Protokoll:
16202

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 16

  • date_rangeSitzungsnummer: 202

  • date_rangeDatum: 29. Januar 2009

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: None Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 20:06 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 16/202 Nachträgliche Ausschussüberweisungen . . . . Tagesordnungspunkt 3: Abgabe einer Regierungserklärung durch die Bundesministerin für wirtschaftliche Zusam- menarbeit und Entwicklung: zum Stand der Millenniumsentwicklungsziele 2015 und zu den Auswirkungen der Finanz- und Wirt- schaftskrise auf die Entwicklungsländer . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 1: Unterrichtung durch die Bundesregierung: DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gerd Müller (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Jürgen Klimke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Gabriele Groneberg (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Hartwig Fischer (Göttingen) (CDU/CSU) . . . Dr. Bärbel Kofler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 4: Antrag der Abgeordneten Brigitte Pothmer, Markus Kurth, Britta Haßelmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Gerechtigkeit und Chancen statt Ausgrenzung und Armut (Drucksache 16/11755) . . . . . . . . . . . . . . . . . 21783 A 21783 C 21800 D 21800 D 21801 C 21802 C 21804 A 21805 B 21806 D Deutscher B Stenografisch 202. Sitz Berlin, Donnerstag, de I n h a l Wahl der Abgeordneten Wolfgang Börnsen (Bönstrup), Dorothee Bär und Monika Griefahn als ordentliche Mitglieder für den Verwaltungsrat und der Abgeordneten Philipp Mißfelder, Marco Wanderwitz und Angelika Krüger-Leißner als Stellvertreter für den Verwaltungsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . Wahl der Abgeordneten Angelika Krüger- Leißner als ordentliches Mitglied und der Abgeordneten Gitta Connemann als stellver- tretendes Mitglied für die Vergabekommis- sion der Filmförderungsanstalt . . . . . . . . . . Wahl des Abgeordneten Michael Brand zum Schriftführer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Absetzung des Tagesordnungspunktes 27 . . . H H D H L U S J D T 21781 B 21781 B 21781 B 21781 C 21783 A Dreizehnter Bericht zur Entwicklungspoli- tik der Bundesregierung (Drucksache 16/10038) . . . . . . . . . . . . . . . . . 21783 C undestag er Bericht ung n 29. Januar 2009 t : eidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministerin BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ellmut Königshaus (FDP) . . . . . . . . . . . . . . r. Christian Ruck (CDU/CSU) . . . . . . . . . . üseyin-Kenan Aydin (DIE LINKE) . . . . . . udwig Stiegler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . te Koczy (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gerd Müller (CDU/CSU) . . . . . . . . . . ibylle Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . ürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Sascha Raabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . hilo Hoppe (BÜNDNIS 90/ 21783 D 21787 B 21788 D 21791 B 21793 B 21794 C 21795 B 21796 B 21797 C 21798 C in Verbindung mit II Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 202. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. Januar 2009 Zusatztagesordnungspunkt 2: Antrag der Abgeordneten Klaus Ernst, Dr. Lothar Bisky, Dr. Martina Bunge, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Sozialen Absturz von Erwerbslosen ver- meiden – Vermögensfreigrenzen im SGB II anheben (Drucksache 16/11748) . . . . . . . . . . . . . . . . . Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Karl Schiewerling (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Heinz-Peter Haustein (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Rolf Stöckel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Stefan Müller (Erlangen) (CDU/CSU) . . . . . . Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE) . . . Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gabriele Hiller-Ohm (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Erwin Lotter (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Maria Michalk (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Gabriele Lösekrug-Möller (SPD) . . . . . . . . . . Volker Schneider (Saarbrücken) (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 28: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des Strafgesetz- buches – Anhebung der Höchstgrenze des Tagessatzes bei Geldstrafen (Drucksache 16/11606) . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Dr. Hakki Ke- skin, Monika Knoche, Hüseyin-Kenan Aydin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Gewerkschaften in der Türkei stärken (Drucksache 16/11248) . . . . . . . . . . . . . . . c) Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD: Bürgerschaftliches Engage- ment umfassend fördern, gestalten und evaluieren (Drucksache 16/11774) . . . . . . . . . . . . . . . Z a b T a b c d 21806 D 21807 A 21808 D 21810 D 21812 B 21814 A 21816 C 21818 C 21819 A 21819 B 21820 A 21820 C 21822 D 21823 B 21824 A 21825 B 21826 D 21827 D 21827 D 21828 A usatztagesordnungspunkt 3: ) Antrag der Abgeordneten Dr. Volker Wissing, Dr. Hermann Otto Solms, Carl- Ludwig Thiele, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Steuervollzug effektiver machen (Drucksache 16/11734) . . . . . . . . . . . . . . ) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung zur Aus- wärtigen Kulturpolitik 2007/2008 (Drucksache 16/10962) . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 29: ) Zweite und dritte Beratung des vom Bun- desrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur steuerlichen Gleichbe- handlung der Auftragsforschung öf- fentlich-rechtlicher Forschungseinrich- tungen (Hochschulforschungsförde- rungsgesetz – HFFördG) (Drucksachen 16/5726, 16/11104) . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadt- entwicklung zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parla- ments und des Rates zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 549/2004, (EG) Nr. 550/2004, (EG) Nr. 551/2004 und (EG) Nr. 552/2004 im Hinblick auf die Verbesserung der Leistung und Nach- haltigkeit des europäischen Luftver- kehrssystems (inkl. 11323/08 ADD 1 bis 11323/08 ADD 3) KOM(2008) 388 endg.; Ratsdok. 11323/08 (Drucksachen 16/10286 Nr. A.60, 16/11447) ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung zu dem An- trag der Abgeordneten Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land), Ilse Aigner, Michael Kretschmer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Ab- geordneten René Röspel, Jörg Tauss, Willi Brase, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Im Deutsch-Israeli- schen Jahr der Wissenschaft und Tech- nologie 2008 neue Impulse für die Zu- sammenarbeit setzen (Drucksachen 16/10847, 16/11724) . . . . . ) Beschlussempfehlung des Rechtsaus- schusses: Übersicht 13 über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfas- sungsgericht (Drucksache 16/11638) . . . . . . . . . . . . . . 21828 A 21828 B 21828 B 21828 C 21828 D 21829 A Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 202. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. Januar 2009 III e)–l) Beschlussempfehlungen des Petitionsaus- schusses: Sammelübersichten 515, 516, 517, 518, 519, 520, 521 und 522 zu Peti- tionen (Drucksachen 16/11652, 16/11653, 16/11654, 16/11655, 16/11656, 16/11657, 16/11658, 16/11659) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 14: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Gesundheit zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parla- ments und des Rates über Qualitäts- und Sicherheitsstandards für zur Transplanta- tion bestimmte menschliche Organe (inkl. 16521/08 ADD 1 und 16521/08 ADD 2) (ADD 1 in Englisch) KOM(2008) 818 endg.; Ratsdok. 16521/08 (Drucksachen 16/11517 Nr. A.30, 16/11781) Tagesordnungspunkt 5: a) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verfolgung der Vorbereitung von schweren staats- gefährdenden Gewalttaten (Drucksache 16/11735) . . . . . . . . . . . . . . . b) Erste Beratung des vom Bundesrat einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Be- kämpfung des Aufenthalts in terroristi- schen Ausbildungslagern (… StrÄndG) (Drucksache 16/7958) . . . . . . . . . . . . . . . . Brigitte Zypries, Bundesministerin BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jörg van Essen (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Jürgen Gehb (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Joachim Stünker (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Hans-Peter Uhl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . T a b B J D W J D S W S J T A H ( F U h ( P G L R D T a 21829 B 21830 A 21830 B 21830 B 21830 C 21832 B 21833 A 21834 B 21836 A 21836 D 21838 A 21839 D 21841 C 21842 A 21843 A agesordnungspunkt 6: ) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren (Drucksache 16/11736) . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des vom Bundesrat einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung von Absprachen im Strafver- fahren (Drucksache 16/4197) . . . . . . . . . . . . . . . rigitte Zypries, Bundesministerin BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . örg van Essen (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Jürgen Gehb (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . olfgang Nešković (DIE LINKE) . . . . . . . . erzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Peter Danckert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . iegfried Kauder (Villingen-Schwenningen) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . olfgang Nešković (DIE LINKE) . . . . . . . . iegfried Kauder (Villingen-Schwenningen) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . oachim Stünker (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 7: ntrag der Abgeordneten Patrick Döring, orst Friedrich (Bayreuth), Joachim Günther Plauen), weiterer Abgeordneter und der raktion der FDP: Bußgeldkatalog bei mweltzonen ändern – Zurück zur Ver- ältnismäßigkeit Drucksache 16/10313) . . . . . . . . . . . . . . . . . atrick Döring (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ero Storjohann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . utz Heilmann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . ita Schwarzelühr-Sutter (SPD) . . . . . . . . . . r. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 8: ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Drit- ten Gesetzes zur Änderung des Umsatz- steuergesetzes (Drucksache 16/11340) . . . . . . . . . . . . . . 21844 B 21844 B 21844 C 21846 A 21847 A 21849 A 21849 D 21851 D 21852 D 21854 A 21855 C 21856 B 21856 D 21858 A 21858 A 21859 B 21860 D 21862 B 21863 D 21864 C IV Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 202. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. Januar 2009 b) Erste Beratung des von den Abgeordneten Gudrun Kopp, Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes (Drucksache 16/11674) . . . . . . . . . . . . . . . Lydia Westrich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Volker Wissing (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Norbert Schindler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Barthel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 9: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Bildung, Forschung und Tech- nikfolgenabschätzung zu dem Antrag der Ab- geordneten Sevim Dağdelen, Cornelia Hirsch, Ulla Jelpke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Für eine erleichterte Anerkennung von im Ausland erworbenen Schul-, Bildungs- und Berufsabschlüssen (Drucksachen 16/7109, 16/11732) . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 4: Antrag der Abgeordneten Sibylle Laurischk, Uwe Barth, Cornelia Pieper, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der FDP: Lebens- leistung von Migrantinnen und Migranten würdigen – Anerkennungsverfahren von Bildungsabschlüssen verbessern (Drucksache 16/11418) . . . . . . . . . . . . . . . . . Marcus Weinberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Sibylle Laurischk (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Gesine Multhaupt (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Sevim Dağdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 10: Antrag der Abgeordneten Wolfgang Börnsen (Bönstrup), Maria Michalk, Dr. Hans-Peter Uhl, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Rainer Arnold, Klaus Uwe Benneter, Clemens Bollen, weiterer Abgeordneter und der Frak- t R D S ( W H K D M C U T A A A N a ( D L F D D J T a b B H G 21864 C 21864 D 21866 A 21867 B 21869 B 21870 A 21871 B 21872 B 21872 C 21872 C 21874 D 21875 C 21877 C 21878 B ion der SPD: Zehn Jahre anerkannte egional- und Minderheitensprachen in eutschland chutz – Förderung – Perspektiven Drucksache 16/11773) . . . . . . . . . . . . . . . . . olfgang Börnsen (Bönstrup) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ans-Michael Goldmann (FDP) . . . . . . . . . . arin Evers-Meyer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . r. Ilja Seifert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . aria Michalk (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . lemens Bollen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . we Barth (FDP) (Erklärung nach § 31 GO) . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 11: ntrag der Abgeordneten Dr. Gerhard Schick, lexander Bonde, Kerstin Andreae, weiterer bgeordneter und der Fraktion BÜND- IS 90/DIE GRÜNEN: Bankenrettung neu usrichten Drucksache 16/11756) . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . eo Dautzenberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . lorian Toncar (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Hans-Ulrich Krüger (SPD) . . . . . . . . . . . r. Axel Troost (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Leo Dautzenberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . ochen-Konrad Fromme (CDU/CSU) . . . . . . agesordnungspunkt 12: ) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Zivil- schutzgesetzes (Zivilschutzgesetzände- rungsgesetz – ZSGÄndG) (Drucksachen 16/11338, 16/11780) . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des In- nenausschusses zu dem Antrag der Abge- ordneten Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Bevölkerungsschutzsystem refor- mieren – Zuständigkeiten klar regeln (Drucksachen 16/7520, 16/11780) . . . . . . eatrix Philipp (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . artfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP) . . . . . . . . erold Reichenbach (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 21879 B 21879 C 21880 B 21881 B 21882 C 21883 D 21884 C 21885 D 21886 A 21886 A 21887 A 21887 D 21889 A 21890 B 21890 C 21891 C 21892 C 21892 C 21892 D 21894 B 21895 C Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 202. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. Januar 2009 V Tagesordnungspunkt 13: Große Anfrage der Abgeordneten Sibylle Laurischk, Ina Lenke, Miriam Gruß, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Frauen und Migration – Die Integration von Frauen mit Migrationshintergrund in der Bundesrepublik Deutschland (Drucksachen 16/4242, 16/7408) . . . . . . . . . . Sibylle Laurischk (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Reinhard Grindel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Sevim Dağdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Rüdiger Veit (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Irmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 16: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Anpassung eisenbahnrechtlicher Vor- schriften an die Verordnung (EG) Nr. 1371/ 2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr (Drucksache 16/11607) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Günter Krings (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Marianne Schieder (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Mechthild Dyckmans (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Dorothée Menzner (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Alfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 15: Beschlussempfehlung und Bericht des Innen- ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Ulla Jelpke, Petra Pau, Sevim Dağdelen, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: V-Leute in der NPD abschalten (Drucksachen 16/9007, 16/11731) . . . . . . . . . Ingo Wellenreuther (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Dr. Michael Bürsch (SPD) . . . . . . . . . . . . . Christian Ahrendt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Michael Bürsch (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Gert Winkelmeier (fraktionslos) . . . . . . . . . . . Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . T E e U ( ( i Z E b f d c ( E K M W D A Z A J A N b s ( T A H ( F W ( V H P D D 21897 C 21897 C 21898 C 21900 B 21901 A 21903 A 21904 A 21904 B 21905 C 21906 C 21907 B 21908 B 21908 D 21909 D 21910 A 21911 B 21912 A 21912 C 21912 D 21913 C agesordnungspunkt 18: rste Beratung des von der Bundesregierung ingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur msetzung der Aktionärsrechterichtlinie ARUG) Drucksache 16/11642) . . . . . . . . . . . . . . . . . n Verbindung mit usatztagesordnungspunkt 5: rste Beratung des vom Bundesrat einge- rachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ein- ührung erstinstanzlicher Zuständigkeiten es Oberlandesgerichts in aktienrechtli- hen Streitigkeiten Drucksache 16/9020) . . . . . . . . . . . . . . . . . . lisabeth Winkelmeier-Becker (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . laus Uwe Benneter (SPD) . . . . . . . . . . . . . . echthild Dyckmans (FDP) . . . . . . . . . . . . . olfgang Nešković (DIE LINKE) . . . . . . . . . r. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . lfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . usatztagesordnungspunkt 6: ntrag der Abgeordneten Manuel Sarrazin, ürgen Trittin, Rainder Steenblock, weiterer bgeordneter und der Fraktion BÜND- IS 90/DIE GRÜNEN: Europäische Ar- eitszeitrichtlinie – Hohen Arbeitnehmer- chutz EU-weit sicherstellen Drucksache 16/11758) . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 17: ntrag der Abgeordneten Patrick Döring, orst Friedrich (Bayreuth), Joachim Günther Plauen), weiterer Abgeordneter und der raktion der FDP: Technische Kriterien für interreifenkennzeichnung M+S festlegen Drucksache 16/11213) . . . . . . . . . . . . . . . . . olkmar Uwe Vogel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . eidi Wright (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . atrick Döring (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . orothée Menzner (DIE LINKE) . . . . . . . . . . r. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21915 A 21915 A 21915 B 21916 C 21917 C 21918 C 21919 B 21920 D 21921 C 21921 D 21922 A 21923 B 21924 A 21924 D 21925 C VI Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 202. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. Januar 2009 Tagesordnungspunkt 19: Antrag der Abgeordneten Cornelia Hirsch, Werner Dreibus, Volker Schneider (Saarbrü- cken), Dr. Petra Sitte und der Fraktion DIE LINKE: Keine Ausbeutung von Praktikan- tinnen und Praktikanten in den Bundes- ministerien und dem Bundeskanzleramt (Drucksache 16/11662) . . . . . . . . . . . . . . . . . Clemens Binninger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Siegmund Ehrmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Gabriele Lösekrug-Möller (SPD) . . . . . . . . . . Gisela Piltz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Volker Schneider (Saarbrücken) (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 7: Antrag der Abgeordneten Irmingard Schewe- Gerigk, Peter Hettlich, Dr. Thea Dückert, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Versorgung für Geschiedene aus den neuen Bundesländern verbessern (Drucksache 16/11684) . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 20: Antrag der Abgeordneten Dr. Gregor Gysi, Dr. Gesine Lötzsch, Kersten Naumann, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Gleichberechtigte Entschädigung von Strahlenopfern in Ost und West schaf- fen – umfassendes Radaropfer-Entschädi- gungsgesetz einführen (Drucksache 16/8116) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jürgen Herrmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Rolf Kramer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Birgit Homburger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Winfried Nachtwei (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 8: Antrag der Abgeordneten Undine Kurth (Quedlinburg), Bärbel Höhn, Krista Sager, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Experimente z s ( N A L A E D B R d d m u K ( ( A E ( A F la a A Z A u S o R A Z – – ( P S 21925 D 21926 A 21927 A 21927 D 21928 D 21929 C 21930 B 21931 B 21932 A 21932 B 21932 B 21933 C 21934 B 21934 D 21935 B ur Meeresdüngung dürfen marine Öko- ysteme nicht belasten Drucksache 16/11760) . . . . . . . . . . . . . . . . . ächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 1 iste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . nlage 2 rklärung nach § 31 GO des Abgeordneten r. Ilja Seifert (DIE LINKE) zur Beratung der eschlussempfehlung: Vorschlag für eine ichtlinie des Europäischen Parlaments und es Rates über Qualitäts- und Sicherheitsstan- ards für zur Transplantation bestimmte enschliche Organe (inkl. 16521/08 ADD 1 nd 16521/08 ADD 2) (ADD 1 in Englisch) OM(2008) 818 endg.; Ratsdok. 16521/08 Drucksachen 16/11517 Nr. A.30, 16/11781) Tagesordnungspunkt 14) . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 3 rklärung des Abgeordneten Volker Beck Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur bstimmung über die Beschlussempfehlung: ür eine erleichterte Anerkennung von im Aus- nd erworbenen Schul-, Bildungs- und Berufs- bschlüssen (Tagesordnungspunkt 9) . . . . . . . nlage 4 u Protokoll gegebene Rede zur Beratung des ntrags: Zehn Jahre anerkannte Regional- nd Minderheitensprachen in Deutschland chutz – Förderung – Perspektiven (Tages- rdnungspunkt 10) ainder Steenblock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 5 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung: des Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Zivilschutzgesetzes (Zivilschutzge- setzänderungsgesetz – ZSGÄndG) der Beschlussempfehlung zu dem Antrag: Bevölkerungsschutzsystem reformieren – Zuständigkeiten klar regeln Tagesordnungspunkt 12 a und b) etra Pau (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . ilke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21936 B 21936 D 21937 A 21937 D 21938 C 21938 D 21939 D 21940 B Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 202. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. Januar 2009 VII Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung der Beschlussempfehlung: V-Leute in der NPD abschalten (Tagesordnungspunkt 15) Monika Lazar (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Europäische Arbeitszeitrichtlinie – Hohen Arbeitnehmerschutz EU-weit sicher- stellen (Zusatztagesordnungspunkt 6) Michael Hennrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Josip Juratovic (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Werner Dreibus (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Versorgung für Geschiedene aus den neuen Bundesländern verbessern (Zusatz- tagesordnungspunkt 7) Maria Michalk (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Gregor Amann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Martina Bunge (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Irmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Experimente zur Meeresdün- gung dürfen marine Ökosysteme nicht belas- ten (Zusatztagesordnungspunkt 8) Michael Kretschmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . Ingbert Liebing (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Heinz Schmitt (Landau) (SPD) . . . . . . . . . . . René Röspel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Angelika Brunkhorst (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Petra Sitte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Undine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Krista Sager (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21941 B 21942 A 21943 D 21945 A 21945 D 21946 C 21947 B 21948 A 21950 A 21950 D 21951 B 21952 A 21952 D 21954 A 21954 C 21955 C 21956 A 21957 A 21957 C Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 202. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. Januar 2009 21781 (A) ) (B) ) 202. Sitz Berlin, Donnerstag, de Beginn: 9.0
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    Anlage 9 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 202. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. Januar 2009 21937 (A) ) (B) ) bestimmte menschliche Organe (inkl. 16521/08 (Tagesordnungspunkt 14)Burkhardt ADD 1 und 16521/08 ADD 2) (ADD 1 in Eng- lisch) KOM(2008) 818 endg.; Ratsdok. 16521/08 (Drucksachen 16/11517 Nr. A.30, 16/11781) Maurer, Ulrich DIE LINKE 29.01.2009 Mogg, Ursula SPD 29.01.2009** Müller-Sönksen, FDP 29.01.2009 Anlage 1 Liste der entschuldigt * ** A Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Aigner, Ilse CDU/CSU 29.01.2009 Barthle, Norbert CDU/CSU 29.01.2009 Behm, Cornelia BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 29.01.2009 Bellmann, Veronika CDU/CSU 29.01.2009 Binder, Karin DIE LINKE 29.01.2009 Brüning, Monika CDU/CSU 29.01.2009 Bulling-Schröter, Eva DIE LINKE 29.01.2009 Caspers-Merk, Marion SPD 29.01.2009 Deittert, Hubert CDU/CSU 29.01.2009* Ehrmann, Siegmund SPD 29.01.2009 Eymer (Lübeck), Anke CDU/CSU 29.01.2009* Freitag, Dagmar SPD 29.01.2009 Gradistanac, Renate SPD 29.01.2009 Hauer, Nina SPD 29.01.2009 Heller, Uda Carmen Freia CDU/CSU 29.01.2009 Hirsch, Cornelia DIE LINKE 29.01.2009 Jung (Karlsruhe), Johannes SPD 29.01.2009 Dr. Kolb, Heinrich L. FDP 29.01.2009 Kolbow, Walter SPD 29.01.2009 Kopp, Gudrun FDP 29.01.2009 Kurth (Quedlinburg), Undine BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 29.01.2009 Dr. Lamers (Heidelberg), Karl A. CDU/CSU 29.01.2009 N N N P P R S D S D S D T D W D Z A (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht en Abgeordneten für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung des Europarates für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung der NATO nlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) zur Beratung der Beschlussempfehlung: Vor- schlag für eine Richtlinie des Europäischen Par- laments und des Rates über Qualitäts- und Sicherheitsstandards für zur Transplantation aumann, Kersten DIE LINKE 29.01.2009 itzsche, Henry fraktionslos 29.01.2009 oll, Michaela CDU/CSU 29.01.2009 aula, Heinz SPD 29.01.2009 flug, Johannes SPD 29.01.2009 aidel, Hans CDU/CSU 22.01.2009 chäffler, Frank FDP 29.01.2009 r. Schäuble, Wolfgang CDU/CSU 29.01.2009 chily, Otto SPD 29.01.2009 r. Spielmann, Margrit SPD 29.01.2009 trothmann, Lena CDU/CSU 29.01.2009 r. Tabillion, Rainer SPD 29.01.2009 auss, Jörg SPD 29.01.2009 r. Westerwelle, Guido FDP 29.01.2009 immer (Neuss), Willy CDU/CSU 29.01.2009 r. Wodarg, Wolfgang SPD 29.01.2009* apf, Uta SPD 29.01.2009 bgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich 21938 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 202. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. Januar 2009 (A) ) (B) ) Die vorliegende Beschlussempfehlung zum Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Qualitäts- und Sicherheitsstandards für zur Transplantation bestimmte menschliche Organe werde ich und wird meine Fraktion Die Linke ablehnen. Wir entscheiden heute – ohne Debatte – über die Sub- sidiaritätsprüfung, die im Rahmen eines Testlaufs auf Anregung der Konferenz der Ausschüsse für Gemein- schafts- und Europaangelegenheiten der Parlamente der Europäischen Union, COSAC, stattfindet; ein komple- xes und vielen sicherlich noch nicht vertrautes Verfah- ren, das wir in den vergangenen Wochen intensiv in den beteiligten Ausschüssen des Deutschen Bundestages be- raten haben. Nicht weniger komplex ist der gewählte Gegenstand des Testlaufs, der Vorschlag der Europäi- schen Kommission für eine Richtlinie über Qualitäts- und Sicherheitsstandards für zur Transplantation be- stimmte menschliche Organe. Das Thema Organspende und -transplantation ist ein sehr sensibles Thema. Denn es bedeutet, sich mit den großen Fragen Leben und Tod auseinanderzusetzen. Viele Menschen schrecken bei diesem Gedanken erst einmal zurück. Es ist daher nicht verwunderlich, dass die Bereitschaft, einen Organspendeausweis auszufüllen, von einer Reihe von Faktoren abhängt. Ein ganz ent- scheidender Faktor ist das Vertrauen der Menschen in das Gesundheitssystem. Eine zunehmende Ökonomisie- rung des Gesundheitssystems, wie wir sie gegenwärtig erleben, schafft kein Vertrauen. Die Europäische Kom- mission will nun mit ihrem Richtlinienvorschlag über Qualitäts- und Sicherheitsstandards für zur Transplanta- tion bestimmte menschliche Organe einen klaren Rechtsrahmen für die Organspende und -transplantation in der Europäischen Union schaffen. Nach Ansicht der Kommission bestehen zwischen den Mitgliedsländern große Unterschiede hinsichtlich der Qualitäts- und Si- cherheitsanforderungen. Einheitliche Qualitäts- und Si- cherheitsstandards könnten – so die Kommission weiter – den grenzüberschreitenden Austausch von Organen be- fördern. Trotz meiner Ablehnung der Beschlussempfehlung begrüße ich dieses Anliegen. Heute geht es jedoch nicht um die inhaltliche Beratung der Vorlage, sondern um die Frage, ob der Grundsatz der gemeinschaftlichen Subsi- diarität gewahrt ist. Dahinter verbirgt sich die Frage nach der Abgrenzung der Gesetzgebungszuständigkeiten zwischen dem europäischen Gesetzgeber und dem Deut- schen Bundestag. Die Prüfung des Subsidiaritätsprinzips erfolgt anhand von zwei Fragen: Können die Ziele des Vorhabens ausreichend auf der Ebene der Mitgliedstaa- ten erreicht werden oder können die Ziele des EU-Vor- habens wegen ihres Umfangs und ihrer Wirkungen bes- ser auf EU-Gemeinschaftsebene verwirklicht werden? Ich stimme gegen die Beschlussempfehlung, weil ich Bedenken hinsichtlich der Einhaltung des Grundsatzes der Subsidiarität habe. Diese Bedenken gibt es nicht hin- sichtlich der Schaffung europaweiter Mindeststandards für Qualitäts- und Sicherheitsanforderungen bei zur Transplantation bestimmter Organe, aber hinsichtlich der Frage, ob hierfür umfangreiche detaillierte institutio- n w – w w l z D f o v m L W D S k d A G A W M T O l n d s g a i f s (C (D elle Regelungen auf europäischer Ebene geschaffen erden müssen. Ich stimme gegen die Beschlussempfehlung, weil wir und hier meine ich den Bundestag in Gänze – nicht issen, ob der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ge- ahrt bleibt, denn dazu müssten wir einen Vergleich al- er Vorschriften in den einzelnen EU-Mitgliedsländern u den vorliegenden Regelungsgegenständen haben. och die Kommission macht noch nicht einmal die er- orderlichen Angaben, um überhaupt prüfen zu können, b die voraussichtlichen finanziellen und administrati- en Belastungen für die Mitgliedstaaten in einem ange- essenen Verhältnis zu dem erwarteten Nutzen stehen. Ich stimme gegen die Beschlussempfehlung, weil die inke ein friedliches und soziales Europa will und den eg der europäischen Integration weitergehen möchte. as gelingt aber nicht mit einer Absenkung höherer tandards, und das gelingt nicht, wenn wir die Möglich- eiten zur Subsidiaritätskontrolle bei Richtlinien wie ieser nicht ernsthaft nutzen. nlage 3 Erklärung des Abgeordneten Volker Beck (Köln) (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung: Für eine erleichterte Anerkennung von im Ausland erworbenen Schul-, Bildungs- und Berufsabschlüssen (Ta- gesordnungspunkt 9) Ich erkläre im Namen der Fraktion Bündnis 90/Die rünen, dass unser Votum „Enthaltung“ lautet. nlage 4 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Antrags: Zehn Jahre aner- kannte Regional- und Minderheitensprachen in Deutschland. Schutz – Förderung – Perspekti- ven (Tagesordnungspunkt 10) Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): edder mol – veel to selten – sünd de Regional- un innerheitensproken vun uns Land anseggt op uns agesordnung. Fröher, bi mi bi´t Huus in Grotefehn in stfreesland, worr hochdüütsch snackt. Ik heff Plattdüütsch vun de annern Kinner in´t Dörp ehrt. Ik sülvst bün keen professionellen, ober en passio- eerten Plattsnacker. Mien Computer jedenfalls, as ik or an’t Schrieven weer, hett dat allens rot anstreken mit ien Rechtschreibautomatik, all de plattdüütschen Wöör efullen em nich. Plattsnacken hett een Barg Vördeele: Man kriggt en nnere Stimmung bi´t Snacken. Man föhlt, dat man rgendwie tosomen höört mit de, de ok platt snackt. Man öhlt ok, dat de Soken ut uns moderne Welt, de sik nur wor op Platt utdrücken loot, villich gor nich de wich- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 202. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. Januar 2009 21939 (A) ) (B) ) tigsten sünd. De gröttste Vördeel is ober, dat man sik in alle Fründschap Soken an’n Kopp smieten kann, de op Hochdüütsch de reinste Beleidigung weern. Dor is de fründliche Peter Harry ok mol en echten Nordstrander „Dickkopp“. Villicht is dat in de Politik mennigmol rich- tig, wenn man dor Plattdüütsch snacken deit. Villicht schullen wi de Swattbrotthemen wie Föderalismus- reform un Huusholt mol op Platt besnacken. Ik glööv, dor kunn en Masse klorer warrn. Bi en poor Kollegen vun dit Hooge Huus un bi en Deel vun de Lüüd in´t Land is villicht en beten dörenanner komen, dat dat en grote Ünerscheed twüschen de Regio- nalsprook Plattdüütsch un de Minnerheitensproken vun uns Land – Däänsch, Freesch, Sorbisch un Romanes – gifft. Plattdüütsch is keen Sprook vun en nationale Minner- heit, dat is en in ganz Norddüütschland wiet verbreete Regionalsprook – un de Minschen, de Platt snackt, sünd keen eegen Gruppe so as de Minnerheiten. Op de anner Siet gifft dat natürlich ok en Masse Soken, de bi Platt, Deensch, Freesch, Sorbisch un Romanes gliek sünd. Frö- her geef dat mol en Konkurrenz twüschen Platt, Däänsch, Freesch, Sorbisch un Romanes. Obers dor sünd wi al lang vun weg. Dörum dörf dat ok keen Gegeneenanner- Utspeelen vun de Sproken op de politische oder finan- zielle Ebene geben. Hüüt is de „Druck“ vun dat Hoochdüütsche so groot worrn, dat alle annern Sproken vun uns Land dat swoor hebbt. De Europäische Charta för de Regional- oder Minnerheitensproken, de siet den 1. Januar 1999 als Bundesgesetz in Kraft is, is en ganz wichtigen Punkt. Ik bedank mi bi de Grote Koalition för den geschmei- digen Andrag. De Kollegen und Kolleginnen hebbt al dorop henwiest, dat wi mit de Verpflichtungen vun de Charta noch nich ganz liekvör sünd. Dat seht wi von de Grönen jüstso. All wedder en Bericht – goot meent is noch lang nich goot mookt. Un wat wi in dissen Bericht höört: „Keen Minsch deit so veel för de Minnerheitensproken as düsse Bundesregierung“. Tominnst mit de Tung, kösten dörf dat nämlich nix! Af un an schullen wir uns överleggen, wat wi vun de Politik noch moken köönt, un af und an köönt wi ok en beten mehr doon. Ik glööv, dat is ganz wichtig, dormit wi unse Identität un unse Kultur fastholen doot. Wi sünd uns all enig, dat de Minnerheitensproken en wichtigen Deel vun de Kultur un Identität in Düütschland sünd. Minnerheitensproken sünd nich blots Folklore, nich blot wat Lustiges. Wer sik mol de Möhg mookt un to´n Bispill Klaus Groth op Platt lesen deit, siene olen platt- düütschen Gedichten un Geschichten, de weet, woveel Kultur und Tradition in Minnerheitensproken binnen is. Wo weer dat denn, wenn sik all Bundesländer mol mit en poor vernünftige Lüüd an een Disch setten un endlich mol festlegen deen, wat denn nu würklich passieren schall. So wat nennt man auf Hochdüütsch „Konzept“. Een Spraak leevt nur, wenn se sproken warrt, wenn de Lüüd se dagdächlich bruukt. Un dat warrt, wenn man dat ehrlich bekieken deit, jümmer ringer. Wi mookt uns Sor- gen, dat de Minnerheitensproken jümmer wieder torüch g s in o b W m d v n i l b D D M p r A v v R s H m r s n t z g u l s D G a G (C (D oht, dat jümmer weniger Lüüd de Minnerheitensproken nackt. De Medien kunnen dor veel bi moken, jüst, wenn dat ´t Radio un Fernsehn nich jümmer blooß Programm för le Lüüd geef. In de Volkssproken kann man ok sülvst- ewusst un frech en Programm för junge Lüüd moken. enn de Volkssproken en Tokunft hebben schüllt, denn utt se för junge Lüüd wat bedüden. Wenn wi as Bundes- ag blooß alle poor Johr mol Platt snackt, bringt dat nich eel. Insofern is dat nootwennig, dat wi uns buten bedankt, ämlich bi dejenigen in de Kinnergoorns, in de Scholen, n de Hoochscholen un ok bi vele, vele, de sik ehrenamt- ich dormit beschäftigt. Ik will mi ok bi all de Minschen edanken, de helpt, de Minnerheitensproken to erholen. issen Dank slütt sik mien Fraktion vull an. Velen ank! Loot Se uns all tosomen dorför sorgen, dat de innerheitensproken ok tokünftig leevt. Un dat mehr un nich weniger Lüüd seggt: „Ik snack latt“, „Jeg taler dansk“, „Ik snaak frasch“, „Me rakrau omnes“ Velen Dank för’t Tohören! nlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Zivilschutzgesetzes (Zivilschutzgesetz- änderungsgesetz – ZSGÄndG) – der Beschlussempfehlung zu dem Antrag: Bevölkerungsschutzsystem reformieren – Zuständigkeiten klar regeln (Tagesordnungspunkt 12 a und b) Petra Pau (DIE LINKE): In dem Gesetz, das heute erabschiedet werden soll, geht es um einen besseren Zi- ilschutz. Damit ist der Schutz ziviler Objekte und essourcen im Verteidigungsfall gemeint. Beim Kata- trophenschutz wiederum geht es um Unwetter, ochwasser, Erdbeben und dergleichen, also um nicht ilitärische Bedrohungen. Diese Unterscheidung sei vo- ausgeschickt. Nun soll beides, der Zivil- und der Katastrophen- chutz, besser koordiniert werden. Auch das klingt ver- ünftig. Aber genau da lauern auch Konflikte, mindes- ens zwei. Denn zum einen droht eine Vermengung iviler und militärischer Komponenten. Und zweitens eht es um die Frage, welche Kompetenzen den Ländern nd welche dem Bund zustehen. Beide möglichen Konflikte sind wiederum aus dreier- ei Sicht interessant. Erstens: Das Grundgesetz trennt charf zwischen militärischen und zivilen Instrumenten. afür gibt es historische, politische und sachliche ründe. Die Linke hält sie nach wie vor für richtig. Oder nders gesagt: Wir werden sofort hellhörig, wenn diese renzen angetastet werden. 21940 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 202. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. Januar 2009 (A) ) (B) ) Zweitens: Der Bund maßt sich gern Kompetenzen an, die eigentlich in der Hoheit der Länder liegen. Das war unter Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) so, und das ist unter Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) nicht anders. Sie werden daher meine Skepsis verstehen, wenn nun CDU/CSU und SPD gemeinsam ans Werk gehen. Drittens: Bundesinnenminister Schäuble hat mehr- fach erklärt, dass er eine neue Sicherheitsarchitektur an- strebt. Sein Vorbild sind die USA, also ein zentralisti- scher Sicherheitsapparat mit nahezu unbegrenzten und undurchschaubaren Befugnissen. Das will Die Linke ausdrücklich nicht – nicht in großen, aber auch nicht in kleinen Schritten. Nun hatten wir in den Fachausschüssen des Bundesta- ges sechs Wochen lang Zeit, den Gesetzestext auf seine guten und auf seine möglicherweise tückischen Seiten zu prüfen. Zuletzt taten wir es gestern im Innenausschuss. Die Fachkolleginnen und -kollegen werden sich an meine sachlichen Fragen erinnern. Die Antworten der Vertreter des Bundesinnenministeriums konnten leider drei Bedenken der Linksfraktion nicht entkräften. Ers- tens hegen wir Zweifel, ob das neue Gesetz zum Zivil- schutz wirklich mit dem Grundgesetz übereinstimmt. Ähnliche Zweifel hegten Abgeordnete der FDP und von Bündnis 90/Die Grünen. Zweitens konnten unsere Be- fürchtungen nicht ausgeräumt werden, dass es sich hier- bei auch um eine Einstiegsdroge für den Einsatz der Bundeswehr im Inneren handelt. Ich räume ein: Der Ge- setzestext weist dies nicht vordergründig aus. Aber wir alle kennen die Absicht des Bundesinnenministers, ge- nau dies zu tun, auf welchen Wegen auch immer. Drittens hat Die Linke Bedenken zum Datenschutz. Sage bitte niemand, die seien übertrieben. Wir erleben einen Datenskandal nach dem anderen, und der Staat mischt kräftig mit. Auch dieses Gesetz ermächtigt dazu, neue Daten zu erheben. Das kann sinnvoll sein. Das kann aber auch gefährlich sein, zumal: Auch Daten- schutz ist Zivilschutz. Sie merken an meiner moderaten Abwägung, dass ich unentschlossen bin. Natur- und andere Katastrophen müssen so effektiv wie möglich gemeistert werden. Da- rauf haben alle Bürgerinnen und Bürger einen unbe- streitbaren Anspruch, zumal wir leider davon ausgehen müssen, dass die aktuelle Nichtklimapolitik weitere Na- turkatastrophen befördert. Aber es wäre unredlich, die Sorge vor oder das Unglück nach solchen Katastrophen politisch zu missbrauchen. Ich habe ihnen eingangs die Gründe für meine Skepsis erläutert. Weder die CDU/ CSU noch die SPD, auch nicht das Innenministerium ha- ben meine Zweifel ausgeräumt. Die Linke wird sich daher bei der Abstimmung ent- halten. Silke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): 60 Jahre Grundgesetz ist in diesem Jahr An- lass für zahlreiche Feierlichkeiten. Vieles, was sich die Väter und Mütter unseres Grundgesetzes 1949 ausge- dacht haben, hat sich bewährt und sollte bewahrt und v G s m u Z h c B D K m r d d a s k c D s d m Z K f l G e i d e d S h g d p m a B f o s b l L ü s w u B A K z z (C (D erteidigt werden. Der Föderalismus ist die bewährte rundordnung unseres Staates, auch wir wollen grund- ätzlich daran festhalten. Die Föderalismusreformkom- ission I hat die Aufgabenverteilung zwischen Bund nd Ländern in einigen Bereichen neu justiert. Die weidrittelmehrheit dieses Hauses und des Bundesrates at nach Auffassung der Grünen hier die falschen Wei- hen gestellt. Dem Bund jegliche Verantwortung für die ildung zu nehmen, war eine krasse Fehlentscheidung. ie gleichzeitige Handlungsunfähigkeit der Großen oalition beim Thema Bevölkerungsschutz bleibt für ich unverständlich. Hier gibt es in der Verfassung ealen Veränderungsbedarf, und ich unterstütze aus- rücklich die Forderungen des Bundesrechnungshofes, ie Finanzierung im Bereich des Bevölkerungsschutzes uf eine verfassungsrechtlich tragende Grundlage zu tellen. Ich benutze hier bewusst den Begriff des Bevöl- erungsschutzes, weil es mein Ziel bleibt, ein einheitli- hes, modernes Bevölkerungsschutzgesetz zu schaffen. ie Trennung zwischen Katastrophenschutz und Zivil- chutz ist nicht mehr sachgerecht und wird den Risiken, enen wir heute und in Zukunft ausgesetzt sind, nicht ehr gerecht. Die geltende Verfassung geht davon aus, dass die uständigkeit der Länder bei der Gefahrenabwehr im atastrophenfall liegt und die Verteidigung und Kriegs- olgenbeseitigung Aufgabe des Bundes ist. Die Wirk- ichkeit heute sieht anders aus. Wir müssen uns heute auf roßschadenslagen wie Pandemien oder Stromausfall instellen, die länderübergreifend sind, und gleichzeitig st die Wahrscheinlichkeit, dass Kriegsfolgen überwun- en werden müssen, eher gering geworden. Nicht klar rfasst wird die Zuständigkeit bei einem Terroranschlag, er weder Kriegsfolge noch Katastrophe im klassischen inne ist. Warum also kann sich die Politik nicht auf den ein- eitlichen Begriff des Bevölkerungsschutzes verständi- en und die Aufgabenwahrnehmung und Finanzierung er Ressourcen klar regeln? Was die Große Koalition hier heute als Gesetzentwurf räsentiert, das ist ein wenig überzeugender Kompro- iss zwischen Bund und Ländern. Wir begrüßen durch- us, dass zentrale Koordinierungsmaßnahmen auf den und übertragen wurden, dass gemeinsame Standards ür die Aus- und Fortbildung entwickelt werden sollen der der Bund die beratende Funktion beim Schutz kriti- cher Infrastrukturen hat. Aber das reicht nicht. Es bleibt ei einem Wirrwarr an Zuständigkeiten und Verantwort- ichkeiten, es gibt weder eine einheitliche Struktur für eitstellen noch für Führungsstrukturen, und bei länder- bergreifenden Großschadensfällen muss der Bund zu- chauen und geduldig auf Hilferufe aus den Ländern arten. Das ist in meinen Augen gefährlicher Unsinn nd bedeutet im Ernstfall, dass wir für den Schutz der evölkerung nicht optimal aufgestellt sind. Die Länder sind schon heute nicht in der Lage, ihre ufgaben, an denen sie kleben, auch zu finanzieren. Der atastrophenschutz ist in allen Bereichen unterfinan- iert, das gilt für die Notfallmedizin genauso wie für die ivilen Rettungsdienste oder die Feuerwehren. Sie erfin- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 202. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. Januar 2009 21941 (A) ) (B) ) den hier das Konstrukt des „Zivilschutz-Doppelnutzen- Konzepts“, dass kaschieren soll, dass der Bund zwar be- zahlt, aber nichts zu sagen hat. Das ist inhaltlich falsch und es wird dem Grundsatz der Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit nicht gerecht. Ich bin ausdrücklich dafür, dass sich der Bund an der Finanzierung von Feuerwehrautos beteiligt, aber bitte auf einer klaren Grundlage der Aufgabendefinition. Zivilschutz ist als Bundesaufgabe weitgehend weggefallen, es ist daher ab- surd, hier in einem Gesetz eine „Zivilschutz-Doppelnut- zung“ einzuführen. Nein, wir brauchen ein einheitliches Bevölkerungsschutzgesetz, und dafür müssen wir das Grundgesetz ändern. Nicht geregelt wird in dem Gesetzentwurf, wie die Bevölkerung auf mögliche Schadensereignisse ausrei- chend vorbereitet werden soll und wie die Selbsthilfe ge- stärkt werden kann. Nach der Privatisierung der kriti- schen Infrastrukturen muss auch die Verantwortung der Wirtschaft in diesem Bereich neu definiert werden; die alten Sicherstellungsgesetze reichen hier nicht aus. Aber an so schwierige Fragen traut sich die Große Koalition nicht heran, und es bleibt einmal mehr bei einem kleinen Reförmchen. Lassen Sie mich zum Schluss ein paar Anmerkungen zum Gesetzentwurf der FDP machen. Inhaltlich stimmen wir Ihrem Entwurf zu, es steht viel Richtiges drin. Genau wie wir fordern Sie die Aufhebung der Trennung von Katastrophenschutz und Zivilschutz. Aber wie ehrlich ist hier Ihr Antrag? Die Länder, die am meisten auf der Bremse stehen, sind von der FDP mitregierte Länder. Ein modernes Bevölkerungsschutzgesetz scheitert an Niedersachsen, Bayern und Hessen, und mir ist keine Initiative der FDP bekannt, die Blockadehaltung der Länder zu lockern. Sie stellen hier als FDP-Bundestags- fraktion richtige Forderungen auf, gleichzeitig verhin- dert die FDP in den Ländern die Durchsetzung, das ist wenig glaubwürdig. Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung der Beschlussempfehlung: V-Leute in der NPD abschalten (Tagesordnungspunkt 15) Monika Lazar (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Schluss mit der demokratiefeindlichen NPD! Dieser Wunsch eint unser demokratisches Parlament. Für die Linksfraktion heißt der Weg dorthin: Sofortiger Abzug aller V-Leute und Einleitung eines NPD-Verbotsverfah- rens! Aber kann das hochkomplexe, gesellschaftlich fest verankerte Problem Rechtsextremismus mit einer derart eindimensionalen Lösung behoben werden? Sicher nicht. Die Arbeit der V-Leute gilt als umstritten. Jeder siebte NPD-Funktionär bezieht Geld vom Verfassungsschutz. Offensichtlich ist, dass solche Mitarbeiter bzw. Infor- manten nicht immer mit der nötigen Sorgfalt ausgewählt wurden. Da sind auch „braune Schafe“ dabei. Mehrfach k K G f w p I s p M a A r s s a s d e k V b i p i d k n D d b d s A t „ t t h F e m v l d m s l j l o u (C (D am es zu Fällen, in denen V-Leute mit rechtsextremen riminellen kollaborierten. Nazi-Aktivitäten wurden mit eld vom Nachrichtendienst finanziert. Informationen lossen nicht nur in die gewünschte Richtung. Vielmehr arnten V-Leute ihre rechtsextremen Kumpane auch vor olizeilichen Fahndungen. Dies ist nicht Sinn der Sache. nsofern teile ich die Kritik der Linksfraktion. Doch darf die Antwort des Staates auf derartige Miss- tände lauten: Keine Überwachung mehr? Das wäre dop- elt fahrlässig: Zum einen müssen wir über NPD-interne achenschaften und Vorhaben unterrichtet sein. Zum nderen ist der Staat verpflichtet, aus Schutzgründen die nonymität der V-Leute zu wahren. Bringt aber der Einsatz von V-Leuten in den Füh- ungsetagen der NPD das gewünschte Ergebnis? Da tut ich einiger Änderungsbedarf auf. Der Verfassungs- chutz muss künftig seine Informanten professioneller uf ihre Eignung prüfen. Straftaten dürfen nicht durch taatliche Behörden billigend in Kauf genommen wer- en. Die zuständigen Gremien auf Bund- und Länder- bene haben ihre Kontrollfunktionen gewissenhafter und onsequenter auszuüben. Auch die Kooperation bei der erwertung gewonnener Informationen verläuft sehr un- efriedigend. Die Innenministerkonferenz muss hierbei hre Bemühungen intensivieren. All diese Umsetzungs- robleme zeigen: Nicht die V-Leute verhindern Erfolge m Kampf gegen Rechtsextremismus und NPD, son- ern Uneinigkeiten und fehlende Kontinuität im demo- ratischen Spektrum. Wir brauchen eine abgestimmte, achhaltige Strategie, die vor allem auf Prävention setzt. azu gehört ganz maßgeblich die offensive Auseinan- ersetzung mit rechtsextremen Ideologien. Denn diese ilden den Nährboden, auf dem schließlich Wahlerfolge er NPD oder rechte Gewalt gedeihen können. Wir wis- en, dass ein NPD-Verbot – das ja das Ziel eines V-Leute- bzugs wäre – keinen positiven Einfluss hätte auf rassis- isches Denken, Antisemitismus, Ängste vor angeblicher Überfremdung“ oder Abneigungen gegen andere Kul- uren und Lebensweisen. Doch hier muss unser konzep- ioneller Ansatz liegen. Die Debatte um V-Leute und NPD-Verbotsverfahren ingegen führt seit Jahren zu nichts. Wenn sie überhaupt rüchte bringt, dann unerwünschte: nämlich jedes Mal ine Bestätigung für das ultrarechte Lager, dass die de- okratischen Kräfte sich nicht einig werden. Fragen wir uns stattdessen: Was braucht unsere Be- ölkerung, um sich in der Demokratie zu Hause zu füh- en? Wie können wir Vielfalt und Toleranz attraktiv arstellen? Welche drängenden Probleme müssen die de- okratischen Parteien lösen, damit die Nazis keine An- atzpunkte für ihre Propaganda finden? Solche Debatten ohnen sich, ganz besonders im sogenannten Superwahl- ahr 2009. Wenn wir alle uns derartigen Fragen erfolgreich stel- en, können wir die NPD gemeinsam schachmatt setzen hne Verbot – indem wir sie als unwählbar, inakzeptabel nd überflüssig entlarven. 21942 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 202. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. Januar 2009 (A) ) (B) ) Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Europäische Ar- beitszeitrichtlinie – Hohen Arbeitnehmerschutz EU-weit sicherstellen (Zusatztagesordnungs- punkt 6) Michael Hennrich (CDU/CSU): Heute debattieren wir über den Antrag von Bündnis 90/Die Grünen „Euro- päische Arbeitszeitrichtlinie – Hohen Arbeitnehmerschutz EU-weit sicherstellen“. Darin geht es kurz zusammen- gefasst um Folgendes: Die Richtlinie 2003/88/EG zur Arbeitszeitgestaltung soll geändert werden. Derzeit for- mulieren auf EU-Ebene die Mitgliedstaaten die Position des Ministerrates für weitere Verhandlungen. Dabei setzt sich die Bundesregierung dafür ein, dass eine wöchentliche durchschnittliche Höchstarbeitszeit durch Tarifvertrag oder, wenn kein Tarifvertrag vorliegt und keine Perso- nalvertretung besteht, durch einzelvertragliche Regelung überschritten werden darf. Meine Damen und Herren von Bündnis 90/Die Grünen, wie könnte man in Zeiten der Weltwirtschaftskrise eine andere Position vertreten? Im Rat wurde im Juni ein Kompromiss errungen, der zwei essentielle Bedürfnisse vereint. Zum einen wird ein angemessenes europaweites Schutzniveau bei der Arbeits- zeit festlegt. Die Richtlinie sorgt mit einer Regelarbeits- zeit von 48 Wochenstunden dafür, dass Wettbewerb nicht auf dem Rücken der Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh- mer ausgetragen wird. Sie ist ein wichtiger Baustein für ein soziales Europa. Zum anderen wird an der notwendi- gen Flexibilität der Arbeitskräfte, die in unserer globali- sierten Welt unabkömmlich ist, festgehalten. Damit meine ich die Regelung des Opt-outs, wonach im Bedarfsfall von der gesetzlich vorgesehenen wöchentlichen Höchstarbeits- zeit mit Zustimmung des Arbeitnehmers abgewichen werden kann. Sofern Sie uns vorwerfen, wir würden Arbeitnehmer- belange nicht ausreichend würdigen, ja sogar ein Wort- bruch der Regierung liege vor, weil ein hoher sozialer Schutz für Arbeitnehmer nicht garantiert werde, ist dies schlichtweg falsch. Denn zum Schutze der Arbeitnehmer sieht der Gemeinsame Standpunkt des Rates wesentlich strengere Voraussetzungen für das Opt-out vor, als sie bisher in den Mitgliedstaaten praktiziert wurden. Diese wichtigen Verbesserungen im Sinne der Arbeitnehmer begrüße ich sehr. Ich möchte Ihnen kurz in Erinnerung rufen, dass im Gemeinsamen Standpunkt, hinter dem wir auch heute noch stehen, erstmals eine absolute Höchstgrenze für die Wochenarbeitszeit festgelegt wurde. Dies bedeutet eine Reduzierung um 23 Prozent im Vergleich zur heute theo- retisch möglichen absoluten Obergrenze. Außerdem gilt die Zustimmung des Arbeitnehmers zum Opt-out nur noch für höchstens ein Jahr, und diese Zustimmung darf nicht gleichzeitig mit dem Abschluss des Arbeitsvertrages eingeholt werden. Darüber hinaus kann jeder Arbeitnehmer seine Erklärung innerhalb der ersten sechs Monate ihrer Geltung zurücknehmen, und zwar mit sofortiger Wirkung. Danach besteht diese O M l w V O N g i s a b m G R v a v i V Ä v b b 4 b H v m W M S s g d d w e H a S b t l d G s a l B g d te (C (D ption immer noch mit einer Frist von maximal zwei onaten. Ich frage Sie: Ist das arbeitnehmerunfreund- ich? Mit Sicherheit nicht! Und genau das ist der Grund, arum wir daran festhalten, dass unter diesen strengen oraussetzungen auch weiterhin die Möglichkeit des pt-outs bestehen soll. Eine funktionierende Wirtschaft setzt voraus, dass auf achfrage reagiert wird. Flexibilität aufseiten des Arbeit- ebers und Arbeitnehmers ist gefordert. In meinen Augen st es mehr als begrüßens- und unterstützenswert, wenn ich ein Arbeitnehmer aus freien Stücken, zum Beispiel us der Motivation des Zusatzverdienstes heraus, hierzu ereit erklärt. Warum sollen wir hier also Einschnitte achen? Selbst der Marburger Bund akzeptiert im rundsatz die Notwendigkeit, durch tarifvertragliche egelungen bzw. durch Vereinbarungen der Sozialpartner on der gesetzlich vorgesehenen wöchentlichen Höchst- rbeitszeit unter strengen Voraussetzungen Abweichungen orzusehen. Dies sicherlich auch, weil das neue Opt-out m Vergleich zur bestehenden Regelung eine deutliche erbesserung im Sinne des Gesundheitsschutzes der rzte vorsieht. Nach dem Gemeinsamen Standpunkt kann durch Tarif- ertrag oder Vereinbarung zwischen den Sozialpartnern zw. durch Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Ar- eitnehmer von der wöchentlichen Höchstarbeitszeit von 8 Stunden abgewichen werden. Stillschweigende Aus- eutung sieht anders aus. Trauen Sie, werte Damen und erren von Bündnis 90/Die Grünen, den Arbeitnehmer- ertretungen so wenig zu? Ich möchte betonen, dass, bezogen auf einen Drei- onatszeitraum, grundsätzlich höchstens 65 Stunden ochenarbeitszeit vereinbart werden können. Etwaigem issbrauch ist damit ein Riegel vorgeschoben. Machen ie sich bitte klar: Es handelt sich hier nicht um eine ein- eitige Regelung zulasten der Arbeitnehmer. Es geht uns erade nicht darum, die Arbeitgeberposition zu stärken. Es ist ein Stück wirtschaftliche Realität, dass insbeson- ere im Krankenhausbereich regelmäßig 48 Wochenstun- en überschritten werden. Durch die Opt-out-Lösung ird dem Ganzen der rechtliche Rahmen verliehen, den s verdient: Dem Arbeitnehmer wird ein Recht in die and gegeben, von dem er – aus welchen Erwägungen uch immer – Gebrauch machen kann, aber nicht muss. eine Position wird gestärkt, nicht geschwächt. Neben- ei bemerkt: Nach der bisherigen Regelung waren hier heoretisch bis zu 78 Stunden Wochenarbeitszeit mög- ich. Die neue Opt-out-Regelung ist also aus der Sicht er Ärzte eine Verbesserung des Status quo. Liebe Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/Die rünen, auch wir sind für den Grundsatz, dass Bereit- chaftszeit inklusive der inaktiven Zeiten als Arbeitszeit ngerechnet wird. Die Arbeitszeitrichtlinie muss deut- ich klarstellen, dass die geleistete Arbeit während der ereitschaftszeit genauso wertgeschätzt wird wie die re- uläre Arbeitszeit. Das deutsche Arbeitszeitgesetz sieht derzeit vor, dass ie gesamte Bereitschaftsdienstzeit als Arbeitszeit zu wer- n ist. Allerdings kann tarifvertraglich die wöchentliche Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 202. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. Januar 2009 21943 (A) ) (B) ) Höchstarbeitszeit verlängert werden. So soll es bleiben. Denn wir brauchen Flexibilität, um den unterschiedlichen Interessen von verschiedenen Berufsgruppen gerecht zu werden. Wird die inaktive Zeit als Arbeitszeit angese- hen, dann muss es die Möglichkeit geben, dass einzelne Berufsgruppen tarifvertraglich von der wöchentlichen Höchstarbeitszeit abweichen und ihre inaktiven Zeiten besonders gewichtet werden. Ich möchte Sie daran erinnern, dass die Arbeitszeit- richtlinie für die verschiedensten Berufe und nicht nur für Ärzte gilt. Es muss der Tatsache Rechnung getragen werden, dass Bereitschaftsdienste – beispielsweise bei den Feuerwehrleuten, die im Gegensatz zum Arzt ihren 24-Stunden-Dienst regelmäßig mit Schlafen und Freizeit- aktivitäten ausfüllen können – eine unterschiedliche Belas- tung der Arbeitnehmer nach sich ziehen. Dabei – und das möchte ich deutlich herausstellen – soll die inaktive Zeit nicht als Ruhezeit eingeordnet werden. Wir wollen ge- rade nicht die Situation, dass zum Beispiel ein Arzt nach seiner regulären Schicht Bereitschaftsdienst leistet und morgens erneut zum Dienst antreten muss. Dies darf in keinem Mitgliedstaat möglich sein. Natürlich müssen wir wichtige Rahmenbedingungen für einen höheren Schutz der Arbeitnehmer schaffen. Dazu gehören auch die Begrenzung der Wochenarbeits- zeit und einheitliche Begriffsdefinitionen. Auf der Grundlage dieser Rahmenbedingungen müssen die Tarifvertragsparteien der einzelnen Berufsgruppen in den Mitgliedstaaten aber auch die Möglichkeit erhalten, Regelungen zu treffen, die den spezifischen Interessen der Arbeitnehmer vor Ort sowie allen anderen Beteilig- ten Rechnung tragen. Die Möglichkeit der nationalen Abweichung von der wöchentlichen Höchstarbeitszeit durch die Tarifvertrags- parteien ist derzeit in Deutschland für Klinikärzte, Feuerwehrleute, Sozialarbeiter und Polizisten gängig und bewährt. In unserem Land haben die Tarifpartner immer praxisgerechte Tarifverträge ausgehandelt. Diese Tarifautonomie muss bleiben, da sie vor Ort für sach- gerechte Lösungen sorgt. Nur das ist ein sachgerechter Kompromiss. Die Stärkung der Verantwortung der Sozial- partner ist eine wichtige Errungenschaft, die wir fördern und nicht beschneiden sollten. Ist es in den heutigen Zeiten der Weltwirtschaftskrise nicht dringend notwendig, Europa und damit auch den Wirtschaftsstandort Deutschland zu stärken? Hierzu ge- hört nun einmal Flexibilität, die der Markt und damit auch die Arbeitskräfte beweisen müssen. Sie haben recht, dies darf nicht zulasten der Arbeitnehmer gehen. Aber das tut es auch nicht. Denn die Bedingungen, die wir vorsehen, sind arbeitnehmerfreundlich. Es sind Er- rungenschaften, von denen Arbeitnehmer und Arbeit- geber gleichsam profitieren. Ich frage Sie, werte Damen und Herren von Bündnis 90/Die Grünen, warum wollen Sie diese unter dem Deckmantel des Arbeitnehmerschut- zes zunichtemachen? Wie wollen Sie den Standort Deutschland attraktiv halten? Ihr Antrag ist mehr als kurzsichtig. Abschließend ist es mir wichtig, deutlich zu machen, dass die Folgen unserer Entscheidungen Millionen von A B n d p E m z w A B w S w b d c D d w A z s e d n g p d s L s B o Ü z d s d n E z b t m E d s w t m E d a (C (D rbeitnehmern in Europa aus den unterschiedlichsten erufsgruppen betreffen. Haben Sie schon einmal darüber achgedacht, was mit den Bereichen des Brandschutzes, er technischen Hilfeleistung und des Rettungsdienstes assiert, sollten Sie sich mit Ihrem Antrag durchsetzen? in Wegfall der Opt-out-Möglichkeit würde an den eisten Standorten unvermeidbar zu einer Unterbeset- ung der Feuerwehren führen, da ausgebildete Feuer- ehrangehörige jetzt und auch in Zukunft nicht auf dem rbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Flächendeckender randschutz wäre nicht mehr gewährleistet. Und hier ürde auch keine Übergangszeit von drei Jahren die ituation ändern. Der Wegfall von Bereitschaftsdiensten ürde auch das Aus für alle deutschen SOS-Kinderdörfer edeuten, was nicht in unserem Interesse liegen kann. Kurzum, es geht uns nicht darum, bestehende Rechte er Arbeitnehmer auszuhöhlen. Vielmehr werden Ansprü- he festgeschrieben und Rechtsgrundlagen geschaffen. ie Abschaffung des Opt-outs würde mehr Menschen in ie Schattenwirtschaft treiben, wo sie völlig ungeschützt ären. In einer funktionierenden Wirtschaft müssen die rbeitnehmer auch die Möglichkeit haben, Überstunden u machen. Wir dürfen auf der europäischen Ebene keine Vor- chriften verabschieden, die den Tarifvertragsparteien ine solche Lösung verwehren. Ihre Berufsvertreter in en Verbänden kennen die Situation am besten und kön- en tarifvertraglich auf sie zugeschnittene Vereinbarun- en treffen. Ein tarifvertragliches Opt-out ermöglicht assgenaue Lösungen vor Ort, und genau das sollte bei er Überarbeitung der Arbeitszeitrichtlinie im Vordergrund tehen. Flexibilität ist großzuschreiben, wobei unsere ösung die Belange der Arbeitnehmer und der Wirt- chaft in bestmöglicher Weise zusammenführt. Aus diesen Gründen lehnen wir den Antrag von ündnis 90/Die Grünen ab: Die Möglichkeit des Opt- uts muss, und zwar unabhängig von einer dreijährigen bergangszeit, bestehen bleiben. Josip Juratovic (SPD): Regeln zur Arbeitszeit und u den Arbeitsbedingungen sind eine wesentliche Säule es Arbeitnehmer- und Arbeitnehmerinnenschutzes. Ein oziales Europa braucht klare und verbindliche Stan- ards gerade auch für Arbeitnehmerinnen und Arbeit- ehmer. Seit 2004 gibt es intensive Bemühungen der U-Kommission, sich auf eine Änderung der Arbeits- eitrichtlinie zu verständigen. Die Richtlinie enthält Mindeststandards für die Ar- eitszeitgestaltung, die in allen EU-Mitgliedstaaten gel- en soll. Der Kompromiss der EU-Arbeits- und Sozial- inister zur Arbeitszeit 2008 eröffnet nach Ansicht des uropäischen Parlaments den Einstieg in die 60-Stun- en-Woche und darüber hinaus für alle Beschäftigten, ofern entsprechende Tarifvereinbarungen getroffen erden. Zudem soll nach dem Vorschlag des EU-Minis- errats der inaktive Teil des Bereitschaftsdienstes nicht ehr als Arbeitszeit gewertet werden. Auch hier sagt das uropäische Parlament, dass der gesamte Bereitschafts- ienst einschließlich der inaktiven Zeit als Arbeitszeit nzusehen ist. 21944 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 202. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. Januar 2009 (A) ) (B) ) Das Europäische Parlament befürchtet darüber hinaus, dass die Regelung sich nicht nur auf Bereitschaftsdienste beschränkt wird. Für Bereitschaftsdienste wären 65 Stun- den und mehr möglich. Das Europäische Parlament stimmte in seiner Sitzung am 17. Dezember letzten Jahres dafür, nationale Ausnahmeregelungen bei der Arbeits- zeitrichtlinie zu verbieten und eine EU-weite Höchstwo- chenarbeitszeit von 48 Stunden durchzusetzen. Damit stellte sich das Europäische Parlament gegen den Vor- schlag des EU-Ministerrates, nach dem in der Arbeits- zeitrichtlinie unter anderem nationale Ausnahmen – die sogenannten Opt-outs – und damit eine höhere Wochen- arbeitszeit zugelassen sind. Aufgrund der Entscheidung des EU-Parlaments wurde das Vermittlungsverfahren eingeleitet. Noch diese Woche tagt der informelle Rat, um zu prüfen, welche Position die Mitgliedstaaten einnehmen. Des Weiteren werden bis zum Vermittlungsausschuss Anfang Februar weitere Verhandlungen zwischen Parlament, Rat und Kommission geführt werden, um einen Kompromiss zu erzielen. Wer bis heute nicht wusste, warum er an der Europawahl teilnehmen soll, der erkennt spätestens jetzt die Bedeutung des Europäischen Parlaments. Wir Sozialdemokraten sehen in der Arbeitszeitrichtli- nie einen wichtigen Baustein für das soziale Europa. Die Regeln zur Arbeitszeit tragen dazu bei, Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten zu gewährleisten. Mindeststandards verhindern zudem Wettbewerbsver- zerrungen. Die Beschäftigten brauchen einen regulierten Arbeitszeitrahmen, wie wir ihn bereits im nationalen Ar- beitszeitgesetz Ende 2003 festgelegt haben. Wir haben die notwendigen Änderungen infolge des EuGH-Urteils zum Bereitschaftsdienst bereits umgesetzt. Arbeitsbe- reitschaft und Bereitschaftsdienst werden national insge- samt als Arbeitszeit gewertet. Dies ist nicht nur national richtig. Die Tarifvertragsparteien haben nach unserer gesetzli- chen Regelung Gestaltungsspielräume. Sie können in ei- nem abgestuften Modell auf tarifvertraglicher Grundlage längere Arbeitszeiten vereinbaren. Diese Rahmenbedin- gungen sind wichtige Voraussetzungen, um die Ein- haltung von Arbeitszeit zu kontrollieren, auch für Betriebsräte, die im Rahmen der Mitbestimmung die Ar- beitszeitinteressen der Arbeitnehmerinnen und Arbeit- nehmer durchsetzen wollen. Eine Absenkung des Schutzniveaus für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen ist nicht zielführend. Die Richt- linie wurde ursprünglich geschaffen, um Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer zu schützen. Hier dürfen keine Abstriche gemacht werden. Eine Verschlechterung durch eine europäische Festlegung wäre mit dem Gedan- ken des Arbeitsschutzes aus unserer Sicht nicht verein- bar. Anlass für die Revision der Arbeitszeitrichtlinie wa- ren vor allem zwei Dinge: Erstens steht das nationale Ar- beitszeitrecht vieler Mitgliedstaaten im Widerspruch zu den Vorgaben des Europäischen Gerichtshofes. Der Eu- ropäische Gerichtshof hat festgelegt, dass Bereitschafts- zeit als Arbeitszeit zu werten ist. Zweitens sieht der Kommissionsbeschluss ein vertragliches Opt-out vor. D d n z d l r s d b T d d g g g m f n b e Z w n M l r s n l c s A z N w v b a d n d d u w s b N g u s z A D a (C (D iese Klausel erlaubt es den Arbeitsvertragsparteien – also em einzelnen Unternehmen und dem einzelnen Arbeit- ehmer –, wichtige Vorschriften des Arbeitnehmerschut- es arbeitsvertraglich außer Kraft zu setzen. Dies ist in er Praxis problematisch, da wir die geforderte Freiwil- igkeit des Arbeitnehmers infrage stellen. Der Kompromiss des Ministerrates zur Arbeitszeit- ichtlinie aus dem Juni 2008 wird auch vom Europäi- chen Gewerkschaftsbund heftig kritisiert, insbesondere, ass künftig inaktive Bereitschaftszeit nicht mehr als Ar- eitszeit gelten soll, außer wenn nationale Gesetze oder arifverträge das Gegenteil bestimmen. Ebenso ist für en Europäischen Gewerkschaftsbund inakzeptabel, ass der Ausgleichszeitraum bei Arbeitszeitverlängerun- en auf zwölf Monate ausgedehnt werden kann. Heftig kritisiert wird auch die Einschränkung des so- enannten individuellen Opt-out, der Arbeitszeitverlän- erung ohne Zeitausgleich bei individueller Zustim- ung. Mit den von EU-Kommission und Ministerrat estgelegten Änderungen besteht die Gefahr, dass auch ational die Dienstzeiten, zum Beispiel im Gesundheits- ereich, wieder infrage gestellt werden. Die Einführung iner neuen Zeitkategorie, wonach sogenannte inaktive eiten des Bereitschaftsdienstes nicht als Arbeitszeit ge- ertet werden, lehnen wir ab. Dies widerspricht nicht ur der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs. it der beabsichtigten Änderung würde die Tür zu sehr angen Dienstzeiten, zum Beispiel im Gesundheitsbe- eich, geöffnet. Die Einführung einer neuen Zeitkategorie, wonach ogenannte inaktive Zeiten des Bereitschaftsdienstes icht als Arbeitszeit gewertet werden, ist in der Tat abzu- ehnen. Sie widerspricht der einschlägigen Rechtspre- hung des Europäischen Gerichtshofes, in der festge- tellt wurde, dass Bereitschaftsdienst in vollem Umfang rbeitszeit ist, weil der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber ur Verfügung steht. Wer die Praxis kennt und den achtdienst im Krankenhaus einmal miterlebt hat, der eiß, dass eine Aufteilung in aktive und inaktive Phasen öllig realitätsfremd ist. Wir brauchen aber nicht längere, sondern kürzere Ar- eitszeiten und eine faire Verteilung der Arbeit. Die Ver- bschiedung einer solchen Richtlinie würde jene Urteile es EuGH aushebeln, die bisher zugunsten der Arbeit- ehmer und Arbeitnehmerinnen ausfielen. Unstreitig ist, ass die Auswirkungen der angestrebten Änderungen er Arbeitszeit in den einzelnen EU-Staaten durchaus nterschiedlich bewertet werden. Für einige Staaten äre dies die Verpflichtung, national erstmalig Mindest- tandards im Bereich der Arbeitszeit festzulegen. Wie ei allen Richtlinien, die soziale Mindeststandards den ationalstaaten vorgeben, dürfen diese Mindestbedin- ungen national nicht unterschritten werden. Das heißt mgekehrt, kein Mitgliedstaat wäre dazu verpflichtet, eine besseren Standards aufzugeben. So bin ich sehr froh, dass in Deutschland das Arbeits- eitgesetz seit 2004 dank Rot-Grün nicht mehr zwischen rbeitszeit und Bereitschaftsdienstzeit unterscheidet. as bedeutet, dass die Bereitschaftsdienstzeit in Gänze ls Arbeitszeit gewertet wird, und zwar unabhängig da- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 202. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. Januar 2009 21945 (A) ) (B) ) von, wie die Inanspruchnahme während des Bereit- schaftsdienstes verläuft. Gleichzeitig wurden engere Grenzen für die zulässige tägliche und wöchentliche Höchstarbeitszeit gezogen. Diese Regelungen haben sich in Deutschland bewährt. Deswegen müssen wir diese beibehalten und uns dafür einsetzen, dass die EU- Standards deutsche Standards nicht gefährden. Auch mit der geänderten Arbeitszeitrichtlinie kann es daher bei uns dabei bleiben, dass in Deutschland – an- ders als in anderen Ländern Europas – Bereitschafts- dienst als Arbeitszeit gilt. Wichtig ist für uns auch, dass mit der Richtlinie Mitgliedstaaten aufgefordert werden, auf die Sozialpartner einzuwirken, dass diese die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie fördern. Nachdem wir uns bereits in einem sensiblen Abstim- mungsprozess auf EU-Ebene befinden, lehnen wir den Antrag von Bündnis 90/Die Grünen ab. Dr. Heinrich L. Kolb (FDP): Erstens. Der Antrag ist ein typischer Antrag der Grünen, geschrieben in der Ma- nier der Gutmenschen, frei nach dem Motto: Wir, die Grünen, wissen, was für die Arbeitnehmerinnen und Ar- beitnehmer von Großbritannien bis Zypern am besten ist. Daher fordert die Fraktion der Grünen, die Opt-out- Option bei der durchschnittlichen wöchentlichen Ar- beitszeit europaweit abzuschaffen und eine für alle Mit- gliedstaaten verbindliche Höchstarbeitszeit von 48 Stun- den pro Woche einzuführen. Man sollte aber nicht ignorieren, dass die Gegeben- heiten in den 27 Mitgliedstaaten der EU unterschiedlich sind und folgerichtig auch unterschiedliche Bedürfnisse und Anforderungen bestehen. Abgesehen davon ent- spricht die Forderung der Grünen auch gar nicht den Wünschen der Betroffenen, denn die Realität sieht defi- nitiv anders aus: In einer von der Financial Times 2006 durchgeführten Umfrage sprachen sich rund 65 Prozent der Deutschen gegen eine gesetzliche Beschränkung der Arbeitszeit aus. Viele Menschen möchten vielleicht über einen bestimmten Zeitraum Überstunden leisten, um ent- weder später einen längeren Urlaub zu realisieren oder weil sie schlicht auf den finanziellen Zuverdienst ange- wiesen sind. Zweitens. Zum Antrag ist weiter anzumerken, dass in Deutschland bereits zum 1. Januar 2004 das Arbeitszeit- gesetz dahin gehend geändert wurde, dass Bereitschafts- dienst in vollem Umfang Arbeitszeit ist. Aus guten Gründen hat der deutsche Gesetzgeber aber daran festge- halten, dass bei Bereitschaftsdienst und Arbeitsbereit- schaft die Möglichkeit einer Verlängerung der wöchent- lichen Arbeitszeit über durchschnittlich 48 Stunden hinaus besteht. Voraussetzung hierfür ist, dass dieses so- genannte Opt-out in einem Tarifvertrag zugelassen wird und der Arbeitnehmer dem zustimmt. Auch in Zukunft muss es Aufgabe der zuständigen Tarifparteien bleiben, eine optimale Lösung für den jeweils betroffenen Sektor zu finden. Dies ist sinnvoll und erforderlich, da die Be- lastungen durch den Bereitschaftsdienst je nach Branche stark variieren. d b d v p e O s w d a s Z B r z b d B n w a l B i p z d r h t n p E m i b M s n ü n d t l l f D S e s t i (C (D Drittens. Die FDP ist der Ansicht, dass es aus Grün- en der Subsidiarität den Mitgliedstaaten überlassen leiben soll, wie die Arbeitszeiten mit – und zwischen – en Tarifparteien ausgehandelt werden. Es ist nicht sinn- oll, auf europäischer Ebene branchenübergreifend euro- aweite Regelungen festzuschreiben. Viel sinnvoller ist s, auf die nationalen Unterschiede einzugehen und eine pt-out-Option beizubehalten. Arbeitszeitmodelle las- en sich nicht bis ins Detail europaweit regeln. Viertens. Was die Bereitschaftsdienste anbelangt, so urde im Arbeitszeitgesetz geregelt, dass Bereitschafts- ienst in vollem Umfang Arbeitszeit ist. Die FDP tritt ber dafür ein, zwischen inaktivem und aktivem Bereit- chaftsdienst zu unterscheiden. Die sogenannte inaktive eit im Bereitschaftsdienst – der Zeitraum, in dem der eschäftigte nicht zu tatsächlicher Arbeitsleistung he- angezogen wird – soll demnach nicht zur Arbeitszeit ählen, es sei denn, nationales Recht oder Tarifverträge estimmen etwas anderes. Besonders im Hinblick auf ie Situation von medizinischem Personal ist somit eine alance hergestellt zwischen Aufrechterhaltung medizi- ischer Versorgung einerseits und Verhinderung einer eiteren Kostenexplosion andererseits. Dabei muss es us Gründen der Subsidiarität den Mitgliedstaaten über- assen bleiben, wie sie je nach Branche und Beruf den ereitschaftsdienst organisieren und seine aktiven und naktiven Bestandteile vergüten. Eine einheitliche euro- äische Festlegung würde den Besonderheiten der ein- elnen Sektoren nicht gerecht werden. Hier sollten Sie en Realitäten ins Auge sehen. Fünftens. Zu guter Letzt sei noch erwähnt, dass ge- ade die nationalen Parlamente und die Fraktionen sich üten sollten, dem wuchernden Dschungel EU noch wei- ere Aufgaben zu übereignen, die tatsächlich eher natio- ale Angelegenheiten bzw. Angelegenheiten der Tarif- arteien sind. Das Ergebnis wird eine wachsende uropaverdrossenheit sein. Auch hier gilt: Weniger ist ehr. Gerd Andres (SPD), ehemaliger Parl. Staatssekretär m deutschen Arbeitsministerium, äußerte am 8. Novem- er 2006 bei euractiv, dass das Opt-out weiterhin als öglichkeit bestehen sollte, und fügte hinzu, dass das oziale Europa nicht verschwinden werde, wenn Aus- ahmen erlaubt würden. Werner Dreibus (DIE LINKE): Wir reden heute ber die Änderung der Europäischen Arbeitszeitrichtli- ie und damit über den verbindlichen Rahmen, den wir er Gestaltung der Arbeitszeit in allen 27 Mitgliedstaa- en der Europäischen Union in Zukunft setzen wollen. Schauen wir uns die bestehende EU-Arbeitszeitricht- inie einmal an. Sie begrenzt die maximale durchschnitt- iche Wochenarbeitszeit auf 48 Stunden und setzt damit ür viele Menschen einen sozialen Mindeststandard. och dieser Standard bietet nur einen ziemlich löchrigen chutz. Denn bereits jetzt kann die Arbeitszeit in einer inzigen Woche auf bis zu 78 Stunden und unter be- timmten Bedingungen sogar auf 89 Stunden ausgewei- et werden. Per Betriebsvereinbarung oder Tarifvertrag st es möglich, den Bezugszeitraum zur Messung der 21946 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 202. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. Januar 2009 (A) ) (B) ) durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von drei auf zwölf Monate auszudehnen. Hinzu kommt: Beschäftigte kön- nen durch eine „freiwillige“ schriftliche Erklärung ein- willigen, auf die Begrenzung der wöchentlichen Höchst- arbeitszeit auf 48 Stunden ganz zu verzichten. Neben diesem individuellen Opt-out ist auch ein Opt-out per Tarifvertrag möglich. Genutzt wird diese Ausnahmere- gelung in Deutschland zum Beispiel im Gesundheitswe- sen mit der Folge, dass die durchschnittliche Wochenar- beitszeit von Krankenhausärzten derzeit bei circa 70 Stunden liegt. Eine Änderung der bestehenden EU- Arbeitszeitrichtlinie ist also schon im Sinne eines besse- ren Schutzes nicht nur der Arbeitnehmerinnen und Ar- beitnehmer dringend geboten. Doch die EU-Arbeits- und Sozialminister und allen voran die Große Koalition vertreten nicht die Interessen der Beschäftigten, sondern die der Unternehmen. Die Bundesregierung hat gemeinsam mit der britischen Re- gierung durchgesetzt, dass der Entwurf des EU-Minis- terrates das Opt-out weiterhin vorsieht – gegen den Wi- derstand von Frankreich, Spanien, Italien, Belgien, Griechenland, Zypern und des Europäischen Parlaments, die die Abschaffung der Regelung forderten und fordern. Geplant ist außerdem eine generelle Flexibilisierung der Jahresarbeitszeit durch Gesetz oder einfache Verwal- tungsvorschrift. Die Regierungen könnten so das Inte- resse der Unternehmen an einer weiteren Flexibilisie- rung der Arbeitszeiten noch leichter durchsetzen. Auf Gewerkschaften bräuchten sie keine Rücksicht nehmen. Arbeitszeiten von bis zu 78 Stunden in der Woche und eine tägliche Arbeitszeit von bis zu 13 Stunden sollen so künftig möglich sein. Doch damit nicht genug: Die Neuregelung der Bereit- schaftszeiten, bei der – entgegen der Urteile des Euro- päischen Gerichtshofes – nicht mehr die gesamte Zeit als Arbeitszeit gewertet werden soll, hätte zur Folge, dass die tatsächliche Arbeitszeitbelastung zum Beispiel von Ärzten noch deutlich höher als 78 Wochenstunden sein könnte. Diese arbeitnehmerfeindliche Arbeitzeitspolitik der EU-Arbeitsminister unter Federführung der Bundesrepu- blik Deutschland ist ein Skandal. Sie gefährdet die Ge- sundheit und Sicherheit der Beschäftigten und erschwert selbst eine kurzfristige verlässliche Lebensplanung. Fa- milie und Beruf lassen sich so immer schlechter verein- baren. Wir wenden uns deshalb strikt gegen jede weitere Aufweichung der Europäischen Arbeitszeitrichtlinie und fordern die sofortige Abschaffung des Opt-outs und die Anerkennung des gesamten Bereitschaftsdienstes als Ar- beitszeit. Darüber hinaus fordern wir die Bundesregie- rung auf, sich für einen neuen EU-Arbeitszeitstandard einzusetzen, der den Interessen der Beschäftigten wirk- lich gerecht wird. Wir wollen die maximal erlaubte Wo- chenarbeitszeit von 48 auf 40 Stunden reduzieren und die vorhandene Arbeit gerechter verteilen. Die Mehrheit der Bevölkerung in den 15 alten EU-Mitgliedstaaten wünscht deutlich kürzere Wochenarbeitszeiten, im Durchschnitt 34,5 Stunden. Die tatsächliche wöchentli- che Arbeitszeit der Vollzeitbeschäftigten lag im Jahr 2006 in den 27 Staaten der EU jedoch bei 39,9 Stunden. s R f lu v a W 1 c D s W u E E Z l f s m G k d R i h B s U z s b l F B – O r z t v s d d e s j e S k w m h G (C (D Arbeitszeitverkürzung ist angesichts der schweren Wirt- chaftskrise – auch der IWF warnt jetzt vor der schwersten ezession seit dem Zweiten Weltkrieg und prognostiziert ür die Eurozone ein Minus von 2,0 Prozent – eine abso- te ökonomische Notwendigkeit. Kollektive Arbeitszeit- erkürzung wirkt beschäftigungssichernd. Die Bundes- gentur für Arbeit und das Deutsche Institut für irtschaftsforschung errechneten für den Zeitraum von 985 bis 1998 zwischen 700 000 bis 1 Million zusätzli- her Arbeitsplätze durch Arbeitszeitverkürzung allein in eutschland. Wollen die Regierungen ein deutliches An- teigen der Arbeitslosigkeit wirklich verhindern und der irtschaftskrise offensiv begegnen, dann kommen sie m eine sofortige deutliche Arbeitszeitverkürzung in der U nicht herum. Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die U ist nicht allein ein wirtschaftliches Projekt. In letzter eit werden immer häufiger die Rufe nach einem sozia- en Europa laut. Dies unterstützen wir. Wir sind der Auf- assung, dass die Freiheiten des Binnenmarktes durch oziale Rechte und Grundrechte klar begrenzt werden üssen. Derzeit wird in Brüssel über einen ganz konkreten esetzesvorschlag verhandelt, der dazu beitragen önnte, dass Europa sozialer gestaltet wird. Dabei han- elt es sich um die EU-Arbeitszeitrichtlinie. In dieser ichtlinie soll eine wöchentliche Höchstarbeitszeit von m Durchschnitt 48 Stunden festgelegt werden. Darüber inaus soll geklärt werden, ob und in welchem Maße die ereitschaftszeit als Arbeitszeit angerechnet werden oll. Der Europäische Gerichtshof ist schon in einigen rteilen zu dem Schluss gekommen, dass Bereitschafts- eit als Arbeitszeit angerechnet werden sollte. Die Arbeitsminister der EU-Mitgliedstaaten haben ich im Sommer auf einen faulen Kompromiss zur Ar- eitszeitrichtlinie geeinigt, mit dem sie in die Verhand- ungen mit dem Europäischen Parlament gehen wollen. ür diesen faulen Kompromiss setzt sich vor allem die undesregierung vehement ein. Die Bundesregierung das heißt in diesem Fall der zuständige Arbeitsminister laf Scholz – ist der Auffassung, dass den Arbeitnehme- innen und Arbeitsnehmern auch höhere Arbeitszeiten ugemutet werden können. Herr Scholz vertritt die Posi- ion, dass auch durchschnittliche Wochenarbeitszeiten on 60 Stunden und mehr kein Problem sind. Bereit- chaftszeiten sollen nicht als Arbeitszeit anerkannt wer- en. Außerdem will Herr Scholz eine Ausnahmeklausel urchsetzen. Dieses sogenannte Opt-out besagt, dass die inzelnen Mitgliedstaaten frei entscheiden können, ob ie die Regeln zur Höchstarbeitszeit akzeptieren. Schon etzt wenden 14 Mitgliedstaaten ein Opt-out an. Eine inheitliche europaweite Regelung wird damit obsolet. o kann man ein soziales Europa für alle nicht gestalten. Mich interessiert, wie Herr Scholz seinen sozialdemo- ratischen Kolleginnen und Kollegen und auch den Ge- erkschaften seine Position erklären will. Die sozialde- okratischen Abgeordneten im Europäischen Parlament aben den Kompromiss im Ministerrat als „Schlag ins esicht aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer“ be- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 202. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. Januar 2009 21947 (A) ) (B) ) zeichnet. Vor allem aufgrund des Engagements der Grü- nen-Fraktion im Europäischen Parlament konnte dort eine breite Mehrheit gegen die Ausnahmeklausel und für durchschnittliche Höchstarbeitszeiten von 48 Stunden gefunden werden. Kritiker der Arbeitszeitrichtlinie be- haupten, dass die Arbeitszeiten in ein starres Korsett ge- steckt werden sollen. Dies ist nicht wahr. Es handelt sich um eine durchschnittliche Berechnung über einen Zeit- raum von mehreren Monaten. Höhere Arbeitszeiten zu Stoßzeiten bleiben weiter möglich. Auch für die Berech- nung der inaktiven Bereitschaftszeiten, die von vielen Krankenhausbetreibern kritisch gesehen wird, hat das Europäische Parlament einen gangbaren Kompromiss gefunden. Wir unterstützen die Position der Grünen-Fraktion und des Europäischen Parlaments. Vernünftige Höchst- arbeitszeiten dienen dem Gesundheitsschutz der Beschäftigten. Überarbeitete und übermüdete Arbeitneh- merinnen und Arbeitnehmer können Fehler mit weitrei- chenden Auswirkungen machen. Aber nicht nur deshalb setzen wir uns für eine Begrenzung der Arbeitszeiten ein. Reduzierte und flexible Konzepte der Arbeitszeitge- staltung können darüber hinaus die Erwerbsarbeitslosig- keit bekämpfen und auch einen Beitrag zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf leisten. Die Position des Arbeitsministers Olaf Scholz ist ein Skandal. So lässt sich kein soziales Europa aufbauen. So kann man das Vertrauen der Arbeitnehmerinnen und Ar- beitnehmer nicht gewinnen. Deshalb fordern wir die Bundesregierung auf, in den entscheidenden Verhand- lungen auf EU-Ebene durchzusetzen, dass die Opt-out- Option bei der durchschnittlichen wöchentlichen Ar- beitszeit abgeschafft wird. Sie soll sich für eine verbind- liche durchschnittliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden pro Woche einsetzen. Außerdem soll sie durchsetzen, dass aktive und inaktive Bereitschaftszeiten als Arbeits- zeit angesehen werden. Wenn diese Punkte durchgesetzt werden, sind wir einem sozialen Europa einen Schritt näher gekommen. Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Versorgung für Geschiedene aus den neuen Bundesländern ver- bessern (Zusatztagesordnungspunkt 7) Maria Michalk (CDU/CSU): In guten und in schlech- ten Zeiten zusammenzuhalten – dieses Versprechen hält in unserem irdischen Leben nicht immer. Wer vertraut, geht immer auch ein Risiko ein. Dieses Risiko zu mini- mieren und die Folgen gleichberechtigt zu verteilen, das ist ein hoher Anspruch, dem sich unser Rechtsstaat stellt. Und trotzdem erfahren wir immer wieder von Konstella- tionen persönlicher Schicksale, die im sozialen Siche- rungsnetz keine hundertprozentige Befriedung erfahren. Von solchen persönlichen Schicksalen geschiedener Frauen aus der DDR 20 Jahre nach dem Fall der Mauer zu erfahren, macht uns nach wie vor betroffen. q d s w l p u z t g g C u I r w s z i n d w e 2 m n d v t s t d b s s e u d F h t V g G h Z n z d h A b (C (D Im Wissen um die rechtliche Situation und die Konse- uenzen einer Scheidung in der DDR haben die Frauen er Trennung mehr oder weniger einvernehmlich zuge- timmt. An die Teilung der Anwartschaften haben aber ohl die wenigsten in diesem Augenblick gedacht. Frei- ich ist die Annahme nicht falsch, dass Frauen überpro- ortional gleichzeitig außerhäuslicher Arbeit nachgingen nd Familienarbeit machten. Aber die niedrigen Löhne, um Beispiel im Gesundheitswesen, bewirken nach heu- igem Recht eine Kumulierung ungünstiger Faktoren. Der zur DDR-Zeit nicht vorhandene Versorgungsaus- leich nach heutigem Muster bewirkt tatsächliche und efühlte Ungerechtigkeiten, denen sich auch die CDU/ SU-Bundestagsfraktion in Arbeitsgruppen, Anfragen nd öffentlichen Diskussionen seit vielen Jahren stellt. mmer ist auch deutlich geworden, dass nicht alle Unge- echtigkeiten der damaligen Zeit vollständig abgewendet erden können. Der Prozess der Suche nach einer Lö- ung ist intensiv geführt worden. Die Hoffnung, eine akzeptable und tragfähige Lösung u finden, hat sich verringert, als uns das Ergebnis der nterministeriellen Arbeitsgruppe noch unter der rot-grü- en Bundesregierung bekannt wurde. Auch mit Mitteln es Rentenrechts könne die Situation nur teilweise gelöst erden, denn die seit 1977 nur noch als Übergangsrecht xistierende Geschiedenenwitwenrente würde nur rund 0 Prozent der geschiedenen Frauen betreffen. Als Argu- ent für die Nichteinbeziehung der vor 1992 geschiede- en Frauen in den Versorgungsausgleich greift vor allem as Rückwirkungsverbot und die damit verbundenen erfassungsrechtlichen Bedenken. Der von einer Belas- ung Betroffene – das ist der geschiedene Mann – kann ich laut Urteil des Bundesverfassungsgerichtes auf Ver- rauensschutz berufen. Da der Versorgungsausgleich nicht möglich ist, wurde ie Berücksichtigung im Rentenrecht geprüft. Darauf ezieht sich auch der vorliegende Antrag. Betroffene Frauen haben auch den Klageweg be- chritten – ohne Erfolg. Zum Teil wurden die Verfas- ungsbeschwerden gar nicht angenommen. Es betrifft twa 500 000 geschiedene Frauen. Deren Situation ist ns nicht gleich. Auch der Bundesrat hat sich mehrfach er Sache angenommen. Der heute vorliegende Antrag konzentriert sich auf rauen, die ihre Erwerbsbiografie wegen Kindererzie- ung unterbrochen haben. Es soll eine individuelle Er- ragsrechnung erstellt werden. Die Behauptung, dass der erwaltungsaufwand gering sei, kann nicht nachvollzo- en werden. Außerdem wird hier eine Trennung der ruppe der geschiedenen Frauen vorgenommen, die bis- er für ihre Anliegen gemeinsam eingetreten sind. Eine ahl, um wie viele aus der Gruppe es sich handelt, wird icht genannt. Auch die Kosten wurden nicht näher spe- ifiziert. Da vorgeschlagen wird, die Finanzierung aus em Steueraufkommen zu tragen, muss die Allgemein- eit auch dezidiert die Kosten kennen. Insofern sollte der ntrag nachgebessert werden. Meine Darlegungen sollen verdeutlichen, dass wir die estehende Problemstellung nach wie vor als ein sehr 21948 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 202. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. Januar 2009 (A) ) (B) ) sensibles Thema betrachten, weil es hier auch um die Würde der Betroffenen geht. Bisher ist in den Beratun- gen keine akzeptable Lösung gefunden worden. Das ver- treten wir auch ehrlich gegenüber den Betroffenen. Ob im Rahmen der generellen Novelle zum Versorgungs- ausgleich eine pauschale Regelung möglich ist, werden die kommenden Beratungen zeigen. Gregor Amann (SPD): Der heute zu beratende An- trag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat als Thema die Versorgung für Geschiedene aus den neuen Bundes- ländern. Es geht um Geschiedene in den neuen Bundes- ländern, die sich vor 1992 trennten; sie sind von der Teil- habe an den Rentenanwartschaften ihrer früheren Gatten ausgeschlossen. Eine Frau aus der alten Bundesrepublik, deren Ehe vor 1977 geschieden wurde, kann Geschiede- nenwitwenrente beziehen, wenn ihr geschiedener Ehe- mann ihr vor seinem Tod Unterhalt gezahlt hat. Eine Frau aus der ehemaligen DDR, deren Ehe ebenfalls vor 1977 geschieden wurde, hat hingegen keinen Anspruch auf Geschiedenenwitwenrente, auch dann nicht, wenn ihr Mann gerichtlich dazu verurteilt wurde. Vor diesem Hintergrund wird in dem vorliegenden Antrag gefordert: Erstens. Herbeiführung einer Rege- lung zugunsten von Frauen, die vor 1992 in den neuen Bundesländern geschieden wurden und die wegen Kin- dererziehung ihre Erwerbsarbeit unterbrochen oder ein- geschränkt haben. Zweitens. In Anlehnung an den Ver- sorgungsausgleich sollen die individuellen Ansprüche der Frauen aus der Ehezeit ermittelt, halbiert und ihrem Rentenkonto für die Ehezeit gutgeschrieben werden. Drittens. Dieser Versorgungsausgleich soll aus Steuer- mitteln finanziert werden, da ein rückwirkender Versor- gungsausgleich zulasten des geschiedenen Ehepartners rechtlich nicht möglich ist. Nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch, SGB VI, kann geschiedenen Ehegatten, die vor dem 1. Juli 1977 in den alten Bundesländern geschieden wurden, unter bestimmten – eng begrenzten – Voraussetzungen eine Geschiedenenwitwenrente gewährt werden. Bei danach Geschiedenen kommt die Gewährung einer solchen Rente nicht mehr in Betracht, weil mit dem Ersten Ehe- rechtsreformgesetz ab diesem Zeitpunkt der Versor- gungsausgleich eingeführt wurde. Bei der Überleitung des bundesdeutschen Rentenrechts auf die neuen Bun- desländer wurden keine Geschiedenenwitwenrenten für Frauen vorgesehen, die vor Einführung des Versorgungs- ausgleichs im Jahre 1992 in den neuen Bundesländern geschieden wurden. Grund dafür ist, dass Geschiedenen- witwenrenten – wie alle Hinterbliebenenrenten – Unter- haltsersatzfunktion haben. Voraussetzung für die Gewährung einer solchen Rente ist deshalb das Bestehen eines grundsätzlichen Unterhaltsanspruchs der geschiedenen Frau bzw. die tat- sächliche Unterhaltszahlung des geschiedenen Mannes vor seinem Tod. Das Familienrecht der ehemaligen DDR sah jedoch Unterhaltsansprüche der geschiedenen Frau regelmäßig nicht vor. Wenn aber vor dem Tod des ge- schiedenen Ehemannes kein Unterhaltsanspruch bestand und auch tatsächlich kein Unterhalt geleistet wurde, d a w s B f 1 F E s z h g B k w B a L t u f d g v d e d r g E P d i n b s V g a n s s V t d r e V g e d i b t d g d (C (D ann kann nach dem Tod des geschiedenen Ehemannes uch keine Unterhaltsersatzleistung – Geschiedenenwit- enrente – gewährt werden. Die Einführung einer Ge- chiedenenwitwenversorgung konnte daher in den neuen undesländern nicht greifen. Viele der in den neuen Bundesländern hiervon Betrof- enen gehen davon aus, dass praktisch jede vor dem . Juli 1977 in den alten Bundesländern geschiedene rau für den Fall des Versterbens ihres geschiedenen hemannes eine Geschiedenenwitwenrente aus der ge- etzlichen Rentenversicherung erhält. Diese Einschät- ung ist aber unzutreffend. Die Zugangsvoraussetzungen aben dazu geführt, dass lediglich ein verschwindend eringer Teil der geschiedenen Frauen in den alten undesländern – etwa 4 Prozent der potenziell Infrage- ommenden – in den Genuss einer Geschiedenenwit- enrente kam. Häufig hing es von Zufälligkeiten, zum eispiel dem Todesdatum des geschiedenen Ehemannes, b, ob eine geschiedene Frau einen Anspruch auf diese eistung hatte. Die Geschiedenenversorgung in den al- en Bundesländern hatte sich daher als sozialpolitisch nbefriedigend erwiesen. Dies war auch der Grund da- ür, dass die Geschiedenenwitwenversorgung 1977 urch den Versorgungsausgleich abgelöst wurde. Für die neuen Bundesländer ist das Recht des Versor- ungsausgleichs nach den Regelungen des Einigungs- ertrags 1992 in Kraft getreten. Es findet nur auf Schei- ungen Anwendung, die nach seinem Inkrafttreten rfolgten. Der Versorgungsausgleich beruht auf dem Ge- anken, dass in der Ehezeit erworbene Versorgungs- echte, zum Beispiel in der Rentenversicherung, das Er- ebnis einer partnerschaftlichen Lebensleistung der heleute sind. Bei der Scheidung der Ehe sollen beide artner zu gleichen Teilen daran teilhaben. Der Ehegatte, er in der Ehe nicht oder nicht voll erwerbstätig gewesen st – in der Regel die Ehefrau – und deshalb keine oder ur geringere Versorgungsanrechte als der andere erwor- en hat, hat bei Auflösung der Ehe einen Ausgleichsan- pruch. Die Frage, ob diese Regelung auch auf Fälle der ergangenheit erstreckt werden könnte, ist eingehend eprüft worden; der Gesetzgeber hat sie – nicht zuletzt us verfassungsrechtlichen Gründen – schließlich ver- eint. Für diese Entscheidung waren im Wesentlichen Ge- ichtspunkte des Vertrauensschutzes und des verfas- ungsrechtlichen Rückwirkungsverbots maßgebend. Der ersorgungsausgleich bewirkt eine Verteilung des Al- ersvorsorgevermögens zwischen den Ehegatten, ohne ass Drittmittel, etwa der gesetzlichen Rentenversiche- ung, in Anspruch genommen werden. Der Versorgungs- rhöhung des einen früheren Ehegatten steht immer eine ersorgungsminderung des anderen früheren Ehegatten egenüber, die diesem nicht in unzumutbarer Weise auf- rlegt werden darf. Das Rückwirkungsverbot, das aus em Rechtsstaatsgebot des Grundgesetzes resultiert, be- nhaltet das Prinzip, dass staatliches Handeln vorherseh- ar und berechenbar sein muss. Deshalb dürfen belas- ende Gesetze und darauf beruhende Verwaltungsakte in er Regel nicht auf einen vor Gesetzesverkündung lie- enden Zeitpunkt zurückwirken. Echte Rückwirkung, ie nachträglich belastend in abgewickelte, der Vergan- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 202. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. Januar 2009 21949 (A) ) (B) ) genheit angehörende Tatbestände eingreift – dies wäre im Falle einer rückwirkenden Einführung des Versor- gungsausgleichs im Hinblick auf den ausgleichspflichti- gen früheren Ehegatten geschehen –, ist grundsätzlich unzulässig. Daher kam es nicht zur Einführung des Ver- sorgungsausgleichs für Scheidungen vor 1992 in der ehemaligen DDR. Die in der Vergangenheit durch die unterschiedliche Entwicklung der Rechtssysteme entstandenen Unter- schiede im Bereich der unterhaltsrechtlichen Beziehun- gen von geschiedenen Ehegatten zueinander ließen sich nicht rückwirkend beseitigen. Auch nachfolgende Über- prüfungen führten zu keinem anderen Ergebnis. Alle – auch die im Rahmen der interministeriellen Arbeits- gruppe – diskutierten Möglichkeiten waren mit erhebli- chen verfassungsrechtlichen Risiken verbunden. Des- halb lassen sich die Anliegen dieses Personenkreises mit Mitteln des Rentenrechts nicht lösen. So ist es nicht möglich, wenn es nachträglich, also für einen bereits zeitlich abgeschlossenen Tatbestand, für einen der Betei- ligten zu einer Belastung führt, mit der zum Zeitpunkt der Scheidung nicht zu rechnen war. In der DDR war zum Zeitpunkt der Scheidung klar, dass kein Unterhalt für den jeweils anderen zu erbringen ist. Das hatte möglicherweise einen freieren Umgang mit der beiderseitigen Auflösung der Ehe zur Folge: Ein Mann konnte sich scheiden lassen, ohne den finanziellen Aspekt gewichten zu müssen, denn eine Ehefrau war nicht vom Mann abhängig. Eine Erwerbsbiografie einer arbeitenden Frau in den neuen Bundesländern wies bis zur Wiedervereinigung nur selten Lücken auf, denn die Erwerbstätigenrate der Frauen in der DDR war sehr hoch. Zweitens waren Frauen nicht gezwungen, aus Gründen der Kindererziehung zu Hause zu bleiben, da in ausreichendem Maße Kinderbetreuungsplätze zur Verfü- gung standen. Eine Frau, die aus Gründen der Kindererziehung zu Hause blieb, war eher eine theoretische Erscheinung als eine wirkliche, denn dazu waren überdurchschnittliche Einkommen vonnöten. Diese hohen Entgelte waren aber seltene Blumen im volkseigenen Garten. So gab es die Orchideengruppe Hausfrau nur sehr begrenzt. Vielleicht als Frau eines Professors oder eines Chefarztes. Es war ein begrenzter privilegierter Kreis. So hatten Frauen keine wirkliche Wahlmöglichkeit zwischen beruflicher Karriere und Kindererziehung. Frauen in der DDR wussten, dass sie nach dem Tod ihres Ehegatten in der Regel gut abgesichert sein wer- den, wenn die Ehe bis zum Tod des Gatten hielt. Aller- dings darf nicht außer Acht gelassen werden, dass die Frauen überwiegend gut gebildet und so durchaus in der Lage waren, ihren Unterhalt selbst zu erwirtschaften. Im Übrigen blieb immer noch die oft genutzte Möglichkeit der persönlichen Trennung, wenn nicht eine gerichtliche Scheidung erfolgen sollte. So blieben viele auch nach ei- ner gescheiterten Ehe verheiratet und bewahrten sich die Ansprüche aus der gemeinsamen Ehezeit. Nehmen wir an, der vorliegende Antrag würde be- schlossen. Da stellt sich die Gerechtigkeitsfrage neu, und zwar für eine erheblich größere Gruppe in den westli- c l m E k d t s s s h U A w w B s W t a m e h i N d t n t e M z W s r t z e m u a F s B b t s n l g n b z t s w (C (D hen Bundesländern. Die Frauen in den neuen Bundes- ändern bekämen aus Steuermitteln einen individuell er- ittelten Ausgleich. Aber warum wollen Sie eine rmittlung individueller Ansprüche, wenn überhaupt ein echter Versorgungsausgleich durchgeführt wird, da ie betroffenen Männer gar nicht zur Abgabe ihrer Ren- enansprüche verpflichtet werden können? Für die ge- chiedenen Männer ergeben sich aufgrund der darge- tellten Rechtsprechung keine finanziellen Einbußen, da ie nicht gesetzlich verpflichtet werden können, Unter- alt zu zahlen, da bei der Scheidung der Ehe ja nicht auf nterhalt entschieden wurde. Für die betroffene und im ntrag ins Auge gefasste Gruppe entstünde eine Win- in-Situation. Aber wo Gewinner sind, sind auch Verlierer, denn as ist mit den geschiedenen Ehegatten in den alten undesländern? Sie bezahlen den Ausgleich, denn sie ind gesetzlich dazu angehalten, Unterhalt zu zahlen. enn aber Frauen in den neuen Bundesländern nach- räglich in den Genuss der Vorteile eines Versorgungs- usgleichs kommen, ohne dass die betroffenen Exehe- änner dafür Ansprüche abgeben müssen, dann entsteht ine neue Ungerechtigkeit, nämlich eine Ungleichbe- andlung von Geschiedenen in den alten Bundesländern n einer vergleichbaren Situation. Die Wahrheit ist doch: icht jedes rentenrechtliche Problem des Übergangs von er DDR zur BRD lässt sich durch eine Gesetzesinitia- ive beheben. Häufig produziert der Versuch nur wieder eue Ungerechtigkeiten. Hinzufügen möchte ich, dass ich den 1977 eingeführ- en Versorgungsausgleich für Geschiedene für sinnvoll rachte, denn es ist wichtig, dass Frauen – und auch änner – die Möglichkeit haben, ihre Kinder individuell u betreuen und zu begleiten – wenn sie denn wollen. ichtig ist, dass es eine echte Wahlmöglichkeit zwi- chen Beruf und Familie gibt. Hier hat die DDR im Üb- igen völlig versagt, Frauen mussten in der Regel arbei- en gehen, nicht zuletzt, da die Gehälter und Löhne viel u gering waren, als dass ein Einzelner die Familie hätte rnähren können. Nur am Rande bemerkt: Auch in der Bundesrepublik uss noch viel für die Wahlmöglichkeit zwischen Beruf nd Karriere unternommen werden; denn noch fehlt es n guten und ausreichenden Betreuungsplätzen. Oft sind rauen gezwungen, ihre Karriere nach hinten zu ver- chieben oder gar aufzugeben, da sie noch zu wenige etreuungseinrichtungen vorfinden, wo sie ihr Kind zw. ihre Kinder in guter Obhut wissen, wenn sie arbei- en wollen. Ihre Freiheit, frei zu wählen, ist auch noch tark eingeschränkt. Die bundesrepublikanische Rentenversicherung kann icht alle Fehler des DDR-Rentensystems oder -Fami- ienrechts korrigieren. Es gibt Probleme des Rentenüber- angs von der DDR zu unserem System, die sich heute, achträglich, nicht im Rahmen unseres Rentensystems ereinigen lassen. Das System der DDR hat vier Jahr- ehnte ökonomisch, politisch, sozial, aber auch im Ren- enrecht versagt. Hier müssen wir den betroffenen Men- chen helfen. Aber unser Rentenversicherungssystem äre überfordert, wenn ihm alleine diese Aufgabe auf- 21950 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 202. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. Januar 2009 (A) ) (B) ) gebürdet würde. Für die Menschen, die über keine aus- reichende Rente oder Altersvorsorge verfügen, hat die rot-grüne Bundesregierung im Jahr 2003 die Grundsi- cherung eingeführt. Dies war ein großer sozialpolitischer Fortschritt. Wir lehnen Ihren Antrag ab, da er nur eine Scheinlö- sung bietet, die zu neuen Ungerechtigkeiten führt. Dr. Heinrich L. Kolb (FDP): Erstens. Die Schaffung und Herstellung von Gerechtigkeit bzw. eines gerechten Ausgleichs war das Ziel auch bei der sogenannten Ren- tenüberleitung im Rahmen der deutschen Wiedervereini- gung. Aufgrund der unterschiedlichen Rechtsgrundsätze war das nicht einfach. Dies wird niemand ernsthaft be- streiten wollen. Ungerechtigkeiten – und seien es nur „gefühlte“ – waren nicht auszuschließen. Dies besonders deswegen, weil im Zuge der Überleitung der nach DDR- Recht bestehenden Rentenanwartschaften in das SGB VI sehr stark auf den Grundsatz der Beitragsäquivalenz ab- gestellt wurde, die tatsächliche Entrichtung von Beiträ- gen also eine zentrale Rolle spielte. Zu den Gruppen von Versicherten, die sich durch die Vorgehensweise bei der Rentenüberleitung nachteilig betroffen fühlen, gehört die Gruppe der rund 400 000 zu DDR-Zeiten geschiedenen Frauen. Diese sehen sich ge- genüber Geschiedenen in den alten Ländern dadurch schlechter gestellt, dass es nach DDR-Recht keinen Ver- sorgungsausgleich gab. Zwar waren Frauen in der DDR selbst regelmäßig mit langen Versicherungszeiten be- rufstätig, was naturgemäß das Volumen des zu erwarten- den individuellen Versorgungsausgleiches von vornhe- rein eher verringert. Zahlreiche Frauen haben aber schlechter bezahlte Tätigkeiten als ihre Ehemänner aus- geübt, manche unterbrachen auch ihre Berufstätigkeit, um sich der Erziehung ihrer Kinder zu widmen, sodass ein gewisses Ausgleichsinteresse gleichwohl besteht. Hinzu kommt, dass das Recht des Versorgungsausglei- ches nicht unmittelbar mit der Wiedervereinigung 1990 angeglichen wurde, sondern erst 1992. Zweitens. Der Antrag der Grünen ist zur Lösung der vorbeschriebenen Probleme nicht geeignet. Es wird eine Untergruppe aus dem Kreis der betroffenen Frauen he- rausgegriffen, und diese wird im Vergleich zu den ande- ren bessergestellt. Die Beschränkung des Ausgleiches auf Frauen, die ihre Erwerbstätigkeit zugunsten der Er- ziehung von Kindern unterbrochen oder eingeschränkt haben, erscheint willkürlich und entgegen der Selbstein- schätzung der Grünen verfassungsrechtlich bedenklich. Es ist vollkommen klar, dass eine solche Lösung nicht aus Beitragsmitteln finanziert werden kann. Aber auch die Finanzierung des Ausgleichs aus Steuermitteln, weil ein rückwirkender Versorgungsausgleich zulasten des geschiedenen Ehepartners nach so langer Zeit natürlich rechtlich nicht mehr möglich ist, erscheint fragwürdig. Es ist nicht gerecht, eine speziell definierte Gruppe ge- genüber den anderen Betroffenen zu bevorzugen. Es stellen sich neue Fragen: Wie lange muss die Erwerbstä- tigkeit unterbrochen worden sein? Dürfen geschiedene Frauen, die Kinder bekommen, ihre Erwerbstätigkeit aber nicht unterbrochen haben, außen vor gelassen wer- d w r t g „ c s b A g D s e m t z W m E R W S d b t A m r m A „ n m a m r t t e w l g „ Ü v s w d c b D r s g (C (D en? Alles in allem wirkt der Antrag der Grünen eher ie ein Schnellschuss und nicht wie eine ausgereifte, ge- echte und machbare Lösung. Drittens. Die FDP-Bundestagsfraktion hat zur Besei- igung der Schlechterstellung einzelner Versicherten- ruppen schon vor einiger Zeit einen eigenen Antrag Faires Nachversicherungsangebot zur Vereinheitli- hung des Rentenrechts in Ost und West“ in den Deut- chen Bundestag eingebracht, Drucksache 16/11236. Er erücksichtigt die Beitragsäquivalenz und enthält das ngebot einer nachträglichen Entrichtung von Beiträ- en, die in ihrer Höhe an dem auszurichten sind, was zu DR-Zeiten zur Erlangung eines vergleichbaren An- pruchs hätte aufgewendet werden müssen. Selbst wenn ine Verzinsung der so ermittelten Beiträge vorgenom- en würde, dürfte ein solches Angebot auf ein hohes In- eresse treffen und eine attraktive Verzinsung der nach- uentrichtenden Beiträge gewährleistet sein. Auf diesem ege sollen auch die in der DDR Geschiedenen die ein- alige Möglichkeit erhalten, durch die nachträgliche ntrichtung von freiwilligen Beiträgen ihren heutigen entenanspruch zu erhöhen. Die Lösung der FDP-Bundestagsfraktion vermeidet illkür und erreicht damit größtmögliche Gerechtigkeit. ie erscheint uns als der bessere Weg. Ein entsprechen- er Antrag ist bereits im Deutschen Bundestag einge- racht. Er wird in Kürze im Deutschen Bundestag in ers- er Lesung behandelt werden. Im Zuge der angestrebten nhörung können beide Anträge auf ihre Problemange- essenheit untersucht werden. Wir sehen dem mit Inte- esse entgegen. Dr. Martina Bunge (DIE LINKE): Endlich, so öchte ich den Einbringerinnen und Einbringern dieses ntrags zurufen, wagt sich mal jemand offiziell aus der Deckung“. Seit Jahren macht meine Fraktion mit eige- en Anträgen auf die vielen Unzulänglichkeiten auf- erksam, die bei der Überleitung der Alterssicherungs- nsprüche aus DDR-Zeiten ins bundesdeutsche Recht it dem RÜG/AAÜG 1991 entstanden. Zumeist erfuh- en unsere Initiativen keine bzw. nur ablehnende Reak- ionen bei den anderen Fraktionen. Nun packt die Frak- ion Bündnis 90/Die Grünen einen eigenen Antrag mit inem Detailproblem zu unseren Vorschlägen dazu. Ich erte das auch als Erfolg der Betroffenen, die unermüd- ich auf Politikerinnen und Politiker zugehen, um eine esetzliche Lösung ihres Problems einzufordern. Aber leider, liebe Einbringerinnen und Einbringer, springen“ Sie sehr kurz mit Ihrem Vorschlag. Wie die berschrift verspricht, wollen Sie die Alterssicherung on in der DDR Geschiedenen „verbessern“ – eine Lö- ung der Problematik insgesamt ist das aber nicht. Sie ollen nur diejenigen Geschiedenen berücksichtigen, ie wegen Kindererziehung ihre Erwerbsarbeit unterbro- hen oder eingeschränkt haben. Sicher ist das eine Pro- lemgruppe, aber das Leben ist und war auch in der DR vielfältiger. Und dieses vielfältige Leben war auch entenrechtlich abgedeckt. So haben viele Frauen, insbe- ondere die inzwischen Hochbetagten, erst die Kinder roßgezogen, zwischendurch gearbeitet, dann irgend- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 202. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. Januar 2009 21951 (A) ) (B) ) wann die eigenen Eltern gepflegt, dann vielleicht noch die Schwiegereltern. Viele haben das getan, um dem Mann für die Karriere „den Rücken“ frei zu halten. Wenn dann eine Scheidung kam, war das bitter, aber für das Alter waren diese Frauen – nach DDR-Maßstäben – abgesichert; denn in der DDR wurde eine Rente vorran- gig nach Versicherungsjahren ermittelt. Diese konnten auch mit einer geringen freiwilligen Beitragszahlung er- reicht werden. Die Höhe des beitragspflichtigen Ein- kommens spielte für die Rentenermittlung eine unterge- ordnete Rolle. Wenn im Gegenzug dazu nach Bundesrecht das bei- tragspflichtige Einkommen die entscheidende Rolle für die Alterssicherung spielt, muss über fiktive Einkom- mensanrechnung nachgedacht werden. Da bietet sich bei den Geschiedenen ein fiktiver steuerfinanzierter Versor- gungsausgleich an – so auch einer unserer Vorschläge. Aber wir sollten diese Möglichkeit für alle Geschiede- nen schaffen, die sich durch die jetzige Überleitungsre- gelung beschwert fühlen – so unser Appell. Denn es ist so, dass die jetzt gewählte Regelung, nämlich gar nichts zu tun, für viele Frauen finanzielle Härten bringt, was sozialpolitisch nicht haltbar ist. Und aus rechtspoliti- scher Sicht wird hier höchst bedenklich mit dem Vertrau- ensschutz umgegangen. Deshalb wäre ich froh, wenn nun auch die Abgeordneten der Koalitionsfraktionen ak- tiv würden, damit wir endlich – 20 Jahre nach der Her- stellung der staatlichen deutschen Einheit – ein Stück- chen mehr für die soziale Einheit tun können. Um das zu erreichen, müsste nicht nur die Problema- tik der Geschiedenen angepackt werden, sondern die Ge- samtheit der Überführungslücken, das vielfältige Versor- gungsunrecht und der Missbrauch des Rentenrechts als politisches Strafrecht. Vorschläge dazu liegen mit den 17 Anträgen der Linksfraktion vor, die im parlamentari- schen Verfahren sind. Lassen Sie uns ohne ideologische Scheuklappen gemeinsam nach Lösungen suchen und diese auch finden! Irmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Seit 1992 beschäftigen sich die Fraktionen im Deutschen Bundestag mit Briefen und Petitionen von Frauen, die vor 1992 in der DDR geschieden wurden und die heute wie damals auf eine rechtliche Gleichbehandlung mit geschiedenen Frauen in der alten Bundesrepublik pochen. Inzwischen beklagen die geschiedenen Frauen, sie seien weder in der DDR noch in der Bundesrepublik in ihrer Lage ernst genommen worden. Viele der Frauen, mit denen ich gesprochen habe, äußern die Vermutung, eine Lösung scheitere an dem fehlenden Willen dazu. Die Bundesregierung behauptet bis heute, es bestehe kein Handlungsbedarf, weil die Frauen in der DDR auch dann, wenn sie Kinder erzogen hatten, erwerbstätig sein konnten und damit genügend eigene Rentenanwartschaften erworben haben. In der Antwort der Bundesregierung auf unsere Kleine Anfrage zu den geschiedenen Frauen in den neuen Ländern wird außerdem damit argumentiert, dass diese Frauen eine monatliche Rente von durch- schnittlich 832 Euro hätten. Daraus wird geschlossen, dass kein besonderer Handlungsbedarf bestehe. Tatsächlich ist e F 7 d 2 f L l e s d V V i d s P r m e U b a G s t w g d e m e A d d s G l z i e B n D m m z a z u d g a (C (D s aber so, dass 37 Prozent der in der DDR geschiedenen rauen ein Nettoalterseinkommen zwischen 500 bis 50 Euro beziehen, weitere drei Prozent liegen noch arunter. In den alten Bundesländern sind dies nur 8 Prozent. So der Alterssicherungsbericht 2008. Das ällt auf, denn die Rente von Frauen in den neuen ändern ist üblicherweise höher als in den alten Bundes- ändern. Auch wir haben länger gebraucht, um diesen Antrag inbringen zu können. In der Bundesrepublik ist der Ver- orgungsausgleich bereits 1977 eingeführt worden. Für ie Geschiedenen in den neuen Bundesländern greift der ersorgungsausgleich erst seit 1992. Ein rückwirkender ersorgungsausgleich zulasten des geschiedenen Mannes st aber – aus Gründen des Vertrauensschutzes – nach eutschem Recht nicht möglich. Er würde das verfas- ungsrechtliche Rückwirkungsverbot verletzen. Auch der etitionsausschuss des Bundestages hatte die Bundes- egierung erfolglos um eine Lösung ersucht. Eine inner- inisterielle Arbeitsgruppe blieb ebenso ohne Ergebnis. Den in der DDR geschiedenen Frauen bleibt auch ine Witwenrente verwehrt, weil das DDR-Recht keine nterhaltspflicht zwischen den Eheleuten vorsah. Dass eide Instrumente im Unterschied zum Westen nicht ngewendet werden, nährt bei den Geschiedenen das efühl, Bürgerinnen zweiter Klasse zu sein. Wir schlagen in unserem Antrag einen fiktiven Ver- orgungsausgleich vor, der geschiedene Frauen begüns- igt, die zugunsten der Erziehung ihrer Kinder ihre Er- erbsarbeit unterbrechen mussten und die deshalb nur eringe Rentenansprüche aufbauen konnten. Dazu wer- en die Rentenansprüche der Frauen halbiert. Zusätzlich rhalten die Frauen die Hälfte eines durchschnittlichen ännlichen Verdienstes für die Dauer der Ehe aus Steu- rmitteln hinzu, weil es rechtlich nicht möglich ist, den usgleich bei den geschiedenen Männern nachträglich urchzuführen. Die Rentenansprüche der Frauen werden abei individuell ermittelt. Die andere Hälfte des durch- chnittlichen versicherten Einkommens wird durch den esetzgeber festgelegt. Dies mindert den dafür erforder- ichen Verwaltungsaufwand. Zudem werden im Gegen- ug Grundsicherungskosten eingespart. Die von den Bündnisgrünen vorgeschlagene Lösung st verfassungsrechtlich unproblematisch und schließt ine seit Jahren bestehende Gerechtigkeitslücke. Die Gründe, warum sich die Menschen in den neuen undesländern gegenüber den alten Bundesländern be- achteiligt fühlen, sind vielfältig. Dass sich die in der DR geschiedenen Frauen in beiden deutschen Syste- en ungerecht behandelt sehen und sich als Deutsche inderen Rechts empfinden, ist tragisch, aber nach wanzig Jahren erfolgloser Auseinandersetzung durch- us nachvollziehbar. Ich hoffe auf den fraktionsübergreifenden Zuspruch u unserem Antrag. Wir haben einen unbürokratischen nd verfassungsrechtlich gangbaren Ansatz gewählt, der ie konkreten Lebens- und Einkommensverhältnisse der eschiedenen Ostdeutschen berücksichtigt und ihnen einen ngemessenen Ausgleich für die erlittenen Einbußen bei 21952 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 202. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. Januar 2009 (A) ) (B) ) der Alterssicherung aus Steuermitteln zuerkennt. Wir schließen damit eine Gerechtigkeitslücke und bitten um Zustimmung zu unserem Antrag. Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Experimente zur Meeresdüngung dürfen marine Ökosysteme nicht belasten (Zusatztagesordnungspunkt 8) Michael Kretschmer (CDU/CSU): Der Forschungs- standort Deutschland lebt von Exzellenz, Vertrauen und Kooperationsbereitschaft. Was wir in der Debatte um das deutsch-indische Meeresforschungsexperiment LOHAFEX erlebt haben, war nicht nur eine auf puren Behauptungen aufgebaute, sondern auch eine höchst schädliche Diskussion für die Glaubwürdigkeit, Verläss- lichkeit und Professionalität ebendieses, unseres For- schungsstandorts, und das ohne jede Not. Auch die durch das Umweltministerium erzwungene Verzögerung des Forschungsexperiments hat das Experiment gefähr- det. Ich danke in diesem Zusammenhang Frau Bundes- ministerin Schavan für ihr rasches Handeln und die Frei- gabe des Experiments. Und ich danke dem Alfred- Wegener-Institut für die schnelle und transparente Infor- mationspolitik. Bei der in der vergangenen Woche kurz- fristig anberaumten Informationsveranstaltung wurde je- dem die Möglichkeit eingeräumt, Fragen zu stellen. Diese wurden professionell und verständlich beantwor- tet. Mich hat es aber auch nachdenklich gestimmt, dass erfahrene und ihrer Verantwortung für die Umwelt be- wusste Forscher – deren Lebenswerk es ist, für die Er- haltung und den Schutz unserer Umwelt zu forschen – von jungen Umweltaktivisten angegriffen werden. Um- weltschutz und Forschung sind zwei sich ergänzende und nicht zwei sich bekämpfende Faktoren. Der Profilierungsversuch durch das Umweltministe- rium ging zulasten einer sachlichen Diskussion und zu- lasten der Forschung. In dieser Debatte wurden mehrere Punkte vermengt, die klar voneinander getrennt dargestellt werden müssen. Es geht um die rechtliche Komponente. Es geht um na- turwissenschaftliche Fragestellungen, die Umweltver- träglichkeit. Es geht um die Ziele und um die im Vorfeld erlangten Informationen über das Experiment. Die ver- schiedenen zum Vorhaben eingeholten Gutachten unab- hängiger, international anerkannter Institutionen und Wissenschaftler haben die rechtliche und naturwissen- schaftliche Seite beleuchtet. Sie haben klargestellt: Das Vorhaben steht im Ein- klang mit völkerrechtlichen Vorgaben, hier dem interna- tionalen Seerecht. In ihm wird die Forschungsfreiheit auf hoher See nicht nur garantiert. Es wird sogar zur For- schung zum Schutz der marinen Umwelt aufgerufen. Auch die Anforderungen aus den Beschlüssen der Kon- ferenz zur Biodiversität, CBD, und der Londoner Kon- vention sind erfüllt. Die darin geforderte Kleinräumig- k c g I D w t d v M d c t e l n d d g A d s s m d n d P f s m a w f d n V W s e d w T d a B g z f P t s (C (D eit des Versuchsgebiets ist gegeben. Sie liegt hier mit irca 20 km Durchmesser deutlich unter den Empfehlun- en der Intergovernmental Oceanographic Commission, OC, und der UNESCO für Eisendüngungsexperimente. ie Beschränkung des Experimentes auf „coastal aters“ ist im Untersuchungsgebiet erfüllt, da es Plank- onarten aus Küstengewässern aufweist. Was den Umweltaspekt angeht, kann klar gesagt wer- en: Hier wird ein natürlicher Prozess simuliert. Das erwendete Eisensulfat wurde auf die kleinstmögliche enge beschränkt. Die dadurch verursachte Erhöhung er Eisenkonzentration im Wasser entspricht der natürli- hen Eisenkonzentration in benachbarten Küstengebie- en oder beim Schmelzen von Eisbergen. Die durch die ingebrachte Menge an Eisen erzeugte Algenentwick- ung wird im Bereich der natürlichen Blüte liegen. Und ach Auflösung des mit Eisen gedüngten Wirbels wer- en durch die hohe Verdünnung keine messbaren Verän- erungen vorliegen. Das Experiment dient der Grundla- enforschung. Es soll erforscht werden, was nach dem bsterben der Algen geschieht, in welchem Umfang iese in die Tiefsee absinken und in welchem Umfang ie von Zooplankton und Walen gefressen werden, ehe ie absinken. Bleibt mir als letzter Punkt noch das vom Umwelt- inisterium aufgegriffene Thema: Wer wusste wann von er Durchführung des Experiments? Ich mag hier gar icht viele Worte verlieren. Wie gestern in der Sitzung es Forschungsausschusses deutlich wurde, waren alle arteien gut und von Anfang an über das Experiment in- ormiert. Allein schon der Vertragsschluss zwischen un- erer Bundeskanzlerin Merkel und dem indischen Pre- ierminister Singh im Jahr 2007 wurde medienwirksam ufgenommen. Mir fehlt hier jegliches Verständnis, enn eventuell vorhandene und selbst verschuldete In- ormationsdefizite im Umweltministerium dazu führen, ass der Forschungsstandort Deutschland Schaden immt. Die Verzögerung des Experiments durch dieses erhalten ist schädlich für Deutschland und in keiner eise akzeptabel. Ich wünsche nun dem Alfred-Wegener-Institut und einen internationalen Partnern einen reibungslosen und rfolgreichen Verlauf des Experiments. Ingbert Liebing (CDU/CSU): Seit einiger Zeit spaltet as LOHAFEX-Forschungsexperiment öffentlichkeits- irksam die politischen Gemüter. In den vergangenen agen war vermehrt viel Widersprüchliches über das eutsch-indische Vorhaben in der Presse zu lesen. Dem ufmerksamen Leser ist auch nicht entgangen, dass zwei undesministerien hier sehr unterschiedliche Auffassun- en vertreten. Worum geht es? Ich möchte versuchen, die Sachlage u erläutern. Das Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeres- orschung führt momentan in Kooperation mit indischen artnern ein Experiment zur Eisendüngung im Südatlan- ik durch. Dabei sollen circa 20 Tonnen flüssiger Eisen- ulfatdünger in einem circa 300 Quadratkilometer gro- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 202. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. Januar 2009 21953 (A) ) (B) ) ßen Seegebiet nördlich von Südgeorgien vom deutschen Forschungsschiff „Polarstern“ ausgebracht werden, um dessen Wirkung auf die Algenproduktion und die damit verbundene Erhöhung des CO2-Bindungs und -Senkpoten- zials zu untersuchen. Die „Polarstern“ ist am 7. Januar 2009 von Kapstadt aus ins Untersuchungsgebiet ausge- laufen. Die 9. Vertragsstaatenkonferenz der Konvention über die biologische Vielfalt unter deutschem Vorsitz hatte im Mai 2008 in Bonn den Beschluss gefasst, dass die Regierungen sicherstellen mögen, „dass mit Ausnahme kleinmaßstäblicher wissenschaftlicher Forschungsstudien innerhalb von Küstengewässern keine Aktivitäten zur Düngung der Ozeane stattfinden.“ Die Grünen wenden in ihrem Antrag nun ein, dass das LOHAFEX-Experiment gegen diese Kriterien verstoße. Auch das Bundesumweltministerium hat diese Kritik erhoben – genauso wie manche Umweltorganisationen. Gerade wegen dieser Kritik hatte das zuständige Bundes- forschungsministerium sehr kurzfristig eine Begutachtung des Experiments durch international renommierte Wissen- schaftler veranlasst. Neben der sorgfältigen Prüfung des Alfred-Wegener-Instituts selber haben das IFM-GEOMAR, ein in höchstem Maße anerkanntes Institut für Meeres- wissenschaften an der Universität Kiel, sowie das British Antarctic Survey, ein in der Welt führendes Umwelt- forschungsinstitut, dem Projekt seine ökologische Unbe- denklichkeit bescheinigt. Dies war ein verantwortungs- voller Schritt. Die Ergebnisse dieser Gutachten sind eindeutig. Mit der zum Einsatz kommenden Menge an Eisensulfat wurde die kleinstmögliche Menge gewählt, um in einem in sich geschlossenen Wasserwirbel wissenschaftlich belastbare Ergebnisse zu erzielen. Außerdem liegt die Größe des Arbeitsgebiets mit 17 mal 17 Kilometern deutlich unter den Empfehlungen der UNESCO, die für solche Experimente 200 mal 200 Kilometer empfiehlt. Wissenschaftlich macht ein solches Experiment in Küstennähe keinerlei Sinn, denn dort sind die Eisen- gehalte natürlicherweise schon so hoch, dass man dort den gewünschten Effekt gar nicht beobachten könnte. Tatsächlich ist unter „Küstengewässern“ sinnvollerweise ein ökosystemarer Zusammenhang zu verstehen, der ge- nau hier gegeben ist, wie die Gutachter bestätigt haben. In jeglicher Hinsicht stellen die Gutachten fest, dass das Vorhaben auf hoher See im Südatlantik unter Umwelt- gesichtspunkten nicht nur unbedenklich ist, sondern auch im Einklang mit völkerrechtlichen Vorgaben steht. Die grundsätzlichen Bedenken gegen Eisendüngung mit dem Ziel, in großem kommerziellen Maßstab CO2 in den Meeren zu binden, sind begründet, die Beschlüsse der CBD-Konferenz berechtigt. Aber wir wissen auch, dass es andere Länder gibt, die genau diese Zielsetzung verfolgten. Dem können wir nur entgegentreten, wenn wir diese Position auch mit Fakten untermauern können. Das können wir nur mit fundierten Forschungserkennt- nissen. Sie dienen dem besseren Verständnis der ökosys- temaren Zusammenhänge möglicher Eisendüngungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel. Genau dies ist auch der Grund, weshalb die Resolution der London- K K w t g d in z O a z M A e s B z r D A h r u g m d d g m v a d k w a r s e s ö r U m e K m F b e s d u Z m u n (C (D onvention von Oktober 2008 und der Beschluss der onvention über die biologische Vielfalt von Mai 2008 eitere Forschung fordern. LOHAFEX soll einen Bei- rag zum besseren Verständnis der Rolle der Ozeane im lobalen Kohlenstoffkreislauf liefern. Die Ergebnisse ieser Grundlagenforschung werden dazu beitragen, die in ternationalen Konventionen erwähnten Wissenslücken u schließen. Das Moratorium verbietet zu Recht die kommerzielle zeandüngung. Von einem kommerziellen Ansatz kann ber hier keinerlei Rede sein. Ganz im Gegenteil! Es ist u vermuten, dass der Algenteppich algenfressende ikroben, Kleintiere und Wale anlockt und somit ein bsinken der Algen verhindert wird. Dies wäre sogar ine wissenschaftliche Stütze gegen kommerzielle Ei- endüngung: Die Erwartungen einer nachhaltigen CO2- indung würden nicht erfüllt werden, mögliche Risiken ugleich klarer belegbar sein. Der Antrag der Grünen fordert, Experimente zur Mee- esdüngung dürften marine Ökosysteme nicht belasten. as ist für uns eine Selbstverständlichkeit! Sie formulieren nforderungen an wissenschaftliche Experimente, die ier gewährleistet sind: Das LOHAFEX-Experiment ist echtlich nicht zu beanstanden, ökologisch unbedenklich nd wissenschaftlich verantwortlich vorbereitet. Deshalb ibt es auch keinen Raum mehr für Kritik an dem Experi- ent. Genauso wenig ist es in Ordnung, mit dem Antrag er Grünen den Eindruck zu erwecken, es wären genau iese Grundsätze nicht eingehalten. Kritische Anmerkun- en müssen aber auch an die Adresse des Bundesumwelt- inisters gerichtet werden. Es ist Januar 2009, nachdem die „Polarstern“ – nach ierjähriger Vorbereitung – mit allen Wissenschaftlern n Bord ausgelaufen war, protestierte plötzlich das Bun- esumweltministerium gegen das Experiment. Es be- lagte, nicht rechtzeitig über das Experiment informiert orden zu sein – und das, nachdem das Umweltbundes- mt, das ja der Kontrolle des BMU unterliegt, vorher be- eits seit längerem informiert war und keine Veranlas- ung gesehen hatte, einen Stopp zu veranlassen. Erst als inzelne Umweltgruppen öffentlich protestierten, schlug ich der Umweltminister auf die Seite der Kritiker. Ganz offensichtlich ist Minister Gabriel leichtfertig ffentlichen Erklärungen von Verbänden hinterherge- annt, ohne den Sachverhalt sorgfältig zu recherchieren. nverständlich bleibt mir, weshalb der Bundesumwelt- inister hier Forderungen erhoben hat, ohne auch nur inmal mit dem durchführenden Alfred-Wegener-Institut ontakt aufzunehmen. Ich bin der Meinung, dass etwas ehr Sorgfalt in der Sache der Diskussion über das orschungsprojekt LOHAFEX gut getan hätte. Es ist edauerlich, welcher Eindruck hier in der Öffentlichkeit rzeugt wurde. Wir sollten auch nicht vergessen, dass es ich bei dem derzeit laufenden Projekt nicht um das erste ieser Art handelt. Das AWI hat bereits in den Jahren 2000 nd 2004 Eisendüngungsexperimente durchgeführt – zu eiten der rot-grünen Regierung. Damals schien das nie- anden aufzuregen. Für mich ist allerdings besonders nverständlich, dass der Bundesumweltminister auch ach Vorlage der Gutachten von renommierten Instituten 21954 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 202. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. Januar 2009 (A) ) (B) ) seine Kritik aufrechterhält. Dafür gibt es erst recht nach der vorliegenden Information überhaupt keine sachliche Basis. Meines Erachtens geht es bei der ganzen Diskussion in erster Linie um schlichte Versäumnisse und vorschnelle, unüberlegte Reaktionen des Bundesumweltministeriums. Ich bedauere dies, weil dies ein schlechtes Licht auf die von mir unterstützte Bundesregierung wirft. Dafür trägt der Umweltminister die Verantwortung. Umso mehr be- grüße ich, dass die Forschungsministerin Annette Schavan verantwortungsbewusst gehandelt, offene Fragen geklärt und dem Forschungsprojekt grünes Licht gegeben hat. Ich bin gespannt auf die Ergebnisse von LOHAFEX und freue mich darauf, dann noch einmal mit Ihnen über die- ses Thema diskutieren zu können – auf der Basis guter wissenschaftlicher Erkenntnisse. Heinz Schmitt (Landau) (SPD): Es geht heute um Klimaschutz, es geht um biologische Vielfalt, es geht um „Düngung“ der Meere. Wir debattieren heute über den Antrag von Bündnis 90/Die Grünen „Experimente zur Meeresdüngung dürfen marine Ökosysteme nicht belas- ten“. Eine Forderung, der ich zustimme. Denn bei den Planungen zu dem angesprochenen Experiment Dün- gung, um Algen zum Wachstum anzuregen und damit CO2 im Wasser zu binden, wurde offenbar zu sehr an den Klimaschutz gedacht, weniger an die biologische Viel- falt. Dieser Zielkonflikt – Klimaschutz oder Schutz der Biodiversität – zeigt sich nicht zum ersten Mal. In den Ministerien, sogar bei den Umweltverbänden, auch bei uns Politikern ist dieser Zielkonflikt immer wieder zu beobachten. Dennoch dürfte es diesen Gegensatz eigent- lich nicht geben. Denn Klimaschutz und Schutz der Viel- falt des Lebens sind gleichrangige, sind bedeutsame Ziele. Unser Land hat sich international verpflichtet, beide gleichermaßen umzusetzen. Das Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeres- forschung hat für das eigene Experiment eine Bewertung vorgelegt und die Ergebnisse an das Bundesministerium für Forschung und Technologie gemeldet. Danach bringt das Experiment keine schädlichen Auswirkungen auf die Meeresumwelt. Diese Bewertung bezieht sich allerdings lediglich auf die erwarteten chemischen Reaktionen und die Entwicklung des Planktons. Eine Abschätzung der Folgen für höhere Tier- und Pflanzenarten und auf sen- sible Tiefseeregionen ist nach meinen Informationen aufgrund der großen Wissenslücken gerade, was die Tiefsee betrifft, nicht möglich. Zumindest ein Restrisiko für diesen Bereich der biologischen Vielfalt kann nicht ausgeschlossen werden. Im Nachhinein kann man sagen: Es wäre schon wün- schenswert gewesen, wenn sich die betroffenen Ministe- rien bei diesem Experiment von Anfang an besser abge- stimmt hätten und den Schutz der Biodiversität und ökologische Zusammenhänge stärker „mitgedacht“ hät- ten. Die Direktorin des Alfred-Wegener-Insitituts sieht ebenfalls erheblichen Verbesserungsbedarf, was den Austausch betrifft. Es ist daher erfreulich, dass alle be- t k E B v S g g A w d r s e V a d t i g d n g B e n s p D G d A f p D d E h A m w d u i t d i E n E d w (C (D eiligten Kreise dieses Problem erkannt haben und sich ünftig besser untereinander abstimmen wollen. Für die SPD-Bundestagsfraktion will ich klarstellen: ine kommerzielle Nutzung der Eisendüngung als CO2- unker lehnen wir ab. Ich freue mich, dass dies auch om Alfred-Wegener-Institut, von Frau Ministerin chavan und ebenfalls von Minister Sigmar Gabriel so esehen wird. Der kommerzielle Einsatz der Eisendün- ung hätte in dieser Größenordnung erhebliche negative uswirkungen auf die Vielfalt des Lebens im Meer. Sie äre darüber hinaus eine Abkehr von einer vorsorgen- en Klimapolitik. Eine dauerhafte Lösung zur Reduzie- ung von Kohlendioxid ist das Einsparen von Energie, ind eine bessere Energieeffizienz und der Ausbau von rneuerbaren Energien. Dies haben wir bereits in der ergangenheit entschlossen angepackt, und wir haben uch für die Zukunft die Weichen richtig gestellt. Wir würden daher sehr begrüßen, wenn sich die Bun- esregierung bei den weiteren Verhandlung der Konven- ion über die biologische Vielfalt, aber auch bei anderen nternationalen Abkommen für ein Verbot der Eisendün- ung in allen Weltmeeren einsetzen würde. Somit hätten ie Versuche des Institutes der „Polarstern“ auch einen achhaltigen Nutzen. René Röspel (SPD): Eigentlich ist es verrückt. Da ibt es ein anerkanntes Forschungsinstitut, das auch im ereich Klimaforschung arbeitet. Es bereitet über Jahre in internationales Experiment vor und informiert die otwendigen Stellen. Mit dem Auslaufen des For- chungsschiffes zum Ort des Experiments bricht aber lötzlich eine Protestwelle von Umweltverbänden los. as Experiment wird kurzfristig gestoppt, und externe utachten werden eingeholt. Diese werden von den bei- en zuständigen Ministerien unterschiedlich bewertet. m Ende darf das Forschungsschiff aber seine Fahrt ortsetzen und das Experiment durchführen. Man kann die ganze Diskussion um LOHAFEX auch ositiv sehen. Es zeigt, wie wichtig die gesellschaftliche iskussion um die Forschungskonzepte ist, insbeson- ere wenn es sich dabei um eine öffentlich geförderte inrichtung wie beim Alfred-Wegener-Institut, AWI, andelt. Gut ist auch, dass Umweltverbände ein waches uge haben. Und wichtig ist auch, dass Kritik und An- erkungen der Umweltverbände von der Politik sehr ohl gehört werden und man auch darauf reagiert. Die Kritik der Umweltverbände war so gravierend, ass es richtig war, das Experiment zunächst zu stoppen nd externe Gutachten anzufordern. Denn Biodiversität st, wie die Grünen richtig in Ihrem Antrag fordern, na- ürlich eine Querschnittsaufgabe, die alle angeht. Aller- ings muss auch klar gesagt werden, dass es sich bei der m Rahmen von LOHAFEX durchgeführten begrenzten isendüngung um Grundlagenforschung handelt und icht, wie einige Medienberichte suggerieren, um den instieg in die kommerzielle großflächige Eisendüngung er Ozeane. Wir haben als SPD grundsätzlich Vertrauen in verant- ortungsbewusstes Handeln unserer Wissenschaftlerin- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 202. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. Januar 2009 21955 (A) ) (B) ) nen und Wissenschaftler. Dieses Vertrauen ist auch in diesem Fall in den letzten Tagen durch Gespräche bestä- tigt worden. Wir finden es auch gut, dass Umweltver- bände und Umweltministerium wachsam sind. Das hat zu einer klärenden Diskussion geführt, die ich mir aller- dings schon vor Beginn des Experiments gewünscht hätte, damit Differenzen nicht auf dem Rücken der Wis- senschaftlerinnen und Wissenschaftler ausgetragen wer- den. Begrüßenswert ist die schnelle Reaktion der Leite- rin des Alfred-Wegener-Instituts, Frau Professor Lochte, die kalibrierten Daten schnellstmöglich und transparent ins Internet stellen zu wollen und nach Ende des Experi- ments eine öffentliche Tagung zu organisieren. Für die SPD ist wichtig: Auch Grundlagenforschung darf nicht zu Umweltschäden führen. Und auch Grundla- genforschung muss internationale Verträge einhalten und darf nicht gegen geltendes Recht verstoßen. Die Befürchtung, es könne zu Umweltschäden größe- ren Ausmaßes kommen, ist ausgeräumt worden. Sie bleibt bestehen für Eisendüngung in größerem Maßstab; für LOHAFEX aber sind die ökologischen Risiken als sehr gering anzusehen. Es ist aber Aufgabe der Wissen- schaft, noch besser als bisher ungeklärte Fragen, zum Beispiel was toxische Algen anbelangt, auch in die Vor- bereitung solcher Experimente einzubeziehen und zu un- tersuchen. Für uns ist mindestens genauso wichtig, dass LOHAFEX nicht gegen das VN-Übereinkommen über die biologische Vielfalt, CBD, verstößt und damit nicht völkerrechtswidrig ist. Da es offenbar unterschiedliche Interpretationen der Beschlüsse der 9. Vertragsstaaten- konferenz zum Beispiel hinsichtlich „coastal waters“ gibt, erwarten wir von der Bundesregierung, dass sie in den nächsten Verhandlungen der Vertragsstaatenkonfe- renz wie auch auf Ebene der London Convention und des London Protocol auf eine Klärung möglicher Inter- pretationsspielräume zugunsten des Umwelt- und Kli- maschutzes drängt. Zu Beginn der Diskussion war aber auch klar, dass eine endgültige Entscheidung über LOHAFEX am Montag dieser Woche fallen musste. Eine weitere Ver- schiebung ließ der Zeitplan für das Experiment nicht zu. Wir halten die Fortführung des Experimentes für ge- rechtfertigt, weil es sich um Grundlagenforschung han- delt und die externen Gutachten zu dem Schluss gekom- men sind, dass weder eine Umweltgefährdung noch ein Verstoß gegen internationales Recht vorliegt, sondern LOHAFEX sogar zu einem besseren Verständnis der Abläufe des Ökosystems Meer und des Kohlenstoff- kreislaufes beitragen kann. Ausdrücklich möchte ich für die SPD klarstellen: Ers- tens. Die CBD ist und bleibt für uns rechtlich und vor al- lem politisch verbindlich. Zweitens. Eine kommerzielle oder großflächige Eisendüngung der Meere zum Zwecke des Klimaschutzes scheint uns nicht sinnvoll, sondern sogar kontraproduktiv zu sein. Wir lehnen sie daher ab. Erlauben Sie mir eine letzte Anmerkung zum Antrag der Grünen, der uns gestern erreichte: Viele Aussagen teilen wir und können sie unterstreichen. Aber eine Ant- w o d d s b k g g z b d u Z d C s d f m A M u e d k m a f m S V m d n l e e W E d g a d o d d „ s s m B k z h (C (D ort bleiben die Grünen schuldig: Sind Sie denn nun für der gegen den Stopp der „Polarstern“-Expedition? Angelika Brunkhorst (FDP): Wie kann es sein, ass ein Experiment, das seit 2005 geplant wird und für as die entsprechenden Verträge im Jahr 2007 geschlos- en wurden, im Januar 2009, nachdem die „Polarstern“ ereits zu ihrer Forschungsfahrt ausgelaufen ist, derart urzfristig durch das Bundesumweltministerium infrage estellt wird? Der Versuch des Umweltministeriums, ein enehmigtes Forschungsprojekt der „Polarstern“, das udem noch Erkenntnisse über klimarelevante Vorgänge ringen soll, unmittelbar vor dessen Beginn zu verhin- ern, ist ein eklatanter Eingriff in die Forschungsfreiheit nd nicht hinnehmbar. Die Wirkung des kurzfristigen wangsstopps auf unsere indischen Kooperationspartner ürfte fatal sein. Die sogenannte Große Koalition aus DU/CSU und SPD macht sich in der Wissenschafts- zene lächerlich. Man wundert sich auch über den Umgang der Bun- esregierung untereinander. Es scheint, die Koalitions- raktionen übernähmen die Rolle der Opposition gleich it. Das kannte man bislang nur von der CSU aus Bayern. uch wenn man in einer Koalition unterschiedlicher einung sein kann, irgendwann muss man sich einigen nd zu einem Ergebnis kommen. Es wird ja wohl niemand rnsthaft behaupten, das Umweltministerium habe von em Experiment erst im Januar dieses Jahres erfahren. Es ann und darf nicht sein, dass Umwelt- und Forschungs- inisterium derart unkoordiniert und letztlich gegenläufig gieren. Wenn man die Pressemitteilung aus dem Bundes- orschungsministerium vom 26. Januar 2009 liest, kann an zu dem Schluss gelangen, dass das Motto von Frau chavan ist: Mir doch egal, was Gabriel meint. Dieses orgehen wirft ein katastrophales Licht auf die Zusam- enarbeit innerhalb der Bundesregierung und damit auf ie Bundesregierung insgesamt. Aber anscheinend ist nicht nur bei der Kommunikation ach innen, sondern auch nach außen einiges schiefge- aufen. Man muss die Bedenken der Umweltschützer rnst nehmen. Sie befürchten, das Experiment, obzwar s sich um Grundlagenforschung handele, bereite den eg für die kommerzielle Eisendüngung bzw. sei der instieg in ein Geo-Engineering. Wenn man liest, Ziel es Versuches sei es letztlich, „Erkenntnisse darüber zu ewinnen, ob die ‚Eisendüngung‘ ein gangbarer und vor llem ökologisch rechtfertigbarer Weg zur Reduktion es Kohlendioxids in der Atmosphäre sein könnte“, der wenn am Experiment beteiligte Wissenschaftler es Alfred-Wegener-Instituts im Spiegel zitiert werden, ass die Einwände der Kritiker weggefegt würden, wenn unsere Ohnmacht gegenüber dem Klimawandel ichtbar wird“, dann verwundert es nicht, dass Umwelt- chützer hellhörig werden. Man hätte sie früher infor- ieren und über die Planungen aufklären sollen. Sowohl MU als auch BMBF haben glaubhaft erklärt, dass eine ommerzielle Eisendüngung der Ozeane keinen Beitrag um Klimaschutz leisten kann und wird. Hierüber errschte Einigkeit. 21956 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 202. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. Januar 2009 (A) ) (B) ) Aufgrund der Informationsveranstaltung des Alfred- Wegener-Instituts, des Berichts der Bundesregierung im Forschungsausschuss diese Woche und nach Auswertung der vorliegenden Gutachten kommt die FDP zu dem Schluss, dass das Experiment, bei dem eine punktuelle, nicht großflächige Ausbringung von Eisensulfat innerhalb eines geschlossenen Wirbels im antarktischen Zirkum- polarstrom erfolgen soll, auch unter Berücksichtigung des Aspekts des Meeresumweltschutzes durchgeführt werden kann. Ich erwarte, dass die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag nach Durchführung des Experiments über die Ergebnisse berichtet. Neben der Klimafrage interessieren mich als Umweltpolitikerin besonders die Auswirkungen auf das Ökosystem insgesamt. Das Experiment soll schließlich auch darüber Erkenntnisse bringen, welchen Einfluss die Einbringung von Eisensulfat auf das Algen- wachstum hat und welche Meeresorganismen von diesem Nahrungsangebot profitieren, das heißt, wie sich das Plankton und in der Folge der Krill entwickeln. Da Krill die Hauptnahrung von antarktischen Pinguinen, Robben und Walen ist, können diese Tiere möglicherweise profi- tieren. Dr. Petra Sitte (DIE LINKE): Das Experiment LOHAFEX zu Effekten des Eiseneintrags auf maritime Ökosysteme und den Kohlenstoffkreislauf, aber auch die Debatte darüber sind schon jetzt ein Lehrstück. Wir kön- nen etwas lernen über das Verhältnis von Klima- und Umweltschutz, über die Beziehungen zwischen For- schung und Politik, die sich beide ihrer gesellschaftli- chen und ökologischen Verantwortung zu stellen haben, aber auch über klassisches Missmanagement der Bun- desregierung in einem sehr sensiblen Bereich deutscher Forschungs- und Umweltpolitik. Der Streit um LOHAFEX entzündete sich, als Um- weltverbände im Dezember vergangenen Jahres gegen die Durchführung des Experiments protestierten. Das Umweltministerium will erst im November 2008 – so die Aussage von Staatssekretär Müller – überhaupt da- von erfahren haben. Hier fragt man sich jedoch: Was ist da falsch gelaufen? Seit 2005 wird der Versuch vorberei- tet und hat einen langen Vorlauf inklusive Begutach- tungs- und Genehmigungsverfahren durch mehrere wis- senschaftliche Kommissionen. Auch Expertinnen und Experten des Umweltbundesamtes waren beteiligt. Im Jahr 2007 wurde die Kooperationsvereinbarung zwi- schen den beteiligten Instituten in Anwesenheit der Bun- deskanzlerin unterzeichnet. Und Ihnen, lieber Herr Um- weltminister Gabriel, fällt ein gutes Jahr später, zufällig im Vorwahlkampf, auf, dass LOHAFEX vielleicht Ihre Glaubwürdigkeit als Umweltschützer beeinträchtigen könnte? Und wieso haben Sie erst insistiert, als das Schiff bereits ausgelaufen war? Unverständlich ist jedoch auch, wieso das For- schungsministerium in einem so sensiblen Bereich nicht von selbst auf die Idee kommt, die Vereinbarkeit eines international angelegten Großprojektes mit Umwelt- schutzvereinbarungen wie der Bonner UN-Konvention zur Biodiversität vorab prüfen zu lassen. Unser Land k r G a u d d L E M r z n u s N g a h s h i F w r d Z s s d z s C w E Z d w t f B s l s F d g s r a ö s F D S (C (D ann es sich aus Sicht der Linken nicht leisten, die er- eichten Fortschritte bei der globalen Ablehnung von eo-Engineering durch eigene Nachlässigkeit und Un- ufmerksamkeit zu gefährden. Die am Experiment beteiligten Wissenschaftlerinnen nd Wissenschaftler selbst müssen zudem dafür sorgen, ass ihre Reputation nicht gefährdet wird. Und da sind ie früheren Äußerungen der Projektleitung von OHAFEX, die die Machbarkeit von flächendeckender isendüngung zum Zweck der CO2-Speicherung am eeresboden in Aussicht stellen, wenig hilfreich. Wäh- end die Leitung des Alfred-Wegener-Instituts in über- eugender Weise ihrer Verantwortung für Transparenz achkommt, sollten die durchführenden Forscherinnen nd Forscher bei der Erarbeitung ihres Forschungsde- igns ökologische und gesellschaftliche Folgen einer utzung des erarbeiteten Wissens mit bedenken. Dazu ehört etwa, dass die Auswirkungen des Eiseneintrags uf die sensiblen maritimen Ökosysteme in ihrer Ganz- eit auf weitere Tier- und Pflanzenarten im Meer unter- ucht werden. Auch Grundlagenforschung – und um die andelt es sich bei LOHAFEX – findet nicht in einem nteressenfreien Raum statt. Diese Interessen müssen orscherinnen und Forscher berücksichtigen. Die Debatte um das Experiment hat – das begrüßen ir – dazu geführt, dass die beteiligten Bundesministe- ien, aber auch die Fraktionen des Bundestages aus- rücklich ihre Ablehnung von Meeresdüngung zum weck der Klimagestaltung bekräftigen. Wir sind in die- em Hause gemeinsam der Auffassung, dass in Überein- timmung mit der Bonner Konvention zur Biodiversität, em Protokoll über die Verhütung der Meeresverschmut- ung der Londoner Konvention der Internationalen See- chifffahrtsorgansiation sowie dem Weltklimarat die O2-Abscheidung durch künstlich vermehrtes Algen- achstum kein nachhaltiger Weg zum Klimaschutz ist. rst recht muss eine kommerzielle Meeresdüngung zum weck des Zertifikatehandels international geächtet und ies durch verbindliche Regelwerke festgeschrieben erden. Die Ergebnisse von LOHAFEX können zur Legitima- ion dieser Ächtung einen entscheidenden Beitrag lie- ern. Auch aus diesem Grund steht nicht die rechtliche ewertung des Experiments für uns im Vordergrund, ondern die politische. LOHAFEX untersucht die Rolle des Eisens im Koh- enstoffkreislauf zwischen Ozean und Atmosphäre und tellt Daten für die Beantwortung mehrerer komplexer ragestellungen zur Verfügung. Das Experiment selbst ient dem besseren Verständnis des Wandels der ökolo- ischen und klimatischen Systeme. Diese Art der For- chung wird in den genannten internationalen Vereinba- ungen eindeutig begrüßt. Alle vorliegenden Gutachten, uch das des Bundesamtes für Naturschutz, belegen eine kologische Unbedenklichkeit dieses im kleinen Maß- tab stattfindenden Experiments. Für Die Linke hat die orschungsfreiheit, deren Ergebnisse einen aufklärenden iskurs zum Klimaschutz erst ermöglichen, einen hohen tellenwert. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 202. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. Januar 2009 21957 (A) ) (B) ) Abschließend noch ein Wort zu dem Antrag der Grü- nen: In Ihrem Antrag steht nichts Falsches, sondern viele zutreffende Feststellungen und allgemeine, aber nicht weniger richtige Forderungen. Deswegen werden wir auch zustimmen. Leider sind Sie doch ein wenig der Versuchung erlegen, schnell mit einem fertigen Produkt auf der Wahlkampfbühne aufzutreten, anstatt den Ver- lauf der Debatte und die verschiedenen Gutachten abzu- warten. Dass Sie sich nun innerfraktionell in der Ein- schätzung von LOHAFEX doch nicht mehr einig sind, zeigt einmal mehr, dass allen Seiten weniger Profilie- rung und mehr Verständigung über die gemeinsam zu er- reichenden Ziele in Forschungs- wie Umweltpolitik gut- getan hätte. Undine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Noch zum Abschluss der 9. Vertragsstaaten- konferenz des Übereinkommens über die biologische Vielfalt vor nicht einmal acht Monaten in Bonn hat der Vorsitzende dieser Vertragsstaatenkonferenz, Bun- desumweltminister Sigmar Gabriel, den Aufbruch hin zum Schutz der biologischen Vielfalt prophezeit. Dass der Meeresschutz endlich eine wichtigere Rolle spielen sollte, wurde besonders hervorgehoben. Als eines dieser Aufbruchsignale wurde die klare Stellungnahme der Vertragsstaaten gegen „Aktivitäten zur künstlichen Düngung von Meeresgebieten mit dem Ziel der CO2-Bindung“ gewertet. Der Grund sei – so der Minister in seiner Pressemitteilung –, dass Wissenschaft- ler starke negative Auswirkungen auf die Meeresumwelt befürchteten, und viele Wissenschaftler bezweifeln auch den vermuteten positiven Effekt künstlicher Düngung auf das Klima. Insofern waren alle, die Fragen des Bio- diversitätsschutzes ernst nehmen, mehr als verwundert, als sie erfuhren, dass das Bundesforschungsministerium in diesen Tagen ein Forschungsexperiment zur Ozean- düngung genehmigt hatte. Ich zolle dem Bundesumwelt- minister Respekt, dass er sich diesem Vorhaben entge- gengestellt hat. Aus Sicht der Umweltpolitiker meiner Fraktion ver- stößt dieses Experiment eindeutig gegen den politischen Willen, den die Bundesregierung mit ihrer Unterschrift unter das Moratorium geäußert hat. Dass uns nun von der Bundesforschungsministerin beauftragte Juristen er- klären, dass dieses Moratorium rechtlich nicht bindend sei, weil nicht in nationales Recht umgesetzt – das sind Winkelzüge, die Advokaten alle Ehre machen, die aber nichts daran ändern, dass die Bundesregierung auf der Vertragsstaatenkonferenz anders gesprochen hat, als sie jetzt handelt. Und das ist ein Skandal. Wir Umweltpolitiker sind der Überzeugung, dass bei weitem nicht alle Bedenken gegen das LOHAFEX-Ex- periment des Alfred-Wegener-Instituts in Bezug auf die biologische Vielfalt und die Intaktheit der marinen Öko- systeme ausgeräumt sind. Das Bundesumweltamt für Naturschutz hat festgehalten, dass die Risikobewertung lückenhaft ist und das Experiment dem CBD-Beschluss zur Ozeandüngung widerspricht. Die politische Bot- schaft, die in die Welt geht, ist verheerend: Als derzei- tige CBD-Präsidentschaft unterwirft sich die Bundes- regierung nicht den von ihr mitgetragenen Beschlüssen d s d k d i f k f B Ü s r s u r C w M h t d f d d e ü m V r d w a s d u c m M d d i L n s V c l u g s m c r (C (D er CBD. Im Zweifelsfall also hat der Biodiversitäts- chutz hintanzustehen. Damit verliert Deutschland in iesem Bereich seine Vorbildwirkung und Glaubwürdig- eit. Die Freigabe des LOHAFEX-Experiments durch ie Bundesregierung ist ein Affront für die deutsche und nternationale Politik zum Erhalt der biologischen Viel- alt. Die Umweltpolitiker von Bündnis 90/Die Grünen be- ennen sich zur Konvention über die biologische Viel- alt. Forschung findet ihre Grenzen auch in den eschlüssen, Mandaten und Arbeitsaufträgen dieses bereinkommens. Der dramatische Verlust an biologi- cher Vielfalt stellt uns vor sehr komplexe Herausforde- ungen, die wir nur als internationale Staatengemein- chaft gemeinsam bewältigen können. Mit ihrer Haltung nd ihrer Argumentation konterkariert die Bundesregie- ung die Bemühungen zur konsequenten Umsetzung der BD-Beschlüsse auch auf anderen Gebieten. Das ist irklich und wahrhaftig ein Trauerspiel. Auf seiner Abschlussrede auf der COP 9 versicherte inister Gabriel: „Wir werden alles in unserer Kraft Ste- ende tun, damit die Entscheidungen der 9. Vertragsstaa- enkonferenz umfassend und rechtzeitig umgesetzt wer- en.“ Dieses Versprechen wurde nun gebrochen. Wir ordern die Bundesregierung auf, dafür Sorge zu tragen, ass zukünftig nur Forschungsprojekte gefördert wer- en, die die Beschlüsse der CBD konsequent einhalten. Krista Sager (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wenn ngagierte Klimaforscher und Umweltverbände sich ber ein Forschungsexperiment streiten, kann das nie- anden erfreuen, schon gar nicht aus grüner Sicht. Den orwurf, LOHAFEX verstoße gegen das CBD-Morato- ium über Eisendüngung, darf man in der Tat nicht auf ie leichte Schulter nehmen, denn dieses Abkommen ar ein großer Fortschritt, um Geo-Engineering mit un- bsehbaren Folgen und kommerzielle Projekte der Ei- endüngung international zu stoppen. Und es ist sehr gut, ass in dieser Debatte alle, auch die Forscher des AWI nd die verschiedenen politischen Parteien, unterstri- hen haben, dass sie an diesem Stopp festhalten wollen. Die CBD argumentiert aber auch gerade damit, dass an über die Wirkung von Eisen im Ökosystem der eere viel zu wenig weiß, und erlaubt deshalb aus- rücklich legitime Grundlagenforschung und formuliert afür Kriterien. Das Gleiche gilt übrigens auch für das nternationale Seerecht, die London Convention und das ondon Protocol. Grundlagenforschung wird auch hier icht verboten, sondern die Regeln über die Forschung ollen weiterentwickelt werden. Es wurden im Oktober orschriften für die Übergangszeit formuliert. Um gesi- herte Erkenntnisse in diesem Bereich zu erlangen, ist egitime Grundlagenforschung geradezu unumgänglich, nd es spricht alles dafür, dass diese lieber von unabhän- igen staatlichen Einrichtungen durchgeführt werden ollte als von privaten Interessengruppen. Es hat jetzt ein Peer-Review-Verfahren stattgefunden it verschiedenen naturwissenschaftlichen und rechtli- hen Gutachten unabhängiger wissenschaftlichen Ein- ichtungen und Institute. Die eingeholten Gutachten 21958 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 202. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. Januar 2009 (A) (C) (B) (D) kommen zu dem Ergebnis, dass die Risikobewertung durch das AWI und den indischen Partner bestätigt wird, das Experiment ökologisch unbedenklich sei und nicht gegen internationale Abkommen verstoße. Ich finde es ausgesprochen unbefriedigend, dass sich die Bundes- regierung nicht zu einer gemeinsamen Bewertung der Lage und der Gutachten hat durchringen können. Wäh- rend alle anderen Beteiligten deutlich gemacht haben, dass das CBD-Moratorium nicht infrage gestellt werden soll und Geo-Engineering nach wie vor abgelehnt wird, drängt sich der Eindruck auf, beide beteiligten Ministe- rien versuchen nun, aus dem Konflikt Wahlkampfmuni- tion zu sammeln. Die Regierung ist ein Beitrag zur Versachlichung der Diskussion schuldig geblieben. Dies wäre aber bitter nö- tig angesichts der Hausforderungen, vor denen wir beim Klima- und Umweltschutz stehen, zum Beispiel auch ge- rade in der Arktis. Deshalb kommt es darauf an, dass Klima- und Meeresforscherinnen und -forscher mit Um- weltverbänden den offenen Dialog intensivieren. Die Regierung hat mit eigenen Versäumnissen in der Kom- munikation zwischen Forschungs- und Umweltministe- rium die unglückliche Frontstellung um das Projekt LOHAFEX befördert. Bleibt zu hoffen, dass die Regie- rung hier ihrer Verantwortung in Zukunft eher und bes- ser gerecht wird. 202. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 29. Januar 2009 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7 Anlage 8 Anlage 9
Gesamtes Protokol
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620200000

