Gesamtes Protokol
Guten Tag, liebe Kolleginnen und Kollegen!Ich eröffne hiermit die Sitzung des heutigen Tagesund rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf:Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs einesVierten Gesetzes zur Änderung des ZweitenBuches Sozialgesetzbuch– Drucksache 16/9690 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Arbeit und Soziales
Haushaltsausschuss gemäß § 96 GOHierfür ist heute keine Aussprache vorgesehen. Daherkommen wir direkt zur Überweisung. Interfraktionellwird Überweisung des Gesetzentwurfes auf Druck-sache 16/9690 an die in der Tagesordnung aufgeführtenAusschüsse vorgeschlagen. Gibt es dazu anderweitigeVorschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann ist die Über-weisung so beschlossen.Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf:Befragung der BundesregierungDie Bundesregierung hat als Thema der heutigen Ka-binettssitzung mitgeteilt: In Form – Deutschlands Initia-nedSSjdwvgsaKvsevHhmeEvdRedettive für gesunde Ernährung und mehr Bewegung.Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Berichthaben der Bundesminister für Ernährung, Landwirt-schaft und Verbraucherschutz, Horst Seehofer, und dieBundesministerin für Gesundheit, Ulla Schmidt.Horst Seehofer, Bundesminister für Ernährung,Landwirtschaft und Verbraucherschutz:Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Das Bundeskabinett hat heute die konkrete Ausgestal-tung des Aktionsplans „In Form – Deutschlands Initia-tive für gesunde Ernährung und mehr Bewegung“, wassehr gut zu einem Großereignis, das zurzeit stattfindet,passt, beschlossen. Die Eckpunkte dieses Akhaben wir bekanntlich im Mai des letzten Jahbinett beraten und beschlossen. In der Zwisces gelungen – so etwas ist in der deutschen
Metadaten/Kopzeile:
18118 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2008
)
)
Vielen Dank. – Mehr Bewegung würden wir uns vor
allem bei diesem Aktionsplan wünschen. Denn die vielen
Selbstverpflichtungen, Eckpunkte, Arbeitsgruppen und
Fachgespräche bilden einen Maßnahmenkatalog, der nicht
unbedingt geeignet ist, die ernsthaften Probleme, die wir
haben, ausreichend zu lösen.
Wenn 800 000 Kinder so schwer krank sind, dass sie
adipös sind, dann müsste das ein Grund sein, konkret zu
handeln, und zwar in Form von entsprechenden Maß-
nahmen und Gesetzen. Sie bieten nun an, eine Ge-
schäftsstelle zu errichten. Meine ersten Fragen dazu lau-
ten: Was soll sie tun, wie soll ihre Arbeit konkret
aussehen? Wie soll die Koordination mit bestehenden
Einrichtungen in Bund, Ländern und Kommunen erfol-
gen? Wie bewertet die Bundesregierung den Antrag des
Landes NRW im Bundesrat? Das Land äußert darin die
Erwartung, dass alle betroffenen Akteure einbezogen
werden, eine Ausrichtung auf Risikogruppen erfolgt und
eine Zieldokumentation vorgenommen wird, und zwar
in enger Abstimmung mit den Ländern.
Darauf möchte ich antworten. Wir bewerten das posi-
tiv, weil es das bestätigt, was der Kollege Seehofer eben
bereits gesagt hat. Erstens ist es im Verlauf der einjähri-
g
e
n
t
h
E
J
u
m
u
v
w
k
h
w
s
ä
m
g
s
d
m
w
w
d
w
l
n
h
u
c
d
z
d
d
D
i
b
d
d
P
z
k
P
s
s
w
l
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2008 18119
)
)
Deswegen halte ich den Zeitplan für richtig gewählt.
Ich will Sie noch einmal fragen, Herr Minister: Wel-
che Maßnahmen sind mit dem Begriff „In Form“ ver-
bunden? Wie wird evaluiert? Welche Kampagnen wer-
den laufen? Insbesondere: Wird in allen Bereichen der
Politik darauf geachtet, dass Ernährung und Bewegung
angesprochen werden? Und wird das auch in den Me-
dien und den Vereinen eine Rolle spielen? In unserem
Land ist quasi eine kulturelle Veränderung angedacht.
Ich glaube, das wird das Hauptziel sein. Darüber möchte
ich gerne noch mehr erfahren, als bisher schon vorgetra-
gen worden ist.
Horst Seehofer, Bundesminister für Ernährung,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz:
Vielleicht kann man sich die Antwort auf diese Fra-
gen teilen, weil vieles den Bereich des Gesundheits-
wesens betrifft. – Man muss vor allem dorthin gehen, wo
die Menschen sind. Dies gilt insbesondere für die sozia-
len Schichten, in denen das Problem besonders ver-
breitet ist. Man muss in die Kindergärten gehen, in die
Schulen, in die Betriebe mit Betriebskantinen und in Se-
nioreneinrichtungen.
Angelaufen ist das mit der Verabschiedung der Eck-
punkte im Mai des letzten Jahres, und viele Akteure ha-
ben ihrerseits Aktivitäten entwickelt. Denken Sie etwa
an die Plattform Ernährung und Bewegung, bei der alle
Aktionen in einer Institution gebündelt werden. Wir wer-
den eine gemeinsame Geschäftsstelle zwischen unseren
beiden Häusern einrichten, die dies weiter koordiniert.
Wir werden künftige Projekte mit der Auflage aus-
schreiben, dass sie wissenschaftlich evaluiert werden,
damit wir bei jedem Projekt wissen, welche Wirkung da-
mit verbunden ist. Das Ganze wird von dem Gedanken
getragen: Wir warten nicht darauf, dass die Menschen
unsere Prospekte lesen, sondern wir gehen dorthin, wo
wir Menschen antreffen und erreichen können. Das ist
im Bereich des Gesundheitswesens besonders erfolgver-
sprechend.
W
k
5
w
v
d
w
b
b
T
t
l
t
s
s
a
g
K
g
G
C
l
s
h
h
s
f
o
h
z
D
d
b
u
w
s
b
b
m
n
s
D
M
s
E
ß
d
g
w
F
ür dieses Projekt ist der Kollege Seehofer zuständig –der „Fit im Betrieb“. Im Rahmen der Gesundheitsreformaben wir die Zusammenarbeit der Akteure im Betriebur Förderung der betrieblichen Prävention gestärkt.enn Menschen, die Vollzeit beschäftigt sind, halten sichie meiste Zeit des Tages in ihrem Betrieb auf. Daher ar-eiten wir mit den Unternehmen zusammen. Es werdennter anderem Programme in den Bereichen Kantine, Be-egung und Rückenschulung durchgeführt.Wir haben in der letzten Woche im Kabinett beschlos-en, im Haushaltsgesetz zu regeln, dass jeder Arbeitge-er ab dem kommenden Jahr pro Jahr und Arbeitnehmerzw. Arbeitnehmerin bis zu 500 Euro in Präventions-aßnahmen investieren kann und dass dieser Betragicht als geldwerter Vorteil behandelt werden, sondernteuerfrei bleiben soll.
adurch wollen wir auch kleinen Unternehmen dieöglichkeit geben, ihre Beschäftigten dabei zu unter-tützen, etwas für sich zu tun, zum Beispiel indem siernährungskurse oder ein Fitnessstudio besuchen. Au-erdem gibt es das Kursprogramm „Fit for Kids“ undas Projekt „Ich geh’ zur U! Und Du?“.Entscheidend ist, dass wir in den kommenden Jahrenemeinsam mit den Ländern Kompetenzzentren für Be-egungsförderung aufbauen werden, die sich mit denragen beschäftigen: Was ist ein guter Bewegungs-
Metadaten/Kopzeile:
18120 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2008
)
)
Bundesministerin Ulla Schmidtablauf? Welche Angebote wirken wirklich? Wie kannman auch älteren Menschen eine Anleitung geben, damitsie bis 100 fit bleiben, statt sie einfach nur aufzufordern,sich zu bewegen? Wenn ich solche Veranstaltungen fürÄltere besuche, stelle ich manchmal fest, dass ein 50-jäh-riger Ungeübter zum Teil Schwierigkeiten hat, mit ei-nem 85-jährigen Geübten mitzuhalten. Diese Projektemüssen wir fördern. Dabei dürfen wir kein Kind zurück-lassen. Wir müssen alle Menschen dazu anhalten, etwaszu unternehmen, damit sie bis ins hohe Alter so fit und soselbstständig wie möglich bleiben. Die vielen Aktions-programme, die ich erwähnt habe, schließen den Kreis.
Jetzt hat die Kollegin Binder das Wort.
Vielen Dank. – Meine Frage richtet sich ausdrücklich
an Herrn Minister Seehofer. Herr Minister Seehofer, die
Ergebnisse der nationalen Verzehrstudie haben deutlich
gemacht, dass es sehr wichtig ist, zur Lösung dieser Pro-
bleme zielgruppenorientiert vorzugehen. Auch aus der
KiKK-Studie zum Thema Kindergesundheit wissen wir,
wie wichtig es ist, zielgerichtet auf bestimmte Personen-
gruppen zuzugehen.
Wo zeigt sich in Ihrem Aktionsplan im Hinblick auf
sozial benachteiligte, einkommensschwache und eher
bildungsferne Bevölkerungsgruppen ein solcher ziel-
gruppenorientierter Ansatz? Wo setzen Sie an? Aus der
nationalen Verzehrstudie wissen wir, dass genau dieser
Personenkreis besonders stark von Übergewicht betrof-
fen ist. Deshalb wäre eine gesunde Ernährung für diese
Menschen besonders wichtig. Wie erreichen wir sie?
Horst Seehofer, Bundesminister für Ernährung,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz:
Zum Teil habe ich diese Frage schon beantwortet: in-
dem wir uns bemühen, gemeinsam mit anderen Akteuren
dorthin zu gehen, wo sich Kinder aufhalten, nämlich in
die Schulen und in die Kindergärten. Jeder weiß aus sei-
nem eigenen Leben: Das, was man dort mitbekommt, ist
für das gesamte Leben prägender als das, was man – um
mein Alter als Beispiel zu nehmen – als fast 60-Jähriger
vielleicht noch an „Umerziehung“ erfährt.
Das ist ein sehr wichtiger Punkt.
Darüber hinaus gibt es Sonderprojekte, zum Beispiel
das Projekt „Kinderleicht“, das in verschiedenen Regio-
nen durchgeführt wird. In diesem Rahmen wird versucht,
in sozialen Brennpunkten miteinander ins Gespräch zu
kommen. Dabei spielen auch die Sozialverbände, die Ge-
werkschaften und die Sozialversicherungen eine Rolle.
Es ist also sehr breit angelegt.
Auch die Bedeutung der Sportvereine, die uns aus-
drücklich breite Unterstützung zugesagt haben, darf man
an dieser Stelle nicht unterschätzen; denn viele Jugendli-
che sind in Sportvereinen aktiv. Diese Maßnahmen sind
viel besser, als wenn ein Minister oder ein Ministerialrat
a
a
d
P
w
g
g
g
K
d
n
L
h
w
w
B
s
g
S
m
g
r
L
v
d
e
r
W
W
g
S
d
s
f
ü
c
d
a
s
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2008 18121
)
)
ch habe gestern von einem Mitarbeiter eine Packung
it Kinderkakao bekommen. Auf dieser sind die Pro-
ente angegeben. Dies ist notwendig, weil nur die Pro-
ente eine echte, objektive Information darstellen. Über
0 Prozent der Bevölkerung sagen übrigens, dass diese
ngabe der Prozente eine echte Hilfe beim Einkauf ist.
ie Unternehmen haben mittlerweile erkannt, dass sie
iese Information für die Bevölkerung durch eine farbli-
he Unterlegung durchaus noch verbessern können.
Wir denken hier nicht an Zwang. Das wäre rechtlich
uch gar nicht möglich. Das geht nur auf europäischer
bene. Ich möchte mich ausdrücklich bei der deutschen
ebensmittelwirtschaft bedanken, die diese Verantwor-
ung im Zuge einer Selbstverpflichtung übernimmt. Das
st ein deutlicher Fortschritt gegenüber dem, was es bis-
er gab.
Auch hier sieht man wieder – das gilt für unseren gan-
en Aktionsplan –: Es bringt mehr, auf die Motivation
er Menschen und der Wirtschaft zu setzen, als Paragra-
enreiterei zu betreiben.
Herr Goldmann.
Sehr geehrter Herr Minister! Frau Ministerin! Wirind uns ja darin einig, dass Paragrafenreiterei nichtsringt. Sie hatten mich vorhin aber direkt angesprochen,eil in der Tagespresse steht, dass ich enttäuscht bin. Ichenke einmal, dass ich dafür allen Grund habe.Sie hatten einmal angekündigt, dass Sie den Mehr-ertsteuersatz auf die Schulspeisung reduzieren wollen.
Metadaten/Kopzeile:
18122 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2008
)
)
Hans-Michael GoldmannWir haben Ihnen damals schon gesagt, dass Sie sich da-rüber erst einmal mit Ihrem Finanzminister unterhaltensollten. Wir stellen heute fest, dass nach Ihrem Programmkeine entsprechende Reduzierung des Mehrwertsteuersat-zes erfolgt. Das ist aus meiner Sicht ein ernstzunehmenderWiderspruch zum Beispiel zu Ihrem Verhalten hinsicht-lich des Mehrwertsteuersatzes auf die Verköstigung vonStudenten in Mensen. Dieser wurde nämlich reduziert.Sie hatten ferner angekündigt, Sie wollten das FachErnährungslehre bzw. Hauswirtschaftslehre ganzheitlichals eigenständiges Unterrichtsfach in den Schulplänenverankern. Das haben Sie zum Beispiel den Landfrauenzugesichert. Auch hier kommt im Grunde genommennichts.Vor kurzem haben Sie noch gesagt, dass die farblicheKennzeichnung durch eine Ampel eine Verbraucherver-dummung darstellt. Jetzt stelle ich fest, dass Sie sich imGrunde genommen auf Pünktchen zubewegen. In IhremProgramm gehen Sie aber von einem ganzheitlichen Ge-sundheitsansatz und von einem ganzheitlichen Ansatzim Hinblick auf ausgewogene und die Leistung för-dernde Ernährung aus. Ich hoffe, Sie sind wie ich derMeinung, dass das durch eine Pünktchendeklarierungnicht zu erreichen ist.Deswegen müssen Sie schon zur Kenntnis nehmen,dass wir von dem, was Sie hier auf den Weg bringen,nicht überzeugt sind. Nebenbei bemerkt: Indem Sie sichselbst 2020 als Endpunkt setzen, schaffen Sie eine aben-teuerliche Perspektive. Man muss sich einmal vorstellen,wie viele Menschen mit Adipositas es danach im nächs-ten Jahrzehnt noch geben soll. Ich finde es unverant-wortlich, wenn man eine solche Perspektive aufzeigt. Ichglaube, dass Sie hier einfach nicht genügend am Ballsind.Nehmen wir als Beispiel peb. Sie wissen, dass peb– die Plattform Ernährung und Bewegung – riesige Pro-bleme hatte, die Programme, die sie sich ausgedacht unddie sie ausgearbeitet hat, umzusetzen, weil das an IhremHaus gescheitert ist, da Sie im Grunde genommen nichtbereit waren, die Vorstellungen von peb umzusetzen. Esgab Finanzierungsprobleme, doch Ihr Haus hat in denletzten drei bis vier Jahren nichts unternommen, um die-ses Problem vom Tisch zu bekommen.Insofern ist aus meiner Sicht festzustellen, dass das,was Sie auf den Weg bringen, enttäuschend ist. Es wirdunseren Anforderungen an Sie als leistungsfähigen Mi-nister – so sehen Sie sich selbst – nicht gerecht.
– Ich habe jede Menge Fragen. Sie haben sie schon ver-standen. – Warum kommt dieses Problem nicht vomTisch?Horst Seehofer, Bundesminister für Ernährung,Landwirtschaft und Verbraucherschutz:Herr Kollege Goldmann, ich habe Sie sehr gut ver-standen und kann auch Ihre Enttäuschung verstehen.Auch ich war einige Jahre in der Opposition und war indieser Situation immer wieder enttäuscht. Ich kann dasabsolut verstehen.UatbMaduuaLisrdgsh–bDe–z
Sie wissen genau, dass wir für die Schulen und dennterricht nicht unmittelbar zuständig sind,
ber trotzdem auf die Länder eingewirkt haben, mehr zuun. Das ist auch der Fall. Ich darf von meinem Heimat-undesland ausgehen, in dem das von mir versprocheneodell mit den Landfrauen durchaus praktiziert wird.
Sie gehören einer liberalen, freiheitsliebenden Partein. Insofern hoffe ich, dass wir darin übereinstimmen,ass wir dafür nicht wieder Stundentafeln, Stundenplänend ministerielle Vorschriften brauchen, sondern auchnkonventionelle Wege gehen können, indem wir nichtkademische Vollpädagogen einstellen, sondern dieandfrauen mit der Ausbildung, die sie genossen haben,n die Schulen holen, um den jungen Leute dieses Wis-en zu vermitteln.Wenn Sie erst dann zufrieden sind, wenn wir alles ge-egelt und reglementiert haben,
ann werden wir nie zusammenkommen. Wir haben aberehandelt. Insofern haben wir absolut Wort gehalten.Bei den Nahrungsmitteln gilt der halbe Mehrwert-teuersatz, der auch bei der letzten Mehrwertsteuererhö-ung nicht erhöht worden ist.
Lieber Herr Westerwelle, weil Sie das in Ihren Rede-eiträgen gelegentlich unterschlagen, wiederhole ich:ie Mehrwertsteuersätze für Nahrungsmittel sind nichtrhöht worden.
Sie müssen nicht dankbar sein, sondern sollen es nurur Kenntnis nehmen.
Wir führen jetzt eigentlich keine Debatte.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2008 18123
)
)
Horst Seehofer, Bundesminister für Ernährung,Landwirtschaft und Verbraucherschutz:Wir haben alles umgesetzt. Geben Sie konkret an, wasSie meinen.
Ich habe schon angekündigt, dass es noch sehr viele
Fragen gibt.
Horst Seehofer, Bundesminister für Ernährung,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz:
Der zuständige Staatssekretär, der gerade hinter mir
sitzt, bestätigt das. Nennen Sie mir ein Projekt, das aus
Ihrer Sicht nicht umgesetzt worden ist.
Das muss man gegebenenfalls in einer Debatte zu die-
sem Thema austragen. Jetzt möchte ich allerdings gerne
im Rahmen unserer Zeit noch einige Fragen zulassen,
bevor wir dann zur Aktuellen Stunde kommen.
Ich gebe zunächst der Kollegin Mortler das Wort.
Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Frau Minis-
terin! Erstens. Auch ich begrüße diese Initiative. Zwei-
tens ist es gut, wenn eher auf Eigenverantwortung denn
auf Gängelung gesetzt wird. Drittens begrüße ich die Ini-
tiative auch deshalb, weil ich Landfrau und Bäuerin bin
und das Ganze eine Dauerforderung von uns Landfrauen
war und ist. Bisher galten wir als altmodisch. Jetzt sind
wir offensichtlich unserer Zeit voraus.
Es gibt bereits viele Initiativen vor Ort. Meine kon-
kreten Fragen lauten: Wie werden diese Initiativen in
den Aktionsplan eingebunden? Wie verläuft die Umset-
zung vor Ort bei den Ländern bzw. bei den Kommunen?
Denn die Zielsetzung ist zwar gut, aber Erfolg ist meines
Erachtens nur dann garantiert, wenn Aktionen regel-
mäßig, flächendeckend und – wie eine Kollegin schon
sagte – zielgruppenorientiert erfolgen.
Danke schön.
Horst Seehofer, Bundesminister für Ernährung,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz:
Frau Kollegin Mortler, erstens bestätige ich ausdrück-
lich, dass die Landfrauen zu den Berufsgruppen gehören,
die uns auf diesem Sektor wegen ihrer herausragenden
Ausbildung am meisten vermitteln können. Deshalb ha-
ben wir zum Beispiel im Süden der Republik sehr darauf
gesetzt, amtlicherseits keine weiteren Planstellen zu
schaffen, wenn es um Ernährung in den Schulen oder
auch in den Kindergärten geht, sondern diejenigen zu
befragen und in die Schulen zu holen, die dafür ausgebil-
det worden sind. Das funktioniert ganz hervorragend,
übrigens auch in Sachsen-Anhalt, wie ich selbst gesehen
habe. Es ist wunderbar; dort wird das auch mit den Kin-
d
l
d
b
v
d
s
s
n
r
s
M
k
w
–
m
s
F
s
h
e
d
K
d
s
b
L
S
g
b
W
m
a
b
m
z
s
l
r
g
–
Herr Goldmann, haben Sie eine Frage?
Nein, Herr Goldmann ist nicht dran. Ich bin noch im-
er diejenige, die das Wort erteilt.
Wie ich sehe, Frau Ministerin, wollen Sie nichts dazu
agen. Dann gebe ich der Kollegin Maisch als letzter
ragestellerin das Wort.
Danke schön. – Herr Minister, meine Frage beziehtich auf das Thema Werbung für Kinderlebensmittel. Sieaben in Ihrem einleitenden Bericht dargelegt, dass Sieinen Kodex zum Thema Werbung erarbeiten wollen,ie sich bewusst an Kinder und Jugendliche richtet.önnen Sie uns sagen, welche Zielrichtung dieser Ko-ex verfolgen soll und welche Gruppen außer dem Deut-chen Werberat beteiligt sein werden? Sind auch Ver-raucherverbände und andere Initiativen daran beteiligt?Horst Seehofer, Bundesminister für Ernährung,andwirtschaft und Verbraucherschutz:Die Beteiligung der Verbraucherverbände ist bei unstandard. Bei den Inhalten geht es darum, auf freiwilli-er Ebene darauf hinzuwirken, dass man gesunde Le-ensmittel bewirbt und im Übrigen zurückhaltend ist.ir haben bei objektiv gesundheitsschädlichen Genuss-itteln wie Zigaretten viel erreicht. Wir müssen aberuch die Werbung für Dinge, die man im Allgemeinenei nicht richtiger Dosierung als problematisch einstufenuss, gerade in Kinderkanälen und Kindersendungenurückdrängen. Ich nenne bewusst kein Produkt; dennonst ist wieder von Diskriminierung die Rede. Wir wol-en aber zu Ergebnissen kommen. Nach meiner Erfah-ung mit der Lebensmittelwirtschaft wird uns das auchelingen.
Nein, nicht erst 2019.
Metadaten/Kopzeile:
18124 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2008
)
)
Herzlichen Dank. – Damit beende ich die Befragung
der Bundesregierung.
Ich rufe den Zusatzpunkt 1 auf:
Aktuelle Stunde
auf Verlangen der Fraktion der FDP
Haltung der Bundesregierung zu dem Bericht
der US-Luftwaffe über Sicherheitslücken bei
den US-Atomwaffenlagern in Deutschland
und Europa
Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem
Kollegen Dr. Guido Westerwelle für die FDP-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen undHerren! Die Berichte über eine Studie der Luftwaffe derVereinigten Staaten von Amerika, wonach es an der Si-cherheit der in Europa stationierten nuklearen WaffenZweifel gebe, weil diese Mängel aufwiesen, sind beun-ruhigend. Wir gehen davon aus, dass die Bundesregie-rung alles tun wird, um die Zweifel auszuräumen. Wirerwarten von der Bundesregierung, dass sie die Unsi-cherheiten, über die im Rahmen der amerikanischenStreitkräfte berichtet wird, nicht als amerikanische, son-dern als eigene Angelegenheit betrachtet. Das sind wirden Menschen, die in der Eifel wohnen, schuldig. Das istzuerst einmal das Wichtigste, was dazu zu sagen ist.
Herr Kollege Geisen hat in dieser Richtung mehrfachInitiativen für die Eifel ergriffen und hat sich an die Bun-desregierung gewandt. Die Fragen nach der Sicherheit,die seitens der Bundesregierung beantwortet wurden,sind nicht ausreichend geklärt. Die Zweifel finden neueNahrung durch die Berichte der Luftwaffe der USA.Diese Berichte der Luftwaffe über die Atomwaffen,die in Deutschland und Europa gelagert werden, sindbestenfalls der Anlass für diese Debatte und nicht derGrund. Der Grund ist, dass diese Atomwaffen, die es inDeutschland immer noch gibt, Relikte aus der Zeit desKalten Krieges sind, dass sie aus unserer Sicht nicht inDeutschland bleiben sollten
und dass wir sie, eingebettet und eingebunden in einewirkliche Abrüstungsstrategie, aus Deutschland abzie-hen sollten. Das wäre der richtige Verhandlungsauftragan die Bundesregierung in der NATO.
– In dieser Debatte geht es zunächst einmal um Deutsch-land. Aber, Herr Kollege, Sie weisen zu Recht aufEuropa hin.Rmdtz–btdFaDdvUdn–wDPedkwDgtandwüdgKDghwke
Wir stützen ihn dabei – Sie haben völlig Recht –, wo-ei ich überrascht bin, dass das Stützen des Außenminis-ers aus der SPD-Fraktion verlangt wird.
