Protokoll:
16160

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 16

  • date_rangeSitzungsnummer: 160

  • date_rangeDatum: 8. Mai 2008

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: None Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 20:51 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 16/160 Tagesordnungspunkt 3: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Umwelt, Naturschutz und Re- aktorsicherheit – zu dem Antrag der Abgeordneten Cajus Caesar, Marie-Luise Dött, Dr. Christian Ruck, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Heinz Schmitt (Lan- dau), Marco Bülow, Dirk Becker, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Weltnaturschutzgipfel 2008 in Bonn – Biologische Vielfalt schüt- zen, nachhaltig und gerecht nutzen – zu dem Antrag der Abgeordneten Angelika Brunkhorst, Michael Kauch, Deutschland – zu der Unterrichtung durch die Bun- desregierung: Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt (Drucksachen 16/8756, 16/8878, 16/8890, 16/8077, 16/7082, 16/9106) . . . . . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Ab- geordneten Angelika Brunkhorst, Michael Kauch, Birgit Homburger, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der FDP: Allge- meine Grundsätze für den Naturschutz in Deutschland (Drucksachen 16/3099, 16/7278) . . . . . . . c) Antrag der Abgeordneten Lutz Heilmann, 16802 C 16802 D Deutscher B Stenografisch 160. Sitz Berlin, Donnerstag, I n h a l Hilfe für Birma nach dem Zyklon „Nargis“ . . . Begrüßung des Präsidenten des litauischen Parlaments, Herrn Česlovas Juršėnas . . . . Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeord- neten Dr. Margrit Spielmann . . . . . . . . . . . . Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Absetzung des Tagesordnungspunktes 10 . . . Zur Geschäftsordnung Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE) . . . . . . Thomas Oppermann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 16799 A 16799 B 16799 B 16799 C 16801 A 16801 B 16802 A Horst Meierhofer, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der FDP: Leitli- nien für den internationalen Arten- undestag er Bericht ung den 8. Mai 2008 t : und Lebensraumschutz im Rahmen des Übereinkommens über die biolo- gische Vielfalt – zu dem Antrag der Abgeordneten Renate Künast, Undine Kurth (Qued- linburg), Ulrike Höfken, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Erhalten, was uns erhält – Die UN-Konferenzen zur biologischen Sicherheit und zum Übereinkommen über die biologi- sche Vielfalt zum Erfolg machen – zu dem Antrag der Abgeordneten Angelika Brunkhorst, Michael Kauch, Horst Meierhofer, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der FDP: Natur- schutz praxisorientiert voranbrin- gen – Entwicklung der Wildtiere in Eva Bulling-Schröter, Hans-Kurt Hill, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: UN-Biodiversitätsgipfel II Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 160. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. Mai 2008 durch Vorreiterrolle beim Schutz der biologischen Vielfalt und fairen Nord- Süd-Ausgleich zum Erfolg führen (Drucksache 16/9066) . . . . . . . . . . . . . . . . d) Antrag der Abgeordneten Thilo Hoppe, Bärbel Höhn, Undine Kurth (Quedlinburg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Tropen- waldschutz braucht solide Finanzierung – Entwaldung vermeiden, Klima- und Biodiversität schützen (Drucksache 16/9065) . . . . . . . . . . . . . . . . Heinz Schmitt (Landau) (SPD) . . . . . . . . . . . Angelika Brunkhorst (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Katherina Reiche (Potsdam) (CDU/CSU) . . . Lutz Heilmann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sigmar Gabriel, Bundesminister BMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lutz Heilmann (DIE LINKE) (Erklärung nach § 30 GO) . . . . . . . . . . . . . Dr. Christel Happach-Kasan (FDP) . . . . . . . . Dr. Christian Ruck (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Undine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gabriele Groneberg (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Cajus Caesar (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Sascha Raabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Josef Göppel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Christel Happach-Kasan (FDP) . . . . . Tagesordnungspunkt 4: a) Antrag der Abgeordneten Klaus Ernst, Hüseyin-Kenan Aydin, Dr. Lothar Bisky, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Förderung der Altersteil- zeit durch die Bundesagentur für Ar- beit fortführen (Drucksache 16/9067) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales – zu dem Antrag der Abgeordneten Volker Schneider (Saarbrücken), Klaus Ernst, Hüseyin-Kenan Aydin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Altersteilzeit fortentwickeln – zu dem Antrag der Abgeordneten Volker Schneider (Saarbrücken), Klaus Ernst, Hüseyin-Kenan Aydin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE V D D E B G J A D A D W T a b c d 16803 A 16803 A 16803 B 16804 C 16806 A 16807 B 16809 D 16811 C 16814 D 16814 D 16816 B 16817 C 16818 C 16819 C 16820 C 16821 B 16821 D 16823 A LINKE: Rente mit 67 – Berichts- pflicht zum Arbeitsmarkt nicht ver- wässern – Bestandsprüfungsklausel konkretisieren (Drucksachen 16/4552, 16/4553, 16/6749) olker Schneider (Saarbrücken) (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Ralf Brauksiepe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . r. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Max Straubinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . lke Ferner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . rigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anton Schaaf (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . itta Connemann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Volker Schneider (Saarbrücken) (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . örg Rohde (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anton Schaaf (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . ndrea Nahles (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . ndrea Nahles (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Michael Fuchs (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . olfgang Grotthaus (SPD) . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 27: ) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Heimkehrerstiftungsaufhebungsge- setzes (Drucksache 16/9058) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Abkommen vom 24. Sep- tember 2005 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Vereinigten Arabi- schen Emirate über die Zusammenar- beit im Sicherheitsbereich (Drucksache 16/9039) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Änderung des Bevölkerungssta- tistikgesetzes (Drucksachen 16/9040, 16/9079) . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Kerstin Andreae, Dr. Thea Dückert, Dr. Wolfgang 16823 A 16823 B 16825 B 16827 B 16828 B 16829 A 16830 C 16832 A 16832 D 16833 D 16835 A 16835 B 16836 C 16837 B 16838 B 16838 D 16839 A 16840 C 16842 C 16842 C 16842 D Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 160. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. Mai 2008 III Strengmann-Kuhn, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Vergaberecht reformie- ren – Rechtssicherheit schaffen – Eck- punkte für die Reform des Vergabe- rechts (Drucksache 16/8810) . . . . . . . . . . . . . . . . e) Unterrichtung durch die Delegation der Bundesrepublik Deutschland in der Ost- seeparlamentarierkonferenz: 16. Jahresta- gung der Ostseeparlamentarierkonfe- renz vom 27. bis 28. August 2007 in Berlin (Drucksache 16/7809) . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 12: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Geset- zes zur Änderung des Seelotsgesetzes (Drucksache 16/9037) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 2: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Verbesserung der grenzüber- schreitenden Forderungsdurchsetzung und Zustellung (Drucksache 16/8839) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Klaus Hofbauer, Dirk Fischer (Hamburg), Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Heinz Paula, Uwe Beckmeyer, Sören Bartol, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Zwölf-Tage-Rege- lung in Europa wieder einführen (Drucksache 16/9076) . . . . . . . . . . . . . . . . c) Antrag der Abgeordneten Daniel Bahr (Münster), Heinz Lanfermann, Dr. Konrad Schily, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Verbesserung der Fi- nanzsituation der Krankenhäuser (Drucksache 16/9057) . . . . . . . . . . . . . . . . d) Antrag der Abgeordneten Dr. Harald Terpe, Birgitt Bender, Elisabeth Scharfenberg, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Kranken- häuser zukunftsfähig machen (Drucksache 16/9008) . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 28: a) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Gesetzes b c d Z A d B c r u D K M G D R 16842 D 16843 A 16843 A 16843 A 16843 B 16843 B 16843 C zur Errichtung einer Stiftung „Erinne- rung, Verantwortung und Zukunft“ (Drucksachen 16/8870, 16/9109) . . . . . . . ) – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Conterganstiftungsgesetzes (Drucksachen 16/8743, 16/9025) . . . . – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Ersten Gesetzes zur Än- derung des Conterganstiftungsgeset- zes (Drucksachen 16/8653, 16/9025) . . . . – Bericht des Haushaltsausschusses ge- mäß § 96 der Geschäftsordnung (Drucksache 16/9026) . . . . . . . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zu dem Antrag der Ab- geordneten Mechthild Dyckmans, Hans- Michael Goldmann, Jens Ackermann, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlamentes und des Ra- tes über den Schutz der Verbraucher im Hinblick auf bestimmte Aspekte von Teilzeitnutzungsrechten, langfristigen Urlaubsprodukten sowie des Wieder- verkaufs und Tausches derselben (Drucksachen 16/8187, 16/9115) . . . . . . . ) – l) Beschlussempfehlungen des Petitionsaus- schusses: Sammelübersichten 398, 399, 400, 401, 402, 403, 404, 405 und 406 zu Petitionen (Drucksachen 16/8894, 16/8895, 16/8896, 16/8897, 16/8898, 16/8899, 16/8900, 16/8901, 16/8902) . . . . . . . . . . . . . . . . . . usatztagesordnungspunkt 3: ktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktionen er CDU/CSU und der SPD: Wachstum und eschäftigung als Grundlage wirtschaftli- her Sicherheit – Haltung der Bundesregie- ung zur Entwicklung des Arbeitsmarktes nd zu den Wachstumsperspektiven für eutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . laus Brandner, Parl. Staatssekretär BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . artin Zeil (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . erald Weiß (Groß-Gerau) (CDU/CSU) . . . . r. Herbert Schui (DIE LINKE) . . . . . . . . . . olf Stöckel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16843 C 16843 D 16844 A 16844 A 16844 B 16844 C 16845 C 16845 C 16846 C 16847 C 16848 D 16849 C IV Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 160. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. Mai 2008 Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bartholomäus Kalb (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Edelgard Bulmahn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Meckelburg (CDU/CSU) . . . . . . . . Gabriele Lösekrug-Möller (SPD) . . . . . . . . . . Hartmut Schauerte, Parl. Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Doris Barnett (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Laurenz Meyer (Hamm) (CDU/CSU) . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 4: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD: Zukunft der Bahn, Bahn der Zu- kunft – Die Bahnreform weiterentwickeln (Drucksache 16/9070) . . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Antrag der Abgeordneten Horst Friedrich (Bayreuth), Patrick Döring, Joachim Günther (Plauen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Bahnprivatisierung zügig und konsequent beschließen (Drucksache 16/8774) . . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 6: Antrag der Abgeordneten Winfried Hermann, Bettina Herlitzius, Peter Hettlich, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Zukunft des Schie- nenverkehrs sichern (Drucksache 16/9071) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaas Hübner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Horst Friedrich (Bayreuth) (FDP) . . . . . . . . . Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Tiefensee, Bundesminister BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Roland Claus (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Dorothée Menzner (DIE LINKE) . . . . . . . D U E T a b K D P O I A V A M T B m – 16850 D 16851 D 16852 D 16854 A 16855 B 16856 A 16858 A 16859 A 16860 C 16860 C 16860 D 16861 A 16862 D 16864 D 16867 B 16869 C 16871 D 16872 A 16873 A 16874 D Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . irk Fischer (Hamburg) (CDU/CSU) . . . . . . we Beckmeyer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Patrick Döring (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . nak Ferlemann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 5: ) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Rentenanpassung 2008 (Drucksachen 16/8744, 16/9100) . . . . . . . – Bericht des Haushaltsausschusses ge- mäß § 96 der Geschäftsordnung (Drucksache 16/9108) . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Volker Schneider (Saarbrücken), Klaus Ernst, Dr. Lothar Bisky, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Rente um vier Prozent erhöhen – Dämpfungsfaktoren abschaffen (Drucksache 16/9068) . . . . . . . . . . . . . . . laus Brandner, Parl. Staatssekretär BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Dirk Niebel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . eter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . . . Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . skar Lafontaine (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Wolfgang Meckelburg (CDU/CSU) . . . . . rmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nton Schaaf (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . olker Schneider (Saarbrücken) (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nton Schaaf (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ax Straubinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 7: ericht des Ausschusses für Gesundheit ge- äß § 62 Abs. 2 der Geschäftsordnung zu dem von den Abgeordneten Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks, Christian Ahrendt und weiteren Abgeordneten ein- 16875 B 16876 B 16878 A 16879 D 16880 C 16881 D 16881 D 16882 A 16882 A 16884 A 16884 C 16885 A 16886 C 16887 A 16888 C 16889 C 16890 B 16891 C 16893 B 16893 D 16894 A Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 160. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. Mai 2008 V gebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Betäubungsmittelgeset- zes und anderer Vorschriften – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Harald Terpe, Birgitt Bender, Elisabeth Scharfenberg, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Gesetzliche Voraussetzungen für heroingestützte Behandlung Schwerst- abhängiger schaffen – zu dem Antrag der Abgeordneten Monika Knoche, Ulla Jelpke, Frank Spieth, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Heroinmodell in die Regelver- sorgung überführen und Therapiefrei- heit der Ärztinnen und Ärzte schützen – zu dem Antrag der Abgeordneten Detlef Parr, Daniel Bahr (Münster), Heinz Lanfermann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Kontrollierte He- roinabgabe in die Regelversorgung auf- nehmen (Drucksachen 16/4696, 16/2075, 16/2503, 16/3840, 16/8886) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Maria Eichhorn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Detlef Parr (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sabine Bätzing, Drogenbeauftragte der Bundesregierung . . . . . . . . . . . . . . . . . Monika Knoche (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Jens Spahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . Monika Knoche (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Dr. Margrit Spielmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 6: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Jugend- schutzgesetzes (Drucksachen 16/8546, 16/9024) . . . . . . . . . . Antje Blumenthal (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Christoph Waitz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jürgen Kucharczyk (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Lothar Bisky (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kerstin Griese (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . T B s – – – ( 1 D H K D N T B s – – ( J H 16895 C 16896 A 16896 D 16898 C 16899 C 16900 D 16901 C 16902 A 16902 C 16903 B 16903 C 16905 A 16906 B 16907 A 16907 D 16908 D agesordnungspunkt 9: eschlussempfehlung und Bericht des Aus- chusses für Wirtschaft und Technologie zu dem Antrag der Abgeordneten Hans- Joachim Otto (Frankfurt), Christoph Waitz, Christian Ahrendt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Notwendige Verbesserungen am Telemediengesetz jetzt angehen zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Lothar Bisky, Ulla Lötzer, Dr. Petra Sitte, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Telemediengesetz verbes- sern – Datenschutz und Verbraucher- rechte stärken zu dem Antrag der Abgeordneten Grietje Bettin, Bärbel Höhn, Kerstin Andreae, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Fehlende Verbraucherschutzregeln und Rechts- unsicherheiten im Telemediengesetz be- seitigen Drucksachen 16/5613, 16/6772, 16/6394, 6/8099) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Martina Krogmann (CDU/CSU) . . . . . . . ans-Joachim Otto (Frankfurt) (FDP) . . . . . . laus Barthel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Joachim Otto (Frankfurt) (FDP) . . . r. Lothar Bisky (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . icole Maisch (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 8: eschlussempfehlung und Bericht des Aus- chusses für Wirtschaft und Technologie zu dem Antrag der Abgeordneten Laurenz Meyer (Hamm), Peter Bleser, Julia Klöckner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Elvira Drobinski-Weiß, Dr. Rainer Wend, Ingrid Arndt-Brauer, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der SPD: Sicheres Spielzeug für unsere Kinder zu dem Antrag der Abgeordneten Nicole Maisch, Ulrike Höfken, Cornelia Behm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: EU-Spiel- zeugrichtlinie modernisieren und Ver- braucherschutz ausbauen Drucksachen 16/8496, 16/7837, 16/8977) . . . ulia Klöckner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . ans-Michael Goldmann (FDP) . . . . . . . . . . 16910 C 16911 A 16913 A 16914 A 16915 C 16916 A 16916 C 16917 D 16918 A 16918 D VI Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 160. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. Mai 2008 Elvira Drobinski-Weiß (SPD) . . . . . . . . . . . . . Karin Binder (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Nicole Maisch (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Franz Obermeier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Jürgen Kucharczyk (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 11: Beschlussempfehlung und Bericht des Innen- ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Jan Korte, Petra Pau, Kersten Naumann, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Entschädigung für Opfer national- sozialistischer Verfolgung (Drucksachen 16/3536, 16/7950) . . . . . . . . . . Günter Baumann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Gert Winkelmeier (fraktionslos) . . . . . . . . Ernst Burgbacher (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . Maik Reichel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jan Korte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 14: Erste Beratung des vom Bundesrat einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände- rung der Bundesnotarordnung (Neurege- lung des Zugangs zum Anwaltsnotariat) (Drucksache 16/4972) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Grosse-Brömer (CDU/CSU) . . . . . . Christoph Strässer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Mechthild Dyckmans (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Nešković (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Alfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 13: a) Große Anfrage der Abgeordneten Marieluise Beck (Bremen) und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Die europäische Zukunft Bosniens und Herzegowinas (Drucksachen 16/4796, 16/6313) . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Dr. Rainer Stinner, Michael Link (Heilbronn), Dr. Karl Addicks, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Eigenverantwor- c M H D D W T E g z d k ( H F G U W T A ( D t n r d ( T B t H 16920 A 16921 A 16921 D 16922 D 16923 C 16924 C 16924 C 16925 D 16926 B 16927 B 16927 D 16929 A 16930 A 16930 D 16931 A 16932 B 16933 C 16934 B 16935 A 16935 D 16936 C tung Bosnien-Herzegowinas stärken – Amt des Hohen Repräsentanten ab- schaffen – Notstandsrecht international absichern (Drucksache 16/8541) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Marieluise Beck (Bremen), Rainder Steenblock, Dr. Uschi Eid, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Euro- päische Verantwortung für Bosnien- Herzegowina ernst nehmen (Drucksache 16/9069) . . . . . . . . . . . . . . . arieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . olger Haibach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Rainer Stinner (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . etlef Dzembritzki (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . olfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . agesordnungspunkt 16: rste Beratung des von der Bundesregierung ein- ebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergän- ung der Bekämpfung der Geldwäsche und er Terrorismusfinanzierung (Geldwäschebe- ämpfungsergänzungsgesetz – GwBekErgG) Drucksachen 16/9038, 16/9080) . . . . . . . . . . elmut Brandt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . rank Hofmann (Volkach) (SPD) . . . . . . . . . . isela Piltz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . lla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . olfgang Wieland (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 15: ntrag der Abgeordneten Joachim Günther Plauen), Horst Friedrich (Bayreuth), Patrick öring, weiterer Abgeordneter und der Frak- ion der FDP: Einführung einer elektro- isch lesbaren Chipkarte für den Baube- eich – Wirksames Mittel zur Bekämpfung er Schwarzarbeit Drucksache 16/4208) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 18: eschlussempfehlung und Bericht des Ältes- enrates zu dem Antrag der Abgeordneten ans-Josef Fell, Bärbel Höhn, Sylvia Kotting- 16936 C 16936 C 16936 D 16938 A 16939 A 16939 D 16941 A 16942 D 16943 B 16944 A 16944 B 16945 A 16945 D 16947 B 16948 A 16948 D Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 160. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. Mai 2008 VII Uhl, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Den Deutschen Bundestag zum Vorbild für die sparsame und klimafreundliche Stromversorgung machen (Drucksachen 16/7529, 16/8820) . . . . . . . . . . Bernhard Kaster (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Iris Gleicke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ernst Burgbacher (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Kurt Hill (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 17: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Wirtschaft und Technologie zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Kirsten Tackmann, Kornelia Möller, Werner Dreibus, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Arbeitgeberzusammenschlüsse zur Stärkung ländlicher Räume (Drucksachen 16/4806, 16/8262) . . . . . . . . . . Philipp Mißfelder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Andrea Wicklein (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Edmund Peter Geisen (FDP) . . . . . . . . . . Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . . Ulrike Höfken (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 19: Antrag der Abgeordneten Winfried Nachtwei, Alexander Bonde, Markus Kurth, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Oslo-Prozess zum Erfolg führen – Jegliche Streumunition ächten (Drucksache 16/8909) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Andreas Weigel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Florian Toncar (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inge Höger (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . Winfried Nachtwei (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gert Winkelmeier (fraktionslos) . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 20: Antrag der Abgeordneten Rainder Steenblock, Undine Kurth (Quedlinburg), Cornelia Behm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion B e ( B H A E R N A L A E E ü r S n A E D ü u G t A E H s z p A E K H H J n M S S S G o 16949 A 16949 B 16950 C 16951 C 16952 B 16952 D 16953 C 16953 D 16954 D 16955 D 16956 B 16957 B 16957 D 16958 A 16960 A 16961 B 16962 B 16962 D 16964 A ÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Einführung ines Europäischen Tags der Meere Drucksache 16/8213) . . . . . . . . . . . . . . . . . . ernhard Kaster (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . olger Ortel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ngelika Brunkhorst (FDP) . . . . . . . . . . . . . . va Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . . ainder Steenblock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 1 iste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . nlage 2 rklärung der Abgeordneten Dr. Dagmar nkelmann (DIE LINKE) zur Abstimmung ber die Nr. 5 der Beschlussempfehlung: Unter- ichtung durch die Bundesregierung: Nationale trategie zur biologischen Vielfalt (Tagesord- ungspunkt 3 a) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 3 rklärung nach § 31 GO des Abgeordneten r. Ilja Seifert (DIE LINKE) zur Abstimmung ber den von den Fraktionen der CDU/CSU nd SPD eingebrachten Entwurf eines Ersten esetzes zur Änderung des Conterganstif- ungsgesetzes (Tagesordnungspunkt 28 b) . . . nlage 4 rklärung nach § 31 GO des Abgeordneten ans-Joachim Fuchtel (CDU/CSU) zur Ab- timmung über den Entwurf eines Gesetzes ur Rentenanpassung 2008 (Tagesordnungs- unkt 5 a) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 5 rklärung nach § 31 GO der Abgeordneten erstin Griese, Siegmund Ehrmann, Michael artmann (Wackernheim), Nina Hauer, Iris offmann (Wismar), Josip Juratovic, Johannes ung (Karlsruhe), Christian Lange (Back- ang), Caren Marks, Ursula Mogg, Katja ast, Gesine Multhaupt, Dr. Carola Reimann, ilvia Schmidt (Eisleben), Rita Schwarzelühr- utter, Rolf Stöckel und Andreas Weigel (alle PD) zur Abstimmung über den Entwurf eines esetzes zur Rentenanpassung 2008 (Tages- rdnungspunkt 5 a) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16964 C 16964 D 16965 C 16966 D 16967 A 16967 D 16968 D 16969 A 16969 C 16969 D 16970 B 16970 C VIII Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 160. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. Mai 2008 Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Einführung einer elektronisch lesbaren Chipkarte für den Baubereich – Wirk- sames Mittel zur Bekämpfung der Schwarzar- beit (Tagesordnungspunkt 15) Paul Lehrieder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Andreas Steppuhn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Ernst Kranz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Joachim Günther (Plauen) (FDP) . . . . . . . . . Werner Dreibus (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Peter Hettlich (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .16971 B 16972 D 16973 D 16974 C 16975 B 16975 D Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 160. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. Mai 2008 16799 (A) ) (B) ) 160. Sitz Berlin, Donnerstag, Beginn: 9.0
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    Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 160. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. Mai 2008 16969 (A) ) (B) ) terganstiftungsgesetzes zu in der Erwartung, dass dies die seit einem halben Jahrhundert mit ihren schweren Behinderungen leben, eine Verdoppelung des bestehen- den Nachteilausgleichs zuzubilligen. Wir stimmen dem Gesetz zur Änderung des Con- Müntefering, Franz SPD 08.05.2008 Nitzsche, Henry fraktionslos 08.05.2008 Raidel, Hans CDU/CSU 08.05.2008 Anlage 1 Liste der entschuldigt A u A H r s n d z Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Albach, Peter CDU/CSU 08.05.2008 Bodewig, Kurt SPD 08.05.2008 Dörflinger, Thomas CDU/CSU 08.05.2008 Dörmann, Martin SPD 08.05.2008 Ernst, Klaus DIE LINKE 08.05.2008 Gleicke, Iris SPD 08.05.2008 Göring-Eckardt, Katrin BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 08.05.2008 Golze, Diana DIE LINKE 08.05.2008 Hajduk, Anja BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 08.05.2008 Heil, Hubertus SPD 08.05.2008 Hirsch, Cornelia DIE LINKE 08.05.2008 Hoppe, Thilo BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 08.05.2008 Irber, Brunhilde SPD 08.05.2008 Krichbaum, Gunther CDU/CSU 08.05.2008 Kunert, Katrin DIE LINKE 08.05.2008 Lenke, Ina FDP 08.05.2008 Leutert, Michael DIE LINKE 08.05.2008 Leutheusser- Schnarrenberger, Sabine FDP 08.05.2008 Merz, Friedrich CDU/CSU 08.05.2008 Montag, Jerzy BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 08.05.2008 Müller (Gera), Bernward CDU/CSU 08.05.2008 S S D U W Z A (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht en Abgeordneten nlage2 Erklärung der Abgeordneten Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE) zur Abstimmung über die Nr. 5 der Beschlussempfehlung: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt (Tagesordnungspunkt 3 a, Drucksache 16/9106) Ich erkläre im Namen der Fraktion DIE LINKE, dass nser Votum „Nein“ lautet. nlage 3 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) zur Abstimmung über den von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurf eines Ersten Gesetz zur Änderung des Conterganstiftungsgesetzes (Tagesordnungs- punkt 28 b) Es ist selten, vielleicht sogar erstmalig in diesem aus, dass ein Gesetzentwurf, der wirkliche Verbesse- ungen für Menschen mit Behinderungen bringt, so chnell beraten und dann auch noch einstimmig ange- ommen wird. Die Linke und ich auch ganz persönlich stimmen gern em Gesetz zur Änderung des Conterganstiftungsgeset- es zu, weil es überfällig war, den circa 2 700 Menschen, chily, Otto SPD 08.05.2008 chultz (Everswinkel), Reinhard SPD 08.05.2008 r. Sitte, Petra DIE LINKE 08.05.2008 lrich, Alexander DIE LINKE 08.05.2008 olff (Rems-Murr), Hartfrid FDP 08.05.2008 immermann, Sabine DIE LINKE 08.05.2008 bgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich 16970 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 160. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. Mai 2008 (A) ) (B) ) als ein erster Schritt auf einem längeren Weg – gemein- sam mit den Betroffenen – begriffen wird, auf dem das Prinzip des Nachteilausgleichs tatsächlich so ausgebaut wird, wie es erforderlich ist. Wir stimmen dem Gesetz zur Änderung des Con- terganstiftungsgesetzes zu in der Erwartung, dass eine offizielle Entschuldigung von Bundestag und Bundesre- gierung für das Versagen der Politik und Justiz in dem Conterganskandal bei den Betroffenen und ihren Ange- hörigen folgt. Wir stimmen dem Gesetz zur Änderung des Con- terganstiftungsgesetzes zu in der Erwartung, dass auch die Firma Grünenthal endlich einen deutlichen finanziel- len Beitrag für die Betroffenen bereitstellt. Wir stimmen dem Gesetz zur Änderung des Con- terganstiftungsgesetzes zu in der Erwartung, dass wei- tere Maßnahmen folgen werden, die allen Contergange- schädigten die volle Teilhabe am Leben in der Gesellschaft ermöglichen. Hier geht es um Menschen- rechte, wie sie in der UN-Konvention für die Rechte von Menschen mit Behinderungen festgeschrieben sind, und nicht um Gnadenakte für ein paar Bedürftige. Wir stimmen dem Gesetz zur Änderung des Con- terganstiftungsgesetzes zu in der Erwartung, dass die Diskussion über die Lebenssituation der Contergange- schädigten genutzt wird, um die zukünftige Behinderten- politik insgesamt hinsichtlich der Teilhabeermöglichung für alle Menschen mit Behinderungen und ihre Angehö- rigen zu verändern. Zur Ermöglichung selbstbestimmter Lebensführung und umfassender Teilhabe gehören Bar- rierenbeseitigung und der Ausgleich behinderungsbe- dingter Nachteile. Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Hans-Joachim Fuchtel (CDU/CSU) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Rentenanpassung 2008 (Ta- gesordnungspunkt 5 a) Auf Seite 2 Punkt D ist zu den finanziellen Auswir- kungen auf die öffentlichen Haushalte ausgeführt: „Die mit dem Entwurf des Gesetzes zur Rentenanpassung 2008 verbundenen Mehrausgaben werden bis einschließ- lich 2010 im Einzelplan 11 erwirtschaftet, für das Jahr 2011 im Einzelplan 11 (globale Minderausgabe von 1 Milliarden Euro) und im Gesamthaushalt.“ Die vorgesehene Erwirtschaftung durch eine „globale Minderausgabe“ trage ich nicht mit. Es ist eine titel- scharfe Ausplanung vorzunehmen. Dies entspricht den Haushaltsgrundsätzen von Haushaltswahrheit und Haus- haltsklarheit. Wird dies nicht berücksichtigt, ist es eine Vorbelastung der Haushaltsdiskussion im Jahr 2010 für Maßnahmen, die 2008 veranlasst wurden. Sosehr anzuerkennen ist, dass die Haushaltsbelastung nicht durch Schuldaufnahme ausgeglichen werden soll, so wenig ist akzeptabel, die Haushaltsdiskussion im Jahr 2 i h i s z d d g w g d A e V s r j w r s W d s D G t R n z B 2 B V z n i (C (D 010 mit der Auflösung einer globalen Minderausgabe n der Größenordnung von 1 Milliarde Euro zu belasten. Dieses Haushaltsgebaren entspricht nicht dem haus- altspolitischen Verantwortungsbewusstsein, von dem ch mich leiten lasse. Einen in drei Jahren absehbaren Finanzbedarf in die- er Größenordnung durch globale Minderausgaben aus- ugleichen, schränkt die Entscheidungsmöglichkeiten erjenigen zu stark ein, die im Jahr 2010 die Entschei- ungen zu treffen haben. Daher kann ich diese Gegenfinanzierung nicht mittra- en. Da ich aber die Rentenanpassung, wie im Gesetzent- urf vorgesehen, unterstütze, werde ich mich als Mit- lied einer der Koalitionsfraktionen bei der zweiten und ritten Lesung des Gesetzes enthalten. nlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Kerstin Griese, Siegmund Ehrmann, Michael Hartmann (Wackernheim), Nina Hauer, Iris Hoffmann (Wismar), Josip Juratovic, Johannes Jung (Karlsruhe), Christian Lange (Backnang), Caren Marks, Ursula Mogg, Katja Mast, Gesine Multhaupt, Dr. Carola Reimann, Silvia Schmidt (Eisleben), Rita Schwarzelühr-Sutter, Rolf Stöckel und Andreas Weigel (alle SPD) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Rentenan- passung 2008 (Tagesordnungspunkt 5 a) Die öffentliche Debatte ist geprägt von der Kritik an iner zu geringen Rentenerhöhung einerseits und der erschiebung der finanziellen Lasten durch die vorge- chlagene Rentenerhöhung zulasten der künftigen Gene- ationen andererseits. Die Frage der Rentenerhöhung ist edoch zuerst eine Frage der Lohnentwicklung, deshalb ollen wir einen Mindestlohn. Das Prinzip der gesetzlichen Rentenversicherung be- uht aber auch darauf, dass ausreichend in diese Ver- icherung eingezahlt wird. Durch den demografischen andel geht dieser Grundsatz immer weniger auf. Denn ie demografische Entwicklung hat einen erheblichen trukturellen Wandel unserer Gesellschaft zur Folge. urch die steigende Lebenserwartung und die niedrigen eburtenzahlen altert die Bevölkerung in Deutschland. Dadurch verändert sich das Verhältnis zwischen Bei- ragszahlern und Beitragszahlerinnen und Rentnern und entnerinnen. 1950 wurde die Rente eines Rentners och durch die Beiträge von vier Erwerbstätigen finan- iert, heute sind es noch dreieinhalb Beitragszahler und eitragszahlerinnen pro Rentner und Rentnerinnen. 040 werden es lediglich noch zwei Beitragszahler und eitragszahlerinnen sein, und bereits 2050 beträgt das erhältnis unter gleichbleibenden Bedingungen fast eins u eins. Außerdem beziehen die Rentner und Rentnerin- en durch die gestiegene Lebenserwartung immer länger hre Renten. Seit 1980 ist die durchschnittliche Renten- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 160. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. Mai 2008 16971 (A) ) (B) ) bezugsdauer im Westen bei Männern von elf Jahren auf 15,2 Jahre und bei Frauen von 13,8 (West) auf 19 Jahre gestiegen. Bereits jetzt werden die Lücken in der Rentenkasse mit jährlich 80 Milliarden Euro Zuschüssen aus dem Bundeshaushalt gedeckt. Die Zahlen zur demografi- schen Entwicklung verdeutlichen, dass sich das Finan- zierungsdefizit der gesetzlichen Rentenversicherung ab- sehbar nicht verbessern wird. Die Renten der heute jungen Generationen werden also deutlich niedriger aus- fallen als die jetzigen Renten. Um im Alter nicht auf die Unterstützung des Staates angewiesen zu sein, müssen junge Menschen deshalb deutlich mehr als die heutige Rentnergeneration private Vorsorge betreiben. Durch die Aussetzung des Riesterfaktors in der Rentenformel wird die private Vorsorge aber erschwert. Denn als Folge der Rentenerhöhung wird sich die geplante Senkung der Rentenversicherungsbeiträge von heute 19,9 auf 19,3 Prozent um mehrere Jahre verzögern. Populistische Rentenpolitik, wie sie in Teilen der Uni- onsfraktion zu hören ist, lehnen wir ab. Höhere Renten für Geringverdiener zu fordern, gleichzeitig aber durch den Widerstand gegen Mindestlöhne Arbeitsverdienste zu verhindern, die zu höheren Renten führen, ist verlo- gen. Probleme, die am Arbeitsmarkt entstehen, können nicht über das Rentensystem gelöst werden. Um die ge- setzliche Rentenversicherung zukunftssicher zu machen und den jüngeren Generationen ausreichend Spielraum für private Vorsorge zu lassen, muss stattdessen der de- mografische Riesterfaktor in der Rentenformel nach zwei Jahren wieder wirksam werden. Uns ist bewusst, dass es viele Rentner und Rentnerin- nen gibt, die wenig Geld zur Verfügung haben und für die die geplante Erhöhung deshalb hilfreich ist. Dies al- les bedenkend stimmen wir dem Gesetz zur Rentenan- passung 2008 zu. Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Einführung einer elektronisch lesbaren Chipkarte für den Baube- reich – Wirksames Mittel zur Bekämpfung der Schwarzarbeit (Tagesordnungspunkt 15) Paul Lehrieder (CDU/CSU): Die Erbringung von Eigenleistung bei Erstellung eines Bauvorhabens ist für sich betrachtet genauso wenig verwerflich wie die Mit- hilfe von Familienangehörigen oder die einmalige kolle- giale Nachbarschaftshilfe. Die Grenze zur Schwarzarbeit ist jedoch da überschritten, wo regelmäßig nachhaltig und nicht nur vorübergehend eine vermeintliche Hilfe geleistet werden soll und hierfür auch ein regelmäßiges berechnetes Entgelt gezahlt wird. Viele haben sich gleichwohl in unserer Gesellschaft daran gewöhnt, mit der Schwarzarbeit zu leben, und da- bei vergessen, was diese eigentlich für sich betrachtet wirklich ist: eine Form der Steuerhinterziehung, die der V m l t u u m T z 3 B a N p D z g S H C s m „ d n n w S A s r B o W d ü B s s A d D C u e t v c S t s a f (C (D olkswirtschaft schadet und in unserem Land leider im- er noch viel zu häufig vorkommt. Über die Höhe des volkswirtschaftlichen Schadens iegen nur ungefähre Schätzungen mit hohen Bandbrei- en vor. Unabhängig davon steht fest, dass Schwarzarbeit nd illegale Beschäftigung gesetzestreue Unternehmer nd Arbeitnehmer schädigen und beträchtliche Einnah- eausfälle bei der Sozialversicherung verursachen. Das Institut für angewandte Wirtschaftsforschung in übingen schätzt das Volumen der Schattenwirtschaft, u der der auch die Schwarzarbeit gehört, auf 49 Milliarden Euro allein für das Jahr 2007. Gerade im ereich der Bauwirtschaft sind die Folgen von Schwarz- rbeit und Schattenwirtschaft besonders gravierend. ach Schätzungen der Verbände gibt es in der Bundesre- ublik circa 300 000 Schwarzarbeiter in diesem Bereich. ies hat zu erheblichen Wettbewerbsverzerrungen und um Abbau von circa 180 000 regulären Arbeitsplätzen eführt. Ein entscheidender Punkt bei der Bekämpfung der chwarzarbeit ist eine Verbesserung der Beweislage. ier wurde die Einführung einer fälschungssicheren hipkarte als eine Möglichkeit angesehen, illegale Be- chäftigung gerade auch auf den Baustellen einzudäm- en. Sie weisen in Ihrem Antrag auch auf das Pilotprojekt Chipkarte“ für die Region Berlin-Brandenburg hin, auf as sich CDU und SPD in ihrem Koalitionsvertrag geei- igt hatten. Wenn Sie aber behaupten, es sei bislang ichts in dieser Richtung geschehen, so ist dies nicht ahr. In den vergangenen Jahren hat die Berliner CDU den enat der Stadt Berlin immer wieder dazu gedrängt, das ngebot der Bundesregierung anzunehmen und die fäl- chungssichere Chipkarte als Modellversuch im Baube- eich einzuführen. Gescheitert sind alle Vorstöße an der eratungsresistenz der PDS-Fraktion im Berliner Abge- rdnetenhaus und ihrem Wirtschaftssenator Harald olf. Parallel dazu hat eine Arbeitsgruppe aus Vertretern es Bundesarbeits- und des Bundesfinanzministeriums berprüft, inwieweit es sinnvoll ist, eine Chipkarte im aubereich einzuführen. Eine echte Verbesserung wäre ie dann, wenn auf diese Weise ein schneller Abgleich ozialversicherungsrelevanter Daten möglich wäre. Die rbeitsgruppe ist aber zu dem Schluss gekommen, dass ie Finanzkontrolle Schwarzarbeit dies bereits jetzt per atenbankabgleich leisten kann. Die Einführung der hipkarte im Baubereich wäre dem gegenüber zu teuer nd auch zu kompliziert. Sie wäre außerdem nicht aktu- ll genug und hätte im Ergebnis auch keine andere Funk- ion als die gängigen Ausweispapiere. Es genügt deshalb öllig, eine Mitführungspflicht für Ausweise in Bran- hen einzuführen, die wie der Baubereich besonders von chwarzarbeit betroffen sind. Bauverbände wie der Zen- ralverband des Deutschen Baugewerbes haben bereits ignalisiert, dass diese Lösung anstelle einer Chipkarte usreichend sei. Mit dem Vorstoß der CDU Berlin und der Überprü- ung durch die Bundesregierung ist meines Erachtens al- 16972 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 160. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. Mai 2008 (A) ) (B) ) les getan worden, um dem selbst gestellten Auftrag aus dem Koalitionsvertrag nachzukommen. Die Chipkarte ist also längst nicht das Wundermittel gegen Schwarzar- beit, für das man sie nach Lektüre des FDP-Antrages halten könnte. Die wirksame Bekämpfung von Schwarz- arbeit setzt immer eine Kombination aus präventiven und repressiven Mitteln voraus. Mit differenzierten Maßnahmen zur direkten Bekämpfung der Schwarzar- beit und nachhaltiger Wirtschaftspolitik, die ihr das Was- ser abgräbt, ist die Regierungskoalition diesen Voraus- setzungen bereits jetzt wirkungsvoll nachgekommen. Es gilt, finanzielle Anreize für Schwarzarbeit abzu- bauen, um reguläre Arbeit günstiger zu machen. Hier sei nur die bessere steuerliche Absetzbarkeit von haushalts- nahen Dienstleistungen zu nennen. Des Weiteren muss die Staatsquote gesenkt werden, damit sich die Wirtschaft entfalten kann und die Belas- tungen für die Unternehmen sinken. Anreize für mehr le- gale Beschäftigungsverhältnisse bietet zum Beispiel die Absenkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung, durch die sich die Arbeitskosten verringern lassen. Ver- weisen möchte ich darüber hinaus auch auf die im Mai 2007 verabschiedete Unternehmensteuerreform, die un- ter anderem mittelständische Unternehmen deutlich ent- lasten wird. Damit verbunden muss Schwarzarbeit dort, wo sie Teil der organisierten Kriminalität ist, in den Straftatbe- ständen auch benannt werden und sich strafverschärfend auswirken. Zur direkten Bekämpfung illegaler Beschäf- tigung sind vonseiten der Bundesregierung bereits diffe- renzierte Maßnahmen auf den Weg gebracht worden. Es ist verständlich, dass diese nach ihrer Einführung erst greifen müssen, bevor sie ihre Wirkung entfalten. Mitt- lerweile haben sie sich als sehr viel effektiver erwiesen, als es uns die FDP glauben machen will. Ich nenne einige Beispiele: Im Kampf gegen illegale Beschäftigung wurden und werden auf Bundes- und re- gionaler Ebene Aktionsbündnisse gegen Schwarzarbeit geschlossen. Bereits 2004 schlossen sich im Bereich der Bauwirtschaft die Gewerkschaft Bau-Agrar-Umwelt, das Bundesfinanzministerium, der Hauptverband der deut- schen Bauindustrie und der Zentralverband Deutsches Baugewerbe zu einem solchen Bündnis zusammen. Von zentraler Bedeutung ist die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern. So arbeitet die Finanzkontrolle Schwarzarbeit der Zollverwaltung seit 2005 eng mit den Landesfinanzministerien zusammen. Qualität und Quan- tität des gegenseitigen Informationsaustausches konnten seither erheblich gesteigert werden. Allein im Zeitraum zwischen Juli 2006 bis Mai 2007 leitete die Finanzkon- trolle Schwarzarbeit mehr als 13 000 Informationen an die Landesfinanzbehörden weiter und erhielt ihrerseits 9 000 Hinweise. Insbesondere durch das große Echo in den Medien er- zielen Schwerpunktprüfungen über die eigentliche Kon- trollfunktion hinaus eine erhebliche präventive Wirkung. 2007 wurden derartige Prüfungen unter anderem im Baugewerbe, im Speditions-, Transport- und Logistikge- werbe, in der Fleischbranche und im Gebäudereiniger- handwerk durchgeführt. Die Schadenssumme im Rah- m i E d r d g b e r d d s k d s w g t d t v s K t B a w g d g – d 2 P k M p u b A d u t d s s b t d P z g m (C (D en straf- und bußgeldrechtlicher Ermittlungen nahm m Vergleich zum Vorjahr von 603,6 auf 561,8 Millionen uro und damit um 6,93 Prozent ab. Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit werden azu missbraucht, die Regelungen der Sozialversiche- ung, der Steuer und des Arbeitsrechts zu umgehen. Aus iesem Grund wurde im März 2005 von der Bundesre- ierung die Task Force zur Bekämpfung des Miss- rauchs der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit ingerichtet. Auch nach dem Willen der neuen Bundes- egierung werden die Arbeiten der Task Force unter Fe- erführung des Bundesministeriums der Finanzen und es Bundesministeriums für Arbeit und Soziales fortge- etzt. Die Task Force verfolgt das Ziel, die Rechtmäßig- eit der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit urch die Einhaltung der Übergangsregelungen im Zu- ammenhang mit dem EU-Beitritt sicherzustellen. Dazu urden unter anderem der Dialog mit den neuen Mit- liedstaaten verstärkt und die Kontrollen der Finanzkon- rolle Schwarzarbeit intensiviert. Außerdem wurde bei er Datenstelle der Rentenversicherungsträger eine zen- rale Datenbank eingerichtet. In ihr werden die Daten der on den ausländischen Sozialversicherungsträgern über- andten Entsendebescheinigungen E 101 erfasst. Die ontrollbehörden können auf diese Datenbank automa- isch zugreifen. Dies ist nur eine Auswahl der Maßnahmen, die die undesregierung bereits zur Bekämpfung der Schwarz- rbeit ergriffen hat. Wenn man von deren Erfolg reden ill, sollte man immer vor Augen haben, dass sich ille- ale Beschäftigung nicht exakt messen lässt. Es liegt in er Natur der Sache, dass Schwarzarbeit sich im Verbor- enen abspielt. Empirische Studien belegen jedoch trotz ihrer methodisch bedingten Unsicherheitsmargen –, ass die Schwarzarbeit in den vergangenen Jahren seit 004 deutlich zurückgegangen ist. Wir sind mit unserer olitik auf diesem Feld einen großen Schritt vorange- ommen. Auch weiterhin werden wir alle vorhandenen ittel verbessern und auch neue – wie die Chipkarte – rüfen, um der Schwarzarbeit Herr zu werden. Andreas Steppuhn (SPD): Illegale Beschäftigung nd Schwarzarbeit sind nach wie vor gravierende Pro- leme für die deutsche Wirtschaft mit äußerst negativen uswirkungen auf den deutschen Arbeitsmarkt. Ich enke, darüber sind wir uns einig. Mit der Schaffung der Finanzkontrolle Schwarzarbeit nd den erweiterten Kontrollbefugnissen sind die Struk- uren deutlich effektiver geworden. Sie tragen erheblich azu bei, dass wir bei der Bekämpfung von illegaler Be- chäftigung und Schwarzarbeit erfolgreicher geworden ind. Das seit dem 1. August 2004 bestehende Schwarzar- eitsbekämpfungsgesetz hat neben der FKS auch erwei- erte Prüfungsmöglichkeiten geschaffen, die zum einen ie örtliche Ebene stärken sollen und zum anderen die rozess- und Ergebnisverantwortung präzisiert. Das eigt: Wir haben die Bedeutung erkannt und den Kampf egen diese Art der Wirtschaftskriminalität aufgenom- en. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 160. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. Mai 2008 16973 (A) ) (B) ) Damit will ich nicht sagen, es sei alles perfekt. Es gibt noch genug zu tun. Die Bekämpfung der illegalen Be- schäftigung und Schwarzarbeit hat für uns und für die Bundesregierung eine hohe Priorität. Von daher mutet es schon ein wenig seltsam an, dass die FDP in ihrem An- trag den Deutschen Bundestag auffordert, festzustellen, dass illegale Beschäftigung und Schwarzarbeit den Staat, die sozialen Sicherungssysteme und die Baubetriebe schädigen. Es scheint mir, als wenn die FDP nicht mehr ganz auf der Höhe der Zeit ist. Vielleicht liegt dies aber auch da- ran, dass der Antrag, den wir hier heute behandeln, ein Antrag aus dem vergangenen Jahr ist; genauer gesagt: vom 31. Januar 2007. Denn wie bekannt ist, haben die zuständigen Bundesministerien für Finanzen und für Ar- beit und Soziales festgestellt, dass die Einführung einer elektronischen Chipkarte auf dem Bau uns nicht unbe- dingt bei der Bekämpfung von illegaler Beschäftigung und Schwarzarbeit weiterbringt. Zu der im Koalitionsvertrag vereinbarten Prüfung der Einführung einer Chipkarte im Baubereich wurde am 13. Juni 2006 zwischen dem BMAS und den BMF eine Arbeitsgruppe eingerichtet, von der mittlerweile auch der Abschlussbericht vorliegt. Das Ergebnis lautet: Die Einführung einer Chipkarte zur Identifikation ist nicht zur Verbesserung der Datenzugriffe geeignet. Vielmehr wird empfohlen, von diesem Vorhaben aufgrund seiner bürokratischen Unpraktikabilität Abstand zu nehmen, da die Einführung einer Chipkarte nicht zur Verbesserung der Datenzugriffe geeignet ist. Hinzu kommt: Sie verur- sacht mehr Kosten, mehr Bürokratie und einen erhöhten Aufwand für die Herstellung und Ausgabe der Karte. Zudem kann die Fälschungssicherheit der Karte nicht garantiert werden. Ebenso stellt sich die Frage der Aktua- lität der Daten auf der Karte. Das bedeutet: Erfolg unbe- kannt. Bei der derzeitigen Kontrolle durch die FKS liegen die Defizite nicht bei dem Zugriff auf Datenbanken, son- dern der größte Aufwand erfolgt durch die Identifikation der Personen. Daher wäre es sinnvoller, eine verbesserte Mitführungspflicht von Ausweis oder Reisepass in allen Branchen gesetzlich zu verankern. Eine Vielzahl anderer Maßnahmen, wie zum Beispiel die eben genannte Mit- führungspflicht des Personalausweises und die Möglich- keit, direkt auf der Baustelle mit Behörden die Daten ab- zugleichen, ersetzt vieles von dem, was die elektronische Chipkarte leisten sollte. Dennoch muss man überlegen, ob es nicht sinnvoll ist, gerade mit Blick auf Großprojekte, Systeme zu ent- wickeln, die eine wirksame Kontrolle von Arbeitsver- hältnissen, das bedeutet, die Abführung von ordnungsge- mäßen Sozialversicherungsbeiträgen, sicherstellen. Um Schwarzarbeit zu bekämpfen, sollten wir einen Schritt weiter denken und nach praktikablen Lösungen suchen, um diese Kriminalität einzudämmen. Dazu gehört mehr Personal bei der FKS, dazu gehört eine erhöhte Präsenz auf den Baustellen, dazu gehört die verstärkte Zusam- menarbeit mit den Ländern. Die SPD-Bundestagsfraktion hat sich in den letzten Wochen und Monaten mit dem Thema Bekämpfung von i A s t M n a s d e g r n a m b d G l F t s B f m a z d n s J E l B k a n B 1 s w n S s r s d S g F g m S g (C (D llegaler Beschäftigung und Schwarzarbeit sowie mit der rbeit der Finanzkontrolle Schwarzarbeit intensiv be- chäftigt. Angesichts der Tatsachen, dass die Finanzkon- rolle Schwarzarbeit obendrein die Aufgabe hat, die indestlöhne zu kontrollieren, und dass auch hierbei eue Bereiche wie das Gebäudereinigerhandwerk und uch die Postdienstleistungen hinzugekommen sind, tellt sich für uns die Frage, ob nicht eine Aufstockung es Personals bei der FKS notwendig ist. Gleichzeitig ist s für uns wichtig, die Strukturen zur Erreichung eines rößeren Erfolgs weiterzuentwickeln. Die Bundesregie- ung arbeitet derzeit an einem Maßnahmenpaket, das ge- au das beinhaltet. Ich denke, wir sind uns darüber einig, dass Schwarz- rbeit und illegale Beschäftigung, gerade wenn sie auch it krimineller Energie betrieben wird, an den Wurzeln ekämpft werden müssen. Daher glaube ich, dass wir in en kommenden Wochen in den Ausschüssen reichlich elegenheit haben werden, uns diesem Thema zu stel- en. Von daher: Wir als Sozialdemokraten sind in der rage schon weiter und sehen deshalb in der sogenann- en Chipkarte nicht mehr das Allheilmittel. Im Übrigen ind wir uns hierbei mit den Tarifvertragsparteien in der auwirtschaft auch weitestgehend darin einig, dass wir ür die Zukunft bei den noch zu ergreifenden Maßnah- en auf die Erfahrungen, die von den Behörden, aber uch von den Sozialpartnern gesammelt worden sind, urückgreifen. Ernst Kranz (SPD): Durch Schwarzarbeit entgehen em Staat jedes Jahr enorme Steuereinnahmen. Nach ei- er Studie des Instituts für Angewandte Wirtschaftsfor- chung Tübingen erreichte die Schattenwirtschaft im ahr 2007 ein Volumen in Höhe von 349 Milliarden uro. Das sind 14,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Die rot-grüne Bundesregierung hatte seinerzeit Rege- ungen auf den Weg gebracht, um den Weg in die legale eschäftigung attraktiver zu gestalten, wie die Absen- ung des Eingangsteuersatzes von 25,9 Prozent in 1998 uf 15 Prozent in 2005, die Reform der Handwerksord- ung, die gerade Kleinstunternehmer von unnötigen arrieren befreit hat, die Abzugsmöglichkeit von 0 Prozent der Aufwendungen bei haushaltsnahen Be- chäftigungsverhältnissen, und für den Baubereich urde 2002 ein Generalunternehmerhaftung eingeführt, ach der der Generalunternehmer für die Abführung der ozialversicherungsbeiträge seiner Subunternehmer ein- tehen muss. Mit dem 2004 verabschiedeten Gesetz zur Intensivie- ung der Bekämpfung der Schwarzarbeit und damit zu- ammenhängender Steuerhinterziehung wurde insbeson- ere die Kompetenz der Zollverwaltung gestärkt. In das trafgesetzbuch wurde die Nichtabführung von Arbeit- eberanteilen an die Sozialversicherung aufgenommen. erner muss der private Empfänger sämtliche Rechnun- en über Leistungen, die mit seinem Grundstück zusam- enhängen, zwei Jahre lang aufbewahren, damit chwarzarbeit gegebenenfalls auch im Nachhinein fest- estellt werden kann. Und schließlich darf seitdem der 16974 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 160. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. Mai 2008 (A) ) (B) ) Unfallversicherungsträger für seine wegen Schwarzar- beit entgangenen Beiträge Regress fordern. Es wurde eine Vielzahl von Maßnahmen getroffen, die Anreize enthalten, Sanktionen vorsehen und damit auch präventi- ven Charakter haben. Hinzu kam die Gründung von Aktionsbündnissen, in denen sich die Verbände und Gewerkschaften zur Be- kämpfung der Schwarzarbeit und illegaler Beschäfti- gung verpflichtet haben. Die Baubranche zählt dazu. Die hier gegründeten regionalen Bündnisse setzen soge- nannte Baustellenläufer ein, die aufgrund ihrer Milieu- kenntnisse sehr erfolgreich sind. Der Bericht des Bundesrechnungshofes aus diesem Frühjahr über die Organisation und Arbeitsweise der „Finanzkontrolle Schwarzarbeit“ hat mit seiner Kritik auf viele Unzulänglichkeiten hingewiesen. Auch wenn das BMF die Kritik teilweise zurückweist, so ist den- noch ein weiterer Handlungsbedarf gegeben. Auch für mich war die Chipkarte auf dem Bau eine Möglichkeit, Schwarzarbeit im Baubereich zu bekämp- fen. Ich beschäftige mich nun seit über zwei Jahren da- mit. Weil sowohl Arbeitgebervertreter als auch Arbeit- nehmervertreter die Chipkarte wollen, schienen die Voraussetzungen dafür günstig zu sein. Inzwischen liegt uns der Bericht von BMAS und BMF zur „Einführung einer Sozialkarte zur Bekämpfung von Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung“ vor. Ich denke, dass auch Sie von der FDP den Bericht bereits gelesen haben. Dann werden Sie die Problematiken mit einer möglichen Einführung bereits kennen. Deshalb brauche ich an die- ser Stelle das Für und Wider nicht noch einmal darzule- gen. Es gäbe allerdings eine Reihe von anderen Maßnah- men, die die Kontrolle erleichtern: So würde es ausrei- chen, eine bußgeldbewehrte Mitführungspflicht von Per- sonalausweisen bzw. Pässen gesetzlich zu verankern. Hier ist die Mitwirkung des Innenministeriums gefragt. Im Gegenzug kann die Mitführungspflicht des Sozial- versicherungsausweises abgeschafft werden. Hier muss auch der Arbeitgeber in die Pflicht genommen werden, wenn seine Mitarbeiter sich nicht ausweisen können und mit Sanktionen rechnen. Ansonsten tauscht er die betrof- fenen Arbeitnehmer lediglich aus und deren Nachfolger trifft dasselbe Problem. Damit wäre das Problem aller- dings nicht gelöst. Weiterführend wäre auch die Einfüh- rung einer besonderen Meldung zur Sozialversicherung mit Beginn einer Beschäftigung. Es ist eine flächende- ckende, länderweite Einrichtung von Schwerpunkt- staatsanwaltschaften erforderlich. Hier sind die Länder gefragt, die das bislang abgelehnt haben. Es braucht ge- eignete Strukturen für die Umsetzung der Gesetze auch im staatsanwaltschaftlichen Bereich. So könnte die „Fi- nanzkontrolle Schwarzarbeit“ Kleinfälle übernehmen und die Staatsanwaltschaft von vielen zeitraubenden kleinen Ermittlungsverfahren entlasten. Darüber hinaus ist ein funktionierendes System der justiziellen Zusam- menarbeit im Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht in Europa erforderlich, sodass Geldstrafen und Bußgelder auch über die Grenzen hinweg vollstreckt werden kön- nen. Hierzu Bedarf es Änderungen im Völkerrecht. Es w S p h s d d B k z k a K d w t d n m k s w i m i t d s a a J m T h d t b t d h v G f s g u s v d T B j n k (C (D äre hilfreich, Bedienstete der „Finanzkontrolle chwarzarbeit“ auf Großbaustellen permanent und damit räventiv einzusetzen. Hier müsste allerdings der Bau- err zustimmen. Die Verbände selbst können verstärkt ogenannte Bauläufer einsetzen, die verdächtige Fälle er „Finanzkontrolle Schwarzarbeit“ melden. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, ich enke, das Thema „Einführung einer Chipkarte auf dem au“ ist intensiv erörtert worden. Jetzt gilt es, jene wir- ungsvolleren Maßnahmen auf den Weg zu bringen, die ur besseren Bekämpfung der Schwarzarbeit beitragen önnen. Wichtig ist dabei die institutionelle Zusammen- rbeit zwischen Bundes- und Länderebene, damit die ontrolle und auch der juristische Vollzug gestärkt wer- en. Wobei ich mir sicher bin: In geraumer Zeit werden ir noch einmal über die effektive Anwendung der digi- alen technischen Möglichkeiten, auch zur Bekämpfung er Schwarzarbeit, reden müssen. Joachim Günther (Plauen) (FDP): Große Koalitio- en lösen große Probleme – das denken zumindest im- er noch einige Bürger unseres Landes. Wenn es um leinere Probleme geht, dann scheint es unendlich chwierig zu sein, innerhalb einer Großen Koalition eine enigstens kleine Mehrheit auf den Weg zu bringen. Das Thema „Chipkarte und Schwarzarbeit“, vor allem m Baubereich, ist so eine unendliche Geschichte. Ich öchte nur an die Vielzahl von Podiumsdiskussionen er- nnern, an denen Mitglieder dieses Hauses vor der letz- en Bundestagswahl teilgenommen haben. „Wir werden ie Chipkarte einführen.“, war von den roten und chwarzen Genossen zu hören. Jetzt sind sie in einer Ko- lition vereint, und was ist geschehen? Nichts – aber uch rein gar nichts! Das ist die Antwort von fast drei ahren große Koalition. Nun kann man sich die Arbeit machen und noch ein- al alles aufzählen, wer, wo, was gesagt und warum das hema Schwarzarbeit eine so große Bedeutung erlangt at. Die meisten kennen diese Zahlen. Ich möchte trotz- em speziell für den Baubereich noch einmal die wich- igsten Eckpunkte aufzeigen: Die Kosten für legale Ar- eit sind hoch. Steuern, Sozialabgaben und andere arifliche Vereinbarungen verdoppeln bis vervierfachen iese gegenüber der Schwarzarbeit. Die Bauwirtschaft at in den letzten Jahren einen großen Beschäftigungs- erlust erfahren, der im Osten bis zu 27 Prozent erreicht. eltende Vorschriften, wie das Schwarzarbeiterbekämp- ungsgesetz sowie die Vorschriften über den Sozialver- icherungsausweis haben nicht den erwünschten Erfolg ebracht. Auf vielen Konferenzen innerhalb von Verbänden nd Landtagen wurde ausführlich über dieses Thema ge- prochen. Sogar in dem nicht gerade dünnen Koalitions- ertrag ist wortwörtlich zu lesen: „Da vermutet wird, ass Schwarzarbeit besonders häufig auf Baustellen, im axigewerbe und in der Gastronomie auftritt, wird die undesregierung die Ergebnisse des geplanten Pilotpro- ektes der Region Berlin-Brandenburg, bei dem Arbeit- ehmer in diesen Branchen verpflichtet werden, Chip- arten sichtbar zu tragen, die sie als regulär Beschäftigte Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 160. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. Mai 2008 16975 (A) ) (B) ) ausweisen, prüfen und die Chipkarten gegebenfalls bun- desweit einführen.“ Dieser Absatz hat bei einigen Verbänden der ange- sprochenen Branchen sofort Jubel ausgelöst. Jubel – aber keinerlei Umsetzung ist das Fazit von heute. Auch im Berliner Senat müsste man denken, dass die Einführung der Chipkarte Formsache sei, wenn man die beiden Volksparteien hört. So erklärte 2005 der damalige wirtschaftspolitische Sprecher der CDU, Kai Wegner: „Die Schwarzarbeit bleibt auch weiterhin eine der größ- ten arbeitsmarktpolitischen Geißeln in Deutschland … Mit der Einführung einer elektronisch lesbaren und fäl- schungssicheren Chipkarte soll zukünftig der Sozialver- sicherungsausweis ersetzt werden.“ Im gleichen Jahr erklärte SPD-Fraktionschef Michael Müller zur Einfüh- rung der Chipkarte: „Gedacht ist dieses Instrument da- für, dass Kontrolleure schnell und eindeutig feststellen können, wer sich zum Beispiel auf Baustellen legal auf- hält – und wer dies illegal tut …“. Verbunden damit seien „notfalls Sanktionen, vor allem auch gegen die je- weiligen Arbeitgeber, falls der ein oder andere ohne Chipkarte angetroffen werden sollte.“ Ich glaube, diese Beispiele reichen aus, um die Wil- lensbildung wiederzugeben. Der Zeitraum von 2005 bis heute müsste selbst für eine Große Koalition lang genug sein, um sich erfolgreich zu verständigen. Wir wollen Ihnen heute ein Angebot machen: Stim- men Sie unserem Vorschlag nach den Beratungen im Ausschuss zu, und schon haben Sie sich geeinigt und et- was Glaubwürdigkeit wiederhergestellt. Werner Dreibus (DIE LINKE): Wir stimmen den Antragstellern zu, wenn sie schreiben, dass illegale Be- schäftigung den Staat schädigt, seine sozialen Siche- rungssysteme und die Baubetriebe, die sozialversiche- rungspflichtige Arbeitnehmer beschäftigen. Richtig ist auch, dass die bestehenden gesetzlichen Maßnahmen – das Gesetz gegen illegale Beschäftigung sowie die Vorschriften über den Sozialversicherungsausweis – nicht ausreichen, die illegale Beschäftigung zu bekämp- fen. Die Forderung nach zusätzlichen gesetzlichen In- strumenten ist daher eine aktuelle Forderung. Nicht aktuell ist die Forderung nach einer Chipkarte für den Baubereich. Das Pro und Kontra eines elektro- nisch lesbaren Versicherungsausweises wurde in den vergangenen Monaten von den zuständigen Arbeitgeber- verbänden, der Gewerkschaft IG BAU und den Ministe- rien für Arbeit und Soziales sowie Finanzen eingehend erörtert. Ergebnis: Alle Beteiligten erwarten von einer Chipkarte keine Beschleunigung der Prüfung, ob Be- schäftigte illegal oder legal beschäftigt werden. Offensichtlich weiß die FDP-Fraktion über diese De- batte und ihre Ergebnisse nichts. Anders ist nicht zu er- klären, dass sie sich in ihrem Antrag ausschließlich auf den Koalitionsvertrag bezieht, und der stammt bekannt- lich aus dem Jahr 2005. Diese Nachlässigkeit schadet dem Anliegen, illegale Arbeit besser zu bekämpfen. Es schadet auch dem Ansehen der Politik, weil der Ein- druck entsteht, sie sei nicht auf der Höhe der Zeit. A V a d g O a m k d Z d n b s e v b h t s s V g P v k z i D t G D t F g ß B d B m z F n r l u A T B R v m (C (D Auf der Höhe der Zeit ist die einmütige Präferenz von rbeitgebervertretern, Gewerkschaftsvertretern und den ertretern der beiden Ministerien, die Mitführung eines mtlichen Personaldokuments auf Baustellen oder an an- eren Arbeitsstätten zur Pflicht zu machen. Beim heuti- en Stand der Technik könnten die Kontrollbehörden an rt und Stelle anhand der personenbezogenen Daten auf lle relevanten Datenbanken zugreifen. Die Frage, ob je- and illegal oder legal beschäftigt ist, würde sofort ge- lärt. Notwendig ist weiterhin – das betonen die IG BAU, er Hauptverband der Deutschen Bauindustrie und der entralverband des Deutsches Baugewerbes gemeinsam –, as Schlupfloch der nachträglichen Meldung eines euen Beschäftigungsverhältnisses durch den Arbeitge- er zu schließen. Heute ist es zulässig, ein neues Be- chäftigungsverhältnis bis zu sechs Wochen nach dem igentlichen Beginn der Beschäftigung bei der Sozial- ersicherung zu melden. Die Baufirma etwa, die illegal eschäftigt, kann sich bei Kontrollen so immer darauf inausreden, dass ein noch nicht gemeldeter Beschäftig- er gerade erst eingestellt worden sei und die Meldung elbstverständlich noch erfolge. Diese Lücke muss ge- chlossen werden. Zukünftig muss die Anmeldung beim ersicherungsträger vor Beginn der Beschäftigung erfol- en. Die Forderungen nach der Mitführungspflicht eines ersonaldokuments und der Meldung der Beschäftigung or Arbeitsantritt dürften wohl auch der Koalition be- annt sein. Aktiv geworden ist sie bisher noch nicht. Deshalb wird meine Fraktion in Kürze einen Antrag u diesen und anderen Maßnahmen vorlegen, mit denen llegale Beschäftigung wirksamer bekämpft und die urchsetzung von tariflichen Mindeststandards erleich- ert wird. Peter Hettlich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Im runde kann ich es mit meiner Rede sehr kurz machen: er Antrag der FDP-Fraktion legt den Finger in die rich- ige Wunde, und deshalb unterstützen wir auch seine orderungen. Schließlich warten wir alle schon seit län- erem auf eine offizielle Verlautbarung seitens der Gro- en Koalition, wie sie es denn mit der Chipkarte für den aubereich oder einem Modellversuch in Berlin-Bran- enburg tatsächlich hält. Natürlich ist mir der Bericht der Arbeitsgruppe des MAS und des BMF vom Januar 2008 bekannt, aber ich uss zu diesem Bericht sagen, dass er mich nicht über- eugt hat und sich letztlich in seinem Fazit in nebulösen ormulierungen im Ungefähren verliert. Da wird von ei- er weiteren „vertieften“ Erörterung und von Optimie- ung bereits vorhandener Initiativen fabuliert, was letzt- ich nichts anders aussagt als: Wir lassen es, wie es ist, nd wir werden auch keine Initiative mehr ergreifen. – ber täglich grüßt uns das Murmeltier, wenn es um das hema Schwarzarbeit geht. Hier ist weit und breit keine esserung zu erkennen und bei der weiterhin inaktiven egierung auch nicht zu erwarten. Ich frage mich und or allem die Große Koalition, was eigentlich passieren uss, damit Bund und Länder endlich energischer gegen 16976 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 160. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. Mai 2008 (A) (C) (B) (D) diesen Missbrauch vorgehen. Denn die Schwarzarbeit schadet nicht nur dem Staat sondern, vor allem vielen ehrlichen Handwerksbetrieben und klein- und mittel- ständischen Bauunternehmen, und sie verzerrt die Wett- bewerbssituation gerade und besonders im Baugewerbe. Es ist gar nicht auszudenken, über welche steuerli- chen Entlastungen – Achtung, liebe Kollegen von der CSU: genau hinhören – wir tatsächlich und ehrlich spre- chen könnten, wenn nur ein Teil der entgangenen Steuer- einnahmen aus der Schwarzarbeit generiert werden könnte. Die Einführung einer Chipkarte für den Baube- reich wäre zumindest den Versuch wert gewesen, auch wenn sie natürlich keine Erfolgsgarantie geben kann. Aber ohne einen Versuch werden wir es auch nie erfah- ren. Hier gilt wie in den guten alten Spontizeiten der Spruch: Wir wissen nicht, ob es besser wird, wenn es an- ders wird, aber wir wissen, dass es anders werden muss, damit es besser wird. Die Große Koalition und die Bundesregierung knei- fen, vertrauen auf die Zukunft – worauf eigentlich? –, und wir dürfen dann mit Spannung wieder den nächsten Bericht zum Stand der Schwarzarbeit und ihrer Bekämp- fung erwarten. Gerade der Union sei gesagt, dass sie dann auch nicht mehr das Recht hat, auf ihren diversen Homepages – siehe zum Beispiel Berliner CDU – die Einführung der Chipkarte unverdrossen zu fordern, sich aber dann im konkreten Fall vom Acker zu machen. Das ist Etikettenschwindel. Ich fordere Sie daher auf: Erklären Sie uns hier und heute, dass Sie sich dem Bericht der Arbeitsgruppe in- haltlich voll anschließen, oder stellen sie den Bericht strittig! Ansonsten sehe ich nicht ein, warum wir in Zu- kunft bei Ihnen in öffentlichen Diskussionen um die Be- kämpfung der Schwarzarbeit noch Nachsicht walten las- sen sollten. Geben Sie sich einen Ruck, und trauen Sie sich wenigstens einmal den Versuch in Berlin-Branden- burg zu! Noch gebe ich die Hoffnung nicht auf. 160. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 8. Mai 2008 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6
Gesamtes Protokol
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1616000000

Die Sitzung ist eröffnet.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich begrüße Sie alle
herzlich. Bevor wir in unsere Tagesordnung eintreten,
gibt es einige Hinweise und Begrüßungen:

Wir alle haben in den vergangenen Tagen die entsetz-
lichen Bilder aus Birma gesehen. Die genaue Zahl der
Opfer und das volle Ausmaß der Schäden sind uns bis
heute nicht bekannt. Wir begrüßen die Hilfszusagen und
die Bereitschaft vieler Organisationen, hier vor Ort zu
helfen. Wir fordern dringend die staatlichen Instanzen in
Birma auf, diese Hilfe zuzulassen und zu ermöglichen,
die die betroffenen Menschen dringend benötigen.


(Beifall im ganzen Hause)


Heute ist der 8. Mai. Das ist nicht irgendein Tag im
Jahresverlauf. Am 8. Mai 1945 ist mit der Kapitulation
des Deutschen Reiches der Zweite Weltkrieg zu Ende
gegangen. Diese militärische Niederlage war Vorausset-
zung für die politische Befreiung nicht nur unseres Lan-
des, sondern auch vieler unserer europäischen Nachbar-
länder und zugleich Voraussetzung für einen völligen
Neuanfang in Europa. Deswegen begrüße ich heute
Morgen besonders herzlich den Präsidenten des litaui-
schen Parlamentes und seine Delegation. Herr Kol-

i
g

b
a

Z

Z

Redet
lege Juršėnas, wir freuen uns, dass Sie gerade heute im
Deutschen Bundestag zu Gast sind.


(Beifall)


Im nächsten Jahr wird Litauen sein 1 000-jähriges
Staatsjubiläum begehen. In diesem erstaunlich langen
Zeitraum hat es zwischen unseren Ländern über Jahr-
hunderte hinweg intensive Beziehungen, insbesondere
intensive kulturelle Beziehungen gegeben. Wir sind froh
und dankbar, dass sich diese Beziehungen zwischen un-
seren Ländern als Mitglieder der Europäischen Gemein-
schaft in den nächsten Jahren in ganz enger Kooperation
weiterentwickeln können.


(Beifall)


Die Kollegin Dr. Margrit Spielmann
29. April ihren 65. Geburtstag gefeiert. Dazu

(C (D ung den 8. Mai 2008 0 Uhr hr im Namen des ganzen Hauses noch einmal herzlich ratulieren und alles Gute wünschen. Es gibt eine interfraktionelle Vereinbarung, die verundene Tagesordnung um die in der Zusatzpunktliste ufgeführten Punkte zu erweitern: P 1 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktionen FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Haltung der Bundesregierung zur vorgeschlagenen Einrichtung eines Nationalen Sicherheitsrates P 2 Weitere Überweisungen im vereinfachten Verfahren a)


(Beifall)


(siehe 159. Sitzung)


(Ergänzung zu TOP 27)

gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbes-
serung der grenzüberschreitenden Forde-
rungsdurchsetzung und Zustellung

– Drucksache 16/8839 –
Überweisungsvorschlag:

ext
Rechtsausschuss

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Klaus
Hofbauer, Dirk Fischer (Hamburg), Dr. Hans-
Peter Friedrich (Hof), weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeord-
neten Heinz Paula, Uwe Beckmeyer, Sören
Bartol, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der SPD

Zwölf-Tage-Regelung in Europa wieder ein-
führen

– Drucksache 16/9076 –
ngsvorschlag:
für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

für Wirtschaft und Technologie
für Arbeit und Soziales
für Tourismus
hat am
möchte ich

Überweisu
Ausschuss
Ausschuss
Ausschuss
Ausschuss






(A) )



(B) )


Präsident Dr. Norbert Lammert
c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Daniel
Bahr (Münster), Heinz Lanfermann, Dr. Konrad
Schily, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der FDP

Verbesserung der Finanzsituation der Kran-
kenhäuser

– Drucksache 16/9057 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit

d) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Harald Terpe, Birgitt Bender, Elisabeth
Scharfenberg, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Krankenhäuser zukunftsfähig machen

– Drucksache 16/9008 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit

ZP 3 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktionen
der CDU/CSU und der SPD:
Wachstum und Beschäftigung als Grundlage
wirtschaftlicher Sicherheit – Haltung der Bun-
desregierung zur Entwicklung des Arbeits-
marktes und den Wachstumsperspektiven für
Deutschland

ZP 4 Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/
CSU und der SPD
Zukunft der Bahn, Bahn der Zukunft – Die
Bahnreform weiterentwickeln
– Drucksache 16/9070 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Tourismus
Haushaltsausschuss

ZP 5 Beratung des Antrags der Abgeordneten Horst
Friedrich (Bayreuth), Patrick Döring, Joachim
Günther (Plauen), weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der FDP

Bahnprivatisierung zügig und konsequent
beschließen

– Drucksache 16/8774 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Tourismus

ZP 6 Beratung des Antrags der Abgeordneten Winfried
Hermann, Bettina Herlitzius, Peter Hettlich, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Zukunft des Schienenverkehrs sichern

– Drucksache 16/9071 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

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(C (D P 7 Beratung des Antrags der Abgeordneten Marina Schuster, Dr. Werner Hoyer, Jens Ackermann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Die Beziehungen zu Lateinamerika und den Staaten der Karibik stärken und den EULateinamerika/Karibik-Gipfel zu einer ehrlichen Bestandsaufnahme nutzen – Drucksache 16/9056 – Überweisungsvorschlag: Auswärtiger Ausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union P 8 Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/ CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Anpassung von Dienstund Versorgungsbezügen im Bund 2008/2009 (Bundesbesoldungsund -versorgungsanpassungsgesetz 2008/2009 – BBVAnpG 2008/2009)


– Drucksache 16/9059 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und
Geschäftsordnung
Verteidigungsausschuss
Haushaltsausschuss mitberatend und gemäß § 96 GO

P 9 Erste Beratung des von den Abgeordneten Jörg
van Essen, Dr. Max Stadler, Jens Ackermann,
weiteren Abgeordneten und der Fraktion der FDP
eingebrachten Entwurfs eines Achtundzwan-
zigsten Gesetzes zur Änderung des Abgeord-
netengesetzes

– Drucksache 16/9054 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und
Geschäftsordnung (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Haushaltsausschuss

P10 Erste Beratung des von den Abgeordneten Jörg
van Essen, Dr. Max Stadler, Jens Ackermann,
weiteren Abgeordneten und der Fraktion der FDP
eingebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur
Änderung des Grundgesetzes (Art. 48 Abs. 3)


– Drucksache 16/9055 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und
Geschäftsordnung (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Haushaltsausschuss

P11 Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten
Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des
Bundesbesoldungsgesetzes

– Drucksache 16/1033 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Verteidigungsausschuss
Haushaltsausschuss






(A) )



(B) )


Präsident Dr. Norbert Lammert
ZP12 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion DIE
LINKE:

Haltung der Bundesregierung zu aktuellen
Vorschlägen einer steuerlichen Entlastung von
kleinen und mittleren Einkommen

Von der Frist für den Beginn der Beratungen soll, so-
weit erforderlich, abgewichen werden.

Außerdem ist vorgesehen, den Tagesordnungs-
punkt 10 – Flächenerwerbsänderungsgesetz – abzuset-
zen und den Tagesordnungspunkt 12 – Seelotsgesetz –
ohne Debatte an die Ausschüsse zu überweisen.

Für die Reihenfolge bedeuten diese Veränderungen,
dass die Tagesordnungspunkte 6 und 7, 8 und 9, 13 und
14, 15 und 16 sowie 17 und 18 jeweils getauscht werden
müssen. Ich vermute, dass Sie damit einverstanden sind. –
Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlos-
sen.

Wir müssen über einen Antrag auf Erweiterung der
Tagesordnung entscheiden. Die Fraktionen der CDU/
CSU und der SPD haben fristgerecht beantragt, die heu-
tige Tagesordnung um die Beratung ihres Antrages so-
wie der Anträge der Fraktion der FDP und der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen zur Bahnreform auf den Druck-
sachen 16/9070, 16/8774 und 16/9071 zu erweitern. Die
Vorlagen sollen mit einer Debattenzeit von eineinviertel
Stunden im Anschluss an die heutige Aktuelle Stunde
beraten werden. Die Fraktionen Die Linke und Bünd-
nis 90/Die Grünen haben dem Aufsetzungsantrag wider-
sprochen. Darüber ist nun zu entscheiden.

Ich erteile dazu das Wort der Kollegin Dr. Dagmar
Enkelmann.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616000100

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Frak-

tion Die Linke widerspricht der Aufsetzung des genann-
ten Tagesordnungspunktes auf die Tagesordnung. Es
geht um die Bahnreform. Es ist guter Brauch und auch in
unserer Geschäftsordnung so geregelt, dass wir die Ta-
gesordnung in der vorangehenden Sitzungswoche im Äl-
testenrat einvernehmlich verabreden. Das ist in der letz-
ten Sitzungswoche auch so geschehen. Da war von der
Bahnreform keine Rede. Am Dienstag nun erfuhren wir
von der Koalition, dass dieser Punkt schnell zusätzlich
auf die Tagesordnung gesetzt wird. Dem haben wir wi-
dersprochen; das ist vom Präsidenten völlig korrekt ge-
sagt worden.

Nun steht es der Mehrheit der Koalition in diesem
Hause frei, die Tagesordnung je nach Belieben zu verän-
dern. Die Opposition ist hierbei leider nur ein Stück Pe-
tersilie. Aber mit der Änderung der Tagesordnung – da-
rauf möchte ich aufmerksam machen – wird der Weg
dafür frei gemacht, das Thema Bahnprivatisierung sozu-
sagen im Affentempo durch das Parlament zu jagen.


(Jörg van Essen [FDP]: Das hätte schon viel früher sein müssen!)


Denn wenn wir heute tatsächlich die erste Lesung durch-
führen, dann wird morgen eine Sondersitzung des Ver-

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(C (D ehrsausschusses, der eine Anhörung beantragen wird, tattfinden. Die Anhörung wird es bereits am Montag er nächsten Sitzungswoche geben, am Mittwoch wird ie abschließende Beratung im Verkehrsausschuss folen und auch noch in der gleichen Sitzungswoche die bschließende Beratung im Plenum. Das heißt, wir haen keine Gelegenheit, tatsächlich ausführlich über diees Thema zu beraten. Ich kann mich gut an die erste Stufe der Bahnreform 993 erinnern; es gibt noch Kollegen hier im Haus, die ich ebenfalls daran erinnern können. Wir haben hier onatelang darüber beraten. Es gab mehrere Bericht rstatterrunden und Gespräche mit Vertretern aus Miniserien, der Bahn usw. usf. Wir haben hier lange beraten nd hatten auch in den Fraktionen lange Gelegenheit, arüber zu beraten. Diese Gelegenheit ist jetzt durch diees Tempo nicht gegeben. Deswegen widersprechen wir er Aufsetzung auf die Tagesordnung. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Nun darf man sich, glaube ich, berechtigt fragen: Wa-
um eigentlich diese Eile? Warum wollen Sie dieses
empo? Haben Sie möglicherweise Sorge, dass sich der
ffentliche Widerstand gegen die Bahnprivatisierung
erstärkt, oder – jetzt schaue ich vor allem zu den Kolle-
innen und Kollegen der SPD – hat die Fraktionsspitze
orge, dass sich auch der Widerstand in der SPD-Frak-

ion verstärkt?


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Dr. Peter Struck [SPD]: Das war nie Sorge!)


enn so langsam, Kollege Struck, sickert durch, dass die
elange der Beschäftigten im Tarifvertrag nicht eindeu-

ig geregelt sind. So langsam sickert auch durch, dass es
öglicherweise nicht bei einer Privatisierung von

4,9 Prozent bleiben wird. Die Kanzlerin hat ja eindeu-
ig gesagt, dass es für sie der Einstieg ist, dem Weiteres
olgen wird. Wir wissen auch, dass es durch die Privati-
ierung der Kapitaltochter möglich sein wird, weitere
ochtergesellschaften zu gründen. Das heißt, der Weg
ür eine weitere Privatisierung der Bahn wird frei ge-
acht.

Ich finde es interessant, dass Kollege Mehdorn


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: „Kollege Mehdorn“! Welche Einkommensklasse haben Sie?)


nzwischen klar gesagt hat: von wegen Geld für die Sa-
ierung der Bahnhöfe ausgeben! Kollege Mehdorn hat
uch eindeutig gesagt, er möchte weitere Logistikunter-
ehmen in der Welt kaufen. Deswegen wollen Sie das
hema so schnell und so reibungslos wie möglich durch
as Parlament bringen. Das ist mit uns nicht zu machen.
ier geht es um öffentliches Eigentum und um öffentli-

he Daseinsvorsorge. Dazu brauchen wir eine ausführli-
he Beratung. Wir sind regelrecht gezwungen, uns aus-
ührlich damit zu beschäftigen. Das ist mit Ihrem
orschlag nicht gegeben.

Danke.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1616000200

Das Wort erhält nun der Kollege Thomas Oppermann.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Oppermann ran!)



Thomas Oppermann (SPD):
Rede ID: ID1616000300

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Verehrte

Frau Enkelmann, Ihr Geschäftsordnungsantrag ist der
durchsichtige Versuch, das Verfahren in einer Situation,
in der Sie in der Sachdebatte nicht mehr durchdringen,
zu kritisieren.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Widerspruch bei der LINKEN)


Die Koalition hat ein Konzept für eine Bahnreform vor-
gelegt, bei der ein modernes Staatsunternehmen entsteht
mit einer limitierten privaten Kapitalbeteiligung in Höhe
von 24,9 Prozent, bei der das private Kapital hilft, das
Wachstum für die DB AG zu ermöglichen, das Eigenka-
pital zu stärken und neue Investitionen vorzunehmen.


(Widerspruch bei der LINKEN)


Das sichert auch die 230 000 Arbeitsplätze bei der
DB AG. Ich weiß nicht, warum Sie meinen, wir müssten
uns so viel Zeit nehmen, um das sicherzustellen.


(Widerspruch bei der LINKEN)


Es wird einen Tarifvertrag geben, der diese Arbeitsplätze
bis 2023 sichert.

Dies ist ein Konzept, das Hand und Fuß hat und
durchdacht ist. Gegen dieses Konzept passen Ihre alten
Argumente gegen die schlichte Privatisierung überhaupt
nicht mehr. Deshalb kritisieren Sie das Verfahren. Das
Verfahren ist aber völlig in Ordnung.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Im Ausschuss ist in dieser Woche gründlich darüber
diskutiert worden. Der Ausschuss hat einstimmig – ich
wiederhole: einstimmig; Ihre Leute haben nicht einmal
dagegengestimmt – bei Enthaltung der Linken dafür ge-
stimmt, eine Expertenanhörung durchzuführen. Es wird
also eine Anhörung stattfinden, und dieses Thema wird
sorgfältig beraten. Das ist kein „Affentempo“, wie Sie es
genannt haben. Das ist auch kein ICE-Tempo. Das ist
normales Regionalexpresstempo.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Ach was! Das ist sehr wohl ein Affentempo! Das ist doch völlig klar!)


Der Bundestag muss gründlich diskutieren, aber er muss
auch entscheiden. Das wird in diesem Monat passieren.
Deshalb bitte ich Sie, den Antrag von Frau Enkelmann
zurückzuweisen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1616000400

Wir kommen zur Abstimmung. Wer stimmt für den

Aufsetzungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und
der SPD? – Wer stimmt gegen den Antrag? – Dann ist

d
g

(C (D er Aufsetzungsantrag mit der Mehrheit des Hauses anenommen. Ich rufe nun die Tagesordnungspunkte 3 a bis 3 d auf: a)

richts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit (16. Ausschuss)


– zu dem Antrag der Abgeordneten Cajus Caesar,
Marie-Luise Dött, Dr. Christian Ruck, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU

(Landau)

geordneter und der Fraktion der SPD

Weltnaturschutzgipfel 2008 in Bonn – Biolo-
gische Vielfalt schützen, nachhaltig und ge-
recht nutzen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Angelika
Brunkhorst, Michael Kauch, Horst Meierhofer,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
FDP

Leitlinien für den internationalen Arten-
und Lebensraumschutz im Rahmen des
Übereinkommens über die biologische Viel-
falt

– zu dem Antrag der Abgeordneten Renate
Künast, Undine Kurth (Quedlinburg), Ulrike
Höfken, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Erhalten, was uns erhält – Die UN-Konfe-
renzen zur biologischen Sicherheit und zum
Übereinkommen über die biologische Viel-
falt zum Erfolg machen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Angelika
Brunkhorst, Michael Kauch, Horst Meierhofer,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
FDP

Naturschutz praxisorientiert voranbringen –
Entwicklung der Wildtiere in Deutschland

– zu der Unterrichtung durch die Bundesregie-
rung

Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt

– Drucksachen 16/8756, 16/8878, 16/8890,
16/8077, 16/7082, 16/9106 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Josef Göppel
Heinz Schmitt (Landau)

Angelika Brunkhorst
Lutz Heilmann
Undine Kurth (Quedlinburg)


b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit (16. Ausschuss) zu dem
Antrag der Abgeordneten Angelika Brunkhorst,
Michael Kauch, Birgit Homburger, weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion der FDP






(A) )



(B) )


Präsident Dr. Norbert Lammert
Allgemeine Grundsätze für den Naturschutz
in Deutschland

– Drucksachen 16/3099, 16/7278 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Josef Göppel
Dirk Becker
Angelika Brunkhorst
Lutz Heilmann
Undine Kurth (Quedlinburg)


c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Lutz
Heilmann, Eva Bulling-Schröter, Hans-Kurt Hill,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE

UN-Biodiversitätsgipfel durch Vorreiterrolle
beim Schutz der biologischen Vielfalt und fai-
ren Nord-Süd-Ausgleich zum Erfolg führen

– Drucksache 16/9066 –

d) Beratung des Antrags der Abgeordneten Thilo

(Quedlinburg)

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Tropenwaldschutz braucht solide Finanzie-
rung – Entwaldung vermeiden, Klima- und
Biodiversität schützen

– Drucksache 16/9065 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

Zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung über
eine Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt liegt ein
Entschließungsantrag der Fraktion des Bündnisses 90/Die
Grünen vor.

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache eineinhalb Stunden vorgesehen. – Dazu
höre ich keinen Widerspruch. Dann können wir so ver-
fahren.

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort zu-
nächst dem Kollegen Heinz Schmitt für die SPD-Frak-
tion.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Heinz Schmitt (SPD):
Rede ID: ID1616000500

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen

und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es geht
heute nicht nur um den Naturschutz, sondern auch um
die Vielfalt des Lebens auf unserer Erde.

Es ist durchaus angebracht, dass das Publikum auch
nach der Geschäftsordnungsdebatte hier bleibt. Denn als
Gastgeber der 9. Konferenz der Vertragsstaaten des Ab-
kommens zur Biodiversität wird Deutschland in den
nächsten Tagen und Wochen eine wichtige Rolle spielen;
die Abkürzung für „Convention on Biological Diversity“

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(C (D autet übrigens CBD. Deutschland hat als Gastgeber diees höchsten Beschlussorgans eine wichtige Rolle, weil ich die internationale Staatengemeinschaft vorgenomen hat, den rasant fortschreitenden Verlust an Bio iversität bis zum Jahre 2010 zu stoppen bzw. ihn zuindest zu bremsen. Es ist auch aus einem anderen Grunde wichtig, dass iese Konferenz mitten in Europa stattfindet: Biodiversiät ist für die Zukunft der Menschheit ein so wichtiges hema, dass es aus der Nische von Expertenrunden he aus muss. Biodiversität verdient genauso große Auferksamkeit wie die Gefahren, die durch den Klimaandel verursacht werden. Vom Verlust der Arten sind eineswegs nur die sogenannten Entwicklungsländer beroffen. Biologische Vielfalt ist auch für die Industrietaaten von existenzieller Bedeutung. (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Dr. Christel Happach-Kasan [FDP])


Der Begriff „Biodiversität“ steht zum einen für die
chönheit unserer Erde und für die Vielfalt von Tieren
nd Pflanzen; Sie alle haben sicherlich schon einmal den
underschönen Film „Unsere Erde“ gesehen, in dem die
ielfalt der Tier- und Pflanzenwelt eindrucksvoll darge-

tellt wird. Zum anderen steht dieser Begriff für Lebens-
äume, in denen unterschiedlichste Lebewesen perfekt
usammenspielen. Es geht dabei um genetische Informa-
ionen, die Tiere und Pflanzen befähigen, sich an unter-
chiedlichste Lebensbedingungen anzupassen.

Das ist eine Fähigkeit der Natur, in die wir sehr große
offnungen setzen, in die wir unsere Hoffnungen aller-
ings auch setzen müssen. Denn wir hoffen, dass es uns
iese Fähigkeit der Natur vielleicht ermöglicht, Schäden,
ie durch Übernutzung und Zerstörung natürlicher Le-
ensgrundlagen entstanden sind, aufzufangen und aus-
ugleichen. Ich spreche bewusst von „Hoffnungen“.
enn wir wissen nicht, ob und mit welchem Aufwand all
as, was uns die Natur kostenlos und in ausreichendem
aße zur Verfügung stellt, ohne Weiteres ersetzbar ist.

Zu diesen Dienstleistungen der Natur, wie man sie
ennt, gehören zum Beispiel der Sauerstoff aus den grü-
en Lungen der Wälder, den wir einatmen, Nahrungs-
ittel, die Energie von Feldern und aus Meeren und
ohstoffe für Arzneimittel aus Pflanzen. Durch die Er-
altung der Biodiversität soll also gewährleistet werden,
ass wir die Grundlagen unseres Lebens auch morgen
nd übermorgen noch in Anspruch nehmen können. Von
er Vielfalt des Lebens erhoffen wir uns darüber hinaus
ösungen für die drängendsten Probleme der Mensch-
eit.

Wir müssen die Ernährung der Weltbevölkerung – bis
um Jahr 2050 ist ein Wachstum auf 9 Milliarden Men-
chen zu erwarten – sicherstellen. Wir müssen dem Kli-
awandel begegnen. Damit habe ich nur die größten
austellen benannt. Es geht also darum, die biologische
ielfalt so weit wie möglich zu erhalten. Das ist für uns,

ür die ganze Menschheit, überlebenswichtig; das muss
ie Staatengemeinschaft begreifen. Daher ist dem
hema ein entsprechender Stellenwert einzuräumen.






(A) )



(B) )


Heinz Schmitt (Landau)

Als Gastgeber einer Konferenz zur biologischen Viel-
falt muss man zunächst einmal die eigenen Hausaufga-
ben gemacht haben. Daher begrüßen wir es, dass die
Bundesregierung im November letzten Jahres die Natio-
nale Strategie zur biologischen Vielfalt beschlossen
hat. Diese Strategie umfasst ambitionierte, konkrete
Ziele und Maßnahmen, mit denen die biologische Viel-
falt in Deutschland geschützt und gesichert werden soll.
Dabei werden zeitliche Vorgaben für die Umsetzung ge-
macht. Damit hat Deutschland einen wichtigen Schritt
für den Naturschutz und für eine nachhaltige Nutzung
der Natur im eigenen Lande getan. Das war eine wich-
tige Voraussetzung dafür, dass Deutschland den Vorsitz
der CBD-Konferenz im Mai übernehmen kann.

Wir Sozialdemokraten erhoffen uns von der 9. Ver-
tragsstaatenkonferenz, dass wir auch international deut-
lich vorankommen. Wir haben mit unserem Koalitions-
partner den vorliegenden Antrag formuliert. Wir
brauchen zum Beispiel Fortschritte – das ist Teil unseres
Antrags – im Hinblick auf die Gewährleistung eines ge-
rechten Zugangs zu genetischen Ressourcen; die Vor-
teile aus der Nutzung genetischer Ressourcen sind ge-
recht zu verteilen. In Bonn sollen Regeln für den Zugang
und für den Vorteilsausgleich erarbeitet werden.

Wir wollen neue Möglichkeiten der Finanzierung er-
schließen, um auch dadurch natürliche Lebensräume zu
erhalten. Dies dient gleichermaßen dem Arten- und dem
Klimaschutz. Wir brauchen mehr Schutzgebiete zu Land
und zu Wasser sowie, wenn man so will, neue World
Wide Webs der Biodiversität.


(Beifall bei der SPD)


Insbesondere auf dem Meer, wo bisher nur 1 Prozent der
Flächen geschützt ist, müssen wir noch weit mehr tun.
Es gibt also in den zwei Wochen der CBD-Konferenz in
Bonn einiges zu stemmen.

Mir ist es wichtig, dass wir beim Thema Biodiversität
den Blick nicht nur in die Ferne richten. Wir müssen
auch vor der eigenen Haustür kehren. Für mich sind
Energie- und Ressourceneffizienz wesentliche Bau-
steine bei der Erhaltung der Biodiversität. Deshalb müs-
sen wir unsere Konsum- und Wegwerfgesellschaft
stärker hinterfragen. Wir müssen aufhören, unsere Lu-
xusprobleme auf dem Rücken und zulasten von Ent-
wicklungsländern zu lösen. Es gibt keine Rechtfertigung
dafür, dass billiges Turbofleisch und Spritschlucker auf
den Straßen hierzulande zu einer Konkurrenz beim An-
bau von Nahrungsmitteln führen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Eva Bulling-Schröter [DIE LINKE])


Ich begrüße den in diesen Zusammenhängen behutsa-
men und sensiblen Umgang unseres Umweltministers.

Ich wünsche der Bundesregierung, dass sie viele der
anspruchsvollen Ziele während der Konferenz in Bonn
erreichen wird. Wir, das Parlament, freuen uns, dass wir
diese Arbeit aktiv begleiten dürfen und in der heutigen
Debatte unsere Übereinstimmung hinsichtlich der Ziele
deutlich machen können.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


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(C (D Angelika Brunkhorst ist die nächste Rednerin für die DP-Fraktion. Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! iebe Kolleginnen und Kollegen! Die Natur ist unser rößter Schatz. Wir stehen unverändert in der Pflicht, die atürlichen Lebensgrundlagen der kommenden Generaionen in ökologischer, ökonomischer, aber auch sozialer insicht entschlossen und umsichtig zu bewahren und eiterzuentwickeln. Wir müssen unseren Kindern und indeskindern eine artenreiche Natur hinterlassen, so ass auch sie noch von den Ökosystemdienstleistungen er Natur profitieren können. Daher müssen wir den Verlust an biologischer Vielfalt ufhalten. Jede verschwundene Art – Tierart oder Pflanzenart – st unwiederbringlich. Das Aussterben von Pflanzen nd Tieren – das muss klar sein – kann man anders als ndere Umweltzerstörungen nicht rückgängig machen. ndem wir die Biodiversität schützen, sichern wir Nutungsoptionen für die Zukunft sowohl für die Ernährung ls auch für die Gesundheit und die Produktentwicklung. Ein Beispiel: Eine Verarmung der ökologischen Faetten bei den Nutztieren und den Nutzpflanzen würde hre potenzielle Widerstandsfähigkeit gegen Krankheitsrreger und Schädlinge mindern. Im Hinblick auf die erfügbarkeit von Heilmitteln sind pflanzliche Wirktoffe vielleicht eines Tages wichtig, um Krankheiten, ie wir heute noch nicht kennen, bekämpfen zu können. ereits heute ist die Natur Vorbild für Hightechproukte. Auch für die innovativen Produkte der Zukunft erden wir von der Natur viel lernen können. Veränderungen in Bezug auf die Biodiversität hat es n der Erdgeschichte immer gegeben: Es sind Arten enttanden, es sind Arten verschwunden. Dieses Entstehen nd Verschwinden von Arten ist ein Teil der Natur, auch hne dass der Mensch eingreift. Es geht nicht darum, omentaufnahmen zu konservieren, entscheidend ist ielmehr, dass wir die Fähigkeit der Ökosysteme, sich erändernden Gegebenheiten – zum Beispiel einem sich erändernden Klima – anzupassen, erhalten. Was müssen wir tun? Wir müssen die Populationen, ie genetischen Ressourcen und die Lebensräume schüten. Wir haben in dieser Hinsicht schon eine Menge gean: Es gibt die FFH-Richtlinie. Es gibt die Vogelschutzichtlinie, die nicht immer zur Freude aller umgesetzt ird; aber es gibt sie, und wir haben da einiges erreicht. ir müssen die Schutzgebiete nun weiter vernetzen. Wir nehmen die Leistungen der Natur in Anspruch nd dies oft als scheinbar kostenloses Gut. Wir müssen ns aber immer wieder bewusst machen, dass die ökonoische Bewertung und damit auch die soziale Bedeu Angelika Brunkhorst tung der Natur gar nicht hoch genug angesetzt werden kann. Deswegen möchte ich sechs Forderungen anführen, die uns Liberalen besonders wichtig sind: Erstens. Der Schutz der Biodiversität kann nicht allein staatliche Aufgabe sein, er ist ein gesamtgesellschaftliches Anliegen, er erfordert die Anstrengungen aller gesellschaftlichen Gruppen: der Industrie, der Landund Forstwirtschaft, letztlich jedes einzelnen Bürgers. Private Initiativen sind immer willkommen; so etwas kann nur helfen. Zweitens. Die Forschungsanstrengungen müssen verstärkt und besser koordiniert werden. Wir haben nach wie vor ein enormes Wissensdefizit, das wir durch konzertierte und international vernetzte verstärkte Forschungsaktivitäten beheben müssen. Wir müssen die Biodiversität als eigenständiges Forschungsgebiet anerkennen und dieses eigenständige Forschungsgebiet personell und materiell gut ausstatten. Ich gehe davon aus, dass wir die politischen Entscheidungen der Zukunft nur auf fundierter, belastbarer Datengrundlage treffen können. Drittens. Wir halten es für wichtig, den ökonomischen Nutzen der biologischen Vielfalt gerade für die Schwellenund Entwicklungsländer herauszustellen, um auch ihr Interesse an der wirtschaftlichen Nutzung zu wecken. Die Vorteile, die aus der Nutzung genetischer Ressourcen resultieren, müssen natürlich angemessen honoriert werden. Beim Naturund Artenschutz sollte deshalb mit den indigenen Völkern vor Ort zusammengearbeitet werden. Wir sind ja dabei, ein internationales Regelwerk auf den Weg zu bringen, welches den Zugang zu genetischen Ressourcen – und damit den Genuss der Vorteile, die daraus entstehen – einerseits und einen gerechten Ausgleich für die Nutzung andererseits rechtsverbindlich und zugleich unbürokratisch regelt. Es geht um das sogenannte ABS-Regime – ABS steht für Access and Benefit Sharing –, das auf der bevorstehenden Konferenz und danach vorangebracht werden muss. Dies muss aktiv geschehen; denn natürlich ist das ABS-Regime nicht ohne Schwierigkeiten auf den Weg zu bringen. Viertens. Wir wollen das Verständnis der Menschen in unserem Land für die ökologischen Zusammenhänge verbessern. Nur wer die Umwelt kennt, nur wer weiß, was in der Natur wie funktioniert, weiß den Wert der Natur zu schätzen und wird die Natur schützen wollen. Darum ist es wichtig, die Umweltbildung zu stärken, ganz früh anzufangen, noch in den Kindergärten. Gerade die jungen Menschen müssen den Wert der Natur erleben können. Es muss attraktiv sein, sich mit diesen Themen zu befassen. Fünftens. Ein ganz dringender Handlungsbedarf besteht aus unserer Sicht im Bereich der großen Ökosysteme, also für den Schutz der Wälder und der großen Meere als der größten Reservoire der globalen Artenvielfalt. Neben vielen Teilaspekten ist uns hier insbeson d b b E g d E S s a W h g A c g d n B s w g g D D d K d s r r E n s v i e C (C (D ere wichtig, dass die Reproduktionsmöglichkeiten der etreffenden Ökosysteme nicht überfordert werden. Wir rauchen sowohl im maritimen Bereich als auch für den rhalt der Wälder Schutzgebiete. Diese großen Schutzebiete müssen durch spezielle Fonds abgesichert weren. Erste Überlegungen dazu gibt es. Der ITT-Fonds in cuador ist ein Beispiel dafür. Ein ganz wichtiger Punkt für mich ist, dass auch in chutzgebieten Forschung unter Auflagen möglich sein ollte. Wissenschaftler beklagen zunehmend, dass sie usgesperrt werden. Das darf nicht der Fall sein. Die issenschaftler müssen Zugang zu allen Schutzgebieten aben. (Beifall bei der FDP sowie des Abg. Dr. Sascha Raabe [SPD])

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1616000600

(Beifall bei der FDP)

Angelika Brunkhorst (FDP):
Rede ID: ID1616000700

(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)





(A) )


(B) )


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


(Beifall des Abg. Dr. Sascha Raabe [SPD])


Sechstens. Für den Weg von der Biodiversitätsstrate-
ie hin zur Umsetzung brauchen wir natürlich konkrete
rbeitsprogramme. Dabei kommt den vielen zusätzli-

hen Akteuren auf den verschiedenen politischen und
esellschaftlichen Ebenen natürlich eine besondere Be-
eutung zu. Ich nenne die Bundesländer, die Kommu-
en, die Verbände, die Wirtschaft und letztlich auch die
ürger. Hier haben wir Liberale ganz besonders den An-

pruch, dass ein Wettbewerb der Lösungen zugelassen
ird; denn die Menschen vor Ort wissen teilweise sehr
ut Bescheid und können bestimmte Leitlinien hervorra-
end umsetzen.


