es gilt vor allen Dingen, die Qualität und die Stärken zu
tärken. Dasselbe gilt für die Qualifizierung. Wir müssen
eue Wege zum Beispiel in Sachen Städte- und Kultur-
urismus gehen. Wir müssen versuchen, die ländlichen
egionen aus dem Dornröschenschlaf zu erwecken, die

eit dem Sommermärchen 2006 nichts abbekommen
aben. Wenn ich davon spreche, die Qualität zu stärken,
ann sage ich das deshalb, weil Qualität der Inbegriff
es positiven Tourismus in der Bundesrepublik Deutsch-
and ist. Von Qualität kann man dann nicht sprechen,
enn ein Brief nach dem Urlaubsaufenthalt eines Gastes
ommt, in dem sich dieser beschwert, was alles daneben-
egangen ist, sondern Qualität ist, wenn er sich im folgen-
en Jahr wiedersehen lässt. Deshalb muss besonders auf
ie Qualität gesetzt werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Im Jahr 2010 ist die Metropole Ruhr Kulturhauptstadt
uropas. Kann eine Zeche schön sein? Diese Frage haben
ie Menschen im Ruhrgebiet mit Ja beantwortet. Wir haben
as seitens der Bundesregierung gefördert. Wir sind mit
00 000 Euro dabei. Ich begrüße es, dass gerade die
uhrregion Partner bei der ITB-Eröffnung in der kommen-
en Woche ist. Das ist die Leistung der CDU, der CSU und
er SPD. Zusammen haben wir die notwendigen Maßnah-
en ergriffen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Lassen Sie mich zum Abschluss noch das ansprechen,
as uns besonders unter den Nägeln brennt. Das ist zum

inen der Klimawandel und die Erderwärmung, zum an-
eren ist es der demografische Wandel. Wir dürfen nicht
bersehen, dass die Altersgruppe der 49- bis 74-Jährigen
9 Prozent der Bundesbevölkerung ausmacht. Im Tou-
ismussektor aber sind es 48 Prozent. Da ist Musik drin.
n dieser Stelle müssen Programme aufgelegt werden,






(A) )



(B) )


Beauftragter der Bundesregierung Ernst Hinsken
damit diese Leute mehr Möglichkeiten haben, Touris-
mus in der Bundesrepublik Deutschland zu machen.

Ich komme zu einer letzten Bemerkung: Werben tut
not. Wer nicht wirbt, der stirbt. Deshalb ist der Haushalts-
ausschuss gut beraten, wenn er der Deutschen Zentrale für
Tourismus mehr Mittel zuweist, damit man im Ausland
werben kann und Ausländern die Bundesrepublik
Deutschland so schmackhaft machen kann, wie wir sie
alle selbst empfinden.

In diesem Sinne: Herzlichen Dank für die Aufmerk-
samkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620820600

Für die FDP-Fraktion spricht nun der Kollege Ernst

Burgbacher.


(Beifall bei der FDP)



Ernst Burgbacher (FDP):
Rede ID: ID1620820700

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Zu Ihrer Eingangsbemerkung, lieber Herr Hinsken: Ich
glaube, es ist unstrittig, dass es ohne die FDP und meinen
Vorgänger Olaf Feldmann keinen eigenständigen Touris-
musausschuss gäbe.


(Beifall bei der FDP)


Die FDP muss sich, was die Tourismuspolitik angeht,
nirgends verstecken; das ist auch klar.


(Beifall bei der FDP)


Wir begrüßen durchaus, dass die Tourismuspoliti-
schen Leitlinien heute diskutiert werden. Sie kommen
zwar zum Schluss der Legislaturperiode, aber immerhin:
Sie kommen noch.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Besser spät als nie!)


Wenn man sie allerdings auf Inhalte abklopft, dann stellt
man fest, dass es ganz anders aussieht. Vieles ist völlig
unkonkret und nicht ausgereift. Handlungsanweisungen
sind aus diesen Leitlinien beim besten Willen nicht ab-
zulesen.


(Ute Kumpf [SPD]: Nichts für Mundharmonikaspieler!)


Die FDP hat schon vor einiger Zeit ein Tourismus-
konzept vorgelegt. Dieses enthält 31 sehr konkrete For-
derungen, die man abarbeiten kann. Diese Forderungen
betreffen unter anderem Steuer- und Abgabeerleichte-
rungen, verbesserte Ausbildungsmöglichkeiten, die wei-
tere Entzerrung der Ferienzeiten, die Gleichbehandlung
und Vernetzung der Verkehrsträger – dies ist ein ganz
wichtiges Thema – und die Verbesserung des touristi-
schen Angebots für mobilitätseingeschränkte Menschen.


(Beifall bei der FDP)


All dies kann man in ein Programm schreiben. Das ist
konkret, und dadurch weiß man dann, was man zu tun hat.

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(C (D Eines ist mir ganz besonders wichtig: Wir sind der eutsche Bundestag. Daher müssen wir uns immer über egen: Was macht die Politik im Bereich Tourismus, und as machen andere? Das touristische Angebot, dessen ualität sowie die Werbung, das ist Sache der Tourismusirtschaft. Unsere Aufgabe ist es, geeignete Rahmenedingungen und die Vorraussetzungen dafür zu schaffen, ass die an der Tourismuswirtschaft Beteiligten wirklich rbeiten können. Wenn man die Leitlinien auf diese Kriterien unterucht, stellt man fest, dass es ganz anders aussieht. Was n den Leitlinien steht, unterscheidet sich fundamental on dem, was die Große Koalition seit 2005 gemacht at. Ich möchte einige Beispiele dafür nennen. Ich zitiere us den Leitlinien: Wettbewerbsverzerrungen in Deutschland, in Europa und auf den internationalen Märkten sind nach Möglichkeit zu vermeiden. ettbewerbsverzerrungen sind zu vermeiden. Sie aber eigern sich, dafür zu sorgen, dass wir endlich verleichbare Mehrwertsteuersätze in Europa bekommen. s ist eine eklatante Wettbewerbsverzerrung, wenn der otelier in Kehl 19 Prozent Mehrwertsteuer vom Gast ehmen muss und sein Kollege in Straßburg nur ,5 Prozent. (Brunhilde Irber [SPD]: Trotzdem ist es in Kehl günstiger!)


(Beifall bei der FDP)


s ist ebenfalls eine eklatante Wettbewerbsverzerrung,
enn der Gastwirt in Deutschland für die Boulette
9 Prozent nehmen muss und der Metzger nebenan nur
Prozent.


(Beifall bei der FDP)


as geht nicht, und deshalb brauchen wir einheitlich
iese reduzierten Mehrwertsteuersätze.

Zweites Zitat aus den Leitlinien:

Die Rahmenbedingungen für die Tourismuswirt-
schaft sollen weiter verbessert werden.

ie, die Große Koalition, haben 20 Steuer- und Abgaben-
rhöhungen beschlossen. Die Menschen haben unterm
trich erheblich weniger Netto vom Brutto. Das sind
eine besseren Rahmenbedingungen; vielmehr haben
ie genau das Gegenteil bewirkt.


(Beifall bei der FDP)


Drittes Zitat aus den Leitlinien:

Die Bundesregierung strebt eine kontinuierliche
Stärkung der Wirtschaftskraft der vielen kleinen,
mittelständischen und großen Unternehmen der
Tourismuswirtschaft an.

as haben Sie mit dem Mittelstand denn gemacht? Ihre
nternehmensteuerreform, verbunden mit einer Zins-

chranke, mit der Besteuerung von Zins- und Leasingraten,
at doch nichts mit „mittelstandsfreundlich“ zu tun. Au-
erdem haben Sie ein Erbschaftsteuerrecht geschaffen, das






(A) )



(B) )


Ernst Burgbacher
gerade für den Mittelstand zu immensen Problemen
führt; ich verweise darauf, dass die Nachfolgeregelun-
gen für die Tourismuswirtschaft äußerst problematisch
sind. Jetzt führen Sie noch Mindestlöhne ein. Ich wieder-
hole: Das hat mit „mittelstandsfreundlich“ überhaupt
nichts zu tun. Das Gegenteil ist der Fall.


(Beifall bei der FDP)


Viertes Zitat aus den Leitlinien:

Die Unternehmen sind von überflüssiger Bürokratie
zu entlasten.

Schön wär’s! Was haben Sie eigentlich beim Allgemei-
nen Gleichbehandlungsgesetz gemacht? Wissen Sie, was
das an bürokratischen Belastungen bedeutet – gerade für
die mittelständische Wirtschaft?


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Weniger als befürchtet! – Ute Kumpf [SPD]: So ein Unsinn! So eine falsche Aussage!)


Was wir heute brauchten, ist ein Konjunkturpaket III,
durch das der Abbau bürokratischer Regelungen voran-
getrieben wird. Das kostet nichts; das würde der Wirt-
schaft und den Verbrauchern aber enorm helfen.


(Beifall bei der FDP)


Letztes Zitat aus den Leitlinien:

Das hohe Ausbildungspotenzial in der Tourismus-
wirtschaft muss ausgeschöpft werden.

Stimmen Sie doch endlich unserer Initiative zur Liberali-
sierung des Jugendarbeitsschutzes zu!


(Beifall bei der FDP – Widerspruch bei der SPD und der LINKEN – Bettina Herlitzius [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das kann doch keine Lösung sein!)


Das wäre die beste Ausschöpfung des Potenzials, das es
in diesem Bereich gibt.

Meine Damen und Herren von der Großen Koalition,
Sie haben zwei Konjunkturpakete aufgelegt. Darin
kommt der Tourismus nicht vor, noch nicht einmal an-
satzweise. Das zeigt übrigens, welchen Stellenwert Sie
der Tourismuswirtschaft wirklich zubilligen. Ich will
keine Unterstützungen für die Tourismuswirtschaft; das
will sie selbst auch nicht. Was ich will, ist ganz einfach:
Ich will, dass sie von unnötigen bürokratischen Lasten
befreit wird. Ich will, dass der Bund vernünftige Dinge
fördert. Ich will vor allem, dass die Verbraucher genug
Geld in der Tasche haben, um reisen zu können. Ein ein-
faches, niedriges und gerechtes Steuersystem wäre die
beste Tourismuspolitik, die wir überhaupt machen kön-
nen. Dazu waren Sie in der Großen Koalition nicht in der
Lage. Ich verspreche Ihnen: Dies wird sich ab Septem-
ber/Oktober deutlich ändern.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP)


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(C (D Nächste Rednerin ist die Kollegin Annette Faße für ie SPD-Fraktion. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! s waren die Tourismuspolitikerinnen und Tourismusolitiker der Koalition, die in Anträgen das Wirtschaftsinisterium aufgefordert haben, sich mit der Zukunfts ntwicklung des Tourismus auseinanderzusetzen. chwerpunkt sollte der Tourismus in Deutschland sein. as ist auf Anregung des DTV geschehen, und das soll en wir hier noch einmal klar und deutlich sagen. Heute liegen die Leitlinien der Bundesregierung vor. s sind die ersten Leitlinien, die erscheinen, seitdem ich em Bundestag angehöre. Besser sie liegen erst jetzt vor ls gar nicht. Man muss sich mit folgenden Fragen ausinandersetzen: Was bedeuten Leitlinien eigentlich? Was ollen sie eigentlich initiieren? Nach welchen Grundsäten soll die Tourismuspolitik in Zukunft ausgerichtet ein? Woran soll sie sich festmachen? Was sind die übereordneten Themen? Diese Fragen gilt es zu beantworen. Leitlinien können keine Verbandspolitik widerspieeln. Sie dürfen sich auch nicht in Details verlieren. Verände, Gewerkschaften und Parteien sind jetzt gefordert, ie für sich herunterzubrechen und zu sagen, in welchem achbereich sie welche Handlungsperspektiven sehen. Diese Leitlinien, lieber Kollege Burgbacher, sind und erden nie FDP-Leitlinien sein – jetzt nicht und in Zuunft nicht. Die FDP wird die Tourismuspolitik in eutschland nicht zu bestimmen haben. afür werden wir heute mit großer Mehrheit Sorge traen. Auch die SPD wird es sich natürlich zur Aufgabe mahen, die Leitlinien zu beraten. Wir führen dazu eine usschussanhörung durch. Die SPD wird dazu auch eine achkonferenz veranstalten. Wir werden dann die Paiere nicht schnell in den Papierkorb werfen – ich hoffe, lle anderen auch nicht –, sondern sie anwenden und eiterentwickeln. Die Schwerpunkte, die gesetzt worden ind, sind richtig. Es ist hingewiesen worden auf die wirtschaftliche Beeutung des Tourismus, auf seine Nachhaltigkeit, auf die hemen: demografischer Wandel, Barrierefreiheit, Teilabe, Qualität, Qualifizierung. Es geht um Produktenticklung und um die Ausund Weiterbildung. Wir in eutschland haben uns natürlich nach den Rahmenbeingungen der EU und der UNWTO zu richten. Wir üssen uns eingebunden sehen. Wir sind hier an einer chnittstelle weltweit, aber auch an einer Schnittstelle zu en Ländern und zu den Kommunen. Ich hoffe, dass un Annette Faße sere Leitlinien in den Ländern fortgeführt werden, dass die Länder sich nicht nur mit einem Masterplan auseinandersetzen, sondern auch Leitlinien entwickeln, an denen sich alle orientieren können. Ganz besonders wichtig ist für uns, dass das Thema Barrierefreiheit bereits in der Einleitung sehr deutlich hervorgehoben wird, aber auch in den weiteren Punkten auftaucht. Urlaub für alle, das muss unser Ziel sein. Um diesen Ansatz konsequent zu verfolgen, haben wir in den vergangenen Wahlperioden – dies ist jetzt meine fünfte Wahlperiode – immer einen Antrag vorgelegt, der sich mit dem Thema Barrierefreiheit befasst. Auf der einen Seite ist es ganz schön schlimm: Barrierefreiheit, Urlaub für alle, für Jung und Alt, für Menschen, die mobilitätseingeschränkt sind, das haben wir in Deutschland noch nicht erreicht, auch in dieser für mich fünften Wahlperiode nicht. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Davon hat in drei Perioden die SPD regiert!)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1620820800
Annette Faße (SPD):
Rede ID: ID1620820900

(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Und?)


(Beifall bei der SPD)


(Zuruf von der FDP: Abwarten!)


(Beifall bei der SPD)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der SPD)


Auf der anderen Seite hat sich der Bundestag – das gilt
auch für die vorherigen Wahlperioden – immer mit dem
Thema Barrierefreiheit auseinandergesetzt. Die Touris-
muspolitiker haben sehr früh erkannt, dass das für die
Tourismuswirtschaft wichtig ist, nicht nur aus sozialen
und ethischen Gründen, sondern auch aus wirtschaftli-
chen Gründen. Barrierefreiheit wird ein Qualitätssiegel
sein, nicht nur in Deutschland, sondern weltweit. Darum
ist es wichtig, dass wir uns auch in dieser Wahlperiode
damit befassen. Daher haben wir heute diesen Antrag
eingebracht.

Es muss Ziel sein, eine Transportkette zu bilden. Den
Begriff der Transportkette verwenden wir nicht nur des-
halb, weil er sich so technisch anhört. Damit wollen wir
zum Ausdruck bringen: Von Haus zu Haus, von zu
Hause bis zum Urlaubsziel, muss Mobilität garantiert
sein. Auch am Urlaubsort muss man sich bewegen kön-
nen. Zur Erreichung dieses Ziels besteht Handlungsbe-
darf in vielen Bereichen. Wir haben die Handlungsfelder
in unserem Antrag deutlich genannt.

Lassen Sie mich an dieser Stelle darauf hinweisen,
dass es durch das Konjunkturprogramm II auch möglich
ist, im baulichen und verkehrlichen Bereich Barrierefrei-
heit zu erreichen. Das ist bei allen Diskussionen unterge-
gangen. Aber wichtig ist: Auch dieses Segment ist in den
Möglichkeiten des Konjunkturprogramms II einge-
schlossen.


(Beifall bei der SPD – Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Das steht aber nirgends!)


Gesellschaftliche Teilhabe für alle, selbstbestimmt in
den Urlaub fahren zu können, das ist glücklicherweise
für viele eine Selbstverständlichkeit, aber leider noch
nicht für alle. Unsere Sorge ist natürlich, dass sich in Zu-
kunft viele einen Urlaub nur noch sehr eingeschränkt
oder gar nicht mehr werden leisten können.

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(C (D (Jens Ackermann [FDP]: Das liegt an Ihrer Politik!)


ie Prognosen, die wir heute auf Deutschland bezogen
nd weltweit zur Kenntnis nehmen können, sind sehr
nterschiedlich. Auf jeden Fall heißt es: Die Zahl der
uchungen geht zurück. Nach Befragungen des Forsa-

nstituts wollen in diesem Sommer noch 57 Prozent eine
eise buchen. Nach dem ADAC-Reisemonitor planen
och 64,5 Prozent einen Urlaub. Das wären 3 Prozent
eniger als im Vorjahr.

Wenn wir heute über Leitlinien diskutieren, dann kön-
en wir nicht sagen, dass wir hier eine heile Welt haben.
as ist nicht so. Wir haben in diesem Jahr auf jeden Fall
it einer Stagnation zu rechnen. Auch bezogen auf das

ahr 2010 sehe ich das Ganze sehr kritisch; um es deut-
ich zu sagen.

Es werden sich Auswirkungen auf den Freizeit- und
rlaubsbereich zeigen und damit auch auf Arbeitsplätze
nd – dies ist meine große Sorge – auf Ausbildungs-
lätze. Auch wenn zurzeit noch viele sagen – sei es im
eisebüro oder in der Gastronomie –, dass sie gute Fach-
räfte haben und diese behalten wollen, so habe ich doch
ie Sorge, dass die Situation schwieriger wird und man
ich dann von Arbeitskräften trennt.

Darum möchte ich klar und deutlich darauf hinwei-
en: Auch für diese Branche gilt die Kurzarbeiterrege-
ung. Qualifizierung ist dringend geboten. Ich fordere
ie Verbände auf, in ihren Gremien daran zu arbeiten,
as für den Fall der Fälle miteinander zu verbinden und
ies klar und deutlich zu machen.


(Beifall bei der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1620821000

Frau Kollegin, bitte denken Sie an die Redezeit.


Annette Faße (SPD):
Rede ID: ID1620821100

Ja. – Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, in der

ächsten Woche beginnt die ITB. Es werden fast so viele
ussteller wie bisher da sein. Wir sind sehr gespannt auf
ie Zeichen, die die ITB aussenden wird. Für Deutsch-
and bedeutet dies: Tourismus ist mehr als ein Wirt-
chaftsfaktor. Touristische Angebote sind die Visiten-
arte Deutschlands.

Danke schön.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1620821200

Nun hat das Wort der Kollege Dr. Ilja Seifert für die

raktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620821300

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber

rnst Hinsken, am 27. April 2007 hielten Sie auf der
ourismuskonferenz der Linksfraktion das Grußwort.
uf dieser Konferenz diskutierten wir die Tourismus-
olitischen Leitbilder der Linken. Ich meine, dass Ihre






(A) )



(B) )


Dr. Ilja Seifert
Teilnahme für Sie und für uns gut war. Ich danke Ihnen
noch einmal ausdrücklich dafür.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Heute – fast zwei Jahre danach – diskutieren wir die
Tourismuspolitischen Leitlinien der Bundesregierung,
die im Wesentlichen Ihre Handschrift tragen. Wenn man
beide Dokumente nebeneinanderlegt, wird man etliche
Übereinstimmungen feststellen. Insbesondere freut
mich, dass das Thema des barrierefreien Tourismus Ihre
Leitlinien von Anfang bis Ende durchzieht. Bedauerli-
cherweise sagten Sie jetzt kein Wort dazu. Immerhin hat
Frau Kollegin Faße das nachgeholt.


(Zuruf von der SPD: Das ist gut abgestimmt!)


Erforderlich ist jedoch aus meiner Sicht, die Heraus-
forderungen der Tourismuspolitik nicht aus den Wün-
schen der Tourismuswirtschaft abzuleiten, sondern in
erster Linie die Bedürfnisse der Menschen nach Erho-
lung, Bildung und Gesundheit zu befriedigen. Darin liegt
der entscheidende Unterschied zwischen der Tourismus-
politik der Bundesregierung und der Tourismuspolitik
der Linken. Sie machen das Mittel zum Zweck. Die
Linke tritt für einen Tourismus für alle ein; in den Wor-
ten stimmen wir durchaus überein.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir wollen, dass alle Menschen reisen können. Dies
sage ich auch deshalb, weil ich aus der DDR komme und
damals das Reisen aufgrund politisch-ideologischer Ver-
bohrtheit nur sehr eingeschränkt möglich war.


(Jens Ackermann [FDP]: Das lag an Ihrer Partei! – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Einsicht ist der erste Weg zur Besserung!)


– Das ist die offizielle Position unserer Partei.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Die Partei hat immer recht!)


Wir wollen, dass alle reisen können, um sich zu erho-
len, sich zu bilden und etwas für ihre Gesundheit zu tun.
Wir wollen, dass man sich die Welt anschaut, um seine
Weltanschauung auszuprägen.

Insofern ist es inakzeptabel, wenn zunehmend mehr
Menschen – vor allem auch Familien mit Kindern –
nicht mehr reisen können,


(Beifall bei der LINKEN)


weil ihnen das Geld dafür fehlt oder weil sie ihren Jah-
resurlaub weder planen noch nehmen können. Wir wol-
len, dass auch Hartz-IV-Empfängerinnen und -Empfän-
ger und deren Kinder real Urlaub machen können.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Linke – das will ich ausdrücklich sagen – tritt für
die stärkere Förderung des Kinder- und Jugendtourismus
ein.

Wir brauchen auch die alljährliche Schulfahrt für alle,
und zwar als Bildungsauftrag.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D Die Linke tritt für durchgängig barrierefreien Tourisus ein. Wir haben dazu bereits im September 2008 ei en Antrag in den Bundestag eingebracht. Ich freue ich, dass viele unserer Vorschläge und Forderungen un auch im Antrag der Koalitionsfraktionen wiederzuinden sind. Die Linke tritt für ökologisch verantwortbaren Tourisus ein. Auch wenn wir wissen, dass Reisen die Umwelt eansprucht, wollen wir Reisen für alle ermöglichen. mwelt und Tourismus dürfen nicht gegeneinander ausespielt werden. Hier sind intelligente Lösungen nötig. arauf müssen wir alle noch ein bisschen Gehirn chmalz verwenden. Die Linke tritt für eine stärkere Entwicklung des Touismus in ländlichen Räumen ein. Ich lade Sie herzlich in: Kommen Sie in die Oberlausitz, ins neu entstehende eenland, ins Zittauer Gebirge oder ins sorbische Sied ungsgebiet. Die Linke tritt auch für eine sich gut entwickelnde ourismuswirtschaft ein. Wir wollen gute Ausbildungslätze und gute Arbeitsplätze mit guten Löhnen für gute rbeit. iedriglöhne und prekäre Beschäftigungsverhältnisse ehnen wir ab. Deswegen, lieber Ernst Hinsken und liebe Kolleginen und Kollegen von der Koalition: Stellen Sie Ihre ourismuspolitischen Leitlinien vom Kopf auf die Füße. ann kommen wir zu einer sozial gerechten, barriere reien und ökologisch verantwortbaren Tourismuspoliik. Das dient den Menschen und fördert die Tourismusirtschaft. In diesem Sinne: Lassen Sie uns gut zusammenarbeien! Wir werden einiges erreichen. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ob der Ernst Hinsken noch einmal bei einer Tourismuskonferenz der Linken redet? – Gegenruf des Abg. Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Sie sind herzlich eingeladen, auch zu uns zu kommen! Sie können viel lernen!)


(Beifall bei der LINKEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1620821400

Nächste Rednerin ist die Kollegin Bettina Herlitzius

ür die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


Bettina Herlitzius (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620821500

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen

nd Herren! Seit einigen Wochen steht ein Thema im
auptfokus der öffentlichen Medien: die Weltwirt-

chaftskrise und ihre Auswirkungen auf den Arbeits-
arkt. Viele Arbeitsplätze, auch in Deutschland, sind

efährdet: 20 000 akut bei Opel. 16 000 Leiharbeiter bei
W sind schon entlassen worden. Gestern haben wir auf
em Parlamentarischen Abend des Bundesverbandes der
eutschen Fluggesellschaften erfahren, dass auch von
en 150 000 Arbeitsplätzen im Flugverkehr einige ge-
ährdet seien, wenn wir nicht schleunigst Landebahnen






(A) )



(B) )


Bettina Herlitzius
ausbauten, weitere Lärmschutzgesetze verhinderten und
ansonsten möglichst weitermachten wie bisher.

Meine Frage lautet: Ist das richtig? Ist es der richtige
Weg, dass wir für mögliche Arbeitsplätze sorgen, indem
wir zugleich unsere Natur, unsere Umwelt und unser so-
ziales Leben weiter zerstören? Ist das der richtige Weg?
Diese Frage stellt sich vor allem auch vor dem Hinter-
grund eines Konjunkturprogramms, das solche Entwick-
lungen noch verstärkt bzw. weiter unterstützt. In Ihrem
Konjunkturprogramm gibt es nämlich einen ganz kriti-
schen Baustein. Es handelt sich um die Gelder zur Indus-
trieförderung in Höhe von 100 Milliarden Euro. Diese
100 Milliarden Euro werden industrielle Umbauten, die
dringend notwendig sind, verhindern und die normalen
Selbstreinigungskräfte der Wirtschaft behindern; denn
viele Firmen sind gelähmt, warten ab und halten die
Hand auf. So werden in den nächsten Wochen weitere
Firmen um Hilfe bitten.

Aber kommen wir zum Tourismus: Reden wir über
einen Bereich, der wirklich viele Arbeitsplätze umfasst.
Es gibt 3 Millionen Arbeitsplätze im touristischen Be-
reich. Damit steht der Tourismus bei den arbeitskraftin-
tensiven Bereichen an dritter Stelle, und zwar nach dem
Handwerk und dem Gesundheitswesen. Das sollten wir
uns einmal vor Augen führen. Das heißt, wir müssen den
Fokus auch auf diesen Bereich legen. Es geht hier näm-
lich um Arbeitsplätze, die sich über ganz Deutschland
verteilen, um Arbeitsplätze in der Provinz, um Arbeits-
plätze von Frauen, um Arbeitsplätze vom Bayerischen
Wald bis nach Helgoland. Um diese Arbeitsplätze müs-
sen wir uns kümmern, weil sie regionale Stabilität be-
wirken. Insofern ist es an dieser Stelle wichtig, zu fra-
gen: Was sind die Probleme des Tourismus?

Ein Problem des Tourismus ist das Kirchturmdenken
der Tourismusfachleute, deren Welt an der Gemeinde-
grenze aufhört.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Weitere Probleme sind der anstehende Generations-
wechsel in den Unternehmen, die marode Infrastruktur
und die geringe Investitionsbereitschaft vieler Unterneh-
men. Ein besonders schwerwiegendes Problem ist der
Qualitätsstandard in den Hotels und der Gastronomie in
Deutschland. Gehen wir einmal ein Stück von der
Hauptstadt weg in den ländlichen Raum, dann stoßen
wir dort in Hotels und Gaststätten auf den Charme der
50er- und 60er-Jahre.


(Ute Kumpf [SPD]: Wo gehen Sie denn hin? Bei uns in Baden-Württemberg ist das anders! Wir nehmen Sie einmal mit!)


An dieser Stelle müssen wir die Unternehmen unterstüt-
zen. Wir müssen ihnen helfen, sich zukunftssicher auf-
zubauen.

Das ist der Grund, warum wir Leitlinien brauchen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Nur: Können die Leitlinien, die uns heute vorgelegt wor-
den sind, dem wirklich gerecht werden? Stecken sie ei-
nen Rahmen ab? Geben sie Ziele vor? Vor allen Dingen:

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(C (D einhalten sie klare Zielvorgaben? Nein, sie sind im oment nichts weiter als Prosa. Insofern bin ich froh, dass wir zu diesem Thema eine nhörung mit vielen Fachleuten durchführen. Ich hoffe, ass die geballte Fachlichkeit diese Leitlinien weiter unerfüttern kann, damit sie zu Leitlinien werden können, ie unserer touristischen Infrastruktur in Deutschland irklich helfen können, (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Gabriele Hiller-Ohm [SPD])


ie uns zu Spitzenreitern machen werden.

Lassen Sie uns einen Blick auf die Schweiz werfen.
estern ist der dritte Tourismusbericht des Weltwirt-

chaftsforums veröffentlicht worden. Die Schweiz ist im
ergleich von 133 Ländern Top-Urlaubsdestination. Wa-

um? Sie hat einen attraktiven flächendeckenden Nah-
erkehr.


(Ute Kumpf [SPD]: Die ist auch ein bisschen kleiner als die Bundesrepublik! – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Da ist alles Nahverkehr!)


ie hat Naturräume, die sie richtig schützt, und eine Gas-
ronomie mit einem hohen Qualitätsstandard. Da können
ir uns noch einiges abschauen.

Wir müssen uns den Herausforderungen stellen. Dazu
ehören die Themen Klimawandel und Tourismus, nach-
altige Mobilität und vor allen Dingen demografischer
andel, die dringend Beachtung finden müssen. Ich

laube, da ist noch einiges zu tun.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir brauchen einen sozialen Rahmen, Mindestlöhne,
ber auch Jugendschutz. – Herr Burgbacher, Ihre Forde-
ung dazu ist fatal. – Ebenso brauchen wir klare steuerli-
he Regeln und eine nachhaltige Förderung statt einer
örderung von Schneekanonen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


ußerdem sind flächendeckende Qualitätsstandards und
nterstützungsprogramme für Hotels notwendig, damit
iese auf Dämmbau und erneuerbare Energien umstellen
önnen.

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Gabriele Hiller-Ohm [SPD])



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1620821600

Für die CDU/CSU-Fraktion hat nun der Kollege

laus Brähmig das Wort.


Klaus Brähmig (CDU):
Rede ID: ID1620821700

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

s ist eine gute Tradition, am Vorabend der ITB eine
ourismuspolitische Debatte mit Analysen und einem
usblick zur Situation der Branche zu führen. Ich
öchte dies mit einem Dank an Michael Glos für seine
rbeit verbinden. In seiner Amtszeit sind für den Touris-






(A) )



(B) )


Klaus Brähmig
musstandort Deutschland und die Branche wegweisende
Entscheidungen getroffen worden,


(Beifall bei der CDU/CSU)


so – als Vorläufer eines Staatssekretärs – die Einrichtung
des Tourismusbeauftragten als direkter Ansprechpartner
in der Bundesregierung für die Branche und die bestän-
dige Erhöhung der Mittel für die Deutsche Zentrale für
Tourismus. Ich sage ausdrücklich, dass wir weiterhin
eine Bündelung der Aktivitäten zwischen Bund, Ländern
und der Wirtschaft brauchen nach der Devise: nicht kle-
ckern, sondern klotzen. Es wäre natürlich absolut wün-
schenswert, dass unter der Leitung der DZT eine konzer-
tierte Aktion zur Bewerbung Deutschlands stattfindet.
Außerdem sind zum ersten Mal tourismuspolitische
Leitlinien der Bundesregierung verabschiedet worden;
Ernst Hinsken hat sie vorgestellt.

Gleichzeitig will ich die Gelegenheit nutzen, unserem
neuen Tourismus- und Wirtschaftsminister Karl-Theodor
zu Guttenberg Glückwünsche zur Amtsübernahme aus-
zusprechen. Bei ihm ist die Branche in guten Händen.
Sein Wahlkreis ist zutiefst touristisch geprägt. Er kennt
aus eigener Erfahrung die Vielfalt des Tourismusstand-
ortes Deutschland, zum Beispiel die exzellente Gastro-
nomie in Franken. Burgen, Schlösser, Klöster, Kirchen,
Bäder wie zum Beispiel das in Staffelstein und eine zau-
berhafte Landschaft sind Markenzeichen für das touristi-
sche Angebot im Maintal und der Fränkischen Schweiz.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Meine Damen und Herren, das Jahr 2008 war ein Re-
kordjahr für den Deutschlandtourismus: 370 Millionen
Gästeübernachtungen, ein Plus von über 2 Prozent ge-
genüber dem Vorjahr, bei ausländischen Gästen sogar
ein Plus von 3 Prozent. Das sollte der Maßstab für das
Jahr 2009 sein.

Was sind nun die aktuellen Herausforderungen für die
Tourismusbranche? Der Investitionsstau in der Touris-
muswirtschaft muss in den nächsten Jahren aufgelöst
werden, vor allem in den ländlichen Räumen. Hier gilt
es, antizyklisch zu arbeiten und jetzt mithilfe der vielfäl-
tigen Bundesprogramme zu investieren. Ich gehe aus-
drücklich davon aus, dass gerade die ortsansässigen
Sparkassen und Kreditinstitute sowie die Volksbanken
hier Gewehr bei Fuß stehen.

Wir brauchen eine Wettbewerbsgleichheit zum Bei-
spiel auf dem Gebiet der Breitbandversorgung, um eine
Gleichheit zwischen den Ballungsräumen und dem länd-
lichen Raum herzustellen. Ich sage ausdrücklich: Es darf
nicht sein, dass man mit dem Flugzeug schneller am
Mittelmeer ist als in einem deutschen Mittelgebirge. Die
verkehrliche Erreichbarkeit deutscher Tourismusregio-
nen via Pkw, Bahn und Bus muss unbedingt verbessert
werden.

Stichwort: Umweltzonen in deutschen Städten. Wir
müssen aufpassen, dass wir nicht den Ast absägen, auf
dem wir sitzen.


(Beifall des Abg. Jens Ackermann [FDP])


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(C (D ie Reisebusse sind das umweltfreundlichste und nachaltigste Verkehrsmittel, das es im Tourismus gibt. Es ird in Zukunft vor allem wegen der demografischen ntwicklung an Bedeutung gewinnen. Wir müssen aufassen, dass wir die Busbranche nicht weiter drangsalieen. ie Zeit ist längst reif, um unnötige Vorschriften und ürokratie über Bord zu werfen, die eine touristische ntwicklung in Deutschland hemmen. Wir brauchen des Weiteren sportlich-kulturelle und ouristische Großereignisse. Diese sind in unsere Überleungen einzubeziehen. Auch meine Vorredner haben chon darauf hingewiesen: Die Kulturhauptstadt Essen 010, die Frauenfußballweltmeisterschaft 2011 und das uther-Jahr 2017 sind Projekte, die wir als große Chance ür Deutschland nutzen müssen, um uns als weltoffenes, olerantes und gastfreundliches Land zu präsentieren. Auch mir ist klar: Der Tourismus wird über kurz oder ang nicht die Insel der Glückseligen bleiben. Er hängt atürlich wie alle anderen Branchen von der nationalen nd internationalen Wirtschaft ab. Bisher steht die Touismuswirtschaft deutlich besser als andere Branchen da. ittelfristig können aber auch hier die Folgen der Fianzund Wirtschaftskrise durchaus spürbar werden. Keine Finanzund Wirtschaftskrise der Welt darf azu führen, dass wir die Rolle des Tourismus, wie seit ehn Jahren im Globalen Ethikkodex festgeschrieben, ergessen. Tourismus soll weltweit zur wirtschaftlichen ntwicklung, zur internationalen Verständigung sowie um Wohlstand und zur Einhaltung menschlicher rundfreiheiten beitragen. Die Einhaltung dieser ethi chen Standards des Tourismus sollte daher durch freiillige Angaben in Reisekatalogen aufgezeigt werden. ann könnten Reiseentscheidungen auch danach getrof en werden, inwieweit die Zielländer mit Fragen wie enschenrechten, Religionsund Pressefreiheit, Gleich tellung von Frauen, Schutz von Minderheiten und Maßahmen gegen sexuelle Ausbeutung von Kindern umgeen. Meine Empfehlung an die Reisebranche und an die eiseveranstalter ist auch, das Produkt Deutschland mit einen attraktiven Städten und Regionen noch stärker in ie Vertriebsund Marketingplanung einzubeziehen. nsere Verbraucher können durch ihr Reiseverhalten ichtige Impulse für den Deutschlandtourismus setzen, m das Außenhandelsbilanzdefizit von circa 5 Milliarden Euro zu minimieren und Arbeitsplätze in eutschland zu sichern und neue zu schaffen. Urlaub in eutschland ist das beste Konjunkturprogramm für die eutsche Wirtschaft. Viele deutsche Ferienregionen bieten bereits innovaive Angebote mit einem wettbewerbsfähigen Preiseistungs-Verhältnis und hoher Qualität an. Diese Antrengungen müssen weiter verstärkt werden. Dies gilt or allem für die Qualifikation der Mitarbeiter in den ouristischen Einrichtungen. Hier sehe ich genauso wie eine Vorredner große Chancen. Klaus Brähmig Ein ganz wichtiger Aspekt für die Tourismusentwicklung ist die Barrierefreiheit. Wir haben heute einen entsprechenden Antrag eingebracht. Ich glaube, die Fraktionen liegen hier gar nicht so weit auseinander. Wir werden uns unter der Leitung unserer Ausschussvorsitzenden Marlene Mortler Anfang Juni in Sachsen vor Ort diese Dinge anschauen. „Barrierefreies Reisen in Sachsen“ ist ein guter Einstieg in dieses Thema. Die Barrierefreiheit muss ein Qualitätsmerkmal für den deutschen Tourismus werden. Barrierefreiheit kommt nicht nur Menschen mit Behinderungen zugute, sondern auch Familien mit kleinen Kindern sowie mobilitätseingeschränkten und älteren Menschen. Zusammen bilden sie eine meist unterschätzte, kaufkraftstarke Kundengruppe, um die national und international geworben werden muss. Es gilt, auf diesem Gebiet seitens der DZT weitere Anstrengungen zu unternehmen und dieses Segment bei der Auslandswerbung viel stärker in den Fokus zu nehmen. Die ITB zeigt erneut, dass die Messe und die Branche auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten nichts von ihrer Vitalität eingebüßt haben. Die langfristigen Perspektiven für die Branche sind gut, wenn die Politik die richtigen Rahmenbedingungen setzt. Lassen Sie mich zum Abschluss – ich weiß nicht, ob es eine weitere Gelegenheit dafür geben wird – ein Dankeschön an zwei Kolleginnen aussprechen, an Annette Faße und Bruni Irber. Ich mache das bewusst an dieser Stelle, weil sie im Herbst nicht mehr dabei sein werden. Ein herzliches Dankeschön für die kollegiale und freundschaftliche Zusammenarbeit! Ihr seid ja nicht aus der Welt. Auch wenn ihr nicht mehr im Hause seid, wird es noch eine Vielzahl von Kontakten geben. Ihr werdet eure Erfahrungen insbesondere im Tourismusbereich auch dann noch einbringen können. Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1620821800

Nun hat die Kollegin Brunhilde Irber von der SPD-

Fraktion das Wort.


(Beifall bei der SPD)



Brunhilde Irber (SPD):
Rede ID: ID1620821900

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Wir beraten heute unter anderem einen Antrag
der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Sie fordert in ih-
rem Antrag, dass Verkehrsträger wie Flugzeuge und
Bahnen gesetzlich verpflichtet werden, die CO2-Belas-
tung, die sie verursachen, auszuweisen, damit umweltbe-
wusste Verbraucher eventuell auf Fernreisen verzichten.


(Bettina Herlitzius [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gute Idee!)


Wie stellen Sie sich das vor? Das wäre ein bürokrati-
sches Monster.

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(C (D (Bettina Herlitzius [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bei Lebensmitteln machen wir das doch auch!)


ie SPD-Bundestagsfraktion hält die Einbeziehung des
uftverkehrs in den Emissionshandel für ein wesentlich
esseres Modell. Dieses Modell wollen wir weiter aus-
auen. Deshalb ist Ihr Antrag abzulehnen.


(Beifall bei der SPD)


Ich möchte nun auf die Leitlinien der Bundesregie-
ung für die Tourismuspolitik zu sprechen kommen. In
en letzten 14 Jahren habe ich im Bundestag dafür ge-
ämpft, dass der Tourismus vom Kabinett und den Frak-
ionen als die große Wachstumsbranche wahrgenommen
nd ihm ein höherer Stellenwert eingeräumt wird. Heute
ird mein Traum wahr. Dafür möchte ich mich unter an-
erem auch beim Tourismusbeauftragten Ernst Hinsken
edanken, auch wenn einige Wünsche offen geblieben
ind.

Der Lackmustest für unsere Tourismuswirtschaft ist
ie aktuelle Wirtschaftskrise. Gerade in Krisenzeiten
raucht die Branche gute politische Rahmenbedingun-
en, um sich den Herausforderungen stellen, um wettbe-
erbsfähig bleiben und notwendige Anpassungen vor-
ehmen zu können. Die Wirtschaftskrise birgt aber auch
hancen für den Inlandstourismus. Bereits 2008 boomte
er Inlandstourismus mit einem Anteil von 38 Prozent.
er Trend zum Urlaub in heimischen Gefilden wird wei-

er zunehmen. Das stimmt mich zuversichtlich.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, beim Tourismus ist
ualität der Schlüssel zum Erfolg. Seit Jahren sage ich,
ass wir im Wettbewerb mit anderen Anbietern nur be-
tehen können, wenn unsere touristischen Angebote und
eistungen von hervorragender Qualität sind. Dazu ge-
ört nicht nur eine erstklassige Infrastruktur, sondern
azu gehören vor allem auch qualifizierte Mitarbeiter.
ch bin froh, dass die Bundesregierung der Qualifizie-
ung in ihren tourismuspolitischen Leitlinien einen ange-
essenen Platz einräumt. Mehrfach habe ich auf die
ufnahme wichtiger Lehrinhalte – zum Beispiel des Ge-

chäftsreisemanagements oder von Fremdsprachen – in
ie Ausbildungspläne der Berufs-, Fach- und Hochschu-
en gedrängt. Ich erwarte, dass die Bundesregierung die
änder nun mit Nachdruck zum Handeln bewegt.


(Beifall bei der SPD)


Von den Leitlinien sollte auch ein Impuls gegen pre-
äre Beschäftigungsverhältnisse in der Tourismuswirt-
chaft ausgehen, gerade angesichts ihrer Verantwortung
ür über 2,8 Millionen Beschäftigte. Die Flexibilisierung
es Arbeitsmarktes darf nicht zu sittenwidrigen Löhnen
ühren.

Ich begrüße ausdrücklich das Vorhaben, auch benach-
eiligten Bevölkerungsschichten in Deutschland Ferien-
nterkünfte zu günstigen Preisen zu ermöglichen. Ur-
aub definiert als Teilhabe und nicht als Luxus ist sozial.
afür stehen wir.


(Beifall bei der SPD)







(A) )



(B) )


Brunhilde Irber
An dieser Stelle möchte ich an unsere weltweite Vor-
bildfunktion im Tourismus erinnern. Wir sind nicht nur
sozial und ökologisch in der Verantwortung, sondern
auch ethisch, zum Beispiel wenn es um den Schutz von
Kindern vor sexueller Ausbeutung geht. Ich bin stolz,
dass wir uns auf internationaler Ebene erfolgreich für ei-
nen Verhaltenskodex für touristische Unternehmen stark-
machen. Ich wünsche mir, dass diese Unternehmen die-
sen Kodex umsetzen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Besonders auf EU-Ebene müssen sich unsere touris-
muspolitischen Leitlinien in die von der Kommission
2006 verfassten Eckpunkte über eine gemeinsame EU-
Tourismuspolitik einbetten. Hierzu gehören eine bessere
Nutzung europäischer Finanzierungsinstrumente und der
Abbau von bürokratischen Hemmnissen und Wettbe-
werbsverzerrungen.

Die tourismuspolitischen Leitlinien der Bundesregie-
rung bieten eine gute Orientierung für die Branche. Sie
bleiben aber hehre Visionen, wenn die Politik nicht ge-
meinsam mit den touristischen Organisationen und Un-
ternehmen die Umsetzung vorantreibt. Hier möchte ich
eindringlich an die Länder appellieren, die Leitlinien mit
Leben zu füllen. Dazu gehört eine entsprechende finan-
zielle Ausstattung. Die Bundesregierung fordere ich auf,
die im Haushalt eingestellten Mittel für die Deutsche
Zentrale für Tourismus und die Förderung der Leistungs-
steigerung im Tourismusgewerbe weiter zu erhöhen.
Wenn der Tourismus die Leitökonomie des 21. Jahrhun-
derts ist, wie Sie es oft zitieren, dann muss sich das auch
in der finanziellen Förderung widerspiegeln.

Wir wollen, dass vom aktuellen Trend zu Inlandsrei-
sen nicht nur unsere Magic Cities profitieren, sondern
auch unsere ländlichen Räume. Ich weiß um die Pro-
bleme der ländlichen Tourismusanbieter in struktur-
schwachen Regionen aus erster Hand aus meinem Wahl-
kreis im Bayerischen Wald. Ich weiß also, wovon ich
rede. Deshalb appelliere ich eindringlich an die Bundes-
regierung, die Förderung im Rahmen der Gemein-
schaftsaufgaben „Verbesserung der Agrarstruktur und
des Küstenschutzes“ und „Verbesserung der regionalen
Wirtschaftsstruktur“ beizubehalten und zu erhöhen. Ich
denke zum Beispiel an die Aufnahme eines Fördertatbe-
standes Barrierefreiheit.


(Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Sehr gut!)


Das wäre ein wichtiger wirtschaftlicher Impuls.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir können nicht einerseits fortlaufend von unseren Ho-
tels und Gaststätten Produktverbesserungen verlangen
und andererseits für die notwendigen Modernisierungs-
maßnahmen kein Geld zur Verfügung stellen.

Dies ist wahrscheinlich meine letzte Rede als Touris-
muspolitikerin an diesem Platz. Ich bedanke mich bei al-
len Verbänden, den Gewerkschaften, dem Ausschuss-
sekretariat, den Ministerien und nicht zuletzt bei Ihnen,
meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, für die über-
aus konstruktive und gute Zusammenarbeit.

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(C (D (Klaus Uwe Benneter [SPD]: Wir werden Sie vermissen!)


Mein Abschiedswunsch ist, dass die Tourismuspoliti-
chen Leitlinien nicht nur Lippenbekenntnis bleiben.
hre Umsetzung würde bedeuten, dass die Tourismus-
ranche endlich den Stellenwert erhält, den sie verdient,
nd auf Augenhöhe mit der Automobilbranche rangiert.
afür wünsche ich der Tourismuswirtschaft Glück auf.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1620822000

Ich schließe die Aussprache.

Bezüglich der Tagesordnungspunkte 7 a und 7 b wird
nterfraktionell die Überweisung der Vorlagen auf den
rucksachen 16/11594 und 16/12101 an die in der Ta-
esordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.
ind Sie damit einverstanden? – Ich sehe, das ist der
all. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.

Tagesordnungspunkt 7 c. Hier geht es um die Be-
chlussempfehlung des Ausschusses für Tourismus zu
em Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit
em Titel „Mehr Engagement für eine nachhaltige Tou-
ismusentwicklung – Ausweisung der CO2-Bilanz bei
auschalreisen“.

Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh-
ung auf Drucksache 16/12075, den Antrag der Fraktion
ündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 16/9346 abzu-

ehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –
er ist dagegen? – Enthaltungen? – Die Beschlussemp-

ehlung ist damit mit den Stimmen der Koalitionsfraktio-
en und der FDP-Fraktion bei Gegenstimmen der Frak-
ion Bündnis 90/Die Grünen und Enthaltung der
raktion Die Linke angenommen.

Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 10 auf:

Erste Beratung des von den Abgeordneten Volker
Beck (Köln), Monika Lazar, Jerzy Montag, wei-
teren Abgeordneten und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs
eines … Gesetzes zur Änderung des Bundes-
wahlgesetzes

– Drucksache 16/11885 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und
Geschäftsordnung
Rechtsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die
raktion Bündnis 90/Die Grünen fünf Minuten erhalten
oll. – Ich höre dazu keinen Widerspruch. Dann können
ir so verfahren.

Ich eröffne die Aussprache. Als erster Redner hat der
ollege Volker Beck für die Fraktion Bündnis 90/
ie Grünen das Wort.






(A) )



(B) )


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620822100

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In der

Demokratie haben allein der Wähler und die Wählerin
das Wort. Der Deutsche Bundestag soll so zusammenge-
setzt sein, wie es der Wählerwille, der Wille des deut-
schen Volkes, bestimmt. Der Wille des Wählers darf sich
nicht plötzlich aufgrund rechnerischer Zaubertricks in
ein verkehrtes, vielleicht sogar umgekehrtes Ergebnis
verwandeln.

Das Bundesverfassungsgericht hat am 3. Juli letzten
Jahres festgestellt: Das jetzige Bundeswahlgesetz ist ver-
fassungswidrig, weil es ein Paradoxon enthält, das soge-
nannte negative Stimmgewicht. Das Wahlgesetz ist inso-
fern verfassungswidrig, als hierdurch ermöglicht wird,
dass ein Zuwachs an Zweitstimmen zu einem Verlust an
Sitzen der Landesliste führt oder dass ein Verlust an
Zweitstimmen zu einem Zuwachs an Sitzen der Landes-
liste führt. Das versteht niemand. Da wird der Hund in
der Pfanne verrückt. Die Wählerinnen und Wähler wer-
den angehalten, taktisch zu wählen. Sie geben ihre
Stimme nicht der Partei, die sie bevorzugen, oder dem
Kandidaten, den sie gewählt sehen wollen, sondern ver-
halten sich taktisch, um mithilfe dieses Zählverfahrens
ein bestimmtes Ergebnis zu erzielen.