Die Sitzung ist eröffnet.

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich
begrüße Sie alle herzlich.

Bevor wir in die Tagesordnung eintreten können,
müssen wir neue Mitglieder für den Verwaltungsrat und
die Vergabekommission der Filmförderungsanstalt
wählen.

Die Fraktion der CDU/CSU schlägt für den Verwal-
tungsrat den Kollegen Wolfgang Börnsen und die
Kollegin Dorothee Bär sowie die Kollegen Philipp
Mißfelder und Marco Wanderwitz als jeweilige Stell-
vertreter vor. Vonseiten der SPD-Fraktion ist die Kolle-
gin Monika Griefahn als ordentliches Mitglied und die
Kollegin Angelika Krüger-Leißner als ihre Stellvertre-
terin vorgesehen.

In der Vergabekommission soll der Deutsche Bundes-
tag durch die Kollegin Angelika Krüger-Leißner ver-
treten werden. Als stellvertretendes Mitglied ist von der
CDU/CSU-Fraktion die Kollegin Gitta Connemann be-
nannt worden.

Sind Sie mit diesen Vorschlägen einverstanden? – Das
ist offensichtlich der Fall. Dann sind die Kolleginnen

Z

Z

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Redet
und Kollegen in den Verwaltungsrat bzw. die Vergabe-
kommission der Filmförderungsanstalt gewählt.

Die Kollegin Kristina Köhler hat ihr Amt als Schrift-
führerin niedergelegt.


(Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)


– Das ist ebenso unverständlich wie bedauerlich. Immer-
hin gibt es einen Vorschlag für einen Nachfolger von der
CDU/CSU-Fraktion, nämlich den Kollegen Michael
Brand. Sind Sie auch damit einverstanden? – Das ist of-
fenkundig der Fall. Dann ist der Kollege Michael Brand
hiermit zum Schriftführer gewählt.

Interfraktionell ist vereinbart worden, di
dene Tagesordnung um die in der Zusatzpun
geführten Punkte zu erweitern:

(C (D ung n 29. Januar 2009 0 Uhr P 1 Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Dreizehnter Bericht zur Entwicklungspolitik der Bundesregierung – Drucksache 16/10038 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Auswärtiger Ausschuss Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Ausschuss für Tourismus Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Haushaltsausschuss P 2 Beratung des Antrags der Abgeordneten Klaus Ernst, Dr. Lothar Bisky, Dr. Martina Bunge, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Sozialen Absturz von Erwerbslosen vermeiden – Vermögensfreigrenzen im SGB II anheben – Drucksache 16/11748 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Arbeit und Soziales Haushaltsausschuss P 3 Weitere Überweisungen im vereinfachten Verfahren ext a)


(Ergänzung zu TOP 28)

Dr. Volker Wissing, Dr. Hermann Otto Solms,
Carl-Ludwig Thiele, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der FDP

Steuervollzug effektiver machen
– Drucksache 16/11734 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss

b) Beratung der Unterrichtung durch die Bun-
desregierung

cht der Bundesregierung zur Auswär-
Kulturpolitik 2007/2008
cksache 16/10962 –
e verbun-
ktliste auf-

Beri
tigen
– Dru






(A) )



(B) )


Präsident Dr. Norbert Lammert
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)

Sportausschuss
Ausschuss für Tourismus
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Ausschuss für Kultur und Medien

ZP 4 Beratung des Antrags der Abgeordneten Sibylle
Laurischk, Uwe Barth, Cornelia Pieper, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Lebensleistung von Migrantinnen und Mi-
granten würdigen – Anerkennungsverfahren
von Bildungsabschlüssen verbessern
– Drucksache 16/11418 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

ZP 5 Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten
Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung erst-
instanzlicher Zuständigkeiten des Oberlandes-
gerichts in aktienrechtlichen Streitigkeiten
– Drucksache 16/9020 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss

ZP 6 Beratung des Antrags der Abgeordneten Manuel
Sarrazin, Jürgen Trittin, Rainder Steenblock, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Europäische Arbeitszeitrichtlinie – Hohen Ar-
beitnehmerschutz EU-weit sicherstellen
– Drucksache 16/11758 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

ZP 7 Beratung des Antrags der Abgeordneten Irmingard
Schewe-Gerigk, Peter Hettlich, Dr. Thea Dückert,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Versorgung für Geschiedene aus den neuen
Bundesländern verbessern
– Drucksache 16/11684 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Haushaltsausschuss

ZP 8 Beratung des Antrags der Abgeordneten Undine
Kurth (Quedlinburg), Bärbel Höhn, Krista Sager,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Experimente zur Meeresdüngung dürfen ma-
rine Ökosysteme nicht belasten
– Drucksache 16/11760 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)


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(C (D Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Auswärtiger Ausschuss Rechtsausschuss Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Federführung strittig P 9 Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/ CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes – Drucksache 16/11741 – Überweisungsvorschlag: Finanzausschuss Innenausschuss Haushaltsausschuss mitberatend und gemäß § 96 GO P 10 Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/ CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung der Kraftfahrzeugsteuer und Änderung anderer Gesetze – Drucksache 16/11742 – Überweisungsvorschlag: Finanzausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Haushaltsausschuss mitberatend und gemäß § 96 GO P 11 Beratung des Antrags der Abgeordneten Jürgen Koppelin, Ulrike Flach, Otto Fricke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Schulden des Bundes durch das Konjunkturpaket II vollständig im Bundeshaushalt etatisieren – Kein Sondervermögen Investitionsund Tilgungsfonds – Drucksache 16/11743 – Überweisungsvorschlag: Haushaltsausschuss P 12 Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Barbara Höll, Dr. Gesine Lötzsch, Roland Claus, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Großbanken vergesellschaften – Drucksache 16/11747 – Überweisungsvorschlag: Finanzausschuss Rechtsausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Haushaltsausschuss P 13 Beratung des Antrags der Abgeordneten Jürgen Trittin, Winfried Nachtwei, Kerstin Müller weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Zeit für Abrüstung und Rüstungskontrolle ist reif – Deutschland muss einen führenden Beitrag dazu leisten – Drucksache 16/11757 – P 14 Beratung des Antrags der Abgeordneten Volker Beck Bonde, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Präsident Dr. Norbert Lammert Aufnahme von Gefangenen aus Guantánamo Bay ermöglichen – Drucksache 16/11759 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Innenausschuss Auswärtiger Ausschuss Federführung strittig Von der Frist für den Beginn der Beratungen soll, soweit erforderlich, abgewichen werden. Der bisher zur Beratung vorgesehene Tagesordnungspunkt 14 kann ohne Debatte abgeschlossen werden. Hierdurch rücken die nachfolgenden Tagesordnungspunkte 16 und 18 der Koalitionsfraktionen entsprechend vor. Der Tagesordnungspunkt 27 soll abgesetzt werden. Schließlich mache ich noch auf zwei nachträgliche Ausschussüberweisungen im Anhang zur Zusatzpunktliste aufmerksam: Der in der 183. Sitzung des Deutschen Bundestages überwiesene nachfolgende Gesetzentwurf soll zusätzlich dem Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend werden. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über genetische Untersuchungen bei Menschen (Gendiagnostikgesetz – GenDG)


(Artikel 106, 106 b, 107, 108)





(A) )


(B) )


– Drucksachen 16/10532, 16/10582 –
überwiesen:
Ausschuss für Gesundheit (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung

Der in der 199. Sitzung des Deutschen Bundestages
überwiesene nachfolgende Antrag soll zusätzlich dem
Innenausschuss (4. Ausschuss) zur Mitberatung über-
wiesen werden.

Beratung des Antrags der Abgeordneten Volker
Beck (Köln), Kerstin Andreae, Birgitt Bender,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Rehabilitierung und Entschädigung der nach
1945 in Deutschland wegen homosexueller
Handlungen Verurteilten

– Drucksache 16/11440 –
überwiesen:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe

Ich darf offensichtlich auch zu diesen Mitteilungen
Ihr Einverständnis feststellen.

Wir kommen nun zum Tagesordnungspunkt 3 sowie
Zusatzpunkt 1:

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(C (D 3 Abgabe einer Regierungserklärung durch die Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zum Stand der Millenniumsentwicklungsziele 2015 und zu den Auswirkungen der Finanzund Wirtschaftskrise auf die Entwicklungsländer P 1 Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Dreizehnter Bericht zur Entwicklungspolitik der Bundesregierung – Drucksache 16/10038 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Auswärtiger Ausschuss Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Ausschuss für Tourismus Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Haushaltsausschuss Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für ie Aussprache im Anschluss an die Regierungserkläung eineinhalb Stunden vorgesehen. – Auch hierzu gibt s offenkundig Einvernehmen. Das Wort zur Abgabe einer Regierungserklärung erält nun die Bundesministerin für wirtschaftliche Zuammenarbeit und Entwicklung, Frau Wieczorek-Zeul. itte schön. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministerin für
irtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung:
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor

enau zwei Wochen hat UNICEF die neuesten Statisti-
en zur weltweiten Müttersterblichkeit vorgelegt. Pro
ag enden weltweit mindestens 1 500 Geburten für die
ütter mit dem Tod. Jede Minute stirbt weltweit eine

rau an den Folgen einer Schwangerschaft oder direkt
ei der Geburt eines Kindes. Keines der globalen
enschheitsziele droht auf so tragische Weise verfehlt

u werden wie die Verbesserung der Gesundheit von
üttern und Neugeborenen.

Ich will einfach nicht glauben – ich denke, das kann
ch für uns alle sagen –, dass zur Rettung dieser Mütter
nd Kinder, zur Rettung der ärmsten Milliarde dieses
laneten, keine beherzte, kluge Intervention möglich
ein soll, die diese Leiden und Opfer verhindert.


(Beifall im ganzen Hause)


Die Millenniumsentwicklungsziele dienen uns als
ompass auf dem Weg zu einer gerechteren Globalisie-

ung. Bereits vor 30 Jahren hat die Nord-Süd-Kommis-
ion unter Willy Brandt eine neue, gerechtere Gestaltung
er Welt gefordert. Zu Beginn dieses Jahrhunderts hat
ie Weltgemeinschaft diesen Gedanken endlich konkre-
isiert. Mit den Millenniumsentwicklungszielen der Ver-






(A) )



(B) )


Bundesministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul
einten Nationen sind acht Gebote einer gerechten Glo-
balisierung beschlossen worden, und es sind erstmals
Größen- und Zielvorgaben verbindlich gemacht worden.

Die Weltgemeinschaft hat erstens beschlossen, bis
2015 den Anteil der Menschen, die in absoluter Armut
leben, zu halbieren. Es hat in den letzten Jahren deutli-
che Fortschritte dabei gegeben. Wir dürfen aber auch
nicht vergessen: Die Krisen des letzten Jahres haben
über 100 Millionen Menschen wieder in Not und Elend
zurückgeworfen.

Wir haben im Rahmen der Millenniumsziele zweitens
beschlossen, bis 2015 für alle Kinder die allgemeine Pri-
marschulbildung zu verwirklichen. Heute besuchen
weltweit 83 Prozent der Kinder eine Grundschule. Seit
2001 wurden in den Entwicklungsländern auch Dank der
Entschuldungsinitiativen, die wir mit vorangebracht ha-
ben, 34 Millionen Kinder zusätzlich eingeschult. Das ist
ein Riesenfortschritt für sie, für ihre Länder und für uns
alle. Aber leider ist es so, dass immer noch 75 Millionen
Kinder weltweit keinen Primarunterricht haben. Auch
hier ist weiteres Handeln dringend notwendig.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Wir haben drittens beschlossen, bis 2015 die Gleich-
stellung der Geschlechter – damit ist besonders die Stär-
kung der Rolle der Frau gemeint – voranzutreiben. In
vielen Ländern sind Fortschritte greifbar. Das Land mit
dem höchsten Frauenanteil im Parlament ist mittlerweile
Ruanda mit 50 Prozent.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Das ist ein deutliches Zeichen. Auch bei der Bildung für
Mädchen sind wir vorangekommen. Aber nach wie vor
sind 70 Prozent der Menschen, die weltweit in Armut
leben, Frauen. Dabei heißt Entwicklung voranzubringen
– wer wüsste dies besser als Sie, die Sie sich in diesem
Bereich engagieren? –, doch vor allem die Frauen zu
stärken. Auch hier bleibt viel zu tun. Wir werden weiter
dranbleiben.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Wir haben weiterhin beschlossen, dass insbesondere
die Kindersterblichkeit zurückgedrängt werden muss,
die Gesundheit von Müttern und Kindern verbessert
werden muss, die Ausbreitung von Pandemien wie HIV/
Aids, Tuberkulose und Malaria zum Stillstand gebracht
werden muss, dem Raubbau an unserem Planeten Ein-
halt geboten werden muss, der Zugang zu lebenswichti-
gen Ressourcen für alle Menschen sichergestellt werden
muss sowie die Entwicklung als eine internationale Ge-
meinschaftsaufgabe verstanden und umgesetzt werden
muss.

Um diese Ziele zu erreichen, hat sich die Bundesregie-
rung mit anderen Industrieländern und mit den Entwick-
lungsländern auf gemeinsame internationale Vereinba-
rungen verständigt. Wir haben diese Politik maßgeblich
mitgestaltet. Ich möchte an vier Beispielen kurz darstel-
len, was erreicht worden ist, was möglich ist und zu was
wir uns verpflichtet haben.

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(C (D Erstens. Stichwort „Entwicklungsfinanzierung“. Wir tehen zu den Verpflichtungen von Gleneagles der G-8taaten. Wir stehen zum Stufenplan der Europäischen nion, bis 2010 0,51 Prozent und bis 2015 0,7 Prozent nseres Bruttonationalproduktes für Entwicklung auszueben. Wir wissen: Zur Umsetzung der Millenniumsenticklungsziele sind innovative Finanzierungsinstruente unverzichtbar. (Ute Koczy [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo sind die denn?)


ie Bundesregierung hat Einnahmen aus dem Emis-
ionshandel bereits in den Haushalten 2008 und 2009 für
nternationalen Klimaschutz bereitgestellt. Dieses Enga-
ement wird noch ausgebaut.

Zweitens. Die Bundesregierung mobilisiert – auch
as ist wichtig – in den Haushalten von BMU und unse-
em Ministerium mehr als 1 Milliarde Euro für Vorhaben
um Ausbau erneuerbarer Energien und für Energieeffi-
ienz in den Partnerländern. Diese Woche hat IRENA,
ie Internationale Agentur zur Förderung der Erneuerba-
en Energien, eine Konferenz in Bonn durchgeführt.
16 Länder haben daran teilgenommen; 75 Länder ha-
en die Statuten unterzeichnet und werden sich personell
nd finanziell beteiligen. Sie haben damit ein Signal ge-
etzt, dass die Welt aus Friedensgesichtspunkten, aus
nergiegesichtspunkten und aus Klimagesichtspunkten
uf erneuerbare Energien setzen will. Wir können nur
offen, dass sich auch Länder wie China, Indien und die
SA, die zwar vertreten waren, aber noch nicht Mitglied

ind, anschließen werden. Das ist eine ganz wichtige Ini-
iative.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Drittens: die Bereiche Gesundheit und Bildung. Al-
ein durch die Arbeit des Globalen Fonds zur Bekämp-
ung von HIV/Aids, Tuberkulose und Malaria ist es ge-
ungen, 3 Millionen Menschenleben zu retten.

Viertens. Im Bereich der Armutsbekämpfung haben
ir mit dem Ausbau der Mikrofinanzinstrumente allein
ber die deutsche Zusammenarbeit mehr als 50 Millio-
en Menschen erreicht – vor allen Dingen Frauen, die
uf diese Art und Weise ihre eigene Existenz aufbauen
nd Eigenständigkeit entwickeln konnten. Das wollen
ir fortsetzen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Zieht man ein Fazit, kann man mit einer gewissen Be-
echtigung sagen, dass die Staaten jeder Weltregion in
en Jahren seit der Verabschiedung der Millenniumser-
lärung und der Millenniumsentwicklungsziele wichtige
ortschritte gemacht haben. Aber das ist nur die eine
eite der Medaille. Vor allen Dingen bezogen auf Afrika

st noch viel zu tun.

Eine aktuelle Gefährdung der Umsetzung der Millen-
iumsentwicklungsziele sehe ich vor allem angesichts
er gegenwärtigen Krisen: der Finanzkrise und der
chlimmer werdenden Ernährungskrise bzw. der stei-
enden Preise für Nahrungsmittel. Bereits heute hungern






(A) )



(B) )


Bundesministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul
wieder 1 Milliarde Menschen. Es besteht die große Ge-
fahr, dass sich die wirtschaftliche Krise auf einem Konti-
nent wie Afrika zu einer humanitären Katastrophe mit
Tausenden von Hungernden und Tausenden von Toten
entwickelt. Deshalb müssen wir handeln. Deshalb ist es
unsere Verpflichtung, in diesem Bereich nicht nachzu-
lassen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


IWF und Weltbank haben unlängst ihre Wachstums-
prognosen für die Entwicklungsländer drastisch nach un-
ten korrigiert. Wir sollten uns erinnern – es ist drama-
tisch –: 1 Prozentpunkt weniger Wachstum in diesen
Ländern bedeutet, dass 20 Millionen Menschen wieder
in die Armut gedrängt werden. Direktinvestitionen in
den Entwicklungsländern bleiben aus. Die Steuereinnah-
men gehen zurück, und die Exportchancen werden ge-
ringer. Die Infrastruktur ist gefährdet. Projekte für den
Bau von Krankenstationen und Bewässerungsprojekte
bleiben dann Reißbrettprojekte. Keine Hilfen, das be-
deutet für immer mehr Menschen: kein Schulbesuch,
keine ärztliche Betreuung bei der Geburt, keine Hebam-
men, kein Entkommen aus der Armutsfalle.

Uns allen möchte ich sagen: Die Wucht des System-
versagens trifft die schwächsten Staaten und die
schwächsten Menschen am härtesten. Diese Menschen
sind keine Aktienbesitzer. Sie zahlen für den Kollaps an
den Börsen nicht in Geldwerten, sondern in der harten
Währung ihrer täglich bedrohten Existenz; das sollten
wir uns immer wieder in Erinnerung rufen.

In diesem Monat hat die Bundesregierung ihr zweites
Konjunkturpaket, den Pakt für Deutschland, verab-
schiedet. Das sind Investitionen in die Zukunft unseres
Landes, die wichtig und notwendig sind. Aus gleicher
Perspektive will ich an dieser Stelle betonen: Es ist
wichtig, den Infrastrukturfonds der Weltbank mit
100 Millionen Euro aus diesem Konjunkturpaket zu stüt-
zen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Damit werden bestehende Infrastrukturprojekte gesi-
chert und neue Investitionen in den Entwicklungsländern
ermöglicht. Das ist auch in unserem Interesse. IWF-Chef
Dominique Strauss-Kahn hat gesagt: Es ist doch eine
krude Logik, dass manche glauben, man könne exportie-
ren, wenn andere Länder arm würden. – Die Entwick-
lungsländer haben in den letzten Jahren weltweit Stabili-
tät gesichert. Dies war und ist in unserem Interesse. Wir
kommen nur gemeinsam aus der Krise heraus.

Zweiflern will ich sagen: Die Bundesrepublik
Deutschland hatte von allen OECD-Ländern die meisten
Anteile bei den Aufträgen der Weltbank. Insofern ist es
ein gemeinsames Interesse, aus dieser Krise herauszu-
kommen und die Mittel entsprechend einzusetzen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Nach meiner festen Überzeugung brauchen wir einen
neuen globalen Pakt für das 21. Jahrhundert, der fol-
gende acht Punkte umfasst:

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(C (D Erstens geht es um ein Konjunkturprogramm zugunsen der ärmsten Länder. Ich danke dem Bundespräsidenen, dass er bei seinem Neujahrsempfang einen entsprehenden Vorschlag für die Frühjahrstagungen von eltbank und internationalen Finanzinstitutionen geacht hat. Dringend notwendig sind Investitionen in die ereiche Landwirtschaft, Ernährungssicherung, Klima chutz, Infrastruktur, Bildung und Gesundheit. Diese onjunkturpolitisch notwendigen Initiativen sind aber uch unter dem Gesichtspunkt der Krisenbekämpfung eformpolitisch unverzichtbar. In diesem Zusammenhang weise ich darauf hin, dass ir auch mit arabischen Fonds zusammenarbeiten, die inanzmittel anbieten und auf unsere Beratung Wert leen, um in den afrikanischen Ländern Investitionen in ie Landwirtschaft voranzubringen. Für diese dringend enötigten finanziellen Impulse ist eine Zusammenarbeit ller erforderlich. Bei der Weltbank haben wir nicht zuletzt dank des ngagements von Weltbankpräsident Zoellick zusätzlihe Mittel mobilisiert. Einen Punkt greife ich hier besoners heraus: Wir alle loben die Institutionen, die Mikroinanzierung anbieten; aber die wenigsten wissen, dass ieses Instrument ebenfalls von der Finanzkrise betrofen und bedroht ist. Deshalb ist es eine der wichtigsten ufgaben, diese Institutionen intakt zu halten; ansonsten räche vieles weg, was den Menschen Perspektiven und inkommenschancen geschaffen hat. Auch hier stehen ir also vor einer ganz wichtigen Aufgabe, die wir geeinsam lösen müssen. Zweitens geht es um die Umsetzung des, wie ich es enne, grünen New Deal. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie Sie das nennen?)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


ch habe vorhin von IRENA gesprochen. Entwicklungs-
olitik und Klimaschutz müssen Hand in Hand vorge-
en. Hier geht es vor allen Dingen um globale Gerech-
igkeit: Diejenigen, die für den Klimawandel nicht
erantwortlich sind, werden davon am härtesten getrof-
en. Deshalb ist es notwendig, dass wir mit dem Instru-
ent des Emissionshandels, bei dem wir in Deutschland
orreiter sind, auch mit Blick auf die Kopenhagener Kli-
akonferenz Impulse setzen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Drittens müssen wir die WTO-Runde abschließen. Je-
er sagt, die Krise dürfe nicht zu Protektionismus füh-
en.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Darüber sprechen Sie doch mal mit Frau Aigner!)


ber in Wahrheit muss das, was die Europäische Union
chon verwirklicht hat, nämlich den ärmsten Ländern
ngehinderten Zugang zu den Märkten zu ermöglichen,
rst noch auf weitere Mitgliedstaaten der WTO ausge-






(A) )



(B) )


Bundesministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul
dehnt werden. Ich persönlich unterstütze nachdrücklich
den Vorschlag von WTO-Generaldirektor Lamy, im
Rahmen der Doha-Entwicklungsrunde den Marktzugang
für die ärmsten Entwicklungsländer und Regelungen
zum Beispiel bei der Baumwolle vorzuziehen. Liebe
Kolleginnen und Kollegen, es ist eine Katastrophe, dass
die afrikanischen Länder hier immer noch unter hohen
Subventionen der USA leiden müssen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Ute Koczy [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und was ist mit Zucker? Was ist mit europäischem Tomatenmark?)


Viertens geht es um die Förderung von Frauen. Wenn
Frauen in Entwicklungsländern bezahlter Arbeit nachge-
hen, dann tun sie es mehrheitlich in exportorientierten
Sektoren. Die Finanz- und Wirtschaftskrise trifft diese
Sektoren ganz besonders. Deshalb sind die von mir
schon erwähnten Mikrofinanzinstrumente und die ein-
fachsten sozialen Sicherungssysteme, die Walter Riester
uns für die Entwicklungsländer sehr präzise skizziert
hat, auszubauen. Eine weitere wichtige Voraussetzung
ist hier, den Frauen den Zugang zur Familienplanung zu
geben.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Fünftens. Wir müssen die Zivilgesellschaft einbezie-
hen. Wir brauchen – und darum bemühen wir uns be-
reits – eine bessere Arbeitsteilung zwischen den ver-
schiedenen Gebern, damit den Entwicklungsländern der
maximale Nutzen aus den Finanzmitteln zugutekommt.
Das heißt nicht zuletzt: mehr Mitsprache von Bürgern
und Bürgerinnen in den Entwicklungsländern, also mehr
Demokratie. Die Zivilgesellschaft muss diesen globalen
Pakt mitgestalten. Nur so kann er gelingen.

Sechstens. Wir müssen die Finanzierung sicherstellen
und unsere Verpflichtung zur Steigerung der Mittel für
Entwicklungszusammenarbeit erfüllen. Wir stehen – das
habe ich vorhin schon deutlich gemacht – zu dem Stu-
fenplan zur Steigerung der Mittel. Wir hoffen in diesem
Zusammenhang auch auf die angekündigte Initiative der
amerikanischen Regierung.


(Ute Koczy [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die tut mehr als Deutschland! Das ist wahr!)


Ich will an dieser Stelle fragen: Wie wollten die Indus-
triestaaten den armen Ländern erklären, dass sie ihren
Finanzanteil hinsichtlich der globalen Entwicklung nicht
stemmen können, wenn gleichzeitig drei- bis vierstellige
Milliardenbeträge mobilisiert werden können, um den
Finanz- und Bankensektor zu retten? Dass hier eine Ver-
pflichtung existiert, ist völlig klar.

Es gilt vielmehr, diese Krise zu nutzen, zum Beispiel
um ein neues, globales Regelwerk zu erstellen, damit die
bisher durch Kapitalflucht und Steueroasen verloren ge-
gangenen Steuermilliarden endlich sinnvoll und gerecht
eingesetzt werden können: für eine weltweit nachhaltige
Entwicklung im Sinne der skizzierten Ziele.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


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(C (D Siebtens. Wir brauchen neue Regeln für die Weltfianzmärkte. Diese Aufgabe hat der Kollege Steinbrück ehr energisch angepackt. Auch für die Entwicklungsänder ist ein verlässlicher Ordnungsrahmen von zentraer Bedeutung. Wir brauchen globale Regeln, die dem ngezügelten Kapitalismus ein Ende setzen. Wir brauhen globale Regeln, die für mehr Transparenz, mehr teuerungsfähigkeit und mehr Stabilität sorgen. Es darf eine aufsichtsfreien Räume geben. Auch deswegen üssen wir dazu beitragen, dass die in der Doha-Erklä ung Anfang Dezember 2008 vereinbarte UN-Konferenz u den Auswirkungen der Finanzkrise auf die Entwickungsländer ein Erfolg wird. Achtens und letztens: Wir müssen gerechte und handungsfähige Institutionen schaffen. Die globale Welt raucht globale Verantwortlichkeit, Global Governance, ie alle Aspekte der wirtschaftlichen, sozialen und ökoogischen Entwicklungen und Entscheidungen zusam en betrachtet und bewertet. Die G-8-Staaten können as nicht allein. Die Treffen der G 20 bedeuten zwar eien Fortschritt; aber diese Staaten repräsentieren natürich nicht, wie die Entwicklungsländer sagen, die G 192, lso alle Länder dieser Welt. Deshalb gewinnt aus meiner Sicht die Forderung nach inem UN-Sicherheitsrat für wirtschaftliche, soziale nd ökologische Entwicklung an Bedeutung. Diese orderung steht im Grundsatzprogramm der SPD. (Ute Koczy [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha!)


uch die Bundeskanzlerin hat die Forderung nach einem
eltwirtschaftsrat in den letzten Wochen und Monaten

n mehreren Reden erhoben. Ich unterstütze diesen Vor-
chlag nachdrücklich. Worum geht es? In dieser UN-In-
titution wären alle Regionen hochrangig vertreten,
benso die internationalen Finanzinstitutionen und die

TO. Wir brauchen einen Prozess der Gestaltung, der
lle einbezieht, aber trotzdem Handlungsfähigkeit si-
herstellt. Deshalb möchte ich diesen Vorschlag auch in
iese Diskussion einbringen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die globalen Verän-
erungsprozesse haben – ich habe es angesprochen, wir
püren es alle – durch den amerikanischen Präsidenten
bama neuen Schwung erhalten. Greifen wir die Per-

pektiven, die er aufgezeigt hat, auf: Setzen wir, wie er
s formuliert hat, weltweit Hoffnung über Furcht, unsere
emeinsame Willenskraft über Streit und Zwietracht,
nd sagen wir denjenigen, die ihre Völker noch immer
nterdrücken, die Freiheit und Menschenrechte missach-
en und nur ihr eigenes Fortkommen verfolgen, wie etwa

ugabe in Simbabwe: Auch ihr werdet fallen, auch eure
ölker werden die Freiheit gewinnen. Wir engagieren
ns bei der Verfolgung dieses Ziels.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


arack Obama hat, wie ich finde, noch etwas sehr deut-
ich ausgedrückt – ich zitiere ihn –: Die Menschen in eu-
en Ländern werden euch daran messen, was ihr aufbaut,
icht, was ihr zerstört.






(A) )



(B) )


Bundesministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul
Ich freue mich, dass heute Vertreter und Vertreterin-
nen aus dem Bereich der Durchführungsorganisationen
der Entwicklungszusammenarbeit, des zivilen Friedens-
dienstes und des entwicklungspolitischen Freiwilligen-
dienstes „weltwärts“ auf der Tribüne anwesend sind. Ich
begrüße Sie sehr herzlich. Sie leisten eine ganz wichtige
Arbeit für eine gerechtere Welt.


(Beifall)


Ich möchte an dieser Stelle allen danken, die sich für
eine gerechte, solidarische Gestaltung unserer Welt und
für die Verwirklichung der Menschenrechte engagieren:
den Entwicklungshelfern aus GTZ und KfW, DED und
Inwent, den vielen Expertinnen und Experten in den
Nichtregierungsorganisationen, den Soldatinnen und
Soldaten, die dazu beitragen, dass in vielen Regionen der
Wiederaufbau eine Chance hat und Gewalt zurückge-
drängt wird, den vielen lokalen Initiativen in Stadt und
Land, den Kirchen und den Teilnehmern und Teilnehme-
rinnen des zivilen Friedensdienstes sowie den jungen
Menschen, die im Rahmen von „weltwärts“ ihren ent-
wicklungspolitischen Freiwilligendienst – in diesem Jahr
sind es 2 200 Jugendliche – leisten.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sie alle tragen dazu bei, die Hoffnung über die Furcht zu
setzen und die Welt gerechter zu machen.

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620200100

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem

Kollegen Hellmut Königshaus für die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Hellmut Königshaus (FDP):
Rede ID: ID1620200200

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe

Frau Ministerin, keine Zwietracht – da haben Sie recht –,
aber ein bisschen Streit muss schon sein, insbesondere
da wir jetzt hier über das Weißbuch sprechen wollen,
das – das muss man sagen – aufgrund der jüngsten Ent-
wicklungen ein Schönwetterbericht vom letzten Sommer
ist. Es hat mit der aktuellen Krise nichts mehr zu tun.
Die Rahmendaten haben sich komplett verändert. Dazu
haben wir von Ihnen gerade nichts Neues gehört.


(Beifall bei der FDP)


Es wäre richtig gewesen, Frau Ministerin, dieses Weiß-
buch zurückzuziehen und den tatsächlichen Gegebenhei-
ten anzupassen.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Wo sieht denn die Bundesregierung jetzt beispielsweise
weltweit steigenden Wohlstand und weltweit steigende
Unternehmensgewinne, von denen der Bericht schon in
der Einleitung ausgeht? Das klingt doch heute wie Sa-
tire.

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(C (D (Beifall bei der FDP – Widerspruch bei Abgeordneten der SPD)


Es geht zunächst um eine klare Analyse; dann können
ir an die Korrektur gehen. Wir haben hier aber nur eine
ustandsbeschreibung und keine Analyse gehört. Wir
lle wurden von dieser Krise überrascht; das will ich
erne einräumen. Ich glaube, mehr als die Ministerin
ben hat gestern unser Präsident, Dr. Lammert, zur Ursa-
henforschung beigetragen, als er uns in der Französi-
chen Friedrichstadtkirche eine kleine Geschichte, ein
leichnis, erzählt hat. Mit seiner Genehmigung möchte

ch Ihnen das gerne vortragen, weil es einige Ursachen
ffenlegt.

Er hat erzählt – das wird die Herren mit den Heu-
chrecken freuen –, ein Investmentbanker sei zum Him-
elstor gekommen, wurde aber abgewiesen mit der Be-

ründung: Die Abteilung für solche Personen sei
hnehin sehr klein und jetzt überfüllt. Darüber war der
anker sehr betrübt und sinnierte, wie er das ändern
ann. Er bat Petrus, doch wenigstens einen kleinen Gruß
n die Kollegen hineinrufen zu dürfen. Das wurde ihm
rlaubt, und er rief: In der Hölle wurde Öl gefunden. Da-
aufhin sprangen alle reflexartig auf und zogen in die
ölle. Petrus war sehr überrascht und sagte mit einigem
ögern: Gut, jetzt ist Platz, jetzt kannst du reingehen.
er Banker antwortete ihm: Wenn der gesamte Markt
avon überzeugt ist, dass in der Hölle Öl gefunden
urde, dann muss ich mitgehen. Dann ging auch er in
ie Hölle.

Das sind die Mechanismen, die zeigen, wie so etwas
unktioniert. Darauf müssen wir eingehen.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir möchten die Geschichte noch einmal von Herrn Lammert hören!)


Wie bitte?


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Wir haben es schon besser gehört!)


Ja, wenn Sie gestern da waren. Unser Präsident ist un-
chlagbar in der Darstellung solcher Zusammenhänge.
a kann ich nicht mithalten; das würde ich auch nie ver-

uchen.


(Beifall bei der FDP)


Frau Ministerin Wieczorek-Zeul, Sie haben gerade
avon gesprochen, dass ein weltweites Regelwerk ge-
chaffen werden soll. Wie wollen Sie das angesichts die-
er geradezu menschlichen Eigenschaften, die Staaten
ie Institutionen antreiben, erreichen? Etwa, indem Sie
nsere potenziellen Partner dauernd mit starken Worten
erunsichern, wie es unser Bundesfinanzminister macht?
o doch sicherlich nicht. Wenn wir die Leute, die wir für
ine Veränderung brauchen, vor den Kopf stoßen, wer-
en sie nicht auf uns eingehen.

Meine Damen und Herren, die Entwicklungspolitik
uss auf Fakten reagieren und darf nicht nur auf Stim-
ungen basieren.


(Beifall bei der FDP)







(A) )



(B) )


Hellmut Königshaus
Deshalb wird die FDP alles tun, was hilft, eine humani-
täre Katastrophe nicht nur in Afrika, sondern auch in an-
deren Ländern zu verhindern. Es nützt aber nichts, wenn
man, ohne konkrete Ursachen zu beschreiben und ohne
auf sie einzugehen, einfach immer nur mehr Geld zur
Verfügung stellt.

Aus den Mitteln des Konjunkturpaketes II sollen nun
auf einmal insgesamt 100 Millionen Euro für einen
Fonds der Weltbank herausgebrochen werden. Frau
Ministerin Wieczorek-Zeul, Herr Minister Steinbrück,
was hat das mit Stärkung der Binnenkonjunktur zu tun?
Ich weiß, dass auch weltweit die Krise zu bekämpfen ist.
Sie müssen allerdings die Grundsätze der Haushalts-
wahrheit und Haushaltsklarheit beachten.


(Beifall des Abg. Jürgen Koppelin [FDP])


Die Mittel des Konjunkturpaketes II sind für die Stär-
kung der deutschen Binnenkonjunktur vorgesehen, nicht
dafür, dass, ähnlich wie im Hinblick auf die Autoindus-
trie bereits geschehen, andere Industrienationen geför-
dert werden. Das würden wir auch der Öffentlichkeit
nicht erklären können. Mein Kollege Koppelin wird auf
diese Thematik noch eingehen.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da sind wir aber gespannt! Mal sehen, ob der das besser kann als Sie!)


Frau Ministerin, Sie haben deutlich gemacht, dass Sie
der Weltbank Geld zur Verfügung stellen wollen, weil
sie viel Gutes tue. Gestern haben wir im Ausschuss eine
Anhörung durchgeführt. Dort wurde uns ganz klar ge-
sagt, dass die Weltbank gar nicht in der Lage sei, ihre
Aufgaben wirklich zu erfüllen. Es hieß, sie sei viel zu
groß angelegt und könne nur Großprojekte durchführen,
die langfristig wirken. Durch solche Großprojekte kann
die gegenwärtige akute Krise aber nicht bewältigt wer-
den. Gleichwohl wollen Sie der Weltbank Geld zur Ver-
fügung stellen. Das halten wir für falsch, insbesondere
auch deshalb, weil die Weltbank dieses Geld für alle
möglichen Maßnahmen verwenden könnte. Wofür sie es
im konkreten Fall verwenden wird, wissen aber weder
Sie noch wir. Deshalb lehnen wir das ab.


(Ute Koczy [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist Quatsch, was Sie da sagen! Das ist rückständig! Das ist rückschrittlich!)


Was die Gründung der IRENA angeht, möchte ich
feststellen: Natürlich unterstützen auch wir einen ver-
nünftigen Mix bei der Energiegewinnung; das ist gar
keine Frage. Es gibt aber keinen Grund, besonders stolz
darauf zu sein, dass das Abkommen bereits von so vielen
Ländern unterzeichnet wurde. Wenn von vornherein
40 Prozent des Budgets übernommen werden, bevor die
ersten überhaupt eingetroffen sind, dann ist das ver-
gleichbar mit einem Kneipier, der sich darüber freut,
dass seine Kneipe voll ist, wenn er Freibier ausschenkt.
Das ist also keine große Überraschung.


(Hüseyin-Kenan Aydin [DIE LINKE]: Das ist doch Schwachsinn! – Gabriele Groneberg [SPD]: Nein! Das ist doch nicht wahr! Das ist eine vollkommene Fehleinschätzung von Ih s z a w W b m w D t v d d k G n e S l l l n s C E (C (D nen! – Ute Koczy [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie bitte? Also ehrlich! Die FDP ist doch kleinkariert! – Dr. Sascha Raabe [SPD]: Ist das hier eine Karnevalsveranstaltung oder eine Debatte?)


Wir haben die großen Schwellenländer immer unter-
tützt. Das tun wir auch weiterhin, wenngleich in Gren-
en. Kollege Ruck, die finanzielle Hilfe für China, nicht
ber für Indien und Südafrika, ist übrigens eingestellt
orden.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hat Herr Westerwelle das eigentlich auch schon begriffen?)


as die Hilfe zum Beispiel für Afghanistan oder Dschi-
uti angeht – auch dort leiden die Menschen –, muss
an aber feststellen: Hier passiert nichts bzw. nur sehr
enig. Auch diese Länder sind für uns sehr wichtig.
ort muss mehr getan werden. Daran wollen wir arbei-

en.

Zu der grenzwertigen Erklärung des Kollegen Ruck
om gestrigen Tage, die verständlicherweise keinen Nie-
erschlag fand – er sagte, dass die Entwicklungspolitik
er FDP an Dummheit grenze –,


(Ute Koczy [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er hat recht!)


ann ich nur sagen: Richtig ist, dass seine Aussage diese
renze bereits überschritten hat.


(Beifall bei der FDP – Ute Koczy [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In diesem Fall hat Herr Ruck recht! Ihre Entwicklungspolitik grenzt nicht nur an Dummheit! Sie ist Dummheit!)


Meine Damen und Herren, wir brauchen einen inter-
ationalen Diskurs darüber, wie wir mit unseren Mitteln
ine größere Wirksamkeit erzielen können. Dies ist im
inne unseres Landes. Ihre Regierungserklärung hat uns

eider keinen Weg in diese Richtung gewiesen. Sie wol-
en immer nur noch mehr Geld für falsche Entwick-
ungspolitik ausgeben. Aber das hilft unseren Partnern
icht, das hilft uns nicht, und das hilft erst recht nicht un-
eren Steuerzahlern.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP – Ute Koczy [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wohnzimmerpolitik nennt sich das!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620200300

Dr. Christian Ruck ist der nächste Redner für die

DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU – Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Es muss ein Ruck durch die Entwicklungspolitik gehen!)



Dr. Christian Ruck (CSU):
Rede ID: ID1620200400

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

ntwicklungspolitik ist in einer kritischen Phase. Wir






(A) )



(B) )


Dr. Christian Ruck
haben zwar in den letzten Jahren im Kampf um das Er-
reichen der Millenniumsziele große Erfolge erzielt.
Nach der Energie- und Nahrungsmittelkrise im letzten
Jahr droht nun in der Tat durch die weltweit zu beobach-
tenden Negativtendenzen auf den Finanzmärkten und in
den Volkswirtschaften ein dauerhafter Rückschlag.
Vor allem ist zu konstatieren: Die Aufholjagd der
Schwellenländer, deren Situation für die Bekämpfung
der Armut von entscheidender Bedeutung ist – allein in
Indien leben mehr Arme als in ganz Afrika südlich der
Sahara –, ist ins Stocken geraten. Dem Vernehmen nach
stehen demnächst allein in Bangalore 1,6 Millionen Ar-
beitnehmer auf der Straße. Mit einer gewissen Verzöge-
rung wird diese Krise auch die ärmsten Länder erreichen
und einen Teufelskreis von sinkenden Exporten, sinken-
den Direktinvestitionen und sinkenden Überweisungen
der Arbeitsmigranten herbeiführen.

Auch bei uns werden nun Stimmen laut, die sagen:
Die EZ muss zurückgefahren werden, wir müssen zu-
nächst das eigene Hemd retten. – In der Tat ist es so: Wir
müssen das eigene Haus in Ordnung halten, es nützt nie-
mandem, wenn wir schwach werden; denn dann können
auch wir weniger helfen. Das gilt übrigens auch im Hin-
blick darauf, dass wir unsere Banken unterstützen. Man
kann über Investmentbanker denken, was man will; aber
dass wir unser Banksystem durch Bürgschaften retten
müssen, ist vollkommen klar.

Die EZ zurückzufahren, wäre jedoch ein schlimmes
Eigentor. Dafür gibt es mehrere Gründe: Die Verzah-
nung der Volkswirtschaften ist stärker als je zuvor. Un-
sere Exporte in die entsprechenden Länder haben sich in
den letzten sieben Jahren mehr als verdoppelt. Der Haus-
halt des BMZ ist mittlerweile der zweitgrößte Investi-
tionshaushalt der Bundesrepublik Deutschland. Von ihm
hängen allein in Deutschland zwischen 200 000 und
300 000 Arbeitsplätze ab.

Es ist auch richtig, Herr Königshaus, dass wir die
Weltbank bei ihren Sofortmaßnahmen, insbesondere bei
der Infrastrukturspritze, unterstützen, damit der Wachs-
tumsfaden nicht reißt. Hinzu kommt – die Ministerin hat
es angedeutet –: Die deutschen Unternehmen bekommen
seit vielen Jahren die mit Abstand meisten Aufträge aus
den Programmen der Weltbank, Aufträge in einem Volu-
men, das größer ist als der Betrag, den wir einzahlen.
Deswegen habe ich davon gesprochen, dass es an
Dummheit grenzt – wohlgemerkt: grenzt –, die Zahlun-
gen zurückzufahren.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Auch in anderer Hinsicht wäre das ein Eigentor. Die
Entwicklungspolitik ist mittlerweile ein fester und wich-
tiger Bestandteil unserer Sicherheitspolitik. Die Ent-
wicklungspolitik soll soziale Sprengsätze entschärfen,
sie soll die Ursachen von Massenflucht bekämpfen, sie
soll zur Energiesicherung beitragen, sie soll dem Terro-
rismus den Boden entziehen. Je mehr Menschen in den
Entwicklungsländern in Schwierigkeiten geraten, desto
wichtiger wird der Sicherheitsaspekt. Deswegen ist es in
unser aller Interesse, dass wir in unseren entwicklungs-
politischen Anstrengungen nicht nachlassen.

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(C (D Henry Kissinger hat vor kurzem gesagt: Die Krise ist ine Chance zur Besinnung. Das gilt auch für die Enticklungspolitik. Wo stehen wir, und was muss gescheen, damit wir die Entwicklungsziele der Millenniumsrklärung trotz der derzeitigen Krise erreichen? Wir haben bezüglich der Entwicklungspolitik sowohl, as den Haushalt des BMZ angelangt, als auch, was die msetzung der entwicklungspolitischen Schwerpunkte Umwelt, Energie – anbelangt, eine äußerst erfolgreiche egislaturperiode hinter uns. Ebenso dominierten enticklungspolitische Fragen unsere Präsidentschaft der 8 und der EU. Das ist auch Ihrem Engagement zu ver anken, Frau Wieczorek-Zeul. Die Zeitenwende, so uss man es ja nennen, von 2005 kam aber insbesondere adurch, dass die Kanzlerin die Entwicklungspolitik anz anders gepusht hat als ihr Vorgänger. Auch daran ei hier erinnert (Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch bei Abgeordneten der SPD – Ludwig Stiegler [SPD]: Das muss jetzt nicht sein! – Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Für Schröder war das Gedöns!)


Was wahr ist, muss wahr bleiben.

Trotzdem stehen wir unter Druck; denn die Probleme
achsen. Deswegen müssen wir uns wieder kritisch fra-
en: Was bringt Entwicklung voran? Welchen Beitrag
önnen wir leisten? Sind unsere Haushaltsmittel effi-
ient eingesetzt? Wir müssen dabei die Erkenntnis zu-
runde legen, dass die Entwicklungszusammenarbeit in
hrer Gesamtheit keine schlüsselfertige Welt liefern
ann. Wir können nur Impulse setzen, und wir sollten
ies auch in der Öffentlichkeit sagen.

Deshalb müssen wir uns wieder auf Hilfe zur Selbst-
ilfe und auf die Beantwortung der Frage konzentrieren,
ie wir die schöpferischen Kräfte der Menschen in den
ntwicklungsländern zur Entfaltung bringen können.
azu gibt es zwei Ansatzpunkte: zum einen direkt am
enschen und zum anderen an den Rahmenbedingun-

en.

Der Schlüsselsektor für die Hilfe direkt am Menschen
st die Bildung in all ihren Ausprägungen. Liebe Kolle-
en von der SPD, lieber Sascha Raabe, ich bin froh, dass
ir es im parlamentarischen Verfahren zusammen ge-

chafft haben, diesem Sektor mehr Gewicht zu verlei-
en, und damit ein bisschen von dem nachgeholt haben,
as wir im Koalitionsvertrag versäumt haben.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich bin auch der Meinung, dass in diesem Schlüssel-
ektor unabhängig von der Länderliste etwas getan wer-
en muss. Bildung und Ausbildung sollten wir überall
ort vorantreiben, wo wir die Gelegenheit dazu haben,
uch in Schurkenstaaten und in fragilen Staaten, und das
ls Investition für die Zukunft betrachten, wenn uns
ann hoffentlich wieder ein Zeitfenster zur Verfügung
teht. Ich glaube, das muss unser Prinzip sein.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Sascha Raabe [SPD])







(A) )



(B) )


Dr. Christian Ruck
Lieber Sascha Raabe, ähnlich verhält es sich bei der
ländlichen Entwicklung. Ich glaube, auch hier haben
unsere Arbeitsgruppen gemeinsam eine gute Arbeit ge-
leistet.


(Dr. Karl Addicks [FDP]: Hätte aber besser sein können!)


Auch die ländliche Entwicklung hat etwas mit den Men-
schen zu tun; denn wenn Kinder und Jugendliche hun-
gern oder krank sind, dann können sie ihre schöpferi-
schen Kräfte mitnichten entfalten.

Entscheidend sind aber auch die Rahmenbedingun-
gen. Wir können in manche Länder noch so viel Geld
geben: Es wird nichts nützen. Ganz im Gegenteil! Ich
möchte – die Ministerin hat acht Punkte genannt – in al-
ler Kürze fünf Faktoren nennen, die für mich unabding-
bar sind, wenn wir eine Chance zur Erreichung der Mil-
lenniumsentwicklungsziele haben wollen.

Erstens. Wichtig ist eine gute Regierungsführung.
Wenn wir es mit Empfängern bzw. Partnern zu tun ha-
ben, die legitimiert und entwicklungsorientiert sind,
dann ist der Rest Formsache. Dann geht es nur noch um
die Technik und zum Beispiel um die Frage, ob man hier
den Hafen oder dort die Straße baut. Hier können wir na-
türlich schneller und unbürokratischer reagieren; das ist
klar. Hier können wir uns auch nach den Vorstellungen
der Partner richten. Je unlegitimierter, inkompetenter
und korrupter unsere Gegenüber aber sind, desto mehr
müssen wir auf unseren Wertvorstellungen bestehen, und
zwar auch im wohlverstandenen Interesse der Menschen
dort.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Deshalb ist Ownership kein Freibrief und keine Ein-
bahnstraße. Genau das müssen wir im Klartext zum Bei-
spiel auch der afghanischen Regierung sagen. Bei den
Opfern, die wir für sie bringen, muss sie sich im Kampf
gegen Inkompetenz und Korruption im eigenen Land
mehr einbringen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


In diesem Zusammenhang brauchen wir auch eine
Offensive gegen schlechte Regierungsführung. Dabei
sind alle gefordert. Hierfür brauchen wir natürlich auch
die Unterstützung der Außenpolitiker. Vor allem brau-
chen wir hierfür aber vor Ort die Unterstützung unserer
Kirchen, und wir brauchen auch die Unterstützung der
Stiftungen und der engagierten NGOs. Das ist etwas,
worauf wir, die Zivilgesellschaft, in der Entwicklungs-
zusammenarbeit nicht verzichten können.

Zweitens. Ohne Wirtschaftswachstum in den betrof-
fenen Ländern haben wir keine Chance, die Entwick-
lungsziele zu erreichen. Darauf wird der Kollege Klimke
noch eingehen. Wir brauchen in diesen Ländern eine
Wirtschaftsorientierung, aber eine Wirtschaftsorientie-
rung, die mit Armutsbekämpfung einhergeht. Es gibt zu
viele Länder, die zwar ein hohes Wachstum aufweisen,
in denen dieses aber der breiten Bevölkerung nicht zugu-
tekommt. Darum ist es richtig, dass man zum Beispiel

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(C (D uch auf eine vernünftige Steuerpolitik in diesen Länern Wert legt. Drittens. Handelspolitik. Auch das wurde ja schon ngesprochen. Es geht um eine Handelspolitik als Hilfe ur Selbsthilfe für die Volkswirtschaften der Entwickungsländer. Im Sinne einer internationalen sozialen arktwirtschaft muss dabei aber ein fairer Deal herausommen. Wir sagen von unserer Seite aus Ja zu Marktugang, zu Hilfen beim Kapazitätsaufbau und zur Rückichtsnahme auf lokale Märkte vor Ort. Das muss man on uns verlangen. Im Gegenzug müssen wir aber einen erzicht auf jegliche Art von ausbeuterischer Kinderareit und Umweltdumping verlangen können. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Viertens. Der größte Feind der Entwicklung ist der
rieg. Umgekehrt gibt es keine Sicherheit ohne Ent-
icklung. Wir brauchen mehr Möglichkeiten und auch
ehr Mut, um gerade in Entwicklungsländern und Ent-
icklungsregionen bessere Formen der Friedensschaf-

ung durchzusetzen – darauf wird Kollege Fischer noch
ingehen –; das ist ganz essenziell, weil sonst alle Ent-
icklungsbemühungen vergeblich wären. Das gilt übri-
ens auch für Palästina.

Fünftens. Koordination und Arbeitsteilung. Das be-
innt im eigenen Land mit einer uneigennützigen Res-
ortzusammenarbeit und geht über eine schlagkräftige
usammenarbeit der Entwicklungsinstitutionen vom
aupt bis zu den Gliedern bis hin zur EU.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sind daran gescheitert, Herr Ruck!)


ir freuen uns über die Grundsatzvereinbarungen in der
U, Frau Ministerin. Aber ich glaube, wir brauchen
och viel mehr Kraft und Energie, um sie auch durchzu-
etzen. Davon sind wir noch weit entfernt. Im internatio-
alen Bereich gibt es sogar groteske Entwicklungen: Es
ibt eine Vielzahl von Gebern, die in vielen Fällen die
rmen Administrationen der Entwicklungsländer er-
chlägt. Es gibt 34 für Gesundheit und 37 für Entwick-
ung und Umwelt zuständige UN-Organisationen. Wir
efinden uns allmählich in einem Hamsterrad der Koor-
ination und müssen auch in diesem Punkt wieder zur
esinnung kommen.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Fangen Sie doch einmal an!)


Wir sind inzwischen der zweitgrößte internationale
ntwicklungshilfegeber. Wir müssen unseren Einfluss
uch dahin gehend geltend machen, dass wir die gesamte
ilfsarchitektur vom Kopf auf die Füße stellen. Dabei

ind die genannten Vorschläge sehr hilfreich. Aber wir
üssen hier zu Potte kommen.

Ich möchte eine Anregung geben. Die japanische Re-
ierung, die US-amerikanische Regierung – auch die
eue amerikanische Regierung; das hat Hillary Clinton
or kurzem bestätigt – und zum Beispiel auch die israeli-
che Regierung sind hochinteressiert daran, mit uns ver-
tärkt zu Dreieckskooperationen zu kommen. Ich
laube, wenn wir uns auf einen solchen Prozess eines






(A) )



(B) )


Dr. Christian Ruck
Trainings on the Job verständigen könnten, dann könn-
ten wir zusammen noch viel mehr Gewicht für eine kon-
zentriertere Entwicklungspolitik in unserem Sinne auf-
bringen. Dafür plädiere ich.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir hatten
am Dienstag eine Gedenkstunde, in der es sehr ein-
drucksvoll um das Motto „Die Würde des Menschen ist
unantastbar“ ging.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620200500

Herr Kollege, denken Sie bitte an die deutlich über-

schrittene Redezeit.


Dr. Christian Ruck (CSU):
Rede ID: ID1620200600

Jawohl, ich komme zum Schluss. – Diese Würde wird

in vielen Entwicklungsländern, gerade auch Kindern ge-
genüber, mit Füßen getreten. Deswegen gibt es für uns
nicht nur rationale Gründe, sondern aus christlich-
abendländischem Denken auch eine moralische Ver-
pflichtung, die Entwicklungspolitik aufrechtzuerhalten.

Ich möchte mit einem Satz schließen, den der japani-
sche Botschafter diese Woche gesagt hat: Deutschland
und Japan haben eine Kultur gemeinsam, nämlich die
Kultur, ihre Versprechen zu halten.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620200700

Ich erteile das Wort dem Kollegen Aydin, Fraktion

Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Hüseyin-Kenan Aydin (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620200800

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Heute geht es um
weit mehr als um die Entwicklungszusammenarbeit. Wir
sprechen über die Gestaltung der Innen- und Sozialpolitik
in der einen Welt, in der wir leben. Die Verwirklichung
der Millenniumsziele ist nicht nur entwicklungspolitisch
geboten, sondern von entscheidender Bedeutung für die
regionalen Sicherheiten, den Frieden auf der Welt und
das wirtschaftliche Miteinander der Weltgemeinschaft.


(Beifall bei der LINKEN)


Extremismus, Kriege und Gewalt können sich beson-
ders gut dort entfalten, wo den Menschen politische, so-
ziale und humanitäre Rechte verweigert werden. Wir
brauchen daher die Überwindung der extremen globalen
Polarisierung zwischen wenigen Reichen und vielen Ar-
men.

Wie uns in diesen Tagen auf der italienischen Insel
Lampedusa dramatisch vor Augen geführt wird, treibt
der Ernst der Lage auf unserem Nachbarkontinent Afrika
immer mehr Menschen in die Flucht. Obwohl die Fahrt
über das Mittelmeer aufgrund der rigiden Abschottungs-
politik der Europäischen Union jedes Jahr für Hunderte
tödlich endet, treten sie diese Fahrt an, weil Hunger, Ar-
mut, Perspektivlosigkeit den Alltag in ihren Ländern

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(C (D rägen. Dieses Schicksal teilen sie mit anderen. Rund Milliarde Menschen weltweit müssen mit weniger als US-Dollar pro Tag auskommen. 40 Prozent der Welt evölkerung leben von weniger als 2 US-Dollar am Tag. Seit der Verabschiedung der Millenniumsziele ist ehr als die Hälfte der vorgesehenen Zeit verstrichen. s wird schwer, sie bis zum Jahr 2015 umzusetzen; denn ie Bilanz des Erreichten ist ernüchternd. Das erste Millenniumsziel, die Zahl der Menschen in rmut zu halbieren, ist nicht mehr zu erreichen. Außeralb Ostasiens sinkt die Armut viel zu langsam, besoners in Südasien und im subsaharischen Afrika. Auch ei der Kindersterblichkeit, die um zwei Drittel gesenkt erden soll, laufen wir unserem Vorhaben hinterher. Die usbreitung der Infektionskrankheiten ist längst nicht estoppt. 40 Millionen Menschen leben mit HIV/Aids. 004 starben 3 Millionen Aidskranke. Jedes Jahr steren 1 Million Menschen an Malaria, davon 90 Prozent n Afrika. 80 Prozent der Malariatoten sind Kinder in frika. Beim zweiten Entwicklungsziel – Grundbildung für lle – hat es durchaus Fortschritte gegeben; da stimme ch mit Ihnen überein, Frau Ministerin. Die Einschuungsrate wurde bis 2006 auf etwa 70 Prozent gesteigert. och die Herausforderungen bleiben enorm. Entscheiend ist – das habe ich in Ausschusssitzungen immer ieder deutlich gemacht – die Qualität der schulischen ildung und nicht nur die quantitative Erhöhung der inschulungszahlen. Wenn 80 Kinder in einer Klasse siten und Gelder für Lehrmittel und Lehrpersonal fehlen, undert es nicht, dass später viele dieser Kinder die chule als Analphabeten verlassen. Zudem brechen vielerorts Kinder die Schule ab, weil chulgebühren erhoben werden oder sanitäre Einrich ungen für Mädchen fehlen. Daher verstehe ich es nicht, ass gestern im Ausschuss der Antrag von Bündnis 90/ ie Grünen zur sanitären Versorgung durch die Koali ionsfraktionen abgelehnt wurde. (Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der LINKEN)


Auch die NGOs haben uns vorgerechnet, dass der
eitrag der Bundesregierung zur Grundbildung weit hin-

er dem zurückliegt, was eigentlich erforderlich wäre.
006 wurde für die Grundbildung gerade einmal 1 Pro-
ent der gesamten öffentlichen Entwicklungshilfe einge-
etzt. Das ist viel zu wenig; denn von besserer Bildung
ängt die Verwirklichung der anderen Entwicklungsziele
ntscheidend ab.

Die Welt bleibt auch durch tiefe soziale Ungerechtig-
eit geprägt. Jene rund 2,6 Milliarden Menschen welt-
eit, die täglich weniger als 2 US-Dollar pro Tag zum
eben haben, verfügen nur über 5 Prozent des globalen
inkommens. Die Reichsten der Welt hingegen – das
ind 20 Prozent – besitzen über drei Viertel des globalen
inkommens. In Afrika ist die Situation am schlimms-

en. Ein Drittel aller Menschen lebt hier in Armut. 1990
ar es noch ein Fünftel. Doch nicht nur in Afrika, son-






(A) )



(B) )


Hüseyin-Kenan Aydin
dern überall in der Welt vertieft sich der Graben zwi-
schen Reich und Arm. Es ist darum gut und richtig, dass
sich die Staatengemeinschaft mit den Millenniumszielen
konkrete Vorgaben gegeben hat.

Doch Entwicklungszusammenarbeit muss besser fi-
nanziert werden, auch von Deutschland, das weiter hin-
ter seinen Zusagen zurückbleibt. Aber mit mehr Geld al-
lein werden die sozialen und wirtschaftlichen Probleme
des Südens nicht überwunden werden. Dringend geboten
sind strukturelle Veränderungen in den ungleichen
Wirtschafts- und Handelsabkommen, eine Regulierung
der Finanzmärkte im Sinne der Entwicklungsländer und
die Demokratisierung der internationalen Finanzorgani-
sationen.


(Beifall bei der LINKEN)


Lassen Sie mich dies verdeutlichen. In Monterrey im
Jahr 2002, in Paris im Jahr 2005 sowie zuletzt in Accra
und in Doha versprachen die Geber, ihre Entwicklungs-
politiken nicht länger von Wirtschafts- und Handelsinte-
ressen konterkarieren zu lassen. Trotzdem kann man
beim besten Willen nicht erkennen, dass die Entwick-
lung politisch kohärent ist. Ein Dauerbrenner ist hier die
Landwirtschaft.

Jüngstes Beispiel: Die EU will die ausgesetzten Ex-
porterstattungen für Milchprodukte wieder aufnehmen.
Diese Politik ruiniert die Landwirtschaft im Süden; das
darf nicht passieren.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir fordern daher: Weg mit den Exportsubventionen
für die europäische Landwirtschaft! Besseren Marktzu-
gang für die Produkte aus Entwicklungsländern!


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die letzte Nahrungsmittelkrise 2008 war auch ein
Resultat der jahrzehntelangen Landwirtschaftspolitik
und -förderung, die im Süden auf Exportorientierung
setzt, anstatt sich auf den lokalen Bedarf zu konzentrie-
ren. Zahlreiche Experten, unter anderem der Weltagrar-
rat, betonen, dass stattdessen die Unterstützung der
Kleinbäuerinnen und Kleinbauern entscheidend für
die Nahrungsmittelsicherheit ist.

Wichtig sind darüber hinaus Landreformen. In vie-
len Ländern des Südens birgt die Landfrage erheblichen
sozialpolitischen Sprengstoff. Unklare Rechtsverhält-
nisse und die ungebrochene Kommerzialisierung der
Landwirtschaft führen zur Verdrängung kleiner einhei-
mischer Produzenten und vor allem indigener Völker.
Massive Landkäufe von Privatinvestoren und Regierun-
gen aus der OECD-Welt, aus Asien und jüngst auch aus
der arabischen Welt zur Deckung des eigenen Nahrungs-
mittelbedarfs oder für den Anbau sogenannter Biokraft-
stoffe haben die Landfrage vor allem in Afrika und Süd-
amerika deutlich zugespitzt. Ob diese Konflikte
gewaltsam oder demokratisch gelöst werden, hängt auch
von den OECD-Staaten ab. Die Menschen Boliviens
machten beispielsweise im Referendum am letzten Wo-

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(C (D henende einen entscheidenden Schritt hin zu einer geechteren Landverteilung. er Westen muss diese Entscheidung der Bolivianer und olivianerinnen respektieren und unterstützen. Wir setzen uns für eine ökologische, nachhaltige und oziale Kehrtwende in der Landwirtschaftsförderung in; denn Ernährungssicherheit ist die Grundlage für die ringend notwendige Diversifizierung der Wirtschaft n den Entwicklungsländern. Besonders die Länder frikas müssen weg von ihrer einseitigen Ausrichtung uf unverarbeitete Rohstoffe und Agrarexporte. Eine soiale und umweltverträgliche Industrialisierung ist die oraussetzung für einen Ausweg aus den unfairen Hanelsbeziehungen. Hierzu müssen bestehende Initiativen eiterentwickelt und die aggressive Marktöffnungspoli ik der westlichen Staaten und Finanzinstitutionen korriiert werden. Vor allem brauchen die Staaten des Südens ntscheidungsfreiheit in der Frage, wie sie ihre Volksirtschaften in der Aufbauphase schützen wollen. Ihnen arf nicht über die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen er EU eine Liberalisierung aufgezwungen werden, die hre Märkte zerstört und ihnen wirtschaftspolitische Getaltungsspielräume entzieht. Im aktuellen kapitalistischen Wettbewerb gehen die ntwicklungsländer mit dem Fahrrad an den Start, wäh end die Industriestaaten im Porsche sitzen. Das ist keine arktwirtschaft. Das ist einfach unsozial. Die globale Finanzkrise hat auch die Schwellenund ntwicklungsländer erfasst. Nur wenige wie China und ndien konnten diese abfedern. Mexiko geriet unter ruck und muss höhere Kredite beim IWF aufnehmen. ie zuletzt deutlich gesunkenen Rohstoffpreise bringen ie Haushalte vieler Rohstoffexporteure im Süden in ine ernste Schieflage. (Dr. Karl Addicks [FDP]: Vor allem in Venezuela!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


udem sind eine Reduzierung der Entwicklungshilfe so-
ie der Abzug oder die Zurückstellung von Investitio-
en zu befürchten.


(Dr. Karl Addicks [FDP]: Was ist mit Hugo Chávez?)


Vor diesem Hintergrund hat die Regulierung der Fi-
anzmärkte höchste Priorität. Notwendig sind unter an-
erem ein Verbot der Nahrungsmittelspekulation, die
chließung der Steueroasen und die strenge Kontrolle
on Private Equity Fonds sowie Hedgefonds. Es muss
ußerdem ein internationales Insolvenzrecht geschaffen
erden, das zahlungsunfähigen Staaten eine Mitsprache

inräumt. Illegitime Schulden müssen erlassen werden.
er an Diktatoren oder korrupte Betrüger verleiht, soll

icht mit der Rückzahlung seiner Gelder rechnen dürfen.
ie Umsetzung dieser Forderung setzt die Demokrati-

ierung der internationalen Finanzdienstleistungs-
nstitutionen voraus. Es kann nicht angehen, dass IWF






(A) )



(B) )


Hüseyin-Kenan Aydin
und Weltbank von den OECD-Staaten dominiert werden,
während die Entwicklungsländer die Zeche für deren
verfehlte Politik zahlen müssen.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Nahrungsmittelkrise in Haiti ist dafür ein Beispiel.
Über Jahrzehnte wurden auf Geheiß von Weltbank und
IWF die Zölle gesenkt und Billigimporte ins Land ge-
holt. Heute ist Haiti ein Nahrungsmittelimportland ge-
worden.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620200900

Herr Kollege, würden auch Sie freundlicherweise auf

die Zeit achten?


Hüseyin-Kenan Aydin (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620201000

Herr Präsident, ich komme zum Ende. – Entwick-

lungspolitik ist kein Nebenschauplatz der internationalen
Beziehungen. Sie hat eine zentrale Aufgabe bei der Ge-
staltung einer gerechten Weltordnung. Sie ist ein wesent-
licher Bestandteil einer internationalen Sozialpolitik, für
die die Linke einsteht, Herr Müntefering.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620201100

Das Wort hat nun der Kollege Ludwig Stiegler für die

SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Ludwig Stiegler (SPD):
Rede ID: ID1620201200

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe

mich nicht in die Debatte verirrt, sondern vertrete hier
meinen Kollegen Walter Kolbow, der einem guten
Freund die letzte Ehre erweisen muss.

Den Auftrag, hier für ihn zu reden, habe ich gern
übernommen, weil ich zu denen gehöre, die von der Po-
litik unserer Entwicklungsministerin Heidi Wieczorek-
Zeul begeistert sind, und zwar seit Jahrzehnten.


(Beifall bei der SPD – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist jetzt aber unhöflich!)


Ich möchte ihr ganz herzlich für das Beispiel, das sie uns
allen gibt, danken. Wir alle sind mal kurz bewegt und
begeistert, aber dann legt sich das wieder, während
Heidemarie Wieczorek-Zeul über Jahre und Jahrzehnte
mit konstanter Güte – mit konstanter Bosheit, könnte
man fast sagen – ihren Auftrag verfolgt und seit der Ein-
setzung der Nord-Süd-Kommission an seiner Umset-
zung gearbeitet hat.


(Beifall bei der SPD)


Ich habe an vielen Stellen erlebt, wie sie mit List, mit
Ausdauer und mit Beharrlichkeit die stursten Böcke
überzeugt hat.


(Heiterkeit bei der SPD)


Das ist eine bewundernswerte Leistung. Heidemarie
Wieczorek-Zeul ist für uns alle, die wir diesen Geschäf-
ten nachgehen, oft eine Entlastung, weil wir wissen, dass

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(C (D ir unseren Alltagsgeschäften nachgehen können, aber eidi fest für die guten Dinge steht. Deshalb ein herzli her Dank für diese Politik. Hier erleben wir, dass Max ebers Spruch, dass Politik das Bohren von harten Bret ern mit Leidenschaft und Augenmaß zugleich ist, lebenig ist. Wir sollten ihr zusätzlich die Namen Constantia nd Perpetua geben. (Heiterkeit und Beifall bei der SPD, der CDU/ CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wunderbar!)


Wir erleben auf der anderen Seite eine bemerkens-
erte Regression der FDP, die einmal mit Walter Scheel

inen nicht unbedeutenden Entwicklungspolitiker gehabt
at. Jetzt kommen Herr Niebel und Herr Königshaus mit
inem Horizont, der nicht einmal ein Kirchturmshori-
ont ist, sondern der Horizont einer Waldkapelle, die von
ornen und Stauden überwuchert ist.


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


ie kann man nur so sein? Bitte gehen Sie einmal zu
alter Scheel auf ein Glas Wein, damit er Sie auf den

euesten Stand oder wenigstens auf den Stand von vor
0 Jahren bringt.


(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


as ist dieser Partei nicht würdig. Sie waren schon we-
entlich weiter, und Sie können jetzt in der Krise nicht in
iese Regression verfallen. Das geht einfach nicht. Der
ollege Ruck hat Ihnen schon das Notwendige gesagt.

Wir müssen gerade in diesen Zeiten, in denen alle aus
en Entwicklungsländern davonrennen – früher haben
nsere Anleger diese Länder mit Geld überschwemmt;


(Ute Koczy [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So toll waren die Investitionen auch nicht!)


ittlerweile flüchten sie alle in die sicheren Häfen –, Be-
arrlichkeit und Beständigkeit beweisen. Dazu sollten
ir unseren Beitrag leisten. Ich bin froh, dass die KfW
ei der Mikrofinanzierung einer der besten Player auf
er Welt ist. Herzlichen Dank für die Zusammenarbeit
on Heidi Wieczorek-Zeul und Ingrid Matthäus-Maier,
ie das angepackt haben!


(Dr. Karl Addicks [FDP]: Die hätten doch ein paar Milliarden mehr zur Verfügung gehabt, Herr Kollege!)


an sollte für das, was diese Menschen begonnen ha-
en, dankbar sein.


(Beifall bei der SPD)


Herr Königshaus hat versucht, den Statusbericht
om Sommer, also von vor der Krise, lächerlich zu ma-
hen. Das ist falsch. Sie sollten sehen: Dieser Statusbe-
icht zeigt, was wir erreicht haben, was jetzt gefährdet
st. Wir sollten auf die Weltbank, auf den Internationalen

ährungsfonds und andere Beteiligte hören: Jetzt müs-
en wir zusammenstehen, um das Erreichte zu erhalten






(A) )



(B) )


Ludwig Stiegler
und zu bewahren. Nur gemeinsam kommt die Welt aus
der Krise. Keiner kann das für sich allein.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Stichwort „Weltbank“: Frau Bundeskanzlerin, wenn
Sie Herrn Obama wieder treffen oder wieder mit ihm te-
lefonieren, dann erinnern Sie ihn bitte daran, dass wir
vor einer Verdoppelung der Sonderziehungsrechte ste-
hen. Der Bundestag hat die Sonderziehungsrechte schon
mit beschlossen. Das Ganze hängt noch an der Zustim-
mung der Amerikaner. Es wäre gut, wenn den schönen
Sprichworten über das Wagnis der Zukunft Taten folgten
und wir unsere Sonderziehungsrechte beim Internationa-
len Währungsfonds verdoppelten; damit wäre der gan-
zen Welt erheblich geholfen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Dr. Christian Ruck [CDU/CSU])


Mich bewegt seit meiner Pennälerzeit ein Gedicht
von Hugo von Hofmannsthal.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Das muss aber schon lange her sein!)


Dieses Gedicht sagt uns zu diesem Thema einiges. Es
lautet:

Manche freilich müssen drunten sterben,
wo die schweren Ruder der Schiffe streifen,
andere wohnen bei dem Steuer droben,
kennen Vogelflug und die Länder der Sterne.

Manche liegen mit immer schweren Gliedern
bei den Wurzeln des verworrenen Lebens,
anderen sind die Stühle gerichtet
bei den Sibyllen, den Königinnen,
und da sitzen sie wie zu Hause,
leichten Hauptes und leichter Hände.

Doch ein Schatten fällt von jenen Leben
in die anderen Leben hinüber,
und die leichten sind an die schweren
wie an Luft und Erde gebunden.

Ganz vergessener Völker Müdigkeiten
kann ich nicht abtun von meinen Lidern,
noch weghalten von der erschrockenen Seele
stummes Niederfallen ferner Sterne.

Viele Geschicke weben neben dem meinen,
durcheinander spielt sie all das Dasein,
und mein Teil ist mehr als dieses Lebens
schlanke Flamme oder schmale Leier.

Unser Teil ist mehr als unser individuelles Leben hier.
Wir sind mit den anderen verbunden. Wir sind in diese
weltweite Verantwortlichkeit, in die internationale
Kooperation einzubinden. Armutsbekämpfung ist Zu-
kunftsinvestition. Armutsbekämpfung ist Friedenspoli-
tik. Dafür danke ich der Bundesministerin, der Bundes-
regierung. Diese Politik unterstützen wir.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


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(C (D Nächste Rednerin ist die Kollegin Ute Koczy für ündnis 90/Die Grünen. Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und ollegen! Frau Ministerin, Sie haben der Zeitschrift elt-Sichten dieser Tage ein Interview gegeben. Darin aben Sie die Europäische Union aufs Korn genommen. ie haben die Absicht der EU kritisiert, wieder Exportubventionen für Milchprodukte einzuführen: Diese ürden die Märkte in den Entwicklungsländern zerstö en und die Existenz vieler Kleinbauern in diesen Länern gefährden. Sie haben gesagt – ich zitiere –: Die Entscheidung steht im krassen Gegensatz zu den Erkenntnissen der Weltgemeinschaft aus der Nahrungsmittelkrise. Frau Ministerin, das ist richtig. Die Wiedereinführung on Agrarsubventionen für Milchprodukte zerstört in der at die Märkte in den Entwicklungsländern. Diese Entcheidung der Europäischen Union, verkündet am Rande er Grünen Woche hier in Berlin, ist eine Katastrophe ür viele Menschen in Afrika, Lateinamerika und Asien. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN – Dr. Karl Addicks [FDP]: Da hat sie recht!)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620201300
Ute Koczy (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620201400

ie ist ein Schlag gegen alle Bemühungen, mehr globale
erechtigkeit herzustellen, und zementiert die Praxis un-

eres unfairen Handelssystems.

Aber, liebe Heidemarie Wieczorek-Zeul, die Europäi-
che Union ist kein virtuelles Konstrukt, sondern gibt die

einung souveräner Staaten wieder. Die Bundesregie-
ung sitzt da mit am Tisch. Sie begrüßt und unterstützt
iese Entscheidung. Sie sind Mitglied der Bundesregie-
ung – und das nicht erst seit heute. Ich bin das EU-
ashing leid; es sind doch die Nationalstaaten, die an
en Pranger gehören.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Eben haben wir eine Regierungserklärung der Bun-
esregierung zum Thema Entwicklungspolitik gehört.
un wird es schwierig. Das Mitglied der Bundesregie-

ung Wieczorek-Zeul kritisiert die Entscheidungen des
abinetts.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Das ist ja unglaublich!)


it Verlaub, Sie sitzen da doch mit am Tisch. Sie ent-
cheiden, und jetzt versuchen Sie, die eigene, nämlich
m Kabinett gefallene Entscheidung als Fehlentschei-
ung darzustellen. Mit dieser Nummer lassen wir Sie
icht durchkommen. Wir entlassen Sie nicht aus Ihrer
erantwortung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Was machen Sie jetzt?)







(A) )



(B) )


Ute Koczy
Auch wenn Sie glauben, es merke keiner: Sie tragen
als Entwicklungsministerin mit die Verantwortung dafür,
dass mithilfe der deutschen Bundesregierung die Exis-
tenz der Kleinbäuerinnen und Kleinbauern in den Ent-
wicklungsländern vernichtet wird und eine falsche, kata-
strophale Subventionspolitik der Europäischen Union
zum wiederholten Male fortgesetzt wird.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Unglaublich!)


Sie sind dafür verantwortlich – sonst niemand –; da kön-
nen Sie so viele Interviews geben, wie Sie wollen. Letzt-
lich lenken Sie davon ab, was in Berlin wirklich gespielt
wird. Sie verkaufen die Leute für dumm.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Das ist falsch!)


Verehrte Kolleginnen und Kollegen, warum gehe ich
auf diesen Punkt so ausführlich ein? Weil ich es einfach
leid bin, dass wir in der Entwicklungspolitik – – Oh, der
Präsident meldet sich.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620201500

Ja, er meldet sich, um Sie zu fragen, ob Sie geneigt

sind, eine Zwischenfrage des Kollegen Müller zu beant-
worten.


Ute Koczy (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620201600

Selbstverständlich.


Dr. Gerd Müller (CSU):
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Frau Kollegin, ist Ihnen bekannt, dass die Entwick-

lungsländer komplett freien Zugang zum Markt der Eu-
ropäischen Union haben, dass sie damit privilegiert sind
und dass wir dazu auch stehen? Ist Ihnen weiterhin be-
kannt, dass die von Ihnen so gegeißelten sogenannten
Exporterstattungen für Milch in keinem Fall in ein Land
Afrikas oder Lateinamerikas gehen, wie Sie behauptet
haben? Es gelangt kein einziger Liter Milch und kein
Kilo Produkt mit Exporterstattung in die von Ihnen ge-
nannten Staaten.


(Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Ist Ihnen das bekannt, Frau Koczy?)



Ute Koczy (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620201800

Herr Kollege Müller, dann frage ich Sie:


(Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Sie sollen antworten!)


Warum, wenn das so zuträfe, stellt sich die Ministerin
hin und sagt, dass diese Entscheidung die Existenz der
Bäuerinnen und Bauern in Afrika und Lateinamerika
ruiniert?


(Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Das hat sie nicht gesagt!)


– Das hat sie gesagt. Das kann man in dem Interview
nachlesen. Sie sagt es, weil sie weiß, dass sie recht hat.
Jetzt streiten Sie mit ihr einmal darüber, was daraus an
Konsequenzen erwächst!

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(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie des Abg. Jürgen Koppelin [FDP] – Dr. Gerd Müller [CDU/ CSU]: Sie sind leider nicht informiert!)


Wir stehen in der Entwicklungspolitik für den Kampf
egen die Armut. Das finden alle immer ganz toll. Aber
rau Merkel regiert, um in Deutschland die Leute an der
ase herumzuführen und es einfach zuzulassen, dass
icht Werte, sondern harte Lobbyinteressen die schwarz-
ote Politik bestimmen. Herr Kollege Stiegler, es nützt
ichts, die Ministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul zur
alionsfigur zu machen, wenn auf dem Schiff gleichzei-

ig Meuterei herrscht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Eine Regierungserklärung zu den MDGs, zu den Jahr-
ausendentwicklungszielen der Vereinten Nationen, und
em schon vielfach gegebenen Versprechen zur Aufsto-
kung der Mittel kann keine entwicklungspolitische De-
atte im engeren Sinne sein; das ist richtig. So eine De-
atte steht im Kontext der Finanzkrise. Das letzte Jahr
tellt eine Zäsur dar. Das Jahr 2008 wird als ein Jahr der
ultiplen Krise in die Geschichte eingehen: Klimakata-

trophe, Ernährungskrise – darauf wird mein Kollege
hilo Hoppe noch eingehen –, Energie-, Öl- und Finanz-
rise sowie die jetzt kommende Wirtschaftskrise. Das al-
es ist eine Gemengelage, von der wir noch nicht wissen,
ie alles miteinander zusammenhängt.

Vor diesem Hintergrund frage ich: Was wird aus den
ntwicklungszielen? Was wird aus den Zielen, die Ar-
ut zu halbieren, die Müttersterblichkeit zu bekämpfen

der die Qualität der Bildung zu verbessern? Wo bleiben
eränderungen in den ungerechten Handelsstrukturen, in
er wirtschaftlichen Zusammenarbeit? Was wird aus den
rkenntnissen, dass erneuerbare Energien gerade in
frika die Basis zur Armutsbekämpfung legen? Was
ird aus dem Ziel von 0,7 Prozent des Bruttonational-
rodukts?

Wir befinden uns momentan in der absurden Situa-
ion, dass mit ein wenig Zahlenspielerei eine Erhöhung
er ODA-Quote denkbar ist, ohne dass neues Geld ein-
esetzt wird. Wenn die Wirtschaftsleistung sinkt und die
DA-Quote stagniert, dann wirkt es auf dem Papier wie

ine Erhöhung. Wir brauchen jedoch reale Zuwächse.
etzt rächen sich die Versäumnisse von Schwarz-Rot.

Frau Ministerin Wieczorek-Zeul, Sie haben in Ihrer
mtszeit nicht vorgesorgt. Sie haben es versäumt, Struk-

uren zu reformieren, damit die Entwicklungspolitik
eutschlands für die Herausforderungen der Zukunft ge-

üstet ist. Genauso wenig, wie es dieser Regierung mit
em Finanzminister Steinbrück in den guten Tagen ge-
ungen ist, Rücklagen zu bilden, Schulden abzubauen
der auch zu sparen, genauso wenig haben Sie es ge-
chafft, frisches Geld durch innovative Finanzierungs-
nstrumente zu organisieren.


(Christian Ruck [CDU/CSU]: Das ist Unsinn! – Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Ihr habt sieben Jahre lang das Geld zurückgeführt!)







(A) )



(B) )


Ute Koczy
Ich beziehe mich auf die Regierungserklärung. Dort ist
zwar von innovativen Finanzierungsinstrumenten die
Rede, aber Sie stehen komplett mit leeren Händen da.
Nichts davon wurde realisiert: weder die Flugticket-Ab-
gabe, noch die Kerosinsteuer, noch die Finanztransak-
tionsteuer. Das sind alles Vorschläge, die wir Grünen seit
Jahren einfordern.


(Dr. Karl Addicks [FDP]: Noch mehr Steuern!)


Sie wurden alle nicht durchgeführt. Man hat sich zwar
etwas bewegt und es verbalisiert, aber es kommt nichts
rüber. Damit stecken wir haushaltspolitisch in der Sack-
gasse. Das haben Sie also auch vergeigt, und es gibt kei-
nen Grund, Sie zu loben.

Frau Ministerin, Sie haben in der Saarbrücker Zei-
tung gesagt: Wenn es möglich sei, mit Milliarden die Fi-
nanzmärkte zu stabilisieren, müsse es auch möglich sein
– ich zitiere –, „die Welt vor Armut und Hunger, Arbeits-
losigkeit und dem Klimawandel zu retten.“ Ja, das sehen
wir auch so. Aber im Gegensatz zur FDP sagen wir, dass
die 100 Millionen Euro nicht ausreichen, die Sie ausge-
ben wollen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das ist zu wenig. Es müsste viel mehr Geld in die Hände
genommen werden. Deswegen sprechen wir uns dafür
aus, dass wir einen echten grünen New Deal bekommen,
nicht den, den die Koalition vorträgt – kleinfüßig und
immer wieder torpediert. Am Beispiel Kfz-Steuer sieht
man doch, was dabei herauskommt.

Wir brauchen einen echten grünen New Deal. Nur er
ist der Weg. Daran müssen wir arbeiten, nicht an dem,
was die schwarz-rote Regierung hier vorgestellt hat.

Danke.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620201900

Nächste Rednerin ist die Kollegin Sibylle Pfeiffer,

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Sibylle Pfeiffer (CDU):
Rede ID: ID1620202000

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Warum wird die Qualität der Entwicklungszusammenar-
beit mit der Höhe der verfügbaren Mittel in Zusammen-
hang gestellt? Lieber Herr Stiegler, was Ihre hochgelobte
Kollegin Wieczorek-Zeul betrifft


(Ludwig Stiegler [SPD]: Da haben Sie recht!)


– das habe ich, ich bin auch sehr zufrieden mit ihr –: All
ihre Mahnungen und Wünsche sind erst dann in Erfül-
lung gegangen, als es im Kanzleramt zum Glück zu einer
Veränderung kam.


(Ludwig Stiegler [SPD]: Ich bin Zeuge, wie sie den alten Kanzler traktiert hat!)


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(C (D orher hat sie sich bei ihren männlichen Genossen, anefangen bei Bundeskanzler Schröder, ohne Ende die ähne ausgebissen. (Ludwig Stiegler [SPD]: Sie hat sie sich nicht ausgebissen, sondern er hat nachgeben müssen!)


Liebe Ute Koczy, zu deinen Auslassungen bezüglich
iner rot-schwarzen Regierungsführung im Zusammen-
ang mit der EZ möchte ich anmerken: Für alles, was du
ngeprangert hast, habt ihr sieben Jahre zur Umsetzung
eit gehabt.


(Ute Koczy [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und ihr drei Jahre!)


ährend dieser Zeit sind diese Forderungen, das weiß
ch, auch gekommen. Warum sind sie nicht umgesetzt
orden?


(Ludwig Stiegler [SPD]: Weil nur die Heidi die harten Bretter bohrt!)


rst mit einer Änderung im Kanzleramt kann man die
inge umsetzen, die man gerne möchte.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Aber, liebe Freunde, was passiert eigentlich? Wir Par-
amentarier heben die Hand zu enormen Erhöhungen in
nserem Entwicklungshaushalt, und reflexartig werden
ir mit Briefen von NGOs, der großen Gemeinde der
utmenschen dieser Welt, überschüttet, in denen wir ge-

ragt werden, warum wir so wenig Geld zur Verfügung
tellen. Das ist ein Reflex. Tust du nichts, wirst du be-
chimpft; tust du was, wirst du auch beschimpft. Das är-
ert mich. Mich ärgert, dass wir diejenigen sind, die pu-
hen und powern und trotzdem beschimpft werden.


(Ludwig Stiegler [SPD]: Darum habe ich euch doch gelobt!)


ußerdem frustriert es mich. Ich fühle mich da zu Un-
echt kritisiert, und das gefällt mir nicht.

Natürlich machen sich die Entwicklungsministerin
nd wir uns als Entwicklungspolitiker viele Freunde,
enn wir viel Geld verteilen. Das ist einfach. Aber hilft
iel eigentlich auch wirklich viel?


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Nicht immer! – Dr. Karl Addicks [FDP]: Das kennt man schon aus der Medizin!)


irgends ist – das müssen wir uns einmal vorstellen,
iebe Freunde – mit Zahlen belegt, wie viel Geld eigent-
ich in diesem System steckt. Die OECD spricht von
twa 110 Milliarden Euro, die dort ankommen, wo sie
ingehören, nämlich bei den Menschen vor Ort. Man
chätzt, dass derselbe Betrag irgendwo anders hinfließt.
eshalb sage ich, lieber Kollege Aydin, jetzt einmal et-
as, was du von mir nicht erwartet hättest: Hier könnten
ir eine Verteilung von oben nach unten vornehmen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Sehr richtig!)


n diesem Fall wäre das angebracht. Wir sollten uns ganz
enau anschauen: Wie sind die Mittel eingesetzt? Wo
ind sie eingesetzt? Wie effizient sind sie eingesetzt?






(A) )



(B) )


Sibylle Pfeiffer

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Entwicklungszusammenarbeit kostet viel Geld. Ich
glaube, wir können es uns nicht leisten, über Kürzungen
im EZ-Haushalt zu beraten.


(Dr. Karl Addicks [FDP]: Das hat auch keiner gesagt!)


Wir müssen aber die Krise als Chance begreifen und uns
überlegen, wie wir die Mittel einsetzen. Lassen Sie mich
in der Kürze der Zeit ein Beispiel nennen, das meiner
Meinung nach zeigt, dass wir auch mit wenig Mitteln
sehr effizient arbeiten können.

Nicht umsonst sind vier der acht MDGs auf Frauen
abgestellt. Frauen sind in der Entwicklungszusammenar-
beit unerlässlich. Auf der Arbeit der Frauen baut eine er-
folgreiche Entwicklungszusammenarbeit auf. Ich denke,
da gibt es zahlreiche Ansatzpunkte. Ich nenne einige
Beispiele, wie man die Frauen effizient stärken kann.
Wir reden von Landrechten. Lieber Kollege Aydin, auch
das sehe ich im Zusammenhang mit den Rechten der
Frauen; ich sehe die Landrechte der Frauen.


(Dr. Karl Addicks [FDP]: Das hat er vergessen!)


Auch das Erbrecht ist als Recht der Frauen von Bedeu-
tung. Das Thema „Rechte der Frauen“ ist meiner Mei-
nung nach überhaupt ein Thema, das sehr kostengünstig
ist. Um da etwas zu bewirken, bedarf es nur des politi-
schen Willens. Ich rede hier weder von Gender-Main-
streaming noch von Gender-Budgeting oder Ähnlichem.


(Jörg van Essen [FDP]: Wir sprechen ja auch Deutsch!)


Ich rede von nichts anderem als von Good Governance.
Das kostet kein Geld, ist aber effektiv.

Daraufhin müssen wir unsere Haushalte einmal über-
prüfen. Wir müssen schauen, wie wir die Prioritäten ge-
setzt haben. Es ist richtig, dass wir mit dem aktuellen
Haushalt auch die Programme stärken, die sich haupt-
sächlich mit dem Empowerment von Frauen beschäfti-
gen, zum Beispiel UNFPA, IPPF. Wenn wir uns um die-
ses Thema verstärkt bemühen, dann tun wir das
Richtige. Wir müssen dort ansetzen, wo es nachhaltig
und effizient ist, wo es wenig Geld kostet, aber einen ho-
hen Ertrag bringt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Natürlich hätte auch ich gerne mehr Geld im System,
nicht dass wir uns falsch verstehen. Wir benötigen natür-
lich Geld, wahrscheinlich auch mehr Geld. Aber bitte
lasst uns die Krise, die wir zurzeit haben und nicht weg-
diskutieren können, auch als Chance begreifen, selbst-
kritisch zu hinterfragen: Wie setzen wir die Mittel ein?
Setzen wir sie richtig ein? Wo können wir besser und ef-
fektiver werden?


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


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(C (D Das Wort hat nun der Kollege Jürgen Koppelin, FDP raktion. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich atte in dem bisherigen Verlauf der Debatte streckeneise den Eindruck, ich würde mich auf einem Lyrikongress befinden. (Ute Koczy [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wegen eines Gedichtes! Also wirklich! So fantasielos ist die FDP heute?)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620202100

(Beifall bei der FDP)

Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1620202200

ch bin der Kollegin Sibylle Pfeiffer insofern sehr dank-
ar, dass sie endlich konkret geworden ist. Es war eine
usgesprochen gute Rede, der auch meine Fraktion Bei-
all gespendet hat. Gratulation, liebe Kollegin!


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Die Kollegin hat sich mit dem Thema, nämlich mit
en Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise auf
ie Entwicklungsländer, beschäftigt und hat sich konkret
azu geäußert. Bis dato hatte ich darüber – auch von der
inisterin – nur sehr wenig gehört.

Lassen Sie mich zu Beginn sagen: Der UN-General-
ekretär hat die internationale Gemeinschaft aufgefor-
ert, keine Ausgaben für Entwicklungshilfe wegen der
inanzkrise zu kürzen. Diese Auffassung teilen wir. Ich
enke, wir sind uns alle einig, dass wir das nicht tun
ollen, auch wenn bei uns die Mittel knapper geworden

ind.

Im Zusammenhang mit dem 100-Millionen-Euro-
aket für die Weltbank darf ich aber daran erinnern,
ass wir für dieses Geld Schulden machen müssen. Wir
aben es nicht irgendwo liegen und geben es einfach der
eltbank, sondern wir nehmen dafür Schulden auf und

elasten somit unseren Haushalt.

Beim Stichwort Haushalt möchte ich eine Bemerkung
achen. Frau Ministerin, mir muss jemand einmal erklä-

en, warum die 100 Millionen Euro nicht aus dem Bun-
eshaushalt, sondern aus einem Sonderfonds, der jetzt
ebildet wird, kommen. Früher, als Rot-Grün die Regie-
ung stellte, haben Sie das Schattenhaushalte genannt,
ie abgeschafft werden müssten. Jetzt schaffen Sie selbst
olche Schattenhaushalte, in denen Sie diese 100 Millio-
en Euro verstecken. Es wäre besser, dieses Geld ord-
ungsgemäß in den Haushalt einzustellen und sich dazu
u bekennen, anstatt es in einen Schattenhaushalt zu ste-
ken.

Die 100 Millionen Euro haben eine Geschichte. Die
undeskanzlerin hat dieses Geld einmal auf einem G-8-
ipfel zugesagt. Wir als Haushälter haben dann hinter-

ragt, was die Weltbank mit diesem Geld macht. Das Er-
ebnis war, dass uns das keiner aus der Bundesregierung
rklären konnte; die Ministerin wird sich noch an die
useinandersetzung im Haushaltsausschuss erinnern.
ir, die Mitglieder des Haushaltsausschusses – und

war die Kolleginnen und Kollegen von CDU/CSU,






(A) )



(B) )


Jürgen Koppelin
SPD und FDP, aber auch die Grünen –, haben in den Be-
ratungen zum Haushalt 2008 diese 100 Millionen Euro
abgelehnt; sie sind auch später nicht hineingekommen.
Im Zuge der Krise will man nun das damals abgegebene
Versprechen einlösen und die 100 Millionen Euro bereit-
stellen. Dieses Geld findet sich plötzlich in einem Schat-
tenhaushalt wieder. Das ist unehrlich. Wie gesagt: Für
diese 100 Millionen Euro, die die Bundesregierung der
Weltbank plötzlich wieder zugesagt hat, müssen wir
Schulden aufnehmen. Das sage ich, damit alle wissen,
worum es geht.

Frau Ministerin, bei der Debatte kommt mir folgende
Unterscheidung ein bisschen zu kurz: Wie ist die Situa-
tion aufgrund der Finanz- und Wirtschaftskrise in Af-
rika, und wie ist sie in Asien? Man sollte nicht alle Län-
der in einen Topf werfen. Ich sehe, dass Länder in
Südostasien durchaus besser mit dieser Krise fertig wer-
den. Das ist auch klar; denn sie haben ihre große Finanz-
krise schon gehabt, haben entsprechende Erfahrung ge-
sammelt und ihre Lehren daraus gezogen. Wir könnten
vielleicht sogar von diesen Ländern lernen. In Afrika
sieht die Situation wieder ganz anders aus, weil die Ban-
ken dort international nicht so stark verflochten sind und
daher von dieser Krise nicht so viel zu spüren bekom-
men. Man muss sich also die einzelnen Länder und die
einzelnen Kontinente wie Afrika anschauen, bevor man
sagt, dass man etwas pauschal für alle macht. Ich bin für
eine differenzierte Betrachtung.

Ich hoffe und erwarte, dass wir noch mehr Informa-
tionen darüber bekommen, ob es vonseiten der Regie-
rungen dieser Länder eine Kapitalflucht nach dem Motto
„Bringen wir unser Geld in Sicherheit!“ gibt. Damit
müssten wir uns allerdings ebenfalls beschäftigen. Wenn
wir über die Krise und die Folgen für die Entwicklungs-
länder sprechen, müssen wir auch darüber reden, wie die
Abhängigkeit von ausländischen Finanzierungen ist und
wie hoch die Devisenreserven sind. Es gibt durchaus
Staaten in Asien, die hohe Devisenreserven haben. Man
sollte berücksichtigen, welche Folgen die Krise für die
dortige Währungspolitik hat. Außerdem sollte man die
einzelnen Länder nach ihrer wirtschaftlichen Leistungs-
fähigkeit beurteilen.

Ich sehe den Kollegen von der Linken im Moment
nicht, der vorhin gesprochen hat.


(Zuruf der Abg. Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE])


– Das ist okay. – Sein Beitrag über Bolivien war so dane-
ben, dass ich den Eindruck hatte, er hat von diesem Land
null Ahnung. Ansonsten hätte er sich nicht hier hinstel-
len und einen solchen Unsinn verbreiten können. Das
möchte ich bei dieser Gelegenheit sagen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Grundsätzlich sind wir der Auffassung, dass wir uns
mit diesem Thema sowohl im entsprechenden Fachaus-
schuss als auch im Haushaltsausschuss beschäftigen
müssen. Ich sage Ihnen allerdings: So pauschal, wie das
hier heute abgehandelt worden ist, sollten wir dieses
Thema nicht behandeln. Kollege Ruck, vielleicht infor-
mieren Sie sich noch einmal bei Ihrer Kollegin Sibylle

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(C (D feiffer, die in ihrem Beitrag mehr Kenntnis gezeigt hat ls Sie. Herzlichen Dank. Nächster Redner ist der Kollege Dr. Sascha Raabe, PD-Fraktion. (Beifall bei der SPD – Dr. Karl Addicks [FDP]: Jetzt kommt der Beitrag zur Landwirtschaft!)


(Beifall bei der FDP)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620202300


Dr. Sascha Raabe (SPD):
Rede ID: ID1620202400

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Ich finde es erstaunlich, Herr Kollege Koppelin,
it welcher Überheblichkeit Sie die Reden meiner Kol-

egen aus dem Fachausschuss – die von Herrn Ruck und
nderen – kritisieren angesichts dessen, dass ein Kollege
hrer Fraktion zu Beginn der Debatte Scherze über Pe-
rus gemacht hat bzw. erzählt hat, wer in die Hölle und
er in den Himmel kommt, und die Debatte damit auf

in Niveau gebracht hat, das ein bisschen an den Karne-
al erinnert.


(Jörg van Essen [FDP]: Er hat den Bundestagspräsidenten zitiert!)


nsere Fachpolitiker brauchen sich vor der FDP nicht zu
erstecken. Wir machen eine sachlich gute Politik. Das
st bisher deutlich geworden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die Debatte heute hat in erster Linie die Frage zum
egenstand, wo wir angesichts der Finanzkrise und der
ahrungsmittelkrise, die die ärmsten Menschen schon

m Vorfeld der Finanzkrise ganz hart getroffen hat, bei
er Umsetzung der Millenniumsentwicklungsziele
tehen. Man kann sich fragen, ob das berühmte Glas
asser halb voll oder halb leer ist. Auch wenn das wich-

igste Ziel, das sich die Vereinten Nationen bzw. die
eltgemeinschaft gegeben haben, ist, den Anteil der Ar-
en an der Weltbevölkerung bis zum Jahr 2015 zu hal-

ieren, sollte man sich einmal die absolute Zahl vor Au-
en führen. Es ist in der Tat erschreckend und schlimm,
ass aufgrund der Nahrungsmittelkrise und ein paar
ückschlägen jetzt wieder 1 Milliarde Menschen in Ar-
ut lebt.

Man kann natürlich zu Recht darauf hinweisen, dass
s, gemessen an der Weltbevölkerung – sie steigt seit
990; zu diesem Zeitpunkt gab es mehr als 1 Milliarde
eniger Menschen; das Bevölkerungswachstum findet
auptsächlich in den Entwicklungsländern statt –, heute
nur noch“ 26 Prozent arme Menschen im Vergleich zu
2 Prozent im Jahre 1990 gibt. Das sind immer noch viel
u viele. Ich sage das aber deswegen, damit wir uns Mut
achen und sehen, dass die Mittel wirken, die wir auch

on deutscher Seite dank unserer Ministerin, aber auch
ank der Koalition, die sie beschließt, einsetzen. Jeder,
em wir geholfen haben, wieder zur Schule zu gehen, je-
er mit einer tödlichen Infektionskrankheit, dem wir ge-






(A) )



(B) )


Dr. Sascha Raabe
holfen haben, wieder am Leben teilnehmen zu können,
war das wert.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir sollten also stolz sein auf das, was wir erreicht ha-
ben.

Wir sind mit Haushaltsmitteln von insgesamt 10 Mil-
liarden Euro – davon fast 6 Milliarden Euro im Einzel-
plan 23, im entwicklungspolitischen Haushalt – der
zweitgrößte Geber weltweit. Wir haben die Quote der
Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit von
0,26 Prozent – diesen Wert haben wir, Frau Pfeiffer, von
der Regierung Kohl übernommen – auf 0,38 Prozent des
Bruttonationaleinkommens steigern können. Sicherlich
wünschen wir uns alle – auch die Kollegen von der
CDU/CSU –, dass wir weitere Schritte machen können.
Diese sind auch notwendig.

Wenn man aber nur auf die Zahlen blickt, übersieht
man leicht die Durchschlagskraft, die, wie Frau Pfeiffer
es gesagt hat, in den Themenfeldern liegt, die nicht nur
mit Geld zu bemessen sind. Neben dem Einsatz finan-
zieller Mittel haben wir das zuständige Ministerium seit
1998 dahin gehend umgewandelt, dass es sich auch mit
Fragen der globalen Strukturpolitik beschäftigt. Das
war immer ein großes Anliegen unserer Ministerin. Sie
erhebt ihre Stimme eben nicht nur auf den Fachtagungen
der Entwicklungspolitiker, sondern auch dann, wenn es
darum geht, bei der Welthandelsorganisation


(Dr. Karl Addicks [FDP]: Manchmal ja!)


für gerechte Handelsbedingungen zu kämpfen.

Wie wir damit umgehen, dass noch Handelsbarrieren
vorhanden sind, dass viele Entwicklungsländer in erster
Linie noch Rohstofflieferanten sind, wird die entschei-
dende Zukunftsfrage sein. Denn es reicht doch nicht,
Menschen in die Lage zu versetzen, ihre Felder zu be-
stellen, wenn sie keine Möglichkeiten haben, ihre Pro-
dukte auf den lokalen Märkten zu verkaufen oder sie zu
exportieren. Bei aller Einigkeit, die wir als Entwick-
lungspolitiker der CDU/CSU und der SPD haben, müs-
sen wir darauf achten, dass nicht wieder Exportsubven-
tionen auf europäischer Ebene eingeführt werden. Ich
halte auch die jetzt vorgesehenen Milchexportsubventio-
nen für falsch. Eine Frage ist, ob sie direkt bezahlt wer-
den sollen, wenn sie in Entwicklungsländer gehen; es
wäre gut, wenn dies nicht geschähe. Aber es gibt auch an
anderer Stelle Marktverzerrungen, weil Drittmärkte ge-
stört werden und weil es einen Quersubventionierungs-
effekt gibt, der auch wieder Märkte stören kann. In die-
sem Sinne sind unsere hier im Deutschen Bundestag
gefassten Beschlüsse eindeutig gewesen, und ich bin
auch sicher, dass wir gemeinsam dafür sorgen werden,
dass die Beschlüsse von Hongkong – Frau Ministerin hat
schon erwähnt, dass 2013 die Exportsubventionen fallen
sollen – umgesetzt werden, und zwar je schneller desto
besser.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Christian Ruck [CDU/CSU])


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(C (D Seit 1998 haben wir die Mittel für die Nichtregieungsorganisationen verdoppelt, die eine ganz hervoragende Arbeit und unschätzbare Dienste leisten. Wir aben vorhin schon die Zahlen gehört: 3 Millionen Menchen sind mit Mitteln des Globalen Fonds zur Bekämpung von HIV/Aids, Tuberkulose und Malaria der ereinten Nationen gerettet worden. Hinter solchen Zah en stehen konkrete Schicksale. Wer wie wir oft in den etroffenen Ländern unterwegs ist und früher zum Beipiel in südafrikanischen Slums sah, wie sich dort an eiigen Stellen die Leichen von HIV-Toten getürmt haben, eiß, dass es so etwas nicht mehr gibt. Wir sahen in Ma awi an HIV-Infektion Erkrankte in fortgeschrittenem tadium, die wieder nach Hause in ihre Dörfer gehen nd arbeiten konnten. Dies zeigt, dass dieser Fonds auf lobaler Ebene sehr stark hilft. Da Herr Koppelin vorhin die Haushälter angesprohen hat, muss ich daran erinnern, dass wir die Millioenbeträge, um die wir uns oft mit den Haushaltspolitiern gestritten haben, vor allen Dingen auf multilateraler bene der Vereinten Nationen wirksam einsetzen konn en. An dieser Stelle sollten wir mit der Kleingeisterei ufhören. Wir müssen global denken und helfen, was beeutet, die Mittel an der richtigen Stelle einzusetzen. s ist in Ordnung, wenn man sich als Haushälter fragt, in elchem Haushaltstitel zusätzliche 100 Millionen Euro ür die Weltbank bereitgestellt werden können. Wenn an aber wie der Generalsekretär der FDP, Herr Niebel, ine Debatte fast auf Stammtischniveau nach dem Motto ührt, wir hätten genügend Probleme in Deutschland, as sollten wir dann noch 100 Millionen Euro nach Af ika geben, dann empfinde ich dies als ziemlich schäbig nd kleinkariert. (Dr. Karl Addicks [FDP]: Hat er so gar nicht gesagt!)


(Beifall bei der SPD)


iner solchen Argumentation sollten wir in diesem
ause die rote Karte zeigen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es ist, wie Herr Kollege Stiegler gesagt hat, makro-
konomisch völlig falsch, als Exportnation zu glauben,
ir könnten zusehen, wie der Rest der Welt um uns he-

um zusammenbricht. Dies hätte nicht nur sicherheitspo-
itische, sondern insbesondere weltweite ökonomische
uswirkungen. Wir sind darauf angewiesen, dass Men-

chen nicht in Hunger und Armut leben, sondern unsere
rodukte kaufen und selbst etwas produzieren können.
eht es den Menschen in den Entwicklungsländern gut,
eht es auch uns gut. Wir sind in einer Welt miteinander
erbunden und müssen über den eigenen Tellerrand hi-
ausblicken.

In diesem Sinne wünsche ich mir, dass wir gemein-
am erkennen, dass wir in einer Welt leben, und die Mil-
enniumsentwicklungsziele sachlich und engagiert errei-
hen. Ich hoffe, dass wir, wenn wir im Jahre 2015
arüber debattieren werden, werden sagen können, dass






(A) )



(B) )


Dr. Sascha Raabe
wir vielleicht nicht alles erreicht haben, aber doch einen
großen Schritt vorangekommen sind.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620202500

Das Wort hat nun der Kollege Thilo Hoppe, Bündnis 90/

Die Grünen.


Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620202600

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Lieber Sascha, natürlich muss man auch die Erfolge
würdigen; man sollte auch auf das halb volle Glas und
nicht nur auf das halb leere Glas schauen. Gleichwohl
vermisse ich bei der Bilanz einen lauten Aufschrei. Es
gibt bei einigen Millenniumszielen Erfolge, etwa bei
Bildung und Gesundheit, aber einen grandiosen Miss-
erfolg bei dem Millenniumsziel, die Zahl der Hungern-
den zu halbieren. Hier hilft jetzt auch nicht der statisti-
sche Trick, dass man den Anteil der Hungernden an der
Weltbevölkerung vorrechnet. Vielmehr kommt es auf die
absoluten Zahlen an: Eine Milliarde Menschen sind
chronisch unterernährt. Das ist ein historischer Höchst-
stand. Dies bedeutet, eine Milliarde Menschen, die
Schmerzen leiden und um ihr tägliches Überleben kämp-
fen. Auf diese große Herausforderung müssen wir rea-
gieren; wir dürfen sie weder schönreden noch bagatelli-
sieren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich war am Montag und Dienstag auf der Welternäh-
rungskonferenz der Vereinten Nationen in Madrid.
Momentan gibt es viele Konferenzen, die diesen Titel
führen. Auch die Bundesregierung hat anlässlich der
Grünen Woche eine solche Konferenz, eine Art Joint
Venture mit der Nahrungsmittelindustrie und dem Bau-
ernverband durchgeführt und die Konferenz so bezeich-
net. Auf dieser Konferenz ist noch einmal klargeworden,
dass die internationale Gemeinschaft grandios versagt
hat und die Herausforderungen immer noch nicht wirk-
lich erkannt hat. Im Mai letzten Jahres fand ein Welter-
nährungsgipfel in Rom statt. Dort gab es große Betrof-
fenheitsbekundungen von Herrn Sarkozy und anderen.
Doch jetzt wurde vorgerechnet, dass gerade einmal
25 Prozent der Mittel, die damals zugesagt wurden, tat-
sächlich gezahlt worden sind. Es bedarf einer wirklichen
Kurskorrektur und nicht der Heuchelei, die man auf sol-
chen Konferenzen sehr häufig hören und erleben kann.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Leider kann man auf diesen Konferenzen auch viele
Scheinlösungen hören. Da wird gesagt: It’s very simple,
wir düngen die ganze Welt, wir überziehen die Welt mit
Stickstoffdünger, mit Pestiziden und Insektiziden.


(Dr. Karl Addicks [FDP]: Stickstoffdünger brauchen wir!)


Damit kann man kurzfristig vielleicht die Produktion
steigern, aber zu welchem Preis? Die Böden werden aus-

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(C (D elaugt, das Klima wird noch stärker belastet, die Kleinauern werden oft verdrängt oder in die Schuldenfalle etrieben. Es ist notwendig, die Krisen im Zusammenhang zu ehen und über Armutsbekämpfung immer im Zuammenhang mit den Klimaveränderungen zu diskuieren; denn die Landwirtschaft kann einen Beitrag lieern, um die Klimaveränderungen zu verlangsamen. an kann aber auch, wenn man nur die Mittel der konentionellen Landwirtschaft einsetzt ohne Rücksicht auf achhaltigkeit, das Klimaproblem massiv vergrößern, as wiederum auf die Bauern zurückfallen und die Erährungssicherheit weiter gefährden würde. Daher ist es bsolut notwendig, den Nachhaltigkeitsgedanken aufzuehmen und die Empfehlungen des Weltagrarrates stärer zu berücksichtigen. Wir müssen an einem Strang zieen. Vom Agrarministerium vernehme ich momentan ber eher Verlautbarungen über Exportinitiativen; hier urde schon gesagt, dass die Agrarexporterstattungen usgedehnt werden sollen. Ich sehe zwar, dass die grarministerin und die Entwicklungsministerin an eiem Strang ziehen, aber an unterschiedlichen Enden und n verschiedene Richtungen. Das hat die heutige Debatte lar ergeben. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Wenn man nur in Schlagzeilen diskutiert, ist das halt schwierig!)


Das sind nicht nur Schlagzeilen. Lesen Sie bitte auch
as, was uns die Fachleute in einer Anhörung im Ent-
icklungsausschuss gesagt haben. Nahezu alle Experten
aben uns gesagt: Wir brauchen jetzt eine nachhaltige
tärkung der Landwirtschaft in den Entwicklungslän-
ern, bei der die Kleinbauern in den Mittelpunkt gestellt
erden.


(Dr. Karl Addicks [FDP]: Eine Intensivierung voranbringen!)


Eine Zwischenfrage, Herr Präsident.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620202700

Ich rufe die bestellte Zwischenfrage des Kollegen
üller auf.


Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620202800

Ich habe die Zwischenfrage nicht bestellt. Ich habe

ur bemerkt, dass ihm etwas unter den Nägeln brennt
nd er etwas sagen möchte.


(Ludwig Stiegler [SPD]: Redezeitverlängerungskooperationen!)



Dr. Gerd Müller (CSU):
Rede ID: ID1620202900

Herr Kollege, nachdem Sie mich angesprochen ha-

en, möchte ich Sie Folgendes fragen: Ist Ihnen bekannt,
ass die Weltbevölkerung bis zum Jahr 2030 bei abneh-
ender Fläche auf circa 9 Milliarden Menschen anstei-

en wird?


(Thilo Hoppe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist mir bekannt!)







(A) )



(B) )


Dr. Gerd Müller
Ist Ihnen bekannt, dass darauf nur mit einer neuen Agrar-
entwicklungspolitik und einer neuen Agrarentwick-
lungskooperation mit den Staaten, in denen noch Poten-
ziale vorhanden sind, reagiert werden kann? Ist Ihnen
bekannt, dass wir bis zum Jahr 2030 zur Ernährung dieser
3 Milliarden zusätzlichen Menschen und der 1 Milliarde
hungernden Menschen die Nahrungsmittelproduktion
in der Welt um 50 Prozent erhöhen müssen? Können Sie
mir mitteilen, wie Sie die Nahrungsmittelproduktion um
50 Prozent erhöhen wollen? Kennen Sie das neue Kon-
zept des Bundeslandwirtschaftsministeriums zur Agrar-
entwicklungspolitik?


(Dr. Karl Addicks [FDP]: Das ist eine gute Frage! – Ute Koczy [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da kannst Du jetzt aber lange reden!)



Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620203000

Herr Staatssekretär, wir haben im Entwicklungsaus-

schuss vor kurzem eine Anhörung durchgeführt. Meh-
rere Experten, auch diejenigen, die von der Union be-
nannt wurden, wie beispielsweise Herr Professor
Dr. Theo Rauch, haben dargelegt, dass sich die Produk-
tion mit standortgerechten, angepassten und ökologisch
vertretbaren Anbaumethoden bei einem geringen Risiko
verdoppeln lässt. Wenn man das macht, was das Agro-
business tun will, und die Welt mit Stickstoffdünger, mit
Hochleistungssaatgut, mit gentechnisch verändertem
Saatgut überzieht, lässt sich die Produktion verdreifa-
chen oder sogar verfünffachen, aber auch das Risiko
wäre 50 Prozent höher. Die Folgen wären ausgelaugte
Böden und große ökologische Schäden. Damit würden
wir dem Ziel, Ernährungssicherheit zu erreichen, einen
Bärendienst erweisen.


(Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Ich schicke Ihnen unser Konzept zu!)


– Aber gerne. Wir können den Fachaustausch gern weiter
vertiefen.

Lassen Sie mich noch ein Wort zu dem Schlagab-
tausch über die Pressemitteilungen gestern zwischen
FDP und Union sagen. Die Intervention von Herrn
Niebel wurde hier schon von mehreren Rednern er-
wähnt. Ich finde auch die Antwort der Union bezeich-
nend. Der FDP wurde gesagt: Ja, aber das, was man in
die Entwicklungszusammenarbeit investiert, kommt
doppelt und dreifach zurück und dient unserer Export-
industrie.


(Dr. Karl Addicks [FDP]: Ja!)


Was ist denn das für eine Begründung? Was für ein
Bild haben Sie von den Bürgerinnen und Bürgern in un-
serem Lande? Ich bekomme E-Mails und Anrufe von
Menschen, die sagen: Wir bekommen schon Albträume,
wenn wir uns die 1 Milliarde Hungernder vorstellen. –
Wir wollen, dass denen geholfen wird. Wir wollen nicht,
dass man Entwicklungshilfe damit begründen muss, dass
das Zweifache und Dreifache zurückkommt und wir
letztendlich daran verdienen. Das kann in einzelnen Fäl-
len ein positiver Nebeneffekt sein; aber das ist doch
keine Motivation dafür, Solidarität und Gerechtigkeit an-
zustreben und den Ärmsten der Armen zu helfen.

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(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Jürgen Koppelin [FDP] – Dr. Karl Addicks [FDP]: Das ist doch keine Schande!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620203100

Nächster Redner ist der Kollege Jürgen Klimke,

DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Jürgen Klimke (CDU):
Rede ID: ID1620203200

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe

olleginnen und Kollegen! Es ist mehrfach zitiert wor-
en: 1 Milliarde Menschen muss vermutlich künftig un-
er Hunger leiden. Was müssen wir aufgrund unserer
lobalen und unserer sozialen Verantwortung tun, um
egenzusteuern? Wir brauchen eine konsequente Mittel-
rhöhung; das ist hier ziemlich einvernehmlich. Wir
üssen auch die Rahmenbedingungen unserer themati-

chen Zusammenarbeit mit den Entwicklungsländern
erändern.

Das gilt aus meiner Überzeugung insbesondere für
en Bereich, der sehr entwicklungsrelevant ist, nämlich
ür die nachhaltige Wirtschaftsförderung in unseren
artnerländern. Leitlinie unserer Philosophie muss sein,
ass Wirtschaftswachstum der einzige Schlüssel zur
onsequenten Armutsbekämpfung in den Entwicklungs-
nd Schwellenländern ist.


(Beifall der Abg. Dr. Christian Ruck [CDU/ CSU] und Dr. Karl Addicks [FDP])


eshalb streben wir in der CDU/CSU im Rahmen unse-
er entwicklungspolitischen Strategie an, mehr Rechts-
nd Investitionssicherheit zu entwickeln, mehr Infra-
truktur zu gewährleisten, die Energieentwicklung vo-
anzutreiben und vor allen Dingen den Mittelstand stär-
er zu berücksichtigen. Dabei lautet unser vorrangiges
iel, Wirtschaftswachstum in den Entwicklungs- und
chwellenländern so zu gestalten, dass es direkte Effekte
uf die Armutsbekämpfung hat.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


as heißt, die Menschen müssen direkt davon profitie-
en, zum Beispiel durch gerechtere Steuer- und Abga-
ensysteme. Pflicht ist eine Refinanzierung des Wirt-
chaftswachstums; es muss in der Bevölkerung spürbar
ein.

Ziel unserer Politik der Entwicklungszusammenarbeit
uss sein, wirtschaftliche Kompetenz in Entwick-

ungsländer zu vermitteln, dort regionale Märkte auf-
ubauen und mittelständische Strukturen zu entwickeln,
odass diese Partnerländer dann vielleicht künftig in der
age sind, ohne die Unterstützung der Entwicklungszu-
ammenarbeit selbstständig zu wirtschaften. Notwendig
ind also die Stärkung der regionalen Märkte durch ei-
en Know-how-Transfer sowie die Schaffung von Ar-
eitsplätzen vor Ort durch eigene Leistungsfähigkeit.

Das fängt bei der von der Ministerin angesprochenen
ikrofinanzierung und der Mikroversicherung gerade






(A) )



(B) )


Jürgen Klimke
im ländlichen Raum an und geht damit weiter, dass die
Entwicklungspolitik in Zukunft insbesondere für den
deutschen Mittelstand einen Rahmen für wirtschaftli-
che Betätigung in den Entwicklungsländern bieten
muss. Das heißt, die deutschen Kammern müssen noch
intensiver einbezogen werden, und andere privatrechtli-
che wirtschaftliche Organisationen müssen dabei helfen,
die Grundstrukturen für einen Aufschwung in den Part-
nerländern zu legen. Hierbei spielt auch die Frage der
Bildung und Ausbildung eine Rolle, zum Beispiel im
Zusammenhang mit der beruflichen Bildung, mit dem
dualen System, das weltweit nachgefragt ist und das wir
stärker fördern sollten.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ein weiterer Kernaspekt ist, dass Mittelständler
Risikofinanzierungen brauchen.


(Dr. Karl Addicks [FDP]: Ja! Genau!)


Hier hat die staatliche Unterstützung eine wichtige Rolle
zu spielen, vor allem durch die DEG und durch das
BMZ, das nach unserer Auffassung die wirtschaftliche
Entwicklungszusammenarbeit – so heißt das Ministe-
rium ja auch – mit den Entwicklungsländern stärker ko-
ordinieren und steuern sollte, natürlich immer auf Au-
genhöhe mit den Ländern.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Meine Damen und Herren, es ist nach wie vor so, dass
sich mittelständische Unternehmen mit Investitionen in
Entwicklungsländern schwertun. Nicht wenige laufen
Gefahr, sich zu überheben. Eine Konzentration der staat-
lichen Unterstützung auf den Mittelstand ist deswegen
vorrangig. Die Entwicklungsorientierung der Wirtschaft
ist jedoch auch Voraussetzung für derartige Ansätze.

Wie schaffen wir das? Mit mehr Transparenz und Un-
terstützung der deutschen Unternehmen bei internationa-
len Ausschreibungen, damit sie sich daran noch intensi-
ver und erfolgreicher beteiligen und dann in den
Entwicklungsländern investieren können.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620203300

Herr Kollege.


Jürgen Klimke (CDU):
Rede ID: ID1620203400

Es ist wichtig, dass die KfW und die GTZ ihren Fokus

auf die Infrastrukturentwicklung legen. Die Rahmenbe-
dingungen für Auslandsinvestitionen sollten mittel-
standsfreundlicher gestaltet werden.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620203500

Herr Kollege, ich glaube, Sie haben die Uhr nicht

richtig im Blick.


Jürgen Klimke (CDU):
Rede ID: ID1620203600

Ich komme zum Ende, Herr Präsident.

Die wirtschaftliche Zusammenarbeit im BMZ sollte
erweitert werden. Eines muss allerdings klar sein – das
möchte ich betonen –: Der Schlüssel für die erfolgreiche

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(C (D ntwicklung unserer Partnerländer liegt in der Teilahme aller Menschen an einer erfolgreichen Wirtchaftsentwicklung. Unser Konzept dient auch als Hilfe ur Selbsthilfe. (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Karl Addicks [FDP] – Dr. Karl Addicks [FDP]: Der größte Teil davon war ja eigentlich unser Konzept! Aber trotzdem: Gut gemacht!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620203700

Gabriele Groneberg ist die nächste Rednerin für die

PD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Gabriele Groneberg (SPD):
Rede ID: ID1620203800

Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen

nd Kollegen! Ich will mich mit zwei Bereichen be-
chäftigen, die von der Ministerin angesprochen worden
ind, von allen anderen Kolleginnen und Kollegen, die
isher gesprochen haben, aber nicht. Es handelt sich um
wei Themen, die zur Erreichung der acht Millenniums-
iele von großer Bedeutung sind. Sie finden in der For-
ulierung jedes einzelnen Ziels ihren Niederschlag, las-

en sich unter der Überschrift „Sicherung der
kologischen Nachhaltigkeit“ allerdings auch direkt Ziel
ieben zuordnen.

Herr Koppelin, es geht nicht nur um die Finanzkrise
zw. um Finanzthemen, sondern auch um das Erreichen
er Millenniumsziele. Dafür sind Wasser und Energie
nabdingbar notwendig.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


enn beides nicht bzw. nicht in ausreichendem Maße
orhanden ist, wird man die Millenniumsziele auch im
inblick auf die anderen Vorhaben nicht erreichen. Dass
asser die Grundlage ist, um leben, ja überleben zu kön-

en, brauche ich nicht weiter zu erläutern; ich denke, das
st jedem klar. Geht es aber um Abwässer und Fäka-
ien, die zwangsläufig auch anfallen, ist die Sache schon
ine andere.

Weltweit haben 42 Prozent der Menschen keine ange-
essene Toilette. Es ist nicht nur so, dass eine einiger-
aßen hygienische Verrichtung der Notdurft zur Ach-

ung der Menschenwürde gehört. Ebenso gravierend
ind die Auswirkungen fehlender Siedlungshygiene und
ehlenden Abwassermanagements. In den Ländern, in
enen diese notwendigen Dinge fehlen, sind Krankhei-
en und verseuchtes Trinkwasser an der Tagesordnung.
ie stellen für die Entwicklung der betroffenen Länder
in gravierendes Hindernis dar. Ich erinnere an dieser
telle nur an die Choleraepidemie in Simbabwe.

Der gesicherte Zugang zu Energie ist ebenfalls ein
nerlässliches Element im Kampf gegen die Armut und
benso wichtig wie der Zugang zu Wasser. Man muss
issen, dass weltweit 1,6 Milliarden Menschen keinen
ugang zu elektrischer Energie haben. Diese Situation
u ändern, ist eine zentrale Voraussetzung, um die Le-
ens- und Produktionsbedingungen in den Entwick-
ungsländern zu verbessern. Das Vorhandensein von






(A) )



(B) )


Gabriele Groneberg
Energie ist für die Stabilität eines Landes und einer
Volkswirtschaft bedeutsam und beeinflusst in erhebli-
chem Maße nicht nur die Lebensverhältnisse der Men-
schen, sondern wirkt sich auch positiv auf das von Herrn
Klimke erwähnte Wirtschaftswachstum aus.

Ohne erneuerbare Energien werden wir nicht nur an
unserem Ziel, für alle Menschen Energie bereitzustellen,
scheitern. Ohne nachhaltige Energieerzeugung und auf-
grund der daraus folgenden klimapolitischen Sünden
würden wir uns buchstäblich auch unserer eigenen Le-
bensgrundlagen berauben. Unsere Entwicklungszusam-
menarbeit hilft den Entwicklungs- und Schwellenländern,
ihren Zugang zu nachhaltiger Energie sicherzustellen und
sich aktiv am Klimaschutz zu beteiligen.

Ich möchte in diesem Zusammenhang noch einige
Ausführungen zur Nutzung von Biomasse machen. Die
Dimension, die die Nutzung von Biomasse hat, wird da-
ran deutlich, dass allein in Subsahara-Afrika 547 Millio-
nen Menschen – Tendenz steigend – ohne Zugang zur
Stromversorgung leben. Diese Menschen müssen
60 Prozent ihres Primärenergiebedarfs durch die Nut-
zung herkömmlicher Biomasse decken. 80 Prozent die-
ser Biomasse sind Holz. Dies verstärkt die Abholzung
der Wälder – mit verheerenden Folgen für Mensch, Um-
welt und Klima. Das Einatmen des Qualms, der entsteht,
wenn das Holz in den engen Hütten verbrannt wird, führt
zu enormen Gesundheitsschäden. Wir können dem wirk-
sam begegnen, indem wir dafür sorgen, dass effiziente
und emissionsarme Kochherde benutzt werden. Mit die-
sem einfachen Mittel kann man die Menschen in die
Lage versetzen, ihre Gesundheit, das Klima und die Bio-
diversität vor Ort zu schützen.

Aber auch andere Nutzungen von Biomasse sind inte-
ressant. Ich nenne nur die Stichworte Biogas und – mitt-
lerweile ein Reizwort – Biosprit. Was abstrakt klingen
mag, wird konkret, wenn man den Bogen dazu schlägt,
wie wir in Deutschland Biomasse als Beitrag zu einer
klimafreundlichen Energieversorgung nutzen. Mit der
Beschränkung auf die Gegenüberstellung von „Tank“
und „Teller“ wird die Konkurrenz bei der Nutzung von
Biomasse polemisch zugespitzt. Doch die Nutzung von
Biomasse hat viele Facetten, sie birgt sowohl für die In-
dustrieländer als auch für die Schwellenländer und für
die Entwicklungsländer Chancen wie Risiken:

Einerseits führt die Zunahme der Biomasseimporte
aus Schwellen- und Entwicklungsländern zu steigenden
Exporterlösen. Das ist wünschenswert. Die Produktion
von Biomasse kann zu einer Erhöhung der Wertschöp-
fung und der Beschäftigung im ländlichen Raum beitra-
gen. Landwirtschaft kann sich wieder lohnen. Damit
sind Chancen zur Verminderung der Armut verbunden.

Andererseits ist die Produktion von Biomasse mit Ri-
siken im ökologischen und im sozialen Bereich verbun-
den. Es stellen sich die Frage des Schutzes der Biodiver-
sität und die Frage der Klimarelevanz der Produktion
von Biomasse. Allein die Umwandlung natürlicher Öko-
systeme in Anbauflächen setzt erhebliche Mengen an
Treibhausgasen frei. Ferner hat sich bereits gezeigt – und
das dürfen wir nicht negieren –, dass der Anbau von
Energiepflanzen, weil er in Konkurrenz zu einem Anbau

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(C (D on Nahrungsmitteln steht, zu Preissteigerungen und ahrungsmittelengpässen führt. Diese Flächennutzungsonkurrenz ist von erheblicher entwicklungspolitischer elevanz. (Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Dr. Christian Ruck [CDU/CSU])


as betrifft alle Teile der Bevölkerung, nicht nur die Ar-
en.

Um Fehlentwicklungen bei der Nutzung von Biomasse
u vermeiden, brauchen wir ein Zertifizierungssystem,
it dem Nachhaltigkeit bei Anbau und Produktion sicher-

estellt wird. Wir wollen unserer Verantwortung in die-
em Bereich nachkommen und arbeiten deshalb an einer
iomasse-Nachhaltigkeitsverordnung, in der wir Anfor-
erungen für die Nutzung von Biomasse in Deutschland
estlegen. Ich hoffe, dass diese Verordnung noch dieses
ahr in Kraft treten kann und dass der Inhalt dieser Ver-
rdnung EU-Standard wird.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


s ist wichtig, dass die Standards, die wir für die Nut-
ung von Biomasse in Europa mithilfe wirksamer Zerti-
izierungssysteme festlegen werden, auch international
nwendung finden können. Mir ist klar, dass es bis da-
in noch ein weiter Weg ist. Aber ich habe gute Gründe,
ptimistisch zu sein. Die Gründungskonferenz der
nternationalen Agentur zur Förderung der Erneu-
rbaren Energien, kurz: IRENA, ist ein gutes Beispiel
afür. Die Idee zu dieser Initiative ist maßgeblich hier im
eutschen Bundestag geboren worden. Es hat einige

ahre gedauert, bis man so weit gekommen ist; aber am
ontag sind 75 Staaten dieser Initiative beigetreten. Das

st ein Zeichen, dass, wenn sich alle einig sind, viel er-
eicht werden kann. Das gilt genauso für die Zertifizie-
ung von Biokraftstoffen oder andere Formen von Bio-
asse.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Dr. Christian Ruck [CDU/CSU])


ie Internationale Agentur zur Förderung der Erneuer-
aren Energien wird zum Erreichen von Ziel sieben der
illenniumserklärung – ökologische Nachhaltigkeit –

eitragen. Deutschland kann also Motor sein für eine
olitik, die Vorbild ist, die Möglichkeiten in Anspruch
immt, die Vorzeigefunktion hat. Wenn wir in unseren
emühungen nicht nachlassen, werden wir eines Tages
eine Erste, Zweite und Dritte Welt mehr haben, sondern
ine Welt, eine Welt, für die alle zusammen Verantwor-
ung tragen. Dieser Aspekt ist mir heute manchmal zu
urz gekommen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie des Abg. Thilo Hoppe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1620203900

Nächster Redner ist der Kollege Hartwig Fischer,

DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Hartwig Fischer (CDU):
Rede ID: ID1620204000

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Frau Ministerin, Sie haben das Thema UNICEF und die
Müttersterblichkeit angesprochen. Ich will das noch ein-
mal ergänzen.

Wir alle wissen, dass täglich 30 000 Kinder auf dieser
Welt aufgrund von Armut, schlechtem Wasser, Hunger
und Ähnlichem sterben. Ich bin mit Ihnen darin absolut
einig und dankbar dafür, dass der Bundespräsident die-
ses Thema immer wieder zum Schwerpunkt macht, aber
ich ziehe andere Schlüsse als Ihre Fraktion daraus und
unterstütze diesen Bundespräsidenten deshalb auch bei
seiner nächsten Wahl.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Karl Addicks [FDP])


Zum Anspruch und zur Haushaltswirklichkeit der
Entwicklungspolitik. Ich finde es gut, dass die Kolle-
ginnen und Kollegen eben von dem Aufwuchs seit 1998
gesprochen haben, aber die 50 Prozent Aufwuchs hat es
in den letzten drei Jahren gegeben.


(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: So ist es!)


Deshalb kann man, wenn man die Zeit ab 1990 betrach-
tet, natürlich auch Stagnation feststellen.

Frau Ministerin, es gibt einen Punkt, den ich doch kri-
tisieren möchte, weil ich glaube, dass dadurch nur Vorur-
teile bedient werden. Sie haben das Thema Banken und
die Bankenbürgschaften angesprochen. Das ist etwas an-
deres, als Barmittel zur Verfügung zu stellen. Wir haben
alle gemeinsam – auch Sie im Kabinett – diesem Schirm
zugestimmt, weil wir wissen, dass er dringend notwen-
dig ist. Das kann man nicht im Verhältnis zu den Barmit-
teln sehen, die wir im Entwicklungshaushalt brauchen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ich bin absolut mit Ihnen darin einig, dass wir auch in
Zukunft Aufwüchse brauchen. Dazu gehört aber auch
– wir sind einer der größten Zahler in der Entwicklungs-
community und in den internationalen Organisationen –,
dass wir zukunftsorientierte Organisationen brauchen;
dazu gehört IRENA, darüber besteht gar kein Zweifel.
Ich bin jedoch der festen Überzeugung, dass wir Paral-
lelstrukturen abbauen müssen.

Es gibt erhebliche Parallelstrukturen im Bereich der
internationalen Organisationen, zum Beispiel im Ge-
sundheitswesen. Dadurch werden Mittel verschleudert.
Hiergegen müssen wir gerade in schwierigen Zeiten
Speerspitze sein, damit die Mittel effektiver eingesetzt
werden können.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Liebe Kollegin Koczy, weil Sie wieder das Thema Ti-
cket Tax angesprochen haben,


(Ute Koczy [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)


möchte ich Sie doch noch einmal kurz fragen: Haben Sie
gar nicht gemerkt, dass das eine olle Kamelle ist und
dass es inzwischen einen Emissionshandel gibt, bei dem
ein ganz anderer Aufwuchs zu verzeichnen ist, sodass

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(C (D ntsprechende Mittel für eine zukunftsorientierte Enticklungspolitik zu Verfügung stehen? as ist eine schwarz-rote Politik, die absolut top und zuunftsorientiert gewesen ist. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Karl Addicks [FDP]: Das ist Ihr Lieblingsthema!)


(Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Genau!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie können sich
enken, dass ich mein Spezialthema Kongo – der Kol-
ege Ruck hat das Thema Frieden angesprochen – an-
preche, wenn ich am Rednerpult stehe.

Frau Ministerin, Sie sind mit uns im Kongo gewesen
nd haben danach gesagt: Wir legen einen Friedensfonds
m Umfang von 50 Millionen Euro auf. – Das ist für eine
ewisse Zeit leider blockiert worden – nicht durch Sie;
ch will das nicht vertiefen –, aber jetzt steht er zur Verfü-
ung. Die Ersten, die mit dafür sorgen, dass Infrastruk-
urmaßnahmen durchgeführt werden, sind jetzt dort.

Nachdem wir die Wahl begleitet haben, Herr Lubanga
or dem Internationalen Gerichtshof wegen Verbrechen
egen die Menschlichkeit und gegen Kinder angeklagt
urde und Herr Nkunda durch Ruanda verhaftet wurde,
aben wir jetzt im Augenblick nach meiner Überzeu-
ung ein kleines Zeitfenster für den Frieden. Frau Minis-
erin, ich bitte Sie – ich werde auch unsere Kanzlerin
nd den Außenminister noch einmal darum bitten –, dass
ie europäischen Geber jetzt gemeinsam einen Schwer-
unkt im Ostkongo setzen.

Ich will noch einmal sagen, wie dieser Schwerpunkt
ussehen muss:

Punkt 1. Wir werden dort keinen Frieden schaffen,
enn Rechtsstaatlichkeit nicht hergestellt wird. Es nützt
ichts, wenn es Gerichte gibt, bei denen der Präsident
0 Dollar verdient, aber Leute verurteilen muss, die im
onat durch Schmuggel und Ähnliches 10 000 Dollar

uf die Seite schaffen und dann versuchen, sich durch
orruption freizukaufen. Wir brauchen also eine funk-

ionierende Justiz und Polizei sowie das Militär. Hier
üssen wir uns als Europäer gemeinsam anstrengen.

Punkt 2. Wir können das nicht nacheinander tun, son-
ern hier muss man jetzt im Interesse des Friedens in dem
esamten Bereich der Großen Seen – Uganda, Burundi,
uanda und insbesondere Ostkongo – die Infrastruktur-
aßnahmen umsetzen: Straßen, Schulen, Gesundheits-
esen.

Wir müssen auch das gemeinsam fortsetzen, was be-
eits angefangen worden ist, nämlich die Zertifizierung
on Rohstoffen, die seit zehn Jahren in Botswana wun-
erbar funktioniert. Sie bringen die Wertschöpfung in
en eigenen Haushalt ein und können die Mittel dann für
nfrastrukturmaßnahmen nutzen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Ludwig Stiegler [SPD])


Wir brauchen auch ein ökonomisches Netzwerk, so-
ass wir ihnen durch deutsche Unternehmen und mit






(A) )



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Hartwig Fischer (Göttingen)

PPP-Projekten gemeinsam helfen können. Das müssen
wir dort partnerschaftlich vereinbaren. Wir können dort
beim Einsatz der Mittel auch zwischen Ituri und Südkivu
unterscheiden, da wir sehen, dass es dort nicht mehr den
Umfang an Korruption wie bei dem Gouverneur in
Nordkivu gibt. Dann merken die Menschen, dass es sich
für sie auszahlt, in den Provinzen, die ich eben genannt
habe, eine Regierung zu unterstützen.

Das heißt, wenn wir jetzt nicht halbherzig vorgehen,
sondern mit der internationalen Gemeinschaft gemein-
sam handeln, dann können wir in Afrika ein Signal für
diesen wichtigen Bereich setzen. Ich befürchte aber, dass
wir weiter in die internationalen Haushalte einzahlen.

Dieser Bürgerkrieg im Ostkongo kostet jedes Jahr al-
lein für den Militäreinsatz MONUC über 1,2 Milliarden
Euro, an denen wir mit fast 10 Prozent beteiligt sind.
Wenn wir dauerhaft Frieden schaffen könnten, dann
könnte man diese Summe langsam, aber sicher herunter-
fahren und gleichzeitig Kapazitäten freisetzen, die in
Darfur oder in Somalia zur Unterstützung von AMISOM
gebraucht werden, wo derzeit nur 2 400 von 8 000 Stel-
len der Friedenstruppe besetzt sind.

Ich glaube, wir haben die Chance zu friedenschaffen-
den Maßnahmen. Wir müssen sie nur gemeinsam mit
den anderen europäischen Ländern ergreifen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620204100

Als letzte Rednerin in dieser Debatte hat das Wort die

Kollegin Bärbel Kofler für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Bärbel Kofler (SPD):
Rede ID: ID1620204200

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-

gen! In dieser Debatte war viel von Haushaltsmitteln und
ihrer internationaler Verwendung die Rede. Manchmal
geht es in der Diskussion auch darum, dass Haushalts-
mittel angeblich falsch eingesetzt werden. Das bin ich
mittlerweile wirklich leid, weil es in der Öffentlichkeit
ein falsches Bild auf die Entwicklungspolitik wirft und
so getan wird, als hätten wir als Entwicklungspolitiker,
aber auch die Ministerin und das Ministerium ein Inte-
resse daran, Steuermittel falsch einzusetzen. Darum geht
es aber nicht. Das möchte ich anhand von einigen Punk-
ten deutlich machen, die auch heute genannt worden
sind.

Das Thema Landreform ist angesprochen worden.
Wofür verwenden wir Haushaltsmittel? Sie fließen zum
Beispiel in die Finanzierung der Haushalte der entspre-
chenden Staaten. Wir unterstützen den Aufbau von Jus-
tizsystemen und die Durchführung von Landreformen,
zum Beispiel in Ghana, indem Mittel in den ghanaischen
Haushalt hineinfließen. Ich glaube, das sind wichtige
Beiträge zur Strukturpolitik. Es ist richtig – Kollege
Raabe hat es angesprochen –: Entwicklungspolitik ist
Strukturpolitik.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


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(C (D Ich bin auch das Bashing von internationalen Orgaisationen in diesem Zusammenhang ein bisschen leid. enn nur gemeinsam können wir die Herausforderung, ass 1 Milliarde Menschen in Hunger leben, bewältigen nd die Probleme angehen. Das ist nur mit finanziellen eiträgen auch für internationale Organisationen mög ich. Ich glaube, es ist an der Zeit, auch in diesem Punkt ür Wahrheit und Klarheit zu sorgen. Wenn wir über Strukturpolitik in der Entwicklungspoitik diskutieren, dann möchte ich auch ein Thema anprechen, das wir uns als Sozialdemokraten, aber auch nnerhalb der Koalition in diesem Jahr verstärkt auf die genda gesetzt haben und das dankenswerterweise vom inisterium sehr aktiv aufgegriffen wurde, nämlich die ozialen Sicherungssysteme. Wir können die Probleme, ie durch das Fehlen sozialer Sicherungssysteme welteit entstehen, nicht mit Einzelprojekten lösen, sondern ur, indem wir gemeinsam mit den Partnerländern auf eren Strukturen einwirken und neue Sicherungssysteme ufbauen. Wer letzten Sonntag im Weltspiegel den Beitrag über illionen chinesische Wanderarbeiter gesehen hat, die lötzlich von einem Tag auf den anderen vor den Fabrikoren stehen, keinen Lohn mehr bekommen und nicht issen, wie sie ihre Familien ernähren sollen, die im rankheitsfall keine Möglichkeit haben, irgendeine orm von Hilfe in Anspruch zu nehmen, dem muss klar ein, dass weltweite Entwicklung und nachhaltige Beämpfung von Armut nur dann möglich sind, wenn es ns gelingt, weltweit soziale Sicherungssysteme aufzuauen, zu stützen und zu stärken. Dass das nur mit Sysemen möglich ist, die solidarisch alle Bevölkerungschichten einbeziehen, ist sicherlich auch klar. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Noch sind wir in einer Situation, in der weltweit
00 Millionen Menschen jährlich wieder in Armut zu-
ückfallen, weil sie aufgrund von Erkrankungen der ei-
enen Person oder innerhalb ihrer Familien Verdienst-
usfälle haben, ihre Arbeit nicht ausüben können und ihr
ieh bzw. ihre Lebensgrundlage verkaufen müssen.
ass das nachhaltiger Armutsbekämpfung und allen Zie-

en, die heute genannt wurden, entgegensteht, ist sicher-
ich für jeden ersichtlich. Das bedeutet aber auch, dass
ir das tun müssen, was wir zum Beispiel in Ruanda ge-
acht haben: Dort haben wir uns mit der Regierung zu-

ammengesetzt und gemeinsam Pläne entwickelt, wie
achhaltig Einkommen in den Ländern generiert und
teuersysteme aufgebaut werden können. Nebenbei be-
erkt: Dank der viel gescholtenen Budgethilfe werden

n Ruanda Steuersysteme aufgebaut. Das hat dazu ge-
ührt, dass sich die Steuerquote in Ruanda in den letzten
ehn Jahren versechsfacht hat.


(Ludwig Stiegler [SPD]: Das ist ein Schrecken für die Liberalen!)


Diese Gelder sind dann aber auch für nachhaltige Ar-
utsbekämpfung einzusetzen, zum Beispiel für den
ufbau von Krankenstationen, für die Unterstützung des






(A) )



(B) )


Dr. Bärbel Kofler
Gesundheitswesens, für die Schaffung von Zugängen für
die Bevölkerung zum staatlichen Versicherungswesen
und für die Einführung von Dezentralisierung.

Diesen richtigen Ansatz wollen und müssen wir wei-
terhin verfolgen und unterstützen. Der Antrag mit der
Forderung, soziale Sicherungssysteme auszubauen, ist
deshalb sehr gut. Die Internationale Arbeitsorganisation,
ILO, bescheinigt uns, dass dieser Antrag einen machba-
ren und finanzierbaren Ansatz enthält und maßgeblich
zur Bekämpfung der Armut in der Welt beitragen würde.
Ich bin sehr dankbar, dass das BMZ nicht nur entspre-
chende Mittel, sondern auch Personal und Logistik zur
Verfügung stellt. Wir haben alle im Ausschuss gehört,
dass das Ministerium dieses Thema in den entsprechen-
den Regierungsverhandlungen prominent vertritt und
sich dafür einsetzt.


(Beifall bei der SPD)


Ich glaube, wir alle im Haus sind uns beim Thema
Bildung einig. In dem entsprechenden Antrag dazu wird
die nachhaltige Entwicklung unterstützt und aufgezeigt,
dass wir hier in den nächsten Jahren noch viel tun müs-
sen. Es ist nach wie vor so, dass weltweit 77 Millionen
Kinder keinen Zugang zu Bildungssystemen, keinen Zu-
gang zu Schulen haben. Wie im UNESCO-Weltbil-
dungsbericht vom letzten Jahr ausgeführt wird – auch
dieses Thema müssen wir angehen –, ist für die Herstel-
lung von Chancengleichheit die weltweite Abschaffung
von Schulgebühren nötig. Daran zu arbeiten und dazu
beizutragen, dass die Primärschulausbildung für die Kin-
der kostenfrei ist, muss unser aller Anliegen sein.


(Beifall bei der SPD)


Wer Bildung stärkt, stärkt damit natürlich alle von Ar-
mut Betroffenen und insbesondere die Frauen. Damit
wird ein entscheidender Beitrag zur Bekämpfung von
Armut und Hunger sowie zum nachhaltigen Aufbau von
friedlichen Strukturen geleistet. Man muss sich einmal
ansehen, wie man mit einem qualitativ verbesserten Bil-
dungswesen Partizipation und gesellschaftliche Teilhabe
stärken kann. Ich habe das letztes Jahr auf meiner Reise
in den Ostkongo erlebt. Wir haben dort bereits vieles in
Angriff genommen, aber es ist noch sehr viel zu tun. Wer
die Bilder der letzten Wochen gesehen hat, dem ist das
bewusst geworden.

Wir haben aber auch begonnen, partizipativen Unter-
richt zu unterstützen, gesellschaftliche Teilhabe von
Kindern zu fördern und damit auch einen Beitrag zur
Überwindung von Kriegsfolgen und Kriegstraumata zu
leisten. Dazu gehört auch die Arbeit – das möchte ich an
dieser Stelle ausdrücklich loben und erwähnen – des Zi-
vilen Friedensdienstes. Die von uns entsandten Entwick-
lungshelfer leisten in den Krisenregionen unter hohem
persönlichen Einsatz und Risiko hervorragende Arbeit.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620204300

Frau Kollegin, kommen Sie bitte zum Ende.

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(C (D Ja. – Es ist schade, wenn man nur einige Minuten Re ezeit hat, (Dr. Karl Addicks [FDP]: Das waren jetzt aber schon viele Minuten!)

Dr. Bärbel Kofler (SPD):
Rede ID: ID1620204400

ber über wichtige Themen zur Weiterentwicklung der
rmutsbekämpfung sprechen will. Es bleibt im Bereich
ildung viel zu tun. Leider habe ich nicht mehr die Zeit,
m auf die Qualität der Lehrerausbildung, auf unser ge-
teigertes Engagement in der Grundbildung, die berufli-
he Bildung und die vielen Hochschulpartnerschaften
inzugehen, die hier tolle wissenschaftliche Transferleis-
ungen erbringen.

Ich möchte mich noch einmal für das Engagement
nd die Arbeit aller Beteiligten, auch des Ministeriums,
n den letzten Jahren bedanken. Ich wünsche mir eine
ontinuierliche Fortsetzung dieser Arbeit und auch kon-
inuierlich aufwachsende Haushaltsmittel.

Danke.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620204500

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 16/10038 an die in der Tagesordnung aufge-

ührten Ausschüsse vorgeschlagen. – Damit sind Sie ein-
erstanden. Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 4 sowie Zu-
atzpunkt 2 auf:

4 Beratung des Antrags der Abgeordneten Brigitte
Pothmer, Markus Kurth, Britta Haßelmann, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Gerechtigkeit und Chancen statt Ausgrenzung
und Armut

– Drucksache 16/11755 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales

P 2 Beratung des Antrags der Abgeordneten Klaus
Ernst, Dr. Lothar Bisky, Dr. Martina Bunge, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE

Sozialen Absturz von Erwerbslosen vermeiden
– Vermögensfreigrenzen im SGB II anheben

– Drucksache 16/11748 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Haushaltsausschuss

Es ist verabredet, hierzu eineinhalb Stunden zu debat-
ieren. – Dazu höre ich keinen Widerspruch. Dann ist das
o beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem
ollegen Markus Kurth für Bündnis 90/Die Grünen.






(A) )



(B) )


Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620204600

Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Wir befinden uns in der größten Wirtschafts-
krise seit dem Zweiten Weltkrieg. Es ist nicht verwegen,
anzunehmen, dass das, was noch als konjunkturelle
Krise begriffen wird, den Auftakt eines tiefgreifenden
und langanhaltenden Strukturwandels darstellen wird.
Es ist die historische Verantwortung dieses Hauses, die-
sen Strukturwandel zu gestalten und mitzubestimmen.
Immerhin hat sich – außer bei der FDP – die Erkenntnis
durchgesetzt, dass die vielbeschworene unsichtbare
Hand des Marktes ungezügelt durchaus in der Lage ist,
ganze Volkswirtschaften zu erwürgen. Eine Summe von
gut 80 Milliarden Euro, wie in den beiden Konjunktur-
paketen vorgesehen, böte die Chance, den Umbau hin zu
einer ökologischen Wirtschaft und sozial gerechteren
Wissensgesellschaft einzuleiten. Vor allem aber böte
sich die Chance, eine der größten Wachstumsbremsen
dieses Landes aufzulösen, nämlich die verfestigte soziale
Spaltung und die in den letzten Jahren verschärfte soziale
Ausgrenzung ganzer Bevölkerungsschichten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Vielleicht wundert es manchen, dass ich von Armut
und Arbeitslosigkeit als Wachstumsbremse spreche.
Doch ich finde, es lohnt sich, das Phänomen Armut unter
volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten zu betrachten;
denn dauerhafte Armut ist teuer, und das nicht nur we-
gen der Kosten für das Arbeitslosengeld II und ebenfalls
nicht nur wegen der Folgekosten von Armut, etwa auf-
grund der steigenden Zahl psychischer Erkrankungen ar-
mer Menschen. Viel schwerer wiegt, dass diese Gesell-
schaft auf die Potenziale von Millionen Menschen
verzichtet, ja diese geradezu missachtet. Diese Vergeu-
dung droht sich fortzusetzen. Wer von dem engen Zu-
sammenhang zwischen Einkommensarmut und Bil-
dungsabschluss weiß, der muss angesichts von 2,5 Mil-
lionen armen Kindern und Jugendlichen in diesem Land
auf das Äußerste alarmiert sein.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Vor dem Hintergrund des zu erwartenden Struktur-
wandels ergibt sich geradezu die Verpflichtung im Rah-
men der Konjunkturprogramme, den Umbau hin zur
ökologisch wirtschaftenden Wissensgesellschaft eng mit
offensiver Armutsbekämpfung zu verbinden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Investitionschancen gibt es reichlich. Allein im Bil-
dungssektor fehlen in Deutschland 23 Milliarden Euro,
um wenigstens den Durchschnitt der OECD-Länder zu
erreichen. Es gibt ebenfalls reichlich Chancen, schnell
wirkende konjunkturelle Maßnahmen zu ergreifen und
gleichzeitig soziale Notlagen zu verringern. Die sozial-
politisch längst überfällige Anhebung des Arbeitslosen-
geldes II auf 420 Euro würde beispielsweise die Binnen-
nachfrage unmittelbar um 10 Milliarden Euro erhöhen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Was aber tut diese Regierung? Hat sie erkannt, dass es
wohl nicht reichen wird, eine Abwrackprämie für Alt-
autos aufzulegen, um die Zukunftsbranche Schrotthan-

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(C (D el zu befördern? Verknüpft die Große Koalition wirkame Konjunkturimpulse mit sozialpolitischen Zielen? – eider nein! Nehmen wir uns doch einmal ein paar Maßahmen vor. Zum Beispiel sollen Kinder zwischen 7 und 3 Jahren, deren Eltern Arbeitslosengeld beziehen, nun tatt 60 Prozent des Erwachsenenregelsatzes 70 Prozent esselben erhalten. Zum einen ist dieser Schritt quantitaiv völlig unzureichend. Zum anderen beseitigt er nicht inen grundlegenden Konstruktionsfehler des Sozialgeles für Kinder. Die Leistung für Kinder wird nämlich ach wie vor vom Bedarf eines Erwachsenen abgeleitet, ls ob ein 13-Jähriger 30 oder 40 Prozent weniger äße ls eine 70-jährige Seniorin. Wir vom Bündnis 90/Die rünen fordern schon seit 2006 die Erstellung eines eienen Kinderregelsatzes. ir haben uns lernfähig gezeigt, als sich schnell abeichnete, dass die Regelleistung für Kinder viel zu geing ist. Seit vorgestern dürfen wir uns durch die Rechtprechung des Bundessozialgerichts bestätigt sehen. s sieht in der geltenden Regelung einen Verstoß gegen as grundgesetzliche Gleichheitsgebot, gegen das Recht uf Menschenwürde und gegen das Sozialstaatsprinzip. s ist schon peinlich genug, dass es überhaupt zu einer olchen Gerichtsentscheidung kommen musste. Ebenalls peinlich ist, dass die Bundesregierung seit über eiem halben Jahr eine einstimmig gefasste Aufforderung es Bundesrats ignoriert, die gleichfalls eine eigenstänige Erhebung dessen einfordert, was Kinder brauchen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


m peinlichsten ist jedoch, dass jetzt Bundesminister
cholz, sekundiert von Ludwig Stiegler, erklärt, die Ge-
ichtsentscheidung träfe sich gut mit der Einführung der
euen Altersklasse; denn jetzt seien die Mängel behoben.
em Bundesrat bescheiden sie dann auch so nebenbei,

ie hätten jetzt seiner Aufforderung Rechnung getragen.
ine solche Sicht der Dinge ist geradezu unverfroren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Dr. Petra Sitte [DIE LINKE])


Ein weiteres Beispiel für die falsche Verteilungspoli-
ik der Regierung sind die Steuersenkungen. Das Bun-
esfinanzministerium selbst gibt an, dass der Großteil
er Steuerentlastungen bei den Gutverdienern landet.


(Volker Schneider [Saarbrücken] [DIE LINKE]: So ist es!)


und 1,5 Milliarden Euro fließen an diejenigen, die dem
pitzensteuersatz unterliegen, während Bezieher von
iedrigeinkommen gerade einmal um 150 Millionen
uro entlastet werden. Diese Schieflage ist nicht nur so-
ial ungerecht, sie ist auch ökonomisch blanker Unsinn.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


eer Steinbrück selbst hat gestern auf meine Frage in der
egierungsbefragung geantwortet – ich zitiere –:






(A) )



(B) )


Markus Kurth
Sie haben völlig recht, dass der Massenkonsum,
den man durch Steuersenkungen erreichen will,
nicht befördert wird, weil die Steuerbelastung in
den unteren Einkommensetagen nicht das große
Problem ist … Für die oberen Einkommensetagen
ist … klar belegt, dass diejenigen, die ein monatli-
ches Nettoeinkommen von über 3 500 Euro haben,
eine Sparquote von weit über 20 Prozent … aufwei-
sen.

Trotz besseren Wissens machen Sie diesen Unsinn.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Schließlich versäumt es die Koalition, die richtigen Rah-
menbedingungen für eine Stärkung der Binnennachfrage
zu schaffen. Hierzu würde zuvörderst ein wirksamer
Mindestlohn gehören. Das, was Sie in der letzten Wo-
che vorgelegt haben, ist mit Verlaub alles andere als eine
umfassende Absicherung gegen Lohndumping.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Jetzt, so war gestern in der Zeitung zu lesen, geben Sie
auch noch den Versuch auf, für die 700 000 Menschen in
der Zeitarbeitsbranche einen Mindestlohn einzuführen –
und das in einer Phase, in der bald krisenbedingt der
Lohndruck noch zunehmen wird.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wie unzulänglich, ja geradezu kontraproduktiv die
Regierung auf die Krise reagiert, zeigt sich auch an den
kleinen Dingen, von denen es einige durchaus verdienen,
öffentlich gemacht zu werden. Hierzu gehört zum Bei-
spiel die Vergabeordnung für Bauleistungen, die Sie
neu gefasst haben. Nach den bisherigen Plänen will das
Bundesbauministerium eine VOB, Vergabeordnung für
Bauleistungen, in Kraft treten lassen, die es gemeinnüt-
zigen Unternehmen verbieten soll, in Wettbewerb mit
gewerblichen Anbietern zu treten. Das heißt, zahlreichen
Beschäftigungsträgern, die sich um die Integration von
Langzeitarbeitslosen kümmern, bräche ein wichtiges
Geschäftsfeld weg. Meine Damen und Herren von der
Regierungskoalition, Ihre Regierung hat offenbar nicht
einmal bemerkt, dass sie mit dieser Neuordnung denjeni-
gen die Beine wegschlägt, die sie selbst zur Umsetzung
ihrer arbeitsmarktpolitischen Programme braucht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das geschieht zu einem Zeitpunkt, wo immerhin durch
das Konjunkturpaket wieder in größerem Umfang öf-
fentliche Bauaufträge anstehen. Es sind diese Schildbür-
gergeschichten, die ich mangels Redezeit gar nicht alle
darstellen kann, die das ganze Ausmaß der Desorientie-
rung dieser Regierung zeigen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die von der Bundesregierung unterlassene Armutsbe-
kämpfung und die Fehlleitung von Geldern durch unsin-
nige Steuersenkungen für die Falschen sind auch deshalb
so bedrückend, weil die Ausgaben schuldenfinanziert
sind und dadurch der künftige Spielraum für unabweis-
bar notwendige Investitionen in den Bildungsbereich
und in den Sozialschutz verringert wird.

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(C (D Gerade die dauerhafte Schwächung der Einnahmeeite wird, so fürchte ich, bald dazu führen, dass in dieem Haus einige wieder das Hohelied vom Gürtel, den an enger schnallen müsse, anstimmen. Sie sollten sich ragen, welchen Eindruck diese Regierungspolitik bei enjenigen Heranwachsenden hinterlässt, die sich heute uf dem Schulhof für ihre Armut schämen, welchen Einruck sie bei denjenigen Kindern hinterlässt, die Klasenausflüge absagen müssen und die mit ihren Eltern an er Lebensmittelausgabe der Tafel stehen. Für all diese uss es unfassbar sein, dass nicht nur nichts für ihre hancen getan wird, sondern dass stattdessen auch noch teinreiche Familienclans wie die Familie Schaeffler die ffentliche Hand anpumpen, um ihre Übernahmefantaien zu finanzieren. Das Missverhältnis in der politischen Prioritätensetung oder in den Ausgaben ist schon jetzt durchaus geeben. Allein das finanzielle Engagement des Staates bei er Pleitebank Hypo Real Estate übersteigt das Volumen eider Konjunkturpakete bereits um einen zweistelligen illiardenbetrag. Meine Damen und Herren von der roßen Koalition, wir stehen in dieser Krise nicht nur in er Verantwortung für die wirtschaftliche Entwicklung; ir stehen auch in der Verpflichtung, das Vertrauen in emokratische Institutionen nicht weiter zu beschädigen. ch sage Ihnen: Politische Stärke gewinnt man in einer emokratie nicht unbedingt, indem man seine Pläne um eden Preis weiterverfolgt. ouveränität kann man auch gewinnen, indem man sich ernfähig zeigt. Steuern Sie um! Betreiben Sie mit uns inen grünen New Deal! Investieren Sie in die soziale nd ökologische Erneuerung dieses Landes. Vielen Dank. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Rolf Stöckel [SPD])


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Frank Spieth [DIE LINKE]: So ist es!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620204700

Der Kollege Karl Schiewerling hat jetzt das Wort für

ie CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Karl Schiewerling (CDU):
Rede ID: ID1620204800

Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! „Ge-

echtigkeit und Chancen statt Ausgrenzung und Armut“
st der Titel des Antrags von den Grünen, den wir gerade
iskutieren. Ich sage Ihnen in aller Deutlichkeit: Der fol-
ende Text hält nicht, was der Titel verspricht.


(Rolf Stöckel [SPD]: So ist es!)


Die Rede, die Sie, Herr Kollege Kurth, gehalten ha-
en, hat mit dem Antrag, den Sie gestellt haben, relativ
enig zu tun.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)







(A) )



(B) )


Karl Schiewerling
In Ihrem Antrag wird das Konjunkturpaket II einschließ-
lich Abwrackprämie mit dem Arbeitnehmer-Entsende-
gesetz und dem Mindestarbeitsbedingungengesetz
verwurstelt. Dann geht es auch noch darum, sozialversi-
cherungsrechtliche Regelungen von Minijobs auf Ar-
beitsverträge bis zu 2 000 Euro auszudehnen und so das
beitragsfinanzierte Solidarsystem mit steuerfinanzierten
Anteilen weiter zu durchlöchern.

Mit dem einen oder anderen Punkt der Anträge, die
die Grünen früher eingebracht haben, haben Sie mich
durchaus – das will ich Ihnen gerne zugestehen – in ar-
gumentative Schwierigkeiten gebracht. Der vorliegende
Antrag ist für mich in dieser Hinsicht eine herbe Enttäu-
schung.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Gabriele Hiller-Ohm [SPD])


Sie zeigen in diesem Antrag und auch in Ihrer Rede
keine einzige Lösung auf;


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sagen Sie!)


vielmehr beschreiben Sie die Gesamtsituation, fügen al-
lerhand Dinge zusammen, ohne dass irgendwo deutlich
wird, wie Sie den Menschen in dieser Situation ganz
konkret helfen wollen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Ich greife den Titel des Antrags der Grünen auf, weil
ich ihn richtig finde; er deckt sich nämlich mit den Zie-
len der Großen Koalition und der CDU/CSU: Gerech-
tigkeit und Chancen statt Ausgrenzung und Armut. Das
ist richtig; das wollen wir auch. Grundlage ist, dass jeder
die Möglichkeit haben muss, mit seines Kopfes und sei-
ner Hände Arbeit den Lebensunterhalt für sich und seine
Familie zu verdienen. Erwerbsarbeit ist der beste Schutz,
um aus Armut herauszukommen, dieser vorzubeugen
oder sich vor ihr zu schützen.

Das Konjunkturpaket II, das Sie gerade so heftig
kritisiert haben, will genau dies erreichen: die Wirtschaft
stabilisieren, um Arbeitsplätze zu erhalten, vor allem
dort, wo durch unverschuldete Einflüsse des Finanz-
marktes Arbeitsplätze verloren zu gehen drohen. Anders
als früher muss und wird es den Betrieben darum gehen
müssen, Fachkräfte zu halten. Deswegen haben wir ge-
gengesteuert und das getan, was zwingend notwendig
ist, nämlich durch das Angebot von Kurzarbeitergeld
Menschen in Beschäftigung, zumindest am Arbeitsplatz,
zu halten und durch eine Ausweitung der Qualifizierung
die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass alle gute
Startbedingungen haben, wenn es wieder aufwärts geht.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Gabriele Hiller-Ohm [SPD])


Zu nennen ist weiter die Stabilisierung des Beitrags-
satzes zur Arbeitslosenversicherung auf 2,8 Prozent, um
die Lohnnebenkosten nicht weiter steigen zu lassen.

Gerechtigkeit und Chancen sowie die Verhinderung
von Ausgrenzung und Armut, das beginnt bei stabilen
familiären Strukturen. Hier werden wichtige, wenn

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(C (D icht die wichtigsten Weichen für die Zukunft der Kiner gestellt. Der Kinderzuschlag wurde erhöht, um so iejenigen stärker vor Armut zu schützen, die zwar ihren igenen Bedarf, aber nicht den der Kinder decken könen. Um die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbsarbeit u verbessern, haben wir die Betreuungsangebote für uner Dreijährige ausgebaut. Auch bei der Betreuungsquote ür Kinder ab drei Jahren haben wir das EU-Ziel von 0 Prozent fast erreicht. Am Ausbau der Ganztagsbereuung in Grundschulen beteiligt sich der Bund ebenalls. Alles das sind Rahmenbedingungen, um letztendich den Menschen Hilfen an die Hand zu geben, damit ie ihre eigene Lebenssituation stabilisieren, aus eigener raft Armut vorbeugen können und so gar nicht erst in rmut fallen. Bei allem, was der Staat tut, bei allem, was wir bechließen und erledigen, dürfen wir nicht vergessen: Die ltern tragen die Verantwortung für die Erziehung der inder – nicht der Staat. er Staat hat die Rahmenbedingungen zu schaffen, dait Eltern diese Aufgabe verantwortungsvoll leisten önnen. Im Rahmen des Konjunkturpakets II erhöhen wir uch die Regelsätze für Kinder von Arbeitslosen. Die egelsätze für Kinder von Erwerbslosen, die Arbeits osengeld II beziehen, werden stärker differenziert. Junen und Mädchen im Alter von 6 bis 13 Jahren erhalten b 1. Juli 2009 70 anstatt 60 Prozent des Regelsatzes on Erwachsenen. Das heißt, von 211 Euro steigt der atz auf 246 Euro. Das sind immerhin 35 Euro mehr im onat. Das Bundessozialgericht – darauf hat Herr Kurth u Recht hingewiesen – hat in seinem jüngsten Urteil en Gesetzgeber aufgefordert, den Regelsatz für Kinder u differenzieren, exakt nachzurechnen, was Kinder beötigen, den Regelsatz für Kinder also nicht einfach von em für Erwachsene abzuleiten. Ich halte das auch für ichtig. Hier wird ein Webfehler des SGB II korrigiert erden müssen. Das Bundesarbeitsministerium arbeitet aran. Das Bundessozialgericht hat aber nicht gesagt, ie hoch der Satz sein muss. Diese Entwicklungen müs en wir noch abwarten. Nicht zu vergessen ist: Jedes Kind erhält noch im lauenden Jahr einmalig 100 Euro. Über die Familienkassen ird diese Einmalzahlung an alle Kindergeldbezieher usgezahlt. Sie wird nicht mit den Bedarfssätzen der Beieher von Sozialleistungen verrechnet. Nicht zu vergessen ist auch das Schulstarterpaket ebenfalls 100 Euro –, das jedem zur Verfügung gestellt ird. Diese Maßnahmen begrüße ich. Sie sind wichtig und ut. Dennoch dürfen wir bei der gesamten Diskussion iejenigen nicht vergessen, die das alles erwirtschaften üssen. Karl Schiewerling Diese Menschen dürfen wir nicht außer Acht lassen. Ihre Leistungsbereitschaft – sie gehen jeden Tag arbeiten, und mit ihren Steuern wird unser Sozialstaat finanziert – muss belohnt und unterstützt werden. Diese Menschen müssen am Ende mehr Geld in der Tasche haben als die, die nicht einer Erwerbsarbeit nachgehen, aus welchen Gründen auch immer. Wie schwierig es ist, das Lohnabstandsgebot einzuhalten, Herr Kollege Kurth, sehen wir an dem Urteil des Bundessozialgerichts zur Beteiligung des Staates an den Kosten von Klassenfahrten. Das ist eine schwierige Situation, die ich im Detail überhaupt nicht bewerten will. Grundlage für das Urteil war ein Fall aus Berlin, eine Klassenfahrt nach Florenz. Nach diesem Urteil müssen Kindern aus Hartz-IV-Familien, also Familien, die Leistungen nach dem SGB II beziehen, die Fahrtkosten komplett bezahlt werden. Die Familien aber, die 100 oder 200 Euro über dem Satz liegen, müssen sehen, wie sie das Geld für die Klassenfahrt ihrer Kinder zusammenkratzen. Das ist eine der Schieflagen, mit denen wir zu tun haben. Ich kritisiere das Urteil überhaupt nicht, sondern weise nur auf die Konsequenzen hin: Nur ganz Arme oder ganz Reiche können sich die Klassenfahrt leisten. Die tragende Mittelschicht unseres Landes wird mehr und mehr in Mitleidenschaft gezogen. (Maria Michalk [CDU/CSU]: So ist das, leider!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der CDU/CSU)


Es ist übrigens auch eine Aufgabe der Schule, für Aus-
gleich zu sorgen. Ich halte das für eine wichtige Auf-
gabe.

Ich stimme zu, dass wir im Bereich der Bildungspoli-
tik mehr tun müssen. Die PISA-Ergebnisse zeigen die
Wissensdefizite auf. Es geht aber nicht nur um Wissen,
sondern es geht auch um Bildung, und es geht um die
Bildung, für die letztendlich im Elternhaus die Grund-
lage gelegt wird. Deswegen ist es wichtig, dass wir den
Erziehungsauftrag der Schulen stärken und in Schulen
und Schulgebäude investieren, um vernünftige Rahmen-
bedingungen zu setzen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Dennoch – ich wiederhole das –: Die Eltern tragen
die Verantwortung für die Erziehung der Kinder, nicht
der Staat. Es gibt Eltern, die überfordert sind und es
nicht alleine schaffen. In diesem Bereich muss Hilfe an-
setzen; hier muss investiert werden, um Hilfe zur Erzie-
hung in den vielfältigsten Formen und Gestaltungsmög-
lichkeiten, die wir heute kennen, zu gewährleisten. Wenn
Kinder ohne Frühstück zur Schule kommen, wenn es
Kinder gibt, die bevorzugt Fast Food essen, dann ist das
kein Zeichen von wirtschaftlicher Notlage, sondern dann
deutet das möglicherweise auf soziale und kulturelle
Schieflagen hin.

In unserem Staat gibt es viel Hilfe. Damit meine ich
den Sozialstaat, das Gesundheitswesen, den Bereich der
Grundsicherung, den Bereich der Kinder- und Jugend-

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(C (D ilfe und des Sozialgesetzbuches. Alle doktern daran heum, aber niemand koordiniert diese Hilfen. Ich glaube, ass es bald an der Zeit sein wird, zu überlegen, an welhen Stellen die Systeme stärker integriert werden müsen, um den Menschen unmittelbar helfen zu können. Wir haben ein sehr ausgefeiltes, ein sehr dicht genüpftes soziales Netz. Darauf ist unser Staat stolz. Das st gut. Aber ich habe den Eindruck, dass dieses Netz an anchen Stellen nicht nur dicht ist, sondern auch starr. ir müssen die Durchlässigkeit bezogen auf die multi len Situationen, in denen sich Kinder und Jugendliche nd damit auch Familien befinden, erhöhen und dadurch ehr Durchgängigkeit organisieren. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU)


ch weiß, wie schwierig das ist, weil Kommunen, Bund
nd Länder betroffen sind. Aber ich glaube, dass es an
er Zeit ist, daran zu arbeiten.

Gerechtigkeit und Chancen statt Ausgrenzung und
rmut – das wollen wir von der CDU/CSU. Daran arbei-

et die Große Koalition. Damit sind wir im Konjunktur-
aket II ein Stück weitergekommen. Ich denke, dass dort
ie konkreten Hilfen verankert sind, die die Menschen
rauchen, damit sie nicht in Armut geraten bzw. aus Ar-
ut wieder herauskommen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620204900

Der Kollege Heinz-Peter Haustein hat jetzt das Wort

ür die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Heinz-Peter Haustein (FDP):
Rede ID: ID1620205000

Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Werte Zuschauer! Ist es Ihnen schon einmal
assiert, dass Sie ins Kino gehen, um einen James-Bond-
ilm zu sehen, doch dann kommt Biene Maja? Daran
abe ich gedacht, als ich den Antrag der Grünen durch-
earbeitet habe. Er ist vollkommen daneben, ein Sam-
elsurium, ein wirres Durcheinander, und auch die
berschrift passt überall.


(Volker Schneider [Saarbrücken] [DIE LINKE]: Beleidigen Sie nicht Biene Maja!)


as Papier heißt: „Gerechtigkeit und Chancen statt Aus-
renzung und Armut“.


(Beifall bei der FDP – Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das ist ein Titel, den jeder in diesem Haus unter-
chreibt. Der Vorteil einer solchen Überschrift liegt auf
er Hand. Man kann damit alles überschreiben und Zu-
timmung ernten. Dem Leser erschließt sich nicht, was
irklich dahintersteht.






(A) )



(B) )


Heinz-Peter Haustein

(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vielleicht Ihnen von der FDP nicht! Das wundert uns gar nicht!)


Leider muss ich im Zusammenhang mit dem Antrag
auch an das Konjunkturpaket denken, das auch etwas
durcheinander ist. Aber das nur nebenbei.

Sie haben eine Allerweltsüberschrift gewählt und kri-
tisieren in Ihrem Antrag eigentlich alles, was zu kritisie-
ren ist:


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist daran auszusetzen? – Volker Schneider [Saarbrücken] [DIE LINKE]: Ein ganzheitlicher Ansatz!)


die Neuverschuldung, die umweltschädliche Kfz-Steuer
und die Tatsache, dass Schulden für den Konsum aufge-
nommen werden.

Ich will auf drei Punkte eingehen. Erstens fordern Sie
Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur. Das ist in
Ordnung. Schon seit Jahren legt die FDP durchdachte
Anträge vor, um mehr für die Infrastruktur zu tun. Das
Schienennetz muss erneuert werden, und auch für die
Straßen muss etwas getan werden. In diesem Zusam-
menhang fällt mir die Bahnstrecke zwischen Berlin und
Dresden ein. 1934 ist man mit der Dampflokomotive
BR 01 anderthalb Stunden schneller gefahren als heute.

Da fällt mir ferner ein: Auf der Bundesstraße 170 von
Dresden ins Erzgebirge können bestenfalls noch die
Fuhrwerke fahren, für die sie damals gebaut wurde,
nämlich Pferdekutschen. Sie hat immer noch die gleiche
Gradiente, bergauf, bergab, Kurve rechts, Kurve links.
Dort wollen wir investieren. Aber gerade Sie von den
Grünen verhindern mit Ihren überzogenen ideologischen
Forderungen einen schnellen Bau, ein sicheres, schnelles
Vorgehen.


(Beifall bei der FDP!)


Baumaßnahmen werden verzögert und verteuert.

Darin liegt auch der Widerspruch in Ihrer Politik. In
der Universitätsstadt Freiberg in Sachsen soll eine
Ortsumgehung gebaut werden. Da hat man vor zehn Jah-
ren das letzte Mal eine Fledermaus gesehen; aber wegen
dieser Fledermaus müssen zunächst Gutachten erstellt
werden, und es darf nicht gebaut werden. So kann es
nicht gehen. Das ist der Widerspruch in Ihrer Politik: Sie
fordern Infrastruktur, verhindern diese aber gleichzeitig
mit überzogenen ideologischen grünen Barrieren.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Volker Schneider [Saarbrücken] [DIE LINKE]: Fledermausideologen! – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was hat das denn mit dem Antrag zu tun?)


Der zweite Punkt in Ihrem Antrag ist – das ist wenigs-
tens ein sozialpolitischer Bezug – die Forderung nach
höheren Regelsätzen bei Hartz IV und Sozialhilfe. Be-
gründet wird dies mit der Notwendigkeit, die Binnen-
nachfrage zu stärken; dafür soll die Kaufkraft gefördert
werden. Nun haben die Grünen aber doch gerade in die-

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(C (D em Antrag ausgeführt, es solle kein Geld für den Konum ausgegeben werden. (Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was? Sie haben das nicht verstanden!)


uch das ist ein Widerspruch. Diese Widersprüche zie-
en sich durch Ihren Antrag wie ein roter Faden.

Bei der Regelsatzerhöhung kommt es doch auf den
ichtigen Weg an.


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eigentlich erwarten wir nur, dass Sie die Anträge richtig lesen!)


ie fordern mehr Geld, fragen aber nicht, wo das Geld
erkommt.


(Volker Schneider [Saarbrücken] [DIE LINKE]: Da nennen Sie mal die Steuersenkungen von der FDP!)


ch möchte Ihnen einmal sagen, was alles vom Staat be-
ahlt wird. Jeder bekommt eine Wohnung, und jeder be-
ommt die Heizkosten bezahlt; auch dann, wenn er das
enster auflässt, werden die Heizkosten voll vom Staat
ezahlt. Die monatliche Hartz-IV-Leistung einer Familie
it zwei Kindern über 15 Jahre beträgt circa 1 600 Euro

lus 439 Euro für Sozialabgaben, die der Staat bezahlt.
as muss man erst einmal verdienen.


(Beifall bei der FDP)


Wichtig ist eines: Wir müssen in unserem Land den
ozialen Frieden sichern. Jeder muss wissen, dass er hier
bgesichert ist. Daran dürfen wir nicht rütteln. Dafür ste-
en wir als FDP. Aber ist Ihnen schon einmal aufgefal-
en, dass wir im Bundestag immer und immer wieder
ber das Geldverteilen reden und über die Hartz-IV-
mpfänger, die das Geld bekommen, aber nicht über die,
ie es erwirtschaften müssen? Auch die müssen Sie ein-
al fragen. Das sind die vielen fleißigen Handwerker,

ie Facharbeiter, die Beamten, die Angestellten,


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vielleicht würden die Arbeitslosen auch gerne arbeiten!)


ie von früh bis abends schuften und das Geld für die
artz-IV-Empfänger aufbringen. Jeder Hartz-IV-Emp-

änger, der keine Arbeit bekommt, tut mir leid. Trotzdem
üssen wir beide Seiten sehen. Es geht auch darum, das
ohnabstandsgebot zu stärken.


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Darum brauchen wir den Mindestlohn!)


enn irgendwann sind die, die arbeiten, die Dummen.
azu darf es in diesem Land nicht kommen, meine Da-
en und Herren.


(Beifall bei der FDP)


Drittens holen Sie in Ihrem Antrag noch den Min-
estlohn aus der Kiste, um die Leute mit Halbwahrhei-

en zu verwirren. Wir sagen: Lohnverhandlungen sind
ache der Tarifparteien, nicht der Politik. Es ist wichtig
nd richtig, dass jeder ordentlich bezahlt wird, damit er






(A) )



(B) )


Heinz-Peter Haustein
von seiner Arbeit leben kann. Doch ein Mindestlohn,
wie hier gefordert, ist ordnungspolitisch denkbar falsch.


(Elke Ferner [SPD]: Was ist denn ordnungspolitisch richtig, Herr Kollege? – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lohndumping ist ordnungspolitisch richtig? – Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch absurd hier!)


Ist er zu hoch, vernichtet er Arbeitsplätze, ist er zu nied-
rig, wirkt er nicht. Wir sehen also: Die Grünen haben in
ihrem Antrag wieder Dinge zusammengerührt, die nicht
zusammenpassen.


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie kriegen das nicht zusammen! – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was kriegt denn eine Friseuse in Sachsen?)


Aus Zeitgründen kann ich Ihnen zu diesem Antrag
nur noch eines sagen: Notwendig ist eine liberale Politik,
ein liberales Bürgergeldkonzept in Verbindung mit einer
Reform des Steuersystems, das einfach, niedrig und ge-
recht gestaltet werden muss, eine Lösung aus einem
Guss, die Anreize schafft. Das müssen wir machen. Wir
brauchen auch betriebliche Bündnisse für Arbeit, in de-
nen Tarifpartner betriebsspezifische Lösungen finden
können. Wir haben Gott sei Dank unseren leistungsstar-
ken Mittelstand, der Innovationen bringt.


(Dr. Edmund Peter Geisen [FDP]: Richtig!)


Dort entstehen Arbeitsplätze und Ausbildungsplätze,
und dort müssen wir Anreize verstärken; dort müssen
wir entlasten, damit Arbeitsplätze entstehen. Packen wir
es an! Es gibt viel zu tun. Lasst uns Deutschland erneu-
ern!

In diesem Sinne ein herzliches Glückauf aus dem Erz-
gebirge.


(Beifall bei der FDP)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620205100

Herr Stöckel spricht jetzt für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD – Zuruf von der LINKEN: Jetzt wird die Oppositionsrede für den Mindestlohn gehalten!)



Rolf Stöckel (SPD):
Rede ID: ID1620205200

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ange-

sichts der Herausforderungen, vor denen Deutschland
steht – auch Markus Kurth hat zu Beginn seiner Rede
betont, dass es diese Herausforderungen gibt –, hätten
wir erwartet, dass die Grünen in dieser 90-minütigen
Kernzeitdebatte einen konstruktiven Beitrag zur Über-
windung der Krise leisten. Stattdessen wurde uns gestern
ein offensichtlich mit heißer Nadel gestrickter


(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Mit dem Wort „heiße Nadel“ sollten Sie zurückhaltend sein!)


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(C (D nd auf dem Bundesparteitag der Grünen in Dortmund erfasster Antrag vorgelegt. Wenn man von der Polemik bsieht, die sich durch den gesamten Antrag zieht, bleien letztendlich nur einige Forderungen übrig, die schon us alten Anträgen der Grünen bekannt sind. Der dickste Hund begegnet uns bereits im ersten Satz es Antrages: Die klaffenden Gerechtigkeitslücken, die durch die Politik der Bundesregierung in den vergangenen dreieinhalb Jahren … entstanden sind … an könnte sagen, dass vorher alles in Butter war, weil ie Grünen mitregiert haben. (Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Die Arbeitslosigkeit war gestiegen!)


ie Grünen könnten aber auch sagen: Wir haben mit den
rfolgen der Agenda 2010, auf denen die Große Koali-

ion aufbauen konnte, nichts zu tun. Abbau der Arbeits-
osigkeit von 5 Millionen im Jahr 2005 auf 3 Millionen
m Jahr 2008? Ist gar nicht passiert. – Das ist doch – ent-
chuldigen Sie den unparlamentarischen, aber zutreffen-
en Ausdruck – saudumm.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU])


as wird auch durch ständige Wiederholung nicht richti-
er. Herbert Wehner hätte gesagt: Meine Damen und
erren, Ihre Behauptungen haben kurze Beine.

Deutschland befindet sich, wie auch sehr viele andere
änder, aufgrund der internationalen Banken- und Fi-
anzkrise in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage. Es
ind nicht nur Hunderttausende von Arbeitsplätzen ge-
ährdet, wie auch die aktuelle Statistik ausweist; viel-
ehr werden die Schwächsten am härtesten getroffen,
enn wir hier nicht handeln würden. Da hätte man von
en Grünen doch gerne mehr gehört. Wir müssen die
räfte bündeln, um die Folgen der Wirtschaftskrise ab-

umildern, und vor allen Dingen die Basis für den nächs-
en Aufschwung legen. Denn wir wollen diese Krise
icht irgendwie überstehen, sondern wir wollen gestärkt
us ihr hervorgehen. Das können wir schaffen.

Nur mit einer starken, wettbewerbsfähigen und inno-
ativen Wirtschaft können wir den Sozialstaat, Teilhabe-
hancen und Verteilungsgerechtigkeit auf hohem Niveau
ichern. Die beschlossenen Maßnahmen sollen und wer-
en dazu beitragen, dass die Konjunktur in Deutschland
ieder in Gang kommt, Arbeitsplätze gesichert werden
nd vor allen Dingen Qualifizierung gefördert wird. In
iesen Punkten ist sich die Fachwelt einig. Das scheint
in Problem der Opposition zu sein.

Natürlich setzen auch die Beschlüsse zur Absenkung
es Arbeitslosenversicherungsbeitrages, zur Erhöhung
es Kindergeldes, zur Einführung des Kinderbonus, zur
rhöhung der Regelsätze für Kinder von 6 bis 13 Jahren
nd zur Erhöhung des Kinderfreibetrages wichtige kon-
unkturelle Impulse. Der Kernpunkt ist aber das staat-
iche Investitionsprogramm von insgesamt rund
7,3 Milliarden Euro, das direkt der kommunalen Infra-
truktur und damit der Lebensumwelt der Bürgerinnen






(A) )



(B) )


Rolf Stöckel
und Bürger zugutekommen soll. Wer behauptet, dass das
die Gesellschaft zunehmend spalte, der hat offensichtlich
nicht verstanden, in welcher Situation gerade die Kom-
munen sind, die die größten sozialen Probleme und eine
schwache Infrastruktur haben.


(Beifall bei der SPD)


Aus dem gemeinsamen Topf von Bund und Ländern
werden zu zwei Dritteln Investitionen in den Bildungs-
bereich – das heißt in Kindergärten, Schulen, Hochschu-
len und Forschung – und zu einem Drittel in die Moder-
nisierung der Infrastruktur – das heißt Krankenhäuser,
Städtebau, ländliche Infrastruktur und Lärmsanierung –
finanziert. Von den 4 Milliarden Euro zusätzlicher Bun-
desmittel wird die Hälfte, also 2 Milliarden Euro, für
Ausbau und Erneuerung von Bundesverkehrswegen be-
reitgestellt. Für sonstige Baumaßnahmen stehen 750 Mil-
lionen Euro zur Verfügung. Diese dienen der Grundsa-
nierung und der energetischen Sanierung von Gebäuden.

Um zusätzliche Investitionen in die Energieeffizienz
von Gebäuden anzustoßen, haben wir bereits im ersten
Konjunkturpaket die Mittel für das CO2-Gebäudesanie-
rungsprogramm um 3 Milliarden Euro aufgestockt. Mit
eingeschlossen sind sowohl die Initiative „Wirtschafts-
faktor Alter“, mit der der altersgerechte Umbau von
Wohnraum durch die KfW gefördert wird, als auch der
Investitionspakt, den ich bereits angesprochen habe. Das
schafft nachhaltig mehr Barrierefreiheit, hilft auf Dauer
den Kommunen, Energiekosten zu sparen, und vermin-
dert die Umweltbelastung. Das haben die Grünen immer
eingefordert.


(Beifall bei der SPD)


Herr Kurth, Sie müssten uns eigentlich einmal loben.

Wir hatten gestern in der SPD-Bundestagsfraktion
500 Kommunalpolitiker zu Gast und haben mit ihnen
über das Investitionsprogramm diskutiert. Es gibt sicher-
lich noch Detailprobleme, die zu lösen sind. Da sind vor
allen Dingen die Länder gefordert. Wir haben eine breite
und große Zustimmung bekommen. Ich glaube, Sie von
den Grünen sollten einmal selbst in den Kommunen ak-
tiv werden und daran mitarbeiten, dass diese Maßnah-
men möglichst schnell umgesetzt werden können.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir entlasten die Bürgerinnen und Bürger, die Steuer-
zahler, die Beitragszahler, die Rentner, die Familien und
auch die Arbeitslosen, massiv. Ein Großteil dieser Ent-
lastungen ist nachhaltig, das heißt auf Dauer angelegt.
Das betrifft vor allem die Steuer- und Beitragssatzsen-
kungen,


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ja das Problem! Sie schwächen die Einnahmeseite!)


etwa die Senkung des Eingangssteuersatzes bei der Ein-
kommensteuer auf 14 Prozent. Bereits unter der rot-grü-
nen Bundesregierung haben wir nach 1998 große
Schritte diesbezüglich getan; wir gehen diesen Weg wei-
ter. Es gibt in diesem Jahr eine Entlastung um rund

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(C (D Milliarden Euro und im Jahre 2010 um rund Milliarden Euro. Der Steuerabzug von Vorsorgeaufendungen für die Krankenund Pflegeversicherung ird ab dem 1. Januar 2010 deutlich verbessert. Das ist ine Entlastung von rund 7,8 Milliarden Euro. Über die Familienkassen wird an alle Kindergeldbeieher ein Kinderbonus von einmalig 100 Euro je Kind usgezahlt. Damit stehen Familien mit Kindern 1,8 Miliarden Euro zusätzlich zur Verfügung. Auf die Erhöung des Regelsatzes für Kinder von Hartz-IV-Bezieern und Sozialhilfeempfängern wird meine Kollegin iller-Ohm eingehen. Seit dem 1. Januar 2009 erhalten Familien monatlich 0 Euro mehr Kindergeld. Dies wurde im letzten Jahr eschlossen. Rund 2 Milliarden Euro stehen nun für Failien mehr zur Verfügung. Wir haben in der Koalition urchgesetzt, dass auch Kinder von Arbeitslosen besser nterstützt werden. Jeweils zum Schuljahresbeginn rhalten hilfsbedürftige Kinder einen Beitrag von 00 Euro bis zum Abschluss der 10. Klasse; wir Sozialemokraten wären gerne weitergegangen. Diese Kosten etragen in den kommenden beiden Jahren 240 Millioen Euro. Wir haben das Wohngeld bereits zum 1. Januar 2009 on durchschnittlich 92 Euro monatlich auf 142 Euro eröht und außerdem rückwirkend zum 1. Oktober 2008 ine Heizkostenpauschale eingeführt. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


iese Maßnahmen kosten rund 520 Millionen Euro und
elfen den Geringverdienern direkt.

Zu den weiteren Punkten, zur Sicherung der Beschäf-
igung, zur Verbesserung des Kurzarbeitergeldes, zur
ualifizierung, zur Ausweitung der Mindestarbeitsbe-
ingungen und zur Ausdehnung der Mindestlöhne auf
eitere Branchen sowie zur Überprüfung der Bedarfe
nd Regelsätze in den Grundsicherungen, werden sich
eine Kolleginnen Hiller-Ohm und Lösekrug-Möller

ußern. Sie werden auch etwas zu dem Vorschlag der
inken sagen, in Deutschland eine egalitäre Vermögens-
erteilung – das muss man sich auf der Zunge zergehen
assen – über die Anhebung der Schonvermögen von
LG-II-Berechtigten zu erreichen.

Meine Damen und Herren, die Maßnahmenpakete der
roßen Koalition sind nicht nur international abge-

timmt. Nein, sie sind mit den Gewerkschaften, den Ar-
eitgebern und den Sachverständigen auf nationaler
bene ebenso im Konsens beschlossen worden wie mit
en Bundesländern und den Kommunalverbänden. Wir
egen Wert darauf – das zu betonen, ist in Bezug auf den
orwurf, es würden Schulden zulasten kommender Ge-
erationen gemacht, wichtig –, dass die höhere Verschul-
ung, die dazu notwendig ist, durch eine absehbare Til-
ung in besseren Zeiten abgebaut wird, dass die
nvestitionen nachhaltig sind und das Ziel der Konsoli-
ierung der öffentlichen Haushalte nicht aufgegeben,
ondern angestrebt wird. Wir Sozialdemokraten sind im
brigen zu Recht stolz darauf, dass wir unsere Vor-






(A) )



(B) )


Rolf Stöckel
schläge in der Großen Koalition in hohem Maße durch-
setzen konnten.

Meine Damen und Herren von den Grünen, in einer
Zeit großer Herausforderungen, in der es auch gilt, in
kritischer Solidarität zusammenzustehen, stellt Ihr An-
trag den kläglichen Versuch dar, ein oppositionelles, par-
teitaktisches Ritual krampfhaft durchzuhalten. Das wird
Ihnen nicht nützen, sondern schaden. Wir lehnen Ihren
Antrag ab. Das ist kein Rettungsschirm für die Opposi-
tion.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620205300

Klaus Ernst spricht jetzt für die Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Klaus Ernst (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620205400

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Wieder einmal reden wir im Deutschen Bundes-
tag über die Hartz-Gesetze. Die Grünen legen einen An-
trag vor, der unter anderem beinhaltet, den Regelsatz auf
420 Euro zu erhöhen. Meine Fraktion möchte die Ver-
mögensfreigrenzen im SGB II auf 20 000 Euro erhöhen.
Wir versuchen hiermit, kleine Verbesserungen an einem
großen Murks durchzusetzen, den allerdings auch die
Grünen – das kann ich ihnen nicht ersparen – mitzuver-
antworten haben.


(Beifall bei der LINKEN)


Denn sie haben den Hartz-Gesetzen genauso zugestimmt
wie die SPD.

Meine Fraktion bleibt dabei: Hartz IV muss weg.


(Beifall bei der LINKEN)


Fast die Hälfte aller Klagen von Betroffenen vor deut-
schen Gerichten endet mit dem Erfolg der Kläger. Sie
klagen gegen Leistungskürzungen. Sie klagen gegen
Willkür in den Bewilligungsbescheiden. Sie klagen für
schnelle Hilfe, die versagt blieb, obwohl die Heizung ab-
gestellt wurde, und für vieles andere mehr. Das Gesetz
erlaubt bürokratische Schikanen und schreibt Verwal-
tungsexzesse vor.

Es kann ja sein, dass Sie den Eindruck haben, was wir
hier vortragen, sei relativ egal. Aber vielleicht hören Sie
einmal auf die Presse. Herr Prantl schrieb gestern in der
Süddeutschen Zeitung:

Das „Gesetz über die Grundsicherung für Arbeits-
suchende“, so der amtliche Titel des Hartz-IV-Ge-
setzes, ist eine gesetzgeberische Katastrophe ...

Dafür sind Sie verantwortlich.


(Beifall bei der LINKEN)


Es ist eine Katastrophe für alle Betroffenen, die auf-
grund von Schikanen der Behörden ihrer Würde beraubt
werden. Es ist eine Katastrophe für die Menschen, die
trotz jahrelanger Arbeit nach einem Jahr Arbeitslosigkeit

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(C (D uf einen Regelsatz von inzwischen 351 Euro gedrückt erden. Dass Sozialdemokraten dies mitgemacht haben, erde ich in meinem ganzen Leben nicht mehr versteen. Es ist eine Katastrophe, dass sich Menschen arm achen müssen, bevor sie diese Leistung in Anspruch ehmen können, dass sie ihr Vermögen, sofern man bei twas über 9 000 Euro davon reden kann, aufbrauchen üssen, bevor sie Anspruch auf Unterstützung haben. Es st eine Schande, dass letztendlich auch noch die Sparbüher der Kinder geplündert werden müssen, bevor Anpruch auf Unterstützung des Staates besteht. Das ist eine Sozialpolitik, das ist eine grenzenlose Sauerei. Es ist eine Katastrophe, dass Arbeitnehmer wegen ieser Gesetze eine solche Angst vor Arbeitslosigkeit aben, dass sie bereit sind, Arbeit jeder Art zu akzeptieen: nicht nur 1-Euro-Jobs, sondern Arbeit, bei der die rbeitszeit ohne Lohnausgleich erhöht wird und bei der chikanen von Vorgesetzten sowie niedrige Löhne akeptiert werden. Das Ergebnis dieser Politik können Sie n den amtlichen Statistiken nachlesen. Herr Prantl ommt zu einem richtigen Schluss, wenn er in seinem rtikel von gestern sagt: Wenn also je ein Gesetz ein gordischer Knoten war: Das Hartz-IV-Gesetz ist einer. Und seit der Antike weiß man, was da zu tun ist. ie wissen es leider noch nicht. Weil sich die SPD, wie an diesem Gesetz deutlich ird, von Sozialpolitik verabschiedet hat, (Rolf Stöckel [SPD]: Unsinn! Das wird auch durch Wiederholen nicht richtiger!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


raucht sie sich nicht zu wundern, dass sie bei jeder
ahl von Niederlage zu Niederlage dümpelt.


(Rolf Stöckel [SPD]: Die Welt bei Ihnen ist nur schwarz-weiß!)


on meinem Vorredner habe ich gerade gehört, die SPD
abe alles richtig gemacht und sei mit ihren Vorschlägen
uf der Höhe der Zeit. Ich wundere mich nur, warum die
ürger dann offensichtlich so doof sind, die tollen Leis-

ungen Ihrer Partei nicht mehr zu akzeptieren. Darüber
üssen Sie sich einmal Gedanken machen.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Regierung verschließt nach wie vor die Augen
or der Realität. Die Armut steigt trotz Erwerbstätig-
eit: Waren es im September 2005 noch 950 000 Men-
chen, die trotz Arbeit Leistungen nach dem SGB II
ezogen haben, sind es im Februar 2008 schon
,3 Millionen gewesen.


(Rolf Stöckel [SPD]: Gut, dass es die Grundsicherung gibt!)


as Institut Arbeit und Qualifikation stellt fest, 2006
ind 6,5 Millionen Menschen mit Niedriglöhnen be-
chäftigt gewesen. Die Zahl hat dramatisch zugenom-
en. Das ist Ergebnis der Hartz-Gesetze. Wenn Sie sich






(A) )



(B) )


Klaus Ernst
dieser Realität verweigern, werden Sie die Zustimmung
der Arbeitnehmer nicht mehr erlangen, auch wenn Sie
bei den Gewerkschaften noch so betteln gehen.


(Beifall bei der LINKEN)


Hartz IV bedeutet, dass Leute zur Annahme von
1-Euro-Jobs und Billigarbeit gezwungen werden. Die
Konsequenz dieser Politik – ich weiß nicht, ob Sie dies
auch ignorieren, ob Sie die Realität bei der Veränderung
der Lohnquote nicht mehr zur Kenntnis nehmen – ist,
dass die Lohnquote inzwischen einen Stand von knapp
über 60 Prozent erreicht hat. Dafür ist die Politik von
Hartz mitverantwortlich. Dass Sie als Sozialdemokraten
diese Politik einer Senkung der Löhne mitbetrieben ha-
ben, ist aus meiner Sicht unverantwortlich.


(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Richtig! Das ist genau der Punkt! – Rolf Stöckel [SPD]: Das ist Unsinn, was Sie da reden!)


Damit Sie nicht sagen, dies sei ein Nebeneffekt, von
dem Sie vorher nichts gewusst hätten, zitiere ich – ich
tue es ungern; aber wo er recht hat, hat er recht – Herrn
Sinn aus München.


(Rolf Stöckel [SPD]: Ausgerechnet den!)


– Das sollten Sie sich einmal anhören. Entweder haben
Sie dies ignoriert oder nicht verstanden. Ich zitiere Herrn
Sinn,


(Andrea Nahles [SPD]: Sie sind sich für nichts zu schade!)


der 2004 gesagt hat:

In Wahrheit geht es um eine Lohnsenkung. Die
kommt zustande, weil durch die Abschaffung der
Arbeitslosenhilfe die bislang Begünstigten auf die
Sozialhilfe zurückfallen und bereit sein werden, für
weniger Geld zu arbeiten.


(Rolf Stöckel [SPD]: Der hat doch keine Ahnung, der Mann!)


Das hat euch Sinn gesagt. Entweder habt ihr ihn igno-
riert oder nicht verstanden. Ich habe den Eindruck, dass
bei euch beides der Fall ist: ignoriert und nicht verstan-
den.


(Beifall bei der LINKEN – Rolf Stöckel [SPD]: Sie haben keine Ahnung!)


Mit ihren Hartz-Gesetzen haben die verantwortlichen
Parteien dafür gesorgt, dass das größte staatliche Ar-
mutsprogramm umgesetzt wurde, das in dieser Republik
je zu verzeichnen war. Insgesamt 2,2 Millionen Kinder
und Jugendliche stecken in Hartz. Das Bundessozialge-
richt hat Ihnen jetzt die Leviten gelesen – dies trifft na-
türlich für die CDU/CSU genauso zu –: Dieses Gesetz ist
verfassungswidrig, und die Regelsätze für Kinder sind
willkürlich festgelegt worden. Wie viele Urteile brau-
chen Sie eigentlich noch, um sich von diesem Holzweg
abzukehren?


(Beifall bei der LINKEN)


Wie viele Urteile müssen Ihnen deutsche Gerichte vorle-
gen, bevor Sie merken, dass die Hartz-Gesetze nicht ak-

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(C (D eptabel sind und dem Rechtsstaatsgedanken dieser Reublik widersprechen? – Meinem Vorredner von der DU sage ich: Daran ändert sich auch dadurch nichts, ass der Regelsatz für Kinder jetzt um 10 Prozent hochesetzt wird. Es geht darum, dass der Regelsatz indiviuell festgelegt werden muss. Solange Sie das nicht tun, st dieses Gesetz nicht verfassungskonform. Zum Antrag der Grünen: Natürlich ist es richtig, die egelsätze anzuheben. Diesbezüglich stimmen wir Ihen voll zu; da sind wir auf Ihrer Linie. Ich verstehe nur icht, warum die Grünen bei 420 Euro hängenbleiben nd sich dabei auch noch auf die Sozialverbände bezieen. In der Stellungnahme des Deutschen Paritätischen ohlfahrtsverbandes vom 10. Juni 2008 heißt es: Wird weiterhin der Kaufkraftverlust seit 2003 in Rechnung gestellt, so müsste der Regelsatz nach aktuell zur Verfügung stehenden Daten zur Entwicklung der regelsatzspezifischen Lebenshaltungskosten auf 434 Euro angehoben werden, um bedarfsdeckend zu sein. (Andrea Nahles [SPD]: Der Arbeitsmarktund Sozialexperte!)


ch verstehe nicht, warum ihr so knickrig seid; ihr habt
och nicht nur Schwaben in der Fraktion.


(Beifall bei der LINKEN)


Im Übrigen ist das grüne Progressivmodell abzuleh-
en. Letztendlich ist das eine Förderung des Niedrig-
ohnsektors. Dem können wir nicht zustimmen.

Jetzt komme ich zu unserer Position. Wir wollen eine
nhebung der Vermögensfreigrenze auf 20 000 Euro.
urzeit liegt sie bei maximal 9 750 Euro. Die gegenwär-

ige Regelung bedeutet Armut per Gesetz. Die Betroffe-
en müssen ihr Geld verbrauchen, weil sie sonst keinen
nspruch auf Leistungen haben. Es stimmt zwar, dass
an Vermögen berücksichtigen muss; mit 9 750 Euro ist
an aber sicherlich nicht reich. Es ist Willkür und eine

nzumutbare Gängelei und Quälerei, dass sich Men-
chen arm machen müssen, bevor sie Leistungen bezie-
en können.

Wir beziehen uns auf einen DIW-Wochenbericht aus
em Jahr 2009, den Sie offensichtlich auch nicht zur
enntnis nehmen. Das Nettovermögen hat sich in dieser
epublik verändert, wird uns da attestiert. Das reichste
ehntel der Bevölkerung ist noch reicher geworden und
as ärmste Zehntel noch ärmer. Das DIW sagt auch, wo-
an das liegt – ich zitiere aus dem Bericht –: Die Rege-
ngen zum Arbeitslosengeld II dürften „zu einem stärke-

en Entsparen im Falle von Arbeitslosigkeit beigetragen“
aben, „da eigenes Vermögen zunächst weitgehend auf-
ezehrt werden muss, bevor diese staatliche Unterstüt-
ung in Anspruch genommen werden kann“. Hier hat Ih-
en ein wissenschaftliches Institut bestätigt, dass Sie mit
hrer Regelung zum Schonvermögen und der Regelung,
ass zunächst Vermögen verbraucht werden muss, letzt-
ndlich zu einer ungleichen Vermögensverteilung in die-
er Republik beitragen.


(Beifall bei der LINKEN)







(A) )



(B) )


Klaus Ernst
Deshalb könnten Sie wenigstens in dieser Frage unserem
Antrag zustimmen.

Da die Firma Schaeffler vorhin genannt worden ist:
Wie verhalten wir uns denn, wenn die Millionärin Frau
Schaeffler zur Bundesregierung kommt und 6 Milliar-
den Euro haben möchte, weil sie offensichtlich mit ih-
rem Geschäftsführer Geld verzockt hat? Was machen
wir denn dann? Sagen Sie ihr auch, sie solle erst einmal
ihren Pelzmantel ausziehen, weil sie sonst nichts be-
komme, wie Sie das bei den Arbeitslosen machen?


(Beifall bei der LINKEN)


Sagen Sie auch ihr, sie solle sich eine kleinere Wohnung
nehmen?


(Jürgen Klimke [CDU/CSU]: Sie schicken lieber die Arbeitnehmer nach Hause, oder?)


Hier geht es nicht um 351 Euro im Monat, sondern um
Milliarden. Ich sage Ihnen: Sie behandeln die Menschen
in diesem Land ungleich, und das akzeptieren die Men-
schen nicht mehr.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich möchte deutlich sagen – ich habe recherchiert und
Folgendes festgestellt –: Die INA-Holding Schaeffler KG
kommt ihrer Verpflichtung, den Jahresabschluss zu pu-
blizieren, nicht nach. Sie veröffentlichen noch nicht ein-
mal, was sie verdienen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Müssen sie ja auch nicht!)


Trotzdem erhalten sie mit der Frage, wie viele Millionen
sie überwiesen bekommen, Zugang zur Bundesregie-
rung. Bei einer solchen Ungleichbehandlung werden die
Menschen sagen: Das ist ein Staat, den wir nicht mehr
akzeptieren. Ihr Verhalten führt genau dazu, übrigens
auch das eine oder andere Urteil über Steuerflüchtlinge.
Ich kann nur sagen: Ändern Sie diese Politik! Die einen
müssen sich wegen 351 Euro arm machen; wenn es um
Milliarden geht, sorgen Sie aber nicht dafür, dass die
Leute ihrer gesetzlichen Verpflichtung nachkommen.

Wir bleiben dabei: Hartz ist Schikane und Willkür.
Deswegen ist es richtig, dass dieses Gesetz nach wie vor
nach jemandem benannt ist, der ein vorbestrafter Geset-
zesbrecher ist, nämlich nach Herrn Hartz. Genau so ist es
richtig.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir wollen die Anhebung der Regelsätze. Wir wollen
eigenständige, bedarfsdeckende Regelsätze für Kinder
und Jugendliche. Wir wollen, dass die Zumutbarkeit von
Arbeit anders geregelt wird. Wir wollen, dass Arbeit an-
ständig entlohnt wird und die 1-Euro-Jobs sofort aufhö-
ren; wir wollen stattdessen sozialversicherungspflichtige
Beschäftigung. Mit Bedarfsgemeinschaften muss Schluss
sein. Jeder Mensch muss einen eigenen Anspruch auf
Leistungen haben.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D ürzungen von Leistungen unter das Existenzminimum ntsprechen nicht der Würde des Menschen und müssen ufhören. Wir fordern in diesem Antrag die Erhöhung des chonvermögens. Außerdem fordern wir: Weg mit artz IV. Dabei bleibt es. (Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der CDU/CSU: Was macht ihr denn mit dem Schonvermögen, wenn ihr Hartz IV abschafft?)


(Beifall bei der LINKEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620205500

Der Kollege Stefan Müller hat das Wort für die CDU/

SU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Stefan Müller (CSU):
Rede ID: ID1620205600

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

err Ernst, ich muss schon sagen: Das, was Sie hier wie-
er abgeliefert haben, ist – man erwartet es von Ihnen
icht anders – unterirdisch.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


or allem die Art und Weise, wie Sie hier über Familien-
nternehmen reden – ich will überhaupt nicht entschul-
igen, was bei der INA-Holding abgelaufen ist; dass
an sich dort vielleicht verspekuliert hat, will ich nicht

n Abrede stellen –,


(Frank Spieth [DIE LINKE]: Wie bedauerlich, was?)


st schlichtweg unanständig. Ich wünschte mir, dass
och mehr Unternehmen dem Standort Deutschland die
reue halten würden, wie die Familie Schaeffler es
chon über Jahrzehnte tut. Ich lade Sie gern in meinen
ahlkreis ein. Halten Sie dort bitte die gleiche Rede und

rklären Sie den Beschäftigten – allein in meinem Wahl-
reis sind es 10 000 –, was passieren wird, wenn man
er Familie Schaeffler und der INA-Holding nicht hilft.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


err Ernst, unmöglich!


(Volker Schneider [Saarbrücken] [DIE LINKE]: Sie kennen doch unsere Forderung! Verteilung an die Arbeitnehmer!)


Nun dachte ich, dass Sie, Herr Ernst, und Ihre Abtei-
ung hier alleine für den Klassenkampf zuständig sind.
ber es ist leider so, dass Ihnen etwas Konkurrenz bei
en Grünen erwächst; das ist gewissermaßen Konkur-
enz von rechts. Wenn man sich Ihren Antrag durchliest,
err Kurth, und sich anhört, was Sie hier zu sagen ha-
en, dann kann man es nicht anders bezeichnen.


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Klassenkampf?)







(A) )



(B) )


Stefan Müller (Erlangen)

Herr Kollege Schiewerling hat schon zu Recht darauf
hingewiesen, dass der Inhalt Ihres Antrags mit dem, was
die Überschrift verheißt, leider nicht viel zu tun hat.

Zunächst einmal haben Sie recht. Das Jahr 2009 wird
sicherlich das Jahr der Wirtschaftskrise sein. Jedenfalls
sind sich alle Experten einig, dass wir in diesem Jahr
eine Rezession bekommen, im schlimmsten Falle den
größten Absturz seit 60 Jahren, seit Bestehen der Bun-
desrepublik. Klar ist, dass die Schönwetterperiode der
vergangenen Jahre mit steigenden Wachstumsraten, sin-
kenden Arbeitslosenzahlen und sprudelnden Steuerein-
nahmen erst einmal vorbei sein wird. Klar ist auch, dass
sich in unserem Land Verunsicherung breit macht; ich
denke, da sind wir uns einig. Es gibt Verunsicherung bei
den Arbeitnehmern, die heute nicht wissen, ob sie ihren
Arbeitsplatz behalten werden können, bei den Unterneh-
mern, die nicht wissen, ob ihr Betrieb die Krise über-
steht, bei jungen Menschen, die nicht wissen, ob sie,
wenn sie die Schule abschließen oder ihr Studium been-
den, einen Ausbildungsplatz oder einen Arbeitsplatz be-
kommen, und bei der älteren Generation, die nicht weiß,
ob ihre Altersversorgung noch sicher ist. Das bedeutet,
dass die Krise, der wir uns in diesem Jahr stellen müs-
sen, alle bestehenden Herausforderungen wie Globali-
sierung, Demografie und Klimawandel sicherlich ver-
stärken wird. Aber ich bitte inständig darum, dass wir
uns jetzt keinen Überbietungswettbewerb mit immer
schlechteren Prognosen abliefern, sondern dass wir uns
gemeinsam darauf einstellen, dass wir auf diese Krise re-
agieren müssen und dass Konsequenzen gezogen werden
müssen.

Ich finde, dass wir in Deutschland gute Gründe ha-
ben, mit Mut und Zuversicht in die Zukunft, vor allen
Dingen in das Jahr 2009 zu blicken. Wir haben gut auf-
gestellte Unternehmen. Wir haben gut ausgebildete, mo-
tivierte Arbeitnehmer. Wir haben in den vergangenen
Jahren als Große Koalition die nötigen Weichenstellun-
gen zur Modernisierung dieses Landes vorgenommen.
All das wird dazu beitragen, dass wir diese Krise besser
überstehen. Wir sollten uns nicht von Untergangsszena-
rien irre machen lassen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Herr Kurth, Sie haben davon gesprochen, dass dies
eine konjunkturelle Krise ist.


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe gesagt, dass es eine strukturelle Krise ist! Strukturwandel!)


Ich möchte Ihnen ausdrücklich widersprechen. Diese
Krise ist nicht konjunkturbedingt, sondern ist eine Aus-
wirkung der Finanzmarktkrise. Das will ich an dieser
Stelle anmerken. Ich denke, wir alle haben uns in den
schlimmsten Albträumen nicht vorstellen können, was
im Zusammenhang mit dieser Finanzmarktkrise interna-
tional abgelaufen ist. Eine explosive Mischung aus billi-
gem Geld, unverantwortlicher Kreditvergabe, Leicht-
gläubigkeit, mangelndem Risikobewusstsein – was auch
immer Sie anführen wollen – zusammen mit einem über-
steigerten Streben nach schnellen und immer höheren

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(C (D ewinnen haben diese Entwicklung überhaupt erst mögich gemacht. Ich sage ganz deutlich: Das, was im letzten Jahr pasiert ist, darf nicht ohne Konsequenzen bleiben. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


ie Finanzmarktkrise war nicht die Folge von Staatsver-
agen


(Andrea Nahles [SPD]: Ja! Richtig!)


der des Versagens unserer sozialen Marktwirtschaft,


(Andrea Nahles [SPD]: Da haben Sie recht!)


ondern das Ergebnis einer Verletzung ethischer bzw.
oralischer Grundlagen.


(Volker Schneider [Saarbrücken] [DIE LINKE]: Oh nein! Das wäre viel zu einfach!)


eswegen ist es wichtig, dass wir reagieren. Die interna-
ionalen Finanzmärkte brauchen Spielregeln, und die
undesrepublik Deutschland ist gut beraten, die Ent-
icklung solcher Spielregeln auf europäischer und inter-
ationaler Ebene einzufordern.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Die Große Koalition leistet mit dem Konjunkturpa-
et einen wesentlichen Beitrag zur Bewältigung der
irtschafts- und Finanzmarktkrise. Es besteht aus einer

lugen Mischung aus staatlichen Investitionen auf der
inen Seite und der Stärkung der Binnennachfrage auf
er anderen Seite. Das Ziel ist klar: Wir wollen die Ar-
eitsplätze in Deutschland erhalten. Bei allen Maßnah-
en, die wir in diesem Jahr durchführen, ist die Siche-

ung der Arbeitsplätze das übergeordnete Ziel.
leichzeitig wollen wir diese Krise als Chance nutzen;
ollege Stöckel hat schon darauf hingewiesen. Wir wol-

en Investitionen in die Zukunft tätigen. Wir wollen aber
uch die Steuern und Abgaben dauerhaft senken.

Im Rahmen des Investitionsprogramms werden wir
ine deutliche Erhöhung des Umfangs staatlicher Inves-
itionen vornehmen. In den Jahren 2009 und 2010 wird
ich das Volumen auf 18 Milliarden Euro belaufen.

Herr Kurth, die Grünen kritisieren in ihrem Antrag,
as Prinzip der Politik der Bundesregierung laute „mehr
eton statt mehr Gerechtigkeit“. Außerdem führen Sie
arin aus, die Bundesregierung verfolge das Ziel, für
makellose Bundesstraßen“ zu sorgen. Ich empfehle Ih-
en, einen Blick in unseren Gesetzentwurf – mittlerweile
ürfte er auch Ihnen vorliegen –


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)


u werfen.


(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das haben wir schon gemacht! Keine Sorge!)


wei Drittel der Investitionen, die getätigt werden sol-
en, fließen in Bildungseinrichtungen: in Kindergärten,
chulen und Hochschulen.






(A) )



(B) )


Stefan Müller (Erlangen)


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber ein großer Teil fließt in den Straßenbau! Deswegen reden wir ja auch von Beton!)


Ein Drittel der Investitionen fließt in Infrastrukturmaß-
nahmen: in Straßen, Schienen, Krankenhäuser, den Städ-
tebau und die Breitbandversorgung.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, genau! Das sage ich doch: auch in Straßen! Ein Drittel der gesamten Investitionen ist doch jede Menge Geld, oder etwa nicht?)


Da können Sie doch nicht sagen, wir würden in Beton
statt in Gerechtigkeit investieren. Herr Kollege Kurth,
natürlich geht es uns auch darum, die Zukunftschancen
junger Menschen zu verbessern.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Von diesen Maßnahmen wird nicht nur die Bauwirt-
schaft profitieren, sondern davon werden aufgrund ver-
besserter Lernbedingungen auch die Schülerinnen und
Schüler sowie die Studentinnen und Studenten profitie-
ren.

Weil Sie in Ihrem Antrag das Stichwort „Gerechtig-
keit“ erwähnen, sage ich Ihnen: Unsere Maßnahmen
sind auch ein Beitrag zu mehr Chancengerechtigkeit;
denn in Zukunft können die Bildungseinrichtungen eine
bessere Infrastruktur anbieten. Daher wären Sie gut be-
raten, die Kritik, die Sie in Ihrem Antrag haben verlaut-
baren lassen, in Zukunft nicht zu wiederholen.

Unser zweites Ziel ist die Stärkung der Binnen-
nachfrage. Uns war klar, dass man mit einem solchen
Konjunkturpaket nicht nur die Wirtschaft unterstützen
darf. Herr Ernst, es geht uns ausdrücklich nicht darum,
nur die Unternehmen zu fördern, sondern auch darum,
die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dauerhaft zu
entlasten. Das ist auch notwendig, weil ihre finanziellen
Spielräume immer geringer werden. Das liegt allerdings
nicht daran, dass die Bruttolöhne der Arbeitnehmer zu
niedrig sind, sondern daran, dass die Abzüge zu hoch
sind und das, was ihnen von ihrem Gehalt netto übrig
bleibt, immer weniger ausreicht, um den Lebensunter-
halt zu decken.


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer kriegt denn den größten Anteil davon?)


Das ist das eigentliche Problem, das wir lösen müssen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620205700

Herr Kollege, möchten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Ernst zulassen?


Stefan Müller (CSU):
Rede ID: ID1620205800

Bitte.

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(C (D Bitte, Herr Ernst. Herr Kollege, Sie haben kritisiert, dass ich das Fami ienunternehmen Schaeffler angegriffen habe. Erstens. Sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, ass es Pressemeldungen gibt, in denen zu lesen ist, dass as Privatvermögen von Frau Schaeffler in Höhe von Milliarden Euro offensichtlich nicht zur Sanierung des nternehmens verwendet werden soll, sondern dass man uf den Staat zurückgreifen will, obwohl das Unternehen über ein Eigenkapital von 300 bis 600 Millionen uro verfügt? Zweitens. Sind Sie bereit, zu akzeptieren, dass die enschen, die, bevor sie staatliche Hilfen in Anspruch ehmen können, ihr gesamtes privates Vermögen offenegen und sogar aufbrauchen müssen, nicht amüsiert ind, einen solchen Vorgang zur Kenntnis nehmen zu üssen? Herr Ernst, ich nehme gerne zur Kenntnis, dass Sie icht bereit sind, andere Umstände zur Kenntnis zu nehen. Ihr Lernbedarf ist sicherlich noch ausbaufähig. (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Was für eine Arroganz!)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620205900
Klaus Ernst (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620206000

(Beifall bei der LINKEN)

Stefan Müller (CSU):
Rede ID: ID1620206100

Um auf Ihre konkreten Fragen zu sprechen zu kom-
en: Ich kenne die Kontoauszüge und die Vermögens-

ufstellung von Frau Schaeffler nicht.


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Die Presse kennt sie! Das ist in der Zeitung zu lesen!)


b das Privatvermögen von Frau Schaeffler, wie Sie er-
ähnt haben, 6 Milliarden Euro beträgt, weiß ich nicht.

ch unterstelle aber, dass diese 6 Milliarden Euro nicht
uf irgendwelchen Konten liegen, sondern im Unterneh-
en investiert sind. Sie müssen einmal zur Kenntnis

ehmen, dass die Gewinne dieser Firma nicht nur auf
erschiedene Konten überwiesen, sondern reinvestiert
urden; ich glaube, dass ich das ein bisschen beurteilen
ann. Das ist die Art und Weise, wie Familienunterneh-
en in Deutschland agieren. Dass Ihnen wegen der Mit-

estimmung und wegen vielem anderem, mit dem Sie
ineinregieren können, große Kapitalgesellschaften lie-
er sind, ist mir klar.


(Heinz-Peter Haustein [FDP]: Volkseigene Betriebe wollen die!)


ch sage noch einmal: Ich bin stolz darauf, dass wir Fa-
ilienunternehmer haben, die ihrer sozialen Verantwor-

ung gerecht werden, indem sie Arbeitsplätze in
eutschland zur Verfügung stellen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Volker Schneider [Saarbrücken] [DIE LINKE]: Ganz schwach, Herr Müller!)







(A) )



(B) )


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620206200

Herr Kollege, möchten Sie auch eine Zwischenfrage

von Frau Enkelmann zulassen?


Stefan Müller (CSU):
Rede ID: ID1620206300

Bitte.


Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620206400

Herr Kollege, meinen Sie nicht, dass Unternehmen,

bevor öffentliche Gelder an sie fließen, eine Bedürftig-
keit nachweisen sollten, dass also ihre Wirtschaftlichkeit
zu prüfen ist?


(Rolf Stöckel [SPD]: Das ist doch logisch! – Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Was hat die Bundesregierung denn gestern gemacht?)



Stefan Müller (CSU):
Rede ID: ID1620206500

Frau Kollegin Enkelmann, ich habe meine Informa-

tionen genau wie Sie aus der Zeitung. Den Medien zu-
folge werden Gespräche geführt. Das Ergebnis dieser
Gespräche kennen weder Sie noch ich. Ich gehe davon
aus, dass die Eigentümerfamilie ihrer Verantwortung ge-
recht wird und auch Privatvermögen einsetzen wird.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Zurück zum Antrag der Grünen. Herr Kurth, Sie sa-
gen, dass Steuersenkungen nichts bringen, weil die
Hälfte der Bevölkerung gar keine Steuern zahlt. Was ist
das für eine Denkweise? Weil Schüler und Jugendliche
keine Steuern zahlen, weil Arbeitslose keine Steuern
zahlen, weil die meisten Rentner keine Steuern zahlen,
weil viele Arbeitnehmer keine Steuern zahlen, soll man
die, die Steuern zahlen, nicht entlasten? Das muss man
nicht verstehen.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620206600

Möchten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Kurth

zulassen? – Bitte schön.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber nicht nach Schaeffler fragen!)



Stefan Müller (CSU):
Rede ID: ID1620206700

Wenn Sie nach Schaeffler fragen, Herr Kurth, lade ich

Sie einmal nach Herzogenaurach ein.


Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620206800

Kollege Müller, ist Ihnen erinnerlich, dass ich den

Bundesfinanzminister zitiert habe, der deutlich sagte,
dass bei Einkommen oberhalb von 3 500 Euro netto die
Sparquote außerordentlich hoch ist und insofern anzu-
nehmen ist, dass eine Erhöhung des Nettoeinkommens
durch eine Steuersenkung keineswegs zu mehr Konsum
und einer Erhöhung der Binnennachfrage führt, sondern
zusätzlich gespart wird? Was sagen Sie zu dieser Auffas-
sung des Bundesfinanzministers?


(Volker Schneider [Saarbrücken] [DIE LINKE]: Hat er da unrecht?)


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(C (D Wenn der Bundesfinanzminister hier seine persönli he Auffassung vertritt, muss ich mich dieser nicht unedingt anschließen. (Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist aber Ihr Minister!)

Stefan Müller (CSU):
Rede ID: ID1620206900

Ich sage Ihnen ganz deutlich: Bei den Steuersenkun-
en, für die sich die Union einsetzt, geht es nicht allein
m eine Stärkung der Binnennachfrage, sondern auch
m eine Selbstbeschränkung der Politik. Wir wollen die
teuern und Abgaben dauerhaft senken. Mein Verständ-
is von Politik ist nicht, dass der Staat den Menschen
mmer mehr abnehmen sollte, um es umzuverteilen.

ein Verständnis von Politik ist, dass der Staat den
enschen nur das abnehmen sollte, was er braucht, um

eine Aufgaben zu finanzieren.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann führen Sie doch die Schuldenbremse sofort ein und nicht erst ab 2013!)


n diesem Sinne will ich den Einstieg in Steuer- und Ab-
abensenkungen verstanden wissen. Ich meine, die Bür-
erinnen und Bürger können besser entscheiden, was mit
hrem Geld passieren soll, als es der Staat kann.


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So viel Schulden hatten wir noch nie! Die müssen abgetragen werden!)


arum geht es mir, Herr Kollege Kurth.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Einen Punkt im Antrag der Grünen kann ich unter-
tützen, nämlich die Senkung der Sozialabgaben. Da-
it haben Sie recht. Aber ich darf Sie daran erinnern,

ass die Große Koalition die Sozialabgaben gesenkt hat
ie keine Regierung vor ihr.


(Zuruf von der FDP: Ach ja? Gesundheitsfonds!)


um Beispiel hat sie den Beitrag zur Arbeitslosenversi-
herung von 6,5 Prozent auf 2,8 Prozent gesenkt. Das ist
ine Entlastung von 25 Milliarden Euro. Was kritisieren
ie also? Dieses Konjunkturpaket ist ein Bündel von
aßnahmen, um der Krise entgegenzuwirken, aber mit
ugenmaß und ohne Panik.

Die Grünen sprechen von Gerechtigkeitslücken und
on Armut.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620207000

Herr Kollege, es gibt noch einen Wunsch nach einer

wischenfrage, und zwar seitens der Kollegin
aßelmann.


Stefan Müller (CSU):
Rede ID: ID1620207100

Das würde meine Redezeit verlängern. Vielen Dank!


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620207200

Bitte schön.






(A) )



(B) )


Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620207300

Sie haben gerade eindringlich die Steuersenkungen

verteidigt und gleichzeitig von Wohltaten für die Kom-
munen gesprochen. Ist Ihnen bewusst, dass das IMK
ausgerechnet hat, dass die in den Konjunkturpaketen
vorgesehenen Steuersenkungen für die Kommunen
Mindereinnahmen von 1,9 Milliarden Euro bedeuten?
Wie wollen Sie das zusammenbringen? Auf der einen
Seite feiern Sie das Konjunkturpaket als das Paket für
die Kommunen, auf der anderen Seite wissen Sie, dass
die Steuersenkungen, die Sie verteidigen, für die Kom-
munen Milliardenausfälle bedeuten.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was sagen Sie dazu, Herr Müller?)



Stefan Müller (CSU):
Rede ID: ID1620207400

Wenn Sie sich dieses Konjunkturpaket einmal genau

und vor allem in seiner Gesamtheit anschauen, also nicht
immer nur einzelne Punkte herausgreifen,


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch linke Tasche, rechte Tasche!)


dann werden Sie feststellen, dass die Kommunen unter
dem Strich mehr Geld für kommunale Investitionen zur
Verfügung haben werden, sodass die Ausfälle, die dort
vielleicht entstehen werden,


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nicht vielleicht!)


durchaus ausgeglichen werden können. Insofern sehe ich
dieses Problem am Ende nicht.

Ich sage noch einmal: Es geht bei den Steuersenkun-
gen sowohl darum, die Binnennachfrage zu stärken, als
auch darum, jetzt damit anzufangen, die Menschen wie-
der zu entlasten. Wir mussten 2005 einen Bundeshaus-
halt übernehmen, den auch Sie von den Grünen mitzu-
verantworten hatten und der in einem katastrophalen
Zustand war, weswegen wir den Menschen gesagt ha-
ben, dass wir ihnen Belastungen nicht ersparen können.
Wir haben ihnen gleichzeitig aber immer auch das Si-
gnal gegeben, dass es Entlastungen geben muss und ge-
ben wird. Ich frage Sie: Wann, wenn nicht in diesem
Jahr, in dem wir wirtschaftliche Probleme haben, sollen
wir denn über Entlastungen nachdenken? Insofern ist es
richtig, dass wir das tun; das ist für die Kommunen, so
denke ich, durchaus auch verantwortbar.


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie belasten die Kommunen! Dazu haben Sie nichts gesagt!)


Frau Präsidentin, ich fasse zusammen: Gerade in Kri-
senzeiten braucht dieses Land eine Regierung, die die
Herausforderungen mit Entschlossenheit, aber ohne Pa-
nik angeht.


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die haben wir nicht! – Volker Schneider [Saarbrücken] [DIE LINKE]: Wann kriegen wir die?)


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(C (D iese Bundesregierung geht diesen Weg. Das Konjunkurpaket, das wir auf den Weg bringen werden, ist richtig nd ausgewogen. Damit tragen wir den verschiedenen roblemlagen dieser Krise Rechnung. Es ist der richtige eg, um diesen Abschwung abzumildern, Arbeitsplätze u erhalten und damit auch soziale Sicherheit zu gewähreisten. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620207500

Jetzt hat die Kollegin Hiller-Ohm für die SPD-Frak-

ion das Wort.


(Beifall bei der SPD)



Gabriele Hiller-Ohm (SPD):
Rede ID: ID1620207600

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe

olleginnen und Kollegen von den Grünen! Es ist das
ute Recht der Opposition, Regierungshandeln, also
uch unser Konjunkturpaket, zu kritisieren. Ich erwarte
on Ihrer Seite dann aber auch echte Alternativen. Die
leiben Sie uns jedoch schuldig.

Sie wollen die Konjunkturkrise mit einem Antrag von
erade einmal anderthalb Seiten, auf denen vier Forde-
ungen stehen, bewältigen und damit obendrein noch die
erechtigkeitslücke in Deutschland schließen.


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch Quatsch!)


enn das zumindest innovative Vorschläge wären! Was
ie uns jedoch vorlegen, ist nichts Neues und wird nicht
ur Bewältigung der Krise beitragen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Zu Ihrer ersten Forderung. Sie wollen eine Aufsto-
kung der Sozialleistung für Langzeitarbeitslose und So-
ialhilfeempfänger um 69 Euro und so die Binnennach-
rage in Deutschland ankurbeln. Bei dem Betrag stützen
ie sich auf die Berechnung des Deutschen Paritätischen
ohlfahrtsverbandes und erwecken den Eindruck, als

abe dieser das objektiv wahre Niveau eines soziokultu-
ellen Existenzminimums berechnet.


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Habe ich davon etwas gesagt? – Gegenruf des Abg. Rolf Stöckel [SPD]: Sie haben aber den Eindruck erweckt!)


s gibt hier aber nicht eine „einzige Wahrheit“; denn na-
ürlich hat auch das Ministerium den geltenden Regel-
atz sehr genau und in einem transparenten Verfahren er-
echnet und begründet.

Zurzeit werden die Regelsätze vom Ministerium auf
rundlage der neuen Einkommens- und Verbrauchs-

tichprobe überprüft.


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hören wir schon seit zwei Jahren!)


it dem Ministerium besteht Einvernehmen, dass der
eitraum zwischen zwei Stichproben – das sind in der






(A) )



(B) )


Gabriele Hiller-Ohm
Regel fünf Jahre – zu lang ist. Wir wollen kürzere Ab-
stände, um die Regelsätze besser an die tatsächlichen
Bedarfe der Leistungsempfänger anpassen zu können.
Ich halte es jedoch für falsch, das gewählte Verfahren
generell über Bord zu werfen.


(Andrea Nahles [SPD]: Richtig!)


Ich erinnere: In der letzten Legislaturperiode haben
wir Sozialdemokraten gemeinsam mit Ihnen, den Grü-
nen, die damalige Arbeitslosenhilfe abgeschafft und
durch das Arbeitslosengeld II ersetzt.


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: War ja auch grundsätzlich richtig!)


Wir haben erwerbsfähige Sozialhilfeempfängerinnen und
-empfänger aus der Sozialhilfe herausgeholt


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


und ihnen Fördermöglichkeiten und Ansprüche über die
Sozialgesetzbücher II und III eröffnet, die sie vorher
nicht hatten.


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist richtig!)


Gemeinsam mit Ihnen haben wir hierzu die gesetzlichen
Rahmenbedingungen festgelegt. Wir haben das aus gu-
tem Grund getan. Unser gemeinsames rot-grünes Anlie-
gen war es, durch die Arbeitsmarktreformen Menschen
aus dem Leistungsbezug heraus in Arbeit zu bringen und
ihnen Perspektiven für ein eigenständiges Leben ohne
staatliche Transferleistungen zu bieten.


(Beifall bei der SPD)


Das ist uns gelungen. Die sinkenden Arbeitslosenzahlen
sprechen für sich.

Gute Arbeit und faire Löhne für alle erwerbsfähigen
Menschen sind eine sehr wichtige Grundlage für mehr
Gerechtigkeit und Chancen in unserer Gesellschaft. Das
gilt insbesondere in Krisenzeiten. Gerade jetzt müssen
wir alles tun, um Arbeit zu erhalten.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Nicht durch höhere staatliche Sozialleistungen, sondern
durch den Erhalt von Arbeit helfen wir den Menschen in
der Konjunkturkrise und stärken gleichzeitig den Bin-
nenmarkt. Das ist der richtige Weg. Deshalb ist es rich-
tig, dass Minister Scholz gemeinsam mit uns den Bezug
des Kurzarbeitergelds verlängert und dies auch auf die
Zeitarbeitsbranche ausgeweitet hat und die Weiterbil-
dung stark fördert.

Sie fordern in Ihrem Antrag gerechte Löhne und fai-
ren Wettbewerb. Wir setzen dies bereits politisch um.


(Beifall bei der SPD)


Es ist ein großer Erfolg, dass es uns gerade jetzt gelun-
gen ist, sechs weitere Branchen mit Mindestlöhnen ab-
zusichern. Insgesamt haben wir damit 13 wichtige Bran-
chen erfasst. Die Zeitarbeit wird in Kürze folgen.


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(C (D (Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach! Das liest sich aber anders!)


Lieber Herr Kurth, wir haben mit der Union im Übri-
en sehr viel mehr erreicht, als uns mit Ihnen möglich
ar.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Wir werden nicht lockerlassen. Unser Ziel bleibt ein
inheitlicher flächendeckender Mindestlohn. Das ist die
este Lösung gegen Lohndumping und für mehr Gerech-
igkeit auf dem Arbeitsmarkt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Gute Arbeit und gerechte Löhne helfen übrigens auch
en Kindern von erwerbsfähigen Menschen im Sozialhilf-
bezug. Das größte Armutsrisiko ist nämlich die Arbeits-
sigkeit. Die Armutsrisikoquote von Erwerbslosen liegt
it 43 Prozent mehr als dreimal höher als die der Ge-

amtbevölkerung. Kinder aus armen Familien haben im
ergleich zu Gleichaltrigen aus finanziell gesicherten
erhältnissen ein doppelt so hohes Risiko, in ihrer sozia-

en, gesundheitlichen und auch sprachlichen Entwick-
ung beeinträchtigt zu werden. Deshalb ist es richtig,
ass wir gerade auch Alleinerziehenden einen besseren
ugang zum Arbeitsmarkt ermöglichen.


(Beifall bei der SPD)


Wir legen ein 13 Milliarden Euro schweres Konjunk-
urprogramm speziell für die Kommunen auf. Mit die-
em Programm wird sich die Infrastruktur im Bildungs-
nd Betreuungsbereich spürbar und nachhaltig verbes-
ern. Ein derartiges Programm hat es in Deutschland bis-
ang noch nicht gegeben. Wir Sozialdemokratinnen und
ozialdemokraten haben es auf den Weg gebracht. Sie,

iebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, lehnen
s ab. Das ist bedauerlich;


(Beifall des Abg. Rolf Stöckel [SPD])


enn mit diesem Programm schaffen wir vor Ort und vor
llen Dingen ganz konkret bessere Bedingungen, mehr
erechtigkeit und mehr Chancengleichheit für unsere
inder.


(Beifall bei der SPD – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Steuersenkungen!)


Sie wollen die Gerechtigkeitslücke durch eine Neube-
essung der Kinderregelsätze schließen. Das ist eine der

ier Forderungen in Ihrem Antrag. Dieses Anliegen ha-
en wir hier schon häufig diskutiert.

Unsere Position ist klar: Auch wir halten das derzei-
ige Verfahren für nicht ausreichend. Wir haben uns für
ie Ermittlung der Eckregelsätze für erwachsene Leis-
ungsbezieher gemeinsam mit Ihnen auf das Instrument
er Einkommens- und Verbrauchsstichprobe geeinigt.
ieses Verfahren muss auch für betroffene Kinder gel-

en.


(Beifall bei der SPD)


Das Ministerium hat in einer Sonderstudie die Kin-
erbedarfe auf Grundlage der alten Einkommens- und
erbrauchsstichprobe unter die Lupe genommen und






(A) )



(B) )


Gabriele Hiller-Ohm
festgestellt, dass nachgebessert werden muss. Das So-
zialgeld für die 6- bis 13-Jährigen hat sich als zu niedrig
erwiesen und wird deshalb ab dem 1. Juli dieses Jahres
von 60 auf 70 Prozent des Eckregelsatzes für erwach-
sene Leistungsbezieher, also um 35 Euro, aufgestockt.
Ich habe es nicht für möglich gehalten, dass wir diese
Erhöhung mit unserem Koalitionspartner so schnell
durchbekommen würden. Danke schön an dieser Stelle
auch an Sie.


(Beifall bei der SPD)


Hier ist uns im Übrigen die Konjunkturkrise zu Hilfe
gekommen. Die Erhöhung des Kinderregelsatzes ist
Teil des Konjunkturprogramms II und wird die Situation
von rund 820 000 Kindern verbessern. Wir kommen da-
mit auch den jüngsten Forderungen des Bundessozialge-
richts entgegen, das übrigens nicht die Höhe der Regel-
sätze für Kinder, sondern die pauschale Ableitung vom
Erwachsenenregelsatz als verfassungswidrig beurteilt
hat.


(Beifall des Abg. Rolf Stöckel [SPD] – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Daran halten Sie doch fest!)


Ein weiterer wichtiger Schritt hin zu mehr Bildungsge-
rechtigkeit ist uns gelungen: Wir haben das Schulbe-
darfspaket in Höhe von 100 Euro pro Schuljahr durch-
gesetzt. Außerdem erhalten alle Familien pro Kind
einmalig 100 Euro extra.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, ei-
nes ist klar: Mit Ihrem Vierpunkteantrag schließen Sie
die von Ihnen beklagte Gerechtigkeitslücke in Deutsch-
land nicht. Das wird auch der Linksfraktion mit ihrem
Antrag mit dem Titel „Sozialen Absturz von Erwerbslo-
sen vermeiden – Vermögensfreigrenzen im SGB II anhe-
ben“ nicht gelingen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass
ein Selbstbehalt von 20 000 Euro pro Person in einer Be-
darfsgemeinschaft, unabhängig vom Alter, Akzeptanz in
unserer Gesellschaft finden wird. Eine vierköpfige Fami-
lie könnte dann 80 000 Euro besitzen und trotzdem So-
zialleistungen beziehen. Das muss man erst einmal ver-
mitteln. Wie kommen Sie eigentlich auf 20 000 Euro?
Eine Begründung für diesen Betrag finden wir in Ihrem
Antrag nicht. Hier geht es wohl wieder einmal nach Ih-
rem altbekannten Motto: Darf es ein bisschen mehr sein?


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Volker Schneider [Saarbrücken] [DIE LINKE])



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620207700

Frau Kollegin, kommen Sie bitte zum Schluss.


Gabriele Hiller-Ohm (SPD):
Rede ID: ID1620207800

Es ist nicht so, Herr Ernst, dass wir überhaupt keinen

Selbstbehalt für Bezieher von Arbeitslosengeld II vorge-
sehen haben.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620207900

Frau Kollegin, kommen Sie bitte zum Schluss.

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(C (D Ja. – Wir haben Freigrenzen in vernünftiger Höhe ein ezogen. Selbstgenutztes Wohneigentum und ein Auto um Beispiel werden nicht angerechnet. Auch bei der ltersvorsorge haben wir komfortable Freibeträge geährt. Ich denke, das ist sehr gut. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Gabriele Hiller-Ohm (SPD):
Rede ID: ID1620208000


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620208100

Frau Kollegin, Sie müssen bitte zum Ende kommen.


(Andrea Nahles [SPD]: Wir haben zehn Minuten!)



Gabriele Hiller-Ohm (SPD):
Rede ID: ID1620208200

Ja. – Meine Damen und Herren, Sie sehen, die SPD

at die richtigen Konzepte. Wir werden mit diesen Kon-
epten die Krise bewältigen; da bin ich zuversichtlich.
ie bleiben hinter Ihrem Anspruch deutlich zurück. Ihr
ntrag ist – so will ich es einmal sagen – wirklich nicht

ielführend, wenn Sie damit Armut, Arbeitslosigkeit und
ngerechtigkeit in Deutschland verhindern wollen. Das

st der falsche Weg, meine Damen und Herren von der
inken. Wir sind auf dem richtigen Weg. Unterstützen
ie uns! Dann kommen wir voran.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620208300

Der Kollege Dr. Erwin Lotter hat jetzt für die FDP-

raktion das Wort.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Erwin Lotter (FDP):
Rede ID: ID1620208400

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Meine Damen und Herren! Mein Kollege
eter Haustein hat sich mit dem Antrag der Grünen be-
asst. Ich werde mich daher auf den Antrag der Links-
raktion konzentrieren.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Das ist nett!)


Ich habe Ihren Vorschlag zur Ausweitung der Vermö-
ensfreigrenzen für Hartz-IV-Empfänger zweimal durch-
erechnet; denn beim ersten Mal dachte ich: Das muss
in Irrtum sein. Eine junge Familie mit zwei Kindern
um Beispiel, also eine Bedarfsgemeinschaft von vier
ersonen, dürfte nach dem Vorschlag der Linken bis zu
0 000 Euro Vermögen anrechnungsfrei besitzen und
rotzdem für alle Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft
artz IV beziehen. Das, meine Damen und Herren der
inken, ist ein groteskes und bizarres Verständnis von
esellschaftlicher Solidarität.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Die Leistungen nach SGB II, also Hartz IV, werden
on der Gemeinschaft der Steuerzahler aufgebracht.


(Heinz-Peter Haustein [FDP]: Richtig!)







(A) )



(B) )


Dr. Erwin Lotter
In Ihrem Verständnis, liebe Kollegen und Kolleginnen
der Linken, sind Steuerzahler offensichtlich alle Groß-
verdiener. In der Realität sieht das aber anders aus. Viele
Menschen mit geringem Einkommen, wenn auch nur
knapp über dem steuerlichen Grundfreibetrag, zahlen
Steuern, aus denen auch Hartz IV finanziert wird.


(Heinz-Peter Haustein [FDP]: So ist es!)


Wollen Sie wirklich, dass Familien, die nur über ein ge-
ringes Arbeitseinkommen und über wenig bis gar kein
Vermögen verfügen, vermögende Bezieher von Hartz IV
mitfinanzieren? Ist das Ihr Verständnis von Solidarität?


(Volker Schneider [Saarbrücken] [DIE LINKE]: Zunächst einmal wollen wir die Löhne, die Sie wünschen, in der Höhe nicht!)


Bleiben wir bei dem Beispiel. Wenn eine vierköpfige
Bedarfsgemeinschaft ein anrechnungsfreies Sparvermö-
gen in Höhe von 75 000 Euro besitzt, würde dieses Kapi-
tal bei 5 Prozent Verzinsung über 300 Euro Zinsen
monatlich abwerfen. Sollen auch diese Zinsen anrech-
nungsfrei bleiben? Es gibt nur eine Erklärung für diese
absurde Politik der Linken: Sie wollen die Gesellschaft
ganz bewusst spalten.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Sie sind in Wahrheit nicht gegen Hartz IV. Vielmehr nut-
zen Sie die Bedürftigkeit der Menschen ganz gezielt für
Ihre Propaganda aus.


(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620208500

Herr Lotter, möchten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Ernst zulassen?


Dr. Erwin Lotter (FDP):
Rede ID: ID1620208600

Bitte.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620208700

Bitte schön.


Klaus Ernst (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620208800

Herr Kollege, ich will auf die Studie des DIW hin-

weisen und fragen, ob Sie diese zur Kenntnis genommen
haben. Dort heißt es, dass von 2002 bis 2007 beim un-
tersten Zehntel, also bei den 10 Prozent der Bevölke-
rung, die in der untersten Vermögens- und Einkommens-
situation leben, nicht nur kein Vermögen vorhanden war,
sondern dass sich das nicht vorhandene Vermögen sogar
verringert hat. Diese Menschen haben eine negative Ver-
mögenssituation, die von minus 1,2 auf minus 1,6 Pro-
zent gesunken ist. Mit anderen Worten: Diese Menschen
haben mehr Schulden als zuvor. Das DIW schreibt: Un-
ter den Arbeitslosen wuchs ihr Anteil, also der Anteil
derjenigen, die kein Vermögen haben, deutlich an, von
41 auf 49 Prozent. Glauben Sie nicht, dass sich die Be-
troffenen, die nun Ihre Rede hören, angesichts dieser Re-
alitäten fragen, von welchen 80 000 Euro Sie überhaupt
reden?