(Beifall bei der FDP)


Zum Schluss noch einmal zur COP 9 in Bonn.
eutschland übernimmt bei der Konferenz den Vorsitz.
as ist eine große Verantwortung. Ich denke, insbeson-
ere Bundesumweltminister Gabriel wird sich an den
onferenzergebnissen messen lassen müssen.

Wir erwarten natürlich insbesondere Fortschritte bei
en Verhandlungen über das ABS-Regime. Das habe ich
chon gesagt. Ich denke, dabei müssen wir auch so kor-
ekt sein, zu sagen: Wir müssen zwar konkrete Vereinba-
ungen treffen, aber sie müssen auch erfüllbar sein.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha!)


s nützt uns nichts, utopische Ziele zu vereinbaren.

Ich wünsche mir, dass das Thema Biodiversivität
och stärker kommuniziert wird und dass es sich noch
tärker im Bewusstsein und in den Herzen der Menschen
erankert. Uns allen wünsche ich in Bonn einen guten
nternationalen Erfahrungsaustausch und konkrete Ver-
inbarungen zum Wohle unserer Schatzkiste Natur.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Heinz Schmitt [Landau] [SPD])



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1616000800

Das Wort erhält nun die Kollegin Katherina Reiche,

DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Katherina Reiche (CDU):
Rede ID: ID1616000900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der

Weltnaturschutzgipfel in Bonn muss zu einem Erfolg
werden. Klimaschutz und Artenschutz gehören zu-
sammen. Wir sind verpflichtet, diese Konferenz zu ei-
nem Erfolg zu führen, um beidem gleichermaßen ge-
recht zu werden.

Schopenhauer hat einmal sinngemäß formuliert, dass
man, wenn man der Natur die Daumenschrauben anlegt,
auch hinhören muss, was die Natur sagt.

Was uns die Natur sagt, ist ziemlich unmissverständ-
lich. In den vergangenen 50 Jahren haben wir das Öko-
system schneller und weitreichender verändert als je zu-
vor. Dies hat zu einem beträchtlichen, ja zum Teil
irreversiblen Verlust der Vielfalt des Lebens auf unserem
Planeten geführt, der wiederum unser Leben maßgeblich
beeinträchtigt.

Manch einer wird sagen: Gut, das hat es in der Ver-
gangenheit auch schon gegeben. – In einer Theorie wird
davon ausgegangen, dass ein Meteorit auf die Erde ein-
schlug, aufgrund dessen die Dinosaurier ausgestorben
sind. Bildlich gesprochen schlägt hier ein Meteorit seit
50 Jahren permanent auf die Erde ein. Als Folge daraus
hat sich das Artensterben – sehr konservativ gerechnet –
mindestens um den Faktor 100 gegenüber dem normalen
Verlauf innerhalb der Evolution beschleunigt. Das ist
dramatisch.

Gegenwärtig sind wir in unserem politischen Tages-
geschäft damit beschäftigt, den Klimawandel in halb-
wegs verträglichen Bahnen zu lassen. Ich sagte bereits,
dass der ungebremste Klimawandel und der Verlust von
Artenvielfalt unmittelbar miteinander verbunden sind.
Die ökologische Uhr tickt beharrlich und schnell, aber
sehr leise. Ein geschlossenes, gemeinsames Handeln ist
also gefragt.

Wenn man sieht, wie viele Millionen Zuschauer durch
Filme wie Deep Blue, Unsere Erde oder auch Die Reise
der Pinguine in die Kinosäle gehen, so hat das bestimmt
mit den fantastischen Bildern zu tun, vielleicht aber auch
mit einer Vorahnung, ja, Furcht vieler Menschen, Zeuge
eines unwiederbringlichen Verlustes von Artenvielfalt
und der Schönheit unseres Planeten zu sein. Unsere
Fraktion hat auch – maßgeblich durch den Kollegen
Ruck – einen sehr erfolgreichen Kongress organisiert, an
dem Experten aus aller Welt teilgenommen haben, die
uns beispielhaft das Artensterben und den Klimawandel
sowie deren Auswirkungen sehr deutlich vor Augen ge-
führt haben. Biodiversität ist die Grundlage unseres ge-
wohnten Lebens auf dem Blauen Planeten und eine der
wichtigsten Säulen der nachhaltigen Entwicklung.

Der weltweite Reichtum an Lebensformen ist un-
sere eigentliche Lebensgrundlage, ohne die es kein aus-
reichendes Trinkwasser, keine ausreichende Lebensmit-
telversorgung, Medizin und Kleidung gibt. Auch bei
Naturkatastrophen sorgt die Artenvielfalt dafür, dass der
Zyklus des Lebens nicht abbricht.

Es gibt noch eine weitere Dimension. Wir diskutieren
zurzeit intensiv die Folgen von Armut und Hunger. Ge-
rade die Ärmsten der Welt sind auf Artenvielfalt ange-

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(C (D iesen. Denn wenn die Artenvielfalt klimatisch beeinrächtigt wird und das Wasser knapper wird, dann hat as katastrophale Folgen. Allein auf unserem Nachbarontinent Afrika könnten bis zum Jahr 2020 250 Millioen Menschen betroffen sein. Welche Migrationsbeweungen das auslösen kann, mag man sich gar nicht orstellen. Deshalb brauchen wir – auch in bestverstanenem Eigeninteresse – eine präventive, vorausschaunde Umweltdiplomatie. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Damit komme ich zur Naturschutzkonferenz in
onn, die ab 19. Mai dieses Jahres in Bonn stattfinden
ird. Sie wird maßgeblich von vier Fragen geprägt sein:
rstens. Wie können wir die biologischen Ressourcen
tärker als bisher den Ländern zugutekommen lassen,
us denen sie stammen? Zweitens. Wie kann mit innova-
iven Ansätzen erreicht werden, dass zum Schutz der Ar-
envielfalt mehr Geld zur Verfügung steht? Drittens. Wie
önnen wir das von Deutschland mitinitiierte, weltweite
etz von Schutzgebieten erweitern, und gelingt auch ein
chutz maritimer Lebensgebiete? Viertens – last but not

east – haben sich die bisherigen Beschlüsse zum Schutz
er Wälder als äußerst fruchtbar erwiesen. Sie müssen
ber insbesondere mit Blick auf den Klimawandel drin-
end erweitert werden. Gerade beim Thema Wald besit-
en wir in Deutschland weltweit wohl einmalige Kom-
etenzen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Auf der 9. Vertragsstaatenkonferenz in Bonn muss
ehr erreicht werden als in den vergangenen 16 Jahren

eit dem Erdgipfel 1992 in Rio, der maßgeblich von
laus Töpfer und Helmut Kohl mitgeprägt wurde und

mmer noch eine wichtige Tragsäule internationaler Um-
eltpolitik ist. Rio war definitiv ein Meilenstein für die

ntegration von Umwelt- und Entwicklungsbestrebun-
en. Auf diesem Weg müssen wir weiter vorangehen.

Ich glaube auch, dass die Konferenz in Bonn mit die
etzte Gelegenheit ist, den Beschluss der Staats- und Re-
ierungschefs umzusetzen, der auf dem Gipfeltreffen
on Johannesburg im Jahre 2002 beschlossen wurde,
ämlich dem Verlust der biologischen Vielfalt bis 2010
ntscheidend entgegenzutreten.

Rund ein Fünftel der globalen Treibhausgasemissio-
en ist auf die Waldzerstörung zurückzuführen. Wenn
ns beim Thema Waldschutz kein entscheidender Fort-
chritt gelingt, dann wird unser Blauer Planet wesentli-
he Teile seiner grünen Lunge einbüßen.

Deutschland hat mit seiner glaubwürdigen Umwelt-
nd insbesondere Klimaschutzpolitik weltweit großes
ertrauen aufgebaut. Dieses Kapital des internationalen
ertrauens können wir nun investieren, wenn es darum
eht, den Schutz der weltweiten Artenvielfalt zu ver-
essern. Zwar haben wir selbst mit nur circa 4 Prozent
inen relativ geringen Anteil an der weltweiten Arten-
ielfalt, aber auch bei uns steht nicht alles zum Besten.
6 Prozent der Tierarten und 27 Prozent der Farn- und
lütenpflanzen gelten als gefährdet. Aber Deutschland

st in den vergangenen Jahren beim Artenschutz aktiv






(A) )



(B) )


Katherina Reiche (Potsdam)

gewesen. Mit unserer Nationalen Strategie zur biologi-
schen Vielfalt, die im November 2007 durch das Kabi-
nett verabschiedet wurde, haben wir ein Zeichen gesetzt,
über 300 konkrete Ziele benannt und über 400 Maßnah-
men beschlossen.

Die eigentlichen Biodiversitätsbrennpunkte mit rund
80 Prozent aller Tier- und Pflanzenarten der Erde befin-
den sich aber nicht hier, sondern in den Schwellen- und
Entwicklungsländern Afrikas, Lateinamerikas und
Asiens. Wir müssen diese Staaten beim verantwortungs-
bewussten Umgang mit der Natur unterstützen, damit
die Zentren der biologischen Vielfalt nicht unwider-
bringlich verschwinden.

Ich möchte aus Sicht meiner Fraktion die Schritte be-
nennen, die dabei wichtig sind. Wald- und Biodiversi-
tätsschutz müssen noch stärker durch die klassischen
Instrumente der Entwicklungspolitik flankiert werden.
Klima- und Biodiversitätsschutz müssen besser verzahnt
werden, um effiziente Maßnahmen für beide Bereiche zu
identifizieren und umzusetzen. Eine konzertierte Initia-
tive der Industriestaaten ist notwendig, um die überfäl-
lige Umsetzung der CBD-Beschlüsse im Bereich Wald
und Schutzgebiete sicherzustellen. Den Emissionshandel
in der Europäischen Union sollten wir ab 2013 auch für
andere Zertifikate öffnen, um Möglichkeiten der Natur-
schutzfinanzierung zu fördern. Dies dient dem Schutz
der Artenvielfalt. Finanzielle Mittel müssen effizient
eingesetzt werden, um Parallelstrukturen zu verhindern.
Staatliche Mittel sollten intelligent in Partnerschaften
mit der Wirtschaft und dem privaten Naturschutz zum
Schutz der Biodiversität investiert werden. Gleichzeitig
brauchen wir eine gesamtgesellschaftliche Allianz zur
Bewahrung der Artenvielfalt, der sich auch Unterneh-
men anschließen.

Zum Abschluss möchte ich Sie herzlich bitten, ge-
meinsam in den kommenden Wochen alles dafür zu tun,
dass die Konferenz in Bonn ein Erfolg wird. Ich wün-
sche der Frau Bundeskanzlerin und dem Bundesumwelt-
minister dabei eine glückliche Hand und größtmögliches
Durchsetzungsvermögen. Ich bin sicher, dass Sie, die
Regierung, und alle anderen, die an diesem Prozess be-
teiligt sind, mit Unterstützung aus der Großen Koalition
rechnen können.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1616001000

Nächster Redner ist der Kollege Lutz Heilmann,

Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Lutz Heilmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616001100

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Deutschland, der Saubermann beim Schutz
der Artenvielfalt? Diesen Eindruck möchte die Bundes-
regierung derzeit mit ihrer Hochglanzkampagne zur
9. Vertragsstaatenkonferenz des Übereinkommens zum

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(C (D chutz der Artenvielfalt in zwei Wochen in Bonn veritteln. Ihre nationale Strategie zum Schutz der Arten ielfalt feiern Sie jedenfalls wie das achte Weltwunder. ine solche Strategie vorzulegen, war aber eine der Verflichtungen des Übereinkommens. Deutschland muss it seiner Strategie damit Rechenschaft ablegen, wie es ie Verpflichtungen des Übereinkommens in Deutschand gestalten will. Schauen wir uns die Strategie etwas genauer an. Daür, dass mehrere Bundesregierungen 15 Jahre dafür geraucht haben, ist das Ergebnis recht mager. Ich beürchte sogar: Ohne den Druck der in Bonn tattfindenden Vertragsstaatenkonferenz gäbe es die trategie heute noch nicht. Liebe Kolleginnen und Kol egen von CDU/CSU, SPD, FDP und Grünen, ich frage ie: Warum hat das so lange gedauert? Ich gebe durchus zu, dass die Strategie in weiten Teilen ein prosaiches Meisterwerk ist. Aber immer wenn es ans Eingeachte und ums Konkrete geht: Fehlanzeige! Es fehlen rstens konkrete Maßnahmen, um die Ziele zügig und ffektiv zu erreichen, zweitens die Verbindlichkeit der trategie und die konkrete Überprüfbarkeit der Ziele, rittens Sanktionsmöglichkeiten zur Durchsetzung der iele, viertens ein Konzept für ein Biodiversitätsmonito ing und fünftens vor allem eine wirksame öffentliche ontrolle. Deshalb fordern wir die Änderung des Umeltrechtsbehelfsgesetzes. Das dort enthaltene Dritt chutzerfordernis als Klageberechtigung muss abgechafft werden. ur wenn Ihnen die Naturschutzverbände auf die Finger auen und nicht nur schauen können, werden Sie sich irklich anstrengen. Die Begeisterung der Naturschutzverbände über hre Strategie hält sich im Übrigen in Grenzen. Ich ziiere den Vorsitzenden des Bundes für Umwelt und Naurschutz Deutschland, Professor Hubert Weiger: Seit Jahrzehnten bekannte, vielfach gesetzlich bereits vorgeschriebene Ziele und Allgemeinplätze werden erneut als Vision beschrieben, die man lediglich anstrebt. ch denke, dieser Verriss erster Güte spricht für sich. be Es sei schon ein Wert an sich, dass die Strateie existiert. Ich sage Ihnen: Es reicht uns nicht. Es eicht nicht, um beim Erhalt der biologischen Vielfalt oranzukommen, und es reicht erst recht nicht für eine erantwortungsbewusste Regierungsarbeit. ber selbst den Koalitionsfraktionen scheint das nicht zu eichen. Anders kann ich Ihren Entschließungsantrag, er gestern im Umweltausschuss vorlag, nicht interpreieren. Lutz Heilmann Einige Zahlen: In Deutschland sind 30 Prozent von den 14 000 in der Roten Liste aufgeführten Arten in ihrem Bestand bedroht. 70 Prozent der Biotope sind gefährdet. Und was tun Sie? Ich möchte Sie an die kleine Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes im letzten Jahr erinnern. Mit der haben Sie im Artenschutz eine Zweiklassengesellschaft geschaffen. Nach nationalem Recht geschützte Arten verdienen anscheinend einen deutlich geringeren Schutz als nach europäischem Recht geschützte Arten. Das wollen Sie nun im Zuge der großen Novelle mit der Schaffung des Umweltgesetzbuches beheben – so Ihre damalige Äußerung. Ob das Umweltgesetzbuch in dieser Wahlperiode noch das Licht der Welt erblickt, steht indes in den Sternen. Herr Minister, momentan treten dabei Ihre bayerischen Kollegen und derzeitigen Wahlkämpfer Seehofer und Glos kräftig auf die Bremse. Denen oder ihrer Lobby ist unter anderem die Eingriffsregelung ein Dorn im Auge. Gerade aber die Ausgleichsverpflichtung bei Eingriffen in die Natur hat sich in der Praxis als wirksames Mittel des Naturund somit Artenschutzes erwiesen. Ich denke, hier wäre einmal ein Machtwort der Kanzlerin, die gerade schwatzt, erforderlich. (Zurufe von der CDU/CSU, der SPD und der FDP: Oh! – Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das war aber ein Eingriff, den Sie da vorgenommen haben!)


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Zu Recht!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Na, na!)

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1616001200

(Beifall bei der LINKEN)





(A) )


(B) )


Ein Indikator für die Bedrohung der Artenvielfalt ist
der anhaltend hohe Flächenverbrauch von 110 Hektar
pro Tag. Angestrebt haben Sie einen Rückgang auf
30 Hektar pro Tag bis zum Jahr 2020. Davon sind Sie al-
lerdings meilenweit entfernt. Konkret bedeutet das die
massive Zerschneidung der Landschaft durch Straßen-
bau, neue Landebahnen, Industriegelände und Gewerbe-
und Wohngebiete auf der sogenannten grünen Wiese.
Letztlich ist auch die industrielle Intensivnutzung durch
Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft für den Verlust der
biologischen Vielfalt maßgeblich mitverantwortlich.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das ist Ihre Botschaft gen Osten!)


All das wird von Ihnen mit erheblichen Summen un-
terstützt. Wenn nur ein Bruchteil dieser Milliarden dem
Naturschutz und dem Schutz der Artenvielfalt zur Verfü-
gung gestellt würde, wären wir einen Schritt weiter.
Aber was macht unser Umweltminister? Er kürzt, um die
Konferenz in Bonn durchzuführen, erst einmal die Aus-
gaben für den Naturschutz in Deutschland. Dabei geht es
auf der Konferenz auch ums Geld. 30 Milliarden Euro
würde ein effektiver weltweiter Gebietsschutz bis zum
Jahr 2015 kosten. Wir als Linke fordern die Bundesre-
gierung auf, sich an der Finanzierung eines globalen
Schutzgebietsnetzes in angemessenem Umfang und zü-
gig zu beteiligen;


(Beifall bei der LINKEN)


denn die angestrebte Schaffung eines globalen Schutzge-
bietsnetzes bis 2010 kommt kaum voran.

Von besonderer Bedeutung ist der Schutz der letzten
intakten Ur-, Mangroven- und Buchenwälder Mitteleu-
ropas. Die müssen sofort unter Schutz gestellt werden.

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(C (D ir brauchen endlich gesetzliche Regelungen, die die infuhr und den Handel von Urwaldhölzern aus illega em Einschlag unter Strafe stellen. ir brauchen ein europäisches Buchenwaldschutzund ufforstungskonzept. Bis zum Jahr 2012 ist ein Schutzebietsnetz für die Meere einzurichten. In diesen Schutzebieten müssen die Müllentsorgung, der Abbau von odenschätzen, die Fischerei, die Förderung von Öl und as und die Entnahme von Sand und Kies ausgeschlos en werden. Herr Gabriel, ich weiß nicht, wie weit Sie mit Ihrer reiwilligeninitiative „LifeWeb“ kommen werden. Ich rage mich aber, warum Sie den Mitgliedstaaten ein freiilliges Engagement vorschlagen, wenn die Auswei ung der Schutzgebiete eine Verpflichtung des Übereinommens ist. Eine Verpflichtung ist eine Verpflichtung. a beißt die Maus keinen Faden ab. Daran ändert sich uch nichts, wenn Sie der Wirtschaft eine Freiwilligennitiative schmackhaft machen wollen. Sie brauchen es iemandem schmackhaft zu machen. Sie müssen es forern, weil Sie das Übereinkommen dazu verpflichtet. it Verlaub, Herr Minister, Ihr süffisanter Satz, dass onst nämlich keiner käme, bedeutet, dass Sie dieser völerrechtlich verbindlichen Zusage von 190 Staaten ancheinend keinen Wert beimessen. Die Beteiligung an er Schaffung des globalen Schutzgebietsnetzes ist kein reiwilliger Beitrag. Lassen Sie es, die Verbindlichkeit it einer Freiwilligeninitiative inhaltlich zu unterwan ern und rhetorisch aufzuweichen! Ich komme nun zum ABS-Regime. Es geht dabei icht um das Antiblockiersystem, das wir aus dem Auto ennen. Es geht vielmehr um einen gerechten Vorteilsusgleich. Vorteilsausgleich wofür? – Ich erkläre es urz. Stellen Sie sich vor, irgendwo im brasilianischen mazonasgebiet lebt eine Dorfgemeinschaft, die seit ahrhunderten ein bestimmtes Pflanzenmittel zur chmerzbekämpfung herstellt. Davon bekommt nun ein roßer Pharmakonzern Wind und möchte das nutzen, um ach diesem Vorbild Tabletten herzustellen und dann naürlich – wir leben im Kapitalismus – gewinnbringend zu erkaufen. Bislang ist es in der Regel so, dass sich der Konzern as Rezept einfach aneignet – ich könnte auch sagen: laut –, ohne der Dorfgemeinschaft einen Ausgleich für en aus dem Wissen gezogenen Vorteil zu geben. Dieser orteilsausgleich ist aber eine der Verpflichtungen des bereinkommens zum Schutz der Artenvielfalt. Eine egelung, wie der Vorteilsausgleich erfolgen soll, be teht noch nicht. Die Schaffung ist das Ziel der bevorsteenden Vertragsstaatenkonferenz. Wie soll das nun aussehen? Ganz einfach zusammenefasst kann man sagen: informieren, fragen, Vertrag chließen, zahlen. Wenn die Dorfgemeinschaft ihr Wisen nicht verkaufen will, ist eben Ebbe mit Geldverdieen. Wer sich dann das Wissen unrechtmäßig beschafft Lutz Heilmann und verwendet, muss bestraft werden. Wir fordern die Bundesregierung auf, in den Verhandlungen der Vertragsstaatenkonferenz und während des zweijährigen Konferenzvorsitzes alles daran zu setzen, dass ein solch rechtlich verbindlicher Vorteilsausgleich geschaffen wird. Dorfgemeinschaften – in Fachkreisen auch indigene und lokale Gemeinschaften genannt – sind dabei an den Verhandlungen voll zu beteiligen. Ihnen muss darüber hinaus das Recht gewährt werden, eine Patentierung auszuschließen sowie die Weitergabe an Dritte zu beschränken. (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Dann würde die ehemalige DDR nicht viel verdienen! Die hat nicht so viel zu verkaufen!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der LINKEN)


Die Länder und deren indigene und lokale Gemeinschaf-
ten, die eine hohe biologische Vielfalt zu bieten haben,
sollen eben nicht verpflichtet werden, uns ihre Ressour-
cen zur Verfügung zu stellen.

Wir fordern in diesem Zusammenhang, insbesondere
die Rolle sowie die Arbeit der Frauen bei der Nutzung
und Verarbeitung von genetischen Ressourcen und der
Anwendung von traditionellem Wissen zu achten und zu
respektieren und dass ihnen für ihre Arbeit ein ordentli-
cher Lohn gezahlt wird.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Na endlich!)


Das vermisse ich selbst bei den Grünen, aber da vermisst
man mittlerweile ja so einiges.

Ein paar Gedanken zum Thema Agrotreibstoffe. Da-
bei kommt nach einer kräftigen Panne von Minister
Gabriel jetzt die Losung, man möge die Diskussion doch
bitte wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholen.
Weltweit würden ja nur 2 Prozent der landwirtschaftli-
chen Flächen für Agrosprit genutzt. Hauptursache für
Abholzungen sei eher der Futtermittelanbau, also der
große Fleischkonsum.

Ich finde diese Argumentation recht platt. Natürlich
gibt es eine Vielzahl anderer landwirtschaftlicher Nut-
zungen als den Anbau von Energiepflanzen. Die Nach-
frage nach Nahrungs- und Futtermitteln wächst momen-
tan weltweit, weil die Zahl der Menschen weiter wächst
und weil viele Menschen zum Glück mehr, aber auch
fleischlastiger essen. Gleichzeitig sinkt die Anbaufläche.

Wer ein wenig von Marktmechanismen versteht,


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Also Sie nicht!)


der weiß, dass das Ganze zu steigenden Nahrungsmittel-
preisen führen muss. Genau das geschieht derzeit. Genau
in dieser Situation wollen die Industriestaaten noch zu-
sätzlich zu den ganzen Problemen tropischen Agrosprit
für ihre Autoarmada. „Bravo!“, kann ich da nur sagen.
Da senden wir über die Rohstoffbörsen tolle Nachrichten
in den Süden: Baut nicht mehr Bohnen und Reis, son-
dern Zuckerrohr und Soja an! Holzt eure letzten Wälder

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(C (D b für Ethanol und Agrodiesel! Vertreibt die Kleinbaurn! Warum das alles? – Weil sich unser Umweltminister icht mit der Autoindustrie anlegen will. Da ist es vieleicht kein Zufall, dass er der EU-Kommission vorwirft, inen Wettbewerbskrieg gegen die deutschen Hersteller nzuzetteln. Denen wollten Sie mit dem Agrosprit ja eien Gefallen tun, damit diese weiter spritschluckende leinpanzer verkaufen können. Herr Kollege, denken Sie bitte an die Zeit. Einen Gedanken noch. – Herr Gabriel, was sind Sie: utooder Umweltminister? Machen Sie endlich Ihre rbeit! Ich komme zum Schluss. eutschland muss noch viel tun, um Saubermann des chutzes der Artenvielfalt zu werden. Dazu gehören ers ens eine wirksame Strategie zum Schutz der Artenvielalt, zweitens ein wirksamer Beitrag zur Schaffung eines lobalen Schutzgebietsnetzes und drittens ein Starkmahen für einen gerechten Vorteilsausgleich für die Nutung von Wissen und Natur. rreichen können wir das, indem Sie sich einen Ruck eben und dem Antrag meiner Fraktion zustimmen. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und wünche einen schönen Tag. (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1616001300
Lutz Heilmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616001400

(Zurufe von der FDP: Oh! Oh!)


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Erlöse uns!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1616001500

Nächste Rednerin ist die Kollegin Renate Künast,

ündnis 90/Die Grünen.


Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1616001600

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach der

isherigen Debatte kann man sagen: Bei kaum einem
hema wird so viel wie beim Naturschutz geheuchelt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hans-Michael Goldmann [FDP]: Aber jetzt wird alles anders!)


Schauen wir uns die Debatte um das Umweltgesetz-
uch an: Seit Jahrzehnten geführt – nichts passiert. Siche-
ung des nationalen Naturerbes – nichts passiert. Verab-
chiedung eines Waldgesetzes und wirtschaftspolitische
eformen, durch die der Wald geschützt werden soll –
ichts passiert. Novellierung des Jagdgesetzes – nichts
assiert. Immer wieder wird auf die Agrarreform in
rüssel verwiesen,


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Die haben Sie doch auf den Weg gebracht!)







(A) )



(B) )


Renate Künast
auch gerade wieder. Herr Heilmann – speziell an Sie ge-
richtet –, unter uns gibt es noch Kollegen, die dem
Braunkohletagebau durchaus positiv gegenüberstehen.
Da kann man heutzutage nur sagen: Das ist Heuchelei
bezüglich Naturschutz.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Cajus Caesar [CDU/CSU]: Was haben die Grünen denn gemacht? – Lutz Heilmann [DIE LINKE]: Sie baggern die Elbe aus!)


Das ist der Eindruck, den die bisherigen Reden bei mir
erweckt haben.


(Zuruf des Abg. Ulrich Kelber [SPD])


– Wenn aus der SPD jemand „Elbvertiefung“ ruft, sage
ich: Naumann. Vergessen Sie das nicht! Die Zwischen-
rufe müssen schon aus der richtigen Fraktion kommen,
Herr Kollege Kelber.


(Lutz Heilmann [DIE LINKE]: Ich glaube, die Grünen ärgern sich gerade schwarz!)


Die Erhaltung der biologischen Vielfalt ist die
Grundlage für unser Überleben. Es geht dabei nicht nur
darum, hier ein paar Sonntagsreden zu halten und zu sa-
gen – was materiell nicht falsch ist –: Die Kinder sollen
sich der Natur wieder nähern und sich mit ihr identifizie-
ren können.


(Cajus Caesar [CDU/CSU]: Machen Sie Vorschläge!)


Aber es geht nicht nur darum, dass die Kinder der Natur
näherkommen; vielmehr handelt es sich um Hardcorepo-
litik und nicht um ein Schönwetterthema. Dazu habe ich
wenig gehört.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Lutz Heilmann [DIE LINKE]: Dann müssen Sie mal zuhören! – Hans-Michael Goldmann [FDP]: Klären Sie uns auf!)


Man muss beim Thema „globale Gerechtigkeit“ an-
fangen. Ich verweise auf die Folgen des Zyklons in
Birma, etwa auf die vielen Todesfälle. Wir müssen dafür
sorgen, dass die Industriestaaten nicht so, wie sie es jetzt
tun, über dem Limit leben. Fakt ist doch: Wir hier ver-
brauchen mehr, als uns zusteht, und zwar auf Kosten der
Entwicklungsländer. Das muss man ändern, und das
wird ein hartes Geschäft.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Man muss verhindern, dass multinationale Konzerne
die Kontrolle über Saatgut und genetische Ressourcen
haben und dadurch zum Beispiel die Ureinwohner vieler
Regionen kalt enteignen. Schutz und Erhalt der biologi-
schen Vielfalt müssen wirklich oberste Priorität haben,
und zwar in allen Politikbereichen. So gern ich auch im-
mer wieder einmal den Umweltminister kritisiere, so
sage ich hier: Man kann im Zweifelsfalle alle am Kabi-
nettstisch, also alle auf der Regierungsbank, ansprechen.
Es ist wirklich eine Querschnittsaufgabe. Die Zeit
drängt.

Wir tragen als Gastgeber der Weltkonferenz nächste
Woche Verantwortung. Daher sollte man wirklich Vor-

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(C (D eiter sein und nicht nur Vorgaukler. Es geht darum, die ächste Stufe zu erreichen. Wir haben gesagt: Bis 2010 oll der Verlust der biologischen Vielfalt gestoppt weren. Das entspricht einer EU-Vorgabe. Für uns heißt das: is 2010 sollen 20 Prozent unserer Fläche zu Schutzgeieten erklärt werden. Wir sind von der Erreichung dieer Ziele meilenweit entfernt. Immer noch gibt es Menchen – auch Vertreter hiesiger Parteien –, die vor Ort agegen kämpfen, dass eine Fläche zu einem Schutzgeiet erklärt wird. (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Ja, natürlich!)


„Ja, natürlich!“ Zu Recht kommt von der FDP dieser
wischenruf. Ich meinte auch und gerade die FDP.

Man hat gesagt: 20 Prozent der Fläche sollen Schutz-
ebiete sein. Das war zum Beispiel im Hinblick auf den
chutz der Artenvielfalt und den Klimaschutz eine gute
dee. Man darf nicht immer die kurzfristigen wirtschaft-
ichen Interessen über die langfristigen Interessen des
aturerhalts, also des Erhalts unserer Lebensgrundlagen,

tellen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das stimmt ja gar nicht, dass wir das tun! Sie wissen, dass bei uns an der Küste 80 Prozent unter Schutz stehen!)


Es ist schön, warme Worte oder in schönen Bildern zu
prechen; aber dann müssen dem Ganzen auch Taten fol-
en. Ich muss ein paar Punkte aufzählen, bei denen es
ns nicht reicht, was die Bundesregierung tut. Nehmen
ir die Biokraftstoffkrise, die für die Bundesregierung

ine Pleite bedeutet hat.


(Zuruf von der LINKEN: Jetzt hört es aber auf!)


Dass Sie als Partei Die Linke darüber reden: Guten
orgen! Schön, dass auch Sie langsam auf diesem The-
enfeld angekommen sind. Ich wünsche Ihnen eine gute
ntwicklung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


ie vertreten doch eher noch das Motto „Freie Fahrt für
reie Bürger“.


(Widerspruch bei der LINKEN)


Die Biokraftstoffpleite ist ein weltweites Problem.
iese Pleite hat etwas mit der Aktion zu tun, die diese
undesregierung durchgeführt hat. Ihr Beimischungs-
wang war ein Fehler. Dadurch haben Sie den nachhalti-
en Pflanzenanbau der heimischen Bauern kaputtge-
acht. Viele Betriebe darben daher.

Für eine Veränderung beim Umgang mit Importen
ibt es nur zwei Möglichkeiten: entweder gar keinen
ehr zuzulassen oder eine wirksame Zertifizierung zu

erankern, die auch umgesetzt wird. In Bezug auf Brasi-
ien sage ich ganz klar, Herr Gabriel: Denen darf man
etzt keinen Glauben schenken, sonst schieben die das
irklich auf die lange Bank. Es muss nun vielmehr ein
artes Regime verankert werden, das auch wirklich






(A) )



(B) )


Renate Künast
funktioniert. Seit Jahren behauptet die brasilianische
Seite, es werde kein Urwald für diese Produkte gerodet.
Das stimmt, aber um den Ausbau der Zuckerrohranbau-
gebiete zu ermöglichen, muss die Rinderhaltung wei-
chen. Am Ende wird nun für die Rinderhaltung der Ur-
wald gerodet. So machen sie es. Es ist also eine
wirksame Zertifizierung nötig.

Ein anderes Kabinettsmitglied, Herr Seehofer, setzt
immer noch auf Monokulturen, auf Gentechnik und auf
Chemie statt Vielfalt auf dem Teller. Auch diese Fragen
hängen ja mit dem Naturschutz und der Bewahrung von
Artenvielfalt zusammen. Deshalb reicht es nicht, hier
warme Worte zu sprechen, sondern man muss konkret
die Vorschläge der Europäischen Kommission zur
nächsten Stufe der Agrarreform unterstützen. Dabei geht
es nämlich um die Bewahrung von Artenvielfalt und Kli-
maschutz. Um das zu ermöglichen, sollen die Direktzah-
lungen an andere Bereiche etwas gekürzt werden und
das so eingesparte Geld umgeschichtet werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wer wirklich Naturschutz will, muss nach Brüssel gehen
und Frau Fischer Boel sagen: Wir unterstützen Ihr Re-
formvorhaben. – Da das nicht geschieht, stelle ich fest,
dass hier viel geheuchelt wurde.

Machen Sie endlich eine Politik,


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Wer hat das denn auf den Weg gebracht?)


bei der Schutz der biologischen Vielfalt und Armutsbe-
kämpfung miteinander verbunden werden. Frau
Wieczorek-Zeul, es war ein Fehler, dass Sie vor vielen
Jahren die Fördermittel für die Entwicklung des ländli-
chen Raumes immer weiter zurückgeschraubt haben.
Geben wir der Welthandelsrunde einen Schub und treten
wir dafür ein, dass Naturschutz und Artenerhalt auch
dort endlich eine Rolle spielen! Verhindern wir, dass in
Bonn am Ende die Saatgutkonzerne durch eine Patentie-
rung genetischer Ressourcen, also eine Art Biopiraterie,
die Weltbevölkerung und hier insbesondere die Armen
und Hungernden im wahrsten Sinne des Wortes enteig-
nen!

Meine Damen und Herren, es reicht nicht, Donnerstag
früh warme Worte zu sprechen. Naturschutz, Erhalt der
Artenvielfalt stellen für uns eine existenzielle Frage dar.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1616001700

Frau Kollegin.


Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1616001800

Um diese zu bewältigen, sind knallharte Politik und

Mut erforderlich. Sonst wird daraus nichts.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hans-Michael Goldmann [FDP]: Genau! Deswegen vertiefen Sie in Hamburg auch die Elbe um 1 Meter!)


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(C (D Ich erteile nun das Wort dem Bundesminister Sigmar abriel. Sigmar Gabriel, Bundesminister für Umwelt, Naturchutz und Reaktorsicherheit: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kolege Heilmann, es war eine beeindruckende Rede, die ie gehalten haben. ie wäre allerdings zum Beispiel beim Thema „Biokrafttoffe aus Brasilien“ glaubwürdiger gewesen, wenn Sie ich wie die anderen Kollegen auf unserer Reise das Geiet und die Anlagen angeschaut hätten, als zu der Zeit twas anderes zu machen. (Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und der FDP)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1616001900

(Beifall bei der SPD)


(Lachen bei der FDP)


Ich weiß nicht, ob Sie beim Vortrag der Chefin von
reenpeace Brasilien zum Thema Zuckerrohr zugehört
aben oder ob Sie zu dem Zeitpunkt auch woanders wa-
en, aber bei diesem Vortrag hätten Sie erfahren können
das ist auch an die Adresse von Frau Künast gerichtet –,
ass Greenpeace Brasilien sagt, die derzeitige Zucker-
ohrproduktion in Brasilien stellt kein ökologisches Pro-
lem dar und sorgt auch nicht für eine Verschiebung von
inderzucht und Sojaanbau auf Regenwaldflächen, aber

ür die Zukunft – insofern hat die Kollegin Künast natür-
ich absolut recht – besteht ohne ein Verfahren, mit dem
ie Produktion wirklich auf Nachhaltigkeit kontrolliert
erden kann, die Gefahr, dass der Ausbau der Zucker-

ohrproduktion nicht auf den 6 Millionen Hektar, die in
rasilien brachgelegen haben, stattfindet, sondern auf
ndere Flächen ausweicht.

Eine der Voraussetzungen dafür, damit das nicht ge-
chieht, ist, dass es nicht teurer ist, Brachflächen in Bra-
ilien für den Zuckerrohranbau zu revitalisieren und zu
utzen als Regenwald- oder Savannenflächen. Wir ste-
en hier also vor der Frage, wie wir einem anderen Land
elfen können, seine wirtschaftlichen Potenziale zu nut-
en.

Dagegen bringt es überhaupt nichts, Herr Kollege
eilmann – Frau Künast hat das nicht getan, deswegen
ill ich sie hierfür nicht in Anspruch nehmen –, diesen
ändern zu sagen: Wir wollen die Produkte, die ihr pro-
uziert, nicht. Wir lassen sie nicht in unser Land; denn
hr seid die bösen Buben der internationalen Umweltpo-
itik. – Sie nehmen ein solches Verhalten nämlich nicht
ls Mahnruf engagierter Umweltschützer wahr, sondern
ie nehmen es so wahr, als ob da ihre alten Kolonialher-
en sprechen würden, die verhindern wollen, dass es bei
hnen wirtschaftliche Entwicklung gibt, die sie in wirt-
chaftlicher Armut halten wollen und deshalb neuerlich
ine Schutzpolitik für Landwirtschaftsprodukte machen,
m sie herauszuhalten.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Genau! Richtig!)







(A) )



(B) )


Bundesminister Sigmar Gabriel
Eine solche Haltung hätte Auswirkungen auf alle inter-
nationalen Umweltverhandlungen. Wenn sich dieser
Eindruck bei Brasilien und anderen Ländern verfestigt,
werden wir bei den Klimaschutzverhandlungen eine
böse Überraschung erleben, weil diese Länder glauben
werden, dass wir sie nirgendwo hochkommen lassen
wollen. Gleichzeitig haben die Kollegin Künast und alle
diejenigen recht, die sagen: Es kann nicht sein, dass wir
alles mitmachen und Versprechungen trauen.

Natürlich hat Brasilien eine gute Gesetzgebung. Na-
türlich wäre es gut, wenn Brasilien jetzt Zonierungen
machte. Ich möchte allerdings darauf hinweisen: Wenn
auf einer Fläche wie dem Bundesstaat Pará in Brasilien,
der dreimal so groß wie Deutschland ist, für die Über-
prüfung 176 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit zwei
Autos, zwei Schiffen und einem Hubschrauber bereitste-
hen, dann wird man vermutlich nicht weit kommen. Wir
werden aber auch in einem solchen Fall nicht anders
können, als mit ihnen über die Frage zu verhandeln, wie
wir ihnen dabei helfen können.

Das ist der Grund, warum ich dankbar dafür bin, dass
die deutsche Bundeskanzlerin bei ihrem Besuch in Bra-
silien exakt über die Frage reden will: Welche Nachhal-
tigkeitskriterien stellen wir auf und wie überprüfen wir
sie? Aber auch: Wie können wir denen, die es machen,
anbieten, dass ihre Produkte auf dem deutschen und dem
europäischen Markt verkauft werden können? Wer das
nicht macht, sendet das Signal: Wir wollen euch in
Armut halten. – Mit solchen Reden wie Ihrer, Herr
Heilmann, zerstören Sie die Vertrauensgrundlage, die
wir auf der Konferenz über biologische Vielfalt benöti-
gen. Sie werden dann niemanden finden, der bereit ist,
mit uns über die tatsächlich existierenden Probleme
sachgerecht zu reden.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)


1992 ist die Konvention über biologische Vielfalt
auf den Weg gebracht worden, mit der das Ziel verfolgt
wird, bis zum Jahre 2010 das weltweite Artensterben
wenigstens deutlich zu bremsen. Die Wahrheit ist: Da-
von sind wir weit entfernt. Wenn mich jemand fragt, ob
ich – ich glaube, auch das war Herr Heilmann – den Un-
terschriften von 190 Staaten traue – Sie haben gesagt:
Das steht doch drin; diese Länder sind verpflichtet,
Schutzgebiete auszuweisen –, dann antworte ich: Ja,
aber ich habe zur Kenntnis zu nehmen, dass nach
16 Jahren die Konvention über biologische Vielfalt an
einem Scheideweg steht. Entweder es gelingt uns jetzt,
bis zum Jahre 2010 endlich substanzielle Fortschritte zu
erreichen, oder wir beweisen der Weltbevölkerung, dass
es eben nichts wert ist, wenn 190 Staaten etwas unter-
schreiben und dann 16 oder 18 Jahre lang nichts passiert.

In der Tat ist vieles von dem, was in der Konvention
steht, nicht mit Leben erfüllt worden. Wenn Sie den klu-
gen Spruch machen, in der Konvention stehe doch, dass
diese Länder verpflichtet sind, Schutzgebiete auszuwei-
sen, dann müssen Sie ihnen erklären, dass Sie sagen: Wir
beschließen international ein Gesetz, in dem wir bestim-
men, welcher Teil eures Landes unter Schutz gestellt
wird; unterschreibt mal unten links. – Dass diese Vor-

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(C (D tellungen zum Rucksack Ihrer Partei gehören, will ich erne zugeben. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Mit dieser Vorstellung kommen Sie nicht an die Men-
chen heran. Sie müssen ihnen Angebote machen, sodass
ich diejenigen, die bereit sind, Geld mitzubringen, um
chutzgebiete zu finanzieren, mit denen treffen können,
ie bereit sind, Schutzgebiete auszuweisen, dafür aber
ilfe brauchen. Das nennt man in der Tat „freiwillig“.
enn Sie das nicht machen, sondern mit rechtsverbindli-

hen Abkommen arbeiten wollen, um diese Länder dazu
u zwingen, werden Sie scheitern in Bonn. Unsere Auf-
abe ist es, sie endlich nach vorne zu bringen.

Wir können als Bundesregierung nicht ausschließen,
ass die Konferenz wieder scheitert. Wir haben sie in
em Bewusstsein, dass Fortschritte scheitern können,
ngenommen. Aber wir wollen sie zum Erfolg bringen,
ir wollen Fortschritte machen; denn wir haben ein hun-
ert- bis tausendfach schnelleres Aussterben der Arten
uf der Welt, als die natürliche Aussterbensrate beträgt.
enn wir nichts machen, wird es im Jahre 2050 keine

ommerzielle Fischerei mehr auf der Erde geben. Stellen
ie sich vor, was das für die Ernährung der Weltbevölke-
ung bedeutet! Ein paar Milliarden Menschen sind aus-
chließlich auf Fische angewiesen, um die Proteine zu
ekommen, die sie zum Überleben brauchen.

Es gibt eine Riesenanzahl von Beispielen dafür, dass
ir wirklich über das Überleben von Milliarden von
enschen reden. Wir reden nicht darüber, dass die In-

ustriestaaten ein bisschen abgeben müssen, um Um-
eltschutz im Sinne eines Nischenthemas zu betreiben,
ie das manchmal auch in unserem Lande behandelt
ird. Vielmehr reden wir über das nackte Überleben von
illiarden von Menschen auf unserem Planeten.

Es gibt 6 273 Reissorten. Vor einigen Jahren hat ein
irus fast die gesamte Reisernte in Indien und Indone-

ien vernichtet. Dann hat man nach einem Reis gesucht,
er dagegen immun ist. Unter den 6 273 Reissorten hat
an eine einzige gefunden, die resistent war. Das hat

erhindert, dass die Reisbestände der Welt zerstört wur-
en und die Menschen an Hunger gestorben wären. Stel-
en Sie sich einmal vor, wir hätten durch die Entwick-
ung der Industrienationen ausgerechnet diese Reissorte
erstört! Welch eine Menschheitskatastrophe!

Wenn wir über biologische Vielfalt reden, dann reden
ir, wie das ein Amerikaner einmal gesagt hat, über das
etriebshandbuch der Erde. Darin steht, wie die Erde

unktioniert. Wir reißen jeden Tag eine Seite heraus. Das
rgebnis wird sein, dass, wenn das irgendjemand
raucht und da hineinschaut, genau die Seite fehlt, die
um Überleben einer wachsenden Weltbevölkerung in
achsenden Industriestaaten gebraucht wird. Das ist Ar-

enverlust.


(Beifall bei der SPD)


as ist nicht irgendein Randthema. Wir reden über das
achstum der Weltbevölkerung von 6 Milliarden auf






(A) )



(B) )


Bundesminister Sigmar Gabriel
über 9 Milliarden Menschen. Wir reden über die Frage,
wie die Erde dann noch funktionieren soll. Da werden
wir uns in der Tat ändern müssen.

Aber wir werden vor allen Dingen auch beachten
müssen, dass es dabei nicht allein um Naturschutz geht,
sondern auch um nachhaltige Nutzung. Wir werden
Wachstum und wirtschaftlichen Wohlstand mit Arten-
vielfalt und Naturschutz zusammenbringen müssen.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Sehr richtig!)


Das ist übrigens das, was die Entwicklungsländer von
uns erwarten. Wir werden einen wirtschaftlichen Interes-
senausgleich herbeiführen müssen. Wir haben in der in-
ternationalen Politik gelernt, dass man Sicherheit nur ge-
meinsam erreichen kann. Das gilt auch in der Frage des
Erhalts der natürlichen Lebensgrundlagen, um das Über-
leben der Menschheit zu sichern. Das können wir nur ge-
meinsam. Das bedeutet, wir müssen auch bereit sein,
einen Interessenausgleich zu organisieren. Wer Tropen-
schutz will, muss auch bereit sein, Geld dafür auf den
Tisch zu legen.

Übrigens wird Deutschland 2008 210 Millionen Euro
pro Jahr dafür ausgeben. Die NGOs in Brasilien haben
uns gesagt, sie seien noch heute dankbar dafür, dass es
das PPG-7-Programm gegeben habe, damals von der
Bundesregierung unter Helmut Kohl auf den Weg ge-
bracht. Allerdings seien sie der Meinung, dass man den
Namen ändern müsse: Es müsse PPG-1-Programm hei-
ßen, weil Deutschland das einzige Land sei, das seine
Zusagen erfüllt habe.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Auch das gehört dazu. Das heißt, wir wollen dort auch
darüber verhandeln, wie wir den Interessenausgleich
besser hinbekommen, welche marktwirtschaftlichen In-
strumente wir nutzen können.

Ein Ergebnis der G-8-Präsidentschaft Deutschlands
ist, dass wir gemeinsam mit der Europäischen Kommis-
sion für die biologische Vielfalt eine Bewertung erstellen
wollen, wie sie Nicholas Stern für den Klimawandel vor-
genommen hat. Wir wollen erstens endlich erreichen,
dass man nicht mehr so tun kann, als koste die Vernich-
tung von Arten nichts. Aber wir wollen zweitens auch
marktwirtschaftliche Instrumente entwickeln, sodass
man am Schutz der Natur mehr Geld verdienen kann als
an ihrer Zerstörung. Das ist ein entscheidendes Argu-
ment.

Ich weiß, dass man etwas für den Naturschutz tun
muss, wenn man etwas für seine eigenen Kinder übrig
hat oder wenn man Respekt vor der Schöpfung Gottes
hat. Aber ich weiß auch, dass diese Einstellung in vielen
Ländern dieser Erde nicht hilft, weil sie bitterarm sind.
Wenn sie Geld nur dadurch verdienen können, dass sie
den Regenwald abholzen, dann werden sie das tun. Also
brauchen wir marktwirtschaftliche Instrumente, die auf
den Schutz ausgerichtet sind. Die gibt es bisher nur im
CO2-Sektor, jedenfalls wenn das erreicht wird, was ges-
tern von den Koalitionsfraktionen im Umweltausschuss

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(C (D eschlossen wurde, nämlich eine 100-prozentige Auktioierung in Europa. Wer einen Wald hat, der kann sich ann darauf verlassen, dass auf der Grundlage des ächsten Klimaschutzabkommens dafür, dass er den ald erhält, auch Geld fließt. Aber das reicht nicht aus. Das hilft weder im Meereschutz noch in vielen anderen Bereichen. Wir brauchen arktwirtschaftliche Instrumente, um den Völkern er Erde eine Chance zu geben, beim Erhalt der natürlihen Lebensgrundlagen auch ihre eigenen Lebensgrundagen neu zu schaffen. (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)


Dazu zählt das berühmte ABS, Access and Benefit
haring. Die Entwicklungsländer bezeichnen es zu
echt als Biopiraterie, wenn Industrienationen sich im
egenwald genetischer Ressourcen unerlaubt bedienen,
araus Medikamente machen, aber keinen Cent zurück-
ahlen. Wir brauchen im Sinne des Access and Benefit
haring eine Ausgleichszahlung. Da geht es übrigens gar
icht um viel Geld. Es geht darum, dass die Entwick-
ungsländer endlich mit uns auf Augenhöhe sein wollen,
ass wir ihnen nicht immer sagen, was sie mit dem Re-
enwald zu machen haben, damit wir hinterher davon
rofitieren können. Aus der pazifischen Eibe beispiels-
eise machen wir ein Medikament zur Krebsbehand-

ung. Außerdem gibt es eine Fledermaus in Südamerika,
ie, wie in den Dracula-Filmen, nur Blut trinkt. Weil
ich, wenn das gerinnt, schlecht fliegen lässt, hat sie ein
nzym entwickelt, das wir zur Produktion von Medika-
enten zur Schlaganfallbehandlung nutzen.

Diese Länder wollen, dass sie etwas zurückbekom-
en. Darüber reden wir. Europa ist übrigens bislang die

inzige Region der Welt, die bereit ist, das zu machen.
ir müssen auch andere – vor allen Dingen Japan, Aus-

ralien, Kanada und die Vereinigten Staaten – davon
berzeugen, mitzumachen. Europa zeigt hier seinen
ehrwert. Es ist die einzige Region der Welt, die mehr

ut, als die Summe ihrer Einzelinteressen ausmacht. Man
ann wirklich sagen: Wir haben eine grüne EU – eine
green union“ – in dieser Frage. Wir hoffen, dass wir in
iesem Bereich deutlich vorankommen.

2010 muss es dieses Abkommen geben. Wir wollen
afür die Voraussetzungen in Bonn schaffen. Wir müs-
en dabei fair mit denen umgehen, die auf uns zukom-
en. Richtig ist aber auch, dass wir nicht so tun dürfen,

ls gebe es nur in anderen Teilen der Erde Aufgaben im
atur- und Artenschutz.

Keine Sorge: Die Koalition wird ein Umweltgesetz-
uch vorlegen.


(Lutz Heilmann [DIE LINKE]: Wann?)


ir werden das so umsetzen, dass all diejenigen, die öf-
entlich erklären, wir würden Standards absenken, un-
echt behalten werden. Wir wollen dafür sorgen, dass es
ür die Menschen in Deutschland verständlich ist. Wir
ollen keine bürokratischen Regelungen einführen; wir
ollen nicht, dass beispielsweise die Gewässerrechte für
as Oberharzer Wasserregal – das liegt in meiner






(A) )



(B) )


Bundesminister Sigmar Gabriel
Heimatregion –, die aus dem Jahre 1200 stammen, im
Umweltgesetzbuch neu formuliert werden. Das muss ich
schon aus regionalpolitischen Gründen ablehnen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – HansMichael Goldmann [FDP]: Respektlos!)


– Ja, das wäre respektlos. Vielen Dank für den Hinweis.

Wir haben durchaus eine Reihe von Erfolgen. Frau
Künast, Sie haben das Thema Schutzgebiete aufgeführt
und gesagt, wir seien meilenweit von 20 Prozent ent-
fernt. Deutschland liegt bei 14 Prozent. Das ist nicht so
schlecht und ist nicht „meilenweit“ entfernt. Wir müssen
sicherlich mehr tun. Aber wir haben schon die Natura-
2000-Richtlinie in Deutschland umgesetzt, die FFH-Ge-
biete sind gemeldet. Bis auf wenige Ausnahmen gilt das
auch für die Vogelschutzgebiete; auch das kriegen wir
hin. Die Gewässerbelastungen sind zurückgegangen. In
der Elbe und im Rhein finden Sie praktisch all die Fische
wieder, die es vor der Industrialisierung dort gab.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Zuruf des Abg. Lutz Heilmann [DIE LINKE])


– Ja, das ist ein Erfolg.

Einer der großen Erfolge dieser Koalition ist, dass wir
es geschafft haben, dass 125 000 Hektar wertvolle Na-
turflächen in das Nationale Naturerbe aufgenommen
werden, 100 000 Hektar in der ersten Tranche in diesem
Jahr. Frau Kollegin Künast, 46 000 Hektar werden in der
kommenden Woche in die Deutsche Bundesstiftung Um-
welt eingebracht. Man kann also nicht behaupten, da täte
sich nichts.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU – Renate Künast [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das war ein mühsamer Kampf!)


– Ich kann ja nichts dafür, dass wir besser sind, als Sie
vermutet haben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Aber Sie müssen schon gestatten, dass ich das einmal
anspreche.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war ein grünes Projekt! – Zuruf des Abg. Lutz Heilmann [DIE LINKE])


– Frau Kollegin, Sie wissen – –


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1616002000

Herr Kollege Gabriel, bevor Sie jetzt der Versuchung

nachgeben, in einen Spontandialog einzutreten, möchte
ich Sie darauf aufmerksam machen, dass Sie die Rede-
zeit Ihrer Fraktionskollegen verfrühstücken.

Sigmar Gabriel, Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit:

Herr Präsident Lammert, Sie scheinen mich gut zu
kennen. Mit diesem Hinweis erleichtern Sie mir das Le-
ben in meiner Fraktion. Vielen Dank dafür.



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(C (D (Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich bin in diesem Punkt gefahrenbewusst.

Herzlichen Dank für das Engagement in der Sache.
ei allem Streit wollen wir gute Gastgeber sein. Ich lade
ie alle herzlich ein, an der Konferenz teilzunehmen. Es
ehmen Vertreter aus rund 200 Staaten, 5 000 Expertin-
en und Experten, Vertreter von NGOs und von indige-
en Völkern teil. Wir sollten diese so herzlich begrüßen,
ie sich das für ein gastfreundliches Land wie Deutsch-

and gehört.

Herzlichen Dank, dass Sie dabei mitmachen wollen!


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1616002100

Der großzügigen Einladung des Umweltministers,

öglichst alle sollten an dieser Konferenz teilnehmen,
ill ich nur den dezenten Hinweis hinzufügen, dass
leichzeitig Plenarsitzungen im Deutschen Bundestag
tattfinden und dass ich die Präsenzpflicht nicht aufhe-
en kann.


(Heiterkeit)


Für eine Erklärung zur Aussprache nach § 30 unserer
eschäftsordnung erhält der Kollege Heilmann das
ort.


Lutz Heilmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616002200

Der Minister hat mir unterstellt, dass ich aus nichtigen

ründen an Veranstaltungen im Zusammenhang mit der
rasilienreise nicht teilgenommen habe. Das möchte ich
urückweisen. Es gab triftige Gründe dafür. Am Freitag
eispielsweise war ich wie Sie krank.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo hat er denn geschwänzt?)


eswegen finde ich Ihre Anschuldigungen ein bisschen
eplatziert.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da haben Sie recht!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1616002300

Das nehmen wir so zur Kenntnis.

Nächste Rednerin in der Debatte ist die Kollegin
r. Christel Happach-Kasan für die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Christel Happach-Kasan (FDP):
Rede ID: ID1616002400

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich

öchte Umweltminister Gabriel herzlich danken für sei-
en Beitrag; denn er hat meines Erachtens die Debatte
ieder in die Mitte des Raumes gestellt und wirklich auf
en Punkt gebracht. Es geht darum, die Natur zu schüt-
en und sie verantwortlich zu nutzen.


(Beifall der Abg. Marie-Luise Dött [CDU/ CSU])







(A) )



(B) )


Dr. Christel Happach-Kasan
Dafür haben wir, so meine ich, auf unserer Brasilien-
Reise gute Beispiele gefunden.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Kollegin Künast, ich bedanke mich bei Ihnen dafür,
dass Sie Ihr 20-Prozent-Ziel im Hinblick auf den Öko-
landbau nicht noch einmal erwähnt haben.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil ich 30 will!)


Auch Sie haben wohl deutlich gemerkt, dass Sie mit die-
sem Ziel absolut danebenliegen. Denn angesichts der jet-
zigen Ernährungssituation weltweit können, sollten und
dürfen wir dieses Ziel nicht umsetzen; um es ganz deut-
lich zu sagen.


(Beifall bei der FDP – Ulrich Kelber [SPD]: Haben Sie die Studie des Weltagrarrates auch mal gelesen?)


– Ich habe die Studie gelesen, Herr Kollege Kelber, und
ich muss Ihnen sagen: Lesen Sie doch auch einmal zwi-
schen den Zeilen! Dann werden Sie feststellen, dass wir
ohne Ökolandbau weiterkommen können. Wir sollten
uns darauf konzentrieren, die Natur nachhaltig zu nut-
zen, und nicht darauf, Ideologien hinterherzulaufen. Ich
glaube, das ist ganz wichtig.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gut, dass es die FDP gibt!)


Kollege Heilmann, die Kritik des Ministers war
durchaus berechtigt.

Ein weiterer Punkt. Liebe Kollegin Künast, es macht
keinen Sinn, mit Miesmacherei über den Naturschutz zu
sprechen; denn unsere Natur ist schön. Ich finde es toll,
dass wir die Vertragsstaatenkonferenz im Mai abhalten
und damit alle sehen können: Die Natur wirbt für sich
selbst. Ihre Schönheit fällt jedem ins Auge.

Deswegen sind wir bei all denjenigen Menschen in
Deutschland, denen der Schutz der Natur und der Schutz
der Artenvielfalt ein Herzensanliegen sind. Sie haben
den Naturschutz in Deutschland vorangebracht. Sie ha-
ben die Grundlage dafür gelegt, dass wir in Deutschland
im Naturschutz erfolgreich sind. Wir sind – das wissen
Sie – ein dichtbesiedeltes Land. Dennoch hat der vorma-
lige Präsident des Bundesamtes für Naturschutz festge-
stellt, dass der Wandel des Artenspektrums in
Deutschland nicht dramatisch ist.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist auch ein Ökobauer! Wissen Sie das?)


– Frau Künast, hören Sie jetzt einfach einmal zu! Das
macht das Ganze etwas einfacher. – Es ist uns gelungen,
den Wandel des Artenspektrums aufzuhalten. Wir haben
enorme Erfolge in Deutschland erzielt.

Diese Erfolge sind für uns Verpflichtung, anderen
Menschen dabei zu helfen, im Naturschutz voranzukom-
men.


(Beifall bei der FDP)


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(C (D as gilt insbesondere für das Land Brasilien, von dem ir die Artenschutzkonferenz übernehmen. Wir haben uf einer meines Erachtens hervorragend organisierten inisterreise erfahren, welche großen Anstrengungen ieses Land unternimmt – beispielsweise in der Satellienüberwachung des Regenwaldes, beispielsweise durch ine vorbildliche Gesetzgebung. Wir müssen sehen: Wir önnen den Regenwald nur schützen, wenn wir Schutzebiete ausweisen, wenn wir den rechtlichen Status kläen und wenn wir eine umfassende Landesaufnahme tablieren, damit die Regierung von jeder Fläche weiß, em sie gehört und wer gegebenenfalls verantwortlich emacht werden muss, wenn es zu Abholzungen kommt. Ich möchte einen Punkt ansprechen, von dem ich eine, dass wir in Deutschland noch nicht so weit sind, ie wir sein sollten. Ich bin der Meinung, international ind wir erst dann glaubwürdig, wenn wir unsere eigeen Hausaufgaben machen. Ziel jeglicher Biodiversiätsstrategie ist es, die Vielfalt genetischer Informatioen zu erhalten. Wir müssen aber zur Kenntnis nehmen, ass es in Deutschland einzelne Pflanzenarten gibt, die ur noch auf einzelnen Quadratmetern vorkommen. Es st nicht sicher, ob sie mit einem konsequenten Biotopchutz zu erhalten sind. Wir müssen den Erhalt dieser rten in Saatgutgenbanken oder in botanischen Gärten icherstellen. Wir brauchen den Ex-situ-Schutz dieser rten – das ist zwingend –, um ihr Aussterben nicht zu iskieren. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


er Ex-situ-Schutz ist Voraussetzung dafür, diese Arten
u einem späteren Zeitpunkt wieder einbürgern zu kön-
en. Aus dieser Erkenntnis heraus wurde in Den Haag
002 beschlossen, 60 Prozent der gefährdeten Arten in
otanischen Gärten oder in Saatgutgenbanken zu schüt-
en, um so den Erhalt der genetischen Informationen
icherzustellen.

Der Minister hat sehr plastisch gezeigt, wie wichtig
enetische Informationen für uns sind. 10 Prozent dieser
rten sollen in Wiederausbringungsprogramme einbezo-
en werden. Von diesen Zielen, die wir selbst beschlos-
en haben, ist Deutschland weit entfernt. Es gibt keine
ationale Saatgutgenbank für Wildpflanzen und wenige
egionale Saatgutgenbanken wie die Loki-Schmidt-Gen-
ank. Ich bin im Übrigen ein bisschen von der SPD-
raktion enttäuscht, dass sie sich nicht etwas mehr für
ine solche, den Namen der Gattin des bedeutenden
taatsmannes Helmut Schmidt tragenden Genbank enga-
iert.


(Ulrich Kelber [SPD]: Ein Staatsmann, der mit den Stimmen der FDP abgewählt wurde!)


as enttäuscht mich tief. Das ist eine menschliche Ent-
äuschung, die Sie vielleicht nicht nachvollziehen kön-
en.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1616002500

Frau Kollegin, Sie müssen bitte zum Schluss kom-

en.






(A) )



(B) )


Dr. Christel Happach-Kasan (FDP):
Rede ID: ID1616002600

Das Bundesamt für Naturschutz kümmert sich um

vieles, jedoch nicht um den Artenschutz bei besonders
gefährdeten Wildpflanzen. Es hat erklärt, dass es Saat-
gutgenbanken für Wildpflanzen ablehnt. Ich halte dies
für eine fachlich falsche Entscheidung. Ich bitte die Re-
gierung, noch einmal zu überlegen, ob sie das Ziel, das
sie 2002 selbst formuliert hat, nicht doch verfolgen und
sich mit der Sicherung von Wildpflanzen in Saatgutgen-
banken oder in botanischen Gärten stärker befassen
sollte, damit wir unserer Verpflichtung nachkommen
können.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1616002700

Frau Kollegin, bitte.


Dr. Christel Happach-Kasan (FDP):
Rede ID: ID1616002800

Ich komme sofort zum Schluss. – So könnten wir im

Bereich des Naturschutzes weiterhin vorbildlich sein.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Heinz Schmitt [Landau] [SPD])



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1616002900

Christian Ruck ist der nächste Redner für die CDU/

CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Christian Ruck (CSU):
Rede ID: ID1616003000

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-

gen! Auf dem Weltnaturschutzgipfel in Bonn steht viel
auf dem Spiel. Es geht um die Fragen, in welcher Welt
wir zukünftig leben wollen und in welchem Zustand wir
diese Welt unseren Kindern und Enkeln übergeben wol-
len. Ausgeplündert, leergefischt und abgeholzt oder eine
bunte und vielfältige Natur, die Leben spendet? Es geht
um die Frage, ob es uns gelingt, unserer Verantwortung
für die Schöpfung gerecht zu werden.

Meine Vorredner, unter anderem Herr Gabriel, haben
schon darauf hingewiesen, dass rund 80 Prozent dieser
Schöpfung in Entwicklungs- und Schwellenländern wie
Indien, Indonesien, Kongo, Bolivien oder Peru liegen.
Viele dieser Länder sind oft instabil und haben eine
schwache Verwaltung und Justiz. Dort herrscht noch im-
mer der Wilde Westen – Korruption und anderes –, aber
auch Armut. Das sind Länder, die nichts zu verschenken
haben, zum Beispiel, wenn unter den biodiversitäts-
reichsten Gebieten Erdöl liegt.

Deshalb ist die Frage, wie die Industrieländer mit den
Entwicklungsländern umgehen, die Schlüsselfrage,
wenn es um die Bewahrung der Artenvielfalt geht. Mehr
als das: Diese Entwicklungsländer haben mit ihrem
Wald einen wichtigen Hebel für den Klimaschutz in der
Hand; auch das wurde schon gesagt. Mindestens 20 Pro-
zent der Treibhausgasemissionen stecken im Tropen-
wald. Daher muss er erhalten bleiben.

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(C (D Es ist ganz entscheidend, dass wir auf dem Gipfel in onn gemeinsam mit den Entwicklungsund Schwellen ändern eine faire Lösung finden und wir selbst mit guem Beispiel vorangehen. Was heißt in diesem Zusamenhang „fair“? Natürlich dürfen wir die Entwicklungs nd Schwellenländer nicht aus ihrer Verantwortung entassen. Es geht schließlich auch um ihre Lebensgrundlaen vor Ort: Wasserhaushalt, regionales Klima usw. Wir üssen ihnen aber helfen, das zu schützen, was auch für ns wichtig ist. Diese Wälder sind so etwas wie ein inernationales öffentliches Gut, das unter Druck steht, eil die internationalen, überregionalen Effekte nicht arktgerecht entlohnt und honoriert werden. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir müssen den Entwicklungsländern ein Angebot
achen. Wir müssen ihnen helfen, ihre Ressourcen
besser als bisher – naturverträglich zu nutzen. Von dem
BS-Komplex war schon die Rede. Diese Länder müs-

en in die Lage versetzt werden – mit unserer Technolo-
ie und mit finanziellem Beistand –, wieder Reparatur-
etrieb zu sein. Das gilt für Flächen, die halb verwüstet
der verwüstet sind, die man der Nutzung aber wieder
uführen könnte.

Im Sinne einer langfristigen, marktkonformen Klima-
chutzstrategie wäre es optimal, den Wald in den Emis-
ionshandel einzubeziehen. Aber da stecken wir in zähen
erhandlungen. Es sind noch viele Fragen offen. Wir
üssen auch die Ergebnisse des einen oder anderen
ilotprojektes, das wir mitfinanzieren, abwarten.

Wir haben nicht mehr genug Zeit, um ein perfektes
nternationales Regime auf die Beine zu stellen. Wir

üssen konkret handeln. Wir müssen auf dieser Welt-
onferenz zeigen, dass wir konkret handeln wollen.
uch hier gebe ich den Vorrednern recht, die sagen: Wir
üssen schon jetzt zum Beispiel die Verbindung zwi-

chen Klimaschutz und dem Schutz der Artenvielfalt
erstellen. Wir müssen schon jetzt einen entsprechenden
eil der international und national geschaffenen Klima-
chutzmittel für den Waldschutz in den Entwicklungs-
ändern heranziehen, zum Beispiel für das Netz des Le-
ens. Wir müssen – das haben wir auch zwischen den
oalitionspartnern so verhandelt – den Anteil für Wald-

chutz, Klimaschutz und den Schutz der Artenvielfalt in
er Entwicklungszusammenarbeit erhöhen. Das PPG7-
rojekt ist schon angesprochen worden. Es gibt in unse-
er Entwicklungszusammenarbeit traditionell einige
ervorragende Projekte, die Mut machen und zeigen,
ass es geht, wenn man einen langen Atem hat.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


erade in Brasilien beim Küstenregenwald und an ande-
en Stellen zeigt sich, dass man Fortschritte machen
ann, wenn man an der Sache bleibt.

Wir müssen auch vor Augen haben – darüber haben
ir neulich in der Debatte zur Weltnahrungsmittelkrise
iskutiert –, dass es darum geht, dass wir zusammen mit
ntwicklungsländern und Schwellenländern auf eine
essere Landnutzung, ein besseres Landmanagement vor
rt hinwirken, das zum Beispiel zwischen Agrarflächen






(A) )



(B) )


Dr. Christian Ruck
und Flächen für die regenerative Erzeugung unterschei-
det und den Schutz der natürlichen Vielfalt beachtet. Das
ist ganz entscheidend. Wir können von diesen Ländern
den politischen Willen, sich erstens unterstützen zu las-
sen und zweitens die nötigen rechtlichen und politischen
Grundlagen zu schaffen, einfordern.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wir dürfen auch politisch ehrgeizige Länder wie Bra-
silien nicht aus der Pflicht lassen, auch nicht unter dem
Stichwort, dass wir Ökoimperialismus betreiben würden.
Wir sollten da jegliche Arroganz vermeiden, aber wir
sollten auch darauf hinweisen, dass Länder wie Brasilien
und China inzwischen eine ganz andere Verantwortung
in der Welt haben als früher.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Dr. Christel Happach-Kasan [FDP] und der Abg. Eva Bulling-Schröter [DIE LINKE])


Schließlich haben wir in der letzten Zeit Modelle ent-
wickelt, wie wir die Wirtschaft in Public-Private-Part-
nership-Projekten besser einbeziehen können. Ich appel-
liere vor allem an die großen Wirtschaftsunternehmen,
die mit internationaler Landpolitik zu tun haben, sich
stärker als bisher an solchen Modellen zu beteiligen und
hier mehr Verantwortung zu übernehmen.

Wir müssen natürlich auch mit gutem Beispiel im ei-
genen Land vorangehen; das ist richtig. Frau Künast,
Ihre Rede war vor allen Dingen an Herrn Trittin gerich-
tet, der sich in die hinteren Sitzreihen verzogen hat.


(Jörg van Essen [FDP]: Sehr richtig! – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Rede war für Sie!)


Das war bezeichnend.

Ich danke ausdrücklich dem Haushaltsausschuss, der
in der letzten Sitzungswoche durch seinen Beschluss – er
ist Ihnen offensichtlich entgangen – die Geldmittel für
Natura 2000 freigegeben hat. Ich möchte mich auch aus-
drücklich bei der Bundeskanzlerin für ihre klare Posi-
tionierung im Vorfeld dieses Weltnaturschutzgipfels und
auch auf unserem Kongress bedanken.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Gabriele Groneberg [SPD])


Ich wünsche ihr – das steht ja in der guten Tradition der
Union bei diesem Thema –, dem Verhandlungsteam und
auch Ihnen, Herr Gabriel, viel Beharrlichkeit, Verhand-
lungsgeschick und Erfolg. Wir alle brauchen diesen Er-
folg.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1616003100

Nun erhält das Wort die Kollegin Undine Kurth für

die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

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(C (D Undine Kurth RÜNEN)

Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen!

iebe Kollegen! Herr Minister! Liebe Gäste auf den
ängen! Wenn man uns hier so hört, dann stellt man fest,
ass wir eigentlich alle einer Meinung sind. Biodiversi-
ätsschutz ist notwendig, wichtig und dringend. Herr Mi-
ister, Sie haben gestern eine Ihrer Pressemitteilungen
berschrieben mit dem Satz: „Wir können uns eine Ver-
chwendung der Natur nicht mehr leisten“. Das stimmt
oll und ganz. Auch die Formulierung, wir löschen mit
nserem Verhalten die Festplatte der Natur, ist ein wun-
erbares Bild, das das Problem auf den Punkt bringt.
enn das so ist, dann müssen die Fragen erlaubt sein:
achen wir genug, machen wir überhaupt das Richtige,

nd, wenn ja, wann machen wir eigentlich etwas? Es
uss doch möglich sein, darüber zu diskutieren.

Es reicht nicht aus, die Situation zu beschreiben. Es
st sicherlich richtig, dass die Natur wunderschön ist.
as hat aber weder den Sibirischen Tiger noch die Feld-

erche davor bewahrt, vom Aussterben bedroht zu sein.
ei diesem Thema geht es um einen unwiderruflichen
erlust. Was weg ist, ist weg. Deshalb ist es richtig, da-

über nachzudenken, inwiefern wir unser Verhalten än-
ern müssen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


ber den Schutz der Biodiversität muss endlich auf
öchster Ebene verhandelt werden. Die Erhaltung der
iodiversität muss zur Chefsache erklärt werden. An-

onsten wird dieses Thema in den verschiedenen Res-
orts und in den Ländern unter die Räder geraten.

Herr Gabriel, Sie sagten, die Nationale Biodiversi-
ätsstrategie sei die deutsche Antwort auf die Konven-
ion zum Schutz der biologischen Vielfalt. In dieser Stra-
egie steht in der Tat sehr viel Richtiges, und in ihr sind
iele gute Ziele beschrieben. Wenn es aber darum geht,
ie Sie diese Ziele erreichen wollen, dann sind die For-
ulierungen in der Biodiversitätsstrategie ausgespro-

hen zurückhaltend.

Sie müssen sich mit der Frage beschäftigen, welche
nstrumente Sie anwenden wollen, um diese Ziele zu er-
eichen, und welche Sanktionsmaßnahmen es geben soll.
chließlich setzen wir auch die Straßenverkehrs-Ord-
ung nicht nur mit Appellen durch. Wenn uns etwas am
erzen liegt, dann müssen wir uns auch Gedanken da-

über machen, wie wir es erreichen wollen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


s reicht nicht aus, Baustellenschilder aufzubauen, wenn
inter diesen Schildern nichts geschieht. Deshalb for-
ern wir ein verbindliches Arbeitsprogramm zur Umset-
ung dieser Strategie. Wenn wir unser 2010-Ziel wirk-
ich erreichen wollen, dann müssen alle Visionen, die in
er Strategie beschrieben sind, in den nächsten drei Jah-
en umgesetzt werden; das entspricht etwa 60 Visionen
ro Jahr. Hier ist also noch einiges zu tun. Daher müssen
ie das Tempo erhöhen.






(A) )



(B) )


Undine Kurth (Quedlinburg)

Unser Entschließungsantrag stellt eine Unterstützung
der Biodiversitätsstrategie dar. Wir fordern zusätzliche
Sektorstrategien; denn es muss klar sein, wie die unter-
schiedlichen Ressorts an der Umsetzung der Biodiversi-
tätsstrategie mitwirken. Außerdem setzen wir uns dafür
ein, dass die Förderprogramme der Bundesregierung da-
raufhin überprüft werden, ob sie dazu beitragen, dass das
2010-Ziel erreicht wird. Es kann doch nicht sein, dass
durch eine Förderung im Bau- und Verkehrsressort das
genaue Gegenteil dessen erreicht wird, was Sie im Rah-
men der Biodiversitätsstrategie anstreben.

Ich möchte zwei Beispiele nennen, die deutlich ma-
chen, dass Ihr Reden und Handeln nicht zusammenpas-
sen.

Erstens. Es ist bekannt, welch hohe Anforderungen
wir an andere Länder stellen. Der Berggorilla, der
Orang-Utan, das Zebra, der Waldelefant, sie alle sollen
geschützt werden; das ist auch richtig. In diesem Zusam-
menhang möchte ich das Stichwort „Wildwegeplan“ er-
wähnen. Wir wissen, dass die Hauptursachen für den
Rückgang der Artenvielfalt in unserem Land die Flä-
chennutzung, der Flächenverbrauch und die Flächenzer-
schneidung durch Verkehrsprojekte sind. Das soll nicht
heißen, dass wir in Zukunft keine Straßen mehr bauen
oder dass Straßen zurückgebaut werden sollten. Wir
müssen uns aber mit der Frage auseinandersetzen: Wie
können wir der Flächenzerschneidung begegnen und
dafür sorgen, dass Arten wieder wandern können und
Populationen die Möglichkeit haben, sich mit anderen
Populationen auszutauschen? Der NABU hat hierzu ein
hervorragendes Konzept vorgelegt, das der BUND um
einen Wildkatzenplan ergänzt hat. Es wird deutlich, dass
man die Zerschneidung der Landschaft im Rahmen des
Bundesverkehrswegeplanes verringern kann, wenn man
die richtigen Maßnahmen einleitet. Wir haben diese
Konzepte aufgegriffen und einen entsprechenden Antrag
formuliert. Das Ergebnis lautet: abgelehnt. Soll das hei-
ßen, dass die anderen Länder die Biodiversität schützen
sollen und dass wir die Gelegenheiten, die wir haben,
nicht ergreifen?

Zweitens: zum Tropenwaldschutz. In Brasilien
wurde uns deutlich vor Augen geführt, dass Klima- und
Biodiversitätsschutz zusammengehören. Deshalb haben
wir einen Antrag zum Tropenwaldschutz vorgelegt, in
dem wir fordern, dass ein Sofortfinanzierungsprogramm
aufgelegt wird. Auch wenn wir für die Ergebnisse im
Rahmen unserer G-8-Präsidentschaft gelobt worden
sind, ist festzustellen: 210 Millionen Euro reichen nicht
aus; das wissen wir. Es muss mehr Geld her. Deutsch-
land sollte dem Beispiel Norwegens folgen. Dort werden
pro Jahr 500 Millionen Euro für den Tropenwaldschutz
zur Verfügung gestellt. Das sollten auch wir ab dem
nächsten Jahr tun. Denn Sie haben zu Recht gesagt, dass
wir die anderen Länder mit diesem Problem nicht allein-
lassen dürfen.

In Anbetracht dieser zwei Beispiele stellt sich die
Frage: Reden Sie nur über dieses Thema und stellen Sie
lediglich fest, dass es hier ein Problem gibt, oder handeln
Sie auch? Denn Handeln ist dringend erforderlich.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D Wir wollen uns als Gastgeberin natürlich darum beühen, dass die beiden Konferenzen nein Erfolg wer en. Herr Minister, deshalb ist es besonders wichtig, ass man nicht nur von einer umfassenden Biodiversiätspolitik redet, sondern auch zeigt, dass man sie umetzt. Dabei sollte das ganze Kabinett einbezogen weren; denn Sie haben völlig recht: Wir können uns eine erschwendung der Natur nicht mehr leisten. Sie sollten ndlich entsprechend handeln. Frau Kollegin Groneberg hat nun das Wort für die PD-Fraktion. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1616003200


Gabriele Groneberg (SPD):
Rede ID: ID1616003300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

eute Morgen ist bereits deutlich gemacht worden, dass
eutschland eine hohe Verantwortung für einen erfolg-

eichen Abschluss der 9. Vertragsstaatenkonferenz der
onvention über die biologische Vielfalt trägt. Der Er-

olg dieser internationalen Konferenz wird von zwei
aktoren abhängen: zum einen davon, inwieweit wir
öglichkeiten eines angemessenen Umgangs mit den

atürlichen Ressourcen weltweit finden, zum anderen,
ie wir insbesondere die Entwicklungsländer in die
age versetzen, zum Erhalt der Biodiversität beizutra-
en. Deshalb ist es außerordentlich wichtig, in den
ächsten zwei Jahren, in denen Deutschland den Vorsitz
er Vertragsstaatenkonferenz innehat, zu einem interna-
ionalen Regime zu finden, das rechtsverbindliche Rege-
ungen mit klar definierten Anreizen und Sanktionen
estlegt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Unzweifelhaft ist, dass die Weichenstellungen, die wir
tzt vornehmen, maßgeblichen Einfluss auf die Lebens-
rundlagen aller Menschen auf der Welt haben werden.
ir wissen, dass sich fast 90 Prozent der genetischen

nd biologischen Vielfalt in den Entwicklungsländern
iederfindet, dass also der Erhalt der Biodiversität
darüber ist heute Morgen schon gesprochen worden –

icht nur für uns, sondern auch für die dort lebenden
enschen von existenzieller Wichtigkeit ist. Eine große
ielfalt von verschiedenen Anbausorten und Nutztierar-

en trägt zur Ernährungssicherheit in diesen Ländern
ei. Ich fand das vorhin von Umweltminister Sigmar
abriel genannte Beispiel einer Reissorte äußerst beein-
ruckend; ich wusste davon noch nicht.

Die nachhaltige Nutzung der Biodiversität nutzt letz-
en Endes der Ernährungssicherheit und der Armuts-
ekämpfung. Im Umkehrschluss heißt dies, dass ein
erlust von Biodiversität zur Verschärfung der Armuts-
ituation in den Entwicklungsländern beiträgt. Auch
azu hat Sigmar Gabriel eine Menge gesagt; ich fand
eine Rede wirklich beeindruckend.

Derzeit verschwinden jährlich Waldflächen in einer
röße von rund 15 Millionen Hektar – das ist ein Drittel






(A) )



(B) )


Gabriele Groneberg
der Fläche der Bundesrepublik – von der Erde. Das ist
für uns alle ein Problem; denn die unangepassten Land-
nutzungsformen tragen stärker zum Klimawandel bei
– man beachte! – als die weltweiten Verkehrsemissio-
nen. Darauf möchte ich, weil vorhin über den Straßen-
bau geredet worden ist, deutlich hinweisen.

Was tun wir jetzt, und was haben wir in der letzten
Zeit gemacht? Ich möchte mich an dieser Stelle mit ei-
nem konkreten Beispiel, das ich für vorbildlich halte, be-
schäftigen. Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit
berücksichtigt in ihren Programmen schon seit längerem
die Gesamtzusammenhänge der Biodiversität. Projekte
zum Schutz und zur nachhaltigen Bewirtschaftung vor
allen Dingen der Wälder wurden schon lange gefördert.
Deutschland unterstützt unter anderem die COMIFAC,
die Waldkommission Zentralafrikas. In dieser Kom-
mission haben sich zehn Regierungen der Anrainerstaa-
ten des Kongobeckens und 20 internationale Entwick-
lungs- und Umweltorganisationen zusammengefunden,
um sich darum zu kümmern, grenzübergreifend – ich be-
tone: grenzüberschreitend – eine nachhaltige Waldbe-
wirtschaftung zu erreichen. Angesichts der ganzen Kon-
flikte und Krisen in Afrika kann man sagen, dass es sich
bei dieser Zusammenarbeit um ein besonderes Beispiel
handelt.

10 Prozent der Wälder in dieser Region sind von der
Kommission unter Schutz gestellt worden; das entspricht
einer Fläche von 18 Millionen Hektar. Die Kommission
beobachtet die Einhaltung der Vorschriften und organi-
siert die Umsetzung vor Ort. Drei Viertel der Wälder
dürfen unter Auflagen bewirtschaftet und genutzt wer-
den. Dabei ist wichtig, dass eine Zertifizierung – eine
Legalitätsprüfung –, die Voraussetzung für den Export
von Holzprodukten ist, erreicht werden soll. Die Kom-
mission überprüft die Erfüllung dieser Vorgabe.

Wichtig ist auch, dass die Bevölkerung hierbei Ge-
winner ist, weil sie an der Nutzung der Wälder beteiligt
wird: Die erwirtschafteten Gelder werden für die lokale
Entwicklung – für Schulen, Gesundheitsvorsorge, Was-
serversorgung und dergleichen – eingesetzt. Ich finde,
dass es solche Beispiele öfter geben sollte.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Wir wissen, dass wir bei dieser Konferenz eine hohe
Verantwortung tragen. Wir wollen mit den Entwicklungs-
ländern auf Augenhöhe über die biologische Vielfalt re-
den. Ich wünsche – ich denke, Sie sicherlich auch – dieser
Konferenz allen erdenklichen Erfolg. Wir brauchen ihn.

Danke schön.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1616003400

Das Wort erhält nun der Kollege Caesar für die CDU/

CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)


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(C (D Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen! Kollegen! Die atur schützen und den zukünftigen Generationen ein esundes Lebensumfeld übergeben, das bedeutet, Verntwortung zu übernehmen. Wir hier im Deutschen Bunestag haben aus meiner Sicht besondere Verantwortung u übernehmen. Ich glaube, dass wir bei der bevorstehenden CBDonferenz insbesondere durch unsere Bundeskanzlerin ut vertreten sind. Sie hat schon, als es um die Erreihung der Klimaschutzziele ging, gezeigt, dass sie übereugen kann. Ich bin ganz sicher, dass ihr das auch bei er CBD-Konferenz gelingen wird. Deutschland hat 11,1 Millionen Hektar Wald. Jedes ahr gehen weltweit 12 bis 13 Millionen Hektar Wald erloren – also mehr, als Deutschland insgesamt Wald at –, die Hälfte davon für immer. Kahlschlagen, Torf reilegen, abbrennen, allenfalls noch für einen kurzen eitraum nutzen, dann kommen Steppe, Verfelsung, Boenabschwemmung, der Verlust auf Dauer – das ist das ild, das wir uns vor Augen halten müssen. Wir müssen andeln. Die CBD-Konferenz, die vom 19. bis 30. Mai in onn stattfinden wird, gibt uns die riesige Chance, umukehren, den richtigen Weg einzuschlagen. Dazu geört, dass wir uns Alternativen überlegen. Wir müssen as Life Web, das Netz des Lebens, tatsächlich entwikeln. Das bedeutet Schutzgebiete, das bedeutet Kernzoen, das bedeutet aber auch nachhaltige Bewirtschafung. Es ist sehr wichtig, dass wir die vor Ort lebenden enschen einbeziehen, dass wir sie nicht in ihrer Armut m Stich lassen und die Ressourcen für uns verwenden. ie Menschen vor Ort müssen teilhaben; es muss einen erechten Vorteilsausgleich geben. (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Sascha Raabe [SPD])

Cajus Julius Caesar (CDU):
Rede ID: ID1616003500

(Beifall bei der CDU/CSU)


ir müssen ihre Produkte abnehmen; da gebe ich Um-
eltminister Gabriel ausdrücklich recht. Deutschland
at eine besondere Verantwortung für die Arbeitsplätze
or Ort. Wir dürfen die Kapazitäten der dortigen Holzin-
ustrie nicht schädigen oder sie gar kaputtmachen; das
ürde Armut vor Ort bedeuten.

Wir müssen allerdings auf nachhaltige Bewirtschaf-
ung und Nutzung drängen. Das ist möglich, auch
urch privatwirtschaftliche Modelle.


(Beifall der Abg. Dr. Christel Happach-Kasan [FDP])


in gutes Beispiel ist das Naturwaldbewirtschaftungs-
rogramm Brasiliens. Bei Precious Woods Pará wird auf
6 000 Hektar – zukünftig auf bis zu 150 000 Hektar –
nter Einbeziehung anerkannter Zertifizierungssysteme
achhaltige Forstwirtschaft betrieben. Das zeigt, dass
ine umweltverträgliche Nutzung möglich ist, dass die
enschen vor Ort den Wald bewirtschaften und damit

innahmen haben können und gleichzeitig der Wald er-






(A) )



(B) )


Cajus Caesar
halten und auf Dauer die Nachhaltigkeit nach Sorte und
Menge gewährleistet werden kann.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Der Urwald ist zugegebenermaßen – ich glaube, das
ist ein Bewusstseinsproblem – weit weg. Wie kann man
sich sonst erklären, dass wir in Deutschland darüber dis-
kutieren, welche finanziellen Ressourcen wir für das Er-
neuerbare-Energien-Gesetz, für das Erneuerbare-Ener-
gien-Wärmegesetz und viele andere Dinge einsetzen
wollen, während zu vermerken ist, dass 20 Prozent der
weltweiten CO2-Emissionen durch Urwaldvernichtung
entstehen? Hier gilt es zu handeln. Urwaldschutz ist
nämlich eine der effizientesten und kostengünstigsten
Methoden, das Klima zu schützen.

Es ist wichtig, dass wir auf EU-Ebene sowie auf inter-
nationaler Ebene unsere Partner einbeziehen. Wir müs-
sen im CBD-Prozess für die Landnutzung, für die
Schutzgebiete, für die nachhaltige Bewirtschaftung spä-
testens bis 2010, für den Meeresschutz spätestens bis
2012 zu klaren rechtlichen Rahmenbedingungen kom-
men.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Deutschland hat gerade im Holzsektor eine besondere
Verantwortung; denn wir sind weltweit der drittgrößte
Holzimporteur. Wir importieren 100 Millionen Kubik-
meter Holz pro Jahr. Deshalb müssen wir uns bei unse-
ren Partnern in Europa dafür einsetzen, das FLEGT-Sys-
tem endlich mit Leben zu erfüllen.

Wir, die Union, wollen eine Dokumentation der er-
haltenswerten Gebiete. Ich glaube, es ist richtig, dass die
Länder, in denen es Tropen- bzw. Urwälder gibt, uns die
Gebiete benennen, die sie als erhaltenswert ansehen. Wir
müssen uns hier finanziell engagieren. Die Finanzierung
darf nicht allein durch den Bundeshaushalt erfolgen; wir
müssen die Wirtschaft mit einbeziehen. Es gibt entspre-
chende Modelle; ich habe sie eben genannt. Gleichzeitig
müssen wir bei den Vereinbarungen darauf achten, dass
eine Kontrolle möglich ist. Durch technische Möglich-
keiten – etwa durch GPS, die Satellitenüberwachung –
ist die Grundlage dafür gelegt. Schon bald kann man
auch aufgrund gentechnischer Untersuchung sagen, wo-
her der Baum kommt, den man im Hamburger Hafen
vorfindet und der bei uns verbaut werden soll. Das müs-
sen wir einbeziehen, Herr Umweltminister. Ich glaube,
dann kommen wir voran.

Es ist wichtig, dass wir dagegen angehen, dass uns
um die 6 Millionen Hektar Wald jährlich verloren gehen.
Es muss Wiederaufforstungsprogramme geben. Bei de-
vastierten Gebieten sollte man auch an die Versorgung
der Holzindustrie denken; ansonsten geht an anderer
Stelle Urwald verloren. Hier haben wir die Möglichkeit,
einen Ausgleich zu schaffen.

Beim Zugang zu genetischen Ressourcen müssen wir
einen gerechten Vorteilsausgleich sichern. Wir müssen
uns auch um den Meeresschutz und die Küstenökosys-
teme kümmern. Hier gibt es einen erheblichen Nachhol-
bedarf. Ebenso wichtig ist es, Umweltbildungsmaßnah-

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(C (D en zu ergreifen, hier in Deutschland, in Europa, aber uch bei den Menschen vor Ort, um zu zeigen, wie wichig der Wald ist. Wir müssen uns die Frage stellen, ob wir etzt etwas tun wollen. Wenn wir diese Frage bejahen, ann gilt es, zu handeln und bei der CBD die richtigen flöcke einzuschlagen. Ich bedanke mich. Das Wort erhält nun der Kollege Dr. Sascha Raabe für ie SPD-Fraktion. Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und erren! Wir haben heute schon oft gehört, dass der roßteil der Biodiversität in den Entwicklungsländern orkommt. Ich möchte das an einem Beispiel verdeutlihen: An einem einzigen Baum im Amazonasregenwald n Ecuador – im sogenannten ITT-Gebiet – leben mehr äferarten als in ganz Europa zusammen. Wir reden heute – Bundesumweltminister Gabriel hat as schon angesprochen – über Gebiete, die uns nicht ehören. Wir werden daher durch diese globale Aufgabe n die Verantwortung gestellt, den Ländern, in denen Arut und Hunger die Hauptprobleme sind, finanziell die öglichkeit zu geben, sich zu entwickeln, auch wenn sie hre Wälder nicht nutzen. Wir in Europa sollten ein bisshen selbstkritisch in die eigene Vergangenheit schauen. rüher, als die Länder, in denen wir leben, noch nicht inustrialisiert waren, haben wir unsere Wälder großflähig abgeholzt und Flächen verbraucht. Das tun wir zum eil heute noch. Deswegen müssen wir diesen Ländern ie Möglichkeit geben, sich entsprechend zu entwickeln, hne die Fehler zu machen, wie wir sie gemacht haben. Die neue Regierung in Ecuador hat erkannt, dass uch sie eine Verantwortung für unsere Natur hat. In dieem Zusammenhang möchte ich daran erinnern, dass in en Regenwäldern nicht nur Käfer und andere exotische iere leben, sondern auch viele indigene Völker. Auch ür diese Völker müssen wir sorgen und die Wälder und ebensräume erhalten. Die Regierung Ecuadors ist be eit, ihren Beitrag dazu zu leisten. Aber ausgerechnet in dem Gebiet, das die weltweit rößte Biodiversität aufweist, liegt auch das größte Erdlvorkommen Ecuadors. Die Regierung hat sich bereit rklärt, auf die Hälfte der Einnahmen aus der möglichen rdölförderung zu verzichten, wenn die internationale emeinschaft die andere Hälfte finanziell kompensiert. afür verpflichtet sie sich, dieses Geld in lokale, ökoloisch nachhaltige Projekte, die der Bevölkerung vor Ort ugute kommen, und in Armutsbekämpfung zu investieen. Die Regierung ist auf diese Mittel angewiesen, um ie Probleme lösen zu können. Die Bundesregierung ist einen Schritt vorangegangen nd hat Geld zur Verfügung gestellt, damit Möglichkeien der Umsetzung geprüft werden können. Ich appel Dr. Sascha Raabe liere an dieser Stelle an das Hohe Haus: Lassen Sie uns diesen Vorschlag unterstützen und den Regenwald retten, damit dort sowohl die Biodiversität als auch die indigenen Völker geschützt werden können. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1616003600

(Beifall bei der SPD)

Dr. Sascha Raabe (SPD):
Rede ID: ID1616003700




(A) )


(B) )


Ein anderes Beispiel, das deutlich macht, wie Umwelt
und Entwicklung zusammengehören und welche
Wechselwirkungen sich daraus ergeben, ist Indonesien.
Dort gibt es die größten noch verbleibenden Regenwald-
flächen, deren Entwaldung – vor allem für die Palmöl-
produktion – in einem dramatischen Tempo vorangeht.
Heute wurden schon mehrfach die Biokraftstoffe ange-
sprochen. Zur aktuellen Problematik ist anzuführen, dass
in Indonesien 80 Prozent der Palmölproduktion in der
Kosmetikindustrie verbraucht werden. Mancher Dame
hier ist vielleicht gar nicht bewusst, dass in ihrer Ge-
sichtscreme ein halber Tropenwaldbaum verarbeitet
wurde. Aber das gilt – um dem Gender-Aspekt gerecht
zu werden – auch für Männer.


(Ulrich Kelber [SPD]: Aber nicht im Gesicht!)


Die Biokraftstoffe verschärfen die Problematik zusätz-
lich.

Neben der Vernichtung der Regenwälder geht es auch
um das Problem der Nahrungsmittelkonkurrenz; denn
zum Teil werden keine Nahrungsmittelpflanzen mehr
angebaut, um die Flächen für den Anbau von Planzen zu
nutzen, die für die Herstellung von Biokraftstoffen ver-
wendet werden können. Das verschärft die derzeitige
Nahrungsmittelkrise weiter. Deswegen wollen wir neben
den ökologischen Kriterien nur Importe aus nachhalti-
gem Anbau zulassen, der nicht zulasten der Nahrungs-
mittelproduktion geht und bei dem die ILO-Kernarbeits-
norm eingehalten wird. Auch darauf müssen wir achten.

Ich stimme Sigmar Gabriel ausdrücklich darin zu,
dass das für Entwicklungsländer eine echte Chance sein
kann. In Brasilien gibt es in der Tat positive Nutzungs-
möglichkeiten. Aber wir müssen strikt auf die Zertifizie-
rung und entsprechende Nachweise achten und eine Be-
weislastumkehr anstreben, sodass uns gegenüber der
Nachweis erbracht wird, dass ökologische und soziale
Kriterien eingehalten werden. Ich glaube, damit können
wir Umwelt und Entwicklung zusammenbringen.