Die gesetzliche Regelung, die dazu führt, muss besei-
tigt werden. Das Bundesverfassungsgericht hat uns dafür
Zeit gegeben. Wir sollten uns aber nicht so viel Zeit las-
sen. In acht Wochen können wir es durchaus schaffen,
zwei Paragrafen zu ändern.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auch in acht Tagen!)


Es handelt sich nämlich um eine übersichtliche und
überschaubare Gesetzesmaterie, die es zu regeln gilt. Ein
Parlament, das es geschafft hat, in nur drei Tagen ein
Finanzmarktstabilisierungsgesetz mit einem Bürgschafts-
volumen von 400 Milliarden Euro, von denen 70 Mil-
liarden Euro haushaltsrelevant sind, durch den Deut-
schen Bundestag zu bekommen,


(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Das ist ja ein toller Vergleich!)


wird wohl, wenn man ihm acht Wochen Zeit lässt, die
Kraft haben, einen Paragrafen im Bundeswahlgesetz so
zu korrigieren, dass er verfassungsgemäß ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE])


Wie wollen wir das machen? Wir wollen das machen,
indem wir das negative Stimmgewicht beseitigen, und
zwar durch Anrechnung der Direktmandate auf das Lis-
tenergebnis einer Partei bereits auf Bundesebene und
nicht, wie heute, erst auf der Landesebene. Dadurch wer-
den alle Direktmandate, die eine Partei erzielt hat und
die zu Überhangmandaten geführt haben, mit dem Ge-
samtergebnis der Partei, das darüber entscheidet, wie
viele Sitze sie im Bundestag bekommt, verrechnet. Da-
durch können wir Überhangmandate voraussichtlich fast
vollständig oder sogar vollständig beseitigen.

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(C (D Richtig ist – zu diesem Ergebnis kam auch Professor eyer, den wir bei der Erarbeitung unseres Gesetzenturfes konsultiert haben –: Es könnte sein, dass bei der ächsten Bundestagswahl, wenn die CSU schwächelt, in ayern erstmals Überhangmandate entstehen. Diese ann man nicht verrechnen, weil die CSU eine selbsttändige Partei ist; daher haben wir darauf verzichtet, für iesen Fall eine Regelung zu treffen. (Beifall des Abg. Stephan Mayer [Altötting] [CDU/CSU])


Wie ich sehe, klatscht Herr Mayer, wenn ich vom Nie-
ergang der CSU spreche; das finde ich gut.


(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Stephan Mayer [Altötting] [CDU/CSU]: Von wegen Niedergang! Wir sind auferstanden!)


Dieses Problem gab es in den vergangenen Wahlperio-
en nicht. Wir müssen es allerdings nicht jetzt lösen,
ondern können uns darauf konzentrieren, die Überhang-
andate und das negative Stimmgewicht – daran ändert

ine gesetzliche Regelung im Hinblick auf die CSU
ämlich nichts – zu beseitigen. Dann können wir sagen:
as Wahlergebnis ist verfassungskonform zustande ge-
ommen.

Ich glaube, wir sind es den Wählerinnen und Wählern
chuldig – gerade angesichts der Politikmüdigkeit im
and –, das Wahlrecht so auszugestalten, dass ihr Wille
nmittelbar zur Geltung kommt. Das Wahlrecht darf
icht so kompliziert sein, dass die Wählerinnen und
ähler sagen: Was die da oben machen, versteht man

owieso nicht; bleiben wir lieber gleich zu Hause und
ählen nicht! Wir sollten daran, dass die nächste Bun-
esregierung nicht nur die Unterstützung des Parlaments
at, sondern auch die Mehrheit der Bevölkerung hinter
ich weiß, nicht den leisesten Zweifel lassen. Lassen Sie
ns das negative Stimmgewicht deshalb beseitigen!

Ich bin froh, dass der Bundestagspräsident in sehr
eutlichen Stellungnahmen immer wieder darauf hinge-
iesen hat, dass wir die Reform des Bundeswahlgeset-

es noch vor der nächsten Bundestagswahl schaffen kön-
en. Er hat gegenüber Zeit Online erklärt:

Es ist unbedingt erwünscht und bei gutem Willen
auch möglich, die Regelung des Wahlrechts noch so
rechtzeitig zu korrigieren, dass sie schon bei der
nächsten Bundestagswahl Anwendung finden
könnte.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Wo er recht hat, hat er recht!)


nd weiter: Für ihn wäre es

mehr als ein Schönheitsfehler, wenn auch nach der
nächsten Bundestagswahl einzelne Überhangman-
date unter genau den beanstandeten Bedingungen
erneut zustande kämen.

Ich fordere Sie auf, liebe Kolleginnen und Kollegen:
ehmen Sie unseren Gesetzentwurf an! Ich hänge gar
icht an den einzelnen Formulierungen. Das Bundes-
ahlgesetz würde durch die Änderungen klarer; § 6 und






(A) )



(B) )


Volker Beck (Köln)

§ 7 sind nämlich sehr unübersichtlich und leserunfreund-
lich. Lassen Sie uns darüber reden! Der Mechanismus,
den wir vorschlagen, ist der schlaueste und entspricht am
ehesten dem Willen der Wählerinnen und Wähler.

Eine Alternative dazu wäre, die Überhangmandate
durch Ausgleichsmandate auszugleichen. Das würde je-
doch das Parlament vergrößern. Wir haben aber gesagt:
Das ist ein Weg, den wir nicht gehen wollen.

Wir sind bereit, über alles zu reden. Aber die Neure-
gelung muss bis April im Bundesgesetzblatt stehen,
wenn wir im September ein Bundeswahlgesetz, das über
jeden Zweifel erhaben ist, haben wollen. Lassen Sie uns
diese Aufgabe gemeinsam als Demokratinnen und De-
mokraten bewältigen!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1620822200

Nächster Redner ist für die CDU/CSU-Fraktion der

Kollege Dr. Günter Krings.


(Beifall bei der CDU/CSU – Manfred Grund [CDU/CSU]: Endlich ein Jurist! – Gegenruf des Abg. Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das macht es nicht besser! Es geht schließlich um Mathematik!)



Dr. Günter Krings (CDU):
Rede ID: ID1620822300

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren Kollegen! Das Wahlrecht ist eine Materie, die für
die Legitimation und Funktionsfähigkeit einer Demokra-
tie grundlegend ist. Wahlrechtsänderungen sind aber
auch deshalb so sensibel, weil das Parlament zwangsläu-
fig über die Regelung seiner eigenen Zusammensetzung
entscheidet. Dieser unvermeidlichen Entscheidung in ei-
gener Sache müssen Ernsthaftigkeit der Diskussion und
Gründlichkeit in der Abwägung unterschiedlicher Lö-
sungsansätze entsprechen.

Sensibilität und Sorgfalt sind bei der heute zu debat-
tierenden Änderung des Bundeswahlgesetzes in beson-
derer Weise geboten. Seit der Einführung des Systems
der sogenannten personalisierten Verhältniswahl mit
dem Bundeswahlgesetz von 1956 hat das Bundesverfas-
sungsgericht nie so deutlich die Systemfrage gestellt wie
in seinem Urteil zum negativen Stimmgewicht.

Der Respekt vor dem Wahlrecht als Grundlage unse-
rer Demokratie und vor dem Bundesverfassungsgericht
als Institution gebietet es, die Systemfrage wohlüberlegt
und überzeugend und eben nicht Hals über Kopf zu be-
antworten. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem
Urteil eine Vielzahl alternativer Lösungen für das Pro-
blem des negativen Stimmgewichts für zulässig gehalten
und angesprochen.

Mit einem isolierten, gleichsam mikroinvasiven Ein-
griff in das Bundeswahlgesetz werden wir dem komple-
xen Problem des negativen Stimmgewichts nicht gerecht
werden. Falls Sie mir persönlich das nicht glauben, darf
ich aus dem Urteil des Zweiten Senats vom 3. Juli letz-
ten Jahres wörtlich zitieren:

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(C (D Der Effekt des negativen Stimmgewichts lässt sich daher nicht isoliert beheben, sondern erfordert grundlegende Vorarbeiten, die die verschiedenen Vorund Nachteile in den Blick nehmen. Der Gesetzgeber hat mehrere Möglichkeiten der Neuregelung, die jeweils deutliche Auswirkungen auf die geltenden Regelungen der Sitzzuteilung im Deutschen Bundestag haben. Ich habe daher sehr gut nachvollziehen können, dass as Bundesverfassungsgericht bereits im letzten ommer davon ausging, dass diese schwierige Aufgabe n der aktuellen Wahlperiode nur noch schwerlich verntwortlich zu lösen ist. Die Vorgabe einer Regelung och in dieser Wahlperiode hat das Bundesverfassungsericht selbst explizit als „unangemessen“ bezeichnet. ber die Chancen einer Änderung noch in dieser Wahleriode hat es konkret Folgendes ausgeführt – ich darf as Gericht und das Urteil noch einmal zitieren –: Das reguläre Gesetzgebungsverfahren müsste in diesem Fall spätestens im April 2009 abgeschlossen sein, damit das neue Recht bei den Vorbereitungen zur Wahl zum 17. Deutschen Bundestag berücksichtigt werden könnte. iese Frist ist wohl auch nicht aus der Luft gegriffen, da chon die bloße Einführung neuer Berechnungsverfahen umfangreiche neue Software und die erforderlichen estläufe mit Vorlaufzeiten erforderlich macht. Mit dieen Vorlaufzeiten ist eine Änderung des Wahlrechts noch n der aktuellen Wahlperiode sicherlich nicht ausgechlossen, aber wir setzten uns zweifellos einem hohen eitdruck aus. Die Wahrscheinlichkeit, dass uns eine chnelle Regelung den vom Verfassungsgericht ausrücklich geforderten Raum für die Diskussion der verchiedenen Regelungsalternativen und für eine gründlihe Auswertung einer Expertenanhörung ließe, tendiert us meiner Sicht klar gegen null. Vor diesem Hintergrund mutet der Zeitpunkt der Einringung des Gesetzentwurfs der Grünen nun wirklich twas merkwürdig an. och bis Ende letzten Jahres war ein Konsens zwischen en Fraktionen dieses Hauses erkennbar, auf schlecht ezielte Schnellschüsse bei diesem Thema verzichten zu ollen. Ich darf stellvertretend für andere nur den fach ich zuständigen innenpolitischen Sprecher der SPDraktion, Herrn Dieter Wiefelspütz, mit dem folgenden atz aus dem Focus vom 20. Dezember letzten Jahres zi ieren: Es gibt nichts zu gewinnen, wenn wir es vorzeitig neu regeln. chade, dass der Kollege heute nicht da ist, (Klaus Uwe Benneter [SPD]: Der kann immer zu allem zitiert werden!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


ber er wird sicherlich bei seiner Meinung geblieben
ein.






(A) )



(B) )


Dr. Günter Krings
Die grünen Antragsteller müssen sich schon die Frage
stellen, warum sie nicht bereits im letzten Herbst mit ih-
rem Vorschlag herausgekommen sind.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1620822400

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Beck?


Dr. Günter Krings (CDU):
Rede ID: ID1620822500

Aber sehr gerne.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1620822600

Bitte sehr.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620822700

Wir hatten zwar schon einen alten Vorschlag zu die-

sem Thema, haben ihn aber unter Nutzung der Erkennt-
nis aus dem Gerichtsurteil und in Diskussion mit Profes-
sor Pukelsheim und Professor Meyer – Kollege Benneter
war bei unserer Anhörung ebenfalls zugegen; das war ja
eine Möglichkeit, sich insgesamt schlau zu machen –


(Klaus Uwe Benneter [SPD]: Sehr instruktiv!)


noch einmal überarbeitet und überdacht. Frau Stokar hat
schon lange die Auffassung vertreten, dass es mit dem
negativen Stimmgewicht so nicht geht. Aufgrund dieser
Vorarbeiten sind wir dann zu einem Abschluss gekom-
men. Sie hätten mit Ihrer Regierung und mit Ihren Kapa-
zitäten natürlich viel früher und viel leichter als eine
kleine Oppositionsfraktion mit so geringen Möglichkei-
ten zu einem Ergebnis kommen können.

Aber wenn Sie hier schon abwesende Politiker zitie-
ren, wüsste ich gern, wie Sie es denn dann mit dem ab-
wesenden Bundesinnenminister halten, der laut Bild-
Zeitung vom 5. Januar 2009 angeblich mit der Weige-
rung der Koalition hadere – besser wohl: mit seiner
Fraktion –, das verfassungswidrige Wahlrecht noch vor
der Bundestagswahl zu ändern. Als Verfassungsminister
stehe er bereit, den Parteien bei der Korrektur des Wahl-
gesetzes zu helfen. Offensichtlich ist das federführende
Ressort, das in dieser Debatte zum Schweigen verdon-
nert wurde, hierzu anderer Auffassung als Ihre Fraktion.
Ich habe auch die Stimmen von Herrn Müntefering und
anderen Kollegen aus der SPD-Fraktion gehört.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1620822800

Herr Kollege, ich bitte Sie darum, Ihre Frage prägnant

und kurz zu fassen.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620822900

Können Sie mir bestätigen, dass der Bundesinnenmi-

nister mit Ihrer Position hadert, und trauen Sie dem Bun-
desinnenminister und seinem Haus zu, dass er uns bei
der Wahlrechtsreform so weit hilft, dass wir auf Grund-
lage unserer Entwürfe bis April zu einem verfassungs-
konformen Wahlrecht kommen?

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(C (D Frau Präsidentin, ich versuche gern, die Antwort auf iese Frage kürzer zu fassen, als die Frage selber war, uch im Interesse der anderen Kollegen dieses Hauses. Es ist richtig – das halte ich auch für sehr gut –, dass er Innenminister bereitsteht, zu helfen. Das gilt übriens in dieser wie in der nächsten Wahlperiode. Es wird erselbe Innenminister sein; jedenfalls wird die Führung es Hauses bei der gleichen Partei bleiben. (Gisela Piltz [FDP]: Das glaube ich aber nicht! – Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Schäuble wird vielleicht Innenminister bleiben!)

Dr. Günter Krings (CDU):
Rede ID: ID1620823000

(Beifall bei der CDU/CSU)


ch bin der Auffassung, dass er das nicht nur aus gutem
illen tut, sondern weil das Innenministerium auch dazu

a ist, uns an dieser Stelle zu helfen. Ich habe es eben
usdrücklich gesagt, wiederhole für Sie aber gern, falls
ie eben abgelenkt waren, dass eine Neuregelung noch

n dieser Wahlperiode nicht ausgeschlossen ist. Aller-
ings weise ich auch darauf hin, welche Nachteile wir
afür in Kauf nehmen müssen.

Vielleicht bleiben Sie noch einen Augenblick stehen,
eil ich Ihre Frage noch beantworte.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie wollten es kürzer machen!)


Sie wissen gar nicht, wie lange Sie geredet haben. Zu-
indest das sollte man selbst noch spüren. Alte Indianer-
eisheit: Rede nie länger, als du auf einem Bein stehen
annst.


(Heiterkeit)


as sollte auch für Zwischenfragen gelten, Herr Kol-
ege.

Wir werden es mit der Hilfe des Ministeriums hinbe-
ommen. Ich habe auf die Probleme hingewiesen, es
och in dieser Wahlperiode zu machen.

Ich darf dann fortfahren und betone: Der Gesetzent-
urf der Grünen ist in der Tat in weiten Teilen identisch
it dem, was Sie in der 13. Wahlperiode vorgeschlagen

aben. Komisch nur, dass Sie damals in der Opposition
aren und Sie jetzt in der Opposition sind. Sieben Jahre

ot-grüner Bundesregierung haben Sie nicht genutzt, um
hren Vorschlag aufzufrischen.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber in der Zwischenzeit hat das Verfassungsgericht gesagt, dass wir recht haben!)


s scheint ein klares Oppositionsinteresse zu sein, ob-
ohl Sie zu Recht sagen, dass auf dieses Thema schon

ange hingewiesen worden sei.

Meine Damen und Herren, die entscheidenden beiden
ragen, auf die ich in meiner Rede wirklich sehr sachlich
nd sehr klar zu sprechen kommen möchte, lauten doch:
elche elementaren Anforderungen muss eine Wahl-

echtsreform erfüllen, die den Vorgaben des Verfas-
ungsgerichts entspricht? – Jetzt wäre es meines Erach-






(A) )



(B) )


Dr. Günter Krings
tens ganz sinnvoll, dass Sie mir zuhören, damit Sie erst
einmal die Problematik erfassen, Herr Beck. Ich glaube,
Sie haben all diese Verästelungen und das, worum es da-
bei geht, noch gar nicht so richtig begriffen.

Die zweite Frage lautet: Erfüllen Sie mit Ihrem Vor-
schlag diese Anforderungen?

Ich will das an drei zentralen Anforderungen kurz
exemplifizieren. Machen wir hier einfach ganz kurz den
Praxistest anhand dieser Anforderungen.

Zum Ersten. Aus der Sicht des Wählers – darin sind
wir uns, so glaube ich, einig – muss ein Wahlsystem von
der Stimmabgabe bis zur Zuteilung der Parlamentssitze
durchschaubar und nachvollziehbar sein. Das gilt für die
Gesetzessprache und für die Rechenoperationen. Das
Bundesverfassungsgericht hat in seiner erst vor wenigen
Tagen ergangenen Entscheidung zu den Wahlcomputern
zu Recht die Transparenz des Wahlvorgangs eingefor-
dert. Es wäre wenig gewonnen, wenn nach der Stimm-
abgabe ein intransparenter und kaum mehr zu durch-
schauender Berechnungsvorgang folgen würde.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie gerade das aktuelle Wahlgesetz gelesen?)


Da wir uns heute ja in der ersten Lesung Ihres Gesetz-
entwurfs befinden, gestatte ich mir, Ihnen in diesem Zu-
sammenhang einmal § 7 a Abs. 7 Ihres Gesetzentwurfs
vorzulesen. Ich zitiere:

Ergibt sich bei der Berechnung gemäß Absatz 5
eine negative Zahl, so muss der Parteidivisor so he-
raufgesetzt werden, dass die Zahl der dieser Partei
zustehenden Sitze unter Berücksichtigung der zu
ihren Gunsten errungenen Direktmandate der für
diese Partei ermittelten Gesamtsitzzahl ... ent-
spricht. Absatz 6 gilt entsprechend.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Können Sie einmal das aktuelle Wahlgesetz vorlesen?)


Da Sie von den Grünen auf Seite 4 Ihrer Drucksache
selbst das Ziel ausgeben – ich zitiere noch einmal –, „das
Wahlrecht ... normenklarer und verständlicher zu ma-
chen“, kann ich nur sagen: Klassenziel verfehlt, bitte
noch einmal üben!


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1620823100

Herr Kollege, gestatten Sie noch eine Zwischenfrage

des Kollegen Beck?


Dr. Günter Krings (CDU):
Rede ID: ID1620823200

Ich glaube, es reicht jetzt.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1620823300

Es reicht, jawohl.


Dr. Günter Krings (CDU):
Rede ID: ID1620823400

Ich glaube, er hat nicht mehr viel Neues beizutragen.

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(C (D (Klaus Uwe Benneter [SPD]: Da hat er recht: Es reicht! – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt würde ich auch kneifen!)


Zum Zweiten. Eine Wahlrechtsreform muss zu einer
airen und dem Wählerwillen entsprechenden Verteilung
er Bundestagssitze auf die kandidierenden Parteien füh-
en. Das ist in 60 Jahren Bundesrepublik praktisch immer
elungen. So weit der Effekt eines negativen Stimmenge-
ichts dem entgegensteht, müssen wir diesen beseitigen.

ch denke, auch darüber herrscht in diesem Hause Kon-
ens.

Zu dieser Gerechtigkeit des Wahlrechts zwischen den
arteien gehört aber auch, dass einzelnen Wählern nicht
hne Not ein doppelter Erfolgswert bei ihrer Stimm-
bgabe zugebilligt werden darf. Rein taktisches Wählen
darin stimme ich Ihnen wiederum zu – muss auch inso-
eit verhindert werden. Genau das fordert im Übrigen
as Bundesverfassungsgericht in einem weiteren, gerade
inmal sechs Wochen alten Beschluss. Es gab in den
etzten Wochen also eine Reihe von Entscheidungen
um Wahlrecht. Vielleicht sollten Sie sich einmal alle zu
emüte führen oder aufbereiten lassen.

In diesem Beschluss wurde noch einmal festgehalten,
ass neben dem Problem des negativen Stimmen-
ewichts auch das Problem des doppelten Erfolgswertes
elöst werden muss. Der darin liegende eklatante Gleich-
eitsverstoß ist ja bekanntlich zuletzt 2002 im Land Ber-
in aufgetreten, als bei den von der PDS gewonnenen
irektmandaten dennoch auch die Zweitstimmen der
DS-Wähler gleichheitswidrig berücksichtigt wurden.

Sucht man im Entwurf der Grünen nach einer Lösung
ieses Problems, dann stellt man fest, dass Fehlanzeige
errscht. Ich weiß nicht, ob das eine kleine Unterlas-
ungssünde ist oder ob Sie vielleicht hoffen, selbst ein-
al davon profitieren zu können. Dieses zentrale Thema

ehlt jedenfalls in Ihrem Entwurf. Ich sage ganz deutlich:
ür die Union wird es eine Wahlrechtsreform ohne die
chließung dieser Gesetzeslücke nicht geben.


(Beifall bei der CDU/CSU – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das klären wir im Ausschuss!)


Zum Dritten und Letzten. Das Bundesverfassungsge-
icht betont ebenfalls, dass bei einer Wahlrechtsreform
uch die Gerechtigkeit und Fairness zwischen den Län-
ern gewahrt werden müssen. Es geht sozusagen um die
öderale Fairness. Kern des Gesetzentwurfs der Grünen
st aber, dass die Überhangmandate für eine Partei im
undesland A durch Abzüge bei der Landesliste dersel-
en Partei im Bundesland B ausgeglichen werden. Die
artei im Land B muss also nicht nur auf den Genuss ei-
ener Überhangmandate verzichten, sondern sie muss
afür zusätzlich noch die Zeche des anderen Bundeslan-
es bezahlen. Das ist zweifellos das exakte Gegenteil
on Fairness im Bundesstaat und führt zu einer einseiti-
en Bevorzugung des Wahlvolkes bestimmter Bundes-
änder.


(Klaus Uwe Benneter [SPD]: So sieht das auch die bayerische SPD!)







(A) )



(B) )


Dr. Günter Krings
Mögliche und naheliegende Alternativen, wie die
rechnerisch getrennte Behandlung aller Landeslisten, die
auch das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich für zu-
lässig hält, werden in Ihrem Gesetzentwurf erst gar nicht
erwähnt. Sie können noch so lange nachschauen, dazu
steht darin nichts. So einfach kann man es sich in einem
Bundesstaat aber eben nicht machen.

Wir sehen also – damit komme ich zum Schluss –:
Alle drei zentralen Anforderungen an eine Wahlrechtsre-
form – Durchschaubarkeit für den Wähler, Gerechtigkeit
unter den Parteien und föderale Fairness – werden in we-
sentlichen Punkten des Gesetzentwurfs der Grünen lei-
der verfehlt. Das Wahlrecht ist mithin komplizierter, als
manche meinen. Für die Lösung des schwerwiegenden
Problems eines negativen Stimmgewichts ist mehr Ge-
hirnschmalz erforderlich, als im Gesetzentwurf der Grü-
nen steckt.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Könnte es sein, dass Sie davon profitieren?)


Für uns als CDU/CSU-Fraktion folgt daraus: Wir sind
offen für eine sachliche Beratung des Gesetzentwurfs.
Wir sind aber nicht bereit, Qualität und Gründlichkeit in
einer so sensiblen Materie auf dem Altar der Geschwin-
digkeit zu opfern.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1620823500

Nächste Rednerin ist die Kollegin Gisela Piltz für die

FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Gisela Piltz (FDP):
Rede ID: ID1620823600

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Vor acht Monaten – das wurde bereits angesprochen –
hat das Bundesverfassungsgericht die Unvereinbarkeit
des geltenden Wahlrechts mit den Wahlrechtsgrundsät-
zen in Art. 38 des Grundgesetzes festgestellt. In diesen
zurückliegenden Monaten hat die sogenannte Große Ko-
alition nichts, aber auch gar nichts unternommen, um
diesen Mangel zu beseitigen.

Auch wenn zu erwarten war, dass bei der gestrigen
Runde im Kanzleramt nicht viel herauskommen würde,
zeigt es doch, dass Sie auch in diesem Punkt aus Ihrer
Lethargie nicht ganz herauskommen. Deshalb ist es aus
meiner Sicht wie auch aus der Sicht meiner Fraktion gut,
wenn in 206 Tagen dieses Spektakel vorbei ist.


(Beifall bei der FDP)


Nach achtmonatigem Nichtstun wirkt es auf mich
umso befremdlicher, dass gerade die Kollegen von der
SPD immer wieder das Szenario einer verfassungswidrigen
Regierungsbildung im Herbst an die Wand malen. Sie
müssen das richtig verstehen: Nur weil Sie nicht dabei
sind, muss sie nicht verfassungswidrig sein.


(Beifall bei der FDP)


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(C (D enn das Thema für Sie so wichtig ist, dann verstehe ch ehrlich gesagt nicht, warum Sie heute in einer so berschaubaren Anzahl an dieser Debatte teilnehmen. Warum die Grünen das Thema heute – acht Monate ach dem Urteil – auf die Tagesordnung gesetzt haben, abe ich immer noch nicht richtig verstanden. Selbst mit er Verlängerung Ihrer Redezeit wurde es nicht besser, err Beck. Denn wenn es so einfach wäre, wie Sie es be chrieben haben, dann weiß ich nicht, warum Sie selber cht Monate gebraucht haben, um diesen Gesetzentwurf u verfassen. Sie sind heute die Antwort schuldig geblieen, warum Sie so lange gebraucht haben. (Beifall bei der FDP – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe es gerade erklärt! Hätten Sie doch zugehört!)


Warum die SPD jetzt Fahrt aufnimmt, kann aus mei-
er Sicht nur einen Grund haben: In Zeiten sinkender
mfragewerte muss man eben am Wahlrecht schrauben.
as ist zwar verfassungsrechtlich bedenklich, aber
enschlich verständlich.

Dass Sie Ihr verfassungsrechtliches Gewissen ent-
eckt haben, liebe Kolleginnen und Kollegen von der
PD, glaube ich nicht wirklich. Denn wie Sie mit der
echtsprechung hoher Gerichte und höchster Bundesge-

ichte umgehen, haben wir heute wieder im BND-Unter-
uchungsausschuss sehen können.


(Klaus Uwe Benneter [SPD]: Das ist doch alles geheim!)


ch glaube, Ihre Glaubwürdigkeit hat sich, auch was die-
es Thema angeht, erledigt.


(Beifall bei der FDP)


Ich möchte aber bei diesem Thema an eines erinnern:
s ist in diesem Haus gute Tradition, Änderungen im
ahlrecht interfraktionell abzustimmen und zu bespre-

hen. Ich müsste aber eigentlich feststellen: Das war
ute Tradition. Denn schon die Änderung der Einteilung
er Wahlkreise haben Sie ohne den Rest des Hauses
eschlossen und damit eine gute Tradition gebrochen.

Ich hoffe, dass wir bei einer Neuregelung der betref-
enden Punkte anders verfahren. Denn das Problem ist
hnen, wie gesagt, schon lange bekannt. Wir als FDP
ind relativ offen, welche Regelung die beste ist. Ich per-
önlich finde es nicht uninteressant, auch über Aus-
leichsmandate zu sprechen.


(Klaus Uwe Benneter [SPD]: Dann schon lieber über das Grabensystem!)


as gibt es in vielen Landtagen. Warum sollten wir nicht
arüber sprechen. Ich kann nicht ganz nachvollziehen,
arum das Thema hier unbeliebt ist. Aber wir werden es

n Ruhe besprechen.

Die Große Koalition kann zwar eine Entscheidung
ber die Köpfe der anderen hinweg treffen – sie hat die
otwendige Mehrheit –, aber ich bin Herrn Krings sehr
ankbar dafür, dass er klargemacht hat, dass es in dieser
egislaturperiode nicht dazu kommen wird. Ihre Aus-

ührungen waren juristisch eins a, Herr Krings. Das ist






(A) )



(B) )


Gisela Piltz
gar keine Frage. Ich bin Ihnen sehr dankbar und kann
mich Ihnen vollumfänglich anschließen, wie es, glaube
ich, in der juristischen Fachsprache heißt. Aber warum
Sie einem Enteignungsgesetz zustimmen, liebe Kolle-
ginnen und Kollegen von der CDU/CSU-Fraktion, kann
ich nicht verstehen.


(Beifall bei der FDP)


Nach unserem Verständnis ist Wahlrecht vor allen
Dingen Parlamentsrecht. Deshalb sind alle im Parlament
vertretenen Fraktionen zu beteiligen. Eine solche
Reform ist nicht im Alleingang anzugehen, sondern
gemeinsam. Unsere Zielsetzung muss sein, dass unterm
Strich eine Reform herauskommt, die die Bürgerinnen
und Bürger verstehen und die ihnen zugutekommt.

Der jetzige unbefriedigende Zustand muss in der Tat
bereinigt werden. Er hätte aus unserer Sicht schon lange
bereinigt werden können. Aber die Vorgabe des Bundes-
verfassungsgerichts ist aus unserer Sicht viel zu weitrei-
chend, als nun von Ihnen als Wahlkampfthema auf die
Agenda gesetzt zu werden. Damit düpieren Sie nicht nur
den Zweiten Senat des Bundesverfassungsgerichts. Sie
machen damit nur allzu deutlich, dass es Ihnen nicht um
die Sache geht. Dass Sie nun noch in einer Hauruck-
aktion die Änderungen im Hinblick auf die Wahlen zum
17. Deutschen Bundestag vornehmen wollen, ist sicher-
lich sehr kritisch; denn alle Parteien befinden sich mitten
im Verfahren für die Aufstellung der Kandidaten. Viele
sind schon gewählt worden. Sie ändern sozusagen im
laufenden Verfahren die Spielregeln. Das provoziert
wieder neue Klagen und hat mit dem, was Sie eigentlich
wollen, überhaupt nichts zu tun.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Dr. Günter Krings [CDU/CSU])


Vor diesem Hintergrund werbe ich für eine überfrak-
tionelle Konsensfindung. Wir werden uns einem kon-
struktiven Verfahren nicht widersetzen, aber bitte nicht
mehr in dieser Legislaturperiode. Dafür ist die Materie
zu wichtig.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1620823700

Nächster Redner ist der Kollege Klaus Uwe Benneter

für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Klaus Uwe Benneter (SPD):
Rede ID: ID1620823800

Herr Krings und Frau Piltz, freuen Sie sich nicht zu

früh; denn Sie könnten im Herbst gemeinsam eine Re-
gierung auf verfassungswidriger Basis bilden. Um nichts
anderes geht es hier.


(Beifall des Abg. Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Uns jedenfalls geht es darum, ein demokratisches Wahl-
recht zu gewährleisten. Ein demokratisches Wahlrecht
muss gewährleisten, dass meine Stimme der Partei zugu-
tekommt, für die ich sie abgegeben habe; so lautet der

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(C (D rundsatz. Wir wissen, dass es Ausnahmen von diesem rundsatz gibt. Diejenigen Stimmen, die für eine Partei bgegeben werden, die an der 5-Prozent-Hürde scheitert, ind verloren. Unter dem Gesichtspunkt der Funktionsähigkeit des Parlaments ist das durchaus hinnehmbar nd für die Bürger verständlich. Es geht allerdings nicht, ass die Zweitstimme eines Wählers für seine Partei azu führt, dass die von ihm gewählte Partei einen Sitz erliert. Das Bundesverfassungsgericht hat uns klipp nd klar ins Stammbuch geschrieben: Meine Stimme für eine Partei darf meiner Partei nicht schaden. Genau das hätte bei der Nachwahl zur Bundestagsahl in Dresden passieren können. Hätte die CDU bei ieser Nachwahl zu viele Zweitstimmen bekommen, ann hätte sie in Nordrhein-Westfalen einen Sitz verloren nd einen Abgeordneten weniger im Deutschen Bundesag gehabt. Frau Piltz, das ist doch das glatte Gegenteil iner demokratischen Wahl. Das sollte man schon bei er nächsten Bundestagswahl berücksichtigen. Bei einem olchen Wahlsystem müsste die CDU doch ihre Wähler uffordern, ihr bloß keine Stimmen zu geben. (Heiterkeit und Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


ntsprechende Wahlplakate führten wirklich zur Verwir-
ung. Das wäre eine schöne Situation.


(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Verstehen Sie das wirklich nicht, oder ist das ein Scherz?)


edenfalls hat die Nachwahl in Dresden diesen Irrwitz
eutlich gemacht. Wir wissen, dass dieser Effekt nicht
mmer so gut feststellbar ist wie bei der Nachwahl in
resden. Dann ist es noch viel bedenklicher, weil zum
eispiel der CDU-Wähler gar nicht merkt, dass er der
DU schadet, wenn er ihr seine Stimme gibt.


(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Sehr fürsorglich!)


ie CDU darf es noch nicht einmal sagen, dass er ihr
chadet, wenn er ihr seine Stimme gibt.


(Heiterkeit bei der SPD – Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Das halten wir aus, Herr Benneter!)


Man sieht, dass das wirklich zu völlig meschuggen
rgebnissen führte. So dürfen wir unser Wahlrecht nicht
ssen. Wir müssen es rasch, schon bis zur nächsten Bun-
estagswahl, ändern, obwohl uns das Bundesverfassungs-
ericht die Möglichkeit gegeben hat, diese Änderung bis
ur übernächsten Bundestagswahl aufzuschieben.


(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Es hat es uns nahegelegt!)


ir können im Vorhinein nicht wissen, wer davon be-
roffen wäre. Aber wir können nicht sehenden Auges
uch nur eine Abgeordnete oder einen Abgeordneten
ier vier Jahre verfassungswidrig sitzen lassen. Deshalb
aben die Bündnisgrünen recht, wenn sie dieses Thema
orcieren. Frau Piltz, hier verstehe ich Sie wirklich nicht,
ie Sie sonst immer die Bürgerrechte und das Recht der
enschen, möglichst direkt auf uns einzuwirken, im
uge haben.






(A) )



(B) )


Klaus Uwe Benneter

(Gisela Piltz [FDP]: Das ist normal, dass Sie mich nicht verstehen! Damit kann ich leben!)


Wir alle wissen inzwischen – wir von der SPD wissen
das schon viel länger –, dass es relativ unkompliziert ist,
Herr Krings, im Rahmen des jetzigen Wahlrechts ohne
große umstürzlerische Neuerungen ein besseres Berech-
nungsverfahren einzuführen, das dieses sogenannte ne-
gative Stimmgewicht vermeidet.


(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Sagen Sie etwas zur föderalen Fairness!)


Wie viele Sitze eine Partei im Bundestag bekommt,
muss nach dem neuen Berechnungsverfahren davon ab-
hängen, wie viele Zweitstimmen sie bundesweit bekom-
men hat. Das ist das Entscheidende, und darauf stellt der
Vorschlag der Grünen ab.

Bisher kann eine Partei die Überhangmandate, die sie
in einem Bundesland bekommen hat, einfach so behalten.
Die werden in keiner Weise ausgeglichen. Das muss
künftig anders werden. Eine Partei, die in einem Land
Überhangmandate erzielt hat, also quasi über den Durst
Direktmandate geholt hat, muss diesen Überhang mit
weniger Listenplätzen in anderen Bundesländern bezah-
len oder ausgleichen. Das muss das Prinzip sein.

Aus Wählersicht hat dies auch Nachteile; ich darf da-
ran erinnern. Ich sehe immer, wie diejenigen mit stolzge-
schwellter Brust auftreten, die in ihrem Bundesland
Überhangmandate geholt haben.


(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Ja, eben!)


Was heißt eigentlich Überhangmandate? – Das heißt,
dass die Partei, für die sie stehen, weniger Stimmen in
diesem Land geholt hat. Es ist also kein Grund, mit Stolz
geschwellter Brust durch die Gegend zu gehen, wenn
man Überhangmandate geholt hat.


(Zurufe von der CDU/CSU und der FDP)


Nach dem hier vorgeschlagenen Verfahren wäre es so,
dass für diese Überhangmandate die Wähler dieser Par-
tei in anderen Bundesländern, die diese Partei viel stär-
ker gewählt haben, bezahlen müssten.


(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Aha! – Stephan Mayer [Altötting] [CDU/CSU]: Was können die dafür?)


Sie bekommen dann zum Dank weniger Abgeordnete
aus ihrem Land und damit weniger regionale Vertretung.


(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Und das finden Sie gut?)


– Ich sage ja nicht, dass es gut ist, aber es ist besser und
vermeidet das negative Stimmgewicht. Das werden wir
wohl hinnehmen müssen. Schließlich ist es auch so, dass
wir einen Bundestag wählen und nicht einzelne Länder-
regionen in den Bundestag schicken. Es ist kein Länder-
gremium, und deswegen ist auch dieser bundesweite
Ausgleich, denke ich, hinnehmbar.

Allerdings gefällt mir eines nicht, Herr Beck. Nach
Ihrem Gesetzentwurf wäre die bayerische CSU die ein-
zige Partei, die überhaupt noch bei einem schlechten
Zweitstimmenergebnis ein Überhangmandat erhalten

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(C (D önnte. Bisher hat sie das noch nie bekommen. Früher war ie auch besser, aber jetzt kommt sie in diese Regionen. (Stephan Mayer [Altötting] [CDU/CSU]: Keine Angst!)


ch meine, das kann nicht richtig sein. Regionalparteien
önnen und dürfen bei der Bundestagswahl nicht wahl-
echtlich privilegiert sein.


(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Aha!)


ir sollten solche Überhangmandate wahlrechtlich ver-
eiden. Eventuell müssen wir darüber nachdenken,
SU und CDU eine Art Listenverbindung zu gestatten
der notfalls sogar vorzuschreiben.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Aber abgesehen von dieser Spezialfrage meine ich:
u dem Berechnungsverfahren, wie es hier im Grund-
atz von den Grünen vorgeschlagen ist, gibt es keine ver-
ünftige Alternative.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Stephan Mayer [Altötting] [CDU/CSU]: Die Diskriminierung der CSU!)


ie Schaffung von Ausgleichsmandaten nützt nichts.
enn man bestimmte Berechnungen zugrunde legt,
ürde dies dieses Parlament auf 900 Mandate ausweiten.


(Zuruf von der FDP: Horrorstory!)


in reines Mehrheitswahlrecht wollen wir nicht, damit
ir auch noch die FDP hier sitzen haben.


(Heiterkeit bei der FDP und der CDU/CSU – Stephan Mayer [Altötting] [CDU/CSU]: Dann wären Sie auch nicht mehr dabei, Herr Benneter!)


Und auch die Umstellung auf ein reines Verhältnis-
ahlrecht ohne direkt gewählte Wahlkreisabgeordnete
äre zwar möglich, aber keine schöne Vorstellung. Denn
as würde sicher den Wahlkämpfen die Spannung nehmen
nd auch die Verankerung der Abgeordneten vor Ort
aßgeblich verschlechtern.


(Zuruf von der FDP: So ein Quatsch! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU und der FDP)


Was auch noch möglich wäre und was CDU/CSU
ielleicht direkt mittragen würden, wäre das sogenannte
rabensystem.


(Gisela Piltz [FDP]: Sind Landtagsabgeordnete schlechtere Abgeordnete?)


as wollen wir auch nicht. Denn bei diesem System würde
ie eine Hälfte der Mandate über die Mehrheitswahl


(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Das wollen Sie!)


nd die andere Hälfte der Mandate nach dem Verhältnis-
ahlrecht vergeben werden. Die kleineren Parteien würden
abei auf die Hälfte ihrer Sitze verzichten müssen.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Die würden im Graben landen! Das geht nicht!)







(A) )



(B) )


Klaus Uwe Benneter
Das ist so nicht akzeptabel und ungerecht, und deshalb
werden wir auch das nicht machen.


(Gisela Piltz [FDP]: Wie sind Sie gewählt worden, Herr Benneter?)


Der Weg, den die Grünen hier in ihrem Gesetzentwurf
gehen, ist vom Grundsatz her richtig. Wir halten die rasche
Korrektur des Wahlrechts für dringend notwendig.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Hört! Hört!)


Ich habe immer noch die Hoffnung, dass auch Herr
Krings und mit ihm Herr Mayer und die ganze Union
diesem wichtigen Anliegen bei den weiteren Beratungen
noch nähertreten können.

Es ist nämlich nicht sicher, dass der nächste Innenmi-
nister so heißt wie der jetzige. Dann könnten wir, wie es
guter Brauch ist, Frau Piltz, parteiübergreifend und mög-
lichst einvernehmlich ein verfassungsgemäßes Wahl-
recht ohne die Möglichkeit negativer Stimmgewichte
verabschieden und im Herbst nach diesem System wäh-
len. Dann könnten wir guten Gewissens sagen: Das
nächste Parlament und die nächste Regierung stehen auf
einer soliden verfassungsrechtlichen Basis.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Günter Krings [CDU/ CSU]: Herr Benneter, wir müssen reden!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1620823900

Letzte Rednerin in dieser Debatte ist die Kollegin

Dr. Dagmar Enkelmann für die Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620824000

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Su-

perwahljahr wirft seine wahlrechtlichen Schatten voraus.
Inzwischen ist der Einsatz einer bestimmten Marke von
Wahlcomputern für verfassungswidrig erklärt worden.
Das betrifft auch die Regelung zu den Überhangmanda-
ten. Allerdings ist das bereits im Juli 2008 passiert. Das
Bundesverfassungsgericht hat das negative Stimmge-
wicht oder – um es für alle im Klartext zu sagen – die
Verletzung der Gleichheit der Wahl kritisiert. Das steckt
nämlich dahinter. Das darf nicht länger hingenommen
werden.

Überhangmandate sind seit längerem in der Kritik. Es
gibt seit längerem dazu Wahleinsprüche. Bis jetzt gibt es
keine Änderung im Wahlrecht. Die Nachwahl in Dres-
den – das ist hier schon gesagt worden – hat besonders
deutlich gemacht, was das in der Konsequenz bedeutet.
Das ist letzten Endes ein Schwachsinn im Wahlrecht.
Das Bundesverfassungsgericht hat den Gesetzgeber zum
Handeln aufgefordert.


(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: In der nächsten Wahlperiode!)


Dass nun einige Zeit ins Land gegangen ist, ohne
die Änderungen vorzubereiten, ist nicht zu bestrei-
ten.

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(C (D Das sagte Kollege Lammert in der Kölnischen Rundchau vom Februar dieses Jahres. Nun ist uns unser Bunestagspräsident mit der von ihm gepflegten hohen unst der diplomatischen Rede inzwischen hinlänglich ekannt. ber es wäre an der Zeit gewesen, Ross und Reiter zu ennen. anz offenkundig wird vor allem von der CDU verhinert, dass es zu einer Änderung des Wahlrechts kommt. (Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Warum verhindert?)


(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Hört! Hört!)


(Beifall bei der LINKEN)


as ist immerhin seine eigene Partei. Daran möchte ich
n dieser Stelle erinnern. Könnte es nämlich bei der
ächsten Wahl knapp werden, dann könnten in der Tat
berhangmandate über die Regierungsbildung entschei-
en. Von wegen komplexes Problem! Das ist genau das
roblem, das dahintersteckt.

Nun ist es bei der SPD gegenwärtig etwas anders. Sie
ürchtet vor allem den Verlust von vielen Direktmanda-
en. Wir werden unseren Teil dazu beitragen.


(Beifall bei der LINKEN)


eswegen macht die SPD gegenwärtig auf Torschluss-
anik. Jetzt habe ich gelesen, dass selbst Müntefering
ordert, man müsse die Überhangmandate ganz abschaf-
en. Herr Benneter hat hier die eingesprungene Sitz-
irouette probiert: Im Prinzip sind wir dafür, aber eigent-
ich nicht so richtig. – Sie können sich nämlich nicht
egen Ihren Koalitionspartner durchsetzen. Gestern sind
ie im Koalitionsausschuss mit einem solchen Vorstoß
escheitert. Liebe Genossinnen und Genossen der SPD,
ch habe den Eindruck, man könnte eine Mehrheit in die-
em Haus bekommen. Wir jedenfalls würden unseren
eil dazu beitragen.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Linke fordert: Der neue Bundestag darf nicht auf
erfassungswidriger Grundlage entstehen. Es ist noch
eit für eine einvernehmliche Lösung. Wir könnten uns
eispielsweise – Kollege Beck hat das angesprochen –
o etwas wie landesweite Ausgleichsmandate vorstellen.
00 Sitze im Bundestag werden es nicht, die Zahl wäre
esentlich überschaubarer. Das wäre als eine Option
enkbar. Wir könnten uns auch andere Lösungen vorstel-
en. Wir jedenfalls sind bereit dazu, uns in einem schnel-
eren Verfahren darüber zu verständigen, damit wir mit
inem verfassungsgemäßen Wahlrecht in die nächste
undestagswahl gehen.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Was für uns, die Linke, wichtig ist: Jede Stimme muss
as gleiche Gewicht haben. Das sollte insbesondere für
ie Bundestagswahl 2009 gelten.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.






(A) )



(B) )


Dr. Dagmar Enkelmann

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Günter Krings [CDU/ CSU]: Eine Rede frei von Sachkenntnis!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1620824100

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent-
wurfs auf Drucksache 16/11885 an die in der Tagesord-
nung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. – Ich
sehe, Sie sind damit einverstanden. Dann ist die Über-
weisung so beschlossen.

Wir kommen nun zum Tagesordnungspunkt 9:

Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Moder-
nisierung des Haushaltsgrundsätzegesetzes

(Haushaltsgrundsätzemodernisierungsgesetz – HGrGMoG)


– Drucksachen 16/12060, 16/12105 –
Überweisungsvorschlag:
Haushaltsausschuss (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss

Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Reden zu
diesem Tagesordnungspunkt zu Protokoll zu geben. Es
handelt sich dabei um die Reden folgender Kollegen:
Jochen-Konrad Fromme, Bernhard Brinkmann, Otto
Fricke, Roland Claus und Alexander Bonde.1)

Auch hier wird interfraktionell die Überweisung des
Gesetzentwurfs auf Drucksache 16/12060 und 16/12105
an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse
vorgeschlagen. Sind Sie damit einverstanden? – Dies ist
der Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen.

Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 12 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Verkehr, Bau und
Stadtentwicklung (15. Ausschuss) zu dem Antrag
der Abgeordneten Ernst Burgbacher, Sibylle
Laurischk, Horst Friedrich (Bayreuth), weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Integrierte Planung für Schiene und Straße im
Rheingraben – Gesamtverkehrskonzept Süd-
baden

– Drucksachen 16/6638, 16/8029 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Georg Brunnhuber

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Wie ich
sehe, sind Sie auch damit einverstanden. Dann können
wir so verfahren.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red-
ner dem Kollegen Uwe Beckmeyer für die SPD-Fraktion
das Wort.

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B1) Anlage 4

(C (D Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und erren! Wir beraten heute einen Antrag der FDP über as Gesamtverkehrskonzept Südbaden. Da die Sache auerordentlich wichtig ist, möchte ich als Sprecher der PD-Bundestagsfraktion dazu Stellung nehmen und ein aar Worte sagen. Ich habe folgende Fragen: Was ist das otiv Ihres Handelns und Ihrer Antragstellung? Was be bsichtigen Sie mit diesem Antrag heute hier im Bundesag? Wir haben uns im Verkehrsausschuss und auch hier m Bundestag mit den Vorhaben allgemeiner Art zu Neund Ausbaustrecken der Deutschen Bahn beschäftigt nd uns wiederholt klar und unmissverständlich dafür usgesprochen – das sage ich insbesondere für die sozialemokratische Seite der Großen Koalition, aber auch für nseren Koalitionspartner –, Lärmschutzmaßnahmen urchzuführen, um die Akzeptanz des Verkehrsausbaus nd insbesondere des Verkehrs auf der Schiene zu erhöen. Bei allem, was wir tun, müssen wir uns fragen: Wie ehen wir mit Neubaustrecken um? Diesem Aspekt müsen wir eine besondere Sorgfalt angedeihen lassen. Die Menschen, die an Eisenbahnstrecken oder an traßen wohnen, haben ein Recht darauf, dass die Politik hnen hilft, die damit verbundenen Probleme zu lösen. kzeptanz baut sich dann auf, wenn die Bürger das Ge ühl haben: Die Politik kümmert sich, auch bei solchen hemen. Nun haben wir es aber mit einer Spezialität zu tun. Es andelt sich um ein Bauvorhaben in Baden-Württemerg. In letzter Zeit haben wir häufiger Gelegenheit geabt, uns um Verkehrsvorhaben in Baden-Württemberg u kümmern. Meine Frage richtet sich also insbesondere n diejenigen, die in Baden-Württemberg die Regierung tellen, namentlich Sie als Mitantragsteller und Mitoalitionär in Baden-Württemberg: Was machen eigentich Ihre einschlägigen Damen und Herren in der dortien Landesregierung bezüglich dieser Angelegenheit? (Lachen bei der FDP – Otto Fricke [FDP]: Sollen die das bezahlen?)

Uwe Beckmeyer (SPD):
Rede ID: ID1620824200

Herr Fricke, Sie sind einer, der bei Ausgaben immer
uf die Bremse drückt. Vielleicht erinnern Sie Ihre Kol-
egen im Landtag einmal daran – schließlich beteiligen
ie sich an Stuttgart 21 –, bei dieser Angelegenheit ein
enig mehr Bereitschaft zu zeigen, um so auch das Lan-
esinteresse zum Ausdruck zu bringen. Es ist Ihre Auf-
abe als FDP, in dieser Angelegenheit tätig zu werden.