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(C (D (Birgit Homburger [FDP]: Von denen in Ihrem Antrag!)



Dr. Erwin Lotter (FDP):
Rede ID: ID1620208900

Lieber Herr Kollege Ernst, ich rate Ihnen, die Papiere,

ie Sie zitieren, vollständig zu lesen; denn das DIW
ommt in der von Ihnen zitierten Studie zu dem völlig
ichtigen Fazit, dass das Hauptproblem unter Hartz-IV-
eziehern die unterdurchschnittlich niedrige Qualifika-

ion für den Arbeitsmarkt ist. Jeder Dritte hat keine Be-
ufsausbildung, jeder Fünfte keinen Hauptschulab-
chluss.

In jedem Hartz-IV-Bezieher sehen Sie einen poten-
iellen Wähler, der Ihrer Propaganda hinterherläuft. Sie
ollen, dass sich die Menschen in Hartz IV einrichten.
eswegen verwundert es mich auch nicht, dass Sie mit

hrem Vorschlag den Kreis der Hartz-IV-Anspruchsbe-
echtigten deutlich ausweiten wollen. Das passierte,
enn die Vermögensfreigrenzen hochgesetzt würden.


(Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Und anschließend erzählen Sie dann, dass es mehr Arme gibt!)


iese Rechnung wird aber nicht aufgehen. Die Men-
chen wollen nicht Hartz IV. Die Menschen wollen nicht
ie Linke. Die Menschen wollen Arbeit.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


err Kollege Ernst, das sind doch Neiddebatten, die Sie
ier führen. Solidarität ist keine Einbahnstraße. Solidari-
ät gilt nicht nur von Reich nach Arm. Solidarität bedeu-
et, dass alle solidarisch sind. Das heißt auch, dass steu-
rfinanzierte Unterstützung durch die Gesamtheit der
esellschaft erst dann bezogen werden kann, wenn die

igene Leistungsfähigkeit erschöpft ist. Solidarität ist
ichts anderes als die gegenseitige Übernahme von Ver-
ntwortung. Aber für Eigenverantwortung waren die
inken noch nie zu haben.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Klaus Ernst [DIE LINKE]: Hochintellektuelles Niveau bei Ihnen!)


Vor allem bei Ihnen, Herr Ernst.

Die bisherige Regelung der Vermögensfreigrenzen
taffelt diese nach Lebensalter. Das ist auch richtig so;
enn so wird die Lebensleistung der Menschen in einem
irtschaftlich machbaren Umfang finanziell anerkannt.
er sein ganzes Leben etwas zurückgelegt hat, darf
ehr Vermögen anrechnungsfrei behalten als ein ju-

endlicher Hartz-IV-Empfänger, der vielleicht noch nie
earbeitet hat.


(Lachen bei der Linken – Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Der hat auch kein Vermögen!)


Die FDP spricht sich deshalb für großzügige Freibe-
räge für Altersvorsorgevermögen aus. Auch Riester-
enten von Grundsicherungsempfängern sollen großzü-
ig – begrenzt – anrechnungsfrei bleiben. Das ist verant-
ortliche Sozialpolitik, die die Eigenverantwortung der
enschen stärkt und respektiert.






(A) )



(B) )


Dr. Erwin Lotter
Wie gesagt, das Hauptproblem ist die Bildung. Genau
dort müssen wir ansetzen. Wir müssen in Bildung, Bil-
dung und nochmals Bildung investieren. Das ist der
beste Weg, um Arbeitslosigkeit und niedrige Einkom-
men zu verhindern.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620209000

Jetzt hat Maria Michalk das Wort für die CDU/CSU-

Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Maria Michalk (CDU):
Rede ID: ID1620209100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Sehr verehrte Damen und Herren! Erneut beschäftigt uns
heute Vormittag hier ein Antrag vom Bündnis 90/Die
Grünen und ein Antrag von den Linken, in denen von
Ausgrenzung, von Armut, von mangelnder sozialer Ge-
rechtigkeit und vom sozialen Abstieg gesprochen wird.


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ernste Probleme!)


Die Argumente sind nicht neu. Sie werden wie beim
Kartenspielen immer wieder neu gemischt. Ich sage Ih-
nen – das haben die Vorredner schon bestätigt –: Dies-
mal haben Sie echt ein schlechtes Blatt erwischt, weil
die Überschriften Ihrer Anträge und die Inhalte nicht zu-
sammenpassen. Dieses Spiel können Sie nicht gewinnen.

Ich möchte uns an einen Grundsatz erinnern, über den
wir uns hier im Hohen Haus wirklich immer einig sind,
nämlich: Alle Menschen sollen in Würde leben. Würde
umfasst aber viele Aspekte. Einer ist eine ausreichende
Finanzausstattung zum täglichen Leben. Diese wird am
besten durch faire Teilhabe am gesellschaftlichen Wert-
schöpfungsprozess erreicht. Deshalb ist Arbeit so wich-
tig. Damit das auch in Zukunft so bleibt, haben wir trotz
der schwierigen Zeiten und der aktuellen Herausforde-
rung in den zurückliegenden Tagen eine Menge von
Vorschlägen unterbreitet, die uns in die Zukunft führen
werden. Der Grundsatz, dass Lohneinkommen aus Be-
schäftigung immer besser als soziale Transferzahlungen
ist, gilt nach wie vor. Den müssen wir uns bei diesen De-
batten vor Augen halten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Deshalb konzentrieren wir uns auf den Erhalt der Ar-
beitsplätze, und deshalb ist die Generalkritik an unserem
Programm, das heute schon zur Debatte stand, absolut
unangebracht.

Wirtschaft und damit Arbeitsplätze entwickeln sich;
einmal geht es hoch, einmal herunter. Das hat die soziale
Marktwirtschaft so an sich. Diese Prozesse kann man ge-
stalten. Zurzeit müssen wir eine besondere Herausforde-
rung meistern. So sind zum Beispiel Lohnkostenvor-
teile der Arbeitgeber, die wir zum Beispiel im Osten
wegen der nach wie vor niedrigeren Tarifabschlüsse oder
wegen fehlender Tarifbindung haben, im Grunde ge-

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(C (D ommen schon ein Thema; wir wissen aber heute aus der raxis, dass sich diese im täglichen Leben abschleifen. eshalb wird zunehmend wichtig, den Gestaltungsspiel aum beim Fachkräftepotenzial zu nutzen. Bildung und ualifizierung bleiben hier ein grundsätzliches und imer wichtigeres Steuerinstrument. as hat direkten Einfluss auf die Einkommenssituation nd die Vermögensbildung. Wenn wir erleben, dass zuehmend mehr Leute in die wohlverdiente Altersruhe ehen, als neue auf den Arbeitsmarkt strömen, was auch ch vor Ort beobachten kann – das liegt an der demograischen Entwicklung –, dann ist das für die Zukunft ein chtes Problem, dem wir uns stellen müssen. Um dem zu egegnen, müssen wir branchenbezogen und punktgeau ausbilden und vermitteln. Alle Menschen sollen in Würde leben. Dieser Grundatz gilt auch für Leute, die ihr Einkommen erarbeiten nd davon anderen, Hilfsbedürftigen, etwas abgeben. as hat hier in den Debatten schon eine Rolle gespielt. ch will aber auf noch einen Punkt hinweisen. Wenn wir as Prinzip „Hilfe zur Selbsthilfe“, zu dem wir nach wie or stehen, derart strapazieren, wie es die Linken mit der orderung nach einer pauschalen Erhöhung des Grundreibetrags tun, bestrafen wir vor allem die mittleren Einommensschichten, die Leistungsträger unserer Gesellchaft. Das sind diejenigen, die zahlenmäßig die größte ruppe sind. Etwa 40 Prozent der Menschen im Osten aben kein Vermögen, sagen die Statistiken, und rund 0 Prozent haben ein Vermögen bis zu 20 000 Euro. enn also der Grundfreibetrag pauschal auf die von Ih en geforderte Schongrenze von 20 000 Euro erhöht ird, sind nach Ihrer Rechnung 60 Prozent der Ostdeut chen arm. Sie rechnen unser Land arm. (Lachen bei der Linken – Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Bei 500 Milliarden!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


amit kein Missverständnis aufkommt: Auch wir in der
DU/CSU-Bundestagsfraktion nehmen Berichte über
ohlstandsverluste und die möglicherweise drohende
ltersarmut bei den unteren Einkommensgruppen sehr

rnst.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Wo denn? Was tun Sie denn?)


bwohl wir aktuell vor großen Herausforderungen ste-
en, sind wir ein reiches Land.


(Volker Schneider [Saarbrücken] [DIE LINKE]: Für wie viel Prozent der Bevölkerung denn?)


ohlstand, der arm macht – ist das nicht ein Paradox?
rme und Reiche driften weiter auseinander, auch wenn
ie Armen nicht ärmer werden, was die Dynamisierung
er Grundsicherung und die ständige Verfeinerung unse-
er sozialen Instrumente garantieren.


(Beifall des Abg. Rolf Stöckel [SPD])


ber die Anzahl der Armen wird größer, und das macht
ns unter demografischen Gesichtspunkten hellhörig.






(A) )



(B) )


Maria Michalk
Neben Arbeitslosigkeit ist das Zerbrechen von Fa-
milien oder einer Partnerschaft – darauf will ich in die-
ser Debatte noch hinweisen – der wichtigste Grund für
Armut.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Auch das ist wissenschaftlich nachgewiesen. Was zwei
gemeinsam noch ganz gut schultern können, das schaf-
fen sie getrennt nicht mehr so gut. Bei gleichem Le-
bensstandard brauchen und verbrauchen vier Einperso-
nenhaushalte nachgewiesenermaßen mehr als ein
Vierpersonenhaushalt. Auf einem Band in der Küche
meiner schönen großen Familie steht folgender Spruch:
Tritt ein! Gieß Wasser in die Suppe hinein! Bist herzlich
willkommen! Guten Appetit! – In einer großen Familie
ist immer noch Platz; dort wird für jedes Mitglied Vor-
sorge getroffen. Wenn einer allein ist, hat er es schwer.
Diesen Prozess müssen wir bei all unseren Überlegun-
gen berücksichtigen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Was ist das für ein Niveau hier?)


Unser materieller Wohlstand hat eine Lebensweise
hervorgebracht, die – das ist meine Behauptung – auch
auf Vergeudung angelegt ist, und viele verarmen darü-
ber. Auf diese Dimension muss man bei der Armutsde-
batte hinweisen. Jede Erhöhung von Sozialgeldzahlun-
gen schafft neue Ansprüche auf ergänzende Leistungen,
vor allen Dingen im Niedriglohnbereich. Das trifft die
Menschen bei uns im Osten mit doppelter Wucht. Die
Zahl der älteren Menschen und damit die Zahl der Ein-
personenhaushalte steigen; ich verweise in diesem Kon-
text auf das, was ich zuvor gesagt habe. Zum Beispiel
hat Sachsen seit 1990 über 250 000 Einwohner verloren.
Eine ganze Generation Frauen ist betroffen. 43 000 Kin-
der sind damit nicht in Sachsen geboren. Damit verbun-
den sind geringere Steuereinnahmen in der Zukunft. Die
Spielräume der Kommunen werden enger. Man könnte
weitere Konsequenzen aufzählen.

Diese kurzen Darlegungen sollen zeigen, dass wir
sehr wohl das Gesamtbild im Auge haben. Deshalb sind
unsere ergriffenen und jetzt noch zu beschließenden
Maßnahmen sehr wohl richtig. Wir werden auf diesem
Weg Schritt für Schritt weitergehen.

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620209200

Die Kollegin Gabriele Lösekrug-Möller hat jetzt das

Wort für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1620209300

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Werte

Kolleginnen und Kollegen! Seit nunmehr 90 Minuten
diskutieren wir über zwei Anträge, von denen ich per-
sönlich sage: Beide haben eigentlich nicht so viel Debat-
tenzeit verdient, weil sie wenig Substanz aufweisen.

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(C (D (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP – Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: So eine Arroganz!)


ch will das gern begründen und mich in der Argumenta-
ion vielen meiner Vorredner und Vorrednerinnen an-
chließen.

Das Beste am Antrag der Grünen ist in der Tat die
berschrift; der Kollege Schiewerling wies zu Recht
arauf hin. Denn wer in diesem Haus wird schon gegen
erechtigkeit und Chancen und für Ausgrenzung und
rmut sein? Insofern haben wir beim Titel ganz zweifel-

os einen großen Konsens. Was kommt nach einer sol-
hen Überschrift? Das ist wie bei Doktor Schiwago:
ach dem Vorspann erwartet man: Jetzt geht’s richtig

os. Deshalb waren meine Erwartungen sehr hoch, als
ch Ihren Antrag las. Was fand ich vor? Eine ziemlich
ildhafte Sprache bei der Problembeschreibung. Zum
eispiel ist die Rede von „klaffenden Gerechtigkeitslü-
ken“, die „weiter aufgerissen“ werden.


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Leute müssen das verstehen!)


Dabei stellen wir – schließlich sind Sie nicht dabei –
atürlich nur „Trostpflaster“ bereit. Allerdings integrie-
en Sie in diese zerklüftete Landschaft mühelos die „ma-
ellosen Bundesstraßen“, auf denen sich eine „atembe-
aubende Flottille von steuerbefreiten CO2-Schleudern“
ewegt. Ganz großes Kino!


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


err Kollege Haustein, es ist nicht einmal James Bond.


(Gabriele Hiller-Ohm [SPD]: Biene Maja!)


– Es ist zweifellos nicht Biene Maja. – Ich hätte ei-
entlich erwartet, dass diese Flottille in den Sonnenun-
ergang hineinfährt. Das vermisse ich an diesem Antrag.


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD, der CDU/ CSU und der FDP – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nehmen wir das nächste Mal auf!)


Ich will Ihnen einmal sagen: Ich vertrete in diesem
aus einen Wahlkreis, in dem es keinen Meter Autobahn
ibt. Wir sind sehr froh darüber, dass wir über unsere
onjunkturpakete endlich – das wird schon jahrelang
erbeigesehnt, übrigens auch von Grünen; die wissen
ämlich, worum es in unserem Wahlkreis geht – Aus-
aumaßnahmen für unsere Bundesstraßen und Umge-
ungsstraßen bekommen. Das haben wir mit verschiede-
en Bürgerinitiativen – es gibt keine, die dagegen ist –
ahrzehntelang gefordert. Wir sind also sehr dankbar,
ass das im Rahmen unserer Pakete möglich wird. Ich
erde nicht die einzige Abgeordnete sein, die in ihrem
ahlkreis genau das als einen wirklichen Fortschritt und

inen Segen verkauft.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Gabriele Lösekrug-Möller
Unterhalten Sie sich bitte auch einmal mit Mitgliedern
von solchen Initiativen, die froh darüber sind, dass da et-
was geschieht.

Ähnliches, verehrter Kollege Kurth, gilt auch für
Sportstätten, in die es hineinregnet, und für Schulen, in
denen unter schlechten räumlichen Bedingungen unter-
richtet wird. Ich weiß gar nicht, was Sie dagegen haben
können,


(Gabriele Hiller-Ohm [SPD]: Ich auch nicht!)


dass wir in die Lage versetzt werden, da endlich etwas
zu unternehmen.


(Gabriele Hiller-Ohm [SPD]: Richtig! Genau!)


Ich bin ein Fan unseres kommunalen Investitionspa-
kets,


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ja nicht alles! Um diesen Ausschnitt geht es gar nicht! Es geht um die gesamte Schieflage!)


weil darin genau die richtigen Maßnahmen ergriffen
werden. Herr Kurth, stellen Sie sich einmal vor: Wir ha-
ben nicht einmal hineingeschrieben, dass es verboten ist,
energetisch zu sanieren. Wenn man Ihren Antrag liest,
könnte man meinen, das sei so.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch komplett unseriös, was Sie da machen! – Gegenruf des Abg. Rolf Stöckel [SPD]: Genauso wie Ihr Antrag!)


Worum geht es also? Der Kern Ihres Drehbuchs ist
Kritik an den Konjunkturpaketen. Das haben Sie selber
so hineingeschrieben. Ich kann nur sagen: Bei Ihrem An-
trag scheint durch, Sie hätten das alles besser gemacht.


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau richtig! So ist es! – Andrea Nahles [SPD]: Na klar! Absolut!)


Ich nehme allerdings wahr, dass Sie bei Ihren Vorschlä-
gen sehr im Vagen bleiben. Wir haben durch zahlreiche
Redebeiträge, etwa der Kollegin Hiller-Ohm oder der
Kollegen Stöckel und Schiewerling, deutlich machen
können, dass die Antwort auf diese Krise weder in Tech-
nicolor noch in Schwarz-Weiß gegeben werden kann; es
muss ein Bündel von Maßnahmen sein. Wir haben einen
Schwerpunkt im Bereich der sozialpolitischen Interven-
tionen gesetzt. Ich stehe voll dahinter. Der Weg, den wir
gehen, ist genau der richtige Weg.

Die Situation bei den Regelsätzen ist meines Erach-
tens – so werden es viele in diesem Haus sehen – keines-
falls abschließend geregelt. Sind Sie denn dagegen, dass
wir endlich anfangen, indem wir festlegen, dass Kinder
von 6 bis 13 Jahren mehr bekommen? Ich kann mir nicht
vorstellen, dass Sie einen Einwand haben.


(Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: So viel war mit Ihnen nicht zu machen, Herr Kurth! Bei Ihnen waren nur 60 Prozent drin!)


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(C (D Ich will nur einen Punkt noch hervorheben, und das st die sogenannte dritte Säule des Konjunkturpakets, as, was wir arbeitsmarktpolitisch machen. Die Bezugsauer des Kurzarbeitergelds wird von 12 auf 18 Moate verlängert und die Qualifizierung in diesem Zusamenhang belohnt. Viele Arbeitnehmer und Arbeitneherinnen, die dieser Debatte folgen, werden sagen: Gut, ass die Bundesregierung das macht. as ist der richtige Weg, die Menschen im Unternehmen u halten. Es ist sinnvoll, sie zu qualifizieren, weil wir ie auf Dauer an Bord brauchen, und zwar mit möglichst oher professioneller Kompetenz. Ich weiß, dass das irklich keine theoretische Debatte ist. Es gibt inzwi chen Anträge auf Kurzarbeit für über 400 000 Menchen. Das ist gewaltig aufgewachsen. Das ist also die ichtige Antwort in der Krise. Ich hoffe sehr, dass sie alle n Bord bleiben können, weil wir davon ausgehen, dass iese Krise ein Ende hat und wir dann gestärkt aus ihr ervorgehen. Das allerdings können wir nur mit solchen aßnahmen. Wir wenden 2 Milliarden Euro zusätzlich auf für ualifizierung jener Arbeitnehmer, die keinen Berufs bschluss haben, und für Jugendliche, die schon lange ine Ausbildung suchen. Das ist richtig. Genauso richtig st, finde ich, dass wir das Programm WeGebAU flähendeckend ausbauen. Das ist der richtige Weg. Damit aben wir gute Erfahrungen gemacht. Frau Kollegin – – Zu Recht wird gesagt: Mehr Vermittler sollen zur Ver ügung stehen. Das ist erforderlich. Wir haben in einem rsten Schritt 1 000 Stellen eingerichtet. Wir werden eitere schaffen, sodass wir am Ende 5 000 haben. Frau Kollegin, der Kollege Schneider würde Ihnen ern eine Zwischenfrage stellen. Aber selbstverständlich, Herr Kollege. Bitte schön. Ja, Frau Kollegin, es ist jetzt leider etwas entfernt von ieser Stelle. Ja, ich war Ihnen zu schnell, ich weiß! Ich will noch einmal auf den Punkt zurückkommen, als Sie eben sagten, welch großartige Leistung es sei, dass Sie Qualifizierung bei Kurzarbeit leisten wollten. Ist Ihnen bekannt, dass die Personalvorstände der 30 größten DAX-Unternehmen bei einem Treffen Ihr Konzept wie folgt beurteilten? Die Idee, dass Weiterbildung während der Kurzarbeit vor Arbeitslosigkeit schütze, sei zwar gut, sie werde aber in der Art, wie dies beschlossen worden sei, schlecht umgesetzt. (Andrea Nahles [SPD]: Hören Sie auf die DAX-Vorstände?)


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620209400
Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1620209500
Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620209600
Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1620209700
Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620209800
Volker Schneider (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620209900
Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1620210000




(A) )


(B) )

Volker Schneider (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620210100

Ich stelle fest, dass Sie mir vielleicht eine Antwort geben
können, während Ihre Kollegen offensichtlich irgend-
welche Gesetze für irgendjemanden machen, von dem
sie nicht einmal wissen, wen sie denn tatsächlich mei-
nen.


Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1620210200

Lieber Kollege Schneider, zum einen stelle ich für das

Protokoll ausdrücklich fest, dass Sie sich sozusagen ei-
ner Argumentation der Vorstände von DAX-Unterneh-
men bedienen. Das ist ja sozusagen ein Quantensprung
für Vertreter Ihrer politischen Richtung.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP – Zuruf von der CDU/CSU: Von einem Extrem ins andere!)


Zum anderen haben wir hin und wieder die Erfahrung
machen müssen, dass selbst solche Vorstände in ihren
Einschätzungen hinsichtlich dessen, was ist und was sein
sollte, ein wenig irren. Ich bin ziemlich überzeugt davon,
dass die grundsätzliche Richtung, die wir eingeschlagen
haben, eine richtige ist,


(Frank Spieth [DIE LINKE]: Das habt ihr in den letzten Monaten bewiesen!)


und ich bin sicher, dass uns die Projekte, die wir ange-
schoben haben, recht geben werden. Wir beschränken
uns nämlich mitnichten auf jene Unternehmen, die
DAX-notiert sind, sondern erklären, dass dies für all die-
jenigen Unternehmen gilt, bei denen Kurzarbeit ein gu-
ter Weg ist, um Beschäftigte an Bord zu halten, und die
darüber hinaus erkannt haben, dass es Sinn macht, die
Belegschaft mittels Weiterbildung und Qualifizierung
auf dem Laufenden zu halten, um auf Dauer im Wettbe-
werb zu bleiben.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Ich komme zum Schluss, denn ich spreche im We-
sentlichen zum Antrag der Grünen und habe nur noch ei-
nen Hinweis an die Linken zu deren Antrag.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, ich
werde den Eindruck nicht los, dass Ihr Antrag in gewis-
ser Weise eine Doppelvermarktung von Textbausteinen
darstellt. Wenn wir ehrlich sind, kennen wir das. Ich
habe überlegt: Wo wird Ihr Text richtig Eindruck ge-
macht haben? Ich nehme an, auf einem Parteitag war er
exzellent platziert.

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(C (D (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da haben Sie doch viel Erfahrung!)


ier im Haus hat er uns keinen weiteren Erkenntnisge-
inn gebracht.

Außerdem spreche ich noch einmal die DIW-Studie
n, die mehrfach angeführt wurde. Kollege Lotter hat be-
eits zu Recht darauf hingewiesen, dass es immer Sinn
acht, eine Studie ganz zu lesen. Wissen Sie, was mich

ei dieser Studie besonders beeindruckt hat? Das war die
elbstkritik, die die Herausgeber an den Tag gelegt ha-
en, weil sie zum Beispiel einen Punkt im gesamten Be-
eich der Vermögen überhaupt nicht wirklich bewerten
onnten, nämlich den der kleinen Vermögen, sofern es
ich um Eigentumswohnungen oder kleine Häuschen
andelt. Ich empfehle Ihnen sehr, dies noch einmal nach-
ulesen. Sie sind nach wie vor – auch in dieser Studie –
icht in der Lage, sie angemessen zu bewerten. Ich sage
hnen: Sie kommen zu einem etwas anderen Bild der
age insgesamt. An dieser Stelle nehme ich die Selbst-
ritik der Autoren dieser Studie sehr ernst.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Klaus Ernst [DIE LINKE]: Wenn Sie selbst auch eine hätten, wäre es noch besser!)


Insgesamt wünsche ich mir, dass von dieser Debatte,
o lange sie gedauert hat und so beschränkt ich diese bei-
en Anträge als Anlass für sie empfand, Mut und Zuver-
icht ausgehen; denn wenn dieses Haus eine Verpflich-
ung hat, dann besteht sie darin, das, was wir gut auf den

eg bringen, auch nach außen wirklich ernsthaft und
hrlich zu vertreten. Das können die Menschen von uns
erlangen, und das haben viele Redner in dieser Debatte
etan. Insofern ist dies das einzige Lob, das mir zu den
eiden Anträgen bleibt, die bestenfalls abgelehnt werden
önnen.

Danke schön.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620210300

Damit schließe ich die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf
en Drucksachen 16/11755 und 16/11748 an die in der
agesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.
amit sind Sie einverstanden? – Dann verfahren wir so.

Ich rufe jetzt die Tagesordnungspunkte 28 a bis 28 c
owie die Zusatzpunkte 3 a und 3 b auf:

28 a) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Än-
derung des Strafgesetzbuches – Anhebung der
Höchstgrenze des Tagessatzes bei Geldstrafen

– Drucksache 16/11606 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Hakki Keskin, Monika Knoche, Hüseyin-






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
Kenan Aydin, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion DIE LINKE

Gewerkschaften in der Türkei stärken

– Drucksache 16/11248 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union (f)

Auswärtiger Ausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe

c) Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/
CSU und der SPD

Bürgerschaftliches Engagement umfassend
fördern, gestalten und evaluieren

– Drucksache 16/11774 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (f)

Innenausschuss
Sportausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Haushaltsausschuss

ZP 3 a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Volker
Wissing, Dr. Hermann Otto Solms, Carl-Ludwig
Thiele, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der FDP

Steuervollzug effektiver machen

– Drucksache 16/11734 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss

b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesre-
gierung

Bericht der Bundesregierung zur Auswärtigen
Kulturpolitik 2007/2008

– Drucksache 16/10962 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)

Sportausschuss
Ausschuss für Tourismus
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Ausschuss für Kultur und Medien

Es handelt sich hierbei um Überweisungen im ver-
einfachten Verfahren ohne Debatte.

Interfraktionell wird vorgeschlagen, dass die Vorla-
gen an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse
überwiesen werden. Damit sind Sie einverstanden? –
Das ist der Fall. Dann wird so verfahren.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 29 a bis 29 l sowie
Tagesordnungspunkt 14 auf. Es handelt sich um die
Beschlussfassung zu Vorlagen, zu denen keine Aus-
sprache vorgesehen ist.

Tagesordnungspunkt 29 a:

Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur
steuerlichen Gleichbehandlung der Auftrags-
forschung öffentlich-rechtlicher Forschungs-

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(C (D einrichtungen (Hochschulforschungsförderungsgesetz – HFFördG)


– Drucksache 16/5726 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Bildung, Forschung und Technikfolgenab-
schätzung (18. Ausschuss)


– Drucksache 16/11104 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Michael Kretschmer
René Röspel
Cornelia Pieper
Dr. Petra Sitte
Krista Sager

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technik-
olgenabschätzung empfiehlt in seiner Beschlussemp-
ehlung auf Drucksache 16/11104, den Gesetzentwurf
es Bundesrates auf Drucksache 16/5726 abzulehnen.
ch bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen
ollen, um das Handzeichen. – Die Gegenstimmen? –
nthaltungen? – Damit ist der Gesetzentwurf in zweiter
eratung bei Zustimmung durch die Fraktion der FDP,
egenstimmen durch die Fraktionen CDU/CSU, SPD
nd Bündnis 90/Die Grünen und Enthaltung durch die
raktion Die Linke abgelehnt. Damit entfällt nach unse-
er Geschäftsordnung die dritte Beratung.

Tagesordnungspunkt 29 b:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Verkehr, Bau und
Stadtentwicklung (15. Ausschuss) zu der Unter-
richtung durch die Bundesregierung

Vorschlag für eine Verordnung des Europäi-
schen Parlaments und des Rates zur Änderung
der Verordnungen (EG) Nr. 549/2004, (EG)
Nr. 550/2004, (EG) Nr. 551/2004 und (EG) Nr.
552/2004 im Hinblick auf die Verbesserung
der Leistung und Nachhaltigkeit des europäi-

(inkl. 11323/08 ADD 1 bis 11323/08 ADD 3)

KOM(2008) 388 endg.; Ratsdok. 11323/08

– Drucksachen 16/10286 Nr. A.60, 16/11447 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Ingo Schmitt (Berlin)


Der Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwick-
ung empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf
rucksache 16/11447, in Kenntnis der Unterrichtung

ine Entschließung anzunehmen. Wer stimmt für diese
eschlussempfehlung? – Die Gegenprobe! – Enthaltun-
en? – Damit ist die Beschlussempfehlung bei Zustim-
ung durch CDU/CSU, SPD und FDP ohne Gegenstim-
en und bei Enthaltung durch die Fraktionen Die Linke

nd Bündnis 90/Die Grünen angenommen.

Tagesordnungspunkt 29 c:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Bildung, Forschung
und Technikfolgenabschätzung (18. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Axel E. Fischer






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt

(Karlsruhe-Land), Ilse Aigner, Michael

Kretschmer, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der CDU/CSU
sowie der Abgeordneten René Röspel, Jörg
Tauss, Willi Brase, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der SPD

Im Deutsch-Israelischen Jahr der Wissen-
schaft und Technologie 2008 neue Impulse für
die Zusammenarbeit setzen

– Drucksachen 16/10847, 16/11724 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land)

René Röspel
Patrick Meinhardt
Dr. Petra Sitte
Priska Hinz (Herborn)


Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technik-
folgenabschätzung empfiehlt in seiner Beschlussempfeh-
lung auf Drucksache 16/11724, den Antrag der Fraktionen
der CDU/CSU und der SPD auf Drucksache 16/10847 an-
zunehmen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –
Die Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist die Be-
schlussempfehlung einstimmig angenommen.

Tagesordnungspunkt 29 d:

Beratung der Beschlussempfehlung des Rechts-
ausschusses (6. Ausschuss)


Übersicht 13

über die dem Deutschen Bundestag zugeleite-
ten Streitsachen vor dem Bundesverfassungs-
gericht
– Drucksache 16/11638 –

Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Ge-
genstimmen? – Enthaltungen? – Auch diese Beschluss-
empfehlung ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zu den Beschlussempfehlungen des Pe-
titionsausschusses.

Tagesordnungspunkt 29 e:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 515 zu Petitionen

– Drucksache 16/11652 –

Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthal-
tungen? – Die Sammelübersicht ist einstimmig ange-
nommen.

Tagesordnungspunkt 29 f:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 516 zu Petitionen

– Drucksache 16/11653 –

Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthal-
tungen? – Die Sammelübersicht ist bei Zustimmung
durch die Koalition und die FDP, Gegenstimmen durch

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(C (D ie Fraktion Die Linke und Enthaltung bei Bündnis 90/ ie Grünen angenommen. Tagesordnungspunkt 29 g: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 517 zu Petitionen – Drucksache 16/11654 – Wer stimmt dafür? – Die Gegenstimmen? – Enthalungen? – Die Sammelübersicht ist einstimmig angeommen. Tagesordnungspunkt 29 h: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 518 zu Petitionen – Drucksache 16/11655 – Wer stimmt dafür? – Die Gegenstimmen? – Enthalungen? – Die Sammelübersicht ist angenommen bei Zutimmung durch das gesamte Haus bis auf Bündnis 90/ ie Grünen, die dagegen gestimmt haben. Tagesordnungspunkt 29 i: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 519 zu Petitionen – Drucksache 16/11656 – Wer stimmt dafür? – Die Gegenstimmen? – Enthalungen? – Die Sammelübersicht ist bei Zustimmung urch die Große Koalition und die FDP sowie Gegentimmen durch die Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen nd Die Linke angenommen. Tagesordnungspunkt 29 j: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 520 zu Petitionen – Drucksache 16/11657 – Wer stimmt dafür? – Die Gegenstimmen? – Enthalungen? – Die Sammelübersicht ist mit der Zustimmung urch die Große Koalition und die Fraktion Die Linke owie Gegenstimmen durch Bündnis 90/Die Grünen und ie FDP angenommen. Tagesordnungspunkt 29 k: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 521 zu Petitionen – Drucksache 16/11658 – Wer stimmt dafür? – Die Gegenstimmen? – Enthalungen? – Die Sammelübersicht ist bei Zustimmung urch die Koalition und Bündnis 90/Die Grünen sowie egenstimmen durch die Fraktionen der FDP und der inken angenommen. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt Tagesordnungspunkt 29 l: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 522 zu Petitionen – Drucksache 16/11659 – Wer stimmt dafür? – Die Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Sammelübersicht ist bei Zustimmung durch die Koalition und Gegenstimmen der Opposition angenommen. Tagesordnungspunkt 14: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Gesundheit (14. Ausschuss)





(A) )


(B) )

gierung

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen
Parlaments und des Rates über Qualitäts- und
Sicherheitsstandards für zur Transplantation

(inkl. 16521/08 ADD 1 und 16521/08 ADD 2)

lisch)
KOM(2008) 818 endg.; Ratsdok. 16521/08

– Drucksachen 16/11517 Nr. A.30, 16/11781 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Michael Hennrich

Hierzu liegt uns eine Erklärung zur Abstimmung nach
§ 31 der Geschäftsordnung des Kollegen Dr. Ilja Seifert
vor.1)

Der Ausschuss empfiehlt, in Kenntnis der Unterrich-
tung eine Entschließung anzunehmen. Wer stimmt für
die Beschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthal-
tungen? – Die Beschlussempfehlung ist bei Zustimmung
durch die Große Koalition und Bündnis 90/Die Grünen
gegen die Stimmen der Fraktion Die Linke und bei Ent-
haltung der Fraktion der FDP angenommen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 5 a und 5 b auf:

a) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/
CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Verfolgung der Vorbereitung von
schweren staatsgefährdenden Gewalttaten

– Drucksache 16/11735 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

b) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten
Entwurfs eines Gesetzes zur Bekämpfung des
Aufenthalts in terroristischen Ausbildungsla-
gern (… StrÄndG)


– Drucksache 16/7958 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)


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1) Anlage 2

(C (D Auswärtiger Ausschuss Innenausschuss Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Es ist hier verabredet, eine Stunde zu debattieren. – azu höre ich keinen Widerspruch. Ich eröffne die Aussprache und gebe das Wort der rau Bundesministerin Brigitte Zypries. Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und erren! Kolleginnen und Kollegen! Deutschland steht m Fokus des internationalen Terrorismus. Das wissen ir seit den Anschlägen des 11. September 2001 in den SA. Die Drohvideos, die wir zurzeit im Internet sehen önnen, zeigen dies einmal mehr sehr deutlich. Wir müssen in dieser Situation zwei Dinge gewähreisten. Wir müssen erstens die Bürgerinnen und Bürger irksam vor terroristischen Anschlägen schützen. Es ist nsere Aufgabe, Sicherheit in diesem Land so weit wie öglich zu garantieren. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Brigitte Zypries (SPD):
Rede ID: ID1620210400

u den Instrumenten, die wir dabei nutzen, gehört selbst-
erständlich das Strafrecht an vorderster Stelle. Wir
üssen aber zweitens sicher sein, dass wir unsere rechts-

taatlichen Grundsätze bewahren.


(Beifall bei der SPD)


ir haben immer gesagt – das gilt auch heute –, dass es
ür die Terrorismusabwehr kein Sonderstrafrecht geben
ann. Eine Strafverfolgung darf es nur auf Grundlage
es Allgemeinen Strafrechts geben. Eine unverhältnis-
äßige Ausweitung der Strafbarkeit wäre genauso

alsch wie die Untätigkeit im Angesicht der Gefahr.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Man kann auch ein Sonderstrafrecht ins StGB platzieren! Das würde den Terroristen in die Hände arbeiten! Das wollen die auch!)


Lieber Herr Wieland, wir werden uns darüber noch
ustauschen. Ich meine, dass wir mit dem heute zu dis-
utierenden Entwurf beides gewährleisten.


(Beifall bei der SPD)


ir schließen zum einen eine Lücke im Staatsschutz-
trafrecht, und wir folgen zum anderen den rechtsstaatli-
hen Grundsätzen.

Es ist seit 2001 in vielen Punkten gelungen, die tat-
ächlichen Möglichkeiten unserer Sicherheitsbehörden
uszubauen. Ich möchte hier deutlich machen, dass es
or allem dem engagierten Einsatz unserer Sicherheitsbe-
örden sowie der Polizistinnen und Polizisten in Deutsch-
nd zu verdanken ist, dass Anschlagsversuche – es ist
icht nur einer gewesen – bisher vereitelt werden konn-
en.


(Beifall bei der SPD)







(A) )



(B) )


Bundesministerin Brigitte Zypries
An dieser Stelle deshalb ein Dank an die Mitarbeiterin-
nen und Mitarbeiter der Sicherheitsbehörden.

Gerade die Ermittlungen im Fall der sogenannten
Kofferbomber haben deutlich gemacht, dass wir hier
eine Strafbarkeitslücke haben


(Frank Hofmann [Volkach] [SPD]: So ist es!)


und dass dementsprechend Nachbesserungsbedarf be-
steht.

Die Bedrohungen – das wissen Sie; Sie werden es
auch morgen im Magazin der Süddeutschen Zeitung
nachlesen können – gehen eben nicht mehr von terroris-
tischen Vereinigungen aus, die so organisiert sind, wie
wir es vom deutschen Terrorismus der 70er-Jahre her
kennen oder wie es bei den Anschlägen vom
11. September offenbar der Fall war. Wir haben heute
vielmehr lose Netzwerke und Einzeltäter, die sich nur
von Fall zu Fall zusammenschließen.


(Jörg van Essen [FDP]: Aber auch das reicht für § 129!)


Auf solche Personen hat unser Strafrecht bisher keine
Antwort. Wir haben die Gründung, die Mitgliedschaft
und die Unterstützung von und in terroristischen oder
kriminellen Vereinigungen unter Strafe gestellt. Das
heißt, es müssen immer zumindest drei Personen betei-
ligt sein. Wenn es aber weniger als drei sind, dann kön-
nen wir mit den Mitteln des Strafrechts nichts tun.

Deswegen müssen wir das Gesetz ändern und müssen
mit einem Gesetz zur Verfolgung der Vorbereitung von
schweren staatsgefährdenden Gewalttaten auf diese Si-
tuation reagieren. In Zukunft macht sich also schon der-
jenige strafbar, der Kontakt zu einer terroristischen Ver-
einigung aufnimmt, um sich zur Begehung einer
staatsgefährdenden Gewalttat, wie zum Beispiel Mord
oder Totschlag, ausbilden zu lassen. Ihm droht künftig
eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine
Geldstrafe. Derjenige, der sich ausbilden lässt, um eine
solche Gewalttat auszuüben, muss mit einer Freiheits-
strafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren rechnen.

Wir erfassen damit zum Beispiel den Fall, dass sich
jemand in einem islamistischen Ausbildungslager im
Umgang mit Sprengstoff schulen lässt, damit er dann in
Deutschland Sprengstoffanschläge begehen kann. Von
der Norm erfasst werden – darauf möchte ich hinweisen –
natürlich nicht nur islamistische Täter, sondern selbst-
verständlich zum Beispiel auch rechtsextremistische
Einzeltäter, die sich Sprengstoff besorgen, um einen An-
schlag auf eine Synagoge auszuüben.

Entscheidend ist, dass die Ausbildung oder der Er-
werb des Sprengstoffs in der Absicht erfolgen, eine
schwere staatsgefährdende Gewalttat zu begehen. Erst in
der Verbindung mit dem Vorsatz, diese Tat begehen zu
wollen, wird etwa das Training an der Waffe zu einer
strafwürdigen Vorbereitungshandlung. Die Absicht also,
ein schweres Gewaltverbrechen zu begehen, das unseren
Staat gefährdet, macht die Ausbildung zu einer strafwür-
digen Vorbereitungshandlung.

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(C (D Mir ist es sehr wichtig, darauf hinzuweisen, dass iese subjektive Komponente immer dabei sein muss; enn wir schlagen gerade nicht vor, wie man jetzt verinzelt in Zeitungen lesen konnte, die bloße Gesinnung der den reinen Erwerb von Kenntnissen unter Strafe zu tellen. Das machen wir natürlich nicht. Niemand soll egen seiner Überzeugung oder seiner Meinung bestraft erden. Aber wer den Vorsatz gefasst hat, einen Bomenanschlag zu verüben, und sich ausbilden lässt, um iesen Anschlag begehen zu können, der zeigt nicht nur ine Gesinnung, sondern unternimmt bereits eine gefähriche und deshalb strafwürdige Handlung. (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie gucken Sie in die Köpfe hinein, Frau Ministerin?)


Wir müssen dazu nicht in die Köpfe schauen. Das ist
icht erforderlich. Selbstverständlich braucht man im-
er Anhaltspunkte, um bei Straftaten zu ermitteln. Das
achen Sie doch ansonsten auch.


(Joachim Stünker [SPD]: Das weiß er doch ganz genau!)


Wenn es so ist, wie es der Kollege Stünker sagt, dann
öre ich auch auf, speziell auf Sie einzugehen, Herr
ieland. Wir verlegen das Gespräch.

Die Strafverfolgungsbehörden müssen also eingreifen
önnen. Genau dieses Eingreifen ermöglicht der Gesetz-
ntwurf, über den wir heute diskutieren.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


ie Generalbundesanwaltschaft hat uns bescheinigt,
ass dieser Gesetzentwurf praxistauglich ist. Ich gehe
eshalb davon aus, dass man ihn entsprechend anwen-
en kann und dass die Sorgen, die Sie haben, unnötig
ind.

Dieser Gesetzentwurf beinhaltet eine weitere Facette.
ir schaffen mit diesem Gesetzentwurf auch Regelun-

en, um des Mediums besser habhaft zu werden, das
eute mit zu den Kommunikationsmedien schlechthin
ehört: des Internets. Im Internet wird zum Dschihad
ufgerufen; im Internet werden Pläne für den Bau von
omben verbreitet. Im Internet gibt es aber natürlich
uch von der anderen Seite, beispielsweise von den
echtsextremen, Aufrufe zu gewalttätigem Vorgehen.

Auch den Gefahren, die sich aus dieser Kommunika-
ion im Internet ergeben, begegnen wir mit dem Gesetz-
ntwurf, über den wir heute diskutieren. Wer Anleitun-
en zur Begehung schwerer Gewalttaten verbreitet,
acht sich künftig strafbar, und zwar dann, wenn diese
erbreitung im konkreten Fall geeignet ist, andere zu
ewaltverbrechen zu bewegen. Es geht also nicht darum
um es ganz klar zu sagen –, die Chemiefachseiten bei
ikipedia unter Strafe zu stellen. Es geht vielmehr da-

um, dass die Strafwürdigkeit immer dann einsetzt, wenn
emand zu bestimmten Handlungen, beispielsweise zum
schihad oder zur Verfolgung von Andersdenkenden
der Andersaussehenden, aufruft und wenn daneben
läne für den Bau von Sprengsätzen veröffentlicht wer-
en, in denen steht: So müsst ihr es machen; dann könnt






(A) )



(B) )


Bundesministerin Brigitte Zypries
ihr auch aktiv werden. – Diese Verknüpfung wollen wir
unter Strafe stellen.

Nun habe ich immer gesagt – dies sage ich gerne auch
hier –, dass wir ein Stück weit juristisches Neuland be-
treten. Unser Strafrecht war ursprünglich einmal davon
ausgegangen, dass wir nur den Täter für die Tat bestra-
fen, die er begangen hat. Im Laufe der Zeit gab es zahl-
reiche Verlagerungen in Vorfeldaktivitäten. Wir stellen
den Versuch unter Strafe.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schon immer!)


– Ja, da ist auch weiter noch nichts geschehen. – Nun
dehnen wir dies insoweit aus, als wir künftig jemanden
bestrafen, der Kontakt zu einer Terrorgruppe aufnimmt
oder sich im Umgang mit Waffen schulen lässt, um eine
bestimmte Tat zu begehen. Wir bewegen uns dabei aber
– das ist mir auch klar – im Vorfeld einer Rechtsgutver-
letzung.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weit, weit im Vorfeld! – Jörg van Essen [FDP]: Wieland hat recht: Weit, weit im Vorfeld!)


Dass dies verfassungsrechtlich noch nicht ausgeurteilt
ist, wissen Sie so gut wie ich. Aber unser Haus hat dies
ebenso wie das Bundesinnenministerium geprüft. Wir
sind der Auffassung, dass diese Art des Vorgehens ver-
fassungsrechtlich gerechtfertigt und zulässig ist, gerade
weil die Kopplung mit der subjektiven Seite gegeben ist.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1620210500

Frau Ministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Montag?


Brigitte Zypries (SPD):
Rede ID: ID1620210600

Bitte schön.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1620210700

Bitte sehr.


Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620210800

Danke schön, Frau Ministerin. – Da mir die monate-

lange Debatte innerhalb der Koalition über die Frage, ob
dieser Tatbestand mit der subjektiven Tatseite überhaupt
handhabbar ist, bekannt ist, höre ich Ihren Ausführungen
genauestens zu. Ich habe Sie jetzt so verstanden, dass es
natürlich notwendig sei, dass der Täter zum Beispiel den
Vorsatz gefasst hat, einen Sprengstoffanschlag durchzu-
führen. Wenn aber der Täter einen solchen Vorsatz ge-
fasst hat, dann sind wir mitten im § 30 StGB.


(Joachim Stünker [SPD]: Nein!)


– Natürlich. –


(Joachim Stünker [SPD]: Nein!)


Lediglich dann, wenn es ein völlig diffuser Generalvor-
satz ist – ich weiß zwar noch nicht, wann und wie; ich
will irgendwann irgendwo einen Bombenanschlag
durchführen –, müssten Sie, Frau Ministerin, einen sol-

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(C (D hen Vorsatz nachweisen, um neben der Ausbildung, die uch bei der Bundeswehr erfolgen könnte, diese subjekive Seite hinzuzufügen. (Joachim Stünker [SPD]: Herr Montag, Sie kennen das Gesetz nicht!)


Meine Frage lautet: Wie wollen Sie eigentlich einen
o allgemeinen Vorsatz – ich sehe einmal davon ab, dass
s jemand niederschreibt – bei der Verfolgung solcher
äter beweisen?


Brigitte Zypries (SPD):
Rede ID: ID1620210900

Herr Montag, diese Diskussion haben wir schon an

erschiedenen Stellen geführt. Ich muss gestehen, es gibt
eine bessere Antwort darauf als das Beispiel, das der
ollege Gehb vorgetragen hat.


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Wie immer!)


Nicht wie immer, aber wie vor allen Dingen in diesem
all.


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Wie meistens!)


Herr Gehb hat nämlich darauf hingewiesen, dass es
ür die Strafverfolgungsbehörden keine Besonderheit ist,
ass man eine subjektive Seite nachweisen muss, und
ies am Beispiel des Diebstahls verdeutlicht. Wenn man
emanden im Laden stehen sieht, der ein Buch in der
and hat, dann kann man entweder sagen, er schaue da
ur hinein, oder man kann sagen, er wolle damit zur
asse gehen, oder man kann sagen, er wolle sich dieses
uch zueignen, ohne zu bezahlen, also klauen.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und Sie wollen ihn jetzt gleich festnehmen, oder wie soll ich das verstehen? Dahin kommt man, wenn man Gehb folgt!)


Ach, nein! – Es geht also um die Frage der subjektiven
eite, die die Strafverfolgungsbehörden sehr wohl he-
auszufinden geübt sind.

Mit Ihrem Vorsatz ist es auch so: Es gibt einen Unter-
chied zwischen § 30 und den Normen, die wir hier re-
eln.


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Sehr richtig! Ganz genau!)


s gibt auch einen Unterschied zwischen der Frage, ob
emand irgendwann in seinem Leben einen Anschlag be-
ehen könnte, und der Frage, ob jemand vorhat, einen
nschlag in der Stadt Berlin zu begehen, ohne konkret

u wissen, welche U-Bahn-Haltestelle er treffen will.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


ierzu haben wir in der Begründung des Gesetzentwurfs
inreichende Ausführungen gemacht. Die Zweifel, die
ie noch haben, können Sie in der Sachverständigen-
nhörung mit den Sachverständigen sachverständig dis-
utieren.


(Beifall des Abg. Joachim Stünker [SPD] – Joachim Stünker [SPD]: Das wird dann wieder lange dauern!)







(A) )



(B) )


Bundesministerin Brigitte Zypries
Ich meine, dass es uns durch die Einbindung der sub-
jektiven Seite gelungen ist – das war der Gegenstand der
langwierigen Debatte innerhalb der Großen Koalition –,
auf der verfassungsrechtlich sicheren Seite zu sein und
eine Regelung zu finden, die hinreichend konkret und
bestimmt ist, um für die Strafverfolgungsbehörden hand-
habbar zu sein.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1620211000

Nächster Redner ist der Kollege Jörg van Essen für

die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Jörg van Essen (FDP):
Rede ID: ID1620211100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Es gibt zwei Gesichtspunkte, die wir in dieser Debatte
betrachten müssen. Auf der einen Seite freuen sich, so
glaube ich, alle Seiten dieses Hauses über die Entschei-
dung des neuen amerikanischen Präsidenten, das Lager
in Guantánamo aufzugeben,


(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der CDU/ CSU und der SPD sowie der Abg. Ute Koczy [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


weil die Einrichtung eines Camps außerhalb der rechts-
staatlichen Garantien ein Beispiel dafür ist, wie ein
Rechtsstaat auf die islamistische Bedrohung nicht re-
agieren sollte. In diesem Camp wurden auch Unschul-
dige, unter anderem Kinder, was ein früherer amerikani-
scher Außenminister meiner Ansicht nach zu Recht kriti-
siert hat, über viele Jahre hinweg festgehalten, ohne dass
ein Richter darüber entschieden hat. Das hat Gott sei
Dank endgültig ein Ende.

Die Lehre, die wir daraus zu ziehen haben, ist, dass
Rechtsstaaten gerade bei der islamistischen Bedrohung
gut daran tun, besonders streng auf Rechtsstaatlichkeit
zu achten und nicht Gesetze zu machen, die, was viele
von Ihnen zugeben, verfassungsrechtlich auf Kante ge-
näht sind. Damit betreten wir nämlich einen Graubereich
und laufen Gefahr, dass später vom Bundesverfassungs-
gericht festgestellt wird, dass diese Gesetze mit unserer
Verfassung nicht übereinstimmen.

Schauen wir uns doch an, was wir in den letzten Jah-
ren diesbezüglich erlebt haben: Ein Beispiel ist der Euro-
päische Haftbefehl; aber es gab noch viele weitere Ent-
scheidungen im Bereich der Justiz, die der Prüfung
durch Karlsruhe nicht standgehalten haben. Daraus müs-
sen wir die Verpflichtung ableiten, diesen Weg nicht
fortzusetzen. Wir können doch nicht einfach weiter
Neues austesten. Das gilt insbesondere, weil aufgrund
vorläufiger Entscheidungen zu erwarten ist, dass in dem
einen oder anderen Verfahren, das zurzeit in Karlsruhe
anhängig ist, entschieden wird, dass die Gesetze nicht
verfassungskonform sind und dementsprechend keinen
Bestand haben werden. Ich denke, wir dienen unserem
Rechtsstaat nicht, wenn wir hier Gesetzesvorschläge, die
verfassungsrechtlich auf Kante genäht sind, vorlegen.

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(C (D (Beifall bei der FDP und der LINKEN sowie des Abg. Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


as genau ist der Ansatz meiner Fraktion.

Der andere Gesichtspunkt ist mir genauso wichtig.
ie Ministerin hat darauf hingewiesen, dass in den letz-

en Tagen verstärkt Drohvideos erschienen, wodurch uns
lar wird, dass wir einer Bedrohung ausgesetzt sind.
uch das sehen wir als Liberale. Aber wir haben eine

ndere Antwort als die Große Koalition. Ich bin sehr
roh darüber und sehr stolz darauf, dass es unseren Straf-
erfolgungsbehörden, aber auch den Nachrichtendiens-
en – sie werden immer gerne unterschlagen, obwohl es
n vielen Fällen auch eine große Leistung unserer Nach-
ichtendienste war – bisher immer gelungen ist, Gruppen
ufzudecken, zum Beispiel die Sauerland-Gruppe, bevor
ie in unserem Land Schaden anrichten konnten.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Joachim Stünker [SPD]: Das war ein ausländischer Dienst!)


Natürlich waren die auch daran beteiligt. Das ist doch
anz klar. Ich habe von den Nachrichtendiensten gespro-
hen, die bei uns häufig nur lächerlich gemacht werden.
ie leisten ganz hervorragende Arbeit. Von daher ist die
tärkung der entsprechenden Kompetenzen unserer
achrichtendienste, aber auch der Strafverfolgungsbe-
örden für uns ein Schwerpunktthema, wenn es um die
ekämpfung der Bedrohung durch den Islamismus geht.
er Stellenabbau in diesen Bereichen und viele andere
inge machen uns große Sorgen. – Wir wollen den Weg,
erfassungsrechtlich fragwürdige Gesetze im Deutschen
undestag zu verabschieden, nicht gehen, vor allen Din-
en, weil wir keine Notwendigkeit dafür sehen.

Frau Ministerin, Sie haben behauptet, wir hätten eine
trafbarkeitslücke. Ich habe mir all die Fälle, die wir in
er Bundesrepublik Deutschland in den letzten Jahren
trafrechtlich zu beurteilen hatten, einmal angeschaut.
ie sogenannten Kofferbomber aus Köln waren nur zu

weit; das ist richtig. Damit erfüllen sie die Anforderun-
en – eine Gruppe von mindestens drei Personen – nicht.
enn ich mich recht entsinne, ist der Kofferbomber aber

u einer hohen Freiheitsstrafe verurteilt worden, und
war, weil unsere gesetzlichen Bestimmungen ausreich-
en, um sicherzustellen, dass jemand, der in einem Zug
n Deutschland eine Bombe platzieren will, in diesem
and mit einer hohen Strafe rechnen muss und dazu
uch verurteilt wird. Auch die anderen Gruppen, die ge-
annt worden sind, unterliegen selbstverständlich den
isherigen gesetzlichen Bestimmungen. Von daher ist
er Nachweis, dass wir eine Strafbarkeitslücke haben,
ie gefüllt werden muss – dies ist insbesondere verfas-
ungsrechtlich fragwürdig –, aus meiner Sicht bisher
icht geführt worden.

Hier wird so eifrig behauptet, das sei alles in Ord-
ung, insbesondere weil wir auf das Merkmal abgestellt
aben, dass eine Absicht vorliegen muss. Wir alle, die
ir aus der Juristerei kommen – all diejenigen, die hier
azu reden werden, sind erfahrene Juristen –, wissen






(A) )



(B) )


Jörg van Essen
doch: Wenn etwas schwer nachzuweisen ist, dann ist es
die Absicht, vor allen Dingen, wenn sie so nebulös sein
darf wie in den jetzt vorgesehenen strafrechtlichen Be-
stimmungen.

Ich bin lange in einer Staatsschutzabteilung gewesen.
Ich bin fast mein ganzes staatsanwaltschaftliches Leben
mit politisch motivierten Straftaten befasst gewesen. Ich
möchte meinen Kollegen nicht zumuten, mit Strafvor-
schriften umgehen zu müssen, die nicht wirklich hand-
habbar sind, bei denen sie ein schlechtes Gefühl haben
und die beinhalten, dass vorher eigentlich schon fest-
steht, dass ein ganz wichtiger Faktor, nämlich die Ab-
sicht, in aller Regel nicht wird nachzuweisen sein. Von
daher sollten wir keine solche Symbolgesetzgebung ma-
chen. Das ist der Schwere der Bedrohung nicht ange-
messen. Vielmehr sollten wir uns Gedanken machen,
wie wir den Bedrohungen des Islamismus in den Gren-
zen unserer Verfassung und auf dem Boden unserer Ver-
fassung wirkungsvoll begegnen können.


(Beifall bei der FDP)


Das wollen wir als Liberale; das ist unser Ansatz.

Wir werden uns in einer Anhörung damit auseinan-
dersetzen. Sie wissen: Ich bin bei solchen Fragen immer
offen für gute Argumente. Ich habe sie nur bisher leider
nicht gehört.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)


Dass auch der Vorsitzende der sozialdemokratischen Ju-
risten unsere Auffassung teilt, zeigt mir, Frau Ministerin,
dass wir richtig liegen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1620211200

Das Wort hat nun der Kollege Dr. Jürgen Gehb für die

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Jürgen Gehb (CDU):
Rede ID: ID1620211300

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dass die

Gefährdung durch Terror und Terroristen nach wie vor
hochaktuell ist, hat die Bundesjustizministerin eben
plastisch dargestellt. Das ist nicht nur eine Herausforde-
rung für die Nachrichtendienste und die Strafverfol-
gungsbehörden, sondern selbstverständlich auch für den
Gesetzgeber. Der meinen wir mit dem Gesetz, das den
etwas sperrigen Titel „Gesetz zur Verfolgung der Vorbe-
reitung von schweren staatsgefährdenden Gewalttaten“
hat, gerecht zu werden.

Die Aussage, dass wir Neuland oder jedenfalls eine
Grauzone betreten, will ich in der Stringenz nicht zulas-
sen, Frau Ministerin, liebe Brigitte, weil Vorbereitungs-
handlungen schon jetzt im Strafgesetzbuch unter Strafe
stehen. Ich erinnere nur an § 80 des Strafgesetzbuches:
Vorbereitung eines Angriffskrieges. Ich möchte einmal
wissen, Herr van Essen, wie die Gerichte mit einer sol-

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(C (D hen Formulierung umgehen. Das ist doch auch ziemlich nbestimmt. (Jörg van Essen [FDP]: Herr Kollege, Sie wissen doch, dass das etwas ganz anderes ist!)


orbereitung eines hochverräterischen Unternehmens.
esen Sie bitte § 83 Strafgesetzbuch. Tolle lege! Nimm
nd lies! Oder nehmen Sie § 149 des Strafgesetzbuches:
orbereitung der Fälschung von Geld oder Wertzeichen.
ass wir also bereits Vorbereitungshandlungen vor dem
lassischen Versuchsstadium, wo man also unmittelbar
nsetzen muss, wo er praktisch das Messer an der Kehle
at, als strafbewehrtes Unrecht ansehen, ist alles andere
ls Neuland.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber nun wird die Vorbereitung der Vorbereitung unter Strafe gestellt!)


Ich gebe gerne zu, dass es eine kritische, auf Kante
enähte Regelung ist. Das ist übrigens seit geraumer Zeit
o in den Fällen, in denen wir etwa mit verdeckten Er-
ittlungsmaßnahmen Verbrechern auf den Leib rücken
üssen. Es ist doch ganz klar, dass etwas, das das Span-

ungsfeld zwischen den Grundrechten der Bürgers auf
reiheit und der sehr wohl auch verfassungsrechtlich
erbürgten und geforderten Verpflichtung des Staates
um Schutze betrifft, eher beim Bundesverfassungsge-
icht landet, als wenn wir irgendeine Norm im Viehseu-
hengesetz ändern.

Aber, Herr van Essen, ich will Ihnen sagen: Sie alle
olen immer mit einer geradezu an eine Litanei erinnern-
en Aufzählung von Gesetzen aus, die alle vor dem Bun-
esverfassungsgericht gescheitert sind.


(Jörg van Essen [FDP]: Das ist so!)


icht ein einziges davon stammt aus der jetzigen Koali-
ion. Ich habe einmal die Anfrage gestellt, was seit dem
9. Oktober 2005 vom Bundesverfassungsgericht aufge-
oben wurde.


(Jan Mücke [FDP]: Entfernungspauschale!)


ch sage Ihnen einmal etwas: Bisher ist die Änderung
es Gesetzes zum Hufbeschlag unter Schwarz-Rot auf-
ehoben worden.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das kommt noch! So schnell ist Karlsruhe nicht!)


ören Sie auf, uns immer zu unterstellen, dass schon
iele unserer Gesetze aufgehoben worden seien!


(Beifall bei der CDU/CSU – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie bitte? Das wart doch ihr! So schnell ist Karlsruhe gar nicht! Was war denn zum Beispiel mit dem Großen Lauschangriff? War die Union daran etwa nicht beteiligt? Haben Sie schon einmal aus verfassungsrechtlichen Gründen widersprochen?)


Im Übrigen kann man bei Gesetzen, die eine gewisse
rundrechtsrelevanz haben, doch nicht bereits aus Angst
or dem Tode Selbstmord begehen. Es wäre eine Kata-






(A) )



(B) )


Dr. Jürgen Gehb
strophe, wenn wir ängstlich und gebannt wie das Häs-
chen vor der Schlange davon absehen würden, wichtige
Gesetze zu erlassen. Sie dürfen natürlich nicht evident
verfassungswidrig sein. Ihnen darf die Verfassungswid-
rigkeit also nicht sozusagen auf der Stirn stehen, sodass
man Angst haben muss, dass selbst der Hausmeister
beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe sie gar
nicht an den Senat weiterleitet, sondern sie zerreißt.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


So etwas haben wir natürlich auch nicht vor, meine Da-
men und Herren. Aber dass wir uns in einer kritischen
Phase befinden, gebe ich gerne zu.

Mit den drei Gesetzesregelungen, um die es geht – die
Regelungen von § 89 a, § 89 b und § 91 des Strafgesetz-
buches –, setzen wir übrigens auch ein Übereinkommen
des Europarates zur Bekämpfung des Terrorismus um,
das wir in diesem Hohen Hause bereits am 7. Juni 2007
verabschiedet haben. Wir halten uns also auch an euro-
päische Vorgaben.

Meine Damen und Herren, zu Ihren Ausführungen
zur Absicht kann ich nur eines sagen: Auch Richter zie-
hen ihre Hosen nicht mit einer Kneifzange an.


(Heiterkeit des Abg. Joachim Stünker [SPD])


Wenn jemand von Nachrichtendiensten tatsächlich dabei
beobachtet worden ist, wie er sich in einem Terrorcamp
hat ausbilden lassen – über einem solchen Camp steht
schließlich nicht „Abenteuerspielplatz“ –, diese Person
später aber vor Gericht aussagt: „Eigentlich habe ich mir
meine Sprengstofffertigkeiten nur angeeignet, um dem
THW zu helfen“, dann wird diese Einlassung wohl nicht
besonders gut ankommen. Wenn sich jemand als Scharf-
schütze ausbilden lässt und dies damit begründet, dass er
auf dem Rummelplatz in Steglitz Sieger im Wettbewerb
„Schießen auf den laufenden Keiler“ werden möchte,
dann wird ihm das auch niemand glauben. Ein Richter
muss es also aus der Gesamtschau der jeweils obwalten-
den Umstände beweisen.


(Jörg van Essen [FDP]: Ja, genau! Er muss es beweisen! So ist es richtig!)


Denken Sie einmal an das Beispiel Diebstahl: Die po-
lizeilichen Ermittlungsbehörden finden beim Langzeit-
studenten Ströbele zu Hause einen Palandt, der in der
Universitätsbibliothek schon seit fünf Jahren fehlt. Dann
wird Herr Ströbele sagen: Ich hatte doch nicht die Ab-
sicht, mir von einem anderen etwas Fremdes zueignen
zu wollen? Es geht also um die Zueignungsabsicht. Hier
gibt es also die Möglichkeit zur Einlassung: Ich wollte
den Palandt zurückgeben. Zueignungsabsicht beinhaltet
demnach Enteignung und Aneignung. Den straflosen
Gebrauchsdiebstahl – furtum usus – kannten schon die
alten Römer. In unserem Fall würde Herr Ströbele sagen:
Das wollte ich doch nicht behalten. Das habe ich mir nur
einmal ausgeliehen. Ich hätte das wieder zurückge-
bracht. – Man muss natürlich abwarten, ob eine solche
Einlassung das Gericht überzeugt oder nicht.


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(C (D (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es kommt doch darauf an, ob er es zurückbringt oder nicht!)


Der Beweis erfordert natürlich nicht, den Grundsatz
in dubio pro reo“ für jede noch so alberne Einlassung
der gar Ausrede gelten zu lassen. Für die Gerichte be-
teht die Schwierigkeit, einen Tatbestand auszulegen
nd einen Täter sauber zu überführen – nicht mehr und
icht weniger. Das, meine Damen und Herren, muss den
erichten überlassen bleiben.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Es geht eine reflexartige Angst um: Im Zusammen-
ang mit der Vorratsdatenspeicherung wurde der böse
berwachungsstaat kritisiert. Jetzt liest man vom DAV:
eindstrafrecht – Guantánamo lässt grüßen.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Eine richtig schöne Stellungnahme ist das!)


s wird wieder das Ende des Rechtsstaates besungen.

Meine Damen und Herren auch von der Opposition,
atürlich kann ich die Anwälte verstehen;


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh ja! Allerdings!)


chließlich bin ich selbst Anwalt. Wer, wenn nicht An-
älte, muss darauf achten, dass wir in Sachen staatliche
brigkeit nicht zu weit gehen?


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach was! Wann tun Sie das denn? – Ulla Jelpke [DIE LINKE]: Ja, genau!)


as ist ganz klar. Eines darf man aber nicht tun, meine
amen und Herren: Man darf die Hysterie, die unter
echtsunkundigen gelegentlich herrscht und die am
tammtisch nach dem dritten Glas Bier geradezu über-
chwappt, nicht noch nähren. Ich appelliere deshalb auch
n die Oppositionspolitiker: Wir sollten im Streit um die
esten Lösungen miteinander ringen. Wir dürfen aber
icht denjenigen das Wort reden, die die Verhältnisse in
eutschland mit den Verhältnissen in Guantánamo ver-
leichen und von Gesinnungsstrafrecht oder Feindstraf-
echt reden.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Joachim Stünker [SPD])


as sollte von allen Demokraten in diesem Hohen Hause
nisono so beurteilt werden.

Nach der ersten Lesung werden wir unseren Gesetz-
ntwurf an die Fachausschüsse – in diesem Fall sicher-
ich an den Rechtsausschuss – überweisen, wie wir es
it allen Gesetzentwürfen tun. Wir haben also noch ge-

ug Zeit, externen Sachverstand einzuholen und uns mit
ieser Materie zu beschäftigen. Dann werden wir weiter-
ehen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)







(A) )



(B) )


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1620211400

Für die Fraktion Die Linke spricht nun die Kollegin

Ulla Jelpke.


(Beifall bei der LINKEN)



Ulla Jelpke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620211500

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wie wir

eben gehört haben, will die Bundesregierung demnächst
die Vorbereitung von Terroranschlägen und den Aufent-
halt in sogenannten Terrorcamps unter Strafe stellen.
Darüber diskutieren wir jetzt. Die Bundesregierung be-
schränkt sich dabei nicht darauf, konkrete Handlungen
zu bestrafen,


(Joachim Stünker [SPD]: Doch!)


auch nicht darauf, konkrete Vorbereitungshandlungen zu
bestrafen,


(Joachim Stünker [SPD]: Doch!)


sondern sie will bereits Gesinnungen bestrafen. Das hat
die Justizministerin mit ihrem hier heute verwendeten
Begriff „subjektive Seite“ sehr deutlich gemacht. Ich
möchte gern wissen, was die „subjektive Seite“ bei einer
geplanten Straftat sein soll.


(Joachim Stünker [SPD]: Beim „kleinen Strafrechtschein“ lernen Sie das! Zweites Semester!)


Zu dem genannten Zweck hat die Bundesregierung
einen Gesetzentwurf eingebracht, dessen Formulierun-
gen unpräzise sind. Diverse Gummiparagrafen werden
geschaffen. Solche Gesetze sorgen meines Erachtens
nicht für Sicherheit, sondern – das ist ganz eindeutig –
für einen weiteren Abbau von Bürgerrechten.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Grundidee des Strafrechts eines Rechtsstaates ist
doch – lassen Sie mich noch einmal darauf eingehen –,
den Täter für eine Tat zu bestrafen, die er tatsächlich be-
reits begangen hat. Das wissen natürlich auch Sie, Frau
Justizministerin. Denn bei der Vorstellung Ihres Gesetz-
entwurfes haben Sie ausdrücklich gesagt:

Wir betreten mit der weiteren Vorverlagerung von
Strafbarkeit juristisches Neuland … Nun aber wird
jemand schon dafür bestraft, dass er Kontakt zu ei-
ner Terrorgruppe aufnimmt oder sich im Umgang
mit bestimmten Waffen oder Stoffen schulen lässt.
Wir bewegen uns damit sehr weit im Vorfeld einer
Tat.


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Haben Sie nicht zugehört?)


Ich möchte Sie korrigieren: Juristisches Neuland betre-
ten Sie meines Erachtens nicht, Frau Justizministerin.
Sie sind vielmehr dabei, den Boden des Rechtsstaates,
die Grundrechte, zu verlassen. Ich sage Ihnen ganz klar:
Wir von der Linken werden so ein Gesetz nicht mittra-
gen.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D … mit dem neuen Staatsschutzrecht wird ein neues uferloses Antiterrorsystem aufgebaut, agt der bekannte Rechtsanwalt Rolf Gössner, Vizepräsient der Internationalen Liga für Menschenrechte. Herr ehb gibt ja offensichtlich nichts auf Rechtsanwälte der auf die Stellungnahme der Anwaltsvereinigung. arüber bin ich schon sehr erstaunt. (Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Was? Nicht zugehört!)


Ich möchte einige der Gedanken vortragen, mit denen
olf Gössner das Vorhaben der Bundesregierung in der
ffentlichkeit infrage gestellt hat:

So plausibel eine Strafandrohung etwa im Fall einer
Ausbildung in einem ausländischen „Terrorcamp“
auf den ersten Blick erscheinen mag, so problema-
tisch ist sie bei genauerem Hinsehen. Wie will man
beweisen, dass jemand in einem Trainingslager
zum Terroristen umgeschult und tatsächlich ein sol-
cher geworden ist?


(Zuruf von der SPD: Beweislage! Dafür sind die Gerichte da!)


Dass er unmittelbar und konkret Gewalttaten plant,
soll offenbar keine Voraussetzung sein – ein subjek-
tiver Anschlagswille reicht; wie aber soll der be-
wiesen werden? Wir haben es also mit einem Ge-
fährdungsdelikt ohne konkreten Tatbezug weit im
Vorfeld des Verdachts zu tun – eine unverhältnis-
mäßige und gefährliche Entgrenzung des herkömm-
lichen Tatstrafrechts.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1620211600

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

ollegen Siegfried Kauder?


Ulla Jelpke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620211700

Ja, bitte.

Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen) (CDU/
SU):
Frau Kollegin Jelpke, Sie haben gerade darauf hinge-

iesen, dass man jemandem, der sich in einem Terror-
amp ausbilden lässt, für die Strafbarkeit dieser Hand-
ung auch nachweisen müsse, dass er unmittelbar eine
erroristische Straftat begehen wolle. Können Sie mir sa-
en, wo diese Behauptung im Gesetzestext des § 89 a ih-
en Niederschlag findet?


Ulla Jelpke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620211800

Wenn Sie richtig zugehört hätten, wüssten Sie, dass

ch gerade Herrn Gössner zitiert habe. Aber ich bin gern
ereit, auch auf Ihre Frage zu antworten.


(Ralf Göbel [CDU/CSU]: Wo steht das denn? – Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Wo steht das?)


ch bin nämlich der Meinung, dass das, was Sie im Ge-
etzentwurf schreiben, nicht handhabbar ist. Wer defi-
iert „Kontakt“? Das müsste genauer erläutert werden.






(A) )



(B) )


Ulla Jelpke
Wer definiert „Terrorismus“? Bisher ist das nicht defi-
niert. Die Justizministerin muss erklären, was genau ein
„Terrorcamp“ sein soll.


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Jetzt noch einmal zu der Frage!)


– Ich habe das Gesetz jetzt nicht dabei; aber ich bin
gerne bereit, Ihnen das später zu beantworten.


(Siegfried Kauder [Villingen-Schwenningen] [CDU/CSU]: Das war keine Antwort auf meine Frage! – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Da muss Ihr Mitarbeiter das nacharbeiten!)


Ich möchte das Zitat von Herrn Gössner noch been-
den:

Wir haben es also mit einem Gefährdungsdelikt
ohne konkreten Tatbezug weit im Vorfeld des Ver-
dachts zu tun – eine unverhältnismäßige und ge-
fährliche Entgrenzung des herkömmlichen Tatstraf-
rechts. Und aufgrund welcher Erkenntnisse soll
etwa die Art des Kontakts, des Camps und der Fort-
bildung beurteilt werden?

Dieser Fragestellung können wir uns nur anschließen,
und wir werden das in den Anhörungen auch entspre-
chend zur Debatte stellen.

Noch einmal zu dem vorherigen Punkt. Man fragt
sich natürlich allen Ernstes, wie Sie überhaupt erfahren
wollen, ob jemand beispielsweise im Internet gesurft,
nach Bombenbauanleitungen geschaut und dann andere
motiviert hat, eine Straftat zu begehen. Oder wie wollen
Sie von den Menschen, die einen Flugschein machen
– Flugzeuge sind ja bekanntlich auch Waffen –, diejeni-
gen erfassen, die andere angeblich motivieren, Terrorta-
ten zu begehen? Sie betreiben hier ganz eindeutig eine
Vorfeldkriminalisierung, die wir nicht mitmachen wer-
den.

Herr Montag hat das Beispiel ja auch schon genannt:
Was ist zum Beispiel mit einem Soldaten, der sich bei
der Bundeswehr ausbilden lässt, dann aber plant, einen
Terroranschlag zu begehen? Heißt das im Rückschluss,
dass die Bundeswehr ein Terrorcamp ist, oder wie soll
man das interpretieren?


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Da ist ja der Nešković noch besser! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU und der SPD: Oh!)


Sie müssen diese Fragen beantworten; denn Sie und
nicht wir haben diesen Gesetzentwurf vorgelegt.


(Beifall bei der LINKEN)


Sind wir denn technisch tatsächlich schon so weit,
dass Justiz und Polizei Gedanken lesen können, oder wie
soll sonst der Beweis dafür erbracht werden, dass je-
mand in einem Trainingscamp, durch den Erwerb eines
Chemiebuches oder durch intensive Recherchen im In-
ternet tatsächlich ein Terrorist werden will?


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Sehr abenteuerlich!)


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(C (D So viele Möglichkeiten, den Willen zum Anschlag achzuweisen, gibt es ja nicht. Wollen Sie sich auf duiose Informationen von Geheimdiensten, wie Sie das ei den sonstigen Terrorgesetzen auch schon tun, oder uf mögliche Folterregime wie Pakistan, Türkei oder Syien stützen? Das wäre mit menschenrechtlichen Stanards absolut unvereinbar, und das wissen Sie auch. der wollen Sie aufgrund einer vermuteten politischen der religiösen Überzeugung kurzerhand auf den vereintlichen Terrorwillen schließen? (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Wo steht das denn?)


as wäre in der Tat ein Gesinnungsstrafrecht, durch das
er Verfolgung politisch missliebiger Personen Tür und
or geöffnet werden würde. Auch das ist mit uns nicht
u machen.


(Beifall bei der LINKEN – Michael GrosseBrömer [CDU/CSU]: Ist gar kein Jurist bei Ihren Mitarbeitern?)


Späh- und Lauschangriffe, geheime Onlinedurchsuchun-
en durch das BKA und Untersuchungshaft werden dadurch
n noch größerem Umfang möglich gemacht, als das
chon heute – ich erinnere hier daran; das ist ja schon ge-
annt worden – durch den Terrorparagrafen 129 a StGB
Bildung terroristischer Vereinigungen“ und den
129 b StGB „Kriminelle und terroristische Vereinigun-

en im Ausland“ der Fall ist. Der Umfang der Möglich-
eiten soll jetzt noch einmal erweitert werden. Das war ja
unächst auch das Anliegen von Frau Zypries.

Mit ihrer Gesetzesvorlage bereitet die Bundesregie-
ung einer Schnüffel- und Gesinnungspraxis den Weg.

ir denken, dass hier rechtstaatliche Prinzipien mit Fü-
en getreten werden.


(Zuruf von der SPD: Recht auf Terrorcamp?)


enn eine Justizministerin einen Gesetzentwurf vor-
tellt und sagt, er sei verfassungsrechtlich auf Kante ge-
äht, dann wird deutlich, dass man ernsthaft fragen
uss, ob hier wieder vorprogrammiert ist, dass das Ver-

assungsgericht diesen Gesetzentwurf einkassieren wird.

Man kann nur sagen: Frau Zypries, ich fand es sehr
ut, dass Sie am Anfang versucht haben, gegen Herrn
chäuble anzutreten und zu sagen, dass Sie diese Ver-
chärfung im Gesetz nicht wollen. Es ist aber wie im-
er: Sie sind mal wieder eingeknickt. In Richtung der
PD muss man fragen: Wo bleibt eigentlich Ihre demo-
ratische rechtsstaatliche Gesinnung, wenn Sie jedem
ieser Gesetzentwürfe, mit denen Bürgerrechte massiv
efährdet und abgebaut werden, zustimmen?


(Beifall bei der LINKEN – Christoph Strässer [SPD]: Ja, das ist schon bitter!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1620211900

Frau Kollegin, denken Sie bitte an die Redezeit.


Ulla Jelpke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620212000

Ja. Ich komme auch zu meinen letzten beiden Sätzen.


(Joachim Stünker [SPD]: Das ist auch besser so!)







(A) )



(B) )


Ulla Jelpke
Die Linke bleibt dabei: Gewaltdelikte sind und blei-
ben zu verfolgen und zu bestrafen; das ist überhaupt gar
keine Frage. Durch spezielle Terrorparagrafen nach dem
Strickmuster dieser Regierung werden jedoch das
Grundgesetz und der Rechtsstaat gefährdet.

Danke.


(Beifall bei der LINKEN – Michael GrosseBrömer [CDU/CSU]: Sie gefährden das Niveau hier!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1620212100

Nächster Redner ist der Kollege Wolfgang Wieland

für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620212200

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ge-

ständnisse soll man ja möglichst frühzeitig ablegen. Des-
wegen sage ich gleich vorweg: Ich verstehe manchmal
die Welt nicht mehr – genauer gesagt, Ihre Welt, meine
Damen und Herren von der Großen Koalition. Da fehlt
mir wirklich die Einsicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich gebe zu: Unser Strafgesetzbuch stammt aus dem
Jahr 1871. Da gab es diese Form des internationalen Ter-
rorismus noch nicht. Wir haben aber seit 1976 die terro-
ristische Vereinigung und als Folge des 11. September
seit 2002 auch die ausländische terroristische Vereini-
gung im Strafgesetzbuch verankert. Nun finden Sie
Strafbarkeitslücken – Sie behaupten sie jedenfalls – und
begründen Ihr Vorhaben damit, dass der Terror eine in-
ternationale Erscheinung geworden ist und Terrorcamps
eine neue Erscheinung sind. Darauf muss ich Ihnen ent-
gegen: Auch die Rote Armee Fraktion – wenn Sie das
nicht schon wissen, können Sie sich den Film über den
Baader-Meinhof-Komplex im Kino ansehen; er ist ja für
einen Oscar vorgeschlagen – ließ sich bekanntermaßen
in einem Terrorcamp ausbilden.


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Soll das straflos bleiben?)


– Das war immer strafbar. Damit gab es nie ein Problem.

Des Weiteren haben Sie angeführt, es sei neu, dass die
Hierarchien weggefallen sind. Wir hatten aber terroristi-
sche Vereinigungen inländischer Prägung – ich denke
dabei an die „Bewegung 2. Juni“ in Berlin –, die per de-
finitionem völlig unhierarchisch waren. Wir hatten mit
den „Revolutionären Zellen“ sogar das, was man heutzu-
tage ein Terrornetzwerk nennt, nämlich einen relativ lo-
sen Verbund selbstständig agierender Gruppierungen
und Einzelpersonen.

Das alles ist im Kern nicht neu. Wenn Sie behaupten,
dass Sie Lücken füllen wollen, die wir nicht sehen und
die es gar nicht gibt, dann muss ich Ihnen unterstellen,
dass Sie in Wirklichkeit etwas ganz anderes wollen. Sie
wollen nämlich nicht die Vorbereitung unter Strafe stel-
len, Herr Kollege Gehb. Das gibt es im Strafgesetzbuch
bereits in manchen Fällen. Sie wollen die Vorbereitung
der Vorbereitung unter Strafe stellen. Bei Ihnen soll die
Strafe nicht der Tat auf dem Fuß folgen, sondern bei Ih-

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(C (D en soll die Strafe der Tat zwei Schritte vorausgehen. as ist das Neue, und das lehnen wir ab. Das geht in ichtung Gesinnungsund Feindstrafrecht. Das ist charf zu kritisieren. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Die Frau Bundesjustizministerin hat das schöne Bei-
piel des Kunden im Buchladen angeführt, der in einem
uch liest. Er kann die Absicht haben, zu zahlen. Er
ann die Zueignungsabsicht haben. Was tun wir in dieser
ituation? Sollen wir ihn festnehmen und nachsehen, ob
r genug Geld dabei hat, um dieses Buch zu kaufen? Ist
as das Neue, das wir brauchen?


(Christoph Strässer [SPD]: Nein!)


ir tun das, was wir immer getan haben. Wir prüfen, ob
r das Buch unter die Jacke schiebt, und dann legen wir
as als Indiz für die Zueignungsabsicht aus.


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Gut! Das Ströbele-Beispiel!)


Mein lieber Kollege Gehb, jetzt sagen Sie wieder:
Ströbele-Beispiel“. Der Kollege war aber nie ein Lang-
eitstudent wie Sie vielleicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


r hat zügig studiert, war bei der Bundeswehr, wurde
anonier und war dann noch drei Jahre Referendar. Er
ar weder Langzeitstudent, noch hat er je ein Buch un-

erschlagen.


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Das habe ich auch nie gesagt! – Zuruf von der LINKEN: Langzeitstudent ist nichts Schlimmes!)


Das Beispiel lassen wir weg. Wählen Sie andere Bei-
piele. Das ist nämlich falsch, selbst wenn es sich auf
tröbele bezieht.

Aber im Ernst: Anhand welcher Indizien – die Minis-
erin hat mir ja recht gegeben; auch sie kann niemandem
n den Kopf hineingucken; das kann niemand – wollen
ie die Abgrenzung zu einem normalen, sozial adäqua-

en Verhalten vornehmen, wenn es Ihnen zufolge darauf
nkommt, ob der Betreffende terroristische Absichten
erfolgt hat oder nicht? Das wird aus Indizien hergelei-
et. Dabei wird man sicherlich im Verdachtsfall sehr um-
angreich überprüfen, mit wem der Verdächtige korres-
ondiert und was er im Internet aufruft – die
orratsdatenspeicherung gibt es bereits –, und dann wird
an aus Mosaiksteinen seine Gesinnung zusammenset-

en. Darauf wird es hinauslaufen. Damit geht man den
chritt weg vom Schuldstrafrecht und vom Bestimmt-
eitsgebot. Das ist das gefährliche Neuland, das mit die-
em Gesetzentwurf betreten wird. Das wollen wir nicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


In der Begründung, Herr Kollege Stünker, hat uns das
MJ am 14. Januar netterweise eine Lesehilfe mit Fall-
eispielen geliefert, die erklären sollen, inwiefern es Lü-
ken gibt.






(A) )



(B) )


Wolfgang Wieland

(Joachim Stünker [SPD]: Die kenne ich gar nicht!)


Sie alle treffen nicht zu, weil alle Fälle bereits strafbar
sind.

Beim ersten Beispiel erhält – das ist wie in einer
Klausur – ein gewisser A den Auftrag, ein Terrorcamp
aufzusuchen und sich dort ausbilden zu lassen. Wo ist
denn hier das Problem der Strafbarkeit gegeben? Es gibt
neben A wenigstens einen, der ihm den Auftrag gibt, und
einen, der ihn ausbildet. Das macht zusammen mindes-
tens drei Personen. Warum sollten diese Personen nicht
nach § 129 a des Strafgesetzbuches bestraft werden kön-
nen? Was sind denn das für Beispiele?


(Lachen des Abg. Dr. Hans-Peter Uhl [CDU/ CSU])


– Der Kollege Uhl, der jetzt so lacht, hat in einem Arti-
kel von einer „Riesenlücke“ gesprochen. Kollege Uhl,
ich sage Ihnen: Sie hätten diese Aufgabe in einer Klau-
sur falsch gelöst.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Klaus Uwe Benneter [SPD] – Dr. Hans-Peter Uhl [CDU/CSU]: Vergleichen wir mal die Examensnote!)


Schauen Sie einmal in den EU-Rahmenbeschluss, in
dem definiert wird, was eine terroristische Vereinigung
ist. Da heißt es: Dieser Begriff bezeichnet

einen auf längere Dauer angelegten organisierten
Zusammenschluss …, der nicht nur zufällig zur un-
mittelbaren Begehung einer strafbaren Handlung
gebildet wird.

Dieser Tatbestand liegt hier doch vor.

Das nächste Beispiel ist noch absurder. Da geht es
ganz im Ernst um ein Mitglied einer Wehrsportgruppe.
Dieses Mitglied lässt sich bei dieser Wehrsportgruppe
als Sprengmeister ausbilden. Franz Josef Strauß sagte
einmal über die Wehrsportgruppe Hoffmann: Das sind
Hanseln, das sind Kasper. – Er wurde dann durch das
Oktoberfestattentat blutig eines Besseren belehrt. Aber
wer ist denn sonst außer ihm ernsthaft der Ansicht, dass
eine derartige Wehrsportgruppe keine terroristische Ver-
einigung wäre? Diese Erkenntnis sollte doch endlich im
BMJ angekommen sein. Weshalb schreiben Sie uns also
solche Beispiele auf?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Auch der Sauerland-Fall taucht in dieser Beispiel-
sammlung auf. Natürlich haben sich die Mitglieder die-
ser Gruppe strafbar gemacht, sonst hätte man sie nicht
festnehmen können.


(Jörg van Essen [FDP]: So ist es! – Christoph Strässer [SPD]: Man kann auch jemanden festnehmen, der keine Straftat begangen hat!)


Man hat sie aber festgenommen. Vorbereitung eines Ex-
plosionsverbrechens steht seit Jahr und Tag in § 310 des
Strafgesetzbuches.

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(C (D Nun zu den Kofferbombern, Herr Kollege Kauder. enn man diese mit dem Koffer angetroffen hätte, dann ätten sie sich natürlich strafbar gemacht; das ist überaupt kein Thema. Schon wenn sie eine Bombe gebastelt ätten, wäre das strafbar gewesen. ie wollen jetzt noch einen Schritt nach vorne machen. ie wollen, dass man schon beim ersten Herunterladen us dem Internet zuschlagen kann. Sie schreiben selber n dem Artikel in der ZRP – da sind Sie ehrlich –: „Daurch wird zugegebenermaßen eine weit vorverlagerte trafbarkeit begründet, ...“ – Sie haben recht: Das ist ine weit vorverlagerte Strafbarkeit. Das kann nicht richig sein. Gerade Sie, der den Untersuchungsausschuss nter anderem zum Fall Murat Kurnaz leitet, müssten issen – auch dazu befindet sich hierin ein Beispiel –: r ist nie in einem Terrorcamp angekommen. Er ist zur alschen Zeit am falschen Ort gewesen. Er wurde gegen ine Prämie ausgeliefert und landete dann in Guntánamo. Herr Kollege, achten Sie auf Ihre Redezeit. Ja, ich komme zu meiner letzten Ausführung. – Nach em neuen Recht hätte man ihn in Bremen oder dort, wo r ins Flugzeug gestiegen ist, beim Abflug festnehmen önnen. Damals gingen die Sicherheitsbehörden ja über inen langen Zeitraum davon aus, er wolle sich terrorisisch betätigen. Nun kann ein Zyniker sagen: Es ist im er noch besser, bei uns festgenommen zu werden, als ach Guantánamo gebracht zu werden. Aber die Logik, die all dem zugrunde liegt – wir haen nichts Konkretes, also machen wir das Unkonkrete trafbar –, ist falsch. Sie ist nicht rechtsstaatlich. Wir lehen sie ab. Nächster Redner ist der Kollege Joachim Stünker für ie SPD-Fraktion. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe olleginnen und Kollegen! Zwei Vorbemerkungen: Der erste Punkt: Herr van Essen, der Hinweis darauf, elche Gesetze, die wir hier gemacht haben bzw. verrochen haben sollen, vom Bundesverfassungsgericht ufgehoben werden, verschlägt allmählich nicht mehr. (Ulla Jelpke [DIE LINKE]: Das ist euer Privileg! Wirklich!)


(Jörg van Essen [FDP]: Ja!)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1620212300
Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620212400

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1620212500

(Beifall bei der SPD)

Joachim Stünker (SPD):
Rede ID: ID1620212600

s gibt eine empirische Untersuchung – ich werde sie Ih-
en zukommen lassen – über 20 Jahre, in der festgestellt
ird, dass in diesem Zeitraum von 20 Jahren die Aufhe-
ungsrate beim Bundesverfassungsgericht pro Jahr






(A) )



(B) )


Joachim Stünker
durchschnittlich fast immer gleich geblieben ist. Ich
weiß nicht, woran das liegt. Das hat aber nichts damit zu
tun, wer gerade an der Regierung ist, oder damit, dass ei-
ner gute und der andere schlechte Gesetze macht. Das
liegt einfach in der Natur der Sache. Hören Sie also mit
solchen Behauptungen auf.


(Jörg van Essen [FDP]: Nein, damit höre ich nicht auf!)


Der zweite Punkt: Sozialdemokratische Juristen ha-
ben keinen Vorsitzenden, Herr van Essen. Wir sind eine
freiheitliche Partei. Es gibt für sozialdemokratische Ju-
risten eine Arbeitsgemeinschaft mit einem Vorsitzenden.
Das ist ein kleiner Unterschied. Aber auch in der Spra-
che sollte man genau sein.


(Jörg van Essen [FDP]: Trotzdem hat er das gesagt, was ich vorgetragen habe! – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Damit wird sein Zitat nicht falsch! Das werden Sie wohl zugeben!)


Genauso, liebe Kolleginnen und Kollegen, sollten wir
bei diesem ernsten Thema, um das es hier geht, bei
sprachlichen Begrifflichkeiten sehr vorsichtig sein. Ei-
nige Redner, die ich gehört habe, haben die Schmerz-
grenze überschritten, Herr Wieland und Frau Jelpke; das
muss ich ganz deutlich sagen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Sie müssen doch vor einem Gesetz, das nicht anwend-
bar und dessen Inhalt nicht beweisbar ist, überhaupt
keine Angst haben;


(Ulla Jelpke [DIE LINKE]: Sowieso nicht!)


denn die angeblichen Täter, denen man eine Straftat
nicht nachweisen kann, werden in Deutschland noch im-
mer freigesprochen. Sie können dann irgendwann sagen:
Euer Gesetz greift nicht. Was Ihr dort geregelt habt, trifft
den Sachverhalt, um den es geht, eigentlich gar nicht. –
Aber Ihre Angst davor, dass hier jemand möglicherweise
aus Gesinnungsgründen bestraft wird, können Sie nach
dem, was wir Ihnen vorgelegt haben, zumindest keinem
rechtskundigen Menschen in diesem Land erklären.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Frau Jelpke, es tut mir furchtbar leid, aber Sie haben mit
Ihren Ausführungen wieder einmal klargemacht, dass
Sie nicht regierungsfähig sind. Das wird wohl noch
lange so bleiben.

Jetzt zum Ernst des Themas zurück. Worüber reden
wir eigentlich?

Es handelt sich um einen ernsten Sachverhalt; die Frau
Ministerin hat zu Recht darauf hingewiesen. Wir reden
darüber, dass die Bedrohung durch den internationalen
Terrorismus auch für uns in Deutschland nach wie vor
fortbesteht. Ich nenne als Beispiele die Bedrohung von
Passagierflugzeugen in London, die Attentate von Mad-
rid sowie die in Dortmund und Koblenz gefundenen
Bomben in Zügen. Wir wissen also, dass die Gefahr
nach wie vor konkret ist. Zudem gab es – darauf wurde

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(C (D chon hingewiesen – in den letzten Tagen entsprechende ideos. Die Menschen in diesem Land haben einen Anspruch arauf, dass Politik das, was in rechtlicher Hinsicht mögich bzw. was menschenmöglich ist, tut, um die Bevölkeung vor solchen Anschlägen mit ihren furchtbaren Ausirkungen zu schützen. Das ist unsere Pflicht und chuldigkeit als Parlamentarier. Worüber reden wir eigentlich? Das will ich Ihnen erklären. – Wir wissen – einige aus en Ministerien wissen vielleicht en détail ein bisschen ehr; Kollege Uhl und ich sind Mitglieder des Parlaentarischen Kontrollgremiums; vielleicht haben wir adurch in einigen Punkten einen gewissen Wissensvorprung –, dass es einen ganz bestimmten, kleinen Kreis n Personen gibt, die sich in Camps im Ausland, zum eispiel in Afghanistan und Pakistan, im Umgang mit affen, Sprengstoff und Chemikalien ausbilden und ich auch psychisch schulen und indoktrinieren lassen, amit sie, wenn sie zurückkommen, möglicherweise beeit sind, Selbstmordattentate oder Ähnliches zu verben. Wir wissen, dass diese Personen nach Deutschland urückkommen werden. Wir kennen sie sogar. Aber wir aben keine Handhabe und können keine Ermittlungsaßnahmen ergreifen, weil wir deren Verhalten straf echtlich nicht erfassen können; genau das ist der Punkt. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Ulla Jelpke [DIE LINKE]: Woher wissen Sie es?)


(Ulla Jelpke [DIE LINKE]: Gute Frage!)


§§ 129, 129 a und 129 b des Strafgesetzbuches passen
ier nicht; dafür muss man etwas vom Strafrecht verste-
en.


(Daniela Raab [CDU/CSU]: Richtig!)


§ 30 StGB „Anstiftung zu einem Verbrechen“, den
ollege Montag erwähnt hat, passt ebenfalls nicht. Man
raucht immer zwei Personen, um die Tatbestände zu er-
üllen. Das heißt, genau die Normen, die wir von alters
er kennen, passen nicht zu den infrage kommenden
achverhalten.

Auch die Strafbarkeit des Versuchs passt hier letzt-
ndlich nicht; denn ein strafwürdiger Versuch bedeutet,
ass der Täter alles getan haben muss, damit die Tat
ach seinen Vorstellungen vollendet werden kann. Ge-
au das fehlt aber im oben genannten Fall noch. Die
lassische Lehre, die wir kennen, passt hier nicht.

Bei Selbstmordattentaten ist zudem die Phase zwi-
chen Vorbereitung, Versuch und Vollendung außeror-
entlich kurz. Auch daran sehen Sie, dass unsere bishe-
ige Dogmatik nicht passt. Nur aus diesem Grunde und
ur für den Täterkreis, um den es hier geht, schaffen wir
nter Sicherheitsaspekten zwei neue Tatbestände, um im
orfeld mit entsprechenden Ermittlungsmaßnahmen
orgehen zu können.

Was stellen wir zukünftig – das wurde bislang noch
icht richtig erklärt – eigentlich unter Strafe? Es handelt
ich um ein Staatsschutzdelikt. Das heißt, der Täter muss
it dem Ziel handeln, den Bestand der Bundesrepublik






(A) )



(B) )


Joachim Stünker
Deutschland zu beeinträchtigen; das gehört mit zum Tat-
bestand. Er muss dafür vorhaben, entweder einen Mord,
einen Totschlag, eine Freiheitsberaubung, Menschen-
raub oder Ähnliches zu begehen.

Das sind die Tatbestandsmerkmale, die vorliegen
müssen, von denen aber keiner von Ihnen gesprochen
hat. Um diese Taten begehen zu können, muss er sich
entsprechend ausbilden lassen,


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kontakt aufnehmen zur Ausbildung! Kontakt aufnehmen langt schon!)


und er muss dabei den Vorsatz haben – hören Sie doch
einmal zu, Herr Wieland, Sie können noch etwas lernen –,
das, was er dort gelernt hat, nachher konkret umzuset-
zen. Das ist der Hintergrund, aber nicht das, was Sie hier
erzählt haben, was einige Leute schreiben und was Sie
einigen Journalisten in die Feder diktiert haben, die da-
von gesprochen haben, wir würden Gesinnungsstrafrecht
machen.


(Jörg van Essen [FDP]: Das ist eine ganz ernste Auseinandersetzung!)


Ganz konkrete Straftatbestandsmerkmale, die ich hier
eben genannt habe, müssen erfüllt sein. Das hat nichts
mit Gesinnung zu tun, sondern das hat etwas mit der
konkreten Gefährlichkeit der Täter zu tun.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Herr Kollege Gehb hat schon auf etwas hingewiesen,
was auch ich betonen möchte, damit es in der Öffentlich-
keit wirklich deutlich wird. Dass Vorbereitungshand-
lungen unter Strafe gestellt werden, ist im deutschen
Strafrecht nun wirklich nichts Neues. Um das zu wissen,
muss man den Besonderen Teil kennen, Frau Jelpke. Sie
haben von der Vorbereitung des Angriffskrieges gespro-
chen. Es heißt dort nur: Wer einen Angriffskrieg vorbe-
reitet, an dem Deutschland beteiligt sein soll, der wird
bestraft. – Woher wissen Sie das? Können Sie in den
Kopf hineinschauen? Wie macht man denn so etwas?
Natürlich brauchen wir Tatsachen und Anknüpfungs-
punkte, natürlich brauchen wir eine Beweislage, nach
der ein Gericht zu der Überzeugung kommt, dass Men-
schen – auch subjektiv – einen Krieg vorbereiten wollen.


(Jörg van Essen [FDP]: Hier ist das doch viel weiter vorgelagert!)


– Das ist doch gar nicht wahr. – Bei hochverräterischen
Unternehmen muss man nur bereit sein, Hochverrat zu
begehen. § 87 StGB betrifft die Agententätigkeit zu Sa-
botagezwecken. Da verhält es sich genauso. Man muss
nur sagen, dass man nach Deutschland fährt, weil man
als Agent bereit ist, irgendwann eine Straftat zu begehen.
Es geht also um das Vorfeld. Das ist der Hintergrund. So
weit ab von dem, was wir nach geltendem Recht kennen,
bewegen wir uns hier also im Ergebnis nicht.


(Jörg van Essen [FDP]: Sie sagen doch selbst, das sei auf Kante genäht!)


– Das habe ich doch gar nicht gesagt. Unterstellen Sie
mir keine Zitate, die ich nie gesagt habe. Ein solches Zi-
tat von mir werden Sie nicht finden.

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(C (D Daher sage ich Ihnen: Lassen Sie uns mit kühlem Vertand in diese Beratungen im Rechtsausschuss hineingeen, lassen Sie uns dort mit kühlem Verstand die Sacherständigen anhören. Wenn wir vielleicht Tatbestände icht bestimmt genug gefasst haben, dann werden wir arüber beraten. Gemeinsam sollte uns – das hat auch ollege Gehb gesagt – die Absicht tragen, mit dieser esetzgebung nicht die Gesinnung unter Strafe zu stel en, sondern die Menschen in diesem Land davor zu chützen, dass Personen schwerste Straftaten begehen. ch garantiere Ihnen, Herr van Essen, Herr Wieland und rau Jelpke: Wenn irgendwo bei uns die erste U-Bahn ochgeht, dann werden Sie die Ersten sein, die einen Unersuchungsausschuss beantragen werden. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber doch nicht wegen fehlender Strafgesetze! – Jan Mücke [FDP]: Bösartige Unterstellungen!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1620212700

Nächster Redner ist der Kollege Siegfried Kauder für

ie CDU/CSU-Fraktion.

Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen) (CDU/
SU):
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
eine Damen und Herren! Selbstverständlich sind Frei-

eitsrechte in einem Staat wichtig, und sie sind auch
rundgesetzlich geschützt. Aber hat der Staat nicht auch
ie Aufgabe, Straftaten zu verhindern, nicht nur den
berführten Straftäter zu verurteilen? Es ist eine wesent-
iche Aufgabe, dazu beizutragen, dass Straftaten nicht
um Erfolg führen.


(Jörg van Essen [FDP]: Der Aspekt der Prävention!)


Herr Kollege van Essen, Sie haben natürlich recht:
isher ist in Deutschland zum Glück nichts passiert.
ber was die Kofferbomber anbelangt, so war das nicht
as Verdienst deutscher Ermittlungsbehörden. Man hat
ergessen, dem Gasgemisch Sauerstoff beizumischen.
äre es nicht viel besser gewesen, man hätte diese Kof-

erbomber schon in dem Stadium festnehmen können, in
em sie die ersten Vorbereitungshandlungen durchge-
ührt haben?


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Konnte man!)


orbereitungshandlungen unter Strafe zu stellen, ist
berhaupt nichts Neues.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sobald sie anfingen zu basteln, konnte man!)


arum haben wir denn den § 30 des Strafgesetzbuches?
r betrifft die typische Bestrafung einer Vorbereitungs-
andlung, die dazu dient, ein Verbrechen vorzubereiten.
arum haben wir § 234 a Abs. 3 des Strafgesetzbuches,

n dem es um die Strafbarkeit einer Vorbereitung zu ei-
em Verschleppungsverbrechen geht? Genau deshalb,






(A) )



(B) )


Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen)

weil wir nicht wollen, dass Menschen verschleppt wer-
den! Vielmehr sollen sie vom Staat rechtzeitig davor ge-
schützt werden.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1620212800

Herr Kollege Kauder, gestatten Sie eine Zwischen-

frage des Kollegen Wieland?

Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen) (CDU/
CSU):

Gerne doch.


Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620212900

Vielen Dank, Herr Kollege Kauder. – Ist Ihnen denn

nicht aufgefallen, dass Sie sich im Rahmen Ihrer Aus-
führungen zu den Kofferbombern gerade widersprochen
haben? Sie fragten: Wäre es nicht gut gewesen, sie vor-
her festzunehmen? Gerade diese Menschen haben sich
offenbar vorher zu einem Sprengstoffverbrechen verab-
redet, das als Vorbereitungshandlung nach § 310 Straf-
gesetzbuch bereits unter Strafe steht.


(Jörg van Essen [FDP]: So ist es!)


War das Problem bei den Kofferbombern nicht viel-
mehr, dass unsere Sicherheitsbehörden – sowohl die
Nachrichtendienste als auch die Länderpolizeien als
auch irgendjemand anders – sie nicht im Visier hatten?
Man hatte keine Anknüpfungspunkte, sich diese beiden
Personen anzusehen. Was wäre denn anders, wenn wir
das neue Gesetz schon hätten?


(Jörg van Essen [FDP]: Eine sehr berechtigte Frage! – Zuruf von der LINKEN: Völlig richtig!)


Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen) (CDU/
CSU):

Kollege Wieland, ich bin Ihnen für Ihre Frage außer-
ordentlich dankbar. Das Zauberwörtchen heißt „verfah-
rensrechtliche Bezugsnorm“. Schauen Sie sich einmal
§ 100 a der Strafprozessordnung an; dort geht es um die
Telekommunikationsüberwachung. Meinen Sie, ein
Staatsanwalt kann aufgrund eines vagen Verdachtsmo-
mentes hingehen und eine Telefonüberwachung anord-
nen? Meinen Sie, ein Richter würde diese Maßnahme
zulassen? Nein, man braucht bestimmte Tatsachen, auf-
grund deren man eine Ermittlungsmaßnahme einleiten
kann.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)


Deswegen wollen wir, dass die Strafbarkeit vorverlagert
wird, damit man durch die bestimmten Tatsachen des
vorverlagerten Deliktes einen Anknüpfungspunkt hat,
um Ermittlungsmaßnahmen durchführen zu können.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


So viel zur verfahrensrechtlichen Bezugsnorm. Damit
habe ich Ihnen die Antwort gegeben.

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(C (D (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, die wollten wir hören!)


Das Wesentliche ist, dass wir verfahrensrechtliche
ezugsnormen schaffen, die es bisher nicht gibt. § 30
es Strafgesetzbuches reicht nicht aus – das ist schon
rwähnt worden –, weil man am Anfang eines Ermitt-
ungsverfahrens die Existenz einer terroristischen Verei-
igung nicht nachweisen kann, da man die Tatbestands-
lemente noch nicht aufgedeckt und enttarnt hat.

§ 30 des Strafgesetzbuches eignet sich auch wegen
er Rechtsprechung nicht. Ich verweise auf die Entschei-
ung des Bundesgerichtshofs, Band 18, Seite 160 ff.
ort wurde der Straftatbestand nach § 30 des Strafge-

etzbuchs deutlich eingeschränkt. Um im Vorfeld ermit-
eln zu können, muss man eine konkrete Tat nachweisen.
ie Vorbereitung dieser Tat muss so weit fortgeschritten

ein, dass der Täter nur noch zur Tat ansetzen muss. Ge-
au das ist nach den in unserem Gesetzentwurf enthalte-
en Vorschriften nicht der Fall.

Einiges ist in der Diskussion durcheinandergegangen.
rau Kollegin Jelpke, ich empfehle Ihnen, einmal in den
esetzentwurf hineinzuschauen. Es ist ein Unterschied,
b man von § 89 a Strafgesetzbuch oder von § 89 b
trafgesetzbuch spricht. In § 89 a werden ganz konkret
ier Vorbereitungshandlungen unter Strafe gestellt. Es
andelt sich also nicht um ein Gesinnungsstrafrecht,
ondern um gesetzlich genau umschriebene Vorberei-
ungshandlungen. Nach § 89 a des Strafgesetzbuches
uss aber den Vorbereitungshandlungen ein Vorsatz hin-

ukommen. Bei einer Ausbildung im Terrorcamp muss
lso kein konkreter Vorsatz für eine Straftat vorliegen.
ch bitte Sie, diese beiden Straftatbestände auseinander-
uhalten.

Wir erreichen mit diesem Gesetz eine Verbesserung
er Sicherheitslage in Deutschland. Wir eröffnen den Er-
ittlungsbehörden die Möglichkeit, Telekommunika-

ionsüberwachung und Wohnraumüberwachung durch-
uführen. Genau das ist es, was zum Erfolg führt: sich
icht darauf zu verlassen, dass wie in der Vergangenheit
ichts passieren wird und dass das Glück einem weiter-
in hold ist. Wir müssen dieses Instrumentarium zur
erfügung stellen, damit Staatsanwaltschaften und Poli-
eibehörden gegen terroristische Angriffe rechtzeitig
orgehen können.

Ich möchte gern noch das Beispiel der Sauerland-
ruppe ansprechen: Es waren nicht die Ermittlungsbe-
örden, deren Arbeit zum Erfolg geführt hat, sondern die
nformationen eines V-Manns der Amerikaner. Man darf
ich nicht auf der sicheren Seite wähnen und sagen: Es
ird schon weiterhin so funktionieren. Wir müssen straf-
rozessual und strafrechtlich mit entsprechenden Straf-
orschriften reagieren. Deswegen muss der, der Sicher-
eit in Deutschland will, diesem Gesetz zustimmen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1620213000

Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege

r. Hans-Peter Uhl für die CDU/CSU-Fraktion.






(A) )



(B) )


Dr. Hans-Peter Uhl (CSU):
Rede ID: ID1620213100

Frau Präsidentin! Meine verehrten Kolleginnen und

Kollegen! Wir Innenpolitiker der CDU/CSU-Fraktion
haben uns gestern die Terrorvideos angeschaut. Meines
Wissens haben die Kollegen aus der SPD-Fraktion in
dieser Woche dasselbe getan. Ich kann Ihnen, Herr van
Essen, und den anderen Kollegen aus der Opposition nur
empfehlen, dies auch zu tun,


(Ulla Jelpke [DIE LINKE]: Wir haben uns das auch angeschaut! Das können Sie sich sparen! Das kennen wir!)


weil Sie dann erleben, dass es sich bei Bekkay Harrach,
einem jungen Marokkaner, der in Deutschland eingebür-
gert wurde, um einen fanatisierten Islamisten handelt.
Auf der einen Seite ist er sicherlich ein verwirrter Geist
– den Eindruck gewinnt man, wenn man ihn erlebt –, auf
der anderen Seite aber ein finster entschlossener Selbst-
mordattentäter, der bereit ist, das, was er dort ankündigt,
auch zu tun.


(Jörg van Essen [FDP]: Aber kein Einzeltäter!)


– Ein Einzeltäter.


(Jörg van Essen [FDP]: Ach?)


Die Bedrohung, die von diesem Mann ausgeht, müssen
wir sehr ernst nehmen, Herr van Essen.


(Jörg van Essen [FDP]: Das sehe ich genauso wie Sie! Das habe ich in meiner Rede auch so gesagt!)


Er ist mittlerweile zum Planungschef von al-Qaida auf-
gestiegen.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann ist er wohl kein Einzeltäter!)


Was er tut, hat Parallelen zu dem, was in Spanien
2004 drei Tage vor der Parlamentswahl geschehen ist.


(Jörg van Essen [FDP]: Auch keine Einzeltäter!)


Er will uns Abgeordnete einschüchtern. Er bedroht uns
in dem Video: Wir sollen vor der nächsten Bundestags-
wahl dafür sorgen, dass die deutschen Soldaten aus
Afghanistan abziehen; dann haben wir eine Chance, den
Terroranschlag abzuwenden.

Dies ist die Ausgangslage. Bei dieser Ausgangslage
muss man darüber nachdenken: Was kann der Staat tun,
um seine Bürger zu schützen? Gibt es eine vornehmere
Aufgabe eines Staates als die, seine Bürger vor Gefahren
für Leib und Leben zu schützen?

Damit komme ich zu den Paragrafen und zu den Tat-
beständen, die wir hier besprechen. Derzeit dürfen
Personen, die in Terrorcamps ausgebildet wurden, in
Deutschland straffrei herumlaufen. Es gibt bereits einen
Fall; vom Berliner Kammergereicht entschieden. Das ist
nicht nur lebensbedrohlich, das ist absurd.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Diese Rechtslücke müssen wir schließen.

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(C (D Es tut weh, wenn ein Selbstmordattentäter, der eine ombe im Auto hat und als Bedrohung gesehen werden uss, mit einem Ladendieb verglichen wird. Einem, der inigermaßen Gespür für Sicherheit und Ordnung hat, ut das weh. (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das Beispiel kam nicht von uns!)


ei einem Ladendieb kann man zu jedem Zeitpunkt ein-
reifen, die Tat verhindern, alles Mögliche klären und
ufdecken. Es ist aber zu spät, Herr Wieland, wenn der
elbstmordattentäter mit dem Auto losgefahren ist.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das mit dem Ladendieb war nicht mein Beispiel!)


as heißt, wir müssen die Strafbarkeit sozusagen vor-
erlagern, wenn wir eine Chance haben wollen, den An-
chlag zu verhindern.

Wir haben es bei dem neuen § 89 a StGB – das ist
ehrfach betont worden – mit einem subjektiven und ei-

em objektiven Tatbestand zu tun. Beide müssen erfüllt
ein. Es muss Mord, Totschlag geplant sein, gewünscht
ein, es muss die Absicht darauf ausgerichtet sein, und
er Betreffende muss zu diesem Zweck zum Beispiel das
rlernen des Baus einer Autobombe beabsichtigen. Es
eht um einen doppelten Vorsatz; das muss man immer
ieder hervorheben.

Es kann nicht richtig sein, dass wir tatenlos zu-
chauen, wie Menschen, radikalisierte Islamisten, sich
us Deutschland auf den Weg ins Grenzgebiet zwischen
fghanistan und Pakistan machen, um sich in Terror-

amps ausbilden zu lassen, und dass wir sagen: Das ist
ben so; das nehmen wir hin; wir müssen halt schauen,
ass wir sie erwischen, bevor sie zurückkommen. – Ist
as Ihr Verständnis von einem Staat? Das frage ich mich.

Wir müssen die Vorverlagerung der Strafbarkeit defi-
ieren. Wir definieren sie richtig, indem wir in einem
euen § 89 b StGB festlegen, dass bereits bei der Kon-
aktaufnahme – natürlich nicht irgendeiner Kontaktauf-
ahme, sondern der Kontaktaufnahme mit dem Ziel, die
usbildung zum Terroristen zu ermöglichen – Strafbar-
eit gegeben ist.

Das Totschlagargument vom Gesinnungsstrafrecht ist
lso völlig abwegig. Es passt nicht hierher. Es müssen
anz konkrete Vorbereitungshandlungen gegeben sein.

Herr van Essen, wenn wir sagen, bisher hätten wir
lück gehabt, auch bei den Kofferbombenattentätern,
nd dies mit einem Lob an die Sicherheitsbehörden und
ie Nachrichtendienste garnieren, uns jetzt aber zurück-
ehnen und sagen, daher machen wir so weiter, dann
ann ich vor dieser Haltung nur warnen.


(Widerspruch des Abg. Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


amit werden wir der Gefahr nicht gerecht.


(Jörg van Essen [FDP]: Symbolische Gesetzgebung ist das Schlechteste, was wir tun können!)







(A) )



(B) )


Dr. Hans-Peter Uhl
Wenn wir zu den beiden Vorschriften, die wir hier hin-
sichtlich dieser Vorverlagerung der Strafbarkeit vor-
schlagen, nicht bereit sind, sollten wir offen zugeben,
dass der Staat bei solchen Bedrohungslagen durch
Selbstmordattentäter dann eben kapitulieren muss.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch Unsinn!)


Dann ist es eben Schicksal der betroffenen Opfer;


(Jörg van Essen [FDP]: Das tun wir doch gar nicht! Die Kofferbombenattentäter haben doch höchste Strafen erhalten!)


das ist dann für die Opfer dumm gelaufen.


(Jörg van Essen [FDP]: Die sind doch zu Höchststrafen verurteilt worden, und das zu Recht! Und das ist gut so!)


Wir von der Union sind nicht bereit, vor dieser Bedro-
hung zu kapitulieren. Wir wollen den Rechtsstaat gegen-
über dieser Bedrohung wehrhaft machen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Jörg van Essen [FDP]: Die Kofferbombenattentäter sind doch zu hohen Strafen verurteilt worden, zu Recht, und das ist gut so!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1620213200

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Gesetzent-
würfe auf den Drucksachen 16/11735 und 16/7958 an
die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorge-
schlagen. Sind Sie damit einverstanden? –


(Jörg van Essen [FDP]: Ja!)


Ich sehe, das ist der Fall. Dann sind die Überweisungen
so beschlossen.

Wir kommen zu den Tagesordnungspunkten 6 a und b:

a) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/
CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Regelung der Verständigung im
Strafverfahren

– Drucksache 16/11736 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss

b) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten
Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung von Ab-
sprachen im Strafverfahren

– Drucksache 16/4197 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Stunde vorgesehen. – Ich höre dazu kei-
nen Widerspruch. Dann werden wir so verfahren.

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(C (D Ich eröffne die Aussprache. Als erste Rednerin hat für ie Bundesregierung Frau Bundesministerin Brigitte ypries das Wort. Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Meine sehr geehrten amen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! it den beiden genannten Gesetzentwürfen, über die wir eute in erster Lesung beraten, schaffen wir mehr echtsstaatlichkeit für einen Vorgang, der tägliche Prais in deutschen Gerichten ist. (Jörg van Essen [FDP]: So ist es! – Zuruf von der LINKEN: Traurig genug!)


(Beifall bei der SPD)

Brigitte Zypries (SPD):
Rede ID: ID1620213300

Seit über 20 Jahren gibt es Absprachen im Strafpro-
ess, und der Bundesgerichtshof hat diese Tatsache in
ehreren Entscheidungen für richtig erklärt und ihr
onturen gegeben. Wir haben gesagt: Dass der Bundes-
erichtshof Konturen eingezogen hat, mag das eine sein;
ir aber wollen diese Konturen durch die Übernahme in
en Gesetzestext verstärken. Wir wollen, dass der
echtsstaat an dieser Stelle noch mehr Korsettstangen
inzieht.


(Zustimmung des Abg. Joachim Stünker [SPD])


Diese Absprachen im Strafprozess gibt es entgegen
inem weitverbreiteten Vorurteil, das insbesondere durch
ie Boulevardpresse genährt wird, keineswegs nur für
eiche und Mächtige in diesem Lande.


(Jörg van Essen [FDP]: So ist es, ja! – Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


ie Prozesse gegen die Reichen und Mächtigen sind nur
olche Prozesse, die von der Boulevardpresse aufgegrif-
en und breit getreten werden; aber man weiß, dass es
olche Absprachen in jedem Landgericht in Deutschland
eden Tag gibt und dass sie insbesondere bei den Delik-
en der Drogenkriminalität, bei vielen Delikten der All-
agskriminalität, wenn es in einem Fall um viele Strafta-
en geht, oder bei Sexualstraftaten inzwischen gang und
äbe sind.

Gerade bei Sexualstraftaten ist diese Möglichkeit
anz besonders wichtig,


(Jörg van Essen [FDP]: Opferschutz!)


enn bei Sexualstraftaten – vielen Dank, Herr van Essen –
ommt der Gesichtspunkt des Opferschutzes hinzu, ganz
enau. Ein Täter, der geständig ist und sich mit seinem
eständnis auf eine Absprache in diesem Prozess ein-

ässt, verhindert, dass die Opfer als Zeugen gehört wer-
en müssen; er erspart damit den Opfern dieser Strafta-
en eine Wiederbegegnung mit dem Täter und eine
ielleicht sehr schmerzhafte Aufwühlung des Gesche-
ens. Von daher ist bei der Möglichkeit einer Absprache
m Strafprozess auch der Gesichtspunkt des Opferschut-
es zumindest mir wichtig.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)







(A) )



(B) )


Bundesministerin Brigitte Zypries
Es geht aber, meine Damen und Herren – –


(Wolfgang Nešković [DIE LINKE]: Dann hätten Sie bei den Nebenklagen auch Rechtsmittel schaffen müssen!)


– Sie können gern Zwischenfragen stellen, Herr
Nešković, aber nicht dauernd dazwischenblöken.


(Wolfgang Nešković [DIE LINKE]: Das ist mein Recht!)


Bei der Verständigung geht es nicht nur um Opfer-
schutz; es geht natürlich auch – das will niemand bestrei-
ten – um effektiven Ressourceneinsatz. Das wurde in der
Vergangenheit auch häufiger kritisiert. Es wurde kriti-
siert, die Justiz mache das nur, um die Einstellung von
weiteren Richterinnen und Richtern vermeiden zu kön-
nen. Das ist natürlich überhaupt nicht der Fall. In jedem
Einzelfall muss ordnungsgemäß geprüft werden: Macht
es Sinn, Ressourcen in der Art und Weise zu verwenden,


(Joachim Stünker [SPD]: Das ist es! Richtig!)


dass man ein Verfahren mit vielen einzelnen Punkten
vollständig aufklärt, oder ist es im Sinne eines effektiven
Ressourceneinsatzes, auf den die Justiz natürlich ge-
nauso achten muss wie der gesamte öffentliche Dienst,
nicht sinnvoller, darauf zu verzichten, wenn ein Ge-
ständnis vorliegt und das Gericht davon überzeugt ist,
dass der Angeklagte schuldig ist?


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da muss sogar ich Ihnen recht geben!)


Wir ziehen mit diesem Gesetzentwurf Korsettstangen
ein; ich habe es eben schon erwähnt. Eine dieser Kor-
settstangen ist: Wir schaffen mehr Transparenz. Wir ho-
len nämlich die Verständigung aus den Hinterzimmern
heraus und bringen sie in die Hauptverhandlung. Künftig
können Verständigungen im Strafprozess nur noch in der
öffentlichen Hauptverhandlung beraten und beschlossen
werden.

Des Weiteren bleibt es bei den Prinzipien der Straf-
prozessordnung. Das Gericht muss von der Wahrheit des
Geständnisses des Angeklagten überzeugt sein. Es darf
keinen Angeklagten verurteilen, wenn es Zweifel an des-
sen Schuld hat.

Die Schuld des Angeklagten bleibt auch weiterhin der
Maßstab für das Urteil. Die Verständigung kann sich nie
auf den Schuldspruch als solchen, sondern immer nur
auf das Strafmaß beziehen. Deswegen werden auch in
Zukunft die Regelungen zur Strafzumessung so gelten,
wie sie im StGB stehen.

Ein weiterer Punkt, bei dem ich davon überzeugt bin,
dass er die Rechtsstaatlichkeit dieses Verfahrens unter-
streicht, ist die Regelung, dass es keinen Rechtsmittel-
verzicht geben darf. Auch bei einer Absprache im Straf-
verfahren muss klar sein, dass sowohl Staatsanwaltschaft
als auch Verteidigung nach Abschluss des Verfahrens ein
Rechtsmittel einlegen können. Der Verzicht auf ein
Rechtsmittel darf nicht Gegenstand der Verständigung
sein.

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(C (D (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


amit entfällt das oft verwendete Argument, es werde
ann in der Form gekungelt, dass der Richter ein Ge-
tändnis unter Verzicht auf ein Rechtsmittel anstrebt, da-
it der Angeklagte im Wege einer Verständigung verur-

eilt werden kann. Genau das wollen wir nicht.
eswegen ist ganz klar: Die Verständigung muss in öf-

entlicher Hauptverhandlung erfolgen, ein Verzicht auf
echtsmittel ist nicht zulässig, und das Gericht muss von
er Schuld des Angeklagten überzeugt sein.

Wir halten also mit diesem Gesetzentwurf an den
echtsstaatlichen Prinzipien des Strafprozesses fest. Wir
chaffen mehr Rechtsklarheit, mehr Rechtssicherheit
nd mehr Rechtsgleichheit.

Trotzdem möchte ich noch einmal auf einen Punkt
inweisen: Auch wenn die Justiz ihre Ressourcen effizi-
nt einsetzen soll, sind wir Rechtspolitiker alle gemein-
am – sowohl im Bund als auch in den Ländern – ver-
flichtet, dafür zu sorgen, dass die Justiz mit Personal
inreichend ausgestattet ist.


(Iris Gleicke [SPD]: Wohl wahr! – Jörg van Essen [FDP]: So ist es!)


war ist es so, dass das Gericht den Vorschlag einer Ver-
tändigung macht. Aber es kann ihn besser aus einer
tarken Position heraus machen. Klar muss sein: Wenn
s bei der Verständigung Probleme gibt, ist es selbstver-
tändlich, dass der Prozess bis ins letzte Detail durchge-
ührt und dann ein Urteil gefällt wird.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


arauf müssen wir Wert legen. Deswegen ist es so wich-
ig, dass die Justiz personell und sachlich gut ausgestat-
et ist,


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist sie aber nicht!)


ass wir die notwendigen Ressourcen auch zur Aufklä-
ung komplexer Steuer- und Wirtschaftsdelikte haben
nd dass völlig klar ist, dass es nicht aus der Not heraus
u einer Verständigung kommen muss. Jeder Angeklagte
uss wissen, dass bei einem Scheitern der Verständi-

ung der Prozess bis ins letzte Detail geführt und dann
eurteilt wird.

Sie wissen, dass ich immer und überall dafür werbe,
ass wir uns für die personelle Ausstattung der Justiz
insetzen. Wie Ihnen bekannt ist, haben wir für den Ge-
eralbundesanwalt 21 zusätzliche Stellen erreicht, um
en rechtsstaatlichen Anforderungen durch die Verände-
ung der Gesetze auch an dieser Stelle Rechnung tragen
u können. Aber wir müssen uns gemeinsam auch dafür
insetzen, dass die Kolleginnen und Kollegen in den
ändern die nötige Rückendeckung von uns bekommen,
m gegen-über ihren Finanzministern klare Kante zeigen
u können.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die gehen bei jedem Konjunkturpaket leer aus!)







(A) )



(B) )


Bundesministerin Brigitte Zypries
Danke für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1620213400

Nächster Redner ist der Kollege Jörg van Essen für

die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Jörg van Essen (FDP):
Rede ID: ID1620213500

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wir konnten in der letzten Zeit – der Referentenentwurf
des Bundesjustizministeriums ist ja schon mehrere Jahre
alt; ich war sehr überrascht, dass es jetzt plötzlich sehr
schnell gehen soll – mehrfach sehr kritische Stellung-
nahmen lesen. Dazu gehört beispielsweise ein Beitrag
von einem Richter an einem Oberlandesgericht in der
Deutschen Richterzeitung im Mai 2007. Auch der frü-
here Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts, Pro-
fessor Hassemer, hat sich kürzlich dahin gehend geäu-
ßert.

Ich muss gestehen, dass ich persönlich positiv zu
Deals in Strafverfahren und zu einer entsprechenden ge-
setzlichen Regelung stehe. Frau Ministerin, ich glaube,
Sie haben recht, dass es gut ist, dass Korsettstangen ein-
gezogen werden. Denn es ist schon Praxis. Wenn es
schon Praxis ist, die auch von den Obergerichten aner-
kannt worden ist, dann macht es Sinn, das Ganze aus
dem Hinterzimmer herauszuholen und öffentlich in die
Hauptverhandlung einzuführen. Das dient – das ist das
Wichtigste, was wir hier beachten müssen – dem Ver-
trauen in den Rechtsstaat.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Das muss auch für uns der wesentliche Maßstab sein.

Die Frau Ministerin hat es schon angesprochen: Das
Vertrauen in den Rechtstaat ist deshalb in der Öffentlich-
keit beeinträchtigt, weil eine bestimmte Berichterstat-
tung den Eindruck erweckt, dass man einer gewissen
Gehaltsklasse angehören muss, um in den Genuss eines
solchen Vorteils zu gelangen. Frau Ministerin, Sie haben
zu Recht darauf hingewiesen, dass es solche Deals in
vielfältiger Form schon in der Praxis gibt und dass viele,
insbesondere Opfer, davon profitieren.

Ich will zusätzlich die Einstellung wegen Geringfü-
gigkeit nach § 153 a der Strafprozessordnung anführen.
Gemäß diesem Paragrafen wird mit dem Beschuldigten
gesprochen und mit ihm eine Übereinkunft über eine
mögliche Geldbuße getroffen. Er muss somit nicht vor
Gericht erscheinen. Solche Absprachen kommen vielen
Bürgern in unserem Lande entgegen, weil sie dann nicht
vor Gericht erscheinen müssen. Jeder, der sich mit Straf-
verfahren auskennt, weiß, wie sehr ein solches Verfahren
den Einzelnen belastet. Eine solche Vorgehensweise
kennen wir also schon. Wir kommen jetzt im Hinblick
auf Absprachen ebenfalls zu einer gesetzlichen Rege-
lung.

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(C (D Aber in einem Punkt bin ich nicht so optimistisch wie ie, Frau Ministerin. Ich war als Angehöriger einer Geeralstaatsanwaltschaft selbst daran beteiligt, Druck auf ie unterstellten Behörden auszuüben, öfter Ermittlungserfahren nach § 153 a der Strafprozessordnung wegen eringfügigkeit einzustellen, um die Justiz zu entlasten, eil nicht genug Richter und Staatsanwälte zur Verfüung standen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die bergeordneten Behörden und die Justizminister der ersuchung widerstehen können, auf Absprachen zu rängen. Wir sollten darauf achten – das ist der erste Punkt, en wir in unseren Beratungen behandeln sollten –, dass n solchen Fällen die jetzt vorgesehene Regelung nicht azu führt, dass Kammern, die eigentlich verhandeln ollen, unter dem Druck stehen, zu einem Deal zu komen. Das gilt insbesondere dann, wenn möglicherweise ehrmonatige, vielleicht sogar mehrjährige Hauptver andlungen anstehen, die den Justizhaushalt natürlich fianziell ganz erheblich belasten. (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eine große Gefahr!)


ir müssen diese Gefahr sehen und sie in unseren Bera-
ungen berücksichtigen.

Ein zweiter Punkt, der in unseren Beratungen beach-
et werden muss, ist die Frage, welche Rolle der jewei-
ige Angeklagte hat. Er darf nicht unter Druck gesetzt
erden, beispielsweise indem ihm eine besonders hohe
trafe für den Fall angedroht wird, dass er nicht mit-
acht. Er darf auch nicht mit der Ankündigung gelockt
erden, dass das Verfahren sehr viel günstiger ausgeht,
enn er mitmacht. Auch das beeinträchtigt ganz selbst-
erständlich das Vertrauen in den Rechtsstaat. Wir müs-
en aufpassen, dass so etwas nicht passiert.

Ein dritter Punkt, der mir wichtig ist, ist von der Mi-
isterin schon angesprochen worden: Absprachen im
trafverfahren können dazu führen, dass beispielsweise
pfer nicht als Zeuge erscheinen müssen. Jeder, der die
raxis in Gerichten kennt, weiß, wie schwierig es oft für
pfer ist, plötzlich dem Täter wieder in die Augen sehen

u müssen. Wenn durch eine Absprache verhindert wird,
ass ein Opfer zum zweiten Mal zum Opfer wird, ist das
in ganz wichtiger Erfolg. Das wird von uns, von der
DP-Bundestagsfraktion, nachdrücklich unterstützt.

Einen Aspekt sollten wir uns noch einmal ansehen.
as ist die Frage der Nebenklage.


(Wolfgang Nešković [DIE LINKE]: Richtig!)


ir haben die Nebenklage – auch das ist eine Stärkung
er Rolle des Opfers – in den letzten Jahren ganz be-
usst gestärkt. Wir sollten uns anschauen, wie die
echte und die Möglichkeiten der Nebenklage bei einem
eal ausgestaltet sind.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr gut! – Wolfgang Nešković [DIE LINKE]: Genau!)


anz wichtig ist, dass auch der Nebenkläger daran betei-
igt ist, dass er nicht ausgeschlossen ist, dass er seine In-
eressen einbringen kann. Das ist mir persönlich ganz
ußerordentlich wichtig.






(A) )



(B) )


Jörg van Essen

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)


Von daher ist das Signal meiner Fraktion: Wir werden
uns gerne in die Diskussionen einbringen. Wir werden
eine Anhörung dazu durchführen. Ich glaube, dass wir
hier einen guten und richtigen Schritt tun. Das, was Pra-
xis ist, nun mit einem gesetzlichen Korsett zu versehen,
ist ein richtiger Ansatz, der von uns unterstützt wird.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Daniela Raab [CDU/CSU])



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1620213600

Nächster Redner ist der Kollege Dr. Jürgen Gehb für

die CDU/CSU-Fraktion.


Dr. Jürgen Gehb (CDU):
Rede ID: ID1620213700

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist

immer noch dieselbe Kollegenschaft. Heute ist ein
rechtspolitischer Tag. Man kommt endlich einmal vor
22 Uhr zu Wort. Ob das immer so gut ist, weiß ich nicht,
nachdem ich mir so manchen Redebeitrag angehört
habe. Aber immerhin, das zeigt die Wertschätzung für
die Rechtspolitik.

Nicht selten habe ich von diesem Pult aus in Anleh-
nung an Montesquieu gesagt: Wenn es nicht nötig ist, ein
Gesetz zu machen, dann ist es nötig, keines zu machen.
Heute möchte ich mit der gleichen Verve betonen: Hier
ist es nötig, ein Gesetz zu machen. Wer die Begriffe
nicht beherrscht – den Begriff „Verständigung im Straf-
prozess“


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben sicherlich einen lateinischen auf Lager!)


möchte ich besonders betonen; bitte nicht die Begriffe
„Vereinbarung“, „Absprache“ oder gar „Deal“ verwen-
den; ich komme gleich darauf zu sprechen, wie unsäg-
lich das im Zusammenhang mit Herrn Nešković war –,
kann die Diskussion nicht beherrschen. Ich ärgere mich
auch immer wieder, wenn vom Großen Lauschangriff
gesprochen wird. Wer greift denn eigentlich beim Gro-
ßen Lauschangriff an? Bei der elektronischen Wohn-
raumüberwachung geht es um die Abwehr terroristischer
Angriffe, und wir reden vom Großen Lauschangriff.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil er einer ist! – Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dem Volk aufs Maul schauen!)


Achten Sie deshalb bitte auch auf die Begrifflichkeit und
sprechen Sie von Verständigung.

Es ist schon gesagt worden: Die Verständigung im
Strafprozess ist keine neue Idee. Sie ist ständige Praxis.
Nicht nur ich habe eben gefordert, dass wir ein Gesetz
brauchen, sondern der Große Senat für Strafsachen des
Bundesgerichtshofes hat mit Beschluss vom 3. März
2005 geradezu einen Appell an den Gesetzgeber gerich-
tet, indem er gesagt hat: Die Möglichkeiten der Rechts-
fortbildung sind jetzt erschöpft. Einer so wichtigen Sa-
che muss sich der Gesetzgeber selber annehmen. –

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(C (D chon in den 90er-Jahren war dies auf dem Deutschen uristentag ein Thema. Es war schon immer ein streitiges hema. Ich will gar nicht die Bedenken, die manche haen, als abwegig abbügeln. Wir haben hier vielmehr ieder das Phänomen des Streits zwischen der materiel en Gerechtigkeit und der formell richtigen Verfahrensusgestaltung. Gelegentlich wirkt das wie Antipoden; ber zusammen machen sie die Sache rund. Meine Damen und Herren, wenn der Eindruck verittelt wird – wie man gelegentlich lesen kann –, dass ie Richter bei der Verständigung von dem Prinzip der rforschung der Wahrheit absehen, ist das schlichtweg alsch. Auch der Bundesgerichtshof hat als eine wesentiche Forderung aufgestellt: Im Vordergrund steht die Er ittlung der Wahrheit; materielle Gerechtigkeit muss lso erzielt werden. – Die Frage ist nur, ob etwa bei eiem Verfahren mit 30 angeklagten Taten alle 30 bis zum etzten Tezett aufgeklärt werden müssen, wenn die ersen 28 bereits aufgeklärt sind und die Beweiserhebung ür die letzten beiden Punkte möglicherweise drei Jahre auert. Damit zieht man im Grunde genommen einen rozess so in die Länge, dass auch schon wieder verfasungsrechtliche Bedenken bestehen. Denn Effektivität nd Rechtsschutz sind auch eine Frage der Zeit. Herr Stünker, Sie erinnern sich: Wir haben gerade die rage der Untätigkeitsbeschwerde wegen überlanger erfahren behandelt. Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: ch habe Verständnis für die sachlichen Argumente, die ielleicht gegen eine solche Verständigung sprechen – jeenfalls dann, wenn sie falsch verstanden ist, und vor alen Dingen dann, wenn sie in den Dunstkreis von Hinterimmern gestellt wird; das findet wenig Anerkennung. enn dann auch noch Sätze wie „Die Kleinen hängt an, die Großen lässt man laufen“ vorgebracht werden, ann – das muss ich Ihnen ehrlich sagen – werden wir uch in der Bevölkerung wenig Verständnis dafür erhalen, dass wir solche Vorurteile auch noch nähren. Ein Großmeister dieses Nährens – Sie ahnen es, Sie ucken mich schon ganz ängstlich an – sind Sie, Herr ešković. (Wolfgang Nešković [DIE LINKE]: Ängstlich bin ich bestimmt nicht!)


ie haben sich vorgestern in einem Interview im
eutschlandradio zu der Bemerkung verstiegen, das
trafgesetzbuch sei kein Handelsgesetzbuch.


