Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf:
Fragestunde
– Drucksache 16/11124 –
Wir kommen zunächst zum Geschäftsbereich des
Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Zur
Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär
Andreas Storm bereit.
Die Frage 1 der Abgeordneten Cornelia Hirsch wird
schriftlich beantwortet.
Die Frage 2 der Kollegin Cornelia Hirsch wird eben-
falls schriftlich beantwortet.
Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums des Innern. Zur Beantwortung – –
– Gut. Dann rufe ich den Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums der Finanzen auf. Zur Beantwortung der
Fragen steht die Parlamentarische Staatssekretärin
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Redet
Nicolette Kressl bereit.
Ich rufe die Frage 4 der Kollegin Dr. Christel
Happach-Kasan auf:
Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass das in
der vergangenen Woche vom Bundestag verabschiedete Erb-
schaftsteuergesetz einen erheblichen bürokratischen Aufwand
insbesondere für mittelständische Familienbetriebe in der
Land- und Forstwirtschaft verursacht, und wie ist dieser er-
höhte bürokratische Aufwand mit dem von der Bundesregie-
rung mehrfach erklärten Ziel des Bürokratieabbaus vereinbar?
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Sehr geehrte Kollegin, ich möchte ausdrüc
nen, dass wir die Befürchtungen, es gebe gera
sen Bereich einen erhöhten bürokratischen
nicht teilen.
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Frau Kollegin, auch diese Einschätzung teile ich aus-
drücklich nicht. Ich finde es ganz besonders spannend,
dass Ihre Frage an dem Punkt „Vermeidung von Büro-
kratie“ ansetzt. Nun können wir gemeinsam einmal
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Frau Kollegin, Sie haben nicht die Möglichkeit, eine
eitere Zusatzfrage zu stellen. Es tut mir leid.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeri-
ms des Innern auf. – Herzlich willkommen, Herr
ltmaier. Sie stehen zur Beantwortung der Fragen bereit.
Ich rufe die Frage 3 des Kollegen Wolfgang Wieland
uf:
Welche Haltung nimmt die Bundesregierung zu den Vor-
schlägen des Bundesministers des Innern, Dr. Wolfgang
Schäuble, ein, das Abstimmungsverfahren oder Entschei-
dungsquorum im Bundesrat so zu verändern, dass die einfa-
che Mehrheit der Stimmen entscheidend ist, und welche Pläne
hat die Bundesregierung, einen Vorschlag mit dem Ziel der
Veränderung des Entscheidungsquorums oder Abstimmungs-
verfahrens im Bundesrat vorzulegen?
Bitte schön.
P
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Es handelt sich um
inen Vorschlag, den der Bundesminister des Innern und
er stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestags-
raktion, Herr Körper, in ihrer Eigenschaft als Mitglieder
er gegenwärtigen Föderalismuskommission gemacht
aben.
Dies ist allerdings kein neuer Vorschlag. Sowohl Herr
chäuble als auch Herr Körper haben einen Vorschlag
ufgegriffen, den die vorherige Bundesregierung im
ahmen der Beratungen der ersten Föderalismuskom-
ission bereits im Jahr 2003 gemacht hat. Dieser Vor-
chlag wird im Übrigen auch von namhaften Experten
nterstützt. Er war zum Beispiel Gegenstand der Vor-
chläge der Bertelsmannkommission „Verfassungspoli-
ik und Regierungsfähigkeit, Entflechtung 2005“. Er
ird auch vom Konvent für Deutschland und dessen
orsitzenden, dem ehemaligen Bundespräsidenten Pro-
essor Dr. Roman Herzog, vertreten.
Die Bundesregierung hat zu diesem Vorschlag keinen
eschluss gefasst, weil es sich um einen Vorschlag von
itgliedern der Föderalismuskommission handelt. Ich
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 192. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 3. Dezember 2008 20657
)
)
Parl. Staatssekretär Peter Altmaier
habe allerdings keinen Zweifel, dass sich die frühere
Haltung der Bundesregierung im Vergleich zu heute
nicht verändert hat.
Ihre Zusatzfragen, bitte.