Meine Damen und Herren, wir nehmen zur Kenntnis,ass es in diesem Hohen Hause eine große Mehrheit derraktionen und der Abgeordneten gibt, die dieses Reliktus dem Kalten Krieg ebenfalls nicht mehr in Europa, ineutschland sehen wollen. Die Union sagt, sie wolle anieser Stationierung festhalten. Hierbei verwundert michor allem die Begründung. Der Generalsekretär dernion wird mit folgenden Worten zitiert – wir habenieses Zitat aus einer Pressekonferenz selbst sehen kön-en –:Von einseitigen Schritten, glaube ich, sollte manAbstand nehmen. Abrüstung sollte insgesamt aufbeiden Seiten stattfinden. Welche Seiten meinen Sie,
enn Sie von „beiden Seiten“ sprechen? Das ist dasenken der Konfrontation von NATO gegen Warschauerakt. Dass Sie in diesem Denken noch verhaftet sind, istin Fehler, dient nicht dem Frieden und erst recht nichter Abrüstung.
Das Beste, was wir mit diesen Waffen noch machenönnen, ist, sie dafür zu nutzen, der Abrüstungspolitikieder neue Glaubwürdigkeit zu verschaffen.
eswegen wollen wir – dies haben wir bereits in der Ver-angenheit mit mehreren Anträgen im Deutschen Bundes-g unterstrichen –, dass jetzt die Gelegenheit wahrge-ommen wird, damit in der NATO selbstverständlicharauf hingewirkt wird, dass diese Waffen abgezogenerden können, einerseits, weil Sie in den Berichtenber die Unsicherheit definitiv neue Gründe dafür fin-en, andererseits aber auch, weil wir Abrüstungssignaleeben sollten, und darum geht es. Die Zeit des Kaltenrieges ist vorbei. Wir brauchen diese Waffen ineutschland nicht. Wir wollen sie nicht. Sie sollten ab-ezogen werden. Diese Waffen dienen nicht der Sicher-eit, sondern sie vergrößern eher die Unsicherheit. Wennir Vorbild für Abrüstung in der Welt sein wollen, dannönnen wir hier mit bestem Beispiel vorangehen. Das istigentlich die gute Kontinuität deutscher Außenpolitik.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2008 18125
)
)
Dr. Guido WesterwelleAbrüstungsinitiativen aus Deutschland – das ist dasBeste, was wir aus der Geschichte lernen können.
Wir befinden uns – damit möchte ich schließen – ineiner unerfreulichen Phase, wo das Recht des Stärkerenin der Welt wieder mehr und mehr an Bedeutung ge-winnt. Wir sollten dem mit klaren deutschen Abrüs-tungsinitiativen entgegentreten, ausdrücklich natürlichin Europa und in der NATO. Es ist besorgniserregend,dass nicht nur in Russland, sondern auch durch diescheidende Administration in den Vereinigten Staatenvon Amerika die Abrüstung mehr und mehr infrage ge-stellt wird, dass Abrüstungs- und Kontrollverträge ge-kündigt und in Zweifel gezogen werden. Das ist die fal-sche Richtung. Es muss eine neue politische Richtunginitiiert werden. Deswegen appellieren wir an die Bun-desregierung, jetzt, wie übrigens auch führende amerika-nische Politiker, auf Abrüstung zu setzen. Ich sageIhnen, meine Damen und Herren Kolleginnen und Kol-legen von der Union: Seien Sie nicht die Letzten, die dieBush-Doktrin auf diesem Globus noch verteidigen.
– Ich glaube, das, was Sie da rufen, ist etwas unflätig.–Herr McCain verabschiedet sich von diesem Weg, HerrObama verabschiedet sich von diesem Weg, und es wäresinnvoll, wenn Deutschland, das ein großes Interesse anAbrüstung und daran hat, dass keine neuen Aufrüstungs-spiralen entstehen, jetzt vorangeht und auf einen Abzugdieser nuklearen Waffen setzt. In diese Richtung mussverhandelt werden. Wir wollen das, und ich hoffe aufgroße Zustimmung in diesem Hohen Hause.Vielen Dank.
Das Wort hat der Herr Parlamentarische Staatssekre-
tär Thomas Kossendey.
T
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Herr Kollege Westerwelle, lassen Sie mich zunächst ein-gangs eines versichern: Der Bundesregierung liegt wieallen anderen NATO-Partnern daran, die größtmöglicheSicherheit der in Europa lagernden Nuklearsprengköpfezu gewährleisten. Das, was wir diesem Bericht entnom-men haben, und das, was wir im Bündnis in diesem Zu-sammenhang besprechen, zeigt uns, dass wir uns diesbe-züglich keine Sorgen zu machen brauchen. Ich willdarauf gleich zurückkommen.Lassen Sie mich zu der generellen Frage der Atom-sprengköpfe einiges sagen. Einige von Ihnen erinnerns2–nSurtwbesVgadEdIVuggviidibeadpKghtbnzDKwr
Ich will Ihnen, Frau Kollegin Zapf, das gerne in Erin-erung rufen. – Dort steht:Für die überschaubare Zukunft wird eine glaubhafteAbschreckungsfähigkeit des Bündnisses nebenkonventioneller weiterhin auch nuklearer Mittel be-dürfen. Der grundlegende Zweck der nuklearenStreitkräfte der Bündnispartner ist politischer Art:Wahrung des Friedens, Verhinderung von Zwangund jeglicher Art von Krieg.o heißt es im Weißbuch zur Zukunft der Bundeswehrnd zur Zukunft der Bundeswehr im Bündnis. Aus unse-er Sicht gibt es keinen Anlass, an dieser Aussage zu rüt-eln.
Daran ändert übrigens auch nichts der Bericht, denir aus Amerika von dem Wissenschaftler Kristensenekommen haben, der die Unsicherheit bei uns über dasingepflanzt hat, was in den Lagern in Deutschland vorich geht. Auslöser für diesen Bericht war eigentlich einorgang in den Vereinigten Staaten, wo die Luftwaffeegen Sicherheitsbestimmungen im Umgang mit Nukle-rwaffen verstoßen hat. Sie können davon ausgehen,ass die Sicherheit der Nuklearwaffenlager der NATO inuropa für die Allianz von höchster Bedeutung ist und inen entsprechenden Gremien fortlaufend erörtert wird.ch will ergänzend hinzufügen: Vor drei Wochen sind dieerteidigungsminister in Brüssel zusammengekommennd haben dort den Bericht der Nuklearen Planungs-ruppe entgegengenommen. In diesem Bericht wird – soeheim er auch sein mag – regelmäßig ein Aspekt darauferwandt, wie sicher die Lager in Europa und somit auchn Deutschland sind. Unter amerikanischem Vorsitz undn Kenntnis dieses Berichts von Herrn Kristensen ist aus-rücklich festgehalten worden, dass die Lager, die sichn Deutschland befinden, sicher sind. Sie werden gutewacht. Wir hatten gerade im Verteidigungsausschussine Diskussion darüber. Ich kann Ihnen sagen: Es ginguch darum, dass die Außengrenzen dieser Lager voner Bundeswehr bewacht werden – auch von Wehr-flichtigen, Frau Kollegin Hoff – und dass der innerereis von amerikanischen Fachleuten bewacht wird. Ichlaube, das ist auch richtig so.Allerdings – da will ich auf Herrn Westerwelle einge-en – ist die Debatte, die sich anhand der Pressespekula-ionen entzündet hat, letztendlich eine Gespensterde-atte, die sich darum dreht, wer möglichst schnell alleuklearen Sprengköpfe aus Deutschland und Europa ab-iehen will. Wer das im Augenblick einseitig voneutschland verlangt, der stellt in Wirklichkeit einenernbestand der Atlantischen Allianz infrage, und erill letztendlich die Beziehungen zwischen Nordame-ika und Europa dauerhaft schwächen.
Metadaten/Kopzeile:
18126 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2008
)
)
Parl. Staatssekretär Thomas Kossendey
– Dass das bei Ihnen so ist, wundert mich nicht,
aber mich wundert, dass einige hier ihre Vergangenheitvergessen. –
Die Allianz setzt seit jeher zum Schutz des Bündnissesauch auf die Wirkung der Abschreckung von Nuklear-streitkräften. Das steht im Einklang mit dem Völkerrechtund hat übrigens ganz wesentlich zur erfolgreichen Frie-denssicherung durch das Nordatlantische Bündnis beige-tragen. Das Nuklearpotenzial der NATO sorgt eben auchdafür, dass ein Angreifer im Ungewissen bleibt, wieBündnispartner auf einen militärischen Angriff reagierenwerden.
So wird verdeutlicht, dass ein Angriff jedweder Artkeine vernünftige Option ist. Die Bundesregierung gehtwie die NATO-Partner in Europa und die NATO-Partnerinsgesamt davon aus, dass das für eine glaubwürdigeAbschreckung auf Dauer vielleicht nicht sein muss; ichaber sehe im Augenblick keine Perspektive, die in ab-sehbarer Zeit eine Änderung dieser Strategie möglichmacht. Wir werden durch diese nukleare Abschreckungnicht nur ein Mehr an Sicherheit haben, sondern wirwerden auch – das ist ein zweiter Punkt – die Möglich-keit haben, das Mitspracherecht über den Einsatz vonnuklearen Waffen innerhalb der NATO auszuüben.
Das hängt miteinander zusammen. Alle Verteidigungs-minister in den Gremien der NATO haben dies zuletztbei dem Treffen in Brüssel, von dem ich sprach, nocheinmal bekräftigt.Auch in Zukunft muss die wirksame Abschreckungs-fähigkeit aufrechterhalten werden. Deutschland gehörtals Nichtnuklearmacht dazu und wird auch im Rahmenseiner vitalen Interessen die nukleare Teilhabe weiterverteidigen. Dazu gehören nicht nur die Bereitstellungvon Trägern, zum Beispiel in Form von Flugzeugen,sondern auch das anhaltende Einverständnis zur Lage-rung von Nuklearwaffen in Europa bzw. in Deutschland.Das Bekenntnis zur nuklearen Abschreckung und un-sere Anstrengungen zur weiteren Abrüstung, zur Stär-kung der Rüstungskontrolle gehören untrennbar zusam-men. Ich sage sehr deutlich: Wer nukleare Abschreckungim Augenblick für wichtig hält – wir tun das –, kann sichnicht von den Bemühungen freikaufen, Abrüstung undRüstungskontrolle weiter voranzutreiben.Auf dem Gebiet der Abrüstung haben wir in den zu-rückliegenden Jahren Bedeutendes erreicht. Die Bundes-rdrissbfgvwhwgtwdtvpfWazWlSkpnZp1KhBskWdghttldAdNh–
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2008 18127
)
)
Das scheint mir verlässlicher, sicherer und klüger zusein.Herzlichen Dank.
Die Kollegin Inge Höger hat jetzt das Wort für die
Linke.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Warumist erst eine Studie von US-Experten nötig, um dasThema Atomwaffenlager auf die politische Tagesord-nung zu setzen?
– Aber aktuell nicht, und es ist schon lange nicht mehrüber die Frage der Beendigung der atomaren Abschre-ckung gesprochen worden.
Warum versteckt sich die Regierung hinter dem Argu-ment, man müsse Rücksicht auf Bündnispartner neh-men? Warum verstecken Sie sich hinter Konzepten dernuklearen Abschreckung? Ein Mehr an Sicherheit kanndurch Atomwaffen nie und nimmer erreicht werden,ganz im Gegenteil.
In Büchel in der Eifel lagern immer noch 10 bis20 Atomwaffen. Nach offiziellen Angaben sind diesenur unzulänglich gesichert. Es geht hier nicht um Zäune,es geht hier nicht um Beleuchtung und Sicherheitssys-teme für ein Gartenhaus, es geht um die Bewachung dertödlichsten Waffen, die der Menschheit zur Verfügungstehen.Meine Damen und Herren Regierungsvertreter, bitteschauen Sie nicht weg bei dem, was in den US-Militär-basen passiert. Das gilt übrigens genauso für andereRechtsverstöße und Gefahren, die von diesen Basen aus-gehen. Ich nenne hier nur beispielhaft die Verschleppungund Entführung von Menschen in Geheimgefängnisseoder die Unterstützung des Irak-Krieges.wiGMbwdbkdBDtdVkdgkAtluwnPgStggnbhNgwgwDdfnBad
er Zeitraum, in dem die vollständige atomare Abrüs-ung stattfinden soll, ist im Atomwaffensperrvertrag lei-er nur vage formuliert. Doch 40 Jahre waren bei dererfassung des Vertrages wohl nicht mit „naher Zu-unft“ gemeint.Nach wie vor ist die Welt weit entfernt von der gefor-erten „vollständigen Abrüstung“. Nach SIPRI-Angabenibt es weltweit 10 200 gefechtsbereite atomare Spreng-öpfe. Zusätzlich modernisieren die Atommächte ihrersenale; sie entwickeln neue Waffen und Trägersys-eme. Das gilt übrigens nicht nur für die USA und Russ-and, auch unsere europäischen Nachbarn Frankreichnd Großbritannien entwickeln ihr atomares Potenzialeiter. Die Weiterentwicklung der nuklearen Bewaff-ung ist vertragswidrig; sie muss sofort beendet werden.roteste dagegen hat die Linke bisher von der Bundesre-ierung und auch von der FDP nicht gehört. Wie wollenie denn so gegenüber dem Iran eine glaubwürdige Posi-ion einnehmen? Der Streit um das iranische Atompro-ramm lässt sich nur durch globale Abrüstungsanstren-ungen und gegenseitige Sicherheitsgarantien lösen,icht durch Sanktionen und nicht durch militärisches Sä-elrasseln.
Wenn wir Abrüstung ernst meinen – ich hoffe, das tunier alle –, dann gibt es noch viel zu tun, sowohl in derATO als auch in der Europäischen Union und auchanz direkt bei der Bundeswehr. Die US-Atomwaffenürden im Einsatzfall an die Tornados des Jagdbomben-eschwaders 33 der Bundesluftwaffe angehängt. Sieürden dann von Bundeswehrsoldaten abgeworfen.iese nukleare Teilhabe war und ist ein Verstoß gegenen Atomwaffensperrvertrag. Er verbietet es, Atomwaf-en Drittstaaten zu überlassen oder Atomwaffen anzu-ehmen. Beenden Sie diesen rechtswidrigen Zustand!eenden Sie die nukleare Teilhabe!
Wenn nun vonseiten der SPD zu hören ist, dass sie dietomare Abrüstung auch zu ihrer Sache macht, dann istas sehr begrüßenswert. Doch den Worten müssen auch
Metadaten/Kopzeile:
18128 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2008
)
)
Inge HögerTaten folgen. Die Linke erwartet von Ihnen nicht zuletztkonkrete Initiativen in der Nuklearen Planungsgruppeder NATO.Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt eine weiteregute Gelegenheit, bei der Sie Ihren Einsatz gegen dieAtomwaffen auch außerhalb des Bundestages zeigenkönnen. Kommen Sie am 30. August zur Großdemonstra-tion nach Büchel. Unterstützen Sie dort diejenigen, dieschon seit vielen Jahren darauf aufmerksam machen,welche gefährliche Altlast hier liegt.
Ich hoffe, Sie möglichst zahlreich in der Eifel zu sehen.Die Linke wird diese Proteste in Büchel unterstützen.
Der nächste Redner ist der Kollege Rolf Mützenich
für die SPD-Fraktion, der heute ebenso wie die Kollegin
Marieluise Beck Geburtstag hat. Ihnen beiden herzlichen
Glückwunsch!
Danke schön. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnenund Kollegen! Danke für die Glückwünsche! Danke fürdie Debatte! Ich finde, wir sollten uns noch einmal rück-versichern, um was es bei dieser Debatte geht und wo-rauf Hans Kristensen von der Vereinigung der amerika-nischen Wissenschaftler hingewiesen hat.Er hat auf einen Bericht der amerikanischen Luft-waffe hingewiesen, der Mängel in den europäischenStandorten feststellt, die über Nuklearwaffen verfügen.Es wird darüber berichtet, dass die Beleuchtung unzurei-chend ist, dass es Probleme bei der Umzäunung gibt unddass die Stabilität der Gebäude nicht gewährleistet ist.Ob es sich um Büchel handelt, wissen wir überhauptnicht. Dennoch bin ich der Meinung, dass sich die Bun-desregierung um diese Fragen kümmern muss, und ichglaube, das hat sie an dieser Stelle getan. Ich möchte diedort bestehenden Sicherheitsprobleme nicht unter denTeppich kehren, aber wir sollten sie gegenüber den Men-schen nicht dramatisieren. Ich zitiere Kristensen, der vorPanikmache warnt und sagt: Das heißt ja nicht, dassdiese Waffen sozusagen auf der Straße liegen und ein-fach gestohlen werden können. – Dennoch müssen wirdiesen Dingen nachgehen, und insofern lohnt sich dieseDebatte.Allerdings bin ich der Meinung – deswegen wunderteich mich eben ein bisschen –, dass wir diese Waffensys-teme schon einmal in Ramstein hatten. Dort sind sie ab-gezogen worden. Es haben sich nicht diese Fragen erge-ben, die die Bundesregierung eben angedeutet hat. IchpWdhihgnBmNsdDmWWbfPkgadlDAds2Hrüeaabhtkrbdeetkn
Ich meine nämlich, dass diese taktischen Atomwaffeneutzutage keinen strategischen Wert mehr haben undm Grunde genommen stellvertretend für die Vergangen-eit sind. Das, was im Ost-West-Konflikt militärstrate-isch möglicherweise richtig gewesen ist, kann es heuteicht mehr sein. Deshalb habe ich folgende Bitte an dieundesregierung: Solange Sie – was Sie, Herr Parla-entarischer Staatssekretär, unterstellen – innerhalb derATO noch über eine angemessene Militärstrategie mit-prechen können, sollten Sie das tun; schließlich wirdas diesbezügliche Dokument nächstes Jahr vorgelegt.as tut die Bundesregierung mit ihrer Expertise.Ich glaube, genau das ist der Punkt, auf den wir im-er wieder aufmerksam machen müssen: Abrüstung undeiterverbreitung sind zwei Seiten einer Medaille.
ir können nicht auf der einen Seite über die Weiterver-reitung sprechen, wenn wir nicht auf der anderen Seiteür Abrüstung einstehen. Das ist der entsprechendeunkt, und deshalb möchte ich darauf hinweisen: Wirönnen natürlich über die Deutschland betreffenden Fra-en diskutieren; das ist diesem nationalen Parlamentuch angemessen. Jedoch dürfen wir nicht verkennen,ass 200 Kilometer von Büchel entfernt in Belgien ähn-iche Waffensysteme liegen; diese müssen wir in dieiskussion mit einbeziehen.Noch viel wichtiger sind die russischen taktischentomwaffen. Wenn es im Hinblick auf Russland nur umie mangelnde Beleuchtung ginge, würde ich besserchlafen. Das ist aber nicht der Punkt. In Russland liegen000 taktische Atomwaffen, die möglicherweise in fremdeände kommen. Deswegen fordere ich die Bundesregie-ung, aber auch die NATO-Partner auf, mit Russlandber dieses Thema zu sprechen. Da setze ich auch aufine neue Administration, also entweder auf Obama oderuf McCain, die diese Abrüstungsfrage zu Recht wiederuf die Tagesordnung gesetzt haben.Taktische Atomwaffen – ich glaube, das ist ein Pro-lem, das wir in den 80er-Jahren eben nicht hatten – sindeute ein weltweites Phänomen. Man muss über Pakis-an, man muss über Indien sprechen, und daher wäre eslug, auch über die Möglichkeiten der weltweiten Ab-üstung und Rüstungskontrolle neu nachzudenken. Dasietet sich 2010 mit dem Atomwaffensperrvertrag an.Es ist klug gewesen, dass der Bundesaußenministerieses Thema der Abrüstungs- und Rüstungskontrolle zuinem Schwerpunkt seiner Arbeit gemacht hat, seitdemr dieses Amt ausübt. Er hat Vorschläge für die Interna-ionalisierung des Brennstoffkreislaufs unterbreitet. Dasönnte helfen, die iranische Atomkrise ein wenig auf ei-en anderen Pfad zu bringen. Er hat es auf dem Gipfel in
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2008 18129
)
)
Dr. Rolf MützenichBukarest geschafft, Abrüstung und Rüstungskontrollewieder zu Bestandteilen der Philosophie innerhalb derNATO zu machen.Im Grunde genommen erinnert er dort an eine Dis-kussion der 60er- und 70er-Jahre, die sich aus demHarmel-Bericht ergab. Man hat auf der einen Seite immerwieder über Sicherheit diskutiert und auf der anderenSeite über Abrüstung als Instrument für Kooperation. Ichkann Sie, die gesamte Bundesregierung, nur ermuntern,darüber auch weiterhin zu diskutieren. Für die einzelnenMinisterien würde sich das lohnen. Die Bundesregierungist da insgesamt auf einem guten Weg.
Wir brauchen eine neue Abrüstungskultur. Wir, die Bun-destagsabgeordneten, sind gemeinsam dieser Meinung,auch wenn es vielleicht die eine oder andere unterschied-liche Auffassung über den Weg gibt. Wir als Sozialde-mokratische Partei stehen für diese gemeinsame Abrüs-tungskultur ein.Vielen Dank.
Der Kollege Winfried Nachtwei hat jetzt das Wort für
Bündnis 90/Die Grünen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Heute Morgen hat das Bundeskabinett die Antwort aufdie Große Anfrage der Grünen zur nuklearen Abrüstungbeschlossen. Üblich ist, dass man diese Antwort direktzugestellt bekommt. Bis zur Minute haben wir sie nichtbekommen. Ich sage ausdrücklich: Dies ist ein parla-mentsunfreundlicher Akt.
Der Untersuchungsbericht der US-Luftwaffe ist imHinblick auf die Sicherheitsmängel, die festgestellt wur-den, in der Tat beunruhigend. Dieser Untersuchungsbe-richt hat daran erinnert, was der Auslöser war: SechsAtomsprengköpfe waren im vorigen August 36 Stundenlang außer Kontrolle; sie waren sozusagen Irrläufer. Au-ßerdem wird in diesem Bericht der Blick auf etliche an-dere Vorfälle gerichtet, die es in diesem Zusammenhanggegeben hat. Diese Sicherheitsfrage betrifft nicht nur dieAmerikaner, sondern auch die Europäer und Deutschen.Wie bereits angesprochen worden ist, lagern in Büchel inder Eifel in der Nähe einer Rollbahn Atomwaffen. Überdas Internet sind Informationen darüber mittlerweileleicht zu bekommen.Ich habe mit der Frage der Atomwaffen seit inzwi-schen 40 Jahren zu tun. Anfangs war dies der Fall, alsich Soldat in einer deutschen Atomwaffeneinheit war;die Pershing-Ia war damals auf unseren heutigen Ver-bündeten Polen gerichtet. Man kann durchaus sagen: Esist fantastisch, was sich seitdem geändert hat. Unser Me-cntstwHdhw–ptislATgsewHAtDTfgdsstNHAkzdUtF
Zweitens. Die Rechtfertigungen waren schon damalschwach und sehr problematisch; sie hatten – bei allerthischen Fragwürdigkeit – aber immer noch eine ge-isse Plausibilität. Heutzutage sind sie noch schwächer.err Staatssekretär, Sie haben hier von „glaubwürdigerbschreckung“ geredet: Wen wollen Sie mit diesen tak-ischen Atomwaffen denn abschrecken?
as ist wirklich Unsinn. Gott sei Dank haben Sie dieseneil Ihrer Rede vorgelesen. Wenn Sie an dieser Stellerei gesprochen hätten, dann hätten Sie das niemals soesagt.
Stichwort „bündnispolitisch notwendig“: Seit 2005 istas US-Atomwaffendepot Ramstein geräumt. Nach die-en Waffen kräht heute kein Hahn mehr. Man erinnereich außerdem an die Signale aus der US-Administra-ion, darauf könne schon längere Zeit verzichtet werden.icht einmal diese Signale werden aufgenommen. Ihrealtung ist Unsinn. Ich erspare mir, einen deutlicherenusdruck zu verwenden.In Wirklichkeit schadet dieses Festhalten an der nu-learen Teilhabe – das ist heute besonders wichtig fest-uhalten –, dem deutschen Eintreten für eine glaubwür-ige Nichtverbreitungspolitik.
nsere Erfahrung im Unterausschuss „Abrüstung, Rüs-ungskontrolle und Nichtverbreitung“ ist, dass diesesesthalten immer wieder einen Makel hinsichtlich eines
Metadaten/Kopzeile:
18130 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2008
)
)
Winfried Nachtweiglaubwürdigen Eintretens für die Nichtverbreitung dar-stellt. Hinzu kommen die ethische und die völkerrechtli-che Ebene. Bundeswehrsoldaten dürfen selbstverständ-lich keine Waffen einsetzen, die unterschiedslos wirkenund die vor allem Zivilsten treffen. Deshalb dürfen sieauch keine Antipersonenminen einsetzen.
In der Taschenkarte „Humanitäres Völkerrecht“, dievom Bundesverteidigungsministerium herausgegeben wird– Herr Staatssekretär, Sie haben uns vor wenigen Tagendie Ausgabe 2008 zugesandt; vorher gab es nur die Aus-gabe 2006 –, sind die verbotenen Kampfmittel aufge-führt. Dort steht drin, dass der Einsatz von Atomwaffenfür Bundeswehrsoldaten verboten ist.