(Wolfgang Nešković [DIE LINKE]: Das werde ich heute auch noch mehrfach wiederholen!)


Ja, Sie werden das noch mehrfach vorlesen, weil es Ih-
en aufgeschrieben worden ist.

Sie haben gesagt, es sei kein Handelsgesetzbuch, wo-
ei ich fragen muss, ob bei der Auslegung des Handels-
esetzbuches gehandelt oder nicht auch nach Recht und
esetz entschieden wird.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt! – Wolfgang Nešković [DIE LINKE]: Wenn Ihr Verständnis so einfältig ist, ist das Ihr Problem!)







(A) )



(B) )


Dr. Jürgen Gehb
So ist es ja nun nicht; auch im Zivilrecht geht alles nach
Recht und Gesetz. Aber das war ja nicht einmal die
schlimmste Bemerkung. Dann haben Sie nämlich noch
gesagt: Ich habe als Richter nie gedealt. Allein eine sol-
che Bemerkung! Wenn man morgens um sechs auf-
wacht, dann ist die Welt nicht mehr in Ordnung, wenn
man hört, wie der Nešković sagt, er habe nie gedealt.
Das aus seinem Munde! Dealen und Nešković, da kann
man Zusammenhänge herstellen, für die Sie dann selbst
verantwortlich sind.


(Heiterkeit bei der CDU/CSU – Wolfgang Nešković [DIE LINKE]: Sie sind und bleiben ein Büttenredner!)


Er sagt also: Ich habe nie gedealt. Dann kommt die Be-
merkung: Weil seine Kollegen dies gewusst hätten, hät-
ten sie ihn nie eine Wirtschaftsstrafkammer führen las-
sen.


(Joachim Stünker [SPD]: Das war auch besser so!)


Ich kann dazu nur sagen: Herr Pontius Pilatus Nešković,
lieber Herr St. Florian, schütz unser Haus, steck andere
an! Selbst sich in Wirtschaftsstrafsachen nicht die Finger
schmutzig machen lassen und dann davon reden, man
habe nie gedealt!


(Widerspruch des Abg. Wolfgang Nešković [DIE LINKE])


Ich kann Ihnen eines sagen, Herr Nešković: Je länger ich
Sie hier erlebe, desto mehr komme ich zu der Überzeu-
gung, dass Ihre ohnehin sehr umstrittene Berufung zum
Bundesrichter eine der größten Personalfehlentscheidun-
gen war, seit der Kaiser Caligula im 1. Jahrhundert nach
Christus eines seiner Pferde zum Konsul ernannte.


(Heiterkeit bei der CDU/CSU und der SPD)


Wenn man das so macht, muss man sich auch nicht
wundern, dass dieses Thema mit einem Hauch von Ge-
heimnistuerei und Schlüpfrigkeit behaftet ist. Ich habe es
eben in der Debatte auch schon gesagt: Als Rechtspoliti-
ker haben wir bei allem rechtsdogmatischen Streit dafür
Sorge zu tragen, dass wir eine ohnehin schon durch die
Boulevardpresse hochgepeitschte emotionale Stimmung
nicht noch mehr befeuern. Daher appelliere ich auch an
diejenigen, die sich mit dem Phänomen der Verständi-
gung im Strafprozess nicht anfreunden können, die Dis-
kussion wenigstens so zu führen, wie sie etwa auf Rich-
tertagen geführt wird. Sie, Herr Nešković, haben dem
nicht nur mit Ihrem Interview, sondern auch mit Ihrer
heutigen Presseerklärung einen Bärendienst erwiesen.
Ich fürchte, dass es bei Ihrer Vorlesung, die hier gleich
stattfinden wird, auch nicht besser werden wird. Als
eben Frau Jelpke gesprochen hat, habe ich noch gesagt:
Da ist ja der Nešković noch besser. Sie müssen also
durch ein Zielfinish entscheiden, wer bei der Unsach-
lichkeit der Beiträge als Erster über die Linie geht.


(Jan Korte [DIE LINKE]: Bei Ihnen ist es immer nur einer!)


– Bei mir ist es immer nur einer.

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(C (D Meine Damen und Herren, im Zusammenhang mit ieser Regelung über die Verständigung muss man, obohl es heute nicht Gegenstand der Debatte ist, auch die ronzeugenregelung sehen. Der Strafprozess läuft si herlich nicht so wie der Zivilprozess ab. Bei Letzterem ird natürlich auch die Wahrheitserforschung in den ordergrund gestellt; trotzdem liest man nicht selten: ach eingehender Erörterung der Sachund Rechtslage chlossen die Beteiligten auf eingehendes Drängen des erichts folgenden Vergleich: Zur Abgeltung der mit er Klage erhobenen Ansprüche verpflichtet sich der Belagte zur Zahlung von soundso viel Euro. (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das steht da nie drin!)


o geht es natürlich im Strafprozess nicht, weil dann der
indruck erzeugt würde, als sagte der eine, er biete an-
erthalb Jahre, und der andere, er verlange dreieinhalb
ahre, und am Ende kämen nach einigem Gemauschel
in Jahr und acht Monate heraus. So geht es doch nicht,
eine Damen und Herren!


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Viel anders ist es nicht! – Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So geht es!)


Denjenigen, die als interessierte Bürger oben auf der
ribüne sitzen und sich nicht von Sonnenaufgang bis
onnenuntergang mit Strafrecht beschäftigen, sage ich:
as ist gar nicht Gegenstand einer Verständigung im
trafprozess. Der Schuldspruch muss natürlich festste-
en, und die Wahrheit soll so weit wie möglich ermittelt
erden. Wenn aber die Effizienz baden zu gehen droht,
erden eine Strafuntergrenze und eine Strafobergrenze
ewählt. Aber man darf bitte nicht nach außen den Ein-
ruck vermitteln, es würden wie auf dem orientalischen
asar Punktstrafen vergeben. Das ist nicht der Fall.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Beinahe! Das muss man klar sagen! Ich kann Ihnen Beispiele bringen! Die Jahre werden ausgehandelt! – Gegenruf des Abg. Joachim Stünker [SPD]: Aber nur, wenn der Herr Wieland beteiligt ist!)


Beinahe? Nun gut. – Das wollte ich in diesem Hause
inmal klipp und klar feststellen.

Auch die berühmte Sanktionsschere – die Frau Minis-
erin hat es eben gesagt – funktioniert nicht so, dass man
agt: So, mein Lieber, wenn du jetzt nicht gestehst, dann
eht es ab, dann kommst du mit einem Sexualstraftäter
n eine Zelle. Das ist doch kein Junktim. Deswegen ha-
en wir gesagt: Gegenstand einer solchen Verständigung
ann weder das Geständnis noch der Rechtsmittelver-
icht sein. Man kann nicht sagen: Nur wenn du auf das
echtsmittel verzichtest, bekommst du einen schönen
onus. – Das ist nicht der Fall. Damit auch der Anschein
iner solchen Absprache vermieden wird, haben wir den
echtsmittelverzicht aus dem ursprünglichen Entwurf
ieder herausgenommen.

Man muss einmal sagen, dass es Peter Danckert und
iegfried Kauder zu verdanken ist, dass wir in großer
unde – mit Bundestagsabgeordneten, die sich hauptbe-






(A) )



(B) )


Dr. Jürgen Gehb
ruflich mit dem Strafrecht auskennen, und unter Zuhilfe-
nahme externen Sachverstandes – einen guten Gesetz-
entwurf gebastelt haben.


(Wolfgang Nešković [DIE LINKE]: „Gebastelt“ ist der richtige Ausdruck!)


Vielleicht kann man ihn noch weiter optimieren; wir
werden sicherlich eine Anhörung dazu durchführen.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1620213800

Herr Kollege, der Herr Kollege Montag würde gerne

eine Zwischenfrage stellen.


Dr. Jürgen Gehb (CDU):
Rede ID: ID1620213900

Das hätte ein so schöner Tag werden können. Aber

ich möchte das hören, ja.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1620214000

Bitte sehr.


Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620214100

Er wird noch schöner, Herr Kollege. – Ihre letzten

Ausführungen bringen mich dazu, eine Frage zu stellen:
Es ist unbezweifelbar – das werde ich auch nicht bezwei-
feln –, dass es positiv ist, dass mit diesem Gesetzentwurf
die Elemente, die Sie erwähnt haben – Rechtsmittelver-
zicht und Sanktionsschere –, abgeschnitten bzw. abge-
mildert werden. So, wie Sie den bedauernswerten derzei-
tigen Zustand in deutschen Strafgerichten schildern,
erwecken Sie den Eindruck, alles sei in Ordnung.

Deswegen frage ich Sie: Ist Ihnen die Entscheidung
des Bundesgerichtshofs bekannt, mit der ein Urteil in ei-
ner Strafsache mit der Begründung aufgehoben wurde,
dass der Verständigung eine Erklärung des Gerichts vor-
ausgegangen ist, die in etwa so lautete: Wenn wir uns
nicht verständigen, gibt es sieben Jahre, und bei Verstän-
digung gibt es zwei Jahre? Weil das zufällig schriftlich
festgehalten wurde, hat der BGH die Möglichkeit ge-
habt, zu sagen: Solche Fälle darf es nicht geben. Das ist
eine Pression, wenn nicht gar eine Erpressung der einen
Seite.

Ist Ihnen die Entscheidung des Bundesgerichtshofs
bekannt, mit der er eine Verständigung in einem anderen
Strafverfahren ebenfalls als rechtswidrig bezeichnet hat?
Auch da ist es gelungen, festzuhalten, dass das Gericht
vom Angeklagten einen Rechtsmittelverzicht eingefor-
dert hat. Dazu hat der Bundesgerichtshof gesagt: So et-
was ist unzulässig.

In der Praxis deutscher Strafgerichte gibt es heute lei-
der tausendfach ein solches Vorgehen, das mit diesem
Gesetz dankenswerterweise unterbunden werden soll.


Dr. Jürgen Gehb (CDU):
Rede ID: ID1620214200

Zunächst muss ich zugeben, dass diese BGH-Ent-

scheidung zu den drei Entscheidungen in der Geschichte
der Bundesrepublik Deutschland gehört, die ich nicht
kenne. Herr Kauder wird Ihnen sicherlich gleich die
Fundstelle nennen.

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(C (D (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schicke ich Ihnen!)


Ihre Äußerungen sind ein beredter Beweis dafür, dass
s nötig ist, das durch den Gesetzgeber zu regeln.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ch möchte diesen einen Fall damit nicht zum Regelfall
ochstilisieren. Es geht schließlich um die Unabhängig-
eit der Richter. Ich möchte mich ein bisschen schützend
or meine früheren Kollegen stellen. Man darf hier nicht
en Eindruck erwecken, dass es bei diesem Chaos
liebe, wenn der Gesetzgeber jetzt keine Korsettstangen
inziehen würde, wie Sie so schön gesagt haben. Man
ollte sich davor hüten, aus Einzelfällen Regelfälle zu
achen. Es gibt viele Entscheidungen der Revisionsge-

ichte, des BGH, des Bundesverwaltungsgerichts und
nderer Gerichte. Wenn man mit diesen Urteilen immer
inen fast stigmatisierenden Vorwurf an die unteren In-
tanzen verbinden würde, dann würden wir unseren In-
tanzenzug insgesamt infrage stellen und einen Zweifel
n die Richterschaft hineintragen, der nicht angebracht
st.

Ihre Frage ist, wie gesagt, ein super Beleg dafür, dass
s notwendig ist, dieses Gesetz zu machen. Dem kann
ch nichts mehr hinzufügen. Deswegen höre ich auf und
edanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1620214300

Nun hat das Wort der Kollege Wolfgang Nešković für

ie Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN – Jörg van Essen [FDP]: Ich wusste gar nicht, dass er eine Krawatte besitzt!)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1620214400

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen

nd Herren! Sehr geehrte Frau Ministerin Zypries! Herr
r. Gehb, Sie werden von mir nicht erwarten, dass ich

uf Ihrem Niveau, also dem Niveau eines Büttenredners
eines schlechten noch dazu –, antworte.


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Oh!)


Zu den beherrschbaren Herausforderungen im Leben
ines Abgeordneten der Linken gehört das Folgende:
enn wir morgens die Zeitungen aufschlagen, dann fin-

en wir eher selten unsere Auffassung bestätigt. Das
iegt daran,


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dass die Auffassung falsch ist!)


ass wir meist gegen den Strom schwimmen oder
chwimmen müssen. Sie als geübte Populisten – Herr
r. Gehb, Sie haben es eben bewiesen –


(Dr. Carl-Christian Dressel [SPD]: Das sagt der Richtige!)







(A) )



(B) )


Wolfgang Neškoviæ
schwimmen hingegen gern und komfortabel mit dem
Strom. Gelegentlich ändert sich aber die Strömungsrich-
tung.

Ich zitiere aus meiner Presseerklärung vom 21. Januar
dieses Jahres zum sogenannten großen Deal im Strafver-
fahren:

Der Deal muss nicht gesetzlich erlaubt, sondern ge-
setzlich verboten werden.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Oh!)


Er stellt einen unwürdigen Handel mit der Gerech-
tigkeit dar.

Dann kommt der von Ihnen so geliebte Satz:

Das Strafgesetzbuch ist kein Handelsgesetzbuch.

Weiter:

Der Deal bevorzugt die finanziell Bessergestellten
und führt zu einem Zweiklassenstrafrecht.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt nicht! – Joachim Stünker [SPD]: Unsinn!)


Dieser Gesetzentwurf ist die Kapitulationsurkunde
des seit Jahren finanziell und personell ausgezehr-
ten Rechtsstaates.


(Joachim Stünker [SPD]: Oh! Oh!)


Statt eine unwürdige und ungerechte Praxis in Ge-
setzesform zu gießen, ist es vielmehr notwendig,
die Gerichte personell so auszustatten, dass sie auch
komplizierte und langwierige Wirtschafts- und
Steuerstrafverfahren ohne Deals führen können.


(Beifall bei der LINKEN)


Am 22. Januar dieses Jahres konnten Sie dann in der
Süddeutschen Zeitung Folgendes lesen:

Das neue Gesetz befördert immerhin den Deal aus
der Heimlichkeit in die Öffentlichkeit; … Aber
auch der protokollierte Deal bleibt ein Deal. … Das
ist falsch, und das bleibt falsch, …


(Beifall bei der LINKEN)


Dieser Paragraph wird der Akzeptanz des Rechts
schaden. Weil das Dealen eine Kunst ist, für die es
besonders gute und teure Anwälte gibt, werden die
Angeklagten dabei besser wegkommen, die sich
diese Anwälte leisten können.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1620214500

Herr Kollege Nešković.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1620214600

Ich lasse keine Zwischenfrage zu.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auch nicht von mir?)


Daher ist die Kassenjustiz auch eine Klassenjustiz.
In der Gesetzesbegründung steht, dass das Gesetz

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(C (D keine finanziellen Auswirkungen habe. Das stimmt nicht. Der Deal spart dem Staat Richter und Staatsanwälte. Der Preis ist der Abschied von den Prinzipien des Strafprozesses. Das habe nicht ich geschrieben, das hat Heribert rantl in der Süddeutschen Zeitung geschrieben. Am selben Tag schrieb Die Welt – also nicht die Südeutsche Zeitung –: Und dennoch bleibt der Deal eine Kapitulation des Staates vor der Überlastung seiner Gerichte. … An die Stelle der Wahrheitsfindung … tritt der Konsens … darüber, was als Wahrheit gelten soll. Der Prozess wird zur bloßen Kulisse. Selbst die FAZ schreibt am selben Tag: Eine gängige wilde Übung wird so in eine Form gebracht. … Es bleibt aber dabei, dass so unserem System grundsätzlich fremde Mauscheleien abgesegnet werden. (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genauso ist es!)


Sie sehen also: Diese kleine Presseschau, die Bei-
piele von einer liberalen bis zu einer wertkonservativen
eitung umfasst, bestätigt genau das, was in meiner
resseerklärung enthalten ist. Die Linke schwimmt dies-
al mit dem gesellschaftlichen Strom. Der Deal im
trafverfahren trifft in der Gesellschaft auf eine breite
nd deutliche Ablehnung.

Weil Sie das hier immer so gerne durcheinanderbrin-
en: Niemand hat etwas gegen Verständigung mit dem
ericht oder der Staatsanwaltschaft, wenn es um Baga-

elldelikte geht. Der Deal Ihres Entwurfes zielt aber
icht auf die Kleinkriminalität mit geringer Schuld ab,
ie in der Regel leicht aufzuklären ist. Er betrifft die
älle mit großer Schuld, die in der Regel schwer aufzu-
lären sind. Das ist eine völlig andere Sachlage.


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Woran kann man das erkennen?)


Das sehen Sie an Anklageschriften, die 800 Seiten lang
ind.

Hier kann man nicht sagen: Was soll es, der Fall ist ja
chließlich nicht so wichtig. Diese Fälle sind meistens
ichtig. So ist zum Beispiel eine Steuerhinterziehung
on mehreren Millionen Euro eine grobe Asozialität ge-
enüber der Gesellschaft.


(Beifall bei der LINKEN)


as Fehlen des hinterzogenen Geldes trägt dazu bei,
ass die Kassen des Staates leer bleiben und Schulen,
indergärten und Universitäten, Polizei und Gerichte
icht über genügend personelle und sachliche Mittel ver-
ügen.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Deswegen werden sie verurteilt!)


ft genug erfolgt die Hinterziehung mit einem hohen
aß an krimineller Energie. Es ist die geschickte Ver-

chleierung der Vermögenslagen und die listige Vertu-






(A) )



(B) )


Wolfgang Neškoviæ
schung der Geldwege, die gerade Staatsanwaltschaften
und Gerichten einen erheblichen Arbeitsaufwand berei-
ten, dem sie angesichts ihrer personellen Ausstattung
nicht gewachsen sind. Hinzu kommt, dass die Angeklag-
ten in solchen Verfahren regelmäßig über erhebliche
Mittel verfügen, mit denen sie teure und hervorragend
ausgebildete Strafverteidiger – von denen reden hier ge-
legentlich welche – bezahlen können. Diese drohen den
Gerichten dann mit der sogenannten Konfliktverteidi-
gung.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, genau!)


Die Justiz steht wegen ihrer schlechten personellen Lage
mit dem Rücken zur Wand und ist deswegen für einen
Deal besonders empfänglich.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh, Herr Kollege! Das erzähle ich der Staatsanwaltschaft! Mal sehen, was die dazu sagt!)


Dem hochgerüsteten Angeklagten steht eine schlecht
ausgerüstete Justiz gegenüber. Es herrscht keine Waffen-
gleichheit, weil die Politik nicht die für eine wehrhafte
und starke Justiz notwendigen Mittel zur Verfügung
stellt. Statt die Justiz wehrhaft zu machen und ihr die
notwendigen Mittel zu verschaffen, will die politische
Mehrheit in diesem Parlament nunmehr den großen Deal
in diesem Land einführen.

Selbst Sie, Frau Zypries, haben noch im Sommer
2007 in Hannover und zuletzt auf dem Deutschen Juris-
tentag im September 2008 gefordert: Die Justiz muss so
ausgestattet sein, dass sie insbesondere komplexe Fälle
auch ohne Mithilfe des Angeklagten aufklären kann. –
Nun kapitulieren Sie. Denn jetzt wollen Sie den unwür-
digen Handel von reichen Angeklagten mit einer ärmlich
ausgestatteten Justiz sogar in Gesetzesform gießen.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es geht nicht nur um Reiche, Herr Kollege! – Daniela Raab [CDU/CSU]: Ach du meine Güte!)


Indem Sie kapitulieren, verletzen Sie das wichtige
und für den Rechtsstaat unerlässliche Prinzip, dass alle
Menschen vor dem Gesetz gleich sind. Sie sagen, dass
Sie den Deal zumindest aus den dunklen Hinterzimmern
in den würdigen Gerichtssaal holen. In Wahrheit entwür-
digen Sie aber den Gerichtssaal, weil Sie ihn zu einem
Marktplatz für wohlhabende Angeklagte machen.


(Beifall bei der LINKEN – Daniela Raab [CDU/CSU]: Wovon reden Sie denn da? – Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Ich sage nur: Mackie Messer!)


Im Übrigen ist Ihre Darstellung nur die halbe Wahr-
heit. Die Vorgespräche, die den Deal tragen, finden näm-
lich weiterhin in Hinterzimmern statt. Warum verbieten
Sie nicht wenigstens diese Vorgespräche bzw. warum
verlagern Sie nicht sämtliche Vorgespräche in die Haupt-
verhandlung?

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(C (D (Jan Mücke [FDP]: Ja, ja! Am besten auch noch alle Telefongespräche!)


ann könnte sich die Öffentlichkeit zumindest ein Bild
on diesem unwürdigen Geschacher machen.

Sie sagen, Sie würden mit Ihrem Gesetz für eine bes-
ere Überprüfbarkeit von Deals sorgen, weil Rechtsmittel
eiterhin möglich bleiben. Das ist völlig lebensfremd.
arum sollten Staatsanwaltschaft und Angeklagte, die

ich gerade geeinigt haben, das Ergebnis dieser Einigung
nfechten?


(Jörg van Essen [FDP]: Zum Beispiel, weil der Dienstvorgesetzte der Staatsanwaltschaft damit nicht zufrieden ist!)


ie Linke bleibt dabei: Der Deal muss nicht gesetzlich
rlaubt, er muss gesetzlich verboten werden. Das Straf-
esetzbuch ist kein Handelsgesetzbuch.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN – Jörg van Essen [FDP]: Unsinn wird auch durch Wiederholung nicht besser! – Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Jetzt bin ich mir gar nicht mehr sicher, ob das nach Ulla nur die zweitschlechteste Rede war oder nicht! – Gegenruf des Abg. Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was? Ulla war besser!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1620214700

Nun hat der Kollege Jerzy Montag für die Fraktion

ündnis 90/Die Grünen das Wort.


Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620214800

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

rau Bundesministerin Zypries, Sie haben in Ihrer Rede
arauf hingewiesen, dass Sie mit Ihrem Gesetz die
rundlagen des Strafprozesses schützen und bewahren.

ch will mich in meinem Redebeitrag mit den Grundla-
en und dem Zustand des Strafprozesses beschäftigen.

Die Grundnormen des rechtsstaatlichen Strafprozes-
es sind Suche nach Wahrheit und Gerechtigkeit, Strafe
ach dem Maß der Schuld, Unmittelbarkeit der Beweis-
ufnahme, Öffentlichkeit des Verfahrens, die Unschulds-
ermutung aufseiten des Angeklagten, sein Recht, zu
chweigen, sein volles Antragsrecht in der Hauptver-
andlung, Rechtsmittel und das Verböserungsverbot, die
eformatio in Peius. Das ist geronnenes Verfassungs-

echt und aus der Verfassung in die Strafprozessordnung
ingeflossen.

Wie ist es darum bestellt? Ich frage das deswegen,
eil gewichtige Stimmen – nicht etwa populistische
timmen, nicht Herr Prantl oder andere, sondern Stim-
en, die wir in einer sachlichen Debatte zur Kenntnis

ehmen sollten – auf genau diese Grundsätze und ihre
ntwicklung in den letzten 20 Jahren rekurrieren. Statt
ieler will ich an dieser Stelle nur die Überschrift eines
ufsatzes von Herrn Professor Thomas Fischer, einem
ichter am Bundesgerichtshof, zitieren. Er schrieb in der
StZ vom August 2007 einen Artikel mit dem Titel „Re-
elung der Urteilsabsprache – ein Appell zum Innehal-






(A) )



(B) )


Jerzy Montag
ten“. Übrigens hat auch Herr Hassemer in der Süddeut-
schen Zeitung von Geschäften mit der Wahrheit
gesprochen.

Es ist richtig, dass es für den deutschen Strafprozess
schon einmal bessere Zeiten als heute gab. Es gab aber
auch schon schlechtere Zeiten; das dürfen wir nicht ver-
gessen. In den letzten 30 Jahren, seit den 60er-Jahren
– damals haben die Kollegen Stünker, Gehb, van Essen
und ich im Jurastudium etwas über den Strafprozess ge-
lernt –,


(Dr. Peter Danckert [SPD]: Mich darfst du auch erwähnen!)


fand allerdings eine Entwicklung statt, in deren Verlauf
an den Grundlagen des Strafprozesses gesägt wurde, und
zwar immer in Richtung des Abbaus von Grundrechten
und der Verkürzung von Rechtspositionen.

Urteil und Strafe sollen auf Wahrheit und Gerechtig-
keit fußen. In Wirklichkeit fußen sie auf dem Aktenin-
halt. Das Maß der Strafe sollte von dem Maß an Schuld
bestimmt sein. Es wird aber von den Ressourcen der Jus-
tiz bestimmt. Die Unmittelbarkeit des Verfahrens ist
längst in das Vorverfahren verlagert. Der Öffentlich-
keitsgrundsatz ist zigfach durchlöchert. Die Rechte des
Angeklagten, von denen ich gesprochen habe, halten
noch. Aber es wird im politischen Diskurs darüber dis-
kutiert, ob die Unschuldsvermutung überhaupt allge-
mein gelten soll, es wird darüber diskutiert, ob denn
Schweigen nicht doch ein Teil von Schuldeingeständnis
ist. Es wird seit Jahren darüber diskutiert, ob man die
Antragsberechtigung im Strafprozess nicht einschränken
soll. An den Rechtsmitteln wird auch herumgesägt.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unglaublich!)


Nochmals der Bundesrichter Fischer. Ich zitiere aus
seinem Beitrag in der NStZ:

Daher sind vor allem die Fragen offen geblieben,
die sich aus den gravierenden Macht-Verschiebun-
gen ergeben, welche in den vergangenen Jahrzehn-
ten den Strafprozess bereits verändert haben. Des-
sen Schwerpunkte haben sich, Stück für Stück, vom
Hauptverfahren in das Ermittlungsverfahren, von
den Gerichten zur Staatsanwaltschaft, von der
Staatsanwaltschaft zur Polizei verschoben … man-
che Bereiche der Strafverfolgung sind fast vollstän-
dig von der Polizei bestimmt. Die komplizierte
Ausbalancierung von Schutz-Rechten und Macht-
Positionen, welche den Kern sozialer und normati-
ver Geltung des Strafprozessrechts bildet, ist … aus
den Fugen geraten.

Das sagt nicht irgendein Kämpfer, irgendein Populist,
das sagt ein Richter am Bundesgerichtshof. Wir sollten
diese Bedenken bei unseren Überlegungen aufnehmen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Auch die Politik ist an dieser Entwicklung schuld. Sie
hat diese Entwicklung gesetzlich begleitet und manch-
mal sogar verschärft. Wir machen immer kompliziertere
und unklarere materielle Strafnormen. Die heutige De-

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(C (D atte über § 89 a StGB ist ein Beleg dafür. Die Richterchaft, die Staatsanwaltschaft wird im Stich gelassen: eine Stellen, keine Ausstattung, kein Geld. Der Bunesgerichtshof schreibt in einem seiner Urteile vom letzen Jahr: Die Gerechtigkeit bleibt auf der Strecke. Große irtschaftsstrafverfahren sind nicht mehr zu bewältigen. Deswegen sage ich Ihnen: Der Deal im Hinterzimer, die Geschäfte mit der Wahrheit, die Sanktions chere als gerichtliche Erpressung, das ist ein Teil der ntwort einer hilflosen Justiz auf diese zwanzig, dreißig ahre Fehlentwicklungen. Das müssen wir bei unseren berlegungen bedenken. ier setzt meine Kritik an den Kritikern an. Ich sage: ie Regelung des Deals begrenzt diese Missstände, beahrt Grundsätze vor weiterer Erosion. (Joachim Stünker [SPD]: So ist es! – Wolfgang Nešković [DIE LINKE]: Wer überprüft das denn?)


(Wolfgang Nešković [DIE LINKE]: So ist es!)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


as sind nicht, wie Professor Hassemer es gesagt hat,
Schritte in eine andere Welt“, das ist in der realen Welt
es Strafprozesses ein einzelner Schritt in die richtige
ichtung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jörg van Essen [FDP]: So ist es! – Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Mehr Anspruch haben wir auch nicht erhoben!)


Dieser Gesetzentwurf hat viele Vorläufer. Er ist besser
ls mancher der Vorläufer, über die wir gelesen haben.


(Jörg van Essen [FDP]: So ist es!)


ber einige wenige Punkte werden wir in der Beratung
och diskutieren müssen; ich will diese Punkte jetzt
icht im Einzelnen aufführen. Ich werde jedenfalls dazu
eitragen, dass wir in den Ausschussberatungen zu ei-
em vielleicht noch besseren Gesetzentwurf kommen,
ls er uns schon vorliegt.

Danke.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1620214900

Nächster Redner ist der Kollege Dr. Peter Danckert

ür die SPD-Fraktion.


Dr. Peter Danckert (SPD):
Rede ID: ID1620215000

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
ir haben, ich glaube, seit den späten 70er-Jahren, An-

ang der 80er-Jahre das Phänomen, dass es in den Ge-
ichten mehr und mehr um Verständigung, Vergleich,
eal geht. Darum geht es auch in unserem Gesetzent-
urf. Lieber Kollege Gehb, es ist nicht so, dass nur der
egriff „Verständigung“ gebraucht wird. In der Begrün-
ung unseres Gesetzentwurfes steht:






(A) )



(B) )


Dr. Peter Danckert
Diese Verfahrensweise ist auch unter den Begriffen
„Absprache“, „Vergleich“ oder „Deal“ bekannt.

Seit dieser Zeit behandeln wir dieses Thema. Man
kann sich über dieses Phänomen in vielfältiger Weise
Gedanken machen. Ich persönlich, als jemand, der diese
Zeit und auch die Entwicklung dazu miterlebt hat,
glaube, dass das auch etwas damit zu tun hat, dass Ende
der 60er, in den 70ern und Anfang der 80er-Jahre eine
Generation von Verteidigern in den Gerichten erschien,
die Strafsachen nicht mehr nur nebenbei behandelte,
sondern sich ausschließlich mit dieser Materie beschäf-
tigte und sehr viel intensiver in dieser Materie war, wes-
halb sie in der Auseinandersetzung im Gerichtssaal na-
türlich ein ganz anderer Partner oder Gegner war – je
nachdem, wie man das sieht. Sie kannte und nutzte die
Rechte, die den Strafverteidigern durch die Strafprozess-
ordnung geboten wurden.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was demokratisch ist!)


Daraus hat sich sukzessive etwas ergeben, was schließ-
lich zu der Rechtsprechung über die Verständigung im
Strafverfahren geführt hat.

Die Entscheidung des Großen Strafsenats vom
3. März 2005, die der Kollege Gehb schon angesprochen
hat, ist natürlich etwas sehr Problematisches. Ich sage
das ganz deutlich. Es wird dort festgehalten, dass die
Strafgerichte am Ende der Rechtsfortbildung sind und
nun der Gesetzgeber gefragt ist, sodass man sich natür-
lich auch fragen kann, was dieser Hinweis an der Stelle
soll. Man hat das 20 Jahre lang praktiziert – mehr recht
als schlecht oder mehr gut als nicht so gut –, und dann
erhält der Gesetzgeber die Aufforderung, das zu regeln.

Ich will an dieser Stelle noch eine andere Entschei-
dung des Großen Strafsenats ansprechen, und zwar die
zur Rügeverkümmerung – § 274 StPO. Ich finde, hier
hat sich der Große Strafsenat über Recht und Gesetz, das
auch über 130 Jahre lang praktiziert wurde, hinwegge-
setzt und den Verteidigern den Boden einer Revisions-
rüge entzogen, indem er einfach sozusagen neues Recht
erfunden hat, obwohl diese Materie über Jahrzehnte hin-
weg immer wieder diskutiert und vom Gesetzgeber nicht
im Sinne dieser Entscheidung des Großen Strafsenats
behandelt worden ist. Dieser Hinweis war meines Erach-
tens also überflüssig. Man kann das aber tun.

Ich sage an dieser Stelle ganz offen: Ich bin kein
Freund dieser gesetzlichen Regelung, weil das – das
zeigt ja auch die Geschichte; durch die Rechtsprechung
des BGH wird das belegt – jahrzehntelang praktiziert
worden ist. Ich weiß nicht, warum man an einem be-
stimmten Punkt plötzlich zu dem Ergebnis kam, dass
man das nun gesetzlich regeln muss, obwohl es vorher
offensichtlich auch ohne gesetzliche Regelung ging. Ich
bin deshalb also sozusagen kein ausgesprochener Freund
dieser Regelung, und ich weiß, dass es viele gibt, die
ähnlich wie ich denken. Es ist aber nun einmal der Auf-
trag der Koalition, diese Dinge auf den Weg zu bringen.
Nun müssen wir uns mit diesen Dingen so, wie sie vor-
liegen, beschäftigen.

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(C (D Ich muss unserer Justizministerin und auch der Verreterin des Ministeriums ausdrücklich ein Kompliment achen. Ich finde, der beschrittene Weg war wirklich eispielhaft dafür, wie ein Gesetzentwurf entwickelt erden bzw. entstehen kann: von dem ersten Diskus ionsentwurf über den ersten und zweiten Referentenenturf sowie den ersten Regierungsentwurf bis zur heutien Fassung, die wir jetzt in der ersten Lesung ehandeln. Wir haben mit vielen Sachverständigen disutiert und sozusagen die Entstehung des Gesetzentwures begleitet. Jeder von uns hat seinen Beitrag dazu geeistet. Ich finde, das ist wirklich sehr bemerkenswert. Das Zentrum dieser Regelung bildet ohne Zweifel 257 c der Strafprozessordnung. Hier ist eine ganze eihe von Dingen geregelt, die man im Einzelnen auch och einmal beleuchten kann. Für mich persönlich war s wichtig – das ist dann auch Bestandteil des Gesetzenturfes geworden –, die Folgen des Falles zu regeln, dass s zu einer Verständigung kommt, die Oberund Unterrenze des Strafrahmens festgelegt sind, die Hauptverandlung weitergeht – das ist an der Stelle ja der eigentich kritische Punkt – und das Gericht zu dem Ergebnis ommt – was nach dem Gesetzentwurf ja zulässig ist –, on der Verständigung Abstand zu nehmen, ohne genau u sagen, woran es eigentlich liegt, dass es von der Vertändigung Abstand nimmt. (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist der Punkt, der verbessert werden muss!)


akt ist, dass das Gericht dies kann. Nun ist der Ange-
lagte, der in der Regel ja ein Geständnis abgelegt haben
oll, in der Situation, dass er sich sozusagen nackt im
erichtssaal befindet. Wie geht es dann weiter? An die-

er Stelle haben wir etwas sehr Vernünftiges gemacht,
ndem wir in den Gesetzentwurf hineingeschrieben ha-
en, dass ein Geständnis nicht mehr verwertet werden
arf, wenn von der Verständigung abgewichen wird. Das
st ein echtes Verwertungsverbot. Ich glaube, das ist ein
ntscheidender Schritt, weil das für die Verfahrensbetei-
igten eine neue Situation bedeutet und das Gericht vor
er voreiligen Entscheidung bewahrt, von einer Verstän-
igung wieder Abstand zu nehmen.

Ein weiterer wichtiger Punkt findet sich aus meiner
icht leider nur in der Begründung wieder. Ein Verteidi-
er, der von einer Verständigung ausgeht, wird vielleicht
m Rahmen der Beweisaufnahme nicht mehr so fragen,
ie es der Fall wäre, wenn sich keine Verständigung ab-

eichnen würde. In diesem Fall enthält die Begründung
en Hinweis – das wird auch bei der Auslegung des Ge-
etzes eine entscheidende Rolle spielen –, dass die Be-
eisaufnahme an den entsprechenden Stellen wiederholt
erden sollte. Das stärkt auch die Rolle des Angeklagten
nd seines Verteidigers.

Ich glaube, wir stehen vor einer interessanten Anhö-
ung. Ich weiß, dass es unterschiedliche Meinungen gibt,
ie wir mit großem Ernst aufgreifen werden. Es wird
ine sehr gute Debatte geben. Wenn man die Verständi-
ung im Strafverfahren will, dann ist die von uns vorge-
ehene gesetzliche Regelung eine vernünftige Ausgangs-
asis.






(A) )



(B) )


Dr. Peter Danckert
Vielleicht ergibt sich noch die eine oder andere Rege-
lung, Kollege Montag. Ob es sinnvoll ist, die Nebenbe-
teiligten miteinzubeziehen, bezweifle ich, weil das das
Verfahren bestimmt nicht abkürzt, sondern sehr viel
komplizierter macht.

Wir werden sehen, was die Anhörung ergibt. Ich bin
sehr gespannt darauf. Ich glaube, dass wir am Ende des
Tages zu einer guten gesetzlichen Regelung kommen
werden. Das sage ich als ursprünglicher Gegner einer
Verständigung. Aber ich kann mich mit einer Mehrheits-
meinung durchaus zufrieden geben.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD – Jörg van Essen [FDP]: Also eine Verständigung im Parlament?)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1620215100

Das Wort hat nun Kollege Siegfried Kauder, CDU/

CSU-Fraktion.

Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen) (CDU/
CSU):

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Auch wenn es manche nicht glauben: Auch das Strafver-
fahren und die Hauptverhandlung sind ein kommunikati-
ver Prozess.


(Joachim Stünker [SPD]: Genau das ist es!)


Es stimmt nicht, wenn Kollege Nešković uns glauben
machen will, er habe Verständigung nie praktiziert oder,
wie er es ausdrückt, er habe nie gedealt.


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Er versteht ja auch nichts!)


Keine Verfahrenseinstellung nach § 153 a der Straf-
prozessordnung ist ohne Kommunikation möglich.


(Jörg van Essen [FDP]: So ist es!)


Ein Blick in § 265 a der Strafprozessordnung zeigt, Kol-
lege Nešković, dass manche Weisungen und Auflagen,
die bei einer Bewährungsstrafe ausgesprochen werden,
nur dann verhängt werden können, wenn der Angeklagte
zustimmt.


(Wolfgang Nešković [DIE LINKE]: Das wollen Sie doch nicht ernsthaft behaupten! Das ist doch Unsinn!)


Mit ihm muss man also vorher gesprochen haben.

Folgendes hat mich ein bisschen gestört: Die Verstän-
digung im Strafverfahren, die es seit Anfang der 80er-
Jahre gibt, wurde in die strafprozessuale Schmuddelecke
gestellt. Im Strafverfahren gibt es kein Hinterzimmer; es
gibt Beratungszimmer.

Sie wissen, dass sich die Absprache bzw. die Verstän-
digung im Strafverfahren langsam entwickelt hat und
dass diese Entwicklungen immer wieder von BGH-Ent-
scheidungen begleitet wurden. Dabei wurden Regeln
festgelegt, die auch Grundlage für den jetzt zu beraten-
den Gesetzentwurf geworden sind. Es gibt keine

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(C (D chmuddelecke, sondern genaue Vorgaben, was ausgeandelt werden kann. Herr Kollege Nešković, es ist Ihrer Persönlichkeit eien, dass Sie es besser wissen als manche Entscheidung es Bundesverfassungsgerichts. Denn auch das Bundeserfassungsgericht hat schon im Jahr 1987 die Verfahensabsprache für verfassungskonform erklärt. (Wolfgang Nešković [DIE LINKE]: Das heißt doch gar nichts! – Widerspruch von der CDU/ CSU und der SPD – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: So viel zum Thema Besserwissen!)


Ich sage ja: Der Kollege Nešković weiß es besser als
ehrere Richter des Bundesverfassungsgerichts.

Weil es also eine Entwicklung praeter legem, nicht
ontra legem gewesen ist, ist alles in Ordnung. Trotzdem
st es gut, dass wir die Verfahrensabsprachen in einem
esetz angemessen regeln. Die Rechtsprechung ist an-
emessen eingearbeitet worden, sodass es eigentlich
ichts zu kritisieren gibt. Aber wir müssen schon aufpas-
en – das ist zu Recht schon angesprochen worden –,
ass nicht der Eindruck entsteht, die Verständigung im
trafverfahren finde deshalb statt, weil die Justiz wegen
ersonalmangels unter Druck geraten sei.

Jetzt kann man als Bundesgesetzgeber natürlich auf
ie Länder schielen und sagen: Das ist deren Aufgabe
nd deren Problem. Die Länder müssen das bewältigen. –
ein, auch der Bundesgesetzgeber kann mithelfen. Ma-

hen wir uns doch einmal Gedanken, ob es nicht einen
trafbefehl geben sollte, in dem eine Freiheitsstrafe bis
u zwei Jahren zur Bewährung ausgesprochen werden
ann. Das spart Ressourcen ein. Die Reform zur Beset-
ungsreduktion bei der Großen Strafkammer, die wir seit
ehn Jahren immer wieder vor uns herschieben, könnten
ir verabschieden. Auch das spart Ressourcen.


(Hans-Joachim Fuchtel [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


Die Verständigung im Strafverfahren darf also nicht
nter dem Druck knapper Ressourcen durchgeführt wer-
en. Die Verständigung hat aber auch nach dem neuen
esetzentwurf durchaus ihre Tücken. Ich habe an einer
achverständigenanhörung im Justizministerium teilge-
ommen. Am Ende habe ich die Frage gestellt: Wo
leibt bei der Verfahrensabsprache das Opfer?

Wenn man sich den Gesetzentwurf anschaut, kann
an feststellen, dass im Begründungsteil die Beteiligung

es Nebenklägers angesprochen worden ist, dass das
ehr gut und differenziert angeschnitten worden ist, den-
och bin ich der Meinung, dass diese Ausführungen im
egründungsteil nicht ausreichen; denn entscheidend ist
er Gesetzestext. Wir werden uns also Gedanken ma-
hen müssen, wie man die Beteiligung des Nebenklage-
ertreters bei der Absprache in das Gesetz einbinden
ann. Das lässt sich sehr wohl bewerkstelligen. Was
ich ein bisschen irritiert, ist, dass es dazu einen Ent-
urf aus den Bundesländern gibt, dessen Vorschläge
an schon in den Gesetzentwurf hätte einbauen können.






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Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen)

Es wurde der Eindruck vermittelt, als ob das Problem
der Sanktionsschere mit diesem Gesetzentwurf ausge-
merzt worden sei. Darauf hat Herr Hassemer in der Süd-
deutschen Zeitung am 24. Januar 2009 zu Recht hinge-
wiesen. Es gibt immer wieder die Fälle, dass ein Gericht
mit einer siebenjährigen Freiheitsstrafe droht, der Ange-
klagte damit unter Druck gerät und man sich am Ende
auf zwei Jahre zur Bewährung einigt. Ein solcher Druck
ist nach der Rechtsprechung nicht zugelassen.

Aber – nun kommt ein wichtiger Punkt, Herr Kollege
van Essen – wer kontrolliert denn, ob die Spielregeln der
Verfahrensabsprache eingehalten werden?


(Jörg van Essen [FDP]: So ist es!)


Diejenigen, die die Verfahrensabsprache treffen, haben
wenig Anlass, zu sagen: Möge das doch noch einmal je-
mand kontrollieren. – Da nützt es auch nichts, dass nach
der Rechtsprechung der Gegenstand der Verfahrensab-
sprache nicht der Rechtsmittelverzicht sein darf. Im
praktischen Leben läuft das nun einmal anders.


(Jörg van Essen [FDP]: So ist es!)


Man handelt das, was zulässig ist, einvernehmlich aus.
Untergrenze und Obergrenze der Strafe werden bespro-
chen. Man schaut sich an, man kennt sich. Bei Strafver-
teidigern ist das ein überschaubarer Kreis. Jeder weiß:
Wenn ein Rechtsmittelverzicht nicht folgt, ist das Ver-
trauen für die Zukunft weg.


(Jörg van Essen [FDP]: So ist es!)


Darüber muss man sich Gedanken machen.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wollen wir doch!)


Wie kann man so etwas regeln? Liebe Kolleginnen,
liebe Kollegen, da hat vielleicht der Innenminister
Wolfgang Schäuble mit seinen Überlegungen nicht ganz
unrecht.


(Wolfgang Nešković [DIE LINKE]: Der Kollege Nešković auch nicht!)


Es muss doch eine Instanz geben, die kontrolliert, ob die
Spielregeln eingehalten worden sind. Diese Kontrolle
kann auch einmal dazu führen, dass ein Fall zugunsten
und nicht zulasten des Angeklagten ausgeht. Die Kon-
trollinstanz könnte sagen: Hier ist die Sanktionsschere
angesetzt worden. Nun stimmen wir einem Rechtsmittel-
verzicht nicht zu. – Deswegen gibt es die Überlegung, ob
man nicht in Nr. 152 der RiStBV, der Richtlinien für das
Straf- und Bußgeldverfahren, aufnimmt, dass der Staats-
anwalt eine Rechtsmittelverzichtserklärung nach einer
Verfahrensabsprache nur abgeben darf, wenn er das mit
dem Behördenleiter oder einem Höhergestellten der
Staatsanwaltschaft abgesprochen hat. Das wäre eine
Möglichkeit, eine Kontrollinstanz einzuführen. Dafür
brauchte man noch nicht einmal eine Gesetzesänderung,
weil das nicht vom Bundestag beschlossen werden
müsste.

Wir werden uns noch einem anderen Problem zuwen-
den müssen. Es gibt keine Zweiklassenjustiz, auch nicht
nach Inkrafttreten dieses Gesetzes. Deswegen ist es gut,

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(C (D ass in der Begründung des Gesetzentwurfs darauf hingeiesen wird, dass auch der nicht durch einen Strafverteiiger vertretene Angeklagte – das Verfahren wird üblichereise beim Strafrichter des Amtsgerichts stattfinden – in ine Verfahrensabsprache eingebunden werden kann. Ich rage mich aber, wie das praktisch funktionieren soll. Das ag möglicherweise ein Placebo sein. Aber auch hier äre eine Lösung denkbar. Man könnte dem beim Amtsericht Angeklagten dann, wenn eine Verfahrensabsprahe im Raum steht, einen Verteidiger beiordnen. Dann ätte man in der Tat gleiches Recht für alle. Wie Sie sehen, ist der Gesetzentwurf im Prinzip gut elungen. Er spiegelt das wider, was die Rechtsprechung ntwickelt hat. Über den vorhandenen Korrekturbedarf önnen wir sachlich sprechen. Einige Punkte habe ich ngesprochen. Ich freue mich auf die Debatte im Rechtsusschuss. Ich bin mir sicher, dass auch dieser Gesetzntwurf in angemessener Weise und zügig über die Hüren des Deutschen Bundestages gehoben werden wird. Das Wort zu einer Kurzintervention erteile ich Kolle en Wolfgang Nešković. Herr Kollege Kauder, es wäre der Fairness angemes en gewesen, wenn Sie zumindest beim letzten Punkt, en Sie kritisiert haben, darauf hingewiesen hätten – da ie auch meine Presseerklärung und meine Pressearbeit ur Kenntnis nehmen –, dass ich mich in der Frage der berprüfbarkeit mit Herrn Schäuble einig weiß. Wenn ie das bisher nicht wissen, dann gebe ich das hiermit ur Kenntnis. Die Überprüfbarkeit ist in der Tat ein unkt, über den man reden muss; denn all die Hürden, ie man hier aufbaut, machen keinen Sinn, wenn man ngesichts des Umstandes, dass die eigentlich Bechwerten mit dem Ergebnis zufrieden sind und die Öfentlichkeit es eventuell nicht ist, nicht überprüfen kann, b die Hürden gewahrt sind. Herr Kauder, typisch für Ihre Form der Auseinanderetzung ist, dass Sie mir etwas unterstellen, was ich gar icht gesagt habe. Man nennt das „einen Pappkameraden ufbauen“. Diesen haut man anschließend um. Ich habe icht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ür mich in Anspruch genommen. Natürlich ist sie mir ekannt. Sie beinhaltet auch bestimmte Voraussetzunen. Ich habe aber rechtspolitisch und nicht verfassungsechtlich argumentiert. Herr Kauder, da sicherlich der Eindruck entstanden st, dass das, was ich vorgetragen habe, durch meine ichtweise als Richter, der ich 27 Jahre lang war, geprägt st, möchte ich Ihnen die Sichtweise eines Kollegen, der orsitzender Richter am Landgericht Bonn ist – es wuren bereits andere Richterkollegen angeführt –, näherringen. Er hat zur Verständigung in der Deutschen ichter Zeitung Folgendes ausgeführt: Verständigungen zum Verfahrensausgang führen bei den Beteiligten nahezu zwangsläufig zu einer Wolfgang NeškoviæWolfgang Nešković Verminderung der Sorgfalt bei Sachverhaltsaufklärung und rechtlicher Prüfung. Streitige Hauptverhandlungen sind physisch und psychisch belastend. Die Erwartung, sich eine umfangreiche und kontroverse Verhandlung zu ersparen und lediglich ein abgekürztes Urteil abfassen zu müssen, ist folglich gerade in Zeiten knapper Personalausstattung verlockend. Zum Thema Begrifflichkeit, Dr. Gehb, führt er aus: Das „Einvernehmen“ (genauer: der „Leistungsaustausch“)


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1620215200
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1620215300




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gungen beziehen, die auf anderem – gesetzmäßigem –
Wege nicht zu erreichen wären. Abschreckende Bei-
spiele hierfür gibt es bereits genügend.

Zum Abschluss heißt es:

Sind sie erst einmal gesetzlich vorgesehen,

– gemeint sind die von Ihnen geplanten Absprachen –

wird der ökonomische wie anwaltliche Druck auf
die Gerichte zunehmen, sich ihrer zur „Verschlan-
kung“ des Verfahrens tatsächlich auch zu bedienen.
Das Strafverfahren ist aber seiner Natur und Funk-
tion nach nicht darauf angelegt, dass der Ange-
klagte seinem Ablauf und Ergebnis die Zustim-
mung erteilt.

Herr Kauder, wie stehen Sie zu dieser Auffassung ei-
nes Richters des Landgerichts Bonn?


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1620215400

Herr Kollege Kauder, bitte.

Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen) (CDU/
CSU):

Lieber Kollege Nešković, ich bitte um Verständnis,
dass ich nicht ellenlang aus Aufsätzen vortrage. Ich habe
zur Kenntnis genommen, dass Sie die Meinung des In-
nenministers, dass bei einer Verfahrensabsprache auch
die Möglichkeit einer Kontrolle gegeben sein muss, tei-
len. Aber im Gegensatz zu Ihnen posaune ich nicht po-
pulistisch in Presseerklärungen über einen Deal. Viel-
mehr mache ich mir Gedanken, wie man ein bestehendes
Problem vernünftig regeln kann.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Mit dem Hinweis auf Nr. 152 RiStBV sind wir auf der
richtigen Schiene. Einen ähnlichen Vorschlag hätte ich
eigentlich von einem Abgeordnetenkollegen, der lange
genug bei einem Gericht tätig gewesen ist, erwartet. Ich
war es nicht, ich war und bin nur Strafverteidiger.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was heißt denn „nur“?)


Lieber Kollege Nešković, Sie zitieren aus einem Auf-
satz, der eine Momentaufnahme darstellt, als ob es die
Verfahrensabsprache nicht seit Anfang der 80er-Jahre
gegeben hätte und als ob es die flankierenden Entschei-
dungen des Bundesgerichtshofs nie gegeben hätte. Ich
habe schon gesagt, dass auch der Strafprozess ein kom-

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(C (D unikativer Prozess ist. Sie werden auch für sich nicht n Anspruch nehmen wollen, dass Sie, auf der hohen ühne eines oberen Gerichtes sitzend, nie mit Verteidiern und nie mit Staatsanwälten Kontakt aufgenommen ätten. Wie wollen Sie denn nach § 154 der Strafproessordnung in einem laufenden Strafverfahren Teile urch Verfahrenseinstellungen ausscheiden? Wie wolen Sie § 153 a der Strafprozessordnung umsetzen, ohne it den Verfahrensbeteiligten gesprochen zu haben? err Kollege Nešković, es wäre vielleicht nicht schlecht ewesen, wenn Sie sich Gedanken gemacht hätten, wie an die Interessen der Opfer von Straftaten in eine Ab prache einführen kann. Wir haben das miteinander disutiert, und in dem Begründungsteil gibt es dafür Anätze. Miteinander arbeiten heißt auch, vernünftige rgebnisse zustande zu bringen, (Wolfgang Nešković [DIE LINKE]: Dazu haben wir die Beratung!)


icht rückblickend aus heutiger Sicht zu versuchen, die
erfahrensabsprache in die Schmuddelecke eines Ge-

ichts zu stellen, wo sie nie gewesen ist.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1620215500

Das Wort hat nun Kollege Joachim Stünker für die

PD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Joachim Stünker (SPD):
Rede ID: ID1620215600

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
eine sehr verehrten Damen und Herren! Manchmal

reibt mich die Verzweiflung um.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir sind doch bei Ihnen! – Gegenruf von der SPD: Eben! Das ist es gerade!)


as ist in der heutigen Debatte zu diesem Thema wieder
er Fall. Ich will Ihnen etwas dazu sagen. Teilweise
urde die Debatte doch sehr nachdenklich geführt, aber
ur teilweise. Der Kollege Danckert hat einen Ansatz ge-
racht, den auch der Kollege Kauder aufgenommen hat
nd den ich nur bekräftigen kann. Die Verständigung im
trafprozess hat diese Entwicklung genommen, weil in
en 70er-Jahren und danach eine andere Generation von
ichterinnen und Richtern und von Anwälten mit einer
nderen Ausbildung Strafprozesse durchgeführt hat. Ich
ill Ihnen ein Beispiel nennen: Ich hatte als Schöffen-

ichter in den 80er-Jahren einen Schöffen, der ein alter
andwirt war. Er war seit 20 Jahren Schöffe, wie es auf
em Land üblich war. Er sagte einmal zu mir: Herr
tünker, zu Ihnen komme ich richtig gerne. Ich freue
ich immer, wenn ich zu Ihnen zur Verhandlung kom-
en darf. – Ich sagte: Das ehrt mich, aber warum denn? –
a sagte er zu mir: Sie sprechen mit dem Angeklagten.

Der deutsche Strafprozess, den ich in den 70er-Jah-
en, als ich zum ersten Mal in der Strafkammer saß, er-
ebt habe, war ein ganz anderer. Da saß oben ein Gericht,
as nicht mit den Verfahrensbeteiligten sprach. Es
prach nicht mit dem Angeklagten. Da wurde prozes-






(A) )



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Joachim Stünker
siert. Da lief der Prozess, wie Roxin es einmal geschil-
dert hat, wie in einem Schauspiel ab. Zum Schluss kam
die Keule, und dabei kam eine Entscheidung heraus.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)


Das war damals der Strafprozess. Dieser Strafprozess hat
sich dadurch verändert, dass eine neue Generation die
Strafprozessordnung anders gelernt hat als die, die aus
anderen Zeiten kam, um das einmal vorsichtig auszudrü-
cken. Die Vertreter dieser Generation haben gesagt: Die
Strafprozessordnung gibt uns doch die Möglichkeit, mit
dem Angeklagten, mit den Verfahrensbeteiligten zu
sprechen und deutlich zu machen, wie wir die Anklage
sehen, anstatt zu warten, bis nachher das Urteil gefällt
wird. – Das war der Hintergrund. Daher habe ich in mei-
nem Leben als Strafrichter und Vorsitzender einer gro-
ßen Strafkammer, auch einer Wirtschaftsstrafkammer,
und eines Schwurgerichts viele solcher Verständigungen
im Strafprozess herbeigeführt. Das hat mit Klassenjustiz,
mit Arm und Reich und all diesen ideologischen Verklä-
rungen nichts, aber auch gar nichts zu tun. Das ist purer
Populismus der Linkspartei.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP sowie des Abg. Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Das ist nicht die Wirklichkeit in Deutschland.


(Wolfgang Nešković [DIE LINKE]: Pure Heuchelei! – Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: In seinen Augen sind Sie ein Dealer gewesen, Herr Stünker!)


– Ich frage mich manchmal, ob ich es mir immer noch
antun muss, Ihnen, Herr Nešković, zuzuhören, um das
einmal ganz deutlich zu sagen. – Trotzdem habe ich vom
ersten Tag an, als ich in den Deutschen Bundestag ge-
wählt wurde, also seit 1998, dem Bundesministerium der
Justiz gesagt: Das, was sich dort bei der Verständigung
und Absprache im Strafprozess entwickelt hat, bedarf
der Regeln in der Strafprozessordnung.

Warum bin ich im Laufe der Jahre zu dieser Überzeu-
gung gekommen? Weil das, was im Wege der Verständi-
gung durch Gespräche zustande gekommen ist, teilweise
– so etwas kann man immer und überall erleben – zu
Missbrauch geführt hat. Damit meine ich die Gespräche
im Hinterzimmer und Ähnliches, aber nicht das Ge-
spräch im Gerichtssaal mit den Verfahrensbeteiligten.
Darum brauchen wir neue Regelungen, wie der Große
Senat für Strafsachen des BGH angeregt hat. Diese Re-
gelungen legen wir Ihnen mit diesem Gesetzentwurf vor.

Anders als hier gesagt worden ist, führen wir nicht
den großen Deal in den deutschen Strafprozess ein. Wer
so etwas erzählt, der hat von der Praxis keine Ahnung,
der weiß überhaupt nicht – um das einmal ganz deutlich
zu sagen –, was jeden Tag in den Gerichtssälen abläuft.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Das Wichtige dabei ist: Jedes Verfahren mit einer Ver-
ständigung endet mit einem Urteil,


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Natürlich!)


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(C (D it einem Schuldspruch. Es wird also jemand bestraft. iese Person ist von diesem Tag an vorbestraft. Das Ein ige, worüber man überhaupt reden kann, ist die Frage er Strafsanktion. Frau Ministerin hat hier zu Recht die rage gestellt, warum man das macht. Nehmen wir das eispiel, das zuletzt durch die Presse ging: Ein nicht orbestrafter, weit über 60-Jähriger hat Steuern in Höhe on 900 000 Euro hinterzogen. Man kann sich überleen, ob es prozessökonomisch sinnvoll ist, ein Jahr lang inen Prozess zu führen, obwohl man, wenn man von trafzumessung etwas versteht, genau weiß, dass am nde eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren verhängt wird. s muss entschieden werden, unter welchen Voraussetungen diese Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt ird. Erfahrene Strafrechtler wissen, wie so etwas ab äuft. Ich wiederhole meine Frage: Ist es prozessökonoisch sinnvoll, ein Jahr lang sämtliche Einzelheiten zu ehandeln, oder kann man dafür sorgen, dass der Angelagte ein Geständnis ablegt, dass sich der Betreffende lso zur Tat bekennt, wobei die Sanktionen und alle aneren Folgen öffentlich bekannt werden? Das und nichts nderes ist der Hintergrund unseres Vorgehens. Diese bsprachen sind keine Schmuddelecken, wie man es eilweise darzustellen versucht hat. Wenn wir uns hier ernsthaft mit Missbrauch beschäfigen wollen – das sollten wir in der nächsten Legislatureriode machen, sofern wir alle noch die Ehre haben, iesem Hohen Haus anzugehören –, dann muss man ber eine ganz andere Vorschrift nachdenken, nämlich ber § 153 a Strafprozessordnung. In den letzten Wohen und Monaten sind Vorgänge in einer Staatsanwaltchaft in einem nicht kleinen Bundesland – angebliche robleme mit einer Staatsanwältin, Verwerfungen usw. – urch die Presse gegangen. Das hängt mit § 153 a Strafrozessordnung zusammen. Der Ausgang des Mannesann-Prozesses ist in meinen Augen in der Tat ein Skan al gewesen: Einstellung des Verfahrens ohne Urteil und hne Geständnis. Das ist der Hintergrund unseres Vorgeens. In Prozessen wie dem Mannesmann-Prozess weren Absprachen in einem Bereich getroffen, der ganz nders als die Hauptverhandlung ist. (Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Peter Danckert [SPD]: Das ist auch eine ganz andere Dimension!)


Das ist eine ganz andere Dimension: Durch die Presse
ing, dass dort Millionenbeträge verteilt worden sein
ollen.

Ich bitte Sie wirklich – ich denke, wir werden das
berwiegend im Rechtsausschuss machen –: Lassen Sie
ns das sehr ernsthaft behandeln! Der Rechtsstaat ist ein
ohes Gut. Wir sollten daher mit Sachverstand und nicht
it Ideologie an die Themen herangehen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1620215700

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Gesetzent-
ürfe auf den Drucksachen 16/11736 und 16/4197 an






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse
die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorge-
schlagen. Gibt es dazu anderweitige Vorschläge? – Das
ist offensichtlich nicht der Fall. Dann sind die Überwei-
sungen so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 7 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Patrick
Döring, Horst Friedrich (Bayreuth), Joachim
Günther (Plauen), weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der FDP

Bußgeldkatalog bei Umweltzonen ändern –
Zurück zur Verhältnismäßigkeit

– Drucksache 16/10313 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Tourismus

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die
Fraktion der FDP sechs Minuten erhalten soll. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne damit die Aussprache. Das Wort hat Kol-
lege Patrick Döring von der FDP-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)



Patrick Döring (FDP):
Rede ID: ID1620215800

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Deutschland hat zur Bekämpfung des Feinstaubproblems
vielerlei Maßnahmen diskutiert und auch ergriffen. Es ist
dennoch heute von der EU-Kommission ermahnt wor-
den, mehr zu tun, um Feinstaub zu bekämpfen. Das
macht deutlich, dass mit der Einrichtung von Umweltzo-
nen und dem Erlass von Fahrverboten ganz offensicht-
lich nicht die Ziele erreicht werden, die man sich vorge-
nommen hat. Die Einrichtung von Umweltzonen hat,
gelinde gesagt, fast keine Wirkung auf den Feinstaubaus-
stoß in Deutschland.


(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Renate Blank [CDU/CSU])


Das alles sage ich vorweg, damit hier nicht insinuiert
wird, wir als FDP wollten den Feinstaub nicht bekämp-
fen oder wollten das Problem an die Seite schieben; ganz
im Gegenteil: Wir sind dafür, den Feinstaub zu bekämp-
fen, aber an der Quelle, dort, wo er wirklich entsteht, und
nicht pauschal über das Fahrverbot, über die Einrichtung
von Umweltzonen. Das war der falsche Weg.


(Beifall bei der FDP)


Es ist auch falsch, den folgenden Eindruck zu erwe-
cken: Wer aktuell in Hannover oder Köln oder Berlin in
die Umweltzone einfährt, aber keine Plakette hat oder
eine rote Plakette hat, begeht genauso einen Verkehrs-
verstoß wie jemand, der zum Beispiel verkehrt herum in
eine Einbahnstraße fährt oder ein Einfahrverbot insge-
samt missachtet. – Das ist nicht vergleichbar. Ersteres ist
auch nicht verkehrsgefährdend.

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(C (D (Rita Schwarzelühr-Sutter [SPD]: Aber gesundheitsgefährdend!)


Darum, liebe Kolleginnen und Kollegen, geben wir
hnen mit unserem Antrag die Gelegenheit, in der weite-
en Beratung im Ausschuss sehr konstruktiv und sach-
ich darüber nachzudenken, ob es bei der so stark zer-
plitterten Landschaft von Umweltzonen in Deutschland
it unterschiedlichsten Ausnahmeregelungen – in jeder
ommune gibt es andere Regelungen, etwa dazu, ob
ldtimer ein- und ausfahren dürfen,


(Christian Carstensen [SPD]: Oldtimer! Darauf haben wir gewartet!)


b Schaustellerfahrzeuge ein- und ausfahren dürfen, ob
eisebusse ein- und ausfahren dürfen; Letzteres ist ein
onderproblem, das wir im Ausschuss seit längerem vor
ns herschieben; Sie alle kennen die Problematik – ver-
ünftig und verhältnismäßig ist, jedem, der sich keine
lakette besorgt hat, etwa aus Unwissenheit, weil er viel-

eicht ganz selten in eine der Städte fährt, in denen eine
mweltzone eingerichtet worden ist, sofort nicht nur

ine Ordnungswidrigkeit anzulasten, sondern ihn vor al-
en Dingen auch mit einem Punkt im Flensburger Zen-
ralregister zu bestrafen. Das ist nicht verhältnismäßig.


(Beifall bei der FDP)


Wir haben die Zahlen für das erste Halbjahr 2008 im
ntrag aufgeführt. Ich finde es übrigens bemerkenswert
ich sage das hier ausdrücklich, weil der Herr Kasparick
uf der Regierungsbank sitzt –, dass nach den mir vorlie-
enden Informationen das Bundesverkehrsministerium
em Kraftfahrtbundesamt untersagt hat, mir die Zahlen
ür 2008 komplett zu geben.


(Dr. Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Skandal!)


ie Auskunft des Sachbearbeiters im Kraftfahrtbundes-
mt jedenfalls war, er dürfe mir die endgültigen Punkte-
ahlen für unzulässiges Einfahren in Umweltzonen auf
eisung des Bundesverkehrsministeriums nicht geben.
as ist auch eine Aussage, verehrte Kolleginnen und
ollegen, und ich ziehe daraus die richtigen Schlüsse.


(Beifall des Abg. Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP])


Vor diesem Hintergrund sind wir als FDP-Fraktion
ehr dankbar dafür, dass parallel zum Verkehrsgerichts-
ag in Goslar viele Akteure in der Verkehrspolitik, etwa
ie Automobilklubs, gemeinsam – es ist selten genug der
all, dass eine gemeinsame Position erarbeitet wird –
ine Reform des Punktewesens und des Verkehrszentral-
egisters in Flensburg insgesamt gefordert haben. Viel-
eicht ist unser Antrag zu dieser speziellen Frage auch
nlass, im Ausschuss einmal darüber zu sprechen, ob in-

wischen nicht für zu viele kaum wichtige, jedenfalls
icht verkehrsgefährdende Verstöße Punkte gegeben
erden und wirklich schwere Ordnungswidrigkeiten,
ielleicht auch Straftaten im Straßenverkehr zu wenig
estraft werden. Dieser Diskussion über das Bußgeld ha-
en Sie sich in den letzten Monaten verwehrt, liebe Kol-
eginnen und Kollegen.






(A) )



(B) )


Patrick Döring

(Beifall bei der FDP – Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Symbolpolitik ist viel einfacher!)


Es ist an der Zeit, gemeinsam über Folgendes nachzu-
denken: Was soll nach unserer Meinung, die wir uns um
Verkehrssicherheit sorgen, streng verfolgt werden? Wo
muss schon nach wenigen Verstößen klar sein, dass die
Fahrerlaubnis in Gefahr gerät?

Und wo schießt man mit Kanonen auf Spatzen, wenn
man jemanden, der einmal unerlaubt in eine Umwelt-
zone einfährt, weil er vergessen hat, die Plakette zu be-
antragen, oder gar nicht weiß, dass in der Stadt, in die er
fährt, eine Umweltzone eingerichtet ist, mit einem Punkt
in Flensburg bestraft?


(Sören Bartol [SPD]: Das sind ja so viele Städte!)


– Auch Sie werden nicht alle Städte kennen, in denen
eine Umweltzone eingerichtet ist. Keiner der hier anwe-
senden Kollegen wird all diese Städte benennen können. –
Die gleiche Strafe bekommt man, wenn man verkehrsge-
fährdend in falscher Richtung in eine Einbahnstraße ein-
fährt oder einen Rotlichtverstoß begeht. Das ist nicht
vergleichbar; wir sollten nicht der Versuchung erliegen,
das zu vergleichen. Es ist in hohem Maße verwunder-
lich, dass es überhaupt zu dieser Regelung gekommen
ist.

Wir Parlamentarier sollten die Gelegenheit nutzen, im
Ausschuss über Änderungen zu beraten. Wir machen Ih-
nen hierzu einen Vorschlag und hoffen auf Unterstüt-
zung.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP – Christian Carstensen [SPD]: Wenigstens hat er einmal den Oldtimer untergebracht!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1620215900

Das Wort hat nun Kollege Gero Storjohann, CDU/

CSU-Fraktion.


Gero Storjohann (CDU):
Rede ID: ID1620216000

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Seit März 2007 gilt in Deutschland die soge-
nannte Plakettenverordnung, die Verordnung zum Erlass
und zur Änderung von Vorschriften über die Kennzeich-
nung emissionsarmer Kraftfahrzeuge. Pkw, Lkw und
Busse werden je nach Schadstoffgruppe mit einer Fein-
staubplakette versehen.

Ich möchte gerne zugestehen, dass es in der Einfüh-
rungsphase immer Leute gibt, die vergessen, so etwas zu
beantragen. Nun ist aber eine gewisse Zeit ins Land ge-
gangen; nun erwarte ich, dass jeder überprüft hat, was er
für ein Auto hat, welcher Schadstoffklasse es angehört
und ob er eine Plakette benötigt. Ich kann erwarten, dass
sich alle Verkehrsteilnehmer mit ihren Fahrzeugen be-
schäftigt und diese gegebenenfalls mit einer entspre-
chenden Plakette versehen haben.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die Einführungsphase ist inzwischen abgeschlossen.
etzt geht es um die Frage: Wie gestaltet sich die Praxis?
ie Kennzeichnung ist erforderlich, um bei zu hohen
einstaubbelastungen Fahrverbote aussprechen und um-
etzen zu können: Besonders gekennzeichnete Verbots-
onen dürfen dann nur von Kraftfahrzeugen mit einer
ntsprechenden Zulassung befahren werden.

Wir sprechen hier über diese Verordnung; wir spre-
hen nicht über die Umweltzonen. Die Verordnung setzt
oraus, möglichst passgenau und lokal begründet den
chutz der Bevölkerung zu gewährleisten. Darum küm-
ern sich die Kommunen, nicht der Bundestag oder der
andtag.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Die Kommunen vergeben doch nicht die Punkte! Das machen doch wir!)


ie Bürger wählen vor Ort ihre Vertreter. Insofern sind
ie Bürger in diesen Prozess eingebunden; das halte ich
ür richtig und sinnvoll. Dies wird auch von den Antrag-
tellern, der FDP, offenbar nicht geleugnet; denn der An-
rag richtet sich gegen die Höhe der Sanktionierung und
eschäftigt sich mit der Frage, ob die Höhe der Strafe et-
as bewirkt. Darüber kann man sich trefflich streiten.

Das Bußgeld von 40 Euro bewirkt dann ja auch den
erühmten Punkt in Flensburg. Das schafft Arbeit in
einer Heimatregion Schleswig-Holstein.


(Christian Carstensen [SPD]: Ein entscheidendes Argument für diese Regelung!)


ch mache darauf aufmerksam, dass der Bundesrat im
etzten Jahr der Neufassung des Bußgeldkataloges zuge-
timmt hat. Es ist interessant, dass in Baden-Württem-
erg, wo traditionell die FDP an der Regierung beteiligt
st,


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Nur kein Neid!)


esonders viele Umweltzonen eingerichtet worden sind.
ch weiß nicht, wie es um die kommunalen Mehrheiten
teht, aber ich glaube, dass auch hier die FDP häufig be-
eiligt ist.

Auch in Nordrhein-Westfalen gibt es viele Umweltzo-
en; auch hier sind Sie von der FDP an der Regierung
eteiligt. In Hannover gibt es eine Umweltzone; auch in
iedersachsen sind Sie an der Regierung beteiligt.


(Patrick Döring [FDP]: Das beschließen aber die Kommunen, wie Sie richtigerweise gesagt haben!)


Das ist richtig; aber auch in den Kommunen haben Sie
icherlich Einfluss.


(Patrick Döring [FDP]: Leider nein! Aber die CDU!)


ir ist nicht bekannt, dass Sie einen Vorstoß im Bundes-
at unternommen haben, um diese Regelung zu ändern.
m Bundesrat hätten Sie sicherlich gute Möglichkeiten






(A) )



(B) )


Gero Storjohann
dazu. Aber nein, Sie versuchen es über den Bundestag;
das sei Ihnen zugebilligt.

Sie schreiben, viele Auswärtige wüssten nicht, ob bei
der Einfahrt in eine andere Stadt eine Plakette notwendig
sei. Ich mache darauf aufmerksam, dass alle Umweltzo-
nen mit riesengroßen Schildern gekennzeichnet sind.
Auch ein Lkw-Fahrer, der eine Brücke befahren möchte,
muss Schilder zur Kenntnis nehmen; wenn die Last, die
er transportiert, nicht zulässig ist, muss er damit rechnen,
dass man es ihm zum Vorwurf macht, wenn er diese
Schilder nicht beachtet. Das gilt bei Umweltzonen natür-
lich genauso.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN], an die CDU/CSU gewandt: Ihr dürft klatschen, das ist euer Redner!)


Es geht ja nicht um eine Plakette für den einen Tag,
sondern um die Plakette, die Sie sich generell für Ihr
Auto besorgen. Hinzu kommt ein weiterer Aspekt, näm-
lich die Überlegung: Habe ich noch das richtige Auto,
oder sollte ich mir – technisch innovativ – ein neues an-
schaffen, wenn ich mich hauptsächlich in Umweltzonen
bewege?


(Patrick Döring [FDP]: Es berät Sie der Abgeordnete Storjohann! – Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Bei eurer Politik kann man sich ja kein neues Auto leisten! Ihr lasst einem ja nichts!)


Das ist ein Anreiz, ein überlegenswerter Punkt. Insofern
kann jeder selbst bestimmen, ob er das Risiko eingeht, in
eine Umweltzone ohne Plakette oder mit einem Fahr-
zeug, das dafür nicht geeignet ist, zu fahren.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Erst die Steuern erhöhen, dass es kracht, und sich dann wundern, dass keiner mehr neue Autos kauft! – Gegenruf des Abg. Christian Carstensen [SPD]: Nur weil ihr eure Oldtimer nicht abwracken wollt!)


Meine Damen und Herren, wer, wie die FDP, jetzt be-
hauptet, dass 20 Euro als Strafe ausreichend seien, dem
muss ich sagen, dass es bei den Einfahrtverboten, wie
Sie, Herr Döring, das hier vorgetragen haben, durchaus
Unterschiede gibt. Sie begehen eine größere Verkehrsge-
fährdung, wenn Sie in eine Einbahnstraße falsch hinein-
fahren. Deswegen wird das geahndet.


(Patrick Döring [FDP]: Aber es gibt keinen Punkt!)


Dann bekommen Sie einen Punkt.


(Patrick Döring [FDP]: Wenn Sie verkehrt in die Einbahnstraße fahren, kriegen Sie keinen Punkt!)


– Gut, dann bekommen Sie keinen Punkt. – Es handelt
sich aber um eine erhöhte Gefährdung, wenn Sie nicht
mit einem vernünftigen Fahrzeug und entsprechendem
Motor in eine Umweltzone hineinfahren. Sie gefährden
die Umwelt, die Mitmenschen. Wenn das Verhalten der

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(C (D enschen generell verändert werden soll, dann müssen inweise gegeben werden. Dieser Bußgeldkatalog ist as entsprechende Instrument. Wenn die Menschen sich icht daran halten, wird das geahndet. Wir hoffen auf die ernunft der Menschen. Die jetzige Regelung im Bußgeldkatalog ist also zur urchsetzung des geltenden Rechts geeignet und erforerlich. Wir halten ihn auch für angemessen. Wer etwas nderes will, muss einen Vorschlag machen, wie er das erhalten der Menschen dann ändern will. (Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Ich schlage vor, dass der Hausbesitzer mit offenem Kamin und einem Auto auch noch einen Punkt kriegt, wenn er den Kamin anzündet!)


erzeit haben wir Umweltzonen, und wir möchten, dass
ich die Menschen daran halten. Wenn wir als Politiker
egeln aufstellen, ist die Frage, wie wir es bewirken
önnen, dass sich die Menschen daran halten. Freiwillig
eschieht das nämlich nicht.


(Patrick Döring [FDP]: Wer mit einem Pkw in eine Fußgängerzone fährt, kriegt keinen Punkt! Das ist doch abenteuerlich!)


s stellt sich die Frage, ob sie sich bei einer Strafe von
0 Euro eher daran halten oder nicht. Daher denke ich,
as, was Sie hier vorschlagen, ist keine Lösung.

Die Einführungsphase ist vorbei. Wir werden jetzt
uch weniger Verstöße feststellen. Deswegen empfehle
uch ich meiner Fraktion, Ihren Antrag an den Aus-
chuss zu überweisen. Dort werden wir uns sehr kritisch
it ihm beschäftigen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1620216100

Das Wort hat nun Lutz Heilmann für die Fraktion Die

inke.


(Beifall bei der LINKEN)



Lutz Heilmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620216200

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

DP befindet sich auf einem Kreuzzug gegen Umwelt-
onen als vermeintliche Hüterin des Heiligen Grals der
utolobby – freie Fahrt für freie Bürger. Kaum ein Mo-
at vergeht, in dem die FDP nicht eine Ausnahmerege-
ung für irgendeine Gruppe fordert.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: So ein Quatsch auf hohem Niveau!)


rst waren es die Oldtimer, dann die Reisebusse, und
etzt ist es das Bußgeld selbst. Wenn die FDP damit Er-
olg hätte, sähe die Umweltzone bald aus wie ein
chweizer Käse. Aushöhlen, bis nichts mehr davon üb-
ig ist, ist offenbar Ihr Ziel. Aber dann lamentieren,
enn wir von der EU die Rote Karte bekommen!


(Patrick Döring [FDP]: Es geht um Verhältnismäßigkeit bei der Bestrafung!)


Dabei geht es bei den Umweltzonen um nicht wenig.
s geht um den Schutz der Gesundheit der Menschen






(A) )



(B) )


Lutz Heilmann
durch die Verbesserung der Luft. Nach Auffassung der
Linken ist das Recht auf saubere Luft ein Menschen-
recht, ein Grundrecht.


(Patrick Döring [FDP]: Das bestreitet doch gar keiner!)


Wir haben als Gesetzgeber die Pflicht zum Handeln.


(Patrick Döring [FDP]: Das bestreitet auch keiner!)


Das hat uns der Europäische Gerichtshof letztes Jahr
noch einmal ganz deutlich aufgegeben.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Alles unstrittig, Herr Heilmann! Sie haben es nicht gerafft!)


Mit seiner Entscheidung vom 25. Juli des vergangenen
Jahres hat er das Recht der Menschen auf saubere Luft
gestärkt. Das dürfte auch Ihnen bekannt sein.


(Beifall bei der LINKEN – Patrick Döring [FDP]: Wir führen keine Umweltzonendebatte, falls Sie es noch nicht gemerkt haben!)


– Warum stellen Sie dann permanent Anträge, die darauf
ausgerichtet sind, die Umweltzone ad absurdum zu füh-
ren?


(Patrick Döring [FDP]: Überhaupt nicht! Sie haben den Antrag entweder nicht gelesen oder nicht verstanden!)


Wir haben uns in Deutschland für die Einrichtung von
Umweltzonen entschieden. Ich bin dafür, dass wir ge-
meinsam dafür sorgen, dass die Umweltzonen effektiv
ausgestaltet werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, Sie re-
den viel von Nachhaltigkeit und Generationengerechtig-
keit.


(Christian Carstensen [SPD]: Machen die doch gar nicht!)


Aber was machen Sie? Mit Ihrem Kreuzzug gegen die
Umweltzonen vergeben Sie eine Chance, etwas für un-
sere Kinder und Enkel zu tun, deren Gesundheit zu
schützen und nicht zu gefährden.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Oh Gott!)


Umweltzonen haben noch einen zusätzlichen Effekt.
Sie setzen Impulse für Handwerk und Handel. Warum?
Etliche Fahrzeuge erfüllen die Anforderungen hinsicht-
lich der Umweltzonen nicht; das ist uns bekannt. Diese
Autos umweltzonentauglich zu machen oder zu ersetzen,
bringt einiges an Arbeit für unsere Kfz-Werkstätten oder
auch für den Handel, falls man sich entscheidet, ein
neues Auto zu kaufen.

Erlauben Sie mir, auf den FDP-Antrag mit dem Titel
„Bußgeldkatalog bei Umweltzonen ändern – Zurück zur
Verhältnismäßigkeit“ zurückzukommen. Ich möchte da-
rauf verzichten, hier über den Grundsatz der Verhältnis-
mäßigkeit zu debattieren. Das würde meine Redezeit
sprengen.

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(C (D (Patrick Döring [FDP]: Das hat Ihnen Ihr Referent nicht aufgeschrieben!)


ber ich frage Sie: Was ist denn an dem Bußgeld in
öhe von 40 Euro unverhältnismäßig?


(Patrick Döring [FDP]: Der Punkt ist unverhältnismäßig!)


um Vergleich: Für einen Verstoß gegen das Sonntags-
nd Feiertagsfahrverbot für Lkws werden 40 bis
00 Euro fällig. Bei Gefährdung der Umwelt durch den
ransport gefährlicher Güter auf gesperrten Straßen wer-
en 100 Euro fällig.


(Patrick Döring [FDP]: Weil ein wirtschaftlicher Vorteil damit verbunden ist! Das wissen Sie doch!)


Ich bitte Sie, Herr Kollege: Ist es kein Vorteil, dass wir
nsere Kinder und die Menschen in den Städten vor
einstaub schützen?


(Patrick Döring [FDP]: Keine Ahnung auf hohem Niveau!)


ch frage Sie deshalb noch einmal: Was ist an den
0 Euro unverhältnismäßig?

Sie behaupten, dass Auswärtige nicht über die Um-
eltzone Bescheid wüssten. Ich muss da dem Kollegen
torjohann von der CDU/CSU – ich tue das nur ungern –
usnahmsweise zustimmen,


(Christian Carstensen [SPD]: Oh! Da hat der aber was falsch gemacht!)


eil ich mit ihm inhaltlich übereinstimme: Unwissenheit
chützt nicht vor Strafe. Das sage ich Ihnen als ausgebil-
eter Jurist. Die Hinweisschilder sind so groß und so
eutlich sichtbar, dass man sie gar nicht übersehen kann.


(Patrick Döring [FDP]: Wo soll denn jemand am Samstagnachmittag eine Plakette bekommen? Das ist doch lebensfremd!)


rößtenteils weisen Reiseveranstalter und Hotels darauf
in, dass es Umweltzonen gibt. In Berlin sind die Hotels
ogar dabei behilflich, fehlende Plaketten zu besorgen.

Es ist richtig, dass es Probleme gibt. Das bestreitet
einer. Probleme gibt es insbesondere bei der Nachrüs-
ung von Autos. Die Bundesregierung ist jetzt angesichts
er Tatsache gefordert, dass Filter fehlen oder Schrottfil-
er verkauft wurden. Ich erspare mir jetzt Bemerkungen
um Filterskandal, den wir im Hause und in den Aus-
chüssen hinreichend debattiert haben. Das mache ich
eim nächsten Mal, wenn die Bundesregierung meine
nfrage beantwortet hat. Mit Ruhm hat sich die Bundes-

egierung bei dem Thema weiß Gott nicht bekleckert.
ie Zahlen der ausgetauschten Filter machen dies deut-

ich. Hier werden Probleme vertuscht und nicht bewäl-
igt.

Die Probleme müssen freilich gelöst werden. Falsch
st es, Umweltzonen abzuschaffen. Das wird mit der Lin-
en nicht zu machen sein. Deshalb fordert die Linke:
rstens den Austausch aller Schrottfilter und Entzug der
etriebserlaubnisse, um dafür einen wirksamen Anreiz






(A) )



(B) )


Lutz Heilmann
zu setzen; zweitens die Verlängerung der Förderdauer
zur Nachrüstung bei Pkw über das Jahr 2009 hinaus so-
wie eine Differenzierung und Erhöhung der Förder-
summe; drittens Förderprogramme zur Umrüstung von
Lkws und Reisebussen;


(Dr. Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Darum geht es doch gar nicht!)


viertens Ausnahmeregelungen zur Abfederung von Här-
tefällen, solange es keine wirksamen Filtersysteme gibt.
Das sind die Forderungen der Linken.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1620216300

Herr Kollege, Sie müssen zum Schluss kommen.


Lutz Heilmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620216400

Solange diese Forderungen nicht erfüllt sind, werden

wir jegliche Debatten über Umweltzonen ablehnen.
Selbstverständlich lehnen wir auch den Antrag der FDP
ab.


(Beifall bei der LINKEN – Patrick Döring [FDP]: Dann hätten Sie Ihre Redezeit auch spenden können!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1620216500

Das Wort hat nun Kollegin Rita Schwarzelühr-Sutter

für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD):
Rede ID: ID1620216600

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Sehr geehrte Damen und Herren! An dem Titel Ihres An-
trags „Bußgeldkatalog bei Umweltzonen ändern – Zu-
rück zur Verhältnismäßigkeit“ gefällt mir ganz beson-
ders, dass Sie zur Verhältnismäßigkeit zurückkehren
wollen. Ich möchte Sie im Gegenzug auffordern: Kom-
men Sie auf den Boden der Tatsachen zurück! Ich emp-
finde es nämlich als unverhältnismäßig, wie Sie uns hier
mit Anträgen zuschütten, in denen Sie versuchen, Um-
weltzonen zu umgehen und Ihre Klientel bei Laune zu
halten, indem Sie sie in ihrer Auffassung, dass Umwelt-
zonen nichts bewirken, immer wieder bestärken.


(Beifall bei der SPD – Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Im Gegensatz zu euch sind wir langsam Volkspartei! Das wollen wir einmal festhalten! Ihr wisst ja nicht einmal mehr, was eine Klientel ist!)


Angesichts der Tatsache, dass die EU-Kommission eine
Buße androht, muss man schon fragen: Was ist denn Ihre
Alternative, um die Feinstaubbelastung zu reduzieren?


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Was ihr macht, hilft offensichtlich auch nicht!)


Unverhältnismäßig finde ich auch, dass die FDP Aus-
nahmeregelungen für alle möglichen Fahrzeuge fordert
oder das Bußgeld heruntersetzen will, obwohl die Um-
weltzonen zum Schutz der Anwohnerinnen und Anwoh-
ner vor Feinstaub eingerichtet worden sind.



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(C (D (Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Sie nützen nur nichts!)


Darauf komme ich noch. Hören Sie mir erst einmal zu!


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1620216700

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

ollegen Kauch?


Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD):
Rede ID: ID1620216800

Nein.


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Iris Gleicke [SPD]: Klare Antwort!)


Klare Ansage.

Sie vergessen, welche Auswirkungen diese Fein-
taubbelastung hat. Sie vergleichen das mit einer Ein-
ahnstraße und wissen ganz genau, welche gesundheitli-
hen Belastungen Feinstaub mit sich bringt:
temwegserkrankungen,


(Patrick Döring [FDP]: Das ist nicht Teil des Antrags! – Gegenruf des Abg. Christian Carstensen [SPD]: Aber das Ergebnis!)


unahme der Sterblichkeit. Wie sieht das eigentlich Ihre
eauftragte für die Kinderkommission? Es sind doch ge-

ade die Kinder in den Städten, die unter Feinstaub lei-
en, wenn Sie hier Ausnahmen zulassen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Es wurde bisher eine Menge an Umweltzonen einge-
ichtet, angefangen in Berlin, Hannover und Köln zu
ahresbeginn 2008. Es folgten weitere. Manche wie
tuttgart haben sogar ein Lkw-Durchfahrverbot. In der
wischenzeit gibt es Umweltzonen in 30 Städten. Nach
ieser kurzen Zeit – der Zeitraum beträgt erst ein Jahr; es
ind noch nicht einmal alle Umweltzonen eingerichtet –
agt sogar der Städtetag, dass Umweltzonen wirken. Das
st die erste Zwischenbilanz. Berlin sagt, man habe gute
rfahrungen mit der Einrichtung einer Umweltzone ge-
acht.


(Ingo Schmitt [Berlin] [CDU/CSU]: Wer sagt das?)


reckschleudern mit besonders hohen Emissionen müs-
en draußen bleiben.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Deswegen sind die kommunalen Fahrzeuge nämlich mit modernsten Aggregaten ausgerüstet! Die dürfen alle hineinfahren!)


ach jüngsten Untersuchungen steht schon heute fest,
ass die Berliner Fahrzeugflotte sauberer geworden ist.
ch habe immer gedacht, die FDP interessiere sich für
ie Wirtschaft und für Wirtschaftsförderung. Sie müsste
och ein Interesse daran haben, dass vermehrt innova-
ive, emissionsarme Fahrzeuge auf den Markt kommen.






(A) )



(B) )


Rita Schwarzelühr-Sutter

(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das verhindert ihr ja mit eurer Politik am laufenden Band! Das ist ja das Problem! – Patrick Döring [FDP]: Thema verfehlt! Sechs! Das ist nicht die Frage! Der Antrag hat ein anderes Thema! Sie weigern sich, das zu diskutieren! – Gegenruf des Abg. Christian Carstensen [SPD]: Ihr habt ein Ergebnis mit eurem Antrag! Das ist klar!)


– Ihr Antrag zielt darauf ab, über eine Hintertür Umwelt-
zonen auszuhebeln.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sie wissen ganz genau, welche Auswirkungen mit der
Einführung von Umweltzonen verbunden sind. Man er-
wartet in der ersten Stufe eine 2-prozentige Verminde-
rung der Emissionen und eine Reduzierung der Über-
schreitungstage um fünf Tage. In der zweiten Phase,
wenn nur noch Fahrzeuge mit einer grünen Plakette in
die entsprechenden Zonen fahren dürfen, erwartet man
eine Verminderung von 10 Prozent und eine Reduzie-
rung der Überschreitungstage um 25 Tage.


(Zuruf des Abg. Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP])


– Hören Sie doch einfach einmal zu! Vielleicht haben
dann auch Sie einen Erkenntnisgewinn.


(Patrick Döring [FDP]: Sie diskutieren ja nicht über das Thema, das wir beantragt haben!)


Wissen Sie eigentlich, dass wir seit den 90er-Jahren
im Zusammenhang mit Smog eine Bußgeldkatalogver-
ordnung haben? Für eine Missachtung von Fahrverboten
wurde damals ein Bußgeld von 80 DM vorgesehen. So
weit müsste Ihr Erinnerungsvermögen noch vorhanden
sein.


(Heiterkeit des Abg. Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Jetzt sind es 40 Euro.

Wir wissen ja, wie es im Alltag mit Selbstverpflich-
tungen ist: Wer hält sich daran? Ich finde es ganz sinn-
voll, dass man im Verkehrszentralregister einen Punkt
bekommt, wenn man gegen das Verbot der Einfahrt in
die Umweltzone verstößt. Wenn man das nämlich nicht
macht, dann hält sich auch keiner an dieses Verbot. Wer
das Verbot einmal umgeht und eine Buße von nur
20 Euro zahlen muss, wird es auch ein zweites Mal ma-
chen. Dies ist dann sehr wohl eine Umgehung unseres
Ziels, die Städte von Feinstaub zu entlasten.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die Deutschen haben in der Zwischenzeit durch die
Medien mitbekommen, dass es in bestimmten Städten
Umweltzonen gibt. Ich hätte gedacht, Sie schlagen statt
einer Reduzierung der Buße die Benutzung des ÖPNV in
den großen Städten vor, der dort gut funktioniert. Aber
nichts dergleichen ist der Fall.

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(C (D Auch die Touristen, die nach Deutschland fahren, haen in ihren Ländern Umweltzonen. Für sie gilt dieselbe U-Luftreinhalterichtlinie wie für uns. (Patrick Döring [FDP]: In keinem europäischen Land gibt bisher es Umweltzonen! Das wissen Sie doch!)


Herr Döring, es gibt in den Städten anderer Länder
ow Emission Zones. Schauen Sie einmal im Internet
ach. Dort heißt es nämlich: „Why low emission zo-
es?“


(Patrick Döring [FDP]: Aber kein Plakettensystem, wie wir es haben! Sie wissen es! Sie weigern sich, die Wirklichkeit zur Kenntnis zu nehmen! – Gegenruf des Abg. Christian Carstensen [SPD]: Aber es heißt dort nicht „Umweltzone“! Deswegen hat Patrick Döring das nicht verstanden!)


Health! In short, pollution kills.“ Ich denke, in jedem
eiseführer steht, dass wir eine Plakettenpflicht haben,
ie ebenso darin steht, dass es in Berlin einen Fernseh-

urm gibt. Das gehört dazu. Man kann die Plakette online
estellen; man kann sie bei den Fahrzeughändlern, in
en Werkstätten – es gibt 30 000 –, in Zulassungsstellen
nd bei den Technischen Überwachungs-Vereinen kau-
en. Kommen Sie zurück auf den Boden der Realität und
ur Verhältnismäßigkeit! Ich erwarte – ich freue mich
arauf –, dass Sie einmal einen Antrag zur Bekämpfung
es Feinstaubs an der Quelle vorlegen und dazu gute
orschläge auf den Markt bringen.

Danke.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1620216900

Das Wort hat der Kollege Anton Hofreiter für die

raktion Bündnis 90/Die Grünen.


Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620217000

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Manche Debatten hier im Hause verblüffen
inen schon: Es werden Themen ganz unterschiedlicher
ichtigkeit verhandelt, und bei manchen Themen kom-
en dann richtig die Emotionen hoch. Interessanter-
eise kommen bei der FDP die Emotionen dann hoch,
enn es darum geht, einen Bußgeldkatalog zu verän-
ern. Dies empfinde ich als mehr als verblüffend.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Patrick Döring [FDP]: Emotionen kommen hoch, wenn man unsere Argumente nicht zur Kenntnis nimmt!)


Die Argumente der FDP werden zur Kenntnis genom-
en.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Und abgelehnt!)


ber das Tragische ist, dass die FDP grundlegende Zu-
ammenhänge nicht versteht.






(A) )



(B) )


Dr. Anton Hofreiter
Eine Umweltzone wirkt dann, wenn Autos, die erheb-
liche Mengen an Feinstaub abgeben, die sogenannten
Stinker, nicht in die Umweltzone einfahren dürfen. Jetzt
wissen wir: Nicht alle Menschen sind so gesetzestreu
wie die hier Versammelten.


(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der SPD)


Deshalb hat der Gesetzgeber für Übertretungen Strafen
vorgesehen. Diese Strafen müssen eine Wirkung haben.
Wenn ich ohne Plakette in eine Umweltzone einfahren
kann und dafür nur 20 Euro zahlen muss und somit kei-
nen Punkt bekomme, dann lohnt es sich in vielen Fällen,
das Verbot immer wieder zu übertreten, anstatt das Auto
nachzurüsten, auf den ÖPNV umzusteigen oder sich
vielleicht ein neues Auto zu kaufen. Damit ist der Zu-
sammenhang zwischen dem, was die Kollegin und die
Kollegen der anderen Fraktionen dargelegt haben, klar
hergestellt. Es gibt einen Zusammenhang zwischen ge-
sundheitlichen Gefährdungen und dem Bußgeldkatalog.
Wenn ich eine Regelung erlasse und das Bußgeld so fest-
setze, dass sich niemand bemüßigt fühlt, sich an diese
Regelung zu halten, dann kann ich diese Regelung auch
sein lassen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Diesen Zusammenhang haben Ihnen die Kollegin und
die Kollegen der anderen Fraktionen mehr oder weniger
redegewandt zu erklären versucht. Durch Ihre Zwischen-
rufe haben Sie aber bewiesen, dass Sie es nicht verstan-
den haben. Das ist das Problem, und das verblüfft mich,
weil Sie im Ausschuss manchmal viel geschickter sind.

Da dies jetzt der dritte Antrag ist, mit dem Umweltzo-
nen ausgehebelt werden sollen, würde mich von der FDP
Folgendes interessieren: Sie haben am Anfang davon ge-
sprochen, dass auch Sie die Menschen vor Feinstaub
schützen wollen, und dann haben Sie, Herr Döring, zu
diesem Thema beredt geschwiegen. Wir freuen uns also
darauf, von Ihnen im Verkehrsausschuss einmal etwas
Konstruktives zum Schutz der Menschen vor Feinstaub
zu hören.

Man muss zwar nicht immer glauben, was an Ergeb-
nissen auf europäischer Ebene bekannt gegeben wird.
Aber es gibt eine Untersuchung, die besagt, dass rein
rechnerisch in Europa aufgrund von Feinstaubbelastung
im Straßenraum pro Jahr über 300 000 vorzeitige Todes-
fälle zu verzeichnen seien. Das ist eine gigantische Zahl,
die auf den ersten Blick kaum glaubwürdig wirkt.


(Patrick Döring [FDP]: Es kommt darauf an, woher der Feinstaub kommt! Verkehr ist nicht die Hauptquelle, darin sind wir uns doch einig!)


In Deutschland sind es rechnerisch immer noch mehrere
Zehntausend vorzeitige Todesfälle. Was man aus dieser
Studie aber auf alle Fälle erkennen kann, ist, dass es sich
um ein gravierendes Problem handelt. Natürlich ist die
Umweltzone nicht die komplette Lösung für all diese
Probleme. Aber sie ist ein Teil der Lösung. Um diesen

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(C (D eil der Lösung wirkungsvoll werden zu lassen, brauhen wir einen sinnvollen Bußgeldkatalog. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1620217100

Ich schließe die Aussprache. Interfraktionell wird die

berweisung der Vorlage auf Drucksache 16/10313 an
ie in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorge-
chlagen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist offen-
ichtlich so der Fall. Dann ist die Überweisung so be-
chlossen.

Ich rufe nun die Tagesordnungspunkte 8 a und 8 b
uf:

a) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur
Änderung des Umsatzsteuergesetzes

– Drucksache 16/11340 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Haushaltsausschuss

b) Erste Beratung des von den Abgeordneten
Gudrun Kopp, Jens Ackermann, Dr. Karl
Addicks, weiteren Abgeordneten und der Frak-
tion der FDP eingebrachten Entwurfs eines
… Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuer-
gesetzes

– Drucksache 16/11674 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
einen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Kollegin
ydia Westrich für die SPD-Fraktion.


Lydia Westrich (SPD):
Rede ID: ID1620217200

Vielen Dank, Herr Präsident. – Liebe Kolleginnen

nd Kollegen! Nach einer großen Studie nehmen
3 Prozent der Bevölkerung der Europäischen Union
ostdienstleistungen in Anspruch. Das ist das drittgrößte
nfrastrukturbedürfnis der Menschen nach der Wasser-
nd Abwasserversorgung. Damit ist klar, dass diese
eistungen einen wichtigen Teil der Daseinsvorsorge
arstellen. Es liegt im allgemeinen Interesse, sie flächen-
eckend und kostengünstig bereitzuhalten, und zwar zu
ormierten Preisen.

Die Bürgerinnen und Bürger haben einen Anspruch
uf ein öffentliches Postnetz, das als Universaldienst zur
erfügung steht. Dieses Netz muss keineswegs staatlich
ein; es muss lediglich die dem Allgemeinwohl dienen-
en Leistungen zuverlässig erbringen. Die Universal-
ienstleistungen sollen zwar kostenorientiert, aber trotz-






(A) )



(B) )


Lydia Westrich
dem zu erschwinglichen Preisen angeboten werden und
von den Inseln bis zu den Bergdörfern die gleiche Quali-
tät haben. Wir wollen in ländlichen Gebieten, wo ich
herkomme, genauso gut und zu den gleichen Preisen
versorgt werden wie die Menschen in den Großstädten.
Eine Belastung dieser notwendigen Dienstleistungen
durch die Erhebung von Mehrwertsteuer steht der gebo-
tenen Daseinsvorsorge entgegen.

Der vorliegende Gesetzentwurf der Bundesregierung
ist geeignet, um die Bedürfnisse unserer Bürgerinnen
und Bürger weiterhin kostengünstig zu befriedigen.


(Beifall bei der SPD)


Die Regelung zur Steuerbefreiung, die bisher nur für die
Deutsche Post AG galt, wird für alle Anbieter geöffnet,
die die Universaldienstleistungen in gleicher Qualität
flächendeckend und kostengünstig aus einer Hand anbie-
ten können. Das ist der richtige Weg. Unser Gesetzent-
wurf ist daher besser als der Entwurf der FDP-Fraktion,
Herr Wissing, weil dieser die Belastung aller Postdienst-
leistungen mit der Mehrwertsteuer und damit die Verteue-
rung der Leistungen vorsieht.


(Dr. Volker Wissing [FDP]: Das ist doch schon am teuersten in Deutschland!)


Die Liberalisierung des Postmarktes ist in Deutsch-
land schon weit fortgeschritten. Exklusivlizenzen und
Verpflichtungen sind weggefallen. Vor zwei Jahren, als
FDP und Bündnis 90/Die Grünen schon einmal diese
Dienstleistungen mit der Mehrwertsteuer belegen woll-
ten, haben wir uns noch in einem anderen Umfeld be-
wegt. Damals galt der Verpflichtungsauftrag für die
Deutsche Post AG und die dadurch berechtigte Befrei-
ung von der Mehrwertsteuer. Das ist nun alles weggefal-
len. Wir hatten Zeit, um zu überlegen und darüber zu
diskutieren, wie wir den Service für die Bürger am bes-
ten gewährleisten können.

Die FDP-Fraktion fährt in ihrem Gesetzentwurf die
pure, harte Wettbewerbslinie. Der von den Koalitions-
fraktionen unterstützte Gesetzentwurf bietet Chancen.
Wir räumen allen Unternehmen die Möglichkeit ein,
diese Universalleistungen flächendeckend aus einer
Hand für die Menschen zu erbringen. Wir werden diese
Chance nicht durch das Geschenk einer Mehrwertsteuer-
belastung erschweren. Wir fordern den Nachweis, dass
die entsprechenden Unternehmen die Bedürfnisse der
Daseinsvorsorge im postalischen Bereich erfüllen kön-
nen. Wenn, wie in der bereits erwähnten EU-Studie an-
geführt, so viele Menschen Postdienstleistungen in An-
spruch nehmen, ist das ein durchaus lohnender Markt
mit ganz großen Chancen.

Mir ist wichtig, dass die Menschen die Sicherheit ha-
ben, alles in erreichbarer Nähe aus einer Hand zu be-
kommen. Die Erfüllung von Daseinsvorsorgepflichten
bedeutet, dass man nicht mühsam herausfinden muss,
wer welche Leistungen anbietet. Es muss einen Anbieter
für alle Universaldienstleistungen geben, um die flä-
chendeckende Sicherheit für alle Bürger zu tragbaren
Preisen zu gewährleisten.

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(C (D (Beifall bei der SPD – Dr. Volker Wissing [FDP]: So kann man ein Monopol auch rechtfertigen!)


ur die Erfüllung dieser Kriterien – überall, bezahlbar
nd zu einer bestimmten Qualität – ist Grund für die
ehrwertsteuerbefreiung. Eine Steuerbefreiung allein

ür Dienstleistungen bietet diese Sicherheit nicht, und
ine gänzliche Steuerbelastung, wie sie im FDP-Entwurf
efordert wird, sowieso nicht. Nicht ohne Grund warnen
ie kommunalen Spitzenverbände unisono davor, die
ost-Universaldienstleistungen allein den Wirtschaftsin-

eressen der Marktteilnehmer unterzuordnen; denn dies
ürde eine Unterversorgung der Bevölkerung bedeuten.

Den Spitzenverbänden ebenso wie vielen in der SPD-
raktion gefällt auch nicht, dass die bisher gewohnten
ost-Universaldienstleistungen nun auch im Gesetzent-
urf der Bundesregierung auf die europäischen Mini-
alforderungen heruntergefahren wurden. Aber wir
erden in der Anhörung mit den Sachverständigen und

n den nachfolgenden Beratungen noch genügend Zeit
aben, gute Lösungen zu finden.

Ich halte diesen Gesetzentwurf für eine gute Chance
ür Unternehmen, die ich jedem gönne, nicht nur der
ost. Allerdings will ich mit einer Steuerbefreiung keine
eschäftsidee unterstützen, die ihren Erfolg nur darauf
ründet, Menschen für Niedrigstlöhne für sich arbeiten
u lassen.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Norbert Schindler [CDU/CSU])


Eines muss man dem FDP-Entwurf lassen:


(Dr. Volker Wissing [FDP]: Er ist besser als Ihrer!)


enn Sie schon befürworten, dass durch Niedrigstlöhne
ie Daseinsvorsorge für unsere Bürger gewährleistet
erden soll,


(Heinz-Peter Haustein [FDP]: Nein! Nicht durch Niedrigstlöhne!)


ann schlagen Sie wenigstens die Mehrwertsteuer drauf,
on der wir dann die ergänzenden Hartz-IV-Leistungen
ezahlen können.


(Heinz-Peter Haustein [FDP]: Das ist mir neu!)


ls Sozialdemokratin habe ich es aber lieber umgekehrt:
rdentliche Löhne und Mehrwertsteuerbefreiung für die
ostalischen Dienstleistungen, die die Menschen auch in
en entlegenen und schwach besiedelten Gebieten drin-
end brauchen. Das wird von den Koalitionsfraktionen
ach unseren Beratungen mit der Verabschiedung dieses
esetzentwurfs geleistet.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1620217300

Das Wort hat nun Kollege Volker Wissing, FDP-Frak-

ion.


(Beifall bei der FDP)







(A) )



(B) )


Dr. Volker Wissing (FDP):
Rede ID: ID1620217400

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Dass die SPD so argumentiert, wundert mich nicht. Aber
ich will mich einmal der CDU/CSU zuwenden.
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, Mindestlöhne,
ALG II – es gibt doch inzwischen kaum noch einen Be-
reich, in dem die Union nicht umgefallen ist.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Ja!)


Wo heute Union draufsteht, ist nur noch ordnungspoliti-
scher Wackelpudding drin.


(Beifall bei der FDP)


Ihr Gesetzentwurf zur Umsatzsteuerbefreiung der
Post AG ist ein weiterer ordnungspolitischer Sündenfall.
Sie schreiben, Sie wollen eine „Umsatzsteuerbefreiung
für alle Unternehmer, die Post-Universaldienstleistungen
insgesamt, tatsächlich flächendeckend und zu einem er-
schwinglichen Preis anbieten“. Ehrlicher wäre es gewe-
sen, von vornherein klar zu sagen: Wir wollen die Privi-
legierung der Deutschen Post AG, um sie dauerhaft vor
privater Konkurrenz zu schützen. Es wäre ehrlich gewe-
sen, wenn Sie das in ihren Gesetzentwurf geschrieben
hätten.


(Beifall bei der FDP – Lydia Westrich [SPD]: Das ist Unfug!)


Sie legen hier heute einen Gesetzentwurf vor, der eine
gigantische staatliche Wettbewerbsverzerrung vorsieht.
Die Postpolitik der Großen Koalition hat bisher immer
nur ein Ziel gehabt: den Monopolisten hätscheln und
seine private Konkurrenz zerschlagen.


(Heinz-Peter Haustein [FDP]: Genau so ist es!)


Das ist der Geist Ihres Gesetzentwurfes.


(Beifall bei der FDP)


Es ist schon ein einmaliger Vorgang, wie sich CDU/CSU
und SPD zum Büttel eines einzelnen Unternehmens in
Deutschland machen. Ihre scheinheilige Begründung,
liebe Kollegin Westrich, ist ungeheuerlich.


(Lydia Westrich [SPD]: Was? – Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Quatsch!)


Wenn Sie ehrlich wären, würden Sie sagen: Wir wollen
diesen Monopolisten schützen; wir wollen nicht, dass
private Konkurrenz entsteht. – Aber den Preis dafür zah-
len die Bürgerinnen und Bürger mit völlig überhöhten
Preisen.


(Beifall bei der FDP – Klaus Barthel [SPD]: Durch die Mehrwertsteuer wird es billiger, oder was?)


Zuerst haben Sie einen Mindestlohn eingeführt und
damit die private Konkurrenz der Post plattgemacht.
57 Unternehmen mit 6 000 Arbeitsplätzen hat diese Ko-
alition damit bereits vernichtet. Es grenzt an Zynismus,
wenn die Bundesregierung auf eine parlamentarische
Anfrage der FDP antwortet, dass den ehemaligen Be-
schäftigten der privaten Postdienste nunmehr die Instru-
mente der Arbeitsmarktpolitik zur Verfügung stehen.

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(C (D ein Mitarbeiter der Post bekommt durch Ihren Minestlohn einen Cent mehr, aber Tausende Mitarbeiterinen und Mitarbeiter der privaten Postdienste verlieren hre Arbeit. Die Existenz Tausender Arbeitsloser ist der ollateralschaden Ihrer Politik. hre Mindestlohnpolitik hat nicht zu höheren Löhnen, ondern zu höherer Arbeitslosigkeit geführt. Ihr Motto st offenbar: Besser gar kein Lohn als ein Lohn unter em staatlich festgesetzten Mindestlohn. – Diese Politik ar damals falsch; sie ist auch heute falsch und hat graierende Auswirkungen. Mit der für die Deutsche Post aßgeschneiderten Umsatzsteuerbefreiung setzen Sie em noch eines drauf. Damit verhindern Sie dauerhaft ie Entstehung neuer Arbeitsplätze. (Beifall bei der FDP – Klaus Barthel [SPD]: So ein Unsinn!)


(Beifall bei der FDP)


Es ist mehr als fraglich, ob die Konjunkturpakete, die
ie derzeit in Serie auflegen, auch nur ansatzweise so
iel Beschäftigung sichern können, wie Sie durch Ihre
olitik in Deutschland vernichtet haben.


(Lydia Westrich [SPD]: Bei 3,50 Euro Stundenlohn! Mein lieber Mann!)


er Bundesfinanzminister legt der deutschen Wirtschaft
it Zinsschranke, Funktionsverlagerung und Hinzurech-

ungsbesteuerung in schwierigen Zeiten eiskalt Fesseln
n. Angeblich braucht er jeden Cent Steuereinnahmen.
ur bei der Post ist er großzügig und verzichtet gerne

uf Millionen. Ich frage Sie: Was haben eigentlich die
ürgerinnen und Bürger von der Umsatzsteuerbefreiung
er Deutschen Post? Die Bürgerinnen und Bürger zahlen
it einem überhöhten Porto dafür, dass die Post in Ame-

ika investieren kann. Das ist die Realität. Das unterstüt-
en Sie mit Ihrem Gesetzentwurf.


(Beifall bei der FDP)


Die Folge wird sein, dass die Portokosten in Deutsch-
and auch künftig europaweit am höchsten sind. In ande-
en Ländern wird ein Brief für 19 Cent befördert. Die
ost verlangt fast das Dreifache. Sie sorgen dafür, dass
eine Konkurrenz entsteht. Sie sichern bei den Post-
ienstleistungen Monopolpreise, fordern hier aber
cheinheilig, die Preise durch Steuersenkungen im Inte-
esse der Menschen zu senken.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Und Sie sorgen für Steuererhöhungen!)


n Wahrheit sorgen Sie für überhöhte Preise, indem Sie
en Wettbewerb auf dem Postmarkt zerstören.


(Beifall bei der FDP)


Die Union macht diese Politik Schritt für Schritt mit.
ie nicken alles ab. Das ist ungeheuerlich. Mit Ord-
ungspolitik und sozialer Marktwirtschaft hat der Ge-
etzentwurf, den sie vorlegen, nichts, aber auch gar
ichts mehr zu tun. Sie, die Christdemokraten, haben
eute die Chance, ein Signal für Wettbewerb und für die
oziale Marktwirtschaft zu senden,






(A) )



(B) )


Dr. Volker Wissing

(Lydia Westrich [SPD]: Und für Dumpinglöhne!)


indem Sie sich für den Gesetzentwurf der FDP ausspre-
chen. Sie könnten den Staatsprotektionismus Ihres Ko-
alitionspartners, der sich für einen Monopolisten ein-
setzt, beenden. Ich bin sicher, dass sich die Menschen in
Deutschland gerade in diesen wirtschaftlich schwierigen
Zeiten freuen würden, wenn neben den Freien Demokra-
ten noch eine andere Fraktion in diesem Hohen Hause
wieder einmal das Wort ergreifen und sich für Wettbe-
werb, soziale Marktwirtschaft und Ordnungspolitik
starkmachen würde.


(Klaus Barthel [SPD]: Was ist an dem, was Sie erzählen, denn sozial?)


Ich fordere Sie auf: Sagen Sie die Wahrheit! Sie wissen
doch genau, dass diese Politik unserem Land schadet.
Sie ist in der aktuellen konjunkturellen Krise unverant-
wortlich. Mit diesem ordnungspolitischen Unsinn, den
Sie verbreiten, schwächen Sie die Bundesrepublik
Deutschland.


(Beifall bei der FDP)


Der Inhalt des Gesetzentwurfes, den Sie uns vorlegen,
widerspricht allen ordnungspolitischen Prinzipien. Wenn
Sie von der Union so weitermachen und Sündenfälle die-
ser Art immer wieder absegnen, dann müssen Sie Ihr
Grundsatzprogramm überarbeiten. Sie sind nämlich ge-
rade dabei, sich selbst zu verleugnen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1620217500

Das Wort hat nun Kollege Norbert Schindler für die

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Norbert Schindler (CDU):
Rede ID: ID1620217600

Einen schönen Tag, meine Damen und Herren, vor al-

lem den Besuchern auf der Tribüne! Lieber Volker
Wissing, eigentlich müsste man fragen: Ist schon Wahl-
kampf?


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Was ist denn Wahlkampf? – Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na klar! Haben Sie das etwa noch nicht bemerkt?)


Da der Kollege gerade richtig losgelegt hat, möchte ich
noch einige Sätze zur Klarstellung sagen. Für die Union
stelle ich fest: Die soziale Marktwirtschaft hat die Bun-
desrepublik Deutschland in den letzten 60 Jahren in Eu-
ropa auf Erfolgskurs gebracht. Ihr von der FDP wart in
dieser Zeit an vielen Regierungen beteiligt.


(Dr. Volker Wissing [FDP]: Ja! Aber jetzt seid ihr dabei, die soziale Marktwirtschaft abzuschaffen!)


Da ihr jetzt die brutale Marktwirtschaft nach amerikani-
schem Vorbild fordert,

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(C (D (Dr. Volker Wissing [FDP]: Wie bitte? Wer macht das denn? – Weiterer Zuruf von der FDP: Oh nein! Immer die gleiche Leier!)


rage ich mich: Was wollt ihr von der FDP eigentlich?
ollt ihr die Steuer überall erheben,


(Dr. Volker Wissing [FDP]: Nein!)


der wollt ihr sie überall abschaffen?


(Dr. Volker Wissing [FDP]: Nein! Was wir wollen, ist Wettbewerb!)


Wir legen heute einen Vorschlag vor, um die Post-
rundversorgung unseres Staates zu sichern. Nach die-

em Vorschlag soll nicht mehr nur der Monopolanbieter
eutsche Post das Privileg der Steuerbefreiung haben.
ieber Volker Wissing, Sie haben diesen Vorschlag mit
er Diskussion über das Konjunkturprogramm verknüpft
nd sich aufgeregt. Sie haben sogar verkündet, wir wür-
en auf diesem Wege 6 000 oder 7 000 Arbeitsplätze
egrationalisieren.


(Dr. Volker Wissing [FDP]: Ja! Das habt ihr doch auch getan! Das sind schließlich die Zahlen der Bundesregierung, eurer Regierung!)


Lieber Freund, stellen wir nüchtern fest – das wird so-
ar vom FDP-Chef anerkannt –: In den letzten drei Jah-
en wurden 2,5 Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Ja, das stimmt! Die sind aber gerade dabei, wieder wegzubrechen!)


ittlerweile ist die Zahl sozialversicherungspflichtig
eschäftigter höher als je zuvor. Übrigens hat die FDP
roßen Teilen des Konjunkturprogramms zugestimmt.
ch finde, das ist durchaus honorig und sollte festgehal-
en werden.

Allerdings hatte die Rede, die wir gerade gehört ha-
en, auch mit Wahlkampf zu tun; denn du, lieber Volker,
ast in Anbetracht der gegenwärtigen Vertrauenskrise in
er Finanzwirtschaft behauptet, die Regierung würde
rbeitsplätze gefährden. Ich möchte dich in einem per-

önlichen, freundschaftlichen Ton darauf hinweisen: Im
anuar ist es mit Sicherheit noch etwas zu früh, um mit
em Bundestagswahlkampf zu beginnen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Wahlkampf ist für uns ein völlig fremdes Wort! Wir wissen gar nicht, was das ist!)


Im Moment hat man den Eindruck, als könntet ihr vor
raft nicht laufen. Euer Parteivorsitzender hatte schon

inmal die „18 Prozent“ auf den Schuhsohlen. Seine
chuhe waren aber schnell abgelaufen. Warten wir erst
inmal das nächste halbe Jahr ab! Ich bin da sehr gelassen.

Wir reden hier über die Änderungen des Umsatzsteu-
rgesetzes auf Bundestagsdrucksache 16/11674. Um was
eht es dabei? Es geht darum, dass die Exklusivlizenz,
ie die Deutsche Post AG zur Beförderung von Briefen
nter 50 Gramm hatte, im Dezember 2007 ausgelaufen
st. Das Monopol der Deutschen Post AG ist damit weg.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Briefgewicht!)







(A) )



(B) )


Norbert Schindler
In der Zwischenzeit sind viele Anbieter, allein oder in
Gemeinschaft, in den Markt eingetreten, welche Post-
dienstleistungen aller Art erbringen. Neben der Beförde-
rung von Briefen über 50 Gramm und Paketen gab es auf
Antrag auch Genehmigungen für die Beförderung von
Briefen unter 50 Gramm. Täglich bekommen wir alle
Briefe nicht nur von der Deutschen Post, sondern auch
von der PIN AG, der Citypost und Pakete von Hermes.
Die Öffnung des Postmarktes ist damit vollzogen, lieber
Volker Wissing.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Mit 19 Prozent Wettbewerbsnachteil! Die zahlen Mehrwertsteuer, die Deutsche Post hingegen nicht! – Dr. Volker Wissing [FDP]: Wir wollen fairen Wettbewerb!)


Ich will der FDP etwas zum Mindestlohn sagen: Ich
habe schon immer etwas dagegen gehabt, dass in
Schlachthöfen in Oldenburg oder sonstwo Osteuropäer
für 1,80 Euro oder 2,90 Euro die Stunde gearbeitet und
damit die deutschen Arbeitskräfte vor Ort verdrängt ha-
ben. Wenn das Wettbewerb am Arbeitsmarkt sein soll,
dann sage ich: Ein unteres Netz muss eingezogen wer-
den.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN – Dr. Volker Wissing [FDP]: Jetzt ist der Schlachthof geschlossen!)


Die Städte und Gemeinden mussten für die arbeitslos ge-
wordenen Deutschen aufkommen. Menschen sind ohne
Not in die Arbeitslosigkeit getrieben worden. Deswegen
brauchen wir für die Löhne ein unteres Netz. So verste-
hen wir die soziale Marktwirtschaft.


(Dr. Volker Wissing [FDP]: Das ist die Sozialdemokratisierung der Union!)


Postdienstleistungen stehen im Wettbewerb um Preis,
Qualität und Zustellgebiet. Die Zustellung von Briefen
oder Paketen ist allerdings keine einfache Dienstleis-
tung. Die förmliche Zustellung mittels Postzustellungs-
urkunde ist Grundlage eines jeden Vollstreckungsverfah-
rens. Auch Liebesbriefe, Postkartengrüße, Einladungen
und Mitteilungen, Urkunden, Gerichtsbescheide, Rech-
nungen und Mahnungen müssen zuverlässig befördert
werden – und sei es bis nach Sylt oder auf die Hallig
Gröde. Wie komme ich auf die Hallig Gröde? Gröde ist
dadurch bekannt geworden, dass die sieben Einwohner,
die wählen dürfen, immer die CDU gewählt haben – bis
eines Tages einer SPD gewählt hat. Da gab es ein großes
Rätselraten auf dieser Hallig.


(Heiterkeit – Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Und jetzt werden sie von der Deutschen Post nicht mehr bedient!)


Dass man flächendeckend, von Aachen bis in den
Oderbruch, Briefe versenden kann, ist eine der Kommu-
nikationsgrundlagen unserer Gesellschaft. Dass alle Uni-
versaldienstleister diese Qualitäten erfüllen müssen, da-
rum geht es heute.


(Dr. Volker Wissing [FDP]: Die Realität ist doch Wettbewerbsverzerrung!)


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(C (D er deutschlandweite Wettbewerb ist gegeben. Man ann doch nicht sagen, das wäre nicht so. Indem wir etzt Universaldienstleister von der Umsatzsteuer bereien, ermöglichen wir es ihnen, mit dem Monopolanieter der Vergangenheit gleichzuziehen. Jetzt geht es noch um die Beförderung von Briefen is 2 000 Gramm und darum, was als Postwurfsendung edient werden können soll. Nach dem vorliegenden Geetzentwurf sollen Universaldienstleister von der Umatzsteuer befreit werden. Allerdings wird derzeit nicht wischen paketbezogenen und briefbezogenen Univeraldienstleistungen unterschieden. Wer einen Brief und in Paket bis 10 Kilogramm von der Zugspitze bis nach ylt befördert, muss keine Umsatzsteuer abführen, doch er lediglich Pakete befördert, wird von der Umsatz teuer nicht befreit. Ein Beispiel: Wenn ich ein Paket bei er DHL-Packstation am Aldi-Markt einwerfe, wird diees umsatzsteuerfrei befördert. Wenn ich es jedoch bei ermes nebenan aufgebe, muss Umsatzsteuer gezahlt erden. Das ist ein Thema, über das wir innerhalb der oalition jetzt, da wir mit dieser ersten Lesung in die eratungen eintreten, noch einmal diskutieren müssen. a muss der Gesetzentwurf der Regierung nachgebes ert werden. Der Antrag auf Umsatzsteuerbefreiung ist beim Buneszentralamt für Steuern zu stellen; das sage ich nur, amit das jeder weiß. Dieses prüft dann, ob das Unterehmen Post-Universaldienstleistungen erbringt. Wir erden aufpassen, dass sich nicht Rosinenpicker in den allungszentren reich und fett verdienen. Die können ort übrigens mehr zahlen als den Mindestlohn; das gibt er Umsatz her. Die Grundlage muss nämlich sein: Wer ür die Gesellschaft Universaldienstleistungen erbringt, en müssen wir als Gesetzgeber unterstützen. as ist der Punkt, wo der Gesetzentwurf der FDP ein Riiko birgt. – Ich muss jetzt erst mal etwas trinken. Ich abe hier ein Glas Wasser; Wein wäre mir im Übrigen ieber. Nicht übertreiben. Nein, Wein ist gesund. – Hier steht die Formulierung bis 10 Kilogramm“. Das heißt, dass man drei Flaschen ein versenden und verschenken kann. (Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Die Promillegrenze soll dank der SPD herabgesetzt werden!)


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Richtig!)


(Klaus Barthel [SPD]: Das ist der Punkt!)


(Heiterkeit bei der CDU/CSU)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1620217700
Norbert Schindler (CDU):
Rede ID: ID1620217800

ieber Volker Wissing, du müsstest den Weinbauverbün-
en sofort zustimmen, dass Wein nicht nur Genuss, son-
ern für alle, die ihn in Maßen trinken, eine gesunde Me-
izin ist.






(A) )



(B) )


Norbert Schindler

(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Da spricht der Winzer!)


Das politische Ziel, das mit dieser Vorlage verfolgt
wird, ist absolut richtig. Über den Zeitpunkt der Inkraft-
setzung – im April, im Juni oder erst im kommenden
Jahr – werden wir mit unserem Partner, der SPD, mit Si-
cherheit noch einmal reden müssen. Wir finden hier mit
Sicherheit eine Einigung.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Im kommenden Jahr müsst ihr mit denen nicht mehr reden!)


Ich stelle hiermit fest: Auch für diese Grundversor-
gung muss der Mindestlohn Grundlage bleiben. Hier bin
ich Anhänger der sozialen Marktwirtschaft. Liebe
Freunde, daran, dass der Wettbewerb trotzdem flächen-
deckend eröffnet wurde, zeigt sich, dass das ein guter
Gesetzentwurf ist. Wir werden ihn mit Sicherheit auch
schnell verabschieden.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Nein!)


Danke schön, dass Sie mir zugehört haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Wann denn jetzt? Schnell oder im nächsten Jahr?)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1620217900

Das Wort hat nun Kollegin Barbara Höll für die Frak-

tion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Barbara Höll (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620218000

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

Deutsche Post soll überall in Deutschland, in den Städ-
ten und im ländlichen Raum, genügend Briefkästen und
Postdienststellen unterhalten und natürlich ein umfang-
reiches Angebot bereitstellen. Dafür erhält sie einen fi-
nanziellen Ausgleich, nämlich die Mehrwertsteuerbe-
freiung. Das will die Linke beibehalten.


(Dr. Volker Wissing [FDP]: Ja, klar! Sie haben ja mit Staatsmonopolen genügend Erfahrung!)


Das, was Sie von der FDP vorschlagen, ist nichts ande-
res als das Infragestellen der Grundversorgung der Bür-
gerinnen und Bürger mit flächendeckenden Postdienst-
leistungen.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Ihr habt ja ausreichende Erfahrungen in der ehemaligen DDR gesammelt! Deswegen habt ihr auch so gut dagestanden! Deshalb haben wir die Deutsche Reichsbahn als Schrott geerbt!)


Wir sagen klipp und klar: Die Post soll diese Steuer-
vergünstigung erhalten. Wir sagen aber auch: Sie erhält
diese Steuervergünstigung dafür, dass sie hier eine gute
Postversorgung gewährleistet und nicht in Übersee einen
Global Player spielt und sich dort eine blutige Nase holt.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das tut sie aber!)


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(C (D ie erhält sie auch nicht dafür, dass, wie vor einiger Zeit, arüber geklagt wird, dass die Briefe aufgrund von Peronalkürzungen nicht mehr ordnungsgemäß zugestellt erden; das lehnen wir natürlich ab. (Beifall bei der LINKEN – Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Dann halten wir es doch mit der Christel von der Post!)


ie Postdienstleistungen sind für alle Bürgerinnen und
ürger, insbesondere für die Älteren, ein wesentlicher
aktor der Lebensqualität; Frau Westrich sagte das be-
eits.

Trotz allem, liebe Kolleginnen und Kollegen von der
roßen Koalition, bin ich auch mit Ihrem Gesetzentwurf
icht zufrieden. Worum geht es? – Sie wollen die Mehr-
ertsteuerbefreiung auf all die Unternehmen erweitern,
ie die Bürgerinnen und Bürger ebenso wie die Post flä-
hendeckend mit Postdienstleistungen versorgen und
en Universaldienst erfüllen. Gut! Das könnte die Linke
ittragen. Die Linke kann aber nicht mittragen, dass Sie

ei dieser Mehrwertsteuerbefreiung einen anderen Maß-
tab anlegen. Ich sehe nicht ein, warum wir von dem ho-
en Niveau in der Bundesrepublik abgehen und es auf
as europäische Niveau absenken sollten. Dazu sind wir
icht verpflichtet. Sie wollen das aber. In Ihrem Gesetz-
ntwurf steht:

Nicht mehr umsatzsteuerbefreit sind:
– Paketsendungen mit einem Gewicht von mehr

als 10 Kilogramm bis zu 20 Kilogramm,
– adressierte Bücher, Kataloge, Zeitungen und

Zeitschriften mit einem Gewicht von jeweils
mehr als 2 Kilogramm,

– Expresszustellungen,
– Nachnahmesendungen sowie
– Leistungen, die individuell vereinbart werden …

as ist ein erster Schritt, das Universalangebot aufzu-
eichen. Das werden wir nicht mittragen.


(Beifall bei der LINKEN – Norbert Schindler [CDU/CSU]: Wenn es Rechts und Links nicht richtig finden, dann machen wir es richtig!)


Sie mögen vielleicht sagen, dass das zu vernachlässi-
ende Größen sind. Das ist aber nicht so. Wir fordern Sie
ielmehr auf, im Interesse der Postkundinnen und -kun-
en hier die Universaldienstleistungen in vollem Um-
ang zu erhalten.

Schauen wir uns einmal an, was in den letzten
5 Jahren vor sich gegangen ist! Laut Städte- und Ge-
eindebund ist die Zahl der Postfilialen um 5 000 auf

irca 12 000 gesunken. Die Zahl der Briefkästen hat um
irca 30 000 auf jetzt 110 000 abgenommen. Man muss
um Teil schon ganz schön suchen, um einen Briefkas-
en zu finden. Zudem gibt es derzeit 180 bis 190 Kom-

unen in Deutschland, die sogenannte Bürgermeister-
ilialen betreiben und damit die Aufgaben der Deutschen
ost übernehmen. Bei der Deutschen Post gingen zwi-
chen 1999 und 2006 15 000 Vollzeitarbeitsplätze und
000 Teilzeitarbeitsplätze mit Sozialversicherungs-

flicht verloren. Das ist ein Skandal.


(Beifall bei der LINKEN)







(A) )



(B) )


Dr. Barbara Höll
Sie mögen zwar darauf verweisen, dass 20 000 Arbeits-
plätze neu entstanden sind, aber das sind Arbeitsplätze
im Niedriglohnsektor oder Minijobs.

Diese Politik tragen wir auf keinen Fall mit. Wir wol-
len diese Umgestaltung des Arbeitsmarktes nicht, auch
nicht bei der Deutschen Post. Wer eine bürgernahe
Dienstleistung will, darf nicht auf Teufel komm raus pri-
vatisieren und mit dem Eurozeichen im Auge agieren. Er
muss vielmehr an die Irma auf Rügen, den Opa in der
Lausitz und an die alleinerziehende, nicht mobile junge
Frau im Allgäu denken, die auf diese Universaldienst-
leistungen der Post angewiesen sind. Deshalb werden
wir in den Gesetzesberatungen unseren Schwerpunkt auf
die Beibehaltung der Umsatzsteuerbefreiung ohne Ab-
senkung der Standards legen.

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1620218100

Das Wort hat nun Kollegin Kerstin Andreae, Fraktion

Bündnis 90/Die Grünen.


Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620218200

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Frau Höll, Sie haben gesagt, man dürfe nicht auf Teufel
komm raus privatisieren, und eine Philippika für die
Deutsche Post AG vorgebracht. Sie sind im Berliner Se-
nat vertreten. Der Berliner Senat verschickt seine Briefe
über die PIN AG. Ich muss Ihnen deshalb leider eine ge-
wisse Scheinheiligkeit zusprechen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir diskutieren zurzeit zwei Gesetzentwürfe zu dem
Thema „Post und Umsatzsteuer“. Heute geht es um die
Umsatzsteuerbefreiung für alle Unternehmen, die flä-
chendeckend Post-Universaldienstleistungen anbieten.
Der Gesetzentwurf soll federführend an den Finanzaus-
schuss überwiesen werden. Parallel dazu gibt es einen
Gesetzentwurf der FDP-Fraktion, der im Wirtschaftsaus-
schuss beraten wird. Insofern habe ich Ihre Rede nicht
verstanden, Herr Wissing. Die FDP schlägt nämlich in
ihrem Gesetzentwurf vor, die Mehrwertsteuerbefreiung
aufzuheben. Das bedeutet de facto eine Preiserhöhung
bei den Postdienstleistungen.


(Dr. Volker Wissing [FDP]: So ein Quatsch!)


– Natürlich. Wenn Sie die Befreiung von der Mehrwert-
steuer aufheben, dann steigen die Preise entsprechend.
Das können Sie nicht leugnen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Volker Wissing [FDP]: Sie werden die Preise der Konkurrenz wegen senken müssen! Das wissen Sie genauso gut wie ich, Frau Kollegin! Das sind Monopolpreise!)


– Moment, ich komme noch zu den Monopolen.

Sie alle haben in ihren Reden im Zusammenhang mit
der Aufgabe der Postversorgung als Daseinsvorsorge die
hohe Gemeinwohlorientierung angeführt. Auch wir fin-
den, dass diese Aufgabe sichergestellt werden muss. Da-

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(C (D ei ist es völlig egal, ob ein Brief von München nach erlin oder von St. Peter nach St. Peter-Ording gesandt ird. Diese Universaldienstleistung, die der Daseinsvor orge dient, muss gewährleistet sein. Aber Sie müssen auch sehen, dass die Post massiv in ie Kritik geraten ist. (Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Völlig zu Recht!)


ie Post dünnt Leistungen aus. Es sind Beispiele disku-
iert worden. Die Kommunen fangen selber an, Post-
genturen zu betreiben. Im Weihnachtsgeschäft haben
ie selber – –


(Dr. Volker Wissing [FDP]: Das ist ganz typisch für Monopolisten!)


Jetzt seien Sie doch mal ruhig, und hören Sie zu! Das
rritiert. – In der Zustellung werden Poststellen ausge-
ünnt.

Wenn man die Daseinsvorsorge gewährleisten will,
ann ist es aus grüner Sicht absolut notwendig, auch den
ettbewerb zu gewährleisten und den Zugang zu diesem
arkt auch für private Anbieter zu ermöglichen.


(Zuruf von der FDP: Aha!)


n dieser Stelle haben Sie völlig recht, Herr Wissing.
er Gesetzentwurf der Großen Koalition ist eine Schein-

ösung. Wenn Sie vorsehen, dass nur diejenigen die Um-
atzsteuerbefreiung genießen, die flächendeckend Uni-
ersaldienstleistungen anbieten – und zwar in ganzer
reite –, dann betrifft das ausschließlich die Post. Kein
nderer Anbieter wird in der Lage sein, alle Teilbereiche
er Universaldienstleistungen derzeit flächendeckend
nzubieten. Deswegen sollten Sie berücksichtigen, dass
s einen großen Anbieter gibt, der nach wie vor ein De-
acto-Monopolist ist und


(Norbert Schindler [CDU/CSU]: Nein! Den gibt es nicht mehr!)


erzeit in die Kritik geraten ist. Liberalisierung hin oder
er: Der Wettbewerb ist nicht in der Weise ausgestaltet,
ass man von einem fairen und funktionierenden Wett-
ewerb sprechen kann.


(Norbert Schindler [CDU/CSU]: Sie reden zu einem Kollegen, der täglich diese Anbieter nutzt!)


ie Post steht stark in der Kritik. Sie werden gewährleis-
en müssen, dass auch privaten Anbietern der Zugang zu
iesem Markt ermöglicht wird.


(Norbert Schindler [CDU/CSU]: Das machen wir doch! – Iris Gleicke [SPD]: Die Rosinenpickerei geht weiter!)


eshalb finde ich Ihren Vorschlag sinnvoll, Herr
chindler, und empfehle, darüber nachzudenken, ob Sie

n der Lage sind, die Universaldienstleistungsverord-
ung in Teilbereiche aufzuteilen. Diese Diskussion gibt
s schon länger. Es geht um die Frage, was man mit ei-
em Paketdienstleister oder einem Briefzusteller macht.


(Lydia Westrich [SPD]: Das ist doch keine Universaldienstleistung!)







(A) )



(B) )


Kerstin Andreae
Ich finde den Vorschlag, den Sie gemacht haben, sinn-
voll. Überlegen Sie sich, ob Sie diese Universaldienst-
leistungsverordnung in Teilbereiche aufteilen.


(Iris Gleicke [SPD]: Dann ist es nicht mehr universal, oder?)


Für diese Teilbereiche lässt sich Wettbewerb schaffen,
indem festgelegt wird, dass, wenn die flächendeckende
Versorgung gewährleistet ist – es ist ein Unterschied, ob
Sie über eine Briefzustellung oder eine Paketzustellung
sprechen –, die Anbieter für diese Teilbereiche in glei-
chem Maße mit einer Steuer belegt werden.