(Beifall bei der SPD)


Wir haben allen Grund, darauf aufmerksam zu ma-
hen, dass die Ausbaustrecke Karlsruhe–Basel – zumin-
est was den Bund betrifft – durch entsprechende Pla-
ungsmittel auskömmlich gefördert worden ist, dass die
ntsprechenden Untersuchungen stattfinden und dass ein
lanfeststellungsverfahren läuft.

Ich darf an dieser Stelle auch sagen, dass der Bundes-
erkehrsminister heute bei einem Spitzengespräch mit
ozialdemokratischen Abgeordneten des Deutschen
undestages, die vor Ort Verantwortung tragen, aus-






(A) )



(B) )


Uwe Beckmeyer
drücklich seine Bereitschaft erklärt hat, an einem runden
Tisch auch mit den Vertretern der Landesregierung in
Baden-Württemberg Varianten des Ausbaus der Rhein-
talbahn zu besprechen. Allerdings muss auch auf ihrer
Seite die Bereitschaft vorhanden sein, diese Varianten zu
diskutieren. Sie dürfen nicht so tun, als wäre das die al-
leinige Angelegenheit des Bundes. Insofern sollten Sie
in dieser Angelegenheit dazu beitragen, dass die baden-
württembergische Landesregierung hier ein wenig mehr
Flexibilität zeigt,


(Ernst Burgbacher [FDP]: Wer ist denn zuständig? Das ist doch unerhört!)


und zwar bei den Fragen: Wie geht man eigentlich mit
den Interessen der Bürger um? Wie stellt man sich da-
rauf ein? Wie kommt man mit all den Schienenwege-
investitionen zurecht?

Der Bund selbst hat bewiesen, dass er ad 1 an der
Schaffung eines zügigen Baurechtes interessiert ist, aber
ad 2 auch daran, dass umwelt- und menschengerecht ge-
handelt wird. Ich darf in diesem Zusammenhang darauf
hinweisen, dass gerade diese Bereitschaftserklärung des
Bundesverkehrsministers in dieser Angelegenheit sehr
wichtig ist.


(Beifall bei der SPD)


Wir haben im Zusammenhang mit der Trasse Karls-
ruhe–Basel immer deutlich gemacht – auch gegenüber
den Nachbarländern –, dass das ein ganz wichtiger Ver-
kehrskorridor in Richtung Italien, in Richtung Schweiz,
aber natürlich auch gen Norden, in Richtung Niederlande,
ist. Wir haben bei der Ausrüstung dieses Schienenkorri-
dors darauf geachtet, dass dort insbesondere europäische
Kontrollsysteme der letzten Generation berücksichtigt
werden. Ich glaube, das ist wichtig, um europäische Gü-
terverkehrsströme auf dieser wichtigen Nord-Süd-Stre-
cke ordentlich zu bewältigen.

Ich darf an dieser Stelle für die Sozialdemokraten
noch einmal ausdrücklich festhalten:

Der Ausbau der Rheintrasse muss umwelt- und men-
schengerecht geschehen; denn Lärm erzeugt Stress,
Lärm macht krank. Viele Menschen entwickeln nur dann
eine Akzeptanz für solche Ausbaumaßnahmen, wenn sie
merken: Die Politik nimmt die Akzeptanzfrage sehr
ernst. Es ist für die Entwicklung dieses Verkehrsträgers
von hoher Wichtigkeit, dass wir diese Akzeptanz herstel-
len. Insofern sind verschiedene Alternativen auch inner-
halb dieses Planfeststellungsverfahrens zu erörtern.

Ich hoffe, dass sich die baden-württembergische Lan-
desregierung, namentlich deren FDP-Mitglieder, bereit-
finden, sich einem solchen Spitzengespräch zu stellen
und darüber nachzudenken, wie man solche Ausbauvari-
anten finanzieren kann.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


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(C (D Nächster Redner ist der Kollege Ernst Burgbacher für ie FDP-Fraktion. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! ir reden heute über ein zentrales Stück der zentralen ord-Süd-Verbindung, die Nordeuropa und Italien verindet: Es geht vor allem um den dreiund viergleisigen usbau der Strecke zwischen Offenburg und Basel; das st die Zulaufstrecke zur NEAT. Es gibt Verträge mit der chweiz. Dieses Bauwerk ist weit mehr als ein Jahrhunertbauwerk. Die Trasse, deren Bau jetzt beschlossen ird, wird mit Sicherheit in den nächsten 150 oder 00 Jahren bestehen. Herr Beckmeyer, es ist ein Bundesprojekt. Es ist eine umutung, das Land Baden-Württemberg hier so anzuprechen. Der Bund muss endlich einmal sagen, was er ill. Darauf kommt es an. Nachdem Sie hier bestimmte Dinge in die Welt geetzt haben, zitiere ich aus einer Zeitung von heute: heintalbahn – Bund will Kosten nicht übernehmen. as sagen die Kolleginnen und Kollegen vor Ort allerings prinzipiell nicht. Sie wollen die Übernahme der osten heute auf das Land abschieben. Das Land hat imer gesagt: Wir sind bereit, bei einem runden Tisch mit umachen. Aber der Bund hält sich hier total bedeckt. (Beifall bei der FDP – Uwe Beckmeyer [SPD]: Wenn die Bereitschaft da ist, brauchen wir nicht lange zu reden!)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1620824300

(Beifall bei der FDP)

Ernst Burgbacher (FDP):
Rede ID: ID1620824400

(Beifall bei der FDP)


Um es einmal klarzustellen: Die ganze Region – das
ilt auch für uns – will das dritte und vierte Gleis. Das ist
nstrittig.

Ich möchte an dieser Stelle den vielen Menschen in
en Bürgerinitiativen ausdrücklich ein großes Kompli-
ent machen. Es geht hier nicht darum, etwas zu ver-

indern. Gerade von den Bürgerinitiativen kommen her-
orragende Vorschläge. Sie haben die Bürgertrasse
eitgehend erarbeitet. Wir haben das sehr positiv beglei-

et. Das ist das, was wir heute fordern.


(Beifall bei der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1620824500

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der

ollegin Caspers-Merk?


Ernst Burgbacher (FDP):
Rede ID: ID1620824600

Aber gern.


Marion Caspers-Merk (SPD):
Rede ID: ID1620824700

Herr Kollege Burgbacher, da ich mit Ihnen völlig

bereinstimme, dass es darum gehen muss, gemeinsam
ine menschen- und umweltverträgliche Trassierung
inzubekommen, frage ich: Sind Sie bereit, zur Kenntnis
u nehmen, dass nach der Bundeshaushaltsordnung der






(A) )



(B) )


Marion Caspers-Merk
Bund das baut, was gesetzlich notwendig ist, und nur
dann Ausnahmen machen darf – wie beim Projekt
Stuttgart 21 –, wenn sich auch das Land beteiligt, dass es
an anderen Stellen der Strecke Präzedenzfälle gibt, dass
es deswegen im Interesse der Bürgerinnen und Bürger
notwendig ist, nicht Parteipolitik zu betreiben, sondern
eine Lösung zu erarbeiten, für die sich Bund, Bahn und
Land an einen Tisch setzen müssen?


Ernst Burgbacher (FDP):
Rede ID: ID1620824800

Frau Kollegin Caspers-Merk, das, was Sie die ganze

Zeit machen, ist Parteipolitik. Sie gehen vor Ort herum,
versprechen den Leuten etwas, und hier im Bundestag
sind Sie nicht einmal bereit, mitzuarbeiten und gemein-
sam etwas zu machen.


(Beifall bei der FDP – Marion Caspers-Merk [SPD]: Das Gegenteil ist der Fall!)


Wir hatten versucht, ein gemeinsames Gespräch zu-
stande zu bringen. Selbst das haben Sie damals abge-
lehnt.

Zu der Geschichte Bund/Land: Wir sind in einer Art
Teufelskreis. Jeder schiebt es auf den anderen. Eines ist
aber klar – das haben meine Erkundigungen klipp und
klar ergeben –: Jetzt muss der Bund klar sagen, ob er be-
reit ist, die derzeitige Planung zu stoppen und andere
Vorgaben zu machen. Das ist der entscheidende Punkt.
Da ist nicht das Land, sondern der Bund gefragt.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es geht im Wesentlichen um fünf Abschnitte. Es geht
um die Tunnellösung für Offenburg. Es geht um die par-
allele Trasse zur Autobahn südlich von Offenburg. Es
geht um die Trassenabsenkung westlich von Freiburg bis
zum Nordportal des Mengener Tunnels. Es geht um die
Trassenabsenkung mit Teildeckelung vom Südportal des
Mengener Tunnels bis südlich von Buggingen. Es geht
ausdrücklich auch um die gedeckelte Trassentieferle-
gung im Ortsteil Haltingen der Stadt Weil am Rhein. Das
war damals noch nicht auf dem Schirm, aber das gehört
natürlich dazu.

Die aktuelle Situation ist nun die: Innenminister Rech
hat diese Bürgertrasse als technisch und betrieblich
machbar sowie für Mensch und Umwelt als weit vorteil-
hafter und damit grundsätzlich genehmigungsfähig be-
zeichnet. Das hat die Deutsche Bahn – das hat Herr Rech
gesagt – in einer Sitzung am 2. Februar in Freiburg aus-
drücklich bestätigt. Heute lese ich, dass der Bund sagt:
Wir übernehmen keine Kosten.

Die Genehmigungsbehörde treibt die Planfeststel-
lung weiter voran und versucht, vollendete Tatsachen zu
schaffen. Deshalb ist jetzt der Bund gefordert, einzu-
schreiten. Der Bund muss die laufenden Planfeststel-
lungsverfahren stoppen, weil es nie möglich sein wird,
dafür Akzeptanz zu bekommen. Ich sage Ihnen sehr
deutlich: Wir wollen den Güterverkehr auf die Schiene
verlagern. Aber nur dann, wenn wir entsprechenden
Lärmschutz machen, wenn wir eine Trasse finden, die

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(C (D en Anforderungen der Umwelt und der Menschen geecht wird, werden wir dafür Akzeptanz bekommen. Herr Kollege, gestatten Sie eine weitere Zwischen rage, und zwar der Kollegin Schwarzelühr-Sutter? Aber gern. Herr Kollege Burgbacher, hat das Land Badenürttemberg, Ihr Wirtschaftsminister oder der Innenmi ister, in der Zwischenzeit einen Planungsstopp geforert? (Otto Fricke [FDP]: Der ist gar nicht zuständig!)


(Beifall bei der FDP)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1620824900
Ernst Burgbacher (FDP):
Rede ID: ID1620825000
Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD):
Rede ID: ID1620825100

st Ihnen etwas in der Richtung bekannt?


Ernst Burgbacher (FDP):
Rede ID: ID1620825200

Frau Kollegin, weder der Landeswirtschaftsminister

och der Landesinnenminister ist dafür zuständig.


(Uwe Beckmeyer [SPD]: Ach!)


ie waren selbst, glaube ich, bei der Sitzung am
. Februar – ich bin mir nicht ganz sicher, aber Ihre
raktion war auf jeden Fall vertreten –, in der klipp und
lar gesagt wurde: Es ist alles technisch machbar und
uch ausführbar. – Das Land hat übrigens signalisiert,
ass es das unterstützt. Aber am Zuge ist jetzt der Bund
nd nicht das Land.

Sie sollten aufhören, hier Dinge in die Welt zu setzen,
ie nicht zutreffen, oder anderen den Schwarzen Peter
uzuschieben. Das tun Sie nur, weil Sie nicht in der Lage
ind, in Ihrer Fraktion Mehrheiten zu organisieren und
en Verkehrsminister dazu zu bringen


(Sibylle Laurischk [FDP]: Wo ist der denn?)


das Ministerium ist jetzt anwesend; das ist ja toll –,
ndlich einen Schritt zu tun. Das ist Ihr Problem.


(Beifall bei der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1620825300

Herr Kollege, gestatten Sie eine weitere Zwischen-

rage der Kollegin?


Ernst Burgbacher (FDP):
Rede ID: ID1620825400

Aber sehr gern.


Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD):
Rede ID: ID1620825500

Herr Kollege Burgbacher, Sie wissen auch, dass Sie

ußer der Ankündigung eines Bahngipfels 2006 oder
ippenbekenntnissen noch nie einen konkreten Vor-
chlag zur Finanzierung der Mehrkosten dieses Projekts
emacht haben, obwohl Sie wissen, wie die Haushalts-
rdnung des Bundes aussieht.


(Otto Fricke [FDP]: Ist das eine Frage?)







(A) )



(B) )


Ernst Burgbacher (FDP):
Rede ID: ID1620825600

Frau Kollegin Schwarzelühr-Sutter, ich sage es noch

einmal: Das Land hat klare Vorgaben gemacht. Das Land
hat klar die Bereitschaft zur Unterstützung angedeutet.


(Marion Caspers-Merk [SPD]: „Angedeutet!“)


Das Land ist aber nicht am Zug, sondern der Bund ist am
Zug.

Sie können nicht einfach – ich halte das für ein übles
Spiel, auch für die betroffenen Menschen – den Schwar-
zen Peter an das Land weiterreichen, weil Sie den Ver-
kehrsminister nicht von der Richtigkeit des Projekts
überzeugen können. So kann man nicht verantwortliche
Politik machen.


(Beifall bei der FDP)


Den Ablauf finde ich äußerst interessant. Wir haben
am 18. Oktober 2007 unseren Antrag eingebracht. Die-
ser wurde im Verkehrsausschuss am 8. November 2007
behandelt und von der Mehrheit, bestehend aus Union
und SPD, abgelehnt.

Wir haben dann immer wieder versucht, das weiterzu-
spinnen und Gespräche zu führen. Ich erinnere daran,
dass die Kollegin von den Grünen, meine Kollegin
Laurischk und ich ein Gespräch angeregt haben. Darauf
kam keine Reaktion. Dies ist uns erst nach einer Vermitt-
lung des Regierungspräsidenten gelungen.

Das zieht sich bis in diese Woche hinein. Ich habe am
Montag noch einmal angeboten, diese Debatte heute zu
verschieben oder den Antrag an den Verkehrsausschuss
zurückzuüberweisen unter der Voraussetzung, dass uns
deutlich signalisiert wird, dass eine konstruktive Bereit-
schaft besteht, zusammenzuarbeiten und zu einem An-
trag zu kommen.

Aus der Arbeitsgruppe wurde uns signalisiert, dass
weder die Bereitschaft zur Verschiebung noch zur Rück-
überweisung besteht. Deshalb haben wir uns dafür ein-
gesetzt, dass der Antrag heute auf der Tagesordnung
bleibt.

Jetzt müssen wir über das richtige Vorgehen beraten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das duldet langsam
keinen Aufschub mehr. Die Pläne liegen auf dem Tisch.
Jeder vor Ort weiß, dass die derzeitige Trasse nicht
durchsetzbar ist. Dann macht es keinen Sinn, daran fest-
zuhalten, weiter zu planen und Genehmigungsverfahren
weiter voranzutreiben. Jetzt muss ein Stopp verfügt wer-
den. Das müsste dieses Parlament beschließen.

Wenn diejenigen, die vor Ort immer für eine bürger-
und umweltgerechte Trasse werben, heute mit Nein
stimmen, dann wird dies kein Mensch vor Ort verstehen.


(Beifall des Abg. Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Politik fängt auch damit an, dass wir den Menschen
die Wahrheit sagen und dass wir das, was wir vor Ort
tun, hier umsetzen und umgekehrt. Deshalb appelliere
ich an Sie: Stimmen Sie heute diesem Antrag zu, damit
die Regierung weiß, dass sie jetzt am Zug ist.

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(C (D Herzlichen Dank. (Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1620825700

Nächster Redner ist der Kollege Peter Weiß für die

DU/CSU-Fraktion.


(Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt sind wir auf den Spagat gespannt!)



Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1620825800

Verehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und

erren Kollegen! Die Bahnstrecke durch das Rheintal ist
n der Tat einer der Hauptleistungsträger des Bahnver-
ehrs in Deutschland. Schon heute haben wir auf dieser
trecke auf einigen Streckenabschnitten Überlastungen
on über 100 Prozent. Bis zum Jahre 2025 wird gegen-
ber heute eine Verdoppelung des Verkehrs auf dieser
trecke prognostiziert.

Deshalb sollte man zuallererst einmal festhalten: Es
st hoch prioritär, dass diese Strecke für einen leistungs-
ähigen Bahnverkehr in Deutschland ausgebaut wird.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die zusätzlichen Güterverkehre, die wir auf der Nord-
üd-Achse in Deutschland erwarten, sollten allerdings
icht fast ausschließlich auf die Rheintalstrecke konzen-
riert werden. Deswegen gibt es auch in der CDU/CSU-
undestagsfraktion Überlegungen, weitere Strecken für
en Nord-Süd-Verkehr zu ertüchtigen, damit sie die zu-
ünftigen Kapazitätszuwächse im Güterverkehr aufneh-
en können.

Nun haben die betroffenen Bürgerinnen und Bürger,
ie Städte und Gemeinden entlang der Bahnstrecke in
er Oberrhein-Region zusammen mit den Bürgerinitiati-
en, die sich übrigens sehr fachkundig an der Diskussion
eteiligen,


(Marion Caspers-Merk [SPD]: Sehr wahr!)


ine Reihe von durchaus berechtigten Forderungen auf-
estellt, nämlich dass der Bahnbau so erfolgen muss,
ass die Entwicklungschancen der betroffenen Städte
nd Gemeinden nicht behindert werden, dass die Men-
chen vor Lärm und Erschütterungen besser geschützt
erden und dass die Kultur- und Erholungslandschaft

m Oberrhein – wir sagen ja immer: Wir leben dort, wo
ndere Menschen Urlaub machen – auch für künftige
enerationen erhalten bleibt.

Sie haben übrigens hohe Summen eigenen Geldes in
ie Hand genommen, haben Alternativpläne erarbeitet
nd Gutachten eingeholt. In dem derzeit laufenden Plan-
echtsverfahren haben 90 000 Bürgerinnen und Bürger
hre Einwendungen schriftlich geltend gemacht.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Welche Schlüsse ziehen Sie daraus?)


as heißt, die Bürgerinnen und Bürger nutzen unser
eutsches Planungsrecht.






(A) )



(B) )


Peter Weiß (Emmendingen)

Für mich als Abgeordneten der Region folgt daraus:
Der weitere Ausbau der Rheintalbahn kann nur erfolgen,
wenn auf die berechtigten Forderungen der Region ein-
gegangen wird. Deswegen danke ich der Landesregie-
rung von Baden-Württemberg, dass sie es übernommen
hat, die Forderungen der Städte und Gemeinde zu bün-
deln, und unter Vorsitz des für die Verkehrspolitik zu-
ständigen Innenministers Heribert Rech eine Arbeits-
gruppe eingerichtet hat, die am 2. Februar dieses Jahres
ihre Ergebnisse vorgelegt hat. Zusammengefasst ergibt
sich folgendes Bild: Diese Arbeitsgruppe befürwortet
Tunnellösungen für Offenburg und Weil am Rhein, Tras-
senvarianten an der Autobahn, Tieferlagen und verbes-
serten Lärmschutz.

Unter dem Aspekt der Rücksichtnahme auf Mensch
und Umwelt bezeichnet die Arbeitsgruppe die von der
Bahn eingereichte Planung als völlig ungenügend und
nachbesserungsbedürftig. Ich denke, es macht auch aus
Sicht der Bahn keinen Sinn, auf Biegen und Brechen
eine unzureichende Planung gegen den erklärten Willen
einer gesamten Raumschaft durchzusetzen. Das hohe
Ansehen des umweltfreundlichen Verkehrsträgers Bahn
würde beschädigt, wenn es nicht zu Veränderungen im
Planungsprozess kommt. Von daher will das Land Ba-
den-Württemberg noch im Frühjahr dieses Jahres Ge-
spräche mit dem Bund und der Bahn auf Spitzenebene
führen, um eine Lösung für die aufgezeigten Konflikt-
punkte zu finden.

Der noch vom Oktober 2007 stammende FDP-Antrag
ist unterdessen in mehrfacher Hinsicht schlichtweg über-
holt, Herr Kollege Burgbacher.


(Lachen des Abg. Ernst Burgbacher [FDP])


Um es kurz zu sagen: Er ist schlichtweg ein Ladenhüter.


(Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ja lustig! – Manfred Grund [CDU/CSU]: Er ist auf dem Abstellgleis!)


So wurden im vergangenen Jahr 2008 zum einen die re-
gionalen Forderungen konkretisiert und weiterentwi-
ckelt.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Ohne den Antrag hätte es die Konkretisierung gar nicht gegeben!)


Zum anderen ist angesichts des avisierten Spitzenge-
sprächs der von der Bundesregierung erbetene schriftli-
che Bericht entbehrlich geworden.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1620825900

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der

Kollegin Laurischk?


Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1620826000

Gerne.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1620826100

Bitte sehr, Frau Kollegin.

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(C (D Herr Kollege Weiß, nachdem Sie diesen Antrag als adenhüter bezeichnet haben, wundere ich mich, dass hrerseits kein aktueller Antrag vorgelegt wird. Dagegen ätte ich gar nichts. Ich glaube, die Region Südbaden artet förmlich darauf, dass sich auch die Regierungsarteien auf Bundesebene bewegen. Warum tun sie es icht? Warum loben Sie jetzt diese Arbeitsgruppe so tark, obwohl sie bislang noch nicht einmal einen Terin für einen angeblich in Südbaden abzuhaltenden ahngipfel vorgeschlagen hat? Bislang ist laut der Antort auf meine Rückfrage bei der Bundesregierung noch einer bekannt. Verehrte Frau Kollegin Laurischk, dass der Antrag ein adenhüter ist, zeigt sich schon daran, dass im Antrag icht gefordert wird, dass etwas anderes gebaut werden oll, sondern nur, dass geprüft werden soll. Genau diese rüfung ist im vergangenen Jahr erfolgt. Nun liegen die rüfungsergebnisse vor. (Ernst Burgbacher [FDP]: Es wird immer noch anders geplant!)

Sibylle Laurischk (FDP):
Rede ID: ID1620826200
Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1620826300

as heißt, Frau Kollegin Laurischk, jetzt geht es nicht
ehr um das Prüfen, sondern jetzt sind Entscheidungen

u treffen.


(Jan Mücke [FDP]: Machen!)


llein diese sprachliche Formulierung des Antrags zeigt,
ass er ein Ladenhüter ist.

Zweitens. Mit Ihrer Frage suggerieren Sie etwas, was
uch in der Rede des Kollegen Burgbacher suggeriert
orden ist. Ich finde, wir sollten den Bürgerinnen und
ürgern und gerade den betroffenen Gemeinden gegen-
ber eine ehrliche Sprache führen. Der Deutsche Bun-
estag entscheidet nicht, wo eine Bahntrasse durchgeht.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Aber er kann Druck auf die Regierung machen! Das dürft ihr nur nicht, das ist das Problem!)


n einem laufenden Planungsverfahren – auf dem gesam-
en Abschnitt zwischen Offenburg und Basel sind die
lanrechtsverfahren eingeleitet; zum Teil sind sie in der
hase der Offenlage, zum Teil haben bereits die Erörte-
ungstermine, also die öffentlichen Anhörungen, stattge-
unden – dürfte gar keine politische Intervention erfol-
en, um das Verfahren nicht rechtlich zu Fall zu bringen.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Doch, die Regierung kann es stoppen!)


Deswegen, verehrte Frau Kollegin Laurischk, ist der
ntrag der FDP nicht nur ein Ladenhüter. Vielmehr sug-
eriert er den Bürgerinnen und Bürgern eine vollkom-
en falsche Vorstellung von dem, was jetzt notwendig

st. Notwendig ist nicht eine Entschließung des Bundes-
ages, sondern notwendig ist, dass sich Bundesverkehrs-

inisterium, Landesregierung von Baden-Württemberg
nd Bahn AG an einen Tisch setzen und darüber verhan-
eln, ob sie, die Zuständigen, an der Planung etwas ver-
ndern.


(Jan Mücke [FDP]: Wer regiert denn?)







(A) )



(B) )


Peter Weiß (Emmendingen)

Genau das ist der Zweck des Berichts der Arbeitsgruppe
des baden-württembergischen Innenministers. Ich hätte
von einer Partei, die zwar hier in der Opposition, aber in
Stuttgart in der Regierung ist, erwartet, dass sie das Re-
gierungshandeln in Stuttgart unterstützt und nicht durch
einen Antrag konterkariert.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Ernst Burgbacher [FDP]: Das ist ja lächerlich!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1620826400

Herr Kollege, gestatten Sie eine weitere Zwischen-

frage der Kollegin Laurischk?


Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1620826500

Bitte schön.


Sibylle Laurischk (FDP):
Rede ID: ID1620826600

Herr Kollege Weiß, ich verstehe Ihre Antwort so, dass

Sie eine Änderung der derzeitigen Bahnplanung über-
haupt nicht mehr für möglich halten.


(Ernst Burgbacher [FDP]: So hat er es gerade gesagt!)


Insofern würde ich gerne Ihre Einschätzung dazu hören,
dass Herr Mehdorn mir gegenüber erklärt hat, dass eine
Änderung der Bahnplanung bei entsprechender Finan-
zierung durchaus denkbar ist.


Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1620826700

Frau Kollegin Laurischk, natürlich kann man eine sol-

che Debatte auch dazu nutzen, durch Zwischenfragen in
alle Details einzusteigen, wobei ich nicht weiß, ob das
nicht unter Umständen für mehr Verwirrung sorgt. Rich-
tig ist, dass die Deutsche Bahn AG für die Strecke zwi-
schen Offenburg und Basel eine Planung eingeleitet hat
und dass sie natürlich nur dann bereit ist, diese Planung
in den Papierkorb zu werfen und eine neue zu beginnen,
wenn sie dazu auch eine Finanzierung erhält. Das ist
vollkommen richtig.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Wer ist denn der Haushaltsgesetzgeber?)


Deswegen ist auch vom Kollegen Beckmeyer schon da-
rauf hingewiesen worden: Zu einem Spitzengespräch
zwischen Bundesverkehrsminister Tiefensee, Minister-
präsident Oettinger und Bahnchef Mehdorn gehört nicht
nur eine Verständigung über die Sache, also ob und wo
man eine Planänderung vornimmt, sondern selbstver-
ständlich auch eine Verständigung über die Finanzie-
rung. Aber, Frau Kollegin Laurischk, dann lassen Sie
doch die drei Herren sich endlich einmal treffen,


(Marion Caspers-Merk [SPD]: Jawohl!)


bevor Sie Anträge stellen, in denen Sie suggerieren, wir,
der Bundestag, würden das entscheiden! Dann verwei-
sen Sie auf die drei Entscheider, die zusammentreffen
müssen, und nicht auf andere! Das wäre meine herzliche
Bitte.


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(C (D (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Otto Fricke [FDP]: Aber wir leben immer noch in einer Demokratie!)


Weil der Vorsitzende des Haushaltsausschusses einen
wischenruf macht: In der Tat, Herr Fricke, am Schluss
üssen wir, das Parlament, durch unsere Haushaltsbe-

chlüsse die entsprechenden Mittel zur Verfügung stellen


(Ernst Burgbacher [FDP]: Und Druck auf die Regierung können wir auch machen!)


nd die Grundlagen für eine Finanzierungsvereinbarung
chaffen. Aber das wäre doch der Schlusspunkt, Herr
ricke,


(Otto Fricke [FDP]: Nein!)


nd an diesem Schlusspunkt sind wir noch nicht ange-
angt.


(Otto Fricke [FDP]: Dann wären wir nur noch das ausführende Organ der Exekutive!)


Nein, das sind wir nicht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe ei-
entlich schon in der Antwort auf die Zwischenfrage der
ollegin Laurischk auf den wesentlichen Punkt hinge-
iesen: Ein wirklicher Fortschritt in der Sache, um die

s nun gehen soll, kann nur erzielt werden, wenn sich
und, Land und Bahn gemeinsam an einen Tisch setzen
nd versuchen, die Anliegen der betroffenen Bürgerin-
en und Bürger sowie der betroffenen Städte und Ge-
einden in Südbaden in konstruktiver Diskussion einer

achgerechten Lösung zuzuführen. Das ist übrigens auch
er einzig erfolgversprechende Weg. Denn ich habe
chon vorhin ausgeführt: Für alle Planabschnitte sind die
lanrechtsverfahren eingeleitet, und die Offenlegung der
läne findet statt. Zum Teil haben die Erörterungster-
ine schon stattgefunden. In dem derzeitigen Verfah-

ensstadium kann deswegen nur der Maßnahmeträger
nd Antragsteller Deutsche Bahn selbst mit entsprechen-
er Rückendeckung des Bundesverkehrsministeriums
ine Planänderung vornehmen. Das ist der entschei-
ende Punkt, Herr Burgbacher.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Das ist exakt! Mit Rückendeckung des Verkehrsministers!)


So ist es.

Meine Erwartung ist, dass sich auf dem avisierten
ahngipfel, zu dem Ministerpräsident Oettinger einla-
en wird, auch Bundesverkehrsminister Tiefensee in der
ache bewegen wird. Nach der Ankündigung des Kolle-
en Beckmeyer in seiner Rede gehe ich davon aus, dass
ine entsprechende Gesprächs- und Kompromissbereit-
chaft vorhanden ist.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1620826800

Herr Kollege Weiß, gestatten Sie eine Zwischenfrage

es Kollegen Bonde?


Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1620826900

Gerne.






(A) )



(B) )


Alexander Bonde (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620827000

Herr Kollege Weiß, da Sie gerade eben wieder verkün-

det haben, dass der Verkehrsminister der Bundesrepublik
Deutschland eine entscheidende Rolle bei der Entschei-
dung über alternative Trassenplanungen und damit über
einen menschen- und umweltfreundlichen Ausbau der
Bahn zu spielen hat, frage ich Sie: Warum verweigern Sie
und Ihre Fraktion sowohl im Haushaltsausschuss als
auch hier den Anträgen meiner Fraktion und der FDP-
Fraktion, die darauf abzielen, dass das Parlament seine
Kontrollfunktion gegenüber der Regierung wahrnimmt
und sich entsprechend positioniert, häufig Ihre Zustim-
mung? Warum beschränken Sie sich als Bundestagsabge-
ordneter auf Interviews in Lokalzeitungen und verwei-
gern hier, sich dafür einzusetzen, dass der Bundestag
seine Möglichkeiten, Einfluss auf den Bundesverkehrs-
minister zu nehmen, tatsächlich nutzt?


(Otto Fricke [FDP]: Sehr wahr!)



Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1620827100

Herr Kollege Bonde, ich sehe das ganz anders. Es hat

in der Vergangenheit eine Reihe von Gesprächen stattge-
funden, an denen Sie teilweise teilgenommen und in de-
nen wir Abgeordnete aus der Region am südlichen
Oberrhein versucht haben, auf diese Entscheidungen
Einfluss zu nehmen. Wir haben versucht, die Gemein-
den, die Städte, die Bürgerinnen und Bürger und auch
die Bürgerinitiativen für eine gemeinsame Konzeption,
was die Trassenführung in Südbaden anbelangt, zu ge-
winnen.

Ich selbst habe als Abgeordneter des Wahlkreises Em-
mendingen-Lahr, der einer der hauptbetroffenen Wahl-
kreise ist, unzählige Konferenzen mit den Bürgermeis-
tern und Bürgermeisterinnen durchgeführt. Wir haben
dafür Sorge getragen, dass die Bürgerinitiativen, die
Bürgermeister und die Landräte in Berlin persönlich die
Situation in den Planungsabschnitten vortragen konnten.
Die Aufgabe von Abgeordneten, zur Meinungsbildung
beizutragen, haben wir bisher in einer mustergültigen
Art und Weise erfüllt. Der entscheidende Punkt ist nur
der:


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Ihr traut euch nicht! – Heiterkeit bei der FDP)


Eine Veränderung der Planung kann im derzeitigen Sta-
dium nur die Bahn selber – mit entsprechender politi-
scher Rückendeckung – einleiten.

Es gab auch eine Zeit vor Einleitung der Planrechtsver-
fahren. Zu dieser Zeit stand die Fraktion Bündnis 90/
Die Grünen in der Regierungsverantwortung, Herr Bonde.
Da hätte man politisch einen anderen Planungsauftrag er-
teilen können. Dazu haben Sie damals aber nicht den Mut
und die Kraft gehabt.


(Otto Fricke [FDP]: Das ist doch vergossene Milch! Das ist Vergangenheit!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1620827200

Herr Kollege Bonde möchte eine Nachfrage stellen.


Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1620827300

Bitte.

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(C (D Da Sie das Jahr 1998 angesprochen haben, möchte ich ie fragen: Ist es richtig, dass die damals für die Plaungsverfahren und für die Raumordnung zuständige andesregierung von Ihrer Partei, wie das auch heute och der Fall ist, geführt wurde? Sie schieben nun – das st Ihrem Namen und Ihrem Parteibuch angemessen – en Schwarzen Peter anderen zu. Stimmen Sie mir zu, ass uns das nicht weiterbringt und dass Sie und Ihre arteifreunde in Baden-Württemberg 1998 ganz erheb ich zu dem heutigen Planungsstand beigetragen haben? Verehrter Herr Kollege Bonde, dieses Schwarze eter-Spiel – jetzt heiße ich auch noch mit Vornamen eter –, also das Verschieben der Verantwortung, hilft in er Sache nicht weiter. Dass dieses Spiel gespielt wird, st übrigens den Betroffenen, die auf eine Veränderung offen, überhaupt nicht verständlich zu machen. Fakt ist um es noch einmal klarzustellen –: Die Planung beanragt der Maßnahmeträger Deutsche Bahn – Punkt –, icht die Landesregierung von Baden-Württemberg, icht die Bundesregierung, nicht der Deutsche Bundesag. (Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das findet nicht im luftleeren Raum statt! Das wäre das erste Mal!)

Alexander Bonde (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620827400
Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1620827500

in Raumordnungsverfahren wird eingeleitet, wenn der
aßnahmeträger für diese Region ein Raumordnungs-

erfahren beantragt. Dieses Hin und Her, der Heckmeck,
en Sie hier betreiben, dient nur dazu, Verwirrung zu
tiften.


(Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber das machen Sie doch!)


ie werfen Nebelkerzen, um die einfach zu beschreiben-
en Fakten zu vernebeln. Ich finde, das führt uns in der
ache nicht weiter.


(Zuruf von der CDU/CSU: Sehr richtig!)


Wenn wir wirklich etwas erreichen wollen, dann soll-
en gerade die hier anwesenden Kolleginnen und Kolle-
en, die aus der Region am Oberrhein kommen, die dort
hre politische Heimat haben, an einem Strang ziehen,
m echte Verbesserungen für die betroffenen Menschen,
ür die Städte und Gemeinden in dieser Region zu errei-
hen.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Also zustimmen! Ganz einfach! – Sibylle Laurischk [FDP]: Hier und heute!)


Herr Kollege Burgbacher, wenn es der FDP wirklich
m die gemeinsame Sache ginge, dann hätte sie diesen
ntrag nicht jetzt, vor dem von der Landesregierung ge-
lanten Bahngipfel – der Landesregierung gehört die
DP an –, auf die Tagesordnung des Deutschen Bundes-

ages setzen dürfen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Ernst Burgbacher [FDP]: Ihr wart nicht bereit, zu schieben! – Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Wir wollten verschieben!)







(A) )



(B) )


Peter Weiß (Emmendingen)

– Entschuldigung, das Aufsetzungsrecht liegt bei den
Fraktionen. Es bestand kein Zwang für Sie, diesen An-
trag heute auf die Tagesordnung des Deutschen Bundes-
tages zu setzen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Jetzt sind wir daran schuld?)


Auch die von Ihnen vorgeschlagene Rücküberwei-
sung an die Ausschüsse würde nicht weiterhelfen. Dann
würde der Ladenhüter ja zu einem noch älteren Laden-
hüter werden.


(Jan Mücke [FDP]: Was denn nun? Kommt er zu zeitig oder zu spät?)


Deswegen haben die Bürgerinitiativen vom Oberrhein
in dieser Woche einen Brief an uns Abgeordnete ge-
schrieben, aus dem ich jetzt zitiere:

Wir bitten Sie eindringlich, diesen Punkt von der
Tagesordnung abzusetzen.


(Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil sie Angst haben, dass Sie ablehnen, Herr Weiß!)


Weiter heißt es:

Die Aufgabe des Bundestages lautet vielmehr, dem
politischen Prozess zwischen der Bundesregierung
und dem Land Baden-Württemberg Raum zu geben –
und das heißt: Der Punkt Rheintalbahn muss vertagt
werden.

Ende des Zitats.

Wenn die FDP der Region am Oberrhein wirklich ei-
nen Dienst erweisen wollte, würde sie hier keinen politi-
schen Schauantrag stellen, sondern dem dringenden Rat
der Bürgerinitiativen folgen und ihren Antrag von der
Tagesordnung nehmen.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Hören Sie jetzt auf, Mensch! Das ist ja peinlich! – Sibylle Laurischk [FDP]: Sie sind inkonsequent! – Weitere Zurufe von der FDP)


– Herr Burgbacher, auch wenn Sie sich aufregen, der
Punkt ist der: Mir geht es um die Sache.


(Lachen bei der FDP – Ernst Burgbacher [FDP]: Das ist ja peinlich! Daheim sagst du das Gegenteil!)


Und für die Sache sind nicht Schauanträge, sondern Ta-
ten wichtig.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Ernst Burgbacher [FDP]: Komm du mir nach daheim!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1620827600

Nächste Rednerin ist die Kollegin Dorothée Menzner

für die Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! ie Bedeutung dieses Projektes und die emotionale Aufeladenheit dieses Themas sind hier schon deutlich georden. In der Tat haben wir es mit einem ziemlich sinulären Vorgang zu tun. Zumindest ich erlebe so etwas um ersten Mal. Wir haben gestern alle einen Brief der ürgerinitiativen erhalten, in dem sie darum bitten, den ntrag, der aus dem Jahr 2007 stammt und in Teilen berholt ist, aber die Anliegen der Bürgerinitiativen aufreift, hier und heute nicht zu behandeln. Es verwundert einen schon, wenn Bürgerinitiativen arum bitten, einen Antrag, der ihrer Intention folgt, icht zu behandeln. Wir haben die erste Lesung bereits urchgeführt. Die Bürgerinitiativen fürchten, dass die weite und dritte Lesung ähnlich wie die erste Lesung erlaufen werden und das ihrem Anliegen nicht guttut. Was sind ihre Ängste? Was sind die Gründe? In den und anderthalb Jahren seit der Antragsformulierung ist ine Menge passiert; das ist schon angesprochen woren. Die Planung und die Entwicklung sind weitergeangen. Unter Mitwirkung der Bürgerinitiativen ist eine lternativplanung entstanden, in der die Belange der ürgerinnen und Bürger berücksichtigt werden. Daran ird deutlich, dass sie die Bahnstrecke zwar wollen, ber nicht so, wie sie bisher geplant war. Sie fordern ärmschutz, und das ist angesichts der geplanten Freuenz – alle drei Minuten ein Güterzug in der Nacht – ehr verständlich. ie sagen nicht, dass sie keine Bahn wollen. Vielmehr ollen sie einen Ausbau, der ihren Interessen Rechnung rägt. Die Bürgerinitiative hat ein Gespür für parlamentariche Zwänge. Herr Weiß, Sie haben aus einem Schreiben itiert. Es wäre nett gewesen, wenn Sie auch ein bisshen weiter oben gelesen hätten. Ich zitiere aus demselen Brief einige Absätze weiter oben: Es wäre für die kompetente und wachsame Bevölkerung am Oberrhein völlig unverständlich, wenn sich die üblichen politischen Rituale – Oppositionsanträge werden grundsätzlich abgelehnt – beim derzeitigen Planungsstand wieder einmal durchsetzen könnten. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Dorothee Menzner (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620827700

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


Das ist das Problem. Sie haben Angst, dass der Kon-
ens – auch mit einer Landesregierung und mit dem
undesverkehrsministerium –, der in Hunderten von
ersammlungen gefunden werden soll – er ist bereits in
reifbarer Nähe –, erschwert werden könnte. Sie fürch-
en sich davor, dass die Koalition den Antrag ablehnt,
odurch die Konsensfindung schwieriger würde. In dem
unkt, fürchte ich, könnten Sie recht haben.

Festzuhalten bleibt: Die steigenden Gütermengen,
on denen wir alle wissen, sind am besten auf der






(A) )



(B) )


Dorothée Menzner
Schiene aufgehoben. Fest steht auch, dass Schienengü-
terverkehr zu starken Belastungen für Anwohner führt.
Nachts alle drei Minuten ein Güterzug – das ist ein Pro-
blem und eine Zumutung. Wir alle wissen inzwischen:
Lärm kann krank machen.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Wenn wir Akzeptanz für das Verkehrssystem Schiene
wollen, gilt es, diesen Ängsten, aber auch diesen Belas-
tungen Rechnung zu tragen. Von daher glaube ich, dass
der sich jetzt in der Debatte befindliche Plan Baden 21
eine gute Möglichkeit ist und diesem Problem Rechnung
trägt. Natürlich ist er mit Kosten verbunden, aber er ist
angesichts der voraussichtlichen Trassenentgelte und im
Vergleich zu anderen unnötigen Prestigeobjekten wie
Stuttgart 21 durchaus finanzierbar.


(Beifall bei der LINKEN)


Von daher möchte ich an die Koalition appellieren,
sich ihr Stimmverhalten sehr genau zu überlegen und
den eingeleiteten Möglichkeiten der Konsensfindung in
der Region nicht im Wege zu stehen.

Danke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1620827800

Ich gebe das Wort dem Kollegen Winfried Hermann,

Bündnis 90/Die Grünen.


Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620827900

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Eines

vorweg: Der Ausbau der Rheintalbahn, des dritten und
vierten Gleises für den Schienengüterverkehr, ist zwei-
fellos eines der größten und wichtigsten Projekte in
Deutschland und auch in Europa. Das ist die zentrale
Nord-Süd-Achse.


(Uwe Beckmeyer [SPD]: Es ist eine große Nord-Süd-Achse! Nun übertreiben Sie mal nicht!)


Es ist ein Riesenproblem, dass wir mit diesem Ausbau aus
verschiedenen Gründen nicht gut vorankommen. Es ist
ein Problem, dass wir lange Zeit geglaubt haben – auch
manche von uns –, dass man möglichst nichts mehr an
der Planung ändern sollte, damit das Projekt möglichst
schnell vorankommt. Das war, glaube ich, ein Irrtum.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


Jetzt zeichnet sich ab, dass die Plantrasse, die die
Bahn eingereicht hat, nicht den neuesten Erkenntnissen
entspricht, sondern – mit Verlaub – aus den Zeiten des
Kalten Krieges stammt. Damit will ich deutlich machen,
wie alt die Planung ist. Damals glaubte man, den Men-
schen noch einiges zumuten zu können. Aber die Zeiten
sind anders. Die Kommunen haben sich anders entschie-
den. Manche waren damals noch im Hinblick darauf zer-
stritten, welche Trasse sie wollen. Heute gibt es eine
klare Botschaft entlang der ganzen Trasse: Sie wollen
eine gebündelte Trasse, und zwar möglichst autobahn-
nah. Ganze Kommunen haben sich mehrheitlich gegen

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(C (D ie Plantrasse der Bahn entschieden. Das muss man, enke ich, endlich zur Kenntnis nehmen. Es hat keinen Sinn – da gebe ich Herrn Burgbacher ollkommen recht –, an einer offenkundig breit abgeehnten Trasse bis zum bitteren Ende im Planfeststelungsverfahren festzuhalten, ahllose Einwendungen abzuarbeiten und anschließend ahllose Gerichtsverfahren durchzuziehen. Das ist ein eines Beschäftigungsprogramm für Bürokratie und für uristen und sonst nichts. Es ist grober Unfug. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Ernst Burgbacher [FDP]: So ist es!)


ie werden dadurch auch keine Zeit gewinnen. Wir wer-
en Zeit verlieren.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Richtig!)


Wir haben jetzt wirklich genug Zeit, einen Neuanfang
u machen und eine bessere Trasse entwickeln zu lassen;
enn es zeichnet sich ein Konsens ab, übrigens partei-
bergreifend. Das Verrückte ist: Normalerweise gibt es
lare Fronten zwischen den verschiedenen Parteien. In
iesem Fall ist es aber so, dass vor Ort alle flächende-
kend und parteiübergreifend sagen: Die ursprüngliche
lanung ist völlig falsch. Wir wollen eine andere. – Des-
egen verstehe ich, dass der eine oder andere Kollege,
er im Bundestag sitzt und seine Position vor Ort vertre-
en will, in ziemlich große Schwierigkeiten kommt. Kol-
ege Weiß, wahrscheinlich haben Sie auch aufgrund die-
er Konflikte so wortreich das Nichtstun umschrieben,
nd zwar Ihres, nicht das der anderen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)


Sie werfen der FDP vor, ihr Antrag sei überholt. Er ist
ber nicht überholt. Überholt ist vielmehr die Ablehnung
urch die Große Koalition von vor anderthalb Jahren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)


nzwischen ist sogar die von Ihnen geführte Landesre-
ierung in Baden-Württemberg dafür. Offenbar sind
uch Sie dafür. Als es damals um den „vagen“ Antrag
er FDP ging, haben Sie einen Fehler gemacht. Die FDP
ollte übrigens nicht das Parlament um eine Entschei-
ung bitten. Wenn Sie den Antrag lesen, stellen Sie fest,
ass es darin heißt:

Wir fordern die Bundesregierung auf, mit der Lan-
desregierung und der DB in Verhandlungen einzu-
treten, um zu prüfen …

Das ist immer noch nicht geschehen. Deswegen ist der
ntrag nicht überholt.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Richtig!)


ir unterstützen ihn;


(Ernst Burgbacher [FDP]: Gut!)







(A) )



(B) )


Winfried Hermann
denn er enthält den Kern der Forderungen der Bürgerini-
tiativen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Die Bürgerinitiativen haben Bedenken, dass die ande-
ren Trassen, wenn heute abgestimmt wird, endgültig
kein Thema mehr sind. In diesem Punkt haben Sie recht,
Herr Weiß: Diese Entscheidung wird heute nicht gefällt.


(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Gott sei Dank sagt das mal einer!)


Deswegen brauchen die Bürgerinitiativen auch keine
Angst zu haben, wenn heute abgestimmt wird. Wenn wir
diesem Antrag zustimmen, geben wir der Bundesregie-
rung den klaren Impuls,


(Dr. Max Stadler [FDP]: Ja! Das ist der entscheidende Punkt!)


als Eigentümer der Bahn zu fordern, dass diese unsin-
nige Planung zurückgezogen wird. Dann kann das Ver-
fahren verkürzt werden. So kommen wir aus dem Di-
lemma heraus. Dadurch können wir den Weg für eine
sinnvolle, neue, bürgernahe, umweltfreundliche und kli-
mafreundliche Trasse frei machen. Das ist das eigentli-
che Ziel. Deswegen stimmen wir diesem Antrag zu. Ich
bitte alle, die sich bei diesem Thema engagieren, nicht
folgende Arbeitsteilung zu praktizieren: vor Ort der
neuen Bürgertrasse das Wort zu reden, sich aber hier als
Bedenkenträger zu präsentieren und immer nur zu fra-
gen: Wie soll das alles bloß finanziert werden?

Ich komme zum Schluss. Eines ist klar: Die Bundes-
regierung kann sich nicht hinter den Kosten verschan-
zen. Denn die alte Trasse würde, wenn man sie bürger-
freundlich umgestalten müsste, so teuer, dass sie in
dieser Hinsicht ohne Weiteres mit jeder neuen Trasse
konkurrieren könnte.

Noch ein Wort an die CDU und die Landesregierung
in Baden-Württemberg. Wer die Bürger von Stuttgart
vom Schienenlärm befreit und ohne Not 1 Milliarde
Euro dafür ausgibt, dass dort alle nötigen und unnötigen
Gleise unter die Erde verlegt werden, der darf sich aus
dem, was im Rheintal geschieht, nicht völlig heraushal-
ten, sondern muss auch den Menschen, die dort leben,
etwas bieten. Hier sind Sie am Zug.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1620828000

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über die Beschluss-
empfehlung des Ausschusses für Verkehr, Bau und
Stadtentwicklung zu dem Antrag der Fraktion der FDP
mit dem Titel „Integrierte Planung für Schiene und
Straße im Rheingraben – Gesamtverkehrskonzept Süd-
baden“. Zu dieser Abstimmung liegen mir Erklärungen
nach § 31 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung vor,


(Otto Fricke [FDP]: Aha! Interessant!)


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(C (D nd zwar von Marion Caspers-Merk, Elvira Drobinskieiß, Gernot Erler und Rita Schwarzelühr-Sutter.1)



(Otto Fricke [FDP]: Alles Südbadener!)


Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh-
ung auf Drucksache 16/8029, den Antrag der Fraktion
er FDP auf Drucksache 16/6638 abzulehnen. Wer
timmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt
agegen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung
st mit den Stimmen der Koalition bei Gegenstimmen
er Opposition angenommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 11 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Klaus
Riegert, Norbert Barthle, Antje Blumenthal, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/
CSU
sowie der Abgeordneten Dagmar Freitag,
Dr. Peter Danckert, Martin Gerster, weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion der SPD

Duale Karrieren im Spitzensport fördern und
den Hochschulsport strategisch weiterentwi-
ckeln

– Drucksache 16/10882 –
Überweisungsvorschlag:
Sportausschuss (f)

Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Ausschuss für Kultur und Medien

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
einen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege
berhard Gienger, CDU/CSU-Fraktion.