In dem Sinne wünsche ich der Konferenz in Bonn viel
Erfolg.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1616003800

Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der

Kollege Josef Göppel für die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Josef Göppel (CSU):
Rede ID: ID1616003900

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der bis-

herigen Debatte wurden die internationalen Aspekte in

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(C (D inblick auf die Artenschutzkonferenz ausgiebig dargetellt. Ich möchte auf den Beitrag eingehen, den wir seler und die Europäer insgesamt leisten müssen. Deutschland hat auf internationaler Ebene unbestreitar mehr finanzielle Beiträge geleistet als die meisten nderen Länder. Wir sind maßgeblich am Weltbankfonds eteiligt, der etwa 3 Milliarden Euro umfasst und in den ie Erlöse aus dem Emissionshandel nach dem Bechluss der Klimakonferenz auf Bali einfließen sollen. Wir stellen zusätzlich für den internationalen Waldchutz für besonders dringliche und akute Projekte 0 Millionen Euro bereit, die über das Bundesumweltinisterium sowie unsere nationalen Institutionen wie ie GTZ und die NGOs eingesetzt werden sollen. Wir sind in den Augen der Entwicklungsländer aber or allem dadurch glaubwürdig, dass Europa ein Netz on natürlichen Lebensräumen, Natura 2000, geschafen hat. Für unser Land macht das gut 10 Prozent aus. enn wir von Entwicklungsländern und armen Ländern erlangen, große Waldschutzgebiete auszuweisen, dann üssen wir selber vorangehen. Das hat Europa gemacht. s ist kein Zufall, dass 1992 das Europäische Parlament en Beschluss gefasst hat, das Natura-2000-Netz einzuichten, also in dem Jahr, in dem in Rio de Janeiro die . Vertragsstaatenkonferenz des Übereinkommens über ie biologische Vielfalt stattgefunden hat. Das Natura000-Netz bedarf nun einer eigenständigen Finanzierung m Rahmen des europäischen Haushalts; denn es handelt ich hier um eine Daueraufgabe. Es ist nicht sachund ystemgerecht, hierfür der Landwirtschaft Geld wegzuehmen. Es handelt sich vielmehr um eine eigenständige ufgabe der gesamten Gesellschaft. Wir müssen in Deutschland noch eine Reihe von Aufaben erfüllen. Wenn man sieht, dass 36 Prozent der ierarten, die bei uns heimisch sind, gefährdet sind, dann st ganz klar, wo wir ansetzen müssen. Ich teile deshalb ie Idee, bei den Infrastrukturmaßnahmen, bei Straenund Schienennetzen, in unserem Land daran zu enken, dass wildlebende Tiere diese für die Menschen edachten Strukturen überwinden müssen, wenn sie in er Zivilisation überleben sollen. Herr Kollege Göppel, möchten Sie eine Zwischen rage der Kollegin Happach-Kasan zulassen? Gerne. Lieber Kollege Göppel, ich finde es sehr gut, dass Sie uf die Problematik der gefährdeten Wildtierarten in eutschland hinweisen und verlangen, Maßnahmen soohl in der Verkehrspolitik als auch in der Infrastrukturolitik zum besseren Schutz dieser Tiere zu ergreifen. ir wissen, dass beispielsweise mehr als die Hälfte des Dr. Christel Happach-Kasan Rehwildbestandes auf der Straße verendet, also nicht durch die Jagd getötet wird. Ich frage Sie vor diesem Hintergrund, mit welcher Begründung die CDU/CSU-Fraktion gemeinsam mit der SPD-Fraktion gestern im Agrarausschuss den von meiner Fraktion unter Federführung der Kollegin Brunkhorst erarbeiteten Antrag, der genau das, was Sie hier beschreiben, zum Ziel hat, abgelehnt hat. Ich denke, dass wir uns in der weiteren Diskussion annähern werden. Über die Ziele sind wir uns einig. Wir, die Menschen, müssen bei der Errichtung zivilisatorischer Einrichtungen zunehmend an die Geschöpfe denken, die mit uns leben. Es ist gutes Recht der Opposition, einen solchen Antrag mit konkreten und terminbezogenen Geldsummen einzubringen. Aber Sie verstehen sicherlich, dass eine Regierungskoalition eine etwas vorsichtigere Haltung einnehmen muss. Das war der einzige Grund, warum wir nicht sofort zugestimmt haben. Wir werden aber über diese Sache sicherlich weiter positiv diskutieren. Ich möchte noch einen anderen Gesichtspunkt erwähnen. Wir haben zurzeit einen besonders starken Rückgang der Zahl der Tierarten in den Ackerlagen zu beklagen. Ich nenne den Kiebitz und die Feldlerche als Beispiele. Wir brauchen deshalb freiwillige Förderangebote an die Landwirte im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“. Wer sich in der Zivilisation ein Herz für die Natur bewahrt hat und über einen Feldweg geht und eine aufsteigende, jubilierende Lerche erlebt, der kann – besser als in vielen Bundestagsreden – verspüren, wie wertvoll die Schöpfung für uns ist. Das Ganze muss aber mit etwas Geld unterlegt werden. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1616004000
Josef Göppel (CSU):
Rede ID: ID1616004100
Dr. Christel Happach-Kasan (FDP):
Rede ID: ID1616004200




(A) )


(B) )

Josef Göppel (CSU):
Rede ID: ID1616004300

(Dr. Christel Happach-Kasan [FDP]: Nein!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1616004400

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Ausschus-
ses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit auf
Drucksache 16/9106. Der Ausschuss empfiehlt unter
Nr. 1 seiner Beschlussempfehlung in Kenntnis der Unter-
richtung der Bundesregierung auf Drucksache 16/7082
über die „Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt“
die Annahme des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU
und SPD auf Drucksache 16/8756 mit dem Titel
„Weltnaturschutzgipfel 2008 in Bonn – Biologische Viel-
falt schützen, nachhaltig und gerecht nutzen“. Wer
stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt da-
gegen? – Wer enthält sich? – Die Beschlussempfehlung
ist mit Mehrheit angenommen.

Unter Nr. 2 empfiehlt der Ausschuss die Ablehnung des
Antrags der Fraktion der FDP auf Drucksache 16/8878 mit

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(C (D em Titel „Leitlinien für den internationalen Artenund ebensraumschutz im Rahmen des Übereinkommens ber die biologische Vielfalt“. Wer stimmt für diese Bechlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer entält sich? – Diese Beschlussempfehlung ist ebenfalls mit roßer Mehrheit gegen die Stimmen der FDP-Fraktion ngenommen. Weiterhin empfiehlt der Ausschuss unter Nr. 3 seiner eschlussempfehlung auf Drucksache 16/9106 die Ab ehnung des Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grüen auf Drucksache 16/8890 mit dem Titel „Erhalten, as uns erhält – Die UN-Konferenzen zur biologischen icherheit und zum Übereinkommen über die biologiche Vielfalt zum Erfolg machen“. Wer stimmt für diese eschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer nthält sich? – Auch diese Beschlussempfehlung ist mit er Mehrheit der Koalitionsfraktionen angenommen. Unter Nr. 4 seiner Beschlussempfehlung wird die Abehnung des Antrags der FDP-Fraktion auf Druckache 16/8077 mit dem Titel „Naturschutz praxisorieniert voranbringen – Entwicklung der Wildtiere in eutschland“ empfohlen. Wer stimmt für diese Be chlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer entält sich? – Auch diese Beschlussempfehlung ist mit ehrheit angenommen. Schließlich empfiehlt der Ausschuss unter Nr. 5 seier Beschlussempfehlung, eine Entschließung anzunehen. Wer stimmt dieser Beschlussempfehlung zu? – Wer timmt dagegen? – Wer enthält sich? – Diese Beschlussmpfehlung ist bei Stimmenthaltung der Fraktion Bündis 90/Die Grünen und der Fraktion Die Linke angenomen.1)


Wir kommen nun zur Abstimmung über den Entschlie-
ungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf
rucksache 16/9116. Wer stimmt für diesen Entschlie-
ungsantrag? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? –
er Entschließungsantrag ist mit Mehrheit abgelehnt.

Zum Tagesordnungspunkt 3 b gibt es eine Beschluss-
mpfehlung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz
nd Reaktorsicherheit zum Antrag der FDP-Fraktion mit
em Titel „Allgemeine Grundsätze für den Naturschutz
n Deutschland“. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Be-
chlussempfehlung auf Drucksache 16/7278, diesen An-
rag der FDP-Fraktion abzulehnen. Wer stimmt dieser
eschlussempfehlung zu? – Wer stimmt dagegen? – Wer
nthält sich? – Die Beschlussempfehlung ist angenom-
en.

Schließlich geht es unter dem Tagesordnungs-
unkt 3 c um die Abstimmung über einen Antrag der
raktion Die Linke auf Drucksache 16/9066 mit dem Ti-

el „UN-Biodiversitätsgipfel durch Vorreiterrolle beim
chutz der biologischen Vielfalt und fairen Nord-Süd-
usgleich zum Erfolg führen“. Wer stimmt für diesen
ntrag? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? –
er Antrag ist mehrheitlich abgelehnt.

Anlage 2






(A) )



(B) )


Präsident Dr. Norbert Lammert
Interfraktionell wird unter Tagesordnungspunkt 3 d
die Überweisung der Vorlage auf Drucksache 16/9065
an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse
vorgeschlagen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist
offenkundig der Fall. Dann ist die Überweisung so be-
schlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 4 a und 4 b auf:

a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Klaus
Ernst, Hüseyin-Kenan Aydin, Dr. Lothar Bisky,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE

Förderung der Altersteilzeit durch die Bun-
desagentur für Arbeit fortführen

– Drucksache 16/9067 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit
Haushaltsausschuss

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Arbeit und Soziales

(11. Ausschuss)


– zu dem Antrag der Abgeordneten Volker Schneider

(Saarbrücken), Klaus Ernst, Hüseyin-Kenan

Aydin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
DIE LINKE

Altersteilzeit fortentwickeln

– zu dem Antrag der Abgeordneten Volker Schneider

(Saarbrücken), Klaus Ernst, Hüseyin-Kenan

Aydin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
DIE LINKE

Rente mit 67 – Berichtspflicht zum Arbeits-
markt nicht verwässern – Bestandsprü-
fungsklausel konkretisieren

– Drucksachen 16/4552, 16/4553, 16/6749 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Peter Weiß (Emmendingen)


Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache eineinviertel Stunden vorgesehen. – Da-
mit sind offenkundig alle einverstanden.

Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Kollegen
Volker Schneider für die Fraktion Die Linke das Wort.


(Beifall bei der LINKEN)



Volker Schneider (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616004500

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Vor einiger Zeit traf ich nach vielen Jahren einen Klas-
senkameraden aus meiner Volksschulzeit, den ich schon
eine Ewigkeit nicht mehr gesehen hatte. Zuerst habe ich
ihn nicht erkannt; denn er sah deutlich älter aus als ich,
obwohl wir nur einige Monate auseinander sind. Er er-
zählte mir, dass er als Werkzeugmacher bei einem Zulie-
fererbetrieb des saarländischen Bergbaus arbeite. Das sei
ein Knochenjob. Es seien nun einmal große Maschinen,
und er habe insbesondere bei Wartungsarbeiten schwere

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(C (D eile zu heben. Die vorzeitige Alterung meines Schulkaeraden kam also nicht von nichts. Er erzählte weiter, ass ihm die Arbeit zunehmend schwerer falle. Überchichten gehe er aus dem Weg. Früher habe er diese egen des Geldes gerne gemacht, heute steckten sie ihm agelang in den Knochen. Neuerdings frage er sich bei edem Geburtstag, wie lange er das noch durchhalten önne. Es sei für ihn schlicht unvorstellbar, dass er noch it 60 dieser schweren Arbeit nachgehen könne. Und etzt hätten die Spinner in Berlin auch noch die Rente it 67 eingeführt. Dann müsste er noch sieben Monate änger arbeiten oder sich die Rente noch mehr kürzen assen. (Wolfgang Grotthaus [SPD]: Damit waren Sie gemeint!)


Herr Grotthaus, ich habe dagegen gestimmt.

Ich sage Ihnen eines: Dieser Mann ist alles andere als
in Einzelfall.


(Wolfgang Grotthaus [SPD]: Ich meinte die „Spinner“ und nicht die Abstimmung!)


uf dem Bau schaffen es die Beschäftigten im Schnitt
icht bis zum 60. Lebensjahr. Und es sind auch nicht die
örperlich schwer belastenden Arbeiten allein, die es den
enschen unmöglich machen, bis zum 65., geschweige

enn bis zum 67. Lebensjahr einer Vollzeiterwerbstätig-
eit nachzugehen. In meinem Beruf – ich bin Sozialar-
eiter – leiden viele ältere Kolleginnen und Kollegen in
sychisch hoch belastenden Arbeitsfeldern – etwa in der
tationären Psychiatrie – unter dem Burn-out-Syndrom.
s nützt niemandem – auch nicht deren Klientel –, wenn
ich diese Kolleginnen und Kollegen irgendwie noch in
ie Rente schleppen.


(Beifall bei der LINKEN)


Ja, es gibt auch Menschen, die völlig problemlos über
as 65. und selbst über das 67. Lebensjahr hinaus arbei-
en können; ein Blick in die Reihen dieses Hauses ge-
ügt.


(Beifall bei der LINKEN)


Deshalb sagen wir Linke, dass angesichts der Vielfalt
er Arbeitswelt, dass angesichts völlig unterschiedlicher
örperlicher und/oder seelischer Belastungen eine starre
ltersgrenze zunehmend weniger den Lebensleistungen

lterer Arbeitnehmer gerecht wird.


(Beifall bei der LINKEN)


ir wollen, dass Arbeitnehmer eine Chance haben,
öglichst gesund aus dem Berufsleben auszuscheiden.


(Beifall bei der LINKEN)


as wir dringend brauchen, sind flexible Übergänge in
en Ruhestand. Darin sind wir uns hier im Hause wohl
lle – mit Ausnahme der CDU/CSU-Fraktion – einig.
ur über das Wie wird trefflich gestritten.

Aber während noch über die Konstruktion neuer Brü-
ken gestritten wird, werden die alten schon abgerissen.
ie Benutzung des Notausgangs Erwerbsminderungs-

ente hat bereits Rot-Grün drastisch eingeschränkt. Der






(A) )



(B) )


Volker Schneider (Saarbrücken)

Zugang in diese Rentenform ist um mehr als ein Drittel
zurückgegangen. Jetzt soll auch noch die Altersteilzeit
auslaufen. „Arbeiten bis zum Umfallen!“ ist jetzt wohl
die Devise.

Vergessen wir nicht, dass es der Sozialdemokrat
Müntefering war, der gegen alle Widerstände nicht nur
die Rente mit 67 durchgepowert hat,


(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Guter Mann!)


sondern auch gleichzeitig das Ende der Altersteilzeitför-
derung verbrochen hat. Also, auf der einen Seite heißt es
nun länger arbeiten, auf der anderen Seite werden die
Ausstiegsmöglichkeiten zugestellt. Wer vorzeitig aus
dem Berufsleben ausscheiden will, muss deftige Ab-
schläge in Kauf nehmen. Was anderes als eine brutale
Rentenkürzung für körperlich und/oder seelisch Ausge-
brannte ist denn ein solches Vorgehen?


(Beifall bei der LINKEN – Max Straubinger [CDU/CSU]: Herr Schneider!)


Ist das noch sozial, liebe Kolleginnen und Kollegen der
SPD?

Dass Übergänge vom Erwerbsleben in die Rente so-
zial zu gestalten sind, darauf haben wir Linke mit einer
Reihe von Anträgen hingewiesen. Auch wenn Sie diese
reflexartig abgelehnt haben, stellen wir als Linke heute
fest, dass es sich lohnt, den Finger immer wieder in die
Wunde zu legen. Irgendwann merkt selbst die SPD, was
für einen Schwachsinn sie verzapft.


(Beifall bei der LINKEN – Widerspruch bei der SPD)


Das Präsidium der SPD hat am 5. Mai ein Papier für
die Weiterentwicklung der Altersteilzeit und Teilrente
beraten. Das ist zwar eine Schmalspurvariante der bishe-
rigen Regelung, aber immerhin besser als gar nichts.
Wenn sich die SPD in dieser Frage jetzt bewegt, dann
geschieht dies nur, weil wir sie in Bewegung gebracht
haben.


(Elke Ferner [SPD]: Lächerlich!)


Die Linke sorgt dafür, dass eine Kernforderung der Ge-
werkschaften im parlamentarischen Raum eine Stimme
erhalten hat. Dem können Sie sich nicht entziehen, und
deshalb macht nur eine starke Linke Deutschland sozia-
ler.


(Beifall bei der LINKEN – Andrea Nahles [SPD]: Ach, du lieber Gott!)


Große Koalition heißt in der Frage der Altersteilzeit
einmal mehr großer Ärger. Selbst die Schmalspur-
variante der SPD lehnt die CDU/CSU entschieden ab.
Die auslaufende Regelung habe nicht den erhofften Er-
folg gehabt, sondern faktisch zur Frühverrentung beige-
tragen, so der Kollege Brauksiepe am Dienstag. Das ist
eine erstaunliche Bewertung. Welchen Sinn hat denn die
Altersteilzeit? Doch wohl den, dass Menschen früher in
Rente gehen können, und zwar so, dass dies nicht mit ei-
nem finanziellen Absturz verbunden ist.

Was wäre denn Ihre Alternative, Herr Brauksiepe:
dass man als Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer auch

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(C (D och selbst dafür bezahlt, dass man sein Leben lang so art geschuftet hat, dass man es einfach nicht mehr ackt? Allein im letzten Jahr bekamen fast 105 000 junge enschen einen Arbeitsplatz, der zuvor durch Altersteil eit frei gemacht worden ist. Was, Herr Brauksiepe, bieen Sie diesen jungen Menschen zukünftig als Alternaive: die Arbeitslosigkeit, einen 1-Euro-Job, Midioder inijob, Leiharbeit, eine Teilzeitoder befristete Bechäftigung? Oder aus welchen sonstigen prekären Bechäftigungen besteht Ihr fantastischer Aufschwung? Für uns Linke jedenfalls ist die Altersteilzeitfördeung gelebte Solidarität zwischen den Generationen. ltere Beschäftigte können aus dem Arbeitsleben zu orentlichen Konditionen ausscheiden, jüngere kommen in en Arbeitsprozess hinein. Wenn die Altersteilzeitfördeung abgeschafft wird bzw., wie geplant, ausläuft, ommt es zu einem massiven Anstieg der Jugendarbeitsosigkeit und zu mehr Altersarmut. Sagen Sie dann nicht, as hätten Sie vorher nicht gewusst! Noch ein paar Worte zur SPD und ihren Vorschlägen. ir sind gespannt, wann sie uns einen entsprechenden ntrag vorlegt. Dass Sie im Herbst dieses Jahres ein Ge amtkonzept „Altersgerechtes Arbeiten – Zukunftssihere Rente“ vorlegen wollen, dürfte zumindest für die ltersteilzeit etwas spät sein. 2009 läuft die Förderung us; deshalb wurden entsprechende Tarifverträge von er IG Metall vorsorglich gekündigt. Die SPD will, dass b 2010 Altersteilzeit für alle Neuanträge erst ab dem 7. Lebensjahr möglich ist. Damit werde bei der Alterseilzeit angeblich die Anhebung der Regelaltersgrenze m zwei Jahre nachvollzogen. Wieso dann aber schon 010? Die Rente mit 67 ist zu diesem Zeitpunkt noch icht einmal gestartet. Vollständig umgesetzt wird sie rst 2029 sein. Dass für die Wiederbesetzung der Stellen nur Ausbilungsabsolventen, nicht aber andere junge Arbeitslose nfrage kommen sollen, ist nur schwer nachzuvollziehen. icht zu akzeptieren sind Überlegungen, statt einer Wieerbesetzung der Stellen auch die Schaffung eines Ausildungsplatzes als Ausgleich gelten lassen zu wollen. as zeigt aber, dass Sie trotz aller Ihrer Schaufensterreen genau wissen, wie es auf dem Ausbildungsmarkt ussieht. (Elke Ferner [SPD]: Schaufensterreden halten Sie!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Lachen bei Abgeordneten der SPD)


ber die Altersteilzeit ist nicht das Instrument, um Ihr
ersagen zu kaschieren, junge Menschen in genügend
roßer Zahl und frühzeitig in Ausbildung zu bringen.


(Beifall bei der LINKEN)


Nicht mehr spaßig sind Ihre Vorschläge zum Teilren-
enbezug; denn dieser soll unmöglich sein, wenn im
päteren Verlauf eine Abhängigkeit von der Grundsiche-
ung im Alter verursacht wird. Das ist nun wirklich fast
icht mehr zu glauben. Sie tun alles dafür, dass es den






(A) )



(B) )


Volker Schneider (Saarbrücken)

Menschen Jahr für Jahr schwerer fallen wird, noch eine
vernünftige Rente zu erhalten.


(Elke Ferner [SPD]: Das glauben Sie ja selber nicht!)


Sie senken das Rentenniveau und muten den Leuten zu-
nehmend Beschäftigung in prekären Arbeitsverhältnis-
sen zu. Wenn sie in ihrem Leben jede noch so üble und
noch so schlecht bezahlte Arbeit angenommen haben
bzw. annehmen mussten, dann verweigern Sie ihnen
auch noch den flexiblen Übergang in die Rente. Das
heißt doch wohl: Wer hat, dem wird gegeben; wer nichts
hat, muss sehen, wo er bleibt.


(Beifall bei der LINKEN)


Es gibt also noch vieles zu diskutieren; aber die Al-
tersteilzeit verlangt heute eine Lösung. Deshalb fordert
die Linke die Bundesregierung auf, jetzt die Förderung
der Bundesagentur für Arbeit von Leistungen nach dem
Altersteilzeitgesetz fortzuführen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der LINKEN – Wolfgang Grotthaus [SPD]: Einfach nur schwach!)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616004600

Für die Unionsfraktion hat nun der Kollege Dr. Ralf

Brauksiepe das Wort.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Ralf Brauksiepe (CDU):
Rede ID: ID1616004700

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Die Große Koalition hat in ihrem Koalitionsvertrag ver-
einbart, Anreize zur Frühverrentung abzubauen, um Im-
pulse für mehr Beschäftigung von älteren Arbeitnehme-
rinnen und Arbeitnehmern zu geben. Ich sage auch
heute: Das ist genau der richtige Weg, der schon erhebli-
che Erfolge auf dem Arbeitsmarkt erzielt hat.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir haben eine sehr positive Entwicklung bei der
Beschäftigung Älterer zu verzeichnen. Die Beschäfti-
gungsquote für über 55-Jährige lag im zweiten Quartal
des Jahres 2007 in Deutschland bei 52 Prozent. Sie hat
sich gegenüber dem Jahr 2000 um mehr als 10 Prozent-
punkte erhöht. Wir haben schon jetzt das Lissabon-Ziel
der Europäischen Union, eine Beschäftigungsquote von
über 50 Prozent für Ältere im Jahr 2010 zu erzielen,
übertroffen.

Zwei Drittel des Beschäftigungsaufschwungs in
Deutschland gehen auf Ältere zurück. Von dem Anstieg
der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsver-
hältnisse hat die Altersgruppe der über 55-Jährigen mit
einem Plus von fast 7 Prozent profitiert, also weit über-
durchschnittlich. Das zeigt: Die Älteren werden in die-
sem Land nicht nur gebraucht, sondern auch eingestellt;
sie kommen verstärkt in Beschäftigung. Das hat etwas
damit zu tun, dass wir Frühverrentungsanreize abgebaut
haben. Das hat auch etwas damit zu tun, dass wir einen
Mentalitätswandel eingeleitet haben, dass wir Signale
gegeben haben: Die Älteren gehören nicht zum alten Ei-

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(C (D en; sie werden gebraucht. Wir haben Erfolge bei der ekämpfung der Arbeitslosigkeit Älterer, auf die wir tolz sind. Nun sagt niemand von uns, dass in der Vergangenheit lles, was in punkto Altersteilzeit und Frühverrentung emacht worden ist, falsch gewesen wäre. Man muss ich auch dazu bekennen, dass man zu unterschiedlichen eiten angesichts unterschiedlicher Rahmenbedingunen unterschiedliche Prioritäten setzt. (Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das glauben wir eben nicht!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


Die Geschichte der Frühverrentung geht ja bis auf
as Vorruhestandsgesetz aus dem Jahre 1984 zurück.
as war eine Zeit, als Sie von der Linken noch für ganz

ndere Zustände hier in Deutschland Verantwortung hat-
en.


(Widerspruch bei der LINKEN)


a hatten wir mit unserer Politik diese Förderung schon
ingeführt. Sie ist über viele Jahrzehnte – jetzt schon fast
5 Jahre – immer befristet weiter verlängert worden. Sie
st zum letzten Mal im Jahr 2000 von Rot-Grün mit der

aßgabe verlängert worden, dass die Dauer der Befris-
ung von der Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt abhän-
ig gemacht wird. Liebe Kolleginnen und Kollegen,
elche Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt muss denn
och eintreten, dass man ein solches Instrument endlich
uslaufen lassen kann? Reden wir doch unsere Erfolge
uf dem Arbeitsmarkt nicht schlecht. Unsere Bilanz mit
ber 1 Million zusätzlicher Arbeitsplätze zeigt: Wir ha-
en Erfolge auf dem Arbeitsmarkt. Nach der Maßgabe
es rot-grünen Gesetzentwurfs muss die Altersteilzeit
it BA-Förderung damit auslaufen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum macht ihr das dann nicht?)


eden wir unsere eigenen Erfolge also nicht schlecht.

Jetzt sage ich Ihnen, Herr Schneider, was wir unter
rühverrentung verstehen, damit Sie die Unterschiede
wischen Frühverrentung und Altersteilzeit begreifen.
ch habe schon deutlich gesagt: Man muss zu unter-
chiedlichen Zeiten unterschiedliche Prioritäten setzen.
ls 1984 das Vorruhestandsgesetz eingeführt wurde, da
rängten gerade die geburtenstarken Jahrgänge auf den
usbildungsmarkt. Ich bin Jahrgang 1967. Ich stamme

us einem dieser Jahrgänge, um die es damals ging. Man
tand vor der Frage, was man in dieser akuten Situation
un kann. Das war 1984 die Situation. Seitdem hat sich,
ie jeder weiß, in Bezug auf die Geburtenraten und er-

reulicherweise auch in Bezug auf die Lebenserwartung
iel geändert.

Die damals beschlossene Förderung ist überwiegend
on den Großbetrieben genutzt worden, sie ist aber von
en kleinen mitbezahlt worden. Damals war das eine
ichtige Idee. Auch die Idee, die Norbert Blüm damals
atte, nämlich gleitende Übergänge zu ermöglichen, war
ichtig und sympathisch. Es ging nämlich eigentlich






(A) )



(B) )


Dr. Ralf Brauksiepe
genau darum, dass man den Älteren ermöglicht, schritt-
weise aus dem Arbeitsleben auszusteigen, also im Laufe
der Zeit weniger zu arbeiten, aber zugleich ihre Erfah-
rungen und ihr Wissen im Betrieb an die Jüngeren wei-
terzugeben. Das verstand man unter gleitenden Übergän-
gen. Die Menschen haben sich aber zu über 90 Prozent
für das Blockmodell entschieden: drei Jahre voll arbei-
ten und drei Jahre gar nicht.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was machen Sie denn jetzt?)


Das ist aber nichts anderes als Frühverrentung, und hier
liegt ein Unterschied zu unseren Vorstellungen. Wir
wollten gleitende Übergänge ermöglichen, aber in der
Regel wurde Frühverrentung praktiziert. Das kann sich
diese Gesellschaft nun nicht mehr leisten. Hier liegt der
Unterschied in unseren Betrachtungsweisen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ich sage es noch einmal: 1984 ging es darum, die ge-
burtenstarke Jahrgänge in die Arbeitswelt einzubringen.
Wenn diese Förderung im Jahre 2015 ausläuft, hat es sie
32 Jahre lang gegeben. 32 Jahre sind eine lange Zeit.
32 Jahre lang gab es eine gute Begründung dafür. Heute
fördern wir den Berufseinstieg von jungen Menschen,
deren Eltern sich noch gar nicht kannten, als diese Rege-
lungen eingeführt wurden, um die damaligen geburten-
starken Jahrgänge in Beschäftigung zu bringen. 32 Jahre
sind gut begründet, und das Ende dieser Förderung im
Jahr 2015 ist ebenfalls gut begründet, liebe Kolleginnen
und Kollegen.

Auch die von Rot-Grün eingesetzte Rürup-Kommis-
sion hat im Jahre 2003 völlig zu Recht darauf hingewie-
sen, dass das Blockmodell, wie es in der Regel prakti-
ziert wird, der notwendigen Bewusstseinsbildung bei
den Menschen, dass sie länger arbeiten müssen, im Weg
steht. Deswegen ist es auch richtig, wenn wir aus sol-
chen Ratschlägen die richtigen Konsequenzen ziehen.

Die Große Koalition hat die Weichen für die Förde-
rung der Teilhabe Älterer richtig gestellt, insbesondere
mit der Initiative „50 plus“. Es kann doch nicht sein,
dass wir propagieren, dass es sich lohnt, dass sich auch
über 50-Jährige weiterbilden, und die Frühverrentung in
Sonntagsreden ablehnen, gleichzeitig aber akzeptieren,
dass es in den Großbetrieben zum guten Ton gehört, dass
über 50-Jährige möglichst schnell die Betriebe ver-
lassen. Sprechen Sie einmal mit denjenigen, deren
Berufsgruppen betroffen sind. Es sind doch nicht die
kleinen mittelständischen Dachdeckerunternehmen, die
die Möglichkeiten zur Frühverrentung nutzen, es sind
doch die Großunternehmen, wo diese generalstabsmäßig
organisiert werden. Wir akzeptieren nicht, dass diejeni-
gen, die generalstabsmäßig die Älteren aus den Betrie-
ben herausdrängen, uns erzählen, eine Rente mit 67 sei
unsinnig, da es in den Betrieben ja gar keine Älteren
gebe. Dieses lassen wir uns nicht von denen vorhalten,
die selbst dafür sorgen, dass die Älteren aus den Betrie-
ben herausgedrängt werden. Damit muss Schluss sein,
liebe Kolleginnen und Kollegen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


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(C (D Die Große Koalition hat sich bei den Beratungen über en Entwurf eines Gesetzes zur Rente mit 67 intensiv it allen Rentenarten beschäftigt und sehr genau ge rüft, wo es notwendig ist, bei den Rentenarten Ausnahen von einer allgemeinen Verlängerung um zwei Jahre u machen. Wir haben Ausnahmen bei den Erwerbsminerungsrenten gemacht, und zwar aus guten Gründen. er Grundsatz muss sein: Wer nicht mehr arbeiten kann, er wird von der Solidargemeinschaft aufgefangen. Aber iejenigen, die nicht mehr arbeiten können, können nur on denen aufgefangen werden, die arbeiten können und enen wir eine längere Lebensarbeitszeit abverlangen üssen. Daher ist diese Regelung – Manna fällt schließ ich nicht vom Himmel – anders nicht zu finanzieren. Wir haben eine besondere Ausnahmeregelung für enschen mit 45 Versicherungsjahren geschaffen. Für ie haben wir eine eigene Rente für besonders langjährig ersicherte eingeführt. Wir haben darüber hinaus Ausahmen geschaffen und einen zusätzlichen breiten Koridor für einige Berufsgruppen mit langen Versicheungszeiten von mindestens 35 Jahren eingeführt. Das haben Klaus Brandner und ich, die wir damals für ie Fraktionen diese Gespräche geführt haben, gemeinam gemacht und auch die Ergebnisse gemeinsam errbeitet. Wir haben gemeinsam festgestellt: Die Rente egen Altersteilzeit muss auslaufen. Das macht aber nur ann Sinn, wenn auch die BA-Förderung, die für 00 000 Menschen, um die es geht, jedes Jahr rund ,5 Milliarden Euro aufwenden muss, ausläuft. Ich habe immer klipp und klar gesagt – das erkläre ich uch heute wieder für unsere Fraktion –: Wir sind immer ür neue Argumente offen. Aber wer etwas anderes will, er muss neue Argumente gegenüber dem Stadium brinen, als wir diese sinnvollen Beschlüsse für die Rente it 67 beschlossen haben. (Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Die werden Sie nie zu hören bekommen!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


Dass ein Fristablauf wie der für die Förderung von
eufällen in der Altersteilzeit Ende 2009 näher rückt
der dass ein Bundestagswahltermin näher rückt, sind
ür uns keine neuen Argumente.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Hört! Hört!)


ir haben den Entwurf eines Gesetzes zur Rente mit
7 aus guten Gründen so gemacht, wie er ist. Daran hal-
en wir fest.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Dabei ist völlig klar: Wir sind nicht gegen das Instru-
ent der Altersteilzeit als solches. Deswegen ist im

ahressteuergesetz 2007 ausdrücklich festgelegt worden,
ass es das Instrument der Altersteilzeit nicht nur weiter-
in geben wird, sondern dass es auch durch die Steuer-
nd Sozialabgabenfreiheit für Arbeitnehmerinnen und
rbeitnehmer sowie Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber
eiter gefördert wird.

Wir unternehmen erhebliche Anstrengungen, um
unge Menschen in Ausbildung und Beschäftigung zu






(A) )



(B) )


Dr. Ralf Brauksiepe
bringen. Jeder weiß, dass ein Gesetzentwurf der Bundes-
regierung zum Ausbildungsbonus in den parlamentari-
schen Beratungen ist. Wir werden das in den nächsten
Wochen und Monaten abschließen. Wir fördern also
über die Steuer- und Sozialabgabenfreiheit auch über
2009 hinaus die Altersteilzeit. Wir unterstützen darüber
hinaus nach Kräften die jungen Menschen bei ihrer Inte-
gration in das duale Ausbildungssystem.

In dem Alterssicherungsbericht des Bundesarbeits-
ministeriums wird festgestellt: Nur bei 30 bis 40 Prozent
der Altersteilzeitfälle wird die Förderung der Bundes-
agentur für Arbeit in Anspruch genommen. Der neue
Chemietarifvertrag zeigt neue Wege auf. Ich weiß, dass
in dem Ingolstädter Wahlkreis von Ernährungsminister
Horst Seehofer entsprechende Regelungen getroffen
wurden. Auch einige Automobilunternehmen in
Deutschland denken hier weiter. Wir sind offen dafür,
auch Langzeitarbeitskonten verstärkt zu schützen. Das
Bundesarbeitsministerium arbeitet an einem entspre-
chenden Gesetzentwurf. Wir sind sehr zuversichtlich,
hier zu einer guten Lösung zu kommen.

Ich spreche hier auch vor dem Hintergrund von fast
einem Vierteljahrhundert einer immer wieder begrenzt
verlängerten Förderung der Altersteilzeit. Ich kann die
Begünstigten mit ihren Argumenten verstehen, dass man
doch noch einmal für eine begrenzte Zeit etwas tun
sollte. Aber ich sage klipp und klar: Aus der Sicht der
Begünstigten wird es niemals einen geeigneten Zeit-
punkt geben, auf das Geld anderer Leute zu verzichten.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616004800

Kollege Brauksiepe, bitte kommen Sie zum Schluss.


Dr. Ralf Brauksiepe (CDU):
Rede ID: ID1616004900

Wir müssen auch die mehr als 27 Millionen und jeden

Monat an Zahl zunehmenden Menschen mit ihren Bei-
trägen zur Arbeitslosenversicherung im Blick haben.
Wir halten in dieser Frage Kurs. Wir stehen zu den ge-
troffenen Verabredungen auch bei Gegenwind.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616005000

Das Wort hat der Kollege Dr. Heinrich Kolb für die

FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1616005100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Herr Schneider, mit der Altersteilzeit ist es so ähnlich
wie mit dem Kommunismus: Es klingt theoretisch gut,
funktioniert praktisch aber nicht und nützt den Men-
schen auch nicht wirklich, im Gegenteil.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Das ist Ihre Bewertung, nicht die der Betroffenen!)


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(C (D ielleicht ist ja, Herr Schneider, diese Ähnlichkeit der rund, warum die Linke – jedenfalls nach der geltenden esetzesund Antragslage – als letzte verbliebene Frak ion im Deutschen Bundestag der Altersteilzeit weiter nhängt und heute sogar versucht, der mit einem Ausaufdatum versehenen Regelung neues Leben einzuhauhen. Dieses Vorhaben, Herr Schneider und liebe Kolleinnen und Kollegen von der Linken, sollten Sie ebenso ie die kommunistische Ideologie besser beerdigen. Wir wissen heute: Die Frühverrentung per Alterseilzeit war ein teurer Irrweg. (Dirk Niebel [FDP]: Der Kommunismus auch!)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Der Kommunismus auch; das will ich gerne ergänzen.


(Heiterkeit bei der FDP und der CDU/CSU)


er Spiegel schreibt in seiner aktuellen Ausgabe – ich
itiere –:

Was besonders belasteten Arbeitnehmern den Aus-
stieg erleichtern sollte, entwickelte sich zu einem
finanziellen Sprengsatz für die Sozialkassen und zu
einem Instrument, die „Generation 50 plus“ flä-
chendeckend aus dem Erwerbsleben zu kicken.


(Jörg Rohde [FDP]: Und genau so war es!)


em ist eigentlich nichts hinzuzufügen. Ich erwähne,
ass die FDP-Bundestagsfraktion die Erste war, die sich
en Fehler eingestanden und auf die Abschaffung der
ltersteilzeit gedrängt hat.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Sie haben das mit beschlossen!)


Ja, Herr Fuchs, wir haben das damals mit beschlossen.
ber man muss aus seinen Fehlern lernen. Die anderen
raktionen sind erst später zögerlich, aber am Ende
benfalls auf diesen Kurs eingeschwenkt. Nach gelten-
er Rechtslage wird es nach dem 1. Januar 2010 keine
eue Förderung der Altersteilzeit auf Kosten der Bei-
ragszahler mehr geben. Ich füge hinzu: Und das ist auch
ut so.


(Beifall bei der FDP)


Durch die Altersteilzeit sind nämlich die älteren Ar-
eitnehmerinnen und Arbeitnehmer regelrecht aus den
etrieben herausgedrängt worden, und zwar flächende-
kend. Zu dem ursprünglich angedachten Koppelge-
chäft – Förderung des Ausscheidens älterer, damit Platz
ür die Einstellung jüngerer Arbeitnehmerinnen und Ar-
eitnehmer geschaffen wird – ist es doch in den allerwe-
igsten Fällen gekommen. Zugegeben: Viele Menschen
aben die Frühverrentung bzw. die Altersteilzeit bewusst
ls einen sicheren Hafen in Zeiten schwieriger Arbeits-
arktverhältnisse begriffen und sich gerne auf das

prichwörtlich sichere Altenteil drängen lassen, aller-
ings ohne Aussicht auf Rückkehr, auch nicht in Zeiten
esserer Konjunktur. Raus ist raus. Frank Weise, der
hef der Bundesagentur für Arbeit – Anstaltsleiter,






(A) )



(B) )


Dr. Heinrich L. Kolb
würde mein Kollege Niebel sagen –, wird dazu im
Spiegel mit dem Satz zitiert:

Versuchen Sie mal, einen Daimler-Ingenieur aus
der Altersteilzeit zu holen. Der lacht Sie doch aus.

Recht hat er; leider, sage ich dazu.


(Beifall bei der FDP)


Mit hohem Aufwand von rund 1,5 Milliarden Euro
pro Jahr werden mit der Altersteilzeitregelung erfahrene
Leistungsträger aus dem Wirtschaftsprozess herausge-
kauft – ein volkswirtschaftlich vollkommen unsinniges
Geschäft. Deswegen ist es an der Zeit, die Dinge neu zu
denken. Die FDP-Bundestagsfraktion hat daher den Vor-
schlag eines flexiblen Renteneintritts ab dem 60. Le-
bensjahr bei Wegfall aller Zuverdienstgrenzen vorgelegt
und jetzt auch im Deutschen Bundestag eingebracht.


(Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Das ist aber auch volkswirtschaftlicher Unsinn!)


Der FDP-Vorschlag ist zukunftsweisend.


(Abg. Max Straubinger [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


– Frau Präsidentin, der Kollege Straubinger möchte eine
Zwischenfrage stellen. – Bitte.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616005200

Genau darauf wollte ich Sie gerade aufmerksam ma-

chen; aber wenn Sie sie zulassen wollen, bitte.


Max Straubinger (CSU):
Rede ID: ID1616005300

Herr Kollege Kolb, Sie haben richtigerweise ausge-

führt, dass die Frühverrentungsmaßnahmen volkswirt-
schaftlicher Unsinn sind. Jetzt kommen Sie mit der Teil-
rente. Ist nicht auch das volkswirtschaftlicher Unsinn?


Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1616005400

Das ist kein volkswirtschaftlicher Unsinn, im Gegen-

teil. Die Erfahrungen – das will ich an dieser Stelle gerne
sagen – etwa in Dänemark oder Schweden zeigen: Wenn
die Menschen die Möglichkeit haben, frei zu entschei-
den, also wenn sie nicht mehr arbeiten müssen, aber
noch arbeiten können, dann steigt in der Tat die Beschäf-
tigungsquote Älterer. In Dänemark sind 61 Prozent, in
Schweden 69 Prozent aller 55- bis 65-Jährigen erwerbs-
tätig, nicht weil sie arbeiten müssen, sondern gerade weil
sie das Angebot haben, mit 60 in Rente zu gehen, dieses
aber nicht nutzen müssen. Sie arbeiten so lange, wie sie
es selbst für richtig halten.


(Beifall bei der FDP – Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Und was ist da mit der Erfahrung Älterer?)


– Die bleiben doch dabei, Kollege Brauksiepe. Sie schei-
den eben nicht aus, sondern bleiben länger, aber in Teil-
zeit; sie arbeiten noch die Hälfte der ursprünglichen Ar-
beitszeit. Das ist doch das, worum es geht.

Die FDP schlägt vor, dass Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer unter Berücksichtigung der erworbenen
Anwartschaften in der Rentenversicherung und aus pri-

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(C (D ater gesetzlicher Vorsorge, Grundsicherungsfreiheit voausgesetzt, frei entscheiden können sollen, ob und in elchem Umfang sie nach dem 60. Lebensjahr noch ererbstätig bleiben wollen. Wir brauchen diesen Paradigmenwechsel: Nicht mehr in möglichst frühes Ausscheiden aus dem Arbeitsproess, sondern eine möglichst lange Teilhabe am Ererbsleben muss zum neuen Leitbild in unserer Gesell chaft werden. rbeit ist nämlich nicht nur eine Last. Herr Schneider, iesen Eindruck vermitteln Sie manchmal. Arbeit hat uch etwas mit dem Selbstwertgefühl von Menschen und it dem Gefühl, noch dazuzugehören und gebraucht zu erden, zu tun. Wir wollen, dass mit dem Bezug einer Vollbzw. Teilente auch alle Zuverdienstgrenzen entfallen. Wir glauen, dass mit diesem Wegfall ein hohes Erwerbsinteresse er älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beründet wird. Ich sage Ihnen voraus: Die möglichst ange Beteiligung der Älteren am Erwerbsleben wird chon in wenigen Jahren volkswirtschaftliche Räson ein, nämlich dann, wenn ab dem Jahr 2012 die geburenstarken Jahrgänge aus dem Erwerbsleben ausscheiden nd vergleichsweise geburtenschwache Jahrgänge nachücken. Auf die Erfolge in Skandinavien und in England habe ch schon hingewiesen. Ich will aber noch einmal betoen: Nicht das Gefühl, noch arbeiten zu müssen, sondern as Gefühl, arbeiten zu können, führt am Ende dazu, ass trotz des Angebotes, in Rente zu gehen, die Menchen länger in Arbeit bleiben. Ich freue mich – das will ich hier sehr deutlich sagen –, ass das FDP-Modell nach der anfänglich unvermeidlihen Trotzreaktion der anderen Parteien nach dem Motto Was nicht von uns ist, kann nicht gut sein“ jetzt zunehend auf Zustimmung stößt. Ich freue mich, Herr chaaf, dass in den Papieren, die es im Moment aus der PD gibt, unsere Gedanken reflektiert werden. Ich freue ich auch, dass beispielsweise Herr Laumann in Nord hein-Westfalen wesentliche Elemente unseres Konzepes eines flexiblen Übergangs übernommen hat. (Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Sie sollten den Herrn Laumann öfter unterstützen!)


(Beifall bei der FDP)


uch bei den Tarifpartnern stoßen unsere Vorschläge auf
roße Zustimmung.


(Beifall bei der FDP)


Lassen Sie uns also nicht den Modellen von gestern
achhängen, sondern gemeinsam überlegen, wie der
DP-Vorschlag im breiten Konsens in das Bundesge-
etzblatt aufgenommen werden kann. Wenn das der Er-
rag der heutigen Debatte ist, Herr Schneider, hätte sich
as Ganze am Ende doch gelohnt.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP)







(A) )



(B) )


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616005500

Das Wort für die SPD-Fraktion hat die Kollegin Elke

Ferner.


(Beifall bei der SPD)



Elke Ferner (SPD):
Rede ID: ID1616005600

Frau Präsidentin! Liebe Kollegen und Kolleginnen!

Wenn man Herrn Schneider zuhört, kann man fast den
Eindruck bekommen, die Linke macht Politik nach dem
Motto „Im Himmel ist Jahrmarkt“, egal wie und von
wem es bezahlt werden muss.


(Andrea Nahles [SPD]: Genau! – Widerspruch der Abg. Dr. Barbara Höll [DIE LINKE])


Ich möchte daran erinnern, dass der Beschluss des
Parteipräsidiums der SPD vom vergangenen Montag
nichts Neues enthält. Er basiert in allen Punkten auf
dem, was von einer Arbeitsgruppe, die der Kollege
Ludwig Stiegler und ich im letzten Jahr geleitet haben
und deren Ergebnisse dem Hamburger Parteitag vorge-
legt wurden, vorgeschlagen wurde. Wer sich die Mühe
gemacht hätte, diesen Bericht zu lesen, hätte feststellen
können, dass keine neue Erkenntnis, initiiert durch die
Linkspartei oder andere Parteien, aufgenommen worden
ist; denn die Willensbildung in der SPD findet immer
noch in der SPD und nicht in anderen Parteien statt.


(Beifall bei der SPD)


Ein weiterer Punkt, den man in dieser Debatte hervor-
heben muss, ist, dass sich die Beschäftigungsquote der
älteren Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen – darauf
hat der Kollege Brauksiepe eben hingewiesen – deutlich
verbessert hat.


(Volker Schneider [Saarbrücken] [DIE LINKE]: Auch für die über 60-Jährigen?)


Ich muss aber sagen, dass ich mich in der Summe mit ei-
nem Anteil von 52 Prozent, mit dem die Lissabon-Stra-
tegie gerade so erfüllt wird, nicht zufrieden gebe. Wir
brauchen eine entsprechende Quote durchgängig in allen
Altersgruppen. Da ist noch einiges zu tun.

In dieser Debatte, in der wir über Anträge zur Alters-
teilzeit sprechen, muss man das Thema komplexer be-
handeln, als es in Teilen angelegt worden ist. Es kann
nicht vorrangig das Ziel sein, Menschen frühzeitig in
Rente zu schicken.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber das haben Sie doch gerade beschlossen!)


Das Ziel muss vielmehr sein, Menschen, solange es geht,
im Erwerbsprozess halten zu können. Das geht aber
nicht, indem man sozusagen hinten ansetzt. Man muss
ein ganzes Erwerbsleben lang dafür sorgen, dass die
Arbeitsbedingungen human, alterns- und altersgerecht
sind und dass vor allen Dingen keine Dequalifizierung
im Laufe des Erwerbsprozesses stattfindet. Das ist bei
uns in Deutschland leider noch der Fall.


(Kornelia Möller [DIE LINKE]: Warum machen Sie mit Ihrer Politik das Gegenteil?)



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(C (D Stellen Sie Zwischenfragen, Frau Kollegin, und chreien Sie nicht so durch die Gegend! (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Volker Schneider [Saarbrücken] [DIE LINKE]: Jetzt klatschen die, die vorhin gebrüllt haben!)


Bei der betrieblichen Weiterbildung, aber auch bei
er notwendigen außerbetrieblichen Weiterbildung ha-
en wir noch viel zu tun. Wenn ich mir anschaue, wie
enig Menschen über 50 bzw. 55 Jahre überhaupt noch

n betrieblicher Weiterbildung partizipieren können – im
brigen können Frauen in deutlich geringerem Umfang

n betrieblicher Weiterbildung partizipieren –, so muss
ch feststellen, dass hier noch einiges zu tun ist. Dequali-
izierung kann sich unsere Wirtschaft gerade vor dem
intergrund einer älter werdenden Gesellschaft nicht

eisten.

Ein weiteres Thema, das in diesem Zusammenhang
atürlich zu berücksichtigen ist, ist die Tatsache, dass es
elbst bei allgemein sehr humanen Arbeitsbedingungen
nd Besserqualifizierung in Zukunft – heute im Übrigen
uch – immer Menschen geben wird, die unter sehr
chweren Bedingungen arbeiten müssen – ob das im
augewerbe, im Bergbauzulieferbereich, im Stahlbe-

eich oder in der Automobilindustrie ist. Ich nenne aber
usdrücklich beispielsweise auch die Krankenschwes-
ern in den Krankenhäusern und die Altenpflegerinnen in
en Pflegeheimen im Wechseldienst, die teilweise unter
örperlich und psychisch sehr anstrengenden Belastun-
en ihre Arbeit verrichten müssen und die heute die Re-
elarbeitsgrenze von 65 Jahren nicht gesund oder kaum
esund erreichen können. Auch darauf brauchen wir
ntworten.

Ich glaube aber nicht, dass die frühere Frühverren-
ungspraxis die richtige Antwort darauf ist. Die frühere
rühverrentungspraxis, an der im Übrigen auch Sie, Herr
olb, bzw. damals Ihre Partei in Regierungsverantwor-

ung beteiligt waren,


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Mea culpa! Man muss aus seinen Fehlern lernen, Frau Ferner! Das ist die Herausforderung!)


at in erster Linie dazu geführt, dass sich große Betriebe
hren Personalabbau über öffentliche Systeme mitfinan-
ieren lassen konnten und die kleineren Betriebe, ob-
ohl sie dies mitbezahlt haben, mit ihren Problemen al-

eingelassen wurden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


ies hat leider zu einer Mentalität geführt, die bewirkt
at, dass in vielen Betrieben kaum Beschäftigte über
0 Jahre zu finden sind. Das ist leider ein Ergebnis der
rühverrentungspraxis der 70er- und insbesondere der
0er-Jahre. Ich glaube nicht, dass das ein Zukunftsmo-
ell sein kann.

Bei dem Punkt, der jetzt zur Diskussion steht, bei der
rage der Altersteilzeit, sollte man, Herr Kollege
chneider, ein Stück weit ehrlich sein. Sie haben eben
ider besseres Wissen behauptet, dass die Altersteilzeit






(A) )



(B) )


Elke Ferner
ausläuft; das kann man ja im Protokoll nachlesen. Die
Altersteilzeit läuft aber nicht aus.


(Beifall bei der SPD)


Altersteilzeit ist nach wie vor auch nach dem
31. Dezember 2009 möglich. Sie wird auch gefördert –
zwar nicht über die BA, aber über die Steuer- und So-
zialversicherungsfreiheit der Aufstockungsbeträge.

Die Frage, über die wir jetzt zu diskutieren haben, ist,
ob auch die BA-geförderte Altersteilzeit zwangsläufig,
wie es im Moment Gesetzeslage ist, auslaufen muss oder
ob es, Herr Brauksiepe, nicht auch gute Gründe gibt,
vielleicht doch eine zumindest eingeschränkte Weiter-
förderung durch die BA bei Inanspruchnahme von Al-
tersteilzeit zu gewährleisten. Ich nenne Ihnen einen gu-
ten Grund. Dazu können Sie sagen, er sei Ihnen nicht gut
genug. Es geht hier nicht um Wahltermine oder sonst ir-
gendetwas, sondern darum, beispielsweise dafür zu sor-
gen, dass junge Menschen, junge Männer und Frauen,
die ihre Ausbildung in einem staatlich anerkannten Aus-
bildungsberuf erfolgreich absolviert haben, in Beschäfti-
gung kommen können. Wir alle kennen doch die Situa-
tion der jüngeren Generation, die nach der Ausbildung in
unbezahlten Praktika, mit befristeten Verträgen usw.
mehr schlecht als recht über die Runden kommen muss.

Ich finde, dass es ein durchaus gutes Argument ist,
noch einmal darüber nachzudenken, ob man die durch
die BA geförderte Altersteilzeit nicht auch in Zukunft
gewährleisten kann. Wir bauen über diese Regelung
Brücken für die Jungen in das Erwerbsleben, und wir
bieten den Älteren, die aus welchen Gründen auch im-
mer nicht mehr vollschichtig oder nicht mehr so lange
arbeiten wollen oder können, eine flexiblere Brücke vom
Erwerbsleben in die Altersphase.


(Beifall bei der SPD)


Die Teilrente, die auch von Herrn Schneider kritisiert
worden ist, halte ich für durchaus diskussionswürdig.
Wir schlagen vor, bereits ab dem 60. Lebensjahr einen
Teilrentenbezug zu ermöglichen, wenn der Teilrentenbe-
zug nachher nicht zur Bedürftigkeit führt. Sie haben nur
die Hälfte dessen genannt, was in dem Beschluss steht.
Sie haben nicht gesagt, dass die Arbeitgeber verpflichtet
werden sollen, die Beträge aufzustocken, die aufgrund
des Abschlages bei einer Teilrente in Kauf genommen
werden müssen. So soll verhindert werden, dass bei einem
normalen Rentenbezug im Alter die Grundsicherung in
Anspruch genommen werden muss. Das Teilzeitbeschäf-
tigungsverhältnis muss natürlich sozialversicherungs-
pflichtig sein, weil von Teilrente – das wissen wir alle –
niemand leben kann und durch das Fortbestehen der so-
zialversicherungspflichtigen Beschäftigung Rentenan-
sprüche erworben werden.

Wir glauben, dass man mit diesen Maßnahmen und
der Anhebung bzw. Aufhebung der Zuverdienstgrenze
einen flexibleren Übergang in die Altersrente als bisher
ermöglichen kann. Das Thema Insolvenzsicherung der
Lebensarbeitszeitkonten gehört auch in diesen Zusam-
menhang. Man muss auch über Instrumente wie Zusatz-
beiträge nachdenken können. Ich glaube, dass es dafür
in diesem Haus durchaus Mehrheiten gibt.

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(C (D Abschließend möchte ich sagen, dass wir auch für iejenigen nach einer Lösung suchen, die zwar nicht so tark eingeschränkt sind, dass sie eine Teiloder Vollrwerbsminderungsrente beziehen können, aber trotzem nur noch leichte Tätigkeiten ausüben können. Es arf nicht sein, dass das Arbeitsmarktrisiko bei diesen enschen voll hängen bleibt. uch dazu werden wir im Herbst Vorschläge machen, nd zwar nicht nach dem Motto „Im Himmel ist Jahrarkt“, sondern nach dem Motto „Was ist realisierbar nd finanzierbar?“. Schönen Dank. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall der Abg. Andrea Nahles [SPD])



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616005700

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun die

ollegin Brigitte Pothmer das Wort.


Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1616005800

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Früh-

errentungsregelungen sind allzu oft von Unternehmen
issbraucht worden, um auf Kosten der Solidargemein-

chaft personelle Strukturanpassungen vorzunehmen.
ährend man sich so bequem älterer Arbeitnehmer ent-

edigt hat, ist die Einstellung junger Arbeitnehmer nur
nzureichend vorgenommen worden.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Darauf hat der Kollege Kolb zu Recht hingewiesen!)


Diese bahnbrechende Erkenntnis stammt nicht von
ir, sondern von den Kolleginnen und Kollegen der
PD-Fraktion. Dieser kluge Ausspruch wurde im Aus-
chuss für Arbeit und Soziales getätigt. Deswegen ist
iese Erkenntnis noch lange nicht falsch.

Doch leider interessiert die Sozialdemokraten heute
uch das kluge Geschwätz von gestern nicht. Liebe Frau
erner, was haben Sie eigentlich für eine Rede gehalten?
ie haben deutlich gemacht, dass Frühverrentungsrege-

ungen missbraucht worden sind; dabei haben Sie die
eiterführung dieser Regelung erst jüngst beschlossen.

ie haben alle Erkenntnisse über Bord geworfen.


(Anton Schaaf [SPD]: Das ist doch Quatsch! – Wolfgang Grotthaus [SPD]: Sie haben nicht zugehört!)


as ist nur eine leicht modifizierte Fassung der alten Re-
elung.


(Elke Ferner [SPD]: Die Frühverrentungspraxis Anfang der 80er-Jahre sah ganz anders aus!)


Liebe Frau Ferner, selbst wenn Sie hier behaupten,
ie Beschlüsse der Sozialdemokratinnen und Sozialde-
okraten entstünden autonom in Ihren Köpfen, so lässt

ich doch nicht übersehen, dass diese Kursänderung
em Vorwahlkampf geschuldet ist.






(A) )



(B) )


Brigitte Pothmer

(Andrea Nahles [SPD]: Das ist überhaupt keine Kursänderung! Das haben wir immer vertreten! So ein Quatsch!)


Diese Kursänderung ist ein Versuch, der Rentendebatte
von Rüttgers etwas entgegenzusetzen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das ist der Versuch, soziales Profil zu zeigen. Ich kann
Ihnen nur sagen: Wenn Sie sich von jedem, von wirklich
jedem durch die Gegend hetzen lassen, dann werden Sie
ziemlich schnell aus der Puste sein.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Andrea Nahles [SPD]: Jetzt sagen Sie einmal etwas zur Sache, Frau Pothmer!)


Dass die Linke mit dem hier vorliegenden Antrag al-
les beim Alten lassen will, macht keinen großen Unter-
schied. Beide, Linke und Sozialdemokraten, haben eine
Entscheidung gegen alle vorliegenden Fakten getroffen.
Dass diese Entscheidung etwas mit sozialer Gerechtig-
keit zu tun hat, bestreite ich. Das werde ich nachweisen.
Alle Erfahrungen zeigen unzweideutig:

Erstens. Die Altersteilzeit ist keine Teilzeit, wie es in
der Begründung Ihres Antrages steht, Herr Schneider,
und sie ist auch kein gleitender Übergang in die Rente,
sondern ein Vorruhestandsmodell. In der Zeit zwischen
1996 und 2005 ist dieses Modell zu 90 Prozent als
Blockmodell genutzt worden. Dieser Trend hat sich bis
2007 verstärkt. Inzwischen sind es 94 Prozent, die das
nicht als gleitenden Übergang, sondern als Blockmodell
nutzen. Damit wird das Ziel des Altersteilzeitgesetzes,
einen fließenden Übergang aus dem Erwerbsleben zu
schaffen, offensichtlich verfehlt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Zweitens. Die Altersteilzeit wurde überwiegend zum
Personalabbau genutzt. Lieber Herr Schneider, das
kann Ihnen doch eigentlich nicht recht sein. Die Deut-
sche Rentenversicherung schätzt, dass sich etwa drei- bis
fünfmal mehr Arbeitnehmer in der Altersteilzeit befin-
den als im Bestand der BA. Das heißt mit anderen Wor-
ten: Seit den 90er-Jahren sind rund 431 000 Altersteil-
zeitstellen wiederbesetzt worden. Gleichzeitig sind
ungefähr 1,3 bis 2,5 Millionen Arbeitsplätze mithilfe
von Steuermitteln


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Beitragsmittel!)


und Beitragsmitteln abgebaut worden. Wollen Sie das
mit Ihrem Antrag weiterführen, Herr Schneider?

Drittens. Von der Altersteilzeit profitieren nun wahr-
lich nicht die Geringverdiener. In Anspruch genommen
wird die Altersteilzeit von relativ gut verdienenden Be-
schäftigten männlichen Geschlechts. Nach Angaben der
Rentenversicherung haben die Arbeitsteilzeitler im
Durchschnitt höhere Entgelte erzielt, gehen früher in
Rente und beziehen trotzdem höhere Renten als die Ver-
gleichsgruppen. Ist das Ihre Vorstellung von sozialer Ge-
rechtigkeit? Unserer Vorstellung von sozialer Gerechtig-
keit entspricht das nicht.

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(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir finden es falsch, dass auch mit den Beitragsmit-
eln, den Steuermitteln derjenigen, die sich diese Alters-
eilzeit nicht leisten können, die Altersteilzeit derer mit-
inanziert wird, die mehr Geld in der Tasche haben. Das
ntspricht wahrlich nicht dem, was wir als gerecht emp-
inden. 1,38 Milliarden Euro von diesen Beitragsmitteln
at die Bundesagentur für Arbeit allein im letzten Jahr
afür ausgegeben. Ich finde, diese Beitragsgelder
räuchten wir an anderer Stelle, insbesondere für die
ualifizierung derjenigen, die geringe Einkommen ha-
en, weil sie gering qualifiziert sind. Mit der Meinung
in ich nicht alleine. Auch Herr Alt vom Vorstand der
A sagt, dass sie ihre Aufgabe nicht darin sehen, Leute

rühzeitig aus dem Erwerbsleben herauszukaufen, son-
ern dass sie der Auffassung sind, dass ihre Aufgabe da-
in besteht, den Menschen die Chance zu geben, den
enteneinstieg im Alter von 67 zu erreichen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeber-
erbände, der Arbeitgeberverband Gesamtmetall und der
entralverband des Deutschen Handwerks sehen das ge-
auso. Wenn also selbst diejenigen, die von diesen Be-
chlüssen profitieren würden, sagen, diese Beschlüsse
eien falsch und gehen in die falsche Richtung,


(Wolfgang Grotthaus [SPD]: Deren Beschlüsse sind nicht die von uns!)


ann sollten aus meiner Sicht die Sozialdemokraten
och einmal darüber nachdenken und ihre Beschlussfas-
ung korrigieren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich will nicht den Eindruck erwecken, als würde ich
s Beschäftigten nicht gönnen, frühzeitig und gleitend
us dem Erwerbsleben auszusteigen. Aber ich finde tat-
ächlich, dass es die vornehmste Aufgabe der Tarifpar-
eien ist, genau dafür flexible und vielfältige Regelun-
en zu finden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Herr Schaaf, Sie haben, wie ich finde, den Linken im
usschuss sehr eindrücklich erklärt, dass Sie es inzwi-

chen als einen Fehler ansehen, dass Sie seinerzeit als
etriebsrat für einen frühzeitigen Ausstieg gekämpft ha-
en, dass Sie es als richtiger und als notwendig ansehen,
ich darauf zu konzentrieren, die Arbeitswelt zu humani-
ieren und bessere Arbeitsbedingungen für die Be-
chäftigten herbeizuführen, damit sie nicht aus Krank-
eitsgründen oder weil sie ausgebrannt sind frühzeitig
us dem Erwerbsleben ausscheiden müssen. Das ist die
ufgabe. Sie besteht nicht darin, Beschlüsse zu fassen,
ie diese Frühverrentungspraxis weiterführen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


as wir brauchen, ist eine Debatte darüber, wie wir die
otwendige längere Lebensarbeitzeit mit neuen Ideen
estalten können, nicht mit alten Rezepten.






(A) )



(B) )


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616005900

Kollegin Pothmer, gestatten Sie eine Zwischenfrage

des Kollegen Schaaf?


Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1616006000

Ja.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Die Frage kommt ja genau zur richtigen Zeit, was? Ihre Redezeit war schon zu Ende!)



Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1616006100

Ja. Das haben wir abgesprochen.


(Heiterkeit)



Anton Schaaf (SPD):
Rede ID: ID1616006200

Sehr geehrte Frau Kollegin Pothmer, Sie haben darge-

stellt, was ich im Ausschuss gesagt habe. Damit haben
Sie selbstverständlich völlig recht.


Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1616006300

Sie auch.


Anton Schaaf (SPD):
Rede ID: ID1616006400

Sie sollten aber auch den Kontext berücksichtigen

– die Kollegin Elke Ferner hat ihn eben sehr deutlich be-
schrieben –: Natürlich muss es oberste Priorität haben,
dass die Menschen so lange wie möglich gesund in Ar-
beit bleiben können.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Frage!)


Es wird aber immer Menschen geben, die das aus ver-
schiedensten Gründen nicht schaffen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Frage!)


Da Sie eben ausdrücklich gesagt haben, dass Sie das
Instrument der durch die BA geförderten Altersteilzeit
abschaffen wollen – das haben Sie auch begründet –,
möchte ich Sie fragen: Würden Sie mir recht geben, dass
die nicht geförderte Altersteilzeit über 2009 hinaus be-
stehen bleibt? Können wir, weil dieses Instrument aus
Ihrer Sicht ja völlig falsch ist, in absehbarer Zeit einen
Antrag der Grünen erwarten, in dem Sie fordern, die
nicht geförderte Altersteilzeit abzuschaffen? Auf diese
Fragen hätte ich gerne konkrete Antworten.

Ich hätte auch auf folgende Fragen gerne konkrete
Antworten: Was machen wir mit den Menschen, die vor-
zeitig kaputt sind und nicht mehr arbeiten können? Wie
können wir dafür sorgen, dass sie aus dem Arbeitsleben
gleiten können? Wie können wir hier einen vernünftigen
Übergang gewährleisten? Wie können wir die Potenziale
Älterer nutzen, die nicht mehr so leistungsfähig sind,
wenn nicht über Instrumentarien wie die Altersteilzeit?


Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1616006500

In dem Beschluss, den Sie gefasst haben, haben Sie

zum Ausdruck gebracht, dass Sie die durch die BA ge-
förderte Altersteilzeit, die 2009 auslaufen soll, nicht im
Jahre 2009 auslaufen lassen,


(Andrea Nahles [SPD]: Was in unserem Beschluss steht, das wissen wir!)


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(C (D ondern weitere sechs Jahre fortführen wollen. Das steht m Mittelpunkt meiner Kritik. Jetzt steht nicht zur Debatte, dass es weiterhin mögich sein soll, Altersteilzeitmodelle, die zwischen den arifpartnern vereinbart werden, steuerund abgabenfrei u stellen. (Elke Ferner [SPD]: Wie sollen die Leute denn sonst wieder reinkommen? Sie werden doch nicht von der BA gefördert!)


uch wenn das derzeit nicht zur Debatte steht, sollten
ir über dieses Thema noch einmal reden, Herr Schaaf.

m Übrigen sehe auch ich die Notwendigkeit, genau das
u tun, was Sie im Ausschuss, wie ich finde, eindrucks-
oll erklärt haben. – Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Paul Lehrieder [CDU/CSU])


Es gibt immer mehr Studien, in denen der Arbeits-
räftebedarf bis ins Jahr 2020 projiziert wird. In diesen
tudien wird eines ganz deutlich: Wir laufen auf einen
iesengroßen Fachkräftemangel zu, und zwar auch dann,
enn tatsächlich alle Beschäftigten bis zu ihrem 67. Le-
ensjahr arbeiten. Daher sollten wir nicht das tun, was
ie beschlossen haben: dass die Älteren den Jüngeren
latz machen sollen. Wir brauchen Jüngere und Ältere,
rauen und Männer.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir müssen alle für den Arbeitsmarkt mobilisieren.
afür brauchen wir mehr Ausbildung und Qualifizierung.
afür brauchen wir gesunde und gute Arbeitsbedingun-
en. Dafür brauchen wir flexible Arbeitszeitmodelle, bei
enen Ein- und Ausstiege, zum Beispiel aufgrund von
inderbetreuung, der Pflege Älterer oder gesundheitli-

her Schwierigkeiten, möglich sind. Was wir aber nicht
ebrauchen können, ist ein Herauskaufen der Älteren.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: So wenig Frage und so viel Antwort!)


Wir haben noch eine Menge zu tun. Eines jedenfalls
st sicher: Die ollen Kamellen der Linken und der Sozial-
emokraten zum Thema Altersteilzeit werden uns nicht
eiterhelfen.

Ich danke Ihnen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616006600

Für die Unionsfraktion hat nun die Kollegin Gitta

onnemann das Wort.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Gitta Connemann (CDU):
Rede ID: ID1616006700

Frau Präsidentin! Herr Kollege Schneider, Ihre Debat-

enbeiträge erinnern mich zunehmend an Märchenstun-
en nach dem Motto: Es war einmal eine Fraktion im
eutschen Bundestag. Sie war zwar sehr klein, dafür

ber sehr links. Sie nahm für sich in Anspruch, Anwalt
er Kleinen zu sein. – Wir wissen aber: Es gibt keine






(A) )



(B) )


Gitta Connemann
Märchen, jedenfalls nicht im Deutschen Bundestag. Hier
gibt es allenfalls Märchenerzähler wie Sie, Herr Kollege
Schneider.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Das tapfere Schneiderlein! – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Genau! Märchen gibt es nur beim Ost-Sandmännchen!)


Sie fordern, die Förderung der Altersteilzeit durch die
Bundesagentur für Arbeit nach 2009 fortzuführen, finan-
ziert durch Arbeitslosenversicherungsbeiträge. Ihre Be-
gründung dafür ist im Wesentlichen: Erstens. Die Alters-
teilzeit habe dazu beigetragen, dass Beschäftigte den
Ruhestand gesund erreichen. Zweitens. Sie habe für eine
ausgewogene Beschäftigungsstruktur gesorgt. – Das sind
Märchen.

Die Altersteilzeit ist im Grunde genommen eine gute
Idee gewesen, übrigens von Union und FDP im Jahre
1996. Sie sollte älteren Mitarbeitern einen gleitenden,
frühzeitigen Übergang in den Ruhestand ermöglichen.
Damit wollte man sich von der Praxis verabschieden,
dass bis zum letzten Tag Vollzeit gearbeitet wird und es
dann von hundert auf null geht; denn solche harten
Schnitte sind – das ist unbestritten – gesundheitlich ris-
kant. Zusätzliche Anreize sollten dafür sorgen, dass die
freigewordenen Arbeitsplätze wieder besetzt werden.
Aus dieser Idee wurde jedoch keine praktische Wirklich-
keit. Der gleitende Ausstieg blieb die große Ausnahme;
das sogenannte Blockmodell wurde Standard.

Kollegin Pothmer hat bereits darauf hingewiesen,
dass inzwischen mehr als 90 Prozent aller Altersteilzeit-
verhältnisse im Rahmen des sogenannten Blockmodells
vereinbart werden. Dabei wird zwar die Gesamtarbeits-
zeit halbiert; aber die Beschäftigten arbeiten eben bis
zum letzten Tag voll. Der harte Schnitt – mit allen damit
verbundenen gesundheitlichen Risiken – wird nur vor-
verlegt, aber nicht verhindert. So viel zum Märchen
Nummer eins.

Aus der neuen Teilzeit ist wieder die alte Frührente
geworden. Davon profitiert übrigens eine Gruppe nicht:
die Arbeitnehmer in kleinen und mittelständischen Un-
ternehmen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Zum einen ist das Verfahren für kleine und mittlere Be-
triebe nämlich zu kompliziert, zum anderen fehlt diesen
Betrieben der finanzielle Spielraum, um die gesetzlichen
Leistungen aufzupolstern, was gerade bei kleineren Ein-
kommen in der Regel notwendig ist. Das können nur die
großen Unternehmen leisten. Herr Kollege Schneider, es
geht also gerade nicht um den Dachdecker, der in einem
kleinen Betrieb arbeitet, sondern – es wurde bereits er-
wähnt – um den Ingenieur, der beispielsweise bei einer
großen Automobilfirma arbeitet.

Wenn Sie, meine Damen und Herren von der Linken,
von einer gut angenommenen betrieblichen Praxis spre-
chen, dann meinen Sie ausschließlich die Praxis der
Großunternehmen.

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(C (D iese haben das Instrument systematisch genutzt, um hre Belegschaften zu reduzieren und zu verjüngen, beahlt mit den Beiträgen aller Arbeitnehmer und Arbeiteber. (Peter Rauen [CDU/CSU]: Das Gros hat das System missbraucht!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


ch konnte das in meiner Heimatstadt Leer im Falle der
elekom sehr plastisch erleben.

Der Präsident des Zentralverbands des Deutschen
andwerks, Otto Kentzler, beschreibt es im Handels-
latt wie folgt: Die geförderte Altersteilzeit helfe „vor
llem großbetrieblichen Arbeitgebern“ dabei, „in großer
ahl Arbeitsplätze abzubauen“. Die sozialen Kosten da-

ür würden „weitgehend auf die Allgemeinheit … abge-
älzt“. Die Daten geben ihm recht.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Leider wahr!)


Laut IAB steigt das betriebliche Engagement in Sa-
hen Altersteilzeit mit der Betriebsgröße und erreicht
chließlich nahezu „flächendeckende Ausmaße“. Der
nteil der Betriebe, die Altersteilzeit anbieten, liegt bei
etrieben bis zu 20 Beschäftigten bei kaum 2 Prozent;
ei Betrieben mit 1 000 Beschäftigten liegt sie bei
0 Prozent und mehr.

Sie, meine Damen und Herren von der Linken, wollen
lso einmal mehr eine Umverteilung, aber von unten
ach oben. Die in der Regel nicht so hoch bezahlten Mit-
rbeiter in den kleinen Unternehmen finanzieren über
hre Beiträge zur Arbeitslosenversicherung den goldenen
orruhestand in den Großbetrieben der Industrie,


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


nd zwar mit enormen Summen. Allein die Aufsto-
kungsbeiträge, die die Bundesagentur für Arbeit im
etzten Jahr für Altersteilzeit aufbringen musste, beliefen
ich auf 1,4 Milliarden Euro, mit steigender Tendenz.
eine Damen und Herren von der Linken, mit Ihrem

Weiter so!“ möchten Sie erreichen, dass die Kleinen
eiter für die Großen bezahlen. Das ist mit der Union
icht zu machen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616006800

Kollegin Connemann, gestatten Sie eine Zwischen-

rage des Kollegen Schneider?


Gitta Connemann (CDU):
Rede ID: ID1616006900

Immer gerne.


Volker Schneider (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616007000

Danke schön, Frau Kollegin Connemann. Es wurde

ehrfach behauptet, unsere Devise sei: Weiter so! Des-
alb frage ich Sie: Ist Ihnen nicht bekannt, dass wir, was
ie Beschäftigungssituation Älterer anbelangt, im letzten
ahr einen ausführlichen Antrag gestellt haben, in dem
ir eine Vielfalt von Instrumenten vorgeschlagen haben,






(A) )



(B) )


Volker Schneider (Saarbrücken)

die eingesetzt werden könnten, um die Beschäftigungssi-
tuation Älterer zu verbessern, und dass schon in diesem
Antrag stand, dass man für den Fall, dass man die Leute
nicht in Beschäftigung halten kann oder sie aus gesund-
heitlichen Gründen nicht in Beschäftigung bleiben kön-
nen, sehen muss, welche Instrumente man zur Verfügung
hat?

Können Sie zweitens bestätigen, dass ich eben aus-
drücklich darauf hingewiesen habe, dass es uns lieber ist,
wenn die Leute Beschäftigung haben und nicht in Alters-
teilzeit gehen? Doch wenn Beschäftigung zurzeit nicht
zu haben ist, ist es doch wünschenswert, dass man Brü-
cken wie die Altersteilzeit nicht abreißt, bevor man neue
Brücken gebaut hat. Vor diesem Hintergrund verlangen
wir, dass das Instrument der Altersteilzeit wenigstens so
lange weiter zur Verfügung steht, bis man zu einer besse-
ren Lösung kommt.


(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist jetzt aber über drei Ecken argumentiert!)



Gitta Connemann (CDU):
Rede ID: ID1616007100

Herr Kollege Schneider, Sie lenken ab. Es ist in der

Tat so, dass die Fraktion Die Linke – das ist eine Eigen-
art der Fraktion Die Linke – im Dauertakt Anträge auf-
gelegt hat mit denselben Zielen.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Das ist parlamentarische Arbeit!)


Der Antrag, von dem Sie gesprochen haben, wird einer
der 646 Anträge gewesen sein, die Sie allein im letzten
Jahr gestellt haben.

Es geht in diesem Fall allerdings darum – darauf sind
Sie in keiner Weise eingegangen –, dass Sie mit dem hier
vorliegenden Antrag – über diesen debattieren wir – for-
dern, dass nach wie vor die Bundesagentur für Arbeit
aus Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung, die von
über 27 Millionen Erwerbstätigen in Deutschland er-
bracht werden, von Arbeitnehmern und Arbeitgebern,
egal welchen Einkommensniveaus, den Vorruhestand ei-
niger weniger finanziert. Das nenne ich Umverteilung
von unten nach oben. Das geht zulasten der kleinen Ar-
beitnehmer. Deshalb nenne ich das, was Sie in Ihrem
Antrag fordern, sozial ungerecht.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Dafür wird es mit uns, der Union, ab 2010 keine Gelder
der Bundesagentur für Arbeit mehr geben.

Wir lehnen Ihre Forderung nach einer Verlängerung
der Altersteilzeit aber nicht nur ab, weil sie finanziell un-
gerecht wäre, sondern auch, weil es uns im Wesentlichen
um den Stellenwert der älteren Mitarbeiter geht. Die
älteren Mitarbeiter waren es doch, die ihren Arbeitsplatz
räumen mussten. Deshalb hat übrigens auch unser frühe-
rer Minister Franz Müntefering vehement gegen eine
Verlängerung der Altersteilzeit gekämpft. Er hielt die
Altersteilzeit für ein – ich zitiere ihn – unkontrollierbares
Instrument, das die Beschäftigungschancen der Senioren
mindert.


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(C (D (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wo er recht hat, hat er recht!)


Er hat in der Tat recht. Denn entgegen der Behauptung
er Linken hat die Altersteilzeit gerade nicht zu einer
usgewogenen Beschäftigungsstruktur geführt; das ist
ärchen Nummer zwei. Vielmehr hat sie den Jugend-
ahn gestützt. Gerade die großen Betriebe haben die Al-

ersteilzeit genutzt, um sich älterer Arbeitnehmer syste-
atisch zu entledigen.


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So war das!)


ir konnten das an der Beschäftigungsquote Älterer se-
en, die dramatisch zurückgegangen ist. Deswegen hat
ie Große Koalition dem Jugendwahn den Kampf ange-
agt und im Koalitionsvertrag vereinbart, Anreize zur
rühverrentung zu beseitigen. Ich sage für die Union:
ir stehen zu unserem Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wir brauchen die Erfahrung der älteren Arbeitnehmer
ringender denn je, auch vor dem Hintergrund des Fach-
räftemangels. Im Übrigen wäre es widersprüchlich, die
esetzliche Altersgrenze von 65 auf 67 Jahre heraufzu-
etzen und zugleich ein Modell zu fördern, das dazu bei-
rägt, dass Menschen – ohne körperlichen Grund – frü-
er aus dem Arbeitsleben ausscheiden. Wir wissen, dass
icht jeder in der Lage sein wird, diese Altersgrenze in
einem ursprünglichen Beruf zu erreichen. Das gilt ins-
esondere für die körperlich belasteten Arbeitnehmer.
ir brauchen flexible Lösungen, die wir bereits angebo-

en haben und an denen wir gemeinsam arbeiten. Hier
ind aber insbesondere die Tarifvertragsparteien gefor-
ert. Anstatt dass Mitarbeiter früher in Rente geschickt
erden, braucht es eine demografiebewusste Personal-
olitik.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616007200

Kollegin Connemann, kommen Sie bitte zum Schluss.


Gitta Connemann (CDU):
Rede ID: ID1616007300

Wir brauchen eine Steigerung der Lernfähigkeit im

lter durch kontinuierliche Weiterbildung. Es muss
öglich werden, auf einen weniger belastenden Arbeits-

latz zu wechseln. Wir brauchen Lebensarbeitszeitkon-
en und vieles mehr. Die Altersteilzeit ist insoweit nicht
afür geeignet. Alles andere ist ein Märchen, und über
ärchen hat Voltaire einmal gesagt, Herr Kollege

chneider:

Ich liebe die Märchen der Philosophen, ich lache
über die der Kinder, aber ich hasse die der Heuch-
ler.

Recht hatte er. Deshalb lehnen wir Ihren Antrag ab.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616007400

Für die FDP-Fraktion spricht nun der Kollege Jörg

ohde.


(Beifall bei der FDP)







(A) )



(B) )


Jörg Rohde (FDP):
Rede ID: ID1616007500

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen

und Herren! Mein Kollege Kolb hat Ihnen bereits mes-
serscharf dargelegt,


(Zurufe von der SPD: Oh! – Gegenruf des Abg. Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Messerscharf!)


warum die Altersteilzeit ein Irrweg war und wie im Ge-
gensatz dazu eine beschäftigungsfördernde und renten-
steigernde Politik aussieht. Ich brauche hier auch nicht
die Argumente gegen die Rente mit 67 zu wiederholen.

Ich möchte aber kurz auf Sie, Frau Ferner, eingehen.
Sie haben richtigerweise darauf hingewiesen, dass in den
80er-Jahren viele Betriebe das Instrument der Altersteil-
zeit genutzt haben, um ältere Arbeitnehmer aus dem Er-
werbsleben zu komplimentieren. Es ist auch richtig, dass
die FDP der Altersteilzeitregelung damals zugestimmt
hat. Ich möchte hier aber ergänzen, dass wir alle damals
die Hoffnung hatten, dass die frei werdenden Arbeits-
plätze von jungen Arbeitnehmern besetzt würden. Das
ist leider nicht eingetroffen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: So ist das!)


Nur circa einer von sieben Arbeitsplätzen wurde wie-
der besetzt.

Frau Kollegin Connemann hat das Wort Jugendwahn
ausgesprochen. Dieser trat aber eben nur eingeschränkt
ein, weil die jungen Arbeitnehmer nicht zum Zuge ka-
men. Es wurden nur Arbeitsplätze abgebaut.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Leider wahr!)


Diese Entwicklung hatten wir nicht gewollt. Deswegen
möchte ich wiederholen, dass die FDP als erste Fraktion
im Deutschen Bundestag diesen Irrtum eingesehen und
Korrekturen angemahnt hat. Diese Regelung läuft zu
Recht aus.


(Beifall bei der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616007600

Kollege Rohde, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Schaaf?


(Dirk Niebel [FDP]: Hat er wieder keine Redezeit bekommen? – Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bei dem Thema wollte er nicht reden!)



Jörg Rohde (FDP):
Rede ID: ID1616007700

Sehr gerne.


Anton Schaaf (SPD):
Rede ID: ID1616007800

Nicht in dieser Debatte. Aber das ist nicht der ent-

scheidende Punkt. Deswegen gibt es ja das Instrument,
eine Frage stellen zu dürfen, wenn man sich angespro-
chen fühlt.

Herr Rohde, würden Sie mir recht geben, dass es ei-
nen doch deutlichen und massiven Unterschied zwischen
der alten Vorruhestandsregelung nach Blüm’scher Art
und der Altersteilzeit gibt? Sie haben hier gerade alles

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(C (D urcheinandergeworfen und gesagt, die Betriebe hätten as genutzt, um Ältere herauszudrängen. In der Tat wuren beim Vorruhestand Ältere aus den Prozessen herausedrängt. Bei der Altersteilzeit fanden ganz andere Proesse statt. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Würden Sie konstatieren, dass Sie mit der Einschät-
ung, die Sie gerade formuliert haben, dass nämlich die
ltersteilzeit im Wesentlichen schuld daran ist, dass die
lteren herausgedrängt worden sind, fehlgehen?


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist der gleiche Mechanismus!)



Jörg Rohde (FDP):
Rede ID: ID1616007900

Herr Kollege Schaaf, es ist sicherlich richtig, dass Al-

ersteilzeit und Vorruhestand unterschiedliche Begriffe
ind.


(Anton Schaaf [SPD]: Unterschiedliche Instrumente!)


n gewisser Weise werden wir in der Diskussion aber im-
er wieder damit konfrontiert, dass die Begriffe ver-
ischt werden.

Die FDP hat der einen Regelung am Anfang zuge-
timmt. Jetzt kritisieren wir eben die Wirkung, dass äl-
ere Arbeitnehmer aus dem Erwerbsleben gedrängt wer-
en – egal mit welcher Regelung.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das Gleiche wie vorher! Es ist egal, ob Vorruhestand oder Altersteilzeit: Das geht immer zulasten der Älteren!)


eswegen dürfen Regelungen – egal wie das System
eißt –, die dem Ziel dienen, dass Großbetriebe Älteren
en goldenen Handschlag geben und sie aus dem Er-
erbsleben herausdrängen können, nicht unterstützt
erden.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Peter Rauen [CDU/CSU])


Nun möchte ich die Gelegenheit nutzen, einmal etwas
iefer in die angebliche Renten- bzw. Arbeitsmarktpoli-
ik der Linken einzutauchen. In der Begründung zum
ntrag „Förderung der Altersteilzeit durch die Bundes-

gentur für Arbeit fortführen“ schreiben Sie von den
inken wörtlich:

Sie

die Altersteilzeit –

ist gleichzeitig eine Beschäftigungsbrücke, die jun-
gen und erwerbslosen Menschen den Einstieg ins
Arbeitsleben ermöglicht.


(Volker Schneider [Saarbrücken] [DIE LINKE]: Im letzten Jahr über hunderttausend Jugendliche in der Metallindustrie!)


ir haben eben schon gemeinsam festgehalten – wenn
uch mit unterschiedlichen Begriffen –, dass das Ziel






(A) )



(B) )


Jörg Rohde
nicht in dem Umfang erreicht wird, wie es notwendig
wäre.

Denken Sie doch einmal darüber nach, was Sie sagen!
Die Alten sollen abtreten und Platz für die Jungen ma-
chen. Sie von der Fraktion Die Linke wollen Alte gegen
Junge ausspielen. Da machen wir nicht mit.


(Beifall bei der FDP – Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: So ein Quatsch! – Volker Schneider [Saarbrücken] [DIE LINKE]: Unsinn!)


Bei diesem eiskalten Rausschmiss der älteren Arbeitneh-
mer aus dem Erwerbsleben sprechen Sie im Folgenden
immer wieder verharmlosend von einer „sozialen Abfe-
derung von Übergängen vom Erwerbsleben in die
Rente“. Diese Politik empfinde ich als beschämend.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Ich fordere Sie von den Linken auf: Hören Sie mit
dieser Politik des Gegeneinanders in unserer Gesell-
schaft – Jung gegen Alt, Arm gegen Reich, Ost gegen
West – auf! Das ist kein tragfähiges Politikkonzept, son-
dern nichts anderes als eine Spaltung der Gesellschaft.


(Beifall bei der FDP)


Allen Ernstes und völlig unverblümt bekennt sich die
Linke klipp und klar dazu, Arbeitsmarktpolitik mit den
Mitteln der Rentenpolitik zu betreiben. Denn Sie, meine
verehrten Damen und Herren von den Linken, erliegen
immer wieder dem Irrtum, dass die aktuellen Probleme
am Arbeitsmarkt mit der Fortführung der Altersteilzeit
zu lösen wären.

Glauben Sie allen Ernstes, dass ein früherer Renten-
eintritt über Teilzeitlösungen das Problem fehlender Ar-
beitsplätze löst? Das Gegenteil ist der Fall. Sie bringen
die älteren Arbeitnehmer um große Teile ihres Einkom-
mens und ihrer späteren Rente. Sie erschweren älteren
Arbeitslosen den Wiedereintritt in den Arbeitsmarkt, und
Sie vergrößern das Risiko von Altersarmut. Verstehen
Sie das unter Solidarität?


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)


Arbeitsplätze für Junge schafft man nicht, indem man
die Alten rausschmeißt, sondern indem man die Steuern
und Sozialabgaben senkt, Investitionen der Unterneh-
men erleichtert und Arbeit in Deutschland wieder wett-
bewerbsfähig macht.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Elke Ferner [SPD]: Bei der FDP ist im Himmel Jahrmarkt!)


Aber das Ziel der Schaffung neuer Arbeitsplätze haben
Sie von den Linken längst aufgegeben. Sie beschränken
sich darauf, die in zu geringem Umfang vorhandene Ar-
beit auf die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land zu
verteilen. Wenn das nicht reicht, dann reduzieren Sie
einfach die Zahl der Erwerbstätigen, zum Beispiel über
die Altersteilzeit.


(Beifall bei der FDP)


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(C (D as ist Planwirtschaft am Arbeitsmarkt. Dieser Zug ist ber schon längst abgefahren, und zwar vor 18 Jahren. Vielen Dank. Das Wort hat die Kollegin Andrea Nahles für die PD-Fraktion. Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kol egen! Meine Fraktion ist erfreut und stolz darauf – auch eil wir das Arbeitsministerium in den letzten zehn Jah en mitgeprägt haben –, dass die Erwerbsbeteiligung Älerer in den letzten zehn Jahren immerhin von 38 Prozent uf 52 Prozent gestiegen ist. Diese Politik wollen wir ortsetzen. Im Übrigen steht nicht die Rente mit 67 zur Debatte. iesen Beschluss haben wir gemeinsam gefasst, und azu stehen wir. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: So wie zur Rentenformel!)


(Beifall bei der FDP)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616008000

(Beifall bei der SPD)

Andrea Nahles (SPD):
Rede ID: ID1616008100

(Beifall bei der SPD)


Aber wir müssen auch Wahrheiten akzeptieren, die es
n der Realität unseres Arbeitslebens gibt. Eine Realität
n unserem Arbeitsleben ist eine zunehmende Arbeits-
erdichtung. Die Krankenkassen haben vor wenigen
agen ihren neuesten Bericht über den Krankenstand
eröffentlicht. Mittlerweile sind psychische Belastungen
n die Rubrik der fünf häufigsten Krankheiten aufge-
ückt. Eine weitere Wahrheit ist, dass die realen Arbeits-
eiten in den letzten Jahren fortlaufend verlängert wor-
en sind.

Insofern muss man sich fragen, was diese Tatsachen
m Einzelfall bedeuten. Es werden nämlich nicht alle
rankenschwestern, Busfahrer und Dachdecker in Voll-

eit bis zum 67. Lebensjahr durchhalten können.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Richtig!)


s stünde jedem in diesem Hause gut zu Gesicht, sich
arüber Gedanken zu machen, wie man eine Antwort auf
iese Frage finden kann, ohne das grundsätzliche Ziel,
ltere länger im Erwerbsleben zu halten, infrage zu stel-

en. Darum geht es bei unseren Vorschlägen.


(Beifall bei der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Darin stimme ich Ihnen sogar zu!)


Wir müssen mit einigen Vorurteilen aufräumen wie
em, dass Altersteilzeit nur etwas für Großbetriebe ist.
ch wundere mich, Frau Connemann, dass Sie die IAB-
tudie nur auszugsweise zitiert haben. Sie besagt näm-

ich, dass es nahezu hälftig mittelständische Betriebe
ind, die Altersteilzeit in Anspruch nehmen.


(Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Das ist falsch! – Gitta Connemann [CDU/CSU]: Wie definieren Sie Mittelstand?)







(A) )



(B) )


Andrea Nahles
Da Sie den Kopf schütteln, will ich das anhand kon-
kreter Zahlen verdeutlichen: In Großbetrieben mit über
500 Beschäftigten wird die Altersteilzeit von 45 Prozent
der dazu berechtigten Beschäftigten genutzt; in mittel-
ständischen Betrieben sind es 41 Prozent. Die einzigen,
bei denen der Anteil niedriger ist, sind die Kleinstbe-
triebe.


(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Genau! Das habe ich zitiert!)


– Ja, aber Sie können nicht behaupten, dass Altersteilzeit
nur ein Instrument für Großbetriebe ist. Das ist nicht
wahr. Das muss an dieser Stelle klipp und klar gesagt
werden.


(Beifall bei der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: 1998 unter der SPD waren es weniger als 20 Prozent der dazu berechtigten Beschäftigten!)


Der Kollege Brauksiepe wollte neue Argumente hö-
ren. Lassen Sie uns den Blick auf die Schulabgänger-
quote richten. Seit Jahren wird behauptet, dass die
Schulabgängerquote sinkt. Die Wahrheit ist, dass insbe-
sondere in Westdeutschland – in Ostdeutschland verhält
es sich etwas anders – die Schulabgängerquote bis 2015
auf dem derzeitigen Stand bleiben wird, und zwar bei
eher steigender Tendenz. Angesichts dessen stellt sich
natürlich die Frage, wie wir Brücken zwischen Jung und
Alt in den Betrieben bauen können. Ich sage Ihnen of-
fen: Eine Förderung der Altersteilzeit kommt für mich
nur infrage, wenn sie einen gesamtgesellschaftlichen
Nutzen bringt.


(Beifall bei der SPD)


Eine Förderung kommt für mich nicht infrage, wenn nur
vereinzelt Betriebe davon profitieren. Wenn aber junge
Leute in Zukunft – das geht über das Jahr 2015 hinaus –
weiterhin Probleme beim Berufseinstieg haben, dann ist
es legitim, es darauf zu begrenzen. Das halbiert übrigens
die Anzahl der Altersteilzeitfälle, wenn wir das tun. Wir
begrenzen es auf die Brücke zwischen Jung und Alt. Nur
bei Übernahme von Auszubildenden bzw. Ausgebildeten
in den Betrieb ist eine Förderung legitim. Genau das ist
unser Vorschlag. Den kann ich guten Gewissens begrün-
den.


(Beifall bei der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616008200

Kollegin Nahles, gestatten Sie eine Zwischenfrage

der Kollegin Pothmer?


Andrea Nahles (SPD):
Rede ID: ID1616008300

Gerne.


Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1616008400

Frau Kollegin Nahles, wie wollen Sie verhindern,

dass Betriebe diese Förderung auch dann in Anspruch
nehmen, wenn sie ohnehin beschlossen haben, einen fer-
tig Ausgebildeten zu übernehmen und ältere Beschäf-

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(C (D igte abzubauen? Wie wollen Sie solche Mitnahmeefekte, die aufgrund der derzeitigen Regelung massenhaft uftreten, in Zukunft verhindern? Frau Pothmer, das ist eine gute Frage. (Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Danke schön, Frau Nahles!)

Andrea Nahles (SPD):
Rede ID: ID1616008500

in ähnliches Phänomen gab es bei der jetzt geltenden
ltersteilzeit, weswegen sie als Instrument teilweise dis-
reditiert wurde. Das betrifft insbesondere die Abgänge
us Arbeitslosengeld und Arbeitslosigkeit. Wir wollen
ber keine Förderung, wenn Arbeitslose übernommen
erden. Dies war nämlich der Hauptpunkt, bei dem
issbrauch betrieben wurde oder zumindest Schumme-

eien passiert sind. Wir können das bei den jungen Leu-
en noch präziser fassen, wenn wir das Kriterium der
bernahme beispielsweise rückwirkend an die Ausbil-
ungs- und Übernahmequoten in den letzten drei, vier
ahren koppeln. Ein solches Verfahren haben wir an an-
eren Stellen effektiv eingesetzt.


(Beifall bei der SPD)


Ich gebe Ihnen gerne recht: Das ist ein wichtiger
unkt, wenn das Instrument der Altersteilzeit in unserem
inne genutzt werden soll.

Wir gehen dieses Thema noch aus einem anderen
rund an. Ich weiß nicht, wie es Ihnen in Ihren Bürger-

prechstunden geht, aber ich habe den Eindruck, dass
ir die Menschen motivieren müssen. Wenn es um die
ebensarbeitszeit geht, wollen die meisten im Trott der
0er- und 90er-Jahre weitermachen. Mit unserer Be-
chlusslage motivieren wir die Menschen; das ist richtig.
ber wer von Ihnen hatte nicht schon jemanden in der
ürgersprechstunde sitzen, der sich regelrecht kaputtge-
rbeitet hat, um es klar zu sagen. Die Erwerbsminde-
ungsrente ist aufgrund der zahlreichen Zugänge mittler-
eile ein Nadelöhr geworden. Hier kann ich nur meiner
ollegin Elke Ferner zustimmen. Wir müssen darüber
achdenken, wie wir solchen Menschen einen humanen
nd flexiblen Ausstieg aus dem Erwerbsleben ermögli-
hen können. Mich treibt so etwas um. Ich frage mich,
as Sie solchen Menschen in Ihrer Bürgersprechstunde

agen. Ich weiß nicht, was ich sagen soll.


(Beifall bei der SPD)


Herr Kolb, die von uns vorgeschlagene Teilrente un-
erscheidet sich deutlich von der, die Sie vorschlagen.
ie FDP macht eine Teilrente für Besserverdienende.


(Widerspruch bei der FDP)


enjenigen, die die von Ihnen vorgeschlagene Teilrente
n Anspruch nehmen können, ist es egal, ob sie Ab-
chläge von bis zu 18 Prozent hinnehmen müssen oder
icht. Das ist eine individuelle Lösung, eine Flexibilisie-
ung.


(Abg. Dr. Heinrich L. Kolb [FDP] meldet sich zu einer Zwischenfrage)







(A) )



(B) )


Andrea Nahles
– Nein, ich werde jetzt keine Zwischenfrage zulassen;
denn ich möchte an dieser Stelle den Unterschied deut-
lich machen.

Nach unserem Modell vereinbart der Arbeitnehmer
mit seinem Arbeitgeber eine Arbeitszeitverkürzung.
Aber die Abschläge vom 60. bis zum 62. Lebensjahr
werden von den Arbeitgebern kollektiv abgesichert. Das
bedeutet einen Abschlag von maximal 7,2 Prozent. Hier
haben die Tarifpartner noch Gestaltungsspielraum, das
nach unten zu drücken. So können sich auch Menschen
mit niedrigen Einkommen und Renten unsere Teilrente
leisten. Das ist der große Unterschied zu dem Modell,
das die FDP vorgeschlagen hat, Herr Kolb.


(Beifall bei der SPD)


Wir brauchen angesichts der demografischen Ent-
wicklung eine Veränderung, was den Verbleib der Men-
schen im Erwerbsleben angeht. Sie müssen länger im Er-
werbsleben verbleiben, als das in den 80er- und 90er-
Jahren der Fall war. Wir müssen aber Übergänge für
Härtefälle schaffen, weil es in einzelnen Betrieben be-
sondere Belastungen für die arbeitenden Menschen gibt.

Altersteilzeit sollte gefördert und verlängert werden,
wenn dafür junge Menschen eingestellt werden – das ist
ein hartes Kriterium –, und die Teilrente ab 60 sollte er-
möglicht werden, wobei diese von den Tarifpartnern
ausgestaltet werden kann. Das halte ich für einen fairen
Kompromiss, der unsere grundsätzliche Politik nicht in-
frage stellt, sondern ihr in der Bevölkerung endlich Ak-
zeptanz verschafft. Machen wir uns hier doch nichts vor!
Wenn wir nicht einen flexiblen und humanen Übergang
schaffen, dann werden wir die Bevölkerung in ihrer gro-
ßen Mehrheit nicht auf den Weg in eine längere Lebens-
arbeitszeit mitnehmen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616008600

Zu einer Kurzintervention hat nun der Kollege Kolb

das Wort.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Frau Nahles, Sie hätten die Zwischenfrage doch lieber zulassen sollen!)



Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1616008700

Frau Kollegin Nahles, wir sollten alle wissen, dass

eine Zwischenfrage und die Antwort darauf weniger Zeit
kostet als die Kurzintervention und die Replik. Antwor-
ten werden Sie mir ohnehin;


(Andrea Nahles [SPD]: Wissen Sie, das überlege ich mir aber noch!)


insofern verstehe ich nicht, dass Sie meine Zwischen-
frage nicht gleich zugelassen haben.

Ich will Folgendes sagen, Frau Nahles: Sie haben den
Eindruck erweckt, wir würden einen flexiblen Übergang
nur für Rentner mit höheren Renten schaffen.


(Anton Schaaf [SPD]: Das stimmt!)


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(C (D as ist ausdrücklich falsch. Voraussetzung für unsere lexible Rente ist die Grundsicherungsfreiheit. Da reden ir über eine Rente nach Abschlägen von etwa 60 Euro. Unsere Prüfung findet außerdem für die Bearfsgemeinschaft statt. Das heißt, auch in Haushalten erden Ehepartner zusammen betrachtet, was die rundsicherungsfreiheit anbelangt. Das führt im Ergebis dazu, dass 90 Prozent aller Versicherten die Chance aben, mit dem FDP-Modell einen flexiblen Übergang u erreichen. as muss hier einmal deutlich gesagt werden. (Dirk Niebel [FDP]: Also hat sie gar nicht die Wahrheit gesagt!)


(Beifall bei der FDP)


Außerdem lässt sich Ihr Ansinnen, so finde ich, mit
nserem Vorschlag sehr gut kombinieren. Auch wir ha-
en natürlich die Menschen im Auge, die sich, wie Herr
chneider gesagt hat, mit 60 Jahren kaputtgearbeitet ha-
en, weil sie einen körperlich anstrengenden Beruf ha-
en. Dann muss man den Vorschlag, den wir gemacht
aben, durch tarifvertragliche Regelungen ergänzen,
um Beispiel indem Fonds in Branchen geschaffen wer-
en, wenn regelmäßig zu erwarten ist, dass Arbeitneh-
er in diesen Branchen eine vorgezogene Rente in An-

pruch nehmen müssen. Lassen Sie uns doch nicht
ünstlich Differenzen aufbauen, sondern lassen Sie uns
chauen, wie wir Brücken bauen können, die wir ge-
einsam begehen können. Unser Vorschlag ist zielfüh-

end, er erreicht die Masse der Versicherten in Deutsch-
and, und Sie sollten einfach überlegen, wie wir das
emeinsam hinbekommen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616008800

Sie haben das Wort.


Andrea Nahles (SPD):
Rede ID: ID1616008900

Bei Ihren letzten Sätzen, Herr Kolb, ampelte es schon

in bisschen. Das nehme ich natürlich mit Freude zur
enntnis.

Das Problem, das wir momentan an dieser Stelle ha-
en, Herr Kolb, sind die Grünen. Die haben hier über-
aupt keinen Vorschlag gemacht, wie sie den flexiblen
bergang in die Rente organisieren wollen.


(Dirk Niebel [FDP]: Sie treiben die in die Arme der Union!)


ir ist jedenfalls heute keiner zu Ohren gekommen. Wir
üssen daran vielleicht noch ein bisschen arbeiten.

In der Sache will ich Ihnen, Herr Kolb, aber ganz klar
agen, dass zwar potenziell 90 Prozent der Leute nach
hrem Modell die Rente in Anspruch nehmen könnten,
ber diese 90 Prozent sich das nicht leisten können, und
war wegen der Abschläge. Genau darum geht es. Viel-
eicht können wir den Unterschied zwischen uns im
aufe der nächsten Jahre noch abbauen.


(Beifall bei der SPD)







(A) )



(B) )


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616009000

Der Kollege Dr. Michael Fuchs hat nun für die

Unionsfraktion das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Michael Fuchs (CDU):
Rede ID: ID1616009100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kolle-

gen! Als ich eben Herrn Schneider zugehört habe, habe
ich mir gedacht: Bei dem einen oder anderen in diesem
Parlament wäre es doch ganz gut, wenn er relativ recht-
zeitig in Altersteilzeit gehen und nicht so lange im Parla-
ment bleiben würde.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Widerspruch bei der LINKEN)


Was wir in der Großen Koalition wollen, ist eine deut-
liche Verbesserung der Beschäftigungschancen älterer
Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Ich halte das für not-
wendig, und auf diesem Weg sind wir ein gutes Stück
weitergekommen; denn wir brauchen diese Mitarbeite-
rinnen und Mitarbeiter in der Zukunft. Machen wir uns
doch nichts vor: Den Azubiberg, den wir eine ganze Zeit
lang zu bewältigen hatten, wird es in Bälde nicht mehr
geben. Spätestens im Jahre 2012 – das sage ich den Un-
ternehmen voraus – werden sie den roten Teppich aus-
rollen müssen, um überhaupt einen Auszubildenden zu
bekommen.


(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Gott sei Dank!)


Für diesen Bereich, Herr Schneider, brauchen wir die
Altersteilzeit ganz sicherlich nicht mehr.


(Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)


Ich möchte, dass die Menschen, die über Erfahrung
verfügen und mitten im Leben stehen – heute steht je-
mand mit 60 oder 65 mitten im Leben, denn seine Le-
benserwartung liegt bei über 80 Jahren –, weiter im Be-
rufsleben bleiben.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und Herr Schneider soll in die Altersteilzeit? Das passt doch nicht zusammen!)


Liebe Kollegin Nahles, das wird für den überwiegenden
Teil auch notwendig sein, weil wir gerade aufgrund der
demografischen Entwicklung diese Menschen brau-
chen. Selbstverständlich gibt es welche, die es nicht
mehr schaffen; auch diese hatte ich bereits in meiner
Sprechstunde. Ich glaube allerdings nicht, dass man die-
sen Menschen empfehlen sollte, in Altersteilzeit zu ge-
hen. Das funktioniert bei der Zielgruppe, die Sie ange-
sprochen haben, mit Sicherheit nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Die demografische Entwicklung ist so, wie sie ist.
Machen wir uns nichts vor: Wir alle werden älter. Das ist
gut so. Wir haben pro Jahr 30 Tage mehr Lebenserwar-
tung. Das heißt, innerhalb von zehn Jahren steigt unsere
Lebenserwartung um beinahe ein Jahr an. Dementspre-
chend haben wir richtig reagiert, als wir die Rente mit 67

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(C (D eschlossen haben. Es gab überhaupt keine Alternative azu. Gott sei Dank hat die Große Koalition das so geacht. Ich möchte es noch einmal auf den Punkt bringen. akt ist: Es werden nicht mehr Auszubildende eingetellt. Das funktioniert nicht. Ich habe eben schon geagt, dass sich dieses Problem anderweitig lösen wird. Fakt ist auch: Es werden Stellen mithilfe staatlicher ubventionen abgebaut, und zwar im Wesentlichen, Frau ollegin Nahles, in den größeren Unternehmen. 98 Pro ent der Unternehmen in Deutschland haben unter 0 Mitarbeiter. In diesen Unternehmen findet es gar icht statt. (Gitta Connemann [CDU/CSU]: Das ist der Punkt!)


ch habe mir – ich habe hier ja noch gewisse Beziehun-
en – die Zahlen für den Groß- und Außenhandel in
ordrhein-Westfalen geben lassen; diese Unternehmen

iegen in der Größenordnung zwischen 20 und 100 Mit-
rbeitern. Wissen Sie, wie viele der 90 000 Mitarbeiter
n Altersteilzeit gegangen sind? Es gab einen einzigen
all im Groß- und Außenhandel in Nordrhein-Westfalen.
as zeigt, es wird in ganz anderen Bereichen angewandt.

Daraufhin habe ich bei der Bundesagentur für Arbeit
achgefragt, welche Branchen es denn sind, in denen am
llermeisten die Altersteilzeit in Anspruch genommen
ird. An erster Stelle – man höre und staune – steht der
ffentliche Dienst.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Aha!)


Öffentliche Verwaltungen und Sozialversicherungen
ehmen ihn an erster Stelle in Anspruch. 15 Prozent der
05 000 in Altersteilzeit Befindlichen sind aus dem öf-
entlichen Dienst.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Vielleicht kann der Kollege Grotthaus etwas dazu sagen!)


An zweiter Stelle steht das Gesundheits-, Veterinär-
nd Sozialwesen. Auch hier können Sie wieder davon
usgehen, dass diese Bereiche in großen Teilen zum öf-
entlichen Dienst gehören.

An dritter Stelle steht das Kreditgewerbe – das sind
ahrscheinlich die Sparkassen –, und dann kommen erst
er Maschinenbausektor und die Automobilhersteller.

Das sind die großen Bereiche, die bereits 50 Prozent
er gesamten Altersteilzeit abdecken. Das heißt, im We-
entlichen ist es eine Subventionierung der kleinen Be-
riebe zugunsten der Großen und des öffentlichen Diens-
es obendrein.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Das haben wir erkannt, und deshalb sind wir richti-
erweise zu dem Schluss gekommen, dass es so nicht
eitergehen kann.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir geben in diesem
ereich immerhin 1,5 Milliarden Euro aus. Das sind






(A) )



(B) )


Dr. Michael Fuchs
0,2 Beitragspunkte in der Arbeitslosenversicherung,
die uns eigentlich zur Verfügung stünden. Genau hier
müssen wir ansetzen.


(Beifall bei der FDP)


Wir wollen, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeit-
nehmer netto mehr in der Tasche haben. Das geht nicht
über die Umverteilerei. Ich weiß: Sobald Sie von den
Linken irgendwo Geld sehen, kommen Sie sofort auf die
Idee – davon kann man ausgehen –, dass es umverteilt
werden muss. Sie wollen Masse, um sie umzuverteilen.
Das ist doch Ihr Ziel. Etwas anderes tun Sie doch nicht.


(Volker Schneider [Saarbrücken] [DIE LINKE]: Sie machen es doch auch, nur in die andere Richtung!)


Deswegen bin ich dafür, dass wir die geltende Rege-
lung so schnell wie möglich auslaufen lassen, damit wir
das Geld denjenigen, die es aufbringen, nämlich den Ar-
beitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie den Unter-
nehmen, zurückgeben können. Das ist unser Job, das ist
unsere Aufgabe.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ich hoffe, dass es uns – wiederum so bald wie mög-
lich – gelingt, die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung
weiter zu senken. Denn die Spanne zwischen dem Netto
der Arbeitnehmer und den Kosten, die in den Löhnen
enthalten sind, ist immer noch zu groß.


(Jörg Rohde [FDP]: Wir werden Sie gerne daran erinnern!)


Jeder Altersteilzeitfall wird mit 32 000 Euro aus der
Kasse der Bundesagentur für Arbeit subventioniert. Das
zeigt, wie gefährlich es ist und dass hier erhebliche Gel-
der verschwendet werden, die wir besser denjenigen ge-
ben sollten, die sie aufbringen müssen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Deswegen sollten wir auch darauf achten, dass wir al-
les tun, um ältere Arbeitnehmer durch Qualifizierungs-
maßnahmen oder Anreize im Arbeitsbereich in den Be-
trieben zu halten. Es macht keinen Sinn, zu glauben,
dass wir das Problem lösen können, indem wir die älte-
ren Arbeitnehmer aus den Betrieben herausnehmen. Das
funktioniert nicht. Auch die Großindustrie darf dieses
Instrument nicht mehr anwenden. Es ist eben – das wis-
sen wir alle – missbräuchlich verwendet worden,


(Hans-Joachim Fuchtel [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


und deswegen sollten wir seine Verwendung jetzt aus-
laufen lassen. Auf die bisher praktizierte Weise kann
man den demografischen Wandel nicht gestalten. Das
können wir nur mit anderen, vernünftigen Instrumenten.
Wir müssen über viele Dinge nachdenken. Da wird
Kreativität notwendig sein. Was der Kollege Kolb eben
gesagt hat, ist nicht falsch.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Hört! Hört!)


Es gibt eine ganze Reihe von Personen, die durchaus in
der Lage sind, unter Inkaufnahme von Abschlägen frü-

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(C (D er in Rente zu gehen. Die Höhe der Rente muss aber ber der Höhe der Grundsicherung liegen; denn sonst ird das Ganze wiederum zum Fall für den Staat. Das ollen wir sicherlich nicht. Die Kollegin Connemann hat in ihrer sehr schönen ede eben Voltaire zitiert. Mir ist ebenfalls ein Zitat von oltaire eingefallen. Er hat in seiner unnachahmlichen rt einmal über die Deutschen gesagt: „Am Grunde eies Problems sitzt immer ein Deutscher“. Ich glaube, bei ns im Parlament ist das anders: Am Grunde eines Prolems sitzt immer ein Linker. (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616009200

Für die SPD-Fraktion hat der Kollege Wolfgang

rotthaus das Wort.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Wolfgang Grotthaus (SPD):
Rede ID: ID1616009300

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

erren! Wenn man als Letzter in einer Diskussion an der
eihe ist, dann gibt es viel zu sagen. Herr Fuchs, Ihr zu-

etzt genanntes Zitat finde ich prima. Es bedeutet näm-
ich, dass sich Linke – dazu zählt sich auch die SPD –


(Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Ach! Ich habe die anderen gemeint!)


it den gesellschaftlichen Problemen immer noch viel
ntensiver auseinandersetzen, als Sie es in Ihrer Rede ge-
an haben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


aher könnte ich jetzt mit Ihnen einen Streit anfangen.
ber Ihre Ausführungen stehen heute nicht zur Abstim-
ung; zur Abstimmung stehen vielmehr die Anträge der
inken.

Ich will den Linken gleich mit auf den Weg geben:
ir werden diese Anträge natürlich ablehnen, so wie wir

s auch im Ausschuss getan haben. Wir werden fest-
alten, dass Sie mit diesen Anträgen inhaltlich zu kurz
pringen. Hier geht es nur um den Erhalt dessen, was
isher gilt – mit einigen wenigen Verbesserungen.

Eine dieser Verbesserungen – zumindest aus Ihrer
icht – will ich Ihnen benennen; Herr Schneider, Sie ha-
en das in Ihren Ausführungen dargestellt. Sie sagen
um Beispiel: Wenn jemand 40 Jahre lang gearbeitet hat,
ann muss er ohne Abschläge in die Rente gehen kön-
en. Ich gehöre einem Jahrgang an, der mit 16 in die
usbildung gegangen ist. Kollegen von mir sind mit 14

n die Ausbildung gegangen. Nach Ihren Vorstellungen
üssten sie mit 54 ohne Abschläge in Rente gehen und

lf Jahre zusätzliche Rentenzeit bekommen können. Das
äre für den, der davon betroffen ist, toll. Sie machen

ber keine Vorschläge, wie das zu finanzieren ist. Ich
arte nur darauf, dass Sie irgendwann vorschlagen: von
er Hochschule gleich in die Rente.


(Heiterkeit der Abg. Elke Ferner [SPD])







(A) )



(B) )


Wolfgang Grotthaus
Diesen Vorschlag würden wir natürlich auch ablehnen.
In unserem System wird die Rente nämlich von Men-
schen finanziert, die im Arbeitsleben stehen.

Genau diesen Punkt betonen Sie hier immer wieder,
Herr Schneider. Sie sagen: Wir, die Linken, haben die
besten Ideen, und ihr, die Regierungskoalition, habt
diese Ideen nun umzusetzen und euch obendrein Gedan-
ken darüber zu machen, wie diese Umsetzung zu finan-
zieren ist. So ist Ihre Aufgabenverteilung. Wir werden
Ihnen jedes Mal, wenn es um dieses Thema geht, den
Spiegel vorhalten. Auf Ihre Vorschläge werden wir nicht
eingehen. Wir sagen: Mit Ihren Anträgen springen Sie zu
kurz.

Aus meiner Sicht stellt sich die Frage: Wann stoßen
Menschen an ihre psychischen und physischen Gren-
zen, und wie lassen sich diese Grenzen im Interesse der
Menschen ausdehnen? Wie ist es möglich, dass der eine
oder andere nicht so schnell unter dem Burn-out-Syn-
drom, das Sie genannt haben, leidet? Wie ist es möglich,
dass man Arbeitsplätze schafft, die den Körper nicht so
stark belasten, wie sie es heute tun?

Altersteilzeit ist eine Maßnahme, um Betroffenen ge-
recht zu werden. Das gilt zum Beispiel für den oft zitier-
ten Dachdecker. Das ist Fakt. Auch der Fliesenleger
kann seinem Job mit 60 Jahren im Wesentlichen nicht
mehr nachgehen. Er hat die Chance, in die Altersteilzeit
zu gehen – wenn wir sie denn erhalten. Aber wie sieht
es mit der sowohl physisch als auch psychisch kaputten
45-jährigen Frau aus, die in der Krankenpflege tätig ist?
Welches Angebot machen Sie dieser Frau? Sie kann
nicht in Altersteilzeit gehen!

Deswegen muss man sich fragen: Ist Altersteilzeit das
einzige richtige Mittel, oder sollten nicht noch mehr
Möglichkeiten in Betracht gezogen werden? Ich denke
da an einen Dreiklang aus Altersteilzeit – in welchen
Formen auch immer, ob Teilrente oder Langzeitarbeits-
konten –, aus lebenslangem Lernen zum Beispiel in
Form der betrieblichen Ausbildung und aus Prävention.
All das gehört dazu; das muss angesprochen werden,
auch wenn Ihnen das jetzt nicht gefällt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der LINKEN: Sie haben es abgelehnt!)


Diesen Dreiklang muss es also geben. Lebenslanges
Lernen statt Aussortierung lautet eine Devise. Nach dem
heutigen System wird die eben genannte 45-Jährige ja
aussortiert; sie wird ausgemustert, weil sie keine Chance
mehr hat. Deswegen müssen wir in die Köpfe der Men-
schen hineinbringen, dass lebenslanges Lernen notwen-
dig ist, und dieses muss auch von den Betrieben geför-
dert werden. Ich habe erleben müssen, wie technische
Zeichner, die 55 Jahre alt waren, vom Arbeitgeber unter
Druck gesetzt worden sind, doch bitte aus dem Betrieb
auszuscheiden, weil sie das computergestützte Zeichnen
nicht beherrschten. Stattdessen sind dann aber keine
Auszubildenden, sondern 35-Jährige eingestellt worden.
Genau das wollen wir aber nicht.

Weiterhin ist es auch richtig, dass wir Prävention viel
stärker in das Bewusstsein der Menschen bringen. Prä-

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(C (D ention heißt zum Beispiel, den Menschen mit Untertützung der Gewerkschaften deutlich zu machen, dass ede Überstunde in jungen Jahren eine Gesundheitsgeährdung mit sich bringen kann, die man im Alter zu püren bekommt. Diesen Punkt müssen wir jetzt noch in bisschen weiterspinnen – daran sehen Sie die Bandreite der Themen, über die wir hier reden –: Wer macht enn Überstunden? Es sind meistens diejenigen, die im iedriglohnbereich arbeiten. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das kann man so nicht sagen!)


ie müssen geradezu Überstunden machen, um über-
aupt einigermaßen ihren Lebensunterhalt bestreiten zu
önnen. Deswegen müssen wir in diesem Zusammen-
ang auch über Mindestlöhne bzw. gerechte Löhne dis-
utieren.

Das Themenspektrum muss also sehr stark ausgewei-
et werden und darf sich nicht ausschließlich auf den In-
alt Ihrer Anträge konzentrieren. Wir können Ihnen ver-
ichern: Ja, wir haben Ideen. Diese Ideen werden wir in
ntragsform gießen. Die entsprechenden Anträge wer-
en im Herbst dieses Jahres vorgelegt werden. Darin
ird es auch um altersgerechte Arbeitsplätze, um alters-
ezogenes Personalmanagement, um intelligente Schich-
enpläne und um vieles mehr gehen. Hier sind aber auch
ie Tarifvertragsparteien gefordert. Die wissen nämlich
m besten, was notwendig ist, damit in den Betrieben
ltersgerechte Arbeitsplätze eingerichtet werden kön-
en. Die wissen, in welcher Form Prävention betrieben
erden muss.

All das wird aber – das sage ich hier sehr deutlich –
icht reichen, weil es immer mehr Menschen geben
ird, die körperlich nicht mehr können. Denen müssen
ir über entsprechende Regelungen zur Altersteilzeit die
hance geben, aus dem Berufsleben ausscheiden zu
önnen. Deswegen muss es Altersteilzeit auch weiterhin
eben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


ie SPD hat hierzu in einem Diskussionspapier Vor-
chläge unterbreitet. Es ist toll, dass die anderen Fraktio-
en unsere Vorschläge aufgegriffen haben und in der
eutigen Debatte darüber mehr diskutiert worden ist als
ber die Anträge der Linken.

Ihnen, Herr Schneider, möchte ich eines mit auf den
eg geben, wenn Sie Ihren nächsten Antrag formulie-

en: Im Zusammenhang mit Langzeitarbeitskonten
uss nicht nur über den Insolvenzschutz diskutiert wer-

en, sondern auch über die Vererbbarkeit. Es kann ja
icht sein, dass dann, wenn einer, der ein volles Lang-
eitarbeitskonto hat, verstirbt – das soll ja im Leben
chon einmal vorkommen –, dieses irgendjemandem zu-
ute kommt, aber nicht der Witwe oder dem Witwer.
ier ist Kapital angesammelt worden. Deswegen müs-

en wir auch über die Vererbbarkeit reden. Wir müssen
uch darüber reden, ob ein solches Langzeitarbeitskonto
m Nachhinein mit Sozialversicherungsbeiträgen belas-
et werden darf, was sich ja auf die Rente auswirken
ürde.






(A) )



(B) )


Wolfgang Grotthaus

(Volker Schneider [Saarbrücken] [DIE LINKE]: Mit uns können Sie darüber viel besser reden als mit den anderen!)


– Das ist toll, Herr Schneider. Deswegen habe ich Ihnen
das ja mit auf den Weg gegeben. Sie werden dies be-
stimmt aufgreifen, in nächster Zeit in den Bundestag ein-
bringen und uns bei der Gelegenheit vorhalten, dass wir
es doch wieder ablehnen. Wenn es kurzfristig einge-
bracht wird, werden wir es ablehnen müssen, weil wir
die Diskussion darüber noch nicht zu Ende geführt ha-
ben.

Abschließend ist festzuhalten: Unsere Zielsetzung ist
nicht, möglichst viele Ältere aus dem Arbeitsleben zu
entlassen, sondern ist, ihnen größtmögliche Chancen zu
eröffnen, damit sie ihren Beruf weiterhin ausüben kön-
nen. Das ist uns in den zurückliegenden Jahren immer
besser gelungen. Die entsprechenden Zahlen sind hier
schon genannt worden. All das hat nicht nur etwas mit
dem Wirtschaftsaufschwung zu tun, sondern auch mit
den Maßnahmen, die die Bundesregierung unter sozial-
demokratischer Führung eingeleitet hat. Ich erinnere
zum Beispiel an die Initiative „50 plus“ oder an Instru-
mente zur Reintegration von Menschen mit besonderen
Vermittlungshemmnissen.

Wir verschließen also nicht die Augen davor, dass Ar-
beitnehmerinnen und Arbeitnehmern in besonders be-
lastenden Berufen die Chance auf einen gleitenden
Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand eröff-
net werden muss. Wir sagen aber gleichzeitig: Wir müs-
sen versuchen, diese Belastungen weitestgehend zu mi-
nimieren, damit die Menschen auch noch nach dem
Ausscheiden aus dem Arbeitsleben gesund sind. Es gilt
also zu vermeiden, dass Menschen krank aus dem Ar-
beitsleben ausscheiden. Von daher müssen wir vorne an
der Kette ansetzen: Gesundheit erhalten und die Mög-
lichkeit schaffen, lange im Berufsleben zu bleiben, und
dort, wo das nicht möglich ist, gleitende Übergänge zu
schaffen.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616009400

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 16/9067 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Ausschus-
ses für Arbeit und Soziales auf Drucksache 16/6749. Der
Ausschuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner Beschlussempfeh-
lung die Ablehnung des Antrags der Fraktion Die Linke
auf Drucksache 16/4552 mit dem Titel „Altersteilzeit
fortentwickeln“. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh-
lung? – Wer stimmt dagegen? – Gibt es Enthaltungen? –
Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der
Unionsfraktion, der SPD-Fraktion, der FDP-Fraktion

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(C (D nd der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gegen die timmen der Fraktion Die Linke angenommen. Unter Nr. 2 empfiehlt der Ausschuss die Ablehnung des ntrags der Fraktion Die Linke auf Drucksache 16/4553 it dem Titel „Rente mit 67 – Berichtspflicht zum Ar eitsmarkt nicht verwässern – Bestandsprüfungsklausel onkretisieren“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die eschlussempfehlung ist mit den Stimmen der Unions raktion, der SPD-Fraktion und der FDP-Fraktion gegen ie Stimmen der Fraktion Die Linke bei Enthaltung der raktion Bündnis 90/Die Grünen angenommen. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 27 a bis 27 e nd 12 sowie die Zusatzpunkte 2 a bis 2 d auf: 7 a)

CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Änderung des Heimkehrerstif-
tungsaufhebungsgesetzes

– Drucksache 16/9058 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Rechtsausschuss
Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO

b) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab-
kommen vom 24. September 2005 zwischen
der Regierung der Bundesrepublik Deutsch-
land und der Regierung der Vereinigten Ara-
bischen Emirate über die Zusammenarbeit im
Sicherheitsbereich
– Drucksache 16/9039 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Auswärtiger Ausschuss
Rechtsausschuss

c) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände-
rung des Bevölkerungsstatistikgesetzes
– Drucksachen 16/9040, 16/9079 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Rechtsausschuss

d) Beratung des Antrags der Abgeordneten Kerstin
Andreae, Dr. Thea Dückert, Dr. Wolfgang
Strengmann-Kuhn, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Vergaberecht reformieren – Rechtssicherheit
schaffen – Eckpunkte für die Reform des Ver-
gaberechts

– Drucksache 16/8810 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Auswärtiger Ausschuss
Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Petra Pau
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Haushaltsausschuss

e) Beratung der Unterrichtung durch die Delegation
der Bundesrepublik Deutschland in der Ostsee-
parlamentarierkonferenz

16. Jahrestagung der Ostseeparlamentarier-
konferenz vom 27. bis 28. August 2007 in Berlin

– Drucksache 16/7809 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union (f)

Auswärtiger Ausschuss
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Tourismus

12 Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur
Änderung des Seelotsgesetzes

– Drucksache 16/9037 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

ZP 2 a)Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbes-
serung der grenzüberschreitenden Forde-
rungsdurchsetzung und Zustellung

– Drucksache 16/8839 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Klaus
Hofbauer, Dirk Fischer (Hamburg), Dr. Hans-
Peter Friedrich (Hof), weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeord-
neten Heinz Paula, Uwe Beckmeyer, Sören
Bartol, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der SPD

Zwölf-Tage-Regelung in Europa wieder ein-
führen

– Drucksache 16/9076 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Tourismus

c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Daniel
Bahr (Münster), Heinz Lanfermann, Dr. Konrad
Schily, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der FDP

Verbesserung der Finanzsituation der Kran-
kenhäuser

– Drucksache 16/9057 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit

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(C (D d)

Dr. Harald Terpe, Birgitt Bender, Elisabeth
Scharfenberg, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Krankenhäuser zukunftsfähig machen

– Drucksache 16/9008 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit

Es handelt sich um Überweisungen im vereinfach-
en Verfahren ohne Debatte.

Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlagen an
ie in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zu
berweisen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der
all. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 28 a bis 28 l auf.
s handelt sich um die Beschlussfassung zu Vorlagen,
u denen keine Aussprache vorgesehen ist.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 28 a:

Zweite und dritte Beratung des von den Fraktio-
nen CDU/CSU, SPD, FDP, DIE LINKE und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Ent-
wurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung
des Gesetzes zur Errichtung einer Stiftung
„Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“
– Drucksache 16/8870 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Innenaus-
schusses (4. Ausschuss)


– Drucksache 16/9109 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Stephan Mayer (Altötting)

Maik Reichel
Dr. Max Stadler
Ulla Jelpke
Silke Stokar von Neuforn

Der Innenausschuss empfiehlt in seiner Beschluss-
mpfehlung auf Drucksache 16/9109, den interfraktio-
ellen Gesetzentwurf auf Drucksache 16/8870 anzuneh-
en. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf

ustimmen wollen, um das Handzeichen. – Gibt es Ge-
enstimmen? – Gibt es Enthaltungen? – Der Gesetzent-
urf ist damit in zweiter Beratung einstimmig angenom-
en.

Dritte Beratung
nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Ich
itte diejenigen, die den Gesetzentwurf ablehnen wollen,
ich zu erheben. – Gibt es jemanden, der sich enthalten
öchte? – Dann ist der Gesetzentwurf auch in dritter Be-

atung einstimmig angenommen.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 28 b:

– Zweite und dritte Beratung des von den Frak-
tionen der CDU/CSU und der SPD eingebrach-
ten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Ände-
rung des Conterganstiftungsgesetzes
– Drucksache 16/8743 –






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Petra Pau
– Zweite und dritte Beratung des von der Bun-
desregierung eingebrachten Entwurfs eines
Ersten Gesetzes zur Änderung des Con-
terganstiftungsgesetzes

– Drucksache 16/8653 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

(13. Ausschuss)


– Drucksache 16/9025 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Antje Blumenthal
Marlene Rupprecht (Tuchenbach)

Ina Lenke
Elke Reinke
Britta Haßelmann


(8. Ausschuss)


– Drucksache 16/9026 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Ole Schröder
Petra Hinz (Essen)

Otto Fricke
Roland Claus
Anna Lührmann

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Ju-
gend empfiehlt unter Nr. 1 seiner Beschlussempfehlung
auf Drucksache 16/9025, den Gesetzentwurf der Fraktio-
nen der CDU/CSU und der SPD auf Drucksache 16/
8743 anzunehmen. Ich bitte diejenigen, dem Gesetzent-
wurf zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Gegen-
probe! – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit in
zweiter Beratung angenommen.

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzent-
wurf ist damit auch in dritter Beratung einstimmig ange-
nommen.

Unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung auf Drucksa-
che 16/9025 empfiehlt der Ausschuss, den Gesetzent-
wurf der Bundesregierung auf Drucksache 16/8653 zur
Änderung des Conterganstiftungsgesetzes für erledigt zu
erklären. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –
Die Gegenprobe! – Wer möchte sich enthalten? – Die
Beschlussempfehlung ist damit einstimmig angenom-
men.1)

Tagesordnungspunkt 28 c:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Rechtsausschusses (6. Ausschuss) zu dem
Antrag der Abgeordneten Mechthild Dyckmans,
Hans-Michael Goldmann, Jens Ackermann, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

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n1) Anlage 3

(C (D Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlamentes und des Rates über den Schutz der Verbraucher im Hinblick auf bestimmte Aspekte von Teilzeitnutzungsrechten, langfristigen Urlaubsprodukten sowie des Wiederverkaufs und Tausches derselben – Drucksachen 16/8187, 16/9115 – Berichterstattung: Abgeordnete Marco Wanderwitz Dirk Manzewski Mechthild Dyckmans Wolfgang Nešković Hans-Christian Ströbele Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehung auf Drucksache 16/9115, den Antrag der Fraktion er FDP auf Drucksache 16/8187 abzulehnen. Wer timmt für diese Beschlussempfehlung? – Die Gegenrobe! – Wer möchte sich enthalten? – Die Beschlussmpfehlung ist mit den Stimmen der Unionsfraktion und er SPD-Fraktion bei Gegenstimmen der FDP-Fraktion nd der Fraktion Die Linke sowie Enthaltung der Frakion Bündnis 90/Die Grünen angenommen. Wir kommen zu den Beschlussempfehlungen des Peitionsausschusses. Tagesordnungspunkt 28 d: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 398 zu Petitionen – Drucksache 16/8894 – Wer stimmt für diese Sammelübersicht? – Wer stimmt agegen? – Enthaltungen? – Die Sammelübersicht 398 st damit angenommen. Tagesordnungspunkt 28 e: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 399 zu Petitionen – Drucksache 16/8895 – Wer stimmt dafür? – Die Gegenprobe! – Enthaltunen? – Die Sammelübersicht 399 ist damit ebenfalls anenommen. Tagesordnungspunkt 28 f: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 400 zu Petitionen – Drucksache 16/8896 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Wer entält sich? – Die Sammelübersicht 400 ist mit den Stimen der Unionsfraktion, der SPD-Fraktion und der FDPraktion gegen die Stimmen der Fraktion Die Linke bei nthaltung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen angeommen. Vizepräsidentin Petra Pau Tagesordnungspunkt 28 g: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 401 zu Petitionen – Drucksache 16/8897 – Wer stimmt dafür? – Die Gegenprobe! – Enthaltungen? – Die Sammelübersicht 401 ist damit angenommen. Tagesordnungspunkt 28 h: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 402 zu Petitionen – Drucksache 16/8898 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die Sammelübersicht 402 ist damit gegen die Stimmen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen angenommen. Tagesordnungspunkt 28 i: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 403 zu Petitionen – Drucksache 16/8899 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die Sammelübersicht 403 ist damit gegen die Stimmen der FDP-Fraktion angenommen. Tagesordnungspunkt 28 j: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 404 zu Petitionen – Drucksache 16/8900 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Die Sammelübersicht 404 ist damit gegen die Stimmen der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen angenommen. Tagesordnungspunkt 28 k: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 405 zu Petitionen – Drucksache 16/8901 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Gibt es Enthaltungen? – Die Sammelübersicht 405 ist damit gegen die Stimmen der FDP-Fraktion und der Fraktion Die Linke angenommen. Tagesordnungspunkt 28 l: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 406 zu Petitionen – Drucksache 16/8902 – E S d m m g d f n s c f s d i S l M m u s a d D ü w 4 s s l s (C (D Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Gibt es nthaltungen? – Die Sammelübersicht 406 ist gegen die timmen der FDP-Fraktion, der Fraktion Die Linke und er Fraktion Bündnis 90/Die Grünen angenommen. Ich rufe den Zusatzpunkt 3 auf: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD Wachstum und Beschäftigung als Grundlage wirtschaftlicher Sicherheit – Haltung der Bundesregierung zur Entwicklung des Arbeitsmarktes und zu den Wachstumsperspektiven für Deutschland Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Parlaentarische Staatssekretär Klaus Brandner. K Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolle innen und Kollegen! Die letzten Jahre zeigen einrucksvoll: Wir haben mit unserer Politik erfolgreich daür gesorgt, dass sich Wachstum viel schneller und achhaltiger in Beschäftigung umsetzt. Ein hoher Bechäftigungsstand bedeutet nicht nur wirtschaftliche Siherheit, sondern legt auch die Grundlage für zukunftsähige, sichere Sozialsysteme und für einen verbesserten ozialen Zusammenhalt. Das sieht man auch in Europa so. Deswegen steht in er Lissabon-Strategie unter anderem: Wachstum ist kein Selbstzweck, sondern eine Voraussetzung für die Wahrung und Vermehrung des Wohlstands in Europa und somit für den Erhalt und die Verbesserung unserer Sozialmodelle. Aber auch der Umkehrschluss stimmt: Deutschland st wirtschaftlich stark, nicht obwohl, sondern weil wir ozialstaat sind; denn der Sozialstaat bietet die Grund age für Wachstum und sozialen Frieden. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der SPD)

Klaus Brandner (SPD):
Rede ID: ID1616009500

Erwirtschaftet wird unser Wachstum von den vielen
enschen, die Tag für Tag hart arbeiten, von Arbeitneh-
erinnen und Arbeitnehmern, von Unternehmerinnen

nd Unternehmern. Sie sind das Rückgrat unseres ge-
ellschaftlichen Wohlstands. Aber Arbeit ist weit mehr
ls nur ein Weg, um Einkommen zu erzielen. Arbeit ist
er Schlüssel für gesellschaftliche Teilhabe überhaupt.
eswegen sind die folgenden Zahlen so wichtig, weit
ber wirtschaftliche Überlegungen hinaus.

Die Zahl der Erwerbstätigen steigt kontinuierlich. Sie
ird erstmals im Jahresdurchschnitt über der Marke von
0 Millionen liegen. Ursache ist vor allem die erfreulich
tarke Zunahme der sozialversicherungspflichtigen Be-
chäftigung. Es ist uns erstmals gelungen, über 27 Mil-
ionen Menschen in sozialversicherungspflichtiger Be-
chäftigung zu haben. Deswegen ist es nicht richtig,






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Klaus Brandner
wenn manche behaupten, die guten Nachrichten vom
Arbeitsmarkt seien vor allem auf mehr geringfügige Be-
schäftigung zurückzuführen. Das Gegenteil ist richtig:
Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ist in
den letzten 12 Monaten mit 2,5 Prozent deutlich stärker
gewachsen als die geringfügige Beschäftigung mit nur
1,7 Prozent.

Die zweite gute Entwicklung: Die Zahl der Arbeitslo-
sen sinkt weiter. Im April 2008 gab es 1,6 Millionen Ar-
beitslose weniger als vor drei Jahren. Das entspricht fast
der Einwohnerzahl einer Stadt wie Hamburg. Im letzten
Jahr konnten wir uns über den mit Abstand stärksten
Rückgang der Arbeitslosigkeit in der Geschichte der
Bundesrepublik Deutschland freuen. Diese gute Ent-
wicklung geht weiter. Für dieses Jahr erwarten wir einen
weiteren Rückgang um gut 500 000 auf dann knapp
3,3 Millionen Arbeitslose. Damit werden wir die nied-
rigste Arbeitslosenzahl seit 15 Jahren erreichen.

Mehr Beschäftigung bedeutet zugleich mehr Einnah-
men für alle Zweige der Sozialversicherung. Das kann
man in Zahlen fassen: 100 000 Beschäftigte mehr bedeu-
ten rund 1 Milliarde Euro Mehreinnahmen bei der So-
zialversicherung. All das führt dazu, dass wir Hand-
lungsspielräume gewinnen.

In diesem Zusammenhang möchte ich an folgende
Punkte erinnern. Diese Handlungsspielräume geben uns
die Möglichkeit, ein hohes Leistungsniveau zu erhalten.
Außerdem können Maßnahmen, mit denen auf neue He-
rausforderungen reagiert werden muss, finanziert wer-
den. Die neuen Handlungsspielräume haben zudem die
Absenkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung
von 6,5 Prozent Ende 2006 auf heute 3,3 Prozent ermög-
licht. Für den Haushalt der Bundesagentur für Arbeit
kann man schon heute prognostizieren: Ein Defizit von
knapp 5 Milliarden Euro, wie wir es noch im Haushalts-
plan 2008 unterstellt haben, wird es nicht geben.

All diese Entwicklungen belegen nachdrücklich, dass
die Strukturreformen am Arbeitsmarkt erfolgreich sind.
Wir arbeiten ehrgeizig weiter, indem wir die Vermittlung
ständig verbessern, die Weiterbildung vorantreiben und
mithelfen, dass es mehr und gute Arbeit gibt.

Dabei haben wir heute Vollbeschäftigung als realisti-
sches Ziel vor Augen. Zugegebenermaßen: Noch müs-
sen wir dazu das Fernlicht einschalten; aber wir nähern
uns diesem in der Vergangenheit oft als nicht mehr er-
reichbar bezeichneten Ziel mit beachtlichem Tempo. Er-
folgreiche Arbeitsmarktpolitik ist das Ergebnis erfolgrei-
chen Handelns in einer Vielzahl von Politikbereichen.
Besonders gefordert sind dabei natürlich die Sozial-, die
Wirtschafts- und die Finanzpolitik des Bundes. Gewiss
ist: Wir bleiben ehrgeizig, steuern weiter auf diesem
Kurs und werden so dazu beitragen, dass die Arbeitslo-
sigkeit in unserem Land weiter kontinuierlich abgebaut
wird.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


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(C (D Das Wort hat der Kollege Martin Zeil für die FDP raktion. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! ngesichts des Titels der Aktuellen Stunde war zu erarten, dass wir eine kleine Selbstbeweihräucherungs tunde der Regierung erleben. Aber ich glaube, wir müsen tiefer gehen; denn allein mit politischen Spielchen ehen wir an der Lebenswirklichkeit vieler Menschen orbei. Zum Glück haben wir dank der guten Aufstellung unerer Unternehmen vor allem im Mittelstand wieder ehr Arbeitsplätze. Niemand freut sich über jeden zu ätzlichen Arbeitsplatz mehr als wir Freien Demokraten. (Beifall bei der FDP – Zuruf der Abg. Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616009600

(Beifall bei der FDP)

Martin Zeil (FDP):
Rede ID: ID1616009700

(Beifall bei der FDP)


Sie können sich ja noch mehr freuen, Frau Kollegin. –
ngesichts dunkler Wolken der internationalen Finanz-
rise und des vorausgesagten Wachstumsrückgangs im-
erhin von 2,5 Prozent in 2007 auf etwa 1,4 Prozent in

009 dürfen wir es aber nicht bei einem oberflächlichen
chulterklopfen der Politik belassen, schon deshalb
icht, weil die Politik gerade dieser Regierung sehr we-
ig zu dem positiven Zwischenstand beigetragen, ihn
urch falsche Weichenstellungen sogar behindert hat.


(Beifall bei der FDP)


Wir müssen schon genauer hinsehen: Was sind denn
as für Arbeitsplätze? In vielen Unternehmen werden
eitarbeiter eingesetzt – mit steigender Tendenz.


(Zuruf von der SPD: Das hat die FDP immer gefordert!)


ies zeigt uns zweierlei: Zum einen sehen viele Arbeit-
eber große Unsicherheiten in der konjunkturellen Ent-
icklung. Zum anderen ist unser Arbeitsmarkt nach wie
or durch zu starre Eintrittsbarrieren behindert.


(Beifall bei der FDP)


a die Koalition auf diesem Gebiet reformunfähig ist,


(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nicht nur auf diesem Gebiet!)


rägt sie die Verantwortung für den Anstieg der Zahl der
eiharbeitsverhältnisse.

Wie abgehoben viele Politiker reden, zeigen die aktu-
llen Studien über das Schrumpfen der sogenannten Mit-
elschichten in Deutschland. Wir haben bereits vor einem
ahr gefordert, dass die Politik die Mitte unserer Gesell-
chaft nicht vergessen darf. Das sind diejenigen Men-
chen, die täglich aufstehen, ihre Kinder zur Schule brin-
en und dann zur Arbeit gehen. Das sind Menschen mit
urchschnittlichen Gehältern wie der 37-jährige Baulei-
er mit 4 400 Euro im Monat, der davon 2 000 Euro Steu-
rn und Abgaben zahlt. Es sind diejenigen Menschen, die






(A) )



(B) )


Martin Zeil
weder Transferleistungen in Anspruch nehmen noch in
Steueroasen flüchten, die mit ihrer Hände Arbeit ihren
Lebensunterhalt selbst finanzieren. Diese Menschen füh-
len sich ausgenommen und bestraft.


(Beifall bei der FDP)


Vor acht Jahren gehörten noch 62 Prozent der Deut-
schen zur Mittelschicht. Heute sind es nur 54 Prozent.
Bis zum Jahre 2020 wird weniger als die Hälfte der Be-
völkerung ein Einkommen auf Durchschnittsniveau er-
zielen. Das sind 10 Millionen Menschen weniger als
noch Anfang der 90er-Jahre.

Die Politik der schwarz-roten Regierung – massive
Steuererhöhungen, staatliche Preistreiberei auf vielen
Gebieten, zum Beispiel im Energiebereich – hat diese
Entwicklung noch verschärft.


(Beifall bei der FDP)


Von den versprochenen Beitragssatzsenkungen sind
per saldo nur Erhöhungen übrig geblieben. Das ist der
Grund, warum die Menschen vergeblich darauf warten,
dass der Aufschwung auch bei ihnen ankommt. Es reicht
nicht, dass die CSU als kleinster Teil der Koalition die
Spendierlederhosen anzieht und der staunenden Bevöl-
kerung ein Steuersenkungstheater vorspielt; es ist die
gleiche Union, Herr Kauder, die in dieser Legislatur-
periode voller Inbrunst insgesamt 19 Steuererhöhungen
mitbeschlossen hat.


(Beifall bei der FDP – Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Was hat denn die FDP vor kurzem gefordert?)


Herr Kauder, wer theoretisch für Steuersenkungen ein-
tritt, praktisch aber die Steuern am laufenden Band er-
höht, ist ungefähr so glaubwürdig wie der Brandstifter,
der nach der Feuerwehr ruft.

Diese Art von gespaltenem Bewusstsein kennen wir
ja zur Genüge. Auch beim Gesundheitsfonds werden in
Bayern Forderungen aufgestellt, die nicht zu dem pas-
sen, was in Berlin beschlossen wurde. Das Schlimme ist:
Die Zeche zahlt der Bürger mit steigenden Beiträgen und
schlechteren Leistungen.


(Beifall bei der FDP)


Wir haben Ihnen mehrfach Gelegenheit gegeben, im
Deutschen Bundestag endlich ein einfacheres und ge-
rechteres Steuersystem mit niedrigeren Steuersätzen ein-
zuführen. Sie hätten unserem Gesetzentwurf nur zustim-
men müssen. Die Normalverdiener – das ist die von
Ihnen vergessene Mitte – rufen zu Recht nach einer Ent-
lastung. Auch die Wirtschaftsinstitute haben kürzlich ge-
sagt, dass die Regierung angesichts der guten Entwick-
lung endlich die Steuern senken sollte.


(Beifall bei der FDP)


Aber: Das Verwirrspiel geht ja bereits weiter: Die Ko-
alition hat eine absolut mittelstandsfeindliche Erbschaft-
steuerreform verabredet.

In dieser Woche hören wir im Rahmen des Know-
how-Transfers die Wirtschaftsjunioren an. Ein junger

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(C (D ann hat uns sehr eindrücklich geschildert, wie sich iese Reform auf sein Familienunternehmen auswirken ürde. Ich kann nur hoffen, dass der Know-how-Trans er bei der Koalition ankommt. Herr Kollege, ich möchte Sie auf Ihre Redezeit hin eisen. Lassen Sie mich zum Schluss sagen: Auch im letzten ahr haben wieder 150 000 zumeist gut ausgebildete und reative Menschen unser Land verlassen, weil sie sich ier eingeengt fühlen und hier keine Perspektive für sich ehen. Diese Alarmzeichen müssen wir erkennen. Dieen Trend müssen wir umkehren. Statt sich selbst zu loen, sollte die Koalition endlich ihre Hausaufgaben mahen. Nächster Redner ist für die CDU/CSU-Fraktion der ollege Gerald Weiß. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


(Beifall bei der FDP)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1616009800
Martin Zeil (FDP):
Rede ID: ID1616009900

(Beifall bei der FDP)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1616010000

Gerald Weiß (Groß-Gerau) (CDU/CSU):
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Lieber Kollege Zeil, diese Kassandrarufe kann
an nicht mehr hören. Wir haben 1,6 Millionen Arbeits-

ose weniger als vor zwei Jahren, wir haben 1 Million
ozialversicherungspflichtig Beschäftigte mehr als vor
wei Jahren, wir haben robustes Wachstum im dritten
ahr, und auch das vierte Jahr wird trotz der Probleme
uf dem internationalen Immobilienmarkt stabil sein.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ir haben eine gute, gesunde volkswirtschaftliche Ent-
icklung, aber Sie üben sich in Kassandrarufen. Das
ringt uns nicht weiter. Mit diesen Kassandrarufen hel-
en Sie uns nicht weiter.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Martin Zeil [FDP]: Sprechen Sie doch einmal mit den Leuten!)


Sie können jetzt sagen, das sei ein internes, von regie-
ungsnaher Seite ausgestelltes Zeugnis. – Zugegeben.
ch will Ihnen aber auch drei Stimmen aus dem Ausland
orhalten:

Erstens. Das renommierte World Economic Forum
at in seinem jüngsten Report festgestellt: Deutschland
st eine der fünf wettbewerbsfähigsten Volkswirtschaften
er Welt.

Zweitens. Deutschland ist der attraktivste Investi-
ionsstandort in Europa. Das hat eine international
urchgeführte Befragung von Führungskräften von Ernst
Young ergeben.






(A) )



(B) )


Gerald Weiß (Groß-Gerau)

Drittens. Die Auslandspresse schreibt – der eine
schreibt es vom anderen ab –: Deutschland erlebt sein
zweites Wirtschaftswunder.

Wenn Sie uns schon nicht glauben wollen, sollten Sie
diesen internationalen Stimmen glauben. Wir sind nicht
am Ziel; das kann keiner behaupten. Was stabiles
Wachstum, mehr Arbeit und mehr Sicherheit anbetrifft,
sind wir zwar nicht am Ziel, aber wir sind in Deutsch-
land auf einem guten Weg. Das ist unbestreitbar.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Martin Zeil [FDP]: Aber das Tempo!)


Die Politik der Regierung unter dem Leitmotiv „Sa-
nieren, Reformieren, Investieren“


(Martin Zeil [FDP]: Abkassieren!)


ist erfolgreich. Wenn Sie behaupten – das Bild wollen
Sie ja zeichnen –, der Aufschwung sei wie Manna vom
Himmel gefallen, dann darf man in aller Bescheidenheit
sagen: Natürlich haben die Arbeitnehmerinnen und Ar-
beitnehmer, die Unternehmer, die Selbstständigen und
die fleißigen und innovativen Manager alle dazu beige-
tragen. Zum Teil sind auch beachtliche Opfer gebracht
worden. Aber ohne bessere wirtschaftspolitische Rah-
menbedingungen in Deutschland und ohne bestimmte
strategische Entscheidungen der Großen Koalition –


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was war Ihr Beitrag?)


– ich will Ihnen jetzt gerade ein bisschen entgegenkom-
men, Frau Pothmer – und teilweise auch – nach Irrungen
und Wirrungen – der Vorgängerregierung gäbe es diesen
stabilen Aufschwung in Deutschland nicht. Er trägt jetzt
Früchte.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Herr Zeil, er ist nicht vom Himmel gefallen,


(Martin Zeil [FDP]: Nein, das haben die Leute erarbeitet! Das ist trotz der Regierung gekommen!)


vielmehr hat die Große Koalition ein 25-Milliarden-
Euro-Programm gestartet und beim Wachstum kluger-
weise kein Strohfeuer entfacht, sondern an Wachstums-
treibern angesetzt. Wir geben jetzt beispielsweise 6 Mil-
liarden Euro mehr für Spitzenforschung in Deutschland
aus. Das setzt an einem entscheidenden Wachstumstrei-
ber an und wird uns strategisch helfen, dieses Land wei-
ter voranzubringen und zu stabilisieren.

Sie haben eben von den steigenden Abgaben, den zu-
nehmenden Sozialabgaben gesprochen. Haben Sie denn
nicht bemerkt, dass wir den Arbeitslosenversicherungs-
beitrag in zwölf Monaten von 6,5 auf 3,3 Prozent prak-
tisch fast halbiert haben? Ist das an Ihnen vorbeigegan-
gen?


(Martin Zeil [FDP]: Das ist der einzige! Die anderen haben Sie erhöht! Rentenbeiträge, Gesundheitsbeiträge – alle erhöht!)


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(C (D ch folge den Aussagen meines Kollegen Fuchs und age: Die positive Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt wir haben für die Bundesagentur für Arbeit 18 Milliaren Euro als Rücklage auf der hohen Kante liegen – echtfertigt unsere Hoffnung. Sie gibt uns aber auch auf, en Arbeitslosenversicherungsbeitrag in einem weiteren chritt noch einmal abzusenken und bessere Rahmenbeingungen zu setzen. (Beifall bei der CDU/CSU – Martin Zeil [FDP]: Darauf warten wir heute!)


Letztes Beispiel – meine Redezeit ist abgelaufen –:
ie Nettoneuverschuldung wurde von uns von nahezu
0 Milliarden Euro auf jetzt 13 Milliarden Euro redu-
iert. Das ist nicht die Endstation Sehnsucht, wir müssen
iesen Weg weitergehen. Auch das ist nicht vom Him-
el gefallen, sondern eine Frucht beachtlicher Anstren-

ungen. Das heißt, diese Koalition, diese Regierung hat
ich mit großem und nachhaltigem Erfolg für dieses
and eingesetzt. Die Früchte sind sichtbar.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1616010100

Nächster Redner ist nun der Kollege Herbert Schui

ür die Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Herbert Schui (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616010200

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zu einer

üchternen Bestandsaufnahme sind die Redebeiträge der
oalition bislang nicht gekommen.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


tattdessen gab es einiges Eigenlob auch für vergangene
chandtaten, zum Beispiel für die Agenda 2010 und
artz IV. Was eigentlich macht die Beschäftigungspoli-

ik seit der deutschen Vereinigung und davor aus, gleich-
ültig ob Kohl, Schröder oder Merkel regieren? Ich
enne einige Zahlen: Der Bedarf an Arbeitsstunden sinkt
tetig. 1991 haben die Arbeitnehmer rund 52 Milliarden
rbeitsstunden geleistet. Im Jahr 2007 waren es noch
napp 47 Milliarden; das heißt 8 Prozent weniger. Die
nzahl der Arbeitnehmer ist dagegen von 1991 bis 2007
m 0,5 Prozent – und auch nicht mehr – gestiegen.

Wie erklärt sich der in etwa gleichbleibende Beschäf-
igungsstand? Das ist ganz einfach: Sie haben mit Ihrer
olitik bewirkt, dass die einzelnen Arbeitnehmer je Wo-
he weniger Stunden arbeiten, nämlich 28,4 Stunden je
oche im rechnerischen Durchschnitt im Jahr 1991 und

6 Stunden je Woche im rechnerischen Durchschnitt im
ahr 2007. Das ist ein Rückgang um 8,5 Prozent. Weil
ie durchschnittliche Wochenarbeitszeit pro Arbeitneh-
er um ein halbes Prozent mehr gesunken ist als die An-

ahl der geleisteten Arbeitsstunden, ist es im Saldo zu ei-
er Zunahme der Beschäftigung um 0,5 Prozent
ekommen. Das ist die ganze Mystik Ihres Beschäfti-
ungsaufschwungs.


(Beifall bei der LINKEN)







(A) )



(B)


Dr. Herbert Schui
Das ist doch eine stramme Leistung. Da sollten Sie mit
Eigenlob nicht sparen.


(Gerald Weiß [Groß-Gerau] [CDU/CSU]: Was für ein Rechenkünstler! Dazu muss man geboren sein!)


Das ist aber noch nicht die ganze Geschichte: In Prei-
sen von 2007 beträgt der preisbereinigte Nettolohn im
Jahr 1991 12,69 Euro, im Jahr 2007 sind es 13,03 Euro,
für den gesamten Zeitraum von 1991 bis 2007 also
34 Cent pro Stunde mehr. In den vergangenen 16 Jahren
ist die Arbeitsproduktivität je Stunde aber um 34 Prozent
gestiegen. Damit hätte der Stundenlohn selbst bei unver-
änderter Verteilung des Volkseinkommens auf Lohn und
Profit in den letzten 16 Jahren auf 17 Euro steigen müs-
sen. Das entspricht nicht 34 Cent mehr, sondern
4,31 Euro.

Was folgt daraus? Ihre Beschäftigungspolitik hatte
zur Folge, dass Arbeitszeit und Wochenlohn in den letz-
ten 16 Jahren gesunken sind. Daher musste die Armuts-
quote steigen. Näheres lesen wir wahrscheinlich im Ar-
mutsbericht, den die Regierung wohl nach dieser
Feierstunde veröffentlichen wird.

Wie sieht Ihr Konzept aus? Der Bedarf an Arbeits-
stunden sinkt. Die Gesetzgebung schafft miserabel ent-
lohnte Teilzeitarbeitsplätze; da und dort sind sie sogar
sozialversicherungspflichtig. Indem die Vollzeitbeschäf-
tigung und damit die Einkommen reduziert werden, wird
das Niveau der Beschäftigung gehalten. Die Gesetzge-
bung sorgt für mehr Wettbewerbsdruck auf dem Arbeits-
markt. So kommt es dazu, dass die Gruppe der soge-
nannten arbeitenden Armen, der working poor, wächst,
und zwar auch bei Vollzeitbeschäftigung.

In Ihren Debattenbeiträgen lassen Sie die Wirklich-
keit nicht zu Wort kommen. Sie rechnen uns etwas für
die Jahre 2005 bis 2007 vor, dann hoffen Sie auf die Zu-
kunft und machen das Fernlicht an. Weil die Beschäfti-
gung in diesen beiden Jahren, in den Jahren 2005 und
2007, um 800 000 Personen gestiegen ist, findet sich die
Regierung und besonders die Kanzlerin toll. Von Armut
dagegen reden Sie nicht.

Was aber sagen Sie dazu, dass die Beschäftigung in
den Jahren 1998 bis 2000 um 1,253 Millionen gestiegen
ist, nachdem sie zuvor gesunken war? Das war vor
Hartz IV. Wie erklären Sie, dass die Beschäftigung seit
der Vereinigung Deutschlands um 190 000 Personen ge-
stiegen ist? Wie erklären Sie Ihre Arbeitslosenstatistik?
Bedenken Sie, dass das Arbeitspotenzial nicht mehr in
dem Ausmaß zunimmt, wie es früher der Fall war. Be-
denken Sie auch, dass die stille Reserve zunimmt.


(Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Sie hat abgenommen, Herr Kollege!)


Das alles sind Entwicklungen, die nicht Folge Ihrer Poli-
tik sind.

Es muss eine ernsthafte Arbeitsmarkt- und Beschäfti-
gungspolitik her. Beschließen wir endlich einen gesetzli-
chen Mindestlohn, mehr Rechte für die Beschäftigten
und mehr Mitbestimmung.

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(C (D tärken wir durch unsere Gesetzgebung die Gewerkchaften, damit sie in den Tarifkonflikten höhere Löhne nd Arbeitszeitverkürzungen bei vollem Lohnausgleich urchsetzen können. Schaffen wir die Voraussetzungen ür mehr Beschäftigung im öffentlichen Dienst, finaniert durch höhere Gewinnsteuern und höhere Unternehensteuern. Vielen Dank. Nun hat der Kollege Rolf Stöckel für die SPD-Frak ion das Wort. Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol egen! Herr Schui, Sie haben Entwicklungen beschrieen, die wahrscheinlich noch prekärer wären, wenn wir ozialdemokraten nicht die Maßnahmen eingeleitet hät en, die wir vor knapp zehn Jahren eingeleitet haben. Wir aben die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit in den Mitelpunkt gerückt. Es ging uns darum, den Reformstau in nserem Land zu überwinden, neue Fundamente für irtschaftliches Wachstum zu legen und die Sicherheit nserer Sozialsysteme langfristig neu zu begründen. Das erlangte manch schmerzhafte Entscheidung, nicht nur ür die Betroffenen, sondern auch für unsere Partei, die or Probleme gestellt war, die sie lieber nicht gehabt ätte. Gerade deswegen können wir heute mit Stolz saen, dass wir die Wende zum Besseren geschafft haben, owohl in der Vorgängerregierung als auch jetzt in der roßen Koalition. Staatssekretär Brandner hat die Zahlen genannt. Wir ehen sogar gute Chancen, in diesem Jahr zum ersten al im vereinten Deutschland beim prozentualen Wirt chaftswachstum eine Zwei vor dem Komma zu rreichen. Weil so viele Menschen wie noch nie sozialersicherungspflichtig beschäftigt sind, haben sich die ozialkassen wieder auf ein solides Maß gefüllt. Im Jahr 011 wollen wir – Kollege Weiß hat darauf hingewiesen – inen ausgeglichenen Bundeshaushalt vorlegen; das urde in der alten Bundesrepublik zuletzt 1969 erreicht. Gestärkt durch die Erfolge sagen wir jetzt: Wir wollen ie Arbeitslosigkeit nicht nur bekämpfen, sondern besieen. Unser Ziel für das nächste Jahrzehnt ist Vollbechäftigung in Deutschland bei guten Löhnen und fairen rbeitsbedingungen. Wir wollen, dass jeder Mensch in nserem Land nicht nur gute Aussichten hat, Arbeit zu inden, sondern auch die realistische Chance auf einen ozialen Aufstieg erhält. Wir sind überzeugt, dass wir iese Ziele erreichen können, und zwar mit einer Politik, ie entschlossen auf Innovation und Wachstum setzt, die hancen der Globalisierung konsequent nutzt und im innenmarkt neue Dienstleistungen fördert. Wenn imer mehr Menschen bewusst gesund leben und älter erden, werden in Zukunft Gesundheitsdienstleistunen und die Inklusion behinderter und pflegebedürftiger enschen noch stärker gefragt sein. )


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1616010300
Rolf Stöckel (SPD):
Rede ID: ID1616010400






(A) )



(B) )


Rolf Stöckel
Wir wollen eine starke Industrie und innovative mit-
telständische Unternehmen. Wir richten den Blick aber
auch auf die Beschäftigungspotenziale in der Kreativ-
wirtschaft, die inzwischen eine ähnliche Wertschöpfung
wie etwa die Chemiebranche erzielt.

Es geht nicht nur um ökonomische Chancen; zugleich
müssen wir uns der Verantwortung für die ökologischen
Folgen des bevorstehenden, geschichtlich einmaligen
Wachstumsprozesses stellen. Damit wir unseren Plane-
ten Erde nicht überfordern, brauchen wir so rasch wie
möglich moderne, umweltfreundliche Produkte zu be-
zahlbaren Preisen; wir sollten einen wesentlichen Anteil
an ihrer Entwicklung und Herstellung haben. Umwelt-
freundliche Energien, Maschinen, die mit weniger Ener-
gie auskommen, Produkte aus neuen Materialien statt
aus teuren Rohstoffen bergen unsere größten Zukunfts-
chancen auf zusätzliche, sichere Arbeitsplätze.

Die Ausgrenzung von alleinerziehenden Frauen, älte-
ren Arbeitnehmern, Migranten und behinderten Men-
schen sowie die fehlenden Bildungschancen von
Kindern aus benachteiligten Familien stellen heute in
Deutschland die größten Risiken für eine stabile wirt-
schaftliche Entwicklung dar und sind die wichtigste Ur-
sache dafür, dass Armutsrisiken steigen und sich die Ein-
kommensschere weiter öffnet.

Im Übrigen ist jeder Arbeitsplatz, der neu entsteht,
nicht nur ein Gewinn für den Menschen, der der Arbeits-
losigkeit entkommt; er führt zu sinkenden Beiträgen zur
Sozialversicherung für alle Arbeitnehmer. Die Politik für
mehr Beschäftigung verschafft den Leistungsträgern un-
serer Gesellschaft, denen wir Sozialdemokraten uns be-
sonders verpflichtet fühlen, Vorteile: der Krankenpflege-
rin, dem Facharbeiter, dem Angestellten und dem
verantwortlich handelnden Unternehmer.

Für Sozialdemokraten – es bleibt dabei – steht der
Mensch im Mittelpunkt der Wirtschaft. Darum ist der
Grundsatz „gute Arbeit“ der Kompass unserer Politik.


(Beifall bei der SPD)


Was bedeutet das? Wer eine Vollzeitbeschäftigung hat,
muss von dem Lohn dieser Arbeit leben können. Darum
kämpfen wir mit den Gewerkschaften für branchenspezi-
fische Mindestlöhne und für einen gesetzlichen Mindest-
lohn.


(Beifall bei der SPD)


„Gute Arbeit“ bedeutet aber auch: Leiharbeit darf
nicht für Lohndumping oder Tarifflucht missbraucht
werden, sondern nur der Bewältigung von Auftragsspit-
zen dienen und eine Brücke in den regulären Arbeits-
markt sein. „Gute Arbeit“ heißt auch, strukturelle
Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern zu
überwinden, mehr prekäre Jobs in reguläre Arbeitsver-
hältnisse zu überführen, die Mitbestimmung in den Be-
trieben zu erhalten sowie die Weiterbildung und Qualifi-
zierung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu
fördern.

Wer das Ziel der Teilhabe aller an Wohlstand und
Wachstum ernst nimmt, muss sich an erster Stelle zur ge-

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(C (D erkschaftlichen Organisation und Mitbestimmung beennen. Die Flucht aus den Tarifverträgen ist ein Fluch nd der Grund für neue Armutsrisiken. Gute Arbeit liegt icht nur im eigenen Interesse langfristig und weitsichtig lanender Unternehmen. Darum stellen wir Sozialdemoraten uns der Verantwortung, die Voraussetzungen für ute Arbeit zu schaffen, etwa mit neuen Modellen für ängere Erwerbstätigkeit und gleitende Übergänge vom rwerbsleben in die Rente. Unser Grundsatz lautet: Wer länger arbeitet, muss daon im Alter profitieren. Wir zäumen das Pferd aber icht, wie es Jürgen Rüttgers aus durchsichtigen Grünen tut, von hinten auf. Leider fehlt mir die Zeit, über as Menschenbild, das hinter diesen falschen, sozialopulistischen Parolen steht, zu reden. Wir können im Jahre 2008 feststellen: Deutschland eht die Arbeit nicht aus. Der technische Wandel verangt von den aktiven Arbeitnehmerinnen und Arbeitehmern allerdings mehr Bereitschaft zu Weiterbildung nd Qualifizierung. Da sind die Tarifpartner gefordert. ir sagen: Deutschland hat eine bessere Zukunft, als iele glauben. Mit einer klaren Politik können wir die hancen nutzen. Vertrauen wir wieder auf unsere Kraft! ir Sozialdemokraten sind bereit für eine Politik, die die assenarbeitslosigkeit besiegt und Sicherheit für die enschen und inneren Frieden in unserem Land schafft. Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Bartholomäus Kalb [CDU/CSU])



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1616010500

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun die

ollegin Brigitte Pothmer das Wort.


Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1616010600

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist

nteressant, wie sich die Zeiten ändern: 1976 war die
ahl von 1,2 Millionen Arbeitslosen Anlass für düstere
rognosen im Hinblick auf Wirtschaft und Gesellschaft.
m Jahr 2008 wird die Zahl von 3,4 Millionen Arbeitslo-
en quasi als Vorabend der Vollbeschäftigung gefeiert.
ch habe den Eindruck, dass die langanhaltende Massen-
rbeitslosigkeit zu einer starken Relativierung der Wahr-
ehmung der gesellschaftlichen Probleme geführt hat.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


amit will ich – das betone ich – die Reduzierung der
rbeitslosigkeit in den letzten Jahren wirklich nicht
leinreden. Mehr Menschen haben wieder Arbeit, das ist
nsbesondere für die Betroffenen ein Erfolg.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich will nicht behaupten, dass Vollbeschäftigung un-
öglich ist. Dass Vollbeschäftigung möglich ist, haben

nsere europäischen Nachbarn, zum Beispiel die Dänen,
ezeigt. Vollbeschäftigung fällt jedoch nicht wie Manna
om Himmel, Herr Weiß, Vollbeschäftigung erreicht
an nur durch konsequente und harte Arbeit an Refor-
en.






(A) )



(B) )


Brigitte Pothmer

(Martin Zeil [FDP]: Richtig! – Gerald Weiß [Groß-Gerau] [CDU/CSU]: Ich habe das mit anderen Worten gesagt!)


Genau dies haben die Dänen getan. Das Gleiche hat die
rot-grüne Regierung getan; ihre Arbeit ist es, die jetzt
zunehmend Erfolge zeitigt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Anton Schaaf [SPD])


Ich will unmissverständlich sagen – auch wenn Ihnen
das vielleicht nicht gefällt, Herr Weiß –: Die Entspan-
nung auf dem Arbeitsmarkt ist das Ergebnis unserer
Reformpolitik, und sie ist das Ergebnis der guten Kon-
junktur. Die CDU/CSU ist in dieser Hinsicht nur Tritt-
brettfahrer; ein anderes Zeugnis kann ich Ihnen leider
nicht ausstellen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Im Gegenteil: Ich muss Ihnen vorwerfen, dass Sie die
gegenwärtige Phase wirklich guter Konjunktur nicht nut-
zen, um weitere dringend notwendige Reformen voran-
zubringen.


(Beifall des Abg. Jürgen Koppelin [FDP])


Ich sage Ihnen: Die nächste Abschwächung der Kon-
junktur kommt. Dann wird sich rächen, dass Sie sich
darauf in keiner Weise vorbereitet haben. Die Anfänge
der nächsten Konjunkturabschwächung sehen wir schon
jetzt: Die Zahl der offenen Stellen stagniert, und der Ar-
beitsmarkt ist nach wie vor tief gespalten. Daran hat die-
ser Konjunkturaufschwung leider nichts geändert.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Im Gegenteil: Deutschland hat den größten Niedriglohn-
sektor in ganz Europa.


(Andrea Nahles [SPD]: Wohl wahr!)


Innerhalb dieses Niedriglohnsektors haben wir die
größte Zahl an Arbeitsplätzen, für die Löhne unter
5 Euro gezahlt werden. Diese deutsche Besonderheit
lässt sich auf einen zentralen Fehler zurückführen: dass
es in Deutschland keinen Mindestlohn gibt. Trotz dieser
dramatischen Entwicklung blockiert die CDU/CSU ei-
nen Mindestlohn.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Gerald Weiß [GroßGerau] [CDU/CSU]: Das stimmt doch gar nicht!)


– Natürlich ist das so, und das muss Ihnen peinlich sein,
Herr Weiß! Sie müssen mit Ihren Jungs über den Min-
destlohn reden! So geht es doch nicht weiter.


(Gerald Weiß [Groß-Gerau] [CDU/CSU]: Sagt Ihnen das Wort „Entsendegesetz“ etwas?)


Ich weiß nicht, ob jemand von Ihnen auf den Mai-
demonstrationen war. Mir sind da häufig Plakate begeg-
net, auf denen stand: Habe Arbeit, brauche Geld.


(Martin Zeil [FDP]: Wie wäre es mit Steuersenkungen?)


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(C (D esser lässt sich kaum zusammenfassen, was viele Bechäftigte heute bewegt: Armut trotz Arbeit, das ist die ässliche Seite des vielbeschworenen konjunkturellen ufschwungs. Das hat sehr wenig mit „guter Arbeit“ zu un, Herr Stöckel. (Dr. Herbert Schui [DIE LINKE]: Aber sehr viel mit Hartz IV!)


um ersten Mal haben wir die Situation, dass zwar die
irtschaft wächst, aber das Einkommen der Beschäftig-

en nicht. Über diese Besonderheit des konjunkturellen
ufschwungs müssen wir reden.

Die Reallöhne werden auch in diesem Jahr trotz in
eilen guter Lohnabschlüsse weiter sinken, nämlich
och einmal um 1,2 Prozent. Es zeigt sich hier ganz
eutlich, dass das Versprechen von Frau Merkel – Wohl-
tand für alle – wirklich ein hohles Versprechen ist.

Ich sage abschließend noch einmal: Wir brauchen den
indestlohn dringend, und zwar nicht nur, weil er öko-

omisch und sozial notwendig ist.


(Martin Zeil [FDP]: Mehr netto!)


ir brauchen ihn auch deshalb dringend, weil wir nicht
usehen können, wie die gesellschaftliche Spaltung im-
er größer wird.

Jetzt noch einmal ein Wort an die lieben Kolleginnen
nd Kollegen von der CDU/CSU-Fraktion: Ich finde, da
elbst die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung davon
pricht, dass wir auf dem Weg in eine neue Klassenge-
ellschaft sind, sollten auch bei Ihnen einmal die Alarm-
locken klingeln.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


ie sollten dafür sorgen, dass der Aufschwung auch bei
enen ankommt, die am wenigsten Geld haben. Ansons-
en ist der soziale Zusammenhalt in dieser Gesellschaft
irklich tief gefährdet.

Ich danke Ihnen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Frank Spieth [DIE LINKE]: Dazu haben Sie kräftig beigetragen!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1616010700

Nächster Redner ist der Kollege Bartholomäus Kalb

ür die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Bartholomäus Kalb (CSU):
Rede ID: ID1616010800

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Herr Staatssekretär Brandner und Kollege Weiß
aben ja schon dargestellt, welchen Beitrag die Große
oalition dazu geleistet hat, Wachstum auszulösen und
ehr Beschäftigung zu sichern. Diese Aktuelle Stunde

teht ja auch unter der Überschrift, wie wir langfristige
erspektiven entwickeln können, um Wachstum, Be-
chäftigung und Wohlstand zu sichern.

In einer McKinsey-Studie wird darauf hingewiesen,
ass wir in den nächsten Jahren vor ganz anderen






(A) )



(B) )


Bartholomäus Kalb
Herausforderungen stehen werden. Dabei geht es um die
Verfügbarkeit von qualifizierten Mitarbeitern in
Deutschland. Bereits im letzten Jahr ist eine Delegation
des Deutschen Bundestages von einer amerikanischen
Führungspersönlichkeit mit der Bemerkung begrüßt
worden: Das größte Problem aller westlichen Industrie-
nationen wird in den nächsten Jahren sein, noch ausrei-
chend qualifizierte Mitarbeiter zu haben. – Wir stehen
also vor völlig neuen Herausforderungen.


(Edelgard Bulmahn [SPD]: Das wissen wir schon seit 20 Jahren!)


Ich füge hinzu: Die Wettbewerbsfähigkeit Deutsch-
lands wird in der Zukunft nicht mehr so sehr von der
Steuerlast der Unternehmen als von der Steuer- und Ab-
gabenlast des Erwerbstätigen bzw. des Arbeitnehmers
beeinflusst werden. Das wird die neue Herausforderung
für uns sein.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Martin Zeil [FDP]: Sehr richtig! Deswegen habt ihr sie ja auch erhöht!)


Die Bedingungen für die Menschen haben sich grund-
legend geändert. Für junge Menschen ist die Sprache
heute keine Barriere mehr. Nationalstaatliche Grenzen
gibt es praktisch nicht mehr. Kollege Zeil, ich glaube,
Sie haben darauf hingewiesen: Die Tendenz zur Abwan-
derung aus unserem Land – insbesondere von hochquali-
fizierten Menschen – können wir uns nicht leisten. Das
stellt uns vor völlig neue Herausforderungen.


(Martin Zeil [FDP]: Sie müssen was tun!)


Der frühere Bundesarbeitsminister Müntefering hat
zur Begründung der Rentenrechtsänderung zu Recht da-
rauf hingewiesen, dass sich die Zahl der Erwerbsfähigen
– nicht der Erwerbstätigen – von derzeit rund 45 Millio-
nen in wenigen Jahren auf 37 Millionen reduzieren wird.
Das heißt, der Wohlstand in unserem Land muss von im-
mer weniger Menschen erarbeitet und erwirtschaftet
werden. Das muss Konsequenzen haben.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Richtig!)


Eine Konsequenz ist, wie bereits dargestellt, dass wir
unseren Wohlstand eben nicht mehr durch die Kredit-
finanzierung, die Staatsverschuldung bewahren und
finanzieren können. Eine andere Konsequenz ist, dass
wir zu ausgeglichenen Haushalten kommen müssen, wie
wir das auch fest eingeplant und verabredet haben. Na-
türlich muss das auch Konsequenzen im Bereich des
Rentenrechts bzw. der Alterssicherung haben. Auch dort
sind wesentliche Schritte eingeleitet worden. Eine wei-
tere Konsequenz ist natürlich, dass das Thema „qualifi-
zierte Bildung und Ausbildung“ mittlerweile in den Mit-
telpunkt der gesamten gesellschaftlichen Diskussion
getreten ist.


(Beifall des Abg. Wolfgang Grotthaus [SPD])


Das gilt insbesondere für die Länder, die dafür auch ganz
überwiegend zuständig sind.

Kollege Weiß hat darauf hingewiesen: Wir haben
durch die Senkung der Beiträge zur Arbeitslosenversi-

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(C (D herung bereits erste Maßnahmen zur Senkung der Ababenbelastung und der Lohnnebenkosten getroffen. Wir werden langfristig auch unser Steuersystem entprechend umstellen müssen – das geht nicht von einem ag auf den anderen –, damit sich die Menschen angeegt fühlen, die in ihnen schlummernden Leistungsreseren, ihre Mobilität und Flexibilität zu wecken, statt sich tändig demotiviert zu fragen, ob es sich lohnt, von einer ering bezahlten Beschäftigung in ein reguläres Bechäftigungsverhältnis zu wechseln oder an Aufstiegsnd Qualifizierungsmaßnahmen teilzunehmen. Dabei pielt die Frage der Schwellen und der Grenzbelastung, ie wir in unserem Steuersystem kennen, eine entscheiende Rolle. Vor diesem Hintergrund ist das von dem SU-Vorsitzenden Erwin Huber vorgelegte Konzept als ichtig zu betrachten. Der Parteivorsitzende der SPD hat angekündigt, dass ie SPD ebenfalls ein Steuerkonzept vorlegen will. Das ird sicherlich auch unsere Schwesterpartei, die CDU, un. Denn wir müssen uns diesen Fragen stellen. Es gibt eine Lösungen, die in einem Schritt erreichbar sind. abei handelt es sich um eine langfristige Aufgabe. Es erden mehr Schritte und weiter gehende Maßnahmen otwendig sein als die, die im Steuerkonzept der CSU nthalten sind. Wir werden diese Aufgabe unverzüglich n Angriff nehmen müssen, wenn bei der Haushaltskonolidierung weitere Schritte zur Senkung der Steuern nd Abgabenlast möglich sind. Diesen Spagat müssen ir hinbekommen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1616010900

Nächste Rednerin ist die Kollegin Edelgard Bulmahn

ür die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1616011000

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten

erren und Damen! Demokratie lebt von dem Verspre-
hen auf Teilhabe: Teilhabe an Bildung, am kulturellen
eben, an Arbeit und am Wohlstand. Dieses Versprechen
inzulösen, ist die wichtigste politische Aufgabe.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Wenn es uns nicht gelingt, dieses Versprechen einzu-
ösen, dann – das wissen wir – verliert jede Demokratie
hr Fundament. Deshalb hat sich diese Koalition vorge-
ommen, drei Ziele zu erreichen, nämlich erstens die
innahmesituation zu verbessern, zweitens die Verschul-
ung zu verringern und drittens in die wichtigen Zu-
unftsaufgaben zu investieren.


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Steuern sind doch gerade erhöht worden!)


Dass diese Entscheidung richtig war, zeigt die Tatsa-
he, dass sich die Wirtschaft trotz der internationalen
inanzkrise und der damit verbundenen Schwierigkeiten

n einer stabilen und guten Verfassung befindet. Die Zahl






(A) )



(B) )


Edelgard Bulmahn
der Arbeitslosen ist so stark gesunken wie seit 15 Jahren
nicht mehr. Wir haben 1,6 Millionen Arbeitslose weni-
ger. Das sind Menschen, die wieder am Arbeitsprozess
teilhaben können.

Die kleinen und mittleren Unternehmen erweisen sich
als stabiles Rückgrat unserer Wirtschaft. Auch die gro-
ßen Unternehmen sind so gut aufgestellt, dass sie sich
international behaupten können.

Wir erwarten in diesem Jahr ein reales Wachstum des
Bruttoinlandsprodukts von 1,7 Prozent.

Aber ich will nicht verschweigen, dass das gesamt-
wirtschaftliche Wachstum immer noch zu sehr auf einem
Bein steht. Es ist gut, dass wir 2007 zum fünften Mal in
Folge Exportweltmeister waren. Das zeigt die Leistungs-
fähigkeit und Stärke der deutschen Wirtschaft. Weniger
gut ist, dass der Binnenmarkt und die Binnenmarktnach-
frage nicht so stark sind, wie sie sein müssten.

Es ist entscheidend, dass wir stabil auf beiden Beinen
stehen. Wir müssen deshalb unsere Anstrengungen, die
Arbeitslosigkeit zu verringern, und vor allen Dingen zu
erreichen, dass jeder von seiner Arbeit auch leben kann,
fortsetzen. Wir dürfen nicht auf halbem Wege stehen
bleiben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Deshalb sage ich ausdrücklich, dass die von uns verein-
barte branchenbezogene Einführung des Mindestlohns,
wenn die Tarifvertragsparteien dies wollen, ein richtiger
erster Schritt ist. Aber wir dürfen nicht dabei stehen blei-
ben. Wir brauchen einen Mindestlohn, damit wir ein
zweites starkes Bein haben – eine starke Binnennach-
frage.

An die Adresse von Herrn Zeil und Herrn Schui:
Wirtschaftliches Wachstum, Verringerung der Arbeitslo-
sigkeit und Armutsbekämpfung erreicht man nicht durch
Kassandrarufe, genauso wenig wie durch Steuerge-
schenke.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Martin Zeil [FDP]: Aber durch Steuersenkungen! Das sind keine Geschenke! Das ist Geld des Bürgers!)


Herr Zeil, die wichtigste Aufgabe, die wir zu bewältigen
haben, besteht darin, Kindern und Jugendlichen eine ex-
zellente Ausbildung zu ermöglichen und sicherzustellen,
dass jeder eine gute Bildung und Ausbildung erhält. Nur
weil vielleicht gerade Landtagswahlen anstehen, sollte
man nicht landauf, landab populistisch Steuergeschenke
versprechen und sich einen Dreck darum kümmern, wo-
her das notwendige Geld für die Finanzierung der Bil-
dung kommt. Letzteres fällt schließlich nicht vom Him-
mel.


(Beifall bei der SPD – Martin Zeil [FDP]: Es geht aber trotzdem!)


Die Lehrerinnen und Lehrer müssen gut bezahlt werden.
Die Schulen müssen gut ausgestattet werden. Es muss
Freude machen, in eine Schule zu gehen. Wir müssten
schon jetzt jedes Jahr zusätzlich 12,3 Milliarden Euro für
die Bildung ausgeben, wenn wir so gut sein wollten wie

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(C (D ie skandinavischen Länder. Das zeigt die Dimension er Aufgabe. Meine Damen und Herren von der Linken, wo waren ie vor etwa acht bzw. zehn Jahren, als die rot-grüne undesregierung und ich als Bildungsministerin das anztagsschulprogramm gestartet haben, damit die Bilung der Kinder in unserem Land endlich genauso gut ird wie zum Beispiel in Finnland und Südkorea? Daals habe ich von Ihnen nicht viel gehört. (Beifall bei der SPD – Frank Spieth [DIE LINKE]: Da waren wir nicht im Bundestag!)

s ist leicht, sich hier hinzustellen und zu sagen: „Hätten
ir mal …“ Als es darauf ankam, hätte ich mir ge-
ünscht, dass Sie gesagt hätten: Gut und richtig, dass
ie das machen! – Was haben Sie in den Landesregie-
ungen, an denen Sie beteiligt sind, zur Verbesserung der
chulischen und der frühkindlichen Bildung getan? End-
ich verbessern wir die frühkindliche Bildung; das ist

ehr als überfällig. Das ist auch keine neue Erkenntnis.
as wissen wir bereits seit 20 Jahren. Jeder, der nun so

ut, als ob er dies nicht gewusst hätte, sagt etwas Fal-
ches.


(Beifall bei der SPD)

Herr Zeil, auch für eine starke Forschung und Ent-

icklung brauchen wir Steuermittel, genauso wie für die
ildung. Wir sind deshalb so leistungsfähig, und unsere
irtschaft wächst deshalb, weil wir so gut in Forschung

nd Entwicklung sind. Aber auch hier fällt das Geld
icht vom Himmel. Das schafft man nicht in ein, zwei
ahren. Hier muss man langfristig und kontinuierlich
lare Schwerpunkte setzen. Es ist zwingend notwendig,
ass wir, die Bundesregierung, das fortsetzen. Aber ge-
auso wichtig ist es, dass die Bundesländer ihre Haus-
ufgaben erfüllen. Aber auch die Wirtschaft muss ihre
ausaufgaben erfüllen. Sonst werden wir unser 3-Pro-

ent-Ziel deutlich verfehlen.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Gerald Weiß [Groß-Gerau] [CDU/CSU])



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1616011100

Frau Kollegin, achten Sie bitte auf Ihre Redezeit.


Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1616011200

Wir müssen eine gute Ausbildung und Qualifikation,

as heißt ein leistungsfähiges Bildungssystem, eine
tarke Forschung und Entwicklung sowie eine leistungs-
ähige Infrastruktur mit Steuermitteln finanzieren, weil
s sonst kein wirtschaftliches Wachstum geben wird.
eshalb darf man nicht leichtfertig Steuergeschenke ver-

prechen. Wirtschaftliches Wachstum ist die Vorausset-
ung dafür, dass wir diese Aufgaben erfüllen können und
amit die Arbeitslosigkeit verringern können.

Ich möchte mit einem Satz von Ferdinand Lassalle,
em Gründer meiner Partei, schließen.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1616011300

Aber nur ganz kurz, Frau Kollegin; denn Sie haben

hre Redezeit schon weit überschritten.

(Dr. Rainer Wend [SPD]: Er hat immer in kurzen Sätzen gesprochen!)







(A) )



(B) )


Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1616011400

Ferdinand Lassalle hat gesagt: „Politik ist, immer zu

sagen, was ist.“ Das habe ich getan.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Gerald Weiß [Groß-Gerau] [CDU/CSU])



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1616011500

Für die CDU/CSU-Fraktion hat nun das Wort der

Kollege Wolfgang Meckelburg.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Rolf Stöckel [SPD])



Wolfgang Meckelburg (CDU):
Rede ID: ID1616011600

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-

legen! Ich finde, die heutige Aktuelle Stunde zum Thema
„Wachstum und Beschäftigung als Grundlage wirtschaft-
licher Sicherheit“ ist notwendig; denn ich glaube, dass in
der öffentlichen Diskussion in den letzten Monaten der
Eindruck entstanden ist, als ginge es in Deutschland stän-
dig bergab, als gäbe es hier nur Altersarmut und Kinder-
armut, nur negative Themen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Große Schuld daran tragen Sie von der Fraktion Die
Linke.

Das Weltbild, das Sie, Herr Schui, gerade hier vorge-
stellt haben, ist ziemlich weit von der Realität entfernt.
Das ist eine Statistik nach dem Motto: Wenn ein Fuß-
ballspieler einmal auf den linken und einmal auf den
rechten Pfosten schießt, dann hat er im Schnitt ein Tor
geschossen. – So geht es natürlich nicht.


(Beifall des Abg. Gerald Weiß [Groß-Gerau] [CDU/CSU])


Deswegen nehme ich mir heraus, das Bild ein wenig zu-
rechtzurücken.

Herr Schui, wir sollten bei der Politik, die wir ma-
chen, vom Normalfall ausgehen. Nach unserem Ver-
ständnis besteht der Normalfall darin, dass man Arbeit
hat und mit dem Einkommen, das man mit der Arbeit er-
wirtschaftet, sich selbst und eine Familie ernähren kann.
Das ist unser Ziel. Bei Ihnen kann ich das Ziel überhaupt
nicht erkennen. Sie sind ständig dabei, Ansatzpunkte zu
suchen, wie man durch Kleinigkeiten sogenannte soziale
Gerechtigkeit herstellen kann.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bei 5 Euro pro Stunde eine Familie ernähren!)


Sie sagen aber niemandem, woher Sie das Geld nehmen
wollen und wie all das finanziert werden soll.


(Dr. Herbert Schui [DIE LINKE]: Kommt noch!)


Das ist das Problem bei Ihrem Weltbild.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Brigitte Pothmer [BÜND – t w n te s A i H J a r s s a b p s k k I w is B G r P T w is g r e D s E a – v n W N d (C (D NIS 90/DIE GRÜNEN]: Auch Ihr Weltbild ist schief! Bei 5 Euro pro Stunde kann man keine Familie ernähren! – Zuruf von der LINKEN)


Ich werde Sie nicht überbeanspruchen. Bei fünf Minu-
en Redezeit werde ich nicht die ganze Zeit auf Sie ver-
enden. – Ich will genau das tun, woran es mangelt,
ämlich – wenn es sein muss, zum zehnten Mal – die Da-
n nennen und klar sagen, was hier in Deutschland pas-

iert ist. Wir haben inzwischen – das ist der Stand vom
pril 2008 – 3,4 Millionen Arbeitslose. Der Höchststand

m Wahljahr 2005 lag bei über 5 Millionen Arbeitslosen.
eute sind es 1,6 Millionen Arbeitslose weniger.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


ahr für Jahr, Stück für Stück wurde die Arbeitslosigkeit
bgebaut. Wer hätte das zu Beginn dieser Legislaturpe-
iode erwartet. Das ist ein Erfolg. Wir sind inzwischen
o weit, dass wir nicht nur die Menschen, die Arbeitslo-
engeld I beziehen, wieder in Arbeit bringen, sondern
uch die Langzeitarbeitslosen. Das ist schwieriger als
ei denen, die Arbeitslosengeld I beziehen, aber auch da
assiert etwas. Es muss Ziel unserer Politik sein, Men-
chen in Arbeit zu bringen und nicht darüber nachzuden-
en, wie man noch hier und da einen Cent ausgeben
ann, damit sich die Leute wohlfühlen. Das ist Politik.
hr Verständnis, Herr Schui, ist ein völlig anderes.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Bei den offenen Stellen haben wir eine positive Ent-
icklung. Was ich bei keiner Debatte verschweigen werde,
t die Entwicklung bei der sozialversicherungspflichtigen
eschäftigung. Wir haben in den letzten Jahren unter Rot-
rün 65 Monate lang einen Rückgang der sozialversiche-

ungspflichtigen Beschäftigung erleben müssen. Unser
lakat lautete damals: Jeden Tag 1 000 weniger. – Die
rendwende hat im vorletzten Jahr angefangen. Die Ent-
icklung der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung
t jetzt positiv. Auch in den letzten drei Monaten ist die Zahl
estiegen. Wir haben jetzt 27,1 Millionen sozialversiche-
ungspflichtig Beschäftigte. Das sind 663 000 mehr als vor
inem Jahr, 1,3 Millionen mehr als vor zwei Jahren.


(Beifall bei der CDU/CSU)


as ist genau die Arbeit, die wir brauchen, weil die Be-
chäftigten die Sozialsysteme und die Steuern bezahlen.
s handelt sich um diejenigen, deren Geld Sie ständig
usgeben wollen. Das ist der Unterschied.


(Volker Schneider [Saarbrücken] [DIE LINKE]: Seit 2001 2 Millionen Arbeitsplätze abgebaut und 1,4 Millionen aufgebaut!)


Ich bin dabei, die Erfolge dieser Bundesregierung her-
orzuheben. Die lasse ich mir durch Ihre Zwischenrufe
icht kaputtmachen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


ir haben 1,3 Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen.
ehmen Sie das zur Kenntnis, Herr Schneider. Sie je-
enfalls haben dazu keinen Beitrag geleistet.


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Wolfgang Meckelburg
Im Gegenteil: Die Vergangenheit, die Ihre Partei zu ver-
antworten hat, hat dazu geführt, dass wir größere
Schwierigkeiten zu bewältigen haben.


(Volker Schneider [Saarbrücken] [DIE LINKE]: Also doch! Es wurde auch Zeit!)


Die Entwicklung wird so weitergehen. Wenn man das
Frühjahrsgutachten der Wirtschaftsinstitute liest und hört,
was Professor Rürup sagt, kann man optimistisch sein.
Herr Rürup erwartet zum Jahresende 2008 weniger als
3 Millionen Arbeitslose und im Jahresschnitt 2008 rund
3,47 Millionen Arbeitslose. Das wäre eine Quote von
8,0 Prozent. Wir liegen jetzt schon bei 8,1 Prozent und
sind bei über 12 Prozent gestartet. An der Zahl kann man
erkennen, was sich wirklich verändert hat. Das ist die
Grundlage. Das ist wichtig für uns, weil es sonst keine
Steuerzahler gibt und niemand in die Sozialversicherun-
gen einzahlt. Wir brauchen Menschen, die arbeiten. Die-
ser Trend wird weitergehen. Ich bin sicher, dass die
Wirtschaftsweisen recht haben, dass wir in diesem und
im nächsten Jahr weiterkommen werden und im Schnitt
des Jahres 2009 eine Arbeitslosenzahl haben werden, die
unter 3 Millionen liegen wird. Das ist ein Erfolg, und
den lassen wir uns von Ihnen nicht zerreden. Allein da-
für lohnt es sich, diese Aktuelle Stunde durchzuführen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1616011700

Nächste Rednerin ist die Kollegin Gabriele Lösekrug-

Möller für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1616011800

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es sind

von meinen Vorrednerinnen und Vorrednern schon sehr
viele richtige Zahlen genannt worden, die beschreiben,
wie gut die wirtschaftliche Entwicklung und die Ent-
wicklung auf dem Arbeitsmarkt sind und wie sehr das
eine mit dem anderen zusammenhängt. Wenn ich sage,
dass es richtig ist, in dieser Aktuellen Stunde das, was
sich positiv entwickelt hat, in den Vordergrund zu stel-
len, verehrter Herr Kollege Schui, dann wissen Sie, dass
ich nicht von Ihren Zahlen spreche.

Ihre politische Mathematik beginnt mit dem Ergebnis.
Sie wollen auf Ihre Weise politisch argumentieren kön-
nen und fangen an, Ihre politische Mathematik vom Er-
gebnis her aufzubauen, sodass am Ende zum Beispiel
eine IG Metall, die eine 35-Stunden-Woche gefordert
und über Jahre eingelöst hat, locker eingerechnet wird.
Diesen Kollateralschaden nehmen Sie hin; mehr will ich
zu Ihren Zahlen gar nicht sagen.


(Dr. Herbert Schui [DIE LINKE]: Arbeitszeitverkürzung der 80er-Jahre!)


Die Zahlen, über die wir heute reden, sind ein Beleg
dafür, dass die politischen Entscheidungen der letzten
Jahre eine günstige wirtschaftliche Entwicklung beför-
dert und damit zweifellos auch den Arbeitsmarkt beflü-
gelt haben. Dennoch dürfen wir nicht darauf vertrauen,

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(C (D ass der Arbeitsmarkt nunmehr wie ein Perpetuum moile, einmal angestoßen, von selbst läuft. Ich hoffe, wir lle wissen, dass die Sache mit dem Perpetuum mobile isher noch nie geklappt hat, und ich befürchte, auch in achen Arbeitsmarkt funktioniert es nicht. Wir stehen olitisch gesehen noch in der Schuld der vielen Menchen, die zwar arbeiten möchten, aber keine Arbeit finen. Auch das gehört dazu, wenn wir die Wahrheit bechreiben. (Beifall bei der SPD – Frank Spieth [DIE LINKE]: Das ist wohl wahr!)


Deshalb sagt die SPD-Bundestagsfraktion, dass gute
rbeit her muss, und damit müssen wir im Parlament be-
innen. Ich stehe hier sehr selbstbewusst und sage: Ge-
au das liefern wir. In den Feldern Sozial- und Arbeits-
arktpolitik müssen wir bei Leiharbeit und Mindestlohn

och gute Arbeit leisten. Das sind wir denjenigen schul-
ig, die im Moment zu Recht nicht zufrieden sind.

Wir müssen hinsichtlich Weiterbildung und lebens-
angen Lernens mehr leisten. Das sollte im Übrigen auch
ine Herausforderung für Mandatsträger sein.

In den Zeitungen der letzten Tage wird der Fachkräf-
emangel beklagt. Ja, das ist eine große Sorge, die wir
aben. Mich wundert allerdings, dass er erst jetzt beklagt
ird, obwohl viele Unternehmen Vorsorge hätten treffen
önnen, indem sie rechtzeitig mehr ausgebildet hätten.
uch das ist ein Teil der Wahrheit.


(Beifall bei der SPD)


Unser Ziel ist ohne Frage die Vollbeschäftigung.
enn wir wollen nicht hinnehmen, dass die Zukunft des
rbeitsmarktes von Fachkräftemangel einerseits und
on hoher Arbeitslosigkeit andererseits geprägt ist. Das
üssen wir mit allen uns zur Verfügung stehenden Mit-

eln bekämpfen. Denn für uns gilt, dass es gute Arbeit
ür alle geben muss. Das beginnt bei Berufseinsteigern,
eht über kluge Angebote für alle Übergänge in der Er-
erbsbiografie – wir wissen, dass es davon immer mehr
eben wird – und reicht bis hin zur besseren Absiche-
ung gesundheitlicher Risiken.

Ich möchte noch etwas zu den Erwerbstätigen sagen.
aut einer Untersuchung von INQA sind 72 Prozent der
bhängig Beschäftigten stolz auf ihre Arbeit. Entspre-
hend hochwertig sind die Arbeitsergebnisse. Wir reden
ber diese Menschen und über ihre Arbeit, die wesent-
ich zu dem Erfolg, den wir heute zu Recht formulieren,
eigetragen haben. Deshalb müssen sie meiner Meinung
ach in den Mittelpunkt einer solchen Aktuellen Stunde
ehoben werden.

In unserem Haus bewegt sich eine Kategorie, die
icht hierher gehört: Es sind die Unken. Sie alle wissen,
ie sich Unken äußern. Schon in Brehms Tierleben kann
an lesen, dass Unken zwar häufig, aber einfach und be-

cheiden rufen. Das gilt auch für die „politische Unke“.
hre Rufe hörten wir auch in dieser Aktuellen Stunde.


(Heiterkeit)


as Plenum des Deutschen Bundestages ist allerdings
icht der natürliche Lebensraum von Unken, gleich ob






(A) )



(B) )


Gabriele Lösekrug-Möller
sie Rot- oder Gelbbauchunken sind; diese leben übrigens
wirklich in Mitteleuropa. Hier gehören sie nicht her.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Gerald Weiß [Groß-Gerau] [CDU/CSU] – Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Sie sind aber besonders schützenswert!)


Das Plenum des Deutschen Bundestages muss der Mit-
telpunkt einer ehrlichen Beschreibung der Tatsachen
sein; da hat Ferdinand Lassalle recht. Insofern kann man
zu Recht erwarten, dass von uns und von diesem Pult
konstruktive Lösungen für das, was besser werden muss,
geliefert werden. Wir liefern. Wir stehen für gute Arbeit.

Danke schön.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Paul Lehrieder [CDU/CSU])



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1616011900

Für die Bundesregierung hat nun das Wort der Parla-

mentarische Staatssekretär Hartmut Schauerte.

H
Hartmut Schauerte (CDU):
Rede ID: ID1616012000


Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und
Herren! Von 2001 bis 2005, also vier Jahre lang,
herrschte Stagnation. Wie war die Lage? Die Arbeitslo-
sigkeit stieg, die Staatsverschuldung stieg, kein Wachs-
tum; es herrschte überall große Verunsicherung. Heute
ist die Lage anders: Die Arbeitslosigkeit sinkt, die
Staatsverschuldung liegt bei null.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Staatsverschuldung bei null?)


– Ja. Ich kann auch noch ein paar andere Zahlen nennen,
Frau Pothmer. – Es herrscht relative Zuversicht. Die
Zahl der Arbeitsplätze wächst. Nachdem die Ausbil-
dungsplatzsituation unerträglich schlecht geworden war,
wurden im Jahr 2007 626 000 Ausbildungsverträge ab-
geschlossen. Für 2008 erwarten wir einen weiteren Zu-
wachs von 11 Prozent. Wir können also zu sehr vielen
Bereichen sagen: Die Dinge haben sich gewendet und
entwickeln sich sehr positiv.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Das darf man doch nicht leugnen.