(Iris Gleicke [SPD]: Dann ist es aber keine Universaldienstleistung! – Klaus Barthel [SPD]: Dann soll sich jeder das heraussuchen, was er möchte, oder? Das sollten Sie diskutieren, weil in der Situation, wie wir sie derzeit haben – auch wenn Sie es betonen –, kein fairer Wettbewerb auf dem Postmarkt gegeben ist. Dieser Diskussion müssen Sie sich stellen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Volker Wissing [FDP]: Den will die Große Koalition auch nicht!)


Wettbewerb an dieser Stelle heißt Verbraucherfreund-
lichkeit, Bezahlbarkeit und flächendeckende Versor-
gung. Aber so, wie die Situation derzeit ist, und mit die-
sem Gesetz, das, wenn es nicht verändert wird, eine
absolute Scheinlösung ist, kommen Sie nicht zurande.
Von daher hoffe ich, dass Sie sich in dieser Diskussion
noch bewegen.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1620218300

Das Wort hat nun Kollege Klaus Barthel für die SPD-

Fraktion.


Klaus Barthel (SPD):
Rede ID: ID1620218400

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir

sollten uns darauf besinnen, um was es heute geht. Es
geht darum, dass es einen Anpassungsbedarf zwischen
europäischem und deutschem Umsatzsteuerrecht gibt.
Es geht um die Formulierung in unserem jetzigen Um-
satzsteuergesetz, dass „die unmittelbar dem Postwesen
dienenden Umsätze der Deutsche Post AG“ von der
Steuer zu befreien sind. In der Tat kann man diese For-
mulierung nicht mehr halten. Da hat die Bundesregie-
rung mit ihrem Gesetzentwurf völlig Recht. Die EU-
Kommission kann sich mit ihrem Vertragsverletzungs-
verfahren, das letztlich diesen Gesetzentwurf ausgelöst
hat, nur auf diesen Passus im Umsatzsteuerrecht bezie-
hen.

Nun behauptet die FDP – Herr Wissing ist geistig
schon wieder abwesend –,


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Er kann immer zuhören!)


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(C (D ass nur eine völlige Abschaffung dieser Mehrwertsteurbefreiung marktund EU-konform sein könnte. Aber as ist völliger Unsinn; denn das Vertragsverletzungserfahren der Kommission richtet sich im Kern gegen ie unterschiedliche Praxis in den unterschiedlichen Mitliedsländern. Deswegen gibt es eine Klage zum Beipiel gegen Schweden, weil die das FDP-Modell haben, as heißt, bei denen gibt es keine Umsatzsteuerbefreing. Dagegen wird genauso geklagt. Die Mehrwertsteuersystemrichtlinie – das ist geltenes europäisches Recht – sieht zwingend vor, „von öfentlichen Posteinrichtungen erbrachte Dienstleistunen“ von der Umsatzbesteuerung auszunehmen. Es war ines der zentralen Ergebnisse der Anhörung im Wirtchaftsausschuss – vielleicht lesen Sie das im Protokoll ach – dass die Einführung der Mehrwertsteuer auf alle ostdienste dem europäischen Recht widersprechen ürde. Mittlerweile liegt der Schlussantrag der Generalanältin des EuGH vor. Sie sagt eindeutig: Erstens. ffentliche Posteinrichtungen im Sinne der Mehrwert teuerrichtlinie sind diejenigen Anbieter von Postdiensteistungen, die den Universaldienst gewährleisten. weitens. Die Universaldienstdefinition liegt in der Verntwortung der Mitgliedstaaten. Wir müssen uns also icht an dem europäischen Mindeststandard orientieren. rittens. Der Universaldienst – das ist ganz wichtig für rau Andreae – meint eine Gesamtheit von Diensten und nfrastruktureinrichtungen und nicht irgendwelche Teilleisungen. Wenn man sich für die Trennung von Briefen nd Paketen ausspricht, warum werden dann nicht auch achnahmesendungen, Filialen usw. getrennt? Viertens. ie Befreiung kann sich nur auf allgemein zugängliche arife beziehen und nicht auf rabattierte Konditionen. Wir raten dazu, den Gesetzentwurf der FDP abzulehen. Wir tun das schon deswegen, weil wir nicht wollen, ass Briefe, Pakete und andere Postdienstleistungen um 9 Prozent teurer werden. Das wäre nämlich die eindeuige Folge der FDP-Initiative. (Dr. Volker Wissing [FDP]: Das ist völlig absurd! Das sind Monopolpreise!)


ie sollten noch einmal darüber nachdenken, was das für
hr Image als Steuersenkungspartei bedeutet.


(Dr. Volker Wissing [FDP]: Das geht ganz schön durcheinander!)


amit werden letztendlich die kleinen Postkunden belas-
et, bei denen die Einführung der Mehrwertsteuer landen
ird.


(Beifall bei der SPD – Dr. Volker Wissing [FDP]: Sie sind jetzt keine Steuersenkungspartei, das steht fest!)


Im Übrigen wollen wir beim Vierklang der Postlibera-
isierung bleiben. Diesen Zusammenhang möchte ich
erstellen. Erstens geht es um die Erbringung eines flä-
hendeckenden Universaldienstes und nicht um Rosinen-
ickerei nach dem Motto „Jeder sucht sich das heraus,
as er will, und erklärt das dann zur Universaldienstleis-

ung“.






(A) )



(B) )


Klaus Barthel
Zweitens wollen wir faire Wettbewerbsbedingungen
für das oder die universaldienstleistenden Unternehmen.
Das kann jedes Unternehmen machen. Wenn es das
macht, dann bekommt es die Umsatzsteuerbefreiung,
nicht aber die anderen, die Rosinenpicker.

Drittens streben wir die Sicherung guter Arbeit durch
Mindestarbeitsbedingungen – Stichwort Postmindest-
lohn – an. Da es viele Wettbewerber gibt: Wer von die-
sen offen erklärt – das ist in Zeitungen nachzulesen –,
dass man rechtswidrig nicht den Mindestlohn zahlen
will, der hat das Recht verloren, sich bei Themen wie der
Mehrwertsteuer zu Wort zu melden. So kann Wettbe-
werb nicht laufen.

Schließlich und endlich ist fairer Wettbewerb in Eu-
ropa entscheidend. Die EU-Kommission hätte genug zu
tun, fairen Wettbewerb in der EU durchzusetzen. Es mu-
tet etwas gespenstisch an, wenn Unternehmen, die zu
Hause einen geschützten Bereich haben bzw. aus einem
reservierten Bereich kommen, in der Bundesrepublik
Deutschland auftreten und plötzlich bei der Mehrwert-
steuer den fairen Wettbewerb in der EU einfordern. Das
ist eine seltsame Logik.


(Beifall bei der SPD)


Es geht nicht um Arbeitsplätze oder nicht, um Mehr-
wertsteuer oder nicht, sondern darum, ob gute, qualitativ
abgesicherte Arbeitsplätze durch Sozial- und Lohndum-
ping verdrängt werden können oder ob der Universal-
dienst erbringende Unternehmer bzw. die Universal-
dienst erbringenden Unternehmen von denen, die sich
nur die Rosinen herauspicken, verdrängt werden. Hier
geht es um einen Verdrängungswettbewerb, nicht um zu-
sätzliche Arbeitsplätze und zusätzliche Wertschöpfung.
Diesen entscheidenden Gedanken darf man bei der
Schaffung eines fairen Wettbewerbs nicht vergessen.


(Beifall bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1620218500

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Gesetzent-
würfe auf den Drucksachen 16/11340 und 16/11674 an
die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorge-
schlagen. Gibt es dazu anderweitige Vorschläge? – Das
ist nicht der Fall. Dann sind die Überweisungen so be-
schlossen.

Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 9 sowie
Zusatzpunkt 4 auf:

9 Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Bildung, Forschung
und Technikfolgenabschätzung (18. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Sevim
Dağdelen, Cornelia Hirsch, Ulla Jelpke, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE

Für eine erleichterte Anerkennung von im
Ausland erworbenen Schul-, Bildungs- und
Berufsabschlüssen

– Drucksachen 16/7109, 16/11732 –

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(C (D Berichterstattung: Abgeordnete Marcus Weinberg Gesine Multhaupt Patrick Meinhardt Sevim Dağdelen Krista Sager P 4 Beratung des Antrags der Abgeordneten Sibylle Laurischk, Uwe Barth, Cornelia Pieper, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Lebensleistung von Migrantinnen und Migranten würdigen – Anerkennungsverfahren von Bildungsabschlüssen verbessern – Drucksache 16/11418 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Innenausschuss Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre einen Widerspruch. Dann ist das beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Kollegen arcus Weinberg für die CDU/CSU-Fraktion das Wort. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unser and blickt auf eine lange, mittlerweile traditionelle Zuanderungspolitik mit zahlreichen Beispielen erfolgrei her beruflicher Integration – man sollte auch die positien Beispiele erwähnen –, aber sicherlich auch mit vielen eispielen weniger erfolgreicher beruflicher Integration urück. Mit der Zuwanderung müssen neue Herausfordeungen gemeistert werden. Wir sollten allerdings nicht ur über Herausforderungen sprechen, sondern gerade in er Integrationspolitik auch über Chancen und Möglicheiten, die erkannt und genutzt werden sollten. Angeichts der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Inteessen Deutschlands, des demografischen Wandels und es weltweiten Wettbewerbs um die besten Köpfe stehen ir für einen positiven und pragmatischen Umgang mit ntegration, gerade wenn es um berufliche Perspektiven eht. Dafür ist eine nachhaltige Integrationspolitik drinend erforderlich. ies wurde in den letzten Jahren durch den Nationalen ntegrationsplan und viele Maßnahmen einer konzenrierten, systematischen Integrationspolitik deutlich, die uch – das ist das Thema der heutigen Debatte – Antorten auf die Frage nach der beruflichen Integration eben muss. Im Zusammenhang mit Globalisierung und gesellchaftlicher Pluralisierung ist allerdings nicht nur die irtschaft immer stärker auf differenzierte sprachliche nd interkulturelle Kenntnisse von Beschäftigten angeiesen, sondern auch andere Bereiche. Ich nenne als Bei piel den öffentlichen Dienst; denn gerade der öffentliche ienst muss mit seinen Angeboten einer zunehmend dif erenzierten Nachfrage nach öffentlichen Dienstleistun Marcus Weinberg gen Rechnung tragen. Wir brauchen mehr Migranten im öffentlichen Dienst. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP – Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Dann tun Sie mal was!)

Marcus Weinberg (CDU):
Rede ID: ID1620218600

(Beifall bei der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


– Schauen Sie nach Hamburg! Da gibt es klare Zielvor-
gaben unter einer CDU-geführten Regierung. – Es ist
nicht zu bestreiten, dass wir bei der beruflichen Integra-
tion noch große Probleme haben. Die Arbeitslosenquote
von Migrantinnen und Migranten ist im Zuge der aktuel-
len Konjunktursituation zwar zunächst gesunken, trotz-
dem sind durchschnittlich nur 68 Prozent der Migranten
und nur 58 Prozent der Migrantinnen erwerbstätig. Das ist
im Vergleich zur deutschen Bevölkerung mit 75 Prozent
natürlich nicht ausreichend. Fehlende oder unzureichende
Sprachkenntnisse, fehlende berufliche Abschlüsse und
mangelnde Qualifikationen tragen in hohem Maße dazu
bei. Das sind auch die Themen, über die wir im Zusam-
menhang mit der Schule und bei der Frage des Übergangs
von der Schule in den Beruf diskutiert haben, das waren
die Themen auf dem Bildungsgipfel, und es sind die The-
men der Qualifizierungsoffensive. Man sieht also deut-
lich, dass diese Thematik aufgenommen wurde und die
Bundesregierung dieser Thematik Rechnung getragen
hat.

Trotzdem gibt es noch Probleme. Die im Ausland er-
worbenen Qualifikationen, Schul-, Bildungs- und Be-
rufsabschlüsse von Migrantinnen und Migranten werden
in der Bundesrepublik nicht oder häufig nur unter er-
schwerten Bedingungen anerkannt. Dies führt dazu, dass
die Arbeitslosenquote von Migranten mit einem akade-
mischen Abschluss mit 12,5 Prozent fast dreimal so
hoch ist wie die von deutschen Hochschulabsolventen.
Potenziale und Qualifikationen von Migranten gehen da-
mit der Wissenschaft und dem Arbeitsmarkt verloren.
Dieser Zustand ist auch für uns nicht hinnehmbar.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Die Arbeitsgruppe „Wissenschaft – weltoffen“ des
Nationalen Integrationsplans hat sich unter anderem mit
dem Potenzial beschäftigt und deutlich gemacht, welche
Probleme es in diesem Bereich gibt. Ich will drei Pro-
bleme exemplarisch herausgreifen: Erstens. Angaben
zum Qualifikationsniveau von Zuwanderern bei der Ein-
reise nach Deutschland lassen sich nicht machen, da be-
rufliche und schulische Qualifikationen bei der Ankunft
nicht erhoben werden. Zweitens. Die Daten des Mikro-
zensus geben zwar Auskunft über die Qualifikations-
struktur der Bevölkerung mit Migrationshintergrund,
differenzieren aber nicht nach im Ausland oder im In-
land erworbenen Abschlüssen. Drittens. Auch in der
Datenaufnahme der Bundesagentur für Arbeit zu den
formalen Qualifikationen sind nur deutsche bzw. in
Deutschland anerkannte Berufsabschlüsse vorgesehen;
selbst ausländische Hochschulabschlüsse gehen bei feh-
lender Anerkennung nicht in die formalen Qualifika-
tionsprofile der Arbeitslosen ein.

Das hat zur Konsequenz, dass nach Schätzungen des
Oldenburger Instituts für Bildung und Kommunikation
mittlerweile über 500 000 zugewanderte Akademiker

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(C (D eine anerkannten Abschlüsse haben und sie im Verhältis zu ihrem Abschluss teilweise minderqualifizierten Täigkeiten nachgehen müssen. Das heißt im Ergebnis: Die ichtanerkennung beruflicher Qualifikationen erschwert zw. verhindert nicht nur individuell die Aufnahme einer em Bildungsstand entsprechenden Erwerbstätigkeit, ondern bedeutet auch in volkswirtschaftlicher Perspekive, dass erhebliche Qualifikationsressourcen im Ererbssystem brachliegen. Auch das ist ein Zustand, der icht hinnehmbar ist. Entscheidend ist, dass das Problem erkannt wurde, uch von der Großen Koalition. Nach wie vor ist es so, ass für die Anerkennung von ausländischen Zeugnissen ie Länder zuständig sind. Die KMK hat für diese Aufabe die Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen, AB, eingerichtet. Das ist die zuständige Stelle für die ewertung und Einstufung ausländischer Bildungsnacheise. Im Frühjahr 2009 beginnt die ZAB mit der Aus tellung von Zeugnisbescheinigungen auch für Privatersonen. Das ZAB im Sekretariat der KMK ist die uständige Stelle, und ich will zwei, drei, vier wesentlihe Aufgaben skizzieren, die deutlich machen, dass geau die offenen Punkte abgearbeitet werden. Zu den ufgaben der ZAB zählt, dass sie auf Anfrage der zu tändigen Stellen die ausländischen Bildungsnachweise ndividueller Antragsteller bewertet, dass sie allgemeine quivalenzgrundlagen und Einstufungsempfehlungen ür ausländische Bildungsnachweise erstellt, dass sie die uständigen Stellen bei der Vorbereitung bilateraler Abommen mit den Regierungen ausländischer Staaten ber die gegenseitige Anerkennung von Bildungsnacheisen unterstützt, dass sie dokumentiert, dass sie Insti utionen, wie Hochschulen, und Gremien unterstützt, die n diesem Bereich Verantwortung haben, dass sie Stipenien vergebende Stellen und die Organisation für den tudentenaustausch unterstützt. Ich glaube, dass im Hinlick auf die Aufgabenstruktur deutlich wird, dass die unkte abgearbeitet werden, die noch offen sind. Insoeit sind die Einrichtung und die Arbeit dieser zentralen telle von elementarer Bedeutung. Ich möchte aufgrund der Zeit nur in Kürze noch auf eitere Dinge – (Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Ich hätte jetzt gerne geklatscht!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Dafür haben Sie immer Zeit, Herr Dr. Rossmann.

Ich würde gern auf zwei, drei Dinge eingehen, die den
eutschen bzw. nationalen Rahmen noch erweitern:

Erstens. Die Schaffung von Vergleichbarkeit von
ochschulabschlüssen auf EU-Ebene im Rahmen des
ologna-Prozesses muss endlich vorangetrieben wer-
en, auch im Bereich der beruflichen Abschlüsse.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Sehr richtig!)


Zweitens. Wir müssen mit der Einführung eines euro-
äischen Qualifikationsrahmens, EQR, diese Vergleich-
arkeit schaffen und einen Rahmen für die Anerkennung
on Qualifikation im Bereich der allgemeinen und der






(A) )



(B) )


Marcus Weinberg
beruflichen Bildung erstellen. Das wird keine zehn Jahre
mehr dauern, wie ich von der FDP-Fraktion gerade
hörte,


(Zuruf von der FDP: Sie regieren schon zehn Jahre! Ist ja toll, dass Sie schon auf die Idee kommen!)


zumindest nicht dann, wenn wir das in Verantwortung
betreiben werden.

Drittens. An dieser Stelle möchte ich noch auf den
Antrag der Linken zu sprechen kommen sowie auf die
Frage: Welche Verantwortung haben die Kammern in
diesem Zusammenhang? Natürlich ist es so, dass die An-
erkennung und die formale Vergleichbarkeit von Berufs-
abschlüssen bilateral nur mit Österreich, Frankreich und
für das Handwerk nur mit der Schweiz geregelt sind.
Trotzdem muss man sagen, dass die Kammern in vielen
Fällen informelle Hilfsleistungen und Anerkennungs-
möglichkeiten anbieten. An dieser Stelle wird nachge-
bessert; das fällt in den Bereich des EQR. Die Industrie-
und Handelskammern erklären sich bereit, ihre Leistung
zur Anerkennung von im Ausland erworbenen Qualifi-
kationen vor allem im Bereich der gutachterlichen Stel-
lungnahmen zu ausländischen Zeugnissen weiter zu ver-
bessern.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Endlich!)


– Jetzt war Zeit, zu klatschen.

Die Kammern haben eine hohe Verantwortung. Im
Antrag der Linken wird aber deutlich, dass das kritisiert
wird. Ich kann nur eines sagen: Wir müssen auf die Stan-
dards achten. Wir dürfen – bei allem Respekt und bei al-
ler Bedeutung des Themas für unsere Gesellschaft, aber
auch für die europäische Gesellschaft insgesamt – nicht
außer Acht lassen, dass wir und natürlich auch die Kam-
mern verpflichtet sind, Standards einzuhalten. Die zen-
trale Aufgabe ist, dies passgenau zu machen. Die Stan-
dards dürfen nicht abgesenkt werden. Es nützt den
Migranten nichts, wenn Sie im Hinblick auf die Stan-
dards im Vergleich zu der Zeit davor schlechter daste-
hen.

Gern kann ich noch auf weitere Maßnahmen eingehen
wie das Modellprodukt des Bundes „AQUA – zugewan-
derte Akademikerinnen und Akademiker qualifizieren
sich für den Arbeitsmarkt“. Das Programm wurde seit
Oktober 2007 von 4 auf 13 Berufsfelder erweitert. Es ist
übrigens nicht zutreffend, dass das Akademikerpro-
gramm des BMBF im Hinblick auf die Haushaltsansätze
seit 2006 zurückgefahren worden sei. Es ist in das be-
reits seit Oktober 2006 angelaufene Programm „AQUA“
überführt worden.


(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Von der institutionellen zur Projektförderung!)


Das heißt: Die bisherigen Zielgruppen, insbesondere
im Migrantenbereich, werden weiterhin berücksichtigt,
und die gemeinsame Qualifizierung zugewanderter und
hiesiger arbeitsloser Akademiker steht im Mittelpunkt.
Der Mittelansatz für das Jahr 2009 ist „AQUA“ zugeord-

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(C (D et worden. Erwähnt werden soll außerdem das Proramm „Interkulturelle Bildung“ der Universität Oldenurg, das es seit 2006 gibt. Das sind Einzelmaßnahmen, ie deutlich machen, dass es hier sehr viel Bewegung ibt. Was bleibt als Fazit festzuhalten? Es ist deutlich georden, dass wir dies, gerade was die Anerkennung von erufsabschlüssen anbelangt, als zentralen Bereich der ntegration sehen müssen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


ass über 500 000 Menschen damit hierzulande Pro-
leme haben, ist nicht hinnehmbar. Die meisten von uns
ühren wahrscheinlich in diesem Bereich aktive Gesprä-
he. Ich war letztens in Hamburg und habe mit jungen
igranten gesprochen, die gerade Probleme haben, dass

hnen bei den Zeugnissen etwas fehlt oder dass ihnen bei
er Zulassung etwas fehlt. Sehen Sie das als Herausfor-
erung an! Die Bundesregierung hat bereits geantwortet
nd gute Programme erstellt. An dieser Stelle sei bei-
pielhaft die ZAB genannt. Ich glaube, wir sind auf dem
ichtigen Weg.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1620218700

Das Wort hat jetzt die Kollegin Sibylle Laurischk,

DP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Sibylle Laurischk (FDP):
Rede ID: ID1620218800

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eine der

rustrierendsten Erfahrungen von Migranten in Deutsch-
and ist die Odyssee zur Anerkennung ihrer Bildungsab-
chlüsse. Odysseus’ Irrfahrten dauerten zehn Jahre; die
rfahrungen von Zuwanderinnen und Zuwanderern sind
hnlich.

Wer seine Bildungsabschlüsse komplett anerkannt be-
ommen möchte, hat sich mit einer Unzahl von zustän-
igen Stellen, Vorschriften, Formularen und föderalen
igenheiten auseinanderzusetzen. Dabei gibt es kaum ei-
en Rechtsanspruch auf eine Einstufung. Dieser ist auf
enige Gruppen wie etwa Spätaussiedler begrenzt. Da-
it sind ganze Bildungskarrieren entwertet. So haben
ir hier jahrelang viele den Weg vom ausländischen
kademiker zum inländischen Taxifahrer beschreiten

assen. Das ist absurd.

Das Potenzial, das wir dabei verschenken, ist groß.


(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ir wissen, dass wir in Zukunft auf qualifizierte Ar-
eitskräfte auch aus dem Ausland angewiesen sind, in
anchen Berufsfeldern schon heute. Trotzdem erschlie-

en wir die individuellen Fähigkeiten der Zuwanderer
icht, sondern setzen Zeichen gegen Integration.






(A) )



(B) )


Sibylle Laurischk
Die Bereitschaft, sich in die Gesellschaft zu integrie-
ren, wird auch wesentlich von dem Willen getragen, et-
was erreichen zu können, beruflich voranzukommen.
Die Versagung der Anerkennung eines vorhandenen aus-
ländischen Bildungs- oder Berufsabschlusses wird als
Zurückweisung, ja Demütigung empfunden.

Wir haben kein System, Menschen, deren Bildungs-
leistungen teilweise nicht anerkannt werden, adäquat
aufzufangen. Nur weil ihre herkömmlichen Lern- und
Abschlussstrukturen nicht unseren Standards entspre-
chen, sind diese Menschen keine Ungelernten.


(Beifall der Abg. Ina Lenke [FDP])


Allgemein eine Berufserlaubnis zu erteilen, reicht nicht
aus.


(Beifall bei der FDP)


Wir pflegen in Deutschland ein stark formalisiertes
Bildungssystem mit einem hohen Bildungsstandard, an
dem wir festhalten wollen. Leider werden Anerken-
nungsverfahren zu stark von formalisierten Kriterien der
Ausbildung und leider zu wenig von inhaltlichen Ver-
gleichen bestimmt. Deshalb müssen wir das zentrale
Kriterium der Gleichwertigkeit der Abschlüsse erwei-
tern, und zwar um das Kriterium der Adäquanz. Können
fehlende Ausbildungsteile durch andere, hier nicht ge-
lehrte Ausbildungsteile ausgeglichen werden? Welche
Vorteile ausländischer Ausbildungen wiegen erkannte
Nachteile der deutschen Ausbildung auf? Dafür brau-
chen wir aber einen vorurteilsfreien Blick auf unser Bil-
dungssystem, der die eigenen Defizite klar erkennt und
benennt.


(Beifall bei der FDP)


Dies fehlt unserer Bildungsverwaltung.

Ein Beispiel dafür ist der Vorschlag des Bundesbil-
dungsministeriums zur Umsetzung der sogenannten
Lisabonner Anerkennungsrichtlinie für Hochschulab-
schlüsse. Wer starr an alten Regeln festhält und damit
die Einsicht in die Veränderungsnotwendigkeiten ver-
missen lässt, ist – vorsichtig gesagt – nicht in der Reali-
tät angekommen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Mit der Einarbeitung der deutschen Bildungsab-
schlüsse in den Europäischen Qualifikationsrahmen ha-
ben wir die Chance, über die Einstufung von Bildungs-
leistungen einen Vergleichsmaßstab zu erstellen, der
auch auf Abschlüsse aus Nicht-EU-Staaten ausgedehnt
werden kann. Damit würde eine gleiche inhaltliche Be-
wertung von Abschlüssen möglich.

Bis zur Erarbeitung der Qualifikationsrahmen können
wir Verbesserungen auf der Verfahrensebene vorneh-
men. Wir brauchen dringend einheitliche Verfahrensab-
läufe in den Ländern und vor allem einen zentralen,
fachlich versierten Ansprechpartner für die Zuwanderer.
Wir brauchen einen Informationspool für alle Ab-
schlüsse, wie ihn die Zentralstelle für ausländisches Bil-
dungswesen bisher nur für Hochschulabschlüsse auf-
baut. Wir brauchen einen Rechtsanspruch auf eine

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(C (D instufung der Bildungsabschlüsse aller Migranten, verunden mit einem Bildungsplan, der den Weg zur geünschten Qualifikation aufzeigt. Das wäre ein Paradigenwechsel und endlich ein Signal, dass Zuwanderer it ihren Qualifikationen bei uns willkommen sind. Wir würden damit tatsächlich einen neuen Weg bechreiten. Wir sollten Mut dazu haben; denn die Zuwanerer, die wir in einem Einwanderungsland integrieren ollen, brauchen diese klaren Signale. Es ist überfällig. as war auch Thema des letzten Nationalen Integrationsipfels. Dort haben wir gesehen, dass das Thema zwar erstanden worden ist. Aber die Umsetzung lässt auf ich warten – zu lange schon. Wir möchten dies ändern. Das Wort hat nun Gesine Multhaupt für die SPD raktion. Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle en! Cornelia Schmalz-Jacobsen, die frühere Ausländereauftragte der Bundesregierung, hat einmal gesagt: Integration ist ein Anspruch und eine Anstrengung, zu der es keine Alternative gibt – weder für die aufnehmende Mehrheitsgesellschaft noch für die zugewanderte Minderheitsgesellschaft. Dies anzuerkennen, ist für beide Seiten Grundvoraussetzung eines erfolgreichen Integrationsprozesses. Die Anstrengung, von der sie damals sprach, hat für ns bis auf den heutigen Tag Gültigkeit. Wir müssen sie ben auf uns nehmen. Valentina Mazur beispielsweise kommt aus Usbekisan. Die heute 45-jährige Frau hat Kunstwissenschaft tudiert und in Pädagogik den Doktortitel erworben. Sie st also eine hochqualifizierte Frau. Man könnte denken, lle Möglichkeiten stünden ihr offen. Doch Valentina azur geht putzen. Das in Usbekistan – mit besten No en übrigens – erworbene Diplom wird bei uns ebenso enig anerkannt wie ihr Doktortitel. Deshalb ist sie uneachtet ihrer Qualifikationen eine ungelernte Arbeitsraft. (Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Das geht nicht!)


(Beifall bei der FDP und der SPD)


(Beifall bei der FDP und der SPD)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1620218900

(Beifall bei der SPD)

Gesine Multhaupt (SPD):
Rede ID: ID1620219000

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


ut ausgebildete Bautechniker werden zu Anstreichern,
ehrerinnen arbeiten als Putzfrauen, Mediziner und
achärzte arbeiten als Haushaltshilfen oder in anderen
ereichen des Niedriglohnsektors, obwohl sie mit ihren
ähigkeiten und Fertigkeiten gut qualifiziert sind.

Alle, die in unserer Gesellschaft Verantwortung tra-
en, eine Stimme und einen Auftrag haben, sind darum






(A) )



(B)


Gesine Multhaupt
dringend gefragt, diese Fähigkeiten zu erkennen, anzuer-
kennen und wertzuschätzen.


(Beifall bei der SPD)


Wir müssen deutlich machen, dass wir darin eine große
Chance sehen. Integration erfordert eben auch eine sach-
gerechte Anerkennung von guten Qualifikationen der bei
uns in Deutschland lebenden Menschen.

Wir Sozialdemokraten bekräftigen seit langem, dass
eine moderne Migrationspolitik auch das Ziel hat, Zu-
wanderungsprozesse in unserem eigenen Interesse zu
steuern und zu gestalten. Bei jeder Gelegenheit machen
wir deutlich, dass wir eine koordinierte Zuwanderung,
gerne auch von qualifizierten und hochqualifizierten
Menschen, befürworten. Wir sehen darin eine Verwirkli-
chung von Chancengleichheit, empfinden die Potenziale
und Fähigkeiten der Zuwanderer als eine Bereicherung
für unsere Kultur und unser Arbeitsleben. Die Migranten
können einen Beitrag dazu leisten, dass Wohlstand und
Beschäftigung dauerhaft gesichert werden.

Für uns Sozialdemokraten ist all dies viel wichtiger
als ein Integrationsgipfel, der zwar in aller Munde ist,
aber an den Realitäten nichts verändert. Solange jugend-
liche Ausländer – wie beispielsweise im Wahlkampf
2008 in Hessen geschehen – pauschal als Kriminelle ab-
gestempelt werden, ist ein Integrationsgipfel nicht mehr
als Schönfärberei und Kosmetik.


(Beifall bei der SPD)


Wenn eine Landesregierung – wie aktuell in meinem
Heimatland Niedersachsen bei den Haushaltsberatungen
geschehen – die Mittel für Integrationsberatung und den
Flüchtlingsrat kürzt oder sogar streicht, setzt sie in der
Flüchtlingspolitik offensichtlich ganz andere Akzente,
als wir sie wünschen. Den Menschen im Land und auch
den Zugewanderten wird sehr schnell der Widerspruch
zwischen der Arbeit einer Integrationsbeauftragten und
den realen Fakten einer Politik deutlich, die beispiels-
weise hart gegen Flüchtlinge vorgeht. Sie bemerken die-
sen Widerspruch; davon bin ich zutiefst überzeugt.

Gute Anregungen für eine verantwortliche Politik fin-
den wir – um nur zwei Beispiele zu nennen – in Rhein-
land-Pfalz, aber auch hier in Berlin: Konkrete Ziele und
Wege werden festgelegt, um die Anerkennung von Leis-
tungen voranzubringen. Durch zusätzliche Finanzmittel
– das möchte ich nicht verschweigen – erhält die Integra-
tionsarbeit vieler Landesregierungen und Kommunen ei-
nen hohen Stellenwert.

In den letzten Tagen hat das Berlin-Institut für Bevöl-
kerung und Entwicklung eine aktuelle Studie zur Inte-
gration vorgelegt. Die Studie stellt gemischte Integra-
tionserfolge fest.


(Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was macht denn Ihre Bundesregierung? Das wäre doch interessant zu erfahren!)


Sie macht deutlich – das wurde vorhin schon von mei-
nem Kollegen gesagt –, dass die bei uns lebenden Mi-
granten immer seltener am öffentlichen Leben teilneh-

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(C (D en, häufiger arbeitslos sind und wir das, was sie leisen, viel zu wenig anerkennen. Ein Integrationsgipfel nd immer neue Appelle an den Leistungsund Lernwilen der betroffenen Menschen reichen hier nicht aus. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, in iesem Zusammenhang möchte ich sagen: Wir bedaurn, dass wir mit unseren Bemühungen um die doppelte taatsbürgerschaft und das kommunale Wahlrecht nicht eitergekommen sind. (Beifall des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])


Rolf Meinhardt, Migrationsforscher an der Universi-
ät Oldenburg, hat – auch das wurde schon erwähnt – für
ine Studie bei uns lebende Ausländer nach ihren Ab-
chlüssen in der Heimat befragt. Rund 40 Prozent der im
usland erworbenen Universitätsabschlüsse von Mi-
rantinnen und Migranten werden bei uns nicht aner-
annt. 20 Prozent der Befragten trauen sich gar nicht
rst, die Anerkennung anzustreben. Dies scheitert offen-
ichtlich daran, dass sie nicht gut genug integriert sind,
m überhaupt die vorhandenen Netzwerke zu nutzen und
ine Anerkennung zu betreiben.


(Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die wissen doch gar nicht, wo sie hingehen sollen!)


ie Carl-von-Ossietzky-Universität – das Beispiel ist
chon erwähnt worden – hat konkret auf das Problem re-
giert: Vor einigen Jahren wurde mit Mitteln des Euro-
äischen Flüchtlingsrats der Studiengang Interkulturelle
ildung eingerichtet. Hier können diejenigen Migranten,
ie einen Abschluss haben, der bei uns bislang nicht an-
rkannt wird, unkompliziert einen Bachelor erwerben.
uf europäischer Ebene – auch davon ist gesprochen
orden – sind wir dabei, für mehr Durchlässigkeit zu

orgen und mehr Rahmenbedingungen zu schaffen, um
ie Vergleichbarkeit von Abschlüssen im europäischen
ahmen voranzubringen und so die Anerkennung zu er-

eichtern.

Es gibt also Beispiele – wenn auch nur sehr wenige –,
ie deutlich machen, in welche Richtung es gehen muss.

Lange Zeit, liebe Kolleginnen und Kollegen, war die
on mir erwähnte Studie der Universität Oldenburg das
inzige Datenmaterial, das bei diesem Thema hilfreich
ar. Natürlich brauchen wir – da sind wir uns einig – für

ine auf Kontinuität angelegte Integrationspolitik wei-
ere statistische Informationen und weiteres Datenmate-
ial. Eine im Auftrag der Bundesregierung durchgeführte
tudie hat festgestellt, dass – obwohl die Wirtschaft
achkräfte nachfragt – von den 86 Prozent der für die
tudie befragten Migranten, die bereits mit einem
bschluss nach Deutschland gekommen sind, nur
6 Prozent einen Arbeitsplatz bekommen haben. Das ist
ine traurige Entwicklung.

Integrationspolitik im Bildungsbereich – da bin ich
ehr nah bei dem, was die Kollegin von der FDP gesagt
at – ist darum für uns die wichtigste Zukunftsaufgabe.
llerdings wird unserem Bildungssystem regelmäßig
escheinigt, dass es zu wenig durchlässig ist, dass es zu
)






(A) )



(B) )


Gesine Multhaupt
wenig Aufstiegsmöglichkeiten bietet, dass es aussondert
und ausgrenzt. Darum werden wir Sozialdemokraten
nicht nachlassen, auf jeder Ebene für mehr integrierte
Systeme im Bildungsbereich zu sorgen, die Durchlässig-
keit garantieren und Menschen, die besondere Unterstüt-
zung und Hilfe brauchen, eine Chance bieten.


(Beifall bei der SPD)


Untersuchungen belegen beispielsweise, dass insbe-
sondere qualifizierte Migranten ihre Kinder auf inte-
grierte Gesamtschulen schicken, wo sie einen guten Ab-
schluss bekommen. Die Universitäten, die Studiengänge
für Migranten anbieten – Beispiele sind schon genannt
worden –, geben deutliche Signale: Hier seid ihr will-
kommen, hier habt ihr ein Angebot, nutzt es!

Integration kann und wird nur gelingen, wenn alle
Akteure im Bildungssystem gemeinsam handeln und er-
kennen, dass wir ein flächendeckendes Angebot an inte-
grierten Systemen benötigen, mit dem wir die Grundvo-
raussetzungen für Bildung schaffen. Solange das nicht
gelingt, wird Anerkennung immer nur Gerede bleiben.
Der Nationale Integrationsplan, in dem sich Bund, Län-
der und Wirtschaft darauf verständigt haben, Anerken-
nungsverfahren zu verbessern, ist hierfür ein durchaus
gelungenes Beispiel; das will ich nicht unerwähnt lassen.
Aber für uns Sozialdemokraten ist und bleibt das Strei-
ten für integrierte Systeme mit das wichtigste Projekt der
nächsten Jahre.

Die FDP hat in ihrem Antrag einen Informationspool
zur Vergleichbarkeit von internationalen Abschlüssen
gefordert. Mit der Datenbank ANABIN sind wir hier
schon ein Stück vorangekommen. Gemeinsam mit den
Kammern wird – Sie haben es zu Recht erwähnt – an
besseren, durchlässigen Anerkennungsverfahren gear-
beitet.

Ich komme zum Schluss. Wir Sozialdemokraten wol-
len die volle gesellschaftliche Teilhabe aller in unserem
Land lebenden Menschen. Natürlich werden wir mit
Nachdruck daran arbeiten, die bei der Anerkennung von
Leistungen bestehenden Barrieren aus dem Weg zu räu-
men und hier zu einer dauerhaften Lösung zu kommen.


(Beifall des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])


Einige Analysen in den heute zur Abstimmung vorlie-
genden Anträgen sind sicherlich zutreffend und werden
von mir durchaus geteilt. Aber Sie werden Verständnis
dafür haben, dass wir mit Blick auf das, was wir schon
erreicht haben und was wir noch gemeinsam voranbrin-
gen müssen, die Anträge heute ablehnen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Uwe Barth [FDP]: Wir wollen unseren Antrag eigentlich erst einmal nur überweisen!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1620219100

Nächste Rednerin ist die Kollegin Sevim Dağdelen,

Fraktion Die Linke.

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(C (D Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und erren! Ich bezweifle, dass diese Bundesregierung und uch die sozialdemokratische Fraktion wirklich etwas erändern möchten. Denn das Problem ist seit Längerem ekannt, ebenso die Analyse; die Studien liegen vor. ber die Bundesregierung setzt das, was sie weiß, nicht m. Sie tut so, als ob sie es nicht wüsste, und verliert ich in Absichtserklärungen im Nationalen Integrationslan oder auf irgendwelchen Gipfeln, wo sie von Scheinerfern angestrahlt wird, und das war es. Das Problem der Menschen beheben Sie nicht, seit ahrzehnten nicht. Sie berauben die Menschen ihrer geellschaftlichen Teilhabe und der Möglichkeiten, die sie ufgrund ihrer Erwerbsbiografien und ihrer Qualifikatioen haben. Es ist nicht so, dass das Problem nicht erannt wurde. Es fehlt nur einfach der Wille, dieses Prolem zu lösen. Es gibt keinen Integrationswillen seitens er Bundesregierung. Wir haben in den letzten Tagen ber die Studie des Berliner Instituts mehrfach in den edien hören und lesen können. Am Montag überraschte uns die Integrationsbeaufragte Frau Maria Böhmer – ausnahmsweise ist sie heute ei dieser Debatte anwesend – it ihrer vermeintlichen Entschlossenheit, den Betroffeen der von ihr mitzuverantwortenden Desintegrationsolitik helfen zu wollen. Sie will sich nun dafür einseten, dass sich die Situation der halben Million Menschen n Deutschland, die über einen ausländischen akademichen Abschluss verfügen, der aber nicht anerkannt ird, ändert. „Dringendsten Handlungsbedarf“ sah sie uch im Focus vom 20. Oktober 2008. Da kündigte sie uch an, dass sie den „Anerkennungsdschungel lichten“ olle. Wie ich gesagt habe: Das Problem ist bekannt. Die ersuche, Zugang zum Arbeitsmarkt zu finden, führen in eutschland viele Migrantinnen und Migranten mit im usland erworbenen Abschlüssen oft in Sackgassensi uationen. Das hat Frau Kollegin Laurischk hier schon eutlich gemacht. Bildung allein ist eben nicht der chlüssel zur Integration, was die Sozialdemokraten seit ahrzehnten immer herunterbeten. (Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Kommen Sie herunter! Haben Sie Feindbilder?)


(Beifall bei der LINKEN)

Sevim Dağdelen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620219200

(Widerspruch bei der CDU/CSU)


In der Studie des Berliner Instituts wird das ganz
eutlich gesagt. Darin heißt es:

Bildung bedeutet aber nicht automatisch eine ge-
lungene Integration, denn nach wie vor baut die Ge-
sellschaft Hürden für Migranten auf: Selbstständi-
gen wird die Niederlassung erschwert, Abschlüsse
werden nicht anerkannt …

Wenn man das Problem seit Jahren kennt, dann frage
ch mich, warum man es nicht behebt. Dieses Problem






(A) )



(B) )


Sevim DaðdelenSevim Dağdelen
wurde schon im ersten Memorandum des ersten Auslän-
derbeauftragten aus dem Jahre 1979 angesprochen.


(René Röspel [SPD]: Sie werden es garantiert nicht beheben!)


Ich sage für meine Fraktion: Es geht nicht, dass man
den Menschen die Möglichkeit nimmt, am gesellschaft-
lichen Leben teilzunehmen. Ich sage auch: Frau Böhmer,
Sie haben genug geredet. Es ist Zeit für Taten. Viele Mi-
grantinnen und Migranten in Deutschland haben dank
Ihrer Politik und der Politik der Bundesregierung viele
Jahre verloren.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Wir haben das BAföG verbessert! Wir haben das MeisterBAföG verbessert! Registrieren Sie das, Kollegin!)


Versuchen Sie doch einmal, in der Integrationspolitik
nicht hinter anderen Ländern der Europäischen Union
hinterherzuhinken! Schaffen Sie eine gesetzliche Grund-
lage wie zum Beispiel in Dänemark! Eine Website, die
nur die Aufgabe hat, das Chaos zu verwalten, brauchen
wir nicht. Sorgen Sie stattdessen dafür, dass ein Konzept
entwickelt wird! Sorgen Sie dafür, dass die Anerken-
nung von im Ausland erworbenen Qualifikationen bun-
desweit vereinheitlicht, vereinfacht und beschleunigt
wird! Wir brauchen ein System mit Rechtsansprüchen
zur Feststellung, Einordnung und auch Zertifizierung
von Abschlüssen. Dafür zu sorgen, ist die Aufgabe der
Bundesregierung und nicht die Aufgabe von einzelnen
Personen. Die Bundesregierung muss die Rahmenbedin-
gungen dafür schaffen; sie trägt dafür die Verantwortung
und nicht einzelne Personen.

Wenn Sie wollen, finden Sie auch einen Weg. Des-
halb plädiere ich dafür, endlich Taten folgen zu lassen
und nicht immer nur darüber zu sprechen, dass man Inte-
gration wolle. Der Wille allein genügt nicht. Die Bun-
desregierung ist dazu aufgerufen, endlich zu handeln.


(Beifall bei der LINKEN – René Röspel [SPD]: Mit solchen Reden integriert man aber auch nicht!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1620219300

Letzte Rednerin in dieser Debatte ist die Kollegin

Priska Hinz, Bündnis 90/Die Grünen.


(Zuruf des Abg. Marcus Weinberg [CDU/CSU])


Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):

Herr Weinberg, ich weiß nicht, ob ich Sie mit dem,
was ich heute sage, glücklich machen kann. – Sie haben
das Problem erkannt und haben auch gesagt, dass das
Problem erkannt wurde. Aber die Tatsache, dass wir
heute die beiden vorliegenden Anträge beraten, zeigt,
dass das Problem noch nicht gelöst ist. Nach wie vor
sind die Anerkennungsverfahren zu kompliziert, zu
langwierig und unüberschaubar. Das Problem ist, dass
die Akteure wie Hochschulen, IHKen, Bundesagentur
für Arbeit, Bund und Länder nicht miteinander kooperie-

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(C (D en und ihre Anstrengungen, zu einem guten Anerkenungsverfahren zu kommen, nicht koordinieren. Das Problem ist, dass viele Zugewanderte über Jahre ier leben und gar nicht wissen, an wen sie sich wenden ollen, weil es keine effiziente Beratungsstruktur gibt. uch die BA hat in ihren örtlichen Arbeitsagenturen eine ausreichend gut ausgebildeten Mitarbeiter, die die ugewanderten beraten können. Es gibt noch nicht einal eine entsprechende EDV, mit der die Kompetenzen er zugewanderten Menschen, deren Abschlüsse formal och nicht anerkannt sind, überhaupt festgehalten weren können. (Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Ich kenne hervorragende Menschen bei den Arbeitsämtern, die sich mit großem Engagement darum bemühen, sie zu beraten! Es ist nicht wahr, dass es keine Leute gibt, die das können!)


nsofern geht ein riesiges Potenzial verloren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir tun so, als ob wir keinen Fachkräftemangel hät-
en. Wir tun so, als ob die individuelle Leistung der Zu-
ewanderten nichts wert wäre. Das ist das falsche Signal
ür eine Zuwanderungsgesellschaft. Ich glaube, dass
ringend etwas getan werden muss, vor allen Dingen
uch seitens der Bundesregierung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Rachel, es gab einen Bildungsgipfel. Was haben
a Bund und Länder gemacht? Sie haben vereinbart, zu
rüfen, ob es Ausweitungsmöglichkeiten für Anerken-
ungsverfahren gibt. Danke schön! Es ist nun wirklich
er Gipfel, so etwas zu vereinbaren,


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


nstatt Butter bei die Fische zu geben und zu sagen, was
atsächlich geändert werden soll. Im Rahmen des Natio-
alen Integrationsplanes wurde vereinbart, dass Kon-
epte und Empfehlungen erarbeitet werden und dann
odellversuche in die Erprobung gehen. Wir brauchen

ber keine Erprobung von Modellversuchen mehr. Wir
rauchen einen Rechtsanspruch für die Zugewanderten,
ass ihr Anerkennungsverfahren durchgeführt wird,


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])


amit sie überhaupt eine Chance haben, dass ihre Kom-
etenzen erhoben und sie dann auch eingegliedert wer-
en.

Wir brauchen modulare Anpassungsqualifizierungen
ür diejenigen, die zwar im Ausland einen Abschluss er-
orben haben, aber vielleicht noch eine Anpassungsqua-

ifizierung brauchen. Es wäre gut, wenn wir das Ausbil-
ungssystem insgesamt modernisieren würden, weil sich
o etwas dann leichter durchführen ließe.

Wir brauchen dringend die Ausgestaltung des DQR,
amit nicht nur die Kompetenzen der Höchstqualifizier-
en mit akademischer Ausbildung, sondern auch derjeni-






(A) )



(B) )


Priska Hinz (Herborn)

gen, die mit anderen Berufsabschlüssen ins Land ge-
kommen sind oder noch kommen, tatsächlich eingestuft
werden können. Auch das macht Anerkennungsverfah-
ren leichter. Zudem brauchen wir eine verbesserte Bera-
tung der Individuen.

Der politische Wille, der hier erklärt wurde, ist wohl-
feil. Solange er nicht umgesetzt und durchgesetzt wird,
stehen solche Anträge, wie wir sie heute beraten, zu
Recht auf der Tagesordnung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


Deswegen werden wir weiter darauf drängen, dass die
Bundesregierung ihre Pflicht erfüllt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1620219400

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus-
schusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenab-
schätzung zu dem Antrag der Fraktion Die Linke mit
dem Titel „Für eine erleichterte Anerkennung von im
Ausland erworbenen Schul-, Bildungs- und Berufs-
abschlüssen“. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Be-
schlussempfehlung auf Drucksache 16/11732, den An-
trag der Fraktion Die Linke auf Drucksache 16/7109
abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh-
lung? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Be-
schlussempfehlung ist bei Gegenstimmen der Fraktion
Die Linke mit dem Rest der Stimmen des Hauses ange-
nommen.1)

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 16/11418 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 10 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten
Wolfgang Börnsen (Bönstrup), Maria Michalk,
Dr. Hans-Peter Uhl, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeord-
neten Rainer Arnold, Klaus Uwe Benneter,
Clemens Bollen, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der SPD

Zehn Jahre anerkannte Regional- und Min-
derheitensprachen in Deutschland Schutz –
Förderung – Perspektiven

– Drucksache 16/11773 –

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege
Wolfgang Börnsen, CDU/CSU-Fraktion.

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t1) Anlage 3

(C (D (Beifall bei der CDU/CSU –Zuruf von der CDU/CSU: Nu ward Platt snackt!)



Wolfgang Börnsen (CDU):
Rede ID: ID1620219500

Liebe Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und

ollegen! Es wird sprachlich ein wenig bunter in unse-
em Parlament. Ich weiß, dass viele das außerordentlich
efürworten und auch respektieren. Wat mutt, dat mutt!


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Watt kütt, datt kütt!)


Teihn Johr is dat all her, dat uns lütte Spraken in
üütschland „hoffähig“ wurrn sünd: dat Plattdüütsche,
äänsch, Freesch und de Spraak vun de Sorben und vun
e Sinti und Roma. An’n 1. Januar 1999 weer dat so
iet: Die Europäische Sprachencharta für Regional- und
inderheitensprachen erhielt Rechtskraft in Deutsch-

and. Man, dat weer een Festdag för de Lütten. Die
harta gilt für die traditionell in unserem Land gespro-
henen Minderheitensprachen. Gleichwohl hat sie, wie
ch finde, auch eine positive Wirkung für eine prakti-
ierte Sprachentoleranz gegenüber den vielen neuen
inderheitensprachen in Deutschland, ob Türkisch,
ussisch, Kasachisch oder andere.

Vun 47 Länner in de Europarat hemm nur 23 Ja seggt
o de Charta. De annern hemm seggt, dat weer „zu kom-
liziert“. Dat heet, 50 Prozent hemm bit jetzt Nee seggt.
at finn ik een Truerspeel; dat dörf nich so blieven.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und der LINKEN – Zurufe von der SPD: Übersetzung!)


Der Deutsche Bundestag hat vor zehn Jahren, wie ich
inde, vorbildlich gehandelt. Er hat seinen Sprachmin-
erheiten Anerkennung, Schutz und Förderung zugesagt
nd dazu beigetragen, dass diese Sprachencharta den
tellenwert einer Magna Charta für inoffizielle Sprachen
innimmt. Magst glöven oder nich, 70 lütte Spraken al-
een in Europa sünd in ehrn Bestand bedroht. Op uns

elt gifft dat bi 7 000 Spraken; vun 4 000, dat heet fast
0 Prozent, seggt man: Wenn wi se nich schützen doon,
ann gahn se doot. Dat, finn ik, weer een groten Verlust
ör de Minschheit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)


Auch drei Minderheitensprachen bei uns und die Re-
ionalsprache Niederdeutsch stehen auf der Roten Liste
m Atlas der Weltsprachen. Auch sie sind in ihrem Be-
tand existenziell gefährdet, wenn, ja, wenn se in de Kin-
ergoorn, in de Scholen un to Huus in de Familie nich
ehr snackt warrn, wenn se bi de Lehrerutbildung, in’t
adio, in de Kieckkist un in de Presse nich mehr vörka-
en doon.

Bedroht ist auch das Plattdeutsche, eine eigenständige
prache, die Kurt Tucholsky geliebt und Klaus Groth
elbstbewusst gemacht hat. In der Hansezeit war sie die
eherrschende Sprache in ganz Nordeuropa. Heute wird
ie noch von 9 Millionen Menschen verstanden und von
napp 3 Millionen Menschen gesprochen. Allein 170 li-
erarische Neuerscheinungen gibt es jährlich.






(A) )



(B) )


Wolfgang Börnsen (Bönstrup)

Man, dat Ministerkomitee ut Brüssel, dat de Char-
tapraxis jede dree Johr kontrolleern deit, seggt: Ok dat
Plattdüütsche is noch lang noch nich hulpen. Dor mutt
mehr doon warrn: in de Bildung, bi de School, bi de Be-
hörden un ok bi de Plegekräfte för de ölleren Lüüd. Mo-
derspraak, dat is Heimat. Moderspraak, dat is een Kul-
turgoot.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Sprache ist – das wissen wir – Identität, ist der
Schlüssel zum Weltverstehen. Mehrsprachigkeit ist das
Gebot der Stunde. Das ist europäisch gehandelt. Deshalb
haben Minderheitensprachen Förderung verdient; denn
wer Plattdüütsch oder een annere lütte Spraak snacken
deit, de kann eben mehr as Broot eten.

Der Deutsche Bundestag unterstreicht heute mit die-
ser Debatte sein Bekenntnis zur Sprachenvielfalt in un-
serem Land. Er anerkennt damit das Bemühen Tausen-
der von Menschen, von Bürgern, von Gruppen und
Verbänden für den Spracherhalt und erwartet, dass die
Erfordernisse, die wir ihnen heute vorgelegt und präsen-
tiert haben, auch übernommen werden. Dazu gehört
auch die Initiierung eines Sprachenkongresses, um aller
Welt deutlich zu machen, was wir alles tun und was noch
zu tun ist.

Man, dat is kloor, all mööt wi mit anpacken, dat dat
wedder bargop geiht mit de Lütten. Bi mi in Sleswig-
Holsteen süht dat gor nich so ring ut mit dat Plattdüütsch
un de annern Spraken. In meiner Heimatstadt Flensburg
gibt es eine Zeitung, die in Dänisch und Deutsch er-
scheint, un es gifft Masse Amtsstuven, dor is een, de
snackt Plattdüütsch, de snackt Däänsch, de snackt
Freesch. Dormit warrt de Lüüd ok hulpen, un dat is ok
goot so.

Man, mi maakt doch besorgt, dat hüüt Plattdüütsch
nich mehr in jede Kinnermund is. Aber hoffnungsvoll
stimmt – auch für meine Kollegen und für Sie alle; auch
für die Zuhörer –: Jeder Mann, jede Frau könnte Platt-
deutsch lernen und Fan dieser Sprache werden. Einen
hat die plattdeutsche Sprache gefunden, den Sie alle ken-
nen: Asterix. Asterix snackt op platt, Obelix ok,


(Heiterkeit des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP])


un beide fallt de Himmel op Plattdüütsch op de Kopp,
wenn se nich oppassen doon.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1620219600

Ich gebe das Wort dem Kollegen Hans-Michael

Goldmann, FDP-Fraktion.


Hans-Michael Goldmann (FDP):
Rede ID: ID1620219700

Verehrte Frau Präsidentin! Geachte Daamen un Hee-

ren!

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(C (D Ik bün heel blied, dat wi hier vandaag binanner koen sünt, um teihn Jahr „Europäische Charta der Regio aloder Minderheitensprachen“ to fiern. As wi dat letsde Mal daröver heer satten hier in’t undesdag in dat Jahr 2004, wassen wi uns all eenig: Wi ünd up een goode Padd. Besünners platt ward in de letsde Tied weer mehr root. Lüü prooten platt in Huus, up’t Straat, bi d’Arbeit, p Böskoop un ok in de Amtsstuuven. Ok bi de Lüü annst best toraan komen up Platt, de verstahn Platt un rooten ok Platt. Mien leeve Lüü, dat is mi neet genog. latt mut ok lehrt worden. (Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Richtig!)


tuderen kann man platt up Hochskool man bloot in
iel. Schleswig-Holstein is dar wall een Vörbild.


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Das ist auch gut so!)


k dä mi freien, wenn dat annersworens ok so was.


(Zuruf des Abg. Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Wi ok!)


In acht Bundesländer word d’r Platt proot in Bedrie-
en un Vereinen. Was een heel Bült beter, wenn Platt
ann ok mehr in’t Radio to hören was. Wi betahlen dar
k ja all mehr för. Dann können wi ok uns eegen Spraak
erwachten wesen. Is ja heel moij, dat NDR all een paar
ahr lang so wat hett as Hör mal ’n beten to.


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Richtig!)


i dünkt, WDR kunn ok een bietje maken.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU], an Abg. Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU] gewandt: Bei dir war es flüssiger!)


Das ist meine erste Rede in Platt. Ich habe sechs Stun-
en geübt.


(Heiterkeit und Beifall)


In’t Fernsehen kenn ik bloot Talk op platt. Heel an-
ers is dat mit Bairisch un so. Dat hören wi alltied in’t
ernsehen


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


n dar gifft’t ok keene Unnerschrift. Mit Platt is dat heel
nners. 1982 gaff dat wall mal een Tatort „Wat Recht is,
utt Recht bliewen“. Man dar is’t dann ok bi bleven.
ülst de Lüü van dat Ohnsorg-Theauter ut Hambörg
rooten alltied düts in’t Fernsehen. Dat mutt anners wor-
en.


(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD)


Un wo is dat mit dat Friesisch. Dar gifft dat in Schles-
ig-Holstein een „Gesetz zur Förderung des Friesischen

m öffentlichen Raum“. Man dat hett nich veel hulpen






(A) )



(B) )


Hans-Michael Goldmann

(Zuruf des Abg. Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Een betken doch!)


– een bietje –; gifft neet mehr Lüü, de friesisch prooten
können. Ik denk mi, wenn uns Kinner nu bold een heel
Dag in’t Skool sitten söllen, dann könen se dar ok wall
een bietje Platt lehren.

Engelsk is seeker van Belang, man uns eegen Spraak
un Kultur düren wi neet heel vergeeten.


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Richtig!)


Dar mutten dann de Regeerens van de Bundesländer
un van Berlin uns mit een bietje Geld stönen. Wor is dat
dann mit lüttje Koppels in uns Gesellskup? Dar sünt de
Dänen, de geiht dat noch goot. De hebben Dänemark,
wor de Spraak alltied proot un uprecht hollen word. Un
dann gifft dat ok de Sorben. De hebben all een heel Bült
dörmaakt, de hebben leeden, um dat se Germanen wor-
den sullen in Preußen. Un in’t Darde Riek of in d’ DDR
bünt se ok neet besünners maal west mit de Sorben. Pas-
toren un Meesters hett man her eenfach weghaalt, un so
wurr dat mit de Spraak gau minner. Nu bünt se darbi, dat
se de Lüü twee Spraaken lehren willen, Sorbisch un
Düts. Dat Witaj-Projekt is darbi een heel Stön, dat weer
mehr Lüü her Moderspraak prooten. Dat kann dann ok
so wat as een Brüch na Oosten wesen.


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Richtig!)


Sietdem dat wi de Charta hebben, is all een heel Bült
passeert, dat mutt man seggen. Spraaken, de minn Lüü
prooten, sünt neet unnergahn, se sünd erhollen bleven un
ok de Kultur van disse lüttje Koppels. Dat is besünners
good, um dat lüttje Koppels dat alltied good stur hebben
in disse Welt, is ok good. De kommen neet so faak to
Word, dar gifft dat een Bült Striet un Elend um. Lüttje
Koppels mutten ok to her Recht komen, ok mit her
Spraak un Kultur. Friesen, Sorben, Sinti, Roma un Dä-
nen wull ik neet missen, de bünt heel wat Besünners för
uns Gesellskup.


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Richtig!)


Darum mutten wi all mitnanner wat daarfor doon, dat dat
ok in Tokunft so blifft.


(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD – Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/ CSU]: Fein Snack!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1620219800

Für die SPD-Fraktion gebe ich das Wort der Kollegin

Karin Evers-Meyer.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Karin Evers-Meyer (SPD):
Rede ID: ID1620219900

Verehrte Fro Präsidentin! Leve Fruenslüüd! Leve

Mannslüüd! Teihn Johr is de Europäische Charta för Re-
gional- oder Minderheitenspraken nu in Düütschland
Gesetz. Na so’n lange Tiet is dat nödig – un mi dücht,

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(C (D at is ok uns Plicht as Düütsche Bundesdag –, dat wi naieken doot: (Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Richtig!)


at is dor bi ruutsuert? Wat hett sik an de Laag vun de
üttjen Spraken in us Land ännert? Un: Wat mööt wi in
ang setten, dat allens dat, wat in düt Regelwark binnen

teiht, ok würklich un wohrhaftig bi de Minschen an-
ummen deit?

Ik will vör allen vun dat Plattdüütsche snacken, denn
at is de Spraak un de Kultur, bi de ik mi utkennen do.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP])


at is nu goot een Johr her, dor hett dat Institut för ned-
erdüütsche Spraak in ganz Norddüütschland en reprä-
entative Ümfraag maakt. Rutkamen is, dat de Tall vun
e Platt-Snackers in blots een Generatschoon op dat
albe trüchgahn is. 23 Johr vörher geev dat noch goot
Millionen Platt-Snackers, un nu sünd dat noch

,6 Millionen. Un wenn sik een de Öllers-Pyramide be-
ieken deit, denn kann een bang warrn. Dor gifft dat nich
eel glatt to snacken: bi de Lüüd ünner 35 kummt Platt
eist gor nich mehr an.

Man düt is dat anner Gesicht vun de Ümfraag: de
ympathie-Werte för Platt weern noch nienich so hooch.
ele Minschen hebbt dat begrepen: dor geiht wat verlo-

en: an Spraak, an Kultur, an Lebensoort. De jungen
üüd wunnert sik doröver, dat se sülbst de Spraak nich
ehr köönt, de Oma un Opa noch ganz normaal Dag för
ag snackt hebbt. Un: De Lüüd möögt Platt, se höört
eern den Klang, se freit sik to Plattdüütsch in’t Theater,
n de Zeitung oder in’t Fernsehn. Dat is al en snaaksche
aag: all möögt se Platt – man nüms snackt de Spraak.

Mit de Spraken-Charta bekennt Düütschland sik to
iene lütten Spraken. Man dat warrt ok konkret: Bund un
änner hebbt en Bült Plichten övernahmen. Wat dorbi
abenan steiht, is: Strukturen schaffen un Anreize setten.
n hier sünd wi in de letzten Johren en ganz Stück wie-
erkamen: So hett 2006 dat Bundes-Binnenministerium
n Utschuss inricht, de Raat geben schall in all spraakpo-
itische Fragen, de mit dat Plattdüütsche to doon hebbt.
at is dat Gremium, wo de Platt-Snackers mit de Bun-
esdags-Fraktschonen an een Disch sitt un wo se all dat
ördag bringen köönt, wat för jüm wichtig is. Mi dücht
ber: Düsse Opgaven schullen wi doch noch een beten
at eersthaftiger bedrieven. Ik meen dormit ok uns Ver-

reters vun de Fraktschonen, denn vun de sünd dor nie
ehr as een oder twee Lüüd hin gahn. Prioritäten hin

der her: Gode Sprakenpolitik op internatschonaal Ni-
eau heet ok, dat wi us hier in Berlin darum kümmern
ööt. Un wi köönt ok op düsse Oort de Lüüd wiesen, dat
i sülbst dat Thema wichtig nehmt.

Ji weet ok, wer keen Geld in de Knipptasch hett, kann
een Kulturarbeit leisten. Dorüm is dat för mi ok en
chritt in de richtige Richtung, dat in den Bundes-Huus-
ollt siet 2008 en extra Posten för de Förderung vun de
edderdüütsche Spraak binnen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Karin Evers-Meyer
– Ja, dat köönt wi ruhig anerkennen. – De Beopdragte
för Kultur un Medien hett düsse Opgaav annahmen, un
dor schullen wi em Dank för seggen. Dat Geld is de
Grundlaag för en ganze Reeg vun Projekten, de Anre-
gungen geevt, sik mit Platt to befaten und de Spraak ok
to lehren. En Deel vun dat Geld is dorför, dat sik de
Plattdüütschen överhaupt politisch organiseren köönt.
Düsse Arbeit hett de Bundesraat för Nedderdüütsch in de
Hand nahmen.

De Spraken-Charta verlangt ok, dat de Staat mehr deit
för de Regional- un Minnerheiten-Spraken. Eenmal heet
dat: De Lüüd, de düsse Spraken snackt, de schüllt dor
keen Nadeel vun hebben. Man wo süht dat konkret ut in
us Olenheime un in de Krankenhüüs? Ok dor gifft dat en
Artikel in de Spraken-Charta för, man so richtig küm-
mert hett sik dor nüms um. Anner Johr hett in Schleswig
de eerste lütte Sozial-Konferenz stattfunnen. Dor weer to
hören vun en Fro, to de seggt de Plegers in dat Heim:
Dat dor is use Chinesin.


(Heiterkeit)


Nüms kann ehr verstahn. Se is in ehr Demenz nämlich
ganz trüchfullen in ehr eerste Spraak – un dat is dat
Plattdüütsche.


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Ja!)


„De Chinesin“ – dat is en Tostand, den wi so nich hin-
nehmen köönt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)


Babenan aber steiht de Fraag: Wo kriegt wi vör allen
de jungen Minschen dorhin, dat se Platt as Spraak lehrt.
Toeerst is dat natürlich en Opgaav för de Familien. Wenn
de nich mitmaakt, denn bringt dat allens nix. Man wi
weet ok: De Mudder-un-Vadder-Generatschoon is meist
utfullen, un Oma un Opa alleen schafft dat ok nich. Jüst
in de Kinnergoorns is hier in de letzten poor Johr överall
in Norddüütschland en Barg op de Been kamen. Se singt,
se speelt, se snackt Platt. Hier geiht de eenfache Reken
op: Twee is mehr as een. Dat heet: Wenn du twee Spra-
ken kannst, denn is dat för dien Kopp beter, as wenn dat
blots een Sprak is.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)


De Europaraat hett vör en poor Johr för dat Spraken-
lehren dat Motto utgeven: twee plus een. Also: Lehr dien
Natschonaal-Spraak – dat is ja bi uns Düütsch –, un denn
lehr en anner grote Spraak – also Engelsch oder
Spaansch oder Russisch –, un denn lehr ok en lütte
Spraak, an besten de, de dat bi di to Huus geven deit – un
dat is bi us ja Plattdüütsch. Noch aber fehlt in us Bil-
dungslandschaft en orntlichen Platz för Platt – un ik
meen dormit ok: för dat Lehren vun de Spraak. Hier
bruukt wi endlich Lösungen, de över dat enkelte Bun-
desland rutgaht. Ik will geern dorto anregen, dat en nord-
düütsche Kultusministerkonferenz endlich sik mit düsse
Fraag befasst.

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(C (D (Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Sehr schön!)


Leve Kolleginnen un Kollegen, ik kaam to‘n Sluss.
i dücht, de Kurs stimmt. De Bundesregerung hett al en

anzen Barg in Gang sett. Man wi sünd jüst eerst loos-
ohrt. Un wi mööt ok noch mehr Fohrt opnehmen. Do-
üm is dat wichtig, dat wi den Andrag vun de Fraktscho-
en vun de CDU/CSU un de SPD annehmt un dat wi em
k wieder to Siet staht.

Velen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1620220000

Ich gebe das Wort dem Kollegen Ilja Seifert, Fraktion

ie Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620220100

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-

egen! Meine Damen und Herren! Ich mag Folklore, und
ch weiß um den Wert von Sprachen. Wenn hier im Ho-
en Hause aber jedes Mal vor Bundestagswahlen aus
ehr durchsichtigen Gründen ein paar Sätze auf Platt
nd, wie nachher auch noch, auf Sorbisch gesagt werden
önnen,


(Sönke Rix [SPD]: Ich habe das auch schon vorher gemacht, nämlich in meiner Jungfernrede!)


ann ist das angesichts der Minderheitenpolitik Ihrer
oalition für mich Feigenblattfolklore.


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Das ist eine blöde Unterstellung!)


Noch schlimmer ist allerdings ein zweiminütiger Fo-
otermin, für den Ex-Kanzler Schröder 2005 die Spitze
er Domowina missbrauchte. Mehr Zeit hatte er für sie
icht. In diesem März soll es ja nun einen Termin von
inderheitenvertretern mit Frau Merkel geben.


(Maria Michalk [CDU/CSU]: Wer sagt das?)


ielleicht hat sie etwas mehr Zeit. Ich will das hoffen.

Reden wir einmal darüber, worum es eigentlich geht.
er vom Europarat eingesetzte Sachverständigenaus-

chuss für die Sprachencharta fällte am 3. April vergan-
enen Jahres ein unmissverständliches Urteil:

Trotz einiger positiver Entwicklungen hat sich die
Lage im Hinblick auf die Regional- und Minderhei-
tensprachen seit der Unterzeichnung des Abkom-
mens durch die Bundesrepublik nicht wesentlich
verändert … Der Sachverständigenausschuss stellt
mit Bedauern fest, dass die Lage einiger besonders
gefährdeter Sprachen sich offensichtlich sogar ver-
schlechtert hat, insbesondere die Lage des Nieder-
sorbischen. Die Lage des Saterfriesischen bleibt
sehr prekär.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Richtig!)







(A) )



(B) )


Dr. Ilja Seifert
Liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalition, Sie
gehen in Ihrem Antrag, der heute Gegenstand der De-
batte ist, mit keinem Wort auf diese Kritik ein. Ihre soge-
nannten Forderungen sind in ihrer Allgemeinheit kaum
zu toppen. So soll die Bundesregierung dafür Sorge tra-
gen, „dass mehr als bisher im Bereich von Bildungsein-
richtungen, Schule, Hochschule, Verwaltung und Me-
dien die Regional- und Minderheitensprachen zur
Geltung kommen“.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Ja! Das ist doch schön!)


Was soll denn das heißen? Oder: Die Regierung soll „ih-
ren Beitrag zur Aufarbeitung und Behebung von Defizi-
ten“ leisten. Ja welchen, bitte?

Diese Forderungen schrieben Sie aus einem Antrag
von SPD und Grünen von Juni 2004 übrigens wortgleich
ab.


(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was?)


Mit der Übernahme belegen Sie selbst, dass sich seit der
damaligen Debatte nichts geändert hat. Das ist ebenfalls
eine Feigenblattdebatte.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das geht nicht alles auf einmal!)


Die notwendigen strukturellen Veränderungen, die
der Europarat fordert, sind Ihnen keine Erwähnung wert.
Wie auch? Die Bundesrepublik hat ja, wie Sie betonen,
„eine erfolgreiche Minderheitenpolitik geleistet.“ Das ist
ein sehr traurig stimmendes Selbstlob.

Was wir wirklich brauchen, ist ein eindeutiges Be-
kenntnis des Bundesstaates zu seinen autochthonen Min-
derheiten und deren umfassender Förderung. Das, meine
lieben Kolleginnen und Kollegen, gehört ins Grundge-
setz! Das ist unser Job hier!


(Beifall bei der LINKEN)


Damit bin ich beim nächsten Punkt. Sie behaupten al-
len Ernstes, „Minderheitenpolitik mit den alteingesesse-
nen Volksgruppen“ würde auf Augenhöhe stattfinden.
Die Minderheiten seien „in der Gesellschaft anerkannt,
geachtet und verankert“.


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Ja, ist doch so! Fragen Sie sie doch mal! – Hans-Michael Goldmann [FDP]: Stimmt doch!)


Unglaublich!

Die Linke steht für den Schutz und die Förderung der
anerkannten Minderheiten: der Dänen, der Friesen, der
Sinti und Roma und natürlich auch der Sorben und ihrer
Sprachen.


(Beifall bei der LINKEN)


Minderheitenpolitik braucht konkrete politische Maß-
nahmen. Wir reden hier nämlich nicht über Folklore. Da-
für demonstrierten unter anderem die Sorben 2008 in
Berlin.

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(C (D (Uwe Barth [FDP]: Sie konnten wenigstens demonstrieren! Bei Ihnen in der DDR durften Sie überhaupt nicht demonstrieren!)


Bezogen auf die Oberlausitz will ich feststellen:
enn wirklich eine offizielle Minderheitenpolitik auf
ugenhöhe stattfände, dann würde man keine Schulen

chließen, in denen Sorbisch Unterrichtssprache ist,


(Beifall bei der LINKEN –Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Das hat die Landesregierung gemacht!)


ann würde der Bundesrechnungshof nicht auf die Idee
ommen, den Einigungsvertrag in Bezug auf die Förde-
ung der Sorben als „verbraucht“ zu bezeichnen,


(Maria Michalk [CDU/CSU]: Das ist doch schon von gestern! Das wissen Sie doch schon!)


nd dann würde keine Bundes- oder Landesvertretung in
er Stiftung für das sorbische Volk mal eben über den
isch hinweg die Schließung des Sorbischen National-
nsembles vorschlagen, das im Übrigen das Einzige sei-
er Art ist.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalition, Sie
ollen Ihren Antrag ja nicht einmal zur Beratung in die
usschüsse überweisen. Damit gehen Sie doch einfach
ur einer Anhörung von Sachverständigen und Betroffe-
en aus dem Wege. Das ist sehr durchsichtig.

Bei der von Ihnen heute geforderten Sofortabstim-
ung über Ihren Folkloreantrag wird sich die Linke der
timme enthalten.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1620220200

Der Kollege Rainder Steenblock, Bündnis 90/Die

rünen, hat seine Rede zu Protokoll gegeben.1)

Deshalb gebe ich jetzt der Kollegin Maria Michalk,
DU/CSU-Fraktion, das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Maria Michalk (CDU):
Rede ID: ID1620220300

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

err Kollege Seifert, bevor ich meine eigentliche Rede
eginne, will ich ein Wort zu Ihrem Beitrag sagen. Ich
inde, es handelt sich, wenn sich alle Fraktionen an der
ffentlichen Darstellung der Sprachenvielfalt beteiligen
önnen, nicht um Wahlkampf. Ich jedenfalls bin dank-
ar, dass wir diese Debatte heute führen dürfen.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


3. rozprawa zwjazkoweje republiki k stawje přesad-
enja europskeje charty za regionalne a mjeńšinowe rěče
e dobry instrument, so na zwjazkowej runinje ze situa-
iju rěčneho stawa, wosebje tež serbskeje rěče, zaběrać.
řepytowanje Europskeje rady je wujewiło, zo su sew-

Anlage 4






(A) )



(B) )


Maria Michalk
jerna a saterska frizišćina kaž tež delnjoserbšćina najbóle
wohrožene rěče němskeje.

Serbšćina změje jenož přichod, hdyž změjemy šule,
hdźež so maćeršćina našim dźěćom a młodostnym we
přeco lěpšej kwaliće a konsekwentnje posrědkuje a hdyž
wostanu šule tam, hdźež serbske swójby a ći, kotřiž
chcedźa našu rěč nawuknyć, bydla. Tu smy we zańdźe-
nych lětach dobre ale tež Bohužel serbsku rěč wohrožace
rozsudy dožiwili. Naspomnju šulsku syć a naše wojo-
wanje wo financne dorozumjenje za załožbu za serbski
lud.


(Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Da hat aber die CDU allein regiert!)


Das sorbische Volk ist nur in Deutschland anzutref-
fen. Seit Jahrhunderten leben Deutsche und Sorben in
der Lausitz miteinander und befruchten sich sprachlich
und kulturell. Das macht die Besonderheit der Lausitz
aus. Das zieht viele an, vor allem Touristen, aber auch
Historiker und Wissenschaftler. Manche bleiben für im-
mer hier und lernen die sorbische Sprache. Wenn sie den
Geist der sorbischen Sprache für sich entdeckt haben
und feststellen: Sorbisch ist zwar eine schwere, aber au-
ßerordentlich reiche und schöne Sprache; es ist auch eine
lebendige Sprache, die ständig weiterentwickelt wird,
deshalb also auch eine moderne Sprache, dann kennen
sie die Seele der Sorben. Nur über die Sprache kommt
man zur Seele eines Volkes.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Das hat eine politische, eine wirtschaftliche und eine
kulturelle Dimension.

Deshalb fühlen wir uns auch als Brücke zu unseren
slawischen Nachbarn, deren Sprache wir sehr gut verste-
hen. Ich wünsche mir, dass das politisch noch stärker ge-
nutzt wird.


(Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Richtig!)


Die europäische Sachverständigenkommission spricht
aber deutlich aus, was wir vor Ort überall sehen, nämlich
dass unser kleines sorbisches Volk kleiner wird, und
zwar aus demografischen Gründen und deswegen, weil
junge Leute der Arbeit und der beruflichen Herausforde-
rung nachziehen. Wir sind zweisprachig und integriert,
aber der wachsenden Assimilation müssen wir uns ent-
gegenstemmen.

Sprachlich machen wir das seit zehn Jahren mit dem
Projekt Witaj, das ich allen ans Herz lege. Immer mehr
Kinder lernen im frühkindlichen Alter beide Sprachen
gleichzeitig, Deutsch und Sorbisch. Diese Witaj-Kinder
haben in der Schule nachweislich in allen Fächern über-
durchschnittliche Ergebnisse.

Wědomosć wupokazuje: za ludnosć wjetšiny je zhro-
madne žiwjenje z mjeńšinami jasnje konstatujomna nad-
hódnota. Wo tym měło so jenož časćišo rěčeć.

Der sorbische Schriftsteller Jurij Brězan, der sich sein
Leben lang mit der sorbischen Sage des Krabat – unse-
rem Faust – beschäftigt hat, schreibt in seinem Werk

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(C (D rabat oder die Verwandlung der Welt im Prolog – ich itiere –: Wie die Atlanten, so kennt auch das Meer den Bach nicht, aber es wäre ein anderes Meer, nähme es nicht auch das Wasser der Satkula auf. atkula ist ein kleiner Bach in der Lausitz. Ich finde, besser kann man die gemeinsame Verantortung nicht umschreiben. Ich danke Ihnen, dass Sie mir zugehört haben. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1620220400

Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege

lemens Bollen, SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Clemens Bollen (SPD):
Rede ID: ID1620220500

Hooggeachte Mienfroo Präsidentin, hooggeachte Da-

en, mien Heren, as oostfreeske Abgeordnete is dat för
it natürlich wat Besünners, hier in’n Bundesdag in
lattdütsk över Regionaal- un Minderheitenspraak to
roten. Ik bün plattdüts upwussen un ik proot geern
latt.


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Fein!)


Bi uns in Ostfreesland un Eemsland is de plattdütske
praak, de de meesten proten – of to Huus oder bi d’ Ar-
eid, Un för heel völ Minschen is dat de Olldagsspraak,
e normaal Spraak. Un faken is dat natürlich so, dat de
llerden beter Platt proten as Hoogdütsk.

Problem is bi de plattdütske Spraak, dat besünners de
unge Lü immer weniger Platt proten. Wi hebben dor en
nnersökung van de Oostfreeske Landskupp in Auerk,
oor Helmut Collmann Präsident is, de hett faststellt,
at 1997 noch immerhin 10 Prozent van de oostfreesk
chölerinnen un Schölers van de eerste Klass Plattdütsk
roten. Teihn Jahr later, 2007, was dat blot noch en bietje
ehr as 5 Prozent. Dit maakt dütlich, dat wi dat Erhollen

n Unnerstützen van Regionaal- un Minderheitenspra-
en mehr maken möten, dat wi dat stärker unnerstütten
öten as bisher.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)


Daarum is ok de Andrag, de hier vandaag to Afstim-
ung steiht, un disse Diskussion vandaag so wichtig! In

e Andrag Punkt 6 is en besannern Punkt, woor dat Kon-
ept fordert warrt to de Sekerung van de Regionaalspra-
en. Un dat dat ok maakt worden sall, gerade de teihn
unkte, de wi in de Hand hatt hebben, is ganz konkret en
ieten Schritt. Un daarum verstah ik ok de Kritik eben
or nich so richtig.


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Den Antrag hett he nich verstahn!)







(A) )



(B) )


Clemens Bollen
Insofern begrüße ich gerade diesen Antrag as wieden un
wichtigen Schritt, weil ok de Bund in Verantwortung is,
un völ weet nu gaar nich, dat dat Bundesgesetz is.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Natürlich sünd besünners ok de Landesregierungen in
de Plicht, all Punkten van de Sprakencharta natokomen.
Un besunners mööt wi ok kieken, of dat ok maakt word.
Un deshalb bruuken wi ok den Bundesraad bi de Diskus-
sion, wat de Spraken dor anbelangt. Blot so könt wi
Plattdütsk as en egen un lebennigen Spraak erhollen.
Vör allen mööt wi ok daarför sörgen, dat bi Ämter un
Behörden Plattdüütsch proot word, un vör allen Dingen
ok, dat’t vundaag un ok in twintig Jahr noch Mitarbei-
ders gifft, de ok en Woord up Platt verstahn könen un en
Woor up Platt maken könen, sowiet möglk.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: So mutt dat sien!)


Dejenigen, de menen dat Kinner, de mit plattdütske
Spraak upwassen sünd, naher dat later stuurder hebben
to lehren, de liggen verkehrt. Ganz in’n Gegenteil. De
goot Plattdütsk proten hebbt ok mehr Fähigkeiten, anner
Spraken to lehren. Besunners is dat Plattdütske ok eng
verwandt mit dat Engelske un dat Nederlandske. Un vör
allen Dingen, de Unnersöken seggt, well vun froh mit
Plattdütsk upwasst, kann um so eenfacher ok annere
Spraken lehren.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)


Deshalb geiht dat hier um de Identität, aber sehr wohl
ok um de Fähigkeiten, ok dor in de Region sünd. Un des-
halb kann – dat keem hier ja al to’n Utdruck – nich vor-
rangig bloß an Schölen, Hochschölen un Bildungsein-
richtungen rekent worrt, sondern Spraak lehrt man
besonners dordör, dat man dat proot. Un dor mööt wi na-
türlich ok för sörgen, so wie hier, un deshalb glööv ik, is
dat ok en wichtigen Anlass, för uns gemeinsam as Bot-
schafter för de Spraak to fungieren.


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Richtig!)


Un vör allen Dingen, dat de plattdütske Spraak ok mehr
in de Verwaltung un de Medien to Spraak kummt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


En lüttj Bispill: bi mi ut de Gemeente Oostrhauder-
fehn, woor ik herkaam, dor gifft dat – un in völ anner
Gemeenden ok bi uns – Beauftragte för Plattdütsk. Ik
glööv, dat is en good Beispiel to överdragen, ok besun-
ners in anner Bereiche – bi mi un bi Gabriele Groneberg,
is eine saterfriesische Sprachinsel. Saterfriesisch ist eine
besondere Sprache, bei der Unterstützung notwendig ist.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)


Disse Beupdragten för Plattdüütsk, as Netzwerk ok to
verbreiten in de Kommunen, arbeiten na dat Motto:


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(C (D Vörsörgen – Stön geven – un umsetten!“ De kümmern ük um de Pleeg un de Stön van de plattdütsche Spraak n ok sükse Projekte wie Plattdütsch bi’d Arbeid. Völ ehren besunners doch bi de Arbeit vun de, de dat oftmal n jungen Jahren nich lehrt hebbt. Dat de Quote, de wi so ehn, doch wedder en beten hochhoben ward. Dorum: Je hrder Plattdüsch in de Olldag inbrocht word, um so ekerder is dat Overleven van disse Regionaalun Minerheitenspraak. Mienfroo Präsidentin, hooggeachte Damen, mien Heen, Plattdütsch is en egen Spraak un is Kulturgood. Ok i van’n Bundesdag könen mit daarför sörgen, dat dit ulturgood nich unnergeiht. Nich blot proten – Doon, is k wichtig! (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP])


elpt mit, dat mehr geböhrt un de Minderheitenspraaken
k erholden blieben. Spraak is Heimat!

esten Dank för Jo Tohören.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP])



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1620220600

Das Wort zu einer persönlichen Erklärung zur Ab-

timmung gebe ich dem Kollegen Uwe Barth.


Uwe Barth (FDP):
Rede ID: ID1620220700

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

iese Debatte liefert einen eindrucksvollen Beweis da-
ür, wie groß die kulturelle Vielfalt und die Sprachen-
ielfalt in unserem Land ist. Ich will zugestehen, dass
ch im Moment offenbar einer Minderheit angehöre,
ämlich denjenigen, die kein Plattdeutsch verstehen. Ich
timme dem vorliegenden Antrag zu, möchte aber hinzu-
ügen, dass ich das ausdrücklich nur aufgrund der Lek-
üre des Antrages und in großem Vertrauen in die Kolle-
innen und Kollegen, die hier gesprochen haben, tue, da
ie bei diesem gemeinsamen Anliegen in den unter-
chiedlichen Sprachen sicherlich das Richtige gesagt ha-
en.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1620220800

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der

raktionen der CDU/CSU und SPD auf Drucksache
6/11773 mit dem Titel „Zehn Jahre anerkannte Regio-
al- und Minderheitensprachen in Deutschland – Schutz –
örderung – Perspektiven“. Wer stimmt für diesen An-

rag? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der An-
rag ist mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grü-
en, CDU/CSU und FDP bei Enthaltung der Fraktion
ie Linke angenommen.


(Beifall des Abg. Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU])







(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 11 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Gerhard Schick, Alexander Bonde, Kerstin
Andreae, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Bankenrettung neu ausrichten

– Drucksache 16/11756 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Haushaltsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fünf Minuten erhalten
soll. – Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist das so be-
schlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Ich gebe das Wort dem
Kollegen Dr. Gerhard Schick, Bündnis 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Wir haben zurzeit eine intensive Diskussion über die
Fragen, ob eine Bad Bank errichtet werden soll oder
nicht, ob eine große Bad Bank oder viele kleine Bad
Banks errichtet werden sollen, ob Ausgleichsforderun-
gen erhoben werden sollen, ob eine Versicherungslösung
wie in Großbritannien sinnvoll ist oder ob sogar eine Än-
derung des Entschädigungsgesetzes notwendig ist. Es ist
richtig, dass wir in dieser schwierigen Situation nicht nur
in der Öffentlichkeit, sondern auch hier über den richti-
gen Weg diskutieren. Nach dem Ende des vierten Quar-
tals 2008 hat sich wieder eine Verschärfung ergeben. Wir
müssen daher feststellen, dass die Ziele mit dem Finanz-
marktstabilisierungsgesetz, dessen Entwurf Anfang Ok-
tober letzten Jahres verabschiedet wurde, nicht erreicht
wurden.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Mitte Oktober, Herr Kollege!)


Es kann nicht so weitergehen wie bisher. Wir wollen
mit unserem Antrag erreichen – ich glaube, das ist die
Aufgabe dieses Hauses –, dass man in zwei Richtungen
nicht zu kurz springt. Eine Lex Hypo Real Estate wird
nicht ausreichen, genauso wenig wie der Versuch, mit
Blick auf einen Einzelfall kurzfristig nachzusteuern.
Vielmehr ist es notwendig, an verschiedenen Stellen die
Fehler des geltenden Finanzmarktstabilisierungsgesetzes
zu korrigieren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Der eine Fehler hat sich bei der chaotischen Situation
der SoFFin gezeigt. Zwei von drei Mitgliedern des Lei-
tungsausschusses sind in kurzer Zeit zurückgetreten, ein
drittes Mitglied dieses Leitungsausschusses hat offen-
sichtlich – das haben wir gestern in der Befragung der
Bundesregierung gehört – öffentlich für eine Verände-
rung des Gesetzes plädiert, während die Verhandlungen
zwischen der Europäischen Kommission und der Bun-
desregierung zu dem entsprechenden Punkt schon statt-

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(C (D efunden hatten. So äußerte sich zumindest der Finanzinister gestern in der Befragung der Bundesregierung. as zeigt doch: Es ist nicht geklärt, wie die Zusammen rbeit zwischen Regierung und Leitungsausschuss stattinden soll. Deswegen wird es, wie es bisher geschehen st, nicht ausreichen, die personelle Lücke zu schließen, ondern es ist notwendig, organisatorisch wirklich etwas u verändern. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Was denn?)


Sie haben, ohne das wirklich zu kommunizieren, ei-
en Strategiewechsel vorgenommen, der auch im Parla-
ent nicht diskutiert worden ist. Sie haben am Anfang

esagt, Sie wollten sich nur mit stillen Einlagen beteili-
en, möglichst keine Aktien erwerben und möglichst
eine Eigentümerrolle einnehmen. Bei der zweiten Ret-
ungsaktion für die Commerzbank hat ein Strategie-
echsel stattgefunden, der jetzt offensichtlich bei der
ypo Real Estate fortgeführt wird. Ich meine, es ist not-
endig, daraus die Konsequenzen zu ziehen. Wir haben
on Anfang an für eine konsequente Teilverstaatlichung
lädiert, für Gegenwerte, wenn der Staat den Banken
apital zur Verfügung stellt. Es ist deswegen richtig,
ass Sie diese Richtung einschlagen, aber dafür muss
etzt die gesetzliche Grundlage angepasst werden. Die
etails dazu liegen in unserem Antrag vor.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich will noch einen zweiten Punkt ansprechen. Schon
n der Debatte im Oktober hat der Kollege Runde, der
erade sehr aufmerksam zuhört, wie ich merke, festge-
tellt, dass wir eigentlich einen europäischen Ansatz
rauchen. Diese Ansicht haben wir ausdrücklich immer
eteilt. Aber die Bundesregierung hat sich den europäi-
chen Ansätzen, die bisher diskutiert worden sind, im-
er verweigert.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Welche gab es denn?)


ch glaube, es wird, wenn man sich die Situation in der
uropäischen Union anschaut, notwendig sein, stärker
uropäisch koordiniert vorzugehen. Die Europäische
ommission hat bereits vor den Auswirkungen auf den
inanzplatz gewarnt. Ich glaube, es ist notwendig, dass
ie hier eine Korrektur vornehmen. Dazu fordern wir Sie
it dem vorliegenden Antrag auf, und wir bitten Sie um

hre Zustimmung.

Eines ist in dieser heiklen Situation, in der sich die Fi-
anzmärkte befinden, ganz wichtig: Wenn Sie auf den
inanzmärkten Vertrauen schaffen wollen, dann muss
olitik vertrauenschaffend agieren. Das bedeutet: stabile
rundlagen bei dem Fonds, stabile Grundlagen im Ge-

etz, das nicht nur für eine Einzelaktion gilt, sondern
ber den Tag hinaus auch künftigen Rettungsaktionen
ient, und ein stabiler Ansatz für die Rettung des Finanz-
arkts Europa. Das ist genau das, was wir Ihnen hier

orlegen.

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)







(A) )


)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1620220900

Ich gebe das Wort dem Kollegen Leo Dautzenberg,

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Leo Dautzenberg (CDU):
Rede ID: ID1620221000

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe

Kolleginnen und Kollegen! Bereits vor einer Woche ha-
ben wir ausführlich in einer Aktuellen Stunde über die
Funktionsfähigkeit des Finanzmarktstabilisierungsgeset-
zes und möglichen Änderungsbedarf diskutiert. Herr
Kollege Schick, es ist legitim, dass Sie einen Antrag auf
die Tagesordnung setzen, aber wir sollten uns davor hü-
ten, jetzt in jeder Sitzungswoche aktuell über diese
Punkte zu beraten; denn wir können im Grunde die not-
wendigen Analysen noch nicht vornehmen und die
Schlüsse, die Sie in Ihrem Antrag schon ziehen, noch
nicht ziehen. Daher geht Ihre Kritik fehl, dass das Gesetz
die bisherigen Zielsetzungen nicht erreicht hat.

Gehen wir doch einmal die einzelnen Punkte durch.
Sie sagen, es hätte besser funktioniert, wenn es auf euro-
päischer Ebene eine Abstimmung gegeben hätte.
Schauen Sie sich doch einmal einige europäische Länder
an, angefangen mit England. Wie oft schon haben sie
von Oktober bis heute ihren Grundansatz geändert? Das
brauchten wir noch nicht, weil der Dreiklang von Garan-
tien, Rekapitalisierung und Übernahme von Risikopa-
pieren von der Gewichtung und von der Ausrichtung her
nach wie vor richtig ist.

Es ist auch unfair. Sie sollten vielleicht ihr Mitglied
im sogenannten Geheimausschuss fragen, ob das Lei-
tungsgremium chaotisch gearbeitet hat und ob dort eine
chaotische Situation herrschte. Viele haben erklärt, dass
ihnen die damit verbundene Arbeitsbelastung zu hoch
war, was vorher nicht zu erkennen war. Was mit Herrn
Merl als Vorsitzendem bisher abgewickelt und auf den
Weg gebracht worden ist, ist etwas mit einer hohen Ex-
pertise. Es ist Herrn Merl zu danken, weil er es auf den
Weg gebracht hat. Das Leitungsgremium ist neu besetzt,
und zwar wiederum mit Personen mit hoher Expertise,
sodass diese Kritik fehlgeht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Es ist auch nicht richtig, zu sagen: Die Rekapitalisie-
rung als ein Teil der drei Maßnahmen ist als stille Ein-
lage angelegt. Im Rahmen der Gesetzesbegründung ha-
ben wir überwiegend darüber diskutiert, dass es
Vorzugsaktien sein sollten; das war der erste Weg. Wenn
man jetzt bei einer Maßnahme den Weg der stillen Ein-
lage wählt, dann hat das seinen Grund. Das ist auf der
richtigen Grundlage entschieden worden.

Der erste Punkt, Garantiegewährung, ist vor Verab-
schiedung des Gesetzes Mitte Oktober beschlossen wor-
den, also ehe alles dafür Erforderliche vorlag. Sie müs-
sen neben dem Interesse für den Schirm und neben der
Antragstellung in diesem Zusammenhang berücksichti-
gen, dass die erforderlichen Unterlagen vorliegen müs-
sen, ehe eine Entscheidung fallen kann. Das war bei
manchen Entscheidungen nicht der Fall. Das kann man
nicht dem Gesetz zur Last legen, sondern der Hand-

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(C (D ungsweise verschiedener Institute, die ihrer Aufgabe icht nachgekommen sind, nach dem Motto: Der Bund st jetzt zuständig; da gibt es irgendwo Geld; alles vorzuegen, was wir für die Beantragung brauchen, das mahen wir nicht. – So geht es nicht. Wir Parlamentarier üssen mit diesen Entscheidungen sehr sorgfältig umge en. Sie sprechen von „intelligenten Verstaatlichungen“. as ist das? Begründen Sie einmal, was Sie darunter erstehen. Ich bin nicht für intelligente Verstaatlichung. ur wenn es, ordnungspolitisch gesehen, der letzte Auseg ist, sollte man sich dem nicht verschließen. Aber die erstaatlichung als Konzeption darzustellen – dies sieht nser Gesetzentwurf nicht vor –, verstehe ich nicht. Es besteht großer Aufklärungsbedarf. Gott sei Dank ristallisiert sich in den letzten Tagen heraus, was mit em Begriff „Bad Bank“ gemeint ist und was es nur beeuten kann. Der Finanzminister hat heute einen Vorchlag gemacht, der unseres Erachtens in die richtige ichtung geht: Mit uns gibt es keine Sozialisierung der oxischen Papiere, ondern es muss individuelle Lösungen geben, die nach ie vor nah an der Verantwortlichkeit liegen. Es darf icht alles nur zulasten des Steuerzahlers gehen. Herr Kollege Schick, man kann über einzelne Punkte es Antrags diskutieren. Manche Wertungen gehen aber ehl, weil Sie ein Ergebnis nennen, obwohl es noch keies gibt. Von daher ist es angebracht, diesen Antrag an ie Ausschüsse überweisen, um danach vernünftig zu eraten. Vielen Dank. Das Wort hat der Kollege Florian Toncar, FDP-Frak ion. Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und erren! Aus Sicht der FDP ist die Sozialisierung von pekulationsverlusten zu vermeiden; denn sie zwingt zur erschwendung von Steuermitteln oder von staatlichem ermögen; sie verhindert die Rückführung der Steuernd Abgabenlast, gefährdet die Haushaltskonsolidieung, engt den Spielraum für Zukunftsinvestitionen ein nd untergräbt letztendlich auch das Vertrauen der Bürer in unsere Wirtschaftsordnung. (Beifall bei der FDP sowie des Abg. Leo Dautzenberg [CDU/CSU])


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1620221100
Dr. Florian Toncar (FDP):
Rede ID: ID1620221200

ir wollen Verluste nicht sozialisieren.

Das Finanzmarktstabilisierungsgesetz ist kein Persil-
chein für eine unbegrenzte Ausweitung der Staatstätig-
eit im Finanzsektor. Im Fokus stehen deswegen nicht
ur die Wirkung der Medizin, sondern auch die Notwen-
igkeit und die Verhältnismäßigkeit ihrer Verabreichung.

(B)







(A) )



(B) )


Florian Toncar
Die Grünen wollen den Steuerzahler offensichtlich
mehr als notwendig an der Sanierung des Finanzsektors
beteiligen; denn anders ist die Forderung nach einer ge-
nerellen und stärkeren Kapitalbeteiligung des Staates
nicht zu verstehen. Was Sie „intelligente Teilverstaatli-
chung“ nennen – Sie führen das übrigens wenig präzise
aus –, ist in Wahrheit eine Fehlkalkulation; denn im
Falle einer stillen Einlage, im Falle einer stillen Beteili-
gung erhalten wir mit Vorzugsrechten eine 9-prozentige
Rendite auf die Einlage.


(Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer denkt denn, dass die bei der Commerzbank jemals gezahlt wird?)


Das geht dem vor, was die Aktionäre bekommen. Wenn
Sie generell lieber eine Beteiligung am Aktienkapital
wollen, dann bedenken Sie: Die Steuerzahler tragen
nicht nur das Verlustrisiko im operativen Geschäft, son-
dern auch das Risiko von Wertverlusten. Das ist den
Steuerzahlern in der jetzigen Situation nicht zuzumuten.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Sie wollen einerseits eine stärkere Inanspruchnahme
des Rettungsschirms – das schreiben Sie in Ihrem An-
trag –, planen aber andererseits die Schaffung zusätzli-
cher psychologischer Hürden bei freiwilliger Inan-
spruchnahme durch Finanzdienstleister. Die Ausweitung
der aktiven politischen Einflussnahme auf Geschäfts-
politik und Kreditvergabe, die Sie ausdrücklich befür-
worten, sowie die zahlreichen geforderten Dokumenta-
tions- und Nachweispflichten sind abschreckend. Wenn
die Banken aber alles tun, um die Inanspruchnahme von
Hilfen durch den SoFFin zu vermeiden, gefährdet das
die Kreditvergabe eher, als dass es sie erleichtert.


(Zuruf von der FDP: Richtig!)


Auch deswegen sollte man sehr vorsichtig damit sein,
solche Hürden aufzubauen.

Eines ist mir bei Ihrem Antrag noch aufgefallen – das
fand ich sehr bemerkenswert –: Sie haben auf der zwei-
ten Seite in zwei dürren Zeilen ganz nebenbei eine neue
Aufgabe für die Europäische Zentralbank erfunden. Die
Europäische Zentralbank soll zum Wertpapierhändler
werden. Sie soll den Banken Wertpapiere abkaufen. Da-
mit machen Sie die Europäische Zentralbank faktisch zu
der Bad Bank, die Sie eine Seite weiter vehement und zu
Recht ablehnen.


(Beifall bei der FDP)


Wenn die Europäische Zentralbank Wertpapiere auf-
kauft, dann werden Risiken und Verluste möglicher-
weise sozialisiert. Bei den Wertpapieren, über die wir
dort reden, ist das durchaus zu erwarten.


(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die kann auch gute Wertpapiere aufkaufen!)


– Herr Schick, dann müssen Sie hineinschreiben, was
Sie meinen. Wenn in dem Antrag steht, die EZB solle
Wertpapiere aufkaufen,

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(C (D (Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da steht nicht, dass sie schlechte, toxische aufkaufen soll!)


ann kann man das nur so verstehen, dass sie die Wert-
apiere aufkaufen soll, für die es derzeit keinen Markt
ibt; denn für marktgängige Wertpapiere gilt: Es besteht
berhaupt kein Bedarf dafür, dass die Zentralbank sie
ufkauft.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Leo Dautzenberg [CDU/CSU])


Ein Blick in den EG-Vertrag zeigt, dass das auch nicht
ufgabe der EZB ist. Deren Aufgaben sind darin ab-

chließend aufgeführt. Der Aufkauf von Wertpapieren ist
ach geltendem Europarecht nicht möglich. Im Übrigen:
enn wir hier beschließen, wie Sie formulieren, näm-

ich: „Der Deutsche Bundestag … fordert die Europäi-
che Zentralbank auf“, dann ist das eine politische Ein-
lussnahme auf die Europäische Zentralbank, die nach
rt. 108 EG-Vertrag ausgeschlossen sein sollte und auf
ie sich die EZB auch überhaupt nicht einlassen darf.
chon deshalb kann man diesem Antrag in der Form
icht zustimmen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das Finanzmarktstabilisierungsgesetz ist als ein Ge-
etz für Notfälle konzipiert. Es ist ein Gesetz, das befris-
et gilt, das nach seinem Regelungsgehalt und wegen der
charfen Eingriffe, die es möglich macht, auch nur be-
ristet gelten kann. Es muss flexibel gehandhabt werden.
s gibt viele Fälle, in denen ein Geschäftsmodell vor-

iegt, bei dem eine stille Einlage im Interesse des Steuer-
ahlers und auch sonst geradezu geboten ist, sodass man
icht pauschal sagen kann, dies sei ein falsches Instru-
ent.

Bessere Kreditvergabe ist ein wichtiges Ziel in der
etzigen Situation. Aber das, was wir über das Finanz-

arktstabilisierungsgesetz dazu beitragen können, ist
egrenzt. Wir brauchen stattdessen eine kluge Geldpoli-
ik, die bei der Europäischen Zentralbank und bei den
otenbanken vernünftig aufgehoben ist. Wir brauchen

uch eine kluge Wirtschaftspolitik, die die Kreditver-
abe begünstigt, die die Liquidität in den Unternehmen
ichert, beispielsweise dadurch, dass man bei der Mehr-
ertsteuer endlich von der Soll- auf die Istbesteuerung
mstellt. Das würde schlagartig Liquidität bringen und
ielen Unternehmen einiges leichter machen.


(Beifall bei der FDP)


Wir brauchen nicht zuletzt verlässliche Rahmenbe-
ingungen beim Finanzmarktstabilisierungsgesetz. Nie-
and hat etwas dagegen, dass wir dazulernen und Kon-

equenzen aus den Entwicklungen ziehen; aber wenn
an das immer stärker zerredet und so prinzipiell kriti-

iert, wie das zum Teil geschieht, dann trägt man nicht
nbedingt dazu bei, dass die Möglichkeiten in Anspruch
enommen werden und das Gesetz wirken kann. Inso-
ern sollten wir etwas vernünftiger diskutieren.

Der Antrag ist an vielen Stellen






(A) )



(B) )


Florian Toncar

(Florian Pronold [SPD]: Eine Selbstanklage!)


unscharf, und im Übrigen geht er, gerade was die vorge-
schlagenen Maßnahmen zur Bankenrettung betrifft, in
die falsche Richtung, sodass wir – vermutlich auch nach
den Ausschussberatungen – wenig Neigung haben wer-
den, dem Antrag zuzustimmen.


(Beifall bei der FDP – Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Aber überweisen sollten wir ihn!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1620221300

Nächster Redner ist der Kollege Dr. Hans-Ulrich

Krüger, SPD-Fraktion.


Dr. Hans-Ulrich Krüger (SPD):
Rede ID: ID1620221400

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Um das gleich voranzustellen: Unsere bishe-
rige Strategie, mit dem Finanzmarktstabilisierungsgesetz
die angeschlagenen Finanzmärkte zu stützen, hat nach
wie vor uneingeschränkt Bestand und wird auch zukünf-
tig das letztendlich richtige Mittel sein, die Krise zu be-
wältigen. Der Mix aus Garantien, Risikoübernahmen
und Rekapitalisierungen im Umfang von insgesamt
480 Milliarden Euro – Kollege Dautzenberg sprach ihn
an: Garantien in Höhe von 400 Milliarden Euro, Rekapi-
talisierungen und Risikoübernahmen im Umfang von
80 Milliarden Euro – ist sehr vernünftig. Wir alle in die-
sem Hause dürfen stolz darauf sein: Wir haben schnell
und effizient reagiert, um das Vertrauen in die Finanz-
märkte wiederherzustellen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Aktuell höre ich immer wieder, dass diese Hilfsmaß-
nahmen – das ist Gegenstand unserer heutigen Debatte
und der Debatte der letzten Woche – angeblich nicht aus-
reichen, um die heimische Finanzwirtschaft effektiv und
nachhaltig zu stützen. Dazu sage ich ganz offen: Ich
würde mir wünschen, dass diejenigen, die aktuell nach
immer größerer und umfangreicherer Hilfe schreien, zu-
nächst einmal die Mittel in Anspruch nehmen, die vom
Gesetzgeber bereits im letzten Jahr zur Verfügung ge-
stellt worden sind.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Fakt ist nämlich: Von den Garantien im Umfang von
400 Milliarden Euro sind erst gut 100 bis 110 Milliarden
abgerufen worden. Von den 80 Milliarden Euro für Re-
kapitalisierungen sind erst knapp 20 Milliarden Euro ab-
gerufen worden. Es sind also – salopp formuliert – noch
Mittel da, wenn sich Banken dem SoFFin zuwenden und
dort schlicht und einfach ihre Geschäftspolitik auf den
Prüfstand stellen lassen.

Ich sage ganz deutlich – es kann, um bestimmte
Träume zu zerstören oder gar nicht erst aufkommen zu
lassen, gar nicht oft genug gesagt werden –: Allen Forde-
rungen nach Gründung einer sogenannten Bad Bank, bei
der die faulen Kredite der Privatbanken auf den Rücken

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(C (D er Steuerzahler abgeladen werden, erteile ich hier eine lare und deutliche Absage. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


iel ist vielmehr, dass künftig alle betroffenen Institute
nter die vorhandenen Rettungsschirme schlüpfen.

Eines muss bei den Diskussionen, die wir heute und
n den nächsten Wochen führen, klar sein: Wir alle – da-
on gehe ich aus – wollen stärker aus dieser Krise he-
auskommen, als wir hineingegangen sind; unser Ziel,
rbeitsplätze zu erhalten und die Investitionsfähigkeit
er Betriebe zu gewährleisten, steht im Mittelpunkt all
nserer Überlegungen.

Im weiteren Arbeitsverlauf kann es natürlich auf Ba-
is des bereits verabschiedeten Gesetzes Modifikationen
eben. Wie Sie wissen, haben wir in dem Gesetz für die
arantien des staatlichen Rettungsfonds eine Frist von
6 Monaten festgelegt. Wenn es denn nötig ist und die
rfahrungen mit dem SoFFin dafür sprechen, diese Frist
u verlängern, dann ist dies selbstverständlich vorstell-
ar: Die staatlichen Garantien könnten den deutschen
anken – allerdings auf Basis dieses Gesetzes – nicht
ur für drei Jahre, sondern für vier oder fünf Jahre zur
erfügung gestellt werden, damit diese über einen länge-

en Zeitraum günstig mit frischem Geld versorgt werden
önnen.

Wie Sie ebenfalls wissen, enthält das grundlegende
esetz bereits ein Instrument zum Aufkauf von Risiko-
apieren. Nun müssen die Banken dieses Instrument
ber auch nutzen und dürfen nicht – wie bisher – damit
rgumentieren, dass Risikopapiere nach drei Jahren wie-
er an den Fonds zurückgegeben werden müssten; denn
as ist schlichtweg falsch. Eine solche Befristung gibt es
eder im Gesetz, noch wird sie von der EU-Kommis-

ion generell gefordert. Richtig ist vielmehr, dass im
ege einer in diesem Fall einfach zu erzielenden Einzel-

otifizierung auch für den Ankauf von Risikopapieren
risten von mehr als drei Jahren festgelegt werden kön-
en. Wenn nötig – da gilt das Gleiche wie soeben –, kön-
en wir uns gern über eine Ausdehnung der Frist für den
rstmaligen Ankauf von Risikopapieren – mit allen Kon-
equenzen für die Eigentümerseite – unterhalten.

Wenn nötig, müssen wir auch die betroffenen Privat-
anken darauf hinweisen, dass sie sich als Erste Gedan-
en darüber machen, was sie selbst, kraft ihrer Eigenver-
ntwortung, mit toxischen Papieren machen. Muss eine
ank sich nicht fragen, ob sie nicht die faulen Kredite,
ber die sie verfügt, im Rahmen einer eigenen Gesell-
chaft, einer eigenen Bank verwalten und dort einen
latz für die aktuell nicht verkäuflichen Wertpapiere
chaffen sollte? Das hätte den Vorteil, dass unsere Fi-
anzmittel nicht mit diesen faulen Krediten belastet wür-
en.

Eines ist klar: Die Banken sind in erster Linie beru-
en, sich Gedanken darüber zu machen, wie sie sich
elbst effizient, mit den Maßnahmen, die das Gesetz ih-
en anbietet, helfen können. Sich aus der Verantwortung
u stehlen und nach irgendeinem Hilfesteller zu rufen,
st nicht der richtige Weg. Das ist jedenfalls mit der weit






(A) )



(B) )


Dr. Hans-Ulrich Krüger
überwiegenden Mehrheit dieses Hauses nicht zu ma-
chen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Bei allem, was wir aus der Finanzkrise lernen oder
noch lernen müssen, bleiben wir in der Strategie des
Finanzmarktstabilisierungsgesetzes. Wir werden in die-
ser schwierigen Situation unter den vorhandenen Alter-
nativen diejenigen aussuchen, die mit den geringsten
Nebenwirkungen verbunden sind.

Wir haben in diesen Wochen über die Konjunktur-
pakete I und II und über die Frage zu diskutieren, wie wir
im Rahmen der Finanzmarktkrise – wiederum parteiüber-
greifend – die Interessen der Verbraucherinnen und
Verbraucher am besten schützen. Es geht darum, ob die
aktuellen Regelungen hinsichtlich Schlecht- oder
Falschberatung richtig sind, ob die Verbraucherinnen
und Verbraucher vielleicht einen längeren Zeitraum ein-
geräumt bekommen müssen, um ihre berechtigten An-
sprüche gegen schlechte Berater durchsetzen zu können,
ob das Gesamtprotokoll, mit dem sie ihre Lebensent-
scheidung für oder gegen eine gewisse Anlage begrün-
den, ganz anderen Eckpunkten unterliegt.

Über das alles haben wir zu diskutieren, um zu bewir-
ken, dass die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land
letzten Endes zu der Überzeugung gelangen, dass der
Staat handlungsfähig ist, dass er die Krise annimmt und
entsprechend ihren Erfordernissen handelt. Modifikatio-
nen am Rettungsschirm, entsprechend Art und Umfang
der Krise, widersprechen daher nicht dem Finanzmarkt-
stabilisierungsgesetz, sondern entsprechen ihm.

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1620221500

Das Wort hat der Kollege Dr. Axel Troost, Fraktion

Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Axel Troost (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620221600

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Ich gehöre wahrlich nicht dem Stamme der
Untergangspropheten an. Aber ich glaube, dass nach wie
vor niemand in diesem Hause einen Überblick über das
wahre Ausmaß der Gesamtkrise hat und dass wir uns
deshalb – auch das ist meine Prophezeiung – im nächs-
ten halben Jahr hier wiedersehen und über ganz andere
Dimensionen von Rettung reden werden. Noch im De-
zember hieß es ja, auch wir bräuchten kein zweites Kon-
junkturprogramm, aber im Januar lagen dann neue Zah-
len vor.

In einer Umfrage der BaFin in der letzten Woche ha-
ben wir zum ersten Mal gehört, dass es faule Papiere in
einer Höhe von angeblich um die 300 Milliarden Euro
gibt; manche sagen sogar, es könnten auch 800 Milliar-
den bis 1 Billion Euro sein. Diese Zahlen haben wir
nicht durch eine normale Prüfung der BaFin erfahren,
sondern durch eine Umfrage. Das zeigt, wie groß die Ge-

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(C (D amtdimension des Problems ist und dass wir in der Tat nfangen müssen, hier über ganz andere Maßnahmen zu eden. Herr Kollege Troost, gestatten Sie eine Zwischen rage des Kollegen Dautzenberg? Ja. Herr Kollege Troost, würden Sie, weil Sie von einer Umfrage“ der BaFin sprachen, konzedieren, dass es eien Unterschied zwischen Abfrage und Umfrage gibt nd dass es sich bei der BaFin um eine Abfrage zum akuellen Stand bei den Risikopapieren handelte? Das ist in himmelweiter Unterschied. Wir sollten nicht zulasen, dass Ihre Unterstellung einer „Umfrage“ den Anchein erweckt, die BaFin wäre hier im Grunde ihrer ufsichtspflicht nicht nachgekommen; denn das wäre alsch. Ob man „Abfrage“ oder „Umfrage“ sagt, ist völlig gal. ntscheidend ist, dass die Zahlen nicht das Ergebnis der tandardprüfungen der BaFin sind, sondern dadurch beannt geworden sind, dass die Banken zum Zeitpunkt X ndividuell abgefragt worden sind, was zu den entsprehenden Meldungen geführt hat. Darin liegt aber genau as Problem; denn das wahre Ausmaß der Krise ist der aFin nicht zu jedem Zeitpunkt bekannt, sondern muss mmer erst durch Umfragen bei den Instituten ermittelt erden. (Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Sie sind also nicht bereit, den Unterschied zwischen Abfrage und Umfrage zur Kenntnis zu nehmen!)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1620221700
Dr. Axel Troost (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620221800
Leo Dautzenberg (CDU):
Rede ID: ID1620221900
Dr. Axel Troost (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620222000

(Joachim Poß [SPD]: Nein!)


Von mir aus können wir sagen: Abfrage bei den
0 größten Banken. Ansonsten sehe ich aber keinen Un-
erschied zu alldem, was ich vorhin gesagt habe.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich möchte einmal rekapitulieren. Als es um den Ret-
ungsschirm ging, hat die Linke gesagt, dass so etwas im
rinzip erforderlich ist. Sie hat aber aus drei Gründen
agegen gestimmt:

Erstens hat sie aufgrund des parlamentarischen Ver-
ahrens dagegen gestimmt; dazu will ich an dieser Stelle
ber nichts sagen.

Zweitens hat die Linke von Anfang an gefordert:
enn am Schluss dieser Rettungsaktionen ein Minus für

ie öffentliche Hand herauskommt, dann muss dieses
inus die Kreditwirtschaft übernehmen. Das ist aber

icht vorgesehen, sondern es ist völlig offen, was am
chluss mit diesem Minus passiert.






(A) )



(B) )


Dr. Axel Troost
Drittens haben wir gefordert – das ist noch wichtiger –:
Wer Geld in Form von Einlagen bekommen will, der
muss auch Stimmrechte zulassen. Es kann nicht sein,
dass Geld in Banken gesteckt wird, ohne dass der Geld-
geber Stimmrechte bekommt.


(Beifall bei der LINKEN)


Das ist im Falle der Commerzbank aber passiert: 16 Mil-
liarden Euro wurden der Commerzbank inzwischen als
stille Einlagen gegeben.


(Norbert Schindler [CDU/CSU]: Was ist mit dem SED-Vermögen, das ihr noch habt?)


– Können wir vielleicht bei der Sache bleiben?

Angesichts dieser stillen Einlagen von 16 Milliarden
Euro habe ich an die Verzinsung in Höhe von 9 Prozent
gedacht, wovon wir schon eben in dem Beitrag der FDP
gehört haben. Doch weit gefehlt! Die 9 Prozent Zinsen
gibt es nur, wenn Gewinn gemacht wird, sonst nicht.
Dann hätte man aber auch Aktienanteile kaufen können
und hätte nicht auf eine stille Einlage zurückgreifen
müssen.

Was wir bei der Commerzbank vorfinden, ist das typi-
sche Beispiel halbherzigen Handelns. Wir halten eine
Beteiligung von 25 Prozent. Der aktuelle Börsenwert
liegt zwischen 4 und 5 Milliarden Euro. 18 Milliarden
Euro wurden inzwischen in die Commerzbank investiert.
Zu Deutsch: Mit dem Geld, das insgesamt geflossen ist,
hätte man vier oder fünf Banken wie die Commerzbank
übernehmen können, und zwar zu 100 Prozent. Das ist
für meine Begriffe der eigentliche Skandal.


(Beifall bei der LINKEN)


Der Antrag der Grünen geht nach meiner Meinung
in die richtige Richtung. Wir sind in der Tat der Ansicht
– „intelligent“ ist immer gut –, dass eine Vergesellschaf-
tung des Privatbankenbereiches auf der Tagesordnung
steht. Vergesellschaftung heißt nicht nur, dass der Bund
einsteigt, sondern heißt in der Tat auch, zu schauen, wie
man in Zukunft mit diesem Bereich vor dem Hintergrund
eines funktionierenden Sparkassensektors und eines funk-
tionierenden Genossenschaftsbankensektors umgeht. Es
kann nicht sein, dass jetzt mit öffentlichen Mitteln Pri-
vatbanken gestärkt werden und diese anschließend in die
Marktsegmente der Sparkassen und der Genossen-
schaftsbanken gehen.

Es besteht also dringender Handlungsbedarf. Wir
können das Problem nur lösen, wenn wir nach vorne ge-
richtet handeln. Auch das ist völlig klar: Nach einer öf-
fentlichen Übernahme kommen gigantische Kosten auf
die öffentliche Hand zu. Da braucht man sich nichts vor-
zumachen. Das ist keine Vermeidungsstrategie, sondern
eine Offensivstrategie.

Danke schön.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1620222100

Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege

Jochen-Konrad Fromme, CDU/CSU-Fraktion.

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(C (D Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! ir stehen vor einer völlig neuen Herausforderung, für eren Bewältigung es weder Lehrbücher noch Musterälle gibt. Das bedeutet, dass wir in kurzer Frist ein Intrumentarium entwickeln mussten. Wir müssen nun abarten und die weitere Entwicklung kritisch beobachten. enn neue Fakten und neue Erkenntnisse vorliegen, üssen wir entsprechend nachsteuern. Eine Europäisierung der Bankenrettung hätte zum rsten bedeutet, dass es viel länger gedauert hätte, bis an in Gang gekommen wäre. Denn es ist nun einmal o, dass es einfach länger dauert, wenn man mit mehreen Nationen über eine Lösung verhandeln muss. Zum weiten hätte die große Gefahr bestanden, dass dabei ein Maßanzug herausgekommen wäre. Denn in den ändern gibt es unterschiedliche Systeme. Beispielseise gibt es unser Dreisäulensystem in anderen Länern nicht. Deswegen wäre diese Lösung gar nicht angeessen gewesen. Dass es neue Erkenntnisse gibt, liegt doch daran, dass ich die Fakten verändert haben. Wenn sich das Rating iner ganzen Gruppe von Forderungen, nämlich das der nternationalen Forderungen, plötzlich anders darstellt, ann ist das eine andere Faktenlage, und dann muss man us dieser veränderten Faktenlage Konsequenzen zieen. Dann hat man nicht mehr die Situation, die man ein aar Tage zuvor hatte. Deswegen muss man auch hier andeln. Wir haben ein klares Instrumentarium und eine klare eihenfolge: Bürgschaften, Rekapitalisierung, Forde ungsübernahme. Für uns kommt eines nicht infrage, err Kollege Troost: die Verstaatlichung. Das heißt ämlich, dass man davon ausgeht, dass der Staat grundätzlich der bessere Banker ist. Das ist eben nicht der all. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Das sagt doch keiner!)


(Beifall bei der CDU/CSU)

Jochen-Konrad Fromme (CDU):
Rede ID: ID1620222200

(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wenn die öffentliche Hand das Eigentum zu 100 Pro-
ent übernimmt, wie Sie es wollen, dann führt dies am
nde zu einem staatlichen Bankensektor. Wir wollen das
icht, und deswegen kommt dieser Lösungsweg nicht in-
rage.

Natürlich hätten wir uns gewünscht, dass die Erfolge
chneller eintreten. Aber es gibt Erfolge: Die Einlagen
ber Nacht bei der Europäischen Zentralbank und der
undesbank sind erheblich weniger geworden. Das
eißt, es wird wieder Geld ausgeliehen. Dieser Prozess
ommt in Gang. Dies geschieht zwar nicht in der Ge-
chwindigkeit, die wir uns vorgestellt haben; das bedeu-
et aber nicht, dass wir nicht auf dem richtigen Weg sind.
eswegen werden wir an dieser Stelle weiter so verfah-

en.






(A) )



(B) )


Jochen-Konrad Fromme
Zum internationalen Bereich. Warum müssen alle an-
deren Länder ständig nachbessern? Hier ist ein kühler
Kopf gefordert und kein hitziges Handeln. Wir sind mit
unserem Instrumentarium deutlich sicherer aufgestellt
als die anderen Länder, die jeden Tag etwas Neues ma-
chen.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: So ist das! Richtig!)


Deswegen bleiben wir dabei: anschauen bzw. beobach-
ten, und dann handeln bzw. nachsteuern, wenn es nötig
ist.

Ich kann die Auffassung, dass das Instrumentarium
gescheitert ist, überhaupt nicht teilen.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: So ist es!)


Wir haben keine Panik bekommen. Wir haben ein immer
noch funktionierendes System – zwar nicht sehr gut;
aber es läuft noch. Es soll rund laufen; deswegen haben
wir Maßnahmen ergriffen. Ich sage es noch einmal: Wir
haben ein klar abgestuftes Instrumentarium. Warum sind
wir gegen die Übernahme eines höheren Aktienanteils?
Weil wir die operative Verantwortung des Bankers ge-
rade nicht übernehmen wollen. Wir wollen vielmehr das
jeweilige Institut unterstützen. Eine Beteiligung von
25 Prozent ist richtig.


(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Geld hinüberschieben, aber keine Kontrolle! Das passt doch nicht!)


So kann keiner dieses Institut für wenig Geld schlucken,
nachdem wir sozusagen die Mittel für den Reparatur-
aufwand hineingesteckt haben. Dies ist der richtige Weg.
Wir werden Ihnen auf Ihrem Weg auf keinen Fall folgen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber das machen Sie doch schon teilweise!)


Sie sagen, die Gremien arbeiteten nicht richtig. Dazu
kann ich nur sagen: Der SoFFin-Ausschuss ist ein Be-
richtsgremium. In diesem Gremium werden Berichte
entgegengenommen.


(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sollte ein Kontrollgremium sein!)


Daraus werden Konsequenzen gezogen, wenn dies ange-
bracht ist. Das werden wir in den zuständigen Ausschüs-
sen tun.

Danke für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1620222300

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 16/11756 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

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(C (D Ich rufe die Tagesordnungspunkte 12 a und 12 b auf: a)

gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes

(Zivilschutzgesetzänderungsgesetz – ZSGÄndG)


– Drucksache 16/11338 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Innenaus-
schusses (4. Ausschuss)


– Drucksache 16/11780 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Beatrix Philipp
Gerold Reichenbach
Hartfrid Wolff (Rems-Murr)

Petra Pau
Silke Stokar von Neuforn

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Innenausschusses (4. Ausschuss) zu
dem Antrag der Abgeordneten Hartfrid Wolff

(Rems-Murr), Jens Ackermann, Dr. Karl

Addicks, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der FDP

Bevölkerungsschutzsystem reformieren – Zu-
ständigkeiten klar regeln

– Drucksachen 16/7520, 16/11780 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Beatrix Philipp
Gerold Reichenbach
Hartfrid Wolff (Rems-Murr)

Petra Pau
Silke Stokar von Neuforn

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
einen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kolle-
in Beatrix Philipp, CDU/CSU-Fraktion.


Beatrix Philipp (CDU):
Rede ID: ID1620222400

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

erren! Der Zivil- und Katastrophenschutz ist kein be-
onders attraktives Thema. Es ist ein Thema, das manche
on uns über viele Jahre hinweg begleitet haben. Für
ich und viele Kolleginnen und Kollegen hier im Hause

rifft das zu. Sie haben, so wie ich, die unterschiedlichen
ntwicklungen und Schwerpunktsetzungen, also gewis-
ermaßen die Konjunktur des heute anstehenden The-
as, begleitet. Nun erspare ich Ihnen, an dieser Reise

urch die Jahrzehnte teilzunehmen. Ich erinnere mich
ber noch gut an die Konsequenzen, die der Deutsche
undestag nach dem Fall der Mauer und nach dem Zer-

all des Warschauer Paktes gezogen hat. Plötzlich war
ie jahrzehntelange Bedrohung durch ebendiesen War-
chauer Pakt weg. So wurden Einrichtungen und Vorhal-
ungen für den Zivilschutz mit gutem Gewissen und re-
elrecht getragen von einer Sehnsucht nach greifbarem
rieden drastisch zurückgefahren. Ich erinnere nur an
en Abbau von Sirenenanlagen.






(A) )



(B) )


Beatrix Philipp
Umso fassungsloser waren wir – zum Teil verspürten
wir regelrecht Hilflosigkeit –, als wir durch die An-
schläge vom 11. September 2001 wieder auf den Boden
der Tatsachen zurückgeholt wurden. Neben dieser Kata-
strophe, die eine internationale Dimension hat und eine
Erschütterung auslöste, die bis heute zu spüren ist, ereig-
nete sich bei uns eine nationale Katastrophe völlig ande-
rer Art: Das Elbehochwasser machte deutlich, dass es er-
heblichen Handlungsbedarf im Bereich des Zivil- und
Katastrophenschutzes gab. Bis zu diesem Zeitpunkt galt
zwischen den Beteiligten eine klare Kompetenzabgren-
zung bzw. Kompetenzbeschreibung: Der Bund war für
den Zivilschutz im Verteidigungsfall und die Länder wa-
ren für den Katastrophenschutz in Friedenszeiten zustän-
dig. Damals wurde aber, wie gesagt, klar, dass man den
neuen Anforderungen mit dieser Teilung nicht gerecht
werden würde und diese Teilung auch nicht angemessen
war.

So wurde schon 2002, also relativ schnell, die „Neue
Strategie zum Schutz der Bevölkerung in Deutschland“
vereinbart, die im Gegensatz zu der eben beschriebenen
Trennung eine grundsätzliche Zusammenarbeit zwi-
schen Bund und Ländern unter Beibehaltung der Zustän-
digkeiten zum Inhalt hatte. Wir wissen natürlich alle:
Grundsätzliche Zusammenarbeit ist gut, aber der Teufel
steckt im Detail. So ist es eigentlich gar nicht verwun-
derlich, dass im Rahmen der Föderalismusreform deut-
lich wurde, dass es auch und gerade hinsichtlich des Zi-
vil- und Katastrophenschutzes sehr unterschiedliche
Auffassungen gab. Dabei denke ich nicht nur an den fi-
nanziellen Bereich, der für manche immer noch ein
Buch mit sieben Siegeln ist, sondern auch an die uralte
Frage – das will ich noch einmal deutlich unterstrei-
chen – der Bedeutung und Einbindung der Ehrenamtli-
chen. Das ist etwas, was nicht nur von Bund und Län-
dern, sondern auch von den Koalitionsfraktionen nicht
immer einhellig bewertet wird.

Jedoch sind Tausende von Menschen ehrenamtlich in
Hilfsorganisationen unterwegs: zum Beispiel bei den
Maltesern, den Johannitern, dem Lazarusorden, dem Ro-
ten Kreuz, den Arbeiter-Samaritern und dem Techni-
schen Hilfswerk. Ich denke, es ist immer angebracht,
egal an welcher Stelle, diesen Ehrenamtlichen zu dan-
ken, weil sie freiwillig auf Freizeit verzichten. Außer-
dem ist es angebracht, den Arbeitgebern Dank zu sagen,
die diese Ehrenamtlichen für manche Stunde freistellen.
Das wird oft vergessen. Man muss es aber immer wieder
sagen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Aus dem eben Gesagten haben wir – man höre und
staune – Schlussfolgerungen gezogen und 2005 im Ko-
alitionsvertrag vereinbart, dass die Steuerungs- und Ko-
ordinierungskompetenz des Bundes bei der Bewältigung
von Großkatastrophen und länderübergreifenden schwe-
ren Unglücksfällen zu stärken sei. Nun muss man kein
Prophet sein, um zu wissen, dass die Umsetzung dieses
hehren Zieles spätestens dann zu erheblichen Diskussio-
nen führt, wenn es, wie ich eben schon angedeutet habe,
um die Finanzierung geht.

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(C (D So stehen wir heute vor dem Ergebnis eines Prozeses, in dem deutlich wurde, dass Föderalismus auch beeutet, mit unendlicher Geduld und Ausdauer dicke retter zu bohren, um am Ende zu einem Ergebnis zu elangen, das nur in einer Demokratie denkbar ist, das ben nicht von oben verordnet wird und mit dem dann lle leben können. Das ist wirklich wahr. Man betont es viel zu selten. Es rscheint fast selbstverständlich, dass wir am Ende zuammenkommen, auch wenn wir an völlig verschiedenen unkten gestartet sind. Wer die Verhandlungen in einer roßen Koalition erlebt hat, weiß, dass das schwierig ist. ie gesagt, auch bei der Föderalismuskommission war s schwierig. Im Ausschuss haben wir gestern von der Nevernding-Story gesprochen, aber sie hat ein Ende: der Geetzentwurf, der Ihnen vorliegt. Wir entsprechen damit icht nur dem Willen der Beteiligten, sondern auch den n diesem Fall berechtigten Forderungen des Bundesechnungshofes und den Beschlüssen der Innenministeronferenzen der beiden vergangenen Jahre. Wir schaffen ine gesetzliche Grundlage für das ergänzende Tätigweren des Bundes im Bereich des Katastrophenschutzes nd stellen noch einmal die Kompetenzverteilung zwichen Bund und Ländern klar. Es ist, denke ich, richtig, zu sagen, dass man mit unerschiedlichen Auffassungen an die Lösung dieses Prolems herangehen kann. Wir teilen den sicherlich gut emeinten Vorschlag der FDP überhaupt nicht. Die Anahme des Antrages hätte nicht nur eine Änderung des rundgesetzes erfordert, sondern auch die Aufhebung es dualen Systems, das sich im Prinzip bewährt hat; ies würde nicht automatisch zu einer Verbesserung fühen. Deswegen wollen wir bewusst die bereits vorhandeen Strukturen ergänzen und stärken. Wie gesagt: Eine öllige Neustrukturierung wäre mit dem Grundgesetz icht vereinbar. Dass sich die Herausforderungen verändert haben, ass wir uns den heutigen Herausforderungen anpassen üssen und dass dem Umfang und der Unterschiedlich eit der aktuellen Bedrohungslagen Rechnung getragen erden muss, liegt auf der Hand. Wenn wir uns heute uf Angriffe mit atomaren, biologischen oder chemichen Waffen vorbereiten müssen, wenn wir an den chutz vor und das Handeln nach eventuellen Terroranriffen denken müssen, dann hat das nicht nur eine anere Qualität, sondern zeigt auch die Notwendigkeit sehr iel breiter angelegter Strategien, als sie früher erforderich waren, als man militärischen Angriffen mit klassichen Waffen der Verteidigung begegnen konnte. Wie esagt: Die Länder werden in Zukunft für die flächendekende Grundversorgung zuständig sein. Ich fasse zusammen: Erstens. Wir weiten den Grundsatz der Katastrophenilfe aus, indem wir die Einrichtungen des Bundes in riedenszeiten auch für den Katastrophenschutz nutzbar achen. Beatrix Philipp Zweitens. Wir stellen ausdrücklich klar, dass die Ausund Fortbildungsmaßnahmen beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe auch der Vorbereitung von Entscheidungsträgern und Führungskräften auf Landesebene dienen sollen. Drittens. Die Durchführung ressortund länderübergreifender Ressortübungen, zum Beispiel zwischen THW, Bundesgrenzschutz, Feuerwehr und Polizei, bezüglich eines Terroranschlages garantiert uns die Aufwuchsfähigkeit im Katastrophenfall. Viertens. Wir stellen klar, wer im Katastrophenfall die jeweilige Koordinierungskompetenz hat. Grundsätzlich bleibt das betroffene Land sowohl für die Festlegung der zu treffenden Maßnahmen als auch für das operative Krisenmanagement zuständig. Nur wenn ein Land ausdrücklich darum ersucht, kommt der Bund mit der Koordination der Hilfsmaßnahmen seiner ergänzenden Funktion nach. Man kann sagen, es ist eine Art Servicefunktion auf Abruf. Schließlich: Information und Kommunikation wollen wir weiter fördern und entsprechende Informationsprozesse ankurbeln. Hierzu geben wir dem Bundesamt die Befugnis, personenbezogene Daten zu verwenden, um den Ansprechpartner schnell herausfinden zu können. Die Menschen in unserem Land erwarten zu Recht, dass wir uns ihrer berechtigten Sorgen annehmen. Diesem Anspruch wird der Ihnen vorliegende Gesetzentwurf gerecht. Wir hoffen auf eine breite Zustimmung. Vielen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Rüdiger Veit [SPD]: Schön gesagt!)





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Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1620222500

Das Wort hat der Kollege Hartfrid Wolff, FDP-Frak-

tion.

Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP):
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die He-

rausforderungen im Bevölkerungsschutz steigen. Unsere
Gesellschaft ist vielfältig vernetzt. Die Abhängigkeiten
von kritischen Infrastrukturen, ob Stromversorgung oder
IT-Sicherheit, wachsen. Der Klimawandel schafft neue
biologisch-medizinische Anforderungen. Ich sage nur:
Vogelgrippe oder Malaria. Jeder kennt diese Beispiele.

Auf diese Herausforderungen will die Bundesregie-
rung nun halbherzig antworten und übernimmt – zu ein-
fach – die Vorgaben von der Innenministerkonferenz.


(Beifall bei der FDP – Beatrix Philipp [CDU/ CSU]: Da ist aber auch Ihrer dabei, oder?)


Moderne Technik und neue Herausforderungen brau-
chen, liebe Frau Kollegin Philipp, eine moderne Rechts-
grundlage. Das Zivilschutzgesetzänderungsgesetz ist die-
ses nicht.


(Beatrix Philipp [CDU/CSU]: Wollen Sie sagen, dass Herr Wolf das nicht gewusst hat?)


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(C (D s greift zu kurz. Wir brauchen keinen neuen Kompetenzirrwarr, sondern Klarheit und einfache Strukturen, die ich an den Anforderungen ausrichten. Kirchturmpolitik st der falsche Weg. Dass Landesinnenminister Schünemann n Niedersachsen auf der Feierstunde des BBK Ende etzten Jahres auch noch schwadronierte, eigentlich hätte r sozusagen als Ziel der Verhandlungen gerne die Länerzuständigkeit für das THW gehabt, grenzt an Zynisus. Ist Herr Schünemann dann auch bereit, zum Bei piel die wichtigen Einsätze des THW in Myanmar oder hina zu finanzieren? Dieses niedersächsische Sandkas enspiel ist absurd. Es war ein irreparabler Fehler, den Bevölkerungschutz aus der Föderalismusreform I herauszunehmen. m Übrigen war die Begründung nicht wirklich tragbar. ie Gründe waren das Luftsicherheitsgesetz und der insatz der Bundeswehr. Daran sieht man im Übrigen, woher beim Thema zivier und eben nicht militärischer Bevölkerungsschutz der ind weht. er von der Vogelgrippe nicht mehr überrascht werden ill und wer eine Chaos-Landrätin wie damals auf Rüen nicht mehr erleben will, muss umdenken. Manch ine Ignoranz der tatsächlichen Anforderungen gewinnt rreale Züge. Meine Damen und Herren, im Grundsatz will ich am öderalen System nichts ändern, im Gegenteil. (Beatrix Philipp [CDU/CSU]: Na ja! Na ja! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Dann sind wir ja beruhigt!)


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Guter Mann!)