Eberhard Gienger (CDU):
Rede ID: ID1620828100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
eine sehr verehrten Damen und Herren! Spitzensport

rfährt auf der einen Seite eine hohe Anerkennung durch
ie Gesellschaft, stellt auf der anderen Seite aber in vie-
en Punkten des Studiums auch eine Störgröße dar. Ich
ill das in den nächsten Minuten begründen.

Wenn man Höchstleistungen im Spitzensport erbrin-
en möchte, muss man ein gewisses Zeitmaß investie-
en. Für Training zusammen mit Prophylaxe, Regenera-
ion und Wegstrecken muss mit 25 bis 30 Stunden pro

oche gerechnet werden. Zudem fällt die Zeit des Leis-
ungssports in einen Lebensabschnitt, in dem die berufli-
he Grundlage für die Zukunft gelegt wird. Bei einer
ombination von Studium und Spitzensport treten
chwierigkeiten auf, die aus den umfassenden akademi-
chen und sportlichen Anforderungen resultieren.

Studierende sind eine große Stütze des deutschen
ports. Die Erfolge der studierenden Spitzensportler bei
en Olympischen Spielen im vergangenen Jahr in Pe-

Anlage 3






(A) )



(B) )


Eberhard Gienger
king waren unverkennbar: 37 Prozent der Olympia-
mannschaft waren Studierende, 15 von den 41 Medaillen
wurden von Studentinnen und Studenten gewonnen. Seit
den Olympischen Spielen 1992 ist hier ein linearer An-
stieg zu verzeichnen.

Die Erleichterung der Vereinbarkeit von sportlicher
und beruflicher Karriere ist einer der am häufigsten ge-
nannten Punkte, wenn gefragt wird, wie der Spitzensport
gefördert werden kann. Es ist ein großes Problem, dass
die hochbegabten Sporttalente beim Übergang vom Junio-
ren- in den Seniorenbereich an einen Punkt kommen, an
dem sie entscheiden müssen: Betreiben wir unseren
Leistungssport weiter, oder müssen wir Studium, Ausbil-
dung, Beruf forcieren? Manchmal ist es auch so, dass die
Sportler nach dem Studium in der Weltspitze etabliert
und noch in einem Hochleistungsalter sind, aber am Ar-
beitsmarkt keine Perspektive dafür sehen, Sport und Be-
ruf parallel zu realisieren. Hier vergeben wir uns zwei-
fellos Möglichkeiten, Medaillen zu gewinnen.

Ich habe Kontakt mit Mitgliedern des Beirats der Ak-
tiven im DOSB aufgenommen. Sie haben mir genau dies
bestätigt und es durch ein Beispiel ergänzt: Angenom-
men, ein Sportler beendet sein Studium im Jahre 2009
und hat Aussichten, im Jahre 2012 olympische Medail-
len zu gewinnen. Seine Möglichkeiten sind wie folgt:
Entweder, er hört mit dem Leistungssport auf und steigt
ins Erwerbsleben ein, oder er führt den Leistungssport
weiter und begibt sich damit in die Gefahr, dass sein Ab-
schluss drei Jahre später am Arbeitsmarkt weniger wert
ist.

Eine duale Karriere stößt hier gewissermaßen an ihre
Grenzen. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: die
hohe Trainingsbelastung, viele nationale und internatio-
nale Meisterschaften sowie weitere Verpflichtungen.
Deswegen haben wir hier dringenden Handlungsbedarf.
Wir müssen unsere Sportler unterstützen, sodass sie eine
duale Karriere aufbauen können.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Nur ein geringer Prozentsatz der Sportler ist in der Lage,
sich mit dem Sport den Lebensunterhalt zu verdienen
bzw. durch die sportliche Karriere eine wirtschaftliche
Absicherung für das ganze Leben zu erreichen. Viele ha-
ben gar nicht das Interesse, den Lebensunterhalt durch
Sport zu verdienen, und wollen einfach einen anderen
Beruf erlernen.

Der Deutsche Olympische Sportbund, die Kultusmi-
nisterkonferenz, die Sportministerkonferenz und die
Hochschulrektorenkonferenz haben bereits am 25. Juli
2006 konstatiert, dass erfolgreiche Nachwuchssportle-
rinnen und -sportler immer häufiger wegen schwieriger
äußerer Rahmenbedingungen ihre sportliche Karriere
beenden müssen.

Wie können wir die Drop-out-Quote minimieren? Es
bietet sich der Allgemeine Deutsche Hochschulsportver-
band an. Dieser Verband hat 168 Mitgliedshochschulen.
Er organisiert Hochschulsport nicht nur als Spitzensport,
sondern auch als Breitensport. Aktuell gibt es deutsch-
landweit immerhin 85 Hochschulen, die eine vertragli-

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(C (D he Vereinbarung zur Förderung von Spitzensportlerinen und Spitzensportlern unterzeichnet haben und damit om adh zur Partnerhochschule des Spitzensports erklärt orden sind. An diesen Hochschulen studiert ein Groß eil der etwa 1 200 studierenden Kaderathleten. Sie nuten die an diesen Einrichtungen möglichen Sonderregeungen. Dazu gehören unter anderem Erleichterung der ufnahme eines Studiums, individuelle Betreuung durch entoren und Fachberater, Flexibilisierung von Studien eistungen und Anwesenheitszeiten und schließlich Synhronisation von Studienund Wettkampfplänen. Eine urchgängige Anwesenheit während des Semesters ist ür Sportler leider nicht immer möglich. Deswegen sind uch kreative Lösungen zur Erbringung von Prüfungseistungen erforderlich. Hierbei denke ich beispielsweise n das E-Learning oder das Blended Learning. Dies uss genutzt und optimiert werden. Da heute so vieles öglich ist, hätten wir auch die Chance, die Übertragung on Vorlesungen im Internet durchzuführen, virtuelle rbeitsplätze zu schaffen, Videokonferenzen für Lernruppen einzuberufen und die Möglichkeit zu bieten, ozenten und Kommilitonen direkt via Webcams zu ontaktieren. Es muss gelingen, die verantwortlichen Akteure des niversitären Bildungssystems für die duale Karriere der portler zu sensibilisieren. Aus eigener Erfahrung kann ch sagen: Wenn man sich mit den Athletinnen und Atheten unterhält, ist es wichtig, auf das zu hören, was sie agen. Sie wollen Sicherheit, und zwar auch für die Zeit ach ihrer sportlichen Laufbahn. Das ist zum Teil bei der undespolizei, beim Zoll und bei den Landespolizeien öglich. Es gibt genügend Beispiele, dass die Athletinnen nd Athleten während ihrer sportlichen Laufbahn eine usbildung erhalten und sicher sein können, im Anschluss aran auch in den jeweiligen Dienst übernommen zu erden. Auch bei der Bundeswehr kann man trainieren nd hat im Anschluss daran die Möglichkeit, eine Ausildung zu absolvieren, mit der die Grundlage für ein päteres Berufsleben geschaffen werden kann. In gleicher Weise sollte dies bei den Universitäten öglich sein. Deswegen fordert die Koalition die Umset ung der Maßnahmen, die in der gemeinsamen Erklärung on Sportministerkonferenz, Kultusministerkonferenz und ochschulrektorenkonferenz sowie dem DOSB fixiert urden. Wir sollten darauf hinwirken, dass die Be chlüsse der Sportministerkonferenz aus dem Jahre 2005 mgesetzt werden. Sie beziehen sich vor allem darauf, erlässlichen Regelungen und Rahmenbedingungen zu chaffen, durch die verlängerte Regelstudienzeiten für ktive Bundeskader ermöglicht werden, sodass die ochschulen die Nachteile für die Spitzensportler ausleichen können. Nebenbei stehen damit auch Hochchulen im Wettbewerb um Spitzensportler; genießen sie och durch diese ein höheres Ansehen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Spitzensportler wollen nichts geschenkt. Sie wollen
ich aber die Möglichkeit erhalten, beides zu schaffen,
lso den Beruf, die Ausbildung oder das Studium auf
raktikable Art und Weise mit dem zu verbinden, was






(A) )



(B) )


Eberhard Gienger
sie am liebsten machen, nämlich Sport auf hohem
Niveau zu treiben. Der Weg ist also vorgegeben, und
diesen Weg sollten wir gemeinsam beschreiten. Lassen
Sie uns daran arbeiten, dass wir den Athletinnen und
Athleten eine gute Zukunft bieten können.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie des Abg. Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1620828200

Für die FDP-Fraktion gebe ich dem Kollegen Detlef

Parr das Wort.


Detlef Parr (FDP):
Rede ID: ID1620828300

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Bereits seit Jahren zeichnet sich ein Bedeutungszuwachs
des nationalen und des internationalen Hochschulsports
ab. Nach einer Studie des Wissenschaftlichen Dienstes des
Bundestages nutzen in der Welt führende Sportnationen
den Hochschulsport als wichtiges Element der Förde-
rung von Talenten und zum Aufbau sportlicher Eliten. In
China, Russland, Korea, Polen und Italien, um nur einige
Beispiele zu nennen, wachsen die Mannschaften bei
internationalen Wettkämpfen beträchtlich. Sie werden
mit zusätzlichen Fördermitteln ausgestattet und nehmen,
wie in Polen, einen wichtigen Platz in den nationalen
Spitzensportförderungskonzepten ein.

Auch hierzulande erkennen wir einen Trend zu steigen-
den Teilnehmerzahlen. Besonders erfreulich sind die kon-
tinuierlich verbesserten Leistungen unserer Athletinnen
und Athleten. In Deutschland ist der Allgemeine Deutsche
Hochschulsportverband, der adh, als Dachverband der
Hochschulsporteinrichtungen für die Organisation des
studentischen Breiten- und Spitzensports mit den dazu-
gehörigen nationalen und internationalen Veranstaltungen
verantwortlich. Eine Kernaufgabe des adh ist die Unter-
stützung und Förderung von studentischen Spitzensportle-
rinnen und Spitzensportlern. 33,5 Prozent der Olympia-
mannschaft von Athen 2004 waren Studierende. Bei den
Olympischen Spielen in Peking steigerte sich der Anteil
auf 37 Prozent. Wir sind also auf einem guten Weg.

Umso überraschender ist es, dass die Hochschulen als
Träger des bundesdeutschen Spitzensportes in der öffent-
lichen Wahrnehmung nach wie vor noch immer weniger
Beachtung finden als andere wichtige Förderer wie Bun-
deswehr, Zoll und Bundespolizei. Hier sollte die Bundes-
regierung dafür sorgen, dass Maßnahmen ergriffen werden,
um die wachsende Bedeutung des Hochschulsports gebüh-
rend anzuerkennen und öffentlich herauszustellen. Das
ist die eine Seite der Medaille.


(Beifall bei der FDP)


Die andere Seite ist die Notwendigkeit der Weiterent-
wicklung der parallel zu nutzenden Trainings-, Wett-
kampf- und Studienbedingungen. Bereits zu Schulzeiten
haben studieninteressierte Spitzensportler erhebliche
Schwierigkeiten bei der zeitlichen Koordination von
Schul- und Sportausbildung. Der bereits in jungen Jahren

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(C (D ehr hohe Zeitaufwand für den Leistungssport führt uner Umständen zu Leistungsbeeinträchtigungen und chlechteren Schulnoten, durch die die Aufnahme des unschstudiums bei NC-Fächern später erschwert oder ogar verhindert werden kann. Im Verlauf des Studiums treten erneut organisatoriche Koordinationsprobleme zwischen akademischen nd sportlichen Verpflichtungen auf, müssen versäumte ehrinhalte nachgearbeitet und Prüfungsleistungen urch alternative Lernaktivitäten erbracht werden. Zugetändnisse – das hat Eberhard Gienger noch einmal sehr eutlich gemacht – bei den zu erbringenden Leistungen ind weder vonseiten der Hochschulen möglich noch onseiten der Athleten erwünscht. Somit müssen Hochleistungssportler zum einen zwei nterschiedliche Karrieren parallel verfolgen, zum anderen aben sie in der Regel mit verlängerten Studienzeiten zu ämpfen. Das hat in Ländern mit Studienbeiträgen bzw. tudiengebühren auch zunehmend unmittelbare finanzille Auswirkungen. (Dr. Peter Danckert [SPD]: Deswegen sind wir ja auch dagegen!)


Es gibt das Projekt „Partnerhochschule des Spitzen-
ports“, durch das Regelungen geboten werden, mit denen
ie hochschulseitigen Unterstützungsmaßnahmen während
er Studienzeit festgeschrieben werden. Daran müssen
och mehr Hochschulen teilnehmen, als dies bislang
eschieht. Ein Handlungsbedarf besteht insbesondere
insichtlich der Zugangsmöglichkeiten von Spitzen-
portlern zum Studium, beim Problemfeld Studienbei-
räge und beim Übergang aus dem Studium in den Beruf.
ie Bundesregierung muss sich für eine Verbesserung
er Zugangsmöglichkeiten einsetzen und ein umfassendes
upport- und Stipendiensystem aus öffentlichen Mitteln,
itteln der Wirtschaft und durch Stiftungen fördern.

Ich komme zum Schluss. Deutschland hat sich letztes
ahr mit der gescheiterten Universiade-Bewerbung auf der
ternationalen Sportbühne bis auf die Knochen blamiert.


(Dagmar Freitag [SPD]: Das war peinlich für Schwarz-Grün!)


as Bewerbungskonzept des adh war erstklassig. Es geriet
der Hamburger Bürgerschaft leider unter die Räder
achtpolitischer Ränkespielchen zwischen CDU und SPD,


(Dr. Peter Danckert [SPD]: Wer war da denn in der Regierung?)


it erheblichen Folgen nicht nur für die Reputation des
dh, sondern auch für Deutschland als potenziellen Gast-
eber anderer Sportgroßveranstaltungen.

Man mag von China als Ausrichter sportlicher Groß-
eranstaltungen halten, was man will, nur eines muss
an den Chinesen lassen: 2001 mit der Ausrichtung der
ommeruniversiade und gerade eben in Harbin mit einer
xzellenten Winteruniversiade haben die Chinesen die
hancen genutzt, Lehren für andere Großereignisse zu
iehen. Erste Überlegungen, sich nun um Olympische
interspiele zu bewerben, laufen bereits.






(A) )



(B) )


Detlef Parr
Wir müssen auch in Deutschland weiter den Blick auf
die Universiade als hochattraktive Sportgroßveranstal-
tung gerichtet halten.


(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Sehr gut!)


Auch Welt- und Europameisterschaften der Studierenden
sind eine Werbung für den Sport- und Bildungsstandort
Deutschland. Deswegen sollten sie in die Vergabekrite-
rien für Sportfördermittel stärker als bisher einbezogen
werden.

Im Übrigen freue ich mich jetzt auf die Beratungen
im Ausschuss unter Einbeziehung unseres Antrages, den
wir ein Jahr früher eingebracht haben, als dies die Koali-
tionsfraktionen mit ihrem Antrag getan haben.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP – Eberhard Gienger [CDU/ CSU]: Ihr macht dann, was wir wollen! – Katrin Kunert [DIE LINKE]: Der hat sich doch erledigt! – Dr. Peter Danckert [SPD]: Dadurch wird er nicht besser! – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Vielleicht hat er sich ja auch erledigt!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1620828400

Das Wort hat die Kollegin Dagmar Freitag, SPD-

Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Dagmar Freitag (SPD):
Rede ID: ID1620828500

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Lieber Kollege Detlef Parr, es überrascht mich, dass An-
träge durch langes Liegenlassen besser werden sollen.


(Otto Fricke [FDP]: Wer hat ihn denn liegen gelassen?)


Wir lassen uns überraschen. Euer Antrag hat lange genug
gelegen.

Ich komme einmal zurück auf folgenden Gedanken:
Wir wollten die Bewerbung Hamburgs um die Universiade
gemeinsam unterstützen. Der Kollege Parr hat gerade
schon darauf hingewiesen: So, wie es gelaufen ist, war
es eine Peinlichkeit. Man hat in Hamburg mit der Uni-
versiade-Bewerbung Wahlkampf gemacht, und nach der
Wahl hat Schwarz-Grün diese Bewerbung sang- und
klanglos in der Versenkung verschwinden lassen. Das
war keine gute Werbung, weder für Hamburg noch für
Deutschland.


(Beifall bei der SPD und der FDP)


Die Universiade ist – das weiß jeder, der sich damit be-
schäftigt – die herausragende internationale Sportveranstal-
tung für studierende Spitzensportler. Selbstverständlich
wäre die Austragung in Deutschland ein Highlight gewe-
sen, und selbstverständlich hätte die Universiade – Detlef
Parr hat darauf hingewiesen – zu einer stärkeren Wahr-
nehmung der Leistungen unserer Spitzensportler – auch
an ihren eigenen Hochschulen – geführt. Auch da liegt
noch einiges im Argen.

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(C (D Es ist bei aller Würdigung der Verdienste des Allgeeinen Deutschen Hochschulsportverbandes um bessere tudienbedingungen für die Sportler dringend geboten, ieles zu verbessern. Dabei unterscheide ich mich in der ahrnehmung durchaus von meinen Kollegen Gienger nd Parr. So rosig, wie die beiden die ausgehandelten edingungen des adh dargestellt haben, sehe ich das icht. Ich werde später ein Beispiel geben. Ich denke, dass die Papiere, die unterschrieben werden, on den handelnden Akteuren auch mit Leben erfüllt erden müssen. Wir müssen uns auch selber hinterfragen das gilt für uns alle: Medien, Spitzenverbände, Dachrganisationen und auch die Politik –: Wir alle verlangen erdammt viel von unseren Sportlerinnen und Sportlern. ie sollen sich regelgerecht über ADAMS bei der Antioping-Agentur abmelden. Sie sollen Medaillen sameln, um schon langsam die Zielvereinbarungen für 012 zu erfüllen. Wir verlangen viel, aber verschaffen wir den Athletinen und Athleten auch das nötige Umfeld, um diese öchstleistungen erbringen zu können? Ich denke, das ist icht unbedingt der Fall. Ich will kein Missverständnis ufkommen lassen. Es geht nicht darum, ein „Studium ight“ zu ermöglichen und den berühmten roten Teppich uszurollen. (Eberhard Gienger [CDU/CSU]: Das habe ich doch gesagt!)


s geht nur um bessere Rahmenbedingungen – nicht
ehr und nicht weniger.


(Beifall bei der SPD – Eberhard Gienger [CDU/CSU]: Genau das haben wir doch gesagt! Da kann ich nur Beifall klatschen!)


Jetzt nenne ich ein Beispiel dafür, Herr Gienger, wie
roß die Defizite sind. Eine Athletin – immerhin WM-Teil-
ehmerin im Jahr 2007 – wollte Humanmedizin studieren
nd hat sich für Köln beworben, weil ihr Lebens- und Trai-
ingsmittelpunkt in Leverkusen lag. Sie ist nach Münster
eschickt worden. Trotz vielfältiger Bemühungen des
erbandes, des Olympiastützpunktes und des Ministeriums
ar es nicht möglich, dieser jungen Athletin zu ermögli-

hen, den Studienort zu wechseln. Sie ist zwei Jahre lang
40 Kilometer von Leverkusen nach Münster und zu-
ück gependelt. So wunderbar läuft das alles also nicht.


(Eberhard Gienger [CDU/CSU]: Nichts anderes habe ich doch auch gesagt! Das ist doch unser gemeinsamer Antrag!)


Ich zitiere jetzt aus der Antwort, die ich von den Bun-
esländern bekommen habe. Ich hatte dem Vorsitzenden
er Sportministerkonferenz das Problem geschildert. Er
at mir im Jahr 2008 – das ist also noch relativ aktuell –
u diesem Fall Folgendes geschrieben:

In dem geschilderten konkreten Einzelfall handelt
es sich wahrscheinlich um einen Athleten, der unter
leistungssportlichen Gesichtspunkten den falschen
Studienort gewählt hat. Entweder wurde er diesbe-
züglich falsch beraten oder hat die Konsequenzen
des leistungssportlichen Trainings im Zusammen-
hang mit dem Studium falsch eingeschätzt.






(A) )



(B) )


Dagmar Freitag
Was ist das für ein Signal an einen jungen Menschen,
der alles richtig gemacht hat? Ich glaube, dann dürfen
wir uns nicht wundern, wenn sich Athleten mit Anfang
20 an einem Scheideweg sehen und sich im Zweifel für
den Beruf und gegen den Sport entscheiden. Doch eines
ist klar – das haben auch meine beiden Vorredner festge-
stellt –: Der Sport und auch unsere Gesellschaft, denke
ich, können sich diesen Aderlass nicht leisten.

Deshalb müssen wir in unserem Land zu einem ge-
samtgesellschaftlichen Konsens und Klima pro sauberen
Spitzensport kommen.


(Beifall des Abg. Axel Schäfer [Bochum] [SPD])


Das gilt im Übrigen nicht nur für die Universitäten. Es
muss Ausbildungs- und Arbeitsplätze geben, die den Be-
dürfnissen von Spitzensportlern entgegenkommen. Das
heißt, wir müssen ihnen die Ausbildung erleichtern und
den Einstieg in den Beruf ermöglichen. Das muss die
Devise sein.

Für eine erfolgreiche duale Karriere müssen Politik,
Hochschulen und Unternehmen die passenden Rahmen-
bedingungen entwickeln. Wir müssen uns dieser Auf-
gabe gemeinsam stellen, und zwar ziemlich schnell.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1620828600

Nächste Rednerin ist die Kollegin Katrin Kunert,

Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Katrin Kunert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620828700

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Die Große Koalition will die Situation der studierenden
Spitzensportlerinnen und Spitzensportler verbessern.
Der umfassende Trainings- und Wettkampfbetrieb soll
mit einem erfolgreichen Studium unter einen Hut ge-
bracht werden. Aus sportpolitischer Sicht ist das völlig
in Ordnung. Aber Ihr Antrag taugt nicht dazu, dieses
Problem zu lösen. Es wird nur an den Symptomen he-
rumgedoktert. Die wirklichen Ursachen werden ausge-
blendet.

Fakten zur Situation an den Hochschulen: Erstens.
Studierende werden mit hochschuleigenen Zugangsbe-
schränkungen und Studiengebühren konfrontiert. Hoch-
schulen und Universitäten hängen am Tropf des jeweili-
gen Landes und sind chronisch unterfinanziert. Das führt
dazu, dass immer weniger Studierende ihr Studium be-
enden bzw. es in der Regelzeit abschließen können.

Zweitens. Studieren bedeutet eine enorme Belastung.
Der Prüfungsdruck nimmt zu. Es gibt weniger Wahlbe-
reiche. Wettbewerb und Exzellenzinitiative sind Heraus-
forderungen, denen sich die Hochschulen zu stellen ha-
ben.

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(C (D Drittens. Prekäre Arbeitssituationen im akademischen ittelbau und schlechte Betreuungsrelationen sind zur ormalität geworden. Die Studienreform ging Hand in and mit einem Prozess der Entdemokratisierung an den ochschulen. Viertens. Frauen stellen zwar 50 Prozent der Studieenden. Aber nur jede siebte oder achte Frau hat die öglichkeit, eine Professur zu erhalten. Zudem verchärft sich die soziale Situation der Studierenden, weil nter anderem das BAföG sein ursprüngliches Ziel verehlt. Das BAföG deckt nicht den Bedarf und hinkt quasi er realen Studiumsdauer weit hinterher. eute müssen 60 Prozent der Studierenden nebenbei obben. Nur 29 Prozent der Studierenden bekommen AföG. Das ist nicht hinnehmbar. Diese Bedingungen an den Hochschulen führen dazu, ass es immer schwieriger ist, ein Studium zu absolvieen. Die Verkürzung und die Konzentration des Stuiums bringen Probleme mit sich. Nun soll es für Spitensportler eine Ausnahme geben. (Dagmar Freitag [SPD]: Jetzt kommen wir zum Thema! – Dr. Peter Danckert [SPD]: Hartz IV kommt noch!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


ie übersehen aber, dass nicht nur Spitzensportlerinnen
nd Spitzensportler, sondern gleichermaßen auch Stu-
ierende mit Kind, Studierende aus einkommensschwa-
hen Familien, Studierende mit Behinderung, aus-
ändische Studierende oder Studierende, die einen
amilienangehörigen pflegen, mit erschwerten Bedin-
ungen in einem Studium zu kämpfen haben. Wir wol-
en, dass allen Studierenden gute Studienbedingungen
arantiert werden. Sonderkonditionen für Einzelperso-
en sind daher wenig hilfreich. Für alle muss der Zugang
leichermaßen gesichert werden.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir fordern erstens die Verbesserung der sozialen Si-
uation der Studierenden, also ein durchgängiges Stu-
iengebührenverbot und ein umfassendes BAföG,


(Beifall bei der LINKEN)


in BAföG als elternunabhängige, repressionsfreie und
oziale Studienförderung.


(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: BAföG für Arztkinder! Super!)


ie Linke wird demnächst einen Antrag einbringen, der
arauf abzielt, die Studienzugangsvoraussetzungen zu
erbessern.

Wir fordern zweitens: Studium darf keine Fortsetzung
on Schule sein. Es muss also weniger verschulte Stu-
ienordnungen geben. Studierende brauchen mehr Frei-
äume, geringere Präsenzzeiten und den Ausbau der

öglichkeit eines Teilzeitstudiums. Das trifft für Sport-
erinnen und Sportler in gleichem Maße zu, Herr






(A) )



(B) )


Katrin Kunert
Gienger. Es geht generell darum, die Bedingungen zu
verbessern.


(Eberhard Gienger [CDU/CSU]: Wir sind also noch beim Thema!)


Es geht nicht um ein Studium light, sondern um ein Stu-
dium à la carte.


(Beifall bei der LINKEN)


Um dies umsetzen zu können, müssen wir über die
Zuständigkeiten der Hochschulen reden. Es reicht nicht
aus, bereits gefasste Beschlüsse von Kultusminister-
oder Sportministerkonferenzen aufzufrischen. Appelle
haben sich bisher immer als wirkungslos erwiesen. Was
hat sich durch den Beschluss der Kultusministerkonfe-
renz zum Schulsport verbessert? Nichts!


(Detlef Parr [FDP]: Das ist leider wahr!)


In diesem Punkt liegen die Zuständigkeiten bei den Län-
dern.

Ein Problemfeld ist die Sportförderung des Bundes.
Das Thema Hochschulsport nimmt nur wenige Zeilen in
der Berichterstattung der Bundesregierung ein. Die Ver-
einbarkeit sportlicher und beruflicher Karriere muss
mehr Raum einnehmen, im Sinne von Bestandsauf-
nahme und Ableiten konkreter Maßnahmen. Es fehlt zu-
dem ein Sportförderungsgesetz des Bundes, welches ein
Konzept beinhalten muss, das Sportlerinnen und Sport-
lern die Vereinbarkeit von Sport, Berufsausbildung, Stu-
dium und Beruf tatsächlich ermöglicht. Sportlerinnen
und Sportler müssen finanziell unabhängig sein. Sie
müssen eine berufliche Perspektive haben. Hier ist die
Gesellschaft gefordert.

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1620828800

Ich gebe das Wort dem Kollegen Winfried Hermann,

Bündnis 90/Die Grünen.


Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620828900

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe

Kolleginnen und Kollegen! Der Hochschulsport ist lange
Zeit nicht ins Blickfeld der Sportpolitik und auch nicht
in das der Bundespolitik geraten. Das müssen wir heute
mit dieser Debatte und mit diesem Antrag nüchtern fest-
stellen. Ich sage das jetzt nicht mit Häme nach dem
Motto „Die Große Koalition kriegt nichts hin“,


(Detlef Parr [FDP]: Sie haben sieben Jahre Verantwortung hinter sich! Sieben Jahre hatten Sie Zeit!)


sondern ich habe einen Blick in den Sportbericht der
Bundesregierung geworfen. In diesem Sportbericht fin-
det sich in unserer Zeit – man schämt sich fast dafür –
nicht einmal eine halbe Seite zum Thema Hochschul-
sport. Damit bestätigt sich, dass wir dieses Themenfeld
nicht in den Blick genommen haben. Ich glaube, das war
ein Fehler.


(Detlef Parr [FDP]: Ist das Selbstkritik?)


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(C (D Insofern begrüße ich den Antrag der Großen Koaliion, darüber nachzudenken, wie wir die Bedingungen ür Sportler an der Hochschule verbessern können. (Stephan Mayer [Altötting] [CDU/CSU]: Endlich ein vernünftiger Satz!)


eswegen unterstützen wir auch die Debatte darüber.

Natürlich haben Sie mit Ihrem Antrag nicht alle Pro-
leme der Hochschulen und auch nicht alle sozialen Fra-
en angesprochen, Kollegin Kunert.


(Katrin Kunert [DIE LINKE]: Das ist ein Hochschulproblem! Das hat etwas mit der Hochschulpolitik zu tun, Herr Kollege!)


ch glaube auch, die Hochschulpolitik wäre überfordert,
enn sie in dieser Debatte gleich noch alle sozialen Pro-
leme und sozialen Fragen der Hochschule auf einmal
ösen sollte. Nein, das ist es nicht. Wichtig ist allerdings,
ass aufgrund der zunehmenden Wichtigkeit der Qualifi-
ation und Hochschulausbildung junger Menschen na-
ürlich auch die Hochschule als Ort der dualen Karriere
n Bedeutung gewinnt. Diesbezüglich sind die Bedin-
ungen für Spitzensportler, die gleichzeitig studieren,
ehr viel ungünstiger als die, die die Bundeswehr bietet,
obei die Bundeswehr nur wenige Berufsfelder anbietet.
ir halten es deswegen durchaus für sinnvoll, dass Spit-

ensportler an Universitäten bessere Bedingungen vor-
inden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sie haben selbst darauf hingewiesen, dass es einige
robleme gibt. Wir können als Bund nur begrenzt auf die
änder Einfluss nehmen. Wenn die Länder allerdings ei-
en KMK-Beschluss fassen und eine Profilquote für
pitzensportler fordern, dann müssen sie auch die ge-
etzlichen Voraussetzungen schaffen, damit das möglich
st.


(Dagmar Freitag [SPD]: So ist es! – Dr. Peter Danckert [SPD]: Auf die Länder ist kein Verlass! Wir müssen die Hochschulpolitik in unsere Hände nehmen!)


isher ist dies nur in NRW möglich, sonst nirgends. Das
st zwingend; das müsste geschehen.

Die Hochschulen müssen selber aktiv werden. Hier
ebe ich allerdings Frau Kunert recht: Die Hochschulen
aren in den letzten Jahren mit so vielen anderen Pro-
lemen befasst – mit Finanzierungsfragen und sozialen
ragen –, dass der Spitzensport sozusagen an den Rand
edrängt wurde. Deswegen ist es auch unsere Aufgabe,
en Hochschulen zu helfen, bestimmte Aufgaben im Be-
eich des Sports und der Sportorganisation anzugehen.

anche Hochschullehrer haben nämlich überhaupt
eine Ahnung vom Sport; sie wissen nicht, unter wel-
hen Bedingungen heutzutage Spitzensport betrieben
ird.

Es wäre auch gut, wenn wir als Bund vorangingen
nd die Bundeswehrhochschulen zu Beispielen eines
odellhaften Zusammenwirkens zwischen der Ausbil-

ung an der Hochschule auf der einen Seite und dem
pitzensport auf der anderen Seite machen würden. Hier






(A) )



(B) )


Winfried Hermann
gibt es noch viel zu tun. Das könnte der Bund machen.
Das kann die Bundeswehr anstoßen.

Wir können auch den adh stärker in die Pflicht neh-
men und ihn bitten, Koordinationsaufgaben dort zu über-
nehmen, wo es beispielsweise Reibungspunkte zwischen
Olympia-Stützpunkten, Universitäten, Studienabläufen
usw. gibt. Da könnte man etwas tun. Da könnten wir den
Sport unterstützen. Wir brauchen allerdings auch den
Sport, damit er die Universitäten unterstützt, die das
nicht als ihre eigene Aufgabe ansehen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir sollten jedoch nicht nur über Spitzensport an
Hochschulen sprechen. Der allgemeine Hochschulsport
spielt seit den früheren Jahren bis zum heutigen Tage
eine große Rolle, was die Identität mit der Hochschule
anbelangt, was übrigens auch die Gesundheits- und Prä-
ventionsarbeit für die vielen Studierenden anbelangt.
Des Weiteren sind im Hochschulsport über viele Jahre
innovative Konzepte in der Methodik entwickelt wor-
den. Neue Sportarten sind über den Hochschulsport
überhaupt erst in die Gesellschaft gelangt. Volleyball
und Basketball sind Sportarten, die in den 70er-Jahren
über den Hochschulsport zum Breitensport entwickelt
worden sind. Auch in diesem Bereich ist der Hochschul-
sport förderungswürdig, und auch hier sollten wir ihn
unterstützen.

Dieser Antrag ist eine Vorlage für eine Debatte im
Ausschuss. Eine Reihe von Problemen ist angesprochen
worden. Wir haben in vielen Punkten noch keine wirk-
lich überzeugenden Antworten. Im Ausschuss sind wir
jedoch in der Pflicht, darüber differenziert nachzuden-
ken.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1620829000

Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege Swen

Schulz, SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Swen Schulz (SPD):
Rede ID: ID1620829100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn Athle-
tinnen und Athleten Spitzenleistungen erbringen, Titel
und Medaillen gewinnen, dann jubeln wir mit ihnen.
Doch wer macht sich Gedanken darüber, wie es mit ih-
nen beruflich steht,


(Zuruf von der CDU/CSU: Wir!)


wie sie ausgebildet sind, was nach der Sportkarriere ge-
schieht? Ich meine nicht die Schumachers, Ballacks oder
Beckers dieser Welt. Die haben mit dem Sport Geld ge-
macht, und zwar nicht zu knapp. Nein, es geht hier um
die vielen Athletinnen und Athleten, die in Sportarten
aktiv sind, in denen eben keine Reichtümer zu gewinnen
sind. Diese Leute müssen für den Sport einen ungeheuer
hohen Zeitaufwand betreiben, und viele können Ausbil-

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(C (D ung und Sport nicht miteinander vereinbaren, weil die usbildung zu unflexibel ist. Jetzt mag man vielleicht einwenden: Na und? Das ist och deren Privatvergnügen. – Wir sagen: Nein. Es ist ben nicht ausschließlich deren Privatvergnügen. Wir lauben, dass wir gut beraten sind, Sportlerinnen und portler auf dem Weg in die Spitze zu unterstützen; denn ir wissen um die Bedeutung des Sports, und wir wissen uch, dass die Menschen, insbesondere die Kinder und ugendlichen, Vorbilder, Leitfiguren benötigen, die sie um Sporttreiben anregen. Wir wollen also duale Karrieen fördern, sprich: die Karriere im Sport unterstützen nd gleichzeitig eine solide berufliche Ausbildung eröglichen. Die Athletinnen und Athleten sollen sich icht entweder für den Beruf oder für den Sport entcheiden müssen. Wir wollen nicht etwa eine Bevorzuung von Sportlerinnen und Sportlern, aber sie sollen uch nicht unzumutbare Nachteile hinnehmen müssen. s geht etwa um die Möglichkeiten, zu anderen Zeiten der an anderen Orten lernen zu dürfen und Prüfungen bzulegen. Nun ist das Thema nicht neu. Es ist diverse Male in er Debatte angesprochen worden. Wir sprechen in unerem Antrag von verschiedenen Aktivitäten der Sportinisterkonferenz, der Kultusministerkonferenz, der ochschulrektorenkonferenz, des Deutschen Olympi chen Sportbunds und des Bundesministeriums des Inern. Es gibt Vereinbarungen, Beschlüsse, Ergebnisse on Workshops usw. usf. Doch all diese Aktivitäten und ll diese Beratungen scheinen in der Praxis nicht wirkich einen durchschlagenden Erfolg gehabt zu haben; onst müssten wir uns nicht in unserem Antrag damit useinandersetzen und daran erinnern, dass sie in die Puchen kommen sollen. Es ist gut, dass wir diesen Antrag eschließen und darauf hinweisen, dass etwas getan weren muss. Wir sollten aber nicht nur auf die anderen chauen, sondern uns überlegen, was wir konkret tun önnen. Mir fällt als Erstes das Thema Hochschulzulassung in. Da herrscht nämlich heilloses Chaos. Das real exisierende Länderkuddelmuddel bei der Studienplatzverabe führt jedes Semester dazu, dass Tausende von Stuienplätzen frei bleiben, während Tausende von tudierwilligen keinen Studienplatz erhalten. leichzeitig stecken wir Millionen in den Ausbau der tudienplatzkapazitäten. Das ist doch purer Irrsinn. ber Bundesbildungsministerin Schavan weigert sich, chlichtweg auch nur einen Gedanken darauf zu verwenen, dass wir in Deutschland eine bundesgesetzliche Reelung benötigen, (Stephan Mayer [Altötting] [CDU/CSU]: Es geht aber schon um Sportpolitik, oder?)


(Dr. Peter Danckert [SPD]: Das stimmt!)


(Detlef Parr [FDP]: Weg mit der ZVS!)


(Beifall bei der SPD)


amit die Studieninteressierten in einem vernünftigen
erfahren schnell an einen Studienplatz kommen.






(A) )



(B) )


Swen Schulz (Spandau)

Die SPD will ein Bundesgesetz zur Hochschulzulas-
sung. Damit könnten wir dann auch Regelungen im Inte-
resse von Spitzensportlerinnen und Spitzensportlern tref-
fen, etwa was die Auswahl des Studienortes anbetrifft,
um Studium und Sport besser zu vereinbaren.


(Beifall bei der SPD – Dr. Peter Danckert [SPD]: Ein sehr guter Gedanke!)


Das wäre nicht etwa nur eine nette Bitte an andere, dass
sie etwas Sinnvolles tun mögen, sondern ein eigener,
selbstständiger, kraftvoller Beitrag aus eigenem Recht.
Deshalb meine Aufforderung an die Adresse der Kolle-
ginnen und Kollegen von der CDU/CSU-Fraktion: Ma-
chen Sie nicht nur bei diesem Antrag mit, sondern gehen
Sie zu Ihren Parteifreunden im Ausschuss für Bildung
und Forschung!


(Eberhard Gienger [CDU/CSU]: Da sitzt du doch auch drin!)


Gehen Sie zu Ihrer Parteifreundin Ministerin Schavan,
und setzen Sie sich bei ihr konkret für den Sport ein!
Dann kriegen wir auch wirklich etwas hin.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1620829200

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 16/10882 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 14 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

(3. Ausschuss)

Wolfgang Gehrcke, Monika Knoche, Hüseyin-
Kenan Aydin, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion DIE LINKE

Den Prozess von Annapolis durch eigenstän-
dige Initiativen unterstützen

– Drucksachen 16/9483, 16/10391 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Joachim Hörster
Dr. Rolf Mützenich
Dr. Werner Hoyer
Wolfgang Gehrcke
Kerstin Müller (Köln)


Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege
Gert Weisskirchen, SPD-Fraktion.


Gert Weisskirchen (SPD):
Rede ID: ID1620829300

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Die Konfliktherde im Nahen Osten haben sich ineinan-

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(C (D er verkeilt. Es sind drei ganz zentrale Konflikte, deren nnewohnende Dynamik die Gefahrenmomente wechseleitig vorantreibt. Der erste Konflikt ist die atomare Berohung, die vom Iran ausgeht, der zweite sind die Spanungen zwischen Israel und Syrien, und der dritte ist die unde, die zwischen Israel und Palästina immer wieder eu aufbricht. Vielleicht liegt der Schlüssel, mit dessen Hilfe der Zuang zu allen drei Gefahrenmomenten geöffnet werden ann, in Damaskus. Bundesaußenminister Frank-Walter teinmeier hat klar genug erkannt, dass in dieser Vermu ung eine Chance liegt, und hat das Eis gebrochen. Es ist och gar nicht lange her, dass er für seinen Mut, nach amaskus zu reisen, kritisiert wurde. (Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Von uns nicht!)


Nein, aber von anderen. – Heute ist wahrscheinlich
ieles möglich, was früher undenkbar schien. Dies liegt
nter anderem daran, dass das Eis gegenüber Damaskus
umindest ein Stück weit gebrochen ist. Nicht zu verges-
en ist an dieser Stelle auch die Wahl von Barack
bama. Es handelt sich um einen Wandel, der neue
hancen eröffnet. Es kommt jetzt darauf an, diese Chan-
en wirklich zu nutzen.


(Beifall bei der SPD)


Man kann erkennen, dass der Nahe Osten in Bewe-
ung geraten ist. So paradox es klingen mag – wir haben
m Wahlergebnis in Israel keine besonders große Freude
ehabt –: Vielleicht liegt in diesem israelischen Wahl-
rgebnis eine neue Chance. Erinnern wir uns daran: Der
slo-Friedensprozess wurde eher von den Konservati-
en Israels in Gang gesetzt, alle anderen Verständi-
ungsversuche ebenso. Warum soll diese Chance – falls
etanjahu Ministerpräsident wird – nicht genutzt wer-
en?

Außerdem hat Netanjahu es – wie nie zuvor – mit ei-
em anderen amerikanischen Verbündeten zu tun. Auch
n diesem Punkt hat es einen Wandel gegeben. Barack
bama hat seine Präsidentschaft damit begonnen, dieses

chwierige Thema in den Mittelpunkt seiner Bemühun-
en zu stellen. Anders war es bei Bill Clinton, anders
ar es bei George W. Bush. Die beiden haben erst am
nde ihrer Präsidentschaft versucht, das Eis zu brechen
nd einen neuen Prozess in Gang zu setzen. Barack
bama sagt: Ich will das zu Beginn meiner Präsident-

chaft in die Hand nehmen. – Liebe Kolleginnen und
ollegen, darin steckt ein großes Risiko. Daran erkennt
an auch den Mut von Barack Obama und seiner Admi-

istration. Sie gehen dieses schwierige Problem jetzt, zu
eginn der neuen Administration, an.

Das ist auch eine Chance für uns; denn wir, die Euro-
äische Union, sind ein Teil des Quartetts. Die Europäi-
che Union hat die Roadmap – ich erinnere mich;
oschka Fischer war Außenminister – hier in Berlin er-
unden. Sie hat dafür gesorgt, dass zumindest der Ver-
uch gemacht werden konnte, die Roadmap zu entwi-
keln, an deren Ende – das wissen wir alle – die Zwei-
taaten-Lösung stehen muss. Das ist der entscheidende
unkt. Der Impuls beginnt jetzt, mit einer neuen Admi-






(A) )



(B) )


Gert Weisskirchen (Wiesloch)

nistration. Wir, die Europäische Union, insbesondere wir
Deutschen, sollten alles daransetzen, dass diese Chance
diesmal wirklich genutzt wird.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Die ersten Entscheidungen Barack Obamas können
wir nur begrüßen. Mitchell, der Sondergesandte für den
Nahen Osten, hatte schon vor längerer Zeit einen Plan
vorgeschlagen, der genau diesen Aspekt berücksichtigt
und den er vorantreiben will. Das gilt auch für die Besu-
che von John Kerry und Hillary Clinton. Beide waren
vor kurzem in Israel, in der Region; John Kerry war
übrigens auch im Gazastreifen. Das war seit 2000 der
erste Besuch eines hochrangigen amerikanischen Vertre-
ters im Gazastreifen. Ich finde, das ist ebenfalls ein deut-
liches Zeichen dafür, dass sich die Dinge weiterentwi-
ckeln.

Natürlich kann man den Prozess von Annapolis kri-
tisch bewerten. Wenn wir uns aber anschauen, was vor
wenigen Tagen, am 2. März, in Scharm al-Scheich ge-
schehen ist, dann müssen wir sagen: Scharm al-Scheich
war ein großer Erfolg, insbesondere für den ägyptischen
Präsidenten, für Mubarak; denn er hat etwas in die Wege
geleitet und verstärkt, worauf es jetzt ankommt, nämlich
nach den fürchterlichen, blutigen Ereignissen im Gaza-
streifen dafür zu sorgen, dass Finanzmittel in die Hand ge-
nommen werden, um dafür zu sorgen, dass das, was im
Gazastreifen kaputtgemacht worden ist, repariert, also neu
aufgebaut werden kann. Immerhin 4,48 Milliarden Dol-
lar wurden von der internationalen Staatengemeinschaft
versprochen. Das ist ein gewaltiges Zeichen. Viel Geld
wird in die Hand genommen; allein von den USA
900 Millionen Dollar, von der Europäischen Union
440 Millionen Euro. Wir, die Bundesrepublik Deutsch-
land, sind der größte Finanzgeber mit immerhin
150 Millionen Euro. Das ist das, was allein bilateral auf-
gebracht wird. Ich finde, das ist ein gutes Zeichen.

Jetzt kommt es darauf an, dass die beteiligten Partner
in der Region daraus die richtigen Schlüsse ziehen. Is-
rael muss nun zeigen, dass dem, was in Scharm al-
Scheich debattiert worden ist, ganz konkrete Schritte fol-
gen. Beispielsweise müssen die Übergänge zum Gaza-
streifen geöffnet werden; das ist ganz wesentlich. Ich
verweise auf die 500 zur Verfügung stehenden Lastwa-
gen. Sie werden von der UNO, insbesondere von der
UNWRA – einer für diese Region zuständigen Agentur –,
bereitgestellt, um Lebensmittel in den Gazastreifen zu
bringen. Ich wiederhole: Diese Übergänge müssen gesi-
chert geöffnet sein.

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich mache mir
in diesem Punkt keine Illusionen – das muss man deut-
lich sagen –: Die Hamas und all diejenigen, die an mili-
tärischen Auseinandersetzungen – leider – ein Interesse
haben, müssen davon Abstand nehmen. Sie müssen jetzt
lernen: Mit Barack Obama besteht eine neue Chance.
Meiner Meinung nach muss sich die Hamas darüber klar
werden, ob sie ein verlässlicher Partner in der internatio-
nalen Staatengemeinschaft werden will, ob sie Verant-
wortung übernehmen will, ob Palästina am Ende ein

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(C (D chter Staat mit staatlichen Funktionen werden soll oder b der Gazastreifen das bleiben soll, was er bisher ist, uasi ein Failing State, bevor überhaupt ein Staat enttanden ist. Die staatlichen Funktionen, die im Blickfeld er palästinensischen Autorität sind, müssen also im orfeld auf der Verlässlichkeit der handelnden Akteure ufgebaut werden. Wenn das nicht gelingt, dann, fürchte ch, werden wir erneut Geld – 4,48 Milliarden Dollar – n ein Fass ohne Boden werfen. Das kann doch nicht das rgebnis dieser intensiven Bemühungen sein, die wir, ie internationale Staatengemeinschaft, jetzt gemeinsam nternehmen. Bitte, lassen Sie uns allen Partnern in der esamten Region deutlich machen: Jetzt kommt es daauf an, Verantwortung zu übernehmen. Ich komme zum Schluss. Vor wenigen Tagen hat hamenei in Teheran zu einem Extremistentreffen eineladen. Der stellvertretende Vorsitzende des Politbüros er Hamas hat dort nichts anderes gemacht, als den krieerischen Kurs fortzuführen, also dafür einzutreten, miitärisch zu operieren und den Freiheitskampf von Paläsina militärisch zu definieren. Das darf nicht das letzte ort sein. Die Chance ist gegeben. Jetzt lasst uns alle emeinsam die Chance nutzen! Die beiden Kollegen Dr. Werner Hoyer, FDP, und uprecht Polenz, CDU/CSU, haben ihre Reden zu Prookoll gegeben.1)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1620829400


(Jörg van Essen [FDP]: Sehr vernünftig!)


Ich rufe deshalb jetzt den Kollegen Wolfgang
ehrcke, Fraktion Die Linke, auf.


(Beifall bei der LINKEN)



Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620829500

Herzlichen Dank, Frau Präsidentin; herzlichen Dank

uch, liebe Kolleginnen und Kollegen. – Das ist die erste
ebatte, die wir nach dem Gaza-Krieg im Plenum des
undestages über dieses Thema führen. Es ist mir sehr
ichtig, dass wir darüber reden. Noch wichtiger ist, dass
ir darüber nachdenken.

Lieber Kollege Weisskirchen, ich hatte streckenweise
en Eindruck, dass Sie eine Für-Rede zu unserem An-
rag gehalten haben. Ich will mich gar nicht dagegen ver-
ahren. Ich würde mich freuen, wenn das der Fall wäre.
as spräche dafür, dass Nachdenken über eine missliche
ituation, über Schwierigkeiten zu neuen Erkenntnissen
ührt.

Sie haben über die Chancen gesprochen. Das sehe ich
hnlich; da haben wir gar nicht viele Differenzen. Ich
ill über meine Furcht reden; das Thema haben Sie

benfalls angesprochen. Meine Furcht ist: Wenn es nicht
u einer politischen Wende kommt, wenn es nicht zu
ernunft und Einsicht kommt, dann trägt dieser Krieg in
aza bereits den Keim neuer Kriege in sich.

Anlage 5






(A) )



(B) )


Wolfgang Gehrcke

(Beifall bei der LINKEN)


Dem muss man begegnen. Man muss versuchen, eine
andere politische Richtung durchzusetzen. Im Moment
muss man sehr viel Kraft darauf konzentrieren, denke
ich, dass aus der Waffenruhe ein Waffenstillstand wird.