Man sollte allerdings einen Fehler nicht machen,
nämlich zu sagen: Für das alles ist die Politik verant-
wortlich. Wer realistisch ist, sagt – diese Auffassung ver-
treten ich und auch Fachleute, die Schätzungen vorge-
nommen haben –: Etwa zwei Drittel dieser Entwicklung
sind das Ergebnis einer wiedergewonnenen, neuen Wett-
bewerbsfähigkeit unserer Industrie, unserer Unterneh-
men. Dem liegen der Fleiß und die Intelligenz der Unter-
nehmer und ihrer Mitarbeiter zugrunde. Etwa ein Drittel
dieser Entwicklung ist konkretem politischen Einfluss
geschuldet. Die Politik hätte mehr kaputt machen kön-
nen. Das ist meiner Meinung nach eine realistische Ana-
lyse dessen, was passiert ist.

Dazu gehört auch, dass wir in der europäischen Eini-
gung weitergekommen sind. Das ist für Deutschland ein

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(C (D egen; denn wir verdienen heute nirgendwo so viel Geld ie auf den mittelund osteuropäischen Märkten. Die U-Osterweiterung war ein großer Schub, den wir als eutsche genutzt haben. Wir sind also wirklich besser eworden. (Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Trotzdem wollen Sie die Arbeitnehmerfreizügigkeit weiter einschränken!)


Ich will auf eine Frage eingehen, die in diesen Zusam-
enhang gehört: Wollen wir den Menschen Zuversicht

der Angst vermitteln, wenn wir Politik machen?


(Jürgen Koppelin [FDP]: Sie haben die Mehrwertsteuer erhöht!)


Ja, die haben wir erhöht, lieber Herr Kollege Koppelin,
eil wir auch das Ziel verfolgen, die Staatsverschuldung

uf null zu senken und damit die Gesellschaft von der
ngst vor der ewigen Nettoneuverschuldung zu be-

reien. Das ist an sich ein wichtiges Ziel. Wir bewegen
ns hier nicht auf einer Einbahnstraße, sondern wir ar-
eiten mit einer Vielzahl von Instrumenten. Dazu gehört
uch die Mehrwertsteuer.

Übrigens haben wir die Beiträge zur Arbeitslosenver-
icherung von 6,5 Prozent auf 3,3 Prozent gesenkt. Das
at für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie
ie Unternehmen eine Entlastung von 25 Milliarden
uro gebracht. Wir haben sehr unterschiedliche Instru-
ente zur Erreichung dieses Ziels eingesetzt.

Ich möchte auf einen sehr interessanten Punkt hinwei-
en. Die Eigenkapitallage der mittelständischen Unterneh-
en in Deutschland ist ein Zeichen von Zukunftsfestig-

eit oder von Gefährdung. Ein Großteil der Arbeitsplätze
st von dieser Eigenkapitallage abhängig. 2004 lag die
igenkapitalquote von Unternehmen mit einem Umsatz
on 0 bis 50 Millionen Euro bei 7,7 Prozent. Heute liegt
ie Eigenkapitalquote dieser Unternehmen bei 15 Pro-
ent. Die Quote hat sich also in drei Jahren rund verdop-
elt. Die Eigenkapitalsituation von Unternehmen mit ei-
em Umsatz von mehr als 50 Millionen Euro hat sich
benfalls verbessert: Deren Eigenkapitalquote ist von
5 Prozent auf 28 Prozent gestiegen.

Ich verweise auf das, was wir für die Steigerung der
ahl der Arbeitsplätze und damit für die Sicherung aller
nderen Arbeitsplätze erreicht haben. Man muss sich
inmal Folgendes klarmachen: 2004/2005 gab es täglich
000 Arbeitslose mehr. Damals hatten 70 bis 80 Prozent

er Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer massive Angst
m ihren Arbeitsplatz. Das war eine brennende Sorge.
eute gibt es jeden Tag 1 000 Arbeitsplätze mehr. Wir
önnen heute sagen, dass weit über die Hälfte der Ar-
eitnehmerinnen und Arbeitnehmer keine konkrete
orge mehr um ihren Arbeitsplatz hat. Auch das ist ein
normer Erfolg, den man gar nicht hoch genug einschät-
en kann.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Die gewachsene Zuversicht bezüglich des Erhalts der
rbeitsplätze und die gewachsene Zuversicht bezüglich
er Eigenkapitalentwicklung – sie ist ein Merkmal für
ie Zukunftsfähigkeit von mittelständischen Unterneh-






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Hartmut Schauerte
men – sind sehr positive und sehr wichtige Entwicklun-
gen, die man auch benennen soll.

Wenn ich mich einmal in Europa umsehe, komme ich
zu dem Fazit: Deutschland ist im Vergleich zu den ande-
ren großen europäischen Wirtschaftsnationen – England,
Frankreich, Italien und Spanien – der wettbewerbsfä-
higste, interessanteste und zukunftssicherste Standort.

Dänemark ist ein interessanter Sonderfall. Dort liegt
die Staatsquote aber auch bei über 57 Prozent. Bei uns
ist Gott sei Dank die Staatsquote von 45 auf 43 Prozent
gesunken. Deswegen kann man Dänemark nicht mit
Deutschland vergleichen.


(Zuruf der Abg. Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Wir können auch Norwegen und die Schweiz nicht als
Vergleichsmaßstab heranziehen; denn die einen leben
vom Öl und die anderen vom Geld der Welt. Wir dage-
gen müssen unseren Wohlstand selber erarbeiten. Aber
vor diesem Hintergrund sind wir verdammt gut aufge-
stellt.

Nun zum Thema Mindestlohn, sehr geehrte Frau
Pothmer: Ich habe wirklich gestutzt, als Sie uns vorwar-
fen, wir seien reformunfähig und legten eine Verweige-
rungshaltung an den Tag und behaupteten, die Vorausset-
zung dafür, dass Deutschland zukunftsfest werde, sei die
Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auch!)


Da staunen alle Fachleute dieser Welt.


(Andrea Nahles [SPD]: Das ist überhaupt nicht so!)


Die Einführung eines flächendeckenden gesetzlichen
Mindestlohns löst nicht die Probleme, er würde die Pro-
bleme vergrößern. Deswegen können und werden wir
ihn nicht akzeptieren.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Jetzt stehen wir vor der Frage, wie wir unseren Kurs
fortsetzen. Die wirtschaftliche Entwicklung Deutsch-
lands findet ja vor dem Hintergrund schwersten Be-
schusses statt: Es gibt die Ölpreiskrise, es gibt die Fi-
nanzmarktkrise, und es gibt einen immer schwächer
werdenden Dollar.


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und die Große Koalition!)


Jedes dieser Probleme alleine hätte vor Jahr und Tag die
deutsche Volkswirtschaft ins Wanken gebracht. Heute
sagen uns die Professoren und Sachverständigen: Die
deutsche Volkswirtschaft ist so wettbewerbsfähig aufge-
stellt, dass die allergrößten Chancen bestehen, dass sie
relativ ungefährdet und relativ stabil diese drohende Si-
tuation bewältigt.


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Trotz dieser Regierung!)


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(C (D as ist doch eine wunderbare Bestätigung, dass wir auf ichtigem Kurs sind. (Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie lange reden Sie eigentlich, Herr Schauerte?)


Nun stellt sich noch die Frage, was wir in Zukunft tun
üssen, um die Motivation unserer Mitarbeiterinnen

nd Mitarbeiter zu verbessern. Die Steuerpolitik ist ein
ittel. Dabei stehen wir vor der entscheidenden Frage,
ie den Menschen mit 30 000 bis 60 000 Euro Jahres-

inkommen wieder eine Perspektive eröffnet werden
ann. Denen wird ja heute bei jeder Gehaltssteigerung
in überproportional hoher Teil weggenommen. Hierfür
ine Lösung zu finden, ist die Aufgabe, die vor uns liegt
nd mit der wir uns zuallererst beschäftigen müssen.
on dieser Fragestellung sind ja 30 bis 40 Millionen
enschen in Deutschland betroffen. Wir sollten nicht

usschließlich Diskussionen über die Ränder der Gesell-
chaft führen, sondern müssen auch in ihre Mitte hinein-
ehen und uns fragen, wie wir hier für eine Entlastung
orgen können.

Ich will einmal eine Zahl nennen: Wenn ein Fachar-
eiter, der derzeit 30 000 Euro im Jahr verdient – das ist
a wirklich nicht üppig, aber eine sehr häufig vorkom-

ende Größenordnung –, 100 Euro Lohnerhöhung be-
ommt, dann bleiben ihm von diesen 100 Euro 43 Euro.


(Martin Zeil [FDP]: Genau!)


as empfindet er als ungerecht. Diese Situation können
uch wir nicht akzeptieren.


(Martin Zeil [FDP]: Ihr habt das noch verschlimmert!)


obald wir etwas Freiheit zum Handeln haben,


(Martin Zeil [FDP]: Die habt ihr jetzt schon!)


üssen wir an den entsprechenden Stellschrauben dre-
en. Wir dürfen das nicht herauszögern, sondern müssen,
obald wir etwas Freiheit zum Drehen an der Steuer-
chraube haben, an dieser Stelle etwas tun. Die derzeitige
ituation wirkt nämlich demotivierend und gefährdet die
ettbewerbsfähigkeit.

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die motiviert sind
lassen Sie mich das zum Schluss sagen –, bieten ja die

este Garantie für hohe Ergebnisse und Wettbewerbsfä-
igkeit. Mit den staatlichen Rahmenbedingungen, die
ittlerweile für die Mitte der Gesellschaft gelten, machen
ir deren Motivation kaputt. Das müssen wir ändern.
araus erwächst neue Zukunftsfestigkeit, neue Motiva-

ion, neues Wirtschaftswachstum, neuer Schwung.

Zugleich müssen wir gute Bildungs- und Technolo-
iepolitik machen. Die entsprechenden Positionen bauen
ir ja aus. Wir tun mehr für Forschung und Technologie,
rau Pothmer, als Rot-Grün in all den sieben Jahren ge-

an hat.


(Beifall bei der CDU/CSU – Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben mit der Föderalismusreform die Bildungspolitik kaputtgemacht!)







(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Hartmut Schauerte
An keiner Stelle haben wir unsere Haushaltsansätze trotz
aller Sparzwänge so deutlich angehoben wie in diesem
Bereich. Wir wissen also schon, wohin wir müssen. Wir
befinden uns auf einem guten Kurs. Deutschland ist sta-
biler geworden. Im internationalen Wettbewerb können
wir hervorragend bestehen. Deshalb werden wir die bis-
herige Politiklinie fortführen.

Bei dieser Aktuellen Stunde ging es ja – so habe ich
das jedenfalls verstanden – um eine Beschauung der
Lage unterwegs. So lassen Sie mich festhalten: Wenn
wir Ängste schüren, werden wir keine Höchstleistungen
erzielen. Das wird uns nur gelingen, wenn wir mit Zu-
versicht an die Dinge herangehen. Ich meine, die Bun-
desregierung hat Deutschland gut aufgestellt. Helfen Sie
uns als Parlamentarier dabei, dass das so bleibt. Wir sind
immer gespannt auf gute und neue Ideen. Anregungen,
die wirklich etwas bringen, werden gerne aufgenommen,
Frau Pothmer.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1616012100

Nächste Rednerin ist die Kollegin Doris Barnett für

die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Doris Barnett (SPD):
Rede ID: ID1616012200

Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Das

Wetterhoch entspricht den Aussichten der Wirtschaft
und des Arbeitsmarktes. Wir können mit einer robusten
Wirtschaft strahlen, und die Zunahme von sozialversi-
cherungspflichtigen Arbeitsplätzen sorgt für immer grö-
ßer werdendes Wachstum und für mehr Wohlstand in un-
serem Land. Auch wenn Letzterer noch nicht bis in den
letzten Winkel vorgedrungen ist, so kann ich doch fest-
halten, dass sich die Reformen von Bundeskanzler
Schröder jetzt auszahlen. Die Agenda 2010 war der
Schlüssel, den wir umdrehen mussten, um endlich wie-
der die Maschine zu starten.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Seitdem seid ihr eingeschlafen!)


Ja, es mussten harte Entscheidungen getroffen wer-
den, und die Anstrengungen wurden nicht immer von
Applaus begleitet. Heute wissen wir, dass wir den richti-
gen Weg eingeschlagen haben; denn die Erfolge geben
uns recht. Die Arbeitslosigkeit – Staatssekretär Brandner
nannte die Zahlen – ist erheblich zurückgegangen. Im-
mer mehr Menschen, die bisher allein auf staatliche
Leistungen angewiesen waren, können nun ihren Le-
bensunterhalt selbst verdienen. Ihnen müssen wir bei
den Abgaben helfen; denn es ist nicht die Steuerlast, die
sie drückt. Die wachsende Zahl von Beschäftigten ent-
lastet die Volkswirtschaft und schafft größeren Spiel-
raum für notwendige Investitionen. Investitionen in Bil-
dung, Wissenschaft und Forschung – das sind die am
besten angelegten Gelder, weil sie in den wahren Roh-
stoff der Zukunft investiert werden: in die Menschen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


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(C (D Nur mit ihnen kann Deutschland weiterhin die Wirtchaftslokomotive in Europa bleiben, aber dann brauhen wir auch alle Talente. Ich lasse es nicht gelten, dass ntelligenz nach sozialen Milieus verteilt sein soll. (Beifall der Abg. Gabriele Lösekrug-Möller [SPD])


eshalb ist Bildung von Anfang an, also bei den Kleins-
en beginnend, die einzige Alternative, die wir haben.


(Gabriele Lösekrug-Möller [SPD]: Genau so!)


ch freue mich, dass die Einsicht bezüglich Ganztags-
chulen, ja sogar integrierter Gesamtschulen, also der
eheimwaffe Finnlands, in unserem Land immer mehr
m sich greift. Qualifizierte Arbeitskräfte werden drin-
end gebraucht, aber die schütteln wir nicht von den
äumen. Wir als Staat tun sehr wohl das Unsere. Auch
ie Unternehmen kommen immer mehr zu der Einsicht,
ass Ausbildung kein Luxus ist, sondern eine Investition
n die eigene Zukunftsfähigkeit.

Das haben wir, die Mitglieder des Unterausschusses
egionale Wirtschaftspolitik, in der letzten Woche in ei-
er ehemals strukturschwachen Region unseres Landes,
n der Ems-Dollart-Region, erfahren können. Ich nenne
ier als Beispiel die Meyer-Werft in Papenburg, die die
raumschiffe für internationale Touristikunternehmen
aut.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und der FDP)


ie Auftragsbücher sind gut gefüllt, und das Unterneh-
en ist auf Jahre hinaus auf hochqualifizierte Kräfte an-

ewiesen. Die Ausbildungsquote liegt bei über 11 Pro-
ent. Das kommt nicht von ungefähr. Frühzeitig hat die
irmenleitung erkannt, wie schnell es hier zu einem
angel an Fachkräften kommt, den es im Norden bereits

ibt. Aber durch die hohe Zahl an Auszubildenden ist
ie Werft jetzt auf der sicheren Seite.

Die ganze Region beweist, wie man mit eigenen Stär-
en Wachstum und Arbeitsplätze schafft. Das wirkt sich
ogar grenzüberschreitend auf die holländischen Ge-
einden aus, mit deren Unternehmen zusammengear-

eitet wird.


(Beifall der Abg. Rita Pawelski [CDU/CSU] und des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP])


eide Partner profitieren voneinander. So konnte im Ar-
eitsmarktbezirk Leer die Arbeitslosigkeit signifikant
esenkt werden. Sie liegt jetzt bei etwas über 4 Prozent.
as ist fast Vollbeschäftigung in einer Region, die bis-

ang als das Armenhaus Deutschlands galt.

In vielen Regionen unseres Landes macht sich der
ufschwung bemerkbar. Wir dürfen uns jetzt aber nicht

usruhen, denn er soll schließlich das ganze Land erfas-
en. Auch muss er robust bleiben. Deshalb ist es jetzt so
ichtig, dass wir für unsere Unternehmen, insbesondere
ie mittelständischen, Auffanglinien einziehen. Eine
anz wichtige davon ist das Entsendegesetz. Wenn die
uropäische Dienstleistungsrichtlinie voll greift, brau-
hen wir in unserem Lande faire Wettbewerbsbedingun-
en für unsere Unternehmen, sonst sind nicht nur die Ar-






(A) )



(B) )


Doris Barnett
beitsplätze in Gefahr. Nein, ganzen Wirtschaftsbereichen
kann dann das Aus drohen. Es wundert mich deshalb
auch nicht, dass sich ganze Branchen bei Minister
Scholz gemeldet haben und Aufnahme in das Entsende-
gesetz anstreben.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na ja! Sieben!)


Für sie ist demnach der Mindestlohn keine Bedrohung.
Im Gegenteil: Er ist ein Schutz.


(Laurenz Meyer [Hamm] [CDU/CSU]: Vor Wettbewerb in der eigenen Branche!)


Das sehen wir etwas anders als der Kollege Schauerte.

Wir wollen gute Europäer sein. Wir wollen als Loko-
motive weiterhin kräftig für wirtschaftliches Wachstum
sorgen. Dafür brauchen wir faire Arbeitsbedingungen für
die Menschen, die mit ihrer guten Arbeit dieses Wachs-
tum produzieren.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Rita Pawelski [CDU/CSU])



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1616012300

Letzter Redner in dieser Debatte ist nun der Kollege

Laurenz Meyer für die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Laurenz Meyer (CDU):
Rede ID: ID1616012400

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

In den letzten Tagen und Wochen gab es zwei Anstöße,
die diese Debatte wesentlich befruchtet haben. Zum ei-
nen war das die McKinsey-Studie über die Zukunft
Deutschlands, übrigens mit der aufschreckenden Bot-
schaft, die Mittelschichten seien in Aufruhr und ihr Stan-
dard würde sinken. Zum anderen waren es die Vor-
schläge der CSU zur Steuerpolitik. Beides hat endlich zu
einer Diskussionslage geführt, in der wir uns mit denen
beschäftigen, die unsere Wirtschaft wirklich tragen: die-
jenigen, die keine Transferleistungen, kein BAföG, kein
Wohngeld, mehr bekommen, die Facharbeiter, die Ange-
stellten, die Handwerker.


(Martin Zeil [FDP]: Die ihr belastet habt!)


Sie tragen unsere Wirtschaft und stellen unsere Zukunft
dar.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Deswegen möchte ich zum Schluss dieser Debatte aus
meiner Sicht ein paar zusammenfassende Bemerkungen
machen:

Erster Punkt. Wir werden in Deutschland keine Zu-
kunft haben, wenn wir nicht ein klares Bekenntnis zum
Industriestandort Deutschland ablegen. Die Industrie-
arbeitsplätze sind die Voraussetzung für hochqualifi-
zierte Dienstleistungsarbeitsplätze. Ich entdecke zu viel
Industriefeindlichkeit und zu viel Ängstlichkeit, wenn es
um neue Technologien in unserem Land geht. Dagegen
müssen wir angehen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D Wir müssen auch ein klares Bekenntnis zu den Indusrien ablegen, die uns bisher getragen haben und die ochtechnologien darstellen: Stahl, NE-Metalle, Fahr euge, Chemie. Ebenfalls dazu gehören die Kohlekrafterke neuerer Art, die die alten ersetzen können und inen zusätzlichen technischen Standard bringen. Diese ochqualifizierten Industriearbeitsplätze, diese Highch-Arbeitsplätze sind die Voraussetzung für die Enticklung von unternehmensnahen, handwerksnahen oder, omit wir uns jetzt beschäftigen, haushaltsnahen ienstleistungen. Denken Sie auch an die Entwicklung er Kulturwirtschaft. Der neu gewachsene Dienstleisungsbereich der Kulturwirtschaft in Deutschland bietet nzwischen mehr Arbeitsplätze als die gesamte Automoilindustrie bei uns. enken Sie ferner an den Bereich der Gesundheitswirtchaft. (Martin Zeil [FDP]: Aber nicht an den Gesundheitsfonds!)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ier bestehen Chancen, die wir nutzen müssen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Mir fehlt ein klares Bekenntnis zu diesen Bereichen.
ir haben da keine offensive Haltung. Ich glaube, das ist

as Entscheidende, was wir auch aus der Steuerdiskus-
ion, aus der Diskussion um die Mittelschichten mitneh-
en müssen.

Es klang übrigens eben bei Frau Barnett an: Wir brau-
hen Menschen, die wirklich motiviert sind, die mit Le-
enslust, Engagement und Zukunftsoptimismus an die
rbeit gehen, sowohl im Unternehmerbereich wie im
rbeitnehmerbereich. Davon lebt unser Land und nicht
on der pessimistischen, kleinkarierten Grundhaltung,
ie aus vielen Diskussionen, leider Gottes auf mehreren
eiten, herauszuhören ist.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


as muss ich auch angesichts der kleinkarierten Kriti-
asterei sagen, die Sie zum Teil zurzeit hier vortragen.


(Martin Zeil [FDP]: Da habt ihr aber nichts verstanden! Wir reden auch nach Sonntagsreden so, Sie nicht!)


Deswegen lassen Sie uns über Zukunftsfelder disku-
ieren, die weit über das hinausgehen, was heute hier
Mindestlohn und Ähnliches – immer wieder gekom-
en ist. Es geht um die Fragen: Wie können wir Unter-

ehmen aus Universitäten heraus gründen, aus Universi-
äten, die ihre Innovationen umsetzen können? Wie
önnen wir die Finanzierung sicherstellen? Warum tun
ir uns so schwer, zum Beispiel mit Venture-Capital Be-
ingungen zu schaffen, die international wettbewerbsfä-
ig sind?


(Martin Zeil [FDP]: Wer legt denn die Bedingungen fest? – Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Wer regiert denn? Das ist doch lachhaft!)


Zweiter Punkt. Auch die Bildungsfrage ist von Be-
eutung. Da müssen viele Schützengräben übersprungen






(A) )



(B) )


Laurenz Meyer (Hamm)

werden, übrigens auch bei uns. In der Bildungsfrage geht
es darum: Wie können wir bei dem Riesenbedarf an
Facharbeitern und Akademikern, den wir haben, bil-
dungsferne Schichten in der Zukunft in die Lage verset-
zen, dass aus ihnen unsere zukünftigen Eliten kommen?

Bei diesen Fragen müssen viele von uns – auf allen
Seiten des Hauses übrigens, auch bei uns – ihre Vorstel-
lungen überprüfen und zu neuen Ansichten kommen.
Denn das sind die Kernfragen: Bildung, Zukunftssiche-
rung durch Bildung. Dazu brauchen wir Kinder in unse-
rem Land. Deshalb muss dafür gesorgt werden, dass
auch in den Mittelschichten wieder mehr Kinder geboren
werden, dass die jungen Frauen Beruf und Familie unter
einen Hut bekommen können. Solche Fragen werden in
diesem Zusammenhang eine entscheidende Rolle spie-
len.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP])


Deswegen ist es so wichtig, dass wir uns mit den betref-
fenden Grundsatzfragen beschäftigen.

Ein dritter Punkt in diesem Zusammenhang ist unsere
Infrastruktur. Auf welche Art und Weise zum Teil über
die noch vorhandene gute Infrastruktur bei uns geredet
wird – sei es im Verkehrsbereich, sei es im Bereich der
Telekommunikation oder der Energie –, ist für mich
wirklich erschreckend.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Für mich auch! Aber wer hat denn hier die Mehrheit?)


Wir müssen hier die Weichen für die Zukunft stellen und
dürfen nicht mit dem großen Füllhorn übers Land gehen,
weil wir uns anschließend wundern würden, was dabei
herauskäme.

Dass wir beispielsweise im Bereich der alternativen
Energien die Weichen für die Zukunft stellen müssen, ist
doch völlig klar. Aber wir müssen dies, bitte schön, so
effizient wie möglich tun.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Wer beschließt denn die Haushalte? – Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann fangen Sie an! – Zuruf des Abg. Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


– Herr Kuhn, lassen Sie uns doch gemeinsam darüber
sprechen.

Mich erschreckt, dass die Gefahr besteht, dass die
technisch schlechtesten Fotovoltaikanlagen in Deutsch-
land landen, weil sie aufgrund unseres Fördersystems
hier noch untergebracht werden können. Bei uns müss-
ten die besten Fotovoltaikanlagen produziert und instal-
liert werden und nicht die, die man woanders auf dem
Weltmarkt nicht mehr unterbringen kann.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1616012500

Herr Kollege, Sie müssen zum Schluss kommen.


Laurenz Meyer (CDU):
Rede ID: ID1616012600

Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Bitte in dem

Zusammenhang ist: Lassen Sie uns über diese Grund-

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(C (D atzfragen, die für Deutschland langfristig wichtig sind, ntensiver sprechen und nicht nur anlässlich solcher Akueller Stunden! Lassen Sie uns aus den Schützengräben erauskommen und manche kleinkarierte Diskussion, ie ich sie auch heute in dieser Debatte erlebt habe, be nden! (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das war eher peinlich, Herr Kollege Meyer!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1616012700

Damit ist die Aktuelle Stunde beendet.

Ich rufe die Zusatzpunkte 4 bis 6 auf:

P 4 Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/
CSU und der SPD

Zukunft der Bahn, Bahn der Zukunft – Die
Bahnreform weiterentwickeln

– Drucksache 16/9070 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Tourismus
Haushaltsausschuss

P 5 Beratung des Antrags der Abgeordneten Horst
Friedrich (Bayreuth), Patrick Döring, Joachim
Günther (Plauen), weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der FDP

Bahnprivatisierung zügig und konsequent
beschließen

– Drucksache 16/8774 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Tourismus

P 6 Beratung des Antrags der Abgeordneten Winfried
Hermann, Bettina Herlitzius, Peter Hettlich, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Zukunft des Schienenverkehrs sichern

– Drucksache 16/9071 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
ie Aussprache eineinviertel Stunden vorgesehen. – Ich
öre dazu keinen Widerspruch. Dann können wir so ver-
ahren.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red-
er dem Kollegen Klaas Hübner das Wort für die SPD-
raktion.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. HansPeter Friedrich [Hof] [CDU/CSU])







(A) )



(B) )


Klaas Hübner (SPD):
Rede ID: ID1616012800

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Kluge Politik ist es, auf neue Herausforderun-
gen neue Antworten zu finden und nicht immer das Heil
in alten Rezepten zu suchen. Das ist nicht immer ein-
fach. Viele haben gerade uns Sozialdemokraten nicht zu-
getraut, in der schwierigen Frage der Bahnreform zu ei-
ner Lösung zu kommen.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das ist ja auch keine Lösung! Das ist eine Scheinlösung!)


Wir sind nicht nur zu einer Lösung gekommen, wir sind
sogar zu einer guten sozialdemokratischen Lösung ge-
kommen, und das bei der schwierigsten Frage, die wir in
dieser Legislatur zu bewältigen haben. Wir können des-
halb heute im Deutschen Bundestag mit einem gewissen
Stolz sagen: Wir haben ein Modell entwickelt, das der
Koalitionspartner mitträgt. Wir haben damit gezeigt: Die
SPD ist regierungsfähig und regierungswillig, und diese
Koalition hat Gestaltungskraft.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Wir haben vor 14 Jahren mit der Bahnreform den
Grundstein für eine moderne Deutsche Bahn AG gelegt
und den Güter- und Personennahverkehr für den Wettbe-
werb geöffnet. Dieser Wettbewerb funktioniert. Die
Deutsche Bahn ist mit der Zeit von einer Beamtenbun-
desbahn zu einem vorbildlichen, hochmodernen und
konkurrenzfähigen Verkehrsanbieter geworden.

Nun stehen wir aber vor neuen Herausforderungen.
Das Schienennetz stößt erkennbar an Kapazitätsgrenzen.
Die Lärmbelastungen wachsen mit zunehmendem Schie-
nenverkehr. Die europäischen Verkehrsmärkte öffnen
sich und bringen damit auch neue Chancen und Risiken.
Auf diese neuen Herausforderungen brauchen wir auch
neue Antworten.

Seit der Deutsche Bundestag im November 2006 die
Leitlinien für die Weiterentwicklung der Bahnreform be-
schlossen hat, haben wir uns intensiv mit verschiedens-
ten Modellen beschäftigt. Wir haben – das gebe ich zu –
dafür reichlich Zeit gebraucht. Aber es wäre blanker
Populismus, zu sagen, dass man auf solch komplexe
Sachverhalte immer einfache und kurze Antworten fin-
den kann. Nach langen Diskussionen haben wir in der
Großen Koalition gemeinsam eine gute Antwort gefun-
den.

Es geht um die Zukunft der für viele Menschen not-
wendigen und für die Verkehrspolitik nicht zu ersetzen-
den Bahnen. Gerade bei so sensiblen, politisch hochbri-
santen und komplexen Themen ist es richtig, Punkte
zweimal zu bedenken und auch Überlegungen zu ver-
werfen, wenn sie sich als falsch erwiesen haben. Be-
schäftigte, Kunden und Steuerzahler haben den berech-
tigten Anspruch an uns, an die Politik, dass wir uns
ausreichend Zeit nehmen – das haben wir getan –, um
die unterschiedlichen Interessen aller Beteiligten sorg-
fältig zu gewichten und auch zu berücksichtigen.

Wir haben uns bei all diesen Überlegungen immer
von folgenden Zielen leiten lassen:

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(C (D Erstens. Wir wollen mehr Verkehr auf die Schiene ringen. Zweitens. Wir wollen ein in Europa auch künftig ettbewerbsfähiges Unternehmen Deutsche Bahn AG. (Dr. Gregor Gysi [DIE LINKE]: Wie in Neuseeland!)


Drittens. Wir wollen, dass die 230 000 Beschäftigten
er Deutschen Bahn einen sicheren Arbeitsplatz bei
iner auskömmlichen Bezahlung haben.


(Beifall bei der SPD)


ir wollen all das erreichen, ohne den Bundeshaushalt
usätzlich zu belasten.


(Jürgen Koppelin [FDP]: Tosender Beifall bei der Union!)


Mit dem vorliegenden Antrag skizzieren wir ein Mo-
ell für die DB AG, das zukunftsweisend ist. Zum Ersten
tellen wir klar: Im Bereich der Infrastruktur ändern wir
ichts. Wir stellen damit sicher, dass die Infra-
truktur – sprich: die Bahnhöfe, die Schienen und die
nergieversorgung – zu 100 Prozent in Bundeseinfluss
leiben. Das ist eine aus allen Reihen dieses Hauses oft
eäußerte Forderung. Der sind wir nachgekommen; das
st auch richtig so.

Zum Zweiten werden wir an den Verkehrsbetrieben
nvestoren bis zu 24,9 Prozent beteiligen. Diese Grenze
on 24,9 Prozent ist für uns Sozialdemokraten nicht ver-
andelbar.


(Beifall bei der SPD – Zurufe von der FDP: Oh! – Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Das ist doch nur eine Einstiegsdroge!)


as ist deswegen wichtig, weil wir damit sicherstellen,
ass die Festlegung der Aufsichtsratsmandate und damit
er Einfluss auf die Unternehmenspolitik der DB AG
uf jeden Fall allein beim Bund bleiben; denn dadurch,
ass ein Investor keine Schachtelbeteiligung haben
ann, kann es keinen verbrieften Anspruch geben, dort
it einzusteigen. Damit stellen wir den Einfluss des
undes vollständig sicher und haben trotzdem die Mög-

ichkeit, privates Geld zu generieren, um unsere Ziele,
ie uns im Bereich des deutschen Schienenverkehrs
ichtig sind, umzusetzen.


(Patrick Döring [FDP]: Der Aufsichtsrat hat sich ja schon bisher durch Qualität ausgezeichnet!)


Wir haben es mit diesem Modell zum Dritten ge-
chafft, den integrierten Konzern zu erhalten und
amit – das ist uns sehr wichtig – den konzerninternen
rbeitsmarkt zu sichern.


(Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war Ihr einziges Ziel!)


ufgrund dieses Modells ist es gelungen, gemeinsam
it der DB AG und den Gewerkschaften einen Beschäf-

igungssicherungsvertrag festzuklopfen, der bis zum
ahre 2023 reicht, also für 15 Jahre gilt.


(Widerspruch bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Klaas Hübner
Man kann ja viel lamentieren. Aber dann, wenn es da-
rauf ankommt, für die Beschäftigten wirklich etwas zu
tun – Beschäftigungssicherung ist etwas Handfestes –,
ist man bei den Sozialdemokraten an der richtigen
Adresse.


(Beifall bei der SPD – Patrick Döring [FDP]: Schon wieder tosender Beifall bei der Union!)


Wir werden neue Mittel generieren können. Wir ha-
ben festgelegt, dass die Einnahmen zu einem Drittel dem
Bundeshaushalt zugeführt und zu zwei Dritteln in
Deutschland investiert werden: ein Drittel direkt durch
die DB AG, ein Drittel durch uns. Wir wollen damit vor
allen Dingen Engpässe und Langsamfahrstellen beseiti-
gen, was gerade im Hinblick auf die Seehafenhinter-
landanbindungen extrem wichtig ist. Wir haben in den
nächsten Jahren ein hohes Logistikaufkommen zu ge-
wärtigen, das wir auch abtransportieren müssen. Dort
müssen wir dringend investieren. Jetzt bekommen wir
die notwendigen Mittel dafür.

Wir wollen die Bahnhöfe und die Haltepunkte attrak-
tiver machen. Wir wollen Lokomotiven und Wagen er-
neuern, und wir wollen vor allen Dingen den Schienen-
lärm gezielt bekämpfen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Das ist eine Forderung, die oft gestellt worden ist, und
zwar nicht nur die Rheinschiene betreffend. Es gibt in
Deutschland mehr Verkehr und auch mehr Logistik; dies
wollen wir auch. Aber wir wollen dem so gerecht wer-
den, dass die Bürgerinnen und Bürger auch leben kön-
nen. Darum müssen wir den Lärm an der Quelle be-
kämpfen. Das können wir jetzt mit den neu gewonnenen
Mitteln.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Den vorgeschlagenen Maßnahmenkatalog können
wahrscheinlich Sie alle unterschreiben. Aber es stellt
sich ja auch die Frage, wie wir das seriös finanzieren.
Seriös finanzierbar ist dies eben nicht, indem wir die
Mittel einfach aus dem Bundeshaushalt nehmen oder,
wie es die Linke will, die Neuverschuldung ins Exorbi-
tante steigen lassen. Es ist keine generationengerechte,
nachhaltige Politik, einfach die Lasten auf die kommen-
den Generationen zu verschieben. Nein, klug ist es, die
Aufgaben, die wir heute haben, auch heute zu finanzie-
ren. Durch die Teilprivatisierung ist es uns möglich, das
Geld einzunehmen, das wir brauchen, um die verkehrs-
politischen Ziele, die wir haben, umzusetzen.

Wir werden mit der neuen Struktur der Deutschen
Bahn auf sehr schwierigem Terrain erfolgreich sein. Wir
machen das Unternehmen fit für die Zukunft. Wir wer-
den die DB AG finanziell stärken. Wir werden sie orga-
nisatorisch neu aufstellen, und die DB AG wird die
Möglichkeit haben, demnächst auch im europäischen
Wettbewerb zu reüssieren.

Wir werden uns in den nächsten Wochen Zeit neh-
men, den vorliegenden Antrag zu beraten. Wir werden
eine Expertenanhörung durchführen – ich glaube, am

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(C (D ontag der kommenden Sitzungswoche – und dann abchließend Ende Mai darüber debattieren. Ich bin mir sehr sicher, dass wir hier ein Modell vorelegt haben, das viele Gewinner hat. Gewinner werden ie Kunden sein, weil sie eine attraktivere Bahn haben erden. ewinner werden alle Bürgerinnen und Bürger sein, eil wir den Bundeshaushalt an dieser Stelle entlasten. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zurufe von der FDP: Oh!)


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


ewinner wird die Wirtschaft sein, weil der Logistik-
tandort Deutschland deutlich gestärkt wird.


(Patrick Döring [FDP]: Gewinner wird Herr Hansen sein!)


ewinner werden auch die Mitarbeiterinnen und Mitar-
eiter sein, weil wir dafür gesorgt haben, einen Beschäf-
igungssicherungsvertrag für 15 Jahre zu schließen.
5 Jahre keine betriebsbedingten Kündigungen bei der
eutschen Bahn AG, das ist konkrete sozialdemokrati-

che Politik. Dazu stehen wir.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1616012900

Nächster Redner ist für die FDP-Fraktion der Kollege

orst Friedrich.


(Beifall bei der FDP – Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Sag die Wahrheit, Horst!)



Horst Friedrich (FDP):
Rede ID: ID1616013000

Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Ich bin tief beeindruckt von den Ausführun-
en des Kollegen Hübner, frage mich aber, ob man da-
über lachen oder weinen soll.


(Zurufe von der LINKEN: Beides!)


as Schlimme ist: Wahrscheinlich glaubt er sogar, was
r gesagt hat. Das ist ja das eigentliche Problem.

Das Ganze fing mit der Bahnreform 1994 an. Jetzt
egt uns die Große Koalition gnädigerweise – wie hat
err Hübner es gesagt? – in einem seriösen Verfahren

inen Antrag zur Beratung vor. Der staunenden Öffent-
ichkeit sage ich: Wir haben den Antrag gestern erhalten.
eute findet die erste Lesung statt. Am Montag findet

ine Anhörung statt.


(Uwe Beckmeyer [SPD]: Am 26. Mai gibt es die Anhörung!)


ine solche Expertenanhörung kann man selbstverständ-
ich innerhalb von eineinhalb Tagen vollständig auswer-
en, damit der Antrag in der gleichen Woche in zweiter
nd dritter Lesung beschlossen werden kann. – Das be-
eichnet die Große Koalition als seriöse Bearbeitung ei-






(A) )



(B) )


Horst Friedrich (Bayreuth)

nes Vorschlages. Das mag glauben, wer will. Für uns ist
das: eine Lösung im Schweinsgalopp finden. Dem-
entsprechend wird wahrscheinlich das endgültige Ergeb-
nis aussehen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. HansPeter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Ihr müsst ein bisschen schneller denken und arbeiten! – Frank Spieth [DIE LINKE]: Da ist Gefahr in Verzug!)


Wir reden in dieser Legislaturperiode mittlerweile
über die dritte Variante zur Fortführung der Bahnreform.
Die Große Koalition hat sich nach der Diskussion über
den integrierten Börsengang der Deutschen Bahn AG
mit Netz und der Diskussion über das Eigentumssiche-
rungsmodell von Herrn Tiefensee – mit einem kurzen
Abstecher zur Volksaktie, die Herr Tiefensee, als er nach
Hamburg fuhr, noch abgelehnt hat, hinterher aber regel-
recht erfunden haben will – jetzt auf ein neues Modell
geeinigt, das angeblich die Lösung aller Probleme ist.
Darauf komme ich später zu sprechen.

Es ist schon erstaunlich, dass mittlerweile offensicht-
lich auch die Kollegen von der Union Opfer der Propa-
gandainitiative der Deutschen Bahn wurden. Liebe Kol-
legen von der Union, wenn ich das richtig lese, steht im
dritten Absatz des Antrages:

Dank der Bahnreform ist es in den vergangenen
Jahren gelungen, mehr Verkehr auf die Schiene zu
bringen … und die Belastungen der öffentlichen
Hand zu verringern.

Wenn man das mit den verkehrspolitischen Leitlinien
zur Kapitalprivatisierung der Deutschen Bahn der CDU/
CSU-Bundestagsfraktion vergleicht, stellt man fest, dass
es dort völlig anders klingt. Dort steht nämlich: Bis
heute wurden die beiden Ziele der Bahnreform, nämlich
mehr Verkehr auf die Schiene und nachhaltige Entlas-
tung des Haushaltes, nicht erreicht. Seit 1994 konnten
nicht mehr Verkehrsanteile auf die Schiene gezogen
werden. Darüber hinaus führte das bestehende Modell
nicht zu einer nennenswerten Entlastung des Bundes-
haushaltes; denn das System Schiene kostete den Bund
einschließlich der Regionalisierungsmittel im Jahr 1994
rund 18,9 Milliarden Euro und 2004 18,7 Milliarden
Euro. – Die Quelle ist relativ unverdächtig – Verkehr in
Zahlen; Verfasser ist das Bundesministerium für Verkehr –,
es sei denn, dass man den eigenen Zahlen nicht mehr
glaubt.

Dass die Union in diesem Antrag genau das bestätigt,
muss schon überraschen.


(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Nicht überraschend ist hingegen, dass die SPD das mit-
trägt. Der Sprecher der SPD – das ist ja in der Öffent-
lichkeit zitierfähig – hat nach einer Vergabe im Nahver-
kehr einen Brief an seine eigene Verwaltung in Bremen
geschrieben, der zufälligerweise bis aufs Komma mit ei-
nem Brief identisch war, den die Deutsche Bahn ge-
schrieben hat.


(Uwe Beckmeyer [SPD]: Das ist falsch!)


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(C (D as kann man zur Kenntnis nehmen oder nicht. Auf jeen Fall überrascht ein solches Verhalten seitens der PD nicht; das der Union überrascht mich schon ein bischen. Sie legen Wert auf die Aussage, dass mit diesem Geetz mehr Wettbewerb im Bereich Schiene geschaffen ird. Was beschließen Sie aber? Sie legen in Ihrem An rag vor, dass die Eisenbahninfrastrukturunternehmen auerhaft und vollständig bei der DB AG verbleiben solen. Das ist die Situation, die wir jetzt haben. Wenn ich ich aber richtig erinnere, sind die Mitbewerber der ahn auf der Schiene beim Eisenbahn-Bundesamt und ei der Netzagentur vorstellig geworden; einige Kolleen sind ja Mitglied im Beirat. Jeder erzählt mir, der ettbewerb könne noch besser funktionieren, wenn das chienennetz neutralisiert werde und es eine echte Löung gebe, und zwar 100 Prozent Verantwortung für das chienennetz direkt durch den Staat und nicht indirekt urch die Beteiligung an der Deutschen Bahn AG. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Die FDP fordert Verstaatlichung? Das kann doch nicht sein!)


(Jürgen Koppelin [FDP]: Auch nicht mehr!)


Die Union bezeichnet das wiederum als Reverstaatli-
hung. Wissen Sie, Kollege Friedrich, Ihr Zwischenruf
ibt mir Gelegenheit, auf noch einen Punkt einzugehen.
ch gehe davon aus, dass Kollege Gysi das Projekt Neu-
eeland hier ansprechen wird; er hat es schon in einem
wischenruf genannt. In Neuseeland hat man genau das
emacht, was wir verhindern wollen. Man hat das
chiennetz und das Unternehmen an die Börse gebracht
nd privatisiert. Das wollen Sie in Ihrem Herzen immer
och; denn Sie kämpfen immer noch für den integrierten
örsengang des Unternehmens Deutsche Bahn AG. Sie
ämpfen nicht für den Verkehrsträger Schiene. Sie sind
in Ministerium für die Deutsche Bahn AG. Das ist das
igentliche Problem.


(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Rainer Fornahl [SPD]: Völliger Unfug!)


Ja, man kann das als Unfug bezeichnen. Man kann
uch zur Kenntnis nehmen und lesen, was hier alles be-
chlossen wird.

Am Rande möchte ich Herrn Hansen erwähnen, der
itglied der Verhandlungskommission der Bahn bei der
ahnreform war, stellvertretender Aufsichtsratsvorsit-
ender ist und einer nicht unbedeutenden Gewerkschaft
n der Bahn angehört.


(Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er ist SPD-Mitglied! So ein Zufall!)


Ja, gut, deswegen war er ja in der Verhandlungskom-
ission und ist auch als Sachverständiger für die SPD in

er Anhörung benannt.


(Patrick Döring [FDP]: Ja, genau!)







(A) )



(B) )


Horst Friedrich (Bayreuth)

Ausgerechnet Herr Hansen hat heute schon erklärt, dass
er als Gewerkschaftsvorsitzender zurücktritt. Wie man
aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen hört, wird er
Arbeitsdirektor der DB AG.


(Jürgen Koppelin [FDP]: Gut dotierten Kreisen!)


Frau Suckale wird dann sozusagen upgegradet in die
Transportabteilung


(Zuruf von der CDU/CSU: „Upgegradet“ heißt aber hoch! – Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Das muss „downgegradet“ heißen!)


Dazu muss ich sagen: Das kann man als ganz normal be-
zeichnen. Man kann auch sagen: Genau das scheint ein
Kernpunkt des Gesetzes zu sein, das Sie uns jetzt vorle-
gen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sie selbst weichen jetzt von Ihrem eigenen Antrag
vom November 2006 ab, in dem Sie die Bundesregie-
rung aufgefordert haben, ein Privatisierungsgesetz vor-
zulegen. Das ist ein Antrag, und Sie schreiben, dass kein
Gesetz nötig ist. Sie schreiben in Ihrem eigenen Antrag –
er wurde mehrheitlich beschlossen –, dass es durch eine
gleichzeitig vorzulegende Leistungs- und Finanzierungs-
vereinbarung begleitet werden muss. Ich habe den Kol-
legen Dirk Fischer noch im Ohr, der mir hoch und heilig
zugesagt hat: Die Leistungs- und Finanzierungsverein-
barung muss sich, bevor sie Gesetz wird, erst einmal in
der Praxis über ein Jahr oder länger bewähren, damit wir
überhaupt prüfen können, ob das alles funktioniert. Wie
kann ich denn eine Leistungs- und Finanzierungsverein-
barung vorlegen, wenn wir nicht einmal einen Netz-
zustandsbericht haben?


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dirk Fischer [Hamburg] [CDU/CSU]: Wir privatisieren das Netz aber nicht!)


Wie kann ich etwas bezüglich der Qualität beschließen,
wenn ich noch nicht einmal weiß, was ich kaufe?

Das alles wird jetzt mit einem krampfhaften Versuch
zugedeckt. Es wird gesagt: Um Himmels willen, wir ha-
ben nicht mehr genügend Geld, jetzt muss uns der Teil-
börsengang retten. Damit sendet man keine Signale aus,
die Investoren beflügeln. Frau Nahles ist zitierfähig mit
der Aussage: Kohle ja, Mitbestimmung nein. – Das reizt
natürlich jeden Investor, sein Geld bei der Deutschen
Bahn abzuliefern. Wenn Sie sich an den Beginn der Dis-
kussion erinnern: Wir hatten beim integrierten Börsen-
gang, also mit Schienennetz, eine Erlöserwartung in
Höhe von 8 Milliarden Euro. Jetzt soll die Privatisierung
von 24,9 Prozent der Transporteinrichtungen einen Erlös
von 8 Milliarden Euro einbringen, wenn ich Herrn
Tiefensee glauben darf. Selbst wenn das eintreffen sollte,
was ja momentan hochspekulativ ist, bleiben für die
Deutsche Bahn im günstigsten Fall ungefähr
3 Milliarden Euro für Neuinvestitionen übrig. Es gibt
aber einen Wunschkatalog, der ungefähr das Zehnfache
umfasst.



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(C (D (Ulrich Maurer [DIE LINKE]: Das Dividendenzählen haben Sie vergessen! Zuruf des Abg. Dr. Gregor Gysi [DIE LINKE])


Das ist bei dieser Lösung gar nicht möglich,


(Heiterkeit)


eil wahrscheinlich der Steuerzahler die garantierte
endite zahlen muss. Hier sind wir uns völlig einig, Herr
ysi.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)


Da der Kollege Klaas Hübner gesagt hat, es sei ver-
indlich festgelegt, dass diese 3 Milliarden Euro in
eutschland ausgegeben werden müssen, möchte ich

inmal vorlesen, was hier steht: Der Bund erwartet, dass
ie der Bahn zur Verfügung gestellten Mittel für natio-
ale Innovationen und Investitionen der Bahn verwandt
erden. – Donnerwetter! Ich kenne Hartmut Mehdorn
nd weiß: Das wird ihn bis ins innerste Mark erschüt-
ern.


(Heiterkeit und Beifall bei der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Großen
oalition, dass Sie versuchen, uns das, was Sie hier vor-

egen,


(Enak Ferlemann [CDU/CSU]: Ist sehr gut!)


ls die Lösung der Probleme der Deutschen Bahn oder
ar als gelungene Fortsetzung der Bahnreform von 1994
u verkaufen, grenzt schon fast an Frechheit. Wir wer-
en die Ergebnisse der Anhörung mit Geduld auswerten
nd uns auch die Begleitgesetze genau ansehen. Dann
erden wir entscheiden, ob wir diesem Werk das zu-
ommen lassen, was es eigentlich verdient hat: die Ver-
enkung in den Orkus.


(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Gregor Gysi [DIE LINKE])



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1616013100

Nächster Redner ist der Kollege Dr. Hans-Peter

riedrich für die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Hans-Peter Friedrich (CSU):
Rede ID: ID1616013200

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Die Weichen für die nächste Stufe der Bahn-
eform, die Teilprivatisierung, werden gestellt. Die
roße Koalition hat einen Kompromiss gefunden, bei
em sich die Union durchgesetzt hat


(Lachen bei der FDP – Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Wie bitte? Wo denn?)


hören Sie mir doch erst einmal zu –, was die Struktur
er Privatisierung angeht, und bei dem sich die SPD
urchgesetzt hat, was den Umfang der Privatisierung an-
etrifft.






(A) )



(B) )


Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof)


(Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und beim Personal!)


Insgesamt ist dieser Kompromiss gut.

Wie sieht die Struktur der Privatisierung aus? Das
Wichtigste ist – das ist schon angesprochen worden –,
dass wir die Infrastruktur, also die Schienen, die Bahn-
höfe und die Energieversorgung, nicht privatisieren.


(Enak Ferlemann [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


Sie bleibt zu 100 Prozent im Eigentum der DB AG.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Ja! Das bleibt bei der Bahn!)


Das ist eine sehr wichtige Entscheidung. Noch vor zwei
Jahren hat Bahnchef Mehdorn von einem integrierten
Börsengang – Betrieb und Infrastruktur – gesprochen;


(Enak Ferlemann [CDU/CSU]: So ist es!)


unterstützt wurde er damals übrigens von Herrn
Steinbrück und Herrn Tiefensee. Es war wichtig, dass
wir in den letzten zwei Jahren miteinander gerungen ha-
ben und letztlich zu der Entscheidung gelangt sind: Das
kommt nicht infrage.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Wer hat denn gerade erst den Staatsvertrag bis 2011 verlängert?)


Damit in Deutschland keine neuseeländischen Verhält-
nisse Realität werden, lieber Kollege Friedrich, haben
wir verhindert, dass auch nur ein Meter Schiene in die
Hand von Privaten gelangt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Gequälter Beifall bei der SPD!)


Was wird privatisiert? Was diese Frage betrifft, wäre
ich sehr dankbar, wenn man in den Äußerungen, die in
der Öffentlichkeit gemacht werden, bei der Wahrheit
bliebe. Die Betriebsgesellschaften der Bahn, mit denen
sie Logistik betreibt – das tut sie übrigens weltweit, nicht
nur in Deutschland –, werden in einem Paket zu einer
Holding zusammengeschnürt. Von dieser Holding wer-
den 24,9 Prozent privatisiert.

Warum machen wir das?


(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Das fragen wir uns auch!)


Ein Aspekt ist, dass auf diesem Wege eine Schienenof-
fensive finanziert wird. Das ist aber nicht der einzige
wichtige Aspekt. Schauen wir uns das Paket an! Was ist
darin enthalten?

Erstens. In den letzten Jahren hat der Bahnvorstand,
von der Öffentlichkeit unbemerkt, viele Unternehmen
weltweit aufgekauft. Die Bahn – viele wissen das nicht –
ist heute der größte Stückgutlieferant in Kalifornien


(Patrick Döring [FDP]: Und deswegen muss der Bund mit 75 Prozent an ihr beteiligt bleiben?)


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(C (D nd betreibt Güterverkehr in Holland und Personenverehr in England. (Patrick Döring [FDP]: Ist das eine Staatsaufgabe?)


Meine sehr verehrten Damen und Herren von der Lin-
en, erklären Sie dem deutschen Steuerzahler doch bitte
inmal, warum es seine Aufgabe sein soll, all dies zu
inanzieren. Wenn Sie unter den deutschen Steuerzahlern
ine Umfrage durchführen würden, kämen Sie zu dem
rgebnis, dass sie sagen: All die Firmen, die weltweit
usammengekauft wurden, müssen privatisiert werden.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Dann macht es doch!)


enau das tun wir.


(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau das tun Sie nicht! – Frank Spieth [DIE LINKE]: Glauben Sie eigentlich selbst, was Sie da erzählen?)


Zweitens. In diesem Paket ist auch das Unternehmen
chenker enthalten; viele von Ihnen kennen es. Schenker

ransportiert Güter, aber nicht auf der Schiene, sondern
uf der Straße.


(Enak Ferlemann [CDU/CSU]: So ist es!)


n jedem Landkreis in Deutschland gibt es Fuhrunter-
ehmen. Die meisten von ihnen sind kleine Mittelständ-
er, die fünf, sechs oder sieben Lkw haben und jeden Tag
emeinsam mit ihren Mitarbeitern um ihre Existenz
ämpfen müssen.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Ja! Noch gibt es sie! Wenn Ihr so weitermacht, gibt es sie aber bald nicht mehr!)


Jetzt erklären Sie von der Linken bitte, warum es eine
taatsaufgabe sein soll, auf deutschen Autobahnen Güter
u befördern, wie es das zum Staatskonzern gehörende
nternehmen Schenker tut! Damit werden die Arbeits-
lätze der Menschen in den Privatbetrieben von Staats
egen gefährdet.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das ändert ihr doch nicht! Das bleibt doch!)


ie gesagt: In einer entsprechenden Umfrage würde die
ehrheit der Menschen in Deutschland sagen, dass der
üterverkehr auf der Straße privatisiert werden muss.
as tun wir, jedenfalls zu 24,9 Prozent.


(Lachen bei der FDP und der LINKEN – Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das ist ja Realsatire im Deutschen Bundestag!)


Drittens. Enthalten ist auch der Güterverkehr auf der
chiene, Railion. Die Wahrheit ist: Es ist nicht so viel
üterverkehr auf die Schiene verlagert worden, wie wir

s uns erhofft haben; aber der Güterverkehr auf der
chiene hat deutlich zugenommen. Das ist nicht unbe-
ingt das Verdienst der Deutschen Bahn AG, sondern das
erdienst vieler Wettbewerber, Hunderter kleiner Unter-
ehmen, die heute Güter auf der Schiene befördern. Wir
ollen, dass dieser Wettbewerb gefestigt und gekräftigt






(A) )



(B) )


Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof)

wird. Deswegen wollen wir DB Railion in den privaten
Wettbewerb entlassen. Aus diesem Grund ist Railion in
dem Paket enthalten, dessen Privatisierung ansteht.

Viertens: der Personennahverkehr. Ich bitte Sie, auch
bei diesem Thema bei der Wahrheit zu bleiben. Für die
Frage, ob ein Zug von Bonn nach Euskirchen, von Berlin
nach Brandenburg an der Havel oder von Hof nach Bad
Steben fährt, ist ausschließlich das Land zuständig; es
bekommt Geld vom Bund und bestellt diese Züge. Dafür
ist nicht die DB AG oder die DB Regio zuständig, son-
dern das Land. Das wird so bleiben, weil Nahverkehr
Daseinsvorsorge ist.

Heute ist dank Ausschreibungen eine Vielzahl von
Unternehmen auf unseren Bahnhöfen vertreten: Man
sieht inzwischen nicht nur die roten Züge der DB Regio,
sondern auch Züge in vielen anderen Farben. Wenn Sie
sich die Bahnhöfe in Deutschland anschauen, dann stel-
len Sie fest: Viele kleine Privatbahnen betreiben Wettbe-
werb, versuchen, im Kampf um die Kunden im Nahver-
kehr besseren Service oder bessere Preise zu bieten, um
so Geld zu verdienen. Letzten Endes profitieren aber der
Verkehrsträger Schiene und damit diejenigen, die den
Nahverkehr in Anspruch nehmen – die Bürgerinnen und
Bürger –, von diesem Wettbewerb. Wenn es gelingt, dass
eine Privatbahn, weil sie günstigere Kostenstrukturen
hat, auf einer Strecke für den gleichen Preis elf statt zehn
Züge pro Tag anbieten kann, dann profitieren davon die
Menschen im Land. Deswegen soll dieser Bereich priva-
tisiert werden.

Was ist noch in diesem Paket enthalten? Der Personen-
fernverkehr. Bereits heute bietet die Deutsche Bahn AG
Personenfernverkehr nur auf den Strecken an, auf denen
es sich rechnet, also betriebswirtschaftlich sinnvoll ist.


(Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es wird quersubventioniert!)


Das ist die Konsequenz der Bahnreform, die vor
14 Jahren vollzogen wurde. Wir haben damals gesagt:
Wir müssen den Schienenverkehr wirtschaftlich gestal-
ten. Das wurde erreicht: Die Deutsche Bahn AG fährt
schon heute, vor der Privatisierung, nur auf Strecken, die
sich wirtschaftlich betreiben lassen.

In der Zukunft wird sich der europäische Eisenbahn-
markt öffnen; demnächst wird es auch im Fernverkehr
Wettbewerb geben. Die Franzosen sind entschlossen,
künftig selbst Zugverbindungen von Paris über Deutsch-
land nach Warschau sowie Fernverkehrsverbindungen in
Deutschland anzubieten. Auch in diesem Bereich muss
Wettbewerb hergestellt werden. Begreifen Sie von der
Linken endlich einmal, dass Wettbewerb auch im Hin-
blick auf die Schaffung von Arbeitsplätzen etwas Gutes
ist; denn nur, wer sich in den Wettbewerb begibt, bleibt
wettbewerbsfähig.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Es gibt, was das Verhältnis von Bund und Deutscher
Bahn AG in der Vergangenheit anbelangt, einiges zu be-
klagen, und zwar auch, Kollege Friedrich, einiges aus
den letzten vier Jahren der schwarz-gelben Regierung.

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(C (D (Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das war vor Mehdorn!)


iebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, in den
ieben Jahren der rot-grünen Koalition haben Sie übri-
ens zugeschaut, als ein braver Verkehrsminister
odewig, der der Bahn nicht genehm war, gestürzt
urde; Sie haben keinen Widerstand geleistet.

Ich sage Ihnen: Wir werden die Bahn an die Kandare
ehmen.


(Lachen bei der FDP und der LINKEN)


it der Privatisierung, die wir vornehmen wollen, wer-
en die Voraussetzungen dafür geschaffen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ir werden eine Leistungs- und Finanzierungsvereinba-
ung abschließen, in der wir der Bahn klipp und klar sa-
en: Geld für Instandsetzungen gibt es nur im Gegenzug
ür Netzqualität, gibt es nur, wenn Qualitätskriterien er-
üllt werden, die wir zusammen mit den Ländern vorge-
en, und wenn die Bahn bereit ist, dafür zu sorgen, dass
ie Regionalnetze in der Fläche, bei denen es darum
eht, den Wirtschaftsstandort Deutschland in seiner Ge-
amtheit zu erschließen, in Ordnung gebracht und in
rdnung gehalten werden.


(Beifall bei der CDU/CSU)


ir werden die DB in dieser Frage an die kurze Leine
ehmen.

Lassen Sie mich etwas zum Umfang der Privatisie-
ung sagen. Die Sozialdemokraten haben sich auf
4,9 Prozent festgelegt.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Wie ich gesagt habe: Das wird Herrn Mehdorn nachhaltig erschüttern! – Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Das ist doch nur die Einstiegsquote!)


ch gebe zu, dass ich 30 Prozent für richtig gehalten
ätte. Mit 30 Prozent hätte es die Chance gegeben, dass
ie Deutsche Bahn AG in den DAX aufgenommen wird,


(Lachen bei Abgeordneten der LINKEN)


nd ein DAX-Unternehmen hat in der Regel einen höhe-
en Preis als ein Nicht-DAX-Unternehmen. Herr
teinbrück muss mit der SPD-Fraktion ausmachen, wa-
um er hier auf Geld verzichtet. Das, was wir beschlos-
en haben, ist wenigstens ein Schritt in die richtige Rich-
ung, ein Einstieg.


(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Das sage ich doch: eine Einstiegsquote!)


Ich sage für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion aber
uch: Wir wollen über diese Privatisierung hinaus nicht
uf Biegen und Brechen eine weitere Privatisierung.


(Zurufe von der LINKEN: Ja, ja!)


ir schauen uns jetzt in Ruhe an, was sich entwickelt.
ir werden das eine oder andere korrigieren.


(Jürgen Koppelin [FDP]: Politik der ruhigen Hand!)







(A) )



(B) )


Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof)

Kommende Bundestage werden entscheiden, ob es wei-
tere Privatisierungsschritte gibt,


(Zurufe von der LINKEN: Ja, ja!)


vielleicht sogar unter Beifall der Gewerkschaften. Es
drängt uns überhaupt nichts.

Entscheidend ist, dass wir den Einstieg in die Privati-
sierung haben und dass Infrastruktur – sie gehört zur Da-
seinsvorsorge und ist somit Staatsaufgabe – und Be-
triebsgesellschaften – dort kann und muss der
Wettbewerb stattfinden – getrennt behandelt werden. Ich
denke, dass wir mit dieser Lösung einen großen Schritt
in Richtung Zukunft, in Richtung einer Stärkung des
Verkehrsträgers Schiene machen, für die Menschen in
diesem Land und für den Wirtschaftsstandort Deutsch-
land. Ich freue mich auf die Beratungen, die in den
nächsten Wochen anstehen, und darauf, dass wir die
Dinge bald umsetzen können.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1616013300

Für die Fraktion Die Linke hat nun der Kollege

Dr. Gregor Gysi das Wort.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos] – Enak Ferlemann [CDU/CSU]: Noch so ein Bahnexperte! Um Gottes willen!)



Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616013400

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin

kein Bahnexperte, ich bin Generalist.


(Lachen bei Abgeordneten der SPD)


So etwas kennen Sie anscheinend nicht.

Vor 170 Jahren ist in Deutschland damit begonnen
worden, das Eisenbahnnetz aufzubauen. Was Sie jetzt
machen, ist klar: Sie beginnen, die Bevölkerung diesbe-
züglich zu enteignen. Das ist verheerend.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos] – Enak Ferlemann [CDU/CSU]: Oh!)


1993 hat der Bundestag über die organisatorische Priva-
tisierung gesprochen. Wissen Sie, welche Parteien, als
damals die Gesetze verabschiedet wurden, versprochen
haben, dass der Bund zu 100 Prozent Eigentümer blei-
ben wird, für immer und ewig? Die Union, die SPD und
die Grünen. Union und SPD haben wieder einmal ein
Versprechen gebrochen; das ist die Wahrheit.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos] – Michael GrosseBrömer [CDU/CSU]: Reden wir einmal darüber, was die SED alles an Versprechungen gebrochen hat!)


Ich finde es gut, dass unser Kollege von der CDU/
CSU klar gesagt hat, dass diese Privatisierung der Bahn

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(C (D ediglich ein Beginn ist. Sie öffnen eine Tür, und dann ird die Enteignung immer weiter fortschreiten. (Enak Ferlemann [CDU/CSU]: Das ist doch nicht schlecht!)


1993 haben Sie – es ist interessant, daran zu erinnern –
rei Dinge versprochen: Die Bahn wird für die Steuer-
ahlerinnen und Steuerzahler billiger werden. Die Bahn
ird ein kundennahes Serviceunternehmen. Die Schiene
ird ihren Anteil am Verkehrsmarkt erhöhen. – Nichts
avon ist eingetroffen. Dagmar Enkelmann sprach am
. Dezember 1993 für uns und sagte:

Eine private AG muß – das können wir hier relativ
nüchtern feststellen – auf Gedeih und Verderb ge-
winnorientiert arbeiten. Der Profit ist das Maß aller
Dinge. Da muß das Gemeinwohl zwangsläufig auf
der Strecke bleiben.


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das scheint keine gute Rede gewesen zu sein!)


Ausdünnungen und Stillegungen sind die Folge.

atte Sie recht oder nicht? Es gab Ausdünnungen, es
ab Stilllegungen; genau so ist es gekommen.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE])


Der Schienenverkehr kostet die Steuerzahlerinnen
nd Steuerzahler heute mehr als 1994; das hat die FDP
chon gesagt. Die Deutsche Bahn AG startete am
. Januar 1994 – nicht vergessen! – schuldenfrei. Heute
at sie Schulden in Höhe von 21,5 Milliarden Euro, und
hr Eigenkapital ist fast aufgezehrt.


(Uwe Beckmeyer [SPD]: 16,4 Milliarden Euro! Sie müssen sich schon an der Bilanz orientieren!)


ie Deutsche Bahn AG ist weniger kundennah als die
lte Bundesbahn; denn die Belegschaft wurde im Ver-
leich zu 1994 halbiert und 500 Bahnhöfe und Tausende
chalter sind geschlossen worden. Die Verkehrsleistung
er Bahn beim Schienenverkehr lag 2005 unter derjeni-
en von 1993. Das heißt, der Anteil ist deutlich gesun-
en.


(Dr. Peter Struck [SPD]: Wie oft sind Sie denn mit der Bahn gefahren, Herr Gysi?)


Nun kann man sich ja einmal ansehen, welche Erfah-
ungen andere Länder gemacht haben, die die Bahn pri-
atisiert haben. Die privaten Eisenbahnen in den USA
ind fast verschwunden.


(Patrick Döring [FDP]: Es gibt gar keine staatliche Bahn in den USA!)


n Großbritannien führte die Bahnprivatisierung zu
chweren Unfällen, woraus entsprechende Konsequen-
en gezogen worden sind. In Neuseeland wird die Bahn
erade zurückgekauft.


(Zurufe von der CDU/CSU)


ch bitte Sie: Als die Bahn in Neuseeland verkauft
urde, erbrachte das einen Erlös von 202 Millionen






(A) )



(B) )


Dr. Gregor Gysi
Euro; jetzt wird sie für 336 Millionen Euro zurückge-
kauft. Dort wurde also ein tolles Geschäft für die Bürge-
rinnen und Bürger organisiert.


(Beifall bei der LINKEN – Michael GrosseBrömer [CDU/CSU]: Noch sind wir für Neuseeland nicht zuständig!)


Der neuseeländische Finanzminister – das ist kein Lin-
ker, meine Damen und Herren von der Union –, erklärte
wörtlich: Der Verkauf der staatlichen Bahn zu Beginn
der 90er-Jahre und der danach folgende Niedergang des
Vermögens war eine schmerzliche Lektion für Neusee-
land. – Nun wollen Sie diese Lektion auch für Deutsch-
land. Das ist die Wahrheit.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos] – Enak Ferlemann [CDU/CSU]: Das ist doch Unfug! Was erzählen Sie denn da als Generalist? Sie haben doch keine Ahnung von der Sache!)


Die Bahn gehört zur öffentlichen Daseinsvorsorge.
Sie muss in öffentlichem Eigentum stehen, weil es um
ökologische und soziale Ziele geht; darüber müssen wir
uns verständigen. Gibt es ein Grundrecht auf Mobilität
oder nicht? Ich habe einmal von einer Sozialhilfeemp-
fängerin ein Schreiben bekommen, in dem stand: Es ist
nett, dass du eine Kundgebung organisierst, aber ich
kann nicht hinfahren, weil ich mir das nicht leisten
kann. – Verstehen Sie das? Man muss schon wissen, ob
man Sozialtickets will oder nicht.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Zur Ökologie sage ich Ihnen auch etwas: Wenn wir
die Gütertransporte von der Straße auf die Schiene verla-
gern wollen, dann müssen wir günstige Angebote ma-
chen und das subventionieren.


(Patrick Döring [FDP]: Das muss natürlich der Staat machen!)


Ein Privater wird das nicht subventionieren. Dann blei-
ben die ökologischen Probleme bestehen. Das ist der ei-
gentliche Skandal.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir brauchen die Bahn in öffentlichem Eigentum, damit
wir öffentlich darüber streiten und entscheiden können,
meinetwegen auch mit unterschiedlichen Konzepten.
Privatisierung bedeutet doch immer, dass man die Politik
aus der Verantwortung entlässt. Wenn Sie eines Tages al-
les verkauft haben, dann haben die Kanzlerin und auch
ich diesbezüglich nichts mehr zu entscheiden. Um Ihnen
das ganz klar zu sagen: Das halte ich für eine sehr un-
günstige Gemeinsamkeit,


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos] – Enak Ferlemann [CDU/CSU]: Sie haben in der Frage doch nie etwas zu entscheiden!)


weil dann die Wahl zwischen uns beiden in dieser Hin-
sicht für die Bevölkerung keinen Sinn mehr macht.

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(C (D Außerdem sind Sie bereit, das Grundgesetz wieder zu erletzen; das muss man einmal ganz klar sagen. Durch rt. 87 e Grundgesetz wird eine Entscheidung des Bunestages in Form eines Gesetzes verlangt. Sie sagen ber, dass Sie das ohne Gesetz machen. Gestern hat Ihen das Bundesverfassungsgericht wieder bestätigt, dass as Grundgesetz verletzt worden ist. Hier passiert das leiche. Die SPD verletzt auch ihren eigenen Parteitagseschluss, was laut Grundgesetz aber erlaubt ist. Das rundgesetz zu verletzen, ist laut Grundgesetz aber icht erlaubt. Daran muss ich Sie erinnern. (Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Nun wird immer gesagt, dass wir dadurch frisches
eld bekommen. Ich bin ja sehr für frisches Geld.


(Enak Ferlemann [CDU/CSU]: Das glaube ich!)


Ja, natürlich. Hören Sie einmal zu! – Ich weiß, dass die
ahn Geld braucht.


(Enak Ferlemann [CDU/CSU]: Wo haben Sie denn die SED-Millionen? Die können Sie ja der Bahn stiften!)


Nun warten Sie doch einmal eine Sekunde. – Heute
urde gesagt, ein Drittel solle dann für Investitionen an
ie Bahn gehen.

Machen wir uns das doch einmal klar: Jemand kauft
napp ein Viertel der Bahn und zahlt dafür einen Kauf-
reis. Ein Drittel bekommt er wieder zurück. Da er dann
igentümer ist, hat er ja etwas von dem Drittel, das zu-

ückfließt. Das kann man also schon einmal herausrech-
en.


(Enak Ferlemann [CDU/CSU]: So eine Rechnung! Daran sieht man, dass Sie keine Ahnung haben!)


ie Bahn wird ja auch künftig noch durch den Bund
ubventioniert; das können Sie nicht leugnen. Knapp ein
iertel davon bekommt immer der private Eigentümer.
erstehen Sie?


(Enak Ferlemann [CDU/CSU]: Nein, das verstehe ich nicht! Das kann man nicht verstehen!)


er private Eigentümer ist natürlich furchtbar edel. Er
ill nur Geld geben. Ich sage Ihnen aber: Er will auch
och etwas anderes, nämlich in kürzester Frist mehr
eld heraushaben. Das bezahlen entweder die Kundin-
en und Kunden oder die Steuerzahlerinnen und Steuer-
ahler. Das ist die Wahrheit.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Egal was die SPD jetzt heilig verspricht: Die Privati-
ierung wird fortgesetzt werden. Das ist die eigentliche
atastrophe. Außerdem wird die Profitorientierung
eutlich zunehmen. Kommen Sie mir jetzt nicht damit,
ass das ja nur ein kleiner Anteil von 24,9 Prozent ist.






(A) )



(B) )


Dr. Gregor Gysi
Der Multimilliardär Frederiksen besitzt nur 12 Prozent
der Anteile von TUI, entscheidet aber trotzdem, was ver-
kauft wird und wie hoch die Rendite zu sein hat. Sie
können mir glauben: Die anderen schaffen mit 24,9 Pro-
zent noch deutlich mehr.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Die privaten Investoren haben ein Motiv, ihr Geld zur
Verfügung zu stellen: Sie wollen mehr Geld herausbe-
kommen.


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Das ist doch Ihr Prinzip als Anwalt!)


Dieses Geld wird gezahlt werden müssen. Das ist die ei-
gentliche Tragik.

Es hat mich immer sehr gewundert, dass Transnet
auch für die Privatisierung war. Der DGB hat sich sehr
darüber geärgert. Heute habe ich erfahren, dass der Vor-
sitzende der Gewerkschaft, Norbert Hansen, Arbeitsdi-
rektor bei der Deutschen Bahn AG wird. Er bekommt
dieselbe Funktion, die Hartz bei VW hatte, bei der Deut-
schen Bahn AG. Dort verdient er mehr. Er hat die Seiten
gewechselt und wird künftig dem Vorstand angehören.
Den Rest müssen wir uns denken.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Die Schienen behalten Sie noch. Ich kenne doch Ihre
Schrittchenpolitik; sie ist nicht neu. Man muss erst die
Tür öffnen – so fängt es an –, und dann geht die Ent-
wicklung weiter. Die privaten Investoren werden tolle
Argumente finden, warum noch mehr verkauft werden
muss. Erst erwerben sie 30 Prozent der Anteile; dann
werden es 40 Prozent, und so geht die Entwicklung wei-
ter.


(Enak Ferlemann [CDU/CSU]: Sie haben schon so viel erzählt! Das ist eine Katastrophe!)


– Ich bitte Sie, darüber nachzudenken. In der Politik gibt
es Wahlen. Es gibt Gründe dafür, dass die Bevölkerung
den Deutschen Bundestag wählen darf, aber nicht den
Vorstand der Deutschen Bahn. Insofern ist die Frage,
was der Vorstand entscheiden darf und was wir entschei-
den dürfen, entscheidend für die Demokratie.


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Dafür haben wir Gesetze! – Patrick Döring [FDP]: Das steht im Aktiengesetz!)


Wenn Sie immer mehr Privatisierungen vornehmen,
dann entlassen Sie immer mehr Bereiche aus der Verant-
wortung der Politik und machen diesbezüglich die De-
mokratie bedeutungsloser. Die Linken kämpfen für mehr
Bedeutung der Demokratie. Die Privatiseure hingegen
wollen sie abbauen. Das ist die Wahrheit.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Wenn denn alles ökologisch und sozial unvertretbar
wird und Unfälle passieren wie in Großbritannien, dann

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(C (D ird die Regierung eines Tages alles viel teurer zurückaufen müssen. (Enak Ferlemann [CDU/CSU]: Wir verkaufen doch gar nichts!)


eshalb ist das, was Sie heute einleiten – eine die Bevöl-
erung teuer zu stehen kommende Enteignung –, ein
kandal.

Danke.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1616013500

Nächster Redner ist der Kollege Winfried Hermann

ür die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1616013600

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Was die Große Koalition heute zur Privatisie-
ung der Bahn vorlegt, ist nach all dem, was wir über
iele Jahre mit Expertenrat, Modellüberlegungen und
omplizierten Aufrechnungen diskutiert haben, beschä-
end. Die zurückgezogenen Gesetzentwürfe dazu haben
ehrere hundert Seiten umfasst. Angesichts dessen ist

iese Resolution als Grundlage der Privatisierung eine
auerei.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Es klingt harmlos: Private Investoren werden nur mit
4,9 Prozent beteiligt, und das auch nur an der Hälfte der
ahn. Es geht also sozusagen um eine Achtelprivatisie-

ung oder um eine Privatisierung light.


(Enak Ferlemann [CDU/CSU]: Das sind alles Rechnungen hier! Mein lieber Mann!)


ie ist scheinbar nicht besonders schlimm, aber wir glau-
en, dass sie schwerwiegende und fatale Konsequenzen
ür die Kunden und den Schienenverkehr im ländlichen
aum und den neuen Bundesländern hat. Das werden
ie noch merken.

Wenn Sie die Ziele der Bahnreform, die übrigens in
iversen Anträgen dieser Koalition – nicht irgendeiner
nderen Koalition oder auf irgendwelchen Parteitagen –
006 im Bundestag nochmals bestätigt wurden, und die
ersprechen mit dem vergleichen, was heute vorliegt,
ann werden Sie feststellen, dass das nichts mehr mit-
inander zu tun hat.


(Enak Ferlemann [CDU/CSU]: Das stimmt doch gar nicht!)


s ist nicht mehr die Rede von mehr Schienenverkehr.
ie weisen nicht nach, wie das funktionieren soll. Es ist
uch nicht mehr die Rede von mehr Wettbewerb. Was ist
tattdessen vorgesehen? In der ganzen Modelldebatte ist
inzig und allein ein Modell übrig geblieben, das sich
mmer wieder in Varianten durchgesetzt hat, nämlich der
ntegrierte Konzernbörsengang. Man hat den Eindruck,






(A) )



(B) )


Winfried Hermann
es geht nur darum, den DB-Konzern als integrierten
Konzern zu erhalten. Das ist Ihre Variante einer verkürz-
ten Bahnreform.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Aber, Kolleginnen und Kollegen auch von der CDU/
CSU, dieses Modell ist ein Etikettenschwindel, weil es
weder eine wirkliche Privatisierung bedeutet – es ist üb-
rigens auch nicht marktwirtschaftlich – noch das öffent-
liche Eigentum sichert. Es sichert auch nicht die Ein-
flussnahme der Politik, wie die SPD es aufgrund Ihres
Parteitagsbeschlusses in Form von Volksaktien zu tun
vorgibt. Es ist ein Etikettenschwindel, weil Sie nicht
wirklich das Eigentum des Bundes schützen und Markt
und Wettbewerb nicht wirklich zulassen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Uwe Beckmeyer [SPD]: Was wollen Sie denn?)


Ihr Entwurf sieht keine Neuordnung des Schienenver-
kehrs, sondern einen Umbau des DB-Konzerns vor. Ur-
sprünglich hieß es, dass man die öffentlichen Aufgaben
klar von den unternehmerischen trenne. Fehlanzeige!


(Enak Ferlemann [CDU/CSU]: Das tun wir auch!)


Der CSU-Kollege Friedrich hat wortreich gefragt, wa-
rum der deutsche Steuerzahler den Verkehr und den
Transport in Kalifornien organisieren und finanzieren
solle. Aber, Kollege Friedrich, 75 Prozent des zukünfti-
gen Holding-Transportunternehmens sind in staatlicher
Hand. Genau das, was Sie beklagen, wird fortgesetzt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)


Sie tun nichts für den Wettbewerb und stärken den
Monopolisten.


(Uwe Beckmeyer [SPD]: Was?)


Sie sorgen nicht für mehr Transparenz, sondern wollen
ein intransparentes Holdingmodell umsetzen. Am meis-
ten ärgert mich als Parlamentarier, dass Sie nach all den
gescheiterten gesetzlichen Verfahren auf eine gesetzliche
Grundlage gleich ganz verzichten. Übrigens wurde vor
zwei Jahren im Bundestag beschlossen, dass die Bundes-
regierung zur Privatisierung einen Gesetzentwurf mit
entsprechenden Eckpunkten vorlegen soll. Aber all das
scheint vergessen zu sein.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)


Sie haben zwar einen Gesetzentwurf vorgelegt, sind aber
mit sich selbst gescheitert.

Ich komme nun auf die Genossen zu sprechen, die
mutig gesagt haben: Wir werden verhindern, dass mehr
als 24,9 Prozent privatisiert werden. Was ist denn Ihre
Resolution wert? Jede Regierung wird zukünftig nach
Kassenlage und Mehrheit Aktien verkaufen. Dagegen
haben Sie nichts in der Hand. Ihnen bleiben dann nur
noch Ihre mutigen Sprüche.

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(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


as diese und Ihr auf einem Sonderparteitag geäußerter
unsch nach einer Volksaktie wert sind, wissen wir

eute. Keiner von den großen Genossen ist mehr da,
icht einmal der Kollege Scheer. Schade! Sie haben ge-
ämpft und verloren. Nun halten alle das Maul.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Sie privatisieren, obwohl Sie vor anderthalb Jahren in
hrer Vorlage geschrieben haben: Es kann erst losgehen,
enn entsprechende Rahmenbedingungen geschaffen
urden. Wir brauchen einen Netzzustandsbericht. Seit

wigen Zeiten warten wir nun darauf. Bislang liegt er
icht vor. Des Weiteren haben Sie eine Leistungs- und
inanzierungsvereinbarung gefordert. Aber auch diese

iegt nicht vor. Sie fordern zudem in Ihrem Antrag einen
eteiligungsvertrag. Auch dieser liegt nicht vor. Sie re-
en von Regulierung des Wettbewerbs. Aber es gibt
eine Anreize für eine Regulierung. Sie lassen alles weg,
as dringend notwendig ist, wenn man eine Privatisie-

ung angeht. Trotzdem schreiten Sie mutig voran. Ich
alte das für politisch dumm und gefährlich. Es wird die
öglichkeiten der Politik zukünftig drastisch mindern.
ier gebe ich dem Kollegen Gysi vollkommen recht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des Abg. Jürgen Koppelin [FDP])


Nun sagen manche Genossen, es handele sich nur um
4,9 Prozent, und es gebe keine wirkliche Renditeorien-
ierung. Aber das ist der Einstieg. Es ist doch eine naive
orstellung, dass ein Kapitalgeber in ein Unternehmen in-
estiert und – das sind sozialdemokratische Fantasien –
aßnahmen zur Verschönerung von Bahnhöfen und zur

erbesserung des Lärmschutzes finanziert. Das ist doch
itz pur.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der FDP und der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Natürlich lässt sich mit Ihrer Resolution nicht das Ak-
ienrecht aushebeln. Selbstverständlich wird jeder Aktio-
är, der 5 oder 10 Prozent der Aktien besitzt, auf eine
endite drängen. Sie können noch so schön sozialdemo-
ratisch daherreden, aber das, was Sie sich wünschen,
ird nicht in Erfüllung gehen. Es handelt sich allenfalls
m die Vorstellung von Sozialdemokraten, wie Kapita-
ismus funktionieren könnte, müsste oder sollte. Es han-
elt sich tatsächlich um den Einstieg in eine renditeori-
ntierte Bahn.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie des Abg. Jürgen Koppelin [FDP])


Nun zum Verkaufserlös. Viele von Ihnen haben schon
illiardeneinnahmen versprochen. Hier möchte ich Ih-

en Folgendes vorrechnen: Kollege Friedrich und Kol-
ege Beckmeyer, aber auch Herr Tiefensee haben immer
ieder gesagt, man erwarte einen Erlös in Höhe von
Milliarden bis 12 Milliarden Euro. Interessanterweise






(A) )



(B) )


Winfried Hermann
hat man auch beim ersten Modell genauso viel erwartet.
Damals wollte man die Hälfte verkaufen. Nun will man
mit einem Achtel genauso viel erlösen. Das ist doch
Volksverdummung.


(Enak Ferlemann [CDU/CSU]: Wieso denn ein Achtel? Was ist denn das für eine Rechnung?)


– Ein Viertel von der Hälfte ist ein Achtel. Zu dem Er-
gebnis kommen auch Sie, wenn Sie rechnen können. Das
kann man leicht nachvollziehen.

Sie tun so, als könnte man mit einem Achtel genauso
viel erlösen. Gehen wir einmal von 3 Milliarden Euro
aus. 1 Milliarde Euro bekommt Herr Mehdorn, um welt-
weit einzukaufen. 1 Milliarde Euro bekommt Herr
Steinbrück zur Konsolidierung des Haushalts. Dann
bleibt noch 1 Milliarde Euro beispielsweise für die Ver-
schönerung von Bahnhöfen übrig. Mit diesem Betrag
können Sie vielleicht gerade einmal die Mehrkosten ei-
nes Großprojekts wie Stuttgart 21 oder der Strecke
Nürnberg-Erfurt decken. Wenn Sie Glück haben, können
Sie auch das Dach des Berliner Hauptbahnhofs verlän-
gern. Aber mehr ist damit nicht drin.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Noch ein Wort zum Holdingmodell. Die CDU/CSU
ist stolz, dass sie das Staatseigentum in Form des Hol-
dingmodells gerettet hat.


(Zuruf von der CDU/CSU: Stimmt ja auch!)


Formal haben Sie recht. Aber es ist ein merkwürdiges,
widersprüchliches Konstrukt. Es wird in Zukunft Herr
Mehdorn mit seinem Knappen Hansen das Staatsunter-
nehmen als unser Treuhänder führen. Wir alle glauben
daran. Ein Teil wirtschaftet gemeinwirtschaftlich im
Sinne des Grundgesetzes


(Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: So ist es!)


und sichert die Infrastruktur. Das wird vom Steuerzahler
finanziert. Im anderen Teil des Konzerns wird rendite-
orientiert gearbeitet. Mehdorn hält das alles schön aus-
einander, das eine für die Allgemeinheit und das andere
für die Rendite. Das ist doch eher eine neue Art von
Selbstbedienungsladen für die Aktionäre. Das wird nie
und nimmer funktionieren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der FDP und der LINKEN)


Man muss doch wirklich an Märchen glauben, wenn
man glaubt, dass dieses Holdingmodell irgendwie funk-
tionieren kann.

Noch ein Wort zum Wettbewerb. Wie soll eigentlich
Wettbewerb funktionieren, wenn zukünftig der Haupt-
monopolist von heute als Unternehmen, an dem der
Staat Anteile in Höhe von 75 Prozent hat, mit vielen
kleinen Unternehmen konkurriert? Das ist doch kein fai-
rer Wettbewerb. Das ist staatsmonopolistischer Kapita-
lismus in neuer Form. Es wundert mich, dass Sie von der

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(C (D DU/CSU das mitmachen und ausgerechnet die Linke as kritisieren und darauf hinweisen muss, dass das so icht funktioniert. Ich komme zum Schluss und fasse zusammen. Diese rt von Teilprivatisierung wird nicht den Bahnkunden utzen, und sie wird nicht dem Schienenverkehr nutzen. s wird vor allem im ländlichen Raum zu einer Ausdünung kommen, weil sich der Schienenverkehr dort nicht echnet. Die Teilprivatisierung hat jede Menge Nacheile. Die Politik hat kein Mitspracherecht mehr. Das ist in Beitrag zur Entparlamentarisierung der Schienenpoitik, weil wir nicht an Gesetzgebungsverfahren beteiligt ind und weil alles, was in Zukunft geschieht, eine reine rganisationsfrage der DB AG ist. Wenn überhaupt, ann gibt es nur eine indirekte Mitsprachemöglichkeit ür die Regierung, von der wir aber wissen, dass sie selen mitspricht, sondern nur das tut, was die Bahn will. as wird fortgesetzt. All dies zusammen bringt uns zu er ganz klaren Meinung: Diese Art von Bahnprivatisieung kann man nur ablehnen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der FDP und der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1616013700

Das Wort hat nun Bundesminister Wolfgang

iefensee.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Volker Schneider [Saarbrücken] [DIE LINKE]: Es wäre schön gewesen, Sie hätten am Anfang geredet!)


Wolfgang Tiefensee, Bundesminister für Verkehr,
au und Stadtentwicklung:
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Der Antrag „Zukunft der Bahn, Bahn der Zu-
unft – Die Bahnreform weiterentwickeln“ schlägt eine
ervorragende Lösung zur Teilprivatisierung der Deut-
chen Bahn vor, und das aus sachlichen Gründen.


(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das glauben Sie doch selber nicht!)


enn all die Ziele, die wir uns gesetzt haben, werden mit
ieser sehr guten Lösung erreicht. Weiterhin wird in die-
er Debatte heute deutlich, dass dieser Antrag und damit
iese Lösung auf eine erstaunliche Allianz der Ableh-
ung stoßen. Schon allein das muss uns zufrieden ma-
hen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Lachen bei der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Ihre Arroganz der Macht ist nicht mehr zu überbieten, Herr Minister!)


uf der einen Seite gibt es die Haltung, dass der Kon-
ern zerschlagen werden muss; auf der anderen Seite
ird als Lösung vorgeschlagen, alles möglichst so zu






(A) )



(B) )


Bundesminister Wolfgang Tiefensee
belassen, wie es ist. Ich denke, dass wir einen sehr guten
Weg gefunden haben, unsere Deutsche Bahn für
Deutschland und für den europäischen und internationa-
len Markt stark zu machen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1616013800

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Koppelin?

Wolfgang Tiefensee, Bundesminister für Verkehr,
Bau und Stadtentwicklung:

Sehr gern.


Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1616013900

Herr Minister, wäre es nicht für den Ablauf der De-

batte besser gewesen, wenn Sie gleich zu Beginn das
Wort ergriffen hätten, damit auch die Oppositionspar-
teien zu Ihrer Rede hätten Stellung nehmen können?


(Beifall bei der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Stattdessen reden Sie jetzt nach den Oppositionspar-
teien, und danach sprechen nur noch Vertreter der Regie-
rungskoalition. Wäre es nicht vom Stil her besser gewe-
sen, wenn Sie der Meinung sind, dass Ihre Argumente
stichhaltig sind, dass die drei Oppositionsparteien Gele-
genheit gehabt hätten, auf Ihre Rede zu antworten? Sie
sprechen aber jetzt, nachdem die Redezeit der Opposi-
tion vorbei ist. Ich persönlich halte das für einen
schlechten Stil.


(Beifall bei der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wolfgang Tiefensee, Bundesminister für Verkehr,
Bau und Stadtentwicklung:

Sehr verehrter Herr Abgeordneter, ich denke, Sie ha-
ben Gelegenheit gehabt, zum Beispiel auf den Wortbei-
trag von Herrn Hübner zu reagieren, der in ähnlicher
Weise unser Modell vorgestellt hat.


(Patrick Döring [FDP]: Der ist aber nicht in der Regierung! – Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist der Hübner Minister oder Sie?)


Ich denke, dass das eine gute Lösung ist. Ich bitte Sie
dennoch, meinen Argumenten zu folgen, auch wenn Sie
nicht noch einmal reagieren können.


(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann machen wir Herrn Hübner zum Minister!)


Der Minister hat bei allen vorangegangenen Debatten
immer am Anfang gesprochen. Ich denke, dass es bei der
Einbringung eines Antrags des Bundestags legitim ist,
dass der Bundestag zuerst das Wort hat. Darauf legen Sie
Wert.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Dirk Fischer [Hamburg] [CDU/CSU]: Darauf legen wir ziemlichen Wert!)


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(C (D Jetzt möchte ich etwas zu den Vorwürfen sagen, um ann kurz zur Lösung selbst zu kommen. Herr Gysi, ich darf Sie persönlich ansprechen. Sie haen in entwaffnender Offenheit den Satz geäußert: Ich in kein Bahnexperte. (Enak Ferlemann [CDU/CSU]: So ist es! Genau richtig!)


ie sind aber offensichtlich ein Experte in der Frage der
nteignung, und da – Herr Gysi, das muss ich Ihnen sa-
en – treffen Sie bei mir einen sehr wunden Punkt. Sie
ind offensichtlich auch ein Experte darin, wie man die
nfrastruktur in Ordnung hält. Auch diesbezüglich tref-
en Sie bei mir aufgrund meiner Erfahrungen einen sehr
unden Punkt. Sie sind offensichtlich auch ein Experte
arin, wie man der Bevölkerung


(Zuruf von den LINKEN: Die Wahrheit sagt!)


it Schwarzmalerei, die man Wahrheit nennt, obwohl
ie völlig realitätsfern ist, den Mut nimmt. Auch hier
reffen Sie bei mir einen sehr wunden Punkt.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Ich lasse mir von einem Vertreter der Linken, der für
ine Regierungszeit von vor 1990 steht – 1976 ist enteig-
et und das private Engagement kaputt gemacht worden –


(Zurufe von der LINKEN: Oh!)


icht sagen, wie man die Infrastruktur in Ordnung hält,
umal wir die Schäden jetzt mit Milliardenbeträgen be-
eitigen müssen.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)


Ich lasse mir nicht von jemandem, der nach eigenem
ekunden nichts von der Bahn versteht, erzählen, dass er
ie Bedürfnisse der Bevölkerung genau kennt und dass
r deshalb schwarzmalen muss.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Das ist ein sehr schwaches Argument!)


as ist für mich indiskutabel, und ich halte es für keinen
uten politischen Stil.

Ich möchte Ihnen in zwei Punkten in der Sache wider-
prechen. Dies betrifft erstens die Frage, ob sich die
ahn positiv entwickelt hat. Wissen Sie eigentlich noch,
ie hoch die Verschuldung der Bahn 1993/94 war?


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: 18 Milliarden Euro Schulden wieder in 2007!)


Wissen Sie vor allem auch, sehr verehrter Herr Gysi,
as die Verschuldung in den darauffolgenden Jahren bis

um Ende der 90er-Jahre mit sich gebracht hätte? Es
äre zum Konkurs der Deutschen Bundesbahn gekom-
en, wenn wir nicht zuletzt auch mit der Bahnreform

993/94 einen Riegel vorgeschoben hätten.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Und jetzt wieder 18 Milliarden Euro Schulden!)







(A) )



(B) )


Bundesminister Wolfgang Tiefensee
Zweitens. Ich möchte Ihnen widersprechen, was die
Stilllegung von Strecken anbetrifft. Sagen Sie der Bevöl-
kerung, wann, wo und wie viele Strecken stillgelegt bzw.
entwidmet worden sind.


(Zurufe von den LINKEN)


Warum sagen Sie nicht, dass die Hauptstreckenstill-
legungen vor 1994 stattgefunden haben? Warum sagen
Sie nicht, dass sie im Osten stattgefunden haben? Warum
sagen Sie nicht, dass sie stattgefunden haben, weil wir
a) völlig unwirtschaftliche Flächen und Strecken hatten
und weil sich b) auch die Verkehrsmittel – Stichwort
„Erdgasbus“ – und das persönliche Mobilitätsverhalten
verändert haben? Wir können mit einem solchen Ansatz,
der nicht auf Wirtschaftlichkeit zielt, sondern lediglich
den Bankautomaten bedienen will, keine Bahnreform
machen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1616014000

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Claus von der Fraktion Die Linke?

Wolfgang Tiefensee, Bundesminister für Verkehr,
Bau und Stadtentwicklung:

Sehr gerne.


Roland Claus (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616014100

Herr Minister, Sie sind soeben auf die Bahn in der

Fläche zu sprechen gekommen. Deshalb möchte ich Sie
fragen: Wie bewerten Sie die Wahrung der Interessen der
Länder und Kommunen im Privatisierungsprozess der
Bahn, und zwar angesichts der Tatsache, dass das Land
Sachsen-Anhalt gestern einen eigenen Gesetzentwurf im
Bundesrat vorgelegt hat, der ausdrücklich die Sicherung
der Landesinteressen zum Gegenstand hat? Es ist hier
allgemein bekannt, dass dort die gleiche Regierungskon-
stellation aus SPD und CDU tätig ist.

Wolfgang Tiefensee, Bundesminister für Verkehr,
Bau und Stadtentwicklung:

Vielen Dank, Herr Claus, für die Frage. – Die Länder
haben genauso wie der Bund ein berechtigtes Interesse
daran, dass sowohl die Regionalnetze als auch die Fern-
und Mischnetze in ordentlichem Zustand und gut vertak-
tet sind. Wir diskutieren mit den Landesverkehrsminis-
tern im Rahmen der Verkehrsministerkonferenzen in den
letzten Monaten ausführlich darüber, wo in dieser Ziel-
richtung Deckungsgleichheit besteht und wo nicht.

Sie wissen, dass die Länder pro Jahr 6,7 Milliarden
Euro – diese Summe wird ab nächstem Jahr um 1,5 Pro-
zent erhöht – an Regionalisierungsmitteln bekommen.
Sie wissen, dass wir für die Instandhaltung des Netzes
jährlich 2,5 Milliarden Euro aufwenden. Das machen
wir nicht, weil wir gegen die Länder, sondern weil wir
mit den Ländern Verkehrspolitik machen. Ich möchte
nicht verhehlen, dass dieses oder jenes Land gerne etwas
mehr Regionalisierungsmittel hätte


(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Darum geht es gar nicht!)


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(C (D nd diesbezüglich etwas mehr Mitsprache einfordert; as steht allerdings auf einem anderen Blatt. Ich habe in einem Schreiben, ausgehend auch von der änderverkehrsministerkonferenz in der vorletzten Wohe in Brüssel, Herrn Daehre, der sich in seiner Eigenchaft als Vorsitzender dieser Länderverkehrsministeronferenz äußert, zugesichert, dass das umgesetzt wird, as in einer Arbeitsgruppe vereinbart wurde. Dabei geht s um die Leistungsund Finanzierungsvereinbarung. es Weiteren ist die Frage des Netzzustandsund -enticklungsberichts zu besprechen, und gemeinsam wol en wir zu einer konsensualen Lösung kommen. Ich habe hm den Antrag, den wir heute in erster Lesung behaneln, zur Kenntnis gegeben, der beinhaltet, dass die Beeiligung der Länder ausdrücklich durch Sie, meine Da en und Herren, verankert sein wird. Es gibt also keinen issens darüber, dass es einen Beschluss der Verkehrsinister gibt, der sich darauf bezieht, dass es noch mehr itsprache geben soll. Eine andere Lösung beim Fernverkehr – Sie kennen en Gesetzentwurf – anzustreben, nämlich die Regelung, ass der Bund zu guter Letzt auch noch die Fernverkehre estellt und bezahlt, das steht auf einem anderen Blatt. as müssen wir fachlich ausdiskutieren. Ich garantiere dafür – das habe ich dem Minister chriftlich mitgeteilt, und ich sage es hier in aller Öffentichkeit –: Es wird eine kooperative, gründliche Einbeiehung der Länder in diesen Prozess geben, weil wir die leichen Interessen verfolgen. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU – Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: In zwei Wochen?)


Jetzt möchte ich mich gern den Argumenten zuwen-
en, die von der anderen Seite gekommen sind. Wenn
ie diese Lösung ablehnen, weil sie auf dem Fundament
es integrierten Konzerns steht, dann nehme ich Ihre
blehnung zur Kenntnis und respektiere sie. Ihrer Vor-

tellung liegt ein völlig anderer Pfad zugrunde als der,
en wir einschlagen wollen. Es stimmt nicht, dass wir
as Verhältnis Schiene/Straße in den letzten Jahren nicht
aben nachhaltig verändern können. Wir haben
0 Prozent Zuwachs beim Güterverkehr; wir haben ei-
en Zuwachs beim Modal Split.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Welchen denn?)


ie wissen, dass ein Aufwuchs der Güterverkehrsmenge
m 1 Prozentpunkt ein großer Erfolg ist. Sie wissen,
ass unser Staat schon allein dadurch entlastet ist – ich
erweise auf meine vorigen Ausführungen –, dass wir
erhindert haben, dass der Deutschen Bundesbahn ein
onkurs drohte.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das ist doch alles Hypothese, was Sie hier behaupten! Das sind Sollzahlen, gegriffen von irgendwoher!)


ch bitte, das auch Ihrer Klientel deutlich zu machen.






(A) )



(B) )


Bundesminister Wolfgang Tiefensee
Meine sehr verehrten Kollegen von der FDP, wir wer-
den mit diesem integrierten Konzern die Aufgaben der
nächsten 15 Jahre wesentlich besser erledigen als mit ei-
nem zerschlagenen Konzern. Sie wollen der Bevölke-
rung weismachen, dass eine Bahn, die sich in den nächs-
ten ein oder zwei Jahren mit sich selbst und ihrer
Zerlegung beschäftigt, effizienter, besser, wettbewerbs-
fähiger und kundenorientierter sei. Das kann nicht die
Lösung sein.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das ist eine Lachnummer!)