(Beifall bei der FDP)


Sie haben unseren Antrag doch wohl gelesen. – Es gilt,
nbürokratisch und schnell zu reagieren. In der Regel ge-
chieht das vor Ort. Nur für besondere Fälle muss der
und eine klar umrissene, eindeutige Verantwortung
bernehmen. Der bisherige Dualismus von Zivil- und Ka-
astrophenschutz ist Vergangenheit, liebe Frau Philipp.
uch wenn Sie sich dagegen stemmen, wird das nichts
ützen.


(Beatrix Philipp [CDU/CSU]: Ich stemme mich überhaupt nicht!)


ir brauchen ein einheitliches Bevölkerungsschutzsys-
em mit allein am Schadensausmaß ausgerichteten Ver-
ntwortlichkeiten.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Gerold Reichenbach [SPD])


Die FDP-Bundestagsfraktion hat ein Konzept für eine
irkliche Reform des Bevölkerungsschutzsystems vor-
elegt. Wir streben eine Aufgabenverteilung an, bei der
ie Zuständigkeit für lokale Schadensereignisse bei den
ommunen bzw. beim Land liegt – das betrifft nach wie
or die überwiegende Mehrheit der Fälle –, bei der die
uständigkeit für Großschadensereignisse innerhalb ei-






(A) )



(B) )


Hartfrid Wolff (Rems-Murr)

nes Bundeslandes bei den Ländern verbleibt und bei der
die Zuständigkeit für den hoffentlich extrem seltenen
Fall länderübergreifender Schadenslagen beim Bund
liegt. Die Elbeflut macht nicht vor Ländergrenzen halt.


(Beatrix Philipp [CDU/CSU]: Ach was!)


Großflächige Stromausfälle, wie wir sie zum Beispiel im
Falle der Emsfähre erlebt haben, hatten zur Überra-
schung vieler, damals übrigens auch zu Herrn Bosbachs
Überraschung, sogar internationale Auswirkungen.

Innerhalb dieses Rahmens sind die Ressourcenverant-
wortung und die Zusammenarbeit zu regeln, um schnellst-
möglich und effektiv helfen zu können. Ein neues, zeit-
gemäßes Ausstattungskonzept ist dabei ohne einen
schlagkräftigen und wirkungsvollen Beitrag des Bundes
nicht denkbar. Die Konzentration des Bundes auf die Be-
reitstellung von Spezialressourcen für Sonderlagen darf
nicht zu einem schleichenden Rückzug aus der Fläche
führen. Das ehrenamtliche Engagement ist die bürger-
schaftliche Grundlage für die Sicherheit der Bürgerinnen
und Bürger in Deutschland. Dieses Ehrenamt ist die tra-
gende Säule für unsere Sicherheit, für den Bevölke-
rungsschutz.


(Beifall bei der FDP)


An dieser Stelle muss ich sagen: Das Zivilschutzge-
setzänderungsgesetz, das Sie vorlegen, ist in gewisser
Weise tatsächlich ein Schritt in die richtige Richtung.
Wir brauchen eine größere Kultur der Anerkennung der
Helfer;


(Beatrix Philipp [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


ich glaube, hier sind wir uns einig. Wir brauchen eine
gezielte Öffentlichkeitsarbeit, auch zur Sensibilisierung
der Bevölkerung.


(Beatrix Philipp [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


Und wir brauchen eine zeitgemäße Ausstattung vor Ort
und finanzielle Anreize zur Übernahme ehrenamtlicher
Verantwortung. Dass der Finanzminister die Rettungsor-
ganisationen, als es damals im Zusammenhang mit den
Pauschalen um die Unterstützung des Ehrenamtes ging,
leider vergessen hat, war aus meiner Sicht nicht hilf-
reich. Was hilft, sind eine bessere und koordinierte Aus-
bildung, moderne Risikomanagementmethoden und vor
allem mehr Forschung.

Die FDP wird auch in den Ländern weiter für ihr
Konzept werben. Wir fordern auch die Bundesregierung
auf, dies noch deutlicher, zielbewusster und intensiver
zu tun als in der Vergangenheit. Wir wissen, dass Sie zu-
nächst ganz andere Vorstellungen hatten als jetzt in Ih-
rem Gesetzentwurf zum Vorschein kommt. Wir sollten
an diesem Thema dranbleiben. Im Sinne der Sache rate
ich Ihnen dringend: Machen Sie weiter!


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1620222600

Für die SPD-Fraktion gebe ich dem Kollegen Gerold

Reichenbach das Wort.

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(C (D Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegin en und Kollegen! Heute geht es um die Verabschiedung es Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Zivilchutzgesetzes. Es wird deutlich: Das ist der Ausdruck es politisch Möglichen. Sowohl unter Wissenschaftlern ls auch unter Praktikern ist weitgehend unbestritten, ass sich die Risiken und Bedrohungen, denen die Beölkerung ausgesetzt ist, im Laufe der letzten Jahre stark erändert haben und dass noch weitere Veränderungen uf uns zukommen werden. Nicht nur der Terrorismus tellt eine Bedrohung dar, sondern auch der Klimawanel, die Globalisierung und die hohe nationale und interationale Vernetztheit können für Katastrophen großen usmaßes ausschlaggebend sein. Wir leben in einer stark vernetzten Welt, von der wir enauso stark abhängig sind. Wir müssen davon ausgeen, dass heute auch bei zivilen Katastrophen eine umassende länderübergreifende Beeinträchtigung der unktionsfähigkeit des öffentlichen und wirtschaftlichen ebens eintreten kann, etwa durch den Zusammenbruch ritischer Infrastrukturen oder durch Pandemien. Das ind Schadenspotenziale in Friedenszeiten, wie wir sie isher nur für den Verteidigungsfall im Blick hatten. iese Risiken sind real, und sie nehmen zu. Das zeigt uch das Grünbuch unserer überfraktionellen Initiative Zukunftsforum Öffentliche Sicherheit“. Lassen Sie mich diese Gelegenheit nutzen, mich noch inmal bei allen zu bedanken, die an dieser Initiative itgewirkt haben. Mein Dank gilt insbesondere meinen arlamentskollegen Frau Stokar von Neuforn, Herrn öbel und Herrn Wolff. Ich glaube, wir haben hier ein utes Beispiel für an der Sache, am Schutz der Bevölkeung orientierte fraktionsübergreifende Parlamentsarbeit eliefert. Die jüngsten Stürme in Frankreich haben uns deutlich or Augen geführt, dass aufgrund des Klimawandels die ahl großflächiger Katastrophen, die sich nicht an Läneroder Staatsgrenzen halten, zunehmen wird. Bereits im Rahmen der Föderalismusreform I hat die PD-Fraktion einen Vorstoß unternommen, die grundgeetzlich zugewiesene Aufteilung zwischen Bund und ändern an die neuen Herausforderungen anzupassen. nser Vorschlag war, die Aufgabenteilung nicht nach rieg und Frieden vorzunehmen, sondern sie an Größe nd Umfang der Schadensereignisse auszurichten und in effektives Koordinierungsinstrument zu schaffen. nser Vorstoß scheiterte am Widerstand der Länder. uch alle weiteren Vorstöße in dieser Richtung sind am iderstand der Länder – ohne deren Zustimmung es icht gehen wird – gescheitert. Die FDP weist in ihrem Antrag, den wir heute mitbeaten, darauf hin, dass wir bei der Aufgabenzuweisung u einer strukturellen Änderung kommen müssen. Da ind wir uns einig, Herr Wolff. Aber, liebe Kolleginnen nd Kollegen von der FDP, in fast allen Ländern, die ich heftig gegen jede Änderung sperren, trägt die FDP Gerold Reichenbach mit Regierungsverantwortung. Ihr Antrag ist somit fast so etwas wie eine öffentliche Selbstgeißelung. (Lachen des Abg. Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP])


(Beifall bei der SPD)

Gerold Reichenbach (SPD):
Rede ID: ID1620222700




(A) )


(B) )


Wir wollen Ihnen helfen, diese zu beenden: Wir werden
den Antrag ablehnen.

Der Bundestag ist nicht der richtige Ort für diesen
Antrag. Der richtige Ort wären die Länderparlamente.
Wenn Sie es schaffen würden, Ihren Antrag in den Parla-
menten all der Länder, in denen Sie mit Regierungsver-
antwortung tragen, zur Abstimmung zu bringen, wären
wir einen entscheidenden Schritt weiter. Unsere Unter-
stützung dabei hätten Sie. Doch solange dies nicht ge-
lungen ist, muss sich unsere Gesetzgebung in den vorge-
gebenen Strukturen bewegen.

Trotzdem werden wir mit diesem Gesetz den Zivil-
schutz und die Katastrophenhilfe des Bundes hinsicht-
lich des Schutzes unserer Bevölkerung besser auf die
veränderten Rahmenbedingungen, Herausforderungen
und Gefahren ausrichten können. Dieses Gesetz ist ein
Schritt im Rahmen dessen, was politisch möglich ist.
Wir versetzen den Bund mit diesem Gesetz in die Lage,
auf Anforderung des betroffenen Landes oder der betrof-
fenen Länder Koordinierung und Ressourcenmanage-
ment zu übernehmen. Wir geben dem Bund die Möglich-
keit, die zur Vorbereitung notwendigen Daten zu
erheben. Um dem Missverständnis vorzubeugen, hier
werde Datenschutz abgebaut, sage ich: Es geht um Res-
sourcen wie Sandsäcke oder Gerät, um Daten für die
Alarmierung von Spezialisten und um Daten im Hin-
blick auf das Risikopotenzial von Überschwemmungs-
gebieten oder Anlagen.

Wir gelangen mit diesem Gesetz zu einer Präzisierung
der Zusammenarbeit von Bund und Ländern auf der
Grundlage der Amts- und Katastrophenhilfe. So wird
noch einmal ausdrücklich festgehalten, dass die Einrich-
tungen und Vorhaltungen des Bundes für den Zivilschutz
den Ländern auch bei Naturkatastrophen und besonders
schweren Unglücksfällen zur Verfügung stehen.

Die Katastrophe an der Elbe hat Schwächen in Füh-
rung und Management offengelegt, die insbesondere
durch fehlende Einheitlichkeit sowie durch mangelnde
Übung und Ausbildung verursacht waren. Bereits unter
Rot-Grün sind wir diese Mängel angegangen, unter an-
derem durch die Gründung des BBK, durch abgestimmte
Aus- und Fortbildungsmaßnahmen sowie durch länder-
übergreifende Krisenmanagementübungen wie LÜKEx.
Letztere werden nun im Gesetz verankert.

Die von Bund und Ländern unter Otto Schily verein-
barte neue Strategie zum Schutz der Bevölkerung orien-
tiert sich sinnvollerweise nicht mehr am Zivilschutz,
sondern an den Gefährdungslagen. Dem daraufhin zwi-
schen Bund und Ländern im Sommer 2007 vereinbarten
neuen Ausstattungskonzept geben wir jetzt eine gesetzli-
che Grundlage, soweit es sich an den Zivilschutzaufga-
ben des Bundes orientiert.

Die ergänzende Ausstattung des Bundes für den Zivil-
schutz, die den Ländern zur Verfügung gestellt wird,

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(C (D önnen diese auch für ihre Aufgaben und für die Vororge im Katastrophenschutz nutzen. Eines müssen wir edoch eingestehen: Das Gesetz schafft nicht die Grundage, die für eine notwendige breitere Ausrichtung erforerlich wäre. Der Bund kann weiterhin nur Ausstattung inanzieren, die sich aus dem Zivilschutz begründet. urchaus sachlich begründbare Ausstattungswünsche er Länder, die darüber hinausgehen, etwa bezogen auf pezifische Gefahren wie Hochwasser, lassen sich im ahmen des vorliegenden Gesetzes nicht legitimieren. infachgesetzlich war dies nicht möglich. Dazu hätte es ben jener Grundgesetzänderung bedurft, die gegenüber en Ländern nicht durchsetzbar war. Auf einfachgesetzlicher Ebene schaffen wir aber zuindest für die aus eindeutigen Zivilschutzgründen an uschaffende Ausstattung die Rechtssicherheit, die wir erade auch den Ehrenamtlichen schuldig sind. Dabei at die SPD-Fraktion in der Gesetzesberatung darauf gechtet, dass die Nutzung und Verwendung nur zusätzlich u den Anstrengungen der Länder im Katastrophenchutz erfolgen darf, damit diese ihre Anstrengungen icht einfach im gleichen Umfang zurückfahren. Ich laube, auch das liegt sehr im Interesse der Feuerwehren nd Hilfsorganisationen und dient dem Ausbau unseres chutzniveaus. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Wir kommen bei der Vorbereitung auf mögliche Kata-
trophenlagen einen wichtigen Schritt weiter. Bereits un-
er Rot-Grün wurde eine gemeinsame Erstellung von Ri-
ikoanalysen zwischen Bund und Ländern vereinbart. Im
orliegenden Gesetzentwurf verpflichtet sich der Bund,
usammen mit den Ländern die gemeinsame Risikoana-
yse zu erstellen und fortzuschreiben.

Auf das Drängen der SPD-Fraktion hin wurde zu-
leich verankert, dass über diese jährlich dem Parlament
erichtet wird. Daher werden wir uns in Zukunft regel-
äßig mit den zivilen Gefahren und Bedrohungen be-

chäftigen. Dieser Bereich der Sicherheit hat in der Ver-
angenheit ja oft darunter gelitten, dass er zwar
nlässlich aktueller Katastrophen, wie zum Beispiel an
er Oder oder Elbe, sehr im Fokus des Interesses stand,
ber mit dem sinkenden Pegel, um im Bild des Hoch-
assers zu bleiben, auch sehr schnell der Aufmerksam-
eitspegel sank.

Dass sich der Deutsche Bundestag ab dem Jahre 2010
ährlich mit diesen Themen beschäftigt, ist auch ein kla-
es Zeichen an die rund 2 Millionen haupt- und zum al-
ergrößten Teil ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer,
ie sich täglich bei den Feuerwehren, dem DRK, der
UH, dem Malteser Hilfsdienst, dem ASB, der DLRG,
em THW, den Rettungsdiensten und in den Behörden
ür unser aller Sicherheit einsetzen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Wir als Parlament werden ihrem Gebiet in Zukunft
ontinuierlich unsere Aufmerksamkeit widmen. Glei-
hes gilt für die Ergebnisse der Schutzkommission. Weil
ir wissen, dass das ehrenamtliche Engagement das
ückgrat unseres Zivil- und Katastrophenschutzes ist,






(A) )



(B) )


Gerold Reichenbach
haben wir dessen Förderung explizit in den Gesetzent-
wurf aufgenommen. Das halte ich vor allem vor dem
Hintergrund der Herausforderungen, die durch den ge-
sellschaftlichen und demografischen Wandel an diese
ehrenamtliche Basis gestellt werden, für besonders
wichtig.

Der Gesetzentwurf ist ein Schritt in die richtige Rich-
tung, und ich hoffe, dass wir weiterdenken und dass sich
Bund und Länder zu weiteren Schritten durchringen, um
den Gefahren und Bedrohungen der heutigen Zeit ge-
recht zu werden. Die Planungen des Bundes und seine
Leistungen gegenüber den Ländern dürfen nicht dauer-
haft auf den engen Rahmen der reinen Zivilverteidigung
und Amtshilfe beschränkt bleiben. Wir halten dies insbe-
sondere im Interesse der Helfer der Feuerwehren und der
Hilfsorganisationen und der betroffenen Bevölkerung
für notwendig.

Ich kann Ihnen versichern, dass wir Sozialdemokraten
auch in Zukunft in unserem Bemühen nicht nachlassen
werden, uns noch besser auf die geänderten Bedrohun-
gen und Gefahren einzustellen, um unsere Bürger in ei-
ner modernen, hoch vernetzten Gesellschaft bestmöglich
zu schützen.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1620222800

Die Kollegin Petra Pau, Fraktion Die Linke, und die

Kollegin Silke Stokar von Neuforn, Bündnis 90/Die
Grünen, haben ihre Reden zu Protokoll gegeben.1) Ich
schließe deshalb die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun-
desregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Ände-
rung des Zivilschutzgesetzes.

Der Innenausschuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner
Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/11780, den
Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Drucksache
16/11338 in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich
bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Aus-
schussfassung zustimmen wollen, um ihr Handzeichen.
– Gegenprobe! – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist
damit in zweiter Beratung mit den Stimmen der Koali-
tion bei Enthaltung der Opposition angenommen.

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzent-
wurf ist damit in dritter Beratung mit den Stimmen der
Koalition bei Enthaltung der Opposition angenommen.

Tagesordnungspunkt 12 b. Beschlussempfehlung des
Innenausschusses zu dem Antrag der Fraktion der FDP
mit dem Titel „Bevölkerungsschutzsystem reformieren –
Zuständigkeiten klar regeln“.

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p1) Anlage 5

(C (D Der Ausschuss empfiehlt unter Nr. 2 seiner Bechlussempfehlung auf Drucksache 16/11780, den Anrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 16/7520 abzuehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – er stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Beschlussmpfehlung ist damit mit den Stimmen von SPD und DU/CSU bei Gegenstimmen der FDP und Bündnis 90/ ie Grünen und Enthaltung der Fraktion Die Linke anenommen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 13 auf: Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Sibylle Laurischk, Ina Lenke, Miriam Gruß, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Frauen und Migration – Die Integration von Frauen mit Migrationshintergrund in der Bundesrepublik Deutschland – Drucksachen 16/4242, 16/7408 – Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die raktion der FDP sechs Minuten erhalten soll. – Ich höre einen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kollein Sibylle Laurischk, FDP-Fraktion. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die DP hat die heute zu debattierende Große Anfrage auf en Weg gebracht, da wir der Auffassung sind, dass die edeutung von Frauen in der Integrationspolitik unter chätzt wird. Dabei haben sie im Integrationsprozess ine besondere Stellung: Ihr Zugang zur Aufnahmegeellschaft entscheidet über den Spracherwerb der Kinder nd deren Zugang zum deutschen Bildungssystem. Sie ind in einer Schlüsselposition für den Integrationserfolg on Familien und ganz besonders der Kinder. Die FDP begrüßt es ausdrücklich, dass die Integraionspolitik im Bundestag und in der Bundesregierung n Bedeutung gewonnen hat. Richten wir aber unser Auenmerk auf Details der Antwort auf die Große Anfrage, ann merken wir, wie weit Deutschland noch vom Interationserfolg entfernt ist und dass das Thema längst och nicht alle Gesellschaftsstrukturen durchdrungen at. Bei der Beantwortung der Frage 11, in der es um Zahungen von Migrantinnen in ihre Herkunftsländer geht, ügt die Bundesregierung eine Statistik der Bundesbank n, die noch im Jahr 2007 von „Heimatüberweisungen er Gastarbeiter“ schreibt. Die Sprache verrät den Nacholbedarf staatlicher Institutionen zum Thema Integraion in Deutschland. Von den 15,3 Millionen Bürgern und Bürgerinnen mit igrationshintergrund sind die Hälfte Frauen und Mäd hen. Sie für die Belange der Integration zu gewinnen, eißt, das Thema direkt in die Familienstrukturen zu traen, da die Frauen in der Familie ein zentraler Bezugsunkt sind. Der Schlüssel zur Integration ist Bildung. Sibylle Laurischk Hierzu gehört eindeutig das Erlernen der deutschen Sprache. Wir müssen einerseits sehr früh anfangen, die Sprachfähigkeit der Kinder, andererseits aber auch ganz besonders die Sprachfähigkeit der Frauen und Mütter zu fördern. Denn sie sind es, die sich traditionell um die Kinder kümmern, mit ihnen lernen und sie für den Spracherwerb sensibilisieren. Die Antwort auf die Große Anfrage macht den Nachholbedarf auf diesem Gebiet sehr deutlich. Frauen mit Migrationshintergrund nutzen und beherrschen die deutsche Sprache deutlich weniger als die Männer, wie die Antwort auf Frage 20 ausführt. Hier zeigt sich, dass wir das Augenmerk verstärkt auf eine geschlechterspezifische Integration legen müssen, die das Familienbild von Migrantinnen berücksichtigt. Auch wenn es überholt zu sein scheint, dass sich vor allem die Frau um die Familie kümmert, so ist es bei vielen Migrantinnen die gelebte Realität, wie wir aus der Antwort auf Frage 42 erkennen. Wollen wir diese Frauen erreichen, müssen wir uns dieser Realität stellen. Zu viele Zuwandererfamilien – insbesondere türkische Familien – investieren zu wenig in die Bildung ihrer Kinder und haben zu wenig Bezug zu den Herausforderungen einer modernen Gesellschaft, die nur durch Bildung zu meistern sind. Der am Montag dieser Woche vorgelegten Studie „Ungenutzte Potenziale“ zufolge sind sie unter allen Migranten und Migrantinnen in Deutschland am schlechtesten integriert: 30 Prozent haben keinen Schulabschluss; nur 14 Prozent schaffen das Abitur. Junge Migrantinnen sind besonders betroffen: Obwohl ihre Schulabschlüsse besser sind als die ihrer männlichen Kollegen, ergreifen weniger einen Ausbildungsberuf. Diejenigen, die es also trotz der bekannten Defizite in unseren Schulen schaffen, gehen dann viel zu selten weiter. Bei anderen Migrantengruppen ist dies völlig anders. Keine andere Einwanderergruppe in Deutschland hat in der Schule mehr Erfolg als die Vietnamesen: Über 50 Prozent schaffen den Sprung aufs Gymnasium. Damit streben prozentual mehr vietnamesische Jugendliche zum Abitur als deutsche. Im Vergleich zu ihren Alterskollegen aus türkischen oder italienischen Familien liegt die Gymnasialquote fünfmal so hoch. Die Leistungen vietnamesischer Schüler stehen in einem eklatanten Gegensatz zu dem Bild, das wir sonst von Kindern mit Migrationshintergrund haben. An diesem Beispiel kann man auch gut erkennen, dass Bildungsarmut nicht stets soziale Ursachen hat. An diesem Erfolg haben vor allem Frauen einen großen Anteil, die ihre Kinder fordern und fördern. Gerade diese Erkenntnisse zeigen, dass wir bei der Integrationspolitik die Herkunft stärker berücksichtigen und auch Migrantinnen gezielter ansprechen müssen. Die Große Anfrage zeigt aber auch deutlich, dass es ganz erheblich an statistischem Material und an Erfahrungswerten mangelt. Viele Fragen werden von der Bundesregierung nur mit einem Verweis auf fehlende Daten beantwortet. Bei anderen Fragen ist in der Fußnote nachzulesen, dass die s s b S u q F C G A K w w t t b e t r C t t f V m d B i t a d D g k w w e (C (D tatistische Grundgesamtheit der Erhebung aus 99 Peronen bestand. Zielgenaue Integration und Maßnahmen edeuten auch, dass man belastbares Wissen über den tatus quo haben muss. Dies ist eindeutig nicht der Fall nd muss stark verbessert werden. Hier könnte eine Enuete-Kommission zur Integration, wie von der FDPraktion vorgeschlagen, Wirkung zeigen. (Beifall bei der FDP – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber nicht mehr bis zum Ende der Wahlperiode!)


(Beifall bei der FDP)

Sibylle Laurischk (FDP):
Rede ID: ID1620222900




(A) )


(B) )



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1620223000

Das Wort hat der Kollege Reinhard Grindel von der

DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Reinhard Grindel (CDU):
Rede ID: ID1620223100

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

roße Anfrage der FDP-Fraktion ist zwei Jahre alt, die
ntwort der Bundesregierung über ein Jahr alt. Frau
ollegin Laurischk, ich glaube, wenn man betrachtet,
as sich in der Zwischenzeit getan hat, dann kann man
ahrlich behaupten – gerade auch mit Blick auf Integra-

ionsmaßnahmen für Mädchen und Frauen –: So viel In-
egration gab es noch nie.

Die Lebenssituation von Mädchen und Frauen zu ver-
essern und Gleichberechtigung zu verwirklichen, ist
ines der zentralen Anliegen des Nationalen Integra-
ionsplans. Der Bund hat dabei mit der Umsetzung zahl-
eicher Selbstverpflichtungen begonnen. Für uns als
DU/CSU ist klar, dass ohne angemessene Berücksich-

igung der Rolle von Frauen und Mädchen im Integra-
ionsprozess, ihrer besonderen Probleme und ihrer spezi-
ischen Bedürfnisse Integration nicht gelingen kann.
iele von ihnen tragen elterliche Verantwortung. Oft-
als sind gerade sie es, die den Erfolg oder Misserfolg

er Integration der nachfolgenden Generationen prägen.

Sie haben zu Recht die Studie des Berlin-Instituts für
evölkerung und Entwicklung zur Lage der Integration

n Deutschland angesprochen. Dort werden viele posi-
ive Beispiele gelungener Integration aufgezeigt, aber
uch auf die Probleme hingewiesen, die wir insbeson-
ere bei Migranten türkischer Herkunft haben.

Dort ist unter anderem zu lesen:

Ein Nachteil dieser Gruppe ist ihre Größe: Weil es
vor allem in Städten so viele sind, fällt es ihnen
leicht, unter sich zu bleiben. Das erschwert gerade
zugewanderten Frauen, die häufig nicht erwerbstä-
tig sind, die deutsche Sprache zu erlernen. Damit
fehlt auch den Kindern eine wesentliche Vorausset-
zung für gute Integration.

eshalb haben wir die fachliche Ausrichtung der Inte-
rationskurse erheblich verändert und spezielle Frauen-
urse vorgesehen, die mit Kinderbetreuung durchgeführt
erden.

Ich will die neuesten Zahlen, die sich nicht in der Ant-
ort der Bundesregierung befinden können, gerne noch

inmal erwähnen: Bis einschließlich 30. September 2008






(A) )



(B) )


Reinhard Grindel
haben sich 42 000 Personen für Eltern- und Frauenkurse
angemeldet, und für die Kinderbetreuung wurden allein
im Jahr 2008 467 000 Betreuungsstunden in Anspruch
genommen. Der Bund hat dafür 6,8 Millionen Euro auf-
gewandt. Das ist praktische Integrationsarbeit, die es in
dieser Intensität für Frauen und ihre Kinder so noch nie
gegeben hat. Darauf können wir als Große Koalition
stolz sein.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Rüdiger Veit [SPD]: Das stammt von uns, aber ihr habt mitgemacht! Das ist gut so!)


Sie haben das Thema „schwieriger Spracherwerb bei
Frauen“ angesprochen. Sie haben auch angesprochen,
dass wir jetzt den Nachweis von einfachen Deutsch-
kenntnissen zur Auflage vor dem Familiennachzug ma-
chen. Gerade weil gestern in einer Gesprächsrunde von
Mitgliedern des Innenausschusses mit Menschenrechts-
organisationen von einer gewissen Dramatik die Rede
war, will ich noch einmal die neuesten Zahlen zu diesem
Themenkomplex nennen: Im Jahr 2007 sind 32 466 Visa
zum Zwecke des Ehegattennachzugs erteilt worden. Im
Jahr 2008 waren es 30 767 Visa, also ein Rückgang von
nur 5,2 Prozent. Hauptherkunftsland für den Ehegatten-
nachzug ist die Türkei. Rund die Hälfte des Rückgangs
bei den Visa zum Ehegattennachzug betrifft türkische
Staatsangehörige.

Da wir wissen, dass fast alle, die sich bei den Goethe-
Instituten um einen Sprachnachweis bemühen, den ent-
sprechenden Test auch bestehen, ist für mich klar, dass
wir an dieser Stelle davon ausgehen können, dass wir
eine Reihe von Zwangsehen verhindert haben.

Ich will aber im Zusammenhang mit dem Spracher-
werb deutlich machen, dass diese Maßnahme, die wir
gemeinsam beschlossen haben, über die Bekämpfung
von Zwangsehen hinaus eine integrationspolitische Be-
deutung hat; denn in den Kursen der Goethe-Institute
wird nicht nur Sprachkompetenz, sondern werden auch
Kenntnisse über Deutschland und den Lebensalltag in
unserem Land vermittelt. Die Frauen, die zu uns kom-
men, sind also viel besser auf ihr neues Leben in unse-
rem Land vorbereitet. Es kommt darauf an, dass wir sie
in die Lage versetzen, einer Berufstätigkeit nachzuge-
hen, ihren Kindern bei den Hausaufgaben zu helfen und
damit den Bildungshunger ihrer Kinder zu wecken und
nicht zuletzt etwas über unser Wertesystem zu erfahren
und eine patriarchalische Rollenverteilung nicht wider-
spruchslos zu akzeptieren.

In diesem Zusammenhang will ich auf ein bemer-
kenswertes Interview von Cem Özdemir, dem Vorsitzen-
den der Grünen, in der taz vom 27. Januar dieses Jahres
hinweisen. Darin sagt er:

Vielen der Zugewanderten, besonders aus der Tür-
kei, ist die Bedeutung guter Bildung für ihre und
unsere Kinder nicht ausreichend bewusst … Wenn
es nicht mit den Eltern geht, dann muss man es
auch gegen sie machen … Wenn in einer Familie
ein archaisches Bild der Rollenverteilung von
Mann und Frau gepredigt wird, dann müssen wir in

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(C (D den Schulen andere Werte vermitteln – und vorleben. ieber Kollege Winkler, ich frage mich, was dagegen pricht, ein anderes Rollenverständnis schon vor dem uzug nach Deutschland zu vermitteln, wenn wir an die ungen Frauen in den Sprachkursen der Goethe-Institute och herankommen, bevor sie danach vielleicht in eine arallelwelt abtauchen. Nichts spricht dagegen, dies zu ermitteln! Sie haben zu Recht auf die Erfolge von Kindern mit ietnamesischem Migrationshintergrund hingewiesen, rau Kollegin Laurischk. Ich glaube, dass das ein Zeihen und ein Beleg dafür ist, wie wichtig es ist, dass in en Familien deutsch gesprochen wird. Das ist bei dieen Familienstrukturen in der Regel der Fall, weil es hier ehr viele binationale Ehen gibt. Das zeigt, wie wichtig s ist, dass Kenntnisse der deutschen Sprache nicht nur m Kindergarten und in der Schule erworben werden, ondern auch zu Hause. Zu den erfolgreichen Integrationsmaßnahmen, mit deen wir Frauen unterstützen, gehört der Ausbau der rippenbetreuung, der Ganztagskindergärten und Ganz agsschulen. Die frühe gemeinsame Bildung von einheiischen Kindern und Migrantenkindern fördert die Inte ration und schafft eine bessere Bildungsperspektive. ir dürfen uns nicht damit abfinden, dass es Kinder ibt, die deshalb von Anfang an in der Schule scheitern, eil sie den Lehrer an der Tafel nicht verstehen. Das arf es nicht mehr geben. (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wir verbessern auch die berufliche Perspektive von
rauen mit Migrationshintergrund. Mit der Qualifizie-
ungsoffensive wollen wir die Anerkennung von im Aus-
and erworbenen Abschlüssen zügig verbessern. Wir

üssen endlich die Kompetenzschätze heben, über die
erade Frauen mit Migrationshintergrund verfügen. Es
ibt – darauf wird in der Studie und auch von Frau
aurischk in ihrer Rede zu Recht hingewiesen – sehr gute
rfolge bei den Bildungskarrieren von Migrantinnen. Es
ibt mehr Mädchen als Jungen türkischer Herkunft in der
ymnasialen Oberstufe. Die Zahl der Studentinnen mit
igrationshintergrund wächst kontinuierlich. Das ist nur

u begrüßen. Ich möchte erwähnen, dass wir bei den drei
ipfeltreffen zum Nationalen Integrationsplan – diese
urden von Maria Böhmer ganz maßgeblich beeinflusst –

ehr intensiv das Gespräch mit Migrantinnen und Frau-
norganisationen gesucht haben. Es hat extra einen Ar-
eitskreis gegeben, der sich intensiv mit der Lebenswelt
er Frauen sowie der Wirklichkeit in Schule und Beruf
efasst hat. Man kann sagen – das alles konnte in die
ntwort der Bundesregierung nicht aufgenommen wer-
en –, dass wir der Integration von Mädchen und Frauen
ine besondere Bedeutung beimessen.

Integration gelingt nicht von allein. Sie muss von al-
en staatlichen und zivilgesellschaftlichen Akteuren ge-
ebt werden. Dazu gehört, die Menschen, die aus ver-






(A) )



(B) )


Reinhard Grindel
schiedensten Motivationen heraus ihre Heimat verlassen
haben, um hier zu leben, willkommen zu heißen.

Sie müssen am gesellschaftlichen Leben teilhaben
können, ihre Leistungen müssen Anerkennung finden.
Deshalb wurden durch die Arbeit am Nationalen Integra-
tionsplan und durch die Deutsche Islamkonferenz neue
Impulse für den Dialog mit Migrantinnen und Migranten
gesetzt, und es wurde nicht nur über sie geredet.

Die Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen
haben eine breite Basis für die direkte und vertrauens-
volle Zusammenarbeit mit Menschen aus Zuwandererfa-
milien geschaffen. Wir brauchen sie als Partner, um un-
sere gemeinsame Zukunft zu gestalten. Wenn auch
weiterhin – das ist keine Frage – viel zu tun bleibt, so
zeigt doch die große Resonanz dieser Aktivitäten und die
dadurch angeregte Diskussion in der Öffentlichkeit, dass
unsere Intention angekommen ist. Ich möchte hier be-
sonders die Leistung der Beauftragten für Integration,
unserer Staatsministerin Maria Böhmer erwähnen. Sie
steht auch ganz persönlich dafür, dass Frauen und Mäd-
chen ganz oben auf der Tagesordnung stehen, wenn es
um Integration und den gelebten Zusammenhalt in unse-
rer Gesellschaft geht.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1620223200

Das Wort hat jetzt die Kollegin Sevim Dağdelen von

der Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Sevim Dağdelen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620223300

Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine sehr verehrten

Damen und Herren! Lieber Herr Grindel, es war nicht
anders zu erwarten: Sie haben, als Sie aus der Studie des
Berliner Instituts zitierten, das zitiert, was Ihnen oppor-
tun erschien, aber nicht das, was darüber hinaus darin
stand. Sie haben gesagt, dass vor allem die Sprache
wichtig ist, und die Situation geschildert. Sie haben aber
versäumt, zu sagen, dass es bei Menschen mit Migra-
tionshintergrund gerade der ausländische Pass ist, der
die Arbeitsvermittlung erschwert. Bei all den Punkten ist
die Mehrheitsgesellschaft gefordert, offener auf die Mi-
granten zuzugehen, um deren Potenziale für die Gesell-
schaft besser zu nutzen. Es steht auch in dieser Studie,
dass kostenlose Kindergartenplätze und pädagogisch ge-
schultes Personal zur Sprachförderung in den Kindergär-
ten unerlässlich sind, und es steht in der Studie, dass
Schulen zu ganztägig offenen Integrationszentren ausge-
baut werden sollen, wie es die Linke seit eh und je for-
dert. Außerdem spricht sich die Studie für eine Einbür-
gerung von hier Geborenen nach dem Ius-Soli-Prinzip
aus, wie es in Frankreich oder in den Vereinigten Staaten
üblich ist, um sie von Anfang an willkommen zu heißen
und ihnen zu zeigen, dass sie gebraucht werden. Genau
das wollen Sie verhindern. Sie wollen sogar das Op-
tionsmodell abschaffen und wieder zum Abstammungs-
prinzip kommen.

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(C (D (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was? Das ist unglaublich!)


as haben Sie, Herr Grindel, hier zu sagen versäumt.

In der Antwort der Bundesregierung auf die Große
nfrage wird festgestellt, dass die Erwerbsquote von
rauen ohne Migrationshintergrund im Durchschnitt um
0,6 Prozentpunkte höher als von Frauen mit Migrati-
nshintergrund ist. Kein Wort aber davon, dass dies zum
eispiel in den 70er-Jahren umgekehrt war. Da wiesen
igrantinnen eine Erwerbsbeteiligung auf, die erheblich

ber der deutscher Frauen lag. Dies galt laut Statisti-
chem Bundesamt gleichfalls für verheiratete Frauen
usländischer Nationalität. Ihre Erwerbsquote lag mit
4 Prozent gleichfalls wesentlich höher als die deutscher
hefrauen mit 40 Prozent. Frauen mit Migrationshinter-
rund wurden und werden zunehmend aus der Erwerbs-
rbeit gedrängt, so heißt es, und in geringfügige Be-
chäftigung, ungeschützte Arbeitsverhältnisse sowie
rbeitslosigkeit und den Verzicht auf Erwerbsarbeit ge-
rängt. Zum Teil arbeiten sie weit unterhalb ihres Quali-
ikationsniveaus. Herr Grindel, Sie sagten, man müsse
ntegrationsschätze heben. Das hat die Bundesregierung
or einer Stunde nicht gemacht. Sie hat einen Antrag zur
nerkennung von Bildungs- und akademischen Ab-

chlüssen, die im Ausland erworben wurden, wovon eine
albe Million Menschen betroffen ist, gerade Frauen,
pätaussiedler, russische Ärztinnen, die hier in diesem
ande putzen müssen, weil ihre Abschlüsse nicht aner-
annt werden, abgelehnt. Daran möchte ich Sie erinnern.

Das Problem ist auch, dass gerade Migrantinnen mit
indern oftmals in gewalttätigen Beziehungen aushar-

en, um ihr Aufenthaltsrecht nicht zu verlieren. Da sage
ch: Wenn die Bundesregierung einen Integrationswillen
ätte, dann müsste sie doch für ein eigenständiges Auf-
nthaltsrecht dieser Frauen streiten und ihnen dieses ge-
en,


(Beifall bei der LINKEN – Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Gibt es doch!)


amit sie nicht in diesen Gewaltbeziehungen enden.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Das ist doch geregelt!)


erner werden Übermittlungspflichten von der Bundes-
egierung nicht aufgehoben, was Frauen, die illegalisiert
erden, Frauen ohne Papiere in Deutschland betrifft.
it der Aufhebung könnte man diesen Frauen helfen,

ich in die Gesellschaft zu integrieren. Im Zusammen-
ang mit der Diskussion über Zwangsverheiratung und
wangsehen haben Sie durch die Novellierung des Zu-
anderungsgesetzes den Ehegattennachzug erschwert.
ie konnten aber bisher nicht einen Fall benennen, wo
ie die Zwangsverheiratung bzw. die Zwangsehe verhin-
ert hätten. Ich möchte an die Sachverständigenanhö-
ung im Familienausschuss erinnern, wo zum Beispiel
esagt wurde: Was die Frauen brauchen, ist ein Rück-
ehrrecht. – All das wurde von der Bundesregierung bis-
er nicht umgesetzt. Wenn Sie etwas für die Frauen tun
ollen, bitte ich Sie, dies zu tun. Die Fakten und die
onzepte liegen auf dem Tisch.






(A) )



(B) )


Sevim DaðdelenSevim Dağdelen

(Beifall des Abg. Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Bedauerlich ist auch – damit komme ich zum
Schluss –, dass die Bundesregierung nur das tut, was sie
in der Vorbemerkung geschrieben hat, nämlich:

… die … zur Verfügung stehenden Kenntnisse über
die Situation von Frauen mit Migrationshintergrund
in der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen der
gestellten Fragen zusammenfassend darzustellen.

Und so beschreibt sie eine desaströse soziale Situa-
tion von Migrantinnen. Doch die Zusammenhänge mit
der eigenen Politik werden mit dem Deckmäntelchen des
Verschweigens von Ursache und Wirkung verdeckt. Auf
diese Weise sind wir von einer Lösung weit entfernt.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1620223400

Das Wort hat jetzt der Kollege Rüdiger Veit von der

SPD-Fraktion.


Rüdiger Veit (SPD):
Rede ID: ID1620223500

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der

Schweizer Theologe und Literaturhistoriker Vinet hat
– wenn allerdings auch schon vor mehr als 150 Jahren;
so lange ist er nämlich bereits tot – zu Recht gesagt:
„Das Schicksal des Staates hängt vom Zustand der Fami-
lien ab.“ Frau Laurischk, ich stimme Ihnen ausdrücklich
zu, dass die Frauen in diesem Bereich eine zentrale Rolle
einnehmen.

Wenn es um die Fragen der Integration, der Sozialisa-
tion und der Erziehung der Kinder in Migrantenfamilien
geht, haben Frauen möglicherweise sogar noch eine stär-
kere Rolle inne, als das bei einheimischen Familien der
Fall ist. Damit möchte ich aber kein klassisches Rollen-
bild perpetuieren, sondern nur eine Vermutung äußern
und unterstreichen, wie wichtig das ist.

Insofern ist es verdienstvoll, dass Sie sich mit Ihrer in
der Tat sehr umfänglichen Großen Anfrage mit 83 Fra-
gen an die Bundesregierung gewandt haben. Die Bun-
desregierung hat sie mit Mühe und Sorgfalt bearbeitet;
es sind fast 100 Seiten Material. Die Sache hat für die
heutige Debatte aber einen nicht ganz unwesentlichen
Nachteil: Sowohl die Fragestellungen als auch die Ant-
worten der Bundesregierung sind ein bisschen veraltet,
nämlich zwei bzw. ein Jahr. In der Zwischenzeit hat sich
einiges getan.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, nehmen Sie bitte
daran teil, wie ich versuche, richtig auszukosten, dass
ich mit den Ausführungen des Kollegen Reinhard
Grindel von der CDU konform gehe.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wird ja nicht mehr lange anhalten!)


– Sie können diese Freude und diese Teilhabe, wie ich
finde, auch noch ein bisschen emphatischer äußern. –

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(C (D (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Du bringst ihn schon noch auf die Palme!)


Er hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Bundes-
egierung und die Koalitionsfraktionen in der Zwischen-
eit einige Integrationsmaßnahmen angestoßen und um-
esetzt haben. An dieser Stelle kommt Frau Professor
öhmer und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in
er Tat eine ganz zentrale Rolle zu. Dafür wollen wir uns
ei dieser Gelegenheit bedanken.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Der historischen Wahrheit halber sei aber hinzuge-
ügt, dass die Frage der Integration sowohl der neu zu
ns kommenden als auch der bereits bei uns lebenden
igrantinnen und Migranten


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum zeigst du auf mich?)


rsprünglich von der rot-grünen Mehrheit


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach so!)


nd einer Regierung, die von ihr getragen wurde, veran-
asst worden ist. Insofern freuen wir uns – das sage ich
hne Zynismus und Häme –, dass sich jetzt eigentlich
lle in diesem Haus in Bezug auf die Realisierung von
ntegrationsmaßnahmen mehr oder weniger einig sind
nd gemeinsam an einem Strang ziehen.

Im Übrigen muss an dieser Stelle gesagt werden:
elbst wenn wir das Urheberrecht haben, ist es das Ver-
ienst der Bundeskanzlerin und der Staatsministerin
öhmer, dass wir dieses Thema im Rahmen des Natio-
alen Integrationsgipfels aufgegriffen und Konsequen-
en gezogen haben.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Was ist denn mit zwangsverheirateten Frauen, die nicht zurückkommen dürfen?)


Darauf komme ich noch zu sprechen, Frau Kollegin. –
ch erinnere nur einmal daran, dass wir das Sprachange-
ot erheblich verbessert haben, nämlich auf einen Um-
ang von bis zu 900 Unterrichtsstunden, und dass wir die

öglichkeit geschaffen haben, 300 weitere Stunden zu
bsolvieren.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hätten wir schon früher machen können!)


Ich sage an dieser Stelle aber auch Folgendes – denn
as darf nicht vergessen werden –: Gerade im Hinblick
uf die Teilnahme von Migrantinnen an solchen Kursen
st es unabdingbar, dass eine qualifizierte und einfach
rreichbare Kinderbetreuung sichergestellt wird. Ich
ahne die Bundesländer ausdrücklich, ihre Verpflich-

ungen auf diesem Gebiet einzuhalten.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Die kostenfreie Kinderbetreuung!)







(A) )



(B) )


Rüdiger Veit
Ansonsten ist in der Tat einiges auf den Weg gebracht
worden: auf dem Integrationsgipfel und bei den nachfol-
genden Zusammenkünften sowie in den vielseitigen
Selbstverpflichtungen, die eingegangen worden sind; ich
will das nicht alles wiederholen.

Zusammenfassend kann man etwas salopp sagen: Der
Integrationsgipfel hat jedenfalls aus unserer Sicht nur ei-
nen einzigen Nachteil: Auch Rot-Grün hätte seinerzeit
auf die Idee kommen können, so etwas zu veranstalten.


(Heiterkeit des Abg. Reinhard Grindel [CDU/ CSU])


Das Gleiche gilt übrigens für die vom Bundesinnenmi-
nister durchgeführte Islam-Konferenz.

Aber zurück zum Thema. Die Frage 10 der Großen
Anfrage greift ein wichtiges Problem auf. Die Antwort
darauf fällt unzureichend aus; sie muss unzureichend
ausfallen. Sie werden sich nicht wundern, wenn ich im-
mer wieder auf die gleichen drei Themen komme, die
mich hier ganz besonders bewegen:

Erstens geht es um die Frage, inwieweit gerade
Frauen und ihre Familien, vorzugsweise alleinstehende
und alleinerziehende Frauen, die sich schon lange in
Deutschland aufhalten, von der Bleiberechtsregelung der
Innenministerkonferenz oder von derjenigen in dem Ge-
setz, das wir geschaffen haben, profitieren können. Da-
bei ist der Kern der Frage, inwieweit sie in der Lage sein
werden, sich ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel,
jedenfalls höchstens unter teilweiser Inanspruchnahme
solcher Mittel, zu ernähren und den Unterhalt ihrer Fa-
milien zu bestreiten. Da müssen wir noch einmal ganz
besonders sorgfältig hinschauen.

Auch wenn die Bundesregierung in der Antwort
schreibt, es gebe keine statistischen Daten darüber, weil
das Geschlecht derjenigen, die einen Antrag stellten,
nicht erfasst werde, werden wir im Vollzug der Altfall-
und Bleiberechtsregelungen darauf achten müssen, dass
insbesondere alleinstehende Frauen und alleinerziehende
Mütter dabei nicht durch den Rost fallen, weil sie nicht
in der Lage sind, eine adäquate Erwerbstätigkeit auszu-
üben. Ich wäre Ihnen allen dankbar, wenn wir uns auf
diesen Punkt konzentrieren würden.

Zweitens. Übermittlungspflichten bei Illegalen. Dazu
schweigen sowohl diejenigen, die die Große Anfrage ge-
stellt haben, als auch natürlich die Antwort. Diese
Pflichten sind, wie Sie alle oder jedenfalls diejenigen aus
dem Innenausschuss wissen, nach wie vor ein wichtiges
Thema. Dazu gibt es gerade in jüngster Zeit ein sehr un-
rühmliches Beispiel aus Hamburg. Die Magdalena aus
Bolivien, die sich bereits elf Jahre lang in der Bundesre-
publik aufhält und kurz vor Abschluss des zehnten
Schuljahres steht, wird durch das Hamburger Schulregis-
ter, das dort eingeführt worden ist, als statuslos entdeckt
und muss natürlich fortan genauso wie ihre Familie unter
der Bedrohung leben, sofort abgeschoben zu werden.

In Berlin werden Überlegungen dazu angestellt, ent-
sprechende Register einzuführen, oder sind bereits in
Umsetzung begriffen, was jugend- und kinderpolitisch
vielleicht durchaus seinen Sinn hat. Liebe Kolleginnen

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(C (D nd Kollegen – damit wende ich mich an alle raktionen –, wir können es uns einfach nicht mehr leis en, Kinder an der Wahrnehmung von schulischen Bilungsmöglichkeiten dadurch zu hindern, dass im Gesetz eiterhin die Pflicht von Lehrern und Schulämtern zur bermittlung an die Ausländerbehörden enthalten ist. Das Gleiche gilt für Migrantinnen, mindestens inoweit, als sie womöglich davor zurückschrecken, ichtige gesundheitliche Vorsorgeuntersuchungen für chwangere wahrzunehmen und sich bei der Geburt eies Kindes in qualifizierte Betreuung zu begeben. Es arf nicht sein, dass der Staat behandelnde Ärzte, Kranenschwestern und Krankenhausverwaltungen verflichtet, den Ausländerbehörden Mitteilung zu machen, enn sich jemand behandeln lässt, der keinen regulären ufenthaltsstatus hat. Das ist eine Baustelle, die ich eientlich gern noch in dieser Legislaturperiode geschlosen hätte. Da gibt es aber viele Widerstände. Ich will die olleginnen und Kollegen der CDU/CSU-Fraktion gar icht allein dafür verantwortlich machen. Drittens. Das ist ein wichtiger Punkt, der mir ganz beonders am Herzen liegt. Auf Betreiben unseres Koaliionspartners haben wir das Nachzugsalter heraufgesetzt, urchaus noch mit einer gewissen Überzeugung, dass as so richtig ist, aber auch den vorherigen Sprachrwerb im Ausland zur Bedingung für den Familienachzug gemacht. Die Kolleginnen und Kollegen von er Union waren der Auffassung, damit könne dem Phäomen der Zwangsheirat wirksam begegnet werden. (Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Und bessere Sprachkenntnisse!)


(Beifall bei der SPD)


ichts, aber auch gar nichts weist darauf hin, dass diese
nnahme berechtigt ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Doch!)


iel schlimmer ist noch – hier liegt ein ganz erhebliches
efizit –: Wir haben uns in einem wichtigen Punkt nicht
erständigen können. Das bedauere ich nach wie vor. Ich
ppelliere an Sie, Ihre Position noch einmal zu überden-
en. Gerade was die Opfer von Zwangsverheiratungen
m Ausland angeht,


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr richtig!)


achen wir uns mit der sechsmonatigen Frist für die
ückkehrmöglichkeit nach Deutschland praktisch zum
ollstrecker derjenigen, die andere mit Zwangsheirat be-
rohen. Bei moralischer Betrachtung erkennt man: Das
arf sich der Gesetzgeber, dieses Haus, unser Staat nicht
rlauben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wenn eine junge Frau, etwa eine sogenannte Urlaubs-
raut, die im Urlaub zwangsverheiratet worden ist, durch
hren zwangsverheirateten Mann, dessen Familie oder
en auch immer zunächst daran gehindert wird, in die
undesrepublik zurückzukehren, um sich vielleicht hier






(A) )



(B) )


Rüdiger Veit
aus ihrer misslichen Situation zu befreien, dann darf es
nicht sein, dass wir ihr sagen: Wenn du es nicht inner-
halb von sechs Monaten geschafft hast, bleibst du drau-
ßen und deinem Schicksal überlassen. Wer es mit der
Bekämpfung von Zwangsheirat wirklich ernst meint,
muss an dieser Stelle ansetzen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie der Abg. Sibylle Laurischk [FDP])


Ich komme zum Schluss. Ich bitte darum, dass wir
alle noch einmal darüber nachdenken, die entsprechende
gesetzliche Vorschrift zu ändern. Wir sollten die Kraft
dazu haben; sonst sind wir an dieser Stelle nicht glaub-
würdig.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1620223600

Als letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt

hat jetzt das Wort die Kollegin Irmingard Schewe-
Gerigk vom Bündnis 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die
Antwort auf die Große Anfrage zeigt, dass die Bundesre-
gierung in vielen Bereichen jetzt endlich handeln muss.
Die Förderung der Integration von Migrantinnen ist für
die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, wie sie
gerne sagt, eine Herzensangelegenheit. Darum frage ich
mich: Wo bleibt das Herz? Vor allen Dingen: Wo bleibt
das Geld für die Umsetzung des Nationalen Integrations-
plans? Von den 134 abgegebenen Selbstverpflichtungen
will der Bund nur 19 migrantinnenspezifische Verpflich-
tungen finanzieren.

Gleichzeitig hat die Große Koalition unter den Augen
von Ihnen, Frau Böhmer, ausgerechnet die Haushalts-
mittel für die niedrigschwelligen Kurse für besonders
schwer erreichbare Migrantinnen um nicht weniger als
40 Prozent gekürzt.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Welche Kurse meinen Sie denn, Frau Schewe-Gerigk?)


Herr Grindel sagt dazu: So viel Integration gab es noch
nie. Ich finde das den schwer erreichbaren Migrantinnen
gegenüber zynisch und heuchlerisch.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir wissen: Viele Frauen in Deutschland erleben re-
gelmäßig körperliche, sexuelle oder psychische Gewalt.
Zahlreiche Studien zeigen, dass Frauen mit Migrations-
hintergrund besonders stark von Gewalt betroffen sind.
Dies ist, wenn wir über die Integration von Migrantinnen
sprechen, ein wichtiges Thema, das die Integrationsbe-
auftragte, wie eine Kleine Anfrage der Grünen gezeigt
hat, jedoch völlig vernachlässigt.

Frauenhäuser sind für diese Frauen die zentrale An-
laufstelle. Ich möchte an die Forderungen der Sachver-
ständigen bei der kürzlich stattgefundenen Anhörung er-

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(C (D nnern: Änderungen beim Asylbewerberleistungsgesetz, ei der Residenzpflicht sowie beim SGB II und GB XII. Nur wenn es hier zu Änderungen kommt, könen Frauenhäuser von Gewalt betroffenen Migrantinnen irklich helfen. Ich erwarte von der Bundesregierung nd von der Integrationsbeauftragten, dass sie jetzt endich zügig handeln. eider sehe ich keinen Anlass zum Optimismus; denn usgerechnet bei dem wichtigen Thema der Zwangsehe at die Große Koalition – Herr Veit, ich muss es sagen – rundlegend versagt. Sie haben entgegen dem einhellien Votum aller Sachverständigen keine einzige aufentaltsrechtliche Verbesserung für Migrantinnen beschlosen, die von Zwangsehen betroffen sind. (Rüdiger Veit [SPD]: Das habe ich ja gerade bedauert!)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Auch in dem Entwurf der Bundesregierung für Ver-
altungsvorschriften zum Aufenthaltsgesetz finden wir
entgegen der vollmundigen Ankündigung von Frau
öhmer in ihrem 7. Lagebericht – keine Klarstellungen
u den strittigen Punkten. Sie haben auch nichts unter-
ommen, um die deutschen Auslandsvertretungen dazu
u befähigen, zwangsverheiratete Migrantinnen bei der
inreise in ihre deutsche Heimat unbürokratisch zu un-

erstützen.

Das Einzige, was Sie vorgenommen haben, war die
erschärfung beim Ehegattennachzug. Kollege Grindel
ehauptet – ähnlich wie Kollege Uhl –, sie bewahrten
adurch

Hunderte, wahrscheinlich Tausende von Frauen
davor ..., hier in Deutschland in einer Zwangsehe
leben zu müssen.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Ja, das sage ich! Das geben die Zahlen her!)


Herr Grindel, diese Zahlen sind, wie die Bundesregie-
ung auf unsere Anfrage hin einräumen musste, voll-
ommener Humbug. Vielleicht setzen Sie sich einmal
it der Bundesregierung in Verbindung.

Ich stelle fest: Die Verschärfung beim Ehegattennach-
ug ist ein Eingriff in den grundrechtlichen Schutz der
he, der weder geeignet noch erforderlich noch verhält-
ismäßig ist, um den sogenannten Import von zwangs-
erheirateten Ehegatten zu verhindern.

Ich will etwas zu Ihren Sprachanforderungen sagen:
1 Prozent aller nachzugswilligen Ehegatten wurde das
rundrecht auf Familieneinheit verwehrt, weil sie den
prachtest im Herkunftsland nicht bestanden haben.

Diese Zahlen wundern Sie; Sie haben etwas ganz an-
eres geäußert.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die verwechseln das immer mit den Einbürgerungstests!)


ch frage Sie: Wurde hierdurch wirklich eine einzige
wangsehe verhindert? Nein; dieses Instrument dient
inzig und allein dazu, den von Ihnen ungeliebten Zu-






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Irmingard Schewe-Gerigk
wanderungskanal des Ehegattennachzugs insgesamt zu
unterminieren.

Meine Damen und Herren von der Großen Koalition,
Sie sind bei Ihrem Ansatz, Zwangsehen durch den Ehe-
gattennachzug bekämpfen zu wollen, einer fixen Idee
aufgesessen.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Außerhalb des Plenums geben die das auch zu! – Gegenruf des Abg. Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Nein!)


Ich staune, wie emotional, ja geradezu fanatisch Sie auf
die sachlichen Erfahrungsberichte des Verbandes bina-
tionaler Familien oder auf die Kritik des Deutschen In-
stituts für Menschenrechte reagieren. Für mich ist das
ein Indiz, wie sehr Sie Integrationspolitik mit ideologi-
schen Scheuklappen betreiben.

Ich danke Ihnen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Sevim Dağdelen [DIE LINKE])



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1620223700

Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 16 auf:

Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Anpas-
sung eisenbahnrechtlicher Vorschriften an die
Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 des Europäi-
schen Parlaments und des Rates vom 23. Ok-
tober 2007 über die Rechte und Pflichten der
Fahrgäste im Eisenbahnverkehr

– Drucksache 16/11607 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Tourismus
Federführung strittig

Wie in der Tagesordnung ausgewiesen, werden die
Reden zu Protokoll genommen. Es handelt sich um die
Reden folgender Kolleginnen und Kollegen: Dr. Günter
Krings, CDU/CSU, Marianne Schieder, SPD, Mechthild
Dyckmans, FDP, Dorothée Menzner, Die Linke,
Dr. Anton Hofreiter, Bündnis 90/Die Grünen, und für die
Bundesregierung um die Rede des Parlamentarischen
Staatssekretärs Alfred Hartenbach.


Dr. Günter Krings (CDU):
Rede ID: ID1620223800

Angesichts der großen Sorgen auf dem Arbeitsmarkt

und in der Wirtschaft beschäftigen die Menschen in
Deutschland nach wie vor auch die kleineren Sorgen des
Alltags. Wer zu einem dringenden geschäftlichen oder
privaten Termin unterwegs ist und dabei umweltfreund-
lich oder aus Kostengründen die Bahn benutzt, ist auf
eine pünktliche Beförderung angewiesen. Verspätungen
im Bahnverkehr sind und bleiben daher ein Ärgernis, das
wir gerade dann ernst nehmen müssen, wenn uns an einer
Stärkung des Bahnverkehrs gelegen ist.

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(C (D Die Deutsche Bahn, die über Jahrzehnte hinweg einen nternational hervorragenden Ruf wegen ihrer Pünktlicheit genoss, ist seit einigen Jahren dabei, diesen Ruf zu erspielen. Offenbar haben Fragen der Pünktlichkeit vor llem beim Marktführer der Deutschen Bahn AG keine usreichende Priorität erhalten. Die zunehmende Ungewissheit, ob ich als Bahnkunde ünktlich und nach Fahrplan mein Ziel erreiche, hat anche Menschen davon abgehalten, die Bahn zu benut en. Viele, die zum Beispiel für Fernstrecken die Wahl wischen Zug oder Flugzeug haben, entscheiden sich oft ür den Luftverkehr, weil dieser sich teilweise einen zuerlässigeren Ruf erworben hat. Nur eine zuverlässige nd pünktliche Bahn wird aber so genutzt werden, wie wir ns das gemeinsam wünschen. Quer durch alle Fraktioen dieses Hauses, aber auch im Einklang mit den Bahnnternehmen müsste uns allen daher an einer höheren ünktlichkeit des Bahnverkehrs gelegen sein. Um diese Pünktlichkeit in Zukunft besser zu garantieen, braucht es offenbar flankierender Maßnahmen des esetzgebers. Wenn Bahnunternehmen nicht erkennen, ass eine höhere Pünktlichkeit in ihrem Interesse liegt, uss der Gesetzgeber sie im wahrsten Sinne des Wortes in wenig anschieben. Entschädigungszahlungen an dieenigen Kunden, die Opfer von erheblichen Verspätungen eworden sind, können hier sehr heilsame Wirkungen haen. Die von der Europäischen Union, aber zum Teil noch eutlich konsequenter von der Bundesregierung vorgechlagenen und von uns unterstützten Regelungen zur ntschädigung von Bahnkunden werden ihr Ziel nicht erfehlen. Dieses Ziel besteht gerade nicht darin, dass öglichst viele Entschädigungszahlungen in die Taschen on Bahnkunden fließen, sondern darin, dass die Bahn olche Zahlungen gerade vermeiden wird, indem sie ein tärkeres Augenmerk auf ihre Pünktlichkeit legt. Die Entschädigungszahlungen selbst müssen allerings mit Augenmaß erfolgen. Denn Geld, das die Bahn ür Entschädigungen ausgeben muss, fehlt ihr natürlich ür Züge und Bahnhöfe. Da weite Bereiche des Schienenerkehrs nach wie vor ein Zuschussgeschäft sind, muss ie Bahn die Entschädigungen aus ihren eigenen Mitteln rwirtschaften. Der Steuerzahler wird hierfür nicht zuätzlich aufkommen können; denn gerade denjenigen, die icht die Chance haben, die Bahn zu nutzen, kann man aum zumuten, dass sie als Steuerzahler neben dem reguären Bahnverkehr auch noch diese Entschädigungszahungen gesondert subventionieren. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung schafft Entchädigungsregelungen, die für beide Seiten akzeptabel ind und die Position des Bahnkunden deutlich verbesern. Im Zentrum der Regelungen steht, dass der Bahnunde nicht nur einen angemessenen Entschädigungsberag erhält, sondern dass er diesen auch in einem nbürokratischen Verfahren erlangen kann. Die Regelungen sind außerdem recht übersichtlich. um Beispiel wird der Kunde künftig wissen, dass er unbhängig davon, welchen Zug er benutzt hat, ob ICE, Inercity oder Regionalbahn, bei einer Verspätung von mindestens 60 Minuten 25 Prozent des Fahrpreises zurückerhält. Und er bekommt gar die Hälfte zurück, wenn er mehr als zwei Stunden verspätet ist. Es ist auch deshalb eine Verbesserung, weil bislang die Zugnutzer bei Verspätungen auf die Kulanz der Bahnunternehmen angewiesen waren. Nach der Kundencharta der Deutschen Bahn AG fiel die Entschädigung bei einer einstündigen Verspätung zudem geringer aus. Gerade im Nahverkehr können Bahnkunden mit solchen Entschädigungen aber wenig anfangen. Während im Fernverkehr die Bahn verpflichtet ist, den Kunden bei längeren Verspätungen notfalls in einem Hotel unterzubringen, kann der Kunde im Nahverkehr oft wenig mit Geld oder mit einer Hotelübernachtung anfangen. Vielmehr will er sein Ziel, das er schon relativ nah vor Augen hat, nun auch endlich erreichen. Die praktikabelste und sinnvollste Lösung ist hier, ihm die Kosten für ein Taxi zu ersetzen, wenn er sein Ziel mit Zug oder Bus ansonsten nicht zumutbar erreichen kann. Die Union begrüßt daher ausdrücklich den Grundsatz des Gesetzentwurfes der Bundesregierung, dass auch Taxikosten erstattet werden. Wir wollen den Opfern von Verspätungen auf praktikable Art und Weise helfen und sie nicht mit Entschädigungsansprüchen auf zugigen Bahnhöfen stehen lassen. Wenn also der letzte Anschlusszug verpasst ist, muss die Beförderung im Taxi möglich sein und für den Bahnkunden keine weiteren Kosten verursachen. Bedenken haben wir allerdings bei der Begrenzung dieser Taxikosten auf 50 Euro. Dieser Betrag wird gerade im ländlichen Raum nicht immer ausreichen, um den im Nahverkehr üblichen Radius von 50 Kilometern auch tatsächlich abzudecken. Wer mangels Alternative abends auf eine Taxifahrt angewiesen ist, weil sein letzter Zug abgefahren ist, der muss die Taxikosten im Nahverkehrsradius ersetzt bekommen, unabhängig von einer solchen Deckelung. Aus diesem Grunde ist es auch nicht einsichtig, warum die Regelung erst greifen soll, wenn der fahrplanmäßig letzte Zug nach 20 Uhr wegen anderer Zugverspätungen nicht mehr erreicht wurde. Auch hier gilt, dass in vielen ländlichen Regionen zum Beispiel am Wochenende der Zugverkehr nachmittags endet. Wer hier auch vor 20 Uhr seinen letzten Zug verpasst hat, weil er Opfer von Bahnverspätungen wurde, soll nicht bis zum nächsten Morgen warten müssen, um nach Hause zu kommen. Nicht immer muss der Kunde allerdings auf ein Taxi ausweichen. Der Gesetzentwurf sieht zu Recht vor, dass er bei Verspätungen von mindestens 20 Minuten auch einen anderen Zug benutzen darf. Das ist in der Regel die beste Lösung, nämlich auf zweitbestem Wege an sein Ziel zu kommen. Dieser Umstieg in einen anderen Zug muss unkompliziert möglich sein. Wenn also zum Beispiel die Regionalbahn ausfällt, muss es auch zulässig sein, stattdessen den ICE ans gleiche Ziel zu nutzen. Für Züge des gleichen Bahnunternehmens ist dies auch problemlos möglich nach den von der Bundesregierung vorgeschlagenen Regelungen. Wenn es uns aber ernst damit ist, mehr Wettbewerb auf die Schiene zu bringen, müssen wir uns auch Lösungen einfallen lassen, die einen Umstieg von den Zügen eines B w k d g b s v t s D a r h u P t k g o Ä k m b M e k m n V v k u d m l w F s k g n r s l s n u r B k Zu Protokoll ge (C (D ahnunternehmens in das eines anderen ermöglichen, enn so das Ziel auf schnellstem Wege erreicht werden ann. Mehrere Anbieter auf der Schiene sollen dem Kunen nützen und ihm im Verspätungsfalle nicht das Umsteien schwerer machen. Auch hier werden wir für eine Veresserung des Gesetzentwurfes im Kundeninteresse orgen. Für den Bahnkunden, der leider nur allzu oft Opfer on Verspätungen wird, ist heute ein guter Tag. Zum ersen Mal beraten wir im Deutschen Bundestag klare geetzliche Anspruchsgrundlagen für den Verspätungsfall. ie Zeiten, wo der Bahnkunde auf die Kulanz der Bahn ngewiesen war, werden bald der Vergangenheit angehöen. Bahn und Kunden bewegen sich endlich auf Augenöhe. Und es ist letztlich auch gut für die Eisenbahnnternehmen. Indem wir heilsamen Druck auf ihre ünktlichkeit ausüben, steigern wir ihre Attraktivität und ragen dazu bei, dass mehr Menschen die Bahn nutzen. Wenn in lockerer Runde das Thema Bahn zur Sprache ommt, so wissen mindestens zwei von drei Leuten irendwelche verrückten Geschichten über Verspätungen der andere Pannen. Auch wenn zu diesem Zeitpunkt der rger verflogen ist und man meist schon wieder lachen ann, sollte man sich die Maßstäbe vor Augen führen, die an an das Verkehrsmittel Bahn anlegt. Nehmen wir an, Sie reisen von Berlin nach Regensurg, um dort um 14 Uhr einen Termin wahrzunehmen. it dem Auto sind etwa vier bis fünf Stunden Fahrzeit inzuplanen. Eine minutengenaue Auskunft über die Anunft wird kaum jemand geben. Mit dem Flugzeug kommt an maximal bis Nürnberg oder München und hat dann ochmals etwa 1,5 Stunden Fahrzeit mit einem anderen erkehrsmittel vor sich. Mit der Bahn kann ich die Zugerbindung wählen, die um 13:30 Uhr in Regensburg anommt. Die Anreise ist mit Sicherheit die erholsamste, nd zu 90 Prozent klappt sie auch. Sollte es dennoch zu Verspätungen kommen, brauchen ie Bahnkunden klare und einfach einzufordernde Rahenbedingungen, um für die entstandenen Unannehm ichkeiten angemessen entschädigt zu werden. Bisher beegen wir uns in diesen Fällen meist im Raum der reiwilligkeit. Deshalb beraten wir heute in erster Leung den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Stärung der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr, um Regelunen gesetzlich festzuschreiben. Damit werden die ationalen eisenbahnrechtlichen Vorschriften an eine euopäische Verordnung angeglichen. Ich möchte an dieser Stelle noch einmal darauf hinweien, dass unter der deutschen Ratspräsidentschaft nach angen und zähen Verhandlungen mit der nunmehr umzuetzenden EU-Verordnung eine doch recht akzeptable Eiigung erzielt werden konnte, die für Verbraucherinnen nd Verbraucher in der ganzen EU wesentliche Verbesseungen bringen wird. Es ist unserer Justizministerin rigitte Zypries zu verdanken, dass in Brüssel die Stärung der Fahrgastrechte durchgesetzt werden konnte. Dr. Günter Krings gebene Reden Die EU-Verordnung tritt im Dezember 2009 in Kraft. Wir werden die Vorschriften allerdings bereits so umsetzen, dass sie vor der Hauptreisezeit wirksam werden. Nun geht die Diskussion schon seit geraumer Zeit darum, ob in Deutschland über die EU-Verordnung hinausgehende Ansprüche gesetzlich verankert werden sollen. Auch der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf beispielsweise weiter gehende Entschädigungsregelungen im Falle einer Verspätung gefordert. Dies fordern auch unsere Kolleginnen und Kollegen von der Opposition. Ich habe zum Teil Verständnis für diese Forderungen. Es ist völlig unbestritten, dass Nutzerinnen und Nutzer der Bahn erwarten dürfen, schnell, sicher und vor allen Dingen pünktlich ans Ziel gebracht zu werden. Aber ich denke auch, dass man die Kirche im Dorf lassen muss und das richtige Maß finden sollte. Es hilft den Verbraucherinnen und Verbrauchern nicht, wenn sie es mit unterschiedlichsten Regelungen zu tun haben. Handelt es sich um einen grenzüberschreitenden Zug, beispielsweise von München nach Wien, muss die EU-Verordnung angewendet werden. Der Fahrgast hat also bei einstündiger Verspätung Anspruch auf Erstattung von 25 Prozent des Fahrpreises. Geht die Reise von Nürnberg nach Köln, soll nach Vorstellungen des Bundesrates der Fahrgast bei gleicher Verspätung 50 Prozent des Fahrpreises erstattet bekommen. Nutzt der Fahrgast aber bei dieser Strecke einen europäischen Fernverkehrszug, zum Beispiel den österreichischen Eurocity, gilt wiederum die europäische Regelung. Das wäre ungerecht, kompliziert und nicht vermittelbar. Es hilft den Verbraucherinnen und Verbrauchern nicht, wenn durch überzogene Entschädigungen das Bahnfahren noch teurer wird. Es hilft ihnen nicht, wenn sich die regulären Fahrzeiten wesentlich verlängern, um ausreichend Puffer für mögliche Verspätungen zu haben. Und es hilft ihnen schon gleich gar nicht, wenn Reiseketten aus Nahund Fernverkehr nicht mehr angeboten werden. Außerdem sollten die Rufer nach kürzeren Entschädigungszeiten die ganze Rechnung aufmachen und kalkulieren, wie viel Verbraucherinnen und Verbraucher verlieren, wenn aufgrund hoher Entschädigungen die Preise steigen und wie viel sie durch Entschädigungen aufgrund von Zugverspätungen gewinnen. Selbst Vielfahrer müssten unterm Strich zukünftig mehr auf den Tisch legen. Wir brauchen europaweit einheitliche, klare und sinnvolle Regelungen. Kurzfristiger Populismus hilft uns nicht dabei, die Bahn attraktiver zu machen. Vielmehr gilt es, den Service zu verbessern und das Entschädigungsverfahren so einfach wie möglich zu gestalten. Dies halte ich für viel wichtiger. Wenn Sie im Moment eine Verspätung haben, erhalten Sie erst eine Entschädigung, wenn der Zug, in dem Sie sitzen, mindestens eine Stunde später ankommt. Um eine Ermäßigung zu erhalten, müssen Sie sich zunächst an den Informationsschalter des Ankunftsbahnhofs wenden. Dort erhalten Sie eine Bestätigung, mit der Sie binnen vier Wochen im Reisezentrum einen Gutschein abholen können, der ein Jahr gültig ist. Gibt es keinen Infopoint oder Bahnschalter, müssen Sie das Ganze auf dem Postweg erledigen. g k b F s 6 k s r f W n t a g l Z d s w r d 2 F b a g z r R d s f l d g W K D D d s n e s d n d d s S z Zu Protokoll ge (C (D Hier setzt der Gesetzesentwurf an, in dem zukünftig die esamte Reisekette herangezogen wird und der Bahnunde seine Entschädigung unkompliziert und auch in ar erhalten kann. Außerdem können Fahrgäste auf eine ahrt verzichten und sich den vollen Preis erstatten lasen, wenn sich bereits im Vorfeld eine Verspätung von 0 Minuten abzeichnet. Insbesondere Menschen auf dem flachen Land sollen eine Nachteile erleiden müssen, wenn der letzte Anchlusszug aufgrund von Verspätungen nicht mehr ereicht werden konnte. Daher ist vorgesehen, dass bei Erordernis Hotelunterkünfte zu gewährleisten sind oder die eiterfahrt mit einem Taxi ermöglicht wird. Darüber hiaus können ab 20-minütiger Verspätung auch höherwerige Züge genutzt werden, um noch möglichst pünktlich nzukommen. Wir werden mit dem Gesetzentwurf dafür Sorge traen, dass Kundinnen und Kunden in Zukunft noch zuverässiger und mit klarer geregelten Fahrgastrechten in den ug steigen können. Nachdem wir uns vor Weihnachten im Bundestag mit em Antrag meiner Fraktion „Rechte von Bahnkunden tärken“ befasst haben, geht es heute um den Gesetzenturf der Bundesregierung zur Anpassung eisenbahn echtlicher Vorschriften an die VO es Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. Oktober 2007 über die Rechte und Pflichten der ahrgäste im Eisenbahnverkehr. Die Debatte im Dezemer, bei der einige Kolleginnen und Kollegen ja bereits uf den heute zu diskutierenden Gesetzentwurf eingeganen sind, hat doch eines ganz deutlich gemacht: Richtig ufrieden mit dem Gesetzentwurf sind wir alle nicht. Waum machen wir es dann nicht besser? Einigkeit besteht fraktionsübergreifend, dass die echte von Bahnkunden gestärkt werden müssen. Es ist aher gut und richtig, dass endlich Regelungen zur Entchädigung von Bahnkunden bei Verspätungen und Ausall von Zügen gesetzlich festgeschrieben werden. Natürich ist eine Fahrpreiserstattung nicht der einzige Weg, em Kunden zu seinem Recht zu verhelfen. Es ist aber ein anz wesentlicher. Und natürlich ist es unser aller unsch, dass Verspätungen vermieden werden und die unden möglichst immer pünktlich ihr Ziel erreichen. ie Realität – das wissen wir – sieht aber anders aus. ann ist es schon entscheidend und für den Fahrgast urchaus von großer Bedeutung, ob er erst bei einer Verpätung von 60 Minuten mit einer Entschädigung rechen kann oder ob das Eisenbahnunternehmen bereits bei iner Verspätung von 30 Minuten einen Teil des Fahrpreies zu erstatten hat. Auch der Bundesrat fordert ausrücklich eine Regelung, die bereits ab 30 Minuten und icht erst ab einer Stunde greift. Nun höre ich immer das Argument, eine solche – von er FDP geforderte – Regelung würde die Einheitlichkeit er Entschädigung bei grenzüberschreitendem und innertaatlichem Verkehr verhindern. Im transnationalen chienenverkehr sei schließlich die EU-VO zwingend anuwenden. Es sei doch niemandem zu vermitteln, warum Marianne Schieder gebene Reden ein Bahnkunde, der die Strecke Paris–Köln fährt, anders zu behandeln sei als derjenige, der von München nach Hamburg unterwegs ist. Nun sieht aber Art. 17 Abs. 1 der EU-VO zwingend für den grenzüberschreitenden Verkehr lediglich Mindestentschädigungen bei Verspätungen vor. Wer hindert uns daran, weitergehende, also über die Mindestentschädigung hinausgehende Regelungen zu treffen? Andere Mitgliedstaaten haben bereits seit langem solche über Art. 17 Abs. 1 der EU-VO hinausgehenden Regelungen und werden diese auch beibehalten. Lassen Sie uns also gemeinsam noch einmal darüber nachdenken, ob wir hier nicht doch eine Lösung finden, die den berechtigten Interessen der Bahnkunden besser gerecht wird! Wir sollten uns auch nicht von bisher nicht nachvollziehbar behaupteten Mehrkosten der Eisenbahnunternehmen abschrecken lassen. Hier geht es nicht um „Wohltaten“ für die Verbraucher – so sieht das aber wohl die Bundesministerin der Justiz, wenn man die Stellungnahme ihres Parlamentarischen Staatssekretärs im Bundesrat liest –; hier geht es um effektiven Verbraucherschutz. In dem vom Bundesverkehrsministerium in Auftrag gegebenen Gutachten der Firma „Progtrans“ – Bundestagsdrucksache 16/1484 – wird eine Kostenschätzung durchgeführt. Nach den dort geprüften Entschädigungsregelungen, die teilweise erheblich weiter gehen als jetzt im Gesetzentwurf vorgesehen, würden die Kosten ohnehin pro Fahrgast und Strecke nur maximal 80 Cent im Schienenpersonenfernverkehr und maximal 5 Cent im Nahverkehr betragen. Nachbesserungsbedarf gibt es darüber hinaus auch bei einzelnen Regelungen im Nahverkehr, die dem Kunden bei Verspätung die Weiterfahrt durch Umsteigen auf andere Züge bzw. die Kostenerstattung eines Taxis ermöglichen sollen, wenn er den letzten Anschlusszug verpasst hat. Hier muss wirklich durch unbürokratische Regelungen sichergestellt werden, dass der Kunde sein Ziel schnell erreicht. Deshalb müssen wir noch darüber reden, ob es ausreicht, dass der Fahrgast zwar einen höherwertigen Zug benutzen darf, ihm dadurch aber zunächst einmal weitere Kosten entstehen, die er dann wiederum geltend machen muss. Das ist keine praxisnahe Lösung. Auch ist den besonderen Bedürfnissen des ländlichen Raumes Rechnung zu tragen. Da reicht zum Beispiel die Erstattung für eine Taxifahrt in Höhe von 50 Euro oft nicht aus, um endgültig an das gebuchte Ziel zu gelangen. Lassen Sie uns in den Beratungen über den Gesetzentwurf gemeinsam nach praktikablen Lösungen suchen und so ein wirklich verbraucherfreundliches Fahrgastrecht schaffen! Wir behandeln heute ein Thema, das längst in Sack und Tüten sein müsste: die Stärkung der Rechte von Fahrgästen gegenüber Busund Bahnunternehmen für den Fall, dass diese nicht so fahren, wie sie sollen: pünktlich, zuverlässig und schnell und vor allem zur geplanten Zeit am Zielort ankommen. Im Bereich der Fahrgastrechte wird der Bahnkunde zu oft allein gelassen oder bürokratisch abgefertigt. Ziel des G b c S S d v F e t v d i V t t h d s t W 6 b d s w m s D f M w A f d n d n l w – i R s q i m e a d z B c l u z Zu Protokoll ge (C (D esetzes ist es, genau dies zu ändern. Die Beförderungsedingungen deutscher Bahnen stammen im Wesentlihen aus den 30er-Jahren und sind von hoheitlichem taatsgebaren und obrigkeitsstaatlichem Denken geprägt. ie passen längst nicht mehr in unsere Zeit. Dass es aners und besser geht, machen uns unsere Nachbarländer or. In Dänemark gilt bereits seit 1934 ein umfassendes ahrgastrecht. Es ist schon verwunderlich, dass es erst iner Initiative der EU bedurfte, dienstleistungsorientieres Kundendenken endlich auch im Schienenpersonenerkehr durchzusetzen. Man sollte nicht verschweigen, ass viele Bahnunternehmen gestärkten Fahrgastrechten mmer noch reserviert bis ablehnend gegenüberstehen. Der Vorschlag des Bundesrates sieht vor, schon ab erspätungen von 30 bzw. 60 Minuten anteilig Reisekosen zu erstatten, eine Forderung, der sich auch die meisen Fahrgastund Verbraucherverbände angeschlossen aben. Doch die Bundesregierung meint, dass den Kunen erst ab Verspätungen von 60 bis 120 Minuten der Reiepreis anteilig zu erstatten oder dem Fahrgast ein Rückritt von der Reise einzuräumen sei – ganz nach den ünschen der Bahn. Dass jedoch auch schon 30oder 0-minütige Verspätungen erhebliche Nachteile mit sich ringen können, muss ich hier nicht extra ausführen. Jeer, der aus einem solchen Grund schon einmal einen Anchluss, einen wichtigen Termin oder Flug verpasst hat, eiß das. So kommt es mir schon befremdlich vor, wenn arguentiert wird, dass den Verkehrsunternehmen bei einer trengen Verspätungsregelung Mehrkosten entstehen. iese würden sicherlich in die Fahrpreiskalkulation ein ließen. Nach den dänischen Erfahrungen machen die ehrkosten nicht mehr als 1 Prozent aus, also sehr viel eniger als etwa die jüngste Fahrpreiserhöhung der DB G. Und wenn die Bahnen, allen voran die DB AG, be ürchten, dass die Erstattungskosten auf Dauer die Renite eintrüben könnten, sollte man das einfach zum Anlass ehmen, die Ursachen für die Verspätungen abzustellen. In den letzten Jahren mehren sich die Klagen darüber, ass Züge dem Fahrplan hinterherhinken, Anschlüsse icht funktionieren, ganze Züge ausfallen. Die Vernachässigung des Gleisunterhaltes und der Abbau von Auseichgleisen tragen mit zu den Verspätungen bei, wenn es jeder Bahnkunde kennt das – zu „Unregelmäßigkeiten m Betriebsablauf“ kommt; Folgeerscheinungen der enditeorientierung der DB AG für den geplanten Börengang, der zum Glück derzeit gestoppt ist. Die Konseuenzen dieser Bahnpolitik, bei der die Kundeninteressen mmer hinter den Renditen rangieren, hatten bisher imer nur die Reisenden zu tragen. Somit sind Erstattungs ntgelte an Reisende für den Fall von Verspätungen, Zugusfällen und verpassten Anschlüssen auch ein Anreiz für ie Unternehmen, deren Ursachen zu analysieren und abustellen. Wenn dem pünktlichen Betriebsablauf bei der ahn künftig mehr Aufmerksamkeit zuteil wird als der Siherung eventueller künftiger Aktienkurse, ist das sicherich im Interesse aller Schienenverkehrsbenutzerinnen nd -benutzer im Land. Wichtig ist – das wird in der vorliegenden Begründung um Gesetzespaket angesprochen –, dass der Reisende Mechthild Dyckmans gebene Reden über seine Rechte auch ausführlich informiert wird. Falsche Auskunft muss ebenfalls, so sie denn Ursache für versäumte Verbindungen und damit Verspätungen ist, ein Grund sein, die Rechte des Reisenden auf Nachteilsausgleich zu begründen. Wichtig ist der Linken, dass für den Streitfall klare Regelungen dafür getroffen werden, wie der benachteiligte Fahrgast auch nachträglich zu seinem Recht kommt, wenn vor Ort seine Probleme nicht gelöst werden können. Hier haben Schlichtungsstellen, wie sie vom Verkehrsclub Deutschland, VCD, in Nordrhein-Westfalen in vorbildlicher Weise initiiert wurden, eine große Aufgabe. Die Formulierung im vorliegenden Gesetzeswerk, dass Schlichtungsstellen eingerichtet werden können, reicht mir daher nicht. Und vor allem: Schlichtungsstellen müssen unternehmensunabhängig und neutral sein. Dazu gehören klare Regelungen, wie Schlichtungsstellen einzurichten sind, wie diese personell zu besetzen sind und wie ihre Arbeit finanziert wird. Natürlich wird die Schlichtungsstelle nicht jeden Streitfall zwischen Kunde und Unternehmen gütlich regeln können. In solchen Fällen hat sich das Vorschalten einer vorgerichtlichen Instanz wie Ombudsleuten in der Versicherungswirtschaft bewährt. Diese müssen juristisch gebildet und mit entsprechenden Befugnissen ausgestattet sein, um Streitfälle vorgerichtlich klären zu können. Also auch hier bedarf es fixierter Regelungen. Das sollte uns verbesserter Verbraucherschutz wert sein. Auch Fachleute bestätigen die Richtigkeit eines solchen Vorgehens. Transparenz und leichte Zugänglichkeit müssen gegeben sein. Es ist gesetzlich zu regeln, wie das zu gewährleisten ist, etwa indem nach britischem Vorbild ein Hinweis auf die Schlichtungsstelle auf jedem Fahrschein abgedruckt ist. In diesem Zusammenhang möchte ich auch auf die Bundesratsinitiative hinweisen, ein Fernverkehrsgesetz zu schaffen. Es wäre sehr erfreulich gewesen, wenn ein solches auch ein Teil des Maßnahmepakets wäre, um die Rechte der Fahrgäste zu verbessern. Die Richtung, die mit der Stärkung der Rechte des Fahrgastes eingeschlagen werden soll, ist richtig, aber am Gesetzesbündel besteht noch großer Klärungsbedarf im Detail. Die Linke will öffentliche Personenverkehre, die sich an den Bedürfnissen der Nutzer ausrichten und nicht dem Zwecke der Gewinnmaximierung der Konzerne dienen. In diesem Sinne werden wir in der folgenden Beratung weitere Vorschläge unterbreiten. Endlich hat die Bundesregierung es geschafft, einen eigenen Gesetzentwurf zu Fahrgastrechten im Plenum einzubringen. Viel länger hätte sie sich auch nicht Zeit lassen dürfen, sonst wäre die Bundesregierung von der am 3. Dezember in Kraft tretenden Verordnung 1371/2007 überholt worden. Viel mehr als die Verordnung bringt das Gesetz ja eh nicht. Zweidreiviertel Jahre nach dem von unserer Fraktion eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Fahrgastrechte zieht die Bundesregierung nach. Der Q f z s g E b F d r l l s E A E v m t e l n d t v S e f f s R g L e e n b is c w t a f B b d k R s d Zu Protokoll ge (C (D ualität ihres Gesetzentwurfes hat es aber nicht geholen. Da braucht man sich nicht einmal unserer Kritik anuschließen. Es reicht, nachzulesen, was der Bundesrat in einer Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesreierung geäußert hat. Der Gesetzentwurf enthält lediglich Regelungen zum isenbahnverkehr. Die Fahrgäste im restlichen ÖPNV leiben weiterhin ohne Rechte. Mit der Regelung der ahrgastrechte im Allgemeinen Eisenbahngesetz und in er Eisenbahn-Verkehrsordnung hat die Bundesregieung den Weg verbaut, Fahrgastrechte im ÖPNV einheitich zu regeln. Besser wäre eine Verankerung im Bürgerichen Gesetzbuch gewesen. Die Einführung einer Bagatellgrenze hätte man sich paren können. Die Regelungen zur Fahrradmitnahme im isenbahnfernverkehr erlauben es der Deutschen Bahn G, auch weiterhin Fahrräder im ICE auszusperren. Die rstattungsansprüche entstehen erst ab Verspätungen on einer Stunde. Außerdem gibt es eine Menge Ausnahen und Unklarheiten. Im Zweifel trägt das Verkehrsun ernehmen gar keine Schuld. Das Informationsdefizit bei rheblichen Verspätungen wird nicht behoben. Die Regeungen zur Nutzung anderer Züge im Verspätungsfall sind icht praxisgerecht. Bizarr ist die ausdrückliche, aber abstrakte Erlaubnis es Gesetzgebers für Fahrgäste, sich an eine Schlichungsstelle wenden zu dürfen. Da die Schlichtungsstelle om Gesetzgeber nicht konkret ausgestaltet wird, ist der inn und Zweck dieser Vorschrift nicht erkennbar. Es fehlt ine bundeseinheitliche Schlichtungsstelle. Für die Masse der regelmäßigen Kunden, die mit Zeitahrausweisen unterwegs sind, sind keine klaren und einachen Ansprüche vorgesehen. Es bleibt festzuhalten: Der Gesetzentwurf kommt zu pät und gewährt nicht die erhoffte Verbesserung der echtsposition von Fahrgastrechten. Dem Ziel, Fahräste sicher und pünktlich zu befördern und im Falle von eistungsstörungen rechtsstaatlich und angemessen zu ntschädigen, wird der Gesetzentwurf nicht gerecht. Die rheblichen Verzögerungen des Verkehrsund Justizmiisteriums haben sich für Verbraucherinnen und Verraucher nicht ausgezahlt. Das Verbraucherministerium t völlig eingeknickt und hat die vollmundigen Versprehen – 20 Prozent Erstattung bei 30 Minuten Verspätung – ieder nicht gehalten. Statt überfällige Rechte zu erhal en, werden Fahrgastrechte mit Minimalzugeständnissen bgespeist. Es bleibt zu hoffen, dass das Struck’sche Gesetz auch ür diesen Gesetzentwurf gilt. A Mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung eisenahnrechtlicher Vorschriften an die EG-Verordnung über ie Rechte und Pflichten der Fahrgäste im Eisenbahnverehr wird ein wichtiger Beitrag zur Verbesserung der echte der Bahnkunden geleistet. Denn mit dem Gesetz ollen die Regelungen der EG-Verordnung, die unter eutscher Ratspräsidentschaft zustande gekommen ist, Dorothée Menzner gebene Reden Parl. Staatssekretär Alfred Hartenbach noch vor ihrem Inkrafttreten im Dezember 2009 in Deutschland angewendet werden. Außerdem sollen für Fahrgäste im Schienenpersonennahverkehr Sonderregeln erlassen werden, soweit die EG-Verordnung keine passenden Lösungen bereithält. Im Einzelnen sieht der Gesetzentwurf für Fahrgäste im Schienenverkehr insbesondere folgende Verbesserungen vor: Der Fahrgast erhält bei Zugverspätungen einen gesetzlichen Anspruch auf eine sogenannte Fahrpreisentschädigung, und zwar bei einer Verspätung ab 60 Minuten 25 Prozent des Fahrpreises und bei einer Verspätung ab 120 Minuten 50 Prozent des Fahrpreises. Vor allem in dem Fall, dass wegen einer Verspätung der ursprünglich vorgesehene Anschlusszug verpasst wird, führt dies zu einer spürbaren Verbesserung der geltenden Rechtslage. Bei Fahrten im Nahverkehr, bei denen eine Fahrpreisentschädigung wegen der vergleichsweise niedrigen Fahrpreise für den Fahrgast ohnehin nicht sehr attraktiv ist, erhält der Fahrgast außerdem das Recht, ab einer Verspätung von 20 Minuten mit einem anderen Zug, unter Umständen auch mit einem Fernverkehrszug, zu fahren. Bei einer Verspätung zur Nachtzeit oder einem Ausfall des letzten Zuges wird dem Fahrgast sogar das Recht eingeräumt, unter bestimmten Voraussetzungen ein Taxi zu verwenden und den Ersatz der notwendigen Fahrtkosten bis zu einem Betrag von 50 Euro zu verlangen. Im Falle der Tötung oder Verletzung eines Fahrgasts wird das Eisenbahnunternehmen verpflichtet, einen Vorschuss zu zahlen. Zur Verbesserung der Rechte von Behinderten werden außerdem alle Eisenbahnunternehmen verpflichtet, gemeinsam mit Behindertenverbänden Zugangsregelungen zu erstellen, also Regelungen darüber, wie etwa der Bahnsteig oder der Zug auch mit einem Rollstuhl erreicht werden kann. Geregelt wird weiter, wie die Eisenbahnunternehmen ihre Kunden vor Vertragsschluss und bei der Beförderung zu informieren haben. Hierzu zählen etwa Informationen darüber, welches die kürzeste und preisgünstigste Zugverbindung ist, welche Rechte der Fahrgast hat und ob der Zug Verspätung hat. Die Einhaltung der Regelungen soll durch die Eisenbahnaufsichtsbehörden überwacht werden. Diese sollen auch für die Bearbeitung von Beschwerden zuständig sein, die Fahrgäste einreichen wollen, wenn sie von einem Eisenbahnunternehmen nicht zufriedenstellend behandelt worden sind. Zusätzlich bleibt die Möglichkeit bestehen, dass sich die Fahrgäste zur Beilegung von Streitigkeiten auch an eine geeignete Schlichtungsstelle wenden. Dies wird ausdrücklich gesetzlich festgeschrieben. Ich freue mich, dass auch der Bundesrat die mit dem Gesetzentwurf vorgesehene Verbesserung der Fahrgastrechte begrüßt hat. Umso mehr bedauere ich, dass der Bundesrat die Auffassung vertritt, der Gesetzentwurf berücksichtige die Belange der Fahrgäste noch nicht hinreichend. Ich teile diese Auffassung nicht. Vielmehr bin ich d f d v d g h n a w d s d U t g s D f j u s G V F s k Ü g u d u F s s s u (C (D er festen Überzeugung, dass mit dem Gesetzentwurf eine aire Balance zwischen der finanziellen Belastbarkeit und er Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der Eisenbahnerkehrsunternehmen und den schutzwürdigen Interessen er Fahrgäste erzielt wird. Eine Ausweitung der Fahrastrechte, die letztlich zu Fahrpreiserhöhungen oder eröhtem Subventionsbedarf führt oder die Verkehrsunterehmen veranlasst, bestimmte Leistungen gar nicht mehr nzubieten, sollte vermieden werden. Solche Regelungen ären letztlich auch nicht im Interesse der Verbraucher. Wir sollten jetzt alles daransetzen, schnellstmöglich ie Rechte der Fahrgäste im Schienenverkehr zu verbesern. Dem dient der vorliegende Entwurf. Er sorgt dafür, ass der Fahrgast besser geschützt wird und für erlittene nbill eine angemessene Entschädigung erhält. Damit rägt er dazu bei, dass Bahnfahren attraktiver wird. Und enau das wollen wir mit dem von uns vorgelegten Geetzentwurf erreichen. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf rucksache 16/11607 an die in der Tagesordnung aufgeührten Ausschüsse vorgeschlagen. Die Federführung ist edoch strittig. Die Fraktionen der CDU/CSU, der SPD nd der FDP wünschen Federführung beim Rechtsauschuss, die Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die rünen wünschen Federführung beim Ausschuss für erkehr, Bau und Stadtentwicklung. Ich lasse zuerst über den Überweisungsvorschlag der raktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen abtimmen, also Federführung beim Ausschuss für Verehr, Bau und Stadtentwicklung. Wer stimmt für diesen berweisungsvorschlag? – Gegenstimmen? – Enthaltunen? – Damit ist der Überweisungsvorschlag abgelehnt, nd zwar mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und er FDP gegen die Stimmen der Fraktionen Die Linke nd Bündnis 90/Die Grünen. Ich lasse nun über den Überweisungsvorschlag der raktionen der CDU/CSU, der SPD und der FDP abtimmen, also Federführung beim Rechtsausschuss. Wer timmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Gegentimmen? – Enthaltungen? – Dieser Vorschlag ist mit mgekehrtem Stimmenverhältnis angenommen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 15 auf: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Innenausschusses dem Antrag der Abgeordneten Ulla Jelpke, Petra Pau, Sevim Dağdelen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE V-Leute in der NPD abschalten – Drucksachen 16/9007, 16/11731 – Berichterstattung: Abgeordnete Ingo Wellenreuther Dr. Michael Bürsch Gabriele Fograscher Christian Ahrendt Ulla Jelpke Wolfgang Wieland Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. Gibt es Widerspruch? – Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache und erteile als erstem Redner dem Kollegen Ingo Wellenreuther von der CDU/CSU-Fraktion das Wort. Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Die NPD ist eine antisemitische, extremistische und rassistische Partei mit 7 000 Mitgliedern, die die freiheitlich-demokratische Grundordnung ablehnt, die parlamentarische Demokratie beseitigen möchte und darauf aus ist, die BRD „abzuwickeln“. Darüber besteht – auf Grundlage dessen, was wir gerade durch die V-Leute über die NPD wissen – unter den demokratischen Parteien Einigkeit. Eine solche Partei, die den Nazijargon verwendet, die die Nazidiktatur verehrt, die also den Ursprung des größten Verbrechens der Menschengeschichte verherrlicht und deren Mitglieder Hitler als großen Staatsmann preisen und den Holocaust leugnen, muss von allen demokratischen Kräften geächtet werden, und über ihre perfide Hetze muss die Bevölkerung, gerade die junge Generation, aufgeklärt werden, um die NPD zu schwächen und zurückzudrängen. Die heutige Debatte hat einen Antrag zum Gegenstand, der auf die Abschaltung der V-Leute in der NPD abzielt. Dieser Antrag kann nicht isoliert behandelt werden. In Wahrheit geht es nämlich um die Frage, ob ein erneutes Parteiverbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht mit dem Ziel, die NPD als Partei verbieten zu lassen, Aussicht auf Erfolg hätte. Wir müssen uns deshalb fragen: Ist ein Verbot der NPD unter den tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten überhaupt möglich, und – wenn ja – ist dies auch sinnvoll, oder ist der Preis dafür zu hoch? Dazu ist es nötig, zunächst die Entstehungsgeschichte des Parteienverbots im Grundgesetz kurz zu beleuchten. Das Ziel der Väter des Grundgesetzes war es, eine freiheitlich-demokratische Grundordnung auf Dauer zu etablieren. Dies setzt einen ungehinderten Wettbewerb von politischen Ideen und Meinungen voraus. Die Parteien sollen Einfluss auf die politische Willensbildung des Volkes nehmen und die Vertretung des Volkes in den Parlamenten zum Ziel haben. Das Verbot einer Partei stellt deshalb einen schwerwiegenden Eingriff in die Offenheit und in die Freiheit des politischen Prozesses dar. Dennoch entschied sich der Verfassungsgeber für die Möglichkeit eines Parteiverbots im Grundgesetz aufgrund der im letzten Jahrhundert gemachten Erfahrungen. Die Berechtigung eines Parteiverbots ergibt sich daraus, dass eine auf Dauer angelegte freiheitliche Grundordnung nicht die Freiheit gewährleisten darf, die Voraussetzungen der Freiheit zu beseitigen. Die Parteienfreiheit soll also nicht dazu missbraucht werden können, die Freiheit anderer zu zerstören. Schlagwortartig kann man sagen: Keine Freiheit für die Feinde der Freiheit. s a g s s V r a o z u r d i o U ß h d I P G P t m m w n u g e E P ö d f O h U g B I u e h u t s d I T w S m (C (D Entsprechend der hohen Bedeutung, die das Grundgeetz der Freiheit des politischen Prozesses beimisst, sind llerdings die Maßstäbe, die Art. 21 Abs. 2 des Grundesetzes an ein Parteiverbot anlegt, sehr streng. Das Entcheidungsmonopol darüber obliegt dem Bundesverfasungsgericht. Das Bundesverfassungsgericht darf ein erbot nur dann aussprechen, wenn eine Partei nach ih en Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger darauf usgerichtet ist, die freiheitlich-demokratische Grundrdnung zu beeinträchtigen oder den Bestand der BRD u gefährden. Die Partei muss entweder planvoll die Grundfesten nserer Demokratie wie die Achtung der Menschenechte, die Volkssouveränität, die Gewaltenteilung oder as Mehrparteienprinzip beeinträchtigen mit dem Ziel, m weiteren Verlauf diese Ordnung selbst zu beseitigen, der sie muss die territoriale Integrität, die politische nabhängigkeit unseres Staates gefährden. Es muss auerdem eine aktive kämpferische, aggressive Haltung inzukommen, und zwar zum Zeitpunkt der Entscheiung und nicht nur zum Zeitpunkt der Antragstellung. m Übrigen muss das Verhalten der Parteianhänger der artei zugerechnet werden können. Das sind äußerst hohe Hürden, die angesichts unserer eschichte und der Bedeutung eines freien politischen rozesses gerechtfertigt sind. Um mit einem Verbotsan rag vor dem Bundesverfassungsgericht Erfolg zu haben, uss man das Vorliegen der genannten Tatbestandserkmale zweifelsfrei nachweisen können. Die erste Schwierigkeit dabei besteht darin, nachzueisen, dass die NPD die Ordnung des Grundgesetzes icht nur theoretisch, sondern aktiv-kämpferisch ablehnt nd dass sie dabei mit der Androhung von Gewalt voreht. Entgegen der Auffassung der Antragsteller genügt s aber nicht, lediglich offenes Material vorzulegen, also rklärungen der NPD in ihrem Parteiprogramm, in ihrer arteizeitung, in gedrucktem Schulungsmaterial oder in ffentlichen Äußerungen ihrer Spitzenfunktionäre. Denn ie NPD würde sich während eines erneuten Verbotsverahrens wieder als brave, friedliche und demokratische pposition in der Öffentlichkeit gerieren. Gerade desalb benötigt man Informationen aus der Partei selbst. m an diese Informationen aus dem Innern der Partei zu elangen, bedarf es des Einsatzes der V-Leute. Genau hierin liegt das Dilemma. Denn nach den vom VG aufgestellten Prozessvoraussetzungen dürfen die nformanten in der Partei selbst nicht unmittelbar vor nd während des Verbotsverfahrens auf der Leitungsbene Informationen sammeln. Auch auf Quellen außeralb des Vorstandes, die Einfluss auf die Willensbildung nd die Selbstdarstellung der Partei haben, darf die Anragsbegründung nicht gestützt werden. Die Verfasungswidrigkeit muss aber zum Zeitpunkt der Entscheiung gegeben sein, nicht zum Zeitpunkt des Antrages. ch habe gerade schon darauf hingewiesen. Insoweit besteht allein deshalb ein kaum lösbarer eufelskreis. Soll nämlich ein Verbotsantrag gestellt erden, müssen die Informanten abgezogen werden. oll der Antrag Erfolg haben, müssen aber auch Inforationen aus der Partei selbst verfügbar sein. Ingo Wellenreuther (Dr. Michael Bürsch [SPD]: Sie haben den Beitrag von Hans Peter Bull gelesen? – Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Abgeschrieben hat er!)


(A) )


(B) )

Marianne Schieder (SPD):
Rede ID: ID1620223900




(A) )


(B) )

Mechthild Dyckmans (FDP):
Rede ID: ID1620224000




(A) )


(B) )

Dorothee Menzner (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620224100




(A) )


(B) )

Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620224200
Alfred Hartenbach (SPD):
Rede ID: ID1620224300







(A) )


(B) )

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1620224400




(A) )


(B) )


(Beifall bei der CDU/CSU)

Ingo Wellenreuther (CDU):
Rede ID: ID1620224500




(A) )


(B) )


– Ich habe ihn gelesen und sogar verstanden.


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Das kommt uns allen sehr bekannt vor!)


– Teilweise. Da haben Sie recht, Herr Bürsch.

Ein zweites Problem besteht in der Pflicht zur Offen-
legung der Quellen im Verbotsverfahren. Hieraus erge-
ben sich enorme Schwierigkeiten aufgrund des Quellen-
schutzes. Denn es ist problematisch, geheime Quellen in
die öffentlichen Verhandlungen einzubeziehen und der
Gegenseite bekannt zu geben. Die Enttarnung von gehei-
men Quellen brächte erhebliche Gefahren für Leib und
Leben der Informanten mit sich.

Drittens ergeben sich Schwierigkeiten auch mit Blick
auf die materielle Rechtslage. Es ist also durchaus wahr-
scheinlich, dass die Messlatte für die Anforderungen ei-
nes Parteiverbotes in unserer stabileren Demokratie in
der heutigen Zeit deutlich höher gelegt würde als bei
dem Verbot der Sozialistischen Reichspartei 1952 oder
dem Verbot der KPD 1956.

In Anbetracht dieser Umstände liegt ein Scheitern ei-
nes erneuten NPD-Verbotsantrages auf der Hand. Es ist
äußerst zweifelhaft, ob ausreichend verwertbare Be-
weise zusammengetragen werden könnten. Ich bin der
festen Auffassung, dass wir dieses Risiko nicht eingehen
können. Der Schaden, der im Falle eines Scheiterns für
unsere Demokratie entstehen könnte, wöge erheblich
schwerer, als wenn unsere Demokratie die NPD, beob-
achtet vor allem durch V-Leute, ertragen muss.

Jedenfalls wären wir von allen guten Geistern verlas-
sen, wenn wir eine kostenlose Werbekampagne zuguns-
ten der NPD starteten. Genau auf diesen Effekt hatte der
Vorsitzende der NPD in der Welt vom 12. Februar 2005
hingewiesen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1620224600

Herr Kollege Wellenreuther, erlauben Sie eine Zwi-

schenfrage des Kollegen Bürsch?


Ingo Wellenreuther (CDU):
Rede ID: ID1620224700

Ich bin gleich fertig. Wir können das vielleicht im

Anschluss klären.


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Vielleicht können Sie das in Ihre letzten Worte einflechten?)


– Ja.


Dr. Michael Bürsch (SPD):
Rede ID: ID1620224800

Was Sie hier vortragen, kann entweder Ihre eigene

Meinung oder die Gesamtmeinung der Fraktion sein.
Frage also: Ist das, was Sie hier wiedergeben, die Mei-
nung der CDU und auch der CSU unter ihrem neuen
Vorsitzenden?

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(C (D Sie können davon ausgehen, dass meine Meinung in ller Regel auch die Meinung der Fraktion ist bzw. umekehrt. (Dr. Michael Bürsch [SPD]: Dann werden wir das Herrn Seehofer so mitteilen!)

Ingo Wellenreuther (CDU):
Rede ID: ID1620224900

n diesem speziellen Fall ist das die gesamte Meinung
er CDU/CSU-Bundestagsfraktion.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Wahrscheinlich auch Koalitionsmeinung!)


Unabhängig von der rechtlichen Bewertung bestehen
udem erhebliche Zweifel, ob ein erfolgreiches Verbots-
erfahren sinnvoll wäre; denn ein Parteiverbot führt zu
inem Organisations-, nicht aber zu einem Gedankenver-
ot. Mit dem Verfahren kann man also zwar die Partei
erbieten, nicht aber die verfassungsfeindliche und ex-
remistische Geisteshaltung ihrer Parteianhänger.

Deshalb sollte unser Hauptaugenmerk darauf liegen,
n der politischen Bildung über die Geschichte Deutsch-
ands und in der Aufklärung über die Gefahren des Ex-
remismus nicht nachzulassen. Allerdings sollten wir
en Vorschlag des niedersächsischen Innenministers
chünemann ernsthaft weiterverfolgen, festzustellen, ob
uch ohne ein Parteiverbotsverfahren rechtliche Mög-
ichkeiten bestehen, der NPD den staatlichen Geldhahn
uzudrehen.


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Wollen Sie das Grundgesetz ändern?)


s ist nämlich in der Tat eine schwer zu ertragende Tat-
ache, dass die Verbreitung rechtsextremistischen Ge-
ankenguts mit Staatsgeldern in Höhe von jährlich rund
,5 Millionen Euro finanziert wird. Auch wenn dieser
nsatz – ich komme damit auf das zurück, was Sie ge-

ade eingeworfen haben – schwierige rechtliche Fragen
ufwirft, sollten wir ihn trotzdem intensiv prüfen, um die
PD möglicherweise auf diese Art trockenlegen zu kön-
en.

Wenn aber ein Verbotsverfahren keine Aussicht auf
rfolg hat, dann gibt es keinen Grund, die V-Leute aus
er NPD abzuziehen. Der Einsatz von V-Leuten hat
ämlich einen großen Vorteil. Er liefert wichtige Er-
enntnisse, die über die offen beschaffbaren Informatio-
en hinausgehen – gerade auch über das gewaltbereite
pektrum der neonazistischen Szene, die mit der NPD
ng verflochten ist. Ein Abziehen der V-Leute würde da-
er zu inakzeptablen Sicherheitslücken führen. Deshalb
ehnen wir den Antrag der Fraktion der Linken ab.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1620225000

Das Wort hat der Kollege Christian Ahrendt von der

DP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)







(A) )



(B) )


Christian Ahrendt (FDP):
Rede ID: ID1620225100

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Ich will es vorweg sagen: Wir werden den Antrag
der Linken ablehnen. Drei Gründe sprechen dafür, die-
sem Antrag nicht zu folgen. Ich will sie kurz erläutern:

Erster Grund. Wir haben nach wie vor eine gewaltbe-
reite Neonaziszene. Die Neonaziszene ist mit der NPD
vernetzt. Vor diesem Hintergrund brauchen wir die Auf-
klärung durch V-Leute aus der Szene heraus. Wer sich an
den Versuch eines Attentats auf das Gemeindezentrum in
München 2003 erinnern kann, wird wissen, dass dieser
Attentatsversuch in erster Linie unter Mitwirkung von
V-Leuten verhindert werden konnte. Angesichts dessen
können wir nicht über Jahre darauf verzichten, V-Leute
im rechtsradikalen Bereich zu haben.

Damit bin ich beim zweiten Punkt. Wer jetzt glaubt,
dass der Abzug von V-Leuten dazu führt, automatisch
ein neues NPD-Verfahren durchzuführen, muss sich be-
wusst machen, dass das Material, das jetzt gesammelt
worden ist, nach wie vor nicht brauchbar ist. Es muss
neues Material gesammelt werden – und dies über Jahre.
Das heißt, es ergäbe sich ein großer Zeitraum, in dem
diese verfassungsfeindliche Organisation weitestgehend
unbeobachtet bliebe.

In diesem Zusammenhang wird man sich zum ande-
ren klarmachen müssen, dass sich die NPD anpassen
wird – diese Taktik ist nach dem gescheiterten Verbots-
verfahren deutlich geworden –, um einem drohenden
neuen Verbotsverfahren zu entgehen. Auch insofern ist
klar, dass ein Abschalten der V-Leute nicht zwingend zu
einem erfolgreichen Verbotsverfahren führt. Eine er-
neute Bauchlandung bei diesem Thema in Karlsruhe
kann man sich schlichtweg nicht leisten.


(Beifall bei der FDP – Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Sehr richtig!)


Damit komme ich zum dritten und entscheidenden
Punkt, der in der Diskussion immer vergessen wird: Wer
glaubt, ein Verbot der NPD führe dazu, dass man auch
die Gesinnung, die dahintersteht, verbieten könne, der
irrt.


(Beifall bei der FDP – Dr. Michael Bürsch [SPD]: Das stimmt! Das glaubt auch keiner! – Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: So schlicht gestrickt sind wir nicht!)


Nach dem Attentat auf den Passauer Polizeichef, Herrn
Mannichl, haben alle geschrien: Wir brauchen ein NPD-
Verbot. – Das erweckt den Eindruck, dass es zu diesem
Attentat nicht gekommen wäre, wenn man die NPD ver-
boten hätte. Völliger Blödsinn! Tatsache ist – und das ist
das Entscheidende –, dass Sie die Gesinnung bekämpfen
müssen. Dazu ist die Politik aufgefordert. Dafür brau-
chen Sie andere Instrumente, beispielsweise das Pro-
gramm „Exit“. Die FDP-Fraktion hat in den letzten Wo-
chen gezeigt, dass sie sich dieser Aufgabe intensiv
annimmt und nicht ständig mit denselben Sachen kommt.


(Beifall bei der FDP)


Es gibt im Übrigen keine einheitliche politische Wil-
lensbildung. Mit dem Antrag laufen Sie ins Leere. Sie

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(C (D issen, dass Sie die Mitwirkung der Innenminister brauhen. Solange die Innenminister der Länder nicht bereit ind, ihre V-Leute aus der NPD abzuziehen, wird sich an er Situation nichts ändern. Insofern ist dies nicht das ichtige Haus für Ihren Antrag. Wir bleiben bei unserer blehnung. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1620225200

Das Wort hat der Kollege Michael Bürsch von der

PD-Fraktion.


Dr. Michael Bürsch (SPD):
Rede ID: ID1620225300

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

ie wertvollste Ressource, über die wir verfügen, ist die
eit. Deshalb fasse ich mich ganz kurz, halte keinen Se-
inarvortrag über die Voraussetzungen für ein NPD-
erbot und nenne keine drei Gründe, die dafür oder da-
egen sprechen, sondern bleibe sehr pragmatisch.

Es gibt einen schlichten Grund, den Antrag der Lin-
en abzulehnen: Mit ihm wird das Pferd von hinten auf-
ezäumt. Wenn ich einen Vergleich aus dem Fußball ver-
enden darf: Das ist so, als ob Sie entscheiden würden,
en Sie auf den Platz schicken oder vom Platz nehmen,
bwohl Sie noch gar nicht entschieden haben, ob Sie
berhaupt spielen wollen. Es geht erst einmal darum,
estzustellen, ob die Bereitschaft besteht, erneut einen
PD-Verbotsantrag zu stellen, und ob die Voraussetzun-
en dafür erfüllt sind. Der Innenminister des Bundes und
ie Innenminister der Länder müssen sich darüber klar
erden, ob die Fallsammlung, die zusammengestellt
orden ist, genügend Anhaltspunkte bietet, um einen
ntrag zu stellen. Nachdem man die Fakten und Fälle,
ie gesammelt worden sind, bewertet hat – dazu fordere
ch die Innenminister an dieser Stelle auf – und entschie-
en hat: „Jawohl, wir wollen einen Antrag stellen“, kann
an sich mit den Fragen beschäftigen, ob das mit oder

hne V-Leute geht und welche Voraussetzungen erfüllt
erden müssen. Diese Forderung jetzt zu stellen, ist
Entschuldigung – blanker Aktionismus, der eine klare

olitische Linie vermissen lässt. Insofern lehnen wir den
ntrag ab.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1620225400

Das Wort hat jetzt der Kollege Gert Winkelmeier.


Gert Winkelmeier (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620225500

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! An

einen Vorredner richte ich die Worte: Ihr eigener ehe-
aliger Vorsitzender hat sich dafür ausgesprochen, die
PD zu verbieten. So widersprüchlich sind die Aussa-
en der Sozialdemokraten zu dieser Sache.


(Beifall bei der LINKEN)







(A) )



(B) )


Gert Winkelmeier
Im September 2000 waren sich alle im Bundestag
vertretenen Parteien einig: Die Zunahme rechtsextremis-
tischer Gewalt muss politische Konsequenzen haben.
Was dann folgte, ist bekannt: Sehr schnell, viel zu
schnell, mündete die Debatte in die Forderung, die NPD
zu verbieten.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die FDP war dagegen! Ehrlicherweise!)


Das Ende des Verfahrens beim Bundesverfassungsge-
richt war verheerend für die deutsche Politik. Die Öf-
fentlichkeit hatte den Eindruck, dass die NPD von staat-
lich finanzierten V-Leuten geführt wird.

Wir sind uns einig, dass ein NPD-Verbot das rechts-
extreme und fremdenfeindliche Gedankengut nicht aus
den Köpfen treiben wird. Aber es wird schwerer, die
menschenverachtenden Theorien in der Bevölkerung zu
verbreiten. Seit dem ersten Verbotsverfahren wissen wir:
Die V-Leute in den Führungsgremien der NPD müssen
abgeschaltet werden, weil sonst Beweise für ein Verbot
juristisch keinen Bestand haben werden. Hier halte ich
es mit August Bebel, der sagte: Schaut den Politikern
nicht so sehr aufs Maul, schaut ihnen auf die Hände.

Mit anderen Worten: Was wird konkret für die Einlei-
tung eines Verbotsverfahrens getan? Kollege Edathy kri-
tisiert den Antrag der Linken, in dem die Abschaltung
der V-Leute gefordert wird, als polemisch und undiffe-
renziert. Wo aber ist der unpolemische und differenzierte
Antrag der Koalition? Er existiert nicht.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Herr Seehofer stellt in Aussicht, dass der bayerische
Verfassungsschutz die V-Leute aus der NPD abzieht,
aber sein Innenminister macht genau das Gegenteil. Ent-
scheidend ist, was der Bundesinnenminister und seine
Länderkollegen wirklich tun. Das ist zu wenig und legt
den Schluss nahe, dass die NPD geduldet werden soll. In
Erinnerung an die Große Anfrage der Linksfraktion aus
dem Frühjahr 2007 muss man sich ohnehin fragen, wel-
che Informationen geliefert werden. Zitat:

Hierzu liegen der Bundesregierung keine Erkennt-
nisse vor.

Wenn die Antwort stimmt, dann leisten die V-Leute
überflüssige Arbeit. Man könnte sie also getrost abschal-
ten und ein neues Verfahren gegen die verfassungswid-
rige NPD anstrengen.

Wen schützt eigentlich der Verfassungsschutz? Die
Verfassung? Die Inkompetenz der Bundesregierung?
Oder gar die NPD vor einem Verbot? Es ist eine uner-
trägliche Vorstellung, dass wesentliche Mitglieder der
NPD-Führungsspitze mit Steuergeldern bezahlt werden.
Es ist schon ärgerlich genug, dass man dieser Partei, die
rassistisches Gedankengut vertritt, Wahlkampfkosten er-
statten muss. Ihr aber noch freiwillig Zahlungen zu ge-
ben, widerspricht dem Geist unserer Verfassung.

Selbstverständlich brauchen wir mehr als ein Partei-
verbot, um Rechtsextremismus, Menschenverachtung
und Rassismus in unserer Gesellschaft Einhalt zu gebie-

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(C (D en. Aber wir sollten diesen rechten Gesinnungstätern icht auch noch das Geld hinterherwerfen. Deshalb: Zieen Sie endlich die V-Leute aus den Führungsgremien er NPD! Investieren Sie das Geld in sinnvolle Dinge, um Beispiel in die politische Prävention, (Dr. Michael Bürsch [SPD]: Die Programme gibt es doch!)


ie Jugendliche gegenüber faschistischem Gedankengut
mmuner macht.

Vielen Dank.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1620225600

Das Wort hat jetzt die Kollegin Ulla Jelpke von der

raktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Ulla Jelpke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620225700

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Tat

ollen wir die V-Leute abschalten, um den Weg für ein
erbotsverfahren möglich zu machen. Das ist völlig

ichtig. Herr Ahrendt, niemand in der Linkspartei glaubt,
ass man damit in den Köpfen Veränderungen auslösen
ann. Wir glauben, dass man so einer Partei, die keine
einung vertritt, sondern die in ihren Gewalttaten und

n dem, was sie propagiert, verbrecherisch ist, die Basis
ntziehen muss. Sie ist in Parlamenten, bekommt Partei-
nfinanzierung – im Jahr etwa 2 Millionen Euro – und
at vor allen Dingen auch durch ihre Präsenz nicht nur in
en Landtagen, sondern auch auf Bezirksebene eine
norme Akzeptanz gewonnen. Die Entziehung der Basis
st unser Ziel.

Dass man mit Aufklärungsarbeit in den Köpfen Ver-
nderungen herbeiführen muss, ist das Einmaleins der
berzeugungsarbeit. Jetzt haben Herr Wellenreuther und

uch Herr Ahrendt das Argument – wir hören das auch
mmer wieder von den Innenministern, von Unionspoli-
ikern und vor allen Dingen von Herrn Schäuble – ge-
annt, dass die Erkenntnisse, die V-Leute innerhalb der
echtsextremistischen Szene gewinnen, von hoher Be-
eutung und Wichtigkeit sind. Nun dürften gerade die
itglieder des Innenausschusses wissen, dass wir schon

nzählige Male danach gefragt haben, wo denn die
-Leute tatsächlich für Aufklärung sorgen. Wo wurden
eispielsweise Straftaten oder Anschläge durch V-Leute
erhindert? Ich finde es höchst interessant, dass ich mich
ier diesmal – dies sage ich insbesondere an die bayeri-
chen Kollegen – gemeinsam mit Herrn Seehofer auf ei-
er Ebene befinde.


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: So weit ist das schon gekommen! – Zuruf von der CDU/CSU: Der arme Mann! – Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


r hat beim Bayerischen Landesamt für Verfassungs-
chutz genau nachgefragt. Als Antwort wurde ihm ge-
agt, dass man ihm darüber keinerlei Informationen ge-
en könne.






(A) )



(B) )


Ulla Jelpke

(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Du bist dir mit Seehofer einig? Du gehst einen ganz gefährlichen Weg, Ulla!)


Um ein NPD-Verbotsverfahren zu ermöglichen, hat er
sich dafür ausgesprochen, die V-Leute aus der NPD ab-
zuziehen. Unabhängig davon, was seine Begründung
war, bin ich in der Tat der Meinung, dass er das richtig
erkannt hat.


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Sein Innenminister will es aber nicht!)


Sogar das Bundesverfassungsgericht hat schon einmal
festgestellt – darauf wurde bereits hingewiesen, und an
dieser Stelle widerspreche ich Ihrer Analyse, Herr
Wellenreuther –: Wir wissen nicht mehr, wer die Geführ-
ten und wer die Verführten sind.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Einzelne Richter haben damals sogar gesagt, man müsse
sich die Frage stellen: Wen soll man eigentlich zuerst
verbieten, den Verfassungsschutz oder die NPD?


(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos] – Dr. Michael Bürsch [SPD]: Wie bitte? Das hat das Bundesverfassungsgericht so aber nicht gesagt! Wo steht das denn in den Urteilen drin? Das ist doch Unfug! – Zuruf von der CDU/CSU: Das ist doch wirklich nicht wahr!)


Das Bundesverfassungsgericht hat aufgedeckt,


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Das war aber nicht das Verfassungsgericht von Deutschland!)


dass manche Hetzschriften der NPD, beispielsweise ihr
Antisemitismusprogramm – ich kann Ihnen gerne einmal
vorlegen, was uns damals gesagt worden ist –,


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wäre wirklich gut!)


von einem V-Mann geschrieben wurden. Genau deswe-
gen hat das Bundesverfassungsgericht gefordert, zumin-
dest die V-Leute in den führenden Gremien abzuschal-
ten.


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Das haben lediglich drei Richter des Bundesverfassungsgerichts gesagt, nicht das gesamte Bundesverfassungsgericht!)


Das ist nämlich die Voraussetzung, um ein Verbotsver-
fahren durchführen zu können.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


So viel zum Material.

All die Dokumente, die wir einsehen können – das
kann man ruhig sagen –, kann man sich aus dem Internet
herunterladen.


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: So ist es!)


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1)

(C (D ie Innenminister haben sich keine besonders große ühe gegeben. In einem Punkt sind sich aber alle einig: enn man – unabhängig davon, ob man dafür oder dage en ist – ein NPD-Verbotsverfahren durchführen will, ann muss man die V-Leute abschalten. Man braucht soieso zwei Jahre, um sicherzustellen, dass kein verseuch es Material vorliegt – das meine ich wortwörtlich –, soass man ein Verbotsverfahren durchführen kann. (Christian Lange [Backnang] [SPD]: Was ist das denn, bitte schön, für eine Sprache? Sie reden gerade von „verseuchtem Material“! Das ist ja ein unmenschlicher Ausdruck! Und die V-Leute wollen Sie auch noch „abschalten“!)


Ich sage Ihnen ganz deutlich: Bis heute ist die Anwe-
enheit von V-Leuten in der NPD das größte Hindernis
ür ein Verbotsverfahren. Wenn die Tatsache, dass der
taat V-Leute in der NPD bezahlt, als Legitimation her-
ngezogen wird, um ein NPD-Verbotsverfahren zu ver-
indern, ist das ein großes Armutszeugnis.

Zur SPD. Herr Edathy ist heute nicht da.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1620225800

Frau Kollegin Jelpke.


Ulla Jelpke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620225900

Ich komme gleich zum Schluss.


(Zuruf von der CDU/CSU: Was heißt hier „gleich“? Sofort!)


a er unseren Antrag der Presse gegenüber als pole-
isch und undifferenziert bezeichnet hat, frage ich Sie:
elche Initiativen haben Sie denn ergriffen?


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Die Programme gegen rechts! Das sind unsere Initiativen!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1620226000

Frau Kollegin Jelpke, bitte kommen Sie zum Schluss.


Ulla Jelpke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620226100

Bei jeder Gelegenheit fordern Sie in der Öffentlich-

eit das NPD-Verbot. Das ist völlig unglaubwürdig. Ich
ordere Sie im Namen der 175 000 Menschen, von denen
ereits die Rede war – auch das ist nämlich eine Basis,
ie das NPD-Verbotsverfahren befürwortet –, und ange-
ichts der Ergebnisse der Bevölkerungsumfragen auf:
chalten Sie die V-Leute in der NPD endlich ab! Dann
önnen wir diese Diskussion vernünftig fortsetzen.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1620226200

Die Rede der Kollegin Monika Lazar von Bündnis 90/

ie Grünen nehmen wir zu Protokoll.1)

Ich schließe die Aussprache.

Anlage 6






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms
Wir kommen zur Abstimmung über die Beschluss-
empfehlung des Innenausschusses zu dem Antrag der
Fraktion Die Linke mit dem Titel „V-Leute in der NPD
abschalten“. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Be-
schlussempfehlung auf Drucksache 16/11731, den An-
trag der Fraktion Die Linke auf Drucksache 16/9007 ab-
zulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –
Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussemp-
fehlung ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen
und der FDP-Fraktion bei Gegenstimmen der Fraktion
Die Linke und Enthaltung des Bündnisses 90/Die Grü-
nen angenommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 18 sowie Zusatz-
punkt 5 auf:

18 Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umset-
zung der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG)


– Drucksache 16/11642 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Finanzausschuss

ZP 5 Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten
Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung er-
stinstanzlicher Zuständigkeiten des Oberlan-
desgerichts in aktienrechtlichen Streitigkeiten

– Drucksache 16/9020 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss

Wie in der Tagesordnung ausgewiesen, werden die
Reden zu Protokoll genommen. Es handelt sich um die
Kolleginnen und Kollegen Elisabeth Winkelmeier-
Becker von der CDU/CSU-Fraktion, Klaus Uwe
Benneter, SPD, Mechthild Dyckmans, FDP, Wolfgang
Nešković, Die Linke, Dr. Gerhard Schick, Bündnis 90/
Die Grünen, und den Parlamentarischen Staatssekretär
Alfred Hartenbach für die Bundesregierung.


Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU):
Rede ID: ID1620226300

Wir beraten heute zwei Gesetzentwürfe, die im engen

Zusammenhang zu sehen sind. Lassen Sie mich zunächst
auf den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf
eines Gesetzes zur Umsetzung der Aktionärsrechtericht-
linie, ARUG, eingehen.

Mit der Umsetzung der „Richtlinie 2007/36/EG über die
Ausübung bestimmter Rechte von Aktionären in börsen-
notierten Gesellschaften“ wird die grenzüberschreitende
Information und Stimmrechtsausübung der Aktionäre
erleichtert. Weitere Ziele des Gesetzentwurfs sind die
Erhöhung der Hauptversammlungspräsenzen und eine
Neuordnung der Einberufung. Außerdem sind eine
Erleichterung der Stimmrechtsvertretung durch die
Banken vorgesehen sowie die Konkretisierung und Be-
schleunigung des Freigabeverfahrens, um sogenannten
„räuberischen Aktionären“ das Handwerk zu legen. In
diesem Zusammenhang werde ich später auch auf den
Gesetzentwurf des Bundesrates zur Einführung erst-
instanzlicher Zuständigkeiten des Oberlandesgerichts in
aktienrechtlichen Streitigkeiten zu sprechen kommen.