Was heißt das im Klartext? Diesen Einsatz zu üben, istrechtswidrig. Wer solche Übungen anordnet, handeltnoch rechtswidriger.
Ich habe den Minister vor einer Woche aufgefordert,dazu Stellung zu nehmen: null. Er wird von Journalistengefragt: null. Dies ist ein Kopf-in-den-Sand-Stecken voreminent wichtigen rechtlichen Fragen. Im Rahmen derInneren Führung verlangen wir von den Soldaten, dasssie sich rechtmäßig verhalten. So liederlich wie Sie mitdem Recht umzugehen, schadet der Inneren Führung.
Herr Kollege, Sie müssten zum Schluss kommen.
Ja, ich komme dann zum Schluss.
Es ist schon mehrfach gesagt worden: Die taktischen
Atomwaffen sind ein Relikt des Kalten Krieges. Im Be-
reich der Chemiewaffen machen wir die Erfahrung, dass
es dort erfolgversprechend weitergeht. Die Bundesrepu-
blik unterstützt wirksam Chemiewaffenvernichtungs-
anlagen in Russland wie sonst kein anderer. Dies ist ein
wirklich gutes Beispiel dafür, wie man bei den takti-
schen Atomwaffen weitermachen kann. Das wäre ein
wichtiger Schritt zur weiteren nuklearen Abrüstung, um
von uns aus wieder etwas mehr Schwung in die nukleare
Nichtverbreitung hineinzubringen.
Wer dieser Position auf der Veranstaltung in Büchel
am 30. August Rückhalt geben will, der sollte das tun.
Das kann – nicht alle können physisch anwesend sein,
aber möglichst viele – in der einen oder anderen Form
geschehen.
Danke schön.
d
g
r
l
K
d
s
b
d
w
g
9
d
d
d
D
d
d
k
B
u
u
s
s
e
E
n
t
v
h
w
B
m
h
S
d
d
s
d
o
A
G
w
s
s
S
a
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2008 18131
)
)
Eckart von Klaeden– Von Ihnen wird dies konsequent vorgetragen. Aber wiegesagt, man muss dann die Frage beantworten, wie manzur gültigen Nuklearstrategie der NATO steht.
Ich bin der Ansicht, dass wir, auch wenn die Notwen-digkeit der Abschreckung in den letzten Jahrzehntennach dem Ende des Kalten Krieges erfreulicherweise ab-genommen hat, zur Sicherheit unserer Bürgerinnen undBürger nach wie vor auf eine nukleare Abschreckungs-komponente angewiesen sind. Der offenkundigen Nu-klearisierung Indiens und Pakistans ist weltweit einebeschleunigte Proliferation der Nukleartechnologie ge-folgt. Wir haben – darüber diskutieren wir in diesemHause immer wieder – mit Nordkorea und dem Iran zweiStaaten, die im Hinblick auf die Nukleartechnologie vordem Überschreiten der Schwelle stehen oder diese be-reits überschritten haben.Der geografische Fokus der nuklearen Bedrohung hatsich für die NATO in Richtung Asien sowie Nah- undMittelost verlagert. Vor diesem Hintergrund wurden be-deutende und von uns unterstützte Abrüstungsschrittemöglich. Die Bedeutung der Nuklearwaffen hat sich indiesem neuen Sicherheitsumfeld geändert. Die Abhän-gigkeit der NATO von Nuklearwaffen hat sich erfreuli-cherweise weiter reduziert. Aber wir werden doch ge-rade vor dem Hintergrund dieser neuen Gefahren nichtdarauf verzichten können, dem fundamentalen Zweckder Nuklearwaffen im Bündnis nachzukommen. Dieserist ein eminent politischer, nämlich Frieden zu bewahrenund Kriege zu verhindern sowie den politischen, strate-gischen, militärischen Erfolg – wie immer Sie es auchnennen wollen – von jemandem, der mit dem Einsatzvon Nuklearwaffen rechnet oder sie in das Kalkül zieht,so weit zu minimieren, dass es dazu nicht kommt.
Wir hören doch von Ihrer Fraktion, der FDP, immerwieder die nachvollziehbaren und von mir auch gar nichtinfrage gestellten Bekenntnisse zum Existenzrecht Israelseinerseits und die ablehnende Äußerung des iranischenPräsidenten Ahmadinedschad andererseits. Jetzt zählenSie doch einfach einmal die Fakten zusammen: das irani-sche Raketenprogramm, das iranische Nuklearprogrammund schließlich die ständigen Drohungen des iranischenPräsidenten gegen Israel.
– Ich erkläre es Ihnen, Herr Westerwelle.Vor diesem Hintergrund ist ja leider das Szenarionicht unwahrscheinlich, dass der Iran irgendwann Israelmit Nuklearwaffen bedrohen könnte. Wenn wir in einerähnlichen Situation wie im ersten Irak-Krieg, alsSaddam Hussein Raketen auf Israel geschossen hat, Ab-wehrraketen an Israel liefern würden und der Iran da-raufhin erklären würde, wir würden zur Kriegspartei,dann müssten wir eine Antwort auf eine solche strategi-sche Bedrohung haben. Auf solche, leider nicht völligunwahrscheinliche Gefahren müssen wir uns dann ein-richten
uDdWEhDtttsthWbsdttADd–KbwDdIz
Elke Hoff spricht jetzt für die FDP-Fraktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrtenamen und Herren! Der Herr Staatssekretär hat ebenen Begriff „Gespensterdebatte“ benutzt.
ir diskutieren hier über ein Thema, das wirklich derrnsthaftigkeit bedarf. Es ist gut und wichtig, dass wirier und heute diese Aktuelle Stunde durchführen. Dieseiskussion zeigt nämlich, dass es im Deutschen Bundes-ag für die These von Herrn von Klaeden keine Mehrhei-en mehr gibt.
Lieber Rolf, herzlichen Glückwunsch zum Geburts-ag. Ich finde, du hast die Haltung deiner Fraktion mitehr klaren Worten dargestellt. Die Unionskollegen soll-en einmal innehalten und sich fragen, ob das, was sieier argumentativ vortragen, wirklich den politischenillen des Deutschen Bundestages widerspiegelt. Ichin sehr gespannt darauf.Herr von Klaeden, ich schätze Sie als außenpoliti-chen Fachmann wirklich sehr. Auch ich bedauere, dasser Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminis-er der Verteidigung angesichts dieses Themas allein auf-ritt. Ich hätte mir gewünscht, dass auch ein Vertreter desuswärtigen Amtes auf der Rednerliste gestanden hätte.
ie Dinge sind nämlich eng miteinander verzahnt, undas Problem bedarf einer Antwort aus beiden Bereichen.
Die Dinge sind miteinander vernetzt; vielen Dank,ollege Nachtwei.Keiner der Redner hat in irgendeiner Form die Frageeantworten können – Herr von Klaeden, auch Sie nicht –,er mit der nuklearen Teilhabe in der Bundesrepublikeutschland abgeschreckt werden soll. Ich halte es gera-ezu für einen Affront gegenüber unseren Freunden insrael, eine solche argumentative Hilfskonstruktion auf-ubauen,
Metadaten/Kopzeile:
18132 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2008
)
)
Elke Hoffobwohl die nukleare Teilhabe aus einer Zeit stammt, inder sich die Bedrohung aus der Blockkonfrontation er-gab. Selbstverständlich müssen wir über die strategischeAusrichtung unserer Sicherheitspolitik reden und unsimmer wieder neu ausrichten. Mit dieser Verknüpfunghaben Sie sich nach meiner Meinung aber einen Bären-dienst erwiesen. Das überzeugt niemanden.
Solange die Frage, wer heute abgeschreckt werdensoll, nicht beantwortet werden kann, müssen wir, dieverantwortlichen Politiker im Deutschen Bundestag, unsfragen, ob wir es unseren Bürgerinnen und Bürgern wei-terhin zumuten können, dass sich Atomwaffen auf unse-rem Territorium befinden.
Wir müssen uns doch fragen, ob es nicht viel besser ist,an dieser Stelle über ernsthafte Abrüstungsinitiativen zureden.Wir haben den Atomwaffensperrvertrag zwar ge-zeichnet, handeln zurzeit aber nicht vertragskonform. Esist ja nicht so, dass auf NATO-Ebene keine Gesprächs-bereitschaft vorhanden ist. Sowohl der NATO-General-sekretär als auch Mitglieder der NATO, insbesondere dieVereinigten Staaten, haben gesagt: Es ist okay, wennDeutschland das Thema auf die Tagesordnung setzenwill. Wir können darüber diskutieren. Lieber KollegeNachtwei, das war übrigens auch schon zu Zeiten derrot-grünen Bundesregierung der Fall. Wenn Deutschlandseine Glaubwürdigkeit in Sachen Abrüstungspolitik be-wahren will, wäre es doch ein Leichtes, dieses Themaauf die NATO-Tagesordnung zu setzen, um dann kon-struktiv und mit Blick in die Zukunft darüber diskutierenzu können.
Das erwarten wir von der Bundesregierung.
Herr von Klaeden, Sie haben eben gesagt, wir würdenAntworten schuldig bleiben. Ich hatte nicht den Ein-druck, dass Sie uns als Teil der Bundesregierung ge-meinsam mit Ihrem Koalitionspartner eine Antwort hät-ten geben können.
Sie sind zurzeit in der Regierungsverantwortung undmüssen uns deswegen zeigen, dass Ihre Gründe schlüs-sig sind.Noch einmal zurück zum Thema Sicherheit: HerrStaatssekretär, Sie haben eben behauptet, dass wir überdieses Thema im Ausschuss debattiert hätten. Wir habenes am Rande der Sitzung nur sehr kurz angesprochen.Ich hätte mir gewünscht, dass wir mehr Zeit gehabt hät-tmdudskfihkmBdIsIdÜLdÜknAdimsükddidtmMvküsg
Uta Zapf spricht jetzt für die SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!ch habe manchmal das Gefühl, dass wir an Gedächtnis-chwund leiden.
m Jahre 2005 gab es schon einmal einen FDP-Antrag;as wissen Sie selbstverständlich.
ber ihn ist damals nicht abgestimmt worden, weil dieegislaturperiode zu Ende war. Sie haben dann wie-erum einen Antrag eingebracht.Am 25. Januar 2006 gab es einen Antrag der Linken.ber ihn haben wir hier und im Ausschuss mehrfach dis-utiert. Am 7. März 2006 gab es einen Antrag der Grü-en. Beide sind abgelehnt worden. Jetzt steht noch derntrag von der FDP auf der Tagesordnung. Außer inieser Aktuellen Stunde werden wir uns, denke ich, nochn einer anderen Plenardebatte damit auseinandersetzenüssen. Denn hier haben sich ganz viele dafür ausge-prochen, endlich einmal über die NATO-Strategie undber den Abzug der Atomwaffen aus Europa nachzuden-en. In diesem Zusammenhang muss auch seriös überie Möglichkeiten der Abrüstung in der Welt insgesamtiskutiert werden.Im Übrigen hat diese Koalition am 8. November 2006n einem Antrag formuliert, dass „neue Impulse zur Re-uzierung substrategischer Nuklearwaffen in Europa sei-ens der NATO sinnvoll“ sind. Über Waffen im Zusam-enhang mit der NATO diskutieren wir doch imoment. Der Dreiklang, der hier genannt wurde, Herron Klaeden, wirkt auf mich im Moment wie ein Miss-lang. Darüber muss im Rahmen einer neuen Diskussionber die NATO-Strategie gesprochen werden. Dieseteht an und wird unter Umständen bis 2009 auf der Ta-esordnung gewesen sein. Das Europäische Parlament
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2008 18133
)
)
Uta Zapfhat in 2006 den Abzug gefordert. Das belgische Parla-ment hat ebenfalls in 2006 eine Resolution dazu be-schlossen. Es gibt ein europäisches Land, das erfolgreichwar in der Forderung, diese Waffen von seinem Territo-rium zu entfernen: Griechenland.Manchmal ist eine weitere historische Erinnerungganz wichtig. Erinnern wir uns einmal daran, was dieBundesregierung 1989 gemacht hat. Sie hat von den Al-liierten verlangt, die Kurzstreckenwaffen aus Europaabzuziehen. Wie wir wissen, war diese Forderung er-folglos. Liebe Freunde, wir haben – manchmal partei-übergreifend – im Deutschen Bundestag im Zusammen-hang mit dem Nichtverbreitungsvertrag immer wiederdieselben Forderungen gemeinsam beschlossen.Auch die NATO hat bis zum Jahre 2000 unterstützt,was die Überprüfungskonferenz in dem Jahr geforderthat. Sie hat die 13 Schritte, die zur totalen Abrüstungführen sollen, begrüßt. Einer dieser 13 Schritte ist, diesetaktischen Atomwaffen von der Welt zu entfernen. HerrMützenich hat recht: Natürlich wird das ohne Russlandüberhaupt nicht möglich sein. Aber dazu muss eben auchein Impuls gegeben werden; dieser darf nicht einseitigsein. Es hat immer wieder Impulse in der Diskussionüber die NATO-Doktrin gegeben. Ich erinnere daran,wie viel Prügel Außenminister Fischer eingesteckt hat,als er versucht hat, „no first use“ in der NATO durchzu-setzen. Er hat es nicht geschafft. Auch Herr Struck hatdie Themen Waffen und nukleare Teilhabe eingebracht.Auch er ist nicht gerade freundlich empfangen worden.Aber ich finde, wir haben angesichts der verändertenLage eine große Verantwortung, unsere Strategien zuüberdenken; offensichtlich steht Proliferation bzw.Nichtverbreitung im Moment im Vordergrund. Es kanndoch nicht sein – so hat es sich hier jetzt angehört –, dasswir mit Atomwaffen gegen potenzielle Bedrohung durchAtomwaffen, Terroristen oder militärische Überlegen-heiten angehen. Wir würden uns selber töten. Lassen Siesich einmal von einem Wissenschaftler vorrechnen, wel-che Schäden für die gesamte Umwelt und Umgebungauch nur eine ganz unbedeutende Auseinandersetzungmit atomaren Waffen verursachen würde. Wir sind gutberaten, uns wieder mehr der Abrüstung zuzuwenden, umandere mitzunehmen oder davon abzuhalten, ihrerseitsatomar aufzurüsten. Je länger wir auf der Abschreckungbestehen und je stärker sich unsere Strategien – wie dieder Amerikaner – an präemptiven nuklearen Schlägenorientieren, desto reizvoller wird es für andere, wie Iranund Libyen – das haben wir gesehen –, sich diese Waffeauch zuzulegen, weil sie meinen, mit ihr besser ge-schützt zu sein.Liebe Kolleginnen und Kollegen, dies ist auch an un-seren Koalitionspartner ein starker Appell. Ich kann inkeiner Weise das unterschreiben, was hier mit großerSelbstgewissheit über die NATO gesagt worden ist. Wirsind gut beraten, wenn wir eine internationale, aber aucheine nationale Initiative für weitere Abrüstung und füreine Veränderung der NATO-Strategie starten.Vielen Dank.
CCHddWsDnMisDkMtwhawaddgmaMNgknLsIraf
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen underren! Um mit einer sich anbahnenden Legendenbil-ung aufzuräumen: Wir alle, auch die CDU/CSU, teilenie Zielsetzung einer nuklearwaffenfreien Welt.
Nun schwappt einmal mehr eine friedensbewegteelle durch unser Land. Herr Westerwelle, dabeichwappen Sie munter mit.
as kann man auch mit guten Gründen tun. Ich teileicht alle Argumente, die unser Geburtstagskindützenich vorgetragen hat, aber sie liefern eine gute undntellektuell saubere Begründung. Damit begibt manich nicht auf das gleiche Niveau wie die Linkspartei.as ist auch unter Ihrer Würde, Herr Westerwelle. Manann das auch anders machen.
an sollte auch nicht auf der Welle des Populismus rei-en. Ansonsten ist man irgendwann ebenso ungesichertie die Waffen in Büchel.Das ist die eigentliche Frage, der wir heute nachzuge-en haben. Diese Sicherheitslücke ist tatsächlich mehrls bedauerlich. Sie muss abgestellt werden und wirdohl auch abgestellt. Vor diesem Hintergrund kann manuch über anderes sprechen. Aber die Frage ist, ob maniese Dinge in einer Weise miteinander vermengt, dieazu führt, dass die Frage des Wie, also wie wir zu dememeinsam geteilten Ziel einer nuklearfreien Welt kom-en, im Grunde ad absurdum geführt wird. Gerade aberuf das Wie kommt es an.Dazu kann ich nur sagen: Die nukleare Teilhabe istittel zum Zweck. Dieser Konnex ist in der Tat wichtig.ukleare Teilhabe sichert Mitsprache. Diese Mitspracheeht jedoch dahin, dass wir uns irgendwann in einer nu-learfreien Welt bewegen können. Und ohne wird esicht funktionieren.Es ist schon interessant, wie sich mancher profilbedachteautsprecher in diesen Tagen nicht mehr erinnert, wie erelbst in der Regierungsverantwortung gehandelt hat.
ch habe es möglicherweise aus dem Gedächtnis verlo-en, dass in den sieben Jahren der Vorgängerregierunguch nur einer oder eine einmal die nukleare Teilhabe in-rage gestellt hätte.
Metadaten/Kopzeile:
18134 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2008
)
)
Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg– Wer hat denn bitte die nukleare Teilhabe öffentlich in-frage gestellt? Wer von den FDP-Außenministern hat je-mals die nukleare Teilhabe öffentlich infrage gestellt?
– Das ist möglicherweise für alle etwas zu lange her, daskann schon sein. Herr Westerwelle, Sie sind dann wahr-scheinlich der Erste, der im ersehnten, angestrebtenAmte sofort, unverzüglich und mit entsprechender Vervedarangehen wird, diese Ziele unter plötzlicher Entde-ckung des Unilateralismus – leider an der NATO vorbei –umzusetzen. Dazu kann ich nur sagen: Das ist pure Träu-merei. Es ist ein unseriöser Ansatz, wenn wir uns mitdieser Frage so beschäftigen, wie Sie sich heute damitbeschäftigen.
Es sind überhaupt jene, die sonst immer laut und zuRecht nach Multilateralismus rufen, die plötzlich denUnilateralismus neu für sich entdecken, weil in dieserFrage nichts erreicht werden kann, ohne die Strukturender NATO zu nutzen. Es ist für uns schon eine wichtigeFrage, ob man das Bündnis für diese gemeinsame Zielset-zung nutzen kann. Dann muss man aber auch ein Stückweit Bündnisverantwortung und Bündnissolidarität zei-gen.Natürlich ist die Frage berechtigt: Nutzen uns dieWaffen in Büchel noch etwas? Weitere Fragen wären:Wohin müssten sie verbracht werden? Was ist mit ihremBedrohungspotenzial? Aber mit der Art und Weise, wieSie Ihre Forderung vortragen, werden Sie bei unserenamerikanischen Bündnispartnern nichts, aber auch garnichts erreichen. In den USA wird diese Debatte zwarnoch schüchtern und für uns alle viel zu leise geführt,aber sie wird geführt.
Wenn man aber so auftritt und solche Gründe anführtwie Sie, dann wird sich auch der neue Präsident der USAbei diesem Thema nicht bewegen. Es ist auch eine Fragedes Stils, wie man hier vorgeht.
Glauben Sie denn, dass ein Abzug der Atomwaffenaus Deutschland allein unser Land sicherer machenwürde? Wissen Sie, was passieren würde, wenn wirdiese Waffen an einen anderen Ort, den wir eher als unsi-cherer erachten, verbringen würden? Ist das ein großarti-ger Erfolg?
Ist das ein Beitrag zu unserer Sicherheit? Ist das etwas,was unserer Zielsetzung entspricht? Ich glaube, nein.Das ist eher ein bemerkenswerter Beitrag zur immanen-ten Entsolidarisierung der NATO. Das ist ein „großarti-gdaNmNwfwtWzIgeudarPdFdKZdv–HWItBdnnd
Jetzt spricht Gert Winkelmeier.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!ir sprechen heute über die US-Atomwaffenlager, spe-iell über das im Fliegerhorst Büchel in Rheinland-Pfalz.n einer US-Studie ist von gravierenden Sicherheitsmän-eln bei der Lagerung von Atomwaffen die Rede. Dasigentliche Problem sind aber die Atomwaffen selbst –nd die werden in dieser Studie leider nicht erwähnt.Ich freue mich, dass alle drei Oppositionsfraktionenen Abzug der Atomwaffen fordern. Ich freue michuch, dass sogar die rheinland-pfälzische Landesregie-ung ihren Abzug fordert. Mich ärgert aber der billigeopulismus, ja die Verhöhnung der Menschen, die beiiesem Thema vor allem bei der SPD, aber auch bei derDP Einzug gehalten haben.Wenn Herr Westerwelle und Herr Brüderle sagen,iese Waffen seien ein Überbleibsel aus dem Kaltenrieg, dann haben sie objektiv gesehen recht. In diesemusammenhang ist aber die Frage erlaubt: Wo waren Sieenn, als die Friedensbewegung diese Forderung bereitsor Jahrzehnten aufgestellt hat? Wo waren Sie damals?
Der Kalte Krieg ist seit mittlerweile 18 Jahren vorbei,err Westerwelle; das wissen Sie genauso gut wie ich.o waren Sie in den letzten zehn Jahren?
n den letzten zehn Jahren haben Sie die Friedensinitia-ive in Büchel nicht ein einziges Mal unterstützt. Herrrüderle war jahrelang stellvertretender Ministerpräsi-ent von Rheinland-Pfalz. Was hätte er in diesem Amticht alles für die Umsetzung dieser Forderung tun kön-en! Nichts hat er in diesem Sinne getan. Er hat der Frie-ensbewegung immer die Auskünfte verweigert.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2008 18135
)
)
Gert WinkelmeierEs ist erwähnt worden, dass Rheinland-Pfalz jahr-zehntelang der Flugzeugträger der NATO war; das istrichtig. Das ist eine Formulierung der Friedensbewe-gung. Politiker von CDU und FDP waren in diesemBundesland jahrzehntelang in Regierungsverantwor-tung. Sie haben dieses Bundesland hochgerüstet und mi-litaristisch geprägt. Auch Kurt Beck lässt heute keineGelegenheit aus, in den USA für den Erhalt der US-Standorte in Rheinland-Pfalz zu werben. Das machtseine jetzige Forderung nach Abzug der Atomwaffenschlicht und einfach unglaubwürdig.Ich fordere einen Verzicht auf die nukleare Teilhabe.Folgen Sie den Beispielen Kanadas und Griechenlands!Diese beiden Länder haben den Verzicht auf die nukleareTeilhabe beschlossen und werden seit diesem Beschlussallerdings nicht atomar erpresst, wie es uns die Herrenvon Guttenberg und von Klaeden von der CDU/CSUweismachen wollen.Vor zwei Jahren haben Sie alle, Kolleginnen und Kol-legen, dem Weißbuch zur Sicherheitspolitik zugestimmt.Zu diesem Zeitpunkt hätten Sie die Frage des Atomwaf-fenabzugs ansprechen können, hätten Sie die Frage dernuklearen Teilhabe ansprechen können. Sie haben zuge-stimmt, dass es Atomwaffen auf deutschem Boden gibt,weil Sie die Tornadopiloten für den Einsatz, für den Ab-wurf der Atomwaffen, ausbilden wollten. Deshalb glaubtIhnen von der Friedensbewegung niemand, dass Sie ehr-lich für den Abzug dieser Waffen eintreten.Einzig die Partei Die Linke und die Friedensbewe-gung sind glaubhaft in ihrer Forderung nach Verzicht aufMitsprache bei der Verfügung über Atomwaffen, in ihrerForderung nach dem Abzug aller Atomwaffen ausDeutschland und in ihrer Forderung nach einer atomwaf-fenfreien Zone.
Herr Kollege, Sie müssen bitte zum Ende kommen.
Ich komme zum Ende. – Herr Westerwelle, wenn Sie
es wirklich ernst meinen, dann lassen Sie sich am
30. August in Büchel blicken, wo die Friedensinitiative
Westpfalz gegen diese Waffen demonstrieren will.
– Auf mich brauchen Sie keine Rücksicht zu nehmen.
Aber ich wäre erfreut, wenn Sie sich dort sehen lassen
würden. Das wäre ein Stück Glaubwürdigkeit.
Danke schön.
Der Kollege Rolf Kramer hat jetzt das Wort für die
SPD.