Das Letzte war nicht recht verständlich, Herr Staats-
sekretär. Wollen Sie damit, dass sich die frühere Haltung
der Bundesregierung nicht verändert habe, sagen, dass
diese Bundesregierung alle Meinungen der Vorgängerre-
gierung übernimmt? Das wäre erstaunlich, aber so klang
es.
Wie kommt es denn, dass der Vorschlag gerade in
dem Moment gegenüber der Öffentlichkeit geäußert
wurde, als die Regierung zum ersten Mal in dieser Le-
gislaturperiode keine Mehrheit im Bundesrat für ein Ge-
setz bekam? Halten Sie es für einen guten Stil, dann vor-
zuschlagen, die Spielregeln zu ändern, weil man einmal
im Bundesrat durchgefallen ist?
P
Herr Kollege Wieland, Sie wissen, dass das Prinzip
der Diskontinuität zwar für Gesetzesvorlagen gilt, die in
den Bundestag eingebracht werden. Es gilt aber selbst-
verständlich nicht für Auffassungen und Haltungen der
Bundesregierung. Wenn wir von bisher vertretenen Auf-
fassungen abweichen, dann pflegen wir dies in aller Re-
gel auch zu sagen.
Im Übrigen ist der damalige Vorschlag der Bundesre-
gierung, der Ihre Fraktion durchaus nahe stand, auf ein
breites positives Echo gestoßen. Ich zitiere aus einer
Pressemitteilung der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/
Grünen vom 2. April 2003. Wörtlich heißt es:
In diesem Zusammenhang gilt es auch, das behä-
bige Abstimmungsverfahren im Bundesrat zu refor-
mieren. Zur Diskussion steht dabei die Frage, ob
durch Enthaltungen einzelner Länder im Bundesrat
das Zustandekommen der erforderlichen Stimmen-
mehrheit weiterhin verhindert werden kann.
Ich möchte Ihnen die Frage stellen, ob Sie denn Ihre
Meinung geändert haben, nur weil das konkrete Abstim-
mungsverhalten zum BKA-Gesetz dann zu einem Ergeb-
nis führen würde, das Ihnen möglicherweise nicht ge-
nehm ist.
Ich bin ja nicht kleinlich, aber derzeit spielen wir „Re-
gierung fragt, Abgeordnete antworten“. Das können wir
gern auch einmal machen.
Nun zu meiner Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, müssen wir denn nicht beide fest-
stellen, dass im Rahmen der Föderalismusreform I, die
Raum geboten hätte, so etwas zu machen, dieser Vor-
schlag erkennbar nicht verfolgt wurde, und zwar weder
im Paket der alten Bundesregierung enthalten war noch
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uf die Rechte einzelner Abgeordneter legt, Verständnis
aben müssten.
Wir sind damit am Ende dieses Geschäftsbereiches.
ielen Dank, Herr Staatssekretär, für die Beantwortung
er Fragen.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Auswärtigen Am-
es auf. Die Beantwortung übernimmt Herr Staatsminis-
er Dr. Gernot Erler.
Die Frage 5 des Kollegen Axel E. Fischer, die sich
it Menschenrechtsverletzungen im indischen Bundes-
taat Orissa beschäftigt, muss nach den Gepflogenheiten
es Hauses schriftlich beantwortet werden.
Die Frage 6 des Kollegen Omid Nouripour wird eben-
alls schriftlich beantwortet.
Die Frage 7 des Kollegen Ernst-Reinhard Beck wird
benfalls schriftlich beantwortet.
Wir kommen damit zum Geschäftsbereich des Bun-
esministeriums für Wirtschaft und Technologie. Zur
eantwortung der Fragen steht die Parlamentarische
taatssekretärin Frau Dagmar Wöhrl bereit.
Ich rufe die Frage 8 des Abgeordneten Christian
ange auf:
20658 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 192. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 3. Dezember 2008
)
)
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner
Hält es die Bundesregierung für möglich, dass die Anga-
ben über die Entwicklung der Unternehmenskonzentration in
auf einer fehlerhaften Datenbasis basieren und somit auch die
Ergebnisse und die daraus gezogenen Schlüsse falsch sein
könnten, bzw. wie sonst erklärt sich die Bundesregierung die
gravierende Veränderung der Datenbasis zwischen dem Be-
richtsjahr 2003 und dem
Berichtsjahr 2005, nachdem in Deutschland im Berichtsjahr
2003 mindestens 514 454 Konzerne und sonstige Unterneh-
mensgruppen existiert haben, denen 173 645 mehrheitlich
kontrollierte Unternehmen angehören ,
und im Berichtsjahr 2005 nur von 117 793 Konzernen und
sonstigen Unternehmensgruppen mit 195 502 Unternehmen
ausgegangen wird ?