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(C (D Doch zunächst zum ARUG: Der Entwurf soll das deutche Aktienrecht insgesamt weiter modernisieren und eregulieren. Diese Zielsetzung begrüße ich ganz ausrücklich, denn gerade mit Blick auf die weltweite Krise er Finanzmärkte stärkt ein modernes und gut praktikales Aktienrecht den Finanzplatz Deutschland und ist ein ichtiger Standortfaktor für die deutsche Wirtschaft. Zu den Regelungen im Einzelnen. Ein wichtiger Punkt ind die geplanten Maßnahmen gegen missbräuchliche ktionärsklagen. Der Frankfurter Rechtswissenschaftler heodor Baums geht von derzeit circa 40 sogenannten erufsklägern in Deutschland aus, die sich den Umstand unutze machen, dass die Eintragung eines Hauptverammlungsbeschlusses in der Regel ausgesetzt wird, enn er mit einer Klage angefochten wird. Klagebefugt st jeder Aktionär, selbst wenn er nur eine einzige Aktie esitzt. Hat die Hauptversammlung eine Umstrukturieung oder Kapitalerhöhung beschlossen, muss diese bis ur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage auf Eis elegt werden. Um das Unternehmen nicht über Monate der gar Jahre zu lähmen, kaufen die Gesellschaften den ktionären die Klagen regelrecht ab. Bereits 2005 sind mit dem Gesetz zur Unternehmensntegrität und zur Modernisierung des Anfechtungsrechts kurz UMAG – erste Regelungen zur Bekämpfung speiell dieses Phänomens eingeführt worden. Neue wissenchaftliche Studien belegen zwar, dass die im Rahmen des MAG eingeführten Einzelmaßnahmen Wirkung zeigen; n Anbetracht der weiterhin und zahlenmäßig sogar noch ermehrt auftretenden Missbrauchsfälle ist es aber unerässlich, insbesondere die Freigabeverfahren fortzuentickeln und zu präzisieren. Denn auch bis zum Abschluss es als Eilverfahren gedachten Freigabeverfahrens über wei Instanzen können derzeit leicht sechs und mehr onate vergehen, in denen das Unternehmen handlungs nfähig bleibt. Der Gesetzentwurf sieht daher vor, das Freigabeverfahen weiter zu beschleunigen. Nach der Entscheidung in rster Instanz soll das Verfahren in der Regel beendet sein. ine Beschwerde gegen die erstinstanzliche Entscheidung oll es nur dann geben, wenn der Richter diese wegen rundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen hat. Die rundsätzliche Beschränkung des Freigabeverfahrens uf eine Instanz findet allgemein Zustimmung. Allerdings ibt der Bundesrat zu bedenken, die Ansiedlung der Verahren beim Landgericht sei nicht effektiv. Hierdurch erde die Gefahr begründet, dass sich Hauptsacheund reigabeverfahren gegenläufig entwickelten. Das Risiko r die Unternehmen, dass das Landgericht im Freigabe erfahren eine Rechtsfrage anders beurteile als das Oberndesgericht in der Hauptsache, spiele unmittelbar in die ände der Berufskläger, die sich diese Rechtsunsicherheit ur Durchsetzung ihrer eigenen finanziellen Interessen unutze machen könnten. In seinem Gesetzentwurf zur inführung erstinstanzlicher Zuständigkeiten des Ober andesgerichts in aktienrechtlichen Streitigkeiten fordert er Bundesrat daher eine Verlagerung der Eingangsuständigkeit in Freigabeund Hauptsacheverfahren auf ie Oberlandesgerichte. Die Bundesregierung lehnt dieen Vorschlag ab mit der Begründung mangelnden echtsschutzes für die Aktionäre. Einzelne Verbände fordern hingegen, lediglich das Freigabeverfahren bei jeweils einem auf diese Verfahrensart spezialisierten OLG eines Bundeslandes anzusiedeln. Nur so könne ein effektiver Rechtsschutz gewährleistet werden. Welche Lösung hier letztlich überzeugt, werden die Ausschussberatungen zeigen. Als weitere Maßnahme zum Schutz gegen räuberische Aktionäre sieht das ARUG die Einführung eines Bagatellquorums im Freigabeverfahren vor. Dieses Quorum soll nicht die Klagebefugnis des Kleinaktionärs abschneiden, sondern lediglich seine Möglichkeiten, eine Freigabe zu verhindern, beschränken. Ein Aktionär soll künftig seit Bekanntmachung der Einberufung zur Hauptversammlung Aktien zu einem Nennwert von mindestens 100 Euro halten, um eine Freigabe aufhalten zu können. Der Bundesrat bezweifelt die Effektivität eines Quorums von 100 Euro Nennbetrag und schlägt stattdessen vor, das Quorum gegebenenfalls anstelle einer absoluten Grenze nur als ein Element der Abwägung im Rahmen der Feststellung des vorläufigen Vollzugsinteresses auszugestalten. Die Bundesregierung hat bereits zugesagt, diesen Vorschlag im weiteren Verfahren zu prüfen; ich denke, auch wir werden im Parlament, im Rechtsausschuss, über diesen Punkt noch ausführlich diskutieren. Ein weiterer Schwerpunkt des ARUG ist der Einsatz neuer Medien. Aktiengesellschaften sollen diese bei Vorbereitung und Durchführung der Hauptversammlung in weitaus größerem Umfang nutzen können als bisher. So sollen Aktionäre künftig online an Hauptversammlungen teilnehmen können, was die Präsenz in Hauptversammlungen deutlich erhöhen und Beschlüsse auf eine breitere Basis stellen hilft. Gleichzeitig wird auch die Abstimmung durch Briefwahl ermöglicht. Insgesamt soll die grenzüberschreitende Information und Stimmrechtsausübung erleichtert werden. Eine Vereinfachung für die Unternehmen dürfte auch die Reform sämtlicher Fristen im Vorfeld der Hauptversammlung bedeuten, die künftig alle nach dem gleichen Schema berechnet werden. Die bisherige Fristenregelung war nur schwer zu handhaben und hat immer wieder zu prozessualen Auseinandersetzungen geführt. Als weiterer Punkt soll das sogenannte Depotstimmrecht der Banken vereinfacht und flexibilisiert werden, wodurch es für Aktionäre attraktiver werden dürfte, eine Bank zur Stimmrechtsvertretung zu bevollmächtigen. Schließlich soll bei der Sachgründung künftig auf eine externe Werthaltigkeitsprüfung zum Beispiel von Wertpapieren und Geldmarktinstrumenten, die auf einem geregelten Markt gehandelt werden, verzichtet werden, wenn diese mit dem Durchschnittskurs der letzten drei Monate bewertet werden, was den Verwaltungsaufwand der Unternehmen erheblich verringert. Insgesamt enthält der vorliegende Entwurf zum ARUG viele gute Maßnahmen zur Deregulierung und Vereinfachung des Aktienrechts; beide Gesetzentwürfe enthalten unterschiedliche Vorschläge zur Eindämmung missbräuchlicher Anfechtungsklagen. Was einzelne Details angeht, werden wir sicherlich in den anstehenden Ausschussberatungen über einige Fragen noch einmal i d e A f E d d m d k h d D a V d w n f c k a v l l w f i v f o t s v ü F u g m g s s H ü w Z a a d F s d d Zu Protokoll ge (C (D ntensiver sprechen müssen und nachprüfen, ob die Ziele er Entwürfe mit den vorgesehenen Regelungen auch rreicht werden können. In ihrer Gegenäußerung zum RUG ist die Bundesregierung dem Bundesrat in Einzel ragen ja bereits entgegengekommen. Ich halte einige inwände und Vorschläge des Bundesrates und verschieener Fachverbände durchaus für berechtigt; hier weren wir genauer nachprüfen müssen. Noch treffen wir uns gewöhnlich persönlich im Parla ent, um Debatten zu führen – wenn es nicht so spät ist, ass wir unsere Reden zu Protokoll geben müssen. Noch önnen wir Mitglieder der Bundesregierung leibhaftig ierher ins Parlament zitieren. Genießen Sie diese altmoische Versammlungsform, solange es sie noch gibt! enn: Wer weiß, ob wir uns nicht bald von unseren global gierenden Aktiengesellschaften abschauen können, wie ersammlungen im Internetzeitalter auch ganz anders urchgeführt werden können. Die Grundlage dafür legen ir mit diesem Gesetzentwurf zur Umsetzung der Aktioärsrichtlinie. Sie alle wissen: Die Umsetzung von EU-Richtlinien ist ür den deutschen Gesetzgeber nicht immer eine prikelnde Aktion. Ich meine aber, die Aktionärsrichtlinie önnen wir freudig umsetzen. Denn was mit der Richtlinie ngestrebt wird, ist gut für Aktionäre, die rechtzeitig und ollständig informiert werden wollen und die ihre Beteiigungsrechte wahrnehmen möchten. Die Ziele der Richtinie sind auch attraktiv für Aktiengesellschaften, die eltweit um Kapitalgeber werben, und damit sind sie gut ür die deutsche Wirtschaft. Um was geht es der Europäischen Union? Sie will mit hrer Richtlinie dafür sorgen, dass Aktionäre unabhängig on ihrem Wohnsitz frühzeitige und leicht zugängliche Inormationen über Hauptversammlungen und ihre Tagesrdnungen erhalten. Sie möchte außerdem börsennotieren Aktiengesellschaften ermöglichen, ihre Hauptverammlungen so durchzuführen, dass eine Onlineteilnahme on Aktionären möglich ist. Die grenzüberschreitende Ausbung von Aktionärsrechten würde dadurch erleichtert. ür die Kapitalgeber wäre eine solche Praxis angenehm nd kostensparend. Transparenz, Information und Beteiliung durch Nutzung der modernen Kommunikationsforen – das ist begrüßenswert. Deshalb setzen wir das erne um. Bisher war es nach deutschem Recht in der Hauptverammlung lediglich möglich, dass die Mitglieder des Aufichtsrates im Wege der Bildund Tonübertragung an der auptversammlung teilnehmen können. Auch Direktbertragungen der Hauptversammlung in Ton und Bild aren bisher möglich, um ein passives Zuschauen und uhören aus der Ferne zu ermöglichen. Künftig wäre es ber auch möglich, dass Aktionäre auf diese Weise aktiv n der Hauptversammlung teilnehmen können, wenn es ie Aktiengesellschaft selbst in ihrer Satzung erlaubt. ragen, Anträge, Redebeiträge und die Teilnahme an Abtimmungen können online ermöglicht werden. Ich bin avon überzeugt, dass Aktiengesellschaften sehr bald iese Regelungen nutzen werden. Gebietsfremde Aktio Elisabeth Winkelmeier-Becker gebene Reden näre, die aufwendige Flugreisen vermeiden wollen und auf ihrer Seite den technischen Aufwand nicht scheuen, werden diese Möglichkeiten einfordern. Ich bin gespannt auf diese neuen Praktiken. Der weitere Schwerpunkt des heutigen Gesetzentwurfs liegt bei der Bekämpfung missbräuchlicher Aktionärsklagen. Wir setzen damit die Bemühungen fort, räuberischen oder besser gesagt erpresserischen Aktionären die missbräuchliche Ausnutzung von Aktionärsrechten zu erschweren. Mit dem Gesetz zur Unternehmensintegrität und zur Modernisierung des Anfechtungsrechts, dem sogenannten UMAG, haben wir hierfür bereits die Grundlagen gelegt. Die Entwicklung zeigt aber, dass wir mehr tun müssen. Es muss beispielsweise vermieden werden, dass Anfechtungskläger Freigabeverfahren dadurch in die Länge ziehen können, dass gerichtliche Schriftstücke im Freigabeverfahren an Privatadressen nach Dubai oder in die Volksrepublik China geschickt werden müssen – unter Einschaltung der dortigen Behörden. Die Gesetzesbegründung schildert dies schön anschaulich. Verzögerungen können aber auch durch spätes oder unvollständiges Einzahlen des Prozesskostenvorschusses bewirkt werden. Dadurch wird das Zustellen der Anfechtungsklage an die Gesellschaft und deren Akteneinsicht verhindert. Solchen winkeladvokatischen Tricksereien werden wir einen Riegel vorschieben. Der Entwurf sieht deshalb vor, dass alle erforderlichen Zustellungen an den Prozessbevollmächtigten im Anfechtungsverfahren erfolgen können. Außerdem soll im Falle des unvollständigen Einzahlens des Prozesskostenvorschusses der Gesellschaft ein vorzeitiges Akteneinsichtsrecht eingeräumt werden, damit der Freigabeantrag zügig vorbereitet werden kann. Das sind gute Maßnahmen. Der Gesetzentwurf sieht außerdem vor, dass ein Anfechtungskläger Aktien mit einem anteiligen Betrag von mindestens 100 Euro halten muss, damit er eine Freigabe aufhalten kann. Das entspricht im Mittelmaß etwa einem Investment von 1 000 bis 2 000 Euro; vor allem aber muss diese Beteiligung an der Gesellschaft vor Einberufung der Hauptversammlung bestehen. Schließlich soll mit dem Gesetzentwurf das Gerichtsverfahren abgekürzt werden. Das möchte auch der Bundesrat, und er hat zu diesem Zweck in seinem Gesetzentwurf, der ebenfalls auf der heutigen Tagesordnung steht, die erstund letztinstanzliche Entscheidung bei Anfechtungsklagen durch das Oberlandesgericht vorgesehen. Diesen Weg hat der Bundesrat auch für das ARUG empfohlen. Der Entwurf der Bundesregierung geht jedoch einen anderen Weg. Die erste Instanz soll danach bei den Landgerichten bleiben, die allerdings die sofortige Beschwerde nur noch bei grundsätzlicher Bedeutung der Sache zulassen dürfen. Wir werden beraten, welches der bessere Weg ist. Meine erste Sympathie gilt aber schon dem Regelungsentwurf der Bundesregierung. Denn bei allem berechtigten Zorn auf Berufskläger sollten wir nicht vergessen, dass es auch, und zwar in der übergroßen Mehrzahl, redliche Kleinaktionäre gibt und dass diese angemessene Rechtsschutzmöglichkeiten benötigen. Wir wollen auch mit diesem Gesetzentwurf die Balance halten: Der Miss b n t S e d i a r g L g a D z A d ü g A t a S u m F D m d z W J s g s t b D m g s z d b g v t M V z a k r B Zu Protokoll ge (C (D rauch soll verhindert werden, die redliche Rechtswahrehmung aber weiterhin möglich bleiben. Der Gesetzentwurf zur Umsetzung der Aktionärsrech erichtlinie, ARUG, hat einen langen Weg hinter sich. chon im Oktober 2007 hat die FDP-Bundestagsfraktion ine Kleine Anfrage an die Bundesregierung gerichtet mit em Titel „Umsetzungsfahrplan der Aktionärsrichtlinie n nationales Recht“, Drucksache 16/6860. Insbesondere uch die Umsetzung vom Referentenentwurf zum Regieungsentwurf war noch einmal von vielfältigen Änderunen gekennzeichnet. Dass wir heute endlich in der ersten esung den Gesetzentwurf im Bundestag behandeln, berüßt die FDP-Bundestagsfraktion ausdrücklich. Doch uch die Wirtschaft und viele Tausend Aktionäre in eutschland sind froh, dass sich der Deutsche Bundestag umindest Teilen der vielfältigen Probleme des deutschen ktienrechts annimmt. Der Titel des Gesetzentwurfes – Gesetz zur Umsetzung er Aktionärsrechterichtlinie – täuscht in gewisser Weise ber den wahren Inhalt des Gesetzentwurfes. Denn es eht nicht nur um die Umsetzung der „Richtlinie über die usübung bestimmter Rechte der Aktionäre in börsenno ierten Gesellschaften“, 2007/36/EG. Vielmehr kommt es uch zu einer Neuregelung der Kapitalaufbringung durch acheinlagen, zur Deregulierung des Depotstimmrechts nd zu Regelungen mit dem Ziel der Bekämpfung der issbräuchlichen Anfechtungsklagen. Gerade das Thema Berufskläger beschäftigt auch die achöffentlichkeit seit langem. Nicht zuletzt auch der eutsche Juristentag hat sich 2008 erneut mit der Theatik beschäftigt. Die Bedeutung dieses Themas für die eutschen Aktiengesellschaften ist nicht zu unterschäten. Dies gilt umso mehr in den Zeiten der Finanzund irtschaftkrise. Eine Studie von Professor Baums aus dem ahre 2007 zeigt deutlich, dass allein die Zahl der Bechlussmängelklagen von 1980 bis 2006 um das 60-Fache estiegen ist. Bei Klagen gegen die Wirksamkeit von Bechlüssen der Hauptversammlung von Aktiengesellschafen ist in zunehmendem Maße ein Missbrauch der Klageefugnis durch sogenannte Berufskläger festzustellen. iese nutzen auf der Grundlage nur weniger Aktien die it der Klageerhebung verbundene Sperre für Handelsreistereintragungen, um sich ihr Klagerecht von der Gesellchaft gegen horrende Beträge „abkaufen“ zu lassen – um Schaden der Gesellschaft und der Aktionäre. Umso verwunderter war ich, dass die Große Koalition ieses Thema ursprünglich in der ersten Lesung ohne Deatte passieren lassen wollte. Die Bedeutung, die die Reierung diesem Thema beimisst, kann man auch an den orgeschlagenen Lösungswegen erkennen. Kleinschritigkeit ohne erkennbare Vorwärtsbewegung bleibt das arkenzeichen von Bundesjustizministerin Zypries. Die orschläge zur Interessenabwägungsklausel, zur Proessvollmacht und zur Akteneinsicht stellen einen durchus richtigen Ansatz dar, werden dem Problem jedoch aum ansatzweise gerecht. Die Einführung eines Quoums von 100 Euro Nennbetrag, was einem normalen örsenwert von 1 000 bis 2 000 Euro entspricht, wird von Klaus Uwe Benneter gebene Reden den eigentlichen Berufsklägern als „lachhaft“ empfunden werden. Und auch die erst im Regierungsentwurf enthaltene Neuregelung, Freigabeentscheidungen nur angreifen zu können, wenn das Landgericht die sofortige Beschwerde zulässt, bleibt auf halbem Wege stehen. Nötig ist deshalb eine breite Diskussion im Rahmen des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages. Die Vorschläge des Bundesrates, die eine Verlagerung der Eingangszuständigkeit an das Oberlandesgericht vorsehen, sind dabei ebenso zu berücksichtigen wie Vorschläge, die eine komplette Systemänderung bezwecken. Insbesondere auch Fragen der Kostentragungspflicht bei solchen Verfahren sind dabei zu durchdenken. Für die FDP-Bundestagsfraktion kann ich daher schon jetzt sagen, dass eine umfassende Sachverständigenanhörung im Rechtsausschuss zu diesem Thema für erforderlich gehalten wird. Der Gesetzgeber ist hier gefordert; wir können nicht darauf vertrauen, dass die Rechtsprechung – wie zuletzt das Oberlandesgericht Frankfurt – „räuberische“ Aktionäre zu Schadensersatzleistungen verpflichtet und das Vorgehen als sittenwidrig einstuft. Lassen sie mich noch kurz auf die weiteren Schwerpunkte des Gesetzentwurfes neben der Bekämpfung der Berufskläger eingehen. Durch die Umsetzung der eigentlichen Aktionärsrichtlinie kommt es unter anderem zu einer deutlichen Verbesserung der Transparenz gegenüber den Aktionären und zu einer Neuordnung des Fristenregimes. Dass dabei die Satzungsautonomie der Gesellschaften gestärkt wird, ist ausdrücklich positiv hervorzuheben. Die Gesellschaften können in der Satzung festlegen, dass und wie die elektronischen Mittel besser genutzt werden. Auch können die Gesellschaften die aktive Teilnahme der Aktionäre an der Hauptversammlung auf elektronischem Wege sowie die Stimmabgabe mittels Briefwahl ermöglichen. Es bleibt zu hoffen, dass durch diese Maßnahmen der chronisch geringen Präsenz auf Hauptversammlungen entgegengewirkt werden kann. Mit Blick auf das angesprochene Problem der Berufskläger muss darauf geachtet werden, dass durch die neuen Möglichkeiten keine neuen Anfechtungsgründe geschaffen werden. Zu klären ist in diesem Bereich insbesondere noch die Frage der Identifizierung des „Onlineaktionärs“. Die Kapitalrichtlinie 2006/68/EG zielt auf eine Deregulierung und Liberalisierung des derzeit geltenden Systems des festen Kapitals. Sie ermöglicht den Mitgliedstaaten Lockerungen unter anderem im Bereich der Sacheinlage und des Rückerwerbs eigener Aktien. Insbesondere von den Erleichterungen bei den Sacheinlagen macht der vorliegende Gesetzentwurf Gebrauch. Warum die bereits im Gesetz zur Modernisierung des GmbHRechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen zum Problem des „Hinund Herzahlens“ und der „verdeckten Sacheinlage“ gefundenen Lösungen nicht übertragen werden, bedarf noch einer näheren Diskussion. Auch die Regelungen zur Reform des Depotstimmrechts sollten wir uns noch einmal näher anschauen. Hier bedarf es einer Lösung, die sowohl für die Banken und Sparkassen als auch für die Aktionäre gangbar ist. D r u t A s S g d m A h S v t t z K t z t s g d s n V e p g k t s e s t s z H s u s s z A U s U s Zu Protokoll ge (C (D Insgesamt bleibt somit für den Rechtsausschuss des eutschen Bundestages noch eine Menge Arbeit. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der Bundesregie ung soll die Aktionärsrechterichtlinie aus dem Jahr 2007 mgesetzt werden. Daneben enthält der Gesetzentwurf eigene rechtspoliische Vorhaben der Bundesregierung auf dem Gebiet des ktienrechts. Über die Vorgaben der Richtlinie hinaus oll auf den von ihr angesprochenen Gebieten – in der prache der Gesetzesbegründung – „modernisiert, dereuliert und flexibilisiert“ werden. Dies ist ein Dreiklang, er – das hat zuletzt die Finanzmarktkrise gezeigt – zuindest Anlass geben sollte, sich die Regelungen in den usschüssen noch einmal sehr kritisch im Detail anzuseen. So sieht der Entwurf unter anderem die ersatzlose treichung einer Vorschrift vor, die Aktiengesellschaften erpflichtet, eine Ermächtigung zum Erwerb eigener Akien der Bundesanstalt für Finanzdienstleitungen mitzueilen. Der Bundesrat führt dazu in seiner Stellungnahme u dem Gesetzentwurf aus: „Der Rückzug staatlicher ontrolle aus diesem Bereich ist in der derzeitigen poli ischen und wirtschaftlichen Lage als unangemessen anusehen.“ Dem ist aus Sicht unserer Fraktion nichts weier hinzuzufügen. Bei einer Deregulierung des Depotstimmrechts, wie ie jetzt im Gesetzentwurf vorgesehen ist, besteht ganz rundsätzlich die Gefahr, dass die Kreditinstitute sich bei er Stimmabgabe von eigenen Vorstellungen und Interesen leiten lassen und nicht von denen der Aktionäre. Geau deshalb enthält das Gesetz ja bislang so detaillierte orgaben. Im Rahmen der Sachgründung soll zukünftig auf eine xterne Werthaltigkeitsprüfung, zum Beispiel von Wertapieren und Geldmarktinstrumenten, die auf einem oranisierten Markt gehandelt werden, verzichtet werden önnen, wenn diese mit dem Durchschnittskurs der letzen drei Monate bewertet werden. Ob dies ein angemesener Bewertungsmaßstab ist, sollte in den Ausschüssen benfalls noch einmal näher beleuchtet werden. Der Gesetzentwurf nimmt sich schließlich des Themas ogenannter räuberischer Aktionäre an. Damit sind Akionäre gemeint, die gegen Beschlüsse der Hauptverammlung allein mit dem Ziel klagen, die Gesellschaft um Abschluss eines lukrativen Vergleiches zu bewegen. intergrund ist, dass gerichtlich angefochtene Be chlüsse nicht in das Handelsregister eingetragen werden nd die Gesellschaften an einer möglichst schnellen Beeitigung der Sperrwirkung des Verfahrens interessiert ind. Diese Materie war bereits ein Schwerpunkt des Gesetes zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des nfechtungsrechts, UMAG, aus dem Jahr 2005. Mit dem MAG wurde das sogenannte Freigabeverfahren auf Be chlüsse über Kapitalmaßnahmen und Zustimmung zu nternehmensverträgen ausgedehnt. Wird daher ein ent prechender Hauptversammlungsbeschluss mit der An Mechthild Dyckmans gebene Reden fechtungsklage angegriffen, kann das Prozessgericht auf Antrag der Gesellschaft feststellen, dass die Erhebung der Klage der Eintragung des Beschlusses in das Handelsregister nicht entgegensteht und Mängel des Hauptversammlungsbeschlusses die Wirkungen der Eintragung unberührt lassen. Wird ein Hauptversammlungsbeschluss infolge eines solchen Freigabebeschlusses in das Handelsregister eingetragen, ist die Eintragung bestandskräftig und kann auch dann nicht mehr gelöscht werden, wenn die Anfechtungsklage Erfolg hat. Der vorliegende Gesetzentwurf nimmt weitere Änderungen im Bereich des Freigabeverfahrens vor. Unter anderem soll eine zulassungsgebundene Beschwerde eingeführt werden und das Landgericht die Beschwerde nur noch bei grundsätzlicher Bedeutung zulassen. Eine Nichtzulassungsbeschwerde ist im Entwurf nicht vorgesehen. Über die Freigabe wird so im Regelfall nur noch in einer Instanz entschieden. Zugleich wird ein Bagatellquorum eingeführt, mit dem die Möglichkeit von Kleinaktionären beschränkt wird, eine Freigabe zu verhindern. Der zur Beratung verbundene Gesetzentwurf des Bundesrates geht einen anderen Weg und will eine erstinstanzliche Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes in aktienrechtlichen Streitigkeiten begründen, was für die Anfechtungsklage selbst eine Verkürzung des Instanzenzuges bedeutet. Ohne an dieser Stelle eine abschließende Bewertung vornehmen zu wollen, sei lediglich darauf hingewiesen, dass die Argumentation, nach der zur Verhinderung von Rechtsmissbrauch eine Einschränkung von Rechtsmitteln vorgenommen werden müsste, selbst äußerst missbrauchsanfällig ist. Hier haben wir Bedenken. Des Weiteren sei darauf hingewiesen, dass dem Klagerecht des einzelnen Aktionärs eine wichtige Kontrollund Überwachungsfunktion zukommt. Der Gesetzentwurf des Bundesrates spricht an einer Stelle davon, dass diese Kontrollund Überwachungsfunktion eine gewisse Zurückhaltung des Staates bei der Aufsicht über Aktiengesellschaften ermöglicht. Diese Einschätzung teilt unsere Fraktion zwar ausdrücklich nicht. Richtig ist jedoch, dass sie eine Ergänzung zur staatlichen Aufsicht darstellen kann und deswegen die Einschränkung von Rechtsmitteln in diesem Bereich kritisch ist. Der vorliegende Entwurf eines Gesetzes zur Umset zung der europäischen Aktionärsrechterichtlinie, ARUG, macht es sich zur Aufgabe, den Zugang zu Informationen für Aktionäre zu verbessern sowie die grenzüberschreitende Ausübung von Aktionärsrechten, allen voran das Stimmrecht, zu erleichtern. Diese Zielvorgabe deckt sich mit grünen Forderungen einer grundsätzlichen Stärkung der Aktionärsrechte, um ein ausgewogenen System der checks and balances zwischen Aktionären, Vorstand und Aufsichtsrat zu etablieren. Allein, es ist zu bezweifeln, ob der hier eingeschlagene Weg der Bundesregierung geeignet ist, diese Ziele zu erreichen. Dabei haben gerade die Missstände im Zuge der Finanzmarktkrise oder verschiedener Korruptions s b d K f s A k g g m s s u t m – d a M k d t g t v w U u b U a f l D i w h d h v H S g f b v u m a A n t n s Zu Protokoll ge (C (D kandale in großen deutschen Aktiengesellschaften offenart, wie notwendig es ist, im deutschen Aktienrecht wieer Strukturen zu schaffen, in denen eine effektive ontrolle der Unternehmensführung durch die Aktionäre unktioniert. Lassen Sie mich auf einige wesentliche Punkte des Geetzes eingehen und anschließend aufzeigen, warum die ktienrechtsreform in Permanenz auch mit diesem Gesetz einen Abschluss finden darf, sondern gegenteilig aus rüner Sicht schnellstmöglich weitere Reformbemühunen notwendig sind. Als zentrales Recht der Aktionäre gelten die Einflussöglichkeiten im Rahmen der Hauptversammlung. Ent prechend sind die seitens der Bundesregierung vorgechlagenen Regeln zur Abgabe der Stimme via Internet nd die Vorschriften zur organisierten Stimmrechtsvertreung von maßgeblicher Bedeutung. Wir begrüßen die dait verfolgte Intention, die Hauptversammlungspräsenz und sei es auch virtuell – zu steigern. So wird einerseits ie Kontrolle der Unternehmensführung intensiviert und ndererseits verhindert, dass professionell agierende inderheiten unangemessene Macht ausüben und Parti ularinteressen zulasten der Gesamtheit der Aktionäre urchsetzen. Wir hegen aber große Zweifel, ob von den neuen Opionen, die das ARUG eröffnet, in der Praxis Gebrauch emacht wird. Wir sind gespannt, ob in den Gesellschafen tatsächlich per Satzungsänderung der Weg für eine irtuelle Stimmabgabe freigemacht wird. Neben dem Aufand, der damit verbunden ist, steht zu befürchten, dass nternehmen Konfliktpotenzial in den Neuerungen sehen nd etwa aus Angst vor Anfechtungsklagen im Zweifel eim Status quo verharren. Und selbst wenn seitens der nternehmen die Grundlagen für die virtuelle Teilnahme n der Hauptversammlung geschaffen werden, bleibt es raglich, ob etwa ich von der Möglichkeit Gebrauch machen werden. enn was bleibt ist das Problem, dass die Informationen m Zusammenhang mit der Hauptversammlung und jeeiliger Tagesordnungspunkte so komplex sind bezieungsweise so unverständlich dargeboten werden, dass er einzelne Aktionär sie ohne professionelle Hilfe ohnein nicht überblickt. Umso bedeutsamer ist der zweite Anknüpfungspunkt, on dem sich die Bundesregierung eine Steigerung der auptversammlungspräsenz erhofft: die organisierte timmrechtsvertretung. Es ist wichtig, dass die neuen Reeln für das Depotstimmrecht einen echten Anreiz schafen, dass Stimmrechtsvertretung überhaupt wieder in reitem Maße angeboten wird – gegenwärtig haben sich iele Bankinstitute von diesem Service verabschiedet – nd dass sie kritisch und zur Kontrolle der Unternehensführung erfolgt. Hier ist der Gesetzgeber in der Verntwortung, einen passenden Rahmen zu entwerfen und nreize dafür zu setzen, dass sich ein Angebot an Aktioärsvertretungen und eine Vielfalt an professionellen Verretern entwickeln kann, mit deren Ausrichtung sich Aktioärinnen und Aktionäre identifizieren können. Auch muss das Verfahren der Stimmrechtsübertragung o einfach wie möglich gehalten sein. Wir begrüßen da Wolfgang Neškoviæ gebene Reden her die europäische Vorgabe, für die Erteilung der Vollmacht künftig Textform im Sinne von § 126 b BGB ausreichen zu lassen. Dadurch ist eine Ermächtigung mittels E-Mail möglich. Allerdings sehen wir im Vorschlag der Bundesregierung weder eine Regelung, die die Bankinstitute wieder zum Angebot einer Depotstimmrechtsaus-übung ermutigt, noch scheint eine Struktur gefunden, derer gemäß die unabhängigen Aktionärsvertretungen mit einem stärkeren Zulauf rechnen können. Hier muss in den Beratungen nachgebessert werden. Das ARUG sieht ferner neue Mechanismen vor, um der Zunahme von zweckentfremdeten Anfechtungsklagen einiger sogenannter räuberischer Aktionäre zu begegnen. Wir teilen die Auffassung, dass es sich in bestimmten Fällen um rechtsmissbräuchliches Vorgehen handelt. Anders als bei Anfechtungen von Beschlüssen zum Squeeze-out, deren abermalige Überprüfung allen betroffenen Aktionären zugutekommt, schaden provozierte Anfechtungsgründe und teuer erkaufte Vergleiche allen übrigen Aktionären, dem Unternehmen und dem Wirtschaftsstandort Deutschland, während einige wenige profitieren. Gleichzeitig warnen wir vor Übereifer: Wir sind entschieden dagegen, jeden anfechtenden Aktionär, der die Stimme gegen das Management erhebt, zum rechtsmissbräuchlichen Querulanten zu stigmatisieren. Die Anfechtungsklage ist ein wichtiges Kontrollinstrument und muss allen Aktionären einfach zugänglich bleiben. Es wird im laufenden Gesetzgebungsverfahren genau darauf zu achten sein, dass nicht unter dem Deckmantel des Kampfes gegen „räuberische Aktionäre“ über das Ziel hinausgeschossen wird und grundlegende Aktionärsrechte beschnitten werden. Letztlich spielen „räuberische Aktionäre“ insbesondere auf Zeit. Darauf muss die Politik vor allem durch eine bessere Ausstattung der Justiz und schlanke Verfahrensvoraussetzungen im Bereich des Wirtschaftsrechts reagieren. Neben diesen Punkten, die das ARUG behandelt, gibt es einige Schwachstellen im Aktienrecht, die ebenfalls im weitesten Sinne Aktionärsrechte betreffen und dringend angegangen werden müssen. Um einen Eindruck zu vermitteln, möchte ich einige Leitplanken grüner Aktionärsdemokratie skizzieren. Zwar sind die im ARUG angesprochenen Aktionärsrechte von zentraler Bedeutung. Ein weiteres wesentliches Kontrollinstrument ist jedoch das Geltendmachen von Schadenersatzansprüchen. Obwohl der Aufsichtsrat für das Unternehmen Ansprüche geltend machen müsste im Falle, dass der Vorstand Pflichtverletzungen begeht und dem Unternehmen schadet, geschieht dies aus Interessenverquickung nicht konsequent genug. Denn unter Umständen müsste sich der Aufsichtsrat den Vorwurf gefallen lassen, er habe das Vorstandshandeln nicht angemessen überwacht. In diesen Fällen sind die Aktionäre gefordert. Aber das geltende Recht steht dem entgegen. Deshalb fordern wir eine Absenkung der Anforderungen des Klagezulassungsverfahrens. Denn dann können Aktionäre zukünftig die entstandenen Schadensbeträge für das Unternehmen von den verantwortlichen Führungsorganen zurückfordern. Folglich können die Aktionäre mittelbar einen Werterhalt ihrer Anteile sichern. Dabei dürfen a p L d A V f s S d d d s F u s s S e d n P n V W a M r z d K i p d r n s e r b B r l A m r e s c s v d h d Zu Protokoll ge (C (D llerdings die Schäden nicht ausschließlich aus den Haftflichtversicherungen für Manager – „Directors & Officers iability“-Policen – kompensiert werden. Sonst verliert as Haftungsrecht seine Steuerungsfunktion, und die ktionäre müssten wiederum mittelbar über gestiegene ersicherungspreise für die Fehler der Unternehmensührung aufkommen. Vielmehr muss neben die D&OVericherungen eine Selbstbeteiligung des Managers am chadenersatz treten, die sich an den laufenden Bezügen es jeweiligen Vorstandes orientiert. Diese Änderungen in der Geltendmachung von Schaenersatzansprüchen sind insbesondere im Nachgang er Finanzmarktkrise von immenser Bedeutung. Vieles pricht dafür, dass Vorstände und Aufsichtsräte kollektiv ehler bei der Unternehmensführung begangen haben nd dadurch Gesellschaften nunmehr am Rande der Inolvenz stehen bzw. durch den Staat gestützt werden müsen. Sollte es Aktionären nicht erleichtert werden, hier chäden des Unternehmens geltend zu machen, werden twaige Pflichtverletzungen wahrscheinlich nie aufgeeckt. Schließlich fordern wir eine Verbesserung der Unterehmensführung. Dazu bedarf es beispielsweise einer rofessionalisierung der Aufsichtsräte deutscher Unterehmen, damit sie die Kontrollfunktion gegenüber dem orstand besser wahrnehmen können. Außerdem ist das ahlverfahren für Aufsichtsräte zu reformieren. Es ist so uszugestalten, dass auch Minderheitsaktionäre die öglichkeit haben, zumindest ein Mitglied im Aufsichts at stellen zu können. Das fördert eine stärkere Diversifiierung der Mitglieder in den Aufsichtsräten und spiegelt amit repräsentativer die Anteilseignerstruktur wider. Außerdem sollen sich die sich zur Wahl stellenden andidatinnen und Kandidaten schriftlich vorstellen und hre Qualifikationen für das Aufsichtsratsmandat sowie arallel ausgeübte Aufsichtsratsposten darlegen. Durch iese Transparenz können mögliche Interessenkonflikte echtzeitig erkannt werden. Niemand sollte darüber hiaus gleichzeitig in mehr als fünf Aufsichtsräten tätig ein. Wie soll jemand gleichzeitig in mehr als fünf Räten ine qualifizierte Kontrollarbeit leisten? Auch ist der diekte Übergang vom Vorstand in den Aufsichtsrat desselen Unternehmens zu verbieten. A Mit dem Gesetzentwurf zur Umsetzung der Aktionärsechterichtlinie – kurz ARUG – verfolgen wir im Wesentichen vier Ziele: die – namensgebende – Umsetzung der ktionärsrechterichtlinie, die bis 3. August 2009 erfolgen uss; die teilweise Umsetzung der geänderten Kapital ichtlinie durch Deregulierungen bei der Sachgründung; ine Vereinfachung des Depotstimmrechts der Kreditintitute und schließlich Maßnahmen gegen missbräuchlihe Aktionärsklagen. Das ARUG wird der Praxis in verchiedener Hinsicht das Leben erleichtern, und das ist or dem Hintergrund der derzeitigen Finanzkrise besoners wichtig, weil ein stabiles und in der Praxis gut handabbares Aktienrecht ein bedeutender Standortfaktor für ie Wirtschaft ist. Dr. Gerhard Schick gebene Reden Parl. Staatssekretär Alfred Hartenbach Bedanken möchte ich mich beim Bundesrat für die konstruktive Stellungnahme, bei der es sich insgesamt um zahlreiche technische Details handelt, die die wesentliche Linie des Regierungsentwurfs nicht infrage stellen. Lassen Sie mich einige Punkte des ARUG besonders hervorheben. Der Entwurf erleichtert die grenzüberschreitende Information und Stimmrechtsausübung der Aktionäre und passt dadurch das deutsche Aktienrecht der Internationalisierung der Kapitalmärkte an. Ich gehe davon aus, dass dies zu einer Erhöhung der Hauptversammlungspräsenzen und damit zur Absicherung wichtiger Aktionärsentscheidungen durch eine breite Beteiligung der Anteilseigner führen wird. Hierzu werden neue Medien in den Dienst des Aktienrechts gestellt. Unter anderem werden die Onlineteilnahme von Aktionären und die Abstimmung durch Briefwahl ermöglicht. Ein besonders wichtiger Punkt für die Hauptversammlungspraxis ist die Neuordnung des gesamten Fristenregimes der Hauptversammlung. Hier gab es seit jeher Zweifelsfragen, was zu Fehlern und schlimmstenfalls zur Nichtigkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen geführt hat. Künftig werden alle Fristen und Termine nach einem einheitlichen Muster von der Hauptversammlung zurückberechnet. Alle Fristen sind aufeinander abgestimmt und harmonisiert. Das mag technisch klingen und vielleicht wenig spektakulär, man sollte die praktische Bedeutung dieser Fragen aber nicht unterschätzen. Einfache, unkompliziert zu handhabende, eindeutige Normen erleichtern den Unternehmen das Leben ganz außerordentlich, und Rechtssicherheit ist ein wesentlicher Teilaspekt der Gerechtigkeit. Grundlegend umgestaltet wird auch das Vollmachtstimmrecht der Banken. Die bisherige Regelung ist unübersichtlich und bürokratisch geworden. Sie ist von der Praxis nicht mehr angenommen worden. Der ARUG-Entwurf erleichtert die sinnvolle Dienstleistung des sogenannten Depotstimmrechts, gestaltet dieses aber fair und im Interesse der Aktionäre und ihrer Entscheidungsfreiheit. Zuletzt möchte ich noch einen Punkt hervorheben, der in der öffentlichen Diskussion wohl die größte Aufmerksamkeit findet. Mit dem ARUG-Entwurf werden die gesetzgeberischen Bemühungen fortgesetzt, erpresserische Verhaltensweisen sogenannter räuberischer Aktionäre zu unterbinden. Gerade in wirtschaftlich schwierigeren Zeiten müssen zum Beispiel Sanierungsschritte rasch durchgeführt werden können; manchmal zählt jeder Monat. Dazu sollen verschiedene auf die Missbrauchsfälle zugeschnittene Maßnahmen beitragen, ohne dabei allerdings zugleich die Funktion der Anfechtungsklage im Aktienrecht aufzuheben oder wesentlich zu schwächen. Besonders wichtig dabei ist aus meiner Sicht die deutliche Beschleunigung des Freigabeverfahrens. Um sie zu erreichen, sieht das ARUG unter anderem eine Beschränkung der Rechtsmittel auf eine Zulassungsbeschwerde vor. Den Vorschlag, eine erstinstanzliche Zuständigkeit der Oberlandesgerichte für aktienrechtliche Klagen einzuführen, wie das der Bundesrat in seiner Stellungnahme zum ARUG und in seinem Gesetzentwurf vom Dezember 2007 vorschlägt, lehne ich ab. Bevor das Rechtsschutz s d a d i H z d d d w d s n s d I u C W D D f v s R n 1)


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Klaus Uwe Benneter (SPD):
Rede ID: ID1620226400




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Mechthild Dyckmans (FDP):
Rede ID: ID1620226500




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Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1620226600




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Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620226700




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Alfred Hartenbach (SPD):
Rede ID: ID1620226800







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(D ystem verändert wird, sollten die Länder die bestehenen Möglichkeiten zur Zuständigkeitskonzentration in ktienrechtlichen Streitigkeiten ausschöpfen. Es ist beauerlich, dass dies bisher noch nicht überall geschehen st; denn bei den Landgerichten mit den Kammern für andelssachen gibt es heute zum Teil hervorragend spe ialisierte Richter. Außerdem würde ein Systembruch an er einen Stelle zur Folge haben, dass sofort auch für anere wichtige Rechtsgebiete der Ruf nach einem veränerten Instanzenzug aufkommt. Interfraktionell wird Überweisung der Gesetzent ürfe auf den Drucksachen 16/11642 und 16/9020 an ie in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgechlagen. Gibt es anderweitige Vorschläge? – Das ist icht der Fall. Dann sind die Überweisungen so bechlossen. Ich rufe den Zusatzpunkt 6 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Manuel Sarrazin, Jürgen Trittin, Rainder Steenblock, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Europäische Arbeitszeitrichtlinie – Hohen Arbeitnehmerschutz EU-weit sicherstellen – Drucksache 16/11758 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Arbeit und Soziales Ausschuss für Gesundheit Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Reden zu iesem Tagesordnungspunkt zu Protokoll zu nehmen. – ch sehe, Sie sind damit einverstanden. Es handelt sich m die Reden der Kollegen Michael Hennrich, CDU/ SU, Josip Juratovic, SPD, Dr. Heinrich Kolb, FDP, erner Dreibus, Die Linke, Jürgen Trittin, Bündnis 90/ ie Grünen.1)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1620226900

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 16/11758 an die in der Tagesordnung aufge-

ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
erstanden? – Das ist der Fall. Dann ist das so beschlos-
en.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 17 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Patrick
Döring, Horst Friedrich (Bayreuth), Joachim
Günther (Plauen), weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der FDP

Technische Kriterien für Winterreifenkenn-
zeichnung M+S festlegen

– Drucksache 16/11213 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

Wie in der Tagesordnung ausgewiesen, werden die
eden zu diesem Tagesordnungspunkt zu Protokoll ge-
ommen. Es handelt sich um die Reden der Kolleginnen

Anlage 7






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(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms
und Kollegen Volkmar Uwe Vogel, CDU/CSU, Heidi
Wright, SPD, Patrick Döring, FDP, Dorothée Menzner,
Die Linke, Dr. Anton Hofreiter, Bündnis 90/Die Grünen.


Volkmar Uwe Vogel (CDU):
Rede ID: ID1620227000

Es besteht in Deutschland keine Pflicht für Winterrei-

fen. Daher ist auch keine einzige bindende europäische
Definition zu einem Winterreifen vonnöten.

Es gab natürlich schon immer Verfechter pro und kon-
tra Winterreifen; aber pauschale Aussagen wie „Bei Tem-
peraturen von 7 Grad Celsius oder weniger sind Winter-
reifen besser als Sommerreifen“ sind nicht hilfreich.
Denn ganz unter uns: Die gegenteilige Behauptung ist
ebenso wenig informativ wie die Behauptung selbst.

Klar ist: Bei Wintereinbruch passieren nicht nur zahl-
reiche Unfälle, die auf falsche Bereifung in Verbindung
mit nicht angepasster Fahrweise zurückzuführen sind; es
bilden sich auch jedes Jahr erneut unzählige Staukilome-
ter, weil Fahrzeuge aufgrund ihrer ungeeigneten Berei-
fung im Schnee steckenbleiben.

In einem sind sich alle einig: Sobald sich eine Schnee-
decke gebildet hat, ist der Winterreifen dem Sommerpneu
haushoch überlegen. Deshalb wurde gemäß Bundesrats-
beschluss vom 21. Dezember 2005 der § 2 Abs. 3 a der
StVO wie folgt geändert:

§ 2 Abs. 3a StVO

Straßenbenutzung durch Fahrzeuge

Bei Kraftfahrzeugen ist die Ausrüstung an die Wet-
terverhältnisse anzupassen. Hierzu gehören insbe-
sondere eine geeignete Bereifung und Frostschutz-
mittel in der Scheibenwischanlage. Wer ein
kennzeichnungspflichtiges Fahrzeug mit gefährli-
chen Gütern fährt, muss bei einer Sichtweite unter
50 m, bei Schneeglätte oder Glatteis jede Gefähr-
dung anderer ausschließen und wenn nötig den
nächsten geeigneten Platz zum Parken aufsuchen.

Die Bundesregierung hat zudem die Bußgeldkatalog-
Verordnung dahin gehend geändert, dass künftig Auto-
fahrer ein bestimmtes Bußgeld zu zahlen haben, wenn sie
gegen diesen genannten Paragrafen, § 2 Abs. 3 a StVO,
verstoßen.

Der Gesetzgeber hat darin nämlich die Pflicht zur An-
passung der Kraftfahrzeugausrüstung an die Wetterver-
hältnisse konkretisiert.

Nach der neuen Winterreifenverordnung sind also alle
Kraftfahrzeuge den Wetter- und damit auch den Winter-
verhältnissen anzupassen. Die geeignete Bereifung findet
hierbei eine besondere Erwähnung. Mit dieser Verhal-
tensvorschrift geht jedoch keine generelle Winterreifen-
pflicht einher. Wer mit seinem Wagen auf schnee- oder
eisbedeckten öffentlichen Straßen fährt, muss Winter-
oder Ganzjahresreifen montiert haben; solche Reifen
sind durch die Aufschrift „M+S“ bzw. das Schneeflocken-
symbol gekennzeichnet.

Mit Sommerreifen darf man sein Fahrzeug bei winter-
lichen Straßenverhältnissen nicht mehr bewegen. Dies
gilt nicht nur für den Fahrtantritt, sondern auch für die

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(C (D eiterfahrt bei plötzlicher Änderung der Straßenverhältisse. Wer mit Sommerreifen auf schneeoder eisbedeckten traßen fährt, riskiert ein Verwarnungsgeld von 20 Euro. ührt dieser Verstoß ferner zu einer Behinderung des traßenverkehrs, wird dies mit einem Bußgeld von 0 Euro sowie einem Punkt in Flensburg geahndet. Die Verwendung von Schneeketten oder Anfahrhilfen uf Sommerreifen stellt keine „geeignete Bereifung“ dar. ies gilt auch für eine Mischung von Sommerund Win erreifen. Das gilt für Kraftfahrzeuge jeder Art, nicht daegen für Anhänger. Darüber hinaus können Unfälle mit icht ordnungsgemäßer Bereifung im Einzelfall zu versiherungsrechtlichen Problemen führen. Daher ist in jeem Fall zu empfehlen, in den Wintermonaten auf die ichtige Bereifung „umzusatteln“. Die Änderung der StVO trat bereits am 1. Mai 2006 in raft, sodass alle Autofahrer ausreichend Zeit hatten, ich auf die neue Gesetzgebung einzustellen. Dabei sind it der Bezeichnung „geeignete Bereifung“ bei Schnee nd Eisglätte in § 2 Abs. 3 a der StVO gegebenenfalls uch der Winterreifen gemeint. In einer Pressemitteilung om 21. Dezember 2005 schreibt Bundesverkehrsminiser Wolfgang Tiefensee: Es gibt auch künftig keine Winterreifenpflicht, jeder Autofahrer ist dazu verpflichtet, mit geeigneter Bereifung unterwegs zu sein. Das kann je nach Wetterverhältnissen auch ein guter Sommerreifen oder ein Ganzjahresreifen sein. Wer auf Winterreifen verzichten will, muss sein Auto bei widrigen Straßenverhältnissen stehen lassen und auf Bus und Bahn umsteigen. Wer mit abgefahrenen Sommerreifen eine verschneite Passstraße befährt, muss künftig mit einem Bußgeld rechnen. Eine nützliche und zusätzliche Verbraucherinformaion stellt die Kennzeichnung mit dem „Schneeflockenymbol“ – zusätzlich zur M+S-Kennzeichnung – dar, die ie Wintereigenschaften dieser Reifen über einen entsprehenden Test bescheinigen. Darüber hinaus kann sich der nteressierte Verbraucher jederzeit über die Ergebnisse ermanenter unabhängiger Tests von Winterreifen inforieren, zum Beispiel bei Stiftung Warentest, beim ADAC, ei Motorfachzeitschriften. Die FDP strebt mit ihrem Antrag eine Definition über ie europäische Ebene an, die – wie Sie wissen – Jahre m Jahre in Anspruch nehmen würde. Wir setzen aber lieber auf den mündigen Bürger der ich informiert, Test und Empfehlungen zurate zieht und ann danach entscheidet. Denn in einer Stadt wie Berlin ind ganz andere Anforderungen nötig als zum Beispiel in einer Heimat in Thüringen. Wir, die wir nahe am Thü inger Wald wohnen, müssen ganz andere Anforderungen n unsere Fahrzeuge und Reifen stellen als einer der nur n der Großstadt fährt. Was Sie mit diesem Antrag vorhaben, ist der erste chritt hin zu einer generellen Winterreifenpflicht. Vieleicht wollen Sie als Nächstes ab einem bestimmten Moat die Menschen im Lande dazu verpflichten, bestimmte Reifen aufzuziehen. Genau dabei können wir nicht mitspielen. Wie wir auch schon bei der Frage des Tempolimits gesehen haben, sind wir in Deutschland mit der Richtgeschwindigkeit von 130 km/h bei den Unfallzahlen Musterschüler. Das ist deshalb so, weil wir den Menschen nicht im Detail und auf allen Streckenabschnitten vorschreiben, wann sie wie schnell fahren dürfen oder was sie zu tun und zu lassen haben. Nein, wir appellieren an den mündigen Bürger, fördern ihn und fordern von ihm, dass er selbst entscheidet, wie er sich an bestimmte regional auftretende Witterungsverhältnisse anpasst. Lieber ist mir der Bürger, der in seiner Heimat genau Bescheid weiß oder sich gegebenenfalls erkundigt, was daheim oder auf der Reiseroute für Witterungsverhältnisse herrschen, der sich aufgrund dessen in Fachzeitschriften, bei Testinstituten und dem Hersteller genau erkundigt, welche speziellen individuellen Eigenschaften seine M+S-Reifen haben müssen und der daraufhin seine Kaufentscheidung trifft. Einheitsbrei – besonders europäischer Einheitsbrei – hilft uns an dieser Stelle nicht weiter. Nur zu Ihrer Information: Wussten Sie, dass die Eskimos, die ja wohl unbestritten die Profis in Schneefragen sind, nicht nur ein Wort für Schnee haben, sondern eine immense Anzahl von Schneebezeichnungen vorweisen können? Wir müssen da auch nicht unbedingt zurückstecken. Das Deutsche ist da auch nicht viel schlechter dran: Schnee, Firn, Harsch, Hagel, Graupel, Eisregen, usw. Dieser umfangreiche Wortschatz zeigt eines ganz deutlich: Wir können hier nicht alles über einen Kamm scheren. Wir setzten auf den mündigen Bürger, der seine fahrerischen Fähigkeiten, die Witterungsverhältnisse und sein Material genau kennt und einschätzen kann. Nur so können wir die größtmögliche Sicherheit auf unseren Straßen gewährleisten. Eine generelle Winterreifenpflicht vermittelt dem Autofahrer das Gefühl „Solange ich mit den gesetzlich vorgeschrieben Reifen unterwegs bin, fahre ich sicher“. Jedoch kann auch ein Winterreifen nicht jedes Winterwetters Herr werden. Es sollte vermieden werden, dem Autofahrer dieses trügerische Sicherheitsgefühl zu vermitteln. Der Autofahrer sollte vielmehr dahin gehend sensibilisiert werden, sein Fahrverhalten eigenverantwortlich anzupassen. Wird er dazu aufgefordert und auch dahin gehend in der Fahrschule ausgebildet, sich stets auf die aktuelle Wetterlage, die konkrete Verkehrsbedingung, auf den allgemeinen Straßenzustand einzustellen, und wenn er die Sicherheit seines Fahrzeugs, inklusive der Reifen, nicht überschätzt, werden unsere Straßen – egal bei welchen Wetter – die sichersten auf der Welt bleiben. Meine Fraktion lehnt daher den FDP-Antrag 16/11213 zur Winterreifenkennzeichnung ab. In dem Antrag der FDP wird die Bundesregierung auf gefordert, auf europäischer Ebene auf die Schaffung technischer Kriterien für die Bezeichnung von Reifen als „Winterreifen“ oder „M+S-Reifen“ hinzuwirken. Diese sollen dem Zweck einer besseren Bodenhaftung bei winterlichen Witterungsverhältnissen Rechnung tragen. v f g w e „ S k f h Z h b d r fr b e t b f D e f i D A h d I s fa w u t k d U V a u n z z b u T d a U R b z g Zu Protokoll ge (C (D Die Antragsteller kritisieren die unkonkrete Definition on Winterreifen und das Fehlen technischer Kriterien ür M+S-Reifen. Sie weisen darauf hin, dass „M+S“ kein eschütztes Symbol darstellt und somit für Verbraucher eitgehend nutzlos ist. Die unkonkrete Definition erlaube s Herstellern, unter dem Namen „Winterreifen“ oder M+S-Reifen“ de facto Sommerreifen zu verkaufen. Im inne des Verbraucherschutzes und der allgemeinen Verehrssicherheit seien deshalb Kriterien für Winterreifen estzulegen. Die FDP hat hier unter dem Label „Verkehrssichereit“ einen Antrag vorgelegt, dessen es nicht bedurft hätte. war wird in dem Antrag zutreffend auf wichtige Aspekte ingewiesen. Alles in allem stellt er jedoch eine „Fleißareit“ dar, die so nicht notwendig gewesen wäre. Denn auf ie Verkehrssicherheit haben das Bundesverkehrsministeium und ich als Berichterstatterin der SPD-Bundestagsaktion ein besonders Augenmerk. Das Ministerium hat isher stets die Auffassung vertreten, spezifische Haftungsigenschaften von Reifen entsprechend unterschiedlichser Witterungsund Straßenbedingungen im Geltungsereich der Regelungen der UN-Wirtschaftskommission ür Europa, UNECE, bewusst nicht regeln zu wollen. enn ohne gesetzliche Anforderungen an die Haftungs igenschaften von Reifen sind in den vergangenen Jahren ür verschiedenste Einsatzzwecke stetige Verbesserungen n allen Anforderungsprofilen der Reifen zu verzeichnen. ies konnte im Einzelnen bewirkt werden durch das nforderungsprofil der Automobilhersteller an die Reifenersteller, den Wettbewerb untereinander und nicht zuletzt ie Veröffentlichung der Reifentests der unterschiedlichen nteressenvertreter. Sicherheit wird bei Herstellern und Kunden großgechrieben. Sicherheit ist heute einer der wichtigsten Werbektoren. Sicherheit steigert sich durch ständigen Wettbeerb – und genau das passiert. Der FDP-Antrag – und ich nterstelle nur reinste gute Absicht – hinkt der Realität hinerher. Eine gesetzliche Regelung, wie von der FDP verlangt, önnte nur Mindestanforderungen beschreiben, die wegen er großen Anzahl der beteiligten Vertragsparteien der NECE und wegen der unterschiedlichsten winterlichen erhältnisse nur sehr niedrig ausfallen würden. Im Hinblick uf umweltrelevante Grenzwerte von Reifen – Geräusche nd Rollwiderstand – wurde allerdings eine Regelung für otwendig angesehen, weil bei Reifen mit M+S-Kenneichnung ein höherer Grenzwert zugelassen wird bzw. ugelassen werden soll. Neben Sicherheit ist insbesondere die Thematik Lärmelastung von Bedeutung. Hier gibt es Regelungsbedarf, m Verbesserungen zu erzielen. Konkrete Vorschläge für ypprüfverfahren liegen noch nicht vor, werden aber von er Europäischen Kommission künftig für notwendig ngesehen. Zurzeit wird deshalb im Rahmen des 98erN-Abkommens – 1998 Agreement – Global Technical egulations – eine global gültige Regelung für Reifen eraten. Ein definiertes Verfahren für M+S-Reifen ist urzeit daher noch nicht auf internationaler Ebene voresehen. Volkmar Uwe Vogel gebene Reden Lassen Sie uns zusammen im Fachausschuss über das Anliegen des FDP-Antrages beraten und zu guten Lösungen kommen. Stellen sie sich einmal vor: Es ist Winter. Es ist kalt. Es ist nass, ein bisschen Schneematsch, gar keine Eisschicht oder so. Sie fahren mit Ihrem Pkw auf einer Straße durch ein Wohngebiet. Nicht schnell. Vor Ihnen läuft ein Kind auf die Straße. Sie bremsen, und erst mal passiert nichts. Irgendwann steht das Auto, doch viel zu spät. Um solche Situationen zu verhindern, gibt es den § 2 Abs. 3 a der Straßenverkehrsordnung. Darin heißt es: „Bei Kraftfahrzeugen ist die Ausrüstung an die Wetterverhältnisse anzupassen. Hierzu gehören insbesondere eine geeignete Bereifung und Frostschutzmittel in der Scheibenwaschanlage.“ Diese situative Winterreifenpflicht gibt es nun seit fast drei Jahren. Ihr Zweck war und ist, die Straßenverkehrssicherheit bei winterlichen Witterungsverhältnissen zu verbessern und Unfälle zu vermeiden. So weit, so gut. Wie erkenne ich als Autofahrer aber nun, ob es sich um einen Winterreifen handelt? Auf einem Schild oder auf dem Reifen selbst ist das Wort „Winterreifen“ oder „M+S-Reifen“ aufgedruckt. Im Übrigen sind die Reifen alle schwarz und rund, und für viele Verbraucher ist nicht zu erkennen, für welche Witterungsverhältnisse der Reifen tatsächlich geeignet ist – oder eben nicht. Wenn Sie ehrlich sind, verlassen auch Sie sich wohl größtenteils auf diese Bezeichnung. Die Zusammensetzung des Gummis jedenfalls können wir alle nicht überprüfen – und darauf kommt es zu einem großen Teil an. Das Einzige, was wir noch tun können, ist, die Tests von Zeitungen und Automobilclubs zu lesen, die es glücklicherweise gibt – aber natürlich auch nicht für jeden Reifen. Auf diese Tests alleine sind wir derzeit angewiesen; denn die Bezeichnung eines Reifens als „Winterreifen“ oder „M+S-Reifen“ ist an keinerlei technische Voraussetzungen geknüpft. Sie können theoretisch einen Reifen als Winterreifen anbieten, der sich kaum von einem Sommerreifen unterscheidet, nur ein paar Lamellen mehr hat. Leider sind manche Reifen – wie die eben erwähnten Reifentests zeigen – für winterliche Witterungen völlig unbrauchbar. Ein Winterreifen muss bei Schnee, Glätte, aber selbstverständlich auch bei Nässe und bei trockener Straße über ordentliche Bremseigenschaften verfügen. Dass das geht, zeigen die mit „Gut“ bewerteten Reifen in den Tests. Manche Reifen – vor allem sogenannte Billigreifen – sind aber untauglich auf Nässe, auf trockener Fahrbahn, bei Glätte und/oder Schnee. Winterreifen, die auf Schnee, Nässe oder Glätte sofort versagen – das ist absurd. Teilweise erhöht sich mit schlechten Reifen der Bremsweg bei Nässe um 25 Prozent. Das heißt, dass bei einer Geschwindigkeit von 80 Stundenkilometern der Bremsweg statt 39 ganze 52 Meter lang ist und bei einem Unfall die Aufprallgeschwindigkeit um gut 10 Stundenkilometer höher sein kann. Davon hängt dann im Einzelfall ab, ob die Fahrgastzelle standhält, die Türen verklemmen und d s s b r M p t a t n w s D t R c s g W R W a c d g W f S w m t s n d u d r d e a r s m W r p M i s Zu Protokoll ge (C (D ie Windschutzscheibe bricht. Das Verletzungsrisiko teigt enorm an. Diese Reifen sind dem Entwicklungstand circa 20 Jahre hinterher. Und noch einmal: Erkennar ist das für uns alle nicht, wenn wir einen Satz Wintereifen kaufen. In der Straßenverkehrsordnung ist geregelt, dass die enschen ihr Auto mit an die Wetterverhältnisse ange assten Reifen ausstatten müssen. Wenn wir von den Auofahrern verlangen, dass sie ihr Auto wintertauglich usrüsten, dann müssen wir auch sicherstellen, dass Winerreifen wintertauglich sind. Im Sinne des Verbraucherschutzes und der allgemeien Verkehrssicherheit müssen daher Kriterien festgelegt erden, die Winterreifen erfüllen müssen. Wo M+S drauf teht, muss auch ein wintertauglicher Reifen drin sein. ies ist nicht zuletzt die Konsequenz aus der Verpflich ung des eingangs zitierten § 2 Abs. 3 a StVO: Geeignete eifen sind nicht Reifen, die – unabhängig von irgendwelhen Kriterien – den Aufdruck „M+S“ erkennen lassen, ondern Reifen, die bei winterlichen Witterungsbedinungen über eine ordentliche Bodenhaftung verfügen. Wenn wir bedenken, welche Detailfragen wir regeln: ir reden über das Rollgeräusch von Reifen – sicher zu echt. Es ist geregelt, welche Farbe Taxis haben müssen. ir unterhalten uns darüber, ob ein paar Schilder durch ndere ersetzt werden sollen und ob wir ein Zusatzzeihen für Pferdekutschen einführen. Höchste Zeit ist es, ass wir auch darüber reden, wie durch technische Voraben sichergestellt werden kann, dass Winterreifen bei interwetter sicher sind. Wir wissen nicht, wie viele der mehreren Tausend Unälle, die es in den letzten Wochen wegen der winterlichen traßenverhältnisse gab, mit besseren Reifen verhindert orden oder glimpflicher ausgegangen wären. Umso ehr hoffe ich auf sachorientierte und konstruktive Bera ungen in den Ausschüssen. Es geht um viel. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, grund ätzlich ist Ihr Antrag zu begrüßen. Leider ist er aber icht konsequent genug formuliert. Sie mahnen schon in er ersten Zeile an, dass die Definition der M+S-Reifen nkonkret ist. Was aber fehlt, sind die technischen Anforerungen, die die Definition untersetzen sollen. Was mich an dem Antrag stört, ist Folgendes. Da zitieen Sie in Ihrem Antrag die UN-Wirtschaftskommission ahin gehend, dass M+S-Reifen im Winter bessere Fahrigenschaften haben als normale Reifen, schieben dann ber im vierten Absatz hinterher, dass für einen Wintereifen neben der Oberflächenbeschaffenheit auch die Zuammensetzung des Materials, wie etwa des Reifengumis, wichtig ist. Also was denn nun? Wollen Sie den interreifen damit definieren, dass er größere Zwischen äume und Rillen im Profil sowie eine stärkere Anfangsrofilstärke aufweist, oder damit, dass er eine bestimmte aterialzusammensetzung besitzt, oder dadurch, dass er m Winter bessere Fahreigenschaften bietet? Dass ausgerechnet die FDP den Herstellern die Bechaffenheit der Reifen vorschreiben will, ist ein schönes Heidi Wright gebene Reden Dorothée Menzner Beispiel dafür, dass man wirklich nicht alles den Regeln des freien Marktes überlassen kann. Wo es um Verkehrssicherheit geht, sind Regeln und Kontrolle des Staates nötig und angebracht. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, in der Begründung Ihres Antrags führen Sie aus, dass sich die Gefahr für die Fahrerinnen und Fahrer erhöht, wenn diese in der Annahme, mit Winterreifen zu fahren, nicht mit einer schlechteren Bodenhaftung rechnen. Mit Verlaub: Das halte ich für Blödsinn! Ich jedenfalls kenne keinen Fahrer, der sich, nachdem er auf Winterreifen umgeschraubt hat, sagt, mit den anderen Reifen konnte ich mit fünf Sachen mehr um die Kurve fahren, oder: Letzten Winter bin ich hier mit 80 Sachen lang und dieses Jahr hab ich mich mit den anderen Reifen gedreht. Was ich damit sagen will: Jeder weiß, dass sich Straßenverhältnisse von Meter zu Meter und von Stunde zu Stunde ändern. Ein Vergleich – außer unter Testverhältnissen wie bei denen der Hersteller – ist gar nicht möglich. Auch Winterreifen setzen die Gesetze der Physik nicht außer Kraft. Daher lautet die Forderung der Linken: Der Gesetzgeber sollte M+S-Reifen konkret definieren, aber nicht durch Aussehen oder Profil, also wie viele Noppen oder wie breit die Rillen sind, wie viele Längsund Querrillen ein solcher Reifen zu haben hat oder welche Gummimischung, sondern durch seine spezifischen Fahreigenschaften und Wettereignung: erstens durch einen gegebenen Bremsweg sowohl auf trockener als auch nasser und schneebedeckter Straße, zweitens durch seine Rolleigenschaften, drittens durch die Laufzeit und viertens durch die Alterungsbeständigkeit. Wir wollen ja nicht die Wege für Innovationen versperren. Und ich denke, wenn wie im Falle Schaeffler/Continental mehrere Milliarden Steuergelder als Kompensation für Managerfehlleistungen und Marktgier fließen, dann könnte ein Teil dieses Geldes durchaus in die Erforschung wintersicherer Reifen gesteckt werden. Dann hätten mehr Menschen etwas von den Milliardensubventionen. Wir Linken plädieren außerdem dafür, die Bezeichnung M+S beizubehalten, weil jeder etwas damit anfangen kann. Zeichen wie eine Schneeflocke irritieren nur zusätzlich. Viele kaufen ihre Reifen im Superoder Baumarkt, sehen die Schneeflocke und meinen, sie hätten Winterreifen erworben. Es muss also genau festgelegt werden, was welche Symbole bedeuten, und es sollten deutliche Zertifizierungskriterien gelten. Die Bezeichnung M+S sollte dabei ausschließlich für Winterreifen gelten. Hier muss der Gesetzgeber Farbe bekennen, sonst tappen viele Verbraucher in die Falle, kaufen guten Glaubens die falschen Reifen und unterliegen später dem Bußgeldbescheid, oder im Schadensfalle einem Versicherungsnachteil. Bei dieser Gelegenheit: Der Allwetterreifen hat im Winter bessere Fahreigenschaften als der Sommerreifen. Wir sollten auch bedenken, dass viele Autofahrer nicht regelmäßig, im Winter überhaupt nicht und schon gar nicht ins Gebirge fahren. Damit ist nur die Fahrt zum Einkaufen oder zum Arzt das Maß der Dinge. Aus diesen Überlegungen heraus greifen viele zu Allwetterreifen. s i f g d g w j s F A O a K d f W c d t B i K d K D E s u z r a p z D M p s e d b r D B m w (C (D Es ist inkonsequent, in der Straßenverkehrs-Zulasungs-Ordnung Winterräder mit M+S zu definieren, aber n der Straßenverkehrs-Ordnung nur von geeigneten Reien zu sprechen. Entgegen dem Antrag der FDP meine ich nicht, dass eeignete Bereifung immer auch Winterreifen meint. In er Straßenverkehrs-Ordnung sollten wir auch den Beriff Wetterverhältnisse genauer fassen: Das genaue Anenden der Wörter Schneeglätte oder Glatteis würde viel uristischen Streit ersparen und den Verbraucher vor falchen Reifenkäufen schützen. Weil es so selten vorkommt, dass ich einen Antrag der DP-Fraktion begrüße und mittrage, will ich es gleich zu nfang kundtun. Um der notwendigen Änderung der Straßenverkehrsrdnung aus dem Jahre 2006 im Hinblick auf die Winterusrüstung gerecht werden zu können, ist eine eindeutige ennzeichnung von Reifen sicherzustellen. Es kann und arf nicht sein, das auf dem Markt sogenannte M+S-Reien als getarnte Winterreifen angeboten werden, die in irklichkeit Sommerreifen sind. Zu einem guten Verbrau herschutz und zur Verkehrssicherheit gehören eine eineutige Kennzeichnung von Reifen. Da klimaschutzpoliische Anforderungen und Lärmschutz auch in diesem ereich richtigerweise an Bedeutung gewinnen, plädiere ch für eine umfassende und verbraucherfreundliche ennzeichnung aller Reifen. In diesem Sinne fordere ich die Bundesregierung auf, ie M+S-Problematik des FDP-Antrages „Technische riterien für Winterreifenkennzeichnung M+S festlegen, rucksache 16/11213“, in den aktuellen Vorschlag der uropäischen Kommission vom 17. November 2008 – Vorchlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments nd des Rates über die Kennzeichnung von Reifen in Beug auf die Kraftstoffeffizienz und andere wesentliche Paameter – einzuarbeiten. Es wäre sinnvoll, eine Richtlinie us einem Guss zu erhalten, eine Richtlinie, die alle Asekte, die die Bereifung von Kraftfahrzeugen betreffen, usammenführt, wozu auch die Kennzeichnung gehört. abei soll dem Verbraucher nicht nur Klarheit über die +S-Reifen verschafft werden, sondern über alle As ekte, die heute für einen guten Reifen von Bedeutung ind. Denn Fahrzeugund Verkehrssicherheit sind nur ine Seite der Medaille. Auf der anderen Seite der Meaille sollte der Kraftstoffverbrauch und damit Hinweise ezüglich des Rollwiderstandes – Stichwort: Leichtlaufeifen – und Lärmschutzes nicht fehlen. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf rucksache 16/11213 an den Ausschuss für Verkehr, au und Stadtentwicklung vorgeschlagen. Sind Sie dait einverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Übereisung so beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 19 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Cornelia Hirsch, Werner Dreibus, Volker Schneider (Saar Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms brücken)


(A) )


(B) )

Heidemarie Wright (SPD):
Rede ID: ID1620227100




(A) )


(B) )

Patrick Döring (FDP):
Rede ID: ID1620227200
Dorothee Menzner (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620227300







(A) )


(B) )

Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620227400
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1620227500




(A) )


(B) )

LINKE

Keine Ausbeutung von Praktikantinnen und
Praktikanten in den Bundesministerien und
dem Bundeskanzleramt

– Drucksache 16/11662 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung

Wie in der Tagesordnung ausgewiesen, werden die
Reden zu diesem Tagesordnungspunkt zu Protokoll ge-
nommen. Es handelt sich um die Reden der Kolleginnen
und Kollegen Clemens Binninger und Carsten Müller,
CDU/CSU, Siegmund Ehrmann und Gabriele Lösekrug-
Möller, SPD, Gisela Piltz, FDP, Volker Schneider, Die
Linke, Kai Gehring, Bündnis 90/Die Grünen.


Clemens Binninger (CDU):
Rede ID: ID1620227600

Wir diskutieren heute – wieder einmal – über Praktika

und die Frage, unter welchen Bedingungen meist junge
Menschen ihre Praktika absolvieren. Die Linke spricht in
ihrem Antrag die sogenannte Generation Praktikum an,
sie spricht von „Scheinpraktika“ und davon, dass Prak-
tikantinnen und Praktikanten in Bundesministerien aus-
gebeutet würden. Ich weiß nicht, woher die Linksfraktion
diese Erkenntnisse über Praktika bezieht. Bei Praktika in
den Ministerien und dem Kanzleramt der Bundesrepublik
Deutschland jedenfalls kann von Scheinpraktika und
Ausbeutung keine Rede sein.

Dass der Vorwurf von Ausbeutung der Praktikantinnen
und Praktikanten in der Bundesverwaltung nicht nur
unredlich ist, sondern fernab der Realität, belegt ein-
drucksvoll der Bericht des Bundesrechnungshofs an den
Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages vom
7. Oktober 2008. Wir wissen, dass der Bundesrechnungs-
hof seine Aufgabe immer gewissenhaft wahrnimmt und
genau hinsieht. Ich darf aus dem genannten Bericht zitie-
ren: „Die mit dem Phänomen der ,Generation Prakti-
kum‘ verbundenen Gefahren, den Hochschulabsolventin-
nen und Hochschulabsolventen Aufgaben eines regulären
Arbeitsverhältnisses zu übertragen, ohne ihnen eine an-
gemessene Vergütung zu gewähren sowie Arbeitnehmer-
rechte einzuräumen, bestehen in der Bundesverwaltung
nicht.“ Diese Einschätzung spricht für sich.

Praktika sind Teil der Ausbildung, und dass Studie-
rende während des Studiums Praktika absolvieren, sehen
die meisten Studienordnungen vor. An dieser Stelle sei im
Übrigen erwähnt, dass BAföG-Leistungen selbstver-
ständlich auch während der Praktikazeiten weiterlaufen.
Praktika sind wichtig zur beruflichen Orientierung und
Entwicklung. Genau deshalb eröffnet auch die Bundes-
verwaltung Praktikantinnen und Praktikanten die Mög-
lichkeit, unter fachlicher Anleitung erste praktische Er-
fahrungen zu sammeln sowie die Arbeitsweise der
Bundesministerien und des Bundeskanzleramts kennen-
zulernen. Deshalb sollten wir Praktika und insbesondere
Praktika in der Bundesverwaltung auch nicht schlechtre-

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( M ü 2 k V l k P t t E g b l d e a e P s k t z t i b w B u h B R s i g w H v r v k D l D Z Ü P D a w u b (C (D en, wie es die Linken wieder einmal versuchen. Stattdesen sollten wir uns die Realität anschauen. Es liegen mittlerweile zwei einschlägige Studien vor. o hat zum einen das Hochschul-Informations-System HIS)

ythos oder Massenphänomen?“ aus dem Jahr 2007

ber 12 000 Hochschulabsolventen befragt. Im Februar
008 ist die inifes-Studie hinzugetreten, die zwar eine
leinere Zahlenbasis hat, aber Praktika verschiedener
orbildungen und Bildungssegmente einbezieht. Wesent-
iches Ergebnis dieser Untersuchungen ist, dass eben
eine „Generation Praktikum“ existiert, sondern das
hänomen der Scheinpraktika und der sogenannten Ket-

enpraktika nur einen kleinen Teil der Absolventen be-
rifft.

Sicher gibt es hier auch Ausnahmen und Problemfälle.
s lässt sich deshalb darüber diskutieren, ob und welche
esetzlichen Regelungen im großen Stil wir für Praktika
rauchen. Ich bin hier aber kritisch, denn Praktika sind
etztlich auch ein freiwilliges Angebot der Wirtschaft und
er öffentlichen Verwaltung. Und wer sich entscheidet,
in Praktikum anzubieten – das wissen wir vermutlich
lle aus unseren Büros – der ist auch in aller Regel bereit,
inen hohen Arbeitsaufwand auf sich zu nehmen, um
raktikanten sinnvoll zu betreuen. Das gilt auch für un-
ere Bundesministerien und das Kanzleramt, wo Prakti-
anten entgegen der Behauptung des vorliegenden An-
rags selbstverständlich eine qualifizierte Betreuung
uteilwird. Praktikanten besetzen in der Bundesverwal-
ung keine regulären Arbeitsplätze und sind im Rahmen
hrer Tätigkeit auch nicht verpflichtet, eine bestimmte Ar-
eitsleistung zu erfüllen. Hier den Eindruck erwecken zu
ollen, dass dies anders sei und dass Praktikanten in der
undesverwaltung schlecht behandelt würden, ist falsch
nd absolut nicht nachzuvollziehen.

Ich denke auch nicht, dass wir hier für die Bundesbe-
örden neue, umfassende Regelungen brauchen. Die
undesregierung muss auch nicht erst aktiv werden und
echtsgrundlagen schaffen, um Scheinpraktika auszu-
chließen und für Qualität und Gerechtigkeit bei Praktika
n Ministerien und Kanzleramt zu sorgen, wie im vorlie-
enden Antrag behauptet wird. Es gibt in der Bundesver-
altung selbstverständlich solche Rechtsgrundlagen.
ier gibt es zum einen die „Richtlinie über Praktikanten-

ergütungen“ vom 13. August 2001. Für bestimmte be-
ufsspezifische Praktika gilt der Tarifvertrag über die
orläufige Weitergeltung der Regelungen für die Prakti-
antinnen und Praktikanten vom 13. September 2005.
er Tarifvertrag regelt dabei sogar die verbindliche Zah-

ung von Praktikantenvergütungen in festgelegter Höhe.
ie Praktikantenrichtlinie legt Höchstgrenzen für die
ahlung von Praktikumsvergütungen fest und räumt im
brigen den Ressorts Ermessen ein, um je nach Art des
raktikums zu sachgerechten Ergebnissen zu kommen.
iese Flexibilität ist, gerade wenn es um Praktika geht,
ngebracht und notwendig.

Vor dem hier dargestellten Hintergrund ist der Vor-
urf, die Bundesregierung würde ihre Praktikantinnen
nd Praktikanten durch unangemessene Bezahlung „aus-
euten“, absolut haltlos und die Behauptung, es fehlten


(A) )



(B) )

Rechtsgrundlagen für deren angemessene Bezahlung,
nur von Unkenntnis geprägt. Die CDU/CSU-Fraktion
wird deshalb diesen Antrag ablehnen.


Carsten Müller (CDU):
Rede ID: ID1620227700

Die Frage, ob es eine „Generation Praktikum“ gibt,

beschäftigt das Parlament und die Öffentlichkeit jetzt be-
reits seit 2006. Anlass war ein in der Wochenzeitschrift
„Die Zeit“ erschienener Artikel, der ausführlich über die
als Praktika bezeichneten Arbeitsverhältnisse junger
Hochschulabsolventen berichtete. Die daraufhin einge-
reichten öffentlichen Petitionen forderten den Gesetzge-
ber auf, Regelungen zum Schutz von Praktikantinnen und
Praktikanten zu treffen.

Grundsätzlich sind drei Formen von Praktikumsverhält-
nissen zu unterscheiden: Erstens. Praktikantenverhältnisse
im Sinne des Berufsbildungsgesetzes: Hier steht der Lern-
zweck im Vordergrund. Zweitens. „Schnupperpraktikum“:
Diese Form dient dem Kennenlernen des Berufslebens
und bedingt daher auch keinen gesetzlichen Entgeltan-
spruch, auch wenn von „Praktikanten“ gesprochen wird.
Selbstverständlich steht es den Vertragsparteien jedoch
frei, eine Vergütung zu vereinbaren. Drittens. „Scheinprak-
tikum“: Hier wird formell ein „unentgeltliches Praktikum“
vereinbart, tatsächlich wird jedoch echte Arbeitsleistung
erbracht.

Und genau um diese dritte und letzte Gruppe geht es
eigentlich. Sie umfasst diejenigen Missbrauchsfälle, die mit
den Petitionen angesprochen werden. Sie können Arbeit-
nehmer im Sinne des Arbeitsrechts sein, sodass ihnen ein
Vergütungsanspruch zusteht. Wird der „Praktikant“ wie
ein vergleichbarer Arbeitnehmer eingesetzt und beschäf-
tigt, liegt im arbeitsrechtlichen Sinne kein Praktikanten-,
sondern ein Arbeitsverhältnis vor. Folglich steht dem als
Praktikanten bezeichneten Arbeitnehmer ein Vergütungs-
anspruch aus dem Arbeitsvertrag in Verbindung mit § 611
Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch zu. Im Zweifel ist dies
nach § 612 BGB die übliche Vergütung eines vergleich-
baren Arbeitnehmers.

Eine Geltendmachung seiner Ansprüche vor dem
Arbeitsgericht darf für ihn gemäß § 612 a BGB keine
negativen Folgen mit sich bringen. Die Beschreitung des
Rechtsweges ist auch bereits verschiedentlich erfolgreich
von „Scheinpraktikanten“ erfolgt. Dies macht deutlich,
dass Rechtsmittel zum Schutz von Praktikanten ausrei-
chend vorhanden sind.

Inzwischen liegen zwei ausführliche Studien vor, die der
Frage „Generation Praktikum“ eine Datenbasis geben
konnten. Durch die Studien ist sehr deutlich geworden,
dass die sogenannte Generation Praktikum keineswegs ein
Massenphänomen ist. Vielmehr gehört nur ein geringer
Teil von Praktikantenverhältnissen zu den Missbrauchs-
fällen. Es ist also vielmehr ein Mythos. Selbstverständlich
müssen wir alles tun, diese Missbrauchsfälle so weit es
geht zu verhindern. Das darf aber nicht bedeuten, dass wir
gleichzeitig wichtige, richtige und notwendige Praktikums-
verhältnisse verhindern! Es geht also im Wesentlichen um
die Unterstützung von Hochschulabsolventen beim Eintritt
in das Berufsleben.

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Zu Protokoll ge

(C (D Die Fraktion Die Linke hat in der Vergangenheit schon ehrfach das Thema Praktikum aufgegriffen. Bedauer icherweise ging es dabei nicht um die Unterstützung von raktikanten. Es ging vielmehr darum, ein wichtiges hema populistisch auszuschlachten. Mit ihrem Antrag nterstellt die Fraktion Die Linke nun, dass Praktikanten den Bundesministerien und im Bundeskanzleramt aus ebeutet würden – es sich also um sogenannte Scheinraktika handelte. Dazu gehört für die Fraktion Die Linke ffensichtlich auch die Unterstellung, dass Praktikanten n den Bundesministerien und im Bundeskanzleramt ausebeutet werden. Der vorliegende Antrag macht das Thema Praktikum n der Bundesregierung nicht zum ersten Mal zum Thema ines parlamentarischen Vorgangs. Hier ist insbesondere uf die Kleine Anfrage auf Drucksache 16/3785 hinuweisen. Die Antwort der Bundesregierung auf Druckache 16/3976 hat meines Erachtens mehr als deutlich emacht, dass es sich die Bundesministerien und das undeskanzleramt zur Regel gemacht haben, nur Praktianten im Rahmen von Studium und Ausbildungsverhältissen zuzulassen. Das bedeutet ganz klar, dass in der ehrzahl der Fälle ein entsprechendes Praktikum in den tudienoder Ausbildungsverordnungen vorgeschrieben ird. Diese Voraussetzung beinhaltet auch eine angemes ene Praktikumsbetreuung und beinhaltet keinen Vergüngsanspruch. Es geht hier also um Praktikantinnen und raktikanten, die für einen begrenzten Zeitraum im Rahmen hrer Ausbildung bestimmte Ausbildungsinhalte erlernen. chon aufgrund des Ausbildungsstandes und der kurzen auer des Praktikums ist ein Einsatz als reguläre Arbeits räfte in den Ministerien nicht möglich. Unter diesen mständen kann auch eine Übernahme von Fahrund erpflegungskosten oder Ähnlichem als durchaus angeessen bewertet werden. Auch der Bundesrechnungshof hat eindeutig bestätigt, ass eine Ausnutzung von Hochschulabsolventinnen und absolventen im Rahmen von Praktikumsverhältnissen ei den obersten Bundesbehörden nicht festzustellen ist. arüber hinaus spielt es bei einem Praktikum in den Bunesministerien und im Bundeskanzleramt keine Rolle, elche finanziellen Möglichkeiten die Praktikanten haen. Denn auch während eines Praktikums im Rahmen er jeweiligen Ausbildungsordnung werden BAföG-Leisungen weiterhin geleistet. Demzufolge kann von einer rivilegierung keine Rede sein. Insbesondere wenn man sich die kürzlich presseöffentich gewordenen bedenklichen Zustände von nicht versiherungspflichtig Beschäftigten in Hessen bei der Partei ie Linke ins Gedächtnis ruft, zielt dieser Antrag in die lsche Richtung. Vielmehr sollte die Linke ihre Ansprüche n sich selbst stellen und sie auf die Praktikanten in ihrer igenen Partei anwenden. Damit wäre dem Missbrauch on Praktikantenverhältnissen wesentlich mehr entgegenesetzt als mit einem weiteren populistischen Versuch, die undesregierung in Misskredit zu bringen. Mit dem Antrag der Fraktion Die Linke soll die Bun esregierung aufgefordert werden, den Praktikanten in Clemens Binninger gebene Reden den Bundesministerien und dem Bundeskanzleramt eine angemessene Praktikumsvergütung zu zahlen, für eine qualifizierte Betreuung Sorge zu tragen, einen Praktikumsvertrag abzuschließen und ein qualifiziertes Zeugnis auszustellen. Das Problem der Praktikantenvergütung ist grundsätzlich nicht von der Hand zu weisen. Im Hinblick auf die Qualität der Betreuung und die Frage des zu erteilenden Zeugnisses schießt die Linke allerdings ins Blaue. Doch zum Grundsätzlichen: Das Stichwort „Generation Praktikum“ oder „Uni-Prekariat“ bezeichnet den Fakt, dass nach wie vor gut ausgebildete, mitunter hochqualifizierte junge Menschen keine andere Chance sehen, in den angestrebten Beruf zu gelangen, und sich als Praktikanten verdingen. Sie leisten dann oftmals vollwertige Arbeit. Das ist nicht in Ordnung und widerspricht dem Charakter von Berufspraktika. Die sind nämlich darauf angelegt, dass sich auch Studierende im Rahmen ihres Studiengangs spezialisieren und überdies einen Einblick in die konkreten Praxisfelder ihres Studiengebietes gewinnen. Längst ist es zum Standard geworden, dass Studierende auch dann Praktika absolvieren, wenn die Lehrpläne dies nicht zwingend vorsehen. Dies ist durchweg positiv. Doch zählt zur Realität auch, dass selbst Hochschulabsolventen als Praktikanten, teilweise sogar unentgeltlich, beschäftigt werden. Ich begrüße deshalb ausdrücklich die Initiative Fair Company, die sich für faire Praktika und echte Chancen für Hochschulabsolventen einsetzt. Die Tatsache, dass Franz Müntefering und Olaf Scholz diese Initiative als Schirmherren unterstützen, ist auch ein deutlicher Beleg für die Position der Sozialdemokratie gegen diesen Missstand. Inzwischen haben sich mehr als 1 000 Unternehmen an die fünf wesentlichen Fair-Company-Regeln gebunden, die da sind: Erstens. Praktikanten ersetzen keine Vollzeitstellen. Zweitens. Hochschulabsolventen werden nicht mit einem Praktikum vertröstet, wenn sie sich auf feste Stellen beworben haben. Drittens. Praktikanten werden nicht mit der vagen Aussicht auf eine Vollzeitstelle geködert. Viertens. Ein Praktikum wird vornehmlich zur beruflichen Orientierung während der Ausbildungsphase angeboten. Fünftens. Praktikanten wird eine adäquate Aufwandsentschädigung gezahlt. Ich gehe davon aus und erwarte, dass sich die Bundesregierung in ihrem Verantwortungsbereich natürlich auch an diese Eckpunkte hält. Wie ist nun die Situation? Der Sachverhalt war bereits Gegenstand einer schriftlichen Anfrage. Ich zitiere aus der Antwort des Bundesinnenministeriums: Die Gewährung von Vergütungen an Praktikantinnen und Praktikanten, die in der Bundesverwaltung tätig sind, regelt die Richtlinie des Bundes über Praktikantenvergütungen vom 13. August 2001. Für bestimmte berufsspezifische Praktika gilt der Tarifvertrag über die vorläufige Weitergeltung der Regelungen für die Praktikantinnen und Praktikanten vom 13. September 2005. In diesen Fällen ist eine angemessene Vergütung bereits durch den Tarifvertrag festgelegt und wird durch entsprechende g s t b g r t S m B P A w i d k d a m i t b e s w W D ü B F P d n H Zu Protokoll ge (C (D Praktikantenverträge umgesetzt. Soweit kein Tarifvertrag besteht, differenziert die Richtlinie danach, ob die Praktika unter das Berufsbildungsgesetz tikanten haben Anspruch auf eine angemessene Vergütung, die jeweils besonders im Einzelnen zu vereinbaren ist. Bei den nicht unter das BBiG fallenden Praktikanten ermöglicht die Richtlinie den Ressorts, eine Praktikantenvergütung je nach Art des Praktikantenverhältnisses nach den jeweiligen Gegebenheiten des Ressorts im Rahmen der in der Richtlinie festgelegten Maximalwerte in eigener Verantwortung festzusetzen. Der Vertragsabschluss und die Erteilung eines Zeugnisses werden durch die oben genannten Regelungen nicht näher bestimmt. Die konkrete Ausgestaltung erfolgt durch das jeweilige Ressort. In der Regel wird ein Zeugnis erteilt. In der erwähnten Richtlinie ist aber gleichwohl vorgeeben, dass dann von einer Praktikantenvergütung abzuehen ist, wenn die Praktikanten nicht unter den Gelungsbereich des Berufsbildungsgesetzes fallen und kein esonderes Interesse an ihrer Beschäftigung besteht. Wenn leichwohl, wie dies geschieht, Aufwand entschädigt wird, uft dies den Bundesrechnungshof auf den Plan – eine exrem unbefriedigende Situation. Die Forderung der Fraktion Die Linke hilft an dieser telle nicht weiter. Deshalb unterstützt die SPD-Fraktion it Nachdruck die Initiative von Olaf Scholz, § 612 des ürgerlichen Gesetzbuches so zu modifizieren, dass raktikantinnen und Praktikanten ein schuldrechtlicher nspruch auf eine angemessene Vergütung zuerkannt ird. Das ist der richtige Weg, und ich hoffe, dass wir das n der Koalition hinbekommen werden. Sachwalter aller Praktikanten und Praktikantinnen, as will die antragstellende Fraktion gern sein. Ich bin sicher, meine Damen und Herren von der Linen, Sie werden in diesem Fall nicht als Patentanten und onkel gebraucht. Das hat mehrere Gründe, die ich Ihnen arlegen werde und die – das wird sie nicht überraschen – m Ende die Ablehnung Ihres Antrages zur Folge haben üssen. Gerade die SPD-Fraktion hat sich in dieser Legislatur ntensiv mit sogenannten Scheinpraktika und der Ausbeuung von jungen Menschen am Beginn ihres Berufslebens eschäftigt. Nicht zuletzt waren zwei große Petitionen, ingereicht und mitgezeichnet von vielen jungen Menchen, Auslöser für parlamentarische Beratungen, die ir unsererseits gern schon lange abgeschlossen hätten. ir und Sie, werte Kolleginnen und Kollegen, wissen: er Missbrauch von Praktika hat in den letzten Jahren berhandgenommen. Eine Untersuchung im Auftrag des MAS belegt dies eindeutig. Sie bestätigt, dass jeder ünfte der heute 18bis 34-Jährigen mindestens ein raktikantenverhältnis oder Ähnliches nach Abschluss er beruflichen Ausbildung absolviert hat. Viele von ihen werden wie normale Arbeitskräfte eingesetzt, die älfte aller Berufseinstiegsverhältnisse jedoch nicht ein Siegmund Ehrmann gebene Reden mal entlohnt. Eine erhoffte Brückenfunktion in ein reguläres Arbeitsverhältnis erfüllt sich nur in 22 Prozent der Fälle. Deshalb sehen wir – mit uns das Ministerium von Olaf Scholz – folgende Mindestregelungsbedarfe: Praktika sollen im BGB geschützt werden. Bei Praktika sollten sich Arbeitgeber künftig nicht mehr auf Ausschlussfristen berufen können. Das Berufsbildungsgesetz muss um klarstellende Regelungen für Praktika ergänzt werden. Die SPD-Fraktion hat weitergehende Forderungen, zum Beispiel: Schriftformerfordernis für den Praktikumsvertrag, Erleichterung beim Durchsetzen von Vergütungsansprüchen bei Scheinpraktika. Was ist unser Ziel? Wir wollen möglichst viele gute Praktika zu fairen Bedingungen. Außerdem wollen wir, dass alle Beteiligten klarer die guten und echten Praktika unterscheiden können von jenen Arbeitsverhältnissen, die nur den Anschein von Lernverhältnissen erwecken, in Wirklichkeit jedoch ausbeuterische Arbeitsverhältnisse sind, also die Rechte der Betroffenen stärken. Für welche Praktika streben wir diese Klarstellungen an? Bundesgesetzlichen Regelungsbedarf haben wir nicht bei Praktika, die im Rahmen eines Studienganges über die jeweiligen Studienordnungen der Bundesländer geregelt sind. Auch bei Schülerpraktika gibt es für uns auf Bundesebene keine Zuständigkeit. Aber überall dort, wo jemand mit abgeschlossener Ausbildung – das muss nicht ein Studium sein – statt eines ordentlichen Berufseinstieges als Trainee, Volontärin oder Praktikant über viele Monate oftmals ohne Vergütung und ohne Sozialversicherung wie eine normale Arbeitskraft eingesetzt wird, genau da müssen wir klarstellend und schützend eingreifen. Wie ist das nun im BMAS selbst? Praktikantinnen und Praktikanten im BMAS sind samt und sonders Studierende an Hochschulen und Universitäten. Sie sind immatrikuliert, damit sozialversicherungsrechtlich eindeutig abgesichert. Ihre jeweilige Studienordnung schreibt ein Praktikum vor. Entsprechend steht das Lernen im Mittelpunkt. Damit gehören sie genau nicht zu jener Gruppe junger Menschen, die nach Abschluss der Ausbildung in einem Scheinpraktikum als billige Arbeitskraft ausgenutzt werden. Soweit mir bekannt ist, setzt sich das Ministerium gerade mit dem Bundesrechnungshof auseinander, weil das BMAS seinen Praktikanten Fahrtkostenersatz nach dem Bundesreisekostenregelungen vermeintlich zu großzügig gewährt. Ich fasse zusammen: Arbeitsverhältnisse von Berufseinsteigern müssen ordentliche Beschäftigungsverhältnisse sein. Scheinpraktika dürfen keinen Platz in der Arbeitswelt der Bundesrepublik haben. Deshalb haben wir gesetzgeberischen Handlungsbedarf. Praktika im Rahmen von Studiengängen werden geregelt durch die jeweiligen Studienordnungen. Die SPD-Fraktion steht für faire Regeln für Praktika. Da lassen wir nicht locker. Wenn es Missstände im BMAS gäbe, wären wir die Ersten, die auf ein sofortiges Ende bestünden. e a p D 1 s k g a d e g v e u z v f ta O ü a d l a i g M P q s M A d A h h T A g Zu Protokoll ge (C (D … ist „ein Praktikant in aller Regel vorübergehend in inem Betrieb praktisch tätig, um sich die zur Vorbereitung uf einen – meist akademischen – Beruf notwendigen raktischen Kenntnisse und Erfahrungen anzueignen“. as Bundesarbeitsgericht hat in seinem Urteil vom 3. März 2003 – Az. 6 AZR 564/01 – festgestellt, dass es ich bei einem Praktikum typischerweise um eine Tätigeit handelt, bei der „ein Ausbildungszweck im Vorderrund“ steht. Praktika können daher in der Regel nicht ls normales Arbeitsverhältnis angesehen werden, sonern als berufsvorbereitender Teil der Ausbildung. Von inem Arbeitsverhältnis kann regelmäßig nicht ausgeangen werden, sodass auch eine etwaige Praktikumsergütung nach dem Bundesarbeitsgericht „auch eher ine Aufwandsentschädigung oder Beihilfe zum Lebensnterhalt“ darstellt. Selbstverständlich ist es notwendig, Missbrauch vorubeugen. Im Antrag meiner Fraktion „Orientierung und erbesserte Berufsperspektiven durch Praktika schafen“, Drucksache 16/6768, spricht sich die FDP-Bundesgsfraktion daher auch für „die Gründung unabhängiger rganisationen, die Praktikantinnen und Praktikanten ber ihre Rechte, zum Beispiel Praktikumsvertrag, Zeugnis, ufklären, Hilfestellungen anbieten und Informationen zu en Bedingungen von Praktika in einzelnen Unternehmen iefern“, aus. Praktika in Unternehmen oder Behörden, uch den obersten Bundesbehörden, unterscheiden sich nsoweit nicht. Jeweils steht der praktische Erfahrungsewinn für die Praktikantin oder den Praktikanten im ittelpunkt. Die generelle Unterstellung, durch den Einsatz von raktikantinnen und Praktikanten würde regelmäßig ualifiziertes Personal eingespart, ist unzutreffend, wie chon die Studie der HIS GmbH „Generation Praktikum – ythos oder Massenphänomen?“ – HIS-Projektbericht, pril 2007 – ergeben hat. Die Bundesregierung hat auf iesen Umstand auch in ihrer Antwort auf die Kleine nfrage der Linken – Drucksache 16/3976 – zutreffend ingewiesen: Die im Bundeskanzleramt und in den Bundesministerien angebotenen Praktika dienen dem Kennenlernen des Berufslebens. Sie eröffnen den Praktikantinnen und Praktikanten die Möglichkeit, unter fachlicher Anleitung erste praktische Erfahrungen zu sammeln, und beinhalten keine Pflicht zur Arbeitsleistung. Die Praktikantinnen und Praktikanten besetzen keine regulären Arbeitsplätze. Eine Vergütung wird daher grundsätzlich nicht gewährt. Zudem stehen hierfür keine Haushaltsmittel zur Verfügung. Die Praktika sind ein Angebot an Studierende und Auszubildende, um die Arbeitsweise des Bundeskanzleramtes und der Bundesministerien kennenzulernen. Die Probleme, die die Fraktion Die Linke in dem heute ier zu beratenden Antrag lösen will, bestehen zum großen eil überhaupt nicht. So hat die Bundesregierung in ihrer ntwort auf die genannte Kleine Anfrage weiterhin auseführt, dass Praktikumszeugnisse nur dann nicht erteilt Gabriele Lösekrug-Möller gebene Reden werden, wenn dies ausdrücklich nicht gewünscht wird. In diesen Fällen wird nur eine Bescheinigung ausgestellt. Es wird beklagt, dass die Praktikantinnen und Praktikanten keine qualifizierte Betreuung erhielten. Ich frage Sie, was Sie darunter verstehen. Ein Praktikum ist kein Ausbildungsverhältnis wie etwa in der dualen Berufsbildung. Von Praktikantinnen und Praktikanten darf und muss zu Recht ein hohes Maß an Eigeninitiative erwartet werden, das Beste aus der ihnen angebotenen Zeit herauszuholen. Ich weiß natürlich nicht, wie Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Linken, es mit den Praktikantinnen und Praktikanten in Ihren Büros hier im Hause halten. Aber eines dürfte klar sein: Praktikantinnen und Praktikanten zu beschäftigen, erfordert einen hohen Aufwand und damit Zeit, zusätzliche Zeit, die an anderer Stelle dann fehlt. Ein solches Angebot ist hoch zu schätzen. Ein Praktikum etwa im Bundeskanzleramt macht sich ja auch recht gut im Lebenslauf. Praktika anzubieten, ist nicht selbstverständlich, sondern ein besonderer Service für die jungen Menschen. Das gilt für Unternehmen ebenso wie für den Bundestag oder die Bundesministerien. Wer, wie die Linken, diese Angebote möglichst abschaffen will, indem erst Gesetze zu Mindestvergütungen, Arbeitszeiten und dann am besten noch zu bezahltem Urlaub gefordert werden, und nun wiederum neue Hürden aufbauen will, erweist den jungen Menschen in unserem Land einen Bärendienst. An anderer Stelle, dort, wo Sie selbst Verantwortung tragen, scheinen Sie das ja im Übrigen auch selbst zu sehen. Wenn Sie einmal nach Praktikumsplätzen suchen, die in der Berliner Senatsverwaltung angeboten werden – nur zur Erinnerung: Berlin wird rot-rot regiert –, werden Sie leicht feststellen, dass die angebotene Vergütung mit „keine“ beziffert wird. Ich betone es noch einmal: Missbrauch ist zu bekämpfen. Hierzu stehen alle notwendigen arbeitsrechtlichen Möglichkeiten zur Verfügung. Jede weitere unnötige Regulierung führt nur dazu, dass schließlich keine jungen Menschen mehr die Möglichkeit haben werden, wertvolle Einblicke in die Arbeit der Bundesministerien zu erhalten. Nicht zum ersten Mal befassen wir uns hier mit der Si tuation von Praktikantinnen und Praktikanten. Seit 2006 tun wir das jedes Jahr und in jedem Jahr gleich mehrfach. Und wäre ich noch so naiv, die Aussagen der Kolleginnen und Kollegen der Großen Koalition, hier speziell der SPD, für bare Münze zu nehmen, dann müsste ich davon ausgehen, dass das Problem längstens erledigt ist. Ich zitiere hier einmal stellvertretend die SPD – exemplarisch und ohne Namensnennung, denn die Rednerinnen und Redner sind austauschbar – aus einem Protokoll des Jahres 2007: Aber wir wissen – die HIS-Studie zeigt das klar auf –, dass es auch eine ganze Reihe unfairer Praktika gibt: Praktikanten werden für lange Zeit ohne oder gegen nur geringe Bezahlung eingesetzt, reguläre Arbeitskräfte werden ersetzt, und die Menschen werden schamlos ausgenutzt, indem sie zunächst mit dem Versprechen einer regulären Stelle geködert und dann fallen gelassen werden. Das ist unge i s n d a B g D m v w R T h b t v g s n n l b m d a f e u t w P n s S u k a A P Z t D s g t i A t h d g Zu Protokoll ge (C (D recht. Das ist Ausbeutung. Das schadet den Menschen, und das schadet der Gesellschaft. Genau dagegen werden wir vorgehen. Anders kann es die Linke auch nicht formulieren: Das st ungerecht. Das ist Ausbeutung. Das schadet den Menchen, und das schadet der Gesellschaft, 2009 noch geauso wie 2007. Nur, wann werden Sie denn endlich agegen vorgehen, wie Sie und insbesondere der Bundesrbeitsministers das so vollmundig angekündigt haben? is heute warten Praktikantinnen und Praktikanten vereblich auf eine gesetzliche Verbesserung ihrer Situation. enn selbst die von Olaf Scholz vorgeschlagenen Minialänderungen sind der Union offensichtlich noch zu iel. Und die SPD zeigt weder Kraft noch Willen. Mitte Dezember 2008 sind sie im Petitionsausschuss ieder einmal eingeknickt. Damit fällt eine gesetzliche egelung zu Praktika dem Koalitionsgezänk zum Opfer. ausende Praktikantinnen und Praktikanten, die weitgeend ohne Schutzrecht und für lau beschäftigt sind, bleien im Regen stehen. Zu Recht fühlen sich die vielen beroffenen Praktikantinnen und Praktikanten mittlerweile erschaukelt. Seit über zwei Jahren speist die Bundesreierung sie mit folgenlosen Ankündigungen ab. Dabei hat ich auch 2008 die Lage gegenüber der HIS-Studie keieswegs verbessert. Laut einer Untersuchung des Interationalen Instituts für Empirische Sozialökonomie fühen sich 30 Prozent der Befragten ausgenutzt; 80 Prozent erichten, mindestens die Hälfte ihrer Arbeitszeit als norale Arbeitskraft eingesetzt worden zu sein. 51 Prozent er befragten Praktikantinnen und Praktikanten gaben n, nicht bezahlt worden zu sein. Wenn sie gegenüber dem Koalitionspartner schon zu eige sind, könnte der Arbeitsminister doch wenigstens im igenen Haus dafür Sorge tragen, dass Praktikantinnen nd Praktikanten zu vernünftigen Konditionen ein Prakikum absolvieren können. Denn es ist zutiefst unglaubürdig, in der Öffentlichkeit gegen die Ausbeutung von raktikantinnen und Praktikanten einzutreten, im eigeen Verantwortungsbereich aber genau diese Ausbeutung elbst zu betreiben. Im Bundesministerium für Arbeit und oziales werden die jährlich rund 100 Praktikantinnen nd Praktikanten beispielsweise allein mit einem Fahrtostenzuschuss und Essensgutscheinen entlohnt. In den nderen Ministerien sieht es ähnlich aus. Die höchste ufwandsentschädigung erhalten Praktikantinnen und raktikanten im Bundesministerium für wirtschaftliche usammenarbeit und Entwicklung. Aber auch hier erhal en sie lediglich 100 Euro monatlich. Das ist ungerecht. as ist Ausbeutung. Das schadet den Menschen, und das chadet der Gesellschaft. Und dafür liefert die Bundesreierung auch noch das Vorbild. Es ist längst überfällig, die Ausbeutung von Praktikaninnen und Praktikanten endlich zu unterbinden. Dies gilt n besonderer Weise für Praktikaverhältnisse, die nach bschluss einer Ausbildung getätigt werden. Die Frak ion die Linke fordert seit langem, Praktika als Lernverältnisse gesetzlich zu definieren und an den Vorschlägen er DGB-Jugend orientierte Mindestanforderungen für ute Praktikaverhältnisse überall umzusetzen. Gisela Piltz gebene Reden Volker Schneider Immerhin werden Praktikantinnen und Praktikanten in den Ministerien und im Bundeskanzleramt nicht als billige Arbeitskraft missbraucht. Aber entgegen der Bundesregierung ist die Linke der Auffassung, dass auch Praktikantinnen und Praktikanten in einer Ausbildung angemessen vergütet werden sollten. Durch die bestehenden Praktikaregelungen können sich nur Privilegierte ein Praktikum leisten. Wer dagegen zur Finanzierung seines Lebensunterhaltes auf ein regelmäßiges Einkommen angewiesen ist oder die zusätzlich anfallenden Kosten etwa für die Unterkunft am Praktikumsort nicht aufbringen kann, muss auf eine Bewerbung verzichten. Die Bundesregierung trägt somit zur Verfestigung sozialer Ungleichheit bei. Mit unserem Antrag fordern wir die Bundesregierung auf, eine angemessene Praktikumsvergütung zu zahlen, für eine qualifizierte Betreuung Sorge zu tragen, jedem Praktikanten und jeder Praktikantin einen Praktikumsvertrag sowie ein qualifiziertes Praktikumszeugnis auszustellen. Es muss endlich Schluss sein mit der „Generation Kantinengutschein“, wie dies die „Süddeutsche Zeitung“ nennt. Um Scheinpraktika auszuschließen und um für mehr Qualität und Gerechtigkeit bei echten Praktika zu sorgen, muss die Bundesregierung zuerst bei sich selbst aktiv werden. Eine Orientierung bietet der Leitfaden für ein „faires Praktikum“ der DGB-Jugend. Selbst die Abgeordneten des Deutschen Bundestages haben diesbezüglich einen ersten Schritt getan: Der Ältestenrat sprach sich in seiner Sitzung am 26. April 2007 fraktionsübergreifend dafür aus, die Möglichkeit einer Praktikumsvergütung für Praktikantinnen und Praktikanten vorzusehen. Es ist mehr als überfällig, dass jetzt auch die Bundesregierung ihrer Verantwortung gerecht wird. Wir unterstützen den Antrag der Linken, von der Bun desregierung faire Spielregeln zur Beschäftigung von Praktikantinnen und Praktikanten einzufordern. Dies ist ein Gebot der Fairness und Gerechtigkeit. Wer Missstände in der Gesellschaft verändern will – und die Ausnutzung zahlreicher Praktikantinnen und Praktikanten von einzelnen Unternehmen gehört leider dazu –, der muss sich in den eigenen Reihen vorbildlich verhalten, das heißt faire Praktika in Bundesministerien und -behörden garantieren und gewährleisten. Schutzmechanismen müssen eine Selbstverständlichkeit sein. Die grüne Bundestagsfraktion geht beim Thema „Faire Praktika“ längst mit gutem Beispiel voran. Was wir von Arbeitgebern fordern, haben wir bereits vor zwei Jahren umgesetzt: Für die Beschäftigung von Praktikantinnen und Praktikanten gelten bei uns klare Mindeststandards. Mit unserer Selbstverpflichtung „Faires Praktikum“ und unserem Fraktionsbeschluss zur Generation Praktikum sind wir Vorreiter unter den Bundestagsfraktionen. Erfreulich ist, dass sich daraufhin alle Bundestagsfraktionen auf der Ebene des Ältestenrats auf Praktikaregeln verständigt haben, mit deren Hilfe Mindeststandards in allen Bundestagsfraktionen umgesetzt wurden. Deren Einhaltung ist für die Glaubwürdigkeit dieses Hauses in der Praktikadebatte unerlässlich. r S g j e e t 8 g D o s n k S p d b d s S s s d A e r l V r B n t E n z g a s u b e I t P s a d t D f r (C (D Von dieser Bundesregierung hingegen wird die Geneation Praktikum keine Verbesserungen erwarten können. eit fast drei Jahren ist hinlänglich bekannt, dass es in roßem Umfang Missbrauch bei Praktika gibt. Jede und eder Fünfte im Alter zwischen 18 und 34 Jahren war laut iner Studie im Auftrag des Bundesarbeitsministeriums in Praktikant und hat dabei durchschnittlich 1,9 Prakika durchlaufen. In derselben Studie berichten mehr als 0 Prozent, überwiegend wie normale Arbeitnehmer einesetzt worden zu sein. Gleichzeitig werden fast zwei rittel aller Praktikantinnen und Praktikanten gar nicht der nur gering bezahlt. Die Bundesregierung kennt diese Fakten. Doch weil ich Minister Scholz und Ministerin Schavan selbst auf eien Mini-Schutzschirm für Praktikanten nicht einigen önnen, werden die jungen Berufseinsteiger auf den ankt-Nimmerleins-Tag vertröstet. Der Arbeitsminister lante unter anderem kleinere Änderungen im Berufsbilungsgesetz, mit deren Hilfe Praktika als ein Beitrag zur eruflichen Ausbildung definiert werden sollten und für ie ein schriftlicher Vertrag erforderlich sei. Diese Vorchläge sind zwar halbherzig, dennoch wären sie erste chritte in die richtige Richtung gewesen. Aber selbst dieer großkoalitionäre Minimalkompromiss kam nicht zutande, sondern platzte im Dezember. Damit ist klar: In ieser Legislatur sind gesetzliche Initiativen gegen die usnutzung in Praktika wohl leider vom Tisch. Dies ist in armseliges Signal an die junge Generation. Die Rolle des Arbeitsministers ist geradezu heuchleisch. Die Praktikanten im Hause Scholz erhalten ledigich Essensgutscheine und Fahrtkostenzuschüsse. Eine ergütung ist nicht drin. Auch in anderen Bundesministeien bekommen Praktikanten kein Geld. Diese Praxis der undesregierung ist ein Armutszeugnis. Gerade bei Miisterien und Behörden darf es nur faire Praktika geben. Von der Arbeit der Praktikanten profitieren beide Seien. Einerseits erhalten die Praktikanten interessante inblicke in die Arbeitswelt eines Ministeriums und könen wertvolle Kontakte knüpfen. Andererseits unterstüten sie die Arbeit dort und übernehmen eigenständig Aufaben. Man hört, dass nicht selten einzelne Abteilungen uf die Unterstützung von Praktikanten angewiesen sein ollen. Umso empörender ist es, dass eine starke ideelle nd finanzielle Anerkennung dieser Leistungen unterleibt; denn wer tatkräftig unterstützt, braucht hierfür ine Gratifikation. Wir erwarten, dass Scholz sein Amt als Schirmherr der nitiative „Fair Company“ zurückgibt. Wer einer Initiaive ideell vorsteht, die sich gegen die Ausbeutung in raktika richtet und die dezidiert auch eine Aufwandsentchädigung voraussetzt und zwingend beinhaltet, muss uch als Minister im eigenen Haus danach handeln. Anernfalls kann man kein glaubwürdiger Anwalt für die Ineressen von Praktikantinnen und Praktikanten sein. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf rucksache 16/11662 an die in der Tagesordnung aufgeührten Ausschüsse vorgeschlagen, wobei die Federfühung beim Innenausschuss liegen soll. Sind Sie damit Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms einverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen. Ich rufe den Zusatzpunkt 7 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Irmingard Schewe-Gerigk, Peter Hettlich, Dr. Thea Dückert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Versorgung für Geschiedene aus den neuen Bundesländern verbessern – Drucksache 16/11684 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Arbeit und Soziales Finanzausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Haushaltsausschuss Auch die Reden zu diesem Tagesordnungspunkt sollen zu Protokoll genommen werden. Es handelt sich um die Reden der Kolleginnen und Kollegen Maria Michalk, CDU/CSU, Gregor Amann, SPD, Dr. Heinrich Kolb, FDP, Dr. Martina Bunge, Die Linke, Irmingard Schewe-Gerigk, Bündnis 90/Die Grünen.1)

Siegmund Ehrmann (SPD):
Rede ID: ID1620227800




(A) )


(B) )


(BBiG) fallen. Die unter das BBiG fallenden Prak-

Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1620227900




(A) )


(B) )

Gisela Piltz (FDP):
Rede ID: ID1620228000




(A) )


(B) )

Volker Schneider (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620228100







(A) )


(B) )

Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620228200
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1620228300




(A) )


(B) )


Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 16/11684 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 20 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Gregor Gysi, Dr. Gesine Lötzsch, Kersten
Naumann, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion DIE LINKE

Gleichberechtigte Entschädigung von Strah-
lenopfern in Ost und West schaffen – umfas-
sendes Radaropfer-Entschädigungsgesetz ein-
führen

– Drucksache 16/8116 –
Überweisungsvorschlag:
Verteidigungsausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Gesundheit
Haushaltsausschuss

Auch die Reden zu diesem Tagesordnungspunkt sol-
len zu Protokoll genommen werden. Es handelt sich um
die Reden der Kolleginnen und Kollegen Jürgen Herrmann,
CDU/CSU, Rolf Kramer, SPD, Birgit Homburger, FDP,
Dr. Gesine Lötzsch, Die Linke, Winfried Nachtwei,
Bündnis 90/Die Grünen.


Jürgen Herrmann (CDU):
Rede ID: ID1620228400

Die sogenannte Radarstrahlenproblematik beschäftigt

den Deutschen Bundestag seit Ende des Jahres 2000.
Eine zentrale Forderung des uns heute vorliegenden An-
trages ist die Einführung eines umfassenden Radaropfer-
Entschädigungsgesetzes. Die Schaffung eines Radarop-

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d1) Anlage 8

(C (D r-Entschädigungsgesetztes wurde bereits 2001 vonseiten es Bundesministeriums der Verteidigung unter Beteiliung des Bundesministeriums der Justiz, des Bundesminisriums für Arbeit und Sozialordnung sowie des Bundesinisteriums des Innern umfassend geprüft. Im Ergebnis urde jedoch von einem solchen Sondergesetz Abstand enommen, da für die möglicherweise betroffenen Persoen bereits Rechtsvorschriften bestehen, die Leistungen ei einer durch dienstliche Tätigkeiten bedingten gesundeitlichen Schädigung vorsehen. Bei diesen Rechtsvorschriften handelt es sich für die oldaten der Bundeswehr um Versorgungsansprüche ween einer – strahlenbedingten – Wehrdienstbeschädigung ach den Bestimmungen des Soldatenversorgungsgesetes, für Beamte nach den Regelungen des Beamtenversorungsgesetzes und für Arbeitnehmer nach den Vorschriften er gesetzlichen Unfallversicherung. Ehemalige Soldaten er NVA können einen Anspruch auf Dienstbeschädiungsausgleich nach dem „Gesetz über einen Ausgleich ür Dienstbeschädigungen im Beitrittsgebiet“ – sogeanntes Dienstbeschädigungsausgleichsgesetz – geltend achen. Im Einigungsvertrag und im Zuge der Gesetzgebung ur Überleitung von Ansprüchen nach dem Recht der DR wurde die Entscheidung getroffen, ehemalige Angeörige der NVA nicht in die Versorgung nach dem Soldaenversorgungsgesetz aufzunehmen. In Bezug auf die in en Versorgungssystemen erworbenen Ansprüche und nwartschaften auf Leistungen wurde des Weiteren die ystementscheidung getroffen, die Rentenansprüche aus onderversorgungssystemen ausschließlich in nur eine ente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu über ühren. Es ist somit auch keine Möglichkeit vorgesehen, itwen von Angehörigen der ehemaligen NVA mit Witen von Soldaten der Bundeswehr versorgungsrechtlich leichzustellen. Hinterbliebene haben nach dem Diensteschädigungsausgleichsgesetz keinen Anspruch auf eistungen. Die Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenersicherung bestehen jedoch fort. Des Weiteren führt die Fraktion Die Linke in ihrem Anrag unterschiedliche Regelungen bei geschädigten rundwehrdienstleistenden der NVA im Gegensatz zu Reelungen für Wehrdienstleistende der Bundeswehr an. uch dies resultiert aus den vom Gesetzgeber als angeessen erachteten und getroffenen Regelungen. Ansprü he, die ehemalige Wehrpflichtige wegen Unfällen bei der VA nach den Gesetzen der DDR aus der allgemeinen ozialversicherung hatten, sind in die gesetzliche Unfallersicherung übergeleitet worden. Solche Unfälle waren n der DDR Arbeitsunfällen gleichgestellt. Die Überleiung ist folglich sachgerecht. Die Hinterbliebenen bleien nicht unversorgt, vielmehr haben sie die gleichen Anprüche wie die Hinterbliebenen der Opfer von rbeitsunfällen. Die soeben aufgeführten Unterschiede in den Versorungsvorschriften ehemaliger Angehöriger der NVA im ergleich zu Angehörigen der Bundeswehr basieren auf esetzlich gewollten Unterscheidungen. Bei der Frage, nwieweit Soldaten durch Radargeräte Gesundheitsschäen erlitten haben und wie mit diesen Gesundheitsschä den umzugehen ist, handelt es sich jedoch um eine schwierige und komplexe Thematik, die weit über die gesetzlichen Versorgungsvorschriften hinausgeht. Messwerte über die Strahlenemission von Radargeräten, die in den 50erbis 70er-Jahren in der Bundeswehr betrieben wurden, liegen nur in wenigen Einzelfällen vor. Somit können die damaligen Arbeitsplatzsituationen nur noch schwer oder gar nicht mehr rekonstruiert werden. Darüber hinaus sind Vergleiche mit ähnlichen Personengruppen aus dem zivilen Bereich nicht möglich. Für die ehemalige Nationale Volksarmee, NVA, stellt sich die Situation noch weitaus schwieriger dar. Aus diesem Bereich stehen noch weniger Unterlagen und Dokumente zur Verfügung. In diesem Zusammenhang wurde im Jahr 2002 auf Ersuchen des Verteidigungsausschusses eine Expertenkommission eingerichtet. Diese Expertenkommission hatte zur Aufgabe, auf der Grundlage der bestehenden gesetzlichen Vorgaben Lösungswege für die Entschädigung der Radaropfer zu entwickeln. Hierzu sollten technische und medizinische Grundlagen für einen praktikablen Umgang mit den Versorgungsanträgen der betroffenen Soldaten der Bundeswehr und der ehemaligen NVA erarbeitet werden. Am 2. Juli 2003 legte die Kommission ihren Abschlussbericht vor. Die in diesem Bericht erstellten großzügigen Kriterien bilden bis heute die Grundlage für die Bearbeitung und Entscheidung der Radarfälle. Die Empfehlungen der Expertenkommission werden eins zu eins umgesetzt, ohne dass im Einzelfall konkret nachgewiesen werden muss, dass die jeweiligen Erkrankungen tatsächlich auf die konkrete Tätigkeit an Radargeräten zurückzuführen sind. Darüber hinaus wurde die Interpretation der Anerkennungskriterien des Berichts zugunsten der Betroffenen immer wieder ausgedehnt; Stichwort Konkurrenzrisiko. Im Zusammenhang mit der „Radarstrahlenproblematik“ wurden alle möglichen Optionen für eine bestmögliche Lösung zugunsten der Antragsteller in die erwogenen Maßnahmen einbezogen. Neben der Überlegung, ein Radaropfer-Entschädigungsgesetz einzuführen, wurde in der Vergangenheit mehrmals auch die Errichtung einer Stiftung oder eines Fonds angeregt. Dieser Vorschlag wurde ebenfalls durch das Bundesministerium der Verteidigung unter Einbeziehung weiterer Bundesministerien geprüft. Da auf der Basis der Empfehlungen des Berichts der Radarkommission mit großzügigen Anerkennungskriterien über fast alle der eingegangenen Versorgungsanträge auf gesetzlicher Grundlage entschieden wurde, wird auch die Notwendigkeit für die Einrichtung einer Stiftung derzeit als nicht gegeben angesehen. Aufgrund der soeben ausgeführten Aspekte lehnt die CDU/CSU-Fraktion die Annahme des Antrages der Fraktion Die Linke und somit die Einführung eines Radaropfer-Entschädigungsgesetzes ab. Die vom Gesetzgeber getroffenen Versorgungsregelungen sowie die Kriterien des Berichts der Radarkommission bilden nach wie vor eine geeignete und sachgerechte Grundlage für die Bearbeitung, Entscheidung und Entschädigung in den Radarfällen sowohl von Angehörigen der Bundeswehr als auch der ehemaligen NVA. B s h c d A l V v S k g S g g s e S d N t l s E p f k u t g t s d A s s d g l t n f J d q l D i s a u r D Zu Protokoll ge (C (D Die Problematik der Opfer der Radarstrahlen bei der undeswehr und der ehemaligen NVA beschäftigt mich eit meinem Eintritt in den Bundestag im Jahre 2002. Es at sich leider zu einem fast unendlichen Thema entwikelt, was ich sehr bedauere. Ich hätte mir gewünscht, ass wir hier im Sinne der Betroffenen schneller zu einem bschluss gekommen wären. Der Anfang der parlamentarischen Beschäftigung iegt bereits im Jahre 2001, unter anderem mit der orlage des Berichtes vom Arbeitsstab Dr. Sommer, der om seinerzeitigen Bundesverteidigungsminister Rudolf charping eingesetzt und in dem eine Sachverhaltsauflärung angemahnt und Empfehlungen zum weiteren Vorehen bei dieser Problematik vorgeschlagen wurden. Im eptember 2002 wurde dann auf Vorschlag des Verteidiungsausschusses des Bundestages vom Bundesverteidiungsministerium eine aus unabhängigen Experten betehende Kommission, die sogenannte Radarkommission, ingesetzt, die die gesundheitlichen Gefährdungen durch trahleneinwirkungen im Bereich früherer Einrichtungen er Bundeswehr und ausdrücklich auch der ehemaligen VA untersucht und bewertet hat. Nach Vorlage des Abschlussberichtes billigte der Vereidigungsausschuss am 23. September 2003 die Stelungnahme des Bundesverteidigungsministeriums zu dieem Bericht, die im Anschluss die Grundlage für alle ntschädigungsverfahren im Bereich der Radarstrahlenroblematik bildet. Das Ministerium sagte zu, „die Empehlungen unter Ausschöpfen aller rechtlichen Möglicheiten und Ermessensspielräume im Prinzip eins zu eins mzusetzen, um damit den drängenden Anliegen der beroffenen Antragsteller bestmöglich Rechnung zu traen.“ Damit gelten die von der Radarkommission festgelegen Kriterien für die Anerkennung von Versorgungsanprüchen gleichermaßen für die Anträge aus dem Bereich er Bundeswehr und dem Bereich der ehemaligen NVA. llerdings ist die Erfüllung dieser Kriterien auch Vorausetzung für einen Versorgungsbzw. Entschädigungsanpruch. Dies gilt in Ost wie West. Ich gehe davon aus, ass, wie auch im Bereich der Bundeswehr, die überwieende Mehrheit abgelehnter Anträge auf eine Nichterfülung dieser Kriterien zurückzuführen ist. Was die im Antrag genannten Probleme beim Kausaliätsnachweis betrifft, so sind diese Vorhaltungen aus meier Sicht unbegründet, soweit sie den im Radarbericht estgelegten Zeitraum, der die Zeit bis Anfang der 80erahre umfasst, betreffen. Hier sehen die Empfehlungen er Radarkommission eine grundsätzliche Anerkennung ualifiziert erkrankter Personen vor, soweit sie nachweisich an den betreffenden Radargeräten gearbeitet haben. ies bedeutet konkret, dass auf den eigentlich vom Gesetz n jedem Einzelfall geforderten Kausalitätsnachweis zwichen Tätigkeit und Erkrankung verzichtet wird, eine der us meiner Sicht größten Verbesserungen im Verfahrensnd Entscheidungsablauf, die durch den Radarbericht ereicht worden ist. Eine im hier zu diskutierenden Antrag der Fraktion ie Linke formulierte Diskriminierung und unterschied Jürgen Herrmann gebene Reden liche Behandlung ehemaliger NVA-Angehöriger und deren Hinterbliebenen ist für mich und meine Fraktion nicht ersichtlich. Sowohl die Bundeswehrverwaltung Ost als auch die Unfallkasse des Bundes richten sich in ihren Entscheidungen nach den Empfehlungen der Radarkommission. Das Bundesverteidigungsministerium ist damit auch seiner Verantwortung gegenüber den ehemaligen NVA-Angehörigen nachgekommen. Ob diese Zusage des Bundesverteidigungsministeriums in allen Fällen auch eingehalten wurde, steht heute hier nicht zur Debatte und würde sowohl den Bereich der Bundeswehr wie auch den der ehemaligen NVA betreffen. Hier sind wir aber im Rahmen von Berichterstattergesprächen aller Fraktionen mit dem Bundesverteidigungsministerium in einem konstruktiven Dialog und hoffen auf eine positive Lösung im Sinne der Betroffenen. Was die im Antrag angesprochene Ungleichbehandlung aufgrund unterschiedlicher Versorgungssysteme für Angehörige der Bundeswehr und der ehemaligen NVA betrifft, so ist den Ausführungen der Bundesregierung in der Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke vom 28. Juli 2008, Drucksache 16/2320, nur wenig hinzuzufügen. Grundlage dieser tatsächlichen Ungleichbehandlung sind die Bestimmungen des Einigungsvertrages vom 31. August 1991. Dort wurde die Systementscheidung getroffen, die Rentenansprüche aus Sonderversorgungssystemen ausschließlich in nur eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung zu überführen. Für die ehemaligen Angehörigen der NVA wurde entschieden, sie nicht in die Versorgung nach dem Soldatenversorgungsgesetz aufzunehmen. Damit sind Entschädigungszahlungen an Soldatinnen und Soldaten der ehemaligen NVA ausschließlich nach dem übergeleiteten DDR-Recht im Rahmen sozialversicherungsrechtlicher Abgeltung zu beurteilen. Dies gilt analog für Ansprüche ehemaliger Wehrpflichtiger aus Unfällen bei der NVA. Für meine Fraktion gibt es zurzeit keinen Anlass, an der grundsätzlichen Entscheidung des Einigungsvertrages in diesem Punkt etwas zu verändern. Damit sehe ich auch keine Chance für eine Zustimmung zum vorliegenden Antrag der Fraktion Die Linke. Aus meiner Sicht wäre es zielführender – auch im Hinblick auf noch vorhandene Probleme bei der Behandlung der Radarstrahlenopfer –, trotz aller bisher von der Bundesregierung aufgezeigten rechtlichen Schwierigkeiten die Möglichkeit einer Stiftungslösung weiterzuverfolgen. Bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt, nämlich in der ersten Jahreshälfte 2001, setzte sich mein Vorgänger Günther Nolting massiv für eine großzügige Entschädigung der Radarstrahlenopfer ein. Von einer Unterstützung der PDS-Fraktion, Vorgängerin der heutigen Fraktion Die Linke, war zu dem Zeitpunkt noch keine Rede. Zwar gab der damalige Bundesminister der Verteidigung, Rudolf Scharping, den Radargeschädigten im selben Jahr das Versprechen einer „großherzigen und streitfreien“ Entschädigungsregelung, blieb allerdings die Einlösung des Versprechens schuldig. s s g A z d w f d d u g g t s z b 3 N e d d j s d d d R c t n s k d t w s d s s s b s l b V o w b i V ü Zu Protokoll ge (C (D Am 2. Juli 2003 wurde der Bericht der Radarkommision vorgelegt. Auf der Basis der vom Verteidigungsauschuss gebilligten Empfehlungen dieses Berichts werden egenwärtig die sogenannten Radarfälle bearbeitet, nach ussage des Bundesministeriums der Verteidigung „eins u eins“. Damit meint das Bundesministerium der Verteiigung, dass jeder Antrag für sich einzeln, objektiv und ohlwollend geprüft werde. Ist nun „eins zu eins“ gleich „großherzig und streitrei“? Offensichtlich nicht. Andernfalls wäre die Zufrieenheit der Betroffenen mit der Arbeit und den Entscheiungen des BMVg größer. Schauen wir uns die Fakten nd Zahlen an! Bis heute wurden circa 3 700 Versorungsanträge aller Statusgruppen und Hinterbliebener estellt, einschließlich des Bereichs der ehemaligen Naionalen Volksarmee. Ebenfalls bis heute wurden 720 dieer Anträge positiv beschieden. Das mag vielleicht „eins u eins“ sein, aber wohl nicht großherzig, und deshalb leiben die Entscheidungen auch nicht streitfrei. Laut der Bundestagsdrucksache 16/2320 wurden rund 6 Prozent der Anträge aus dem Bereich der ehemaligen VA gestellt. Während die Anerkennungsquote bei allen ntschiedenen Anträgen 14,2 Prozent betrug, lag sie bei en Anträgen aus dem Bereich der ehemaligen NVA leiglich bei 6,6 Prozent. Ohne die gewissenhafte und obektive Prüfung der einzelnen Versorgungsanträge grundätzlich anzweifeln zu wollen, lassen diese Zahlen ennoch Fragezeichen aufkommen, jetzt sogar bezüglich es „eins zu eins“. Auch bestes Bemühen der zuständigen Stellen der Buneswehrverwaltung scheint aufgrund der gegenwärtigen echtsbzw. Entscheidungsgrundlagen nicht auszureihen, großherzig und streitfrei zu entscheiden. Eine poliische Lösung dieses Problems ist gefragt, und sie sollte un endlich umfassend sein. Der Weg, der zu dieser Löung führt, ist dabei von nachrangiger Bedeutung. Auf einen Fall sollten aus ideologischen oder anderen Grünen Lösungsmöglichkeiten, wie zum Beispiel die Stifungslösung, von vornherein kategorisch ausgeschlossen erden. Entscheidend ist das Ergebnis, und das sollte ehr bald vorliegen, und zwar für die Betroffenen zufrieenstellend. Dass es dabei keine Unterschiede zwischen trahlengeschädigten Angehörigen der Bundeswehr und trahlengeschädigten ehemaligen Angehörigen der NVA owie jeweils deren Familienmitgliedern und Hinterblieenen geben darf, ist für die FDP-Fraktion selbstvertändlich. Die Bundeswehr wie auch die NVA haben jahrzehnte ang ihr Personal ungeschützt an Radargeräten, die leensgefährliche Strahlung aussendeten, arbeiten lassen. iele Soldaten erkrankten an Krebs. Hunderte starben hne jede Ahnung. Mit den Stimmen aller Fraktionen urde 2002 eine Radarkommission eingesetzt. Der erareitete Radarbericht hat die von den Radargeschädigten n ihn gesetzten Hoffnungen nicht erfüllt. Jeder fünfte ersorgungsantrag wurde anerkannt. Die Verwaltung verfügt, dass der Antragsteller nach ber 40 Jahren beweispflichtig ist. Nur die damalige Ver Rolf Kramer gebene Reden waltung wusste vom Schädigungspotenzial der ionisierenden Strahlung, nicht der Soldat am Gerät. Die meisten Ablehnungen beruhen nach belegbarer Auffassung der Betroffenen auf sachlich und fachlich falschen Argumenten, die von den nicht mit der Materie befassten Richterinnen und Richtern nicht sofort erkennbar sind. Siegt ein Antragsteller, egal vor welchem Gericht, geht die Verwaltung grundsätzlich in Berufung. Die Antragsteller stehen vor einem langen Instanzenweg und hohen Kosten. Im Bericht des Wehrbeauftragten 2006 – Drucksache 16/850 – wird eine Lösung im Sinne der Betroffenen gefordert. Das Bundesverwaltungsgericht hat eine Klage eines Betroffenen mit der Begründung abgewiesen, dass die Bundesrepublik nicht generell für in der DDR entstandene Schäden hafte. Das widerspricht dem Radarbericht. Erforderlich sei ein Gesetz, so das Bundesverwaltungsgericht. Dieses soll nun in Form eines Radaropfer-Entschädigungsgesetzes erarbeitet und dem Deutschen Bundestag vorgelegt werden. Es darf keine biologische Lösung geben. Der Wehrbeauftragte hat vergeblich eine Bundesstiftung zur Entschädigung von Strahlenopfern der Nationalen Volksarmee, NVA, der DDR angeregt. Durch die Stiftung sollten betroffene Soldaten, die Röntgenstrahlen von Radargeräten ausgesetzt waren, effektiv und fair entschädigt werden. Nach Auffassung der Wehrbeauftragten dürfe sich die Bundesrepublik nicht darauf berufen, dass sie nicht in der Rechtsnachfolge der NVA stehe. Auch der Petitionsausschuss kam 2007 zu dem Ergebnis, dass es Fälle gebe, die von den derzeitigen Gesetzen nicht erfasst würden, und hat hierfür Regelungsbedarf gesehen; Drucksache 16/4072. Schließlich gibt es eine Ungleichbehandlung in Ost und West. Grundwehrdienstleistende, Reservisten, Zivilbeschäftigte und Freiwillige der NVA erhalten eine Unfallrente, die auf die Altersrente angerechnet wird, während die Wehrdienstleistenden der Bundeswehr Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz erhalten, die nicht auf eine Altersrente angerechnet werden. Spätestens seit 2001 ist im Verteidigungsministerium bekannt, in welchem Ausmaß Soldaten der Bundeswehr und der NVA bei ihrer Arbeit an Radargeräten in der Truppe schädlichen Radarstrahlen ausgesetzt waren und daran schwer erkrankten. Die Strahlenbelastungen liegen meist Jahre zurück und sind als eindeutige Krankheitsursache oft nur noch schwer zu beweisen. Umso mehr haben sich die Betroffenen und ihre Angehörigen auf die Zusage des damaligen Verteidigungsministers Scharping verlassen, der im Juni 2001 zusicherte, dass für die Strahlenopfer der Bundeswehr und der ehemaligen NVA eine „streitfreie und großherzige“ Regelung gefunden werden solle. Auch die auf Ersuchen des Verteidigungsausschusses eingesetzte unabhängige Radarkommission, die 2003 ihren Bericht vorlegte, formulierte großzügige Kriterien für die Anerkennung auf Versorgungsleistungen für radarstrahlenerkrankte ehemalige Soldaten der Bundeswehr u d g n U l Z s g f r A r v g R l d m l d u d S W i k E W w d V w m k g V u d l u d g u g d h E g r t a s t b m g s Zu Protokoll ge (C (D nd der früheren Nationalen Volksarmee der DDR. Hatte as Bundesministerium der Verteidigung bei der Überabe des Berichtes den Geschädigten und Hinterbliebeen von Bundeswehr und NVA noch eine Eins-zu-einsmsetzung der Empfehlungen zugesagt, vertrauen mitt erweile viele Betroffene und ihre Angehörigen auf diese usagen nicht mehr. Von etwa 3 700 Verfahren sind inzwichen etwa 700 zugunsten der geschädigten Soldaten abeschlossen. Das ist gerade einmal jeder Fünfte. Viele betroffene Soldaten und ihre Angehörigen kämpen mittlerweile einen für sie zermürbenden und frustrieenden juristischen Kleinkrieg mit der Verwaltung um nerkennung auf Wehrdienstbeschädigung. Das Ministeium verzichtet noch nicht einmal darauf, nach einem erlorenen Radarprozess in Berufung zu gehen. Von einer roßzügigen und unbürokratischen Anerkennung der adargeschädigten auf Wehrdienstbeschädigung kann ängst keine Rede mehr sein. Zu Recht empfinden die Betroffenen und ihre Familien as Vorgehen von Verwaltung und Ministerium als unzuutbar. Eine Hinhaltestrategie, mit der Verfahren mög ichst lange hinausgezögert werden oder auf Verjährung er Schadensersatzansprüche gesetzt wird, ist zynisch nd nicht hinnehmbar. Der ehemalige Dienstherr steht in er Verantwortung, seiner Fürsorgepflicht gegenüber oldaten und ehemaligen Soldaten, die zu Zeiten des Ostest-Konfliktes ohne eigenes Wissen ihre Gesundheit und hr Leben riskiert haben, rasch und vollständig nachzuommen. Die vom Verteidigungsausschuss beschlossenen mpfehlungen des Radarberichtes müssen daher ohne enn und Aber umgesetzt werden. Zusätzlich ist es notendig, Möglichkeiten einer Wiederaufnahme des runen Tisches für strittige Fälle sowie die Aussetzung von erfahren vorbehaltlos zu prüfen. Ministerium und Veraltung müssen zurückkehren zum Prinzip des Dialogs it den Betroffenen. Auch eine bereits seit längerem dis utierte Stiftungslösung darf nicht leichtfertig vom Tisch ewischt werden. Damit könnten auch die Ansprüche auf ersorgungsleistungen von Radargeschädigten der NVA nd ihren Hinterbliebenen besser berücksichtigt werden. Die Versorgungsleistungen für Strahlenopfer der Buneswehr und der NVA sowie deren Hinterbliebene sollen aut Empfehlungen der Radarkommission einheitlich berteilt werden. Das ist ausdrücklich zu begrüßen. Allerings greifen für die Versorgungsleistungen von radareschädigten Soldaten der Bundeswehr und der NVA nterschiedliche Rechtsgrundlagen. Während radareschädigte Soldaten der Bundeswehr Leistungen nach em Soldatenund Bundesversorgungsgesetz erhalten, aben ehemalige Soldaten der NVA entsprechend dem inigungsvertrag und laut Dienstbeschädigungsausleichsgesetz im Beitrittsland Anspruch auf eine Unfallente. Zudem werden die Unfallrenten auf die Altersrenen aus der gesetzlichen Rentenversicherung teilweise ngerechnet. Das Dienstbeschädigungsausgleichsgesetz ieht außerdem keine eigene Zusatzversorgung für Hinerbliebene von Radargeschädigten der NVA vor. Hinterliebene von radargeschädigten Soldaten der NVA sind it Hinterbliebenen von Opfern von Arbeitsunfällen leichgestellt und erhalten daher Leistungen aus der geetzlichen Rentenversicherung. Dr. Gesine Lötzsch gebene Reden Winfried Nachtwei Diese Praxis hat der Bundesgerichtshof in einem Urteil vom Februar 2008 bestätigt. Demnach haben Soldaten der NVA, die durch ihre militärische Tätigkeit Strahlenschäden erlitten haben, keinen generellen Anspruch auf Schadenersatz durch die Bundesregierung. Etwaige Ansprüche aus Zeiten der DDR sind laut Urteilsbegründung mit der Wiedervereinigung nicht auf die Bundesrepublik übergegangen. Auch die Vorinstanzen hatten die Klage abgewiesen. Der Einigungsvertrag bildet laut Urteil des Bundesgerichtshofes keine Grundlage für Haftungsansprüche. Die Fraktion Die Linke fordert nun in ihrem Antrag die versorgungsrechtliche Gleichstellung von Radargeschädigten der Bundeswehr mit Radargeschädigten der NVA. Das ist grundsätzlich richtig. Wenn die Fraktion Die Rechtsausschuss Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Federführung strittig Auch die Reden zu diesem Tagesordnungspunkt wollen wir zu Protokoll nehmen. Es handelt sich um die Reden der Kolleginnen und Kollegen Michael Kretschmer und Ingbert Liebing, CDU/CSU, Heinz Schmitt und René Röspel, SPD, Angelika Brunkhorst, FDP, Dr. Petra Sitte, Die Linke, Undine Kurth und Krista Sager, Bündnis 90/Die Grünen.1)


(A) )


(B) )

Rolf Kramer (SPD):
Rede ID: ID1620228500




(A) )


(B) )

Birgit Homburger (FDP):
Rede ID: ID1620228600
Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1620228700




(A) )


(B) )

Winfried Nachtwei (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1620228800







(A) (C)


(B) )


Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 16/11760 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Die Federführung ist
jedoch strittig. Die Fraktionen der CDU/CSU und der
Linke in ihrem Antrag allerdings fordert, die Bundesre-
gierung müsse sich ihrer Verantwortung für strahlenge-
schädigte ehemalige NVA-Angehörige stellen und auch
die Passiva der NVA übernehmen, dann muss sich die
Linke, die zu erheblichen Anteilen Nachfolgepartei der
SED ist, eine Frage an ihre Glaubwürdigkeit gefallen las-
sen: Warum setzt sie sich nicht mit demselben Engage-
ment auch für die Rehabilitation und Entschädigung von
politischen Opfern des SED-Regimes ein?


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1620228900

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf

Drucksache 16/8116 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen, wobei die Federfüh-
rung beim Verteidigungsausschuss liegen soll. Sind Sie
damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die
Überweisung so beschlossen.

Ich rufe den Zusatzpunkt 8 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Undine
Kurth (Quedlinburg), Bärbel Höhn, Krista Sager,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Experimente zur Meeresdüngung dürfen ma-
rine Ökosysteme nicht belasten

– Drucksache 16/11760 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Auswärtiger Ausschuss

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1)
(D

PD wünschen die Federführung beim Ausschuss für
ildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung. Die
raktion Bündnis 90/Die Grünen wünscht die Federfüh-
ung beim Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Re-
ktorsicherheit.

Ich lasse zuerst über den Überweisungsvorschlag der
raktion Bündnis 90/Die Grünen abstimmen. Wer
timmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Gegen-
timmen? – Enthaltungen? – Dann ist der Überweisungs-
orschlag bei Zustimmung der Fraktion Bündnis 90/
ie Grünen abgelehnt.

Ich lasse nun über den Überweisungsvorschlag der
raktionen der CDU/CSU und der SPD – Federführung
eim Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfol-
enabschätzung – abstimmen. Wer stimmt für diesen
berweisungsvorschlag? – Gegenstimmen? – Enthaltun-
en? – Der Überweisungsvorschlag ist gegen die Stim-
en von Bündnis 90/Die Grünen mit den Stimmen aller

brigen Fraktionen angenommen.

Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-
rdnung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
estages auf morgen, Freitag, den 30. Januar 2009,
Uhr, ein.

Die Sitzung ist geschlossen.