Der Krieg in Gaza war inhuman und völkerrechtswid-
rig; darüber kann es keine Differenzen geben. Mich stößt
das öffentliche Getöse von allen Seiten darüber, wer den
Krieg gewonnen hat, nur ab. Dieser Krieg hat keine Ge-
winner; dieser Krieg hat nur Verlierer.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Über tausend Menschen haben ihr Leben verloren, Tau-
sende ihre Gesundheit. Die Infrastruktur ist zerstört. Es
mangelt an allem. Verloren hat das politische und mora-
lische Ansehen Israels. Verloren hat das Ansehen des
Palästinenserpräsidenten Abbas. Verloren hat das Anse-
hen der UNO. Die Missachtung der Appelle des Gene-
ralsekretärs ebenso wie der Resolution 1860 des Welt-
sicherheitsrats hat der Welt erneut die Hilflosigkeit der
UNO vor Augen geführt. Wir brauchen aber keine hilf-
lose UNO, sondern wir brauchen eine UNO, die wirklich
stark agieren und solche Konflikte zu Ende bringen
kann; das ist mir sehr wichtig.


(Beifall bei der LINKEN)


Vordringlich ist aus meiner Sicht jetzt, dass Israel die
Zugänge zum Gazastreifen öffnet; sonst bleiben die Er-
gebnisse der Geberkonferenz wirkungslos. Vordringlich
ist, dass es zu einer palästinensischen Einheitsregierung
kommt, die handlungsfähig ist. Aus meiner Sicht ist wei-
ter vordringlich, ernsthaft über einen Gefangenenaus-
tausch zu reden. Man muss begreifen, wie bedeutsam die
Freilassung des israelischen Soldaten Schalit für Israel
ist. Das muss man einfach emotional verstehen. Man
muss auch verstehen, wie wichtig es wäre, dass solche
Palästinenser wie Marwan Barghuthi endlich das Ge-
fängnis verlassen könnten. Vordringlich ist – ich bitte
den Bundestag hier um ein klares Signal –: Der israeli-
sche Siedlungsbau in den besetzten Gebieten muss sofort
gestoppt werden.


(Beifall bei der LINKEN)


Wenn das nicht passiert, werden die Türen nicht aufge-
macht.

Ich denke, dass die Hamas in den Friedensprozess
einbezogen werden sollte. Darüber gibt es hier im Hause
– bis auf die CDU/CSU – eigentlich keine Meinungsver-
schiedenheiten mehr. Das heißt aber auch: Man muss der
Hamas klar und deutlich sagen: Mit Gewalt wird ein ei-
genständiger palästinensischer Staat nicht zu erreichen
sein. Wir müssen – das ist die Politik der Linken – kate-
gorisch auf Gewaltverzicht setzen.


(Beifall bei der LINKEN)


Der Krieg in Gaza hat innenpolitische Fronten aufge-
rissen. Ich will zu drei Dingen ganz kurz etwas sagen.
Ich bitte meine Freunde in der Linken, zu verstehen, dass
angesichts der deutschen Geschichte Aufforderungen
zum Boykott israelischer Waren sich verbieten, auch als

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(C (D eaktion auf das Vorgehen der israelischen Politik; das uss man einfach begreifen. (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD])


ch bitte aber auch, zu begreifen, dass wir nicht akzeptie-
en können, dass jede Kritik an der Politik Israels in die
chublade „Antisemitismus“ gepackt wird. Auch was

ch persönlich mir dazu habe anhören müssen, erreicht
ine Grenze. Ich sage ferner, dass die einseitige Positio-
ierung der Bundesregierung, namentlich der Bundes-
anzlerin, nicht hilfreich war.


(Beifall bei der LINKEN)


Notwendig ist jetzt, liebe Kolleginnen und Kollegen,
assiv auf die Zwei-Staaten-Lösung zu setzen und mas-

iv Druck zu entwickeln.

Wir haben eine rechte Regierung in Israel. Ich persön-
ich baue nicht auf diese Regierung. Mein Appell geht an
as israelische Friedenslager, wieder zu sich zu finden
nd in Israel so viel Einfluss auszuüben, dass auch das
erhältnis zur arabischen Bevölkerung in Israel ein bes-
eres wird.

Wir brauchen eine politische Kurswende. Daran muss
eutschland aktiv mitwirken. Das heißt auch, dass man
reunden klar sagt, was geht und was nicht geht. Der
eutsche Bundestag muss den israelischen Freunden
lipp und klar sagen, dass keine weiteren Siedlungen il-
egal im Westjordanland gebaut werden dürfen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1620829600

Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege

ürgen Trittin, Bündnis 90/Die Grünen.


Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620829700

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe

erade nachgeschaut: Herr Hartenbach, Sie haben heute
eburtstag. Glückwunsch!


(Beifall)


Ich will an dieser Stelle folgende Bemerkung machen:
er Annapolis-Prozess – das hat mich bei Ihrem Antrag

in bisschen gewundert, obwohl Sie viel Richtiges ge-
agt haben, Herr Kollege Gehrcke – beruhte auf der
berlegung, dass man vermittelt, damit sich Israelis und
alästinenser zusammensetzen und dann eine Lösung
inden werden. Ich glaube, dass diese Verfahrensweise
m Ende darauf hinausläuft: Wir warten auf Godot. Des-
egen glaube ich, dass wir einen neuen Anfang für eine
trategie brauchen. Dieser neue Anfang muss natürlich
n den Erfahrungen anknüpfen, man kann aber auch sa-
en: an den Fehlern, die beim Annapolis-Prozess ge-
acht worden sind.

Ich will nicht alles Richtige wiederholen, was hier ge-
agt und zu Protokoll gegeben worden ist, was die Not-
endigkeit des Gewaltverzichts, des Austauschs von






(A) )



(B) )


Jürgen Trittin
Gefangenen, der Beendigung des Schmuggels und ähnli-
cher Dinge angeht.

Ich glaube, der Annapolis-Prozess hat an zwei Dingen
gekrankt. Das eine war die Überlegung einer Strategie
„Westbank first“: Wir reden nur mit der einen Seite der
Palästinenser und überlassen Gaza ein Stück sich selbst.
Das hat mit zu der Eskalation beigetragen. Das Ergebnis
ist aber auch in anderer Hinsicht nicht befriedigend: Der-
jenige, den wir immer für unseren Ansprechpartner ge-
halten haben und nach wie vor halten, nämlich Mahmud
Abbas, ist infolge dieses Prozesses nicht stärker, sondern
schwächer geworden.

Das andere wird anhand der Geberkonferenz in
Scharm al-Scheich sehr schön deutlich. Wir geben jetzt
Zusagen für fast 5 Milliarden US-Dollar. Wir haben aber
bis heute keinen vernünftigen Weg gefunden, wie man
dieses Geld implementiert. Die Art und Weise, wie das
Ganze bisher über einen improvisorischen Finanzie-
rungsmechanismus gelaufen ist, hat eigentlich eher dazu
geführt, dass die palästinensische Seite in die Abhängig-
keit einer Hilfsökonomie geraten ist; der eigentliche Ge-
ber ist dann eben UNRA. Das hat natürlich den Schmug-
gel und die Schattenwirtschaft befördert. Das wiederum
hat erneut nicht die Fatah, sondern die Hamas gestärkt.

Wenn man über die Frage spricht, wie man mit dieser
Situation umgeht, dann müssen bestimmte Voraussetzun-
gen beachtet werden. Will man den Schmuggel beenden,
muss man – natürlich unter der Bedingung des Gewalt-
verzichts – die Grenzen öffnen; denn sonst kann man die
Tunnel nicht „austrocknen“.

Wenn man beim Wiederaufbau helfen will, dann be-
darf es einer handlungsfähigen palästinensischen Regie-
rung. Diese gibt es zurzeit aber nicht. Es gibt ein Putsch-
regime in Gaza und ein wenig demokratisch legitimiertes
in der Westbank. Also muss sich Europa dafür einsetzen,
dass es zu einer Einheitsregierung kommt. Wenn man
eine Friedenslösung haben will, dann muss man eine Re-
gierung haben, die legitimiert ist und die ihrer eigenen
Bevölkerung die aus ihrer Sicht bitteren, aber notwendi-
gen Kompromisse erklärt.

Das heißt, es muss Neuwahlen in Palästina geben. Die
Ergebnisse dieser Neuwahlen müssen dann auch aner-
kannt werden. Wir müssen wieder dahin zurückkehren,
was wir auch sonst machen. Wenn wir mit Staaten reden,
gibt es die eine oder andere Regierung, die uns nicht
passt. Trotzdem behandeln wir diese Staaten als Staaten
und gehen nicht nach der Kolorierung der jeweiligen Mi-
nister.

Schließlich: Wenn man eine Zweistaatenlösung will,
dann bedarf es des Drückens, des Schiebens, des Über-
zeugens aller Seiten, damit sie die genannten Kompro-
misse eingehen, sei es im Bereich Siedlungsbau, sei es
aber auch in der Frage der Ausübung von Stellvertreter-
gewalt bei Fraktionskämpfen. Nichts anderes sind ja
diese Raketenangriffe auf Israel aus Palästina heraus, die
unbedingt unterbunden werden müssen. Dafür müssen
sich, wie ich finde, die Europäer jetzt einsetzen. Sie
müssen diese Politik „Warten auf Godot“ beenden und
selber aktiv werden.

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(C (D Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Auswärtien Ausschusses zum Antrag der Fraktion Die Linke mit em Titel „Den Prozess von Annapolis durch eigenstänige Initiativen unterstützen“. Der Ausschuss empfiehlt seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/10391, en Antrag der Fraktion Die Linke auf Drucksache 6/9483 abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussmpfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich er Stimme? – Die Beschlussempfehlung ist mit Mehreit angenommen. Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 13: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/ CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der Rechte von Verletzten und Zeugen im Strafverfahren (2. Opferrechtsreformgesetz)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620829800

– Drucksache 16/12098 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll diese
ussprache 30 Minuten dauern. – Dazu höre ich keinen
iderspruch. Dann haben wir das so vereinbart.

Ich eröffne die Aussprache und erteile zunächst dem
arlamentarischen Staatssekretär Alfred Hartenbach das
ort, verbunden mit herzlichen Glückwünschen zu sei-

em Geburtstag.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


A
Alfred Hartenbach (SPD):
Rede ID: ID1620829900


Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-
en! Es gibt in der Tat schlechtere Orte, wo man seinen
eburtstag begehen kann, als dieses Hohe Haus hier, in
em zu sprechen ich nun die Ehre habe. Deswegen be-
anke ich mich sehr herzlich für die Glückwünsche und
emühe mich, in der Zeit zu bleiben.

Die Koalitionsfraktionen haben heute parallel zum
ntwurf der Regierung den Entwurf eines 2. Opfer-

echtsreformgesetzes vorgelegt. Damit helfen wir Op-
ern und Zeugen von Straftaten, die mit einem Strafver-
ahren verbundenen Belastungen besser zu bewältigen.
ch denke, dieses Gesetz macht deutlich, dass uns allen,
er Regierung wie den Abgeordneten des Deutschen
undestages, der Opferschutz ein wichtiges Anliegen

st. Unser Rechtsstaat ist verpflichtet, den Opfern von
traftaten auch während des Strafverfahrens wirksam zu
elfen.

Das Gesetz baut auf den Verbesserungen des Opfer-
echtsreformgesetzes von 2004 auf. Mit diesem 2. Opfer-
echtsreformgesetz bündeln wir verschiedene Initiativen






(A) )



(B) )


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Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1620830000
Wir haben die
Praxis befragt, zahlreiche Vorschläge von Opferschutz-
verbänden ausgewertet und auch zwei Bundesratsinitia-
tiven zur Stärkung des Opferschutzes im Strafverfahren
aufgegriffen, die schon in erster Lesung im Bundestag
beraten wurden. Diese Bundesratsinitiativen zielen zwar
bereits in die richtige Richtung, aber sie reichen für sich
genommen für einen wirksamen Opferschutz nicht aus,
da sie nur sehr punktuell auf ganz spezifische Fälle Be-
zug nehmen. Ich denke, es ist gut, dass wir das alles nun
zusammenfassen.

Der heute eingebrachte Gesetzentwurf der Koalitions-
fraktionen, der mit dem der Bundesregierung identisch
ist, verfolgt einen weit umfassenderen Ansatz: Wir neh-
men neben den Opfern von Straftaten auch die Zeugen in
den Blick und richten unser Augenmerk besonders auch
auf die jugendlichen Opfer und Zeugen. Unser Entwurf
verbessert das Strafverfahren insbesondere in folgenden
Punkten:

Zum Schutz der Verletzten regeln wir die Vorschriften
zur Nebenklagebefugnis und zur Beiordnung eines Op-
feranwalts insgesamt neu und richten beide konsequen-
ter als bisher am Schutzbedürfnis der Opfer von Strafta-
ten aus. Wir wollen erreichen, dass hauptsächlich Opfer,
die schwer unter den Folgen der Tat zu leiden haben,
diese Möglichkeiten in Anspruch nehmen können. Die
erwähnten Initiativen des Bundesrates haben wir dabei
in unser Gesamtkonzept integriert. Daneben haben wir
zahlreiche Verfahrensvorschriften überarbeitet, damit
Verletzte ihre Rechte in der Praxis zukünftig einfacher
und effizienter wahrnehmen können.

Im Bereich des Zeugenschutzes regeln wir erstmalig
im Gesetz die Möglichkeit, einen Zeugenbeistand in An-
spruch zu nehmen. Das ist verfassungsrechtlich schon
lange anerkannt und sollte daher auch endlich auf eine
tragfähige gesetzliche Grundlage gestellt werden. Dane-
ben wollen wir auch die Daten von Zeugen im Strafver-
fahren besser schützen. Wir wissen, Herr van Essen, was
das manchmal für Probleme gegeben hat. Wir haben des-
halb Vorschriften erarbeitet, die sicherstellen, dass die
Wohnanschriften von gefährdeten Zeugen erst gar nicht
in die Akte gelangen und damit auch nicht in die Ankla-
geschrift oder, soweit dies später erforderlich ist, aus
diese Akte wieder entfernt werden können.

Zudem wollen wir einen besseren Schutz für jugend-
liche Opfer und Zeugen, indem wir die Schutzalters-
grenze in verschiedenen jugendschützenden Normen der
Strafprozessordnung und des Gerichtsverfassungsgeset-
zes von bisher 16 auf nunmehr 18 Jahre anheben. Es
geht hier etwa um den Ausschluss der Öffentlichkeit, die
Vernehmung des Zeugen oder der Zeugin nur durch den
Vorsitzenden und manches mehr. Wir wollen, dass auch
die 16- und 17-Jährigen diesen Schutz in Anspruch neh-
men können; denn ihr Belastungserleben unterscheidet
sich nach Berichten und Erkenntnissen aus der Praxis
wenig von dem der 15-Jährigen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


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(C (D Der Deutsche Bundestag zeigt mit diesem Gesetzenturf, dass den Belangen von Zeugen und Opfern im trafverfahren der ihnen gebührende hohe Stellenwert uerkannt wird. Dadurch, dass das Gesetz noch in dieser egislaturperiode verabschiedet wird, wollen wir dafür orgen, dass Opfer und Zeugen baldmöglichst von den m Gesetzentwurf vorgesehenen Verbesserungen profiieren können. Ich hoffe auf Ihre Unterstützung und bin mir ziemlich icher, dass wir eine nahezu einheitliche Lösung finden erden. Natürlich weiß ich auch – damit komme ich um Schluss –, dass man mehr machen kann. Aber wir achen das, was durchsetzbar und vernünftig ist. Vielen Dank. Herr Kollege Hartenbach, wenn das Zeitmanagement uch in den nächsten zehn Jahren so perfekt funktioniert, st das ein starkes Indiz für eine außerordentliche Präenz. Nun hat der Kollege van Essen für die FDP-Fraktion as Wort. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! uch von meiner Seite einen herzlichen Glückwunsch n den Staatssekretär Hartenbach, der heute Geburtstag at und trotz seines Geburtstages ganz selbstverständlich er Arbeit nachgeht. Wenn man so etwas Erfreuliches ie den heutigen Gesetzentwurf vorzustellen hat, dann acht man sich selbst ein Geburtstagsgeschenk. Das ist, laube ich, auch der Grund, warum Sie heute als Redner ier antreten. Wenn Politik in der Öffentlichkeit dargestellt wird, ann wird in der Regel über Zwist, Streit und Ähnliches erichtet. Ich bin ganz außerordentlich dankbar, dass ich chon seit einiger Zeit beobachten kann, dass wir bei der rage der Stärkung von Opferrechten in diesem Hause ine breite Koalition haben. Dieser Gesetzentwurf ist ein utes Beispiel dafür. Die Opfer sind immer die Vergessenen. In den Zeitunen wird nur über die Täter berichtet. Auch wir, die wir als Richter, als Staatsanwälte wie in meinem Fall, aber uch als Verteidiger – professionell mit Strafrecht zu tun aben, sind sehr stark auf den jeweiligen Angeklagten, lso den Täter, fixiert, und das Opfer wird häufig nur als otwendiger Zeuge wahrgenommen, aber nicht als Opfer it eigenen Rechten, wie sie der Zeuge selbstverständ ich hat. Deshalb freue ich mich sehr darüber, dass sich ein eiterer Fortschritt sowohl bei den Rechten der Zeugen ls auch beim Opferschutz abzeichnet. Das ist eine gute otschaft. Heute ist erst die erste Lesung des Gesetzenturfes. Aber ich habe die Erwartung – ich glaube, dass Jörg van Essen das unser aller Erwartung ist –, dass es uns noch vor Abschluss dieser Legislaturperiode gelingen wird, die Novellierung durchzusetzen und die Strafprozessordnung sowie andere Bestimmungen entsprechend zu ändern. Ich bin wie Sie, Herr Staatssekretär, der Auffassung, dass es gut ist, dass wir den Opferanwalt stärken. Ich bin wie Sie der Auffassung, dass es gut ist, dass wir die Situation von jugendlichen Opfern stärken. Es macht auch Sinn, die Nebenklage neu zu justieren. Da gibt es den einen oder anderen Punkt, über den man ergänzend noch sprechen kann. Ich könnte mir vorstellen, dass wir auch da zu einer Einigung kommen. Ganz besonders freut mich, dass wir endlich eine Rechtsgrundlage für den Zeugenbeistand haben. Denn man erlebt immer wieder, dass Zeugen von vielen auseinandergenommen werden, was auch naheliegend ist, weil ein Richter Gewissheit hinsichtlich der Schuld des Täters erlangen muss und deshalb natürlich beim Zeugen oder bei der Zeugin kritisch nachfragt. Aber man erlebt, insbesondere bei Sexualdelikten, dass das kritische Nachfragen, das Nachhaken dazu führt, dass das Opfer eines Sexualdelikts noch einmal traumatisiert wird und das Gefühl hat, wieder Opfer zu sein; denn es kann auch der Eindruck entstehen, dass man als Opfer nicht ernst genommen wird. Es ist also gut, dass es zukünftig einen Beistand gibt. Ich freue mich ganz außerordentlich darüber, dass wir hierfür eine rechtliche Regelung schaffen. Wir senden deshalb ein klares Signal der Unterstützung für den Ansatz des Justizministeriums und der Koalition. Ich hoffe, dass wir uns schnellstmöglich zusammensetzen und dass wir, wie gesagt, noch vor Ende der Legislaturperiode zu einer Lösung kommen. Vielen Dank. (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620830100

(Beifall bei der FDP)

Jörg van Essen (FDP):
Rede ID: ID1620830200

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620830300

Siegfried Kauder ist der nächste Redner für die CDU/

CSU-Fraktion.

Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen) (CDU/
CSU):

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!
Meine Damen und Herren! Immer dann, wenn wir eine
Verbesserung des Opferschutzes beraten, stehen sie auf
der Matte: die Strafverteidiger. Dies war schon 1986 so,
als das Opferschutzgesetz verabschiedet worden ist. Feder-
führend war damals der Kollege Schünemann, der den
Strafprozess in Gefahr sah. „Störungsevident“ nannte er
die Nebenkläger. Die Stunde der Opfer schlage. So hat
sich dies fortgesetzt, als im Jahre 1998 das Zeugen-
schutzgesetz einen Opferanwalt auf Staatskosten brachte.
So war es im Jahr 2004, als das Adhäsionsverfahren ver-
bessert wurde. So war es im Jahre 2006, als durch das
2. JuMoG die Nebenklage in das Jugendstrafverfahren
eingeführt wurde.

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(C (D Beschuldigte haben in den Strafverteidigern eine gute obby. Das muss man respektieren; das ist auch gut so. benso ist es gut, wenn Opfer von Kriminalstraftaten ihrereits auch eine gute Lobby haben, wie beispielsweise in er Opferschutzeinrichtung des Weißen Ringes mit fast 0 000 Mitgliedern. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, wir gehen im Opfer-
chutz mit diesem Gesetzentwurf einen weiteren Schritt
oran. Dieses Mal waren die Initiatoren die Länder, die
ugegebenermaßen nur Teilsegmente herausgegriffen
aben, wie beispielsweise die Aufnahme der Zwangsheirat
nd des schweren Stalkings in die nebenklagefähigen
elikte. Das ist insoweit auch eine Einführung des Opfer-

nwaltes auf Staatskosten.

Dieser Gesetzentwurf geht weiter. Er greift berechtigte
orderungen auf, die die Opferschutzorganisationen seit
ielen Jahren verfolgen, und verbessert den Schutz der
pfer in Strafverfahren in wesentlichen Punkten. Es war

ine gute Einrichtung, dass man den Opferanwalt auf
taatskosten eingeführt hat. So wie der Angeklagte einen
flichtverteidiger auf Staatskosten bekommt, soll auch
as Opfer vom Staat in seiner Verteidigung gefördert
erden.

Wir waren mit den Opferschutzorganisationen der
einung, dass sämtliche Straftaten, die mit Gewalt ver-

unden sind, in die Nebenklage und in die Regelungen
ür den Opferanwalt auf Staatskosten aufgenommen
erden sollen. Dem folgt dieser Gesetzentwurf.

Aber nicht nur dort, wo Gewalt gegen Personen ange-
endet wird, sind Straftaten für das Opfer einschnei-
ende Erlebnisse. Der Wohnungseinbruch ist nicht nur
in Einbruch in Räume, die bewohnt werden, sondern er
st auch ein Einbruch in die Privat- und Intimsphäre des-
enigen, der diese Wohnung bewohnt. Der Weiße Ring
at schon vor vielen Jahren eine Untersuchung in Auf-
rag gegeben, die belegt, wie schwer die psychischen
olgen bei einem Wohnungseinbruch sind. Denn derje-
ige, der davon betroffen ist, kann und will manchmal in
er eigenen Wohnung nicht mehr leben. Opferschutz-
rganisationen zahlen in solchen Fällen die Kosten für
en Umzug. Deswegen ist es gut, dass die Vorschrift
uch diese nebenklagefähigen Delikte umfasst. Auch das
t eine weitere Verbesserung für die Opfer von Straftaten.

Es ist auch gut, dass die Schutzrechte von Jugendlichen
nd Heranwachsenden, die als Zeugen vor Gericht ste-
en müssen, verbessert werden. Das gilt insbesondere
ür die Videovernehmung von Opferzeugen.

Aber, meine Damen und Herren, ein Gesetz zu erlassen,
st die eine Seite, und sicherzustellen, dass diese Vor-
chriften auch angewendet werden, ist die andere Seite.
erjenige, der Nebenklagen vertritt, erlebt immer wieder,
ass Opferschutzrechte nicht beachtet werden. Das passiert
eshalb oftmals, weil Verletzungen dieser Rechte nicht
eversibel sind. Sie sind nicht mit einer Rechtsmittel-
öglichkeit für das Opfer ausgestattet.






(A) )



(B) )


Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen)

Deswegen gehen wir mit diesem Gesetzentwurf den
richtigen Weg. Es geht darum, die Rechte der Opfer zu
verbessern, indem Sollvorschriften in Mussvorschriften
umgewandelt werden: Der Nebenklagevertreter ist von
der Hauptverhandlung zu informieren, und ihm ist die
Anklageschrift zuzustellen. Auf diesem Weg sollten wir
weiter vorangehen. Was die Videovernehmung des Opfers
anbelangt, gibt es noch einiges zu tun; denn das ist eine
reine Sollvorschrift. Man müsste sich Gedanken darüber
machen, ob man die Gerichte nicht mehr zwingen sollte,
Videovernehmungen durchzuführen.

Meine Damen und Herren, dieses Gesetz ist gut. Es
ist in sich geschlossen und stimmt die Möglichkeiten, ei-
nen Opferanwalt auf Staatskosten in Anspruch zu neh-
men, sehr genau aufeinander ab. In einigen Bereichen
gibt es hierzu Mussvorschriften und in anderen Berei-
chen Kannvorschriften. Ein 18-jähriger oder ein unter
18-jähriger Betroffener hat mehr Rechte als ein Erwach-
sener.

Was den Opferschutz anbelangt, sind wir damit aber
noch lange nicht am Ende. Auch eine Verfahrensvor-
schrift wird mit diesem Gesetzentwurf verbessert: Wenn
jugendliche oder heranwachsende Zeugen bei Gericht
vernommen werden, kann die Öffentlichkeit nach den
jetzt bestehenden gesetzlichen Vorschriften ausgeschlossen
werden. Diese Schutzvorschrift, die bisher beim 16. Le-
bensjahr endet, wird bis zum 18. Lebensjahr ausgedehnt.

Aber wie weit reicht dieser Schutz für den jugendlichen
Zeugen? Während seiner Vernehmung wird die Öffent-
lichkeit ausgeschlossen. Ist er vernommen, wird das,
was er in nichtöffentlicher Sitzung vorgetragen hat, in
den Schlussvorträgen vorgetragen oder bei der Erörte-
rung des Sachverhalts in Öffentlichkeit diskutiert. Auch
darüber sollten wir uns Gedanken machen. Es gibt noch
einiges zu verbessern, was den Opferschutz, insbeson-
dere jugendlicher Zeugen, anbelangt.

Insgesamt gesehen ist festzustellen, dass wir auf dem
richtigen Weg sind. Ich freue mich, dass wir uns im
Deutschen Bundestag über diesen Weg erkennbar einig
sind. Ich bin mir sicher, dass es in einigen Teilbereichen
Nachjustierungsbedarf gibt. Das können wir in den Aus-
schüssen besprechen. Ich danke Ihnen, dass Sie die An-
liegen von Opfern unterstützen, und freue mich auf die
Diskussion im Rechtsausschuss.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620830400

Das Wort erhält nun der Kollege Jörn Wunderlich für

die Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Jörn Wunderlich (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620830500

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Kollegin-

nen und Kollegen! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf
bezweckt die Koalition die Stärkung der Rechte von Ver-
letzten und Zeugen im Strafverfahren. Sie knüpft mit
dem Entwurf an eine ganze Reihe von Gesetzgebungs-
initiativen an – Herr Kollege Kauder hat sie gerade auf-
geführt –, die 1986 ihren Anfang nahm.

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(C (D Schön ist, dass die Stellung des Zeugen im Strafprozess erbessert werden soll. Das Anheben der Altersgrenze st schon erwähnt worden. Hervorzuheben ist das Recht es Zeugen, sich jederzeit von einem Rechtsbeistand beleiten zu lassen. Die diesbezügliche Entscheidung des undesverfassungsgerichts ist schon erwähnt worden. In ieser Entscheidung wird nicht zwischen gerichtlicher, taatsanwaltschaftlicher und polizeilicher Vernehmung nterschieden. Die Erfahrung im Gerichtsalltag hat geeigt – das muss man sagen –, dass insbesondere der eistand für Opferzeugen von Gewaltund Straftaten egen die sexuelle Selbstbestimmung eine wichtige psyhologische Stütze ist. Auch wenn meine Fraktion die Ziele des Entwurfs nterstützt, muss grundsätzlich angemerkt werden: Ob er Opferschutz als solcher seinen Platz im Strafprozessecht haben sollte, ist in der Rechtswissenschaft umstriten. Ich denke, damit werden wir uns in der zu diesem esetzentwurf geplanten Anhörung im Einzelnen eschäftigen müssen. So nachvollziehbar die Forderunen der Opferund Interessenverbände sind, mit dem trafrecht wird allein der Sanktionsanspruch des Staates ormiert. Ziel des Strafprozessrechts ist die Wahrheitsindung. Ein objektiver Ausspruch über Schuld und trafe soll ermöglicht und der Rechtsfrieden wiederherestellt werden. Objektivität, Unvoreingenommenheit er Beteiligten und des Gerichts sind elementare Vorausetzungen dafür. Sie gewähren letztlich ein rechtsstaatlihes Verfahren, das der Unschuldsvermutung Rechnung rägt und frei von Rache und Vergeltungsstreben ist. Dass das Opfer früher kein Verfahrensbeteiligter mit igenen Rechten im Prozess war, wurde historisch als ine Errungenschaft des Rechtsstaates gefeiert. Die eteiligung des Opfers durch die Nebenklage stärkt den pferschutz letztlich nicht. Sie führt nicht zu einer veresserten Wahrheitsfindung, birgt aber die Gefahr, dass motionen und möglicherweise sogar Vergeltungsgeanken zurück in den Gerichtssaal getragen werden. Die Einräumung und stetige Ausweitung formeller echte im Strafprozess sind für die Stärkung des Opfer chutzes nicht ausreichend. Opferschutz ist mehr. Wer pferschutz ernst nimmt, wer das Opfer als Subjekt in en Mittelpunkt des Handelns stellen will, der sorgt afür, dass die Justiz mit den entsprechenden sachlichen nd personellen Mitteln ausgestattet wird, um eine ffektive Strafverfolgung zu gewährleisten. Wer Opferchutz ernst nimmt, der sorgt dafür, dass das Opfer indiiduelle psychologische Betreuung erfährt. Herr Kauder, ch glaube nicht, dass der von einem Wohnungseinbruch etroffene Zeuge in der eigenen Wohnung besser lebt, enn er im Rahmen der Nebenklage im Gerichtsverfahren uftritt. Ich denke, da ist eine andere Hilfe erforderlich. Wer Opferschutz ernst nimmt, der fördert nicht ergeltung und Rache, sondern die Aufklärung und den ialog, wie beispielsweise den Täter-Opfer-Ausgleich. er Opferschutz ernst nimmt, der fördert beispielsweise ie angemessene Finanzierung der Frauenhäuser oder er Beratungsstellen für Opfer rechter Gewalt. (Jörg van Essen [FDP]: Männer sind genauso Opfer von Frauen! Es ist etwa halbe-halbe!)







(A) )



(B) )


Jörn Wunderlich
Obwohl wir dem grundsätzlichen Ansinnen des Opfer-
schutzes nur beipflichten können, ist dieser Gesetz-
entwurf entgegen dem Titel kein großer Wurf. Er ist
nicht von rechtspolitischer Inspiration getragen, sondern
beschränkt sich im Wesentlichen auf redaktionelle Fein-
heiten, Umformulierungen und Umjustierungen. Dieser
Entwurf muss sich in Zeiten des Wahlkampfes den Vor-
wurf entgegenhalten lassen, Opferschutz mit populisti-
schen Mitteln zu instrumentalisieren.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der LINKEN – Siegfried Kauder [Villingen-Schwenningen] [CDU/CSU]: Das ist eine Schande! – Daniela Raab [CDU/CSU]: Das ist bitter!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620830600

Die Kollegen Jerzy Montag und Dr. Matthias Miersch

geben ihre Reden zu Protokoll.1)

Damit kann ich die Aussprache schließen.

Interfraktionell wird die Überweisung des Gesetzent-
wurfes auf der Drucksache 16/12098 an die in der Tages-
ordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt
es andere Vorschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann ist
die Überweisung so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 16 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Rainder
Steenblock, Jürgen Trittin, Manuel Sarrazin, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Zwei Jahre Europa-Vereinbarung – Bundesre-
gierung muss ihre Verpflichtungen unverzüg-
lich vollständig erfüllen

– Drucksache 16/12109 -
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union (f)

Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung
Rechtsausschuss

Auch hier soll nach einer interfraktionellen Vereinba-
rung die Aussprache 30 Minuten dauern, wobei die
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fünf Minuten erhalten
soll. – Ich setze Ihr Einverständnis voraus.

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem
Kollegen Rainder Steenblock für die Fraktion Bünd-
nis 90/Die Grünen.


Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620830700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als

vor zwei Jahren diese Vereinbarung zur Zusammenarbeit
zwischen der Bundesregierung und dem Parlament
verabschiedet wurde, haben wir hier im Deutschen Bun-
destag völlig zu Recht Reden gehalten, die dies als histo-
rischen Moment der Kooperation zwischen Parlamenta-
riern aller Fraktionen gewürdigt haben und auch als ein
Dokument des Selbstbewusstseins des Parlamentes
gegenüber der Exekutive. Wir wissen genau – egal ob

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d1) Anlage 6

(C (D ir in Regierungsfraktionen oder Oppositionsfraktionen ind –, wie schwer es ist, sich als Parlament gegenüber er Exekutive zu behaupten und durchzusetzen. Diese usammenarbeitserklärung ist ein ganz wichtiger Mei enstein auf diesem Wege gewesen. Wir sind ein ganzes Stück vorangekommen. Auch das achen wir in unserem Antrag heute deutlich. Wir aben seit dieser Vereinbarung durchaus Leben in die uropapolitischen Voraussetzungen gebracht. Wir haben ehr Dynamik erzeugt. Die Bundesregierung hat den eutschen Bundestag und die Abgeordneten – das will ch gerne zugestehen – aufgrund dieser Vereinbarung ehr viel besser informiert als in der Zeit davor. Das hat ich in der Arbeit des Bundestages positiv bemerkbar emacht. Wir haben den Beschluss durchgesetzt, dass ir einen Parlamentsvorbehalt bei europarechtlichen ragen einlegen können. Das ist ein ganz wichtiger, entcheidender Fortschritt für die Rechte des Parlamentes. Wir haben unsere eigenen Strukturen durch das Büro in rüssel und durch die Schaffung von neuen Strukturen in er Bundestagsverwaltung hier gestärkt. Ich möchte die elegenheit nutzen, um mich bei den Mitarbeiterinnen nd Mitarbeitern von PA 1, also dieser neuen Struktur in er Bundestagsverwaltung, und im Büro in Brüssel zu edanken. Durch das Engagement dieser Mitarbeiterinnen nd Mitarbeiter ist die Arbeit des Deutschen Bundestages uropatauglicher geworden. Das ist ein großer Fortschritt. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Aber es gibt natürlich auch eine Reihe von Kritik-
unkten. Als wir vor einem Jahr diese Debatte geführt
aben, ist uns von den Regierungsfraktionen gesagt wor-
en, dass eigentlich alles auf einem guten Weg ist und
ass das, was die Grünen und die Liberalen kritisieren,
chon in den nächsten Tagen geregelt sein wird. Das ist
eider nicht so. Was die noch offenen Fragen betrifft, ha-
en wir in den letzten zwei Jahren, insbesondere im letz-
en Jahr, nur geringe Fortschritte gemacht. Wir erhalten
mmer noch keine Berichte aus den Arbeitsgruppen des
ates. Somit steht uns ein wichtiges Element der Infor-
ation nicht zur Verfügung. Der Parlamentsvorbehalt ist

as schärfste Schwert des Parlaments, das wir in diesen
useinandersetzungen haben. Auch in der Debatte über
en Emissionshandel hat sich das Parlament stark ge-
acht. Die Bundesregierung hat die Vorschläge des Par-

aments aber leider nicht so wie vom Parlament ge-
ünscht berücksichtigt.

Außerdem erhalten wir vom Auswärtigen Amt leider
mmer noch keine ausreichenden Unterlagen über die
uropäische Außen- und Sicherheitspolitik; auch darauf
uss man hinweisen. Das sind Defizite, die behoben
erden müssen. Vor zwei Tagen haben wir vom Außen-
inisterium zum ersten Mal eine Übersicht über die an-

tehenden Rechtsakte bekommen, und das, nachdem wir
wei Jahre lang versucht haben, an diese Unterlagen zu
ommen. Ich konzediere gerne, dass das ein Schritt nach
orn ist. Von den 20 Rechtsakten, die uns zugeleitet wur-
en, waren 18 allerdings schon abgeschlossen.






(A) )



(B) )


Rainder Steenblock

(Heiterkeit des Abg. Markus Löning [FDP])


Das ist nicht die Frühzeitigkeit der Information, die wir
in der Zusammenarbeitserklärung vereinbart haben.


(Markus Löning [FDP]: Diese Regierung ist nun einmal nicht die schnellste!)


Lieber Herr Staatsminister Gloser, wenn die nächste
Übersicht über anstehende Rechtsakte vorliegt, wäre es
gut, wenn wir sie in Anbetracht des Vorlaufs der Ent-
scheidung innerhalb von drei Wochen bekommen könn-
ten. Der Deutsche Bundestag hat nämlich das Selbstbe-
wusstsein, mitentscheiden zu wollen. Er will nicht nur
nachträglich informiert werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich glaube, wir Parlamentarier sind gemeinsam der An-
sicht, dass wir an diesen Stellen nachbessern müssen.

Ausgesprochen positiv in all diesen Debatten war,
dass wir Parlamentarier über die Fraktionsgrenzen hin-
weg immer auf unsere Rechte bestanden und für unsere
Rechte gekämpft haben. Ich hoffe, dass unser Antrag
eine Grundlage und ein Anstoß ist, um die noch offenen
Fragen zu beantworten. Das gilt insbesondere im Hin-
blick auf die Einvernehmensregelung. Es ist wichtig,
dass auch wir, die Oppositionsfraktionen, in die Lage
versetzt werden, die Einhaltung der Einvernehmensrege-
lung zu kontrollieren. Ich würde mich sehr freuen, wenn
es uns gelingen würde, in diesen Fragen Einvernehmen
zwischen den Fraktionen herzustellen und im Rahmen
des Arbeitsprozesses, der jetzt anfängt, zu gemeinsamen
Positionen zu kommen und die Rechte des Parlaments
weiter auszubauen und zu stärken.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620830800

Nächster Redner ist der Kollege Michael Stübgen,

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Michael Stübgen (CDU):
Rede ID: ID1620830900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Lassen Sie mich eingangs betonen, dass ich dem Kolle-
gen Rainder Steenblock dankbar bin, dass er gemeinsam
mit seiner Fraktion einen Antrag zur Umsetzung der Ver-
einbarung von Bundestag und Bundesregierung über die
Zusammenarbeit in Angelegenheiten der Europäischen
Union eingebracht und zu Recht angemahnt hat, beste-
hende Defizite zu beheben.

Heute ist nicht das erste Mal, dass wir über dieses
Thema sprechen. Wir haben das schon vor zwei Jahren
und auch im vorigen Jahr getan. Es ist richtig, darauf
hinzuweisen, dass einzelne Aspekte nach wie vor noch
nicht in ausreichendem Maße umgesetzt worden sind;
teilweise kann man gar nicht erklären, warum das noch
nicht geschehen ist.



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(C (D (Beifall des Abg. Markus Löning [FDP] – Michael Roth [Heringen] [SPD]: Da kann man doch nicht klatschen! – Gegenruf des Abg. Markus Löning [FDP]: Doch! Weil er das anerkannt hat!)


Ich hoffe, dass meine Fraktion auch einmal klatscht.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Heiterkeit)


Ich finde es allerdings bedauerlich, dass sich die Frak-
ion Bündnis 90/Die Grünen entschieden hat, diesen An-
rag allein einzubringen, und dass sie nicht versucht hat,

it uns in Gesprächen eine gemeinsame Position zu fin-
en, damit wir einen gemeinsamen Antrag hätten ein-
ringen können, wie es sich in den letzten zwei Jahren
ewährt hat. Ich glaube, das wäre der bessere Weg gewe-
en.


(Rainder Steenblock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hätte allerdings Jahre gedauert! – Markus Löning [FDP]: Genau! Daraus wäre in dieser Legislaturperiode nichts mehr geworden!)


uch in einem Wahljahr wie 2009 sollten wir versuchen,
ie gemeinsame Basis beizubehalten, die wir in europa-
olitischen Angelegenheiten haben, insbesondere unsere
berzeugung von der Notwendigkeit der demokrati-

chen Kontrolle des europäischen Handelns. Im Aus-
chussverfahren haben wir sicherlich noch die Chance,
ine gemeinsame Position zu finden. Schließlich hat das
uch in der Vergangenheit immer geklappt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Tatsache ist – das wird wohl niemand bestreiten –:
as die Umsetzung der Zusammenarbeitsvereinbarung

etrifft, muss eine Reihe von Punkten verbessert werden.
ch will mich jetzt bei der ersten Lesung auf vier Berei-
he konzentrieren.

Erstens. Wir haben nach wie vor die Situation – der
ollege Steenblock hat das angesprochen, und das steht

uch in dem Antrag –, dass die Bundesregierung den
eutschen Bundestag über die Gemeinsame Außen- und
icherheitspolitik, die GASP, und über die Europäische
icherheits- und Verteidigungspolitik unzureichend, ja
ahezu nicht unterrichtet. Auch die sogenannten Nonpa-
ers gelangen in den seltensten Fällen zum Deutschen
undestag. Ich weiß, dass das bei diesen Papieren im
inblick auf die Geheimhaltungsstufe gelegentlich pro-
lematisch ist. In der Europa-Vereinbarung zwischen
undesregierung und Bundestag ist aber eindeutig gere-
elt, dass auch dies Vorhaben im Sinne dieser Vereinba-
ung sind und der Bundestag umfassend beteiligt werden
uss.

Zweitens. Es ist inakzeptabel – wir sprechen das jetzt
as dritte Mal in Folge an –, dass die Bundesregierung
ber Arbeitssitzungen und Gruppensitzungen des Rates
ach wie vor überhaupt nicht berichtet, wenn diese im
ogenannten Hauptstadtformat stattfinden und nicht von
er Ständigen Vertretung begleitet und nicht die gängi-






(A) )



(B) )


Michael Stübgen
gen Drahtberichte geschrieben werden. Das Ergebnis ist,
dass wir gar keine Informationen bekommen. Bei diesen
Sitzungen – das scheint in der Praxis der Arbeit der
Europäischen Union zuzunehmen – werden jedoch
wichtige Entscheidungen getroffen. Wie sollen wir ein
Verfahren für eine europäische Rechtsetzung bewerten,
wenn uns keinerlei Berichte zur Verfügung stehen? Hier
muss Abhilfe geschaffen werden. Wir werden das im
Ausschuss der Bundesregierung gegenüber ansprechen
und deutlich machen, dass wir erwarten, dass dies umge-
hend geklärt wird.


(Beifall bei der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Drittens – da waren wir schon einmal fast fertig; des-
wegen habe ich die Hoffnung, dass wir das diesmal klä-
ren – sollten wir einen echten Restanten aus der Welt
schaffen: Wir sollten inhaltlich und verfahrenstechnisch
klären, wie die Bundesregierung Einvernehmen mit dem
Bundestag herstellen muss, bevor Verhandlungen oder
Regierungskonferenzen zur Änderung der vertraglichen
Grundlagen der Europäischen Union und bevor Beitritts-
verhandlungen begonnen werden. Es gab einen Fall, bei
dem das nicht ganz klar war; wir können das unter
„Missverständnisse“ fassen. Ich glaube, wir können ein
Verfahren finden, bei dem die Abläufe klar sind. Auch
dieses Verfahren soll Thema der Beratungen sein.

Lassen Sie mich noch Folgendes ansprechen: Die
Bundesregierung hat den Bundestag überwiegend recht-
zeitig und ausreichend informiert. 2008 hat sich der
Bundestag bereit erklärt, die Berichtspflicht der Bundes-
regierung zu reduzieren, sie nur noch bei Dokumenten,
die der Bundestag als beratungsrelevant einstuft, zu
zwingen, Berichtsbögen auszufüllen. Das Europareferat
der Bundestagsverwaltung hat festgestellt, dass die Bun-
desregierung dem Bundestag 2008 nur noch zu 48 Pro-
zent der Vorlagen zu europäischen Rechtsetzungsvorha-
ben umfassende Bewertungen erstellt hat. Das ist
eindeutig zu wenig. Ich kenne das selber von einzelnen
dieser Vorlagen.

Die Bewertung der Subsidiarität im Zusammenhang
mit Rechtsetzungsvorhaben wird mit Lissabon noch be-
deutender werden. Auch wenn es vom Ressort und von
der Vorlage abhängt, ist zu sagen, dass die Bundesregie-
rung die Subsidiaritätsprüfung bei solchen Rechtset-
zungsvorhaben sehr lapidar durchgeführt hat. Das kann
nicht ausreichen; denn die Subsidiarität ist ein wichtiges
Thema, mit dem wir uns gerade nach dem Inkrafttreten
des Vertrages von Lissabon befassen müssen. Hier muss
eine deutliche Verbesserung erfolgen.

Schon in der zweiten Jahreshälfte 2008 hat sich ge-
zeigt, dass die Art und Weise der Bewertung durch die
Einführung eines Mahnverfahrens verbessert worden ist.
Wir werden in dieser Sache dranbleiben. Es ist nichts,
was wir grundsätzlich ändern können, es ist keine Struk-
turfrage; aber es ist wichtig, dass die Bewertung in Zu-
kunft ordentlich durchgeführt wird.

Was ich hier vorgetragen habe, habe ich nicht gesagt,
weil ich Lust gehabt hätte, herumzukritisieren oder mir

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(C (D twas zu wünschen. Die Punkte, die ich angesprochen abe und die für eine Umsetzung wichtig sind, gründen ich auf die Europa-Vereinbarung, die die Bundesregieung mit dem Bundestag geschlossen hat. Die Bundesegierung hat die Verpflichtung, diese Vereinbarung umusetzen. Wir haben in den letzten beiden Jahren ezeigt, dass wir bei auftretenden Schwierigkeiten gerne ereit sind, darüber zu verhandeln, wie man es besser reeln kann, ohne auf Punkt und Komma der Vereinbarung u bestehen. Wir haben gezeigt, dass wir kooperativ ind. Aber jetzt müssen wir auch darauf achten, zuminest vorläufig einen Strich zu ziehen und die offensichtich problematischen Bereiche zu klären. Ich könnte jetzt noch sehr viel erzählen und hätte daür auch noch anderthalb Minuten Zeit, aber mit Blick uf die fortgeschrittene Zeit und auf die Tatsache, dass ir im Ausschuss gemeinsam darüber diskutieren weren – dies haben die Kollegen Staatsminister Gloser und taatssekretär Hintze, die die Vereinbarung mit uns ausehandelt haben, bereits zugesagt –, ist es jetzt nicht nöig, noch weiter ins Detail zu gehen. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620831000

Das Wort hat der Kollege Markus Löning für die

DP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Markus Löning (FDP):
Rede ID: ID1620831100

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!
eine Damen und Herren! Ganz ohne Zweifel hat der
undestag im Laufe dieser Legislaturperiode Fort-

chritte hinsichtlich der besseren und frühzeitigeren Be-
assung mit EU-Rechtsetzung gemacht. Dies hat ganz
hne Zweifel zentral mit der Europa-Vereinbarung zwi-
chen Bundestag und Bundesregierung zu tun.

Wir sind besser informiert, es gibt ein höheres Level
n Aufmerksamkeit für das, was auf der europäischen
bene passiert, und zwar vor allem – das halte ich an
ieser Stelle für besonders wichtig – in den Fachaus-
chüssen. Der Europaausschuss, der sich sowieso immer
it Europa beschäftigt, war in Bezug auf europäische
echtsetzung immer ein Stück voraus, aber die Fachaus-

chüsse hatten manchmal nicht rechtzeitig und richtig
uf dem Schirm, dass da etwas aus Brüssel kommt. Die
igentliche Arbeit besteht aber gerade darin, dass sich
ie Fachkollegen rechtzeitig mit den Grünbüchern oder
it den Richtlinienentwürfen auseinandersetzen, um

olitisch Einfluss nehmen zu können.

Wir haben in unserer Fraktion eine eigene Arbeits-
ruppe eingesetzt, in der die Kollegen aus dem Europäi-
chen Parlament mit den Fachkollegen aus der Fraktion
usammensitzen und in der wir regelmäßig beraten:
elche Themen stehen an? Was sind die politisch wich-

igen Themen? Wie können wir sie angehen? Wie brin-






(A) )



(B) )


Markus Löning
gen wir sie auf die Tagesordnungen der Ausschüsse im
Europäischen Parlament oder im Deutschen Bundestag?

Ich halte es für wichtig, sich rechtzeitig mit den Din-
gen zu beschäftigen und dafür auch die erforderlichen
Strukturen zu schaffen. Dazu reicht es nicht, dass wir als
Bundestag das Büro in Brüssel haben, dazu reicht es
auch nicht, dass wir zusätzliche Verwaltungen haben;
vielmehr muss dies auch politisch in den Fraktionen um-
gesetzt werden. Dabei muss jede Fraktion entscheiden,
was für sie selbst besonders wichtig ist und welche The-
men sie in den Vordergrund rücken will.

Im Laufe der Legislaturperiode hat es verschiedene
Stellungnahmen nach Art. 23 des Grundgesetzes gege-
ben. Es gab aber nicht nur Stellungnahmen des gesamten
Hauses, sondern auch von einzelnen Fraktionen und von
Ausschüssen. Unsere Fraktion hat öfter davon Gebrauch
gemacht, und ich halte es für wichtig, dass wir auch als
einzelne Fraktionen Stellungnahmen abgeben, beispiels-
weise nach Art. 23. Wenn sie keine Mehrheit finden,
dann bringen sie uns nicht weit. Aber wenn wir der
Kommission unsere Stellungnahmen frühzeitig im Bera-
tungsverfahren übermitteln, ist das auch eine wichtige
Beteiligung. Es sind also auch die Fraktionen gefragt,
sich zu beteiligen, statt sich nur auf die Verwaltung zu-
rückzuziehen.