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Die Frage betrifft einen vermuteten Qualitätsabfall
bei der Berichterstattung der Monopolkommission in
den letzten beiden Jahren. Die Angaben über die Ent-
wicklung der Unternehmenskonzentration entsprechen
jedoch dem aktuellen Kenntnisstand der Monopolkom-
mission und der amtlichen Statistik. Eine grundsätzliche
Veränderung der Datenbasis zwischen dem XVI. Haupt-
gutachten der Monopolkommission, das sich auf das Be-
richtsjahr 2003 bezieht, und dem XVII. Hauptgutachten
der Monopolkommission, das sich auf das Berichtsjahr
2005 bezieht, ist nicht gegeben.
Tatsächlich hat es einen konzeptionellen und metho-
dischen Wechsel in der Konzentrationsberichterstattung
gegeben, den die Monopolkommission im XVII. Haupt-
gutachten ausführlich erläutert hat. Mit dem Umstieg auf
das Unternehmensregister der amtlichen Statistik konnte
auf diese Weise erstmals eine umfassende Berichterstat-
tung über nahezu alle Wirtschaftsbereiche erfolgen. Es
wurden nunmehr Unternehmen aus nahezu allen Wirt-
schaftsbereichen in Deutschland mit einem steuerbaren
Umsatz von mindestens 17 500 Euro und mindestens ei-
nem sozialversicherungspflichtig Beschäftigten erfasst,
also bei weitem mehr als früher. Gleichzeitig konnte er-
reicht werden, dass in der Berichterstattung über den
Konzentrationsstand der deutschen Wirtschaft die wirt-
schaftlich aktiven und damit konzentrationsrelevanten
Unternehmen berücksichtigt werden.
Im XVI. Hauptgutachten musste die Monopolkom-
mission für Aussagen über Unternehmensgruppen noch
auf die Datenbasis privater Anbieter zurückgreifen, die
auch Angaben zu wirtschaftlich nicht aktiven Einheiten
enthält.
Ihre Zusatzfragen, bitte.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Frau Staatssekretä-
rin, entnehme ich Ihren Worten zu Recht, dass die aufge-
zeigten Daten von 2003 auf 2005, also die Veränderung
von 173 645 Unternehmensgruppen auf nur noch
40 459, trotz der Umstellung, auf die Sie verwiesen ha-
ben, eine Konzentrationsbewegung zeigen, die sich in
der deutschen Wirtschaft sozusagen jenseits der Öffent-
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Frau Kollegin Kurth.
Undine Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):
Frau Staatssekretärin, ich hoffe immer noch, dass ich
etwas falsch verstanden habe. Deshalb frage ich noch
einmal nach: Habe ich es richtig verstanden, dass in der
BGR durch den Quartalsbericht bekannt war, dass man
es in der Asse mit kontaminierter Lauge zu tun hat, dass
man dies aber, weil man nicht für die Bewertung dieser
Situation zuständig war, nicht entsprechend weiterge-
meldet hat? Mich erinnert das an die Situation: Es
brennt. Aber da ich nicht dafür zuständig bin zu melden,
dass es brennt, gucke ich mir den Brand an.
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Da die BGR vom Forschungsministerium beauftragt
gewesen ist, weiß ich nicht, was die BGR im Rahmen
dieses Auftrages an das BMBF weitergegeben hat. Das
entzieht sich meinem Wissensstand. Sie wissen, dass die
Zuständigkeit für die Asse II ab 1. Januar 2009 vom
BMBF auf das BMU übergeht. Da der Auftrag, hier gut-
achterlich tätig zu werden, vom BMBF ausging, kann
ich Ihnen nicht sagen, inwiefern hier Nachrichten wei-
tergegeben worden sind oder nicht.