H
ü
B
D
d
a
E
d
d
K
t
D
d
g
L
m
d
D
A
F
ü
m
h
g
T
z
s
d
s
N
i
s
R
h
d
h
n
m
D
W
s
s
s
s
D
h
h
g
d
A
ü
Metadaten/Kopzeile:
18136 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2008
)
)
Es kann nicht sein, dass in Deutschland stationierte Nu-klearwaffen nur unzulänglich gesichert sind. Es wäre inder Tat fatal und nicht erträglich, wenn davon aufgrundmangelhaften Schutzes keine Gefahr für irgendwelcheGegner, sondern für unsere eigene Bevölkerung aus-ginge.In diesem Bericht steht, dass die Anlagen durchWehrpflichtige, die nur neun Monate lang ausgebildetwurden, gesichert seien. Wir haben eine Wehrpflicht vonneun Monaten; das scheint den Verfassern bekannt zusein. Ich möchte jetzt nicht über Qualität reden, aber ichmöchte unsere Wehrpflichtigen in Schutz nehmen; dennnach ihrer Grundausbildung können sie in der Tat Wach-dienst leisten. Den Verweis auf eine Wehrpflicht, die da-für vielleicht generell nicht geeignet ist, halte ichshrFDddwhfdfldswduEdnADiaNkwnagEdKtfsGtSMürgalh
ür den inneren Bereich sind die Amerikaner zuständig.as ist so.Herr Kollege Kramer, ich gebe Ihnen recht, dass wiras in aller Ruhe diskutieren sollten. Ich kann Ihnen aberie Sicherheit nicht ganz geben. Auch nach 2013 haltenir Tornados vor, die nuklearwaffenfähig sind. Von da-er läuft das 2013 nicht aus.Meine sehr geehrten Damen und Herren, es kann ein-ach nicht sein, dass wir aufgrund eines Mängelberichtsen Abzug der Nuklearwaffen durch die Amerikanerordern, weil die Waffen angeblich unsicher bei uns ge-agert sind. Wenn wir zu dieser Forderung kommen under Auffassung sind, dass wir auf amerikanische undonstige Nuklearwaffen auf unserem Boden verzichtenollen, weil sich die Dinge geändert haben, dann kannies doch nur das Ergebnis einer sicherheitspolitischennd einer NATO-strategischen Diskussion sein, an derennde wir sagen: Ja, das gesamte Szenario hat sich geän-ert. Deshalb brauchen wir weder die nukleare Teilhabeoch – im Bereich der Abschreckung – die taktischentomwaffen, die mit Flugzeugen transportiert werden. –iese Diskussion vermisse ich. Die Diskussion jetzt istm Grunde sehr punktuell auf die Sicherheitsfragen stattuf das Grundsätzliche abgestellt.Ich meine trotzdem, feststellen zu müssen, dass dieATO-Strategie der Abschreckung nach wie vor Gültig-eit hat, liebe Frau Kollegin Hoff. Sie haben gefragt,en wir eigentlich abschrecken. Abschreckung ist zu-ächst einmal ein abstrakter Begriff. Ich kann jemandenbschrecken, der direkt vor mir steht, aber ich kann auchegenüber potenziellen Gefahren abschreckend wirken.s gibt eine riesige Menge an Literatur über die Strategieer Abschreckung.Wenn Sie dieses Thema vereinfachen, wie es auch derollege Westerwelle getan hat – er hat sich darüber lus-ig gemacht und gesagt, dass wir noch im Ost-West-Kon-likt seien und keine Ahnung hätten, was eigentlich pas-iert ist –, dann blenden Sie aus, welche tatsächlichenefährdungen bestehen. Sind die iranische Nuklearrüs-ung, die Atombombe von Nordkorea und der Reaktor inyrien etwa nicht real?Richtig ist aber – ich glaube, das hat der Kollegeützenich vorhin im richtigen Kontext getan –, dass wirber all diese Gefährdungen sprechen und sie in denichtigen Zusammenhang stellen müssen. Das gilt übri-ens auch für die russischen Nuklearwaffen und Nukle-rreaktoren, die noch ungesichert irgendwo im Eismeeriegen. Diese ganzen Bereiche müssen wir mit einbezie-en, statt uns punktuell auf Büchel zu konzentrieren.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2008 18137
)
)
Ernst-Reinhard Beck
Wir sind – um das ganz klar zu sagen – für Abrüs-tung. Wir sind für eine Politik der nuklearen Abrüstungund der Nichtverbreitung. Die Kollegin Zapf hat zuRecht gesagt, dies seien zwei Seiten derselben Medaille.Ziel muss aber nicht nur die weltweite Abschaffung derNuklearwaffen, sondern die weltweite Ächtung und Ab-schaffung aller Massenvernichtungswaffen sein. Diesmüsste, glaube ich, das Fernziel sein. Wir sind leidernoch nicht so weit.
– Richtig. Wir haben schon erste Schritte unternommen.Auch darauf ist bereits hingewiesen worden. 95 Prozentder Nuklearwaffen sind bereits aus Deutschland abgezo-gen worden, lieber Kollege Nachtwei.
Ich meine, der Abzug der US-Atomwaffen wäre zumjetzigen Zeitpunkt falsch. Denn im Kern geht es um dieMitsprache Deutschlands im Bündnis auf gleicher Au-genhöhe. Deshalb können wir jetzt noch nicht daraufverzichten.Vielen Dank.
Der Kollege Gerd Höfer spricht jetzt für die SPD-
Fraktion.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kol-legen! Das Aktuellste an der heutigen Debatte ist dieMeldung in der Memminger Zeitung vom gestrigenTage, die den Spiegel-Online-Bericht über Sicherheits-mängel bei der Lagerung von Atomwaffen aufgegriffenhat. Es war mir durchaus klar, dass sich daraus eineAktuelle Stunde entwickeln kann, die nichts mehr mitder Sicherheit der Lagerung zu tun hat, sondern sich mitden politischen Dimensionen von Atomwaffen insge-samt beschäftigt.In meinem Wahlkreis gab es ein Atomwaffenlager. Esbefand sich auf einer Wiese; es verfügte über Wachturmund Scheinwerfer. Das friedliche Bild wurde durchSchafherden ergänzt, die dort das Gras abgeweidet ha-ben. Die Menschen in einer benachbarten Kleinstadthaben sich immer gewundert, warum dort nur30 Amerikaner stationiert gewesen sind. Der äußereRing wurde durch Deutsche bewacht; der innere sahganz anders aus. Insofern kann mit Sicherheit bezweifeltwerden, dass dort Sicherheitsrisiken bei der Lagerungbestanden haben.Es ist aber schon fast ein Pawlow’scher Reflex: Wennvon Atomwaffen die Rede ist, dann stehen für die Men-smd–ekAepeoFheAtkfdAnbnTdsdhCidTTWsüTbkVfteisbtShnbcd
iele verkennen: Die zur Verfügung stehenden Träger-lugzeuge stehen unter NATO-Kommando und nicht un-er dem Kommando des Inspekteurs der Luftwaffe. Dasrleichtert zwar die ganze Sache nicht, hindert uns abern keiner Weise daran, den Verhandlungsweg zu be-chreiten.Wir brauchen ein wirksameres Kontrollregime alsislang. Denn wie ist es möglich, dass unter Beobach-ung aller, die für die Nichtverbreitung sind, auf einmaltaaten demonstrativ zeigen, dass sie Atomwaffenaben? Wie haben diese Staaten es geschafft, die Tech-ologie zu erwerben, zum Erstaunen aller Völker Atom-ombentests durchzuführen und schließlich Mittelstre-kenraketen erfolgreich zu testen? Das Kontrollregime,as dies eigentlich verhindern sollte, ist also nicht
Metadaten/Kopzeile:
18138 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2008
)
Gerd Höferausreichend. Die Rolle der Wirtschaft, die das ermög-licht hat, muss in diesem Zusammenhang ebenfalls ge-klärt werden.Fazit: Die heutige Debatte hat sich gelohnt. Wir soll-ten weiterhin über den Weg streiten, und zwar nichtübermorgen, sondern morgen, so bald wie möglich.Herzlichen Dank.
Damit ist die Aktuelle Stunde beendet.Ich rufe den Tagesordnungspunkt 4 auf:Abgabe einer Regierungserklärung durch denBundesminister des Auswärtigen zu den Ergeb-nissen der Afghanistan-Konferenz in ParisHierzu liegt ein Entschließungsantrag der FraktionBündnis 90/Die Grünen vor.Weiterhin ist verabredet, die Beschlussempfehlungdes Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeitund Entwicklung auf Drucksache 16/9685 sowie desAuswärtigen Ausschusses auf Drucksache 16/9711 zuden Anträgen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zurEntwicklung in Afghanistan zusammen mit diesem Ta-gesordnungspunkt als Zusatzpunkte 2 und 3 aufzurufen.Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dannwird so verfahren.Ich rufe auch die Zusatzpunkte 2 und 3 auf:ZP 2 Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-richts des Ausschusses für wirtschaftliche Zu-sammenarbeit und Entwicklung
zu dem Antrag der Abgeordneten Ute Koczy,Marieluise Beck , Volker Beck (Köln),weiterer Abgeordneter und der FraktionBÜNDNIS 90/DIE GRÜNENEntwicklung in Afghanistan – Strategien füreine wirkungsvolle Aufbauarbeit kohärentumsetzen– Drucksachen 16/8887, 16/9685 –Berichterstattung:Abgeordnete Dr. Christian RuckChristel Riemann-HanewinckelHellmut KönigshausHüseyin-Kenan AydinUte KoczyZP 3 Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
Trittin, Ute Koczy, Kerstin Müller , weite-rer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-NIS 90/DIE GRÜNENStaatsaufbau in Afghanistan – Pariser Konfe-renz zur kritischen Überprüfung und Kurs-korrektur des Afghanistan-Compacts nutzen– Drucksachen 16/9428, 16/9711 –szdkDAHßWtBDEAbJbkDdhSadDlrDuhlgiDt
Dr. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister desuswärtigen:Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen underren! Ich darf die Botschafterin Afghanistans begrü-en, die diese Debatte von der Tribüne verfolgt.
Vor einigen Wochen bekam der zivile Leiter unseresiederaufbauteams in Faizabad Besuch von den Dorfäl-esten und dem Mullah aus einem Gebirgsdorf inadakhshan, dem nordöstlichsten Teil Afghanistans.rei Tage waren die Männer unterwegs: zu Fuß, mitseln und das letzte Stück im Sammeltaxi.Sie fragen sich sicherlich: Wofür drei Tage? Diesebordnung aus dem Dorf kam bei unserem Wiederauf-auteam an und bat um Unterstützung beim Bau einerungen- und Mädchenschule. Der Leiter des Wiederauf-auteams wunderte sich, dass die Delegation für dienapp 120 Kilometer Wegstrecke drei Tage brauchte.ie Dorfältesten erwiderten darauf, dass vor zwei Jahrenie gleiche Reise noch weit über eine Woche gedauertätte. Mittlerweile gebe es allerdings auf der Hälfte dertrecke eine neue Straße. Bald werde die Straße wohluch das Dorf erreichen. Dann öffne sich für das Dorfie Welt. Das sei auch der Grund ihres Kommens. Dasorf brauche die Hilfe beim Bau der Schule, so der Mul-ah, „weil wir jetzt endlich eine Zukunft haben, und da-auf müssen wir unsere Kinder vorbereiten“.Meine Damen und Herren, das ist in der Tat nur eineorfgeschichte aus dem Pamir-Gebirge, aber sie führtns schnurstracks ins Zentrum dieser Debatte, die wireute führen. Viel zu oft verlieren wir uns bei unsereneidenschaftlichen Diskussionen um Mandate und Ober-renzen. Zu oft verlieren wir dabei den Blick, worum esm Kern in Afghanistan geht. Es geht im Kern um zweiinge: erstens um die Zukunft dieses Landes und zwei-ens und immer noch um unsere eigene Sicherheit.
)
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2008 18139
)
)
Bundesminister Dr. Frank-Walter SteinmeierDie Menschen in diesem Dorf glauben an eine bes-sere Zukunft. Das Entscheidende ist: Sie wissen, dassdiese Zukunft am Ende von ihnen selbst gestaltet werdenmuss. Sie kämpfen für ihre Schule. Sie kämpfen für einbesseres Leben ihrer Kinder. Wir reichen ihnen dabei imGrunde genommen nur die helfende Hand.
Öffnung zur Welt, Zukunft für Kinder – davon jeden-falls träumen die afghanischen Dorfleute, von denen ichberichtet habe, und sie drücken damit aus, was die Hoff-nung der übergroßen Mehrheit der Menschen in Afgha-nistan ist. Solange diese Hoffnung lebendig ist, werden,so bin ich sicher, die Taliban keine Chance haben. JederBrunnen, jede Schule, jeder Kilometer Straße ist einkleiner Sieg.
Die Afghanen – viele von Ihnen, meine Damen undHerren, waren inzwischen dort – sind ganz ohne Zweifelein stolzes, freiheitsliebendes Volk. Das kann jeder spü-ren, der mit ihnen spricht. Aber es sind auch Menschen,die nicht vergessen haben, in welches Elend sie von denTaliban gestürzt worden sind. Diese Art Steinzeit-Islamist für die Menschen in ihrer ganz übergroßen Mehrheitkeine Zukunftsverheißung.
Deshalb ist ziviler Wiederaufbau nicht nur irgendeinRandaspekt unseres Engagements in Afghanistan, son-dern er steht im Mittelpunkt. Hier entscheidet sich, obdie Hoffnung die Oberhand behält oder ob die Angst zu-rückkehrt.Meine Damen und Herren, was ich hier von dem Ge-birgsdorf in Badakhshan schildere, das ist schon langekein Einzelfall mehr. Kai Eide, der neue Sondergesandtedes Generalsekretärs der Vereinten Nationen in Afghanis-tan, hat im Rahmen der kürzlich in Paris stattgefundenenKonferenz berichtet, dass mittlerweile in 32 000 Dörfernin Afghanistan Entwicklungsprojekte erfolgreich umge-setzt worden sind. Nach dem Sturz der Taliban – ich habehierüber bereits berichtet, aber ich möchte daran erin-nern – gab es so gut wie keine Gesundheitsversorgung inAfghanistan. Mittlerweile haben 80 Prozent der Bevölke-rung Zugang zu basismedizinischer Versorgung.Das Schulsystem – Sie wissen es – war damals faktischzusammengebrochen. Heute gehen 6 Millionen Kinder inAfghanistan zur Schule, 30 000 Lehrer wurden ausgebil-det, 3 500 Schulen aufgebaut oder wiederaufgebaut. 8 Mil-lionen Minen wurden geräumt, 13 000 Kilometer Straßengebaut oder repariert. Die Menschen gründen inzwischenwieder Unternehmen. Die Wirtschaft entwickelt sich aufniedrigstem Niveau – zugegeben –, aber sie entwickeltsich in den Teilen des Landes, in denen die Sicherheits-lage besser ist, auf niedrigem Niveau stetig fort – und dasalles in sieben Jahren. Ich finde, das ist trotz aller Schwie-rigkeiten, die wir vor uns haben – diese Schwierigkeitensind gewaltig –, eine Leistung, auf die wir miteinander einbisschen stolz sein dürfen.sjdwDddglbehIHFomlAssBtnhdWbfwtvvbdhdzzTwVgnLnsm
Aber wir sollten, wie ich finde, nicht nur auf uns stolzein. Das, was vorangekommen ist, ist entscheidend den-enigen Menschen in Afghanistan zu verdanken, die voniesem Wiederaufbauwillen geprägt sind. Sie braucheneiterhin die Unterstützung unserer Soldaten, Polizisten,iplomaten und zivilen Wiederaufbauhelfer. Ich williese Gelegenheit gerne nutzen, um all denen zu danken,ie sich für eine friedliche Zukunft Afghanistans enga-ieren. Ich danke ihnen für den Mut, mit dem sie sicheidenschaftlich und – ich weiß, auch viele von Ihnen ha-en es gesehen – manchmal unter Entbehrungen dafürinsetzen, dass die Kinder in Afghanistan eine Zukunftaben.
ch will an dieser Stelle auch meinen Kabinettskollegeneidemarie Wieczorek-Zeul, Wolfgang Schäuble undranz Josef Jung für die gute Zusammenarbeit danken,hne die all das, was ich hier berichten konnte, nichtöglich gewesen wäre.
Meine Damen und Herren, trotz dieser eindrucksvol-en Fortschritte sehen viele Bürgerinnen und Bürger denfghanistan-Einsatz – ich weiß das – mit großer Skep-is. Sie selber sehen sich in Ihren Wahlkreisen auch kriti-chen Fragen ausgesetzt. Die Politik steht nicht nur unteregründungs-, sondern manchmal sogar unter Rechtfer-igungszwang. Ich glaube, wir dürfen uns diesem auchicht entziehen, weil die Bürger einen Anspruch daraufaben, dass wir unseren Afghanistan-Einsatz – und zwaras gesamte Engagement – immer wieder auf Erfolg, aufirksamkeit und auf Effizienz hin hinterfragen. Wirrauchen klare Ziele, und wir brauchen beständige Er-olgskontrolle. Wir müssen uns kritisch selbst prüfen,elche Erwartungen im kulturellen und politischen Kon-ext Afghanistans realistisch sind. Darauf haben vieleon Ihnen und darauf habe ich in meinen Reden in denergangenen Monaten immer wieder hingewiesen.Gerade wenn es um die Gesundheit und um das Le-en von Soldaten und zivilen Wiederaufbauhelfern geht,ann kann es kein einfaches „Weiter so“ geben. Deshalbat sich auch die Bundesregierung seit der letzten Man-atsdebatte im vergangenen Herbst intensiv bemüht, undwar gemeinsam mit ihren Partnern, kritisch Bilanz zuiehen. Die Afghanistan-Konferenz in Paris vor wenigenagen war aus meiner Sicht bei diesem Bemühen eineichtige Zwischenetappe. Ich darf Ihnen sagen, dass derertreter von UNAMA, der Vereinten Nationen in Af-hanistan, in dieser Pariser Konferenz eine Bestandsauf-ahme zur Umsetzung des Afghanistan-Compact vonondon erstellt hat. Diese Analyse, diese Bestandsauf-ahme haben wir in die Schlussfolgerungen im Ab-chlusskommuniqué der Pariser Konferenz übernom-en.
Metadaten/Kopzeile:
18140 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2008
)
)
Bundesminister Dr. Frank-Walter SteinmeierWas heißt das? 85 Staaten und internationale Organi-sationen waren vertreten, 20 Milliarden Dollar Wieder-aufbauhilfe – eine wahrlich stolze Summe – sind zuge-sagt worden. Wir selbst hatten 140 Millionen Eurozugesagt. Für die Zeit von 2008 bis 2010 stellen wir ins-gesamt 420 Millionen Euro zur Verfügung.Die Pariser Konferenz war aber auch deshalb ein Er-folg, weil die internationale Gemeinschaft und die afgha-nische Regierung sich auf einen Kurs verständigt haben,für den wir – Sie wissen das – schon im vergangenen Jahrintensiv geworben haben. Insofern ist der Strategiewech-sel, den Claudia Roth – sie ist nicht hier – oder WinfriedNachtwei – er ist hier – fordern, schon lange im Gange.Dazu braucht heute nicht aufgerufen zu werden.
Ich glaube, dass die Richtung in der Afghanistan-Po-litik, wie wir sie jetzt eingeschlagen haben, richtig ist.Aber alle haben recht, die sagen: Wir dürfen uns dabeinicht verzetteln, sondern wir müssen uns auf die wesent-lichen Probleme konzentrieren, das heißt, die Eigenver-antwortung der Afghanen stärken. Unser oberstes Zielmuss sein und bleiben, dass Afghanistan sich mittelfris-tig selbst helfen kann.
Ich will vier zentrale Herausforderungen nennen, dieauch Kai Eide in seinem Vortrag in Paris betont hat:Erstens. Die Reform der afghanischen Sicherheits-kräfte, gerade auch der Polizei, muss beschleunigt wer-den.Zweitens. Korruption und Schattenwirtschaft müssenmit mehr Nachdruck bekämpft werden. Auch das wareine Forderung von Kai Eide.Drittens. Die Investitionen beim Wiederaufbau, jetztganz besonders in zwei Bereichen, nämlich bei derStromversorgung und – das ist die neue Priorität beiUNAMA – vor allen Dingen bei der landwirtschaftli-chen Entwicklung, reichen bei Weitem nicht aus.
Viertens. Die Drogenbekämpfung wird nur dann er-folgreich sein können, wenn die Bauern echte ökonomi-sche Alternativen haben, und genau darum müssen wiruns mehr kümmern als in der Vergangenheit.
Wir wissen – darin sind wir uns vielleicht sogar ei-nig –, dass die Fortschritte in diesen vier Bereichen auchganz wesentlich von der afghanischen Regierung und vonder Verwaltung dort abhängen. Immerhin hat die afghani-sche Regierung mit der Nationalen Afghanischen Ent-wicklungsstrategie jetzt einen eigenen Plan zum Wieder-aufbau des Landes vorgestellt. Das macht nicht nur dasgrößere Maß an Eigenverantwortlichkeit sichtbar, das dieafghanische Regierung für sich in Anspruch nimmt, son-dern das ist auch Ausdruck von wachsendem Selbstbe-wbadzWsigAdpwZrfMwHPZsads2EdvhmtUgnvdaAerebhdIwi
Wer Afghanistan kennt – viele von Ihnen sind da ge-esen –, der weiß: Der Wiederaufbau wird noch längereeit dauern, und er wird auch eine militärische Absiche-ung auf längere Sicht brauchen. Ohne ein sicheres Um-eld wird der zivile Wiederaufbau nicht vorankommen.it anderen Worten: Wo es keine Sicherheit gibt, daächst die Angst, und wo die Angst wächst, da stirbt dieoffnung. Aus diesem Grund wird unsere militärischeräsenz weiter notwendig sein, eine Präsenz, die zumiel hat – das ist das Entscheidende –, sich eines Tageselbst überflüssig zu machen.
Das wird gelingen, wenn wir es schaffen, genügendfghanische Polizisten und Soldaten auszubilden, dieann gut motiviert für die Sicherheit im eigenen Landorgen können. Das ist der Grund dafür, weshalb wir009 über 400 europäische Polizisten im Rahmen derUPOL-Mission als Ausbilder nach Afghanistan entsen-en wollen. Das sind immerhin mehr als doppelt soiele, wie heute der EUPOL-Mission zur Verfügung ste-en.Darüber hinaus wollen wir auch weiterhin EUPOLit bilateralen Polizeiprojekten unterstützen. Wir arbei-en in der Polizeiausbildung mittlerweile auch mit denSA zusammen. Wir haben mehrere Hundert Polizistenemeinsam ausgebildet. In Masar-i-Sharif entsteht eineeue Polizeiakademie, die ebenfalls helfen soll, die zi-ile Polizeiausbildung in Afghanistan voranzubringen.Es reicht nicht, die Polizei in Afghanistan auszubil-en. Wir müssen uns auch stärker um die Ausbildung derfghanischen Armee kümmern. Wir werden die Zahl derusbilder- und Mentorenteams, der sogenannten OMLTs,rhöhen; das wissen Sie. Wir werden Ausbildungsein-ichtungen wie die Logistikschule in Kabul in Zukunftbenfalls stärker unterstützen.In dieser Debatte geht es um den zivilen Wiederauf-au, aber nachdem wir gestern die Obleute informiertaben, möchte ich es hier wiederholen: Wir haben unsarauf verständigt, dass wir die Obergrenze für dasSAF-Mandat von 3 500 auf 4 500 Soldaten erhöhenollen, zum Ersten deshalb, weil wir, wie gesagt, stärkern Ausbildung investieren wollen, zum Zweiten, um
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2008 18141
)
)
Bundesminister Dr. Frank-Walter Steinmeiermehr Spielraum beim Kontingentwechsel zu haben, undzum Dritten, weil wir uns auf die Begleitung der Präsi-dentschaftswahlen, die im Jahre 2009 in Afghanistanstattfinden, vorbereiten wollen,. Das Ganze wird einher-gehen mit einer weiteren Absenkung der OEF-Obergrenzeauf dann 800 Soldaten. Damit sinkt die Obergrenze beiOEF in zwei Jahren immerhin um 1 000 Soldaten.Meine Damen und Herren, ich habe eingangs gesagt,was aus meiner Sicht im Mittelpunkt unseres Engagementsin Afghanistan steht: die Zukunft dieses Landes und na-türlich unsere eigene Sicherheit. Letztlich ist entschei-dend zu berücksichtigen, dass beides zusammenhängt.Wir müssen verhindern, dass Afghanistan wieder zu ei-nem Rückzugsraum international tätiger Terroristenwird. Das wird aber langfristig nur gelingen, wenn die-ses Land eine gute Zukunft hat, wenn es Nahrung, Zu-gang zu Strom und Wasserversorgung gibt und Schulensowie Radiostationen und vieles andere mehr errichtetwerden. Wir müssen Umstände schaffen, unter denen dieMenschen zur Wahl gehen können. Schließlich müssenwir Umstände schaffen, in denen sich der Getreideanbaumehr lohnt als der Mohnanbau.