(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir stehen mit der BBV und auch mit Art. 23 des
Grundgesetzes besser da als eine ganze Reihe von ande-
ren nationalen Parlamenten. Wenn man mit Kollegen aus
der Assemblée Nationale spricht und sich von ihnen an-
hört, wie groß deren Einfluss auf ihre Regierung ist,
dann stellt man sich durchaus Fragen nach dem Selbst-
wertgefühl der dortigen Parlamentarier.

Wir waren im Dezember in London und haben mit
den Kollegen im Unterhaus und im Oberhaus darüber
gesprochen, die sich auch sehr intensiv und frühzeitig
mit den europäischen Themen beschäftigen, die aber
rechtlich weit weniger Möglichkeiten haben als der Bun-
destag. Im Gegensatz dazu haben die Dänen und die
Schweden rechtlich gar nicht so viele Möglichkeiten,
machen aber faktisch ihren Regierungen sehr klare und
sehr enge Vorgaben. Dies zeigt, dass der rechtliche Rah-
men zwar wichtig ist, man aber auch den politischen
Willen braucht, diesen Rahmen auszuschöpfen.


(Beifall bei der FDP)


Anerkanntermaßen, lieber Michael Stübgen, wurde
das von der Regierungsfraktion CDU/CSU hier bereits
ausgesprochen. Das ist im Laufe dieser Legislatur-
periode aber eben an verschiedenen Stellen nicht pas-
siert. Es gab verschiedene Stellen, an denen der Bundes-
tag sein Selbstbewusstsein gegenüber der Regierung
hätte zeigen können. Leider haben SPD und CDU/CSU
dies nicht so getan, wie wir als Opposition es uns ge-
wünscht hätten und wie vor allen Dingen ich als Parla-
mentarier es mir gewünscht hätte.


(Axel Schäfer [Bochum] [SPD]: Beispiele bitte!)



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(C (D Ich will einmal ein Beispiel nennen und mich hier auf en Kollegen Gauweiler beziehen (Michael Roth [Heringen] [SPD]: Er ist ja nie hier! – Weitere Zurufe von der SPD)


er gehört zur Regierungskoalition, lieber Kollege –,
er sich immer darüber beschwert hat, auch vor dem
undesverfassungsgericht, dass der Bundestag nichts
etan und sich nicht beteiligt hat. Seine eigene Fraktion
at er, als er es gekonnt hätte, aber eben auch nicht ge-
rieben, und im Vorfeld der Beratungen zum Vertrag von
issabon hat er nicht dafür gesorgt, dass hier Einverneh-
en mit dem Bundestag hergestellt wird. Das gilt im
brigen auch für andere Kollegen, die sich gerne be-

chweren.

Das ist etwas – darin stimme ich mit allen überein –,
as unbedingt ganz klargemacht werden muss: Im Vor-

eld von Beitrittsverhandlungen brauchen wir ein Man-
at und Einvernehmen zwischen dem Bundestag und der
undesregierung. Im Vorfeld von Vertragsänderungen
rauchen wir das ebenfalls. Als Bundestag müssen wir
ich denke, das Bundesverfassungsgericht wird uns das
uch aufgeben – die Möglichkeiten, die wir haben, end-
ich ordentlich ausschöpfen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620831200

Für die Bundesregierung hat nun der Staatsminister

ünter Gloser das Wort.


Günter Gloser (SPD):
Rede ID: ID1620831300

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Warum haben wir damals diese Vereinbarung
eschlossen? Ich denke, wir wollten damit auch einen
eitrag dazu leisten, dass nicht immer gesagt wird, was
inige ja vielleicht gerne tun, dass Brüssel weit weg ist
nd dass wir über ein fernes, nie fassbares Gebilde dis-
utieren. Wenn wir aufdröseln wollen, welche Einfluss-
öglichkeiten wir haben, dann müssen wir das eben

uch mit dem Ziel einer Vereinbarung tun, durch die die
itwirkungsrechte der nationalen Parlamente sicherge-

tellt werden können.


(Beifall bei der SPD)


Um das vielleicht auch einmal den Zuhörern und Zu-
chauern zu sagen: Ich denke, wir haben bei den Ver-
andlungen zum Reformvertrag von Lissabon im Sinne
es Parlaments deutlich gemacht, dass dafür eine Legiti-
ation nötig ist. Wir haben ausdrücklich auch gesagt,

ass die Parlamente – auch die nationalen Parlamente –
ei diesem ganzen europäischen Entscheidungsprozess
ine ganz wichtige Rolle spielen werden. Infolgedessen
at sich diese Koalition in der Koalitionsvereinbarung
ann vor allem auch darauf verständigt, die Ausweitung
er Rechte des Bundestages parlamentsfreundlich zu ge-
talten und eine Vereinbarung zu schließen.






(A) )



(B) )


Staatsminister Günter Gloser
Ich komme gleich noch einmal auf einige Punkte zu
sprechen, weil ich nicht glaube, dass wir beide, wie der
Kollege Friedrich meinte, in fahrlässiger Weise schon
eine Zusage gemacht haben. Nein, es ist auch nach unse-
rem Verständnis erforderlich, dass wir uns in einem Aus-
schuss dann auch den Themen stellen.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Ich habe nichts von „fahrlässig“ gesagt!)


Ich kann aber nicht auf alles eingehen.

Ich sage in dieser Zeit, zwei Jahre nach der Vereinba-
rung, aber auch: Die Gesamtbilanz kann sich doch sehen
lassen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Das sage ich auch als jemand, der gemeinsam mit Peter
Hintze bis 2005 als Abgeordneter im Parlament gewesen
ist. Wir haben dann nicht die Seiten gewechselt, aber
auch nicht einfach unser Mäntelchen nach dem Wind ge-
dreht, sondern gesagt: Ja, wir nehmen die Rechte des
Parlamentes ernst, und wir versuchen aber auch, eine
Lösung entsprechend unserem Verständnis der Exeku-
tive zu finden.

Um das einmal deutlich zu machen: Das ist ja kein
Bericht, den jetzt die Regierung erstellt hat, sondern das
war die Arbeitsgruppe Europa im Bereich der Bundes-
tagsverwaltung. In dem Monitoringbericht wird festge-
stellt, dass in dem Berichtszeitraum insgesamt 16 400
EU-Dokumente über Bundesregierung, Europäisches
Parlament und EU-Kommission zugeleitet wurden und
dass dem Deutschen Bundestag insgesamt 1 000 EU-
Dokumente – 837 davon seitens der Bundesregierung –
förmlich zugeleitet worden sind. Weil das vorhin etwas
beklagt wurde: Zusätzlich wurden dem Deutschen Bun-
destag über 5 000 Berichte der Ständigen Vertretung bei
der EU in Brüssel übermittelt.

Ich glaube, das zeigt auch schon den Grad der Steige-
rung, wobei ich gerne zugebe, dass es nicht nur um die
Quantität, sondern letztendlich auch um die Qualität
geht. Ich räume auch ein, lieber Kollege Steenblock,
dass es zu Beginn natürlich auch Anlaufschwierigkeiten
gegeben hat. Wir haben den entsprechenden Dialog ja
auch geführt. Es gibt halt manchmal auch komplexe Si-
tuationen, bei denen nicht gleich am nächsten Tag die
entsprechende Lösung vorhanden ist.


(Rainder Steenblock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nach einem Jahr wäre es aber schon gut!)


Wir haben aber immer deutlich gemacht – auch in ei-
nem kontinuierlichen Dialog mit den Kolleginnen und
Kollegen des Bundestages –, dass wir hier zu einem ent-
sprechenden Ergebnis kommen wollen. Ich glaube, ge-
rade für das von Ihnen kritisch angesprochene Feld der
Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik haben wir
jetzt eine kreative Lösung gefunden. Wie der Kollege
aus dem Auswärtigen Amt mir gerade sagte: Hier wer-
den viele Dinge, die Sie vorhin kritisch angesprochen
haben, in einer entsprechenden Weise umgesetzt, damit
man den Wünschen des Bundestages auch im Bereich
der Außenpolitik entsprechend nachkommen wird.

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(C (D Was die angeblichen Unzulänglichkeiten angeht, von enen in Ihrem Antrag die Rede ist, sind wir stetig dabei, ösungen zu finden. Es muss aber eine Balance gefunen werden, auch vor dem Hintergrund – das ist im Parament ebenfalls ein Thema –, keine unnötige Bürokratie ufzubauen. Ich glaube, das gehört dazu, wenn wir veruchen wollen, die Unterrichtung des Bundestages siherzustellen. Es muss aber auch – das sage ich ganz beusst – eine Balance zwischen der Rolle der Legislative nd der Rolle der Exekutive gefunden werden. Ich greife auf, was der Kollege Löning am Schluss einer Rede deutlich gesagt hat. (Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Guter Mann!)


Das wissen wir doch, Herr Kollege Friedrich. – Auch
ei uns erkundigen sich Delegationen nach der Vereinba-
ung von Bundestag und Bundesregierung und möchten
ieses Modell übernehmen. Wenn unsere Botschafter
on Besuchen von Delegationen wie kürzlich in der Slo-
akei berichten, bei denen deutlich gemacht wird, wie gut
nser Modell ist, dann stelle ich mit einem gewissen
elbstbewusstsein fest, dass die Vereinbarung so schlecht
icht sein kann. Dort, wo sie noch Defizite aufweist,
erden wir nachjustieren.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620831400

Alexander Ulrich hat nun für die Fraktion Die Linke

as Wort.


Alexander Ulrich (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620831500

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der

eschluss zu der Europa-Vereinbarung zwischen Bun-
estag und Bundesregierung war von allen fünf Fraktio-
en eingebracht worden. Das war ein seltenes Stück par-
amentarischer Normalität in dieser Legislaturperiode.

Manches ist seit dem Abschluss der Vereinbarung auf
en Weg gebracht worden. Meine Vorredner sind darauf
ingegangen. Es mag zwar sein, dass diese Vereinbarung
ut ist und dass man sie in Europa vorzeigen kann. Aber
wischen Theorie und Praxis gibt es leider einen Unter-
chied. Das haben wir in der Debatte gehört. Wenn das
uch die CDU/CSU-Fraktion so deutlich zum Ausdruck
ringt, dann sollte sich die Bundesregierung ebenfalls
ieser Sache annehmen.

Die Bundesregierung hat entgegen den eingegange-
en Verpflichtungen weder die Informations- noch die
itwirkungsrechte des Bundestags auch nur annähernd

rfüllt. Der Antrag umschreibt die Mängel umfassend
nd zutreffend, auch wenn manches noch ergänzt wer-
en könnte, zum Beispiel die mangelnden Informationen
m Bereich von Wirtschaftspartnerschaftsabkommen.

Den Koalitionsfraktionen, die immer wieder ihren gu-
en Willen betonten, fehlten offenbar politische Über-
eugungskraft und Stärke, um die Rechte des Parlaments
egenüber der von ihr getragenen Regierung umzuset-






(A) )



(B) )


Alexander Ulrich
zen. Insofern hat sich die Durchsetzungsfähigkeit der
Großen Koalition als ziemlich klein erwiesen.

Bei der heute zu übenden Kritik geht es aber nicht nur
um die mangelnde Einhaltung einer Vereinbarung zwi-
schen zwei Verfassungsorganen; es geht vor allem um die
demokratische Kontrolle und Legitimation des europäi-
schen Handelns der Bundesregierung. Zu Recht hat das
Bundesverfassungsgericht 1993 in seinem Maastricht-
Urteil im dritten Leitsatz ausgeführt:

Nimmt ein Verbund demokratischer Staaten hoheit-
liche Aufgaben wahr und übt dazu hoheitliche Be-
fugnisse aus, sind es zuvörderst die Staatsvölker der
Mitgliedstaaten, die dies über die nationalen Parla-
mente demokratisch zu legitimieren haben.

Daran muss sich auch die heutige europapolitische Pra-
xis messen lassen.

Zusammen mit der Kritik, die im vorliegenden Antrag
formuliert ist, müssen wir zugleich feststellen, dass es
nicht ausreicht, die demokratisch-parlamentarische Le-
gitimation bzw. die erforderlichen Informations- und
Mitwirkungsrechte allein in einer schlichten Vereinba-
rung zu regeln. Auch eine gesetzliche Regelung in einem
wie auch immer erweiterten Begleitgesetz zu den euro-
päischen Verträgen reicht nicht aus. Wir brauchen eine
grundlegende und umfassende grundgesetzliche Rege-
lung, die auch den Notwendigkeiten der Ewigkeitsklau-
sel des Art. 79 Abs. 3 des Grundgesetzes entspricht. Nur
so können die Rechte des Bundestags und das Demokra-
tieprinzip wirksam gesichert werden.

In diesem Zusammenhang verweise ich auf unser
Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht. Herr
Löning, ich freue mich, dass auch Sie darauf aufmerk-
sam gemacht haben. Insoweit muss auch die FDP aner-
kennen, dass das Verfahren vor dem Bundesverfassungs-
gericht vielleicht gar nicht so schlecht ist, wenn es um
das Parlament geht. In dem Verfahren geht es neben der
wirtschaftlichen Neutralität und der Erhaltung der Parla-
mentsarmee vor allem um die fehlende demokratische
Kontrolle auf EU-Ebene und die Schwächung des Bun-
destags.

Nach den Erörterungen in der mündlichen Verhand-
lung sind wir guten Mutes, dass das Bundesverfassungs-
gericht in diesem Zusammenhang Nachbesserungen ver-
langen wird, möglicherweise am Lissabonner Vertrag
und seinen Protokollen selbst, in jedem Fall aber durch
die flankierende Einführung von unabdingbaren Parla-
mentsvorbehalten.

Der heutige Antrag der Grünen ist auch deshalb nütz-
lich, damit dem Bundesverfassungsgericht die Mängel
im demokratischen Verfahren des Bundestags praktisch
und plastisch vor Augen geführt werden. Noch überzeu-
gender wäre es allerdings gewesen, lieber Kollege
Steenblock, wenn auch Ihre Fraktion vor das Bundesver-
fassungsgericht gezogen wäre.

Ich komme zum Schluss. Es ist gut, dass der Antrag
hier und heute vorliegt. Wir werden ihm zustimmen. Die
notwendigen Schritte zur Gewährleistung der demokrati-
schen Legitimation europäischen Handelns werden wir

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(C (D ber nicht allein durch eine bessere Einhaltung und urch eine Weiterentwicklung der Vereinbarung erreihen können. Hierzu bedarf es ergänzender Vorschriften on Verfassungsrang. Diese wird es aber erst nach und uf der Grundlage der Entscheidung des Bundesverfasungsgerichts und erst in der neuen Wahlperiode geben, n der wir als Linke auch wegen unserer konsequenten uropapolitik stärker vertreten sein werden. Vielen Dank. Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der ollege Michael Roth für die SPD-Fraktion. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das uropa der Parlamente ist das Europa der Demokratie. em fühlen wir uns alle hier im Deutschen Bundestag erpflichtet. Wir sollten aber keine Zerrbilder malen, die it der Wirklichkeit nichts zu tun haben, Herr Kollege lrich. enn es ist geradezu ein Treppenwitz der Geschichte, ass diejenigen, die sich hier vorne hinstellen und einen lammenden Appell zugunsten der Demokratie halten, as Dokument massiv bekämpfen, das sowohl das Euroäische Parlament als auch die nationalen Parlamente tärkt. Das muss man in solchen Debatten leider immer ieder erklären, weil Sie es offensichtlich noch immer icht verstanden haben. Sie sollten sich dafür schämen, ass Sie mit zum Teil abstrusen Theorien und Behaupungen vor das Bundesverfassungsgericht gezogen sind. s ist den konstruktiven, kenntnisreichen und kundigen olleginnen und Kollegen in der Verhandlung vor dem undesverfassungsgericht zu verdanken, dass wir uns xzellent dargestellt haben. Dafür war zweifellos die ereinbarung zwischen Bundestag und Bundesregierung ine große Hilfe. (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ulrich Maurer [DIE LINKE]: Warten wir einmal das Urteil ab, Kollege!)


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620831600

(Beifall bei der SPD)

Michael Roth (SPD):
Rede ID: ID1620831700

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


n den zum Teil besorgten Gesichtern der Repräsentan-
en der Bundesregierung hat man gesehen, dass es mit-
nter hilfreich und nützlich war, dass wir in den Gesprä-
hen mit der Bundesregierung sehr offensiv für den
arlamentarischen Standpunkt eingetreten sind und deut-
ich gemacht haben, dass es auch im Interesse der Bun-
esregierung liegt und der Verbesserung der Handlungs-
ähigkeit der EU-Institutionen dient, wenn wir den
eutschen Bundestag in EU-Angelegenheiten stärken.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Da es sich um ein Projekt handelt, das wir gemeinsam
orangebracht haben, bitte ich alle, die Vereinbarung






(A) )



(B) )


Michael Roth (Heringen)

nicht schlechter zu machen, als sie tatsächlich ist. Die
Kolleginnen und Kollegen haben dankenswerterweise
schon darauf hingewiesen: Egal wohin wir in der Euro-
päischen Union kommen, die BBV genießt einen hervor-
ragenden Ruf. Wir werden gefragt. Viele Kolleginnen
und Kollegen in anderen nationalen Parlamenten wären
dankbar, wenn sie eine ähnliche Regelung hätten. Lieber
Kollege Rainder Steenblock, natürlich haben wir nach
zwei Jahren noch nicht alles erreicht. Manches muss sich
in der politisch-parlamentarischen Praxis erst noch be-
währen. Ich sehe das aber nicht als ein Zeichen von
Schwäche; denn es ist sowohl für die Bundesregierung
als auch für den Bundestag und insbesondere für die vie-
len Fachausschüsse ein Lernprozess. Es ist eine Reihe
von Instrumenten eingeführt worden. Wir haben die Ver-
waltung – auch mithilfe des Bundestagspräsidenten – in
diesen Fragen gestärkt. Wir sind in Brüssel präsent. Aber
das alles muss sich erst bewähren.

Natürlich gibt es den einen oder anderen Punkt, in
dem wir einen Verbesserungsbedarf sehen. Diese Punkte
sind in Ihrem Antrag zum Teil deutlich und klar be-
schrieben. Einiges hat sich aber schon verändert. Die
Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik wurde
schon angesprochen. Die Bundesregierung hat durch das
Auswärtige Amt vorgeschlagen, dass wir quartalsweise
unterrichtet werden. Ich kann mich nur den Aussagen
des Kollegen von der CDU/CSU-Fraktion anschließen.
Wir müssen bei den Ratsformationen noch einmal quali-
tativ zulegen. Es ist uns völlig gleich, um welche Rats-
formation es sich handelt. Wir müssen über alle Ratsfor-
mationen und die Ergebnisse der Beratungen unterrichtet
werden. Ich sehe hier die ausgestreckte Hand der Bun-
desregierung.


(Heiterkeit bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wie werden da so weit vorankommen, dass es unseren
Erwartungen entspricht.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Lassen Sie mich zum Schluss doch noch einmal auf
das Bundesverfassungsgericht und die dortigen Beratun-
gen zu sprechen kommen. Ich gehe nicht davon aus, dass
das Bundesverfassungsgericht diesem Meilenstein für
mehr Parlamentarismus und für mehr Demokratie in der
Europäischen Union Steine in den Weg legt. Aber ich
gehe fest davon aus – das hat man in den Gesprächen
und in der Verhandlung ein bisschen herausgehört –,
dass es präzise Vorgaben zugunsten des Deutschen Bun-
destages und zugunsten des Parlamentarismus geben
wird.

Deswegen wäre mein Vorschlag – da sind wir durch-
aus wieder einer Meinung –: Wir sollten das Urteil sehr
selbstbewusst abwarten und uns dann in die Phase der
Evaluation begeben. Möglicherweise muss im Lichte
dieser Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes die
Vereinbarung zwischen Bundestag und Bundesregierung
abermals geändert werden. Ich lade dann alle zum kon-
struktiven Miteinander ein. Dass wir das schaffen, haben
wir gezeigt. Und wenn dann unsere Verhandlungspartner

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(C (D ieder die Kollegen Gloser und Hintze sind, dann wird as auch klappen. Vielen Dank. Ich schließe die Aussprache, verbunden mit dem aus rücklichen Hinweis, dass es für die Ernsthaftigkeit des mgangs von Parlament und Regierung mit dem Thema europäische Willensbildungsprozesse“ spricht, dass wir chon zwei Jahre nach der Vereinbarung darüber nachenken, ob und in welcher Weise sie weiterentwickelt erden kann. Ich füge hinzu, dass ich aus jüngsten Ge prächen mit Kollegen Parlamentspräsidenten bei den ährlichen Treffen weiß, dass unsere Vereinbarung einchließlich unserer inzwischen geschaffenen eigenen ertretung in Brüssel in vielen anderen Ländern längst ls Modell für eigene Überlegungen gilt, die dort erst beinnen, während wir hier jetzt über Optimierungen reen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620831800

Ich vermute, dass Sie damit einverstanden sind, dass
ie Vorlage auf der Drucksache 16/12109 an die in der
agesordnung aufgeführten Ausschüsse überwiesen
ird. – Das ist der Fall. Dann ist das so beschlossen.

Dann rufe ich den Zusatzpunkt 4 auf:

Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/
CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Fortführung der Gesetzeslage
2006 bei der Entfernungspauschale

– Drucksache 16/12099 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Haushaltsausschuss mitberatend und gemäß § 96 GO

Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Reden zu
iesem Tagesordnungspunkt zu Protokoll zu geben. Es
andelt sich um die Reden der Kolleginnen und Kolle-
en Olav Gutting, Florian Pronold, Dr. Volker Wissing,
r. Barbara Höll und Christine Scheel.1) – Darüber be-

teht offensichtlich Einvernehmen.

Interfraktionell wird die Überweisung des Gesetzent-
urfes auf der Drucksache 16/12099 an die in der Tages-
rdnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. – An-
erweitige Vorschläge höre ich nicht. Dann ist die
berweisung so beschlossen.

Ich rufe den Zusatzpunkt 5 auf:

Erste Beratung des von den Abgeordneten
Michael Kauch, Angelika Brunkhorst, Horst
Meierhofer, weiteren Abgeordneten und der
Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines

Anlage 7






(A) )



(B) )


Präsident Dr. Norbert Lammert
Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den
Vorrang Erneuerbarer Energien

– Drucksache 16/12094 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

Auch hier sollen die vorgesehenen Reden nach einer
interfraktionellen Vereinbarung zu Protokoll gegeben
werden. Es handelt sich um die Reden von Frau
Dr. Maria Flachsbarth, Dirk Becker, Michael Kauch,
Eva Bulling-Schröter und Hans-Josef Fell.1)

Interfraktionell gibt es den Vorschlag auf Überwei-
sung des Gesetzentwurfes auf der Drucksache 16/12094
an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse. –
Andere Vorschläge liegen nicht vor. Dann darf ich Ihr
Einvernehmen zu dieser Überweisung feststellen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 15 auf:

Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ver-
trag vom 3. September 2008 zwischen der
Bundesrepublik Deutschland und dem König-
reich Dänemark über eine Feste Fehmarnbelt-
querung

– Drucksache 16/12069 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Tourismus
Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll diese
Aussprache eine halbe Stunde dauern. – Ich höre keinen
Widerspruch und erteile das Wort dem Kollegen Achim
Großmann, der für die Bundesregierung dazu Stellung
nimmt.

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Achim Großmann (SPD):
Rede ID: ID1620831900


Vielen Dank, Herr Präsident. – Meine sehr geehrten
Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen!


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das Mikro ist nicht an! Man hört Sie nicht!)


– Ich versuche es noch einmal. Das Mikrofon ist nicht
an.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620832000

Das ist der durchsichtige Versuch der Verwaltung, das

vorzeitige Ende der Debatte herbeizuführen.


(Heiterkeit)


Der kann nicht wirklich gelingen. Im Übrigen: Wenn Sie
laut und deutlich sprechen, stellen Sie sicher, dass ers-

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h1) Anlage 8

(C (D ens die anwesenden Kollegen Sie verstehen und zweiens alles im Protokoll erscheint. A – Okay. Mir bleiben nur noch 4:40 Minuten. Aber ich ürze die Rede und dringe nicht auf die Einhaltung der rsprünglich vorgesehenen Zeit. Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und ollegen! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll der taatsvertrag über die feste Fehmarnbelt-Querung ratifiiert werden, den die Bundesregierung – hier Herr Miister Tiefensee – im September 2008 mit der damaligen änischen Verkehrsministerin Christensen in Kopenhaen unterzeichnet hat. Wir haben harte Verhandlungen eführt. Letztlich haben die Vertragsparteien eine akzepable Verteilung der Verantwortlichkeiten gefunden. Dänemark wird die Verantwortung für die Planung, en Bau, den Betrieb und – das ist mir besonders wichig – die Finanzierung für das Querungsbauwerk überehmen, wobei noch nicht klar ist, ob es eine Brücke der ein Tunnel werden soll. Die Fehmarnbelt-Querung oll über Nutzergebühren finanziert werden. Deutschland t im Gegenzug bereit, die Hinterlandanbindung auf deut cher Seite sicherzustellen. Bis zur Eröffnung der festen ehmarnbelt-Querung – Sie wissen, dass wir für das Jahr 018 damit rechnen – soll der vierstreifige Ausbau der undesstraße B 207 zwischen Heiligenhafen – das ist die bfahrt Ost – und Puttgarden realisiert werden. Die Feharnsundbrücke soll zweispurig bleiben. Weiterhin soll ie Elektrifizierung der eingleisigen Schienenstrecke wischen Lübeck und Puttgarden erfolgen. Darüber hiaus soll sieben Jahre nach Eröffnung der Fehmarnbeltuerung der Ausbau der Schienenstrecke zwischen Lüeck und Puttgarden zu einer zweigleisigen Strecke abeschlossen sein. Die Fehmarnsundbrücke soll eingleiig bleiben. Schleswig-Holstein wird sich mit 60 Milionen Euro an der Hinterlandanbindung beteiligen. uch das ist vertraglich festgelegt. Das Projekt – das wissen Sie – ist ein wesentliches lement zur Vollendung der zentralen Nord-Süd-Achse wischen Skandinavien und Mitteleuropa auf der kürzesen Verbindung über die Vogelfluglinie. Die feste Feharnbelt-Querung ist von großem europäischem Inte esse und einschließlich der Schienenhinterlandanbinungen ein vorrangig zu realisierendes Vorhaben für den ufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes. Sie ist lso Teil der TEN-Bestrebungen in Europa. Die Europäische Kommission hat diesen Vertrag hooriert und für die laufende Finanzperiode 339 Millioen Euro für die feste Fehmarnbelt-Querung und knapp 3 Millionen Euro für Studien zur Schienenhinterandanbindung in Deutschland zur Verfügung gestellt. ie feste Fehmarnbelt-Querung wird die Reisezeiten wischen den Metropolregionen Hamburg und Kopenagen/Malmö um circa eine Stunde verkürzen und ganz Parl. Staatssekretär Achim Großmann wesentlich zur Stärkung des Schienenverkehrs beitragen. Wir rechnen damit, dass die Fehmarnbelt-Querung durch die verminderten Transportzeiten auch zur Verbesserung der Hinterlandanbindung der Häfen Lübeck und Hamburg beitragen wird. Sie wissen – das werden wir noch ausgiebig diskutieren können –, dass die Bewältigung möglicher Umweltauswirkungen bei uns sehr zentral diskutiert worden ist. Schon im Vorlauf sind ausführliche Untersuchungen durchgeführt worden. Es muss aber natürlich zusätzlich eine Umweltverträglichkeitsprüfung stattfinden, die auf deutschem Hoheitsgebiet nach deutschem Recht erfolgt. Das ist für uns ganz wichtig. Das bestimmt Art. 13 des Staatsvertrags. Es sind bereits unmittelbar nach Unterzeichnung des Vertrags eine Reihe von Umweltuntersuchungen von der dänischen Projektgesellschaft in Auftrag gegeben worden. Die Einhaltung aller maßgeblichen gemeinschaftsrechtlichen und innerstaatlichen Bestimmungen und Vorgaben für Planung, Bau und Betrieb der festen Fehmarnbelt-Querung wird eine wirksame und nachhaltige Umweltvorsorge sicherstellen. Ein weiterer Aspekt sind die Sicherheitsund Schifffahrtsbedingungen am Fehmarnbelt. Hierzu wird zurzeit ein umfangreiches Arbeitsprogramm durchgeführt. Erste Arbeitsschritte wurden abgeschlossen. Die Gesamtbewertung erfolgt im Rahmen eines Formal Safety Assessment nach den Vorgaben der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation. Dort wird auch eine Risikoanalyse erstellt. Auf deutscher Seite werden diese Arbeiten durch ein nationales Expertenteam unter dem Vorsitz der Wasserund Schifffahrtsdirektion Nord begleitet. Wir haben also alles in die Wege geleitet, um wirkliche Vorsorge in Bezug auf die Umweltfragen und die Sicherheitsfragen zu treffen. Ich denke, wir haben auch die Teilung der finanziellen Lasten gut ausgehandelt. Deshalb hoffe ich, dass das Ratifizierungsverfahren – wir planen den Abschluss für Ostern 2009 – dadurch unterstützt wird, dass der Bundestag und der Bundesrat noch vor dem Sommer ihre Zustimmung zu dem Gesetzentwurf geben können. Vielen Dank. Der Kollege Jürgen Koppelin, FDP-Fraktion, gibt seine Rede zu Protokoll.1)

Achim Großmann (SPD):
Rede ID: ID1620832100

(Heiterkeit)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620832200

Nächster Redner ist der Kollege Gero Storjohann für
die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Gero Storjohann (CDU):
Rede ID: ID1620832300

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Es ist ein schöner Tag. Bereits seit 1991, mit
dem Beschluss zum Bau einer Brücke über den Öresund
zwischen Dänemark und Schweden, beraten wir über

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G1) Anlage 9

(C (D ine feste Fehmarnbelt-Querung. Die Planungen haben ereits begonnen. Ich erinnere mich noch an die Projektlanungen, an denen ich als Landtagsabgeordneter mitewirkt habe und in denen wir das Für und Wider erörert haben. Dänemark und Deutschland haben früh erkannt, dass in solches Projekt große Chancen beinhaltet. Heute ist ieses Projekt, das sich in vielen Untersuchungen, Stuien und Modellrechnungen bewähren musste und auch ewährt hat, im Deutschen Bundestag angekommen. Ich ann nur sagen: Was lange währt, wird endlich gut. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Der Bau einer festen Querung über den 19 Kilometer
angen Fehmarnbelt ist das Kernstück des Staatsvertrags
wischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Kö-
igreich Dänemark vom September letzten Jahres. Eine
rückenkonstruktion ist am wahrscheinlichsten. Es ist
ber auch möglich, das Projekt durch eine Tunnellösung
u verwirklichen. Das wird im Jahre 2012 beschlossen
erden.

Entscheidend ist, dass diese feste Beltquerung das
rößte europäische Verkehrsinfrastrukturprojekt der letz-
en Jahrzehnte ist. Sie schließt die bisher fehlende Ver-
indung zwischen Mittel- und Nordeuropa. Die Metro-
olregion Hamburg und die erfolgreiche Öresund-
egion können zusammenwachsen, und zwar in bewusst
oppelter Bedeutung: Sie kommen sich näher, und sie
ntwickeln sich gemeinsam noch besser.

In Deutschland wird gelegentlich übersehen, dass in
er Öresund-Region ein Viertel des dänischen und
chwedischen Bruttoinlandsprodukts erwirtschaftet
ird. Im Bereich Wissenschaft und Forschung gehört
iese Region sogar zu den führenden Zentren Europas.
llein durch einen Blick auf das Potenzial, das durch die
ernetzung der leistungsstarken Öresund-Region mit der
benso starken Metropolregion Hamburg entsteht, müss-
en alle Bedenken hinweggefegt werden. Menschen mit
hren Ideen, aber auch Güter, Dienstleistungen und
now-how bekommen gewissermaßen eine Standlei-

ung.


(Beifall bei der CDU/CSU)


avon profitiert nicht nur Schleswig-Holstein als Binde-
lied, sondern auch Deutschland als Exportnation und
etztendlich auch ganz Nordeuropa.

Die feste Fehmarnbelt-Querung macht den Weg frei
ür neues Wachstum und mehr Beschäftigung. Es entste-
en auch neue Arbeitsplätze. Das ist allerdings nicht ge-
au zu beziffern; denn da stellt sich die Frage, wie weit
ir in die Zukunft schauen. Es wird auch Arbeitsplatz-

bbau geben. Folgendes ist aber klar: Durch den Betrieb
er Brücke werden 200 Arbeitsplätze entstehen. Die
HK Schleswig-Holstein rechnet allein für ihre Region
it 1 800 zusätzlichen Arbeitsplätzen.

Das haben die Dänen schon lange erkannt. Ihr Inte-
esse an dem Projekt ist sogar so groß, dass sie nicht nur
ie Kosten der Hinterlandanbindungen auf dänischem
ebiet tragen, sondern auch die Baukosten der Brücke






(A) )



(B) )


Gero Storjohann
selbst; der Herr Staatssekretär hat das soeben ausgeführt.
Die EU wiederum fördert den Bau als wichtiges Ver-
kehrsinfrastrukturprojekt. Das hat sie getan, ohne dass
ein Staatsvertrag vorlag. Sie ist insofern in Vorleistung
getreten. Das war eine besondere politische Entschei-
dung der Europäischen Kommission.

Insgesamt fallen in Deutschland durch den Bau keine
Kosten an, weder beim Bund noch bei den Ländern oder
den Kommunen. Das heißt, wir bekommen einen exklu-
siven Zugang zu den am meisten prosperierenden Regio-
nen Skandinaviens. Deutschland trägt lediglich die
Kosten der Hinterlandanbindung, die wir sowieso ir-
gendwann hätten aufbringen müssen. Denn auch in
Schleswig-Holstein legen wir Wert darauf, dass wir
Schienenverbindungen haben und Autobahnnetze opti-
miert werden. Der Bau der Fehmarnbelt-Querung wird
jetzt in einem Staatsvertrag festgeschrieben, und das fin-
den wir als Schleswig-Holsteiner besonders schön. Ge-
rade in Grenzregionen müssen wir für vernünftige Ver-
kehrsverbindungen sorgen. Ich glaube, da habe ich die
FDP mit in meinem Boot.

Für die Straßenanbindungen sind etwa 90 Millionen
Euro veranschlagt. Es ist klar, dass die feste Fehmarn-
belt-Querung an das überregionale Fernstraßennetz an-
gebunden werden muss.

Von noch größerer Bedeutung ist für mich die Schie-
nenanbindung; für die Europäische Kommission ist sie
entscheidend. Eine feste Querung sorgt hier für einen be-
sonders großen Zeitvorteil; aber es werden auch Barrie-
ren weggerissen. Die Kosten für die Passage werden mit
der Zahlung des Fahrpreises entrichtet. Das wird die
Attraktivität der Bahn beträchtlich erhöhen – ein dickes
Plus auch für den Umweltschutz. Mit den jetzigen Fähr-
verbindungen überqueren nur wenige Personenzüge pro
Tag den Fehmarnbelt – und kein einziger Güterzug. Alle
Güterabfertigungsanlagen auf dänischer Seite sind abge-
baut worden.


(Lutz Heilmann [DIE LINKE]: Dann fragen Sie doch mal, warum das so ist!)


Wenn die Brücke fertig ist, werden pro Tag
40 Personenzüge und zwischen 40 und 60 Güterzüge
über den Fehmarnbelt fahren. Ebenso wie bei den Stra-
ßen muss darum auch die Schienenanbindung in ein Ge-
samtkonzept eingebunden werden. Dies betrifft etwa
Investitionen in die weitere Elektrifizierung der Bahn-
strecke Lübeck–Puttgarden.

Allen Unkenrufen zum Trotz ist eine direkte Verbin-
dung über den Fehmarnbelt letztlich auch im Sinne des
Umwelt- und Naturschutzes. Wir haben Gespräche in
Dänemark geführt. Die Grünen in Dänemark befürwor-
ten selbstverständlich ein Brückenprojekt dieser Art.
Eine Brücke führt, verglichen mit der Fortsetzung des
Fährbetriebes, zu einer Abnahme aller Arten von ver-
kehrsbedingten Schadstoffemissionen.

Es ist unredlich, wenn gelegentlich einerseits die Brü-
cke als gefährliches Hindernis und andererseits der Fähr-
betrieb als völlig risikofrei dargestellt werden. Bei klarer
Kennzeichnung geht von einem statischen Brückenpfei-
ler ein weit geringeres Gefahrenpotenzial aus als von ei-

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(C (D em Objekt wie einer Fähre, das sich bewegt. Ich eraube mir den Hinweis: Der Nord-Ostsee-Kanal, die eistbefahrene Wasserstrecke der Welt, hat eine Breite on – gar nicht einmal vollständig beschiffbaren – 60 Metern. (Rainder Steenblock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und jetzt willst du uns die Unfälle alle vorlesen, die da vorkommen?)


wischen zwei Brückenpfeilern werden 700 Meter lie-
en. Ich traue unseren Kapitänen zu, dieses Hindernis
underbar zu umschiffen. Dieses Argument lasse ich

lso nicht gelten.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Im Übrigen sind die Erfahrungen mit den Umweltaus-
irkungen bei anderen Brücken insgesamt sehr positiv.
erade die Brücke über den Großen Belt und die
resund-Brücke, die sich quasi in der Nachbarschaft be-

inden und sich hervorragend als Referenzmodelle eig-
en, gelten als vorbildlich für den Umgang mit der
atur. Zusammenfassend lässt sich also festhalten: lang-

ristige Vorteile, so weit das Auge reicht.

Eine einzige mahnende Anmerkung haben wir aller-
ings: Wenn man schon – quasi zum Nulltarif – eine
este Querung mit all ihren Vorteilen bekommt, dann
uss sichergestellt werden, dass auch wir alles tun, um

ie Potenziale voll auszuschöpfen. Das bedeutet: Wir
rauchen in der Region, aber auch darüber hinaus, eine
eistungsfähige Weiterführung des Straßen- und Schie-
ennetzes. Die Hinterlandanbindungen müssen kom-
en. Da wissen wir uns alle im gleichen Boot: Alle Kol-

egen arbeiten daran, dass sie kurzfristig zustande
ommen können.

Die Idee eines zusammenwachsenden Europas, von
allenden Grenzen, einem gemeinsamen Binnenmarkt
nd freiem Verkehr von Personen, Gütern und Dienst-
eistungen nimmt mit dem Bau einer festen Querung
ber den Fehmarnbelt konkrete Gestalt an. Die Chancen
ind da. Das Know-how ist da. Das Geld ist da. Der

ille ist da. Jetzt fehlt nur noch der Startschuss – und
en geben wir heute.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620832400

Das Wort erhält nun der Kollege Lutz Heilmann für

ie Fraktion Die Linke.


Lutz Heilmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620832500

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

erte Gäste! Vor einiger Zeit flatterte nicht nur uns Bun-
estagsabgeordneten, sondern auch einer Menge Bürge-
innen und Bürgern in Ostholstein eine tolle Broschüre
er Femern Baelt A/S ins Haus. Ich bin beeindruckt,
elche Mühe sich die vermeintlich künftigen Bauherren

iner festen Fehmarnbelt-Querung gemacht haben, um
ns das Vorhaben schmackhaft zu machen. Auf 35 mit
ollen Bildern gespickten Seiten wird dargestellt, welch
in Segen nicht nur über die Bürgerinnen und Bürger
on Fehmarn mit Baubeginn kommen soll. Alles sei






(A) )



(B) )


Lutz Heilmann
weitestgehend in trockenen Tüchern. So mancher hat
mich schon nach dem Fortgang des Brückenbaus ge-
fragt. Wie der Kollege Storjohann von der CDU gerade
angesprochen hat, sollen beispielsweise die CO2-Emis-
sionen gesenkt werden. Wie das bei steigendem Lkw-
Verkehr funktionieren soll, verschweigen allerdings die
Verfasser und auch Sie, Herr Kollege, geflissentlich.

Voraussichtlich nach 30 Jahren soll mit der Maut
Schluss sein. Das hört sich erst einmal gut an, nämlich
für den Fall, dass die Brücke 100 Jahre stehen soll. Ich
habe da allerdings ganz andere Zahlen im Ohr. Kollege
Storjohann, auch Sie waren letztes Jahr mit in Däne-
mark. Da war von 22 Jahren die Rede.

Von Entwicklungsmöglichkeiten der Regionen ist da-
rin zu lesen. Verschwiegen wird, dass Ostholstein und
Lolland vorwiegend ländlich geprägt sind und große
Wirtschaftseinheiten nicht vorhanden sind. Mit Verlaub:
Es wird wohl kaum jemand wollen, dass auf Fehmarn
eine neue Produktionslinie von VW errichtet wird. Das
wäre das Aus für die Urlaubs- und Sonneninsel Deutsch-
lands.

Von einer starken Förderung durch die EU haben auch
Sie gesprochen, Kollege Storjohann.


(Enak Ferlemann [CDU/CSU]: Ja, sehr gut!)


Richtig ist, dass 335 Millionen Euro TEN-Mittel fließen
sollen. In der Broschüre werden darüber hinausgehende
Erwartungen geäußert. Äußerst fraglich ist aber, ob ab
2014 tatsächlich rund 1,2 Milliarden Euro fließen; Sie
gehen davon aus, dass von der EU 1,5 Milliarden Euro
kommen. Fest steht allerdings, dass die Fördersumme
bei möglichen Kostensteigerungen nicht proportional er-
höht wird. Das sollten Sie sich einmal auf der Zunge zer-
gehen lassen.

Anders als es uns die schöne Broschüre weismachen
will,


(Dr. Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Wir sind im deutschen Parlament und nicht im dänischen!)


gibt es für eine feste Fehmarnbelt-Querung keinen Be-
darf, wäre deren Errichtung sozial unverantwortlich,


(Enak Ferlemann [CDU/CSU]: Was ist daran sozial unverantwortlich?)


wirtschaftlich nicht zu rechtfertigen und ökologisch ka-
tastrophal; darüber hinaus würde die Schifffahrt gefähr-
det. Kollege Storjohann, es ist wirklich etwas anderes,
ob man einen 300 oder 400 Meter langen Tanker durch
eine Rinne von 700 Meter Breite oder durch eine solche
von 10 Kilometer Breite führen soll.


(Enak Ferlemann [CDU/CSU]: Das ist doch lachhaft!)


Das sollten Sie sich einmal durch den Kopf gehen las-
sen.

Nach den Berechnungen würden gerade einmal
9 000 Autos pro Tag über die Brücke rollen und weit

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(C (D ber 600 Arbeitsplätze allein bei den Fähren auf dem piel stehen; weitere Arbeitsplätze wären gefährdet. Sie können sich einfach einmal auf den Weg nach ehmarn machen. Wenn Sie sich vorstellen, dass dort ine vierspurige Autobahn mit einer Anfahrtsrampe zur rücke und daneben noch zwei Gleise gebaut werden, nd sich dann die Größe der Insel Fehmarn vergegenärtigen, werden Sie erkennen, dass diese Insel völlig erstört würde, dass sie in zwei Teile zerschnitten würde. Sie müssen sich das einmal überlegen! Die Brücke ird mindestens 65 Meter hoch sein. Sie können aus echnen, wie lang die Anfahrtsrampe sein muss und was as für diese Insel bedeutet. (Enak Ferlemann [CDU/CSU]: Kollege, waren Sie schon mal auf Fehmarn?)


(Enak Ferlemann [CDU/CSU]: Herrlich!)


(Widerspruch bei der CDU/CSU)


Ich war häufig auf Fehmarn.


(Enak Ferlemann [CDU/CSU]: Ach so! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Bei Tag oder Nacht?)


Bei Tag und bei Nacht. Ich habe zum Beispiel einmal
in Praktikum beim NABU-Wasservogelreservat Wall-
au gemacht. Das könnten Sie auch gebrauchen. Dann
ürden Sie sehen, welchen Naturwert diese Insel hat.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, uns liegt heute der
esetzentwurf zur Ratifizierung des Staatsvertrages für
ie Errichtung einer festen Fehmarnbelt-Querung vor.
it der Ratifizierung des Staatsvertrages würde das
ohe Haus den politischen Willen für den Bau einer fes-

en Fehmarnbelt-Querung kundtun. Danach gäbe es kei-
erlei Möglichkeit mehr, politisch Einfluss zu nehmen.
as ist an sich nicht schlecht. Wenn aber nicht alle Fra-
en geklärt sind, gibt es Probleme.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620832600

Aber Sie wollen die doch jetzt hoffentlich nicht noch

rläutern, Herr Kollege?


Lutz Heilmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620832700

Vieles ist völlig ungeklärt. Sie sind nonchalant darü-

er hinweggegangen, Herr Kollege Storjohann.


(Enak Ferlemann [CDU/CSU]: Nein!)


ie Frage der Gefährdung des Schiffsverkehrs ist in
einer Weise abschließend geklärt. Wären Sie am
. Februar mit den Fähren von Scandlines mit hin- und
ergefahren, hätten Sie sich vom nautischen Verein ein
isschen mehr Hintergrundwissen holen können.

Leider wird angezeigt, dass ich zum Ende kommen
uss.


(Zuruf von der CDU/CSU: Gott sei Dank!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620832800

Dass Sie zum Ende hätten kommen müssen!






(A) )



(B) )


Lutz Heilmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620832900

Ich möchte Sie aber noch darauf hinweisen, dass

selbst der Bundesbeauftragte für Wirtschaftlichkeit in
der Verwaltung erhebliche Bedenken gegen das Projekt
geäußert hat.


(Dr. Stephan Eisel [CDU/CSU]: Das Ende ist vorbei!)


Ich hoffe, dass im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens
bei Ihnen ein Umdenken einsetzt und Sie begreifen, dass
die feste Fehmarnbelt-Querung keine Zukunft hat – nicht
für Fehmarn, nicht für Schleswig-Holstein und auch
nicht für Deutschland.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Stephan Eisel [CDU/CSU]: Und Europa?)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620833000

Nun hat der Kollege Rainder Steenblock das Wort.


(Gero Storjohann [CDU/CSU]: Stell das mal richtig!)



(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir
haben es hier mit einem Verkehrsprojekt von gewaltigen
Dimensionen zu tun.


(Lutz Heilmann [DIE LINKE]: Monströs!)


Es ist, wie Gero Storjohann richtig gesagt hat, das größte
Verkehrsprojekt der Europäischen Union, vor allen Din-
gen das größte in ganz Nordeuropa.

Es hat noch eine andere exorbitante Dimension: Es ist
das Verkehrsprojekt mit dem schlechtesten Kosten-Nut-
zen-Verhältnis, das wir je gehabt haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Nach einer Untersuchung der Universität Rostock hat
dieses Projekt ein Kosten-Nutzen-Verhältnis von
1 : 0,65. Das muss man sich einmal vorstellen. Beim Be-
trieb dieser Brücke wird jeder investierte Euro nicht nur
mit 35 Cent subventioniert; wir machen sogar ein Minus.
Alle, die sich ein bisschen mit Verkehrsplanung ausken-
nen, wissen, Herr Großmann, dass wir im Bundesver-
kehrswegeplan nur Projekte mit einem Kosten-Nutzen-
Verhältnis von 1 : 4 und höher finanzieren. Es gibt aber
auch Ausnahmen. In diesem Fall jedoch ergeben selbst
die besten Berechnungen nur ein Verhältnis von 1 : 1.

Es ist also ein unwirtschaftliches Projekt, ein Pres-
tigeprojekt der Dänen –; man muss sich das einmal vor-
stellen, nach Schätzungen geht es um eine Summe zwi-
schen 6 und 9 Milliarden Euro, also nicht um Peanuts;
wir finanzieren einen geringeren Teil davon – für ein
Verkehrsaufkommen, das auch nach Spitzenberechnun-
gen nicht mehr als 8 000 Fahrzeuge pro Tag umfasst.
Dafür baut man normalerweise gerade einmal eine
Kreisstraße. Auch das macht das Kosten-Nutzen-Ver-
hältnis so schlecht.

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(C (D Herr Kollege Storjohann sagt, das Geld sei da. Lieber err Kollege Storjohann, von diesem Geld ist überhaupt ichts da. Jeder Cent, der in dieses Projekt investiert erden muss, wird über Schulden finanziert. Das muss n vielen Jahren über Mauteinnahmen wieder hereinommen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Lutz Heilmann [DIE LINKE]: Das ist die nachhaltige Politik der CDU/CSU!)


err Kollege Storjohann, wer darüber hinaus sagt, wir
üssten nichts davon bezahlen, hat den Staatsvertrag

icht gelesen; denn in diesem Staatsvertrag steht, dass
ei einer veränderten wirtschaftlichen Grundlage ganz
eu über die Verteilung des Geldes geredet wird.

Das Risiko auch für den deutschen Steuerzahler be-
teht nicht nur in den Hinterlandanbindungen, deren
inanzierung bisher niemand geklärt hat und die nicht

m Bundesverkehrswegeplan enthalten sind. Bisher gab
s überhaupt keinen Cent öffentliche Mittel dafür. Das
st ein Heißluftballon, den Sie hier aufpusten, und zwar

it Schulden, die Sie zusätzlich aufnehmen wollen. Nie-
and kann aber sagen, ob mit diesem Projekt eine Ren-

ite nicht nur für die Unternehmer, sondern auch für den
teuerzahler erzielt wird. Das ist eine Verkehrspolitik,
ie auch ökonomisch völlig verfehlt ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Gero Storjohann [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620833100

Sie möchten offenkundig eine Zwischenfrage des

ollegen Storjohann beantworten?


Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620833200

Das können wir den ganzen Abend so machen.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620833300

Nein, das machen wir sicher nicht.