Das Wort zu einer weiteren Zwischenfrage hat der
Kollege Steenblock.
Frau Staatssekretärin, mittlerweile schreit das Ant-
wortverhalten der Bundesregierung an dieser Stelle fast
nach einem Untersuchungsausschuss. Aber ich frage
noch einmal konkret nach. Ich kann ja verstehen, dass
Sie sagen, die nachgeordnete Stelle Ihres Ministeriums
war dafür nicht zuständig und ging davon aus, dass an-
dere, zuständige Behörden reagieren würden.
Nun ist die Kontamination in diesem Bereich der
Asse ziemlich dramatisch; das haben wir in diesem Jahr
bemerkt. Der Ihrem Ministerium nachgeordnete Bereich
hat aufgrund fehlender Zuständigkeit nicht sofort re-
agiert, wusste aber, dass wochenlang, monatelang, jahre-
lang nichts passierte, obwohl eine Kontamination in der
Asse stattfindet. Aufgrund dieses Wissens hätte man sich
doch verantwortlich fühlen und das Ministerium infor-
mieren müssen. Das ist aber nicht geschehen; das haben
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, nach dem die Hartz-IV-Regelsätze nicht
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Herr Staatssekretär, ist es aus Ihrer Sicht dem gesun-
den Menschenverstand nicht deutlich näher, dass man ei-
nen Staatsvertrag zum Bau einer Brücke – das ist ja der
Inhalt des Staatsvertrages – nur dann schließt, wenn man
weiß, was man will? Für die Planung aber – wie Planung
funktioniert, weiß auch ich so in etwa – brauchen wir
keinen Staatsvertrag. Das kann man weit unterhalb die-
ser Ebene handhaben und sagen: Wir schaffen erst ein-
mal durch Untersuchungen Klarheit – da bin ich immer
dabei –, was eigentlich gemacht werden muss und wie
teuer es wird, und dann schließen wir einen Vertrag, um
das Geplante zu bauen. Dann ist auch klar, wie viel jeder
dazu beiträgt. Wir sind immerhin mit knapp 1 Milliarde
Euro dabei. Es ist nicht so, dass die Dänen das ganze Ri-
siko tragen. Vielmehr sind auch wir mit sehr viel Geld
dabei.
Deshalb noch einmal die Frage: Wäre die Reihen-
folge der Entscheidungen andersherum nicht sinnvoller,
nämlich dass man zunächst einmal alle notwendigen Un-
tersuchungen durchführt, sodass man weiß, was auf ei-
nen zukommt, und dann über das konkrete Projekt einen
Staatsvertrag schließt?
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Frau Staatssekretärin, natürlich ist es richtig, und es
st sicherlich auch unstreitig, dass es dem Klima egal ist,
o CO2 gespart wird. Es ist ganz sicher auch richtig,
ass man darüber nachdenken muss, wie sich dies im in-
ernationalen Kontext verhält und wie man das berech-
en muss.
Vor dem Hintergrund der Klimakonferenz in Poznań
rage ich nun: Ist es Ihrer Meinung nach nicht auch für
ie Glaubwürdigkeit und für die Durchsetzungskraft
eutscher Vorschläge eine ganz entscheidende Frage, in-
ieweit die Bundesrepublik Deutschland – quasi als
empovorgeber – bereit ist, zu zeigen, was sie selbst im
igenen Territorium leisten will? Sind 50 Prozent im
usland für die Glaubwürdigkeit in Bezug auf Poznań
icht viel zu viel?
A
Sehr geehrte Frau Kollegin Kurth, glauben Sie mir,
ch bin viel in der Welt unterwegs. Deutschland hat im
inblick auf die eigenen Klimaschutzanstrengungen und
m Hinblick auf die technologische Vorreiterrolle in der
elt eine hohe Reputation. Das wird sich bei den Klima-
erhandlungen jetzt und auch im nächsten Jahr in Ko-
enhagen wieder erweisen und die Verhandlungen posi-
iv voranbringen.