Ich komme zum Schluss: Ich will an einen längerenAfghanistan-Aufsatz im Magazin der Süddeutschen Zei-tung von Dietmar Herz, der erst vor wenigen Wochen er-schienen ist, erinnern. Er spannt darin – ich sehe, vielehaben ihn gelesen – einen weiten Bogen von Alexanderdem Großen über den Mongolenherrscher Timur Lengbis hin zur sowjetischen Besatzung Afghanistans undsagt: Jeder hat sich an diesem Land die Zähne ausgebis-sen. Das ist aber natürlich nicht der Schluss dieses Arti-kels; vielmehr weist Dietmar Herz darauf hin, was diesesMal in Afghanistan anders ist. Die deutschen Soldatenkommen eben nicht als Eroberer ins Land, sondern siehaben ein Konzept, „das zusammen mit den Afghanenals gleichberechtigten Partnern das Land sichern, stabili-sieren und“ – darum geht es ja in dieser Debatte – „auf-bauen“ sollte. Das ist unser Ansatz; dazu stehen wir.Die Menschen verbinden mit unserem Einsatz, dasses für sie und ihre Kinder wieder aufwärtsgeht. Hierinliegt eine Chance, die wir nicht verspielen dürfen. Dafür,meine Damen und Herren, tragen wir, wie ich denke,nach wie vor gemeinsam Verantwortung.Herzlichen Dank.
Für die FDP-Fraktion gebe ich dem Kollegen
Dr. Werner Hoyer das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Ich danke Ihnen, Herr Außenminister Steinmeier, dafür,dbniCddsuskvBdmczduzwAmhWuvd–adktgdsitVgDdD
Ich finde es auch sehr gut, dass Sie darauf hingewie-en haben, dass wir weiß Gott nicht nur Rückschlägend Misserfolge in Afghanistan zu verzeichnen haben,ondern dass wir gerade dann, wenn es um die ganz kon-rete Lebenssituation der Menschen geht, auch Erfolgeerzeichnen können. Vielleicht erzählen wir unserenürgerinnen und Bürgern zu wenig darüber.
Meine Damen und Herren, diesem Lob an die Bun-esregierung wegen der Ermöglichung dieser Debatteöchte ich allerdings eine klare Kritik hinterherschi-ken: Es gibt offensichtlich ein großes Informationsdefi-it hier im Hause. Wir tragen als Parlament die entschei-ende Verantwortung für die Sicherheit und den Auftragnserer Soldaten und darüber hinaus vieler Polizisten,iviler Wiederaufbauhelfer, Diplomaten usw. Allerdingserden wir über strategische Weichenstellungen in derfghanistanpolitik des Bündnisses nicht informiert.Das ist ein Zustand, der auf Dauer nicht haltbar ist,eine Damen und Herren. Es ist für uns und unser Anse-en nicht gut, wenn wir über die Flure des Capitols inashington laufen und dort von Kollegen auf Faktennd Berichte angesprochen werden, die diese wie selbst-erständlich haben, wir hier allerdings nicht; ich kommearauf zurück.
Ich komme ganz konkret darauf zurück, kann es aberuch gerne vorziehen, Herr Kollege. Ich werde gleichanach etwas zur Notwendigkeit sagen, für Afghanistanlare Ziele – auch Subziele – sowie Zielerreichungsstra-egien zu definieren.Wenn das Bündnis in Bukarest, wie man so hört, an-eblich genau das getan hat, was wir seit langem einfor-ern – wir haben noch nicht einmal das Recht auf Ein-icht in ein solches Dokument, und von daher wissen wirmmer noch nicht, welches die in der NATO konsentier-en Ziele sind –, dann fällt es mir als stellvertretendemorsitzenden meiner Fraktion sehr schwer, dafür zu sor-en, dass meine Fraktion beim nächsten Mal zustimmt.eswegen müssen wir das Verfahren in diesem Punkteutlich ändern.
as ist der Hintergedanke der Bemerkung von eben.
Metadaten/Kopzeile:
18142 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2008
)
)
Dr. Werner HoyerMeine Damen und Herren, wir müssen über die Zielesprechen. Eben hat der Minister gesagt: Ja, wir müssenirgendwann dazu kommen, gehen zu können, weil in Af-ghanistan etwas Selbsttragendes entstanden ist. – MeinerAuffassung nach müssen wir bei der Definition unsererZiele im Bündnis mit einem großen Schuss Demut zuWerke gehen. Wir werden bei weitem nicht das errei-chen können, was wir uns idealiter für Afghanistan vor-stellen. Denn wenn wir das nicht tun, besteht die Gefahr,dass wir uns eines Tages übernehmen, dass wir vielleichtscheitern oder dass wir dort auf Jahrzehnte militärischgebunden sind, und dann wird es mit der Zustimmungder Bevölkerung verdammt schwierig werden. Deswe-gen: Karten auf den Tisch! Was ist in Bukarest verein-bart worden? Vielleicht werden Sie uns damit sehrglücklich machen.Meine Damen und Herren, mein Kollege Königshauswird auf den Kern des Afghanistan-Compact und auf dieVereinbarung von Paris noch im Detail eingehen. Ichmuss mich hier zum Schluss auf zwei Aspekte konzen-trieren.Erstens. Die Bundesregierung hat gestern die Obleutedes Auswärtigen und des Verteidigungsausschusses un-ter Geheim und anschließend sofort die Öffentlichkeitüber die Presse darüber informiert, dass man ab Oktober1 000 zusätzliche Soldaten für Afghanistan braucht.Meine Damen und Herren, wir Liberalen haben un-sere Haltung zu den Afghanistan-Mandaten immer sehrverantwortlich, besonnen und konstruktiv wahrgenom-men.
– Das ist so, und das wird auch so bleiben. – Aber, meineDamen und Herren, einen Blankoscheck stellen wir des-wegen noch lange nicht aus.
Die Bundesregierung wird etwas präziser begründenmüssen, wie sie zum Beispiel jetzt auf die Zahl von1 000 Soldaten kommt. Das Ganze ist ja keine Lotterie;vielmehr muss eine Überlegung dahinterstehen. Dies gilterst recht, da direkt gesagt wurde: Wir wollen die Erhö-hung gar nicht gleich, sondern irgendwann einmal nut-zen. – Ich habe für Flexibilitätsforderungen sehr vielVerständnis. Nur, der Übergang zu einem Vorratsmandatvollzieht sich relativ leicht, und deswegen müssen wirpräzise argumentieren.In diesem Zusammenhang muss man ferner sehen: Danach der Übernahme der Quick-Reaction-Force-Aufga-ben ganz konkrete und brennende Sicherheitsfragenauch im Interesse der Sicherheit unserer Soldaten zu be-antworten sind, frage ich mich, warum diese Erhöhungso dringend nötig ist, obwohl sie erst im Oktober vorge-nommen werden soll. Ich stelle mir die Frage, ob wirnicht, wenn sie so dringend ist, eigentlich erwartenmüssten, dass die Bundesregierung auf das Parlamentzukommt und sagt: Wir können nicht in die Sommer-pause gehen, ohne für eine Verstärkung der Truppen ge-sorgt zu haben. – Dieser Widerspruch bedarf noch derAbdrwdtSmmBhVtHbWEsddwbgndwinSSSzsg1tAttAssdb
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2008 18143
)
)
Metadaten/Kopzeile:
18144 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2008
)
)
Wenn vor allem die schlechte Sicherheitslage Ursachefür die florierende Opiumwirtschaft ist – über die Hälftedes Schlafmohns wird allein in der Provinz Helmand an-gebaut –, dann muss dort die Durchsetzungsfähigkeit derZentralregierung und der jeweiligen Provinzregierungenbesonders gestärkt werden.Liebe Kolleginnen und Kollegen, ressortübergreifendmüssen wir auch hier in Berlin analysieren, wie vielGeld wir für Afghanistan haben, welche Prioritäten wirsetzen und wie wir bis 2013 und darüber hinaus vorge-hen.Gestatten Sie mir abschließend eine etwas kritischeAnmerkung: Ich habe manchmal den Eindruck, alsmachten sich BMZ und AA gegenseitig Konkurrenz inder Entwicklungszusammenarbeit
oder als schöben AA und BMI bei EUPOL die Verant-wortung hin und her. Der sogenannte ComprehensiveApproach muss eben auch hier in Berlin verwirklichtwerden. Wenn wir dann das, was wir dort neben dem mi-litärischen Engagement leisten, nämlich die zivilen Bei-träge, in der Kommunikation besser herausstellen, dannwerden wir auch in der deutschen Öffentlichkeit eine hö-here Akzeptanz für unseren Einsatz in Afghanistan errei-chen.Ich bedanke mich.
Ich gebe das Wort dem Kollegen Oskar Lafontaine,
Fraktion Die Linke.
H
s
s
u
ü
I
h
g
h
s
z
s
d
D
s
Z
a
B
W
d
s
E
W
s
d
a
s
t
w
b
h
j
d
d
m
ü
d
e
d
m
as wäre, unpolemisch formuliert, die Zusammenfas-ung seiner Rede.Nun hat der Bundesaußenminister die Süddeutscheeitung zitiert; ich zitiere sie auch. Sie hat heute ganznders kommentiert und darauf hingewiesen, dass dieundesregierung, wenn es um Afghanistan geht, mit derahrheit nicht herausrückt, dass sie vielmehr versucht,ie Dinge besser darzustellen, als sie in Wirklichkeitind, und dass sie, insbesondere was die militärischeninsätze angeht, nicht bereit ist, der Bevölkerung dieahrheit zu sagen. Daher muss heute auch darüber ge-prochen werden.
Ich möchte zunächst, um zu belegen, was die Süd-eutsche Zeitung analysiert hat, den Vortrag des Bundes-ußenministers noch einmal kurz Revue passieren las-en, um deutlich zu machen, wie sehr man sich selbstäuschen und die Dinge falsch darstellen kann. Zunächstar im Zentrum seines Vortrages das Wort „Wiederauf-au“. Wenn man das Wort „Wiederaufbau“ hört, dannat man natürlich eine bestimmte Vorstellung. Aber der-enige, der die Situation in Afghanistan kritisch sieht,enkt natürlich an Krieg, an militärische Einsätze und anie Verwüstungen, die dort angerichtet werden. Es isterkwürdig, dass diese Worte in einem solchen Vortragberhaupt nicht gefallen sind, sondern völlig ausgeblen-et wurden. Der Wiederaufbau auf der einen Seite wurderwähnt, aber die ständig zunehmende Zerstörung aufer anderen Seite mit keinem einzigen Wort. So kannan sich eben selbst täuschen.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2008 18145
)
)
Oskar LafontaineDas setzt sich in seinem Vortrag fort. Wer wäre nichtstolz darüber, dass 8 Millionen Minen geräumt wordensind? Wer würde das nicht massiv begrüßen? Aber wäh-rend Sie dies hier vorgetragen haben, haben wir uns na-türlich die Frage gestellt: Wie viele Bomben sind inzwi-schen wieder gefallen? Welche Qualität hat dieMunition? Sind es Streubomben? Ist es Munition mitUranerzen verseucht usw.? Kein Wort darüber! Es exis-tieren schreckliche Berichte über das, was immer nochin Afghanistan läuft. Wie kann man in einem solchenVortrag lediglich darüber reden, dass 8 Millionen Minengeräumt wurden? Auch hieran ist ganz eindeutig zu er-kennen, wie sehr man sich bemüht, die Situation nichtzur Kenntnis zu nehmen. Bei der Beschreibung der Lagebetreibt man eine der Sache überhaupt nicht angemes-sene Schönfärberei; so muss ich es leider nennen.
Der Bundesaußenminister hat von Schwierigkeitengesprochen. Jeder stellt sich die Frage, was er mit„Schwierigkeiten“ meint. Unsereinem fällt natürlichgleich ein, dass sich die Bundesregierung weigert, diegenaue Zahl der Opfer anzugeben. Dann fällt einem ein,dass internationale Organisationen von Tausenden vonzivilen Toten im letzten Jahr ausgehen. Ist es angemes-sen, angesichts dessen von „Schwierigkeiten“ zu spre-chen? Ist das nicht völlig unangemessen?
Ich hatte schon ein Problem damit, als jemand währenddes Jugoslawien-Kriegs immer wieder von Kollate-ralschäden gesprochen hat. In solchen Auseinanderset-zungen ist die Sprache verräterisch. In der Sprache wirddeutlich, dass man sich weigert, die Wirklichkeit zurKenntnis zu nehmen.Jetzt will ich eine Formulierung aufgreifen, die dasdeutlich unterstreicht. Herr Bundesaußenminister, Siehaben gesagt, bei unseren Bemühungen würde sich ent-scheiden, „ob die Hoffnung die Oberhand behält oder obdie Angst zurückkehrt“. Sie sehen, ich habe mitgeschrie-ben. Ich habe mich gefragt: Meint er das wirklich so?Meint er wirklich, man könne in Afghanistan derzeitdarüber sprechen, „ob die Hoffnung die Oberhand behältoder ob die Angst zurückkehrt“? Ich glaube, diese Worterichten sich selbst.
– Herr Kollege Struck, Ihre Formulierung, das sei dum-mes Zeug, ist so unqualifiziert, dass Sie sich schämensollten.
Sie sollten sich wirklich schämen. Manchmal ist es wirk-lich schwierig, Ihrem Niveau zu folgen, Herr KollegeStruck.
Ich wiederhole: Sie haben gesagt, die Hoffnung solleie Oberhand behalten und die Angst werde vielleichturückkehren. Wie viel Angst ist derzeit in Afghanistan?avon zu sprechen, dass in einem Land, in dem derrieg tobt, in dem Tausende Menschen ums Leben kom-en, die Angst vielleicht zurückkehren könne, zeigtoch, dass Sie sich weigern, die Wirklichkeit in diesemand zur Kenntnis zu nehmen. Das ist wirklich nichtachvollziehbar.
s ist nicht nachvollziehbar, was hier vorgetragenurde. Ich zitiere Sie nur und konfrontiere Sie mit Fak-en.Um das Ganze abzurunden, möchte ich darauf hin-eisen, dass an einem Tag, an dem überall in der Presseu lesen ist, dass das Militärische aufgestockt wird, Sieier formuliert haben: Die militärische Präsenz mussoch eine Zeit lang bleiben, sich aber „überflüssig“ ma-hen. Auch hier haben Sie das Gegenteil von dem ge-agt, was zurzeit diskutiert wird. Obwohl es um eineufstockung geht, sprechen Sie davon, dass sich das Mi-itärische „überflüssig“ machen soll. Winston Churchillat ein solches Vorgehen einmal mit dem ihm eigenenynismus beschrieben. Er hat gesagt:Im Krieg ist die Wahrheit so kostbar, dass sie nieanders als mit einer Leibwache von Lügen auftretensollte.An dieses Zitat Churchills wurde ich bei den Vorträ-en erinnert, die ich hier gehört habe. Wenn man in Af-hanistan weiterkommen will, darf man die Wirklichkeitn Afghanistan nicht völlig ausblenden.
Wir stellen gar nicht in Abrede, dass man die Lebens-ituation der Menschen in Afghanistan verbessernöchte, dass dies das Ziel ist. Ob man dies erreichenann, indem man Kampftruppen dort hinschickt und denmfang der militärischen Einsätze weiter steigert, istber fraglich. Das ist doch die Wahrheit. Unsere Fraktionst der Auffassung, dass man mit der Ausweitung militä-ischer Einsätze beide Kernziele total verfehlt: wedererbessert man die Lebenssituation der Menschen in Af-hanistan noch erhöht man die Sicherheit in Deutschlandder sonst irgendwo.
Metadaten/Kopzeile:
18146 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2008
)
)
Oskar LafontaineWann endlich begreifen Sie, dass die sogenannten huma-nitären Interventionen nicht nur als Begriff eine Unmög-lichkeit darstellen, sondern mittlerweile auch im Ergeb-nis?Leute, die viel öfter als Sie, Herr Struck, in Afghanis-tan waren, sagen, dass die Irakisierung Afghanistans invollem Gang ist, sich die Sicherheitslage immer weiterverschlechtert und die Zahl der Opfer steigt. Angesichtsdessen ist das, was Sie hier bieten, schlicht und einfacheine Täuschung der Öffentlichkeit. Auf diesem Wegkommen wir in keinem Fall weiter, wenn wir Afghanis-tan helfen und die Lage in Deutschland verbessern wol-len.
In der Presse wird die Argumentation der Bundes-regierung, dass die Aufstockung der Beteiligung anISAF mit einer gleichzeitigen Reduktion der Truppeneinhergeht, die für „Operation Enduring Freedom“ zurVerfügung gestellt werden, als Trickserei bezeichnet. Ichbeziehe mich hier auf einen Artikel in der FrankfurterRundschau. Dort wird erläutert, warum das Tricksereiist. Die Regierung verweist darauf, dass man beimKampfeinsatz reduziert – das klingt ja sehr gut –, aberdie zivile Hilfe aufstockt. Wäre das so, würde das jedersofort unterschreiben. In dem Artikel wird dargestellt,warum das in Wirklichkeit Trickserei ist. Denn in dieserZahl sind nie Streitkräfte zur Verfügung gestellt worden.Hier wird, wenn man so will, schlicht und einfach einPopanz aufgebaut. In Wirklichkeit geht es um ein syste-matisches Aufstocken der Kontingente. Nichts anderesist der Fall. Die vielen zivilen Organisationen haben völ-lig recht, wenn sie sagen: Zivile Hilfe und militärischeMittel stehen in überhaupt keinem Verhältnis. Wir brau-chen eine Verstärkung der zivilen Hilfe, und wir müssendie militärischen Einsätze deutlich zurückfahren.
Positiv möchte ich würdigen, dass mein Vorredner zu-mindest an drei Stellen die Situation nicht schöngefärbthat. Der Kollege der CDU/CSU-Fraktion sprach immer-hin von der Zunahme der Korruption und davon, dassder Opiumanbau nicht zurückgegangen ist, sondern sichweiter verstärkt. Beides kann nicht unser Ziel sein. Ersprach auch davon, dass sich die Lage eher verschlech-tert habe. Das war zumindest ein realistischer Ansatz,um die Situation in Afghanistan zu schildern. Wenn eswirklich um neue Straßen, Schulen, Brunnen und Ge-sundheitsversorgung ginge, wer würde hier darüber dis-kutieren, ob das notwendig und unterstützenswert sei?Darüber diskutieren wir hier nicht. Sie haben in IhremBeitrag angesprochen, dass dieses Land seit 25 JahrenKrieg hat. Es geht nicht nur um die Taliban. Es geht auchum die Verbrecher, die jetzt in der Regierung sitzen, diesich ebenfalls schlimmer Verbrechen schuldig gemachthaben und mit westlicher Unterstützung aufgerüstet wur-den, sodass sie ihre Verbrechen begehen konnten.
Das kann man doch nicht alles völlig ausblenden. Diejetzige Debatte zeigt ganz deutlich, dass Ihre PolitiküvsdSdzgDADLb–iMSsMnrgaIfWtdWhed
it Kampfeinsätzen und mit Bomben werden Sie dasterben der Menschen niemals verhindern. Lösen Sieich von diesem Irrtum, und sagen Sie insbesondere denenschen in Deutschland die Wahrheit, damit sie zu ei-em richtigen Urteil kommen können.
Ich sehe hier einige Kollegen – auch aus den Regie-ungsfraktionen –, die sich dieser Schönfärberei verwei-ern. Ich möchte Ihnen den Respekt unserer Fraktionussprechen.
ch möchte Ihnen sagen, was wir vorschlagen. Wir sindür zivile Entwicklungszusammenarbeit.
ir halten militärische Interventionen für den verkehr-en Weg, um das Leben der Menschen zu verbessern undem Frieden in der Welt zu dienen.
Nächster Redner ist der Kollege Professor Gert
eisskirchen, SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Herr Lafontaine, als Sie gesprochenaben, habe ich mich gefragt, von welchem Lande Sieigentlich reden. Ich kann Ihnen nur sagen: Fahren Sieoch einmal in dieses Land.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2008 18147
)
)
Gert Weisskirchen
Schauen Sie sich dort doch bitte einmal um. Ich weiß,Herr Lafontaine, dass es Ihnen peinlich wäre, wenn Siehinfahren würden, weil Sie erleben könnten, dass Schü-lerinnen und Schüler jetzt überhaupt erstmals wieder dieChance haben, in Primarschulen zu gehen. 75 Prozentaller Jungen und 60 Prozent aller Mädchen, die die Pri-marschulreife haben, können nun in die Schule gehen.Diese Tatsachen bringen das von Ihnen vorgetäuschteBild völlig durcheinander.
Ich möchte Sie darum bitten, nach Afghanistan zu fah-ren. Sie müssen dann das überprüfen, was Sie hier erzäh-len. Das würde ein ganz anderes Bild von einem ganzanderen Land ergeben, als Ihre Rhetorik glauben macht.
Das ist die Wirklichkeit in diesem Land. HerrLafontaine, gehen Sie heute Abend in die sächsischeLandesvertretung. Um 19 Uhr werden dort afghanischeKünstlerinnen, die seit einem Jahr in einem Zentrum fürzeitgenössische Kunst studieren und arbeiten dürfen,ihre Bilder zeigen. Das durften sie vorher nicht.
Jetzt können sie es. Angesichts dieser Bilder, HerrLafontaine, werden Sie sehen, dass seit dem Ende derTalibandiktatur Frauen zum ersten Mal eine Chance ha-ben, ihre eigenen Fähigkeiten und ihre eigene Kreativitätzu zeigen und darzustellen.
Das ist ein Zeichen von künstlerischer und bürgerschaft-licher Freiheit. Diese wäre gefährdet, wenn Ihre Redendazu führen würden, dass die Taliban zurückkehren. Daswollen wir nicht.
Gerade dann, wenn es ernst wird, muss gelten: Wirwerden unsere Verpflichtungen einhalten. Lieber Kol-lege Lafontaine, Verpflichtungen einhalten heißt in die-sem Fall ganz einfach und ganz schlicht: Freiheit undSelbstbestimmung können in diesem Land nur dann er-reicht und stabilisiert werden, wenn es ein gewisses Maßan Sicherheit gibt. Diese kann von dem eigenen Landgegenwärtig nicht gewährleistet werden, sondern muss,mandatiert vom Weltsicherheitsrat der UNO, von der in-ternationalen Staatengemeinschaft garantiert werden.Ansonsten kann es keine stabile Entwicklung Afghanis-tans geben. Das ist der völkerrechtliche Auftrag, den wirhhPdtrwvlDsltHdtKSlvnevmWswMwfmDfguwehKtmIih
Noch eine andere Sache: 85 Staaten dieser Erde – dieariser Konferenz hat das gezeigt – haben sich in Parisarauf verständigt, dass der Afghanistan-Compact wei-erentwickelt werden soll und dass in den nächsten Jah-en 20 Milliarden Dollar bis 2013 zur Verfügung gestellterden. Der Außenminister hat ausschließlich für die zi-ile Entwicklung dieses Landes 420 Millionen Euro al-ein aus der Bundesrepublik Deutschland zugesichert.avon muss man reden. Es ist unsere Aufgabe dafür zuorgen, dass der zivile Aufbau gelingt. Er kann nur ge-ingen, wenn wir diese 85 Staaten in ihrer Würde respek-ieren. Sie stellen sich gegen 85 Staaten dieser Erde,err Lafontaine.
Auf der Pariser Konferenz – schauen Sie sich einmalie Dokumente an – wurde eine schnörkellose, nüch-erne und selbstkritische Bilanz gezogen. Die Regierungarzai hat zum Beispiel mit den beiden vom Kollegenchockenhoff schon genannten Strategiepapieren deut-ich gemacht, dass sie selber einen Strategiewechselollzieht und dass sie zusammen mit der Weltbank eineationale Entwicklungsstrategie erarbeitet. Mit diesemigenständigen Beitrag hat sie den Afghanistan-Compacton 2008 selbst ausgestaltet.Die afghanische Regierung geht auch selbstkritischit ihren eigenen Fähigkeiten um. Sie hat klar gesagt:ir haben Fehler gemacht. Das sagen auch wir. Wir wis-en doch, dass Afghanistan nicht vorankommen kann,enn nur militärische Mittel eingesetzt werden.
ilitärische Komponenten sind nur dann tragfähig,enn sie dazu beitragen, dass sich dieses Land zivil undriedlich entwickeln kann. Nur dafür brauchen wir Ar-een, für nichts, aber auch gar nichts anderes.
In den nächsten fünf Jahren wird das Unabhängigeirektorat für lokale Regierungsführung Mittel zur Ver-ügung stellen, damit eines der Hauptprobleme der af-hanischen Regierung – dass sie die Macht konzentriertnd zentralisiert; das ist ein erheblicher Mangel – gelösterden kann. Das Land soll in Zukunft von unten erneu-rt werden. Das ist ein Strategiewechsel, der zur Folgeaben wird, dass sich das Land von unten verändert. Dieommunen, Distrikte und Provinzen werden im nächs-en Jahr ihre eigenen Körperschaften wählen.Lieber Kollege Lafontaine, in diesem Zusammenhangöchte ich sagen: Vor uns liegt eine wichtige Aufgabe.m Jahre 2009 müssen wir unseren Beitrag leisten, dassn Afghanistan friedliche, faire und freie Wahlen abge-alten werden können.