Gero Storjohann (CDU):
Rede ID: ID1620833400

Herr Steenblock, können Sie mir zustimmen, dass in

rster Linie auf Ihr Betreiben hin die Bahnstrecke Bad
ldesloe–Neumünster mit einem Volumen von 330 Mil-

ionen Euro in den Bundesverkehrswegeplan aufgenom-
en wurde und dass im Zuge des Baus der Fehmarnbelt-
uerung das Projekt wegfällt, weil es sich dann er-
brigt?


Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620833500

Ich bin mir nicht sicher, ob es sich erübrigen würde. Es

ibt aber natürlich die Vereinbahrung mit der Bahn AG,
ass eine von diesen beiden Strecken zur Anbindung an
as dänische Güterverkehrsnetz gebaut wird. Das hat
ber nichts mit unserer Kritik an der Fehmarnbelt-Que-
ung zu tun.

Ich habe gerade deutlich gemacht: Die ökonomischen
oraussetzungen sind extrem schlecht und unverant-






(A) )



(B) )


Rainder Steenblock
wortlich. Das können wir keiner Bürgerin und keinem
Bürger erklären.

Die ökologischen Risiken dieses Projektes sind eben-
falls gewaltig. 20 Millionen Zugvögel fliegen auf dieser
Route. Diese Tatsache ist bei den Planungen überhaupt
nicht vernünftig berücksichtigt worden. Diese Brücke
würde mitten in einem Schweinswalschutzgebiet stehen.

Unter dieser Brücke würden sich Schiffsbewegungen
vollziehen, insbesondere von Öltankern. Es geht nicht wie
beim Nord-Ostsee-Kanal darum, dass ein paar Schiffe un-
terwegs sind. Im Beltbereich sind 66 000 Schiffe unter-
wegs. Diese müssen zukünftig durch drei Flaschenhälse
hindurch, die zwar jeweils 750 Meter breit sind. Das
sind aber 66 000 Schiffe. Dieses Risiko ist völlig unbe-
herrschbar.

Schauen wir uns die weiteren ökologischen Konse-
quenzen an: Bei der Öresund-Querung, die Sie ja be-
rücksichtigt haben, gibt es ein System, das den Wasser-
austausch in diesem Bereich realisiert und das garantiert
vernünftig ist. Das ist bei der Fehmarnbelt-Querung aus
Kostengründen aber nicht geplant worden. Das wird
– insbesondere im Hinblick auf den Wasseraustausch in
der Region zwischen Nord- und Ostsee bis hinunter in
die Beltregion – eine ökologische Katastrophe für die
Ostsee zur Folge haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein letzter Aspekt.
Der Vergleich zwischen der Öresund-Region und der in-
nerstädtischen Verbindung zwischen Kopenhagen und
Malmö zum einen und diesem Projekt zum anderen ist
absurd. Der Vergleich mit dem Tunnel, der unter dem
Ärmelkanal gebaut wurde, ist der richtige, weil auch da-
mit Regionen durch ein extrem teures Verkehrsprojekt
miteinander verbunden wurden. Die Betreiber dieses
Tunnels sind pleitegegangen. Da sind Milliarden von
Steuergeldern vernichtet worden. Wir, die grüne Bundes-
tagsfraktion, wollen unsere Steuerzahlerinnen und Steu-
erzahler davor bewahren, dass hier wieder Milliarden an
Steuergeldern für eine Verkehrspolitik verschleudert
werden, die nichts mit Nachhaltigkeit zu tun hat.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620833600

Zum Abschluss dieses Tagesordnungspunktes hat der

Kollege Hans-Joachim Hacker für die SPD-Fraktion das
Wort.


Hans-Joachim Hacker (SPD):
Rede ID: ID1620833700

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Nach langwierigen Verhandlungen ist am
3. September 2008 der Staatsvertrag zum Bau einer fes-
ten Fehmarnbelt-Querung zwischen dem Königreich
Dänemark und der Bundesrepublik Deutschland unter-
zeichnet worden. Die Gespräche darüber reichen bis

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(C (D um Beginn der 90er-Jahre zurück. Die Bundesregierung at diesem Hohen Hause nun den dazugehörigen Gesetzntwurf vorgelegt. Ich möchte eingangs dem Bundesverkehrsminister in Kompliment machen: Herr Minister Tiefensee hat it dem Vertragspartner fair verhandelt und dabei die eutschen Interessen gut vertreten. Der Inhalt des Vertrages sieht den Bau einer 19 Kiloeter langen festen Querung des Fehmarnbelts vor. Da in festgelegt ist die Kostenträgerschaft. Darüber ist an ieser Stelle schon gesprochen worden. Dänemark überimmt die Kosten für den Bau der Brücke und die Hinerlandanbindung in Dänemark. Deutschland wird die interlandanbindung auf deutschem Hoheitsgebiet überehmen. Das Land Schleswig-Holstein beteiligt sich mit nfrastrukturmaßnahmen in Höhe von 60 Millionen Euro m Gesamtvorhaben. Ich möchte noch einmal unterstreichen: Dieser Staatsertrag gründet auf Entscheidungen der Europäischen nion, in denen es um TEN-Vorhaben geht. Die entspre henden Beschlüsse sind im Jahr 2004 gefasst worden. aran war auch Deutschland beteiligt. Ich weiß, das Projekt ist nicht unumstritten. Es gibt egeisterte Befürworter, die vergleichbare Brückenproekte als Argument heranziehen. (Lutz Heilmann [DIE LINKE]: Die sind nicht vergleichbar! – Rainder Steenblock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es gibt keine vergleichbaren!)


s gibt aber genauso Skeptiker, zu denen zum Beispiel
ie, Herr Steenblock, gehören. Die Argumente, die sach-

ich vorgetragen werden, kann man gut prüfen. Ich finde
ur, dass Sie das Bild in etwas zu düsteren Farben ge-
alt haben.


(Rainder Steenblock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben da eine vernünftige Fährverbindung!)


Herr Steenblock, wir müssen die Fragen diskutieren,
ie bislang nicht abschließend geprüft worden sind.
ierbei geht es insbesondere – das ist angesprochen
orden – um die Sicherheit des Schiffsverkehrs, um den
asseraustausch zwischen der Nord- und der Ostsee, um

ie Meeresfauna und um weitere Umweltaspekte. Das ist
öllig klar.

Das 2006 vom Bundesministerium für Verkehr, Bau
nd Stadtentwicklung initiierte Umweltkonsultations-
erfahren kam zu dem Ergebnis, dass das Vorhaben zwar
n vielen Bereichen Auswirkungen habe, aber dass die
robleme, die sich abzeichnen, am Ende beherrschbar
eien. Das sind die Aussagen aus dem Umweltkonsulta-
ionsverfahren.

Bereits in diesem Umweltkonsultationsverfahren
urde angekündigt, dass weitere Untersuchungen erfol-
en, sobald eine Grundsatzentscheidung über die Reali-
ierung einer festen Querung getroffen worden ist. An
iesem Punkt stehen wir heute. Das schließt auch eine
ffene Prüfung der Frage ein, ob ein Brückenprojekt






(A) )



(B) )


Hans-Joachim Hacker
oder eine Tunnelvariante verfolgt werden soll. Das sind
Fragen, die heute nicht beantwortet werden können und
– ich füge an – auch nicht beantwortet werden müssen,
weil zur Beantwortung dieser Fragen weitere Untersu-
chungen notwendig sind.

Die feste Fehmarnbelt-Querung ist nicht losgelöst
von der Entwicklung des Ostseeraumes zu betrachten.
Der Ostseeraum ist ein dynamischer Wirtschaftsraum
mit einem enormen Wachstumspotenzial. Potenziale se-
hen wir insbesondere im Ausbau von Wirtschaftskoope-
rationen und der Entwicklung von Verkehren in dieser
Region. Eine gut ausgebaute Verkehrsinfrastruktur ist
eine entscheidende Voraussetzung dafür, dass sich diese
Potenziale effektiv entwickeln können und der Ostsee-
raum im Wettbewerb mit anderen Wachstumsregionen
bestehen kann.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe meinen
Wahlkreis in Mecklenburg-Vorpommern und kenne die
kritische Position meiner Landesregierung zum Bau der
festen Fehmarnbelt-Querung.


(Lutz Heilmann [DIE LINKE]: Was hat denn Ihre Landesregierung gesagt?)


Ich sehe die Chancen, die mit der festen Verbindung
zwischen Dänemark und Deutschland verbunden sind.
Ich sehe Chancen für den norddeutschen Raum insge-
samt. Ich sehe aber auch Chancen für Mecklenburg-Vor-
pommern.


(Rainder Steenblock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da ist Ihre Landesregierung aber völlig anderer Meinung!)


Im Gegensatz zu den Skeptikern, zu denen auch die Lan-
desregierung von Mecklenburg-Vorpommern gehört und
die hinhaltend Widerstand aufrechterhält, sehe ich keine
Gefährdung für den Hafenstandort Rostock. Rostock ist
und wird eine Drehscheibe des Verkehrs im Ostseeraum
bleiben, zum Baltikum, nach Skandinavien, Gedser,
Schweden. Das sind Perspektiven, um die wir uns aller-
dings kümmern müssen, das Land Mecklenburg-Vor-
pommern gemeinsam mit der Bahn und dem Bund.

Die Botschaft ist: Wir müssen die Hinterlandverkehre
stärken, das heißt die Bahnverbindung zwischen
Rostock und Berlin fertigstellen und die A 14 fertigstel-
len, damit die Hafenstandorte an der mecklenburgischen
Ostseeküste aufgewertet werden. Das ist eine Aufgabe,
die sich dem Bundestag stellt und die wir im Rahmen
der Gesetzgebung und der Beratung zum Bereich der In-
frastrukturplanung längst angenommen haben.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620833800

Herr Kollege, wenn Sie freundlicherweise einmal

einen Blick auf die Uhr werfen, könnten Sie die außer-
gewöhnliche Großzügigkeit des Präsidiums noch mit
einem Schlusssatz würdigen.


Hans-Joachim Hacker (SPD):
Rede ID: ID1620833900

Herr Präsident, ich habe den Blick schon geworfen

und war mir darüber im Klaren, dass Ihre Ermahnung
gleich folgen wird.

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(C (D Gestatten Sie mir einen abschließenden Satz. Wir erden Gelegenheit haben, im Rahmen der Beratungen um Gesetzentwurf Expertengespräche zu führen. Dafür etze ich mich ein. Ich vertraue darauf, dass die Fragen, ie im Raume stehen, im Rahmen der Umweltverträgichkeitsprüfung und des Planfeststellungsverfahrens rnsthaft untersucht werden. Herzlichen Dank. – Vielen Dank, Herr Präsident, für hr Verständnis. Ich schließe die Aussprache. Ich vermute, dass trotz der erkennbar unterschiedlihen Beurteilung des Projekts Einvernehmen besteht, en Gesetzentwurf auf der Drucksache 16/12069 an die n der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zu übereisen. – Das ist doch schon einmal etwas. Dann haben ir das hiermit einvernehmlich so beschlossen. Ich rufe nun den Zusatzpunkt 6 unserer Tagesordnung uf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Katrin Kunert, Katja Kipping, Dr. Gesine Lötzsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Keine Anrechnung der Abwrackprämie bei ALG II und Eingliederungshilfe – Drucksache 16/12114 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Arbeit und Soziales Haushaltsausschuss Die vorgesehenen Reden der Kollegen Karl chiewerling, Andrea Nahles, Heinz-Peter Haustein, atrin Kunert und Markus Kurth werden zu Protokoll egeben.1)


(Heiterkeit)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620834000

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf
rucksache 16/12114 an die in der Tagesordnung aufge-

ührten Ausschüsse vorgeschlagen. – Auch hierzu gibt
s offenkundig Einvernehmen. Dann ist das so beschlos-
en.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 17 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Grietje
Staffelt, Krista Sager, Silke Stokar von Neuforn,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Privatsphäre in sozialen Netzwerken schützen
– Anbieter in die Pflicht nehmen
– Drucksache 16/11920 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Ausschuss für Kultur und Medien (f)

Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Federführung strittig

Anlage 10






(A) )



(B) )


Präsident Dr. Norbert Lammert
Wie in der Tagesordnung bereits ausgewiesen, wer-
den die Reden zu Protokoll gegeben. Es handelt sich
um die Reden der Kolleginnen und Kollegen Beatrix
Philipp, Rita Pawelski, Dr. Michael Bürsch, Manfred
Zöllmer, Gisela Piltz, Dr. Lothar Bisky und Grietje
Staffelt.


Rita Pawelski (CDU):
Rede ID: ID1620834100

Die Vorteile von sozialen Netzwerken im Internet sind

anziehend: neue und alte Freunde finden, Kontakte knüp-
fen, Partner für Sport, Lernen und Freizeit entdecken
oder schneller und effizienter Karriere machen. Wer will
da nicht bei „StudiVZ“, „Xing“ oder „Facebook“ mit-
machen und die Chancen der neuen Kommunikations-
möglichkeiten nutzen? In Deutschland sind rund zehn
Millionen, in Europa über 40 Millionen und weltweit
mehrere Hundert Millionen Menschen Mitglied in einem
Onlinenetzwerk – und täglich werden es mehr, die sich in
ihren Bann ziehen lassen.

Besonders aktiv sind dabei Junge: 68 Prozent der 14-
bis 19-Jährigen und 57 Prozent der 20- bis 29-Jährigen
nutzen die sozialen Onlinenetzwerke. Zwei von drei der
unter 29-Jährigen veröffentlichen Informationen über
sich im Web. Sie wollen kommunizieren, sie wollen Wis-
sen und Informationen austauschen, sie wollen möglichst
viele Beziehungen aufbauen und pflegen. Und sie wollen
sich oft selbst so darstellen, wie sie sein möchten. Diese
Entwicklung begrüße ich, da Jugendliche heute mit den
neuen Möglichkeiten zu aktiven Gestaltern des Internets
werden und Massenmedien nicht mehr bloß konsumieren.

Trotz des oft besseren Wissens machen sie sich dabei
nicht immer bewusst, dass im Internet nichts privat ist,
nichts vergessen wird. Wenn sie sich ihre Profile basteln
und freiwillig Auskunft über ihre Hobbys erteilen, ihre
Kontaktdaten preisgeben oder eigene Filme und – zum
Teil sehr private – Fotos hinterlegen, wird nicht immer an
potenzielle Gefahren gedacht. Dass diese Informationen
missbraucht werden und in ungünstigen Situationen wie-
der auftauchen könnten, wird ausgeblendet. Das Magazin
„Der Spiegel“ stellt dazu in seiner aktuellen Ausgabe kri-
tisch fest: „Begeistert, arglos und kaum gehemmt entblö-
ßen sie ihr Privatleben in der globalen Öffentlichkeit. Ri-
siken und Nebenwirkungen sind beträchtlich – auch für
den Wert der menschlichen Bindung.“ Kurzum: Die jun-
gen Nutzer kennen und schätzen die Vorteile von sozialen
Netzwerken, ihrer Risiken sind sie sich aber nicht ausrei-
chend bewusst. Sie suchen über den Klick den Kick. Da-
bei vergessen sie, welche Folgen ihr Handeln haben
kann. Der beste Schutz der Privatsphäre besteht daher
darin, die jungen Netzwerknutzer zu sensibilisieren, sie
aufzuklären, ihnen klar zu machen, was bestimmte Bilder
oder Daten im Internet für ihr Leben, für ihre Karriere
bedeuten könnten.

Es ist deshalb richtig und wichtig, dass die Bundesre-
gierung vielfältige Projekte fördert, die die Medienkom-
petenz von Kindern und Jugendlichen im Onlinebereich
stärken und ihr Bewusstsein schärfen. Ich erinnere an das
medienpädagogische Projekt „Jugend Online“ und des-
sen aktuelle Kampagne „Zur Sensibilisierung von Ju-
gendlichen im Umgang mit persönlichen Daten im Inter-

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(C (D et“. In Zusammenarbeit mit der Internetwirtschaft, dem ugendschutz und dem Datenschutz wird Jugendlichen im ahmen dieser Kampagne ein verantwortungsvoller Umang mit persönlichen Daten in den sozialen Netzwerken ermittelt. Im April wird dazu eine Fachtagung stattfinen. Ich erinnere an die Initiativen „Schulen ans Netz“ nd „Schau hin! Was Deine Kinder machen.“ sowie die uchmaschine „Blinde Kuh“. Diese sind sehr gut nachefragt – und erfolgreich. Ich erinnere auch an die Iniiative „Ein Netz für Kinder“, die der Bundesbeauftragte ür Kultur und Medien zusammen mit der Bundesfamiienministerin 2008 gestartet hat. Diese Initiative fördert ezielt qualitativ herausragende Internetangebote für inder und bietet ihnen zudem mit „FragFINN.de“ einen icheren Surfraum. Das ist einzigartig, das ist vielverprechend! Vielen Dank dafür an Bernd Neumann und rsula von der Leyen. Neben der Politik ist es aber hauptsächlich Aufgabe on Eltern und Bildungseinrichtungen, Kindern und Juendlichen einen kompetenten und kritischen Umgang it Onlinemedien und sozialen Netzwerken zu vermitteln nd sie für mögliche Probleme zu sensibilisieren. Aber hrlich: Viele Eltern sind bei diesen Themen doch oft berfordert. Sie kennen die modernen Kommunikationslattformen sowie spezifische Bezeichnungen und Beriffe nicht. Ihre Möglichkeiten, helfend oder steuernd inzugreifen, sind – um es vorsichtig zu sagen – oft ziemich begrenzt. Um mit dem Onlinetrend zu gehen, müssten uch sie sich über neue Entwicklungen informieren und ürfen keine Angst vor technischen Herausforderungen eigen – ansonsten werden sie von den jungen Internetutzern abgehängt. Medienkompetenz kann nicht verordnet werden – Meienkompetenz muss erlernt werden. Unterstützung eralten Eltern und Lehrer dabei von denen, die soziale etzwerke betreiben. So stellt der Anbieter „StudiVZ“ ine Arbeitsmappe „mehr wissen. mehr schuelerVZ.net“ uf seiner Internetseite zur Verfügung. Damit soll Schüern durch verschiedene Übungen ein sicherer und überegter Umgang mit dem „SchuelerVZ“ sowie mit anderen ergleichbaren Onlinemedien nahegebracht werden. ies ist eine sehr kluge und weitsichtige Maßnahme des nternehmens. Problembewusstsein haben die 17 führenden Webite-Anbieter wie Facebook, Google/YouTube, MySpace, tudiVZ oder Microsoft Europe auch im Februar in Luemburg bewiesen: Dort haben sie erstmalig eine euroäische Vereinbarung zur Sicherheit für Minderjährige ei der Nutzung von sozialen Netzwerken unterzeichnet. iese sieht unter anderem vor: Erstens: Der Zugang zu rivaten Profilen junger Nutzer wird über Suchseiten erchwert. Zweitens: Es wird „Alarmknöpfe“ beim Kontakt it mutmaßlichen Pädophilen geben. Drittens: Die Minerjährigen werden stets im Blick haben können, wer ihre inträge in Netzwerken einsehen kann. Ich bin mir siher: Diese Vereinbarung wird zu mehr Sicherheit und ertrauen beitragen. Sie sehen, liebe Kolleginnen und Kollegen von den rünen: Politik und größtenteils auch die Anbieter haben en Handlungsbedarf erkannt und ergreifen Maßnahmen zum Schutz der Privatsphäre. Vor diesem Hintergrund sind die Forderungen der Grünen überflüssig – zumal gerade auch die Novellierung des Datenschutzgesetzes ansteht. Es gehört aber auch hier zur Ehrlichkeit: Schärfere Vorschriften werden aus dem Dschungel Internet keinen friedvollen Kulturwald machen. Die Nutzung des Internets und seiner Möglichkeiten wird ein ständiger, eigenverantwortlicher Balanceakt zwischen der Faszination des Möglichen und dem Beherrschen der Risiken bleiben. Wenn man die letzten Wochen zurückverfolgt, könnte man den Eindruck gewinnen, als ob es sich beim Thema Datenschutz um ein völlig neues Thema handele: Neue Ideen würden geboren, ein neues Rechtsgebiet würde entdeckt usw., so intensiv und auch umfangreich wie wir uns derzeit mit den unterschiedlichen Facetten dieses – zugegebenermaßen nicht ganz einfachen – Themas beschäftigen. Datenschutz ist kein neues Thema für uns, auch wenn die sich häufenden Anträge der Opposition zu Themen, die – wie man so schön sagt – gerade „in der Pipeline“ sind, sicherlich darauf abzielen, diesen Eindruck beim Verbraucher zu erwecken. Fachbegriffe finden Eingang in die Umgangssprache mit unabsehbaren Folgen, weil der Manipulation Tür und Tor geöffnet und Angst verbreitet werden: „Scoring“, ein Verfahren aus dem Bereich der Wahrscheinlichkeitsrechnung – nicht mehr und nicht weniger –, hat angeblich den „gläsernen Menschen“ zur Folge; „Datenschutzaudit“ vermittelt den – falschen – Eindruck, Datensicherheit zu gewährleisten; „Listenprivileg“ könnte bei Unkundigen den Eindruck erwecken, schon allein wegen des „Privilegs“ abgeschafft werden zu müssen; „Arbeitnehmerdatenschutz“ bzw. die Notwendigkeit, in diesem Bereich zunächst einmal für Klarstellungen zu sorgen, könnte glauben machen, es gäbe ihn nicht usw. usf. Allein diese wenigen Themen diskutieren wir aktuell in unterschiedlichen Kontexten, und wenn ich mir den uns heute vorliegenden Antrag der Kolleginnen und Kollegen des Bündnisses 90/Die Grünen ansehe, dann frage ich mich ernsthaft: Glauben Sie tatsächlich, Kundige würden nicht bemerken, dass Sie auf diese Art und Weise versuchen, die derzeit in der Debatte befindlichen, zum Teil noch strittigen Grundsatzfragen in einem wichtigen, aber zweifellos nicht „marktbeherrschenden“ Gebiet „ganz schnell“ und „ganz einfach“ zu regeln? Ich weiß, dass alle diese Aspekte und weitere sich in unserem Gesetzentwurf zur Regelung des Datenschutzaudits und zur Änderung datenschutzrechtlicher Vorschriften wiederfinden, und Sie wissen das auch! Und dann sage ich Ihnen ganz ehrlich: Wo bleiben denn Effizienz und lösungsorientiertes Handeln, wenn wir alles doppelt und dreifach beantragen, diskutieren, debattieren? Die Bundesregierung hat die Vorkommnisse der vergangenen Monate zum Anlass genommen, das Bundesdatenschutzgesetz im Hinblick auf die technologischen Entwicklungen im Zeitalter von Computer, Internet, E-Mail etc. unter die Lupe zu nehmen und den mit diesen technischen Möglichkeiten automatisch einhergehenden Risi k s d i c e n o m i g s ö s B a d s a j v h t n E d U v m a l m s C r l i q „ a v t d n s a E e t S ü m t R w t Zu Protokoll ge (C (D en anzupassen. Es geht uns beim Datenschutz um den achgerechten und transparenten Umgang mit Daten und en Versuch, die Menschen vor „anderem“ Umgang mit hren Daten zu schützen. Das einmal zum Grundsätzlihen! Speziell im Bereich der sozialen Netzwerke haben wir s mit personenbezogenen Daten zu tun, die die betroffeen Personen selbst und bewusst veröffentlichen, oft aber, hne die Konsequenzen zu bedenken. Und genau das acht deutlich, dass der Gesetzgeber sich gegebenenfalls n eine Zwickmühle wird begeben müssen: Die im vorlieenden Antrag im Fokus befindlichen sozialen Netzwerke ind ein Bereich, der wegen der Sensibilität der hier verffentlichten persönlichen Daten besonderer Aufmerkamkeit bedarf. Und da es sich bei den Nutzern bzw. den etroffenen in vielen Fällen um junge Menschen, aber uch Senioren handelt, die sich oftmals fast ahnungslos in en hier angesprochenen Netzwerken bewegen, ist ein ensibles Auswählen von geeigneten Maßnahmen mehr ls geboten. Es kommt hinzu, dass festgestellt wurde, dass gerade üngere Leute sehr viel sorgloser mit der Veröffentlichung on Einzelheiten aus ihrem persönlichen Umfeld umgeen, als dies ältere Menschen tun. Es wäre sicherlich ineressant, sich auch mal intensiv mit gerade diesem Phäomen auseinanderzusetzen, denn ich vermute, dass es rgebnisse geben wird, die uns beunruhigen werden, weil as im weiteren Sinne den Begriff „Tabu“ betrifft und den mgang damit; aber das will ich an dieser Stelle nicht ertiefen. Nur eins: Wenn wir schon im Bereich des allgeeinen Datenschutzrechts feststellen müssen, dass wir ufgrund des technologischen Fortschritts unsere rechtichen Rahmenbedingungen optimieren müssen, dann uss dies auf jeden Fall auch für den hier speziell ange prochenen Bereich der sozialen Netzwerke gelten. Wie gesagt: Die sozialen Netzwerke sind vor allem ein harakteristikum der jüngeren Generationen, und ge ade das muss uns zu denken geben. Auch ich sehe Handungsbedarf. Ich würde ihn vor allem dann sehen, wenn ch meinen Blick nur und ausschließlich auf den Status uo des Datenschutzes richten würde. Wir sind jedoch im status nascendi“, was die Datenschutznovelle II und lle damit verbundenen Überlegungen rund im Listenpriileg, Koppelungsverbot, Opt-in/Opt-out, Audit usw. berifft. Und hier ist das letzte Wort noch nicht gesprochen, as heißt, das Ergebnis bleibt abzuwarten, und erst daach können und wollen wir uns den einzelnen bereichspezifischen Themen wie den sozialen Netzwerken oder uch dem Arbeitnehmerdatenschutz en detail widmen. rst wenn wir uns bei den allgemeinen Regelungen auf ine Lösung, die für alle Beteiligten angemessen und ragbar ist, einigen können, dann können wir uns den onderbereichen widmen. Wir müssen uns doch zunächst ber eine grundsätzliche Bewertung des Rechts auf inforationelle Selbstbestimmung einigen, um dann ein Da enschutzrecht aus einem Guss umsetzen zu können. Der Teufel steckt, wie immer, im Detail: Eine Opt-inegelung nur für den Bereich der sozialen Netzwerke: Da ürden mich schon mal die Umsetzungsmöglichkeiten in eressieren, die Praxis! Deutlicher wird es noch bei der Rita Pawelski gebene Reden Problematik des Koppelungsverbots: Ich denke, hier sind wir uns im Allgemeinen sehr einig, dass ein solches Sinn macht. Aber in diesem speziellen Fall, bei sozialen Netzwerken, die die kostenfreie Nutzung ihrer Dienste eben maßgeblich finanzieren, indem die persönlichen Daten der Benutzer für gezielte Werbemaßnahmen eingesetzt werden, frage ich Sie: Inwieweit hat die Politik das Recht, in die Privatautonomie potenzieller Vertragspartner einzugreifen? Ich habe das schon einmal an anderer Stelle gesagt: Es geht um die Freiheit des Einzelnen, den wir zwar auf die Risiken aufmerksam machen müssen, dem wir in schonungsloser Offenheit die Konsequenzen seines Handelns aufzeigen müssen, kurz: den wir kompetent machen müssen aber ob es Sache des Gesetzgebers ist, darüber hinaus zu wissen, was für den Einzelnen „gut“ ist … Da habe ich doch das Gefühl, dass wir uns auf ein Gebiet begeben, das sehr genau umschrieben werden muss. Dass der Jugendschutz dabei eine besondere Rolle wird spielen müssen, erwähne ich nur der Vollständigkeit halber; das setze ich einfach als selbstverständlich voraus. Identitätsklau, Datenmissbrauch, Mobbing – Themen, die wir nicht unter den Teppich kehren dürfen, die die betroffenen Personen in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzen, ihre Würde und ihren Platz im gesellschaftlichen Leben manchmal dauerhaft zerstören, dem gilt es entgegenzuwirken; auch das ist selbstverständlich. Wir sind am Anfang einer Debatte, die – in der Folge der Diskussion um die Datenschutznovelle – zweifellos einen Teilbereich betrifft, der unserer besonderen Aufmerksamkeit bedarf. Aber er bedarf auch eines sensiblen Umgangs, nicht nur in Bezug auf die Daten. Das werden wir im Rahmen der Ausschussberatung nachweisen müssen. Bereits vor über 45 Jahren sprach der kanadische Me dienkritiker Marshall McLuhan vom „Global Village“, dem „globalen Dorf“, zu dem die Welt im Zeitalter der elektronischen Medien zusammenwachsen würde. Was in den 60er-Jahren des 20. Jahrhunderts noch Zukunftsmusik war, ist heute Wirklichkeit geworden: Heute können Menschen, die Zugang zu Computertechnik und globalen Telefonnetzen haben, sich unabhängig von ihrem Standort in Sekundenbruchteilen miteinander in Verbindung setzen, via E-Mail, Skype, SMS oder Twitter. Kommunikation ist grenzenund schrankenlos geworden. Diese Entwicklung hat viele positive Seiten. Durch die weltweite Vernetzung von Kommunikationssystemen im World Wide Web hat die wirtschaftliche Entwicklung an Fahrt aufgenommen, und der grenzüberschreitende Austausch von Menschen erzeugt kulturelle Vielfalt und hilft auf dem Weg in eine pluralistische Gesellschaft. Doch birgt die Globalisierung der Kommunikation auch Risiken. Das „globale Dorf“ bedeutet nicht nur Freiheitsgewinn, sondern eröffnet auch neue Gefahren für die private Autonomie von Bürgerinnen und Bürgern. Wenn Menschen mit anderen Menschen via Internet kommunizieren, hinterlassen sie dabei zahlreiche persönliche Daten. Damit entstehen und wachsen Möglichkeiten des Missbrauchs. Die neuen Medien bringen Gefahren mit s m s h N b d s k K s k s a s a e d k D r v k t a K d k s D d z f n l 2 g G d s w R D v b ü s g G d t u D t B s c d Zu Protokoll ge (C (D ich, die erst langsam in den Fokus der öffentlichen Auferksamkeit rücken und damit auch Gegenstand politi chen Handelns werden müssen. Eine wichtige Rolle spielen die in letzter Zeit sprungaft angestiegenen Nutzerzahlen in sogenannten Sozialen etzwerken: Über 175 Millionen Nutzerinnen und Nutzer ei „Facebook“, über 13 Millionen Mitglieder bei „StuiVZ/MeinVZ“ und Millionen von meist jungen Menchen auf anderen Plattformen („SchülerVZ“, „Werennt-wen“, „Lokalisten“ usw.)


(A) )


(B) )

Beatrix Philipp (CDU):
Rede ID: ID1620834200




(A) )


(B) )

Dr. Michael Bürsch (SPD):
Rede ID: ID1620834300
ontakte über das Internet, indem sie umfassende Per-

önlichkeitsprofile erstellen und der globalen Öffentlich-
eit präsentieren. Wenn die Nutzerinnen und Nutzer die-
er Plattformen auch freiwillig im virtuellen Raum
gieren, so sind die damit verbundenen Risiken dennoch
ehr real. In Sozialen Netzwerken, die die Illusion eines
usgelagerten Bereichs der Privatsphäre im Virtuellen
rschaffen, offenbaren sich Nutzerinnen und Nutzer
urch umfangreiche Profile und nehmen neuartige Risi-
en bedenkenlos und oft fahrlässig in Kauf. Denn allen
iskussionen um Datenschutz zum Trotz, ist es das Inte-

esse der Betreiber von Portalen wie „Facebook“, die
on den Beteiligten zur Verfügung gestellten Daten für
ommerzielle Zwecke zu nutzen. Die Betreiberfirmen hal-
en fast uneingeschränkte Rechte für die Verwendung, Be-
rbeitung und Weitergabe der Inhalte und Daten ihrer
unden.

Die mit der Nutzung der Internetplattformen verbun-
enen neuartigen Datenschutzrisiken sind bislang noch
aum erkannt, geschweige denn angemessen durch ge-
etzliche Regeln erfasst. 30 Jahre nach Einführung des
atenschutzrechtes in Deutschland zeigt sich heute klar,
ass die derzeitige Fassung des Bundesdatenschutzgeset-
es (BDSG) den technischen und gesellschaftlichen An-
orderungen an den Datenschutz in vielerlei Hinsicht
icht mehr gerecht wird. Daher brauchen wir eine grund-
egende Modernisierung, die den Datenschutz ins
1. Jahrhundert transportiert und Antworten auf sehr
rundsätzliche Fragen gibt: Wie verändert sich unsere
esellschaft durch das Internet? Wie weit kann oder muss
er Schutz der Privatheit für den Einzelnen gehen? Müs-
en Bürgerinnen und Bürger vor den Gefahren ihrer frei-
illigen Aufgabe der Privatsphäre geschützt werden?

Als Gesetzgeber haben wir die Aufgabe, rechtliche
ahmenbedingungen für einen effektiven Datenschutz in
eutschland zu schaffen. Wir brauchen einen wirkungs-

ollen Schutz des Grundrechts auf informationelle Selbst-
estimmung. Der Einzelne muss das Recht haben, selbst
ber Verwendung persönlicher Daten zu bestimmen und
elbstbestimmt, so die Vorgabe des Bundesverfassungs-
erichts, „zu entscheiden, wann und innerhalb welcher
renzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart wer-
en“. Ziel der angestrebten Novellierung des Bundesda-
enschutzgesetzes muss es daher sein, den Bürgerinnen
nd Bürgern mehr Souveränität über ihre persönlichen
aten zu geben. Die Weitergabe personenbezogener Da-

en muss in Zukunft von der vorherigen Zustimmung der
etroffenen abhängig sein, da die bisher geltende Wider-
pruchslösung eine effektive Souveränität der Verbrau-
her nicht bewirken kann. Auch ein Koppelungsverbot,
as verhindern soll, dass Unternehmen Vertragsab-




Beatrix Philipp
gebene Reden


(A) )



(B) )

schlüsse von der Einwilligung der Kunden in die Weiter-
gabe ihrer Daten abhängig machen, ist aus Sicht der SPD
ein wichtiger Schritt.

Diese Forderungen, die von den Grünen in dem vorlie-
genden Antrag gestellt werden, haben wir in den aktuel-
len Beratungen zum anstehenden Gesetzgebungsverfah-
ren zur Modernisierung des Bundesdatenschutzgesetzes
bereits diskutiert und berücksichtigt. Insofern mag der
vorliegende Antrag der Grünen zwar eine gute Diskus-
sionsgrundlage sein. Die meisten darin geforderten Re-
gelungen sind jedoch bereits Gegenstand des laufenden
Gesetzgebungsverfahrens. So wichtig eine Debatte über
Begriff der Privatsphäre im Zeitalter der Sozialen Netz-
werke und des Internets auch sein mag: Der vorliegende
Antrag enthält eine lesenswerte Auflistung all dessen,
was heutzutage so im Internet alles passiert, bringt aber
bezüglich der Novellierung des Bundesdatenschutzgeset-
zes keine neuen Erkenntnisse.


Manfred Zöllmer (SPD):
Rede ID: ID1620834400

Wenn wir vor nicht allzu langer Zeit davon sprachen,

dass es eine reale und eine digitale Welt gibt, so müssen
wir nunmehr feststellen, dass dies eine künstliche Be-
trachtungsweise ist. Die neuen Kommunikationsmedien
– etwa das Internet oder der Mobilfunk – sind längst in-
tegraler Bestandteil des Alltags der meisten Bürgerinnen
und Bürger geworden. Es wird gesimst, gegoogelt und
neuerdings getwittert, wenn man die entsprechenden
Dienste nutzt, um etwa seinen Freunden eine Kurznach-
richt darüber zukommen zu lassen, was man gerade so
macht. Soziale Beziehungen von Menschen in Freundes-
kreisen, Bezugsgruppen oder aufgrund beruflicher Kon-
takte gab es schon immer. Neu ist nur, dass dies über das
Internet grenzenlos angelegt wird, Kommunikation viel
schneller erfolgt und Informationen weltweit in Echtzeit
verbreitet werden. Private Äußerungen und Darstellun-
gen finden vermeintlich intim am PC und in einer Gruppe
statt; tatsächlich erfolgen sie auf einem digitalen Markt-
platz mit unzähligen Beobachtern. Dies birgt Gefahren –
gerade auch im Hinblick auf das Recht auf informatio-
nelle Selbstbestimmung.

Wenn ich mir den Antrag der Grünen anschaue und
auch die momentan aktuellen Artikel zu diesem Thema, so
wird eine medial angefeuerte Debatte geführt, in der häu-
fig die Angst vor Neuem zu dominieren scheint. Immer
wieder taucht – in unterschiedlichen Varianten – der sich
bewerbende Arbeitnehmer auf, der in irgendeinem
Onlinenetzwerk ein peinliches Partybild eingestellt hat
und deshalb den neuen Job nicht bekommt. Einmal
ehrlich: Wie realistisch ist es, dass ein Arbeitgeber seine
70 Bewerber googelt, bei jedem Bewerber auf mindestens
zehn Seiten geht und sich schließlich durch Abertausende
Privatfotos klickt und seine Bewerberentscheidung nicht
an harten Qualifikationskriterien, sondern an einem blö-
den Partyfoto orientiert? Das scheint zwar ein zeitungs-
gerechtes, aber wohl eher virtuelles Problem zu sein. Und
ist es wirklich eine neue Erkenntnis, die uns „StudiVZ“
gebracht hat, dass Studenten gerne feiern und sich dabei
womöglich fotografieren? In dieser Debatte wären ein
bisschen weniger Aufgeregtheit, Untergangsstimmung
und vermeintliche Horrorszenarien hilfreich.