Es gehört zur Glaubwürdigkeit im Rahmen internatio-
aler Verhandlungen und eines internationalen Klima-
chutzregimes, dass genügend Mittel für den Technolo-
ietransfer zur Verfügung stehen, damit Schwellenländer
nd Entwicklungsländer überhaupt die Chance haben, an
iesem internationalen Klimaschutzregime beteiligt zu
erden. Über CDM und JI haben wir die Möglichkeit,
olche Finanzmittel zu organisieren und mithilfe des
echnologietransfers entsprechende Projekte zu finan-
ieren.
20672 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 192. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 3. Dezember 2008
)
)
Herr Kollege Thiele, auch Sie haben noch eine Zu-
satzfrage.
Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. – Frau Staatsse-
kretärin, wir führen jetzt gerade auf europäischer Ebene
die Diskussion über den Emissionshandel. Werden die
Atomkraftwerke in Frankreich berücksichtigt, und, wenn
nein, wie stellt sich das im Verhältnis dar, wie viel Geld
ist in Deutschland mehr aufzuwenden als in Frankreich?
A
Ich weise noch einmal darauf hin, dass die Verhand-
lungen noch nicht abgeschlossen sind. Sie sind auf der
Zielgeraden und werden Ende nächster Woche abge-
schlossen. Wenn das Ergebnis vorliegt, wird man genau
solche Dinge berechnen können.
Ich rufe die Frage 34 der Kollegin Bärbel Höhn auf:
Sind Medienberichte zutreffend, dass die Bundesregie-
rung, anders als vom Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit, Sigmar Gabriel, zunächst gefor-
dert, bei den Verhandlungen über die Ausgestaltung des
europäischen Emissionshandels die kostenlosen Zuteilungen
von Emissionszertifikaten nicht mehr davon abhängig macht,
dass die betroffenen Industrien im internationalen Wettbewerb
stehen, und welcher prozentuale Anteil der deutschen Indus-
triebetriebe wäre danach von der Auktionierung der Zertifi-
kate ausgenommen?
A
Ich beantworte die Frage wie folgt: Nach Auffassung
der Bundesregierung ist die CO2-Intensität einer Bran-
che das vorrangige Kriterium zur Festlegung der von
Carbon Leakage betroffenen Sektoren. Dieses Kriterium
sowie die Schwellenwerte sollten in der Richtlinie ver-
ankert werden. Damit schafft man den gewollten EU-
weit einheitlichen Ansatz. Es muss so früh wie möglich
Rechtssicherheit geschaffen werden. Die Verhandlungen
über die Festlegung geeigneter Kriterien sind allerdings
weder auf nationaler noch auf europäischer Ebene abge-
schlossen, sodass zum gegenwärtigen Zeitpunkt der An-
teil der ausgenommenen Branchen nicht exakt angege-
ben werden kann.
Ihre Zusatzfragen, Frau Höhn.
Frau Staatssekretärin, ich will den Strombereich aus-
klammern; dazu stelle ich gleich meine zweite Nach-
frage. Jetzt möchte ich die Industrie ohne den Strombe-
reich betrachten. Ich würde gerne Folgendes von Ihnen
wissen: In den Umweltverbänden kursieren Gerüchte,
dass über 90 Prozent der Industriebetriebe ausgenommen
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erden und die Zertifikate umsonst bekommen sollen.
as wäre eine absolute Aushöhlung des Emissionshan-
els. Gibt es diese Diskussion? Können Sie bestätigen
der dementieren, dass über 90 Prozent – einige reden
ogar von 98 Prozent – der Industriebetriebe die Emissi-
nszertifikate umsonst bekommen? Wäre das nicht eine
bsolute Aushöhlung des Emissionshandels?
A
Erstens möchte ich an der Stelle darauf hinweisen,
ass die Verhandlungen nicht abgeschlossen sind. Es
ibt Diskussionen über unterschiedliche Kriterien. Ge-
ade bei diesem Punkt liegen die Positionen der Mit-
liedstaaten und übrigens auch die Positionen der Kom-
ission und des Europaparlamentes noch sehr weit
useinander. Diese Frage wird man beantworten können,
enn das Ergebnis vorliegt.
Zweitens bedeuten Ausnahmen von Industrieunter-
ehmen von der Versteigerung nicht eine Aushöhlung
es Emissionshandels. Sie sind ja trotzdem Teil des
missionshandels und unterliegen seinen Regeln. Wir
eden über ambitionierte Benchmarks, die an diese Un-
ernehmen angelegt werden, um eine Grundzuteilung
on CO2-Zertifikaten zu bekommen. Insofern wirkt der
missionshandel dort als Lenkungsinstrument.