Ich nehme sehr gern zur Kenntnis, dass Sie eine andere
Lösung anstreben. Wir verfolgen in dieser Regierungs-
koalition den integrierten Konzern – 100 Prozent Netz
beim Bund –,


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das ist eben nicht beim Bund! Das ist bei der Bahn! Das ist ein Unterschied! Das haben Sie immer noch nicht begriffen!)


und wir verfolgen keine Zerschlagung der Güterver-
kehrs-, Personalverkehrs- und Logistikbranche.

Ich möchte daran erinnern: Diese Zerschlagung ist
von Anfang an Ihr Ziel gewesen. Dieses Ziel haben wir
von Anfang an nicht verfolgt.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das haben Sie 1993 mit beschlossen! Da waren Sie allerdings noch nicht im Bundestag! Das gebe ich zu!)


Die Motive Ihres Widerspruchs sind erkennbar.


(Beifall bei der SPD)


Herr Hermann, jetzt möchte ich auf Ihre Argumente
eingehen. Sie haben sehr wortreich von „Etiketten-
schwindel“ gesprochen und behauptet, alles das, was
vorliegen müsse, liege nicht vor. Ich versichere Ihnen:
Wir werden sehr schnell einen Beteiligungsvertrag vor-
legen. Im Antrag steht nämlich, dass er vorgelegt werden
muss.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das tröstet uns!)


Der Beteiligungsvertrag ist die Grundlage für die weite-
ren Schritte. Dieser Vertrag wird im Laufe der nächsten
Tage vorliegen.

Die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung ist ein
ganz entscheidendes Element dafür, dass wir die Fläche
bedienen, dass die Qualität erhalten bleibt.


(Enak Ferlemann [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


Die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung wird in
den nächsten Wochen - noch vor der Sommerpause –
vorgelegt.


(Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Seit März angekündigt!)


Sie wird mit den Ländern abgestimmt sein. Der Netzzu-
stands- und -entwicklungsbericht wird in den nächsten

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(C (D ochen – ebenfalls noch vor der Sommerpause – vorgeegt. (Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das hören wir seit drei Jahren!)


Wir werden in der Leistungs- und Finanzierungsver-
inbarung völlig neue Elemente verankern. Dort wird
ie Frage beantwortet: Wie können wir das Regionalnetz
n seinem Qualitätsparameter und die hohe Qualität des
ernnetzes erhalten? Wir werden Pönalen einführen. Es
ird Standards für die Bahnhöfe geben.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Die haben wir jetzt schon, die Standards! Die nützen nichts!)


s wird die Möglichkeit geben, dass wir nicht nur die
erwendung von Geldern, sondern auch die Erfüllung
er damit verbundenen Aufgaben – die Erreichung einer
ohen Qualität – kontrollieren. Wir werden also eine
anz neue Art und Weise der Finanzierung der Bahn
urch den Bund schaffen.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1616014200

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage der

ollegin Menzner von der Fraktion Die Linke, und ge-
tatten Sie danach eine Zwischenfrage des Kollegen
ermann von den Grünen?

Wolfgang Tiefensee, Bundesminister für Verkehr,
au und Stadtentwicklung:
Sehr gern.


Dorothee Menzner (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616014300

Herr Minister, ich höre, wir können jetzt mit einer

eistungs- und Finanzierungsvereinbarung und einem
etzzustandsbericht rechnen. Das wird mir, seit ich Mit-
lied des Bundestages bin, immer wieder erzählt. Sie ha-
en jetzt auch einen Zeitraum genannt. Ich möchte, dass
ie mir ein konkretes Datum nennen, bis zu dem wir die
eiden Papiere vorliegen haben, oder wenigstens hören,
b wir sie vor der Abstimmung und dem Beschluss über-
ächste Woche haben werden.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wolfgang Tiefensee, Bundesminister für Verkehr,
au und Stadtentwicklung:
Vielen Dank, Frau Menzner. – Der Bericht zum Netz-

ustand, der Netzzustands- und -entwicklungsbericht,
owie die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung
erden parallel verhandelt und sind nicht Grundlage
essen, was wir heute hier zu diskutieren haben.


(Lachen bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Bravo! Das sagt doch alles aus!)


eides läuft parallel. Der Netzzustandsbericht gibt Aus-
unft über das Netz, meine sehr verehrten Damen und
erren von der Linken.






(A) )



(B) )


Bundesminister Wolfgang Tiefensee

(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Deswegen heißt er Netzzustandsbericht! – Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So kann man sich auch um Kopf und Kragen reden!)


Ich bitte Sie, den Antrag zu lesen; denn darin steht, dass
das Netz – damit sind die Gleise, die Bahnhöfe, die En-
ergie- und die Telekommunikationsleitungen gemeint –
zu 100 Prozent im Eigentum des Bundes bleibt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das steht da nicht drin!)


Niemand kauft da die Katze im Sack bzw. im Netz, viel-
mehr bleibt die Infrastruktur beim Bund. Wir sorgen nun
erstmals dafür – ich kann nichts dafür, dass es länger ge-
dauert hat, dass es sich nämlich nun schon über zehn
Jahre hinzieht; wir haben uns in dieser Legislaturperiode
intensiv darum bemüht – –


(Lutz Heilmann [DIE LINKE]: Wann kommt der Bericht? Das war die Frage!)


– Dazu komme ich gleich, eine Sekunde.


(Zuruf von der LINKEN: Ich habe nicht so viel Zeit!)


– Sie haben nicht so viel Zeit, die Frage zu diskutieren?
Das tut mir leid. – Die Sorge um den Netzzustand bleibt
also eine Aufgabe des Bundes und der DB AG, die wir
vertraglich neu regeln werden. Vor der Sommerpause,
wie aus dem Ihnen vorliegenden Plan ersichtlich, wer-
den wir beide Dokumente vorlegen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/ CSU] – Dorothée Menzner [DIE LINKE]: Ich habe auch nach der Leistungsund Finanzierungsvereinbarung gefragt!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1616014400

Jetzt noch der Kollege Hermann.


Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1616014500

Herr Minister, Sie haben soeben gehört, dass uns

schon vielmals versprochen wurde, dass demnächst oder
bald oder in den nächsten Tagen der Netzzustandsbericht
bzw. die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung vor-
gelegt würden. Können Sie uns denn erklären, warum
das so lange dauert, warum die Vorlage immer wieder
verschoben werden musste, und warum es so schwierig
ist, an Daten eines Unternehmens heranzukommen, das
heute noch zu 100 Prozent dem Bund gehört?

Wolfgang Tiefensee, Bundesminister für Verkehr,
Bau und Stadtentwicklung:

Vielen Dank für die Frage, Herr Hermann. Das kann
ich Ihnen erklären. – Es ist ja ganz einfach, das Wort
„Netzzustands- und -entwicklungsbericht“ auszuspre-
chen; so gerät die Katze ganz schnell ins Netz. Viel
schwieriger ist es aber, Qualitätsparameter zu eruieren,
die auf 250 Meter Streckenlänge genau die Qualität des

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(C (D etzes und deren Entwicklungsmöglichkeiten beschreien, und zwar im Hinblick auf die planfestgestellten rößen. Das sind, wie Sie wissen, die Stundenkilometer, ie maximal auf einer Strecke gefahren werden dürfen, nd die geometrischen Parameter. Wir haben uns die ufgabe gestellt, nicht irgendeinen Bericht zu erstellen, o Streckenstücke von 10 Kilometern Länge gemäß hrem Zustand mit den Qualitätsparametern rot, rot-gelb, elb, gelb-grün oder grün versehen werden, sondern in iesem Bericht die Qualität von Streckenstücken von 50 Metern Länge zu definieren, um später mit der Leisungsund Finanzierungsvereinbarung auch für die Einaltung der vereinbarten Qualitätsparameter sorgen zu önnen. Das ist eine immense Aufgabe. Hierbei handelt es ich nicht um irgendein Gewurschtel oder ein Zeichnen it dem Filzstift. Das beauftragte Institut hat die Stre ken befahren, um so einen Bericht über den tatsächlihen Zustand und nicht über den gefühlten Zustand des etzes abgeben zu können. Genau das ist aber nicht so infach. Sie können mir glauben, Herr Hermann, ich ätte lieber vorgestern als heute diesen Bericht vorgeegt. Wir werden ihn aber vorlegen. Ich bin sicher, Sie erden damit zufrieden sein. (Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/ CSU] – Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das hören wir seit zwei Jahren! Und keiner glaubt es mehr! – Weiterer Zuruf der Abg. Renate Blank [CDU/CSU])


So viel zu den Berichten und den anderen Punkten,
ie angesprochen worden sind.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das, was
ir vorlegen, stellt keine Enteignung dar.


(Lutz Heilmann [DIE LINKE]: Doch!)


s handelt sich nicht um eine Zerschlagung und auch
icht um einen Etikettenschwindel,


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Allein das Wort „Zerschlagung“ ist ja schon eine Zumutung!)


eil wir wie kein zweites Land – das meine ich wirklich
ehr ernsthaft – die Deutsche Bahn AG auch in Relation
u ihren Wettbewerbern in den anderen EU-Mitglied-
taaten und ihren Wettbewerbern auf dem Logistikmarkt
m internationalen Maßstab


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das ist doch keine Staatsaufgabe!)


itmachen wollen, ohne unendlich weitere und zusätzli-
he Steuergelder aufwenden zu müssen und ohne uns in
en nächsten 10 bis 15 Jahren mit dem Auseinanderdivi-
ieren eines hochkomplexen Systems beschäftigen zu
üssen.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das kommt alles aus der Zentrale am Potsdamer Platz! Das habe ich schon einmal gehört!)







(A) )



(B) )


Bundesminister Wolfgang Tiefensee
Wir wollen privates Kapital für uns nutzbar machen, da-
mit Steuerzahler und Private dafür sorgen, dass dieses
Mobilitäts- und Logistikunternehmen für die Zukunft
gut aufgestellt ist.

Herr Friedrich, weil Sie jetzt zum siebten Mal dazwi-
schenrufen, darf ich noch einmal ganz klar sagen: Die
Deutsche Bahn AG hat im November 2005 einen völlig
anderen Vorschlag vorgelegt. Ich will es nicht hinneh-
men, dass der Bundestag bzw. die Bundesregierung stän-
dig als ein Anhängsel, als ein Gehilfe der Deutschen
Bahn denunziert werden, sondern ich möchte, dass Sie
die Fakten zur Kenntnis nehmen, dass das, was der
Bundestag und die Bundesregierung wollen, umgesetzt
wird. Das unterscheidet sich – lesen Sie es bitte nach;
Sie sind schon länger mit der Sache beschäftigt als ich –


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das ist Ihr Nachteil!)


fundamental von dem, was wir hier vorlegen. Unser
Konzept beinhaltet eine eigene tragfähige und zukunfts-
orientierte Lösung, die das Prädikat „Sehr gut“ verdient
und nicht das der Enteignung, der Zerschlagung und
schon gar nicht des Etikettenschwindels.


(Beifall bei der SPD – Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das ist Ihre ganz persönliche Meinung, die von niemandem geteilt wird!)


Ich lege Wert darauf, dass Sie zustimmen und dass
Sie damit der Bahn die Zukunft eröffnen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Nach der Rede garantiert nicht mehr!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1616014600

Das Wort hat nun Kollege Dirk Fischer, CDU/CSU-

Fraktion.


Dirk Fischer (CDU):
Rede ID: ID1616014700

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

In einem effizienten Gesamtverkehrssystem werden
moderne und leistungsfähige Bahnen dringend ge-
braucht. Deutschland braucht daher eine effiziente
Schieneninfrastruktur und starke Unternehmen, ganz be-
sonders eine erfolgreiche DB AG. Nach 15 Jahren Bahn-
reform hat sich dieses Unternehmen immer mehr zu ei-
nem modernen, leistungsfähigen und serviceorientierten
Unternehmen entwickelt. Die DB AG von heute ist nicht
mehr die Behördenbahn von gestern. Dies ist zum Vor-
teil der Fahrgäste und Kunden.

Kundenorientierung steht heute eindeutig im Vorder-
grund. Das muss verstärkt werden. Hier müssen wir
einen Trend zur Kenntnis nehmen und diesen fördern.
Wir müssen auch dazu beitragen, dass wir die Mitarbei-
ter bei der Veränderung ihrer Einstellung unterstützen.
Deswegen ist manchmal ein gutes Wort der Anregung
notwendig.

Die Bahn muss sich – das ist eine starke Herausforde-
rung dieser Jahre – auf eine Europäisierung des Eisen-

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(C (D ahnverkehrs einstellen. Schon seit Januar 2007 wurde er gesamte Schienengüterverkehr in der Europäischen nion liberalisiert. Das heißt, es kann jetzt wechselseitig renzüberschreitend gefahren werden. (Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das wollten wir doch alle!)


b 2010 erfolgt die Marktöffnung im grenzüberschrei-
enden Schienenpersonenfernverkehr. Die Eigenkapital-
asis und Investitionskraft der DB AG müssen gestärkt
erden, damit sie sich der zunehmenden Konkurrenz im

uropäischen Schienenverkehr erfolgreich stellen kann.
ngesichts der Beträge, mit denen die SNCF aus Frank-

eich versucht, in die Märkte anderer Staaten einzudrin-
en, um sich auch dort zu positionieren, wäre es sicher-
ich ein schwerer Fehler, wenn wir dem in Deutschland
atenlos zuschauen würden.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Deswegen – das sollte fraktionsübergreifend unser
nliegen sein – braucht die DB AG den Zugang zum
apitalmarkt. Die Teilprivatisierung der Deutschen
ahn ist nach meiner Überzeugung dafür der richtige
eg. Sie verschafft dem Unternehmen frisches Kapital,

m in Deutschland investieren und in Europa konkur-
enzfähig bleiben zu können.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Donnerwetter!)


Es ist nach meiner Meinung gut, dass das Eigentums-
icherungsmodell endgültig vom Tisch ist.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP sowie des Abg. Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


ieses Modell war mit zu vielen haushaltspolitischen
nd juristischen Risiken verbunden. Mit dem jetzt vor-
elegten Holdingmodell wird nach Auffassung meiner
raktion ein Schritt in die richtige Richtung gemacht.


(Enak Ferlemann [CDU/CSU]: So ist es!)


Ich fand es eindrucksvoll, wie sich insbesondere die
ollegen der FDP und der Grünen sehr tapfer bemüht
aben, heute die Rolle der Opposition wahrzunehmen,
bwohl eigentlich auch sie diese Denkrichtung verfol-
en.


(Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Die haben sich bemüht!)


Wir haben uns immer dafür engagiert – das war ein
emeinsames Vorgehen –, dass die Infrastruktur, das
eißt das Schienennetz, die Bahnhöfe und die Energie-
ersorgung, beim Staat bleibt, weil dies nun einmal die
ebensader einer wettbewerbsorientierten Volkswirt-
chaft ist.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Dann bleibt ihr bei der Bahn AG! Das ist das Problem!)


as entspricht der grundgesetzlichen und finanziellen
nfrastrukturverantwortung des Staates, der er sich gar






(A) )



(B) )


Dirk Fischer (Hamburg)

nicht entziehen kann. Das ist auch bei den Bundesfern-
straßen und Bundeswasserstraßen so geregelt.


(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist genau der Unterschied!)


Dass nur die Verkehrs- und Logistikgesellschaften
teilweise privatisiert werden, ist völlig richtig und, wie
ich denke, auch dringend notwendig. Ich nenne nur ein
Beispiel: Der Bund muss wahrlich nicht auf Dauer
Volleigentümer des größten deutschen und europäischen
Lkw-Unternehmens bleiben.


(Beifall des Abg. Patrick Döring [FDP])


Dies ist nach meiner Auffassung weder ordnungspoli-
tisch noch wirtschaftspolitisch sinnvoll, weil der Bund
dann ständig in Konkurrenz zu Privatunternehmen
stehen würde, die nicht den Vorteil einer faktisch staat-
lich garantierten Insolvenzfreiheit besitzen.

Gerne wäre natürlich meine Fraktion – dazu waren
wir bereit – weiter als 24,9 Prozent gegangen. Aber jeder
weiß, was Kompromisse so mit sich bringen. Ich denke,
mehr wäre aus wirtschaftlichen Gründen sinnvoller ge-
wesen; denn beim Erlös der Teilprivatisierung wird nun
sicher mit Abschlägen gerechnet werden müssen. Des-
halb können aus meiner Sicht die 24,9 Prozent lediglich
ein erster Schritt sein.

Es ist aber, wie ich finde, sehr richtig, schrittweise
vorzugehen. Das haben wir seinerzeit bei der Privatisie-
rung der Lufthansa nicht anders gemacht. Das war ein
Weg von 15 Jahren, bis das Aktienkapital von 85,4 Pro-
zent nicht mehr in öffentlicher Hand war. Auch damals
bestanden am Anfang viele Urängste der Personalvertre-
tung und der Mitarbeiter. Aber durch eine vernünftige
Entwicklung des Unternehmens, durch die Liberalisie-
rung des Marktes, übrigens auch durch die Entwicklung
der Börsenkurse – für den Finanzminister ist es ja immer
sehr spannend, wenn sie im Laufe der Jahre steigen – so-
wie durch das Mitnehmen der Mitarbeiterschaft des Un-
ternehmens in positivem Sinne war von den Ängsten am
Ende des Prozesses, 1997, als der Bund die restlichen
Aktien verkauft hat, nichts mehr zu hören. Deswegen
sollten wir auch in diesem Fall schrittweise und vernünf-
tig vorgehen und genau die logischen Schritte vollzie-
hen, die ich eben angesprochen habe.

Der Bund zieht sich durch die Teilprivatisierung nicht
aus der Daseinsvorsorge zurück. Er investiert jährlich
rund 3,6 Milliarden Euro in die Instandhaltung und den
Ausbau des Schienennetzes. Wir als Verkehrspolitiker
wünschen uns mehr. Gleichzeitig verzichtete der Bund
bisher trotz der Unternehmensgewinne der DB AG im-
mer auf die Ausschüttung einer Dividende. Auch die ge-
samten Trassenentgelte,


(Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 4 Milliarden Euro!)


quasi die Schienenmaut, jährlich etwa 4,3 Milliarden
Euro – das ist 1 Milliarde Euro mehr als bei der Lkw-
Maut –, bleiben Jahr für Jahr im Unternehmen.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Ja, warum denn?)


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(C (D as zeigt, dass wir in diesem Bereich große Verantworung gezeigt haben. Damit ermöglicht der Bund der B AG und ihren Mitbewerbern einen eigenwirtschaftli hen Fernverkehr. Im Nahverkehr gilt das Bestellerprinzip. Dort bestelen die Länder mit den vom Bund zur Verfügung gestellen Regionalisierungsmitteln von rund 7 Milliarden Euro ro Jahr Zugleistungen bei der DB Regio oder auch bei nderen Wettbewerbern, die nach Ausschreibung und ergabe zum Zuge kommen. Die Länder entscheiden lso, welche Strecken bedient werden, und niemand aners, auch nicht DB Regio. Wer das nicht begreift, hat ie ganze Bahnreform offenbar nicht begriffen. An dieem Prinzip wird auch weiterhin festgehalten. Niemand nders definiert die Daseinsvorsorge als die Länder, unerstützt von Mitteln aus dem Bundeshaushalt, nicht die arrier. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Die DB Regio muss sich daher auch in Zukunft an-
trengen, um bei den ausgeschriebenen Strecken den Zu-
chlag zu bekommen.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Es sei denn, der Kollege Beckmeyer ist verantwortlich!)


m Übrigen ist sie sinnvollerweise dabei, sich stärker im
uropäischen Markt, in Drittstaaten, zu positionieren.
as heißt, eine Europäisierung ist klar erkennbar.

Die Eisenbahninfrastrukturgesellschaften bleiben
eiterhin der DB AG Holding untergeordnet. Da an der
olding keine Investoren beteiligt werden, bleibt die In-

rastruktur wie bisher im 100-prozentigen mittelbaren
igentum des Bundes. Kein einziger privater Investor
rhält damit Zugriff auf die Infrastruktur.

Der konzerninterne Arbeitsmarkt bleibt erhalten. Das
st wichtig für die Arbeitsplatzsicherheit der rund
30 000 Beschäftigten. Wir wollen die Anliegen der Ar-
eitnehmer ernst nehmen. Dies sind wir den Arbeitneh-
ern schuldig, da sie über Jahre hinweg den erheblichen
roduktivitätsfortschritt des Unternehmens mit drasti-
chem Stellenabbau überhaupt erst ermöglicht haben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


ie Mitarbeiterzahl betrug 1994 355 000 und 2008
29 000. Ohne diese Entwicklung wäre die Produktivität
es Unternehmens nicht in die für ein Wirtschaftsunter-
ehmen notwendige Dimension vorgestoßen. Deswegen
aben wir gegenüber den Mitarbeitern eine gewisse Ver-
flichtung.

Die Vergangenheit hat gezeigt, dass Privatisierungen
n einem erheblichen Umfang zur Schaffung und Siche-
ung von Arbeitsplätzen beitragen können. Bestes Bei-
piel ist wiederum die Lufthansa. Aus dem defizitären
nternehmen, das damals Subventionen brauchte, ist
eute ein solides und prosperierendes Unternehmen ge-
orden. Allein seit 2004 hat die Lufthansa insgesamt
5 000 neue Arbeitsplätze geschaffen. Eine ähnliche
ntwicklung wünsche ich mir bei der DB AG und kann






(A) )



(B) )


Dirk Fischer (Hamburg)

sie mir auch sehr gut vorstellen, wenn wir in der richti-
gen Richtung weiterhandeln.

Ich komme zum Schluss. Die Teilprivatisierung
kommt den Bahnkunden zugute, entlastet die Steuerzah-
ler, stärkt das Eigenkapital des Unternehmens und
schafft die Voraussetzungen für ein Innovations- und In-
vestitionsprogramm, mit dem Kapazitätsengpässe besei-
tigt werden können. Außerdem trägt die Teilprivatisie-
rung zur Intensivierung von Lärmschutz, zur Sanierung
von Bahnhöfen und auch zur Entschuldung des Bundes-
haushaltes bei. Das ist völlig in Ordnung, weil die Schul-
den des Bundes unter anderem durch die Investitionen in
den Schienenverkehr entstanden sind. Daher muss ein
Teil des Geldes zurückfließen.

Dies ist insgesamt ein guter Weg, den wir unterstüt-
zen sollten. Nun muss es darum gehen, in einem zügigen
und sachgerechten Verfahren die dringenden Entschei-
dungen im Deutschen Bundestag zu treffen. Daran wol-
len wir engagiert mitwirken.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1616014800

Das Wort hat nun Uwe Beckmeyer, SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Uwe Beckmeyer (SPD):
Rede ID: ID1616014900

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Seitens der Oppositionsfraktionen ist hier einiges
behauptet worden, das in dieser Debatte noch richtig-
gestellt werden muss.

Ich möchte mit unserem Antrag, den wir beschließen
wollen, beginnen und seinen Inhalt verdeutlichen; denn
ich habe den Eindruck, dass er bei Ihnen als Zerrbild an-
gekommen ist.


(Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nur Versprechungen! Keine Umsetzung!)


– Herr Hermann, halten Sie es aus! Ich habe Ihre Rede
ebenfalls ausgehalten.


(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die war doch gut!)


Die Mehrheit in Deutschland und insbesondere die
großen Parteien wollen den integrierten Konzern
DB AG erhalten. Das heißt, 100 Prozent der DB AG
werden auch in Zukunft im Eigentum der Bundesrepu-
blik Deutschland sein. Das hat zur Konsequenz, dass wir
als Eigentümer für das Gesamtunternehmen die Verant-
wortung tragen. Es verändert sich also nichts.

Das Netz, der Energiebereich und die Bahnhöfe wer-
den auch in Zukunft zu 100 Prozent im Eigentum der
Bundesrepublik Deutschland bleiben. Ich sage deutlich:
Auch daran ändert sich nichts.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Sie sind im Eigentum der Deutschen Bahn, Herr Kollege! Das ist ein Unterschied! – Gegenruf von der SPD: Pst! – Gegenruf des Abg. Horst Friedrich – t n r M d u r m a m D e D s i s D D S t d d t c h V g t c m w E d u v 1 s F n D t (C (D [Bayreuth] [FDP]: Ich rede hier im Parlament! „Parlare“ kommt von reden und nicht von zuhören!)


Herr Friedrich, sind Sie fertig? – Gut.

Ich fahre mit meinen Ausführungen fort. Das bedeu-
et, es verändert sich auf diesem Felde nichts. All dieje-
igen, die vorher beklagt haben, dass es in diesem Be-
eich Enteignungen geben wird und dass damit hohe

illiardenbeträge Privaten in den Rachen geworfen wer-
en, haben unrecht.

Dann bleiben noch die Unternehmensteile Verkehrs-
nternehmen und Logistik, die zum Teil zur Privatisie-
ung anstehen. Wenn man genau hinschaut, dann sieht
an, dass 75,1 Prozent auch von diesen Unternehmen,

lso mehr als Dreiviertel, im Besitz der DB AG und da-
it des Bundes bleiben.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das ist ja das Problem!)


as Risiko, dass Dritte auf den Aufsichtsrat in irgend-
iner Form Einfluss nehmen können, geht gegen null.
as hat zur Konsequenz, dass auch alle aktienpoliti-

chen Instrumente, die wir brauchen, um Infrastruktur-
nvestitionen durchzuführen und Bahnpolitik durchzu-
etzen, voll und ganz in der Hand des Bundes und der
B AG bleiben.


(Beifall bei der SPD)


as hat zum Ergebnis, dass all Ihre Schwarzmalerei, die
ie in den Raum stellen, falsch ist.

Es geht darum, dass wir mit einer Beteiligung priva-
en Kapitals in Höhe von 24,9 Prozent einen Börsengang
es Verkehrsunternehmens organisieren wollen, um auf
iese Art und Weise privates Kapital für Verkehrsleis-
ungen, für Investitionen in die Infrastruktur, in die Stre-
ken und Bahnhöfe, und zu einem Teil für den Bundes-
aushalt zu mobilisieren. Darum geht es zurzeit. Die
orteile, die damit verbunden sind, sind so überwälti-
end gut und groß, dass man nur sagen kann: Diese Vor-
eile übersteigen alle Restbefürchtungen, die es mögli-
herweise gibt.

Was steht in dem vorliegenden Antrag? Darin steht,
it welcher Zielrichtung wir die Einnahmen verwenden
ollen. Diese Einnahmen sollen unter anderem zur
igenkapitalstärkung der DB AG verwendet werden, die
ies notwendig hat. Wenn man sich den Geschäftsbericht
nd die schmale Eigenkapitalbasis der DB AG,


(Patrick Döring [FDP]: Aufgabe des Eigentümers!)


erglichen mit den Schulden, die sie in den letzten
8 Jahren für Investitionen gemacht hat, anschaut, dann,
o denke ich, ist das vernünftig; denn damit werden die
inanzkraft und die Eigenkapitalausstattung eines Unter-
ehmens, das zu 100 Prozent der Bundesrepublik
eutschland gehört, gestärkt. Es ist gut so, dass wir das

un.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)







(A) )



(B) )


Uwe Beckmeyer
Der Finanzminister wird ein Drittel der Einnahmen
für seinen Haushalt bekommen. Vorhin ist gesagt wor-
den, wir finanzierten die DB AG ständig aus dem Haus-
halt, zum Beispiel 2,5 Milliarden Euro für die Infrastruk-
tur – Dirk Fischer hat auf die restlichen Größen
aufmerksam gemacht –, 7 Milliarden Euro für die Regio-
nalverkehre, womit die Länder ihren Regionalverkehr
bestellen können. An dieser Stelle muss man deutlich sa-
gen: Wir haben auch eine Verpflichtung dem Haushalt
gegenüber.

In Bezug auf das letzte Drittel wird ausdrücklich aus-
geführt, wofür wir es verwenden wollen: für Infrastruk-
turinvestitionen in das Netz, für Investitionen in den
Lärmschutz und für Investitionen in deutsche Bahnhöfe.
Es gibt 5 400 Bahnhöfe, und die sehen alle nicht so aus
wie der Hauptbahnhof in Berlin. Hier besteht teilweise
ein hoher Investitionsbedarf. Es ist richtig, dass wir hier
etwas tun; denn die Bahn muss ihr Gesicht gegenüber
dem Kunden in Zukunft verbessern.


(Beifall bei der SPD)


Insofern ist es ein richtiger Weg, den wir hier be-
schreiten. Er ist konsequent. Es besteht die Chance, dass
wir ihn kontrollieren können. Kollege Hermann hat vor-
hin von einer Entparlamentarisierung der Bahndebatte
gesprochen. Das ist eine völlig falsche Wahrnehmung.
Das Gegenteil tritt ein. Wir werden mit der vorgesehe-
nen Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung zum ers-
ten Mal ein Instrument haben, mit dem wir die Investi-
tionen, die wir mit unserem Geld finanzieren wollen,
tatsächlich kontrollieren können,


(Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Noch wissen wir nicht, wie es aussieht!)


und zwar aufgrund eines Netzzustandsberichtes und
nicht auf der Basis dessen, was vielleicht irgendwelche
Techniker aufschreiben. Dieser Bericht kann von den
Parlamentariern gelesen und verstanden werden, weil er
nachvollziehbar ist. Dieser Netzzustandsbericht versetzt
uns in die Lage, den Netzzustand und die Netzentwick-
lung zu steuern.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Wann?)


Das ist unsere Aufgabe. Daran wird zurzeit gearbeitet.
Wir werden ihn, wie es der Minister ausgedrückt hat, im
ersten Halbjahr dieses Jahres bekommen.


(Patrick Döring [FDP]: Trotzdem beschließen wir alles vorher?)


Ich denke, das ist wichtig.

Zu Herrn Gysi. Herr Gysi, Sie sind zwar kein Bahn-
fachmann. Aber ich fand Ihre Rede noch schlechter als
die von Lafontaine beim letzten Mal. Es war eine soge-
nannte Elendstheoretikerrede, bzw. sie war geprägt von,
wie ich neulich im Cicero gelesen habe, sozialistischen
Utopieleichen im Programmkeller. In diese Kategorie
fällt Ihre Rede zu dieser Frage.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


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(C (D azu kann man nur sagen: Populismus, der einzig auf motionen setzt und sich links gibt, aber rechts endet, ist icht unsere Sache. nsofern denke ich, die Politik und die Perspektive Ihrer artei werden bald nicht mehr links sein. Vielmehr weren Sie irgendwann auf der anderen Seite sitzen. Das ist as Ergebnis dessen, was Sie tun. (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Volker Schneider [Saarbrücken] [DIE LINKE]: Sehen Sie die betroffenen Gesichter der FDP?)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Ich möchte an dieser Stelle noch etwas zu der Perso-
alie Hansen sagen. Hansen ist keine Personalie, die
an einfach so abtut, wie Sie es getan haben. Wenn Sie

ich die deutsche Mitbestimmungslandschaft anschauen,
ann stellen Sie fest, dass es durchaus üblich ist, dass
ewerkschaftsfunktionäre auch in Arbeitsdirektoren-
ositionen sitzen. Das ist ein Element der betrieblichen
itbestimmung. Ich bitte Sie, das nicht zu diskreditie-

en, auch nicht im Hinblick auf die Person Hansen.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1616015000

Kollege Beckmeyer, gestatten Sie eine Zwischenfrage

es Kollegen Döring?


Uwe Beckmeyer (SPD):
Rede ID: ID1616015100

Herr Döring, bitte.


Patrick Döring (FDP):
Rede ID: ID1616015200

Herr Kollege Beckmeyer, herzlichen Dank. – Sind Sie

it mir der Meinung, dass es durchaus interessant ist,
enn um 12.36 Uhr die Meldung über den Ticker lief,
ass die Stelle eines Arbeitsdirektors geschaffen werden
oll und der Bewerber für diese Stelle schon jetzt von
einer derzeitigen Position zurücktritt und damit seine
ewerbung öffentlich macht? Vorstände werden nach
em deutschen Aktiengesetz eigentlich vom Aufsichtsrat
erufen. Dieser Aufsichtsrat, der zu 100 Prozent durch
om Bund bestellte Vertreter besetzt ist, hat heute, wenn
ch das richtig sehe, nicht getagt.


(Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schlafmützen!)


ind Sie nicht auch der Meinung, dass dieser Vorgang
urchaus interessant ist, wenn man weiß, dass hier um
4 Uhr eine Debatte zu diesem Thema beginnen soll?

Vielleicht können Sie mir eine weitere Frage beant-
orten: Wie viele Mitglieder der Arbeitsgruppe der SPD
erden als Zeichen der Dankbarkeit in Zukunft ebenfalls
ienst bei der Bahn tun?


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Uwe Beckmeyer (SPD):
Rede ID: ID1616015300

Herr Döring, an dieser Stelle will ich gar nichts dazu

agen, weil ich gar nichts dazu sagen kann. Ich bin nicht
ufsichtsratsmitglied. Ich bin weder bei der Bahn noch






(A) )



(B) )


Uwe Beckmeyer
in anderen Bereichen dafür verantwortlich. Das ist eine
Entwicklung, die ich gar nicht kenne. Gegenüber Presse-
vertretern, die mich gestern dazu befragt haben, habe ich
auch nichts sagen können. Mich hat keiner gefragt. Die
sozialdemokratische Fraktion hat damit nichts zu tun. Es
gibt Gremien, die davon betroffen sind.


(Patrick Döring [FDP]: Die nicht getagt haben!)


Es gibt einen Aufsichtsratsvorsitzenden und entspre-
chende Gremien. Das ist deren Entscheidung. Diese Ent-
scheidung hinterfrage ich momentan nicht.

Ich habe lediglich gegenüber Herrn Gysi zum Aus-
druck bringen wollen – ich glaube, das ist auch gelungen –,
dass man in diesem Umstand insofern nichts Spektakulä-
res erblicken kann, als Gewerkschaftsleute im Rahmen
der paritätischen Mitbestimmung schon heute in deut-
schen Unternehmen mitarbeiten. Ich kenne viele davon
und kann sagen, dass sie einen sehr guten Job machen;
auch das muss einmal deutlich gesagt werden.


(Beifall bei der SPD – Patrick Döring [FDP]: Aber nach Beschlüssen der Gremien und nicht durch Selbstberufung!)


Ich habe an dieser Stelle noch etwas hinzuzufügen.
Vorhin ist zum Ausdruck gebracht worden, dass wir eine
Bahnreform durchführen, die unparlamentarisch ist, die
am Ende zu einer Enteignung führen wird, die dazu füh-
ren wird, dass Monopolisten etwas zugeschustert wird
oder das sogenannte böse Kapital Zugang zu dem be-
kommt, was wir „unsere Bahn“ nennen. Am Ende des
Tages werden wir eine Deutsche Bahn haben, die über
eine bessere Eigenkapitalbasis verfügt. Wir werden ein
Netz in Deutschland haben, das durch zusätzliche Inves-
titionen besser wird, wodurch logistische Transportleis-
tungen noch effizienter durchgeführt werden können.
Wir werden auf bestimmten Streckenabschnitten endlich
die Investitionen bekommen, die absolut notwendig
sind. Letztendlich werden wir in Sachen Wettbewerb et-
was hinzufügen, was von einigen in diesem Hause bisher
vermisst wurde.

Insofern meine ich: Schwarzmalerei taugt nichts. Am
Ende werden wir ein vorzeigbares unternehmerisches
Ergebnis haben. Das Ergebnis als solches zählt: mehr
Eigenkapital, bessere Schieneninfrastruktur, bessere
Bahnhöfe und mehr Lärmschutz an deutschen Schienen.
Die Infrastruktureinrichtung Deutsche Bahn, die schon
jetzt zu den besten der Welt gehört, wird am Ende noch
effizienter, noch kundenfreundlicher und damit logis-
tisch noch interessanter als in der Vergangenheit sein.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1616015400

Ich erteile das Wort nun Kollegen Enak Ferlemann,

CDU/CSU-Fraktion.

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(C (D Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und erren! Vor etwa einem halben Jahr habe ich von der leichen Stelle aus zum Thema Bahnreform gesprochen. amals ist ein Gesetzentwurf in den Deutschen Bundes ag eingebracht worden. Ich habe unter anderem ausgeührt, dass wir alle möglichen Modelle und Varianten och einmal in die Diskussion einbeziehen werden. Der orschlag stammte von der Regierung bzw. vom Minis erium. Wir haben damals gesagt: Die Parlamentarier erden letztlich entscheiden; denn die Bahn ist eine Par amentsbahn und keine Regierungsbahn. (Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber Sie haben den Vorstand beteiligt!)

Enak Ferlemann (CDU):
Rede ID: ID1616015500

Ja, sehen Sie einmal.

Heute stehe ich sehr erfreut hier, weil wir einen guten
ag für Deutschland haben, nicht nur, weil draußen wun-
erschönes Wetter ist,


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Weil Herr Hansen Arbeitsdirektor wird!)


ondern auch, weil wir eine sehr vernünftige Bahnre-
orm bekommen. Es ist ein sehr gutes Modell. Das sage
ch nicht nur deshalb, weil wir an dem Modell hart gear-
eitet haben, sondern auch in der Funktion als Vorsitzen-
er des Unterausschusses Eisenbahninfrastruktur.

Es gab bei der Diskussion viele Irrungen und Wirrun-
en – das ist hier von einigen Rednern angesprochen
orden –, aber es gab immer Kolleginnen und Kollegen,
ie eine klare ordnungspolitische Orientierung gehalten
aben. Ich möchte als Erstes sagen: Ich bin meiner Frak-
ion außerordentlich dankbar,


(Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Das sind wir!)


nsbesondere den Verkehrspolitikern, dass sie immer
iese Linie gehalten haben, auch wenn es manchmal hart
mstritten war. Ich bin der Bundeskanzlerin und dem
undesfinanzminister sehr dankbar dafür,


(Lachen und Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Donnerwetter!)


ass auch sie letztlich diese ordnungspolitische Linie ge-
alten haben. Ich darf an dieser Stelle auch den Kollegen
laas Hübner besonders erwähnen, für den es mit dem
rdnungspolitischen Ansatz vielleicht nicht immer ein-
ach war, hier für Mehrheiten zu sorgen. Aber es ist eine
ute Bahnreform dabei herausgekommen.

Wir haben zwei wesentliche Essentials, die denjeni-
en wichtig sind, die ein solches Modell wie das, das
etzt umgesetzt wird, möchten: eine klare Trennung von
etz und Betrieb sowie einen staatlichen Teil und einen

eilprivatisierten Teil.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Ich denke, wir haben einen integrierten Konzern!)


ch will Ihnen eines sagen: Ich finde auch den integrier-
en Konzern gut. Denn der integrierte Konzern sorgt da-
ür, dass wir im Übergang zu einer solchen Trennung






(A) )



(B) )


Enak Ferlemann
keine Schwächen im europäischen Wettbewerb zeigen,
sondern einen sehr gut aufgestellten Konzern haben, der
die Bahn betreiben kann.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Ich glaube, es gibt orientiert an dem Modell von 1994
sehr viele Gewinner der Bahnreform; aber es gibt auch
Verlierer. Einer sitzt dort vorne: Herr Gysi. Er hat über-
haupt nicht begriffen, worum es geht.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Er hat gesagt, dass er von Bahnpolitik nichts versteht.
Das hat er hier bewiesen; das kann man nicht anders sa-
gen. Aber dass es mit der Mathematik bei Ihnen auch
nicht klappt, habe ich vorher nicht gewusst.

Kollege Hermann, Ihre Rechnung müssen Sie mir
noch einmal vormachen: Die Hälfte von der Hälfte ist
ein Achtel vom Ganzen.


(Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein Viertel von der Hälfte!)


So etwas haben wir überhaupt nicht vorgesehen. Ich
weiß gar nicht, wie Sie auf solche Zahlen kommen.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Er hat „ein Viertel von der Hälfte“ gesagt! Das ist ein Unterschied!)


Wenn wir unseren Antrag beraten, werden wir in Ruhe
klären können, was es mit Ihrer eigentümlichen Mathe-
matik auf sich hat.

Die Bahnreform hat viele Gewinner. Sie sorgt dafür,
dass die DB Kapital für das Wachstum bekommt. Sie
sorgt dafür, dass das Schienennetz ausgebaut werden
kann; die Seehhafenhinterlandanbindungen sind erwähnt
worden. Die Nutzer bekommen einen diskriminierungs-
freien Wettbewerb. Hier wird im Übrigen die Bundesnetz-
agentur ihre erfolgreiche Arbeit fortführen können. Der
Bundeshaushalt bekommt für die Konsolidierung einen
Teil der Erlöse der Privatisierung. Wir bekommen eine
Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung, durch die
wir Steuerungselemente erhalten, die wir als Parlamenta-
rier so noch nie hatten. Die Bundesländer haben eine
klare Haltung zur Infrastrukturverantwortung des Bun-
des. Die Kunden bekommen durch mehr Wettbewerb
mehr Leistung für das gleiche Geld, bessere und neue
Angebote im Regional- und Fernverkehr sowie im Gü-
terverkehr.

Dass auch der Transnet-Chef seit heute zu einem gro-
ßen Gewinner der Bahnreform zählt, wussten wir vorher
so nicht. Ich halte den Zeitpunkt der Ankündigung in der
Tat für geschmacklos; da gebe ich Kollegen Döring
recht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Das ist außerordentlich unsensibel. So sollte man mit ei-
nem Parlament nicht umgehen. Das wird im Aufsichtsrat
sicherlich für große Diskussionen sorgen.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das glaube ich nicht! Das wäre das erste Mal!)


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(C (D Was steht in den nächsten Wochen und Monaten an? ie Teilprivatisierung müssen wir durch einen Bundes agsbeschluss in 14 Tagen absichern. Wir brauchen die eistungsund Finanzierungsvereinbarung, Herr Minis er, um die Rechte, die wir haben wollen, festzuschreien. Der Netzzustandsbericht ist angesprochen worden. ir müssen die Regulierung weiter ausbauen; Kollege ermann, da sind wir gleicher Meinung. Die Anreizreulierung für die Netzbetriebe muss kommen; hier waret noch ein großes Stück Arbeit auf uns. Wir müssen seen, wo die Erlöse aus der Kapitalprivatisierung bleiben. ch möchte gerne einen Nachweis für die Verwendung er Mittel haben, die für die Infrastruktur ausgegeben erden, damit wir nachher nicht erleben, dass die Mittel icht so verwendet worden sind, wie wir es wollten. iese Maßnahmen werden wir in den nächsten Wochen nd Monaten umsetzen müssen. Ich stelle fest: Die Bahnreform wird ein sehr großer rfolg. Wir sollten gemeinsam an der Umsetzung dieser eform für ein zukunftssicheres, umweltfreundliches nd kundenfreundliches Eisenbahnsystem in Deutschand arbeiten. Herzlichen Dank. Ich schließe die Aussprache. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf en Drucksachen 16/9070, 16/8774 und 16/9071 an die n der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgechlagen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der all. Dann sind die Überweisungen so beschlossen. Ich rufe nun die Tagesordnungspunkte 5 a und 5 b uf: a)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1616015600
nen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten
Entwurfs eines Gesetzes zur Rentenanpassung
2008

– Drucksache 16/8744 –

– Beschlussempfehlung und Bericht des Aus-
schusses für Arbeit und Soziales

(11. Ausschuss)


– Drucksache 16/9100 –

Berichterstattung
Abgeordneter Anton Schaaf


(8. Ausschuss)


– Drucksache 16/9108 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Hans-Joachim Fuchtel
Waltraud Lehn
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Gesine Lötzsch
Alexander Bonde






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse
b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Volker
Schneider (Saarbrücken), Klaus Ernst, Dr. Lothar
Bisky, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
DIE LINKE

Rente um vier Prozent erhöhen – Dämpfungs-
faktoren abschaffen
– Drucksache 16/9068 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Haushaltsausschuss

Zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU
und der SPD liegt ein Entschließungsantrag der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen vor.

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich
höre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Damit eröffne ich die Aussprache und erteile dem
Parlamentarischen Staatssekretär Klaus Brandner das
Wort.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU])


K
Klaus Brandner (SPD):
Rede ID: ID1616015700


Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen!
Liebe Kollegen! Ich mute Ihnen heute etwas Goethe zu.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Aha! So ist das also! Wenn man nicht mehr weiter weiß, muss man Goethe zitieren!)


Denn ich habe den Eindruck, es tut gut, diese Debatte
mit ein wenig Geist zu bereichern. Goethe formulierte in
seinen „Maximen und Reflexionen“ den goldenen Satz:

Alle Gesetze sind Versuche, sich den Absichten der
moralischen Weltordnung im Welt- und Lebens-
laufe zu nähern.

Ich will jetzt keine höhere Moralität bemühen. Was
den vorliegenden Gesetzentwurf angeht, möchte ich al-
lerdings für uns in Anspruch nehmen, dass wir uns an-
strengen, das Richtige zu tun, und dabei auch die Reali-
tät und den Lauf von Welt und Leben berücksichtigen.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Stets bemüht, aber nie erreicht! – Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sitzengeblieben!)


– Ja, wir sind stets bemüht. Wir sind dabei aber auch er-
folgreich. Das unterscheidet uns vielleicht voneinander.


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Sie werden sitzenbleiben, Herr Brandner!)


Genau das ist es, was wir mit dem Rentenanpassungs-
gesetz 2008 machen. Wir sind nicht stur und ignorieren
nicht, dass sich die Dinge ändern und dass neue Ge-

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(C (D ichtspunkte hinzukommen, die zu berücksichtigen sind; as haben wir auch getan, als wir die Rentenreform anepackt haben. Jetzt haben wir dafür gesorgt, dass unser lterssicherungssystem zukunftsfest ist und dass es be astbar und finanzierbar bleibt. (Lachen des Abg. Oskar Lafontaine [DIE LINKE])


Viele internationale Experten würdigen unsere Re-
orm als nachhaltig und zukunftsweisend; ich glaube,
as wurde auch in der Anhörung eindruckvoll unterstri-
hen. Wir nehmen aber auch die Realität zur Kenntnis.
ine gute Entwicklung bei Wachstum und Beschäfti-
ung beeinflusst die zukünftige Entwicklung der Ren-
enkassen positiv. Die Dividende dieses Reformerfolgs
leibt vielen Menschen aber noch vorenthalten.

Darum handeln wir, wie Bundesarbeits- und -sozial-
inister Olaf Scholz gesagt hat, prinzipienfest, nicht

ber als Prinzipienreiter. Wir setzen unsere solidarische
nd nachhaltige Rentenpolitik mit der Rentenanpassung
008 fort, indem wir dafür sorgen, dass der Aufschwung
uch die Rentnerinnen und Rentner erreicht. Eine Erhö-
ung der Renten um 1,1 Prozent ist zwar kein großer
prung, aber ein verantwortbarer Schritt. Diese Erhö-
ung ist vor dem Hintergrund dreier Nullrunden und ei-
er nur kleinen Erhöhung im vergangenen Jahr ein kla-
es Signal. Gleichzeitig halten wir an dem Ziel fest, zu
ewährleisten, dass der Beitragssatz zur gesetzlichen
entenversicherung bis 2020 die Marke von 20 Prozent
icht übersteigen wird.

Wir nebeln aber keinen Rauch auf und werfen auch
eine Windmaschinen an, wie es andere tun, zum Bei-
piel einige Landesarbeits- und -sozialminister und sogar
in Ministerpräsident, die beim Thema Rente auf große
ufregung setzen, am Ende aber ohne etwas Handfestes
astehen werden.


(Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Was soll das denn jetzt, Klaus? Bis eben war noch alles gut! – Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Da sollte man mal einen Arbeitskreis bilden! – Volker Schneider [Saarbrücken] [DIE LINKE]: Genau! Dieser Ministerpräsident ist immerhin der bekannteste Sozialdemokrat in Nordrhein-Westfalen!)


Wer sich diesen Schuh anzieht, der muss ihn sich auch
usgesucht haben; das ist doch völlig klar. Man stellt
anchmal Schuhe hin. Wenn sie genutzt werden, weiß
an, wer zu wem gehört. Schönen Dank für diesen Hin-
eis!

Zurück zum Thema. Der vorliegende Gesetzentwurf
st handwerklich sauber und, wie ich finde, klar nach-
ollziehbar. Bei der Anpassung der Renten, die über
ehrere Jahre verteilt durchgeführt wird, haben wir auch

ie zusätzliche Altersvorsorge berücksichtigt, die wir al-
en jüngeren Beitragszahlern ausdrücklich nahelegen.
as steht noch viermal an, und dann ist dieser Faktor er-

edigt. Jetzt verschieben wir das um zwei Jahre und er-
öglichen damit eine Rentenerhöhung um 1,1 Prozent.
ie beiden ausgesetzten Stufen der Riester-Treppe wer-
en wir in den Jahren 2012 und 2013 nachholen.






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Klaus Brandner

(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, ja! Heute bestellen und morgen bezahlen! – Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Dass ich nicht lache!)


Dadurch werden die Beitragssatzziele erreicht, und die
Rentenfinanzen bleiben stabil.

Ich möchte ehrlich und gerne allen, die jetzt noch
nicht überzeugt sind, zugestehen, dass sie ebenfalls nach
einer goldenen Regel von Goethe handeln, die da lautet:

Man sollte wirklich nicht alles mit sich selbst verar-
beiten, sondern manchmal eine kleine Beschwerde
führen, damit man so freundlich zurechtgewiesen
und … aufgeklärt würde.

Ich gehe also gerne auf einige Beschwerden – oder
nennen wir es Gegenargumente – ein, die in den vergan-
genen Wochen vorgebracht wurden. Da ist zum einen die
Frage, warum trotz des deutlichen Aufschwungs die
Rentenanhebung hinter der Preissteigerung zurückbleibt.
Natürlich liegt das vordergründig schlichtweg daran,
dass bei der Rentenentwicklung grundsätzlich kein Infla-
tionsausgleich garantiert ist; denn die Rente ist eine
Lohnersatzleistung, die direkt an die Entwicklung der
Löhne gekoppelt ist. Die Renten können daher nicht
stärker als die Löhne steigen. Das wäre ungerecht; die
Beitragszahler würden klar benachteiligt.

Zum anderen beobachten wir eine lang bekannte Rei-
henfolge: Bei jedem Aufschwung steigt zunächst die
Zahl der Beschäftigten, erst danach steigen die Löhne.
Was die Beschäftigung angeht, verzeichnen wir große
Erfolge. Das hat zu einer deutlich größeren Zahl von
Beitragszahlern geführt.


(Oskar Lafontaine [DIE LINKE]: Lebt ihr auf dem Mond oder wo lebt ihr?)


– Sie wollen doch wohl nicht die Zahlen infrage stellen.


(Oskar Lafontaine [DIE LINKE]: Die muss man kennen!)


– Die Zahlen muss man kennen. Exakt. Man muss sie
nicht nur lesen, sondern auch bewerten können und ver-
stehen, dass die Beschäftigung – das ist heute dargestellt
worden – erheblich steigt,


(Oskar Lafontaine [DIE LINKE]: Leiharbeit! Sinkende Löhne! Minijobs! 1-Euro-Jobs!)


und zwar nicht nur im Bereich geringfügiger Beschäfti-
gungen, sondern auch im Bereich der voll sozialversi-
cherungspflichtigen Beschäftigung.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Die jüngsten Tarifabschlüsse geben uns Grund zur
Annahme, dass es in den kommenden Jahren größere
Rentenanhebungen geben wird. Die Daten, die bis jetzt
bekannt sind, können uns durchweg optimistisch stim-
men. Darum ist es genau der richtige Schritt, jetzt die
Riester-Treppe auszusetzen. Bei einer weiterhin positi-
ven Beschäftigungs- und Lohnentwicklung werden in
den kommenden Jahren weitere Anhebungen folgen.
Wenn wir 2012 und 2013 die Riester-Treppe nachholen,
werden wir aufgrund anderer Faktoren, die dann wirken


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(C (D zum Beispiel eine zu erwartende Absenkung des Beiragssatzes –, trotz der Dämpfungswirkung höhere Renen erreichen. Die andere große Frage ist die nach der Finanzierung. unächst zwei klare Antworten: Ja, es stimmt, dass es ie Verschiebung bei der Riester-Treppe nicht zum ulltarif gibt. Die Tarife, also die Beiträge, werden ber – anders als manche vollmundig behauptet haben – icht erhöht. (Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Sie werden aber auch nicht wie beschlossen reduziert!)


Da ist ein großer Unterschied. Es wurde immer so dar-
estellt, als käme es zu einer riesigen Beitragssatzerhö-
ung. – Nein, richtig ist, dass die Beitragssatzsenkung
eringfügig verschoben wird. Ich glaube, das ist im Inte-
esse der Rentnerinnen und Rentner sowie der Beschäf-
igten in diesem Land. Die Rentenversicherung wird
icht dauerhaft belastet, weil wir nicht aussetzen, son-
ern nur verschieben. Wir produzieren keine Defizite,
nd trotzdem kann es in der nächsten Dekade zu deutli-
hen Beitragssatzsenkungen kommen.

Ja, auch das stimmt: Der Bundeshaushalt wird sowohl
urch den Bundeszuschuss zur Rentenversicherung als
uch durch andere Sozialleistungen wie zum Beispiel die
rbeitslosengeld-II-Leistungen belastet. Wir nehmen
urzfristige Mehrausgaben bewusst in Kauf, weil die
ute wirtschaftliche Entwicklung Spielräume schafft, die
ir nutzen wollen, und weil dadurch Kaufkraft auch bei
enen entsteht, die es bitter nötig haben, nämlich den
mpfängern von Grundsicherung und Sozialgeld. Un-
ere Binnenkonjunktur kann diese zusätzliche Kaufkraft
ut gebrauchen; denn sie kann den weiteren Auf-
chwung tragen. Wir werden die Finanzierung im Bun-
eshaushalt innerhalb des bisher geplanten Rahmens si-
herstellen; dabei schafft die gute Entwicklung Raum.

Alles in allem möchte ich zusammenfassen: Wir han-
eln prinzipientreu und mit offenen Augen für die Welt
nd das wirkliche Leben. Es handelt sich also im
oethe’schen Sinne um ein gutes Gesetz. Zum Schluss
öchte ich sagen, dass wir ein wesentliches Ziel nicht

us den Augen verlieren dürfen: Am Ende müssen wir
afür sorgen, dass sich die Löhne in diesem Land besser
ntwickeln; denn gute und faire Löhne sind der beste
arant für ordentliche Renten.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


eshalb wird es in vielen Fällen notwendig sein, dass
ir als Gesetzgeber eingreifen und mit dafür sorgen,
ass faire Löhne die beste Grundlage für eine gute so-
iale Sicherung in diesem Land darstellen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1616015800

Das Wort hat nun Kollege Heinrich Kolb für die FDP-

raktion.


(Beifall bei der FDP)







(A) )



(B) )


Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1616015900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der

Kollege Brauksiepe hat heute Morgen in der Debatte
über die Verlängerung der Altersteilzeit erklärt, die
Union treffe ihre Entscheidungen nicht mit Blick auf
Wahltermine.


(Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: So ist das!)


Dazu ist zweierlei zu sagen: Erstens. Es ist zu hoffen,
dass die Union zu ihrer Ablehnung einer erneuten Ver-
längerung der Altersteilzeit steht.


(Max Straubinger [CDU/CSU]: Wir stehen dazu!)


Zweitens. Es ist zu hoffen, dass diese Bemerkung mit
Blick auf die aufgehübschte Rentenanpassung nicht gilt.
Auch nach den Beratungen im Ausschuss bleibt es da-
bei: Die mit dem Gesetz zur Rentenanpassung 2008 er-
folgende Manipulation an der Rentenformel ist rein
wahltaktisch bedingt.


(Beifall bei der FDP – Zuruf von der CDU/ CSU: Völlig falsch!)


Die Koalition hat im Vorwahljahr Bauchschmerzen,
mit der sich aus der Rentenformel ergebenden Erhöhung
von 0,46 Prozent vor die Rentner zu treten. Vielleicht
hatten einige auch schon das zu Beginn der Woche be-
kannt gewordene Projekt einer neuerlichen Diätenerhö-
hung vor Augen, als sie bei der Höhe der Rentenanpas-
sung Handlungsbedarf entdeckten. Dass das Ganze der
Koalition nach der vernichtenden Kritik von Presse und
Wissenschaft eher peinlich ist, zeigt sich daran, dass
über den Entwurf eines Gesetzes zur Rentenanpassung
2008 nur eine Dreiviertelstunde und am Nachmittag de-
battiert wird. Es hätte uns gut angestanden, wenn wir uns
dafür mehr Zeit genommen hätten.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir kritisieren die Koalition, weil sie mit ihrem Ge-
setzentwurf ohne Not die in der gesetzlichen Rentenver-
sicherung durch die Reformen der Vergangenheit er-
reichte Nachhaltigkeit infrage stellt.


(Max Straubinger [CDU/CSU]: Stimmt nicht!)


Man kann es auch so sagen: Mit dem Gesetz zur
Rentenanpassung 2008 löst die Koalition ein Problem,
das es ohne das gesetzgeberische Handeln ihrer Regie-
rung nicht gegeben hätte.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das ist doch in der Anhörung gesagt worden – Frau
Schewe-Gerigk, Sie werden mir zustimmen –: Wenn die
Regierung die Rentenbeiträge für ALG-II-Empfänger
nicht gesenkt hätte, wenn die Regierung nicht ohne Not
den Rentenbeitrag erhöht hätte, wäre bereits nach der be-
stehenden Rentenformel rein rechnerisch eine Erhöhung
von etwa 0,9 Prozent herausgekommen.

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(C (D (Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Heißt das, wir sollen mehr Geld für ALG II in den Haushalt stellen?)


ie lösen also ein Problem, das es ohne Ihr Tun nicht ge-
eben hätte.

Die Entlastung ist, was den Weg angeht, nicht ohne
lternativen. Es gibt andere Möglichkeiten, die Rentner

u entlasten; man muss nicht zwingend an der Renten-
ormel, die auf Langfristigkeit, Verlässlichkeit angelegt
st, herumbasteln.

Herr Präsident, der Kollege Niebel möchte eine Zwi-
chenfrage stellen.


(Lachen bei der CDU/CSU und der SPD – Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Wie lange habt ihr die Nummer denn geübt?)


Das ist unvorbereitet.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1616016000

Ich freue mich immer über gutes Zusammenspiel in

iner Fraktion. Herr Kollege, Sie haben die Gelegenheit
ur Zwischenfrage.


(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Hat Herr Kolb sich selber in der Fraktionssitzung eine Frage nicht beantwortet?)



Dr. h.c. Dirk Niebel (FDP):
Rede ID: ID1616016100

Der Kollege Kolb und ich gehören einer Fraktion an,

ie durchaus wissbegierig, lernfähig und lernwillig ist.
eswegen hat mich die Rede des Kollegen Kolb zu einer
rage animiert.

Der Kollege Kolb hat im Zusammenhang mit der
entenformel den Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit an-
esprochen. Ich würde gern wissen: Wenn die Koalition
etzt aus tagespolitischen Gründen von der Rentenformel
bgeht und bei der Rentenerhöhung würfelt, damit es
ehr wird für die Rentner – zwar nur wenig mehr,
Euro im Durchschnitt –, kann denn die Koalition mit
icherheit ausschließen, dass, wenn das nächste Mal ge-
ürfelt wird, die Rente außerhalb der Formel gesenkt
ird?


(Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Was soll er denn dazu sagen?)



Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1616016200

Dazu will ich erstens sagen: Diese Frage ist nicht vor-

ereitet; sie ist ohne Netz und doppelten Boden.


(Lachen bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Zweitens will ich sagen: Fragen von Kollegen aus der
igenen Fraktion sind immer die gefährlichsten.

Drittens will ich dazu sagen: Ich weiß nicht, welche
ahlen sich noch auf dem Würfel befinden. Aber natür-

ich ist richtig: Jetzt kommt bei diesem Spiel – ein
lücksspiel aus Sicht der Rentner – eine Erhöhung he-

aus. Doch wenn man Manipulationen Tür und Tor öff-






(A) )



(B) )


Dr. Heinrich L. Kolb
net, kann es eines Tages ohne Weiteres zu einer Absen-
kung der Renten kommen. Das ist genau das Problem.


(Beifall des Abg. Daniel Bahr [Münster] [FDP] – Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Wiederholen Sie Ihren Vorschlag! Sie wollen doch Schecks verschicken!)


Herr Präsident, auch der Kollege Weiß möchte eine
nicht abgesprochene Zwischenfrage stellen.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1616016300

Ich bin ja beruhigt, dass Sie das so betonen; sonst

könnte ich meinen Posten gleich verlassen, und Sie re-
geln das dann untereinander.


(Heiterkeit)


Herr Kollege Weiß, ergreifen Sie das Wort.


Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1616016400

Herr Kollege Kolb, bevor Sie sich in weiteren Re-

chenbeispielen à la Niebel vergaloppieren,


(Dirk Niebel [FDP]: Ich habe gar nicht gerechnet!)


möchte ich Sie fragen: Erinnere ich mich richtig, dass
Sie in mehreren Plenardebatten des Deutschen Bundes-
tages und in mehreren Ausschusssitzungen immer wie-
der gerügt haben, dass es im Jahr 2006 einzig und allein
durch die noch von der rot-grünen Koalition beschlos-
sene Vorfälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge, also
durch das Einkassieren von insgesamt 13 Monatseinnah-
men für die Rentenversicherung als einen Zweig der So-
zialversicherung –, möglich war, dass die Ausgaben der
Rentenversicherung durch die Einnahmen gedeckt wur-
den?


Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1616016500

Ich weiß, worauf Sie hinauswollen. Sie können sich

kürzer fassen.


Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1616016600

Konsequenterweise – Sie kritisieren die Vorfälligkeit

immer wieder – hat die FDP also bereits zum
1. Januar 2006 eine Erhöhung des Rentenversicherungs-
beitrages für notwendig erachtet. Ist das richtig?


Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1616016700

Das ist vollkommen falsch.


(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Das ist falsch?)


– Das ist vollkommen falsch. Das habe ich Ihnen damals
auch schon erklärt.


(Rainer Brüderle [FDP]: Lass dir Zeit!)


Sie müssen einfach die sozialpolitischen Verschiebe-
bahnhöfe betrachten, für die Sie verantwortlich sind. Im
letzten Jahr wurde der Rentenversicherungsbeitrag für
die Empfänger von ALG II halbiert. In der Rentenkasse
fehlten plötzlich 2 Milliarden Euro, die vorher da waren.
Das hat übrigens auch die Konsequenz, dass die Emp-

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(C (D änger von ALG II für ein Jahr der Langzeitarbeitslosigeit deutlich niedrigere Rentenansprüche erwerben, ämlich nur noch halb so hohe. Solche Verschiebebahnöfe haben Sie zuhauf. Ich behaupte sogar, dass Sie mitterweile wie bei einem Hütchenspieler ein bisschen den berblick verloren haben, weil Sie die Dinge immer dort inschieben, wo sich gerade das Geld befindet. (Dirk Niebel [FDP]: Er sieht auch so aus wie einer!)


Tatsache ist, dass die jetzige Situation der Rentenver-
icherung, die Sie offensichtlich zu allerlei Großzügig-
eit verleitet, dem Vorziehen der Fälligkeit der Sozial-
ersicherungsbeiträge geschuldet ist. Das ist so.

Herr Weiß, Sie machen einen Denkfehler. Wenn aus
nserer Sicht eine Erhöhung notwendig gewesen wäre,
ann müsste das Geld heute weg sein. Das Geld ist aber
och da.


(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Nein, zu der Zeit war eine Erhöhung notwendig!)


ch versuche ja immer wieder, Ihnen das zu erklären.
006 hatte die Rentenkasse einen Bestand von etwa
,2 Milliarden Euro. Das war die sogenannte Nachhal-
igkeitsrücklage. Jetzt sind es etwas über 11 Milliarden
uro. Das Aufkommen aus dem Vorziehen der Fälligkeit
er Sozialversicherungsbeiträge beträgt etwa 10 Milliar-
en Euro.

Ich habe immer versucht, Ihnen und auch dem Kolle-
en Brauksiepe das zu erklären. Angenommen, ich gebe
hnen heute einen 500-Euro-Schein – mittlerweile wis-
en wir, dass es keine 1000-Euro-Scheine gibt –, Sie ste-
ken ihn in Ihr Portemonnaie, vereinnahmen weiterhin
hre Bezüge bzw. Ihr Gehalt und tätigen Ihre Ausgaben
ür Miete usw. Wenn der 500-Euro-Schein am Ende im-
er noch da ist, dann ist das der Beweis dafür, dass Sie
it Ihrem Geld ausgekommen sind.

Die 10 Milliarden Euro sind nach wie vor in der
achhaltigkeitsrücklage. Das heißt, auf dieses Vorziehen
ätte verzichtet werden können. Ich bringe es noch ein-
al auf den Punkt: Eine Beitragserhöhung wäre nicht

ie notwendige Konsequenz aus dem Verzicht auf das
orziehen der Fälligkeit gewesen.


(Beifall bei der FDP)


Ist das eine hinreichende Antwort auf Ihre Frage? –
ch bedanke mich und fahre gerne fort.


(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Nein, das war keine Antwort!)


Ich bin der Meinung: Wer die gewünschte Entlastung
it der Konjunktur begründet, der muss das Rentenge-

chenk auch aus Steuermitteln und nicht aus Beitrags-
itteln bezahlen; denn es sind die Steuerquellen, die

prudeln, Herr Weiß. Der Bund profitiert von der kon-
unkturellen Entwicklung, indem seine Einnahmen um
10 Milliarden Euro steigen.

Wenn man das Vorziehen der Fälligkeit heraus-
echnet, dann erkennt man, dass die Überschüsse der






(A) )



(B) )


Dr. Heinrich L. Kolb
Rentenkasse die in Aussicht gestellte Rentenerhöhung
nur bedingt hergeben. Wichtig ist, dass die Entlastung
nur vorübergehend ist. Professor Bomsdorf hat das so
gesagt: Bestellt wird jetzt, gezahlt wird später.


(Wolfgang Grotthaus [SPD]: Er ist auch der Einzige!)


Die Bundesregierung leiht den Rentnern bis zum
Wahltag etwas Geld, das nicht ihr, sondern den Beitrags-
zahlern gehört. Danach zieht sie es wieder ein. So steht
es ja auch schon im Gesetz. Das ist – darauf haben die
Sachverständigen in der Anhörung ausdrücklich hinge-
wiesen – sozusagen die unverzichtbare Geschäftsgrund-
lage. Von den Rentenversicherungsträgern ist sehr deut-
lich gesagt worden: Erfolgt die Nachholung nicht, dann
ist der Zielkorridor gemäß dem RV-Nachhaltigkeitsge-
setz mit Sicherheit nicht mehr einzuhalten.

Es besteht auch die Gefahr, dass die geplante Entlas-
tung ungewollt zu hoch ausfällt – nicht in diesem, aber
im nächsten Jahr. Nach 1,1 Prozent zum 1. Juli 2008
könnte die Erhöhung im nächsten Jahr angesichts der Ta-
rifvereinbarungen nämlich bei 3,5 Prozent und höher lie-
gen. Das wäre eine große Belastung der Rentenkasse, die
mit einem sich abschwächenden Aufschwung zusam-
mentreffen würde. Dadurch könnte die Kalkulation der
Bundesregierung hinsichtlich der weiteren Entwicklung
der Rentenfinanzen erheblich durcheinandergewirbelt
werden.

Was bleibt? Die Große Koalition hat – das werfe ich
Ihnen vor – in dem Zweig der sozialen Sicherung, der
bislang am besten auf die demografische Herausforde-
rung vorbereitet war, ohne Not große Fragezeichen hin-
ter gesichert erscheinende rentenpolitische Entscheidun-
gen der letzten Jahre gesetzt.

Wer schon in einem Vorwahljahr unaufgefordert
Nachgiebigkeit zeigt, Herr Weiß, wird sicherlich damit
rechnen müssen, in einem Wahljahr mit 14 bis 16 Wah-
len – darunter die Bundestagswahl und die Wahl zum
Europaparlament – hinsichtlich seiner Standfestigkeit
getestet zu werden. Darin liegt der eigentliche große ren-
tenpolitische Schaden, liebe Kolleginnen und Kollegen
von der Union und der SPD.

Herr Staatssekretär, Sie haben Goethe wahrscheinlich
deswegen zitiert,


(Klaus Brandner, Parl. Staatssekretär: Das war gut!)


weil ich in der ersten Beratung den Zauberlehrling be-
müht hatte: „Die ich rief, die Geister, werd ich nun nicht
los.“ Sie liefern mit Ihrem heutigen Vorhaben eine wun-
derbare Vorlage für die Linke, die folgerichtig – aber,
wie nicht anders zu erwarten, ohne jeden Finanzierungs-
vorschlag – die von Ihnen vorgesehene Rentenerhöhung
um 1,1 Prozent mit der Forderung nach 4 Prozent mehr
problemlos toppt.

An dieser Stelle vermisse ich die Führung der Bun-
deskanzlerin. Es genügt nicht, als Regierungschefin die
Manipulation der Rentenformel damit zu kommentieren,
dass das kein ordnungspolitisches Meisterstück sei. Eine

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(C (D erart lasche Intervention ruft geradezu Nachahmungstäer auf den Plan. Jürgen Rüttgers mit seiner Forderung nach der ockelrente ist die logische Fortsetzung dieser Entwick ung. Auch hier ist es der Bundeskanzlerin nicht gelunen, das Feuer auszutreten. Der Brand schwelt weiter nd wird zu gegebener Zeit wieder neu entflammen. Zu roß ist die Neigung in der Koalition – auch in der CDU/ SU –, mit einer Politik des „Allen wohl und niemand eh“ auf die Zielgerade zur nächsten Bundestagswahl inzuschwenken. Fazit: Es geht in der Union und leider auch in der PD – im Hinblick auf das, was Herr Riester an Vorareit geleistet hat – derzeit drunter und drüber. Tagespoliik regiert da, wo langfristige Verlässlichkeit gefragt äre. Eine klare Linie ist nicht zu erkennen. Das ist das azit der Beratungen des Gesetzentwurfs zur Rentenanassung. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. Das Wort hat nun Peter Weiß, CDU/CSU-Fraktion. Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! ach der Rede des Kollegen Kolb ist eines deutlich georden: Sie verstehen es meisterhaft, sich Jahr für Jahr entenpolitisch zu drehen und genau das Gegenteil von em zu behaupten, was Sie im letzten Jahr erklärt haben. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Kolb ist ein Chamäleon!)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1616016800

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1616016900

Lassen Sie mich das verdeutlichen. Herr Kolb hat vor
inem Jahr festgestellt, es sei unanständig, 13 Monats-
eiträge zu vereinnahmen; man vertusche damit die Not-
endigkeit einer Erhöhung des Rentenversicherungsbei-

rags.


(Zuruf von der FDP: Recht hat er!)


Im nächsten Jahr, nachdem der Rentenversicherungs-
eitrag erhöht und damit seine eigentliche Forderung er-
üllt worden ist, stellt derselbe Herr Kolb fest, das sei
erkehrt und hätte nicht gemacht werden dürfen. Er ver-
ritt jedes Jahr das Gegenteil vom Vorjahr.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


r ist mittlerweile in diesem Parlament die rentenpoliti-
che Unzuverlässigkeit in Person.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1616017000

Herr Kollege Weiß, gestatten Sie eine Zwischenfrage

es angesprochenen Kollegen Kolb?






(A) )



(B) )


Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1616017100

Ja, selbstverständlich.


(Anton Schaaf [SPD]: Das ist bestimmt abgesprochen!)



Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1616017200

Herr Weiß, stimmen Sie mir zu, dass Sie mit Ihrer

Aussage nur dann recht hätten, wenn das Geld aus dem
Vorziehen der Fälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge
benötigt worden wäre, um die laufenden Ausgaben der
Rentenversicherung zu decken? Tatsächlich ist doch auf
wundersame Weise die Nachhaltigkeitsrücklage im Jahr
des Vorziehens der Fälligkeit der Sozialversicherungs-
beiträge um genau den Betrag angewachsen, den der
13. Monatsbeitrag erbracht hat. Ist damit nicht hinrei-
chend bewiesen, dass man auf das Vorziehen der Fällig-
keit hätte verzichten können?


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)



Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1616017300

Verehrter Herr Kollege Kolb, man sollte die Gesetzes-

lage kennen. Das Gesetz besagt nämlich Folgendes: In
der Rentenkasse ist eine Nachhaltigkeitsrücklage von
mindestens 0,2 Monatsausgaben vorgeschrieben. Der
Beitragssatz zur Rentenversicherung bleibt so lange auf
dem von uns festgelegten Niveau, bis eine Nachhaltig-
keitsrücklage von 1,5 Monatsausgaben erreicht wird.
Dann sinkt der Rentenversicherungsbeitrag. Diese Rege-
lung ist vernünftig, weil die Rentnerinnen und Rentner
in unserem Land sicher sein wollen, dass die Rentenver-
sicherung jeden Monat tatsächlich in der Lage ist, aus ih-
ren Einnahmen die Renten auszuzahlen, und dass die
Rente nicht auf Pump ausgezahlt werden muss.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist keine Antwort auf meine Frage!)


Herr Kollege Kolb, diese Sicherheit war nach Aussage
aller Fachexperten damals nur mit einer Erhöhung des
Rentenversicherungsbeitrags zu gewährleisten. Das gilt
bis zum heutigen Tag.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das stimmt nicht!)


– Entschuldigung, Herr Kolb, Sie haben gerade gesagt:
Manipulation an der Rentenformel, pfui!


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt doch auch!)


Sie schlagen offensichtlich vor, den Rentenversiche-
rungsbeitrag zu senken, bevor 1,5 Monatsausgaben als
Rücklage erwirtschaftet sind.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Sie haben erhöht, nicht abgesenkt, Herr Weiß!)


Nicht wir, sondern Sie wollen an der Rentenformel
herumfummeln. Das ist der Punkt. Wir bleiben bei dem,
was im Gesetz steht. Das ist die Wahrheit.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


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(C (D Was wir heute beschließen, bedeutet keine Manipulaion an der Rentenformel. Es handelt sich vielmehr um ine politisch korrekte und notwendige Antwort auf folende Situation: Ließen wir das, was gesetzlich vorgeseen ist, wirken, käme es am 1. Juli dieses Jahres zu einer entenanpassung von nur 0,46 Prozent (Zuruf der Abg. Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


nein, ich habe es gerade erklärt –, und das, obwohl es
n Deutschland Gott sei Dank einen wirtschaftlichen
ufschwung gibt, die Arbeitnehmerinnen und Arbeit-
ehmer wieder Lohnzuwächse zu verzeichnen haben
nd wir wieder anständige Rücklagen in unserer Renten-
ersicherung haben, weil wir das, was Herr Kolb vor-
chlägt, nicht gemacht haben. Deswegen haben wir uns
olitisch entschlossen, ein Element der Rentenformel
icht aufzuheben oder zu manipulieren, sondern seine
irkung um zwei Jahre auszusetzen, damit die Rentne-

innen und Rentner zum 1. Juli 2008 eine Rentenerhö-
ung von 1,1 Prozent bekommen. Das finde ich okay.
as ist sauber gemacht. Es ist sachlich voll und ganz ge-

echtfertigt.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist sauber geschummelt!)


Das, was die Oppositionsfraktionen vortragen und
um Teil in Anträgen als Alternativen vorschlagen, ist
chlichtweg unsolide. Die einen wollen – das ist der Vor-
chlag von Herrn Kolb – einmalig Schecks an die Rent-
erinnen und Rentner verteilen. Die anderen wollen die
entenformel ganz abschaffen und die Rente nach Will-
ür beschließen. Wiederum andere wollen vertuschen,
as sie selbst beschlossen haben, als sie an der Regie-

ung waren. Für all diese angeblichen Alternativen gilt:
ie sind höchst unsolide und damit auch höchst unsozial.

Der Präsident der Deutschen Rentenversicherung hat
n der Anhörung klipp und klar erklärt: Der von der Ko-
lition eingebrachte Entwurf eines Gesetzes zur Ren-
enanpassung 2008 ist systematisch, also rentenpolitisch,
oll und ganz in Ordnung. Er hat im Hinblick auf die an-
eblichen Alternativen festgestellt, dass der Gesetzent-
urf der Regierung einen gangbareren Weg darstellt als

ndere Konzepte. Wir haben also die höchste Anerken-
ung und Auszeichnung vom Präsidenten der Deutschen
entenversicherung ausgesprochen bekommen. Er weiß,
ie es um die Rente bestellt ist, und hält unseren Weg

ür richtig.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Volker Schneider [Saarbrücken] [DIE LINKE]: Komisch, er hat aber eine Alternative genannt!)


Beachtlich war auch, dass auf Vorschlag von Bünd-
is 90/Die Grünen Frau Dr. Monika Queisser von der
rganisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
ntwicklung an der Anhörung zu dem Gesetzentwurf

eilgenommen hat. Sie hat es als einzigartig, ja sogar als
pektakulär bezeichnet, dass wir in Deutschland durch
ie Rentenreform






(A) )



(B) )


Peter Weiß (Emmendingen)


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Durch die rot-grüne Rentenreform 2001!)


unser Alterssicherungssystem sowohl an die demografi-
sche Entwicklung als auch an die Situation auf dem
Arbeitsmarkt angepasst haben. Sie hat zudem vorgetra-
gen, dass Rentnerarmut in Deutschland im internationa-
len Vergleich extrem selten ist. Ich muss bei all der stän-
dig vorgetragenen Kritik sagen: Es ist beachtlich, welch
hervorragendes Zeugnis eine internationale Expertin der
deutschen Alterssicherungspolitik am Montag ausge-
stellt hat. Ich finde, darauf können wir miteinander stolz
sein.


(Beifall bei der CDU/CSU – Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber Sie doch nicht! – Volker Schneider [Saarbrücken] [DIE LINKE]: Sie sind stolz darauf, dass die Leute bei 1 000 Euro Verdienst nur 400 Euro Rente bekommen? Das steht nämlich in dem Report!)


Ich finde, es ist kein Geschenk, das wir den Rentne-
rinnen und Rentnern machen. Die Erhöhung von
1,1 Prozent ist in Wahrheit kein riesiger Betrag. Es han-
delt sich vielmehr um eine angemessene Erhöhung der
Rente für eine Generation von Rentnerinnen und Rent-
nern, die dieses Land mit aufgebaut haben, die lange in
die Rentenkasse eingezahlt haben, damit das System sta-
bil gehalten haben und die jetzt am Lebensabend darauf
bauen, dass sie von dieser Rente einigermaßen angemes-
sen leben können. Deswegen gibt es keine Alternative zu
unserem Vorschlag, aus 0,46 Prozent wenigstens
1,1 Prozent zu machen.

Es ist übrigens – wie ich glaube, von Herrn Kolb – in
der Ausschusssitzung angemerkt worden, dass es früher
in diesem Parlament üblich war, dass man wichtige ren-
tenpolitische Vorhaben, insbesondere auch die Ren-
tenanpassung,


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist wahr!)


in großer Einigkeit zwischen Regierungsfraktionen und
Oppositionsfraktionen beschlossen hat.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Da muss man vorher miteinander reden!)


Es geht hier nämlich nicht um eine Regierungs- oder
eine Oppositionsrente, sondern es geht um eine Rente
für alle Rentnerinnen und Rentner in Deutschland. Ich
hätte mir eigentlich gewünscht, dass bei einem solch
kleinen Schritt, den Rentnerinnen und Rentnern wenigs-
tens eine Rentenanpassung von 1,1 Prozent zum
1. Juli 2008 zu ermöglichen, möglichst alle Fraktionen
und alle Kolleginnen und Kollegen des Deutschen Bun-
destags zustimmen.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Erst reduzieren Sie den Rentnern die Rente, und dann weinen Sie Krokodilstränen!)


Mit viel Optimismus und Energie haben Arbeitneh-
merinnen und Arbeitnehmer und Unternehmer in den

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(C (D etzten Jahren wesentlich dazu beigetragen, dass es in eutschland wieder aufwärtsgeht, dass wir Wirtschaftsachstum haben, dass die Zahl der Arbeitslosen sinkt, ass Menschen neu in Arbeit kommen und somit neu ozialversicherungsbeiträge, auch in die Rentenversiherung, einzahlen können. Wir wollen, dass die Rentneinnen und Rentner an diesem Aufschwung teilhaben. eshalb: Ja zur Rentenanpassung 2008. Vielen Dank. Das Wort hat nun Oskar Lafontaine, Fraktion Die inke. Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her en! Der Vorredner und auch der Parlamentarische taatssekretär, der hier für die Bundesregierung gesprohen hat, erweckten den Eindruck, als müssten wir jetzt or Dankbarkeit erstarren, weil die Koalition die Renterinnen und Rentner nun doch am Aufschwung beteiigt, wie Sie das formuliert haben. Ich bin sicher: Wenn etzt Rentnerinnen und Rentner am Fernsehen zuhören, erden sie vor Dankbarkeit auf die Knie gehen, weil sie irklich nicht mehr wissen, wie sie ihr Glück angesichts er Großzügigkeit dieser Großen Koalition fassen solen. Dennoch will es mir scheinen, dass Sie ein schlechtes ewissen haben, dass Sie heute eine Große Koalition es schlechten Gewissens sind; denn so richtig kam die egeisterung, die Sie angesichts der Großzügigkeit einer rhöhung von 1,1 Prozent verbreiten wollten, nicht he über. (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


(Zurufe von der LINKEN: Ja, ja!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1616017400

(Beifall bei der LINKEN)

Oskar Lafontaine (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616017500

Nun haben der Vorredner Herr Weiß und der Parla-
entarische Staatssekretär, aber auch Mitglieder der
undesregierung gesagt, man wolle durch diese Maß-
ahme die Rentnerinnen und Rentner am Aufschwung
eteiligen. Da müssen wir die Frage stellen, was eigent-
ich der Aufschwung ist. Wenn man jemanden an etwas
eteiligen will, dann muss man wissen, woran. Nach
lassischer Definition ist ein Aufschwung ein reales
achstum der Wirtschaft. Einen Aufschwung haben wir

lso dann, wenn wir einen realen Zuwachs des Reich-
ums der gesamten Volkswirtschaft haben. Würde man
lso jemanden am Aufschwung beteiligen wollen, dann
üsste es zu einem realen Einkommens- bzw. Kauf-

raftzuwachs kommen. Sie aber machen genau das Ge-
enteil. Was Sie hier machen, ist entweder Zynismus
der Dummheit – ich weiß nicht, welche Variante ich
etzt nehmen soll.


(Beifall bei der LINKEN)







(A) )



(B) )


Oskar Lafontaine
Sie wissen offensichtlich nicht, wovon Sie reden. Wie
kann man angesichts eines erneuten Kaufkraftverlustes
für die Rentnerinnen und Rentner von einer Beteiligung
am Aufschwung reden? Da muss man nicht einmal die
simpelsten wirtschaftlichen Zusammenhänge kennen.


(Zurufe von CDU/CSU: Oh! – Unverschämt!)


Aufschwung heißt nun einmal realer Zuwachs des Sozi-
alproduktes. Sie muten den Rentnerinnen und Rentnern
noch einmal einen Kaufkraftverlust zu. Das ist Zynismus
oder Dummheit; ich wiederhole es. Ich fürchte, ich kann
zur Variante Zynismus angesichts der Debatte in diesem
Hohen Hause nicht mehr greifen. Es ist nicht zu fassen.


(Beifall bei der LINKEN – Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Haben Sie eine Ahnung, wie unser Rentensystem funktioniert?)


Die Rentnerinnen und Rentner haben in den letzten
Jahren einen Kaufkraftverlust von 8,5 Prozent hinneh-
men müssen,


(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Aber die Rentengesetze kennen Sie nicht!)


und Sie muten den Rentnerinnen und Rentnern einen er-
neuten Kaufkraftverlust zu. Das ist die Realität. Meine
Fraktion ist nicht bereit, den Rentnerinnen und Rentnern
nach all den Jahren einen erneuten Kaufkraftverlust zu-
zumuten. Wir lehnen daher diese Unverschämtheit, die
Sie hier vorlegen, ab. Das sage ich in aller Klarheit.


(Beifall bei der LINKEN – Lachen bei der CDU/CSU)


– Da lachen Sie auch noch.


(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Nein!)


Diejenigen, die uns jetzt zuhören, denken auch daran,
wie wir – das sage ich als Bundestagsabgeordneter – uns
unser Einkommen in den nächsten beiden Jahren erhö-
hen; selbstverständlich denken sie daran.


(Wolfgang Grotthaus [SPD]: Und wie Sie Ihre Rentenansprüche erhöhen als früherer Ministerpräsident, Oberbürgermeister und als Abgeordneter!)


Ich muss Ihnen sagen: Angesichts der Tatsache, dass
sich die Erhöhungen der Diäten auf 16 Prozent summie-
ren, ist das, was Sie der Rentnergeneration zumuten,
eine bodenlose Unverschämtheit. Das sage ich in aller
Klarheit.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1616017600

Herr Kollege Lafontaine, gestatten Sie eine Zwi-

schenfrage des Kollegen Meckelburg?


Oskar Lafontaine (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616017700

Dass Sie sich überhaupt noch trauen, sich hier hinzu-

stellen und zu sagen, wir wollen die Rentnerinnen und
Rentner am Aufschwung beteiligen, ist meiner Auffas-
sung nach nicht mehr nachvollziehbar.

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(C (D (Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Da sind Sie aber der falsche Redner, Herr Lafontaine!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1616017800

Darf ich noch mal fragen: Der Kollege Meckelburg

öchte eine Zwischenfrage stellen. – Bitte schön.


Wolfgang Meckelburg (CDU):
Rede ID: ID1616017900

Herr Lafontaine, ich möchte es in großer Ruhe ma-

hen, obwohl mich die Art und Weise, wie Sie es hier
ortragen, sehr erregt. Haben Sie eine Ahnung davon,
ie unser deutsches Rentensystem funktioniert? Es ist

o, dass die Rentenentwicklung der Lohnentwicklung
es Vorjahres folgt. Das, was Sie hier mit Wirtschafts-
achstum, allgemeinem Wachstum, Kaufkraftausgleich
ermanschen, hat mit diesem System nichts zu tun. Wis-
en Sie, dass in der Anhörung auf Nachfrage geantwortet
urde, dass über die letzten 25 Jahre die Rentner mehr
avon profitiert haben, dass die Rentenentwicklung an
ie Lohnentwicklung und nicht an den Inflationsaus-
leich gekoppelt war?

Ich habe den Eindruck, dass Sie ziemlich viel ver-
anschen und Populismus betreiben, um die Leute zu-

ächst zu verunsichern und sich anschließend selber als
etter darzustellen. Deswegen habe ich diese Zwischen-

rage gestellt. Sie können sie beantworten oder nicht. Ich
ollte es einfach loswerden.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Oskar Lafontaine (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616018000

Vielen Dank für diese Zwischenfrage. Sie zeigt wie-

er, dass Sie nicht verstanden haben, was Sie als Renten-
eform hier in den letzten Jahren vorgenommen haben.
ie haben nämlich durch die Dämpfungsfaktoren genau
as Gegenteil von dem erreicht, was Sie jetzt sagen. Sie
aben die Renten von den Löhnen abgekoppelt. Sie wis-
en überhaupt nicht mehr, was Sie machen.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Wenn einfache Tatbestände schlicht nicht bekannt
ind oder ignoriert werden, macht es doch keinen Sinn,
ier eine Sachdebatte ernsthaft führen zu wollen.


(Lachen bei der CDU/CSU – Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Sie haben keine Ahnung vom Rentensystem!)


Was wir hier feststellen, ist, dass sich schlicht und
infach immer wieder Abgeordnete zu Wort melden und
ls Rentenexperten ausgeben, obwohl sie offensichtlich
berhaupt nicht wissen, was sie angerichtet haben.


(Maria Michalk [CDU/CSU]: Was heißt hier einfacher Abgeordneter? Das ist eine Frechheit!)


Sie haben die Renten von der Lohnentwicklung abge-
oppelt.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])







(A) )



(B) )


Oskar Lafontaine
Nun möchte ich Ihnen sagen, wie sich das in Zahlen
darstellt. Es geht nämlich nicht nur um die Renten, die
jetzt ausgezahlt werden. Vielmehr geht es um die
Rentenentwicklung der nächsten Jahre. Es liegen bereits
seit einiger Zeit Zahlen auf dem Tisch, die jeder von Ih-
nen lesen kann. Die Zahlen sagen Folgendes aus: Je-
mand, der heute 1 000 Euro in Deutschland verdient –
ich sage das für die Zuschauerinnen und Zuschauer vor
den Fernsehern, weil es bei Ihnen keinen Sinn mehr
macht –, hat eine Rentenerwartung von 400 Euro. Je-
mand, der 1 000 Euro in OECD-Ländern verdient, hat
eine Rentenerwartung von 730 Euro. Und da stellen Sie
sich hin und wagen es, dies auch noch zu rechtfertigen.
Es wäre zu wünschen, dass Sie einmal mit ähnlichen
Kürzungen konfrontiert werden, damit Sie wissen, wo-
von überhaupt die Rede ist, wenn wir über Renten in
Deutschland diskutieren.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie werden
diese Rentenformel nicht durchhalten.


(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Sie haben keine Ahnung!)


Ich sage noch einmal: Sie werden die Dämpfungsfakto-
ren aus der Rentenformel herausnehmen müssen. Das
wird kein einmaliger Akt gewesen sein. Es ist überhaupt
keine andere Möglichkeit mehr gegeben.

Ich zitiere Herrn Laumann – ich wünschte mir, Sie
würden wenigstens von ihm Lehren annehmen –, der ge-
sagt hat, dass diese Rentenformel so keinen Bestand ha-
ben könne.


(Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Da hat er recht!)


Er hat gesagt, dass wir den Niedriglohnsektor „total un-
terschätzt haben“. Wir werden in Zukunft 8 Millionen
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die jetzt noch ak-
tiv sind, haben, die mit solchen Armutsrenten konfron-
tiert sein werden.


(Max Straubinger [CDU/CSU]: Aber nur, wenn die Kommunisten drankommen!)


Deshalb fasse ich hier zusammen: Sie sitzen ratlos da
und haben ein schlechtes Gewissen. Sie haben die Ren-
tenformel zerstört. Sie haben Altersarmut programmiert.
Was Sie den Rentnerinnen und Rentnern heute zumuten,
ist eine bodenlose Unverschämtheit. Wir lehnen eine sol-
che Vorgehensweise ab.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1616018100

Das Wort hat nun Kollegin Irmingard Schewe-

Gerigk, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Zweifellos, es stimmt: Es gibt viele Rentnerinnen und
Rentner, die durch die Politik der Bundesregierung an

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(C (D en Rand ihrer Existenz gebracht wurden, nämlich die it den kleinen Renten. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Welcher Bundesregierung, Frau Schewe-Gerigk?)


Der jetzigen.

Die Ursachen liegen auf der Hand: die Mehrwertsteu-
rerhöhung, die Erhöhung der Pflegeversicherungsbei-
räge, die überzogene Erhöhung der Beiträge zur Ren-
enversicherung, die Halbierung der Beiträge für
angzeitarbeitslose und die Förderung von Betriebsren-

en zulasten der heutigen Rentnerinnen und Rentner.

Jetzt stehen Sie, meine Damen und Herren von der
roßen Koalition, vor dem Scherbenhaufen Ihrer Poli-

ik; aber statt zu kitten, zerschlagen Sie neues Porzellan.
ie versprechen den Rentnern und Rentnerinnen nämlich
ahlgeschenke, die vergiftet sind; denn sie müssen

iese Wahlgeschenke in den Jahren 2012 und 2013
elbst bezahlen. Bestellt wird heute, bezahlt wird später;
er Kollege Kolb hat es gerade schon gesagt.

Aber auch die künftigen Rentnergenerationen müssen
iese Suppe auslöffeln; denn die wirklich Leidtragenden
er Politik, die Sie hier betreiben, sind die heute 50- bis
0-Jährigen. Über 11 Milliarden Euro kostet Ihr Vorha-
en bis zum Jahre 2030. Wenn Sie, Herr Weiß, sagen,
as seien kleine Summen, dann verstehe ich die Welt
icht mehr.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die junge Generation ist zu Recht in Sorge, dass die
entenpolitik zukünftig von Wahlterminen abhängig ge-
acht wird. Das ist keine verlässliche Politik, das ist Po-

itik nach Gutsherrenart. Zwar haben Sie im Ausschuss
ersprochen, dies sei ein einmaliger Eingriff in die Ren-
enformel; aber glauben Sie das wirklich selbst? Wenn
as Wahljahr 2013 ansteht und der Rentenwert 20 Cent
iedriger als der heutige ist – dies wurde in der Sachver-
tändigenanhörung gesagt –, glauben Sie, dass Sie dann
ichts machen werden? Ich glaube das nicht! Für wie
löd halten Sie eigentlich die Leute?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Da wir gerade bei den Wahlen sind: Jeder sieht, dass
ie Situation im Jahre 2008 wirklich problematisch ist.
arum Sie aber zusätzlich schon jetzt die Renten für das

ahr 2009 erhöhen, obwohl Ihnen alle Experten sagen,
ass die Rentensteigerung 2009 sehr viel höher sein
ird, das ist doch mehr als durchsichtig. Herr Kollege
randner, wenn Sie in Ihrer Rede mit Bezug auf die
ussetzung der Riester-Treppe dreimal Goethe zitieren,
ann spricht das für sich.

Auch wir sehen Handlungsbedarf, gerade bei Men-
chen mit kleinem Einkommen. Ich finde, diese Men-
chen dürfen für die Versäumnisse dieser Bundesregie-
ung nicht bestraft werden. Denn es stimmt: Wer ein
leines Einkommen hat, hat große Schwierigkeiten, die
nstehenden Erhöhungen des Beitrags zur Pflegeversi-
herung, die Kostensteigerungen bei den Lebensmitteln,
en Energiepreisen und den Gütern des täglichen Be-
arfs zu verkraften. Deshalb haben wir Ihnen einen Ent-






(A) )



(B) )


Irmingard Schewe-Gerigk
schließungsantrag vorgelegt, in dem Akzente gesetzt
werden, die deutlich anders sind als die der Bundesregie-
rung. Es wird bei denjenigen angesetzt, die besonders
schutzbedürftig sind.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sie hingegen heben kleine und große Renten gleicher-
maßen an.

Erstens. Wir fordern die Bundesregierung auf, die
Grundsicherung im Alter endlich auf 420 Euro anzuhe-
ben; denn der heutige Regelsatz deckt schon lange nicht
mehr das soziokulturelle Existenzminimum. Darauf ha-
ben Sozialexperten und Wohlfahrtsverbände mehrfach
hingewiesen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Zweitens. Wir wollen, dass die Halbierung des Ren-
tenversicherungsbeitrags für Langzeitarbeitslose so
schnell wie möglich zurückgenommen wird. 2,19 Euro
Rente im Monat nach einem Jahr Arbeitslosigkeit, das
ist ein Hohn. Diese unsoziale Entscheidung hat die
Große Koalition bereits im Koalitionsvertrag festgelegt
und bis heute nicht zurückgenommen – trotz guter Kon-
junktur und sprudelnder Steuereinnahmen.

Drittens. Wir wollen nicht, dass die Rentner und
Rentnerinnen durch die sozialabgaben- und steuerfreie
Förderung der Betriebsrenten benachteiligt werden. Die-
ses Instrument ist als Anreiz für den Abschluss von mehr
Betriebsrenten eingeführt worden. Dass dadurch jetzt
automatisch die Renten gekürzt werden, das war nie das
Ziel. Deshalb fordern wir, dass dieser Kürzungsmecha-
nismus bei der Festlegung des aktuellen Rentenwerts he-
rausgerechnet wird, wie Sie es im Übrigen auch bei den
1-Euro-Jobs gemacht haben. Wir fordern Sie auf, hier
ebenso vorzugehen. Was können die Rentnerinnen und
Rentner dafür, dass wir Betriebsrenten besonders för-
dern? Das ist ja gerade so, als würden Sie den einen et-
was wegnehmen und es den anderen geben und denen,
die am wenigsten haben, am meisten wegnehmen.

Die Bundeskanzlerin hat Anfang April zugegeben,
die Rentenerhöhung sei ordnungspolitisch keine Meis-
terleistung. Wäre sie selbstkritischer gewesen, dann
hätte sie eingestehen müssen: Die Probleme der niedri-
gen Rentenanpassung sind hausgemacht und die unmit-
telbare Folge von politischen Fehlentscheidungen dieser
Großen Koalition.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Statt die Ursachen zu beseitigen, hat sich die Kanzlerin
für eine Politik entschieden, deren Verantwortung mit
dem Bundestagswahltermin endet.

Ihnen, meine Damen und Herren von den Koalitions-
fraktionen, ist es offenkundig egal, dass die Versicherten
2011 und 2012 auf Beitragssenkungen vergeblich warten
müssen. Es macht Ihnen offensichtlich auch nichts aus,
dass die Rentnerinnen und Rentner in den Jahren 2012
und 2013 Ihre vermeintlichen Geschenke wieder zurück-
geben müssen und dann erst recht keine Rentenerhöhun-
gen erwarten können. Das ist keine nachhaltige Politik.

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(C (D as ist Wählerverdummung. Deshalb lehnen wir Ihren esetzentwurf ab. Ein letzter Satz, Herr Präsident: Zum Antrag der Linen, der ja gestern erst eingegangen ist, muss man ja uch noch etwas sagen. Die Erhöhung der Rente um Prozent und die Abschaffung aller Dämpfungsfaktoren ürde 17 Milliarden Euro kosten. Das ist gerade so, als ürden wir hier im Bundestag den Beschluss fassen, ass die demografische Entwicklung nicht stattfindet; ir die Nachhaltigkeit im Rentensystem, die uns die ECD bescheinigt hat, nicht benötigten, also ein Be chluss von uns ausreichte, um dafür zu sorgen, dass all as auch so eintritt. (Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Ich mache mir die Welt so, wie sie mir gefällt! Pippi-Langstrumpf-Prinzip!)


ch finde, das ist unglaubwürdig. Deshalb lehnen wir
hre Vorschläge ab.


(Zuruf von der SPD: Gott sei Dank!)


Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1616018200

Das Wort hat nun Anton Schaaf, SPD-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Anton Schaaf (SPD):
Rede ID: ID1616018300

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die außer-

rdentlich gekünstelte Aufregung des Kollegen
afontaine,


(Zuruf von der CDU/CSU: Ein Schauspieler!)


er sich um seine Altersvorsorge mit Sicherheit keine
orgen machen muss, war schon mehr als erstaunlich.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ie Art und Weise, wie da Kolleginnen und Kollegen als
hnungslos oder Ähnliches diffamiert wurden, ist bemer-
enswert und besonders stillos.