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Zu Protokoll ge

(C (D Wenn wir den Datenschutz den aktuellen gesellschaftichen und technischen Erfordernissen anpassen wollen, üssen wir auch die sozialen Onlinenetzwerke einbezieen. Hier sind aus meiner Sicht drei Adressaten zu benenen: der Staat und Gesetzgeber, die Diensteanbieter und ie Verbraucherinnen und Verbraucher selbst. In drei aktuellen Gesetzesvorhaben beschäftigten wir ns als Gesetzgeber derzeit mit Fragen der Modernisieung des Datenschutzes. Die 1. Änderung des Bundesatenschutzgesetzes sieht mehr Transparenz bei Scoringerfahren vor, in denen eine auch für soziale Netzwerke eltende Verwirklichung des Prinzips der Datensparsameit zu beachten ist. Die weiteren beabsichtigten Ändeungen des Bundesdatenschutzgesetzes sind Ergebnis des atenschutzgipfels. Hier geht es insbesondere um die rage der Einwilligung zu Werbung oder die Weitergabe ersönlicher Daten. Wir haben die Interessen der Bürgeinnen und Bürger, deren Daten häufig zum Handelsbjekt werden, zu beachten. Wir brauchen dringend ein atenaudit. Mit dem Gesetz zur Bekämpfung von Telefonerbung werden wir aktuell die Rechte der Verbrauche innen und Verbraucher verbessern, damit der unerlaubte ingriff in die Privatsphäre der Verbraucherinnen und erbraucher ein Ende findet. Ich bin dafür, einige Spezifika der Onlinenetzwerke mit inzubeziehen, weil niemand zu Schaden kommen soll, ur weil er Dinge über sich veröffentlicht hat, die er späer bereut. Deshalb brauchen wir ein digitales Verfallsdaum für Daten. Profile müssen rückhaltlos löschbar sein. as Internet muss auch vergessen können. Es ist notwenig, den Nutzern die Möglichkeit einzuräumen, in verchiedenen Stufen den Zugang zu persönlichen Daten zu ichern, damit allzu Privates nur für einen ausgesuchten ersonenkreis einsehbar ist. Das Prinzip der Datensparamkeit muss grundsätzlich gelten. All dies müssen die nbieter gewährleisten. Aber auch die Verbraucherinnen und Verbraucher üssen ihr Verhalten überprüfen und ihre Kompetenz im mgang mit Daten schärfen. Unterschiedliche E-Maildressen, Nicknames zur Wahrung einer Anonymität und ie Vergegenwärtigung, dass online auch breite Veröfentlichung bedeutet, muss in das Bewusstsein der Nutzer ringen. Auch die digitale Welt ist real. Soziale Netzwerke sind eine neue Erscheinung im etz, und sie bergen auch Gefahren. Wir haben diese im lick – auch bei den aktuellen und anstehenden Gesetzesovellierungen. Der Antrag der Grünen ist in vielen unkten widersprüchlich und wenig praxisrelevant. Wir erden ihn deshalb ablehnen. Es ist gerade mal einen Monat her, dass „Facebook“, ines der größten Social Networks, versuchte, klammeimlich seine Nutzungsbedingungen zu ändern. Es gab inen Sturm der Entrüstung und „Facebook“ ruderte zuück. Es ist ein Jahr her, dass „StudiVZ“ die Daten seiner utzer an die Werbewirtschaft verkaufen wollte. Es gab inen Aufschrei der Entrüstung und „StudiVZ“ ruderte urück. Die Nutzer sind aufmerksamer geworden, wenn s um ihre Daten geht. Soziale Netzwerke können nur Dr. Michael Bürsch gebene Reden dann erfolgreich sein, wenn sie von vielen Menschen vertrauensvoll genutzt werden. Wer den Datenschutz mit Füßen tritt, bekommt die Quittung. Es ist ein ermutigendes Zeichen, dass sich funktionierender und praktizierter Datenschutz wirtschaftlich lohnt. Lange schon überfällig ist in diesem Zusammenhang auch ein Datenschutzaudit-Gesetz – ein Gesetz übrigens, das die Antragsteller des Antrags, über den wir hier diskutieren, nämlich die Grünen, sieben Jahre lang nicht auf die Reihe bekommen haben. Sie tun jetzt auf einmal so, als wäre ein Gütesiegel eine ganz tolle neue Idee. Datenschutzgütesiegel sind eine ganz tolle Idee. Aber sie ist nicht neu. Sie, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, hatten sieben Jahre lang Zeit, als Sie hier regiert haben, das umzusetzen. Und jetzt tun Sie so, als wäre Ihnen das auf einmal eingefallen. Datenschutzaudit und Datenschutzgütesiegel sind notwendig, damit die Nutzer sich orientieren können. Die Gütesiegel sind ein echter Marktvorteil, denn mit steigendem Augenmerk auf Datenschutz gewinnt ein solches Siegel auch wirtschaftlich erheblich an Bedeutung. Das „Web 2.0“, das interaktive Internet, ist gerade für Jugendliche längst Realität und Bestandteil ihres Alltags. Das „Web 2.0“, das sind social networks wie „StudiVZ“, „Facebook“, „MySpace“, Plattformen wie „YouTube“, „Flickr“ und andere. Der enorme Erfolg solcher Plattformen zeigt, dass das Internet für viele Menschen inzwischen ganz selbstverständlich zum sozialen Raum gehört – und dass es eben nicht mehr ein anonymes Angebot zum Durchsurfen und Anklicken ist, was die meisten Menschen heute suchen. Vielmehr wollen sie ihre sozialen Kontakte nicht nur in der Realität, sondern auch virtuell pflegen. Es ist ja im Grunde eine Binsenweisheit, aber aus gegebenem Anlass möchte ich das hier an dieser Stelle nochmals ganz deutlich betonen, weil die Bundesregierung das nämlich offensichtlich noch nicht wirklich mitbekommen hat: Das Internet gehört zum Alltag. Und es wird für immer mehr Menschen immer selbstverständlicher zum Alltag gehören, und zwar für ganz normale Menschen. Es ist schon eine Frechheit, wenn die Bundesregierung in ihrer Antwort auf unsere Kleine Anfrage zum „Gemeinsamen Internetzentrum“ behauptet, dass gerade soziale Netzwerke wahre Brutstätten des Terrorismus seien. Gegen derartige Behauptungen muss man sich hier einmal ganz deutlich verwahren. Wir reden heute nämlich nicht über Datenschutz in Terrornetzwerken, sondern über Datenschutz für Sie, für Ihre Kinder, für Ihre Nachbarn, kurz, für die ganz normalen Menschen in diesem Land, die im Gegensatz zur Bundesregierung schon im Informationszeitalter angekommen sind. Ebenso ist es eine Binsenweisheit, dass das Internet kein rechtsfreier Raum ist. Im Internet ist es strafbar, jemanden zu beleidigen. Im Internet ist es strafbar, jemanden sexuell zu belästigen. Im Internet ist es strafbar, Volksverhetzung zu betreiben. Man darf hier nicht so tun, als gälte im Internet kein Recht und Gesetz, weshalb es für den virtuellen Raum erst erfunden werden müsste. Auch das Datenschutzrecht gilt im Internet. Wer im Internet illegal Daten verbreitet, verstößt ebenso gegen das G v D r t e k c t s a z k „ d ü J n d z u J s d i f s d t g s m b m N p v d Ä d f p r a a S t d s e s „ w k g D Zu Protokoll ge (C (D esetz wie jemand, der das auf Papier tut. Natürlich ist es iel leichter, mit digitalen Daten Schindluder zu treiben. eshalb fordert die FDP-Fraktion schon seit vielen Jah en endlich eine grundsätzliche Modernisierung des Daenschutzrechts. Ein Datenschutzgesetz, das noch aus iner Zeit stammt, als Telefone Wählscheiben hatten, ann im Informationszeitalter nicht mehr in allen Bereihen seinen Zweck erfüllen. Die FDP-Bundestagsfrakion ist daher sehr klar der Ansicht, dass das Datenchutzrecht novelliert und verbessert werden muss, um uf die Herausforderungen der neuen Medien reagieren u können. Die FDP-Bundestagsfraktion ist aber ebenso lar der Ansicht, dass es nicht sinnvoll ist, eine Lex StudiVZ“ zu machen. Wir brauchen generelle Regeln, ie natürlich auch in sozialen Netzwerken gelten. Ich kann das hier nur nochmals betonen: Die Grünen, ber deren Antrag wir heute hier beraten, haben sieben ahre Regierungsverantwortung getragen, in denen sie ichts von dem umgesetzt haben, was sie heute hier forern. Und dass sie dann noch so tun, als wären das speielle Probleme von sozialen Netzwerken, ist besonders nredlich. Entweder die Grünen haben in den letzten zehn ahren die technologische Entwicklung verschlafen oder ie stürzen sich jetzt auf ein Einzelproblem, weil Sie nicht as ganze Datenschutzrecht im Blick haben, sondern nur m Klein-Klein herumwursteln, hier mal eine Regelung ür „StudiVZ“, dort mal eine Regelung für „Facebook“. Notwendig ist eine grundsätzliche Reform des Datenchutzrechts, um dieses technikfest zu machen! Notwenig ist, generelle Regelungen für das Informationszeitaler zu finden, in dem Daten digital vorliegen. Doch erade das leistet dieser Antrag nicht. Dieser Antrag bechränkt sich auf einen winzigen Ausschnitt. Damit komen wir nicht weiter. Datenschutzreformen ja, aber dann itte endlich richtig! Bei einer grundsätzlichen Reform des Datenschutzes uss insbesondere im Vordergrund stehen, dass jeder utzer unmissverständlich weiß, was mit seinen Daten assiert. Ein deutlicher und klar verständlicher Hinweis or Abschluss des Beitritts zu einem social network auf ie Datennutzung und -verarbeitung ist erforderlich. Im nderungsgesetz zum Telemediengesetz, zu dem gerade iese Woche eine Anhörung im Kulturausschuss stattgeunden hat, haben wir gefordert, dass die Anbieter verflichtet sein sollen, die Nutzer über den Umgang mit ihen Daten zu informieren. Das gilt selbstverständlich uch für soziale Netzwerke. In dem Antrag der Grünen sind dankenswerterweise uch zwei sehr wichtige Aspekte angesprochen, die aus icht der FDP-Fraktion zentrale Bedeutung für den Daenschutz haben: die Eigenverantwortung der Nutzer und ie Selbstverpflichtung der Anbieter. Jeder Nutzer ist für eine Daten verantwortlich! Wer auf „YouTube“ Videos instellt, auf denen er sich, verzeihen Sie den Ausdruck, tockbesoffen auf einer Party daneben benimmt, wer bei StudiVZ“ sein gesamtes Liebesleben preisgibt, der muss issen, dass das Internet kein geschlossener Freundesreis ist. Der sorglose Umgang mit persönlichsten Daten ibt Anlass zu größter Sorge. Denn die besten Regeln zum atenschutz nützen niemandem, der freiwillig seine Pri Gisela Piltz gebene Reden vatheit aufgibt. Hier muss mit Bildung und Aufklärung gegensteuert werden. Der Wert der Privatheit, die Einhaltung einer gewissen „Schamzone“ muss als gesellschaftlicher, ja zivilisatorischer Wert im Bewusstsein verankert bleiben. Dieses Bewusstsein und die Eigenverantwortung der Menschen kann aber kein Gesetz vorschreiben. Zu Recht beklagen wir immer wieder, dass der Staat die Privatheit des Einzelnen nicht ausreichend achtet, dass er die Menschen ausspähen, abhören und überwachen will. Doch eine freie Gesellschaft darf den Wert der Privatsphäre nicht allein auf den Staat beziehen, sondern muss die Menschenwürde, aus der dieser Wert folgt, auch insgesamt als höchstes Gut achten. Daher ist es auch richtig, dass die Anbieter von sozialen Netzwerken ihrerseits datenschutzfreundliche Angebote machen. Die Transparenz, die ihnen schon gesetzlich auferlegt ist, und der Grundsatz der Datensparsamkeit müssen die Grundlage bilden. Es darf nicht von vornherein angenommen werden, dass jeder, der sich in einem sozialen Netzwerk anmeldet, mit der größtmöglichen Öffentlichkeit einverstanden ist, sondern umgekehrt, dass er zunächst nur mit der für die Teilnahme notwendigen Öffentlichkeit einverstanden ist. Die Grundeinstellungen so zu wählen, dass alles offengelegt wird, ist damit nicht zu vereinbaren. Hier ist es ein richtiger Schritt, dass sich die großen Anbieter am 10. Februar 2009 – einen Tag übrigens vor Einbringung dieses Antrags – gegenüber der EU verpflichtet haben, bestimmte Mindeststandards einzuhalten und diese bis zum April zu implementieren. Insoweit hat sich einiges aus dem Antrag, über den wir heute hier beraten, bereits erledigt. Das Problem des Datenhandels und der Verwendung der Daten durch die Anbieter selbst zur Erstellung umfassender Nutzerprofile kann und muss mit den allgemeinen Regeln des Datenschutzrechts gelöst werden. Hier ist allerdings zu beachten, dass viele der in Rede stehenden Angebote aus dem außereuropäischen Ausland stammen. Für deutsche Anbieter gilt selbstverständlich das Bundesdatenschutzgesetz – welches hoffentlich in naher Zukunft endlich in der Informationsgesellschaft ankommt. Das Internet vergisst nicht: weder, welche Webseiten man besucht hat, welche Flüge, Bücher oder sonstigen Waren man gekauft hat, noch Informationen, die man irgendwann einmal eingestellt hat. Besonders brisant ist das bei privaten oder gar intimen Nachrichten, Videos, Fotos, Kommentaren usw. auf Webseiten, Blogs oder Hilfe-Foren. In besonderem Maße gilt das auch für soziale Netzwerke wie „MySpace“, „StudiVZ“, „Facebook“, „StayFriends“ und Ähnliche. Die Verbreitung und Verwendung von solchen sensiblen persönlichen Daten sollte vor Missbrauch geschützt werden. Hier ist der Gesetzgeber gefragt. Wir brauchen rechtliche Regelungen, denn eines ist doch klar: Das althergebrachte Bundesdatenschutzgesetz ist nicht mehr in der Lage, auf die digitalen Entwicklungen und den technischen Fortschritt angemessene Antworten zu geben. Es ist nicht nur verstaubt, es ist völlig antiquiert! v D I V w m s M s f d N d d D l n z h S m d r g b s k d d m d n D d s b i d h b d z s h i m a F h M v B Zu Protokoll ge (C (D Im vorliegenden Antrag der Bündnisgrünen werden iele sehr wichtige und drängende Fragen angesprochen. ie Linke unterstützt diesen Antrag! Die meisten der von hnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, vorgeschlagenen eränderungen halten wir für notwendig, darum fordern ir sie seit vielen Jahren! Um es nochmals deutlich zu achen: Es geht hier nicht um parteipolitische Spielchen, ondern darum, die Userinnen und User effektiv vor dem issbrauch ihrer Daten zu schützen! Nur wer sich sicher ein kann, dass seine oder ihre persönlichen Daten nicht ür kommerzielle Zwecke verwendet oder verkauft weren, wird weiterhin am digitalen Fortschritt durch soziale etzwerke aktiv teilhaben wollen. Für die Linke ist deswegen besonders wichtig, dass en Nutzerinnen und Nutzern zu jeder Zeit die Entscheiung obliegt, wann und unter welchen Umständen ihre aten für welche Zwecke genutzt werden können und sol en. Dazu müssen sie vorab ausdrücklich zustimmen und icht etwa nur im Nachhinein die Möglichkeit haben, dies u untersagen. Transparenz, Anonymität, Entscheidungsoheit und Selbstbestimmung sind da die entscheidenden chlagworte für die digitale Generation! Die aktuelle Debatte um die Veränderung der Allgeeinen Geschäftsbedingungen von „Facebook“ zeigt, ass die Nutzerinnen und Nutzer bei einer Verschlechteung ihres Spielraums schon in hohem Maß sensibel reaieren. Hier muss dennoch weiterhin viel Aufklärungsareit geleistet werden. Nur wer seine Rechte kennt, kann ie auch wahrnehmen! Nur durch Selbstverpflichtungserlärungen der Anbieter oder durch bessere Aufklärung er Nutzerinnen und Nutzer werden wir keinen besseren igitalen Datenschutz bekommen. Verstöße durch komerzielle Weitergabe oder Verwendung, durch Dateniebstahl und Datenmissbrauch müssen effektiv sanktioiert werden. Denn es gibt sie, die neue digitale Identität! iese müssen wir unter allen Umständen schützen! Lassen Sie uns einen vorbildlichen Datenschutzstanard für die digitale Welt schaffen, einen Datenschutztandard, der die Herausforderungen des Netzes und insesondere der sozialen Netzwerke effektiv meistern und nternational seinesgleichen suchen wird. Vielleicht haben die Redakteurinnen und Redakteure es Magazins „Der Spiegel“ unseren Antrag gelesen, der eute hier in erster Lesung debattiert wird. Das Magazin eschäftigt sich in seiner aktuellen Titelgeschichte mit em Phänomen sozialer Netzwerke im Internet. Gleicheitig findet in diesen Tagen die IT-Messe CeBIT statt, die ich in diesem Jahr dem Motto „Webciety“ verschrieben at. Das Thema soziale Netzwerke ist jedenfalls endlich n der öffentlichen Debatte angekommen. Und ich freue ich, dass sich heute auch der Deutsche Bundestag damit useinandersetzt. Für uns ist klar: Soziale Netzwerke sind eine neue orm der Massenkommunikation. Millionen von Menschen aben sich ein persönliches Profil bei StudiVZ, Facebook, ySpace oder anderen Plattformen eingerichtet. Hier erlinken sie sich mit Bekannten und Freunden, tauschen ilder oder sogar Videos und bleiben in täglichem Kontakt Gisela Piltz gebene Reden Grietje Staffelt oder nehmen Kontakt mit Menschen auf, die sie im Internet wiedergefunden haben. Viele nutzen diese Plattformen sogar, ganz neue Leute kennenzulernen. Das alles, kann man sagen, ist eine großartige Erfolgsgeschichte im Internet. Der Wunsch der Menschen nach Kommunikation hat hier einen neuen Kanal gefunden. Es ist daher wenig verwunderlich, dass soziale Netzwerke in Deutschland regelmäßig die Klickstatistiken anführen. Aber warum beschäftigt sich der Deutsche Bundestag hiermit? Die Antwort ist eindeutig: weil in der schönen Welt sozialer Netzwerke auch Gefahren lauern, für die wir eine politische Verantwortung tragen. Diese sehen wir vor allem im Bereich des Datenschutzes und der Privatsphäre der Nutzerinnen und Nutzer. Soziale Netzwerke sind, das muss man auch einmal in aller Deutlichkeit sagen, ein ökonomisches Geschäftsfeld im Internet. Hinter allen großen Plattformen stehen große Unternehmen, die letztlich mit diesen Plattformen Geld verdienen wollen. „StudiVZ“ und „SchülerVZ“ gehören zum HoltzbrinckVerlag, „wer-kennt-wen“ zu RTL, die „Lokalisten“ zu ProSiebenSat.1, „MySpace“ zum Medienimperium von Rupert Murdoch, Microsoft hält Anteile von „Facebook“ usw. usf. Ihr Ziel ist es, die Nutzerdaten in ökonomische Gewinne umzumünzen – und zwar mittels personalisierter Werbung. Warum, um bei den Klischees zu bleiben, einem männlichen Nutzer nicht Autowerbung präsentieren, bei einer weiblichen Nutzerin wiederum für Make-up werben? Das verhindert Streuverluste und erhöht die Werbeeinnahmen, weil die Werbenden zielgenauer ihre Klientel erreichen. Das Problem daran ist, dass dazu zum Teil äußerst persönliche Informationen über die Nutzerinnen und Nutzer gesammelt und verwendet werden müssen. Verstehen Sie mich nicht falsch, wir wollen personalisierte Werbung nicht verbieten. Aber wir wollen Transparenz und bewusste Entscheidungen der Nutzerinnen und Nutzer. Deshalb plädieren wir in unserem Antrag ganz klar für eine Opt-in-Regelung. Die Anbieter sozialer Netzwerke sollen persönliche Daten nur verwenden oder mit ihnen handeln können, wenn die Nutzerinnen und Nutzer dem vorher ausdrücklich zugestimmt haben. Bisher ist es genau anders herum: Sie müssen personalisierter Werbung erst widersprechen, wenn sie keine wollen. Nach Ansicht unserer Fraktion darf jedenfalls die Erwirtschaftung ökonomischer Gewinne nicht auf Kosten der Privatsphäre der Nutzerinnen und Nutzer gehen. Zu Transparenz gehört für uns im Übrigen auch, dass die Anbieter jede Datenverwendung und -weitergabe protokollieren. Nutzerinnen und Nutzer sollen das Recht erhalten, auf Wunsch nachvollziehen zu können, was mit ihren persönlichen Daten geschehen ist, welchen Weg sie gegangen sind. Ich bin mir ganz sicher: Das erhöht den Druck auf die Anbieter, wirklich sorgsam mit Nutzerdaten umzugehen. Darüber hinaus sehen wir die absolute Notwendigkeit, dass die sozialen Netzwerke in Deutschland einen einheitlichen Mindeststandard in Datenschutzfragen gewährleisten. Denn was nutzt es Nutzerinnen und Nutzern, auf ein soziales Netzwerk umzusteigen, das hohe Datenschutzstandards gewährleistet, alle Freunde und Bekannte sich aber in einem anderen Netzwerk bewegen? Diese Art von Gruppendruck darf man keineswegs außer Acht lassen. S R s n s N D m s c d v w d le u m i d m n a s i r V D N m u w w a M I F w a n s D f s n b n u d F W (C (D Wir begrüßen daher ausdrücklich die europäische elbstverpflichtung, die einige Anbieter im Februar im ahmen des „Safer Internet Day“ eingegangen sind. Die ozialen Netzwerke auf dem deutschen Markt sollten jetzt achziehen und sich zu Grundregeln verpflichten. Das chützt nicht nur die Privatsphäre der Nutzerinnen und utzer, es schafft vor allem Vertrauen auf Kundenseite. ass dies notwendig ist, haben ja die vehementen und assenweisen Reaktionen auf die Änderungen der Ge chäftsbedingungen von „Facebook“ vor wenigen Wohen gezeigt. Der Anbieter musste inzwischen zurückruern und lässt jetzt sogar die Grundsätze des Netzwerks on den Userinnen und Usern mitbestimmen. Neben allen Datenschutzfragen haben soziale Netzerke im Internet ein ganz anderes Problem verschärft: as des Identitätsdiebstahls und -missbrauchs. Nichts ist ichter, als sich im Netz als jemand anderes auszugeben nd Schindluder in fremdem Namen zu treiben. Die Anonyität des WWW lässt Hemmschwellen sinken. Mobbing m Internet ist heute leider keine Seltenheit mehr. Auch iesem Problem müssen sich die Anbieter stellen. Sie üssen auf Missbrauchsfälle zügig reagieren. Dazu gehört icht nur eine gewissenhafte Prüfung, sondern vor allem uch eine Weitermeldung schwerster Verstöße an die zutändigen Strafverfolgungsbehörden. Nur weil Mobbing m virtuellen Raum stattfindet, ist es dennoch Realität! Unser Antrag enthält noch zahlreiche weitere Fordeungen. Dass auch die Nutzerinnen und Nutzer selbst eine erantwortung für den Umgang mit ihren persönlichen aten tragen, möchte ich hier ganz klar herausstellen. icht jede private Information gehört ins Netz! Deshalb üssen wir die Menschen, allen voran die Jüngsten in nseren Schulen, dafür sensibilisieren, was Privatheit im eltweiten Netz bedeutet. Was hier einmal online gestellt urde, ist im schlimmsten Fall für alle Zukunft digital rchiviert. Im Klartext heißt das: Die Vermittlung von edienkompetenz muss weiter ausgebaut werden. Wer im nternet navigiert, braucht entsprechende Kenntnisse und ähigkeiten. Ich bin mir sicher, dass der Siegeszug sozialer Netzerke durch mehr Datenschutz nicht gefährdet ist und uch die Nutzerinnen und Nutzer in ihren Gewohnheiten icht eingeschränkt werden. Es wäre doch schön, wenn oziale Netzwerke Spaß machen und dabei sicher sind! Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlage auf rucksache 16/11920 an die in der Tagesordnung aufgeührten Ausschüsse zu überweisen. Die Federführung ist trittig. Darüber müssen wir also befinden. Die Fraktioen der CDU/CSU und der SPD wünschen Federführung eim Innenausschuss, die Fraktion Bündnis 90/Die Grüen wünscht Federführung beim Ausschuss für Kultur nd Medien. Ich lasse zunächst über den Überweisungsvorschlag er Fraktion Bündnis 90/Die Grünen abstimmen, also ederführung beim Ausschuss für Kultur und Medien. er stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – (Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das ist die Mehrheit!)

Gisela Piltz (FDP):
Rede ID: ID1620834500




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Dr. Lothar Bisky (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620834600
Grietje Bettin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620834700







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Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620834800






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Präsident Dr. Norbert Lammert
Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? –
Ihre Prognose, Frau Schewe-Gerigk, bestätigt sich nach
Eindruck des Präsidiums nicht. Dieser Überweisungs-
vorschlag hat keine Mehrheit gefunden.

Ich lasse nun über den Überweisungsvorschlag der
Fraktionen von CDU/CSU und SPD abstimmen, also
dem Innenausschuss die Federführung zu übertragen.
Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Wer
stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Dann ist der
Überweisungsvorschlag mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 18:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Britta
Haßelmann, Volker Beck (Köln), Birgitt Bender,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Rechtsklarheit und Transparenz schaffen –
Öffentlichkeit von Aufsichtsratssitzungen
kommunaler Gesellschaften bundesrechtlich
eindeutig normieren

– Drucksache 16/11826 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

Auch hier sollen, wie in der Tagesordnung ausgewie-
sen, die Reden zu Protokoll genommen werden. Es geht
um die Reden der Kolleginnen und Kollegen Dr. Günter
Krings, Klaus Uwe Benneter, Dr. Max Stadler, Katrin
Kunert und Britta Haßelmann.


Dr. Günter Krings (CDU):
Rede ID: ID1620834900

Ein „Sondergesellschaftsrecht“ für private Unterneh-

men, die von der öffentlichen Hand geführt werden, die-
ser Virus hat nun auch die Fraktion von Bündnis 90/Die
Grünen befallen, nachdem es Mitte letzten Jahres noch
die FDP war, die mit ihrem Antrag „Mehr Transparenz für
kommunale Unternehmen“ anscheinend der Infektions-
herd war. Ich hatte damals Behandlungsvorschläge ge-
macht, wie der Patient gesunden kann. Liest man den An-
trag der Grünen, sind diese anscheinend nicht ernst
genommen worden, und nun ist der nächste Patient auf
der Krankenstation angekommen.

Wenn die Grundsatzentscheidung einmal gefallen ist,
dass Kommunen bestimmte Tätigkeitsfelder in einer pri-
vatrechtlichen Gesellschaft organisieren dürfen, dann ist
diese Entscheidung zu respektieren. Daher kann ich es
nicht nachvollziehen, dass immer wieder versucht wird,
daran etwas zu ändern und Ausnahmen zu schaffen, die
sich explizit auf kommunal geführte private Gesellschaf-
ten beziehen; selbst wenn es sich um so ein vernünftiges
und richtiges Anliegen handelt wie die Transparenz einer
Gesellschaft. Wer unbedingt eine privatrechtliche Gesell-
schaft gründen will, muss eben auch deren Rechtsregime
akzeptieren. Unser Gesellschaftsrecht ist kein kaltes Büf-
fet, von dem man nach Belieben auswählen kann.

Die Antragsteller zeichnen in ihrem Antrag ein arges
Zerrbild der kommunalpolitischen Wirklichkeit und
scheuen sich nicht, dies auch noch explizit herauszustrei-
chen. Sie beklagen sich darüber, dass „kleinere Gemein-

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(C (D eratsfraktionen in den Aufsichtsratsgremien dieser Geellschaft oftmals nicht vertreten sind“. Dank dieser Passage wissen wir nun, dass dieser Grüen-Antrag jedenfalls nicht uneigennützig gestellt wurde. enn eine kleine Fraktion in einem Aufsichtsrat allerings keinen Sitz abbekommt, dann hat das eben nichts it mangelnder Transparenz, sondern etwas mit ihren Erebnissen bei den Kommunalwahlen zu tun. Demokratiche Entscheidungen müssen aber auch dann akzeptiert erden, wenn sie einem selbst wehtun – auch die Fraktion er Grünen sollte das nach über drei Jahren Opposition angsam wieder verinnerlichen. Wenn Sie es schon selbst in den gerade einmal zwei eiten Ihres Antrags nicht tun, will ich zumindest versuhen, inhaltlich auf Ihr vermeintliches Anliegen einzugeen. Ihr Vorschlag ist zunächst schlicht verfassungswidrig. m Gegensatz zum damaligen FDP-Antrag wollen Sie die erschwiegenheitspflicht ja nicht nur für die Aufsichtsatsmitglieder von Gesellschaften aufheben, bei denen ie Städte und Gemeinden Alleingesellschafter sind, sonern Sie wollen sie auch noch ausdehnen auf solche Geellschaften, in denen die Kommune mehrheitsbeteiligt st. Dieser Vorschlag verletzt ohne zwingenden Grund die igentumsrechte der privaten Aktionäre und ist mit rt. 14 GG unvereinbar. Sie greifen durch diese Fordeung in Rechte Privater ein, die nicht nur durch das Geellschaftsrecht geschützt sind, sondern auch durch die erfassung. Mit Ihrer zweiten Forderung schießen Sie jedoch den ogel ab. So ganz geheuer scheint es Ihnen mit der Eineziehung der kommunalen Mehrheitsgesellschaften in ie Aufhebung der Verschwiegenheitspflicht dann doch icht zu sein, denn der Grundsatz der Öffentlichkeit kann uf Gemeinderatsmitglieder und Medienvertreter bechränkt werden. Um diesen bizarren Vorschlag einmal in einem Szenaio zu veranschaulichen: Wenn das Gemeinderatsmitlied etwas aus der Aufsichtsratssitzung zu einem Jouralisten sagt, dann gibt es am nächsten Tag einen Bericht n der Zeitung. Wenn das Aufsichtsratsmitglied eines priaten Gesellschafters etwas in der Öffentlichkeit auslaudert, gibt es am nächsten Tag Besuch vom Staatsanalt. Das ist an Naivität wirklich nicht zu überbieten. nd vielleicht hat diese naive Herangehensweise an die chwierigen Probleme der Steuerung kommunaler Unterehmen ja auch etwas mit Ihren kommunalen Wahlergebissen und fehlenden Aufsichtsratssitzen zu tun. Da es an Konstruktivität in Ihrem Antrag fehlt, will ich onstruktiv Kritik üben und Ihnen einen Weg aufzeigen, ie man das Anliegen, Transparenz in kommunale Unterehmen zu bringen, schon jetzt ohne gesetzliche Eingriffe nd sehr wirkungsvoll erfüllen kann. Das öffentliche Recht kennt längst Gesellschaftsforen, die den im Antrag beschriebenen Transparenzanforerungen gerecht werden: Vor allen Dingen ist dies die nstalt des öffentlichen Rechts. Dafür müssen keine Vorchriften geändert werden, sondern es kann schon heute umgesetzt werden, wenn sich Kommunen für diese Gesellschaftsform entscheiden. Und jetzt kommt das Beste: Hier kann der Landesgesetzgeber sogar in noch viel höherem Maße, als den Grünen das offenbar vorschwebt, Transparenz und Informationspflichten anordnen. Nun mag es ja sein, dass Ihnen als Antragsteller die weitergehenden Optionen, die auch das GmbH-Recht für die Eingrenzung der Verschwiegenheitspflichten des Aufsichtsrats vorsieht, nicht ausreichen. Wer mehr will, wird den Kommunen diese Transparenz wohl schon vorschreiben müssen. Solche Informationspflichten und Transparenzgebote für kommunale Gesellschaften wären aber keine gesellschaftsrechtliche Regelung mehr, sondern hätten einen dezidiert kommunalverfassungsrechtlichen Regelungszweck. Das Kommunalverfassungsrecht ist aber Sache des Landesgesetzgebers. In dieser Frage sind also die Landtage gefordert und nicht der Bundestag. Wir, die CDU/CSU-Bundestagsfraktion, haben Vertrauen in das verantwortungsbewusste Handeln der Kreistage sowie der Stadtund Gemeinderäte in unserem Land. Und wir verwahren uns gegen Unterstellungen, dass unsere Kommunalpolitiker in den Aufsichtsräten „geräuschlos und konsensual ihre politischen Ziele … verfolgen, ohne sich im Vorfeld einer Entscheidung der Auseinandersetzung mit anderen politischen Kräften und einer kritischen Öffentlichkeit stellen zu müssen“. Das ist eine inakzeptable Unterstellung und unterstreicht noch einmal, dass der Antrag mehr von Populismus getrieben ist, als dass Sie wirklich an einer Diskussion in der Sache interessiert sind. Gute Kommunalpolitiker sehen Transparenzregeln nicht als Bedrohung an, sondern als Ausdruck einer bürgernahen Kommunalpolitik. Und was die anderen Kommunalpolitiker angeht, so habe ich Vertrauen in die Wählerinnen und Wähler, die in acht Bundesländern in diesem Jahr Gelegenheit haben, intransparent arbeitende Gemeinderäte abzuwählen. Wir wollen uns nicht anmaßen, besser zu wissen als die Bürger und Entscheidungsträger vor Ort, wie Transparenz und Offenheit zu sichern sind. Wir wollen eine Zersplitterung des Gesellschaftsrechts verhindern. Wir wollen kein apokryphes Sondergesellschaftsrecht für kommunale Unternehmen. Stattdessen wollen wir, dass die kommunalen Verantwortungsträger die vielfältigen Möglichkeiten nutzen, mit den vorhandenen Mitteln des GmbHund des Landesrechts für ausreichende Transparenz zu sorgen. Ich glaube nicht, dass dem Anliegen nach einem hohen Maß an Transparenz in kommunalen Unternehmen geholfen wird, wenn man, wie die Antragsteller, den Gemeinderatsmitgliedern und Stadträten, die hier – und ich betone dies – viel ehrenamtliches Engagement zum Gemeinwohl aufbringen, auf einmal unlautere Absichten unterstellt. Es ist an der Zeit, dass die Grünen ihre Einstellung zur kommunalen und bürgerschaftlichen Selbstverwaltung gründlich überdenken. Wir jedenfalls lassen uns nicht von Misstrauen, sondern von Vertrauen in die Kreise, Städte und Gemeinden in unserem Land leiten. s l r t d v e d d d g s ß s V s d T k g s W n m s g V e s t a a m d k v a l a v b i A i Ö S s o m k k i v s g t Zu Protokoll ge (C (D Was wollen die Grünen mit diesem Antrag? Aktienge ellschaften und GmbHs mit vollständiger oder mehrheiticher kommunaler Beteiligung sollen satzungsrechtlich egeln dürfen, dass Aufsichtsräte grundsätzlich öffentlich agen müssen. Damit soll angeblich verhindert werden, ass sich – wie es in dem Antrag heißt – „Stadtwerke in ollständiger Eigentümerschaft einer Kommune am Bau ines Kohlekraftwerkes im Nachbarkreis beteiligen, ohne ass die Öffentlichkeit von der bevorstehenden Entscheiung informiert wird“. Weiter heißt es in dem Antrag, ass kleinere Gemeinderatsfraktionen in den Aufsichtsremien dieser Gesellschaften oftmals nicht vertreten eien. Die bestehenden Regelungen gäben also den groen Fraktionen die Möglichkeit, „geräuschlos und konensual ihre politischen Ziele zu verfolgen, ohne sich im orfeld … einer kritischen Öffentlichkeit stellen zu müsen“. Das klingt ganz schön konstruiert! Ich bezweifle, ass das ein realer Fall ist, und würde mich bei diesem hema gerne mit einem konkreten und nicht mit einem onstruierten Sachverhalt auseinandersetzen. Ich habe ohnehin den Eindruck, dass die Mär von der esetzlich bedingten Intransparenz der kommunalen Geellschaften unberechtigt durch das Parlament geistert. ir haben uns in dieser Legislaturperiode bereits mit ei em Antrag der FDP auseinandergesetzt, die meinte, man üsse Aufsichtsratsmitglieder in kommunalen Gesell chaften von Verschwiegenheitspflichten befreien. Im Erebnis konnten wir feststellen, dass diese angeblichen erschwiegenheitspflichten gar nicht bestehen und die ntsandten Aufsichtsratsmitglieder ihrer Gebietskörperchaft alles – auch Vertrauliches und Geheimes – berichen dürfen. Das ist heute schon längst im Aktiengesetz usdrücklich so geregelt. Kommen wir zu dem Fall der heimlichen Beteiligung m Kohlekraftwerk der Nachbarkommune zurück. Hierzu öchte ich zunächst Folgendes feststellen: Erstens. In er Praxis handelt es sich bei den Gesellschaften mit ommunaler Beteiligung um GmbHs. Das GmbH-Gesetz erweist bei den Regelungen zum Aufsichtsrat eben nicht uf die Vorschrift des Aktiengesetzes, die die Nichtöffentichkeit des Aufsichtsrates vorsieht. Öffentlichkeit kann lso satzungsrechtlich geregelt werden. Darauf weist der orliegende Antrag selbst hin. Die Antragsteller schreien, es gebe auch andere Meinungen unter Juristen. Das st bekanntlich unter Juristen oft der Fall und noch kein nlass, gesetzgeberisch tätig zu werden. Deshalb schlage ch vor: Wenn eine Kommune dies wünscht, möge sie die ffentlichkeit der Aufsichtsratssitzungen in ihrer GmbHatzung so vorsehen. Wo ist die Kommune, die das verucht hat und daran gehindert wurde? Zweitens. Stimmt es überhaupt, dass kleinere Parteien der die kommunale Opposition in Aufsichtsräten komunaler Gesellschaften nicht vertreten sind? Bei großen ommunalen Gesellschaften wie zum Beispiel Stadtweren stimmt das regelmäßig nicht. Falls mehrere Vertreter n diese Gremien zu entsenden sind und in der Gemeindeertretung keine einvernehmliche Lösung gefunden wird, ehen – soweit mir bekannt ist – die Kommunalverfassunen der Länder eine am Kommunalwahlergebnis orienierte Besetzung vor. Sprich: Nicht nur die großen Frak Dr. Günter Krings gebene Reden tionen sind vertreten, sondern die Mehrheitsverhältnisse müssen sich auch bei der Besetzung der Aufsichtsratsfunktionen verhältnismäßig widerspiegeln. Das ist doch auch die Praxis in unseren Kommunen. Jedenfalls könnte das aber jede Kommune in der Satzung der jeweiligen GmbH so festlegen. Drittens. In einigen Kommunalverfassungen der Bundesländer – ob das bei allen der Fall ist, weiß ich nicht – ist außerdem Folgendes festgelegt: Die Übernahme neuer Aufgaben und größere Beteiligungen an anderen Unternehmen bedürfen eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung – nicht des Aufsichtsrates. Selbst wenn dies nicht in der betreffenden Kommunalverfassung so zwingend festgelegt ist, kann dies auf jeden Fall satzungsrechtlich, sprich gesellschaftsvertraglich für die jeweilige Gesellschaft bestimmt werden. In der Satzung muss auch geregelt werden, wer die Kommune in der Gesellschafterversammlung vertritt und dass dieser Vertreter an die Weisungen der Gemeindevertretung oder des sonst dafür bestimmten Gremiums (oft der Hauptausschuss)


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Klaus Uwe Benneter (SPD):
Rede ID: ID1620835000




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heimliche Beteiligungen an anderen Unternehmen erfol-
gen, ohne dass darüber öffentlich beraten und beschlos-
sen wird.

Mein Fazit: Die Öffentlichkeit von Aufsichtsratssitzun-
gen von Aktiengesellschaften ist der falsche Weg und ein
Fremdkörper im Aktienrecht. Der Aufsichtsrat überwacht
den Vorstand; deshalb ist es zum Beispiel aktienrechtlich
nicht zulässig, in der Satzung ein uneingeschränktes Teil-
nahmerecht des Vorstands an Aufsichtsratssitzungen zu
verankern. Dem Aufsichtsrat muss es möglich sein, den
Vorstand von einer Teilnahme auszuschließen. Auch re-
gelmäßige Klausursitzungen des Aufsichtsrates werden
unter dem Gesichtspunkt guter Corporate Governance
empfohlen. Das alles passt nicht zu einer satzungsrecht-
lich unbedingt vorgeschriebenen Öffentlichkeit der Sit-
zungen.

Der richtige Weg zu kommunaler und öffentlicher Ein-
flusssicherung ist der Gesellschaftsvertrag. Dort kann bei
kommunalen GmbHs die Öffentlichkeit von Aufsichts-
ratssitzungen bereits heute vorgesehen werden, wenn dies
wirklich gewollt ist. Dort kann auch eine repräsentative
Besetzung des Aufsichtsrates sichergestellt werden. Vor
allem kann dort geregelt werden, dass alle Angelegenhei-
ten von wesentlicher Bedeutung der Zustimmung der Ge-
sellschafterversammlung bedürfen und dass die in die
Gesellschafterversammlung entsandten Vertreter an das
Votum der Gemeindevertretung oder eines beschließen-
den Ausschusses gebunden sind. Schließlich sollten die
Berichtspflichten der Aufsichtsratsmitglieder ernst ge-
nommen werden, von beiden Seiten, auch von den Be-
richtsempfängern. Über diese Berichte kann auch öffent-
lich diskutiert werden, soweit keine Verschwiegenheits-
pflichten bestehen. In unserem Beispielfall der Beteili-
gung an fremden Kraftwerken ist jedenfalls keine Ver-
schwiegenheitspflicht erkennbar.

Ergebnis: Die von den Grünen vorgeschlagenen Ge-
setzesänderungen sind unnötig.

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Zu Protokoll ge

(C (D Dieser Antrag der Grünen betrifft ein berechtigtes An egen und verdient daher Unterstützung. Allerdings ist das hema keineswegs neu. Vielmehr hatte die FDP-Bundesgsfraktion mit ihrem Antrag „Gegen Geheimniskrämerei – ntscheidungen kommunaler Gesellschaften transparent estalten“ ohen Haus und der Bundesregierung Gelegenheit gegeen, eine Lösung im Sinne von mehr Transparenz bei den eratungen und Entscheidungen der Aufsichtsgremien ommunaler Unternehmen herbeizuführen. CDU/CSU und SPD waren leider seinerzeit nicht ereit, sich dem Thema ernsthaft zu stellen, und auch die eutigen Antragsteller, die Grünen, ließen es an echter nterstützung mangeln; sie enthielten sich beim FDPntrag der Stimme. Es sei den Grünen aber nachgesehen, dass sie im Wege es Antragsrecyclings das von der FDP eingebrachte nliegen erneut aufgreifen; schließlich geht es ja um eine ute Sache. Wenn die Koalitionsfraktionen aber so wenig nteresse an dem Thema zeigen wie bei den damaligen ebatten, befürchte ich, dass wieder kein Fortschritt rreicht werden wird. Ich musste mir ja seinerzeit entgegenhalten lassen, es andle sich um ein Passauer Sonderproblem, und es betehe keinerlei Handlungsbedarf. Der Antrag der Grünen eigt, dass zumindest diese Fraktion Handlungsbedarf ieht. Zu Recht! Auf der kommunalen Ebene bewegt es viele ürgerinnen und Bürger sehr, dass sie über Beratungen nd Entscheidungen der Aufsichtsgremien kommunaler mbHs oder AGen in gleicher Weise informiert werden öchten wie über die Sitzungen der „normalen“ kommunan Gremien. Es muss möglich sein, dass es in der Aufsichts atssitzung einer kommunalen GmbH einen öffentlichen eil gibt wie in jeder Stadtratssitzung auch, und einen ichtöffentlichen Teil bezüglich derjenigen Punkte, bei enen ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse besteht. Das Kommunalrecht sieht die grundsätzliche Öffentchkeit von Sitzungen vor, das Gesellschaftsrecht dagegen ie Nichtöffentlichkeit. Wenn es so ist, dass als Bundesecht das Gesellschaftsrecht vorgeht, fehlt ein Stück ransparenz, es fehlt ein Stück demokratischer Diskussionsultur und demokratischer Kontrolle. Die Vorschriften, ie für private Gesellschaften gedacht sind, passen eben uf die kommunalen Gesellschaften nicht vollständig. Ob man sich mit allgemeinen Grundsätzen über das ichtöffentlichkeitsgebot des Gesellschaftsrechts hinegsetzen darf, ist juristisch umstritten. Den Akteuren in en Kommunen sollten wir eine solche Rechtsunsicherheit icht länger zumuten. Ohne großen Aufwand könnte der Deutsche Bundestag echtsklarheit im Sinne von mehr Transparenz schaffen. ch fordere CDU/CSU und SPD auf, dieses Thema nicht änger zu ignorieren. Zeigen Sie, dass Sie nicht abgehoen sind, sondern auch hier in Berlin Probleme aus den ommunen wahrnehmen und lösen! Die FDP tritt klar ür die Interessen der Bürgerinnen und Bürger ein und Klaus Uwe Benneter gebene Reden kämpft weiter für den Vorrang des Öffentlichkeitsgrundsatzes. Es ist nicht das erste Mal, dass wir uns mit der Frage der Transparenz von kommunalen Unternehmen in privatrechtlicher Gesellschaftsform, der Kollision von Gesellschaftsrecht und Kommunalrecht bzw. dem Verhältnis von Gemeinwohlinteressen und den Geschäftsinteressen dieser Unternehmen befassen. In den bisher geführten Debatten wurde zwar fast einvernehmlich Handlungsbedarf konstatiert, geändert hat sich aber letztendlich nichts. Seitdem haben sich allerdings die Rahmenbedingungen gravierend verändert. Vor dem Hintergrund der Wirtschaftsund Finanzkrise erhalten Transparenz und der Widerspruch zwischen Gemeinwohlinteressen und den Geschäftsinteressen des jeweiligen kommunalen Unternehmens eine neue Dynamik. Denn spätestens jetzt bekommen öffentliche Kontrollen über öffentliche Unternehmen einen anderen Stellenwert, müssen erhöhte Anforderungen an die Transparenz, Steuerung und Kontrolle dieser Unternehmen gestellt und umgesetzt werden. Letztendlich geht es hier um die Neubestimmung des Verhältnisses von Politik und Ökonomie entsprechend den neuen Bedingungen. Diese Notwendigkeit stellt sich nicht nur auf staatlicher Ebene, auf der zurzeit sehr intensiv die Möglichkeit der Verstaatlichung von nicht mehr konkurrenzfähigen Unternehmen von einigen als eine Variante der Rettung der Volkswirtschaft vor einem umfassenden Kollaps und der Gesellschaft vor politischer Instabilität betrachtet und propagiert wird. Die Notwendigkeit der Neubestimmung des Verhältnisses von Politik und Ökonomie stellt sich auf kommunaler Ebene ebenso, nur dass Kommunen hier an Grenzen stoßen, da ihr Agieren von den bundespolitischen Rahmenbedingungen abhängt. Das betrifft sowohl Absichten der Rekommunalisierung zum Beispiel im Bereich der Energieversorgung und der Rückabwicklung von Verträgen wie CrossBorder-Leasing als auch die Herstellung von Transparenz unternehmerischer Entscheidungen von kommunalen Gesellschaften und Gesellschaften mit kommunaler Mehrheitsbeteiligung. Hier bedarf es neuer bzw. veränderter gesetzlicher Regelungen. Die eindeutige Normierung der Öffentlichkeit von Aufsichtsratssitzungen ist sicher eine wichtige Bedingung – daher werden wir auch den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unterstützen –, aber ich meine, dass dies keine hinreichende Voraussetzung ist, um öffentlichen Einfluss und öffentliche Kontrolle zu ermöglichen. So sind wir der Auffassung, dass das GmbH-Gesetz auch dahingehend geändert werden müsste, dass bei Unternehmen in privater Rechtsform, die öffentliche Aufgaben der Daseinsvorsorge erfüllen, Gemeinwohlinteressen über Geschäftsinteressen stehen müssen. Diese Unternehmen erfüllen einen öffentlichen Zweck, der letztendlich durch demokratisch legitimierte öffentliche Vertretungen bestimmt wurde. Zur Kontrolle über die Realisierung dieses öffentlichen Zwecks bedarf es zwingend auch gesetzlicher Rahmenbedingungen, da die bis h v g k r z e k M D s r p o a R d l c g m l h l v d D c d c t K E g v s w z d u t u c d e s d P ü s ö m g s d B s U Zu Protokoll ge (C (D erigen Regelungen dem entweder entgegenstehen oder ollkommen unzureichend sind. Wir sind der Auffassung, dass es auf drei Ebenen drinender Änderungen bedarf, die letztendlich eine Demoratisierung von kommunalen Entscheidungen im Beeich der wirtschaftlichen Betätigung von Kommunen um Ziel haben. Ich werde im Weiteren auf einige Aspekte ingehen, die die Fraktion Die Linke in die weitere Disussion einbringen wird. Zur ersten Ebene: Bürgerinnen und Bürger müssen die öglichkeit der Einflussnahme und Kontrolle erhalten. ie Kommunen haben zwar das ihnen durch die verfas ungsrechtlich verankerte Organisationshoheit eingeäumte Recht, sich bei der Aufgabenerfüllung auch der rivaten Rechtsform zu bedienen. Aber sie bleiben als riginäre Aufgabenträger in der Verantwortung, weil uch die Erfüllung öffentlicher Aufgaben in privater echtsform der demokratischen Legitimation bedarf. Für ie Kommunen bedeutet das, dass sie bei den privatrechtich geführten Unternehmen, mit deren Hilfe sie hoheitlihe Aufgaben mit Entscheidungscharakter erfüllen, eeignete Einflussnahmemöglichkeiten sicherstellen üssen. Das setzt voraus, dass das Prinzip der Öffent ichkeit gestärkt wird. Eine Möglichkeit wäre, einen Veraltsenskodex – Public Corporate Kodex – für alle öffentichen Unternehmen egal in welcher Rechtsform zu erabschieden, der öffentlich bekannt gemacht und über essen Erfüllung öffentlich Rechenschaft abgelegt wird. ie Bundesregierung arbeitet seit längerem an einem sol hen Kodex, der allerdings bisher nur auf Unternehmen es Bundes angewendet werden soll. Wir meinen, ein solher Kodex sollte für alle öffentliche Unternehmen gelen. Und die Bundesregierung sollte die Erfahrungen der ommunen einbeziehen. Hier gibt es eine Reihe positiver rfahrungen. Ich möchte an dieser Stelle die Stadt Stuttart anführen, die einen Public Corporate Governance erabschiedet hat, der dazu dient, Standards für das Zuammenwirken aller Beteiligten (Gemeinderat, Stadtveraltung und Beteiligungsgesellschaften)

Dr. Max Stadler (FDP):
Rede ID: ID1620835100




(A) )


(B) )

Katrin Kunert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620835200

u definieren; eine effiziente Zusammenarbeit zwischen
em Aufsichtsrat und der Geschäftsführung zu fördern
nd zu unterstützen; den Informationsfluss zwischen Be-
eiligungsunternehmen und -verwaltung zu verbessern,
m die Aufgabenerfüllung im Sinne eines Beteiligungs-
ontrollings zu erleichtern; das öffentliche Interesse und
ie Ausrichtung der Unternehmen am Gemeinwohl durch
ine Steigerung der Transparenz und Kontrolle abzu-
ichern; durch mehr Öffentlichkeit und Nachprüfbarkeit
as Vertrauen in Entscheidungen aus Verwaltung und
olitik zu erhöhen.

Interventionen der öffentlichen Hand würden sich er-
brigen, wenn der Gesetzgeber Rahmenbedingungen
chaffen würde, die eine nachhaltige Transparenz und
ffentliche Kontrolle von öffentlichen Unternehmen er-
öglichen würden. Dabei geht es nicht um das Hineinre-
ieren in das Tagesgeschäft, sondern vor allem um Ent-
cheidungen, die Auswirkungen auf das Gemeinwesen,
ie Bürgerinnen und Bürger haben werden. Es geht zum
eispiel um die Verhinderung von riskanten Finanzge-
chäften, wie sie in der Vergangenheit durch öffentliche
nternehmen getätigt wurden; wie die Würzburger Ver-




Dr. Max Stadler
gebene Reden


(A) )



(B) )

sorgungs- und Verkehrs-GmbH (WVV) oder die Wupper-
taler Abfallwirtschaftsgesellschaft (AWG), die Cross-
Boarder-Leasing-Verträge abgeschlossen haben und
durch die jetzt die Leistungsfähigkeit der Städte ernsthaft
gefährdet wird, wie aus einem Schreiben an den Bundes-
finanzminister hervorgeht.

Wenn wir eine Situation haben wollen, dass öffentliche
Unternehmen in privatrechtlicher Gesellschaftsform an
einen öffentlichen Zweck gebunden sind, ist es notwendig,
die hier zu treffenden Regelungen mit einer Erweiterung
der direkten Demokratie zu verbinden. Die Fraktion Die
Linke ist der Auffassung, dass alle Entscheidungen über
Rechtsformänderungen öffentlicher Unternehmen, deren
Veräußerung bzw. von Anteilen einem Bürgerentscheid
unterzogen werden müssen.

Eine weitere Möglichkeit, den Einfluss von Bürgerin-
nen und Bürgern zu stärken, ist auch die verbindliche
Einrichtung von Bürger-, Verbraucher- oder Kundenbei-
räten, die allerdings über entsprechende Kompetenzen
verfügen müssen. Das heißt aber auch, dass ihnen Mög-
lichkeiten der Selbstqualifizierung – einschließlich deren
Finanzierung aus dem öffentlichen Haushalt – einge-
räumt werden müssen.

Ich komme nun zur zweiten Ebene: Gestärkt werden
müssen die Kontrollrechte der Kommune. Kommunale
Vertretungen müssen Einfluss auf grundsätzliche Unter-
nehmensentscheidungen haben, so zum Beispiel bei der
Änderung des Unternehmenszwecks, bei Erwerb und Ver-
äußerung von Unternehmensanteilen, bei der Bestellung
und Abberufung von Geschäftsführern.

Eine dritte Ebene betrifft die Demokratisierung der
Unternehmen selber. Hier bedarf es sowohl einer Demo-
kratisierung der Vorstands- und Aufsichtsratsgremien
– ihrer Arbeitsweise – als auch einer stärkeren Mitbe-
stimmung der Beschäftigten im Unternehmen selber.

Die Wirtschaftskrise hat eigentlich mit Deutlichkeit
gezeigt, dass die Frage der Stellung öffentlicher Unter-
nehmen in allen Sektoren der Wirtschaft neu diskutiert
werden muss. Ihre Reduzierung auf das Füllen von Lü-
cken, die von Privatunternehmen nicht ausgefüllt werden,
hat sich als Sackgasse erwiesen. Es geht dabei nicht um
die Wiederherstellung dieses Sektors, wie er in den 80er-
Jahren bestanden hat, sondern um einen Richtungswech-
sel, wie er mit den hier dargelegten Herangehensweisen
einer Demokratisierung skizziert wurde. Diese Aufgabe
kann von Kommunen nicht allein gelöst werden. Es ist
eine bundesgesetzliche Schaffung von Rahmen nötig.


Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620835300

Wir verhandeln heute einen Antrag von Bündnis 90/

Die Grünen, der das Ziel hat, die demokratische Willens-
bildung und die politische Steuerungsfähigkeit in den
Städten und Gemeinden zu stärken. Wir alle wissen: Ein
Grundpfeiler des demokratischen Systems ist die Öffent-
lichkeit und Transparenz von politischen Entscheidun-
gen. Diese Transparenz ist vor dem Hintergrund, dass im-
mer mehr kommunale Aufgaben – von der Wasser- und
Stromversorgung bis zur Wirtschaftsförderung – in Ge-
sellschaften des Privatrechtes überführt wurden, kontinu-
ierlich beschränkt worden. Für diese Ausgliederungen ist

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Zu Protokoll ge
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as Gesellschaftsrecht anzuwenden, welches nach herr-
chender Rechtsauffassung zwingend vorschreibt, dass
ufsichtsräte – in denen meist nur Vertreter der großen
atsfraktionen vertreten sind – nicht öffentlich tagen. Auf
iese Weise werden zentrale Entscheidungen für die Ge-
einschaft vor Ort – wie zum Beispiel die Erhöhung von
reisen für Strom, Wasser und den öffentlichen Nahver-
ehr – ohne Öffentlichkeit getroffen.

Für die ehrenamtlich tätigen Mandatsträger in den
tadt- und Gemeinderäten heißt dies, dass sie als Mit-
lied kleiner Fraktionen oder Wählergemeinschaften
eine oder nicht ausreichende Informationen erhalten.
ie erlangen oftmals erst dann über die Beschlüsse und
iskussionen in den kommunalen Gesellschaften Kenntnis,
enn das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist und Fehl-
ntscheidungen offen zutage getreten sind. Gleiches gilt für
ie örtlichen Medien, die als weitere Stütze der örtlichen
emokratie damit ebenfalls nicht ihre Kontrollfunktion
usüben können. Mangelnde Transparenz führt zu Klün-
el und leider auch zu Korruption, was wiederum die Po-
itikverdrossenheit unter den Bürgerinnen und Bürgern
chürt.

Aber auch die Vertreter größerer Fraktionen in den Auf-
ichtsräten bewegen sich nicht selten auf rechtlich unsiche-
em Terrain, wenn sie ihren Fraktionen über Beschlüsse
nd Vorgänge aus den Aufsichtsräten kommunaler Gesell-
chaften berichten. Denn es ist nicht immer ganz ein-
andfrei einzuschätzen, ob es sich möglicherweise um
eschäftsgeheimnisse der kommunalen Gesellschaften
andelt.

Auch Sie, werte Kolleginnen und Kollegen von Union
nd SPD, sollten sich der Ernsthaftigkeit dieses Problems
ewusst werden. Sie sägen selbst an dem Ast, auf dem Sie
itzen, wenn Sie sich weiterhin weigern, für eine recht-
iche Klarstellung zugunsten der Öffentlichkeit von Auf-
ichtsratssitzungen in kommunalen Gesellschaften zu
orgen. Denn Sie als Vertreter auch nicht mehr ganz so
roßer Volksparteien scheint nur auf den ersten Blick das
roblem nicht zu treffen, da Sie aufgrund Ihrer Fraktions-
tärke in den örtlichen Aufsichtsratsgremien vertreten
ind und Informationen an erster Stelle erhalten. Diese
urzsichtige Perspektive wird sich über kurz oder lang
ächen. Denn die Politikverdrossenheit der Bürgerinnen
nd Bürger trifft schließlich auch Sie, und so manch ein
orruptionsverdacht fällt auch auf Ihre Mandatsträge-

innen und Mandatsträger zurück.

Sie kennen die Problematik bereits aus einer Initiative
er FDP, die wir im Juni letzten Jahres verhandelten.
ährend die FDP in Wahrheit den „echten“ Privatisie-

ungen den Vorrang gibt, also öffentliche Aufgaben völlig
transparent durch Private erledigen lassen will, gehen
ir Grüne mit unserem Antrag weiter: Wir wollen, dass
uch Gesellschaften mit kommunaler Mehrheitsbeteiligung
ffentlich tagen dürfen. Im Gegensatz zur FDP wollen
ir die Bundesregierung auch nicht nur prüfen lassen.
ir machen konkrete Vorschläge zur Ausgestaltung einer

esetzlichen Lösung, die sowohl möglichen schützens-
erten Geschäftsgeheimnissen der Gesellschaften als
uch dem öffentlichen Interesse Rechnung trägt.

Sehr verehrter Kollege Stadler von der FDP, erlauben
ie mir zum Schluss noch einen Hinweis: Sie nutzen den




Katrin Kunert
gebene Reden






(A) (C)



(B) (D)


Britta Haßelmann

hier zur Debatte stehenden Antrag von Bündnis 90/Die
Grünen, um ihn am 23. Februar 2009 als „Passauer
Antrag“ in der „Passauer Neuen Presse“ abzufeiern. Mir
fehlen zu einem solchen Vorgehen, das gegen jedwede
politische Fairness verstößt, schlicht und ergreifend die
Worte. Wenn Sie es jedoch nötig haben, sich mit grünen
Federn zu schmücken, dann fordere ich Sie auf, unserem
Antrag uneingeschränkt zuzustimmen und sich künftig in
Ihrer Fraktion gegen intransparente Vollprivatisierungen
öffentlicher Aufgaben auszusprechen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union und
der SPD, nehmen Sie unsere lösungsorientierten Vor-
schläge auf und schützen auch Sie Ihre ehrenamtlichen
Mandatsträgerinnen und Mandatsträger vor Ort in den
Städten und Gemeinden und stellen Sie Rechtsklarheit für
die Öffentlichkeit von Aufsichtsgremien in kommunalen
Gesellschaften im Sinne unseres Antrags her.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620835400

Ich frage, ob Sie damit einverstanden sind, die Druck-

sache 16/11826 an die in der Tagesordnung aufgeführten
Ausschüsse zu überweisen. – Das ist offenkundig der
Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen.

Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-
ordnung.

Ich wünsche Ihnen noch einen gemütlichen restlichen
Abend. Diejenigen, die überhaupt nichts mit diesem
Abend anfangen können, können gegebenenfalls hier-
bleiben; denn morgen früh 9 Uhr geht es weiter.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
destages auf morgen, Freitag, den 6. März, 9 Uhr, ein.

Die Sitzung ist geschlossen.