Metadaten/Kopzeile:
18148 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2008
)
)
Gert Weisskirchen
Das ist eine der zentralen Aufgaben der internationalenStaatengemeinschaft.Liebe Kollegin Beck, da wir in den nächsten Tagenzur Parlamentarischen Versammlung der OSZE nachAstana fahren: Ich fände es gut, wenn die OSZE ihreDienste zur Verfügung stellen könnte, damit die interna-tionale Staatengemeinschaft ihren Beitrag dazu leistenkann, dass diese Wahlen frei und fair vonstatten gehen.Das wäre ein wichtiger Schritt, um zu helfen, dass diesesLand – das in einer gefährlichen Situation ist, das sich ineiner Region befindet, in der es ständig von außen be-droht ist – eine Chance bekommt, sich weiterzuentwi-ckeln. Das ist unsere Aufgabe.Vor diesem Hintergrund war die Pariser Konferenzvon einem großen Erfolg gekrönt. Der Außenministerhat dazu beigetragen, dass die Pariser Konferenz, auf dersehr selbstkritisch Position bezogen wurde, überhaupthat stattfinden können. Vielen Dank, Herr Außenminis-ter!
Nächster Redner ist der Kollege Jürgen Trittin, Bünd-
nis 90/Die Grünen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In ei-nem Punkt haben Sie recht, Herr Lafontaine: Der Bun-desaußenminister hat eine sehr schönfärberische Redegehalten.
Das macht Ihre Rede aber nicht wahrheitsgetreuer. DennSie haben die Schönfärberei nur gespiegelt, also Schwarz-malerei betrieben.
Der Irrtum, dem Sie unterliegen, ist ein Irrtum, überden Sie vielleicht noch einmal nachdenken sollten. Erbesteht meines Erachtens in Ihrer Vorstellung, dass dortKrieg herrscht – es gab dort übrigens schon 6 500 Tote,nicht 1 000 Tote, wie Sie sagten;
ich betone: jeder dieser 6 500 Toten ist ein Toter zu viel –liege daran, dass die internationale Gemeinschaft dortpräsent sei. Das ist der Grundirrtum, dem Sie aufgeses-sen sind.Oskar Lafontaine [DIE LINKE]: Muss ich mirso einen Quatsch wirklich anhören?)Darüber muss man gar nicht spekulieren.Was ist eigentlich geschehen, als der Kalte Krieg, derin Afghanistan heiß ausgefochten wurde, zu Ende war?Auch in diesem Punkt muss ich Sie leider belehren: DieFinanzierung der Nordallianz erfolgte nicht durch dieUSA. Die USA haben die Taliban bezahlt, die NordallianziefsKsdSGstVMKbIEdreKhFdedMizAdedasggdlMn–iT
Als der Kalte Krieg, der in Afghanistan heiß ausge-ochten wurde, zu Ende war und man das Land sichelbst überlassen hat, hat dort 15 Jahre lang der brutalsterieg stattgefunden, ein Krieg mit Exzessen, mit Mas-enmord etc., der so schlimm war, dass die Menschenie Herrschaft der Taliban in den ersten Jahren sogar eintück weit als Befriedung empfunden haben. Es ist einrundirrtum, zu denken, dass in Afghanistan Krieg herr-che, weil auf der Basis eines Mandats der Vereinten Na-ionen der Versuch gemacht wird, dieses Land, das durcherantwortungslosigkeit, durch Intervention andererächte und durch eigene Unzulänglichkeit in einenrieg geraten ist, wiederaufzubauen. In Afghanistan ha-en wir keine Irakisierung, wir haben das Gegenteil vonrakisierung.
s geht um den Versuch, die Herrschaft des Rechts wie-erherzustellen. Dies gleichzusetzen mit einer völker-echtlich nicht gedeckten Intervention wie im Irak, istin Grundfehler. Damit redet man im Übrigen den Irak-rieg schön.
Warum war das, was der Bundesaußenminister gesagtat, schönfärberisch? Ich hätte mir gewünscht, lieberrank-Walter Steinmeier, dass Sie sich die Selbstkritik,ie auf der Afghanistan-Konferenz geübt worden ist, zuigen gemacht hätten. Auf der Konferenz konnten Sieas zugegebenermaßen nicht leisten, weil Sie nur dreiinuten Redezeit hatten –
m Gegensatz zu Laura Bush, die für eine bekannte NGOehn Minuten über die Fortschritte im Bildungswesenfghanistans reden durfte. Lesen Sie einmal nach, wasie Überprüfung der Fortschritte gemäß dem Compactrgeben hat: Die Opiumproduktion habe ein alarmieren-es Ausmaß angenommen. Die Korruption nehme nichtb, sie wachse. Die legale Wirtschaft stehe auf einer un-icheren Grundlage. Von all dem haben wir heute wenigehört.
Zum anderen war es schönfärberisch, als Sie Leistun-en in Aussicht gestellt haben, die bereits zugesagt wor-en sind. So ist es nicht wahr, dass Deutschland zusätz-ich 140 Millionen Euro zur Verfügung stellt – dieseittel stehen bereits im Haushalt. Auch ist es bis heuteicht so, dass die Ankündigung, die Polizei aufzubauen wofür wir übrigens seit 2004 zuständig sind; das sagech im Hinblick auf uns beide –, umgesetzt worden wäre.atsächlich ist es so, dass die Feldjäger der Bundeswehr
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2008 18149
)
)
Jürgen Trittinin Afghanistan mehr Polizeiausbildung betreiben, alsPolizisten es tun. Das ist die Realität.
Ich finde, es hätte dieser Debatte gut getan, wenn die Re-gierung die real existierenden Defizite beim zivilen Auf-bau benannt hätte.
Ich bin beileibe nicht der Auffassung, dass man Eurofür Euro gegenüberstellen müsse, dass man argumentie-ren könne, es sei ein Missverhältnis, dass der Tornado-Einsatz 100 Millionen Euro kostet, während für zivileHilfe lediglich 140 Millionen Euro bereitgestellt würden.Solche Vergleiche sind falsch. Aber es muss Sie doch um-treiben, dass es offensichtlich keinerlei Probleme bereitet,das Bundeswehrmandat um 1 000 auf 4 500 Soldatinnenund Soldaten aufzustocken, während in Afghanistan ge-rade einmal 255 zivile Aufbauhelfer aus Deutschland tä-tig sind. Das sind sehr wenige; so viele bräuchte man al-lein an Polizisten. Mit diesem Missverhältnis habenviele Leute ein Problem.Es ist richtig: Afghanistan wird militärisch nicht zugewinnen sein. Aber wenn Afghanistan militärisch nichtzu gewinnen ist, muss es uns doch umtreiben, dass im-mer dann, wenn ein militärisches Erfordernis da ist– und das muss man im Hinblick auf die 1 000 zusätzli-chen Soldatinnen und Soldaten nicht einmal bestreiten –,wir sofort „liefern“ können, während es Jahre dauert, bisdie Defizite im Zivilen, beim Aufbau der Polizei, endlichabgebaut werden.
Seit zwei Jahren rede ich davon, dass bei der Ausbildungder Polizei Defizite bestehen. Seit zwei Jahren verspre-chen Sie uns, Abhilfe zu schaffen. Doch es passiertnichts.
Mit unseriöser Kritik an der Afghanistan-Politik trägtman zur Lösung des Problems nicht bei. Sie wollen, dassdie Opposition die deutschen Auslandseinsätze nachMöglichkeit mitträgt. Nun können Sie die Vorschlägeder Opposition, selbst wenn wir das Gleiche wollen, wasSie zumindest versprechen, ablehnen. Natürlich könnenSie uns trotzdem um Zustimmung bitten. Sie könnenauch sagen: Uns interessiert nicht wirklich, was diesekleinen Oppositionsfraktionen dazu sagen. Sie habenaber ein Problem: Wenn in einer Demokratie keine Ak-zeptanz für einen solchen sinnvollen – das betone ich –Einsatz an dieser Stelle mehr besteht – auch von Militär –,dann wird dieser Einsatz zu Ende sein. Das ist das Pro-blem, vor dem Sie stehen.Deswegen müssen Sie die realen Defizite im Zivilennicht nur thematisieren und hinterfragen, sondern end-lich abbauen. Darum geht es uns im Kern, wenn wir voneinem Strategiewechsel sprechen. Sie kündigen ihn seitzwei Jahren an, aber er findet nicht statt.Ich kann das auch anhand des militärischen Bereichsbeschreiben: Sie reduzieren jetzt die Stärke der OEF. Bis-he8nAuAAiMwandCwddaREneusnrzcudsa
Metadaten/Kopzeile:
18150 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2008
)
)
Zu den eindrucksvollen Beispielen, die schon genanntwurden – zum Beispiel im Bildungsbereich, im Gesund-heitsbereich und bei der Minenräumung –, möchte ichnoch einige Dinge anführen, die vielleicht weniger be-kannt, aber genauso wichtig sind.Wir haben zum Beispiel konkrete Erfolge beim Auf-bau der staatlichen Institutionen in Afghanistan. Von denafghanischen Ministerien werden Mittel in Höhe von77 Millionen Euro jährlich direkt dafür genutzt, konkreteProjekte umzusetzen. Das ist zehnmal so viel wie vorfünf Jahren. Dadurch wird deutlich, dass wir auch beimAufbau der Kapazitäten weiterkommen.Ein anderes Beispiel: Mit deutscher Hilfe wurde dieInvestitionsagentur AISA eingerichtet. Sie wird bis zumEnde dieses Jahres 550 000 neue Arbeitsplätze geschaf-fen haben.Ich nenne ein weiteres Beispiel. Mit unserer Hilfewurde die erste Mikrokreditbank in Kabul eröffnet. Dashat im Land eine Investitionswelle initiiert, die vor allemden kleinen Leuten zugute kommt. Mit Darlehen zwi-schen 130 und 1 300 Euro werden neue Existenzgrund-lagen für Teppichknüpferinnen, Gemüseverkäufer undAutomechaniker geschaffen. Das trägt zum Aufbau ei-nes Mittelstandes und zur Armutsbekämpfung bei.Ein weiterer Bereich ist die Wasserversorgung.2,5 Millionen Menschen in Kabul, Herat und Kunduzprofitieren jeden Tag ganz konkret von dem, was wir inder Entwicklungszusammenarbeit geleistet haben.Ich nenne ein Letztes: Wir machen auch etwas, dasuns im Kulturbereich viel Ehre und Sympathie in ganzAfghanistan einbringt. Wir führen zum Beispiel ein Pro-jekt zur Sanierung der Altstadt in Herat durch und helfenbeim Zusammensetzen der zerstörten Buddha-Statuenvon Bamian.Das alles zusammen ergibt ein ganz anderes Bild derWertschätzung der Afghanen für unsere Arbeit, als esHerr Lafontaine dargestellt hat. Untersuchungen derFU Berlin haben ergeben, dass 72 Prozent der Afghanenunser Engagement – vor allem im Sicherheitsbereich –begrüßen. Das macht deutlich, wie sehr die Afghanenunsere Arbeit wertschätzen.
Wir erleben aber auch täglich, dass der zivile Wieder-aufbau in Afghanistan Feinde hat und dass es eine Min-derheit gibt, die mit Gewalt verhindern will, dass Demo-kratie, Menschen- und Bürgerrechte dauerhaft Zukunfthaben. Deswegen brauchen wir für den Wiederaufbaueine entsprechende Sicherheitsstruktur mit einer funktio-nierenden afghanischen Armee, Justiz und Polizei.PbdtuzDhAdApcsazhIEcerhfiEnkgozrMKnntNbCabSFbefbRsma
In Afghanistan steht viel auf dem Spiel, nicht nur fürie Afghanen selbst, unsere Soldaten und die zivilenufbauhelfer, sondern wegen der Lage in einer sehr ex-losiven Region Afghanistans auch für unsere eigene Si-herheitspolitik und unsere eigenen Sicherheitsinteres-en. Deswegen sind wir es den Bürgern in Afghanistan,ber auch unseren eigenen Bürgern schuldig, die Defi-ite und die Herausforderungen, vor denen wir noch ste-en, anzusprechen.Mit der Abstimmung der zahllosen Geberländer undnstitutionen im zivilen Bereich untereinander, mit derntwicklung in der Drogenwirtschaft und mit der Si-herheitslage können wir nicht zufrieden sein. Aber dieinzig mögliche Antwort darauf besteht darin, mit unse-en Erfolgen im Rücken die Herausforderungen anzuge-en. Das gilt zum Beispiel auch für die Drogenbekämp-ung. Was in Laos, in weiten Teilen Pakistans und auchn Thailand gelungen ist – übrigens auch durch deutschentwicklungszusammenarbeit –, das ist auch in Afgha-istan möglich, nämlich eine erfolgreiche Drogenbe-ämpfung zu organisieren, wenn man bereit ist, den Din-en konsequent auf den Grund zu gehen.Man muss die Menschen in die Lage versetzen, auchhne Drogenanbau ihren Lebensunterhalt zu bestreiten,um Beispiel durch Rehabilitierung der alten Bewässe-ungssysteme und den Wiederaufbau der Infrastruktur.an muss auch deutlich machen, dass man nicht nur dieleinen bestraft, sondern auch die großen Drogenbaroneicht ungeschoren davon kommen lässt.Entscheidend ist, dass wir stärker als bisher die afgha-ische Regierung und die afghanischen Entscheidungs-räger in die Pflicht nehmen und versuchen, dieachbarstaaten wie Pakistan in unsere Strategien einzu-eziehen, und dass es uns gelingt, den vielstimmigenhor der Geber auch international besser untereinanderbzustimmen. Dabei denke ich besonders an die Welt-ank und an den wichtigsten Geber, die Vereinigtentaaten, aber ich denke auch an uns. Trotz der großenortschritte, die die am zivilen Aufbau in Afghanistaneteiligten deutschen Ressorts gemacht haben, bleibt esine Daueraufgabe, möglichst konkret unser Ziel zu ver-olgen. Wir brauchen konkrete Planungs- und Zielvorga-en für einen überschaubaren Zeitraum, die von allenessorts gemeinsam eingehalten werden. In diesem Zu-ammenhang halte ich es für sinnvoll, dass das im kom-enden Herbst zu beschließende Afghanistan-Mandatuch eine Zwischenbilanz der zivilen Leistungen und ne-
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2008 18151
)
)
Dr. Christian Ruckben weiteren militärischen zivile Vorhaben mit konkre-ten Zielvorgaben und Verantwortlichkeiten beinhaltet.
Herr Kollege Ruck, darf ich Sie an Ihre Zeit erinnern?
Jawohl, ich bin gleich so weit.
Ich bin dagegen, dass man militärische und zivile
Ausgaben gegeneinander aufwiegt und ausspielt. Wir
dürfen keine Zweifel an der Sicherheit unserer Soldaten
aufkommen lassen und an ihr sparen. Das können wir
nicht verantworten. Nun wird viel Geld zur Verfügung
gestellt: 21 Milliarden Euro bis 2010. Hier muss eine
qualitative Umsetzung erfolgen. Wir sind jedenfalls je-
derzeit bereit, über eine weitere Aufstockung der Haus-
haltsmittel für Afghanistan zu reden.
Herr Kollege, Sie reden auf Kosten Ihrer Kolleginnen
und Kollegen.
Ein Schlusssatz, Frau Präsidentin.
Für uns sind die Anstrengungen im militärischen Be-
reich nichts anderes als die unverzichtbare Absicherung
des eigentlichen Ziels, nämlich der dauerhaften Stabili-
sierung der jungen Demokratie in Afghanistan. Wir müs-
sen sie in die Lage versetzen, in möglichst naher Zukunft
die Aufgabe, dass die Bürger in Frieden und Freiheit le-
ben, zu erfüllen. Das liegt auch im vitalen deutschen In-
teresse.
Ich gebe das Wort dem Kollegen Hellmut
Königshaus, FDP-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! LieberKollege Trittin, Oskar Lafontaine hat noch in einem wei-teren Punkt recht: Der Kollege Dr. Schockenhoff hateine erfrischende Rede gehalten. Er hat insbesondere dieProbleme, die die Reibereien zwischen dem BMZ unddem Auswärtigen Amt betreffen, sehr klar beschrieben.Ich glaube, darin liegt in der Tat ein großes Problem.
Er hat außerdem gesagt, dass Sicherheit und Aufbauzwei Seiten ein und derselben Medaille seien. Damit hater natürlich recht. Er hat dabei eines, glaube ich, nichtrichtig deutlich gemacht: Es sind zwar zwei Seiten einuvgDteVuuedFürüArSsSRiwlgduzHlsbtcLtmrBmfkmsfwnsjnGe
Metadaten/Kopzeile:
18152 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2008
)
)
Hier müssen Sie kämpfen, Herr Außenminister. Wirwissen ja, dass Sie manchmal auf dem falschen Beinkämpfen; das konnten wir kürzlich erleben. Sie müssensich einmal mit Frau Wieczorek-Zeul über diese Frageauseinandersetzen. Wenn sie gut drauf ist, lässt sie Siezumindest ausreden. Heute scheint sie gut drauf zu sein.
Der zivile Aufbau ist im Übrigen auch der Schlüsselzur Drogenbekämpfung, über die wir gerade gesprochenhaben. Die Drogenwirtschaft ist ein Teil der wirtschaftli-chen Basis des Terrors. Dadurch wird nicht nur die Si-cherheit unserer Soldaten und Helfer, sondern auch derAufbau selbst bedroht. Die Menschen in Afghanistan ha-ben im Moment gar keine alternativen Einkommens-möglichkeiten. Wir müssen sie ihnen schaffen, aber mitvernünftigen Projekten, die die Strukturen berücksichti-gen, und nicht mit irgendwelchen illusionären Projekten,für die es gar keinen Markt gibt; Stichwort Rosenöl undÄhnliches.Des Weiteren müssen wir dafür sorgen, dass die Poli-zeimission endlich vorankommt. Hierüber haben wirheute im Ausschuss wieder eine Auseinandersetzung er-lebt. Der Innenminister sagte, damit habe er nichts zutun, EUPOL sei eine Angelegenheit des Außenministers.Egal, wer intern dafür zuständig ist: Sorgen Sie dafür,dass das endlich vorankommt. Wir haben doch dort dieVerpflichtung übernommen.
Anders als der Kollege Lafontaine sage ich: Wir müs-sen mehr für die Sicherheit unserer Entwicklungshelfertun. Dafür, Herr Verteidigungsminister, brauchen wirmehr Soldaten, gerade in der Fläche, damit sie in der Notschnell Hilfe erhalten können. Ich bin, offen gesagt, ent-täuscht darüber, dass Sie offenbar nicht beabsichtigen,die durch die Heraufsetzung der Mandatsobergrenze ge-nehmigten zusätzlichen Soldaten für diese Zwecke ein-zusetzen. Das ist enttäuschend. Darüber sollten Sie nocheinmal nachdenken.Wir dürfen uns nicht vormachen, dass, wie das oft ge-sagt wird, Afghanistan schon auf dem richtigen Weg sei.Die Bundesregierung unterliegt einem Irrtum, wenn siedas glaubt. Sie, Herr Bundesaußenminister, haben ges-tern gesagt, Sie hätten offenbar eine andere Wahrneh-mung von der Situation unserer Aufbauhelfer als ich. Dahaben Sie recht. Aber ich glaube, dass in dem Fall ichdie richtigere Auffassung habe,
uFDvmvgsUDHIBdsrsußgukDthtDdüwnhSEAdiElMldu
eutschland hat sich wiederholt verpflichtet, Afghanis-an bei der Herstellung und bei der Wahrung von Sicher-eit, vor allem aber auch beim Aufbau des Landes zu un-erstützen. Ohne Sicherheit ist das Wachsen vonemokratie nicht möglich, ohne Sicherheit haben Bil-ung und Ausbildung von Kindern und Jugendlichenberhaupt keine Chance, ohne Sicherheit werden Fraueneiterhin diskriminiert und der häuslichen und traditio-ellen Gewalt in Afghanistan ausgesetzt, ohne Sicher-eit bleibt die Müttersterblichkeit extrem hoch, und ohneicherheit werden permanent Menschenrechte verletzt.rfahrungen und Erlebnisse aus 30 Jahren Krieg infghanistan müssen durch die Erfahrung abgelöst wer-en, dass das Zusammenleben gemeinsam zu gestaltenst. Neben die Hoffnung auf eine gute Zukunft muss dasrleben eines sich verändernden Gemeinwesens treten.
Es stellt sich die Frage, ob die Afghanen das nicht al-eine tun können bzw. was Deutschland dazu tun kann.ein erster Punkt ist, dass Deutschland durch die Betei-igung an der ISAF-Mission einen wichtigen Beitrag fürie innere und äußere Sicherheit in Afghanistan leistetnd weiterhin leisten muss. Deutschland kann durch ein
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2008 18153
)
)
Christel Riemann-Hanewinckelumfassendes Engagement in der Entwicklungszusam-menarbeit zur Entwicklung der afghanischen Zivilgesell-schaft und eben auch der staatlichen Strukturen beitra-gen. Mit dem Auftrag von ISAF wird ein politisches undkein militärisches Ziel verfolgt. Vielleicht müssen wirdas ständig wiederholen, damit es die, bei denen es nochnicht angekommen ist, endlich begreifen.
Ich sage es noch einmal: Unsere Aufgabe lautet, Af-ghanistan bei der Herstellung und Wahrung von Sicher-heit und beim Aufbau des Landes zu unterstützen. Sozwiespältig es auch sein mag – ich wiederhole es –, ohneein Mindestmaß an Sicherheit können wir und auch dieNichtregierungsorganisationen in Afghanistan keineAufbauarbeit leisten. Das gilt auch und gerade in Zeiten,in denen sich die Sicherheitslage verschlechtert. DieBotschafterin sagte gestern sehr deutlich und unmissver-ständlich in dem Gespräch: Wenn die ISAF-Truppen ab-ziehen, sind die Taliban in weniger als 24 Stunden da.
Das heißt – das wissen wir eigentlich alle –, dass damitjegliche Entwicklung, jedes Aufwachsen von Demokra-tie abgeschnitten wird. Wer das nicht begreifen will,sollte nicht immer nur mit einer Frau aus Afghanistan re-den, sondern auch mit anderen, die nicht nur das Lebendort kennen, sondern sich auch engagieren, um die De-mokratisierung in Afghanistan voranzubringen.
Wir müssen akzeptieren, dass Entwicklung und Si-cherheit in Afghanistan einander bedingen. Das sehenauch die Nichtregierungsorganisationen so. Ich willstellvertretend für andere an dieser Stelle „medica mon-diale“ nennen. „medica mondiale“ ist eine Nichtregie-rungsorganisation, die sich seit vielen Jahren in unter-schiedlichen Bereichen für die Rechte von Frauen inAfghanistan einsetzt. „medica mondiale“ hat Erfahrun-gen auch in anderen Ländern, die in einer Nachkriegs-situation dabei sind, eine Zivilgesellschaft aufzubauenund die Rechte von Frauen zu stärken. Erst in der ver-gangenen Woche hat uns eine Vertreterin dieser Organi-sation berichtet, dass afghanische Frauen eindringlichvor einem zu frühen Abzug der internationalen Schutz-truppe warnen. Ich bin schon der Meinung, dass diesedas besser wissen müssen als manche hier im Parlament.Deshalb bin ich sehr dafür, dass wir diese Warnung derFrauen ernst nehmen.
Ich möchte noch einmal die Botschafterin, Frau Pro-fessor Dr. Maliha Zulfacar, zitieren. Sie hat gestern ge-sagt: „Die Entwicklung Afghanistans ist kein Projekt,sondern ein Prozess.“ Wir als Mitglieder des DeutschenBundestags können wohl auch für das geeinte Deutsch-land feststellen: Das Zusammenwachsen war und istkein Projekt für eine Legislaturperiode gewesen, das mitewhIglwlutDrGasdguGbhddhnsvnwesmsfRldWaknnRDtMhFrsFA
Metadaten/Kopzeile:
18154 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2008
)
)
Ich gebe das Wort der Kollegin Ute Koczy, Bünd-
nis 90/Die Grünen.
Geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Es geht um die Ergebnisse der Afghanistan-
Konferenz am 12. Juni. Ich sage: Aus einer solchen in-
ternationalen Konferenz zur Unterstützung Afghanistans
hätte man mehr machen müssen. Mit einem solchen Er-
eignis hätte man wirklich mehr an Ergebnissen erreichen
müssen. Die Bundesregierung hat es verpasst, zusam-
men mit den anderen Gebern tatsächlich einen Kurs- und
Strategiewechsel einzuleiten. Sie hat es verpasst, dieses
Ereignis zu nutzen, um in der deutschen Bevölkerung
um Verständnis für die Widrigkeiten und Probleme bei
der Aufbauarbeit Afghanistans zu werben. Sie hat es
auch verpasst, eine ehrliche Bilanz zu ziehen.
Es waren wohl Anklänge davon zu finden – keine
Frage –, aber die Erwartungen an Paris waren hoch, und
zwar deswegen, weil die Situation in Afghanistan insta-
bil ist, weil sich die Sicherheitslage verschlechtert hat,
weil die Opiumproduktion gestiegen ist, weil die Wirt-
schaft instabiler wird, weil die Korruption zunimmt, weil
die Hilfen unzureichend wirken, weil die Hilfen schlecht
ankommen, weil Frauenrechte zurückgedrängt werden,
weil – ja, auch das – viele Fehler gemacht worden sind.
Und dann das: Zu all diesen Themen eine eintägige Kon-
ferenz mit drei Minuten Redezeit für die Präsidenten und
Minister!