(Beifall des Abg. Daniel Bahr [Münster] [FDP])


Zur Frage der Ahnungslosigkeit sage ich gerne noch
twas, indem ich die Vorschläge, die Sie in letzter Zeit
emacht haben, in Bezug zum Rentenversicherungssys-
em setze, wie es sich entwickelt hat. Ich halte es da mit
er Kollegin Kipping, die in der Frage völlig zutreffend
eschrieben hat, wie Sie zum Rentenversicherungssys-
em stehen: Sie gab zu, dass Sie schlicht kein rentenpoli-
isches Konzept haben. Sie bringen zwar jede Menge
inzelanträge, haben aber überhaupt keine Ahnung, was
iese kumuliert bewirken würden. Auf diese Weise ver-
uchen Sie, die Menschen im Land zu verunsichern.
ichts anderes betreiben Sie die ganze Zeit.

Schauen wir uns einmal an, welche rentenpolitischen
orderungen seitens der Linken gestellt werden. Frau
rmingard Schewe-Gerigk hat diese ja gerade kurz






(A) )



(B) )


Anton Schaaf
angesprochen. Es geht ja nicht nur um die Erhöhung um
4 Prozent, die da gefordert wird; es geht ja nicht nur um
die Dämpfungsfaktoren, die zurückgenommen werden
sollen; es geht ja nicht nur um die Angleichung der Ost-
renten an das Westniveau, die da gefordert wird; es geht
nicht nur um die Einzelinteressen bestimmter Berufs-
gruppen, die da bedient werden sollen; es geht ja nicht
nur darum, die Rente mit 67 und die damit zusammen-
hängenden Faktoren wieder zurückzunehmen. Nein,
wenn man sich das alles anschaut, kann ich dazu nur sa-
gen: Da findet ein rentenpolitischer Blindflug statt, der
uns mit Sicherheit nicht voranbringt,


(Zustimmung bei Abgeordneten der SPD)


sondern im Gegenteil unser Rentensystem, das wir ha-
ben und das sich bewährt hat, mit Sicherheit in Gänze
und grundlegend infrage stellt. Ich warne Sie davor, die-
sen Weg zu gehen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1616018400

Herr Kollege Schaaf, gestatten Sie eine Zwischen-

frage?


Anton Schaaf (SPD):
Rede ID: ID1616018500

Nein, der Kollege Schneider wird gleich noch Gegen-

stand meiner Ausführungen sein. Vielleicht können Sie
sich danach noch einmal melden, Herr Schneider. Dann
wird es nämlich spannend.

Im Ausschuss haben wir gestern die Anhörung ausge-
wertet. An dem Verhalten der Linken dabei kann man
schön klarmachen, wie die Linke operiert. Das war näm-
lich wirklich hochinteressant. Die Linke hat immer eine
einzige Stelle aus der OECD-Studie zur Altersvorsorge
zitiert. Das Zitat stimmt sogar, Herr Schneider; das will
ich gar nicht infrage stellen. Es steht an einer Stelle, wo
es um die drohende Altersarmut von Soloselbstständigen
etc. geht. Die Linke hat aber diese Stelle aus der OECD-
Studie immer separat und isoliert zitiert. Eine in zentra-
ler Funktion an der OECD-Studie beteiligte Person war
nun in der Anhörung, Frau Dr. Queisser. Ich fand es her-
vorragend, was sie sagte, und danke den Grünen noch
einmal für die Einladung dieser Sachverständigen.

Diese Sachverständige bescheinigt uns, dass die ren-
tenpolitischen Veränderungen und Reformen, die insbe-
sondere Rot-Grün durchgeführt hat, zukunftsweisend
und zukunftsgerichtet sind und wir damit gut aufgestellt
sind. Die Frage der drohenden Altersarmut von Solo-
selbstständigen sei an der Stelle noch einmal ausgeklam-
mert.


(Oskar Lafontaine [DIE LINKE]: 400 Euro! – Gegenruf des Abg. Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Stimmt doch gar nicht!)


Ich habe dabei immer angemerkt, dass die OECD den
Bereich der privaten und der betrieblichen Altersvor-
sorge gar nicht mitberücksichtigt hat.

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(C (D Der Kollege Schneider geht nun hin und greift immer ie negativen Punkte dieser OECD-Studie heraus. Dort ber, wo die gleiche Autorin sagt, da habt ihr in Deutschand recht, beschimpft er diese Autorin als neoliberal. o, meine Damen und Herren von der LINKEN, ist Ihre orgehensweise. Herr Lafontaine, auch Sie haben das gerade so geacht. Ich sage Ihnen, was das ist – ich beziehe mich auf ie Literaten –: Es ist eine Form von Don Quichotte auf er klapprigen Rosinante. Sie malen sich Ihre Welt seler und machen sich zum Helden. (Zuruf von der CDU/CSU: Schildbürger sind das!)


(Oskar Lafontaine [DIE LINKE]: 400 Euro!)


ier kämpft Don Quichotte aber nicht gegen Windmüh-
en. Man muss es so sagen: Oskar Lafontaine ist nicht
uf einer klapprigen Rosinante, sondern auf einem feh-
enden Rentenkonzept unterwegs.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


r bekämpft keine Windmühlen, sondern den drohenden
eoliberalismus. Sie malen sich die Welt, wie Sie sie ha-
en wollen, und so argumentieren Sie hier auch.

Es ist schon ziemlich erstaunlich, dass Sie anderen
orwerfen, sie hätten keine Ahnung von der Rentenpoli-
ik und der -systematik. An Ihrer Stelle würde ich noch
inmal in Ihrer Rede nachlesen; denn aus meiner Sicht
atte das, was Sie gesagt haben, mit Ahnung nicht viel
u tun.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der FDP: Falsche Zahlen!)


Wir tun für die Rentnerinnen und Rentner jetzt mit Si-
herheit nichts Herausragendes; das ist völlig klar. Eine
entenerhöhung um 1,1 Prozent wird niemanden dazu
erleiten, eine der Parteien der Großen Koalition im
ächsten Jahr zu wählen. Es ist Unfug, so etwas zu un-
erstellen. Ich sage: Diese Rentenerhöhung ist das, was
etzt machbar ist, da die Rentner drei Jahre lang keine
zw. nur eine ganz kleine Rentenerhöhung bekommen
aben.

Wir haben politisch entschieden, dass wir diesen Zu-
tand in diesem und im nächsten Jahr so nicht beibehal-
en wollen. Hier spielte ein Dämpfungsfaktor eine wich-
ige Rolle. Damit Ihnen das klar wird, Frau Schewe-
erigk: Es handelt sich um einen Dämpfungsfaktor, der
icht dauerhaft – er ist kein Nachhaltigkeitsfaktor –, son-
ern zeitlich begrenzt ist. Er wird auch nicht gänzlich
bgeschafft, sondern nur verschoben.

Es macht aus zwei Gründen durchaus Sinn, so vorzuge-
en – das möchte ich an dieser Stelle deutlich machen –:

Erstens. Die Riester-Treppe ist ein Stück weit der Ge-
enpart zur Riester-Förderung. Diese wurde auf Arbeit-
ehmerinnen und Arbeitnehmer ausgerichtet, die privat
orsorgen wollen; sie werden entsprechend gefördert.
ir sind aber noch lange nicht bei der Zahl von 30 Mil-

ionen angekommen, die wir uns gewünscht haben und






(A) )



(B) )


Anton Schaaf
die auch möglich wäre. Wir liegen bei 10 Millionen. Wir
können daher einen Teil der Summe, die wir dafür ver-
anschlagt haben, zurückgeben.

Zweitens. In diesem Jahr fand eine Anhebung des Ren-
tenversicherungsbeitragssatzes auf 19,9 Prozent statt;
dieser Punkt ist mir sehr wichtig. In der Tat hätte man
darüber diskutieren können. Die Daten, die uns damals
vorlagen, haben diese 19,9 Prozent vorgegeben. Aus
heutiger Sicht hätten wahrscheinlich auch 19,7 Prozent
gereicht, aus damaliger Sicht aber nicht.

Diese Anhebung des Rentenversicherungsbeitragssat-
zes wirkt sich bei Anpassungen für die Renterinnen und
Rentner negativ aus.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ja!)


Wenn wir die ausgesetzten Stufen der Riester-Treppe in
den Jahren 2012 und 2013 nachholen, kommt es jedoch
zu Senkungen des Beitragssatzes zur Rentenversiche-
rung, die sich für die Rentnerinnen und Rentner positiv
auswirken. Es gibt also inhaltliche Gründe dafür, dies
dann zu tun, wenn es sich für die Rentnerinnen und
Rentner positiver auswirkt als heute.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Was ist mit dem Nachholfaktor?)


Herr Kolb, eines möchte ich zum Schluss im Hinblick
auf Wahltermine und Wahlgeschenke sagen: Wenn man
Gutes tun kann – natürlich stellt sich die Frage, ob es
ausreichend gut ist; dass man alles auch anders bewerten
kann, ist mir klar –, muss man keine Rücksicht darauf
nehmen, dass irgendwann in nächster Zeit Wahlen statt-
finden. Wenn man für die Menschen Gutes tun kann,
wenn man ihnen Möglichkeiten eröffnen und im Inte-
resse der Menschen etwas weitergeben kann, dann sollte
man dies unabhängig von Wahlterminen tun. Wir ma-
chen das in diesem und im nächsten Jahr. Lassen Sie uns
weiterhin eine so konsistente und zukunftssichere Ren-
tenpolitik betreiben, wie wir es bisher gemacht haben.
Die Dämpfungsfaktoren wirken, und zwar auf Dauer. Sie
werden nun an einer Stelle für zwei Jahre ausgesetzt.
Das ist begründbar, und das ist richtig.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Zuruf von der LINKEN: Es ist unsozial!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1616018600

Das Wort zu einer Kurzintervention erteile ich dem

Kollegen Schneider von der Linksfraktion.


Volker Schneider (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616018700

Lieber Kollege Schaaf, damit Sie nicht immer etwas

anderes wiederholen müssen: Meine Fraktion hat bereits
im Frühjahr letzten Jahres ein Rentenkonzept beschlos-
sen. Es ist vor zwei Monaten von unserem Parteivor-
stand noch einmal überarbeitet und erweitert worden.
Die Behauptung, wir hätten kein Rentenkonzept, ist also
schlicht falsch.

Zweiter Punkt. Wenn Sie sagen, wir würden das Ren-
tensystem zerschießen, sage ich Ihnen: Die Einzigen, die

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(C (D ier ein System zerschossen haben, sind Sie, nämlich inem Sie die Altersvorsorge privatisiert haben. as hat dazu geführt, dass wir in Zukunft bei höheren eiträgen, die wir in beide Systeme einzahlen, weniger erausbekommen. Das ist nachrechenbar und überprüfar. Ich kann Ihnen die aktuellen Zahlen sagen: Hätten ir die gesetzliche Rentenversicherung so weitergeführt, ie sie war, läge der Beitragssatz bei 21,4 Prozent. Das st eine Zahl aus der Anhörung. Bei Ihnen geht es um indestens die fast 10 Prozent Rentenversicherung plus Prozent Riester, wenn ich den durchschnittlichen För erungsbetrag abziehe. Dritter und letzter Punkt. Schon fast eine Unverchämtheit ist Ihr Hinweis auf die OECD-Studie. Ich age das hier noch einmal. Wenn ich auf die Tribüne ochblicke, sehe ich dort viele junge Leute sitzen, die siherlich einmal Renten bekommen wollen. In der ECD-Studie steht, dass zukünftig Menschen – die unge Generation von heute –, die 1 000 Euro brutto verient haben, eine Bruttorente von 400 Euro bekommen erden, (Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Das stimmt doch nicht! Da fehlt die Grundsicherung!)


(Beifall bei der LINKEN)


nd das bei einem Durchschnitt von 730 Euro in der
ECD. Das heißt, in einem der wirtschaftlich stärksten
änder der OECD wird der schlechteste Betrag über-
aupt ausbezahlt.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Das ist falsch! Da fehlt die Grundsicherung! Das wissen Sie auch!)


as hat man auch für andere Gruppen ausgerechnet. Das
ind Fakten, die in der Studie stehen. Jedes Mal stehen
ir im letzten Drittel. Das ist für mich ein Skandal.
enn Frau Queisser an der Stelle auf die Idee kommt,

as auch noch loben zu wollen, dann ist das für mich
ichts anderes als wirtschaftsliberales Gedankengut.
iesen Vorwurf habe ich immer vertreten, und davon
abe ich nichts zurückzunehmen.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1616018800

Kollege Schaaf, Sie haben Gelegenheit zur Reaktion.


Anton Schaaf (SPD):
Rede ID: ID1616018900

Ich habe im Zusammenhang mit der OECD-Studie

eschrieben, wie beliebig Sie in Ihrer Argumentations-
eise sind. Mal nutzen Sie das eine, mal das andere. Von
er Qualität des Vortrages her war das nichts anderes als
as, was der Herr Kollege Lafontaine vorher gemacht
at.

Die OECD-Studie – Frau Dr. Queisser hat es klipp
nd klar gesagt – macht deutlich, dass wir uns auf den
ichtigen Weg gemacht haben. Sie haben ja durchaus
echt, was die Bewertung angeht, was man in ungefähr
0 Jahren bei einem Bruttoverdienst von 1 000 Euro an
ente bekommen wird. Aber außer Acht gelassen hat






(A) )



(B) )


Anton Schaaf
diese OECD-Studie die enormen Anstrengungen, die wir
unternommen haben, was die private und die betrieb-
liche Vorsorge angeht. Wenn man diese Beträge dazu-
rechnet, dann – das sagt auch die OECD-Studie klipp
und klar – kommen wir auf das Niveau, das in Europa
üblich ist.

Von daher kann ich nur sagen: Wenn Sie etwas aus
solchen Studien und Ähnlichem vortragen, dann tragen
Sie das in Gänze vor und nicht selektiv, nicht wie Sie es
gerade politisch brauchen können, um Menschen zu ver-
unsichern. Wir haben uns da auf den richtigen Weg ge-
macht; da gibt es nichts zurückzunehmen.


(Beifall bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1616019000

Das Wort hat nun Kollege Max Straubinger, CDU/

CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Max Straubinger (CSU):
Rede ID: ID1616019100

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich

glaube, die heutige zweite und dritte Lesung zeigt sehr
deutlich: Die Bundesregierung und die sie tragenden
Fraktionen sind sich ihrer sozialen Verantwortung be-
wusst und werden ihr gerecht. Sie haben deshalb die
Rentenanpassung so erhöht, dass die Rentnerinnen und
Rentner am Aufschwung teilnehmen können.

Wenn das heute vielfältigst in Zweifel gezogen wor-
den ist, so muss man auch die Maßstäbe darlegen:
1,4 Prozent durchschnittliche Lohnsteigerung im ver-
gangenen Jahr bedeuten 1,1 Prozent Rentensteigerung
ab dem 1. Juli dieses Jahres. Ich glaube, hier stimmt
auch die Verhältnismäßigkeit. Man kann deutlich erken-
nen: Das Rentensystem folgt letztendlich auch der Ent-
wicklung der Löhne. Das ist gut so, wie wir heute bereits
feststellen konnten; denn über 25 Jahre hinweg haben
sich die Löhne besser entwickelt als die Preissteige-
rungsraten.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Wichtig ist aber nicht nur, die Rentnerinnen und Rent-
ner am wirtschaftlichen Aufschwung teilhaben zu las-
sen, sondern auch, das Ziel der Beitragssatzstabilität
nicht aus dem Auge zu verlieren. Der Vorschlag, den wir
heute in zweiter und dritter Lesung beraten, wurde auch
in den Anhörungen bestätigt. Er sieht eine Beitragssatz-
stabilität von 20 Prozent bis zum Jahr 2020 und von
22 Prozent bis zum Jahr 2030 vor. Damit soll nicht nur
Leistungsgerechtigkeit, sondern auch Beitragsgerechtig-
keit gewährleistet werden, besonders für die betroffenen
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Das Rentenkon-
zept, das es angeblich bei der Linken gibt, würde dazu
führen, dass die Beitragszahler mit bis zu 28 Prozent be-
lastet würden.


(Volker Schneider [Saarbrücken] [DIE LINKE]: 25,2! Oder waren Sie nicht in der Anhörung?)


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(C (D ngesichts der derzeitigen Höhe der Beiträge zur Kranenversicherung, zur Arbeitslosenversicherung, zur flegeversicherung und der Höhe der Steuerbelastung äre dies eine ungeheure Belastung der Arbeitnehmerinen und Arbeitnehmer. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben aber in Recht darauf, netto mehr ausbezahlt zu bekommen. eine Partei hat bereits das Konzept einer Steuerreform rarbeitet, mit dem die Arbeitnehmerinnen und Arbeitehmer, die Leistungsträger in unserem Land entlastet erden. Die Linken wollen aber genau das Gegenteil. Bei den Anhörungen hat sich gezeigt – auch das ist ine wichtige Botschaft für die Rentnerinnen und Renter in Deutschland –, dass wir ein stabiles Rentensystem aben. Es ist weiterhin gewährleistet, dass sich die Renen wie die Löhne entwickeln. Vor allem können sich die entnerinnen und Rentner auf unser Rentensystem ob er guten wirtschaftlichen Entwicklung in den vergangeen Jahren, die es dank der Politik der Bundesregierung ab, verlassen. Die Arbeitslosenzahl wurde um ,7 Millionen gesenkt. Es gibt 1,1 Millionen mehr soialversicherungspflichtig Beschäftigte und damit Beiragszahler als beim Amtsantritt dieser Bundesregierung. Darüber hinaus wurde die Rücklage der Rentenversiherung auf knapp 12 Milliarden Euro erhöht. Im Jahr 005 war noch ein Vorziehen des Bundeszuschusses notendig, um die Renten im Dezember des betreffenden ahres planmäßig auszahlen zu können. Die Bundesreierung hat erfolgreich die Wende in der Rentenpolitik eschafft. Es ist meines Erachtens sehr wichtig, darauf inzuweisen. Herr Kollege Kolb, natürlich ist es entscheidend, notendige Veränderungen immer wieder vorzunehmen. ch bitte ausdrücklich darum, nicht immer von Manipuationen und vom Würfeln zu sprechen, (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Herumfummeln!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


eil dies unserer Rentenpolitik – auch die in der Vergan-
enheit – in keiner Weise gerecht wird. In den letzten
ahren mussten einige notwendige Veränderungen im
entensystem durchgeführt werden. Man muss sehen,
ass man in der Rentenpolitik aufgrund neuer Gegeben-
eiten immer wieder Veränderungen herbeiführen muss.
nsere Rentenpolitik, die auf Dauer angelegt ist, sichert
ie Renten in Deutschland. Es bleibt dabei auch bei der
eistungsorientierung in der Rente.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Heute wurde bereits in vielfältiger Weise auf Anträge
ingegangen. Besonders bemerkenswert ist das Vorge-
en der Linken, immer mehr zu fordern, aber nie darzu-
tellen, was dies an Belastungen für die Arbeitnehmerin-
en und Arbeitnehmer bedeutet.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Dieses Rentenanpassungsmodell ist doch eine Einladung an die Linke!)







(A) )



(B) )


Max Straubinger
Der Kollege Lafontaine ist mir heute fast so vorge-
kommen wie der ehemalige Staatsratsvorsitzende Erich
Honecker,


(Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Beide kommen aus dem Saarland!)


der zum 40-jährigen Bestehen des SED-Staates den
Rentnerinnen und Rentnern in Ostdeutschland 330 Ost-
mark an Mindestrente zugesichert hat. Das ist sozusagen
die Rentenpolitik der Linken, vormals PDS und SED.
Dieser Tradition sind Sie heute noch verhaftet und wol-
len dementsprechend Rentenpolitik gestalten. Dies leh-
nen wir ab.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ein weiterer Punkt. Kollege Lafontaine hat vieles ver-
mengt. Er hat gefordert, dass sich das Wachstum der
Volkswirtschaft in der Rente niederschlagen muss. Die-
ser Zuwachs zeigt sich in der Förderung der Riester-
Rente, Herr Kollege Lafontaine. Die Riester-Rente wird
im Falle von Geringverdienern mit bis zu 80 Prozent ge-
fördert. Das ist eine Leistung unserer Volkswirtschaft
und der Steuerzahler in unserem Land. Diese Förderung
ist ein Anreiz für die jungen Menschen, für das Alter zu-
sätzlich vorzusorgen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Es zeigt sich sehr deutlich: Wir haben mit dem heuti-
gen Rentenanpassungsgesetz die bewährte Rentenpolitik
der Vergangenheit fortgeführt. Ich bitte deshalb um Zu-
stimmung.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1616019200

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den von den
Fraktionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten
Entwurf eines Gesetzes zur Rentenanpassung 2008. Der
Ausschuss für Arbeit und Soziales empfiehlt in seiner
Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/9100, den Ge-
setzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD
auf Drucksache 16/8744 anzunehmen. Ich bitte diejeni-
gen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das
Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? –
Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung mit den
Stimmen von CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen
der Oppositionsfraktionen bei – wenn ich es richtig gese-
hen habe – einigen Enthaltungen aus der CDU/CSU-
Fraktion angenommen.

Wir kommen zur

dritten Beratung

und Schlussabstimmung. Dazu liegen schriftliche Erklä-
rungen nach § 31 unserer Geschäftsordnung von
18 Kollegen vor1). Ich bitte nun diejenigen, die dem Ge-
setzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Wer

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1) Anlagen 4 und 5

(C (D timmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf st damit mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD geen die Stimmen der Fraktionen der FDP, der Linken nd der Grünen bei einer Gegenstimme aus der CDU/ SU-Fraktion und einer Enthaltung aus der CDU/CSUraktion angenommen. Wir kommen zur Abstimmung über den Entschlieungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf rucksache 16/9107. Wer stimmt für diesen Entschlieungsantrag? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – er Entschließungsantrag ist mit den Stimmen von DU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Frak ion Bündnis 90/Die Grünen bei Enthaltung der Fraktion ie Linke abgelehnt. Tagesordnungspunkt 5 b. Interfraktionell wird Übereisung der Vorlage auf Drucksache 16/9068 an die in er Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlaen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. ann ist die Überweisung so beschlossen. Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 7 auf: Beratung des Berichts des Ausschusses für Gesundheit Geschäftsordnung – zu dem von den Abgeordneten Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks, Christian Ahrendt und weiteren Abgeordneten eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Betäubungsmittelgesetzes und anderer Vorschriften – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Harald Terpe, Birgitt Bender, Elisabeth Scharfenberg, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Gesetzliche Voraussetzungen für heroingestützte Behandlung Schwerstabhängiger schaffen – zu dem Antrag der Abgeordneten Monika Knoche, Ulla Jelpke, Frank Spieth, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Heroinmodell in die Regelversorgung überführen und Therapiefreiheit der Ärztinnen und Ärzte schützen – zu dem Antrag der Abgeordneten Detlef Parr, Daniel Bahr weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Kontrollierte Heroinabgabe in die Regelversorgung aufnehmen – Drucksachen 16/4696, 16/2075, 16/2503, 16/3840, 16/8886 – Berichterstattung: Abgeordnete Dr. Martina Bunge Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Damit eröffne ich die Aussprache und erteile Kollegen Harald Terpe, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, das Wort. Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kolle gen! Es ist empörend, was man beim Thema Heroinbehandlung in letzter Zeit erleben musste. Teile der Union blockieren nicht nur die Gesetzentwürfe der Opposition im Ausschuss. Sogar den vergleichbaren Gesetzentwurf aus dem Bundesrat blockieren sie aus rein ideologischer Borniertheit. Worum geht es? Es gibt eine Gruppe von Menschen in unserer Gesellschaft, die an einer schweren Erkrankung leiden. Sie sind heroinabhängig. Vielen dieser Menschen kann mittlerweile durch die Substitution mit Methadon verhältnismäßig erfolgreich geholfen werden. Es gibt aber das Problem, dass ein kleiner Teil der schwer Heroinabhängigen mit diesem Therapieangebot nicht mehr zu erreichen ist. Sie geraten immer stärker in den Teufelskreis aus Sucht, Krankheit, Kriminalität und Verelendung. Ihnen könnte eine zeitweilige therapeutische Heroingabe unter strengen Auflagen helfen, sich aus dem Drogenelend zu befreien. Das belegen sowohl internationale Erfahrungen als auch besonders eine in Deutschland durchgeführte und von der Bundesregierung finanzierte Arzneimittelstudie nebst Begleitforschung. Die Rede ist vom sogenannten Modellprojekt zur heroingestützten Behandlung Opiatabhängiger. Die überwiegende Mehrheit der Abgeordneten dieses Hauses – Abgeordnete aus der Opposition und der SPD und übrigens auch Abgeordnete aus der Unionsfraktion –, der Bundesrat, die Mehrheit der Ministerpräsidenten, sämtliche Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker der beteiligten Städte, die meisten Verbände und Experten sowie die Gewerkschaft der Polizei befürworten nach den Ergebnissen des Modellversuches und ihren eigenen positiven Erfahrungen die Einführung der Heroinbehandlung für schwer Opiatabhängige. Es geht nicht um die Legalisierung von Heroin, Herr Kollege Spahn. Es geht schlichtweg darum, einer kleinen Gruppe schwerstopiatabhängiger Menschen gesetzlich geregelt eine letzte Chance zu geben, damit sie wieder eine Wohnung und einen Job suchen, ihr soziales Leben stabilisieren sowie ihre oft zahlreichen Krankheiten und Infektionen behandeln können. So kommen sie aus ihrem Elend raus. Wenn diese Tür versperrt wird, führt der Weg zurück in die Drogenszene. Dann tragen Sie von der Union die Verantwortung für die Zukunft dieser Menschen. Welche Zukunft das ist, kann man im aktuellen Bericht der Drogenbeauftragten der Bundesregierung, Frau Bätzing, nachlesen: Die Zahl der Drogentoten – lange auf einem hohen Niveau – steigt wieder an. Herr Spahn hat die Fortsetzung des jetzigen Modellprojekts einmal als guten Kompromiss bezeichnet. Das i d n S s d m S K g w t d S g S v s S d i C I O H n g d u c D n m h z S z (C (D st blanke Heuchelei angesichts der Tatsache, dass sich er Bund aus der Finanzierung zurückzieht. Wir wissen icht nur, dass die Kommunen mit dem Problem der chwerstabhängigen finanziell alleingelassen werden, ondern auch, dass die Union mit ihrer Blockadehaltung as Ziel verfolgt, die Sache so lange auszusitzen, bis nieand mehr danach fragt. Die Leidtragenden sind die chwerstopiatabhängigen. Mit Ausnahme der Vertreter der Spitzenverbände der rankenkassen haben in der Anhörung alle darauf hinewiesen, dass die gesundheitsökonomischen und volksirtschaftlichen Auswirkungen der Herointherapie posi iv zu bewerten sind. Dennoch ziehen Sie von der Union urchs Land und behaupten das Gegenteil. Albert Schweitzer hat einmal gesagt: Humanität besteht darin, dass niemals ein Mensch einem Zweck geopfert wird. ie opfern diese Menschen ihren ausschließlich ideoloisch motivierten Vorbehalten. Das ist inhuman. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Monika Knoche [DIE LINKE] – Jens Spahn [CDU/CSU]: Unverschämtheit!)





(A) )


(B) )

Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1616019300

Blockade von Oppositionsanträgen ist in diesem Haus
itte, aber ich bitte Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen
on der Koalition, trotzdem eindringlich darum, den Ge-
etzentwurf des Bundesrates nicht länger zu blockieren.
ie tun das nicht für mich, die Opposition oder den Bun-
esrat. Sie tun das für Menschen, die sonst keine Chance
m Leben mehr haben.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie des Abg. Detlef Parr [FDP])



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616019400

Ich gebe das Wort der Kollegin Maria Eichhorn,

DU/CSU-Fraktion.


Maria Eichhorn (CSU):
Rede ID: ID1616019500

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

n Deutschland leben zurzeit schätzungsweise 140 000
piatabhängige. Die meisten von ihnen konsumieren
eroin. Diese Menschen können sich aus ihrer Sucht
icht mehr selbst befreien. Sie sind auf unsere Hilfe an-
ewiesen.

Herr Terpe, Sie sprachen gerade von Blockade. Bei
er Behandlung dieser Problematik geht es aber nicht
m Blockade. Es gibt schlicht und einfach unterschiedli-
he Meinungen zu diesem Thema. Ich denke, in einer
emokratie muss es möglich sein, unterschiedliche Mei-
ungen zu äußern und auszuhalten.

Ziel aller Behandlungsmaßnahmen muss es sein,
öglichst viele der Abhängigen in das bestehende Be-

andlungssystem zu integrieren, um ihren Gesundheits-
ustand zu stabilisieren und sie langfristig von ihrer
ucht zu befreien. Stabilisierung und Abstinenz sind
wei Seiten derselben Medaille, nicht nur für die CDU/






(A) )



(B) )


Maria Eichhorn
CSU-Bundestagsfraktion, sondern auch für viele Fach-
leute, und oberste Maxime jeder Substitutionsbehand-
lung.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Das gilt auch für die Behandlung mit Methadon, von der
in Deutschland 62 000 Patienten profitieren.

Diese Ausstiegsorientierung spielt bei der Diamor-
phinsubstitution jedoch keine Rolle. Der 1998 von der
rot-grünen Bundesregierung vereinbarte Modellversuch
hatte die Aufgabe, die Wirkung der Heroin- bzw. Metha-
donbehandlung zu vergleichen, jedoch nur im Hinblick
auf die Verbesserung des Gesundheitszustands und den
Rückgang des illegalen Drogenkonsums. Die Ergebnisse
des Modellprojektes lassen nach unserer Meinung kei-
nen sicheren Schluss auf die Überlegenheit der Heroin-
substitution zu. Dieser Ansicht sind übrigens nicht nur
wir, sondern auch viele Fachleute.


(Elke Ferner [SPD]: Wer denn? Ihre Länder nicht!)


Unsere wichtigsten Kritikpunkte lauten: In der
Gruppe der Heroinpatienten ergab sich bei 80 Prozent
eine Verbesserung des Gesundheitszustandes, in der Me-
thadongruppe bei 74 Prozent. Das ist zwar statistisch si-
gnifikant, aber dieser Unterschied beruht nach Meinung
vieler Fachleute auf der unterschiedlichen Erwartungs-
haltung. So traten bei vielen Heroinpatienten bereits vor
Studienbeginn nur aufgrund der Erwartung der Behand-
lung Verbesserungen des Gesundheitszustandes auf.

Besorgniserregend sind die Ergebnisse der Studie im
Hinblick auf das Auftreten medizinischer Komplika-
tionen, die übrigens bei der Anhörung bestätigt wurden.
Von Atemdepression waren 23 Heroinpatienten betrof-
fen, jedoch nur ein Methadonpatient. Krampfanfälle tra-
ten bei 63 Heroinpatienten auf, aber nur bei einem
Methadonpatienten. Schwere allergische Reaktionen be-
trafen 7 Heroinpatienten, jedoch keinen Methadon-
patienten. Hier handelt es sich nicht mehr um nur statis-
tisch signifikante Unterschiede. Die Heroinbehandlung
birgt weitaus größere gesundheitliche Risiken als die Be-
handlung mit Methadon. Wenn die Rede davon ist, dass
wir Menschenleben retten wollen, dann dürfen wir diese
Zahlen nicht aus den Augen verlieren.

Der Rückgang des illegalen Drogenkonsums war bei
den Patienten, die Heroin bekamen, zwangsläufig höher
als bei den Methadonpatienten. Bei rund einem Drittel
der Heroinpatienten änderte sich das Konsumverhalten
trotz Heroinvergabe nicht.


(Elke Ferner [SPD]: Bei zwei Dritteln aber schon!)


Es wurden weiterhin illegale Drogen wie Kokain, aber
auch Heroin konsumiert. Von einem Erfolg der Behand-
lung kann in diesem Punkt nicht gesprochen werden.


(Beifall der Abg. Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU] – Elke Ferner [SPD]: Zwei Drittel ist kein Erfolg?)


Begleitende Spezialstudien untersuchten unter ande-
rem gesundheitsökonomische Effekte und die Kriminali-

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(C (D ätsentwicklung. Es ging um die Kostenersparnisse der eroinbehandlung in den Bereichen Delinquenz, Anklaen vor Gericht und volkswirtschaftlicher Produktiviätsgewinn. Positive Entwicklungen in diesen Bereichen erden immer als großer Erfolg dargestellt. Sie sind al erdings nicht verwunderlich. Denn wer Heroin legal beommt, muss es nicht mehr illegal beschaffen. Zwangsäufig sinkt dann die Kriminalitätsrate. Dem gegenüber stehen die hohen Behandlungskosten er Heroinsubstitution. Für die Heroinpatienten wurden ro Patient und Jahr 18 060 Euro ausgegeben. Das ist reimal mehr als für die Methadonsubstitutierten mit 147 Euro. (Detlef Parr [FDP]: Das muss man gegenrechnen!)


n Zeiten knapper Kassen können wir unseren Mitbür-
ern nicht zumuten, die Kosten für ein zusätzliches Be-
andlungssystem aufzubringen, dessen Nutzen nicht er-
iesen ist.


(Elke Ferner [SPD]: Das ist christliche Nächstenliebe, was Sie da erzählen?)


hne feste Orientierung auf den Ausstieg ist die Be-
andlungsdauer zudem völlig offen.

Die Ergebnisse des Modellprojektes sind für uns alles
ndere als überzeugend.


(Sabine Bätzing [SPD]: Was sollen wir noch machen?)


Es gibt viele medizinische, sozialpolitische und si-
herheitspolitische Aspekte, die ungeklärt sind. Deswe-
en hat sich unsere Fraktion mehrheitlich gegen eine
berführung der heroingestützten Behandlung in die Re-
elversorgung ausgesprochen. Stattdessen sollte die He-
oinbehandlung im Rahmen eines neuen Modellvorha-
ens mit dem Ziel weitergeführt werden, neue
rkenntnisse zu erlangen und die angesprochenen offe-
en Fragen zu klären. Dazu zählt beispielsweise die
rage der Abstinenzorientierung. Denn nur 8 Prozent der
atienten konnten im Rahmen des Modellversuchs in
ine Abstinenztherapie überführt werden.


(Monika Knoche [DIE LINKE]: Das ist ein ganz großer Erfolg, Frau Eichhorn!)


amit ist auch noch nicht geklärt, ob diese erfolgreich
ar.

Es wird ja immer gesagt, es seien nur ganz wenige Pa-
ienten betroffen. Wer an der Anhörung teilgenommen
at, der hat gehört, dass die Fachleute von bis zu
0 000 Betroffenen sprachen. Ich frage Sie: Ist das eine
eringe Zahl von Patienten? Es geht also nicht um eine
leine Gruppe von Patienten, wie Herr Terpe gesagt hat,
ondern es könnte sich um eine große Zahl von Betroffe-
en handeln.

Meine Damen und Herren, die Heroinbehandlung ist
icht ohne Alternative.


(Elke Ferner [SPD]: Aha! Interessant!)







(A) )



(B) )


Maria Eichhorn
Viele Sachverständige vertreten die Auffassung, dass
Umfang und Ausmaß der psychosozialen Betreuung für
den Behandlungserfolg entscheidend sind.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Durch eine Intensivierung und Verbreiterung der psy-
chosozialen Betreuung bei der Methadonsubstitution
wären, so sagen die Fachleute, ähnlich gute Ergebnisse
wie im Modellvorhaben mit Heroin zu erreichen. In An-
betracht dessen stellt sich die Frage, wie man die vor-
handenen Mittel so einsetzt, dass möglichst vielen Men-
schen geholfen werden kann; denn darum geht es
letztlich.


(Beifall bei der CDU/CSU)


In der Schweiz werden zwei Drittel der Opiatabhängi-
gen durch die Methadonsubstitution erreicht, in Deutsch-
land wird nur die Hälfte dieser Gruppe erreicht. Dies
zeigt, dass die Methadonbehandlung in der Bundesrepu-
blik ausbaufähig ist.

Da Sie, Herr Terpe, die zunehmende Zahl der Dro-
gentoten angesprochen haben, möchte ich Sie darauf
hinweisen: Sie sollten auch sagen, dass im Suchtbericht
der Bundesregierung ganz eindeutig steht, dass die Ursa-
che dafür nicht geklärt ist. Es ist lediglich davon die
Rede, dass die Zahl der Drogentoten zugenommen hat,
mehr nicht. Die Ursache für diese Entwicklung muss ge-
klärt werden; das ist richtig. Sie können aber nicht be-
haupten, dass diese Entwicklung auf die fehlende Hero-
insubstitution zurückzuführen sei.

Die Opposition hat vielfach betont, dass, was die von
ihr vorgelegten Anträge angeht, besondere Eile geboten
sei und dass die Weiterbehandlung der Patienten nur
durch eine gesetzliche Überführung in die Regelversor-
gung sichergestellt werden könne. Davon kann keine
Rede sein. Dies bestätigt auch ein Schreiben der Parla-
mentarischen Staatssekretärin im Bundesgesundheitsmi-
nisterium, Frau Caspers-Merck. Darin heißt es, dass die
Versorgung der bisherigen Heroinpatienten durch die Fi-
nanzierung der Städte gesichert ist.


(Detlef Parr [FDP]: Und die der anderen?)


Der Anteil der Bundesförderung ist mit 10 Prozent, ge-
messen an den gesamten Behandlungskosten, ohnehin
gering.


(Elke Ferner [SPD]: Frau Roth wird Ihnen bestimmt dankbar sein, dass sie dafür alleine aufkommen darf!)


Die Patienten werden seit Ende des Modellprojekts auf
Basis einer Ausnahmeerlaubnis weiter mit Diamorphin
versorgt.

Karlsruhe, Köln und Frankfurt haben zudem Geneh-
migungen für die Aufnahme neuer Patienten bekommen;
das wissen Sie.


(Sabine Bätzing [SPD]: Ja! Die müssen alles selber zahlen!)


Ihre Behandlung ist also trotz unterschiedlicher Ansich-
ten in diesem Hause sichergestellt. Die Diamorphinbe-
handlung kann in den bestehenden Ambulanzen auch

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(C (D hne Gesetzesänderung fortgeführt werden. Für die Paienten ändert sich nichts. Jeder, der Hilfe braucht, wird ie auch in Zukunft erhalten. (Beifall bei der CDU/CSU – Elke Ferner [SPD]: Das stimmt ja überhaupt nicht! Eben haben Sie doch selbst gesagt, dass das nicht finanziert werden kann!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616019600

Für die FDP-Fraktion gebe ich das Wort dem Kolle-

en Detlef Parr.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)



Detlef Parr (FDP):
Rede ID: ID1616019700

Verschieben, vertagen und auf Zeit setzen, das, Frau

räsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, prägt seit
em Sommer 2006, also seit fast zwei Jahren, diese par-
amentarische Debatte. Fast zwei Jahre lässt die Bundes-
egierung Schwerstabhängige im Stich, lässt sie enga-
ierte Städte und Gemeinden allein, betreibt sie eine
ucht- und Drogenpolitik von vorgestern


(Elke Ferner [SPD]: Nein! Nicht die Bundesregierung! Eine Fraktion der Koalition!)


nd verfolgt sie eine Ideologie zulasten notleidender
enschen. Das ist ein beschämendes Schauspiel.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP sowie des Abg. Dr. Harald Terpe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Annette Widmann-Mauz [CDU/ CSU]: So ein Unsinn! Hör doch auf!)


Zwischen der praktischen Politik vor Ort und der Po-
itik zweifelhafter Prinzipien unter dieser Glaskuppel lie-
en Welten. Es ist traurig, dass wir sogar die Geschäfts-
rdnung bemühen mussten, um heute hier im Plenum
berhaupt eine öffentliche Debatte über dieses Thema
ühren zu können.

Meine Damen und Herren, die Ergebnisse des Mo-
ellversuchs verlangen mehr als einen faulen Kompro-
iss aus Fristverlängerungen und Ausnahmeregelungen.

n den Metropolen Hamburg und München endet die Er-
aubnis zur Weiterbehandlung der im Modellversuch be-
indlichen Patientinnen und Patienten in gut sieben Wo-
hen. Die Bundesförderung ist bereits seit zwei Monaten
usgelaufen. Das ist ein unhaltbarer Zustand.


(Elke Ferner [SPD]: Richtig!)


Dazu heißt es im soeben vorgelegten Sucht- und Dro-
enbericht der Bundesregierung lapidar – Zitat –:

Die Dokumentation und das Monitoring der dia-
morphingestützten Behandlung in Deutschland sol-
len jedoch weiterhin durch den Bund gefördert wer-
den, damit im Sinne der Qualitätssicherung eine
Verlaufskontrolle der Behandlung erfolgt, die
Durchführungsstandards und Behandlungseffekte
einschließt.

ie großzügig! Das ist alles, was die CDU/CSU noch
ulässt: die seelenlose Verwaltung eines Projekts anstelle






(A) )



(B) )


Detlef Parr
einer berechenbaren Hilfe für alle Schwerstabhängigen
auf einer sicheren Rechtsgrundlage.


(Beifall bei der FDP und der SPD)


Man muss dies vor dem Hintergrund betrachten, dass bei
einer Anhörung vor acht Monaten von den beteiligten
Städten Hamburg, München, Frankfurt, Köln, Hannover,
Bonn und Karlsruhe eindrucksvoll belegt wurde, welch
segensreiche Wirkung die diamorphingestützte Behand-
lung bei schwer Opiatabhängigen entfaltet, bei einer
kleinen Gruppe von Menschen, bei denen eine her-
kömmliche Substitutionsbehandlung nicht erfolgreich
verläuft, die von anderen Maßnahmen der Suchtbehand-
lung gar nicht mehr erreicht wird, bei einer Gruppe von
Langzeitabhängigen, deren Alter über zehn Jahre höher
als das des durchschnittlichen Drogenabhängigen in
Deutschland ist, von Schwerstbetroffenen, für die es oft
nur noch ums nackte Überleben geht.

Erst vor drei Tagen – Harald Terpe hat darauf hinge-
wiesen – stellte die Bundesregierung in einer Presse-
erklärung fest, dass es bei Heroinkonsumenten im Jahr
2007 leider eine Trendwende gegeben hat: Die Zahl der
Drogentoten ist im Jahr 2007 im Vergleich zum Vorjahr
um 7,6 Prozent gestiegen; es verstarben 1 394 Menschen
an den Folgen des Konsums illegaler Drogen; 2006 wa-
ren es noch 1 296 Menschen. Es ist richtig, Frau
Eichhorn: Eine klare Ursache für diese Entwicklung
kann noch nicht benannt werden, weil die Auswertungs-
ergebnisse noch nicht vorliegen. Eine mögliche Ursache
– hören Sie jetzt genau zu! – könnte die veränderte Al-
tersstruktur bei den Abhängigen sein, die inzwischen äl-
ter geworden sind und bei denen der körperliche Verfall
voranschreitet. Aber auch die private und berufliche Per-
spektivlosigkeit von Heroinabhängigen können drogen-
bedingte Todesfälle begünstigen.

Wie können uns in diesem Hause eigentlich solche
Schicksale kaltlassen?


(Beifall bei der FDP, der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es wirkt fast zynisch, wenn im Sucht- und Drogenbe-
richt, der auch von der Union als Regierungspartner ge-
tragen wird, von vier Säulen die Rede ist, von denen eine
die Überlebenshilfe ist. Ist es nicht Überlebenshilfe,
wenn bei den Probanden die Zahl der regelmäßig arbei-
tenden um 11 Prozent auf 27 Prozent steigt, wenn die
Beschaffungskriminalität sinkt, wenn der Zwang zur
Prostitution abnimmt und wenn die Delinquenzrate in-
nerhalb eines Jahres von etwa 70 Prozent auf 27 Prozent
zurückgeht?

Das hat auch der Bundesrat so gesehen und mit deut-
licher Mehrheit eine entsprechende Initiative in den
Bundestag eingebracht. Wir haben gemeinsam mit den
Grünen und den Linken einen Gesetzentwurf erarbeitet,
der auch von vielen Mitgliedern der SPD-Fraktion


(Elke Ferner [SPD]: Von allen!)


und von Teilen der Union inhaltlich unterstützt wird. Es
gibt also eine Mehrheit in diesem Hause, die die notwen-
dige Gesetzesänderung will.


(Elke Ferner [SPD]: Eine deutliche Mehrheit!)


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(C (D Es ist unseren Besuchern auf der Tribüne und der Öfentlichkeit nicht zu erklären, dass Koalitionsdisziplin ehr wert sein soll als eine Bundestagsmehrheit. Das ist erkehrte Demokratie. (Beifall bei der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


a es hier um Überlebensschicksale geht, empfinde ich
ie Entscheidung als Gewissensentscheidung. Deshalb
ppelliere ich an die Union: Geben Sie die Abstimmung
rei. Die Betroffenen und ihr Umfeld werden es uns dan-
en.

Ich danke Ihnen fürs Zuhören.


(Beifall bei der FDP, der SPD und der LINKEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616019800

Das Wort hat die Drogenbeauftragte der Bundesregie-

ung, Sabine Bätzing.


(Beifall bei der SPD)


Sabine Bätzing, Drogenbeauftragte der Bundesre-
ierung:

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
ollegen! Ich möchte die Aussprache für eine sachliche,
üchterne und faktenorientierte Information zur Diamor-
hinbehandlung nutzen.


(Detlef Parr [FDP]: Nüchtern sein ist für die Drogenbeauftragte auch wichtig!)


Das ist richtig. – Dank des beachtlichen finanziellen
ngagements von sieben Städten, vier Ländern und des
undes findet in Deutschland eine Diamorphinbehand-

ung statt, die als weltweit anerkannte Arzneimittelstudie
egonnen wurde.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Die Ergebnisse sind inzwischen in international re-
ommierten Fachzeitschriften publiziert worden. Mit
iesen Veröffentlichungen wurden die Ergebnisse in die
nternational grundlegende Datenbank für evidenzba-
ierte Studien aufgenommen. Damit sind meiner Mei-
ung nach alle Zweifel an der wissenschaftlichen Quali-
ät der Studie ausgeräumt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Über was reden wir hier eigentlich? Wir sprechen hier
ber eine medizinisch fundierte Behandlungsform für
chwerstopiatabhängige. Diese Menschen sind nicht ir-
endwie in den Teufelskreis der Abhängigkeit geraten,
iese Menschen sind in ihrer Kindheit und Jugend stark
ernachlässigt, schwer misshandelt oder sogar sexuell
issbraucht worden. Drogen sind für diese Menschen

in Mittel, um diese quälenden Erlebnisse und Erinne-
ungen ertragen zu können. Es kostet diese Menschen
mmense Kraft, ihre seelischen und körperlichen
chmerzen zu überwinden und ein abstinentes Leben zu
ühren.






(A) )



(B) )


Sabine Bätzing, Drogenbeauftragte der Bundesregierung
Umso erstaunlicher sind die Ergebnisse der Diamor-
phinbehandlung: 12,6 Prozent der Patienten, die ihre Be-
handlung regulär beendeten, begannen entweder mit ei-
ner Abstinenztherapie oder schafften es ohne weitere
Hilfe, abstinent zu leben. Fast 13 Prozent Abstinenz-
quote, und das, obwohl sich die Experten einig sind, dass
Schwerstopiatabhängigkeit eine chronische Krankheit
ist.

Manche Kollegen glauben, dass sich die nachgewie-
senen signifikanten Unterschiede zwischen Methadon-
und Diamorphinsubstitution ausgleichen würden, wenn
man die bisherige Substitution ausbaute. Davor möchte
ich warnen. Wer das glaubt, vergleicht Äpfel mit Birnen;
denn Diamorphin erhalten nur die Menschen, die mit der
bisherigen Substitution nicht fachgerecht behandelt wer-
den konnten.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Detlef Parr [FDP])


Der unionsdominierte Bundesrat hat aus den Erfolgen
der Diamorphinbehandlung die richtige Schlussfolge-
rung gezogen und mit der überwältigenden Mehrheit von
13 Ländern einen Gesetzentwurf zur diamorphingestütz-
ten Behandlung beschlossen.

In ihrer Stellungnahme zu diesem Gesetzentwurf geht
die Bundesregierung davon aus, dass unter anderem der
Grundsatz der Ausstiegsorientierung noch geklärt wer-
den muss. Kolleginnen und Kollegen, ich bin der Auf-
fassung, dass sich mit den von mir genannten neuen
Zahlen auch diese Klärung eigentlich erledigt hat.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ausstieg und Abstinenz sind anscheinend auch bei
schwerer Opiatabhängigkeit möglich, wenn auch nicht
die Regel. Deswegen fragen wir uns: Konnte die Dia-
morphinbehandlung den Zustand derjenigen Patienten,
die erwartungsgemäß in der Behandlung geblieben sind,
verbessern? Ja, die Diamorphinbehandlung war und ist
erfolgreich. So ging zum Beispiel das riskante Konsum-
verhalten, wie das gemeinsame Benutzen von Spritzbe-
steck bezeichnet wird, quasi auf null zurück. Der ge-
sundheitliche und psychische Zustand der Patienten hat
sich zu Beginn der Behandlung deutlich verbessert und
stabilisiert. Auch ihre soziale Situation ist deutlich bes-
ser geworden: Der Anteil der arbeitsfähigen Patienten,
die Arbeit fanden, stieg von 29 Prozent auf 68 Prozent.
Die Verwicklung in illegale Geschäfte sank von über
67 Prozent zu Beginn der Studie auf nun 7 Prozent.
Mein Fazit lautet: Die Diamorphinbehandlung ist erfolg-
reich bei den Schwerstopiatabhängigen, denen mit den
bisherigen Therapien nicht ausreichend geholfen werden
konnte.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Detlef Parr [FDP])


Kolleginnen und Kollegen, noch erhalten die Betrof-
fenen in den sieben Städten ihr Diamorphin; aber die

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(C (D ostenbelastung für die Kommunen ist enorm. Was pasiert, wenn die Behandlung aus finanziellen Gründen ingestellt werden muss? Wer übernimmt dann die Verntwortung für das Schicksal der Patientinnen und atienten? Gerade wir Parlamentarier müssen vorbeuend handeln. Konkret heißt das, über den guten Gesetzntwurf des Bundesrates zu beraten und ihn zu verabchieden, damit eine Regelversorgung mit Diamorphin rmöglicht wird. In der Stellungnahme der Bundesregierung sind weiere offene Fragen aufgeführt. Ich appelliere deswegen n die Kolleginnen und Kollegen vor allem der CDU/ SU-Fraktion, im Rahmen der parlamentarischen Bera ung die noch offenen Fragen gemeinsam konstruktiv zu lären, damit wir den betroffenen Schwerstabhängigen ndlich eine wirksame Überlebenshilfe bieten können. ie Diamorphinbehandlung ist nämlich – das hören wir us den Reihen der CDU, vor allen Dingen aber aus den eihen der Kirchen – ein zutiefst christliches Projekt, eil sie Leben retten kann. Danke schön. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Maria Eichhorn [CDU/CSU]: Das musste noch kommen!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616019900

Ich gebe das Wort der Kollegin Monika Knoche,

raktion Die Linke.


Monika Knoche (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616020000

Frau Präsidentin! Ich muss schon sagen, Frau Kolle-

in: Es ist nahezu beispiellos, mit welcher Chuzpe Sie
ich hier für die CDU/CSU gegen jede Wahrhaftigkeit in
er Argumentation verweigern, schwerkranken Men-
chen die notwendige medizinische Hilfe zu gewähren.
ch finde das beispiellos und auch skrupellos.


(Beifall bei der LINKEN – Jens Spahn [CDU/ CSU]: Können Sie uns ein Faktum nennen, das falsch war?)


Angesichts der Tatsache, dass es kein arzneimittel-
echtliches und kein medizinethisches Argument gibt,
as auf Ihrer Seite steht, kann ich nur sagen: Es sind Ihre
deologischen Scheuklappen, von denen Sie sich leiten
assen und die zum Ergebnis haben, dass einem Teil der
eroinabhängigen Menschen das Recht abgesprochen
ird, nach dem neuesten Stand der Wissenschaft und

rztlichen Kunst therapiert zu werden. Das sind die Fak-
en, über die wir sprechen.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616020100

Frau Kollegin Knoche, gestatten Sie eine Zwischen-

rage des Kollegen Spahn?


Monika Knoche (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616020200

Nein, Herrn Spahn gebe ich jetzt bewusst keine Gele-

enheit.






(A) )



(B) )


Monika Knoche

(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Oh, da hat jemand Angst vor Nachfragen!)


Es geht um nichts anderes als darum, Diamorphin als
ein neues Medikament zuzulassen, damit Abhängigen,
denen anders nicht geholfen werden kann, eine wirk-
same Therapie zuteil wird. Selten – das muss ich beto-
nen – gab es eine so intensive, über fast zehn Jahre wäh-
rende fachliche Beratung über eine Gesetzesänderung in
diesem Haus. Es wurde extra eine wissenschaftliche Stu-
die durchgeführt, um dieses neue Medikament zu prüfen
und mit dem Vorhandenen zu vergleichen.

Das Ergebnis liegt vor: Diamorphin hilft nachweislich
auf allen gesundheits- und sozial relevanten Gebieten.
Es hilft diesen Menschen, ein Leben in Würde und frei
von Kriminalität zu führen. Das müssen wir ganz hoch
respektieren. Haben Sie Respekt vor diesen Menschen
und vor der großen Leistung, die sie individuell erbrin-
gen! Manche finden sogar den Weg in die Abstinenz.
Wie können Sie darüber hinweggehen?


(Beifall bei der LINKEN – Maria Eichhorn [CDU/CSU]: Das können sie auch mit Methadon erreichen, liebe Kollegin!)


Ich frage: Sind Sie bereit, zu akzeptieren, dass viele
dieser schwerkranken Menschen einen vermeidbaren
frühzeitigen Tod sterben, wenn diese Therapie nicht eta-
bliert wird? Uns als Politikerinnen und Politiker steht
diese Entscheidung über Lebensperspektiven anderer
nicht zu. Es steht uns auch nicht zu, mit Kostenargumen-
ten dagegenzuhalten. Jedes individuelle Leben ist es
wert, geschützt zu werden. Das sollten Sie als Christde-
mokraten doch wissen.


(Beifall bei der LINKEN und der SPD)


Dieser Gesetzentwurf wird von der Bundesärztekam-
mer, von den Suchtexperten, von den Bundesländern
und von den Städten und Gemeinden getragen. Ich weiß,
worüber ich rede. Ich habe das Projekt in Karlsruhe mit
initiiert. Sie gehen hier sogar gegen den Rat Ihrer eige-
nen Oberbürgermeisterin vor und verweigern, dass das
Parlament endlich eine Entscheidung treffen kann. Um
was geht es? Sie betreiben eine Obstruktionspolitik im
Gesundheitsausschuss und verweigern sich, sodass wir
nach der Expertenanhörung keinen Beschluss fassen
konnten, um hier im Deutschen Bundestag ein Gesetz zu
erlassen.

Gemeinsam mit der FDP und den Grünen haben wir
Linken hier einen Gesetzentwurf vorgelegt, der de-
ckungsgleich mit den Interessen des Bundesrates ist. Die
SPD spricht mit großer Überzeugung davon, dass sie
dieses Projekt durchführen will. Es gibt keinen Koali-
tionsvertrag, durch den irgendjemand daran gehindert
wird, nach bestem Wissen und Gewissen zu entscheiden.
Es gibt auch keine Koalitionsvereinbarung, wonach die-
ses Projekt verhindert werden soll.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, ich
sage das ganz ehrlich: Springen Sie an dieser Stelle und
nabeln Sie sich von der CDU/CSU ab! Gehen Sie diesen
Schritt mit uns gemeinsam! Die betroffenen Menschen
und ihre Angehörigen, die die große Hoffnung in uns

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(C (D etzen, dass wir in der Politik endlich die Ideologie und arteibücher beiseiteschieben und das tun, was für diese ranken Menschen notwendig ist, werden es Ihnen danen. Danke schön. Das Wort zu einer Kurzintervention gebe ich dem ollegen Spahn. (Detlef Parr [FDP]: Aber bitte die Wahrheit sagen, Herr Spahn!)


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616020300


Jens Spahn (CDU):
Rede ID: ID1616020400

Frau Kollegin Knoche, weil Sie mir nicht die Gele-

enheit gegeben haben, eine Zwischenfrage zu stellen,
eginne ich mit einer Frage.

Wenn Sie schon behaupten, hier sei nicht wahrhaftig
esprochen worden, dann wäre ich Ihnen dankbar, wenn
ie mir genau belegen könnten, welche Daten der Kolle-
in Eichhorn nicht wahr sind. Wenn Sie eine solche Be-
auptung aufstellen, dann müssen Sie auch sagen kön-
en, welche Angaben nicht wahr waren. Es ist nicht
edlich, einfach eine derartige Behauptung in den Raum
u stellen.

Des Weiteren – das gilt auch für andere Kollegen –
ringen Sie immer wieder den Vorwurf der Ideologie
or. Auch wenn man in der Sache zu einer anderen Be-
ertung kommt als Sie und Nachfragen an die bereits

ufgezeigten Ergebnisse dieser Studie hat – etwa was die
bstinenzorientierung, die Zahlen usw. angeht –, sollten
ie sich auf eine sachliche Diskussion einlassen, statt
en Vorwurf der Ideologie wie einen Hammer einzuset-
en.

Ich würde Ihre Aufregung verstehen, wenn es derzeit
n Deutschland keine Alternativbehandlung Heroinsüch-
iger gäbe. Es gibt aber die Alternative der Methadonbe-
andlung.


(Sabine Bätzing [SPD]: Aber nicht für Schwerstopiatabhängige!)


eswegen sollten Sie nicht so tun, als gäbe es keine
lternative zu dem, was Sie fordern.


(Elke Ferner [SPD]: Aber sie hat nicht geholfen!)


Was die Methadonbehandlung angeht, wäre vielleicht
u prüfen, ob es nicht einer besseren psychosozialen Be-
reuung bedarf, weil die Länder und insbesondere die
ommunen in letzter Zeit vieles in diesem Bereich zu-

ückgefahren haben. Bei einer ähnlichen Tagesstruktur
ie bei der Heroinbehandlung, bei der man dreimal am
ag eine entsprechende Stelle aufsuchen muss, gäbe es
icherlich andere Ergebnisse.

Wenn es Ihnen ein so großes Anliegen ist, Frau Kolle-
in Bätzing, dann stelle ich mir die Frage, warum Sie
ich nicht bereit erklären, unseren Weg mitzugehen,
enn wir das Angebot machen, das auch von den






(A) )



(B) )


Jens Spahn
Städten, von denen schon mehrfach die Rede war, be-
grüßt und aufgegriffen wurde, nämlich die Studie fortzu-
setzen und gemeinsam Möglichkeiten zu suchen, wie
Bundesmittel zur Verfügung gestellt werden können, um
die offenen Fragen zur Abstinenzorientierung, zum Bei-
konsum etc. zu prüfen und sowohl den Städten als auch
den Menschen zu helfen und – das ist das Entscheidende –
neue Erkenntnisse zu gewinnen. Diesem Weg, der auch
in Ihrem Interesse sein müsste, verweigern Sie sich aber.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616020500

Frau Kollegin Knoche.


Monika Knoche (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616020600

Darauf kann ich Ihnen in aller Ruhe antworten. Da ich

selber Mitglied der damaligen Regierungsfraktion war,
die dieses Modellprojekt ins Leben gerufen hat, bin ich
sehr gut über die Kriterien für dieses Projekt informiert.

Ich bin auch eine engagierte Vertreterin der psycho-
sozialen Betreuung, die aber – das müssen Sie zur
Kenntnis nehmen – bei der Methadon- und der Heroin-
substitution in gleicher Weise ausgeprägt ist.


(Maria Eichhorn [CDU/CSU]: Bei der Regelversorgung nicht!)


Hier kann man keine Differenzen ausmachen.

Heute geht es im Grunde um eine arzneimittelrechtli-
che Frage,


(Elke Ferner [SPD]: So ist es!)


wie sie sich auch bei Diabetespräparaten, Psychophar-
maka oder anderen Präparaten stellt. Die Frage ist, ob
Heroin bei einem bestimmten erkrankten Personenkreis
besser geeignet ist, Therapieerfolge zu erzielen, als das
vergleichbare Präparat Methadon.

Dieser Nachweis wurde in der Studie geführt. Keine
der von Ihnen, Frau Eichhorn, vorgebrachten Äußerun-
gen betrifft die Wissenschaftlichkeit dieser Studie oder
zieht die Studie in Zweifel.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Das ist doch nicht wahr! – Maria Eichhorn [CDU/CSU]: Das stimmt doch nicht! Das wollen Sie nur nicht wahrhaben!)


Wir als Gesetzgeber müssen die Voraussetzung schaf-
fen, dass das BfArM dieses Medikament zulassen kann,
da das Betäubungsmittelgesetz Heroin nicht als Medika-
ment zulässt. Die Ärzte werden dadurch Therapiefreiheit
erhalten, um zu entscheiden, welche Substitution oder
Abstinenztherapie für welche Patientinnen und Patienten
geeignet ist. Es ist eine rein medizinische, arzneimittel-
rechtliche Frage, die es zu entscheiden gilt. Es hat nichts
damit zu tun, ob ich einer Abstinenzorientierung oder ei-
ner Substitutionsorientierung zugetan bin. Es geht um
eine ganz andere Frage. Das scheint Ihnen nicht klar zu
sein.

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(C (D (Beifall bei der LINKEN und der SPD – Jens Spahn [CDU/CSU]: Was war denn falsch an dem, was Frau Eichhorn gesagt hat?)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616020700

Nächste Rednerin ist Dr. Margrit Spielmann, SPD-

raktion.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Margrit Spielmann (SPD):
Rede ID: ID1616020800

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ch hoffe sehr, dass die Diskussion, die wir heute ange-
choben haben – eigentlich haben wir das schon seit
wei Jahren mit Ihnen in den Ausschüssen oder Arbeits-
ruppen vor –, dazu führt, dass wir auch in Zukunft
achlich, konstruktiv und ergebnisorientiert miteinander
mgehen.

Mir und auch meiner Fraktion ist es völlig unver-
tändlich, dass Sie die eindeutigen Ergebnisse – sie wur-
en von Frau Bätzing vorgetragen – nicht wahrhaben
ollen und immer noch Diskussionsbedarf anmelden.
lle mit dem Thema „diamorphingestützte Substitu-

ionstherapie“ befassten Gruppen – seien es Ärzte, So-
ialarbeiter oder Betroffene – fordern die weitere Ver-
abe an Schwerstabhängige. Alle sind davon überzeugt,
ass sich mit dieser Therapieform nachweislich die bes-
en Ergebnisse erzielen lassen. Die unionsregierten Län-
er Hamburg, Hessen, Niedersachsen und Nordrhein-
estfalen fordern die Diamorphinabgabe. Unionsbür-

ermeister aus Hamburg, Frankfurt und Karlsruhe, die
odellprojekte in ihren Städten haben, sind längst vom

rfolg überzeugt. Ich frage Sie, Frau Eichhorn: Warum
ind Sie es nicht?


(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Detlef Parr [FDP])


Betroffene und ihre Angehörigen werfen Ihnen, liebe
olleginnen und Kollegen von der Union, zu Recht vor,
ntscheidungen vor dem Hintergrund ideologischer
berzeugungen – das wurde schon gesagt – zu fällen
nd damit – so meine ich – vor gesellschaftlichen Reali-
äten und persönlichen Schicksalen die Augen zu ver-
chließen. Ich frage Sie: Kann man eigentlich die Reali-
ät in unserem Land wirklich so ignorieren? Ich denke,
ass wir uns das gar nicht leisten können.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


eshalb unterstützt die SPD-Bundestagsfraktion als
ogische Konsequenz aus den Ergebnissen des Modell-
rojektes den Gesetzentwurf des Bundesrates. Damit
iegt ein Konzept für einen gangbaren Weg vor. Der Ge-
etzentwurf beruht im Wesentlichen auf den Ergebnissen
iner Bund-Länder-Arbeitsgruppe, an der auch die CDU/
SU beteiligt war.


(Maria Eichhorn [CDU/CSU]: Aber nicht dafür, liebe Frau Kollegin! Das wissen Sie auch!)







(A) )



(B) )


Dr. Margrit Spielmann
Dieser Gesetzentwurf enthält Regelungen, die den recht-
lichen Rahmen für die Überführung der diamorphin-
gestützten Therapie Schwerstopiatabhängiger in die Re-
gelversorgung bilden.

Ich fasse zusammen: Wir fordern, dass Diamorphin
als verschreibungsfähiges Betäubungsmittel eingestuft
wird und damit eine ausreichende Regelung geschaffen
wird, gemäß der Diamorphin zur Behandlung verwendet
werden kann. Wir fordern, dass das Betäubungsmittel-
gesetz, die Betäubungsmittel-Verschreibungsverord-
nung und das Arzneimittelgesetz entsprechend ergänzt
und geändert werden, Frau Knoche. Wir fordern, dass
die Diamorphinsubstitution nur bei Schwerstopiatabhän-
gigen Anwendung findet, die von anderen Therapiefor-
men nicht erreicht werden können. Diamorphin soll unter
strengen Auflagen und ärztlicher Kontrolle vergeben wer-
den. Wir wollen, dass am gesetzlich festgelegten Ziel
jeder Substitutionsbehandlung, nämlich an der Wiederher-
stellung der Betäubungsmittelabstinenz sowie der Besse-
rung und Stabilisierung des Gesundheitszustandes, festge-
halten wird. Das soll ohne Einschränkung auch für die
diamorphingestützte Substitutionsbehandlung Schwerst-
opiatabhängiger gelten.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Detlef Parr [FDP])



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616020900

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 6:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten
Gesetzes zur Änderung des Jugendschutzge-
setzes

– Drucksache 16/8546 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

(13. Ausschuss)


– Drucksache 16/9024 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Antje Blumenthal
Jürgen Kucharczyk
Miriam Gruß
Elke Reinke
Kai Gehring

Hierzu liegt uns jeweils ein Entschließungsantrag der
Fraktion der FDP und von Bündnis 90/Die Grünen vor.

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kolle-
gin Antje Blumenthal, CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



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(C (D Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schau hin, was Deine Kinder sehen!“ heißt es in einer ampagne, die vom Bundesfamilienministerium geeinsam mit ARD und ZDF – – Frau Kollegin Blumenthal, einen Augenblick, bitte. ch bitte die FDP-Fraktion, ihre Gespräche anderweitig ortzusetzen. Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Vielleicht sollte ich ieber sagen: Hört hin! Ich beginne noch einmal. „Schau hin, was Deine Kinder sehen“ heißt es in einer ampagne, die vom Bundesfamilienministerium geeinsam mit ARD und ZDF ins Leben gerufen worden st. Schau hin, was deine Kinder am Rechner und an der onsole spielen! Das möchte ich den Eltern zurufen; enn es ist die Pflicht und das Recht der Eltern, den Meienkonsum ihrer Kinder zu begleiten und zu kontrollieen. Weil sich Medien und speziell die elektronischen ber extrem schnell verändern, brauchen Eltern dabei nterstützung. Denn während wohl die meisten, wahr cheinlich auch die meisten hier im Hause, noch die Reeln für „Cowboy und Indianer“ und „Mensch ärgere ich nicht“ kennen, werden die wenigsten Eltern wissen, er Niko Bellic, Joanna Dark oder Alex Mercer sind, eschweige denn, welch düstere Aufträge diese drei zu rledigen haben. (Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: So, wie Sie es aussprechen, scheinen Sie es aber auch nicht zu kennen!)

Antje Blumenthal (CDU):
Rede ID: ID1616021000
Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616021100
Antje Blumenthal (CDU):
Rede ID: ID1616021200

Auch wenn Sie es wissen, so erkläre ich es doch den
brigen Kollegen. – All denjenigen, die sich im tagtägli-
hen Leben nicht mit den Handlungssträngen von ge-
alttätigen Actionspielen oder Shootern beschäftigen,

ei gesagt: Alle drei sind schwerbewaffnete Hauptcha-
aktere in aktuellen Videospielen.

Wir stehen also vor einem Dilemma. Es gibt Spiele,
ie für Kinder und Jugendliche wegen ihrer Härte und
hrer brutalen Darstellung gänzlich ungeeignet sind, und
ir haben Eltern und Erzieher, die sich leider allzu selten
it den Medien, die ihre Kinder konsumieren möchten,

uskennen.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Richtig!)


llen Menschen, die Kinder erziehen und sich um deren
ntwicklung sorgen, kann ich deshalb nur zurufen:
chaut hin! Schaut hin, was ihr den Kindern kauft, und
chaut hin, womit sich eure Kinder vielleicht schon
eute zu Hause beschäftigen! Denn in allererster Linie
iegt es an den Eltern, abzuschätzen, welche Medienin-
alte ihre Kinder sehen und welche Spiele sie konsumie-
en dürfen. Aber – und hier kommt die Politik ins Spiel –
ltern brauchen Unterstützung bei ihrer Erziehungsauf-
abe; denn auf den ersten Blick ist nicht zu erkennen, ob
in Film oder ein Spiel für ein bestimmtes Alter freige-
eben ist. Bisher haben wir zwar die Alterskennzeich-
ungen; sie sind jedoch so klein und oftmals so






(A) )



(B) )


Antje Blumenthal
versteckt, dass wir den Eltern das Hinsehen unnötig
schwer machen.

Mit der heutigen Änderung im Gesetz machen wir Ju-
gendschutz sichtbar,


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


weil wir die Größe der Alterskennzeichnung verdoppeln
und weil wir die Altersfreigabe nun verpflichtend vorne
auf dem Cover platziert haben; denn schließlich muss
die Altersangabe auf Filmen und auf Spielen für alle
sichtbar und erkennbar sein, um Kinder und Jugendliche
zu schützen.

Genauso wichtig wie das Sichtbarmachen von Alters-
angaben ist aber noch ein Zweites: Wir müssen gefährli-
che Inhalte für Kinder unsichtbar machen. Genau das tun
wir mit den Klarstellungen der Indizierungskriterien.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Richtig!)


Für die Indizierung kraft Gesetzes fügen wir „Darstel-
lungen selbstzweckhafter Gewalt ..., die das Geschehen
beherrschen“ hinzu. Auch die Liste der jugendgefähr-
denden Medien der Bundesprüfstelle erhält mit der Ge-
setzesänderung klarere Richtlinien. Beides dient einem
Zweck: Medien, sowohl PC- als auch Videospiele und
Filme, deren gewalthaltiger Inhalt für Kinder nicht ge-
eignet ist, werden für sie nahezu unsichtbar. Denn was
heißt es eigentlich, wenn ein Medium auf dem Index
steht, ganz gleich ob es kraft Gesetzes indiziert oder von
der Bundesprüfstelle auf diese Liste gesetzt wurde? Es
heißt, dass das Spiel und der Film nicht ausgestellt, nicht
beworben und vor allem nicht für Kinder und Jugendli-
che frei zugänglich gemacht werden dürfen. Indizierte
Medien werden damit für Kinder unsichtbar.

Aber, wenn wir von Sichtbarkeit reden, dürfen wir
unsere Augen nicht davor verschließen, dass Eltern bei
der Erziehung ihrer Kinder zu medienkompetenten Men-
schen von den verschiedensten Stellen behindert werden.
Wir müssen unseren Blick auf die unterschiedlichen Ak-
teure und Einrichtungen richten, die Einfluss auf die Me-
dienkompetenz und auf den Medienkonsum unserer
Jüngsten haben können. Was ist mit der Verkäuferin, die
versehentlich oder aber fahrlässig das Alter eines ju-
gendlichen Spiele- oder Filmkäufers nicht überprüft?
Was ist mit den Großeltern, die ihrem minderjährigen
Enkel seinen heißersehnten Shooter schenken? Was ist
mit dem Versandhandel im In- und Ausland? Schlimmer
noch: Was ist mit den nicht jugendfreien Filmen und
Spielen, die sich die Kinder schon heute illegal aus dem
Netz ziehen können?


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


Mir fallen viele solcher Szenarien und damit verbundene
Fragen ein, die noch nicht gelöst sind. Mir schießen di-
verse Möglichkeiten durch den Kopf, wie Kinder und
Jugendliche an nicht altersgerechte Medien herankom-
men können. Ich weiß auch, dass es hier nicht reicht, die
Eltern aufzufordern, hinzusehen, und ein Gesetz zu er-
lassen.


(Beifall der Abg. Miriam Gruß [FDP])


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(C (D erstehen Sie mich nicht falsch: Das Gesetz ist ein wichiger Rahmen. Aber um mit unseren Kindern und Juendlichen medientechnisch Schritt zu halten, bedarf es er Anstrengung von mehr als nur uns Bundespolitikern der den Eltern. Wir brauchen den Handel, wir brauchen ie Länder, und wir brauchen jeden einzelnen verantortlichen Bürger. An den Handel möchte ich appellieren, die Vertriebstrukturen und Warenauslagen kinderfreundlich und dem ugendschutz entsprechend aufzubauen. Im Handel gibt s bereits gute Ansätze. In einigen Fachgeschäften ist es eispielsweise üblich, Trägermedien ohne Jugendfreiabe mit roten Plastikhüllen einzufassen, sodass jede itarbeiterin und jeder Mitarbeiter an der Kasse gleich rkennen kann: Das darf ich einem unter 18-Jährigen icht verkaufen. Eine weitere Möglichkeit des Handels, die Mitarbeier zu unterstützen, sind optische und akustische Warnsinale an Kassen, die bei den Strichcodes jugendbeeinrächtigender Medien ein Signal geben und zur berprüfung des Ausweises auffordern. Und noch etwas: In vielen Elektronikmärkten stehen ie zum Teil grausamen und pornografischen Cover in en Regalen runter bis auf 70 Zentimeter, also in Kineraugenhöhe, meine Damen und Herren. Gehen Sie inmal durch die verschiedenen Elektronikmärkte. Sie erden sehr erstaunt sein, was sich dort alles ansehen ässt. Dabei wäre es eigentlich einfach für die Händler, olche Medien nur auf den obersten Regalböden aufzuauen. Das ist zwar nur eine kleine, aber unter Jugendchutzaspekten hilfreiche Maßnahme. (Beifall bei der CDU/CSU – Ute Kumpf [SPD]: Das funktioniert doch nicht, weil die Jungen den Alten schon längst über den Kopf gewachsen sind!)


Ich habe es bereits kurz erwähnt: Der Jugendschutz
m Onlinebereich, also im Internet, wird mit der vorlie-
enden Gesetzesänderung noch nicht berührt. Gerade
ber das Internet bietet Einfallstüren, um den Jugend-
chutz zu umgehen, was die anstehende Überarbeitung
darin sind wir uns hier im Hause alle einig – dringend

rforderlich macht.


(Beifall der Abg. Miriam Gruß [FDP])


as Internet bietet nämlich Kindern und Jugendlichen
ahlreiche Möglichkeiten, an nicht altersgerechte bzw.
icht freigegebene Medien illegal heranzukommen und
u spielen.

Hier besteht also noch erheblicher Handlungsbedarf,
ei dem die Bundesländer unabdingbar sind. Denn der
ugendmedienschutz-Staatsvertrag, der die Onlineme-
ien regelt, steht unter dem Vorbehalt der Länder. Damit
omme ich jetzt zu den beiden Entschließungsanträgen
er Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und FDP.

Meine Damen und Herren, die von Ihnen angespro-
henen Punkte sind bereits Thema in den laufenden
und-Länder-Gesprächen. Des Weiteren sind die einzel-
en Länder bereits dabei, zum Beispiel bei den Bußgeld-
ätzen transparente Regelungen festzusetzen. Also,






(A) )



(B) )


Antje Blumenthal
meine Damen und Herren von der Opposition, achten
Sie zunächst auf die von der Verfassung vorgegebene
Aufgabenverteilung und warten Sie bitte die Ergebnisse
der laufenden Bund-Länder-Gespräche ab.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Super Idee! Wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, müssen wir nachlaufen!)


Ich denke, diesbezüglich sind wir auf einem guten Weg.

Gerade mit dem heute vorliegenden Gesetzentwurf
werden die am runden Tisch vereinbarten bundesgesetz-
lichen Maßnahmen umgesetzt. Ich bitte Sie deshalb um
Zustimmung zum vorliegenden Gesetzentwurf. Wir wer-
den die beiden Entschließungsanträge aus den von mir
genannten Gründen ablehnen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616021300

Ich gebe das Wort dem Kollegen Christoph Waitz,

FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Christoph Waitz (FDP):
Rede ID: ID1616021400

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Die Gesetzesinitiative der Bundesregierung
zur Novelle des Jugendschutzgesetzes ist sicher gut ge-
meint. Leider fasst die Initiative die eigentlichen Pro-
bleme nicht an, und da ist es auch nicht verwunderlich,
dass wir in Ihrem Gesetzespapier keine Lösungsvor-
schläge für die eigentlichen Probleme finden konnten.


(Beifall bei der FDP)


Frau von der Leyen ist heute leider nicht anwesend,


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Der Staatssekretär ist da!)


aber wir haben es schon in der ersten Lesung gesagt: Ihr
Gesetzentwurf ignoriert die aktuellen Empfehlungen des
Hans-Bredow-Instituts.


(Antje Blumenthal [CDU/CSU]: Sie waren doch auch nicht da!)


Dabei hat das Institut im Auftrag ihres Ministeriums den
aktuellen Jugendschutz auf Schwachstellen hin abge-
klopft. Das Hans-Bredow-Institut hat viele Verbesse-
rungsvorschläge gemacht, die jetzt der Gefahr unterlie-
gen, ins Leere zu laufen.


(Beifall bei der FDP)


Ihr Gesetzentwurf, Frau Bundesministerin, ist unzurei-
chend, und wir bedauern das. Eltern, Kinder und Jugend-
liche in unserem Land hätten es verdient, dass wir uns
gemeinsam mehr Zeit für eine sorgfältige Prüfung der
Probleme genommen hätten. Mit Ihrem Zeitmanagement
haben Sie die Chance verpasst, den Jugendmedienschutz
noch in der 16. Wahlperiode effektiv zu reformieren.

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(C (D (Beifall der Abg. Dr. Claudia Winterstein [FDP])


Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir Liberale
ind der Meinung, dass ein effektiver Jugendschutz
auch Jugendmedienschutz – in den Familien und Schu-

en anfangen muss. Ohne diese Basis können alle weite-
en begleitenden Maßnahmen keine Wirkung haben.

Aber in Deutschland wird nur in jedem vierten Haus-
alt mit Kindern zum Beispiel eine Filtersoftware zum
chutz der Kinder eingesetzt. Lediglich 17 Prozent aller
ltern in Deutschland kontrollieren das Surfverhalten ih-

er Kinder. Kinder und Jugendliche spielen zu einem
roßen Teil unbeaufsichtigt am Computer. Aber das ist
icht nur ein Problem der Aufsicht und der Kontrolle; es
ängt auch damit zusammen, dass viele Eltern gar nicht
ehr verstehen, was ihre Kinder am Computer machen.


(Miriam Gruß [FDP]: Genau!)


iele interessieren sich auch gar nicht mehr dafür. Da
üssen wir ansetzen.


(Beifall bei der FDP)


Die Alterskennzeichnung der Unabhängigen Selbst-
ontrolle gibt Hinweise, welche Spiele für unsere Kinder
nd Jugendlichen geeignet sind. Aber auch eine größere
nd eine eindeutigere Kennzeichnung auf der Ver-
ackung scheitert, wenn mehr und mehr Kinder ihre
piele direkt aus dem Internet herunterladen. Frau
lumenthal, da war ich in Ihrer Analyse sehr nah bei Ih-
en. Leider Gottes werden im Gesetzentwurf der Bun-
esregierung nicht die nötigen Konsequenzen gezogen.


(Beifall bei der FDP)


Wir müssen die Frage beantworten, wie wir im Hin-
lick auf das Internet zu einer Jugendschutzprüfung und
iner altersgerechten Freigabe kommen. Wir brauchen
ie Novellierung des Jugendmedienschutz-Staatsvertra-
es der Länder, und das besser heute als morgen. Da sind
nsere Positionen nah beieinander.

Kinder müssen von klein auf lernen, wie sie mit den
euen Medien umgehen sollten. Wir brauchen die Stär-
ung der pädagogischen Medienarbeit. Wir brauchen
erpflichtende Lehrerfortbildungen und Aufklärungsar-
eit für die Eltern an den Schulen.

Im April hat die Konferenz der Datenschutzbeauf-
ragten des Bundes und der Länder die dringende Not-
endigkeit der Förderung der Medienkompetenz von
indern und Jugendlichen eingefordert. Für die Daten-

chützer stehen dabei die Datensicherheit und der Schutz
er Privatsphäre im Vordergrund. Die Komplexität der
efahren moderner Mediennutzung macht deutlich, dass

tarre Verbotsgesetze die vielleicht schlechteste aller Lö-
ungen darstellen und dass wir besonders Prävention und
ufklärung zu Schwerpunkten in unserer Arbeit machen
üssen.

Gerade die renommierte Harvard-Universität hat eine
roße Studie zu den Auswirkungen von Computer- und
ideospielen auf Kinder und Jugendliche erstellt. Diese
tudie kommt zu dem erstaunlichen Ergebnis, dass Kin-
er, die nicht spielen, mehr Probleme im Elternhaus oder






(A) )



(B) )


Christoph Waitz
in der Schule haben als diejenigen, die spielen. Nicht-
spielen von Computerspielen bedeutet in den Augen die-
ser Forscher sogar ein Zeichen fehlender Sozialkompe-
tenz. Computerspiele könnten also auch positive Effekte
haben. Das ist ein Ergebnis, über das wir noch diskutie-
ren müssen.

Bündnis 90/Die Grünen haben in ihrem Antrag den
Vorschlag gemacht, europaweit einheitliche Jugend-
schutzregelungen zu schaffen. Wir glauben, dass eine
europäische Regelung des Jugendschutzes die Gefahr in
sich birgt, dass wir – wie in so vielen Fällen – zu einem
europäischen Minimalkonsens kommen. Damit ist ge-
rade dem deutschen Jugendmedienschutz nicht geholfen.
Solange die Server in der Karibik oder in Asien stehen,
hat die Europäische Union leider keinen Einfluss auf die
zur Verfügung gestellten Inhalte.


(Beifall bei der FDP)


Wir können dem Antrag von Bündnis 90/Die Grünen
nicht in allen Punkten zustimmen und werden uns daher
bedauerlicherweise enthalten müssen, Herr Gehring.

Der von der Bundesregierung eingebrachte Entwurf
eines Gesetzes zur Änderung des Jugendschutzgesetzes
wird von der FDP-Fraktion abgelehnt.


(Beifall bei der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616021500

Nächster Redner ist der Kollege Jürgen Kucharczyk,

SPD-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Jürgen Kucharczyk (SPD):
Rede ID: ID1616021600

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten

Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Jugendschutz bedeutet nicht, die Welt vor Kindern und
Jugendlichen zu schützen. Jugendschutz bedeutet, Kin-
der und Jugendliche vor negativen Einflüssen und Aus-
wirkungen aus der Welt der Erwachsenen zu schützen.

Das Wohl der Kinder und jungen Menschen hat Vor-
rang. Im Fokus steht nicht, welche marktwirtschaftlichen
Gesichtspunkte und Anteile sich am besten über Kinder
und Jugendliche generieren lassen. Wir als Gesetzgeber
sind in der Pflicht, die Rahmenbedingungen dafür zu
schaffen, dass ein gutes Aufwachsen möglich ist. Aus
der Wissenschaft und der Medizin liegen uns Erkennt-
nisse vor, dass Kinder im Alter von null bis acht Jahren
ihre aufnahmefähigste Phase des Lernens, der Kreativi-
tät und der Talentförderung haben. Es ist erschreckend,
dass Untersuchungsergebnisse bestätigen, dass Kinder
und Jugendliche am Tag drei bis fünf Stunden TV,
Videos, Computer, Spielkonsolen oder Gameboys nut-
zen. Die Zeit, die sie mittlerweile mit Handys verbrin-
gen, ist da noch gar nicht hinzugerechnet.

„Bildung von Anfang an“ ist die Erkenntnis, die sich
mittlerweile in allen Fraktionen verfestigt hat. Unsere
Zukunft ist unmittelbar abhängig von unserem Know-
how hier in Europa. Die Informationstechnologien spie-
len dabei natürlich eine große Rolle. Computertechnik

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(C (D ehört deshalb heute zur Basisqualifikation junger Menchen. Generationenübergreifend ist es in unser aller Inteesse, für Spielregeln und Rahmenbedingungen zu soren, damit Kinder und junge Menschen sich unter gleihen Chancen und Möglichkeiten entwickeln können. ie freiwilligen Selbstkontrollinstrumente der FSK und SK funktionieren, jedoch noch nicht gut genug, dass in gesetzliches Handeln überflüssig würde. Deshalb ist s notwendig, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass im edienbereich für DVDs, Videos, Filme und Computer piele einheitliche, klar erkennbare und sichtbare Altersennzeichnungen durchgängig vorhanden sind, Szenen nd Darstellungen in Computerspielen von selbstzweckafter Gewalt reduziert und vom Markt entfernt werden, er Verbotskatalog für schwer jugendgefährdende Träermedien, die kraft Gesetz indiziert sind, im Hinblick uf Gewaltdarstellungen erweitert und somit eine Indiierung auch noch nach der Alterskennzeichnung mögich wird. Mit der heutigen Novellierung erheben wir nicht den nspruch auf Vollkommenheit im Schutzbereich von indern und Jugendlichen. Im Bereich Online haben wir ie Herausforderungen erst noch zu bestehen. Gerade ie Gefahren von Onlinesucht sind, wie wir zuletzt in eier öffentlichen Anhörung erfahren haben, noch nicht usreichend wissenschaftlich untersucht. Da müssen wir nsetzen. Wichtig ist uns in der Koalition, dafür zu sorgen, dass ach den jetzigen, vorliegenden Erkenntnissen aus soialwissenschaftlichen Studien die notwendigen und poitisch möglichen Fortschreibungen im Jugendschutzgeetz praktisch, nachvollziehbar und zeitnah erfolgen. ltern, Großeltern, Lehrer und Pädagogen müssen auf en ersten Blick erkennen können, was in der Medienandschaft für die Kinder richtig, gut und von Nutzen ist. rävention im Sinne der Kinder und Jugendlichen ist die ichtige zukunftsorientierte Antwort. Liebe Kolleginnen und Kollegen, die beiden Entchließungsanträge, die uns heute vorliegen, beinhalten war eine ganze Menge, was originär zum Themenbeeich Online gehört, haben aber in der Regel mit dem esetzesentwurf, der heute vorliegt, nichts zu tun. (Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ja das Traurige!)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


iese Fragen stellen Herausforderungen dar, denen wir
ns in den nächsten Wochen und Monaten stellen müs-
en. Insofern bitte ich Sie, dem Koalitionsantrag zuzu-
timmen.

Danke schön.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616021700

Nächster Redner ist der Kollege Dr. Lothar Bisky,

raktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)







(A) )



(B) )


Dr. Lothar Bisky (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616021800

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir be-

finden uns in einem kulturellen Umbruchprozess, der
vor allem durch die fortschreitende Digitalisierung na-
hezu aller Lebensbereiche gekennzeichnet ist. Digitale
Spiele sind heute zu normalen Produkten der Alltagskul-
tur geworden. Am meisten verbreitet sind die sogenann-
ten Ballerspiele; manche nennen sie auch Killerspiele.
Wir müssen – das ist meine Position – den Herausforde-
rungen des digitalen Zeitalters vor allem kulturell begeg-
nen.


(Beifall bei der LINKEN)


Erwachsene, aber vor allem Kinder und Jugendliche
müssen Medienkompetenz erwerben. Darum geht es.
Medienkompetenz ist die Schlüsselkategorie. Eine mo-
derne Mediensozialisation kommt ohne einen kritischen
Verstand und ohne die Fähigkeit, Realität und Fiktion zu
unterscheiden, nicht aus. Das sind unabdingbare Voraus-
setzungen. Daher tritt die Linke dafür ein, Medienkom-
petenz so früh wie möglich entwickeln zu helfen und
entsprechende Maßnahmen Kindergärten, Horten und
Schulen institutionell verpflichtend vorzugeben.


(Beifall bei der LINKEN)


Medienkompetenz von Kindern und Jugendlichen muss
gefördert werden. Sie brauchen eine Schulung in Sachen
Medienkompetenz, sonst sind sie für die Zukunft in ei-
ner digitalen Welt nicht gut gerüstet.

Meine Damen und Herren, der vorliegende Gesetz-
entwurf zur Änderung des Jugendschutzgesetzes be-
inhaltet kein Totalverbot mit Strafandrohung für Herstel-
ler, Verbreiter und Nutzerinnen und Nutzer von solchen
Spielen. Gut so; denn solche Verbote bringen nichts. Der
Gesetzentwurf bleibt jedoch im Kern unzureichend. Das
zeigt sich besonders in der Neufassung des § 18. Wenn
künftig nun auch solche Medien in die Liste jugendge-
fährdender Medien aufzunehmen sind, die, wie es im
Gesetzentwurf heißt,

Gewalthandlungen wie Mord- und Metzelszenen
selbstzweckhaft und detailliert

darstellen, werden die Gerichte sehr viel zu tun bekom-
men.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Das ist wohl wahr!)


Von diesem rechtsunsicheren Passus sind nämlich nicht
nur Computerspiele betroffen, sondern ebenso Spiel-
filme und auch so mancher Antikriegsfilm.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Ja!)


Nein, mit Verboten kommt man hier nicht weiter.

Auch die Indexierung von Medien, die „Selbstjustiz
als einzig bewährtes Mittel zur Durchsetzung der ver-
meintlichen Gerechtigkeit“ nahelegen, ist aus meiner
Sicht falsch. Selbstjustiz ist zu Recht strafbewehrt. Aber
sollte diese Formulierung Gesetzeskraft erlangen, so
würde demnächst mancher Film etwa mit Charles
Bronson auf dem Index stehen. Nun kann ich mir gut

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(C (D orstellen, dass manche von Ihnen den Film „Ein Mann ieht rot“ verbieten wollen. Ich möchte dies nicht. (Beifall bei der LINKEN – Ute Kumpf [SPD]: Ha, ha, ha! Das ist eine ganz billige Nummer!)


Meine Damen und Herren, der oft behauptete wissen-
chaftliche Nachweis eines Zusammenhangs von virtuel-
em Spiel und realer Gewalt ist nichts anderes als ein

ythos.


(Kerstin Griese [SPD]: So einfach darf man sich das nicht machen, Herr Kollege!)


ewalt und Amokläufe an Schulen entstehen nicht allein
urch den Konsum von gewalthaltigen Computerspie-
en. Ein sehr komplexes Bedingungsgefüge aus sozialen,
sychologischen und familiären Komponenten muss als
rsache betrachtet werden. Aus Zeitgründen kann ich

ie hier im Einzelnen nicht aufführen.

Ich komme zum Schluss. Der vorliegende Gesetzent-
urf ist ein untauglicher Versuch, diesen neueren sozia-

en Bedingungen in der gebotenen Komplexität zu
egegnen. Er trägt nicht dazu bei, die kulturellen He-
ausforderungen des digitalen Zeitalters zu gestalten.
ie Linke lehnt eine prohibitive Politik im Umgang mit
ewalthaltigen Computerspielen ab. Darum lehnen wir
uch diesen Gesetzentwurf ab.

Ich bedanke mich.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616021900

Für Bündnis 90/Die Grünen gebe ich dem Kollegen

ai Gehring das Wort.


Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1616022000

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

as Jugendschutzgesetz sollte Prävention, Erziehung
nd Selbstverantwortung durch klare und konsistente
egelungen unterstützen. Jede Novelle muss sich daran
essen lassen, ob sie tatsächlich zu einem effektiveren

ugendschutz beiträgt. Viel zu prüfen gibt es aber bei
ieser Mininovelle wahrlich nicht: Die vorgeschlagene
ergrößerung der Alterskennzeichnungen auf Trägerme-
ien ist ein Tropfen auf dem heißen Stein, und die neuen
ewaltdefinitionen für Computerspiele sind unnötig und
nklar und bringen mehr Rechtsunsicherheit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Anstatt endlich die Empfehlungen der gelungenen
valuation des Hans-Bredow-Instituts und des runden
isches zum Jugendschutz umzusetzen, verweisen Sie
uf mögliche weitere Novellen und damit vermutlich auf
en Sankt-Nimmerleins-Tag. Warum regeln Sie in dieser
ovelle nicht auch, wie Alterskennzeichnungen ver-

tändlicher und klarer werden, anstatt sie einfach nur zu
ergrößern? Warum schaffen Sie unklare Rechtsbegriffe
ie „selbstzweckhafte Gewalt“, anstatt die offensichtli-

hen Defizite zwischen Selbstkontrolle und Bundesprüf-
telle zu beseitigen?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)







(A) )



(B) )


Kai Gehring
Ihr Vorgehen gaukelt nur Aktivität vor.


(Jürgen Kucharczyk [SPD]: Das werden wir ja demnächst im Regal sehen!)


Offensichtlich wollen Sie verschleiern, dass sich die
Große Koalition beim Jugendschutz in einer populisti-
schen Sackgasse befindet. Aus Bayern kommen völlig
überzogene Verbotsforderungen bei sogenannten Killer-
spielen. Auf der anderen Seite will NRW seine florie-
rende Computerspielindustrie schützen. Daraus stricken
Sie nun unwirksame gesetzliche Regelungen, die nie-
mandem nützen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


Beim Thema Alkohol fordert die Unionsfraktion in
dieser Woche im Bundestag wie zuvor bereits die Minis-
terin von der Leyen ein absolutes Alkoholabgabeverbot
an bzw. Alkoholverbot für alle unter 18-Jährigen. Eine
solche Forderung ist aus meiner Sicht weltfremd.


(Kerstin Griese [SPD]: Nein, überhaupt nicht!)


Es ist zweifellos erschreckend, dass laut Drogenbericht
im Jahr 2006 rund 20 000 Kinder und Jugendliche mit
Alkoholvergiftungen ins Krankenhaus eingeliefert wor-
den sind. Hiergegen brauchen wir dringend umfassende
Präventionsstrategien, die früh ansetzen müssen: Im El-
ternhaus, in den Schulen und in den Jugendeinrichtun-
gen muss zusammen mit vielen Kooperationspartnern
eine ganze Menge passieren. Mit Ihrem Vorschlag würde
der Alkoholkonsum jedoch lediglich mit noch weniger
sozialer Kontrolle ins Private verlagert. Ebensolche Ver-
drängungseffekte bringen innerstädtische Alkoholver-
botszonen. Großbritannien und die USA sind bereits mit
einer solchen Verbotspolitik gescheitert. Wieso sollten
wir anderswo gescheiterte Ansätze importieren?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)


Nein, wir müssen Kontroll- und Vollzugsdefizite im
Jugendschutz beheben. Diese packen Sie aber mit Ihrer
Novelle definitiv nicht an,


(Jürgen Kucharczyk [SPD]: Das stimmt doch gar nicht!)


und das, obwohl Sie dafür zweieinhalb Jahre Zeit gehabt
hätten, auch für die Bund-Länder-Gespräche, die dafür
notwendig sind. Wo bleiben Initiativen für spürbare und
abschreckende Mindestbußgelder für Jugendschutzver-
stöße? Wo sind Verpflichtungen des Handels zu Kassen-
systemen mit akustischen Signalen, sobald ein jugend-
schutzrelevantes Produkt über die Ladentheke geht? Wo
sind Vorstöße für mehr Kontrollen vor Ort? Das müsste
heute hier beantwortet werden; denn diese Maßnahmen
wären wirksam. Das fehlt in Ihrer Novelle. Deshalb
springen Sie beim Jugendschutz zu kurz.

Dagegen hat die Evaluation vom Hans-Bredow-Insti-
tut nicht nur die Wirksamkeit der rot-grünen Jugend-
schutzreform bestätigt, sondern auch die Anpassung an
neue technische Entwicklungen vorgeschlagen – Ent-
wicklungen, die Sie völlig verschlafen; darauf ist bereits
hingewiesen worden. Es darf nicht sein, dass Online-

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(C (D piele künftig weiterhin überhaupt nicht geprüft werden. ir schlagen auch vor, dass das Suchtpotenzial von omputerspielen in die Altersfreigabe mit einbezogen ird. Ebenso wollen wir, dass Zeitverzögerungen bei der ndizierung von Telemedien, von Hassund Gewaltaufufen nicht mehr hingenommen werden. Deshalb müsen die Kooperationsstrukturen ganz klar besser werden. icht zuletzt geht es natürlich darum, das Wissen von ehrkräften und Eltern sowie die Kompetenz der Juendlichen selbst zu steigern. Was wir definitiv nicht brauchen – auch das klang nfang der Woche wieder an –, ist eine neue Testkäuferebatte. Damit haben Sie schon einmal Schiffbruch erliten. Sie hätten jetzt aber sehr wohl gesetzlich regeln könen, den Einsatz von Kindern als Testkäufer und damit ls Lückenbüßer für mangelnde staatliche Kontrollen uszuschließen. Das wäre aus ethischen, pädagogischen nd entwicklungspsychologischen Gründen geboten geesen. Für eine solche klare Regelung hatten Sie an der telle nicht den Mut. Herr Kollege, Sie müssen jetzt zum Ende kommen. Das komme ich jetzt auch mit einem letzten Satz. – enn Sie nur einen Teil der Energie, die Sie auf das Voregen von solchen Scheinlösungen wie heute hier im undestag verwenden, in die Verbesserung des Jugend chutzes in Praxis und Vollzug fließen lassen würden, ann wäre für den Jugendschutz heute in der Tat eine anze Menge bewegt worden. Was Sie uns aber anbieen, ist eine Schmalspurpolitik. Deshalb können wir Ihem Gesetzentwurf nicht zustimmen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Schade! – Jürgen Kucharczyk [SPD]: Da können wir nicht klatschen!)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616022100
Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1616022200


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616022300

Letzte Rednerin in dieser Debatte ist die Kollegin

erstin Griese, SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Kerstin Griese (SPD):
Rede ID: ID1616022400

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ieber Kollege Gehring, wir haben unsere ganze Energie
uf breiter Spur eingesetzt, um den Jugendschutz ein
tück voranzubringen. Natürlich wird man das immer
eiter tun müssen. Das ist der Sache immanent: Der Ju-
endmedienschutz entwickelt sich immer weiter, weil
ich auch die Medien immer weiter entwickeln. Aus die-
em Grund brauchen wir hier neue Regelungen, und des-
alb ist es richtig, dass wir heute einen ersten Schritt ma-
hen.

Wir sollten zur Kenntnis nehmen, dass wir 2003 mit
nserem – übrigens damals gemeinsam beschlossenen –






(A) )



(B) )


Kerstin Griese
Jugendschutzgesetz zum ersten Mal in Angriff genom-
men haben, den Bereich der Computerspiele zu regeln.