Uns geht es darum, sicherzustellen, dass gerade Un-
ernehmen, die in einem internationalen Wettbewerb ste-
en und die für die Versteigerung und den Kauf von
O2-Zertifikaten einen besonderen Aufwand betreiben
üssten, nicht negativ belastet werden. Wir würden dem
limaschutz einen Bärendienst erweisen. Denn die Kon-
equenz wäre, dass Unternehmen hier ihre Zelte abbre-
hen und sie außerhalb von Europa aufschlagen und dort
O2 emittieren würden. Wir wollen, dass die Unterneh-
en hier bleiben, dass sie dem strengen Emissionshan-
el hier unterliegen und dass der Emissionshandel hier
eine Lenkungswirkung entfaltet.
Sie haben noch eine zweite Zusatzfrage.
Die Antwort befriedigt nicht, weil sie eher in die
ichtung geht, die die Umweltverbände mit großem Be-
auern prognostizieren. Es wäre in der Tat eine Aushöh-
ung des Emissionshandels.
Meine zweite Nachfrage. Schauen wir uns einmal den
trombereich an: Es gibt einen Beschluss des Deutschen
undestages, dass im Strombereich 100 Prozent der Zer-
ifikate versteigert werden sollen. Nun gibt es mittler-
eile von einigen Ländern die Aussage, dass sie zumin-
est Teile nicht versteigern wollen. Bleibt die
undesregierung an dieser Stelle hart, und setzt sie die-
en Bundestagsbeschluss um? Oder passiert genau das,
as wir von den Umweltverbänden über das Verhalten
er Bundesregierung hören: dass sie sich hier als Motor
arstellt, in Brüssel aber de facto bremst und blockiert?
ilt dies letztlich auch im Hinblick auf die 100-prozen-
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 192. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 3. Dezember 2008 20673
(C)
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Bärbel Höhn
tige Versteigerung der Zertifikate im Strombereich, oder
bleibt sie hier wirklich hart?
A
Es ist nach wie vor die Position der Bundesregierung,
dass wir im Strombereich 100 Prozent der Zertifikate
auktionieren wollen. Aber auch dieser Punkt wird Teil
eines Kompromisspaketes sein. Derzeit wird ja nicht nur
über diesen Punkt verhandelt, sondern über ein gesamtes
Paket, das sich sozusagen auf der Zielgeraden befindet.
In diesem Rahmen spielt natürlich auch dieses Thema
eine Rolle.
Herr Kollege Thiele, bitte.
Frau Staatssekretärin Klug, wenn die Bundesregie-
rung die Verhandlungen in der nächsten Woche abschlie-
ßen möchte, wäre es dann nicht sinnvoll, dass sie vorher
weiß, mit welchen Rahmendaten sie in die Verhandlun-
gen geht? Wäre es nicht sinnvoller, dies vorher zu wis-
sen, anstatt nachher nur sagen zu können: „Das und das
ist dabei herausgekommen“? – Hierzu noch einmal die
Frage: Um wie viel schlechter steht Deutschland da?
A
Ich habe die Position, die Deutschland dort vertritt, in
meiner Antwort auf die eben gestellte Frage erläutert.
Dieser Verhandlungsprozess soll Ende nächster Woche
abgeschlossen werden. In den Verhandlungen gibt es ein
Geben und Nehmen, wenn wir am Ende zu einem Ergeb-
nis kommen wollen. In dieser Frage ist Deutschland mit
einer sehr klaren Haltung in die Verhandlungen gegan-
gen.
Vielen Dank, Frau Staatssekretärin, für die Beantwor-
tung der Fragen.
Wir sind damit am Ende der Fragestunde und auch am
Schluss unserer heutigen Tagesordnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
destages auf morgen, Donnerstag, den 4. Dezember
2008, 9.00 Uhr, ein.
Ich wünsche allen Kolleginnen und Kollegen sowie
den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einen wunder-
schönen Abend.
Die Sitzung ist geschlossen.