Dabei war doch etwas Bemerkenswertes passiert. Von
afghanischer Seite wurde eine nationale Entwicklungs-
strategie vorgelegt. Dieser Vorschlag der afghanischen
Regierung zur künftigen Ausrichtung des Aufbaus ba-
siert ja auf den Millenniumsentwicklungszielen, denen
wir uns verschrieben haben und die von uns allen ge-
schätzt werden. Damit werden ja Möglichkeiten an die
Hand gegeben, Strategien zur Armutsbekämpfung zu
nutzen. Die Afghanen haben sich jetzt am Afghanistan
Compact orientiert, der ja drei Kernziele umfasst: ers-
tens Sicherheit, zweitens Regierungsführung, Rechts-
staatlichkeit und Menschenrechte sowie drittens wirt-
schaftliche und soziale Entwicklung. Die afghanische
Regierung hat in Eigenverantwortung Vorschläge vorge-
legt. Damit hat sie Verantwortung für die Gestaltung der
Zukunft übernommen. Das hätte man noch mehr würdi-
gen müssen; denn wenn man sich fragt, ob das denn der
Bevölkerung hier klar und deutlich gesagt worden ist
b
m
s
s
e
E
F
e
g
d
h
n
H
g
s
D
d
d
d
H
w
n
B
D
s
n
b
u
e
w
g
w
z
m
i
d
N
a
g
d
w
s
g
l
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2008 18155
)
)
ch nenne das feige und zynisch. Sie will die Fiktion auf-
echterhalten, es gebe in Afghanistan eine unabhängige
nd souveräne Regierung. Wir alle hier im Plenarsaal
issen es besser, auch wenn es nicht alle zugeben.
Die 87 Prozent der Deutschen, die nach der jüngsten
mfrage die Entsendung der Eingreiftruppe und die
ufstockung des Bundeswehrkontingents ablehnen, wis-
en es auch. Ich hoffe deswegen sehr auf eine rege Betei-
igung von Abgeordneten aus allen Fraktionen an den
emonstrationen am 20. September in Stuttgart und
erlin. Das Motto wird sein: Bundeswehr raus aus Af-
hanistan!
amit können Sie zeigen, dass Sie den Willen der Be-
ölkerung endlich ernst nehmen.
Der nächste Redner ist der Kollege Eckart vonlaeden, CDU/CSU-Fraktion.
Metadaten/Kopzeile:
18156 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2008
)
)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Be-
richt des Gemeinsamen Koordinierungs- und Überwa-
chungsrats, der auf der Pariser Unterstützungskonferenz
für Afghanistan vorgelegt worden ist, zeigt meiner An-
sicht nach ein realistisches Bild der Entwicklung in
Afghanistan. Licht und Schatten liegen eng beieinander.
Der Bericht gibt uns die Möglichkeit, unsere Politik neu
zu justieren und eine ehrliche Bestandsaufnahme zu ma-
chen. Sosehr wir uns davor hüten sollten, uns an den Er-
folgen besoffen zu reden, so sehr sollten wir uns von den
Misserfolgen auch nicht entmutigen lassen.
Vielleicht liegt der schwierige Teil der Arbeit in Afgha-
nistan noch vor uns, nämlich der, der mit dem Aufbau
der Staatlichkeit verbunden ist. Die Bestandsaufnahme
zeigt meiner Ansicht nach auch, dass Erfolg in Afgha-
nistan möglich ist. Der Kollege Trittin hat eben einen
Angehörigen des Bundeswehr-Verbandes mit dem
Wunsch zitiert, für den zivilen Aufbau ähnlich detail-
lierte Mandate wie für den militärischen Einsatz haben
zu wollen. Man muss diesem Vertreter des Bundeswehr-
Verbandes sagen, dass so etwas nicht möglich ist, weil
der Aufbau einer Zivilgesellschaft unglaublich viel
schwieriger ist als der Bau einer Kaserne. Gerade die
Tatsache, dass solche Beschreibungen des zivilen Teils
unseres Mandats nicht möglich sind, entspricht auf ei-
nem höheren Niveau dem altbekannten Argument, dass
sich die Lage in Afghanistan nicht allein militärisch ver-
bessern lässt.
Wir sind jetzt an dem Punkt angelangt, wo wir die
Balance zwischen Fördern und Fordern finden müssen.
Einerseits dürfen wir die afghanische Regierung mit
dem, was wir von ihr verlangen, nicht überfordern, ande-
rerseits müssen wir unsere Förderung so justieren, dass
sie nicht zu weiterer Abhängigkeit, sondern schrittweise
zu immer mehr Unabhängigkeit, also zu der berühmten
Hilfe zur Selbsthilfe, führt. Dabei müssen wir uns selber
zugestehen, dass es nicht nur in Afghanistan, sondern
auch auf unserer Seite Defizite gibt. Für diese Defizite
kann man aber keine bestimmten Verantwortlichen be-
nennen. Wir lernen erst nach und nach, mit der Heraus-
forderung, mit der wir in Afghanistan konfrontiert sind
– mit der Aufgabe, einen Staat aufzubauen –, umzuge-
hen. Diese Herausforderung begegnet uns in verschiede-
nen Einsätzen, bei verschiedenen Aufgaben: im Kosovo,
in Bosnien-Herzegowina, in Palästina und jetzt eben
auch in Afghanistan. Es ist aber schon ein großer Erfolg,
dass wir heute wesentlich genauer wissen, was in Afgha-
nistan zu tun ist. Das begründet die Hoffnung, dass Er-
folg tatsächlich möglich ist.
Was brauchen wir dafür? Wir brauchen Sicherheit,
den politischen Willen und die Führungskompetenz der
afghanischen Regierung, die Schaffung der nötigen insti-
tutionellen Voraussetzungen, eine bessere Koordinierung
zwischen den afghanischen und den ausländischen Ak-
teuren, angemessene Kapazitäten sowie einen kalkulier-
baren finanziellen Mittelzufluss. Wenn wir die Gescheh-
nisse der letzten Monate verfolgen, so müssen wir
feststellen, dass die Entwicklung in Afghanistan auf der
Kippe steht. Von Kollegen ist die Verschlechterung der
Sicherheitslage schon angesprochen worden. Allein wäh-
rend der Pariser Konferenz ist es zu 187 von ISAF re-
g
w
3
s
h
e
p
K
A
d
u
a
D
i
s
b
d
z
d
L
E
D
I
v
b
r
P
s
p
d
v
D
z
l
A
p
g
z
h
t
d
E
S
as heißt, es besteht ein unmittelbarer Zusammenhang
wischen der Sicherheit auf der einen und der Entwick-
ung des Landes auf der anderen Seite.
Wir müssen also den eingeschlagenen Weg fortsetzen.
ber wir müssen auch die Monate nach der Sommer-
ause nutzen, um aus der Pariser Konferenz und den an-
esprochenen Berichten die notwendigen Konsequenzen
u ziehen. Es ist bei Weitem nicht zu spät, aber auch
ohe Zeit.
Ich gebe das Wort der Parlamentarischen Staatssekre-
ärin Karin Kortmann.
Ka
Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Außenminister!ehr geehrter Herr Verteidigungsminister! Liebe Ent-
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2008 18157
)
)
Parl. Staatssekretärin Karin Kortmannwicklungsministerin! Liebe Kollegen und Kolleginnen!Was bleibt am Ende einer Debatte zu sagen, wenn mandie vorletzte Rednerin ist und der Kopf schon vollerZahlen, Fakten, Anschuldigungen und Belobigungen ist?Es bleibt eine klare Perspektive: Wir alle wollen, dassder Aufbau in Afghanistan weiterhin erfolgreich von-statten geht. Unsere Arbeit in den letzten sechseinhalbJahren ist erfolgversprechend. Rückschläge gibt es zwarimmer, aber wir alle sind von dem Willen geprägt – daswurde auf der Pariser Konferenz deutlich –, den Afgha-nen und Afghaninnen zur Seite zu stehen. Ohne sie wirdes keinen Frieden, von dem wir alle profitieren, geben.Insofern, Herr Außenminister, kommt diese Regie-rungserklärung zur richtigen Zeit. Ich hätte sie mir aller-dings schon letzte Woche gewünscht. Sie zeigt, welchengroßen Erfolg die Bundesregierung beim WiederaufbauAfghanistans verzeichnen kann. Herzlichen Dank dafür.
Wir halten im Parlament keine Reden für uns, son-dern wir richten sie an diejenigen, die wir von unsererArbeit in Afghanistan überzeugen wollen. Da jetzt neueBesuchergruppen auf der Tribüne Platz nehmen, möchteich gerne drei Beispiele nennen, die verdeutlichen, waswir in Afghanistan auf dem Gebiet des zivilen Aufbaustun.Als ich vor einigen Jahren das erste Mal in Afghanis-tan war, habe ich eine Schule besucht. Die deutsche Ent-wicklungszusammenarbeit zeichnet sich besondersdurch ihr Know-how auf dem Gebiet der Schulprojekteaus. Unser Schwerpunkt liegt dementsprechend auf demAufbau eines Schulwesens. Bei den Schulen handelt essich nicht immer um Gebäude aus Stein und Holz.Manchmal sind sie auch aus Lehm gebaut, und manch-mal findet der Unterricht sogar in Zelten statt.Es ist wichtig, dass wir immer mehr Kinder und Ju-gendliche erreichen, die aus dem Analphabetentum derTalibanherrschaft heraus wollen und die einen großenBildungshunger haben. Bereits heute hat jedes fünfteschulpflichtige Kind die Möglichkeit, eine Schule zu be-suchen.Als ich das erste Mal eine solche Schule besuchte, trafich auf fünf Lehrerinnen, die – mit einer Burka verhüllt –zusammen mit dem Schulleiter dort saßen und uns dasSchulkonzept vorstellen wollten. Als sie auf unsere Bittehin die Burka gelüftet haben, sahen wir, dass es sich beidiesen Lehrerinnen um Mädchen und junge Frauen imAlter von 14, 16 und 17 Jahren handelte. Sie sind es, diesich für das Bildungssystem in Afghanistan engagieren.Diese Mädchen wurden entweder von ihren Väternabends zu Hause unterrichtet – unter der Talibanherr-schaft war es ihnen nämlich nicht möglich, zur Schule zugehen – oder sie hatten während ihres Exils im Iran dieMöglichkeit, eine Schulausbildung zu absolvieren. Diesejungen Frauen – wir bilden weitere junge Frauen fürdiese Aufgabe aus – versuchen heute, in Klassen von 50,70 oder manchmal sogar 100 Schülern Bildung zu ver-mitteln. Wir sind dabei eine der führenden Nationen, dieführende Nation weltweit. Wir sind für den Aufbau vonSchulen, die Gestaltung von Entwicklungsprogrammen,dusdDisAsguwgmdhzSbPelSddeatik4dtsemmlWsnlkVAMsetKti
Ein zweites Beispiel. Christel Hanewinckel hat davonesprochen, wie wichtig es ist, die Frauenförderung zunterstützen. Eines der hervorragendsten Projekte, dieir ganz früh in der Entwicklungszusammenarbeit be-onnen haben, war der Aufbau eines Frauensenders na-ens Radio Zora. Radio Zora hat den Frauen, die unterer Burka verhüllt waren, wieder eine Stimme gegeben,at ihnen die Möglichkeit gegeben, über den Äther mit-uteilen, was ihnen inhaltlich wichtig ist, mit welchenorgen und Problemen Frauen in Afghanistan zu tun ha-en – von Kindererziehung, Einkaufsmöglichkeiten,roblemen mit dem Mann bis hin dazu, dass man sichinfach etwas vorgelesen hat, weil viele Frauen nichtesen können. Damit will man Frauen wieder einetimme geben, ihnen ihre Rechte zurückgeben, ihnenas Empowerment geben, dass sie vollständige Mitglie-er der Gesellschaft sind; das hat Christel Hanewinckelben eindrucksvoll beschrieben. Dieses Projekt zeigtuch, dass wir mit diesen Dingen zur Unterstützung bei-ragen können.Ein drittes Beispiel ist die Wasserversorgung. Kabulst eine Stadt, die ursprünglich für 500 000 Einwohneronzipiert worden ist und heute 3,5 Millionen bisMillionen Einwohner hat; keiner weiß es genau, weilie Menschen dorthin strömen, wo sie glauben, am ehes-en Hilfe zu bekommen, nämlich in den Städten. Dortind wir in der Wasserversorgung tätig. Dies ist schwer;s ist nicht einfach. Wir haben Mittel bereitgestellt, da-it 850 000 Menschen wieder sauberes Wasser bekom-en. Wir unterstützen sie darin, dass sie nicht an Fluss-äufen ihre Tiere tränken, die Wäsche waschen undasser entsorgen, wodurch Keime übertragen und Ge-undheitsrisiken hervorgerufen werden.Das sind drei Beispiele; ich könnte viele mehr nen-en. Deswegen ist es falsch, zu sagen: Das Glas ist halbeer. Es ist vielmehr halb voll. Nach sechseinhalb Jahrenönnen wir eine gute Bilanz ziehen.Ich war vor drei Wochen bei der Parlamentarischenersammlung der Westeuropäischen Union und habe dasfghanistan-Konzept der Bundesregierung vorgestellt.an hat uns dafür gratuliert, dass Deutschland den An-atz hat, den Aufbau mit vier Ressorts zu gestalten – mitinem gemeinsamen Ziel, aber in getrennter Verantwor-ung. Dies funktioniert, und es ist eben nicht so, Herrönigshaus und Herr Schockenhoff, dass sich die Minis-erien gegenseitig behindern. Im Gegenteil, sie stimmenhre Hilfeleistungen aufeinander ab und zeigen damit
Metadaten/Kopzeile:
18158 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2008
)
)
Parl. Staatssekretärin Karin Kortmanneine erfolgreiche Zusammenarbeit, die viel Aufmerk-samkeit und Lob verdient.
Nach den Regierungsverhandlungen auf der Paris-Konferenz sagten Finanzminister Ahady und Erzie-hungsminister Atmar: Würden alle Staaten so aufgestelltsein wie der deutsche, dann wären wir längst vieleSchritte weiter. – Wir befinden uns in einer partner-schaftlichen Zusammenarbeit. Deswegen war die Paris-Konferenz so wichtig. Sie war erfolgreich. Danke, HerrMinister! Das haben Sie klasse gemacht.
Nächste Rednerin ist die Kollegin Erika Steinbach,
CDU/CSU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kol-legen! Wir stehen im siebten Jahr des Wiederaufbausvon Afghanistan. Die internationale Gemeinschaft hatseinerzeit in Afghanistan eingegriffen, um die Gewalt-herrschaft der Taliban zu beenden; wir alle erinnern unsdaran. Jahrzehnte des Krieges hatten in Afghanistan zuunvorstellbaren Zerstörungen nicht nur an Sachen, son-dern auch an den Seelen der Menschen geführt. DasLand war zerrüttet, ein ganzes Volk wirklich traumati-siert. Es gab keine wirkliche Zentralgewalt mehr. Gesetzewaren absolut bedeutungslos. Zahlreiche bewaffneteGruppen und Splittergruppen kämpften gegeneinander.In der alltäglichen Gewalt in Afghanistan wurden mehrals 400 000 Kinder getötet. Mehr als 5 Millionen Men-schen – das ist ein Drittel der Bevölkerung – lebten inriesigen Flüchtlingslagern in Pakistan und im Iran; dasmuss man sich noch einmal vor Augen führen. Mit demErfolg der Mudschaheddin eskalierte die Menschen-rechtskrise ein weiteres Mal. Folter und Vergewaltigun-gen waren nun an der Tagesordnung.Der Staatengemeinschaft geht es darum, den Men-schen in Afghanistan so lange zu helfen, bis sie das Landnach ihren eigenen Maßstäben friedlich weiterentwi-ckeln können und die Fähigkeiten dazu im Lande entwi-ckelt haben. Der Staatengemeinschaft und natürlich auchuns in Deutschland geht es nicht zuletzt darum, eineBrutstätte des Terrorismus, von der auch unser Land be-droht ist, dauerhaft auszuschalten.Inwieweit war das internationale Engagement erfolg-reich? Die heutigen Debattenbeiträge haben gezeigt,dass wir alle uns das fragen. Bei der Betrachtung der Re-alität gibt es nichts zu beschönigen; dieser Auffassungbin auch ich. Die Gesellschaft für bedrohte Völkermahnt dieser Tage an, dass Menschenrechte und Wieder-aufbau in Afghanistan noch immer in Gefahr sind. Diedeutschen Aufbauhelfer stehen vor ungeheuren Heraus-forderungen und Problemen. Die neu aufgestellte afgha-nische Armee und die neu aufgestellte afghanische Poli-zei können derzeit noch keine eigenständige, zusätzlicheSicherheit bieten. Das ist so; wir wissen das. Die MilizenöadfbNfvvssvrsshfuSfsfms1sdkdPgdVugMDwsnna–ddsguiit
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2008 18159
)
)
Deswegen finde ich diese Diskussion wichtig.Nun haben wir im Parlament erlebt – es war nichtüberraschend –, dass sich die Kollegen, die bei HerrnLafontaine geklatscht haben, in gewisser Weise der Rea-lität verweigern. Sie wollen nicht akzeptieren, welcheProbleme dort tatsächlich zu lösen sind. Als der Vor-schlag gemacht wurde, Oskar Lafontaine möge docheinmal nach Afghanistan reisen, dachte ich: Einer dergroßen Erfolge und der wesentliche Unterschied zumIrak ist, dass Sie mit Linienmaschinen nach Kabul flie-gen können. Sie können ins Reisebüro gehen und einenFlug buchen. In der Regel fliegt man über Dubai oderDelhi. Das läuft alles nach Fahrplan; das können Sie ma-chen. Sie können auch innerhalb Afghanistans zum Bei-spiel von Kabul nach Herat fliegen. Das alles geht mitMaschinen, die nicht auf der schwarzen Liste stehen,sondern seriös sind.
Machen Sie das doch einmal! Dann werden Sie erleben,dass dieses Land dabei ist, gemeinsam mit der inter-nationalen Gemeinschaft Schwierigkeiten in den Griffzu bekommen.Nun ist der Kollege Trittin nicht mehr anwesend. Alser – sicherlich aufgrund der Oppositionsverpflichtungoder des Oppositionsrituals – meinte, den Außenministerkritisieren zu müssen, fiel mir ein ehemaliger Kollegeein, der mir immer, wenn ich versuchte, Gutmensch zusein, ironisch sagte: Tu nichts Gutes, dann widerfährt dirnideIusdrKiPBBIdmsRvASamrnawiwbewAzwmmsdhulsviistImznns
Metadaten/Kopzeile:
18160 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2008
)
Auch die regionale Zusammenarbeit spielt eine Rolle.Insbesondere nach den Wahlen in Pakistan sollte mangemeinsam mit den neuen Verantwortungsträgern, zumBeispiel in Peschawar, überlegen, wie man abgesehenvom militärischen Engagement, mehr Hilfe und mehrZusammenarbeit in dieser Region ermöglichen kann. Ichglaube, das sind große Chancen, die wir nutzen müssen.Denn ohne eine vernünftige regionale Zusammenarbeit– im Zweifel muss man auch versuchen, in dieser Re-gion mit traditionellen Strukturen für Versöhnung undVerständigung zu sorgen – wird man die friedliche Ent-wicklung Afghanistans nicht sicherstellen können.
Man muss zur Kenntnis nehmen, dass beide Aspektevoneinander abhängig sind.Ich finde es gut, dass wir heute über dieses Themadiskutieren. Unabhängig von den Mandaten sollten wirin Zukunft, auch zur Information der Öffentlichkeit, re-gelmäßig im Parlament über die Fortschritte und die Er-folge in Afghanistan diskutieren.Vielen Dank.
Ich schließe die Debatte.
Wir kommen zur Abstimmung über den Entschlie-
ßungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf
Drucksache 16/9692. Wer stimmt für diesen Entschlie-
ßungsantrag? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält
sich? – Der Entschließungsantrag ist mit Mehrheit abge-
lehnt.
Wir kommen zur Abstimmung über Zusatzpunkt 2.
Hier geht es um die Beschlussempfehlung des Ausschus-
ses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwick-
lung zum Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
mit dem Titel „Entwicklung in Afghanistan – Strategien
für eine wirkungsvolle Aufbauarbeit kohärent umset-
zen“. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussemp-
fehlung auf Drucksache 16/9685, den Antrag der Frak-
tion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 16/8887
abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh-
lung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? –
Diese Beschlussempfehlung ist mit Mehrheit angenom-
men.
Beim Zusatzpunkt 3 geht es um die Beschlussempfeh-
lung des Auswärtigen Ausschusses zum Antrag der Frak-
tion Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel „Staatsaufbau
in
p
n
e
F
a
l
S
a
s
a
d
u
m
D
I
s
g
Z
d
s
e
s
d
f
B
V
M
d
s
h
i
–
h
z
D
H
M
z
w
w
so lauten die Presseinformationen – und angekündigtat, eine Presseerklärung über das weitere Vorgehen ab-ugeben. Der Bundesminister des Auswärtigen,r. Frank-Walter Steinmeier, hat an die Machthaber inarare appelliert, von Gewalt und Einschüchterung alsitteln der Politik abzulassen und Rahmenbedingungenu schaffen, unter denen die Menschenrechte geachteterden und eine wirtschaftliche Entwicklung möglichird.)
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2008 18161
)
)
Zusatzfrage, Frau Kollegin Müller.
Kerstin Müller (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):
Herr Staatsminister, wird die Bundesregierung für den
Fall, dass Mugabe am ursprünglichen Wahltermin, dem
kommenden Freitag, sich auch ohne Stichwahl zum Sie-
ger erklären wird, die Regierung Mugabe nicht anerken-
nen, wie es auch die USA heute angekündigt haben?
Wir haben schon im Vorfeld gesagt, dass die ange-
setzte Stichwahl eine Farce ist. Nachdem Herr Mugabe
sich bis jetzt nicht bewegt hat und auf kritische Stimmen
nicht eingegangen ist, kann ich mir nicht vorstellen, dass
seine Regierung anerkannt werden könnte.
Kerstin Müller (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):
Werden Sie mit dieser Position im Vorfeld der Wahl
auf die europäischen Partner zugehen? Es könnte ja ein
Signal an Mugabe sein, wenn im Vorfeld klargemacht
wird, dass wir seine Regierung in diesem Fall nicht aner-
kennen werden.
Wir führen zurzeit Gespräche auf der europäischen
Ebene, mit welchen Maßnahmen die Europäische Union
den Vorgängen in Simbabwe begegnen kann. Ich denke,
diese Position wird eine Grundlage dafür sein.
Ich rufe die dringliche Frage 2 der Kollegin Müller
auf:
Welche Folgerungen zieht die Bundesregierung aus dem
jüngsten VN-Sicherheitsratsbeschluss zu Simbabwe, und
sieht sie kurzfristig weitere Lösungsansätze zur Deeskalation
in Simbabwe?
Die Bundesregierung begrüßt die Präsidenzielle Er-
klärung des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen vom
23. Juni 2008, in der die Gewalt in Simbabwe verurteilt
wird. Nicht zuletzt die Zustimmung Südafrikas zu dieser
Erklärung zeigt einen Stimmungswandel innerhalb der
afrikanischen Staaten.
Die zur zweiten Runde der Stichwahl am 27. Juni
2008 bereits angereisten Wahlbeobachter der Afrikani-
schen Union und der Südafrikanischen Entwicklungsge-
meinschaft, SADC, haben sich selbst ein Bild von der
Lage im Lande machen können. Sie haben die Gewalt
gegenüber Anhängern der Opposition, aber auch gegen-
über einfachen Bürgern kritisiert. Das sehen wir insge-
samt positiv. Wir haben den Eindruck, dass sich Europa
und die USA sowie die Afrikanische Union und die Süd-
afrikanische Entwicklungsgemeinschaft in der Sim-
babwe-Frage auf eine gemeinsame Position zubewegen.
Deeskalation bleibt nur dann möglich, wenn man im
Gespräch bleibt. Die Bundesregierung unterstützt daher
d
l
a
B
v
s
s
g
M
n
E
s
d
s
d
D
r
d
n
I
b
N
h
n
ü
r
P
a
S
G
w
g
c
k
z
w
c
b
a
c
N
M
M
w
z
Herr Staatsminister, diese Resolution des UN-Sicher-
eitsrates enthält weder Vorschläge für Maßnahmen
och irgendeine Verurteilung Mugabes. Ich kann deshalb
berhaupt nicht nachvollziehen, dass die Bundesregie-
ung hier von einem Sinneswandel der afrikanischen
artner ausgeht.
Wie gedenkt die Bundesregierung Druck auf den süd-
frikanischen Präsidenten Mbeki und die Staatschefs der
ADC auszuüben – beispielsweise bei dem anstehenden
-8-Gipfel in Japan? Die Bundeskanzlerin hat immer
ieder betont, dass Afrika auch dort ein Kernthema ist.
Noch einmal: Wir haben festzustellen, dass sich eineewisse Bewegung ergeben hat. Auch die von uns si-herlich nicht befürwortete Vorgehensweise des südafri-anischen Präsidenten hat das in den letzten Tagen ge-eigt. Andere haben sich ebenfalls bewegt, und es findeneiterhin Gespräche statt.Wir werden auf allen diplomatischen Kanälen versu-hen, darauf einzuwirken, dass entsprechende Rahmen-edingungen geschaffen werden, wie ich das vorhinusgeführt habe. Auch der G-8-Gipfel könnte mögli-herweise eine Gelegenheit dafür bieten.Kerstin Müller (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-EN):Ich habe eine zweite Zusatzfrage. – Noch einmal:ein Eindruck ist ganz klar, dass vor allen Dingenbeki in Südafrika mit Samthandschuhen angepacktird. Das gilt auch für die SADC, die sogar noch finan-iell unterstützt wird.
Metadaten/Kopzeile:
18162 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2008
)
)
Kerstin Müller
Nach den Einschätzungen von Experten, die heutevon Mitgliedern Ihrer Fraktion im Ausschuss geäußertworden sind, könnte man Mugabe durch Sanktionen derumliegenden Länder innerhalb weniger Wochen – einbis zwei Wochen – zu einer Umkehr zwingen. Wann än-dern die Bundesregierung und die EU endlich ihre Hal-tung, indem sie einen entsprechenden Druck auch aufdie Nachbarstaaten ausüben?
Frau Müller, ich darf noch einmal sagen, dass wir eine
Bewegung haben feststellen können, auch bei dem süd-
afrikanischen Präsidenten. Sie reicht aber nicht aus. Ge-
rade auf der europäischen Ebene sind wir mit den Part-
nern in der Europäischen Union dabei, zu überlegen,
welche Möglichkeiten es gibt, auf die Regierung in Sim-
babwe einzuwirken.
Es ist notwendig, dass zuerst aus Afrika bzw. aus der
Region selbst heraus Druck auf Herrn Mugabe herbeige-
führt wird. Vielleicht ist es möglich, dass wir uns diesbe-
züglich in dieser Woche in Brüssel verständigen können.
Es gibt keine weiteren Zusatzfragen. Ich bedanke
mich für die Beantwortung.
Wir kommen jetzt zu den übrigen Fragen für die heu-
tige Fragestunde, die in der Ihnen bekannt gemachten
Reihenfolge aufgerufen werden.
Zunächst kommen wir zum Geschäftsbereich des
Bundesministeriums der Justiz. Hier ist der Parlamenta-
rische Staatssekretär Alfred Hartenbach zur Beantwor-
tung erschienen.
Die Fragen 20 und 21 des Kollegen Hofreiter können
wir in Ermangelung seiner Anwesenheit – –
– Entschuldigung. Ich bitte um Nachsicht.
Ich rufe die Frage 20 des Kollegen Hofreiter auf:
Bei welchen Sachfragen besteht bei der Erarbeitung des
Gesetzentwurfs in Sachen Fahrgastrechte unter den beteilig-
ten Bundesministerien noch kein Einvernehmen, und wann
kann mit der Vorlage eines Referentenentwurfs gerechnet
werden?
A
Herr Hofreiter, meine Antwort lautet: Inzwischen be-
steht unter den beteiligten Ministerien Einvernehmen
über die grundsätzliche Ausgestaltung des Fahrgastrech-
tegesetzes. Der Referentenentwurf wird noch im Juni
2008, also in dieser Woche, an die Ressorts und sodann
an die beteiligten Kreise versandt werden. Er geht dann
selbstverständlich auch den im Bundestag vertretenen
Fraktionen zu.
N
n
s
e
i
N
N
I
e
w
d
d
E
b
D
t
e
c
N
c
e
z
f
t
d
d
r
b
g
H
d
Vielen Dank, Herr Präsident. Ich danke auch für die
ette Ansage am Anfang. Mir ist im politischen Bereich
chon vieles vorgeworfen worden, aber Unauffälligkeit
igentlich noch nie. Das freut mich also.
Sie sehen, dass man in seiner politischen Biografie
mmer wieder mit Überraschungen rechnen muss.
Wie gesagt: Es freut mich, dass immer wieder etwas
eues dabei ist.
Sehr geehrter Herr Staatssekretär, mich freut auch
hre Nachricht. Angesichts der Tatsache, dass es jetzt
ine Einigung gibt, würde mich einfach interessieren,
ie die Einigung ausschaut. Wären Sie in der Lage, kurz
ie wichtigsten Punkte darzustellen?
A
Herr Hofreiter, ich kann Ihnen dazu Folgendes sagen:
s gibt gewisse Gepflogenheiten. Dazu gehört, dass die
eteiligten Ressorts als Erste Informationen bekommen.
afür bitte ich um Verständnis. Ich kann Ihnen aber mit-
eilen, dass sich der Referentenentwurf sehr eng an die
uropäische Verordnung für Fahrgastrechte, die Sie si-
herlich kennen, anlehnt.
Weitere Zusatzfrage, Herr Hofreiter.
Dann ist es umso spannender, festzustellen, dass man-
hes – zum Beispiel, dass man sich auf eine Stunde statt
iner halben Stunde geeinigt hat – schon in der Zeitung
u lesen war. Wenn das schon Vertreter der Regierungs-
raktionen via Pressemitteilungen an die Zeitungen wei-
ergeben konnten und diese Pressemitteilungen auch auf
er Homepage von Regierungsfraktionen zu finden sind,
ann sind Sie sicherlich in der Lage, das hier zu referie-
en. Wenn man es an die Regierungsfraktionen weiterge-
en konnte oder wenn in Ihrem Ministerium nicht dicht-
ehalten wird, dann können Sie es auch dem Hohen
ause zur Kenntnis geben.
A
Würden Sie das als Frage ansehen, Herr Präsident?
Ja.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2008 18163
)
)
A
Herr Hofreiter, wie vorsichtig man mit Pressemeldun-
gen sein muss, sehen Sie an der gestrigen Meldung, als
die gesamte Presse meinte, Beck habe in der SPD-Frak-
tionssitzung seinen Rücktritt angekündigt. Ich war in der
betreffenden Sitzung anwesend, ebenso wie Herr Krüger
und Frau Gleicke.
– Das war nicht so. Insofern muss man mit solchen Mit-
teilungen sehr vorsichtig umgehen. Entweder hat der In-
formant nicht richtig zugehört, oder der Redakteur hat
möglicherweise nicht richtig recherchiert.
Ich kann als Mitglied der Bundesregierung keine Ga-
rantie dafür übernehmen, was meine Kolleginnen und
Kollegen aus der Regierungskoalition nach außen mittei-
len. Daraus, dass der Referentenentwurf – wie ich eben
ausgeführt habe – sehr eng an die europäische Verord-
nung für Fahrgastrechte angelehnt ist, können Sie aber
schließen, um welche Zeiten es geht, nämlich bis 60 Mi-
nuten und über 60 Minuten. Jetzt sind Sie sicherlich sehr
zufrieden.
Jedenfalls werden Sie, Herr Kollege Hartenbach, si-
cherlich sehr zufrieden sein, wenn ich Ihnen ausdrück-
lich versichere, dass ich Ihre Stellungnahme nun auch
als Antwort auf die gestellte Frage im Sinne der Ge-
schäftsordnung betrachte.
A
Ich bedanke mich sehr herzlich, Herr Präsident.
Die Kollegin Maisch wollte dazu noch eine Zusatz-
frage stellen.
Danke, Herr Präsident. – Herr Staatssekretär, Sie ha-
ben von 60 Minuten gesprochen. Geht die Bundesregie-
rung also davon aus, dass bei einer Verspätung unter
60 Minuten – zum Beispiel bei 58 Minuten – dem Fahr-
gast kein Schaden entstanden ist, für den er zu entschädi-
gen wäre?
A
Verehrte Frau Maisch, es ist in der Tat so, dass da-
durch kein Schaden entstanden ist. Im Nahverkehr ist
das etwas anders, wie Sie wissen. Aber darüber können
wir uns später unterhalten. Seien Sie beruhigt: Nächste
Woche haben Sie den Referentenentwurf auf dem Tisch.
Ich muss mich korrigieren, Herr Präsident: ab 60 Mi-
nuten und ab 120 Minuten. Das habe ich eben falsch dar-
gestellt. Ich bitte auch Herrn Hofreiter um Nachsicht.
n
h
d
d
s
d
W
d
R
N
i
e
w
n
d
j
a
v
s
d
E
u
i
g
Sie haben darauf hingewiesen, dass die Einzelheiten
m Referentenentwurf dargelegt werden. Können Sie uns
twas näher erläutern, wie das im Detail ausschauen
ird, oder geht auch das erst an die Regierungsfraktio-
en und dann an die übrigen Ministerien?
A
Wie soll das im Detail ausschauen? Wir haben schon
etzt die Schlichtungsstelle Mobilität, die Ende 2009
usläuft. – Damit nehme ich die Frage von Frau Maisch
orweg. Sind Sie damit einverstanden?
Unter Aufrechterhaltung der Zusatzfragen können wir
o verfahren.
Ich rufe damit Frage 22 auf:
Wie bewertet die Bundesregierung eine verkehrsträger-
übergreifende außergerichtliche Schlichtung im Bereich der
Fahrgastrechte, und wie soll die außergerichtliche Schlichtung
finanziert werden?
A
Wie Sie wissen, läuft die Schlichtungsstelle Mobilität
nde 2009 aus. Damit endet die Förderung. Wir stellen
ns eine Schlichtungsstelle – ähnlich dem Ombudsmann
m Versicherungswesen – vor, die von allen Verkehrsträ-
ern – Schiene, Luft – gemeinsam getragen wird.
Eine weitere Zusatzfrage.
Metadaten/Kopzeile:
18164 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2008
)
)
Das heißt, sie wird von beteiligten Unternehmen undnicht mehr von einer unabhängigen Stelle getragen.A
Das ist eine unabhängige Stelle. Ich habe von einem
Ombudsmann gesprochen. Das ist eine Stelle, die zwar
von den Unternehmen finanziert wird, die aber unabhän-
gig ist und frei entscheiden kann. Wir haben ja – – Da-
nach können Sie noch fragen; das ist besser.
Die Innovationskraft dieser Veranstaltung nimmt
ständig zu. Jetzt regt die Regierung schon die Fragen an,
die die Kollegen gegebenenfalls stellen können.
Frau Kollegin Maisch, möchten Sie die Frage stellen,
die der Kollege Hartenbach am liebsten beantworten
möchte?
Danke, Herr Präsident. – Was der Staatssekretär gerne
möchte, kann ich von hier aus nicht genau sehen. Ich
möchte jedenfalls eine Antwort auf folgende Frage ha-
ben: Wird der VCD, der bislang die Schlichtung verant-
wortlich mitgetragen hat, weiterhin eine wichtige Rolle
im Rahmen des neuen Modells spielen, wenn es denn
eine Art Ombudsmann gibt?
A
Frau Maisch, diese Frage kann ich Ihnen weder mit Ja
noch mit Nein beantworten. Wir werden dies noch prü-
fen und ausgestalten. Auch hier werden die beteiligten
Ressorts noch ein Wort mitreden.
Gibt es weitere Fragen? – Das ist nicht der Fall.
A
Frau Maisch hatte, glaube ich, noch eine Frage.
Danach hatte ich gerade gefragt.
A
Das hat sich also erledigt. Vielen Dank. – Man kann
nie wissen, Herr Präsident.
Herr Kollege Hartenbach, Sie haben das, was gefragt
wurde, einschließlich dessen, was vielleicht hätte gefragt
werden können, so erschöpfend beantwortet, dass es kei-
nen Raum mehr für Zusatzfragen gab.
d
w
t
B
d
h
d
k
T
D
A
D
m
s
f
Position, nach der die Bundesregierung der Initiative „ableh-
kanzlerin, die laut FAZ vom 13. Juni 2008 beim Kommis-
sionspräsidenten José Manuel Barroso gegen ein solches
Vorhaben interveniert hat, oder c) die abwartend-neutrale Hal-
tung, die mir die Bundesministerin der Justiz im Nachtrag zu
der Fragestunde am 28. Mai 2008 in einem Schreiben vom
11. Juni 2008 mitgeteilt hat – „Die Bundesregierung möchte
sich derzeit dazu nicht äußern, sondern wird insgesamt Stel-
lung nehmen, wenn die EU-Kommission Vorschläge für eine
neue Antidiskriminierungsrichtlinie vorlegt“ –, und wie beur-
teilt die Bundesregierung die Vorschläge in der Entschließung
des Europäischen Parlaments vom 20. Mai 2008 zu den Fort-
schritten in Bezug auf Chancengleichheit und Nichtdiskrimi-
nierung in der EU mit der Vorgangsnummer 2007/2202(INI)
Bitte, Herr Staatssekretär.
A
Herr Beck, soll ich alles vorlesen, wonach Sie gefragt
aben?
Nein.
A
Okay, Herr Präsident.
Die genannten Positionen zu der neuen, auf uns zu-ommenden Antidiskriminierungsrichtlinie geben in derat die Haltung der Bundesregierung zutreffend wieder.ie Bundesregierung steht dem Vorhaben einer neuenntidiskriminierungsrichtlinie sehr skeptisch gegenüber.ies hat sie gegenüber der Kommission deutlich ge-acht. Ihre endgültige Haltung zu den konkreten Vor-chlägen der Kommission will die Bundesregierung erstestlegen, wenn diese Vorschläge vorliegen.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2008 18165
)
)
Parl. Staatssekretär Alfred HartenbachZu Ihrer Frage nach der Entschließung des Europäi-schen Parlaments vom 20. Mai hat die Frau MinisterinIhnen bereits am 11. Juni schriftlich mitgeteilt:Die Bundesregierung hat zur Kenntnis genommen,dass das Europäische Parlament sich in seiner Sit-zung vom 20. Mai 2008 mehrheitlich für eine um-fassende neue Antidiskriminierungsrichtlinie miteinem breiten horizontalen Ansatz, der alle Merk-male und möglichst alle Lebensbereiche erfasst,ausgesprochen hat. Diese Auffassung des Europäi-schen Parlaments teilt die Bundesregierung nicht.Ende des Zitats.
Bitte schön.
Das sorgt zumindest für Klarheit. Sie müssen aber
vielleicht der Bundesjustizministerin erklären, warum
Sie mir gerade das glatte Gegenteil geantwortet haben.
A
Nein, das habe ich eben nicht gesagt.
Sie hat gesagt: Die Bundesregierung möchte sich
dazu zurzeit nicht äußern, sondern wird erst Stellung
nehmen, wenn die EU-Kommission Vorschläge für eine
neue Antidiskriminierungsrichtlinie vorlegt. Nun sagen
Sie: Die Vorschläge, die das Europäische Parlament in
der Sache macht, lehnt die Bundesregierung ab.
Es scheint also nicht nur innerhalb der Bundesregie-
rung, sondern auch im Bundesjustizministerium ver-
schiedene Auffassungen bezüglich der Haltung der Bun-
desregierung zu geben. Das finde ich interessant. Welche
Auffassung vertritt denn die Bundesregierung im Einzel-
nen zu den Vorschlägen, die in der Entschließung des
Europäischen Parlaments gemacht wurden, insbesondere
zu den Punkten 34 bis 38?
A
Herr Beck, ich habe Ihnen eben mitgeteilt, wie wir
uns verhalten haben und verhalten werden. Zu den ein-
zelnen Punkten werden wir dann eine abgestimmte Stel-
lungnahme der Bundesregierung abgeben, wenn wir so-
weit sind.
Welchen rechtlichen Änderungsbedarf beim Allge-
meinen Gleichbehandlungsgesetz würde denn die Bun-
desregierung sehen, nähme man die Forderung des Euro-
päischen Parlaments ernst, was die Bundesregierung
offensichtlich nicht tut? Würde die Bundesregierung
überprüfen, ob sich daraus Änderungsbedarf für das Zi-
vilrecht ergibt, angesichts der Tatsache, dass wir in
Deutschland bereits horizontal umgesetzt haben, obwohl
uns womöglich erst die kommende Richtlinie dazu zwin-
gen würde?
d
h
f
d
n
m
d
g
s
v
g
E
z
R
w
n
d
s
H
v
l
b
B
w
t
d
S
F
a
d
H
H
s
s
n
s
B
w
M
T
a
anches spricht für die Vermutung, dass wir auf dashema zurückkommen werden.Ich bedanke mich bei Herrn Hartenbach für die Be-ntwortung der an ihn gerichteten Fragen.
Metadaten/Kopzeile:
18166 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2008
)
)
Präsident Dr. Norbert LammertIch rufe nun den Geschäftsbereich des Bundesminis-teriums der Finanzen auf. Hier steht Frau Parlamentari-sche Staatssekretärin Kressl zur Beantwortung zur Ver-fügung.Die Fragen 24 und 25 des Abgeordneten Koppelinwerden schriftlich beantwortet.Ich rufe die Frage 26 des Abgeordneten Schäffler auf:Trifft es zu, dass die Liquiditätslinie der BundesrepublikDeutschland – Finanzagentur GmbH gegenüber der IKBDeutsche Industriebank AG in Höhe von 500 Millionen Euroerst nach Bekanntwerden der IKB-Krise im August 2007 vollausgeschöpft wurde, und inwieweit hat das Bundesministe-rium der Finanzen hierauf Einfluss genommen?N
Herr Präsident! Herr Kollege Schäffler, es ist richtig,
dass das für die IKB gültige und mit dem BMF abge-
stimmte Limit für Geldanlagen der Finanzagentur bei
der IKB im Monat August 2007 voll ausgeschöpft
wurde. Auf den Abschluss dieses Geschäfts hat das
BMF keinen Einfluss genommen. Insofern darf ich Sie
auf die Antworten, die ich bereits in der vorletzten Sit-
zungswoche gegeben habe, verweisen.
Es trifft nicht zu, dass das mit dem BMF abgestimmte
Limit für Geldanlagen der Finanzagentur bei der IKB
erstmalig im Monat August 2007 voll ausgeschöpft
wurde. Je nach Marktlage und gebotenen Konditionen
hat die Finanzagentur auch in der ersten Hälfte des Jah-
res 2007 sowie in den Vorjahren das Limit für Geldanla-
gen der Finanzagentur bei der IKB hin und wieder voll
bzw. nahezu voll ausgeschöpft.
Bitte schön, Herr Schäffler.
Der zweite Teil meiner Frage bezog sich darauf, ob
das Finanzministerium auf die Ausschöpfungen Einfluss
genommen hat.
N
Herr Kollege Schäffler, ich fürchte, Sie haben mir
nicht zugehört; denn ich habe gesagt, das BMF habe da-
rauf keinen Einfluss genommen und Sie dazu auch noch
auf meine Antwort auf die gleiche Frage in der vorletz-
ten Sitzungswoche verwiesen.
Gut, dann will ich etwas anderes in diesem Zusam-
menhang fragen. Trifft es zu, dass die IKB innerhalb der
letzten zwei Monate ausstehende Forderungen verkauft
bzw. abgetreten hat, und, wenn ja, an wen?
N
Herr Kollege Schäffler, Sie wissen – auch das haben
wir hier mehrfach erörtert –, dass ich zu Einzelheiten,
die die Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse der IKB be-
t
i
r
d
D
F
A
D
c
a
m
c
d
a
d
i
s
–
d
w
d
L
s
g
u
d
a
Ich mache das nicht aus Besserwisserei, sondern weil
as fachliche Hintergründe hat. Deswegen ist mir das
ichtig. – Kreditlinien können Sie einfach anfordern. In
iesem Fall geht es um ein mit dem BMF abgestimmtes
imit zur Ausschöpfung von unbesicherten Anlagen.
Weitere Zusatzfrage?
Sie haben auf eine andere Frage geantwortet, dass das
owohl aus besicherten als auch aus unbesicherten Anla-
en bestand. Jetzt sagen Sie mir, dass es ausschließlich
nbesicherte sind. Ist das richtig?
N
Herr Kollege, wir hatten schon das letzte Mal sehrusführlich darüber gesprochen. Sie müssen zwischen
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2008 18167
)
)
Parl. Staatssekretärin Nicolette Kressldem Limit, das es für Geldanlagen gibt und das mit demBMF abgestimmt wird, und der Entscheidung derFinanzagentur, welche Formen von Anlagen sie trifft,welche nicht in Absprache mit dem BMF, sondern ineigener Verantwortung der Finanzagentur erfolgen, un-terscheiden. Das Limit, das mit dem BMF abgestimmtist – es ist öffentlich bekannt, dass wir in diesem Fallvon 500 Millionen Euro reden –, gibt Freiraum für dieAusschöpfung von unbesicherten Anlagen in diesem Be-reich.
Wir kommen zu den Fragen 28 und 29. Den Kollegen
Thiele habe ich aber nicht im Saal gesehen. Es wird ver-
fahren, wie in der Geschäftsordnung vorgesehen. Die
Frage 30 des Kollegen Gerhard Schick und die Frage 31
der Kollegin Veronika Bellmann werden schriftlich be-
antwortet, die Fragen 32 und 33 der Kollegin Höll eben-
falls. Auch die Fragen 34 und 35 der Kollegin Gesine
Lötzsch werden schriftlich beantwortet, sodass wir am
Ende dieses Geschäftsbereiches sind.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Wirtschaft und Technologie. Die einge-
reichten Fragen 36 bis 38 sollen schriftlich beantwortet
werden.
Wir kommen dann zum Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums für Arbeit und Soziales. Da kann ich
die gleiche Lage melden. Die eingereichten Fragen 39
bis 44 sollen alle schriftlich beantwortet werden.
Nun kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung.
Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staats-
sekretär Großmann zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 45 des Kollegen Lutz Heilmann
auf:
Wieso hat die Bundesregierung am 11. Juni 2008 auf meine
schriftliche Frage 65 auf Bundestagsdrucksache 16/9554 ge-
antwortet, dass es bezüglich der ursprünglich für Ende 2007
angestrebten Unterzeichnung des deutsch-dänischen Staats-
vertrages zum geplanten Bau einer festen Fehmarnbelt-Que-
rung „noch Abstimmungen und formaler Prüfungen“ bedarf
und ein „Termin für die Unterzeichnung … daher noch nicht
feststehe“, während der schleswig-holsteinische Ministerprä-
sident Peter Harry Carstensen laut Pressebericht vom 18. Juni
2008 und somit nur eine Woche später sagte: „Der Entwurf ei-
nes Staatsvertrages liege vor und solle vor der Sommerpause
des Parlaments von der deutschen und dänischen Regierung
paraphiert werden“, und treffen die Aussagen von Minister-
präsident Peter Harry Carstensen zu, sodass der Staatsvertrag
also in den nächsten Wochen paraphiert werden wird?
A
Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Kollege
Heilmann, es gilt weiterhin die Antwort der Bundes-
regierung vom 11. Juni 2008 auf Ihre schriftliche Frage.
Zurzeit kann weder ein konkreter Paraphierungs- noch
ein Unterzeichnungstermin genannt werden. Diese Ter-
mine sind abhängig von den noch laufenden Abstim-
mungen und formalen Prüfungen. Im Lichte der bisheri-
gen Abstimmungen wird eine Unterzeichnung noch im
Laufe des Sommers angestrebt. Die Bundesregierung ist
a
w
v
l
D
Ä
g
n
M
M
I
k
k
h
d
t
p
v
N
d
S
S
b
i
w
–
u
M
I
r
w
t
w
d
Ä
d
w
f
u
f
v
i
D
Metadaten/Kopzeile:
18168 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2008
)
)
auf:
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2008 18169
(C)
)
Es gibt eine Zusatzfrage der Kollegin Menzner.
Wie können Sie gewährleisten, dass Bereiche des DB-
Konzerns, der ja noch komplett in öffentlicher Hand ist,
die nicht der Daseinsvorsorge gemäß Art. 87 e des
Grundgesetzes dienen, nicht mit Steuermitteln subven-
tioniert werden?
A
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Frau Menzner, Ihre Frage beginnt mit einer falschen
Darstellung. Die DB AG ist nicht im Besitz der öffentli-
chen Hand, sondern eine Aktiengesellschaft, die nach
unternehmerischen Gesichtspunkten gemäß Aktienrecht
geführt wird.
nicht nach dem konkreten Verhandlungsvorgang fragen,
sondern nur danach, ob Sie ausschließen können, dass
die Bundesregierung weitere Verträge mit der DB Rent
hat, und insbesondere, dass Ihr Haus irgendwelche Ver-
träge mit der DB Rent hat.
A
Ich bin über weitere Verträge zwischen der DB Rent
und meinem Haus nicht informiert. Von daher müsste
ich Ihnen auf diese Frage schriftlich antworten.
Hiermit zugesagt. – Weitere Fragen liegen nicht vor.
Die Fragen 50 und 51 der Kollegin Veronika
Bellmann und des Kollegen Lutz Heilmann werden
schriftlich beantwortet.
Wir sind damit am Ende der Fragestunde.
Das Präsidium stellt mit Genugtuung fest, dass seine
Einschätzung des angemessenen und auskömmlichen
Zeitbedarfs für die Fragestunde offenkundig zutreffend
war. Ich bedanke mich für Ihre Mitwirkung.
Zusatzfrage des Kollegen Fricke.
Herr Staatssekretär, der Kollege Beck hat nach der
DB Rent gefragt. Ich möchte in dem Zusammenhang
d
D
(D
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
estages zur allgemeinen Überraschung auf morgen,
onnerstag, den 26. Juni 2008, 9 Uhr, ein.
Die Sitzung ist geschlossen.