(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist auch gelobt worden!)


Das gab es vorher nicht. Das war ein wichtiger Schritt.
Jetzt gibt es eine Evaluation, übrigens erst seit ein paar
Monaten, die wir gut durcharbeiten und deren Ergeb-
nisse wir umsetzen werden. Wenn Sie sich damit be-
schäftigen, wissen Sie, dass ein großer Teil dieses Be-
reichs Ländersache ist, sodass wir gemeinsam mit den
Ländern an weiteren Verbesserungen arbeiten werden.


(Beifall des Abg. Jürgen Kucharczyk [SPD])


Wirksamer Jugendmedienschutz muss gleicherma-
ßen auf drei Säulen beruhen: erstens auf der Stärkung
der Medienkompetenz von Kindern und Jugendlichen
– übrigens auch von Eltern –, zweitens auf der gezielten
Aufklärung und drittens auf einem System sinnvoller Al-
tersbeschränkungen. Denn damit können wir deutlich
machen, welche Werte und welche Grenzen in unserer
Gesellschaft gültig sind. Ich sage es noch einmal: Wir
werden hier mit Sicherheit immer wieder über den Ju-
gendmedienschutz sprechen, weil sich die Technik wei-
terentwickelt, weil es eine stetige Veränderung gibt.

Das wird auch in der Evaluation deutlich. Das Hans-
Bredow-Institut hat in dieser Evaluation festgestellt,
dass sich allein durch die technologische Entwicklung
die Grafiken so verändert haben, dass die Darstellung
von Gewalt heute realitätsnäher und detailgetreuer mög-
lich ist als vor einigen Jahren. Der andere Grund für die
Weiterentwicklung ist die Medienkonvergenz, das heißt
die Übertragbarkeit der Inhalte von einem Medium auf
ein anderes.

Ich bin sehr dafür, dass wir die Diskussion über ge-
walthaltige Spiele sachlich und ohne populistische Zwi-
schentöne führen. Denn selbstverständlich sind nicht alle
Konsumenten von sogenannten Killerspielen, mit denen
ja meistens die Ego-Shooter gemeint sind, gewalttätig.

Tatsache ist aber auch, dass es inzwischen nur noch
wenige Lobbyisten gibt, die behaupten, dass brutale
Spiele und Gewalt überhaupt nichts miteinander zu tun
hätten. Wenn Sie sich mit diesem Thema beschäftigen,
dann wissen Sie, dass sich die Wissenschaft durchaus
schwertut, direkte Zusammenhänge herzustellen: Was
haben gewalttätige Spiele mit Aggressionen aufseiten
der Nutzer zu tun? Es ist tatsächlich noch ungeklärt, wie
sich Gewaltdarstellungen auf das reale Verhalten von
Spielern auswirken.

Es ist aber auch klar, dass es einen Zusammenhang
zwischen dem häufigen Konsum von gewalthaltigen
Computerspielen und einer Abnahme von Empathie, von
Einfühlungsvermögen, und von sozialen Verhaltenswei-
sen gibt. Das hat die Evaluation deutlich gezeigt. Des-
halb müssen wir handeln.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Es gibt Studien, die deutlich zeigen, dass Spiele ein sol-
ches Verhalten verstärken, wenn Jugendliche von vorn-

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(C (D erein große Probleme haben und ohnehin zu gewalttätiem Handeln neigen. Trotzdem sage ich ganz deutlich: Es ist reiner Popuismus, ein Verbot solcher Spiele zu fordern; denn ersens setzt unser Rechtssystem Verboten aus guten Grünen hohe Hürden, und zweitens würde uns ein Verbot in er falschen Sicherheit wiegen, wir hätten das Problem m Griff, obwohl das nicht der Fall ist. Es gibt allerdings einen Zusammenhang – auch das eigen neueste Forschungen – zwischen einem sehr inensiven Computerspielkonsum und schlechten Schuleistungen. Das heißt, die Jugendlichen, die in eine weite Welt, in ein „second life“, also in ein anderes Leen, abtauchen, können gar nicht mehr den Bezug zum ealen Leben herstellen. Diese Entwicklung ist übrigens uch dann zu beobachten, wenn man den ganzen Tag vor em Fernseher sitzt. Wenn emotionale Erlebnisse während des Computerpielens die realen Erlebnisse wie beispielsweise Lernerolge in der Schule in den Schatten stellen, dann kann an in der Tat eine Art Medienverwahrlosung feststel en. Eine solche Medienverwahrlosung werden wir nicht llein mit Jugendschutzregelungen nachhaltig eindämen können. Da braucht es viele andere Maßnahmen eispielsweise im Bereich der Ganztagsschulen. Dazu ehört auch, dass man sich um die Jugendlichen und inder kümmert. ch sage noch einmal: Zum Jugendschutz gehört auch, ass die Gesellschaft mehr Verantwortung für Kinder nd Jugendliche übernimmt. 2003 haben wir das positive Rating für Computerpiele eingeführt. Es muss eine Kennzeichnung geben, b welchem Alter Spiele geeignet sind. Wir haben zum rsten Mal die Regelung eingeführt, dass die USK, die nterhaltungssoftware Selbstkontrolle, entsprechende abel vergibt. Ich will allen Beteiligten ausdrücklich für hre Arbeit danken. In diesen Dank einbeziehen möchte ch auch und gerade die Spieletester, die sich diese piele ansehen, durchspielen und sich durch eine Flut on Spielen kämpfen. Natürlich sind die Eltern geforert, danach zu handeln. Genauso wie bei der Freiwillien Selbstkontrolle der Filmwirtschaft hat sich auch hier ezeigt, dass sich eine freiwillige Selbstkontrolle beährt. Die Defizite liegen in der Tat im Vollzug; das will ich och einmal ausdrücklich sagen. Die Evaluation hat ereben, dass drei Viertel aller Jugendlichen sagen, sie häten Zugang zu nicht altersgemäßen Spielen. 18 Prozent er Jugendlichen haben angegeben, ihre Eltern hätten ihen diese Spiele, die für ihr Alter noch nicht geeignet ind, gegeben. Es geht also sehr stark darum, Eltern im mgang mit Medien kompetenter zu machen. Mit dieser Gesetzesänderung wollen wir die maßgeblihen Kriterien herausstellen. Die USK hat diesbezüglich Kerstin Griese gute Arbeit geleistet. Aber sie ist natürlich auch nicht unfehlbar. Wir müssen darauf hinwirken, dass bei besonders realistischen, grausamen und reißerischen Darstellungen selbstzweckhafter Gewalt diese Medien indiziert werden. Das ist deshalb wichtig, weil damit ein Werbeverbot verbunden ist, welches bewirkt, dass der Umsatz sinkt. Das ist auch gut so. Wir werden Medien, die Gewalthandlungen wie Mordund Metzelszenen selbstzweckhaft und detailliert darstellen, automatisch auf die Liste der jugendgefährdenden Medien setzen. Auch das ist richtig. Denn auch hier hat die Evaluation gezeigt: Wenn Gewalttaten in solchen Spielen als belohntes Leistungshandeln dargestellt werden, ist dies besonders schwerwiegend und gefährlich. Zum Schluss will ich noch auf einen wichtigen Punkt hinweisen. Wir müssen alle Anstrengungen unternehmen, die Medienkompetenz von Kindern und Jugendlichen sowie von ihren Eltern, von Erzieherinnen und Erziehern, von Lehrerinnen und Lehrern zu stärken. Wir brauchen eine Kultur der Anerkennung, die Kinder kompetent begleitet. Frau Kollegin, Sie haben gesagt, Sie kämen zum Schluss. Dann tue ich das. Ich will noch ausdrücklich sagen, dass Computerspiele nicht per se dumm machen. Es gibt auch sehr viele pädagogisch wertvolle Spiele. Aber wir müssen die Augen offenhalten, wenn Kinder und Jugendliche in Parallelwelten abtauchen. Deshalb brauchen wir einen positiven Jugendschutz, der junge Menschen vor Bildungsarmut, vor Perspektivlosigkeit und vor Langeweile bewahrt. Vielen Dank. Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Änderung des Jugendschutzgesetzes. Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/9024, den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Drucksache 16/8546 in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung mit den Stimmen der Koalition bei Gegenstimmen der Opposition angenommen. Dritte Beratung und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – W w d n s a W ß S B m t W E b u a A k g (C (D er stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzenturf ist damit auch in dritter Beratung mit den Stimmen er Koalition bei Gegenstimmen der Opposition angeommen. Wir kommen nun zur Abstimmung über die Entchließungsanträge. Wer stimmt für den Entschließungsntrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 16/9117? – er stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Entschlie ungsantrag ist mit den Stimmen der Fraktionen der PD und der CDU/CSU bei Enthaltung der Fraktionen ündnis 90/Die Grünen und Die Linke gegen die Stimen der Fraktion der FDP abgelehnt. Wer stimmt für den Entschließungsantrag der Frakion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 16/9118? – er stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Auch dieser ntschließungsantrag ist mit den Stimmen der Koalition ei Gegenstimmen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen nd Enthaltung der Fraktionen Die Linke und der FDP bgelehnt. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 9 auf: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie – zu dem Antrag der Abgeordneten HansJoachim Otto Christian Ahrendt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Notwendige Verbesserungen am Telemediengesetz jetzt angehen – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Lothar Bisky, Ulla Lötzer, Dr. Petra Sitte, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Telemediengesetz verbessern – Datenschutz und Verbraucherrechte stärken – zu dem Antrag der Abgeordneten Grietje Bettin, Bärbel Höhn, Kerstin Andreae, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Fehlende Verbraucherschutzregeln und Rechtsunsicherheiten im Telemediengesetz beseitigen – Drucksachen 16/5613, 16/6772, 16/6394, 16/8099 – Berichterstattung: Abgeordneter Martin Dörmann Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre einen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kollein Dr. Martina Krogmann, CDU/CSU-Fraktion. (Beifall des Abg. Manfred Grund [CDU/ CSU])


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


(Beifall der Abg. Christel Humme [SPD])


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)





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Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616022500
Kerstin Griese (SPD):
Rede ID: ID1616022600

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616022700






(A) )



(B) )


Dr. Martina Krogmann (CDU):
Rede ID: ID1616022800

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Das Telemediengesetz setzt den Rahmen für die
wirtschaftliche Betätigung im Internet und ist damit das
zentrale Gesetz für die Internetwirtschaft in Deutsch-
land. Im vergangenen Jahr haben wir mit dem Teleme-
diengesetz unsere Medienordnung grundlegend refor-
miert. Die FDP hat damals zugestimmt.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Richtig!)


Wir haben den Mediendienste-Staatsvertrag, das Tele-
dienstegesetz und das Teledienstedatenschutzgesetz zu
einem einzigen Gesetz, zum Telemediengesetz, zusam-
mengefasst und damit den Rechtsrahmen nicht nur ver-
einfacht, sondern auch vereinheitlicht und den Grund-
stein für den Boom der Internetwirtschaft in Deutschland
gelegt, wie wir ihn im vergangenen Jahr erlebt haben.


(Beifall bei der CDU/CSU – Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Der hat ja nicht erst vor einem Jahr begonnen!)


Wir haben das Gesetz verabschiedet – ich erinnere
mich noch genau –, obwohl uns allen damals bewusst
war, dass wir wichtige Bereiche außen vor gelassen ha-
ben.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Und wann kommen die Änderungen?)


Wir haben es dennoch getan, weil damals eine Novellie-
rung der E-Commerce-Richtlinie im Raum stand – auch
Sie, Herr Otto, werden sich erinnern –,


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Ja, ja!)


die genau diese Lücken schließen sollte, die wir außen
vor gelassen haben.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: So weit, so gut!)


Man hat dann auf EU-Ebene davon Abstand genommen.
Seitdem ist klar, dass von EU-Ebene nichts kommt und
wir das Telemediengesetz nicht zweimal ändern müssen.

Das Wirtschaftsministerium


(Rainer Brüderle [FDP]: Keiner mehr da!)


arbeitet mit Hochdruck – das ist wahrscheinlich der
Grund, warum noch keiner hier ist –


(Rainer Brüderle [FDP]: Das ist eine Unverschämtheit! Keiner von der Regierung ist da!)


an der Überarbeitung des Telemediengesetzes.


(Klaus Barthel [SPD]: Deswegen sind sie nicht da! – Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Mit Hochdruck! Die sind im Biergarten! – Rainer Brüderle [FDP]: Alle gehen spazieren!)


Es wird Zeit – da sind wir uns, glaube ich, einig –, dass
das Telemediengesetz überarbeitet wird, um die Lücken
zu schließen, die wir damals bewusst offengelassen ha-
ben.


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(C (D (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Ute Kumpf [SPD]: Wo sind die denn gerade?)


PGF-Dienst hat mein Kollege Manfred Grund. Ich
ann Ihnen diese Frage jetzt nicht beantworten, Frau
umpf. Aber ich habe ja eben gesagt, dass das Wirt-

chaftsministerium mit Hochdruck arbeitet. Ich denke,
or lauter Arbeit haben sie die Uhrzeit vergessen. Ich bin
icher, die werden gleich kommen.


(Mechthild Rawert [SPD]: Wir im Normalfall auch, und wir sind trotzdem da! – HansJoachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Ich habe sie eben im Biergarten gesehen! – Rainer Brüderle [FDP]: Die meinen, heute ist Montag! Das ist eine Missachtung des Parlaments seitens der Regierung! Das ist eine Frechheit!)


Worum geht es uns bei der Überarbeitung des TMG?
er wichtigste Bereich sind aus meiner Sicht die Haf-

ungsregeln und die Verantwortlichkeiten im Internet


(Rainer Brüderle [FDP]: Die sind alle irgendwo am Pennen!)


ür Inhalte – das ist wichtig –, die von Dritten eingestellt
erden. Das betrifft Internetunternehmen, die Daten

ransportieren, also die Internetserviceprovider. Das be-
rifft Forenbetreiber, Internetauktionshäuser, Suchma-
chinenbetreiber oder Betreiber von Hyperlinks.


(Rainer Brüderle [FDP]: Das ist eine Frechheit! Wir sitzen auch hier und dürfen nicht spazieren gehen!)


Anhand eines Beispiels aus der sogenannten Offline-
elt, also aus der realen Welt, will ich verdeutlichen,
orum es geht: Niemand von uns käme doch auf die

dee, dass die Deutsche Post AG für den Inhalt der Pa-
ete, die sie von A nach B bringt, verantwortlich ist.
eshalb verlangt auch keiner, dass die Deutsche
ost AG den Inhalt der Pakete vorher kontrolliert. Wir
lle würden sogar sagen: Das wäre völlig absurd. Im
nternet ist das aber nicht so klar, obwohl ein Internet-
erviceprovider eigentlich nichts anderes macht als die
eutsche Post AG. Er transportiert Pakete, allerdings
atenpakete, von A nach B. Hier ist aber nicht klar gere-
elt, welche Kontrollfunktionen er ausüben muss und
elche Verantwortung er hat.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Wann ändern wir also das Gesetz?)


Herr Otto, entspannen Sie sich.


(Heiterkeit bei der CDU/CSU – Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Nein!)


Ich bin in tiefer Sorge um Ihre Gesundheit, wenn Sie
o aufgeregt auf der Oppositionsbank sitzen. – Wir sind
ns alle einig, dass die Zeit drängt und wir schnell ein
esetz brauchen; denn die Lücken, die wir damals be-
usst im Gesetz gelassen haben, führen inzwischen zu
echtsunsicherheit. Ursächlich ist unter anderem die
atsache, dass sich eine Rechtsprechung etabliert hat,


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Die widersprüchlich ist!)







(A) )



(B) )


Dr. Martina Krogmann
die widersprüchlich und für die Unternehmen daher
schwer zu kalkulieren ist. Es herrscht also Rechtsunsi-
cherheit.

Ich will auch dafür ein Beispiel bringen: die berühm-
ten Rolex-Urteile. Es ging darum, dass jemand ge-
fälschte Rolex-Uhren über ein Internetauktionshaus an-
geboten hat.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Ebay!)


– Das war nicht Ebay, sondern Ricardo. – Die Frage war,
wie das Auktionshaus damit umgehen soll. Es ist selbst-
verständlich, dass das Auktionshaus dieses Angebot lö-
schen muss, sobald es davon erfährt, dass gefälschte
Rolex-Uhren auf seiner Plattform angeboten werden.
Die Rechtsprechung fordert aber auch, dass die Auk-
tionshäuser die Angebote vor Einstellung ins Internet
prüfen. Die Urteile lassen allerdings offen, wer was in
welchem Umfang nach welchen Kriterien prüfen soll. Es
herrscht also völlige Rechtsunsicherheit. Soll jeder Arti-
kel vorher geprüft werden? Ist das zumutbar, und was
heißt in diesem Zusammenhang überhaupt „zumutbare
Prüfung“?

Ich glaube, dass diese Beispiele deutlich machen, wo-
rum es geht: Wir brauchen schnell klare, präzise und
nachvollziehbare Bestimmungen für Verantwortlichkei-
ten bei Inhalten, die Dritte eingestellt haben. Aus unserer
Sicht muss bei der Überarbeitung des Telemediengeset-
zes das Prinzip gelten – diesbezüglich stimmen wir mit
den Anträgen der Grünen und der FDP überein –, dass
die Anbieter nicht mit unerfüllbaren, unpraktikablen und
unverhältnismäßigen Verantwortungsregelungen belastet
werden dürfen.

Dieser Grundsatz muss unserer Ansicht nach für die
vier unterschiedlichen Bereiche der Internetwirtschaft
gelten: für die Internetserviceprovider, die Hostprovider,
also die Auktionshäuser und Forenbetreiber, für die Be-
treiber von Suchmaschinen und für all diejenigen, die
mit Links auf andere Homepages verweisen, also für den
Bereich der Hyperlinks. Bei den Serviceprovidern muss
es bei der Regelung bleiben, dass sie die Daten, die sie
verschicken, vorher nicht kontrollieren müssen. Wir
werden sicherstellen, dass es auch bei den Hostprovidern
keine generellen Vorabprüfungen gibt. Gleiches wird für
die Betreiber von Suchmaschinen gelten. Aus meiner
Sicht wäre es völlig absurd, wenn Inhaber von Homepa-
ges die Seiten, auf die sie mit Links verweisen, was
wahrscheinlich jeder von uns tut, ständig kontrollieren
müssten. Das wäre überzogen. Wir werden eine gesetzli-
che Regelung finden, die praktikabel ist, und so endlich
auch bei den Hyperlinks für Rechtssicherheit sorgen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ich freue mich, dass wir uns im Grundsatz mit der
FDP und den Grünen einig sind.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Dann stimmen Sie einfach zu!)


Überzogen sind allerdings die Forderungen der Linken
und der Grünen zum Datenschutz, insbesondere zum un-
eingeschränkten Koppelungsverbot.

Worum geht es hierbei? Koppelung heißt, dass ich
mich, wenn ich beispielsweise einen kostenlosen Dienst

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(C (D utze, damit einverstanden erkläre, Werbemails zu beommen. Wenn man diese Koppelung verbietet, bedeuet das im Umkehrschluss, dass wir im Netz bald keine ostenlose Angebote, keine Gratisdienste mehr haben erden. Ich muss den Grünen und auch den Linken saen: Die Gratiskultur im Internet hat es vor zehn Jahren egeben; aber sie ist jetzt vorbei. Es gibt dort Geschäftsodelle, die sich rechnen müssen. Kein Unternehmen tellt etwas kostenlos ins Netz, wenn es nicht etwas daür bekommt. Ein weiterer Punkt. Wir haben in Deutschland lücklicherweise das Prinzip der Vertragsfreiheit. Es ird also niemand gezwungen, diese Dienste zu nutzen nd damit persönliche Daten preiszugeben. Man kann ich aussuchen, ob man einen kostenlosen Dienst nuten möchte – dann weiß man, dass man dazu verpflichet ist – oder eben nicht. Ansonsten nutze ich einen aneren Dienst, weiß aber, dass ich gegebenenfalls dafür ahlen muss. Das ist das Prinzip der Marktwirtschaft, as im Internet Einzug gehalten hat. Man mag es bedaurn, dass es nicht mehr das „free Internet for all“ gibt, ber das ist die Realität, und damit müssen wir uns ausinandersetzen. Ich sehe natürlich, dass wir hinsichtlich der Preisgabe er persönlichen Daten ein Problem haben. Gerade die ebatte vorhin zum Jugendschutz hat dies deutlich geacht. Wir müssen uns genauso klarmachen, dass dies ur ein kleiner Bereich ist, in dem es um persönliche Daen geht. Ich sehe hier vielmehr die Gefahr im Bereich er Social Networking Platforms, also zum Beispiel tudiVZ, MySpace oder inzwischen auch SchülerVZ, o Personen und vor allem immer mehr Jugendliche öllig unbekümmert persönliche Fotos, Daten, Hobbys, eziehungen und alles Mögliche ins Internet stellen, eil sie vielleicht gar nicht wissen, welches Schindluder it ihren persönlichen Daten getrieben werden kann. Frau Kollegin Krogmann. Ich komme gleich zum Schluss, Frau Präsidentin. – eshalb, denke ich, ist es wichtig, hier nicht auf geneelle Verbote zu setzen, sondern darauf, die Medienkometenz zu stärken, gleichzeitig aber durch die Vertragsreiheit dem mündigen Bürger die Wahl zu lassen, was er öchte und was nicht. Dafür werden wir uns als Union nd auch als Große Koalition einsetzen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616022900
Dr. Martina Krogmann (CDU):
Rede ID: ID1616023000


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616023100

Frau Kollegin Krogmann, das wäre ein wunderbares

chlusswort. Sie haben Ihre Redezeit endlos überzogen.
ie müssen jetzt zum Schluss kommen.


Dr. Martina Krogmann (CDU):
Rede ID: ID1616023200

Frau Präsidentin, ich komme jetzt gerne zum Schluss.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Nein, gerne nicht!)







(A) )



(B) )


Dr. Martina Krogmann
Dies ist einer der Punkte, warum wir die Anträge der
Oppositionsfraktionen ablehnen. Wir freuen uns aber auf
eine konstruktive Debatte und ein konstruktives Zusam-
menarbeiten bei der Überarbeitung des Telemedienge-
setzes.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616023300

Ich gebe das Wort dem Kollegen Hans-Joachim Otto,

FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Hans-Joachim Otto (FDP):
Rede ID: ID1616023400

Liebe Frau Kollegin Dr. Krogmann, ich habe Ihnen

mit großer Begeisterung zugehört. Ich habe lange nach
Gründen gesucht, warum Sie, nachdem Sie praktisch al-
les richtig gesagt haben, unserem Antrag nicht zustim-
men. Wir waren uns einig. Wir haben das Telemedienge-
setz im vergangenen Jahr gemeinsam verabschiedet. Wir
waren und sind uns einig, dass Änderungen dringend er-
forderlich sind. Sie haben die Änderungen in hervorra-
gender Weise geschildert. Wenn jetzt von der Bundesre-
gierung keine Änderungen vorgelegt werden, dann wird
in dieser Legislaturperiode nichts mehr passieren, und
die Konsequenzen sind katastrophal. Auch darüber sind
wir uns einig. Ihre Rede war super, nur der Schluss war
schlecht, als Sie sagten, dass Sie unserem Antrag nicht
zustimmen.


(Beifall bei der FDP)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, alles, was Kollegin
Krogmann eben gesagt hat, wissen wir schon seit der
Anhörung im Wirtschaftsausschuss im Dezember 2006.
Damals ist gesagt worden, es sei unbedingt notwendig,
das Gesetz schnell zu verabschieden. Wir haben uns
dazu hinreißen lassen, die Zustimmung dazu zu erteilen,
haben aber gesagt, dass Änderungen notwendig sind. Sie
haben uns öffentlich zugesagt, dass Änderungsvor-
schläge zeitnah und umgehend eingebracht werden. Das
ist leider nicht passiert.

Öffnen wir die Augen! Die Konsequenz aus dieser
Säumigkeit des Gesetzgebers ist, dass die gesamte Infor-
mations- und Telekommunikationsbranche einem erheb-
lichen Maß an Rechtsunsicherheit ausgesetzt ist. Das be-
legen zahlreiche Urteile – eines hat Frau Krogmann eben
erwähnt –, die gegensätzlicher nicht sein können. Ich
möchte Ihnen ein weiteres Beispiel nennen – es ist ja
nicht überraschend, dass eine Dame die Rolex-Entschei-
dung anführt –:


(Dr. Martina Krogmann [CDU/CSU]: Sie Chauvi! – Mechthild Rawert [SPD]: Na, na, na!)


Die Tatsache, dass in die Zukunft gerichtete Überwa-
chungspflichten von Meinungsforen und artverwandten
Plattformen nicht grundsätzlich ausgeschlossen wurden,
führt zu der absurden Situation, dass einige Betreiber
ihre Kommentarfunktion gleich ganz abschalten muss-

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(C (D en. Vielleicht erinnern Sie sich an das absurde Urteil um Niggemeier-Blog. Mir ist bewusst, dass das Thema Überwachung bei Ihen momentan hoch im Kurs steht. Allerdings frage ich ich und Sie: Wie soll zum Beispiel ein Onlineportal ie www.heise.de gewährleisten, dass die circa 00 000 Kommentare, die dort pro Monat abgegeben erden – gerade sie machen ja den Reiz eines solchen ortals aus –, vorab kontrolliert werden, ganz abgesehen avon, dass dies eine weitere nicht hinnehmbare Einchränkung der Meinungsund Pressefreiheit bedeuten ürde? ier ist eine Klarstellung dringend erforderlich. Ganz grundsätzlich müssen auch die sogenannten aftungsprivilegierungen präzisiert werden. Nach wie or sollten wir an dem Grundsatz festhalten – Sie haben hn angesprochen –, dass die Verantwortung nach dem erursacherprinzip zugeordnet wird. Betreiber von nlineplattformen dürfen nicht in die Zwickmühle gera en, auf der einen Seite potenzieller Mitstörer und auf er anderen Seite Vertragsverletzer zu sein. Schließlich st auch problematisch, dass Plattformbetreiber gleicheitig in die Rolle des Anklägers und des Richters gerängt werden, da sie erwägen müssen, ob im Einzelfall ine Rechtsverletzung vorliegt. Neben diesen vordringlichen Punkten werden in unerem Antrag weitere Probleme angesprochen, die endich gelöst werden müssen: Begrifflichkeiten und Abrenzungen müssen präzisiert werden. Die Regelungen ur Bestandsdatennutzung müssen auf das Niveau gehoen werden, das auch im nichtelektronischen Geschäftserkehr üblich ist. Die Bekämpfung von Spam muss mit oher Priorität fortgesetzt werden, ohne jedoch – das age ich ausdrücklich in Richtung der Linkspartei und er Grünen – der Verlockung symbolischer Gesetzesverchärfungen zu erliegen. Meine Damen und Herren, ich möchte Sie alle daran rinnern, dass Bund und Länder die dringend notwenige Restrukturierung der Medienaufsicht vor sich herchieben, ohne auch nur ansatzweise Reformwillen zu ffenbaren. Dabei ist uns allen bewusst, dass Deutschand die zerklüftetste und unüberschaubarste Aufsichtsnd Regulierungslandschaft der Welt aufweist und dass ies zu erheblichen Wettbewerbsnachteilen und Enticklungshemmnissen führt. ch appelliere daher mit Nachdruck an Sie, gemeinsam it den Ländern eine Vereinheitlichung und Vereinfa hung anzugehen. Das britische OFCOM könnte uns daei als praktikables Vorbild dienen. Damit Frau Präsidentin nicht auch mich ermahnen uss, komme ich zu meinem Schlusswort. Es ist schon u viel Zeit vergangen, in der der Standort Deutschland nd die Informationsgesellschaft und -industrie in dieem Land gehemmt wurden. Deshalb bitte ich Sie, liebe Hans-Joachim Otto Frau Kollegin Krogmann – bitte leihen Sie mir Ihr geschätztes Ohr –, um Ihre Zustimmung zu unserem Antrag. Herzlichen Dank. Nächster Redner ist der Kollege Klaus Barthel, SPD Fraktion. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die vorliegenden Anträge, mit denen wir uns heute beschäftigen, wurden zwischen dem 20. September und 25. Oktober 2007 an die Ausschüsse überwiesen und am 23. Januar 2008 im Wirtschaftsausschuss behandelt. Sie wurden dem Plenum gegen die Stimmen der jeweiligen Antragsteller zur Ablehnung empfohlen. (Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Sehr bedauerlich!)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der FDP)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616023500

(Beifall bei der SPD)

Klaus Barthel (SPD):
Rede ID: ID1616023600

Dass die Behandlung dieser Anträge heute offensichtlich
auf Betreiben der jeweiligen Antragsteller auf die Tages-
ordnung gesetzt wurde, kann ich von der Sache her aller-
dings nicht verstehen. Denn damit zwingen Sie uns im
Grunde genommen, sie heute abzulehnen.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Wann kommt denn Ihr Antrag?)


Herr Otto, wir alle wissen, dass es sich bei diesem
Thema um eine komplizierte Rechtsmaterie handelt und
dass es im Bereich der elektronischen Kommunikation
ständig neue Entwicklungen, neue Geschäftsmodelle
und neue Missbrauchstatbestände gibt, auf die wir uns
einstellen müssen.

Wir wissen alle, warum wir damals gemeinsam Ände-
rungs- und Ergänzungsbedarf beim Telemediengesetz
gesehen haben und noch immer sehen. Wir mussten die-
ses Gesetz seinerzeit, im Januar 2007 – Sie haben es er-
wähnt –, unter Termindruck verabschieden, damit es
zeitgleich mit dem neuen Rundfunkstaatsvertrag der
Länder am 1. März 2007 in Kraft treten konnte. Damit
wurden das frühere Teledienstegesetz und der Medien-
dienste-Staatsvertrag zusammengeführt. Bestimmte Fra-
gen, die angesprochen worden sind, beispielsweise die
Fragen der Anbieterhaftung, der Spambekämpfung und
des Telemediendatenschutzes, konnten wir damals nicht
mehr vollständig klären.

Wir alle wissen auch, dass die vorgetragenen Ände-
rungswünsche teilweise durchaus erwägenswert, teil-
weise aber auch strittig sind; Sie werden das noch hören.
Wenn man sich die drei vorliegenden Anträge anschaut,
dann merkt man, dass sie völlig unterschiedlich und ge-
gensätzlich sind. Deswegen kann man hier nicht einfach
sagen: Wir setzen alles um.

Zum einen geht es um die Fragen der Definition und
Abgrenzung von Telemedien, Telekommunikation und
Rundfunk. Hier sehen wir keinen Handlungsbedarf. Mit

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(C (D undfunkstaatsvertrag und Telemediengesetz gelten etzt einheitliche Bestimmungen für alle neuen Dienste: as Telemediengesetz regelt die wirtschaftlichen Anforerungen, der Rundfunkstaatsvertrag die inhaltlichen spekte der neuen Dienste. Dieser neue gemeinsame echtsrahmen für die Telemedien ist gegenüber dem früeren Zustand eine Vereinfachung und die Grundlage für in übergreifendes, einheitliches Datenschutzkonzept. ußerdem haben wir sichergestellt, dass dieser Rahmen etzt unabhängig von Übertragungswegen und Technoloien offen für weitere Entwicklungen ist und der Konergenz Rechnung trägt. Anders, als die FDP behauptet, gibt es keine Doppelegulierung. Auch die von der FDP, den Linken und den rünen geforderte positive Definition von Telemedien alten wir für problematisch, weil sie zu neuen Abrenzungsproblemen, zum Beispiel im Hinblick auf die -Commerce-Richtlinie der EU und den Rundfunk, füh en würde. ie neue Flexibilität, die wir geschaffen haben, wäre mit inem Federstrich wieder dahin, ohne dass es einen Nuten bringen würde. Auch bei den Informationspflichten sehen wir wenig nderungsbedarf. Unter Berücksichtigung der E-Comerce-Richtlinie sind die notwendigen Eingrenzungen, um Beispiel des Begriffs der Geschäftsmäßigkeit, ängst vollzogen worden. Auch hier können wir der FDP icht folgen. Dagegen halten wir die Forderung der Linken, eine indeutige Regelung zu finden, ob im Rahmen der Inforationspflichten die Telefonoder Faxnummer des Ver ntwortlichen anzugeben ist, für erwägenswert. Wir sollen allerdings berücksichtigen, dass der BGH diese rage schon dem Europäischen Gerichtshof zur Entcheidung vorgelegt hat. Wir sollten einfach abwarten, elche Entscheidung in dem entsprechenden Verfahren etroffen wird. In Übereinstimmung mit den Antragstellern sehen wir ei den Fragen der Verantwortung und Haftung der iensteanbieter Handlungsbedarf. Ich nenne dazu drei unkte: Erstens: Haftung für Inhalte des Internetauftritts eines iensteanbieters. Die Störerhaftung ist in der Tat unzu eichend geregelt. Die Rechtsprechung beurteilt die Unerlassungsansprüche nach allgemeinen Grundsätzen. aher werden die Unterlassungsansprüche in einem be timmten Fall auf kerngleiche Rechtsverletzungen ausedehnt. Aber was kerngleich ist, bleibt etwas unklar. araus ergibt sich vor allem für kleine Diensteanbieter in Risiko. Zweitens: Suchmaschinen. Prinzip einer Suchaschine ist, dass alle einschlägigen Seiten regelmäßig uf zentralen Servern zwischengespeichert werden, dait jemand, der oder die nach entsprechenden Begriffen ucht, eine gefundene Seite in Sekunden abrufen kann. ine vom ursprünglichen Anbieter bereits gelöschte Klaus Barthel Seite bleibt dort weiterhin erhalten und kann noch nach Wochen über die Suchmaschine eingesehen werden. Eine Löschungspflicht würde die etablierten Anbieter dieser Welt wie Google technisch und wirtschaftlich hoch belasten. Das könnte in der Tat das Aus für ein halbwegs kostenloses Internet bedeuten, zumindest was einige der Komfortfunktionen anbelangt, die sich bei den Usern großer Beliebtheit erfreuen. Drittens: elektronischer Verweis bzw. Link, der auf eine andere Seite hinweist, die rechtswidrige Inhalte hat. Nehmen wir an, jemand weist auf die Seite einer politischen Vereinigung hin, die zu einem späteren Zeitpunkt volksverhetzende Inhalte einstellt, oder nehmen wir an, jemand baut einen Link zu einer Seite mit Kinderpornografie in seinen Internetauftritt ein. Sind beide Fälle gleich zu behandeln? Das ist bislang nicht oder nur unzureichend geregelt. Wir stehen hier vor der Abwägung, ob wir dem Schutz der persönlichen und politischen Rechte oder aber den etablierten oder möglichen Geschäftsmodellen von Diensteanbietern Vorrang geben wollen. Wir würden immer sagen: Die Persönlichkeitsrechte, die Verbraucherrechte, die Urheberrechte dürfen nicht vor der Gewalt der Masse und vor Geschäftsinteressen kapitulieren; das Internet darf kein rechtsfreier Raum sein. Gleichzeitig wissen wir, dass das Internet eine weltweite Veranstaltung ist und wir mit nationalen Verboten nicht weit kommen. (Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Richtig!)


(Dr. Martina Krogmann [CDU/CSU]: Genau!)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


Man läuft Gefahr – das ist uns bewusst –, deutsche An-
bieter kaputtzumachen, ohne dass sich in der Sache et-
was ändert. Deswegen müssen wir an dieser Stelle die
internationale Entwicklung des Rechts im Auge behal-
ten. Es gilt zum Beispiel, abzuschätzen und zu berück-
sichtigen, welche Auswirkungen der neue europäische
Rechtsrahmen für die Telekommunikation haben könnte.
Dieser Rechtsrahmen befindet sich zurzeit in Überarbei-
tung, gerade was die Verbrauer- und Nutzerrechte be-
trifft.

Wir stehen zum Beispiel vor der Frage, ob wir es zu-
lassen, dass das Internet wegen unseriöser Praktiken eine
verzerrte Alltagswahrnehmung produziert. Wenn man
„Klaus Barthel“ als Suchbegriff bei Google eingibt, er-
hält man in 0,19 Sekunden 44 800 Treffer.


(Rainer Brüderle Dr. Martina Krogmann [CDU/CSU] und Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP])


– Moment! Das ist ganz bescheiden. – „Merkel“ ergibt
in derselben Zeit 14,7 Millionen Treffer. Sucht man nach
„Beleidigungen“ und „Merkel“, erhält man immerhin
noch 87 000 Treffer. Ich meine, es kann nicht sein, dass
die Bundeskanzlerin gegen in Zeitungen oder Büchern
gedruckte Beleidigungen jederzeit gerichtlich vorgehen
kann, Beleidigungen im World Wide Web hingegen hilf-
los gegenübersteht. Wir wollen trotzdem keine generelle
Vorabzensur der Angebote im Internet.

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(C (D Das Telemediengesetz hat sich im ersten Jahr seines estehens im Großen und Ganzen bewährt, Herr Otto, uch wenn Sie hier Katastrophenszenarien an die Wand alen. Einige der Änderungsvorschläge aus den drei nträgen haben sich durch geltendes Recht und die Prais bereits erledigt. Herr Kollege Barthel, gestatten Sie eine Zwischen rage des Kollegen Otto? Bitte, Herr Otto. Lieber Herr Kollege Barthel, ich möchte keine Unter angsszenarien an die Wand malen, wie Sie es mir geade unterstellt haben, sondern Ihnen schlicht und einach die Frage stellen: Können Sie angesichts der vielen chwierigkeiten und Probleme, die Sie uns geschildert aben, der deutschen Internetwirtschaft in Aussicht stelen, dass die auch von Ihnen für dringend notwendig erchtete Überarbeitung des Telemediengesetzes noch in ieser Legislaturperiode verabschiedet wird? Herr Otto, das können wir; darauf wäre ich zum chluss meiner Ausführungen gekommen. (Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Schön!)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616023700
Klaus Barthel (SPD):
Rede ID: ID1616023800
Hans-Joachim Otto (FDP):
Rede ID: ID1616023900
Klaus Barthel (SPD):
Rede ID: ID1616024000

ch war noch bei Ihren Gedanken, dabei, wo wir keinen
andlungsbedarf sehen. Spamming beispielsweise
onnte durch wirksamere Filter, aber auch durch die An-
rohung von Bußgeld zurückgedrängt werden.

Die Rechtsprechung schafft auch an anderer Stelle
mmer mehr Klarheit. So hat zum Beispiel der Bundes-
erichtshof in seinem Urteil vom 10. April 2008 in Sa-
hen Haftung von Ebay bei „Namensklau“ im Internet
ine weise Entscheidung getroffen: Er hat die Haftung
on Internetauktionshäusern bejaht, sie aber begrenzt.
ch kann das jetzt aus zeitlichen Gründen nicht näher er-
äutern.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Wann kommt euer Entwurf?)


as eine oder andere erübrigt sich also durch die lau-
ende Rechtsprechung.

Ich habe aber auch gesagt – Frau Krogmann hat das
benfalls deutlich gemacht –, dass wir in Teilbereichen
nderungsbedarf sehen. Dieser Änderungsbedarf wird

urzeit – das dürfte allgemein bekannt sein – zwischen
en Ressorts der Bundesregierung abgestimmt. Wir als
oalitionsfraktionen drängen darauf, dass diese Ände-

ungen auf den Tisch kommen.

Unsere Zusage steht – lassen Sie mich das zum
chluss noch einmal deutlich machen –: Die Opposi-

ionsfraktionen werden in die Beratungen einbezogen,
evor der Kabinettsentwurf fertiggestellt wird. Insofern
ar es sicherlich verdienstvoll und hilfreich, dass Sie






(A) )



(B) )


Klaus Barthel
– FDP, Linke und Grüne – Ihre Änderungswünsche vor-
gelegt haben. Einiges, aber nicht alles werden wir sicher-
lich berücksichtigen können.

Vor dem Hintergrund dessen, was Frau Krogmann
und ich vorgetragen haben, werden Sie verstehen, dass
wir heute Ihre Anträge ablehnen müssen, damit wir ge-
meinsam zu einem vernünftigen Ergebnis kommen. Das
wird sicherlich noch in diesem Jahr sein. Der Zeitdruck
ist uns durchaus klar.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616024100

Nächster Redner ist der Kollege Dr. Lothar Bisky,

Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Lothar Bisky (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616024200

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In einer

Frage sind wir uns einig: Das bestehende Telemedienge-
setz vom vergangenen Jahr ist in wesentlichen Teilen für
die Praxis ungeeignet. Das ist kein Wunder; denn es war
bereits bei seiner Verabschiedung veraltet. Auch wir
Linken halten es für richtig und notwendig, die Regelun-
gen aus dem früheren Teledienstegesetz und dem Me-
diendienste-Staatsvertrag zusammenzuführen. Mit dem
geltenden Telemediengesetz ist das allerdings misslun-
gen.

Meine Damen und Herren von der Regierungskoali-
tion, Sie haben es versäumt, den Begriff „Telemedien“
im Gesetz eindeutig zu verankern und ihn mit den beste-
henden EU-Richtlinien abzugleichen. Viel schwerer aber
wiegt, dass Sie Tausende Betreiber und Betreiberinnen
von Webseiten, Blogs, Foren und anderen Onlinediens-
ten bei der Frage der Haftung alleinlassen. Sie haben es
verpasst, die bestehenden Regelungen klarer und ver-
ständlicher zu formulieren und die Intention, die mit den
Regelungen verfolgt wird, zu verdeutlichen. Nie war die
Rechtsunsicherheit im Internet größer. Das bisherige Te-
lemediengesetz ist hinsichtlich der Rechtssicherheit das
Papier nicht wert, auf dem es geschrieben steht. Hier
muss dringend nachgebessert werden. Machen Sie klar,
wer wann, für was und warum haften soll; denn jemand,
der ein Angebot im Netz bereitstellt, darf keinen unkal-
kulierbaren Haftungsrisiken ausgesetzt sein. Rechts-
sicherheit brauchen alle. Was wir nicht brauchen, sind
präventive Überwachungspflichten.

Auch der Datenschutz kommt im Telemediengesetz
zu kurz. Die Linksfraktion fordert ein Recht auf Anony-
mität im Internet. Die meisten Menschen bewegen sich
auch im normalen Leben, also außerhalb des Internets,
häufig anonym in ihrer Umwelt. Noch ist das so, und ich
hoffe, dass dies auch noch lange so bleiben wird. Wir
alle wissen: Gerade im Internet ist der Datenschutz be-
sonders wichtig. Darum muss er auch im Netz gelten.
Ich will Ihnen ein Beispiel nennen: Manch einen Inter-
netdienst dürfen Sie nur dann nutzen, wenn Sie gleich-
zeitig der Zusendung von Werbung zustimmen. Damit
werden Sie quasi genötigt, Ihre persönlichen Daten un-
freiwillig preiszugeben. Das mögen Sie anders sehen.

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(C (D ch halte das für grundfalsch. Darum plädiere ich dafür, iese Zwangskoppelung zu untersagen bzw. zu verbieen. Auch die neu eingeführte Regelung hinsichtlich der uskunft über Bestandsdaten ist uns viel zu weitgehend. treichen Sie die Nachrichtendienste und die Polizeibeörden der Länder aus dem Kreis der Auskunftsberechigten; denn so, wie es jetzt ist, ist es mit dem Datenchutz im Internet nicht weit her. Dass Private bei der erletzung von Rechten des geistigen Eigentums mit Siherheitsbehörden gleichgestellt werden, ist nicht nachuvollziehen. Die Regelungen der Strafprozessordnung eichen hier völlig aus. Ich komme zum Schluss. Geben Sie sich einen Ruck! ovellieren Sie das Telemediengesetz zugunsten der utzerinnen und Nutzer, und stärken Sie den Verbrau herschutz und den Datenschutz! Ich danke Ihnen. (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616024300

Letzte Rednerin in dieser Debatte ist die Kollegin

icole Maisch, Bündnis 90/Die Grünen.


Nicole Maisch (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1616024400

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten

amen und Herren! Das Telemediengesetz ist noch nicht
ehr alt, aber leider schon jetzt veraltet. Darüber besteht
ier im Haus Einigkeit. Uns wurde die Neuordnung der
edienlandschaft verkauft. Das Versprechen wurde lei-

er nicht gehalten.


(Klaus Barthel [SPD]: Wir haben gar nichts verkauft!)


Wir sind der Ansicht, dass die Bundesregierung wich-
ige Meinungen von Experten ignoriert hat, die gesagt
aben, dass das Gesetz weder den Anforderungen an ei-
en bürgerfreundlichen und einheitlichen Datenschutz
och den Anforderungen an einen modernen Verbrau-
herschutz im digitalen Raum gerecht wird.


(Beifall des Abg. Kai Gehring [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


ch habe auch gewisse Zweifel, ob der Boom der Inter-
etwirtschaft nur auf dieses Gesetz zurückzuführen ist.
ch glaube, er hält schon etwas länger an, als dieses Ge-
etz in Kraft ist; er wurde nicht ausschließlich dadurch
efördert.

Wir Grüne bemängeln, dass in diesem Gesetz eine
efinition dessen fehlt, was ein Telemedium eigentlich

st. Was ist zum Beispiel mit Spiegel Online, die Texte
nd Videoclips im Internet anbieten? Ist ein Text Presse
der Telemedium? Sind Videoclips Rundfunk? Es fehlt
uch eine Definition dessen, wer für die Aufsicht dieser
edien zuständig ist. Wer ist für den Jugendschutz zu-

tändig? Muss ein Anbieter den Inhalt seiner Videos von
en Landesmedienanstalten oder von der Kommission
ür Jugendmedienschutz kontrollieren lassen? Das inte-






(A) )



(B) )


Nicole Maisch
ressiert nicht nur große kommerzielle Anbieter, sondern
auch viele private Blogger und Forenanbieter. Die müs-
sen wissen, welches Recht für sie gilt und welche Ver-
antwortung sie für ihr Angebot übernehmen müssen.

Wir Grüne kritisieren insbesondere, dass die Bundes-
regierung die Welt des Internets ohne den Blick auf die
Nutzerinnen und Nutzer gestaltet hat. Sie verkennt, dass
Bürgerrechte, zum Beispiel beim Datenschutz, selbstver-
ständlich auch im digitalen Raum gelten müssen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir Grüne kritisieren, dass die Bundesregierung es ver-
passt hat, einen einheitlichen Datenschutz für Rundfunk,
Telekommunikation und Telemedien zu schaffen.

Ich erinnere in diesem Zusammenhang an das Koppe-
lungsverbot, das verhindert, dass die Nutzung von Inter-
netdiensten an die Herausgabe persönlicher Daten ge-
bunden ist. Das StudiVZ, das in diesem Kontext genannt
wurde, ist, glaube ich, ein gutes Beispiel. Die Kollegin
Krogmann hat kritisiert, dass Menschen im Internet ihre
persönlichen Daten freigeben. Ich stimme mit Ihnen da-
rin überein, dass man das nicht regulieren kann. Gegen
Naivität und Dummheit helfen nun einmal keine Ge-
setze. Man kann aber regulieren, dass die Anbieter dieser
Foren die Menschen, die sie nutzen wollen, dazu zwin-
gen, ihnen eine große Anzahl persönlicher Daten als Vo-
raussetzung dafür zu überlassen, dass man an solchen
Angeboten teilnehmen kann. Das meinen wir mit Kop-
pelungsverbot, und wir glauben, dass dringend Hand-
lungsbedarf besteht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Was den Datenschutz betrifft, gibt es also keinen
Fortschritt. Stattdessen hat das Gesetz den Zugriff auf
persönliche Daten sogar noch erweitert. Bestandsdaten
dürfen unbegrenzt für die Gefahrenabwehr im Bereich
der polizeilichen Vorbeugung und zur Durchsetzung der
Rechte am geistigen Eigentum herausgegeben werden.
Darin sehen wir Grünen eine Zweckentfremdung perso-
nenbezogener Daten. Wir glauben, dass Sie damit zu
weit gegangen sind.

Auch was den digitalen Verbraucherschutz angeht,
glauben wir, dass dieses Gesetz dringend überarbei-
tungswürdig ist. Wir möchten, dass Verbraucherinnen
und Verbraucher effektiver vor Spams geschützt werden.
Wir glauben nicht, dass die Vorschläge der FDP, eine
freiwillige Selbstkontrolle der Wirtschaft einzuführen,
weiterführen.

Wir wollen eine klare und einheitliche Kennzeich-
nung von Werbemails, damit Verbraucherinnen und Ver-
braucher nicht so leicht in die Irre geführt werden kön-
nen. Wir wollen außerdem klare Bußgeld- und
Verbotsregelungen für Spams und Werbemails.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die Verfolgung von Spammern und Werbemailabsen-
dern möchten wir bei der Bundesnetzagentur ansiedeln;
denn Spam nervt nicht nur, sondern verursacht auch ei-
nen immensen volkswirtschaftlichen Schaden.

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(C (D Herr Barthel hat gesagt, er müsse sich die Zustimung zu den Anträgen – also auch zu dem Antrag der rünen – verkneifen, weil die Zeit dafür noch nicht geommen ist. Tun Sie sich keinen Zwang an: Man kann uch jetzt schon zustimmen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Klaus Barthel [SPD]: Das müssen wir uns noch einmal überlegen!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616024500

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zu der Beschlussempfehlung des Aus-
chusses für Wirtschaft und Technologie auf Druck-
ache 16/8099. Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe a
einer Beschlussempfehlung die Ablehnung des Antrags
er Fraktion der FDP auf Drucksache 16/5613 mit dem
itel „Notwendige Verbesserungen am Telemedienge-
etz jetzt angehen“. Wer stimmt für diese Beschlussemp-
ehlung? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die
eschlussempfehlung ist damit mit den Stimmen der
raktion Die Linke, SPD, Bündnis 90/Die Grünen und
DU/CSU bei Gegenstimmen der FDP angenommen.

Unter Buchstabe b empfiehlt der Ausschuss die Ab-
ehnung des Antrags der Fraktion Die Linke auf Druck-
ache 16/6772 mit dem Titel „Telemediengesetz verbes-
ern – Datenschutz und Verbraucherrechte stärken“. Wer
timmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt
agegen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung
st mit den Stimmen von SPD, CDU/CSU und FDP bei
egenstimmen von Bündnis 90/Die Grünen und der
raktion Die Linke angenommen.

Schließlich empfiehlt der Ausschuss unter
uchstabe c seiner Beschlussempfehlung die Ablehnung
es Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf
rucksache 16/6394 mit dem Titel „Fehlende Verbrau-

herschutzregeln und Rechtsunsicherheiten im Teleme-
iengesetz beseitigen“. Wer stimmt für diese Beschluss-
mpfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? –
ie Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen von
PD, CDU/CSU und FDP bei Gegenstimmen der Frak-

ion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion Die Linke
ngenommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 8 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Wirtschaft und Tech-
nologie (9. Ausschuss)


– zu dem Antrag der Abgeordneten Laurenz
Meyer (Hamm), Peter Bleser, Julia Klöckner,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
CDU/CSU sowie der Abgeordneten Elvira
Drobinski-Weiß, Dr. Rainer Wend, Ingrid
Arndt-Brauer, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der SPD

Sicheres Spielzeug für unsere Kinder

– zu dem Antrag der Abgeordneten Nicole
Maisch, Ulrike Höfken, Cornelia Behm, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner
EU-Spielzeugrichtlinie modernisieren und
Verbraucherschutz ausbauen

– Drucksachen 16/8496, 16/7837, 16/8977 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Doris Barnett

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kolle-
gin Julia Klöckner, CDU/CSU-Fraktion.


Julia Klöckner (CDU):
Rede ID: ID1616024600

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Ein Grund für die heutige Debatte sind die Er-
fahrungen aus dem vergangenen Sommer, als die Schlag-
zeilen einander jagten. Unsicheres Spielzeug wurde vom
Markt zurückgerufen. Betroffen waren 20 Millionen
Spielzeuge zum Beispiel von Mattel, einem Markenher-
steller. Selbst bei solchen Herstellern kann man nicht da-
von ausgehen, dass die Produkte sicher und ungefährlich
sind. Noch schlimmer waren die Schlagzeilen, dass Kin-
der erstickt sind, dass Vergiftungsgefahren bestehen und
dass sich Eltern, die meistens damit befasst sind, ihre
kleinen Kinder von gefährlichen Gegenständen wie
Scheren fernzuhalten, Sorgen machten. Darüber, dass
von harmlos erscheinenden Spielzeugen Gefahren aus-
gehen, sollten wir nicht nur diskutieren. Vielmehr sollten
wir auch die Konsequenzen ziehen. Eines ist für die
CDU/CSU-Bundestagsfraktion ganz klar: Es darf keine
Kompromisse geben, wenn es um die Sicherheit und die
Gesundheit unserer Kinder geht. Alle Produkte, die bei
uns auf den Markt kommen und die Verbraucherinnen
und Verbraucher hier erwerben können, müssen sicher
sein. Es gibt keine Entschuldigung dafür, dass Spielzeug
giftige und gefährliche Stoffe enthält und dass letztlich
unsere Kinder in Europa gefährdet werden.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ein anderer Grund für die heutige Debatte ist die an-
stehende Spielzeugrichtiglinie, über die auf europäischer
Ebene verhandelt wird. Ich möchte mich ganz herzlich
bei meiner Kollegin Frau Drobinski-Weiß bedanken.
Wir beide haben damals zusammen mit der Wirtschafts-
arbeitsgruppe den Antrag auf den Weg gebracht, der
heute vorliegt. Wir haben ihn zwar im vergangenen Jahr
erarbeitet. Aber er ist aktueller denn je. Mich hat sehr er-
staunt, dass mit der vorgelegten Spielzeugrichtlinie, die
Sicherheit bringen soll, nicht das umgesetzt wird, was
der zuständige EU-Kommissar Verheugen in allen Re-
den sagt. Das heißt, dass krebserregende und erbgutschä-
digende Stoffe auch in Zukunft in Kinderspielzeugen zu
finden sein werden, wenn die Richtlinie in der jetzigen
Form umgesetzt wird. Vor allen Dingen werden Grenz-
werte dann flexibler gehandhabt. Das heißt, dass man
gegenüber krebserregenden Stoffen etwas toleranter sein
wird. Ein weiterer Punkt, der uns besonders auf den Nä-
geln brennt, ist, dass das GS-Zeichen, das auf nationaler
Ebene für geprüfte Sicherheit steht und ein hervorragen-

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(C (D es Kennzeichen aus Deutschland ist, verboten werden oll. Was mich in der Tat sehr irritiert, ist die Rede von errn Verheugen, der am 28. Februar sagte, für Spiel eug gelte das europäische Chemikalienrecht REACH. ier muss ich den EU-Kommissar leider verbessern. as stimmt so nicht. Dieses Recht gilt nicht unmittelbar ür Spielzeug. Des Weiteren sagte er, dass die Substanen, die krebserregend oder fortpflanzungsschädlich eien, verboten werden. Aber auch hier muss ich den U-Kommissar korrigieren. Das stimmt nicht. Es weren nur andere Grenzwerte eingeführt. Dann sagte er, ass bestimmte Duftstoffe verboten werden. Auch das timmt nicht. Es werden wiederum nur andere Grenzerte eingeführt. Hier gibt es eine Kluft. Wir von der DU/CSU-Fraktion erwarten, dass der zuständige EUommissar in Brüssel das von seinen Beamten umsetzen ässt, was er richtigerweise in seinen Reden sagt. Ich halte es schon für mehr als sportlich, die Stellungahmen des Europäischen Parlaments und die ganze Deatte zu torpedieren. Schauen Sie sich einmal im Internet ie Umfrage an, die die Kommission zurzeit über die ukunft des GS-Zeichens durchführt. Die Fragen sind lles andere als wissenschaftlich und offen gestaltet. Fast oche für Woche wird die Umfrage umformuliert. Ein letzter Satz: Ich freue mich sehr, dass die Verraucherzentrale Bundesverband hier in Deutschland nsere Position unterstützt. Wir unterstützen uns gegeneitig. Mich irritiert aber, dass die europäische Verbrauherschutzorganisation zu keiner Meinung kommt. Das erstehe ich nicht unter einem Sprachrohr der Verbrauher. Ich höre von dort überhaupt keine klare Meinung um GS-Zeichen. Das GS-Zeichen unterstützt nicht nur nsere Wirtschaft, sondern es schützt auch unsere Verraucherinnen und Verbraucher. Verbraucherverbände ordern immer von der Politik, dass sie auf europäischer bene eine Meinung entwickelt. Das erwarten wir auch on den Verbraucherverbänden. Denn mit uns gibt es eine Kompromisse. Die Union steht für Sicherheit bei en Produkten und auch für Spaß beim Spielen. Das Wort hat jetzt der Kollege Hans-Michael oldmann von der FDP-Fraktion. Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und ollegen! Ich freue mich zunächst einmal, dass wir berhaupt zu diesem Thema sprechen. Ich war eben bass rstaunt, als ich angerufen und mir mitgeteilt wurde, es olle nicht geredet werden. Ich finde, die Kinder und der nlass sollten es uns wirklich wert sein, diese Zeit heute bend, wenn es auch ein bisschen spät ist, für unser ichtiges Anliegen zu verwenden. Ich finde es auch gut, ass unsere kinderund jugendpolitische Sprecherin, rau Gruß, extra hergekommen ist, um uns in dieser rage zu unterstützen. Hans-Michael Goldmann (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1616024700

(Beifall bei der FDP)

Hans-Michael Goldmann (FDP):
Rede ID: ID1616024800




(A) )


(B) )


Die Kinderkommission war sich in dieser Frage einig.
Dazu werden wir im Zusammenhang mit dem GS-Zei-
chen noch kommen. Es wäre auch ganz gut, wenn wir
uns einig werden; aber wir sind uns ja ziemlich einig.
Die FDP wird dem Antrag der CDU/CSU und der SPD
zustimmen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Liebe Freunde, wir müssen schon einmal hinschauen.
Es muss jedem ein Schauer den Rücken hinunterlaufen,
wenn er feststellt – die Zahlen sind jetzt von dem
RAPEX-Schnellwarnsystem veröffentlicht worden –,
dass es 1 605 Produktwarnungen im Jahr 2007 gegeben
hat, also 53 Prozent mehr als im letzten Jahr. In
400 Fällen handelte es sich um Spielwaren. Das betrifft
also genau den Problembereich, den Julia Klöckner eben
angesprochen hat. Da geht es um Gifte und krebserre-
gende Substanzen im Spielzeug. Man muss ganz klar sa-
gen, dass das Sicherheitsniveau auf der europäischen
Ebene weit hinter dem zurückbleibt, was wir uns wün-
schen.


(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD)


Es ist richtig, was hier angesprochen worden ist, näm-
lich dass man sich von allen Seiten ein bisschen mehr
Schlagkraft wünschen würde. Wir wissen, dass Grenz-
werte bei Spielzeug einfach nicht ausreichen. Deswegen
bitte ich darum, dass diejenigen, die an der Regierung
beteiligt sind, SPD und CDU/CSU, auch auf unseren Mi-
nister und den geschätzten, immer anwesenden Staatsse-
kretär Herrn Müller einwirken, damit sie in Brüssel – ich
sage das einmal etwas locker – auf den Putz hauen; denn
das, was in Brüssel passiert, ist ein tolles Ding.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Julia Klöckner [CDU/CSU]: Das macht er!)


– Da bin ich nicht so ganz sicher.

Es gibt ein super Zeichen in Deutschland, das GS-
Zeichen. Die europäische Ebene wird sich möglicher-
weise nur auf das CE-Zeichen einigen. Das heißt nicht,
dass das GS-Zeichen vom Markt ist. Aber das heißt, dass
im europäischen Wettbewerb nur das CE-Zeichen gilt.
Dieses CE-Zeichen hat nun einmal klare Mängel gegen-
über dem GS-Zeichen. Deswegen sollten wir uns ge-
meinsam dafür einsetzen, dass das qualifizierte GS-Zei-
chen zum Tragen kommt; denn im großen Unterschied
zum europäischen CE-Zeichen wird die Übereinstim-
mung von Baumustern mit den später in den Handel ge-
brachten Produkten überprüft. Das ist der entscheidende
Punkt. Es wird also nicht nur ein Baumuster irgendwann
einmal vorgestellt, sondern es wird permanent überprüft,
ob das Produkt, das auf dem Markt ist, mit dem Baumus-
ter im Einklang ist. Das ist eine wirklich gute Sache.

Deswegen noch einmal der Appell an das Ministe-
rium, Herr Staatssekretär, sich um diesen Bereich ener-
gisch zu kümmern. Das Verbraucherinformationsgesetz
ist schön und gut, aber ein Verbraucherinformationsge-
setz, das mit relativ hohen Kosten auch für diejenigen

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(C (D erbunden ist, die Bittsteller sind, ist nicht so gut. Aber n dieser Frage kann man durch engagierten Einsatz auf uropäischer Ebene möglicherweise wirklich noch etwas rreichen; aber es wird allerhöchste Zeit. Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtchaft und Verbraucherschutz – möglicherweise auch as Wirtschaftsministerium – ist in dieser Frage nicht esonders aktiv. Denn die Information über Produktängel ist dringend verbesserungsbedürftig. Es gibt uch die Idee – die Idee gibt es schon länger –, ein Instiut in Neuruppin einzurichten, das sich in besonderer eise mit Produktsicherheit beschäftigt. Da kann ich nur agen: Kommt in die Pötte, damit der Verbraucher endich die Informationen erhält, die er braucht, um seine ntscheidung so zu treffen, dass die Kinder, die mit dieem Spielzeug so umgehen, wie man eben mit Spielzeug mgeht – Kinder stecken sich Spielzeug auch einmal in en Mund und spielen mit den Händen –, beim Spielen icher sind. Ich sage Ihnen, liebe Freunde, die Aktivitäten auf euopäischer Ebene können Sie vergessen. Wir hatten eute Morgen ein Gespräch mit dem TÜV Deutschland, nd ich hatte heute Mittag auch ein Gespräch mit Herrn illen von der Verbraucherzentrale. Die Information sei ens der europäischen Ebene ist eine einzige Katastrohe. Wenn Sie an Informationen kommen wollen und en Link endlich gefunden haben, dann müssen Sie folenden Link eingeben. as kann man jetzt schlecht sehen; das gebe ich zu. Aber ie sehen, dass es viel ist. Das müssen Sie alles eingeben, m an Informationen zu kommen: http://ec.europa.eu/ ourvoice/ipm/forms/dispatch?form=SAFETYMARK3 lang=de. – Dann sind Sie immer noch in einem Be eich, in dem Sie im Grunde genommen kaum Informatinen bekommen. (Franz Obermeier [CDU/CSU]: Müssen wir das auswendig lernen? – Ute Kumpf [SPD]: Können Sie das noch einmal wiederholen, Herr Kollege? – Zuruf von der SPD: Noch mal fürs Protokoll!)


(Beifall bei der FDP)


(Der Redner hält eine Manuskriptseite hoch)


assen Sie uns gemeinsam dafür arbeiten, damit das,
as heute beschlossen wird, auf europäischer Ebene
chlagkraft hat.

Liebe Freunde von der Großen Koalition, schauen Sie
ich Ihren Antrag noch einmal an. Ich meine, er enthält
ine Verdächtigkeit. Ich glaube, dass wir zu schnell das
S-Zeichen für ein europäisches CE-Zeichen preisge-
en. Lassen Sie uns gemeinsam dafür arbeiten, dass es
uf europäischer Ebene hoffentlich zur GS-Qualität
ommt.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Elvira Drobinski-Weiß [SPD]: Herr Goldmann, Sie stimmen also unserem Antrag zu?)







(A) )



(B) )


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1616024900

Das Wort hat die Kollegin Elvira Drobinski-Weiß von

der SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Elvira Drobinski-Weiß (SPD):
Rede ID: ID1616025000

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Falls Sie gleich
ein paar Zahlen noch einmal hören, macht das, so denke
ich, gar nichts. Dann bleibt es besser hängen.

Vor drei Wochen hat die EU-Kommission den
RAPEX-Jahresbericht für 2007 vorgelegt, der die Zahlen
des europäischen Schnellwarnsystems für gefährliche
Konsumgüter enthält. Der Kollege Goldmann hat es be-
reits gesagt: Um über 50 Prozent ist die Anzahl dieser
Fälle angestiegen. Um genau zu sein, Herr Goldmann:
Es waren 417 Meldungen, die vor allen Dingen gefährli-
ches Spielzeug betrafen. Das heißt, es war pro Tag mehr
als ein Fall.

„Ein Spielzeug gibt zuerst Genuss durch seine Er-
scheinung und dann Heiterkeit durch seinen Gebrauch“,
heißt es bei Jean Paul in der Erziehlehre. Heutzutage
müsste es wohl eher heißen: Ein Spielzeug gibt zuerst
Genuss durch seine Erscheinung und dann Vergiftungs-,
Erstickungs- und Verletzungsgefahr durch seinen Ge-
brauch.

Mit ein paar Beispielen will ich das illustrieren. Seit
der letzten Lesung zu diesem Gesetzentwurf Mitte März
sind täglich neue gefährliche Produkte aufgetaucht; ich
möchte sie aneinanderreihen: Verschiedene Spielzeug-
waffen mit Laser, Hersteller unbekannt, Warnung: Er-
blindungsgefahr durch zu starken Laser; Schaukelpferd,
Hersteller unbekannt, Warnung: Schaukelpferd kann
sich mit Kind überschlagen; ferngesteuerter Helikopter,
Hersteller: AEOLUS, Warnung: Gefahr durch Strom-
schläge; Plastikdinosaurier, Hersteller unbekannt, War-
nung: enthält nicht zugelassene, krebserregende chemi-
sche Substanzen. Beim Spielhandy von Super Hero
können sich die Kinder Gehörschäden holen. Beim Krei-
sel des Herstellers TEDi können sie sich durch einen zu
hohen Anteil an Weichmachern vergiften. Ebenso ist es
beim Malen mit den Kinderfarben von TOY PLACE;
denn bei denen werden die Chemikaliengrenzwerte
überschritten.

Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind nur einige
wenige Beispiele aus einer langen Liste. Von Heiterkeit
durch den Gebrauch kann also keine Rede sein. Solche
Produkte gehören nicht in Kinderhände und Kindermün-
der.

Der Vorschlag der EU-Kommission zur Spielzeug-
richtlinie reicht nicht aus; auch das ist schon von meinen
Vorrednerinnen und Vorrednern gesagt worden. Dieser
Entwurf enthält zwar ein Verwendungsverbot für
krebserregende, erbgut- und fortpflanzungsschädigende
Stoffe – k/e/f-Stoffe genannt –, dieses Verbot gilt aller-
dings nur dann, wenn die Konzentrationsgrenzwerte ent-
sprechend den Regelungen im Chemikalienrecht über-
schritten werden. Damit wird der Gehalt des jeweiligen
Stoffes im Produkt als entscheidend angesehen. Für die

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(C (D icherheit der Kinder ist es aber wichtig, wie viel des jeeiligen Giftstoffs vom Spielzeug freigesetzt werden ann. Denn am Spielzeug wird gelutscht, gekaut, und anchmal wird es auch verschluckt. Das Chemikalienrecht bringt uns hier also nicht wei er. Im Gegenteil: Es stellt eine deutliche Verschlechteung des geltenden Schutzniveaus für Kinderspielzeug ar. Der für Lebensmittelverpackungen zulässige Grenzert für Vinylchlorid ist zum Beispiel mit 1 Milligramm ro Kilogramm tausendfach – ich betone: tausendfach – iedriger als der nach Chemikalienrecht zulässige Grenzert. Vinylchlorid führt übrigens zu Schädigungen der eber, der Speiseröhre, der Milz, der Haut und wird als rebserzeugend eingestuft. Auch bei den Duftstoffen springt der Vorschlag zu urz. 38 Stoffe sollen verboten werden. 26 dürfen dageen weiter verwendet werden, wenn sie gekennzeichnet ind. Kontraproduktiv ist auch das im Kommissionsvorchlag erneut vorgesehene Verbot normaler Prüfzeichen. ie Entscheidung des Europäischen Parlaments und des uropäischen Rates vom Februar 2008 für eine generelle eibehaltung nationaler Sicherheitszeichen wird hierurch für den besonders sensiblen Spielzeugbereich ad bsurdum geführt; Frau Klöckner hat dies auch schon usgeführt. Gerade bei Kinderspielzeug müssen sich Elern mithilfe eines unabhängigen Prüfzeichens am Markt rientieren können. as GS-Zeichen hat sich bewährt und muss erhalten leiben, solange es kein entsprechendes EU-einheitlihes Prüfzeichen – natürlich auf dem Niveau und Stanard des GS-Zeichens – gibt. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD)


Ende Mai soll ein Sicherheitspakt zwischen führen-
en Spielzeugherstellern aus der EU und der EU selbst
eschlossen werden. Das ist zwar begrüßenswert; aber
igentlich ist dies eine Selbstverständlichkeit.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Richtig!)

ie Hersteller müssen natürlich dafür sorgen, dass das
on ihnen angebotene Spielzeug für die Kinder sicher
st. Kinder sind besonders schutzbedürftig; dies betonen
ir immer wieder. Kleine Kinder nehmen Spielzeug in
en Mund. Deshalb sollte Spielzeug wie ein Lebensmit-
el behandelt werden und den sogenannten Lebensmittel-
edarfsgegenständen gleichgestellt werden.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der LINKEN)


Un
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1616025100
Bei der Sicherheit
on Kindern darf es keine Kompromisse geben. – Bitte
nterstützen Sie uns alle dabei und stimmen Sie für un-
eren Antrag.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und der LINKEN)







(A) )



(B) )


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1616025200

Das Wort hat die Kollegin Karin Binder von der Frak-

tion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Karin Binder (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616025300

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe

Kolleginnen! Liebe Kollegen! Wir führen heute eine un-
gewöhnliche Debatte.


(Ute Kumpf [SPD]: Warum ungewöhnlich?)


Denn wir sind uns quer durch alle Fraktionen einig, dass
die sogenannte Spielzeugrichtlinie der EU nicht akzepta-
bel ist. Sie schützt kein Kind vor unsicherem oder gar
gefährlichem Spielzeug.

Als Parlamentarier und Parlamentarierinnen müssen
wir daher auf zwei Ebenen aktiv werden: auf der Bun-
des- und auf der EU-Ebene. Auf der Bundesebene sind
wir uns in den wesentlichen Punkten einig; deshalb un-
terstützt meine Fraktion die vorliegenden Anträge. Darin
wird die EU aufgefordert, das CE-Zeichen zu einem
Prüfsiegel zu entwickeln,


(Ute Kumpf [SPD]: Sie sind doch lernfähig!)


das dem Schutzbedürfnis von Kindern gerecht wird und
dem die Verbraucher und Verbraucherinnen trauen kön-
nen. Die Mindestforderung lautet in diesem Fall, das
deutsche GS-Siegel so lange zu erhalten, bis das CE-Zei-
chen der EU den Anspruch eines vergleichbaren Prüfsie-
gels erfüllt.

Die EU-Kommission hat jedoch andere Vorstellun-
gen. Sie beharrt auf dem nichtssagenden und unkontrol-
lierten CE-Zeichen. Mit dem Aufdruck des CE-Zeichens
erklärt ein Hersteller lediglich, dass er bei der Herstel-
lung des Produktes die Sicherheits- und Gesundheitsan-
forderungen geltender Gesetze eingehalten hat. Eine
Prüfung des Produkts findet nicht statt. So soll es nach
dem Willen der EU-Kommission auch bleiben. Mit der
überarbeiteten Spielzeugrichtlinie sollen Sicherheits-
standards eher noch heruntergefahren und Grenzwerte
angehoben werden. Der Kommission geht es nämlich in
erster Linie um die weitere Liberalisierung der Märkte
und um den Abbau von sogenannten Handelshemmnis-
sen, also um die Wirtschaft. Die Menschen in Europa
werden hintangestellt. Ihnen wird mit dem CE-Zeichen
eine Sicherheit vorgegaukelt, die es nicht gibt.

Im Gegensatz dazu unterliegen Produkte mit dem
deutschen GS-Siegel strengen Sicherheitskontrollen.
Das ist ein Verkaufsargument. Das GS-Zeichen hat nur
einen Fehler: Es ist bisher nicht verbindlich. Spielwaren-
hersteller allerdings, die etwas auf sich und ihre Pro-
dukte halten, unterziehen sich freiwillig dieser Kon-
trolle, um das GS-Siegel zu erhalten.

Andere jedoch produzieren munter weiter drauf los.
Besser gesagt, sie lassen produzieren, insbesondere in
China, in sonstigen asiatischen, aber auch in anderen
Billiglohnländern. Sie machen ihre Gewinne mit um-
weltschädlichen Produktionsmethoden, und sie beuten
Menschen aus: Die Beschäftigten arbeiten zum Teil in

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(C (D 2-Stunden-Schichten, an sechs oder gar sieben Tagen ie Woche, ohne Arbeitsschutz, ohne Gesundheitsvororge und unter menschenverachtenden Arbeitsbedinungen zu einem Lohn, der diesen Namen nicht verdient nd von dem die Menschen auch in diesen Ländern nicht eben können. Es dürfte unstrittig sein, dass die Arbeitsbedingungen, ie Qualität der Arbeitsplätze und die Qualifikation der eschäftigten die Qualität eines Produktes bedingen. as bedeutet für mich, dass die Verantwortung der deut chen Spielwarenhersteller und auch der internationalen onzerne an den Produktionsstätten beginnt. Die Auf raggeber bzw. die Importeure dürfen sich der Verantortung nicht länger entziehen, auf welche Art und eise ihre Produkte hergestellt werden. Sie stehen in der erantwortung gegenüber den Beschäftigten der Produkionsbetriebe dort wie auch gegenüber den Verbrauchern nd Verbraucherinnen sowie insbesondere gegenüber en Kindern hier. Wir müssen die EU endlich dazu bewegen, verbindlihe Umweltund Sozialstandards einzuführen, die auch uf die Partnerstaaten anzuwenden sind, die mit uns Gechäfte machen möchten. (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Ach, Frau Binder!)


Eine behördliche Marktaufsicht ist gut und wichtig,
ber noch wichtiger und viel effizienter ist eine gute Vor-
orge, in diesem Fall die Produktprüfung, bevor ein
pielzeug auf den Markt kommt. Sie können sicher sein:
angfristig werden die Kosten für diese Vorsorge schnell
ufgefangen; denn im Zuge dessen entstehen wesentlich
eringere Kosten für eine auf diese Weise vermeidbare
achsorge. Letztendlich zahlen sonst nämlich die Ver-
raucher und Verbraucherinnen die Zeche: den Preis für
ualitativ schlechte Produkte, Rückrufaktionen und ver-
chwendete Ressourcen.

Vor allem anderen aber hat die Sicherheit von Kin-
ern Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen.

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1616025400

Das Wort hat jetzt die Kollegin Nicole Maisch von

er Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


Nicole Maisch (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1616025500

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen

nd Herren! Eine Novellierung der Spielzeugrichtlinie
ar nach 20 Jahren längst überfällig. Darüber, denke

ch, herrscht hier ebenso Einigkeit wie in der grundsätz-
ichen Bewertung dieses Richtlinienentwurfs.

Ein Blick ins Schnellwarnsystem der EU, RAPEX,
acht deutlich, wie viele gefährliche Spielzeuge auf

em europäischen Markt sind und dass auch die Pro-
ukte namhafter Markenhersteller darunter sind. Das
eißt, Eltern haben heute, wenn sie 40 oder 50 Euro für
ine Puppe ausgeben, nicht mehr die Sicherheit, dass die






(A) )



(B) )


Nicole Maisch
verwendeten Materialien nicht giftig oder gefährlich
sind. Deshalb braucht der Spielzeugmarkt sinnvolle
Rahmenbedingungen zum Schutz der sensibelsten Kon-
sumentengruppe, der Kinder.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Um es noch einfacher zu sagen: Eltern brauchen die Ge-
wissheit, dass Spielzeuge, die auf dem deutschen Markt
sind, ihre Kinder nicht vergiften – weder durch bleihal-
tige Farbe noch durch giftige Duftstoffe.

Die Sicherheit, die wir für den Spielzeugmarkt brau-
chen, wird durch den momentan vorliegenden Richt-
linienvorschlag allerdings nicht erreicht. Der Vorschlag
der Kommission hat viele Schwachstellen; dadurch
könnte es dazu kommen, dass die Spielzeuge für unsere
Kinder nicht sicherer, sondern im Gegenteil sogar ge-
fährlicher werden. Dies haben wir von Bündnis 90/Die
Grünen in unserem Antrag „EU-Spielzeugrichtlinie mo-
dernisieren und Verbraucherschutz ausbauen“ und in den
zurückliegenden Beratungen wiederholt deutlich ge-
macht. Auch der Antrag der Koalition weist auf den
Nachbesserungsbedarf hin. Auch der Bundesrat, die Ab-
geordneten des Europäischen Parlaments und viele Ver-
bände fordern Nachbesserungen am Entwurf. Ich
möchte auf einige Punkte genauer eingehen.

Es wird behauptet, dass durch die Regelungen für
krebserregende, erbgutschädigende und fortpflanzungs-
gefährdende Stoffe sowie die Regelungen zu Schwerme-
tallen wie Blei oder Quecksilber ein besseres Schutzni-
veau erreicht würde. Das Gegenteil ist der Fall. Die
Koppelung an das europäische Chemikalienrecht be-
wirkt, dass das Schutzniveau für Kinder schlechter wird.
Wir stellen uns klar gegen eine Aufweichung der Rege-
lungen in diesem Bereich.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP])


Giftige und erbgutschädigende Stoffe gehören nicht in
Kinderspielzeug.

Eine ernst zu nehmende europäische Spielzeugrichtli-
nie muss auch gewährleisten, dass die Sicherheitsmaß-
nahmen der Spielzeughersteller systematisch kontrolliert
werden und diese Kontrollergebnisse öffentlich zugäng-
lich gemacht werden.

Die Verbraucherinnen und Verbraucher brauchen um-
gehend alle relevanten Informationen. Es wäre sehr
schön, wenn sie ihnen auf Deutsch, barrierefrei und
leicht verständlich zugänglich gemacht würden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Über das GS-Zeichen ist schon einiges gesagt wor-
den. Einen Aspekt möchte ich noch hinzufügen: Wir
vom Bündnis 90/Die Grünen stehen hinter dem bewähr-
ten GS-Zeichen. Das CE-Zeichen bietet keinen ausrei-
chenden Schutz und ist kein Ersatz für das GS-Zeichen.
Wir wollen ein europäisches Sicherheitssiegel für sen-
sible Verbrauchsgüter, das ähnlich wie das GS-Siegel ein

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(C (D ohes Schutzniveau aufgrund einer Kontrolle durch unbhängige Dritte garantiert. Meine Vorstellung von reiem Markt ist ein bisschen anders als die der Kommision. Herstellern, die das GS-Zeichen haben, weil sie beondere Anstrengungen im Bereich der Sicherheit unterehmen, zu verbieten, dies durch das GS-Siegel zu okumentieren und so den Verbrauchern zu sagen, damit ätten sie ein besonders sicheres und gutes Produkt, ist och keine freie Marktwirtschaft. Das hat auch nichts it Liberalisierung und freiem Binnenmarkt zu tun. Ich abe das Gefühl, dass hier die Interessen von ganz andeen, unter anderem auch die der großen Konzerne, im piel sind, die glauben, dass ein Markenname ein Ersatz ür ein Sicherheitssiegel sei. Wir Grünen wollen geprüfte Sicherheit weiterentickeln, anstatt sie abzuschaffen. Mein Appell an die undesregierung: Nutzen Sie den Rückenwind, der hier anz munter von allen Seiten, von der FDP bis zur Linen und natürlich auch von den Grünen, weht, und seten Sie sich in den Verhandlungen auf europäischer bene dafür ein, dass die Forderungen aus den vorlieenden Anträgen Eingang in die Richtlinie finden. Zum Schluss zitiere ich den EU-Kommissar Verheugen, er etwas ganz Schlaues gesagt hat: Wenn es um die Gesundheit der Kinder geht, darf es keine Kompromisse geben. (Beifall bei der SPD – Ute Kumpf [SPD]: Das ist ein SPD-Mann! Der weiß, wovon er redet! – Gegenrufe des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP])


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


amit dies keine leeren Versprechungen bleiben – es ist
och noch eher eine leere Versprechung –,


(Ute Kumpf [SPD]: Er ist sehr realistisch! Sie können von ihm lernen!)


üssen Sie ihm vonseiten der Bundesregierung noch ein
isschen Anschub geben. Ein erster Schritt für einen sol-
hen Anschub wäre eine Zustimmung zum grünen An-
rag.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP])



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1616025600

Das Wort hat der Kollege Franz Obermeier von der

DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Franz Obermeier (CSU):
Rede ID: ID1616025700

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

ch habe in diesem Hause selten eine Debatte erlebt, in
er die Übereinstimmung in den Ansichten so übergrei-
end war, wie es bei dieser Debatte der Fall ist. Offenbar
aben wir auf nationaler Ebene gute Vorarbeit geleistet.
ennoch gibt es eine ganze Reihe von Punkten, bei de-
en wir zusammenstehen und unseren Einfluss geltend
achen sollten, damit die europäische Richtlinie nicht in






(A) )



(B) )


Franz Obermeier
der Form in Kraft tritt, in der sie jetzt novelliert werden
soll. Neben den schon mehrfach genannten Punkten wie
dem, dass eine unabhängige dritte Prüfstelle eingerichtet
werden soll, die nicht nur die physikalisch-mechani-
schen Anforderungen, sondern auch die chemischen An-
forderungen an Kinderspielzeug prüft, gibt es etliche
weitere Punkte, die wir in Brüssel vertreten sollten.

Im Koalitionsantrag fordern wir die Beibehaltung des
deutschen GS-Zeichens, weil es einen Meilenstein des
Verbraucherschutzes im Allgemeinen darstellt. Hier
prüft nicht nur der Hersteller, sondern etwa ein TÜV ein
Produkt auf seine Sicherheit, und es gibt auch nicht nur
eine Baumusterprüfung, sondern die Substanzen in die-
sem Artikel werden im weiteren Verlauf der Produktion
immer wieder geprüft. Dies hat sich bewährt. Die Bun-
desregierung hat auf EU-Ebene bereits mehrfach für den
Erhalt des GS-Zeichens gekämpft. Das GS-Zeichen
muss zumindest so lange erhalten bleiben, bis ein ebenso
effektives EU-einheitliches Sicherheitszeichen obligato-
risch wird. Hier darf es keine Novellierung geben. Statt
Abschaffung des GS-Gütesiegels sollten wir weiterhin
auf ein europaweites unabhängiges Prüfzeichen für die
Produktsicherheit drängen. Das Gütesiegel sollte von ei-
ner objektiven dritten Seite verliehen werden. Dann
hätte der europäische Verbraucher eine einheitliche
Orientierung. Es muss so gestaltet werden, dass auch die
Importe nach Europa den Prüfungsmechanismen unter-
worfen werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das ist der springende Punkt!)


Ich bitte Sie, unsere Kollegen im Europäischen Parla-
ment verstärkt auf die Zusammenhänge in dieser Ange-
legenheit anzusprechen, damit sie im Parlament auf die
Forderungen, die wir hier übereinstimmend erheben,
deutlich hinweisen und uns beim Schutz unserer Kinder,
unserer Verbraucherinnen und Verbraucher unterstützen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Ich möchte kurz noch auf die Punkte eingehen, die in
den anderen Anträgen enthalten sind. Der Oppositions-
antrag enthält Maximalforderungen, die zum Teil recht-
lich problematisch sind. Ich nenne den Rückruf ver-
meintlich unsicherer Produkte. Eine solche pauschale
Abwälzung von Kosten kann nicht in einer EU-Richtli-
nie geregelt werden. Das widerspricht dem Subsidiari-
tätsprinzip. Davor sollten wir uns hüten. Ähnliches gilt
für ein generelles Verbot von polyaromatischen Kohlen-
wasserstoffen; es wäre pauschalierend und zu weitge-
hend. Es gibt eine ganze Anzahl von Phthalaten und an-
deren Weichmachern, die toxikologisch unbedenklich
sind und deshalb nicht unbedingt verboten werden müs-
sen. Der Grenzwert für Blei ist im Richtlinienentwurf
selbst geregelt. Somit ist eine Mitsprache des Europapar-
laments zwingend.

Ich bin überzeugt, dass die europäische Spielzeug-
richtlinie von deutscher Seite bestmöglich auf den Weg
und entscheidend nach vorn gebracht wird. Wir sollten

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(C (D lle miteinander daran mitwirken, dass in dieser Novelle ine vertretbare Regelung geschaffen wird. Weitere Ausführungen kann ich mir ersparen, weil ehrfachäußerungen das Ganze nicht glaubwürdiger achen. Vielen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1616025800

Als letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt hat

er Kollege Jürgen Kucharczyk von der SPD-Fraktion
as Wort.


(Beifall bei der SPD)



Jürgen Kucharczyk (SPD):
Rede ID: ID1616025900

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

en! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist bereits viel
ber RAPEX gesagt worden. Aber es ist schon erstaun-
ich, was man auf den Seiten dieses europäischen Warn-
ystems, insbesondere für die letzte Berichtswoche, fin-
et, gerade im Zusammenhang mit Spielzeug, durch das
inder großen Gefahren ausgesetzt werden, darunter ein
iratenset aus Plastik, das zu mehr als 30 Prozent aus ge-
ährlichen Weichmachern besteht – hergestellt in Hong-
ong –, ein hölzernes ABC-Lernspiel aus China mit ho-
em Blei- und Chromanteil, eine Schnecke zum
interherziehen, also für die ganz Kleinen, die eine vier-
al so lange Schnur wie erlaubt hat. Insgesamt

45 Spielzeuge listet RAPEX für das Jahr 2008 schon
uf – und wir haben gerade erst Mai.

All diese Beispiele beweisen leider: Spielzeug bleibt
eiterhin ein Problem und ein Gefahrenpotenzial für un-

ere Kinder. Es ist daher gut und richtig, dass sich insbe-
ondere die Koalitionsfraktionen dem Thema „Sicheres
pielzeug“ gewidmet haben. In der EU hat sich die Zahl
er gefährlichen Spielwaren innerhalb eines Jahres ver-
oppelt. Durch die EU-Spielzeugrichtlinie soll dem ent-
egengewirkt werden.

Uns geht die Richtlinie jedoch nicht weit genug, und
as vor allem in drei Punkten:

Krebserregende, erbgut- und fortpflanzungsschädi-
ende Stoffe haben im Spielzeug nichts verloren. Die
orgeschlagenen Grenzwerte für diese Stoffe sind zu
och. Unsere Zielsetzung und unsere Forderung sind ein
omplettes Verbot.

In der EU-Richtlinie sind auch noch 38 allergene
uftstoffe erlaubt. Auch hier setzen wir uns für ein kom-
lettes Verbot ein.

Das GS-Zeichen und die CE-Kennzeichnung sind die
inzigen gesetzlich geregelten Prüfzeichen in Europa für
roduktsicherheit. Daher ist umso unverständlicher, dass
ie EU das Geprüfte-Sicherheit-Zeichen abschaffen will.
a machen wir nicht mit.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)







(A) )



(B) )


Jürgen Kucharczyk
Wir setzen uns für dessen Erhalt ein. Unser GS-Zeichen
ist zurzeit in Europa ein beispielhaftes Vorbild. Es bestä-
tigt durch eine unabhängige Stelle, dass die Produkte die
Vorschriften in Bezug auf Sicherheit und Gesundheit er-
füllen.

Spielen ist Erfahrung, Handeln und Emotion. Bei
Werten wie Geborgenheit, Vertrauen und Tradition, die
mir im Zusammenhang mit Spielzeug ebenfalls in den
Sinn kommen, denke ich an die Eltern und an die Bran-
che der Hersteller. Erfreulich ist, dass der Plüschtierher-
steller Steiff seine Produktion aus China zurückholt. Da-
mit übernimmt und stellt sich das Unternehmen der
Verantwortung bei der Herstellung von Spielzeug.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wir müssen die Eltern und all diejenigen, die Kindern
mit Spielzeug eine Freude machen wollen, in die Lage
versetzen, bewusste Verbraucherentscheidungen zu tref-
fen. Diesbezügliche Informationen müssen verfügbar
und transparent sein. Der Gedanke der Nachhaltigkeit
muss auch beim Spielzeug in den Vordergrund rücken.
Nachhaltigkeit heißt für mich in diesem Zusammenhang:
Verwendung von umweltschonendem Material, keine
Schadstoffe, Sicherheit, Langlebigkeit, Einhaltung des
Verhaltenskodex des Weltverbandes der Spielwarenin-
dustrie sowie keine Kinderarbeit.

Unser Koalitionsantrag zeigt gangbare Wege, wie wir
als Politiker, Eltern und Unternehmer zu nachhaltigem
und sicherem Spielzeug beitragen können. Zugleich be-
wahren wir damit zwei unserer höchsten Güter: die Ge-
sundheit unserer Kinder und die Freude unserer Kinder
am Spielzeug.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1616026000

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus-
schusses für Wirtschaft und Technologie auf Drucksache
16/8977. Der Ausschuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner Be-
schlussempfehlung die Annahme des Antrags der Fraktio-
nen der CDU/CSU und der SPD auf Drucksache 16/8496
mit dem Titel „Sicheres Spielzeug für unsere Kinder“.
Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegen-
stimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung
ist einstimmig angenommen.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN)


Unter Nr. 2 empfiehlt der Ausschuss die Ablehnung
des Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf
Drucksache 16/7837 mit dem Titel „EU-Spielzeugricht-
linie modernisieren und Verbraucherschutz ausbauen“.
Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegen-
stimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung
ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der
FDP-Fraktion bei Gegenstimmen der Fraktion Die Linke
und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen angenommen.

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(C (D Ich rufe den Tagesordnungspunkt 11 auf: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Innenausschusses dem Antrag der Abgeordneten Jan Korte, Petra Pau, Kersten Naumann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Entschädigung für Opfer nationalsozialistischer Verfolgung – Drucksachen 16/3536, 16/7950 – Berichterstattung: Abgeordnete Günter Baumann Maik Reichel Christian Ahrendt Jan Korte Wolfgang Wieland Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. Gibt es dazu iderspruch? – Das ist nicht der Fall. Dann ist es so be chlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Reder dem Kollegen Günter Baumann von der CDU/CSUraktion das Wort. Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und erren! Der Antrag der Fraktion Die Linke, der heute orliegt, zielt erneut darauf, ehemaligen Mitgliedern der PD der Bundesrepublik und politisch aktiven Kommuisten bzw. ihren Erben Ansprüche nach dem Bundesntschädigungsgesetz nachträglich zuzugestehen, weil ie Opfer nationalsozialistischer Verfolgung waren. In dem Antrag unterstellt die Linksfraktion erneut, ass ehemalige Mitglieder der verbotenen KPD, die Verolgte in der NS-Zeit waren, generell keine Entschädiung bekommen hätten. Dies entspricht nicht den Tatsahen. Vielmehr haben Opfer nationalsozialistischer erfolgung eine Entschädigung erhalten, wenn sie nicht ielgerichtet gegen die freiheitlich-demokratische rundordnung der Bundesrepublik vorgegangen sind. iesen Anspruch hat der Bundesgerichtshof im Jahre 973 eindeutig bestätigt. Nach § 6 des Bundesentschädigungsgesetzes sind nur wei Gruppen von Opfern des NS-Regimes von der Entchädigung ausgeschlossen; alle anderen erhalten eine ntschädigung. Ausgeschlossen sind zum Ersten diejeigen, die nach dem 23. Mai 1949 die freiheitlich-demoratische Ordnung im Sinne des Grundgesetzes in der undesrepublik bekämpft haben, und zum Zweiten die enigen, die nach dem 8. Mai 1945 wegen eines Verbrehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mehr als rei Jahren verurteilt worden sind. Wir müssen also eineutig feststellen, dass der größte Teil eine Entschädiung erhalten hat. Nur wer mit allen Mitteln gegen die undesrepublik gearbeitet hat, ist ausgeschlossen woren. Günter Baumann (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP – Jan Korte [DIE LINKE]: Das stimmt nicht!)


(Beifall bei der CDU/CSU)

Günter Baumann (CDU):
Rede ID: ID1616026100




(A) )


(B) )


– Kollege Korte, Sie können das nachher in Ihrem Bei-
trag anders darstellen. – Die Ausschlussgründe im Bun-
desentschädigungsgesetz hat übrigens das Bundesverfas-
sungsgericht 1961 für eindeutig verfassungsgemäß
erklärt.

Der Antrag, der heute von den Linken vorgelegt wird,
ist erneut der Versuch, die Gegner der Bundesrepublik,
also diejenigen, die gegen den freiheitlich-demokrati-
schen Staat gearbeitet haben, von Tätern zu Opfern zu
stilisieren.


(Jan Korte [DIE LINKE]: Die waren nicht im KZ, oder was wollen Sie damit jetzt sagen?)


– Ich habe damit gesagt, dass Sie versuchen, Täter, die
gegen die Bundesrepublik gearbeitet haben, heute als
Opfer darzustellen und ihnen oder ihren Erben eine Ent-
schädigung zuzugestehen.


(Jan Korte [DIE LINKE]: Unglaublich!)


Die KPD war 1956 durch ein Urteil des Bundesver-
fassungsgerichts in der Bundesrepublik verboten, weil
sie gegen den freiheitlichen Staat gearbeitet hat. Allein
dem Verfassungsgericht obliegt das Entscheidungsmo-
nopol – das wissen Sie, Kollege Korte –, eine Partei zu
verbieten oder nicht, wenn sie gegen die demokratische
Grundordnung gerichtet ist. Das Gericht kann im Gegen-
zug eine Partei auch dann für verfassungswidrig erklä-
ren, wenn keine Aussicht besteht, dass sie ihre verfas-
sungswidrige Absicht in absehbarer Zeit verwirklichen
kann. Damit spielte es aus damaliger Sicht keine Rolle,
ob die KPD jemals ihr Ziel des revolutionären Sturzes
Adenauers – das wollte sie nämlich – erreicht hätte. Es
geht allein darum, dass sie dies erklärt hat und mit einer
Vielzahl von Maßnahmen gegen den Staat gearbeitet hat.
Wir wissen aus der Statistik: Es gab eine Vielzahl von
Gerichtsurteilen gegen diejenigen, die gegen den Staat
gearbeitet haben.


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Eine Vielzahl von Gerichtsurteilen gab es!)


Somit können wir den heute erneut vorgelegten Antrag,
das Bundesentschädigungsgesetz zu ändern, nicht unter-
stützen. Dieser Antrag ist auch gar nicht durchsetzbar.

Ich möchte noch deutlich sagen, dass eine zweite
Gruppe von Opfern – ich hatte vorhin von zwei Gruppen
gesprochen –, nämlich diejenigen, die zu einer Freiheits-
strafe von mehr als drei Jahren verurteilt wurden, keine
Entschädigung erhalten hat. Das heißt, sie mussten
schwere Delikte in der Bundesrepublik begangen haben,
ehe sie zu drei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt wurden.
Der Gesetzgeber hat heute wie damals einen Gestal-
tungsspielraum, Personen von einer Entschädigungsleis-
tung auszuschließen. Das war gewollt und aus unserer
heutigen Sicht eindeutig richtig.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


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(C (D nter Berücksichtigung der damaligen Verhältnisse war s rechtsstaatlich vertretbar, Verfolgte des Nationalsoziaismus auszuschließen, wenn sie gegen die freiheitliche rdnung der Bundesrepublik mit schweren Straftaten earbeitet haben. Mir liegt aber in meiner politischen Arbeit eine vollommen andere Personengruppe wesentlich mehr am erzen, nämlich die Opfer des SED-Regimes. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP – Jan Korte [DIE LINKE]: Die anderen zählen nicht, oder?)


nders als in der Bundesrepublik waren Richter und
taatsanwälte bei der Urteilsfindung in der DDR nicht
em Rechtsstaat verpflichtet. Hier wurden Bürger für ih-
en mutigen Einsatz für Freiheit, Demokratie und Ge-
echtigkeit gnadenlos verurteilt.


(Jan Korte [DIE LINKE]: Haben wir das je bestritten?)


Ich spreche von einer anderen Gruppe, Herr Korte. Sie
ollten einmal zuhören.


(Jan Korte [DIE LINKE]: Aber darum geht es doch hier überhaupt nicht!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1616026200

Herr Kollege Baumann, erlauben Sie eine Zwischen-

rage des Kollegen Winkelmeier?


Günter Baumann (CDU):
Rede ID: ID1616026300

Bitte.


Gert Winkelmeier (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616026400

Herr Kollege Baumann, ist Ihnen bekannt, dass Mit-

lieder der Kommunistischen Partei Deutschlands am
rundgesetz der Bundesrepublik Deutschland mitgear-
eitet haben?


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Die sind ja auch im Zweifel entschädigt worden!)


st Ihnen bekannt, dass der damalige Fraktionsvorsit-
ende der KPD bei der Verabschiedung des Grundgeset-
es gesagt hat: „Die Mitglieder der KPD stimmen zwar
eute dem Grundgesetz nicht zu, weil es zur Spaltung
eutschlands beiträgt; aber es wird die Zeit kommen, in
er wir als Kommunisten die demokratischen Errungen-
chaften des Grundgesetzes verteidigen werden“?


Günter Baumann (CDU):
Rede ID: ID1616026500

Das habe ich hier in keiner Weise infrage gestellt.

uch Mitglieder der KPD haben eine Entschädigung be-
ommen – das habe ich deutlich gesagt –, aber nicht die-
enigen, die gegen den Staat gearbeitet haben und recht-
äßig verurteilt worden sind.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


in großer Teil der KPD-Mitglieder hat eine Entschädi-
ung erhalten.






(A) )



(B) )


Günter Baumann
Ich habe von denen gesprochen, die in dem Unrechts-
staat DDR verurteilt worden sind, weil sie sich für Frei-
heit und Demokratie eingesetzt haben. Es gab, wie wir
heute alle wissen, hochgradige Unrechtsurteile und poli-
tische Verfolgung. Die politische Strafjustiz der DDR
war verbrecherisch, was ein markantes Merkmal einer
Diktatur ist.

Die Opfer der DDR-Willkür haben für ihren mutigen
Einsatz für Freiheit, Demokratie und Gerechtigkeit nach
der Wende in unserem Land eine moralische Wiedergut-
machung erfahren. Das letzte Gesetz hierzu war das
3. SED-Unrechtsbereinigungsgesetz von 2007. Kollege
Korte, auch in dieses Gesetz haben wir bewusst einen
Ausschlussgrund hineingeschrieben. Wir haben gesagt,
dass eine gewisse Gruppe diese Entschädigung nicht er-
hält. Wir haben festgelegt: Keine Leistung erhält, wer
„gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder der
Rechtsstaatlichkeit verstoßen oder in schwerwiegendem
Maße seine Stellung zum eigenen Vorteil oder zum
Nachteil anderer missbraucht hat.“ Das sind politisch ge-
wollte Ausschlussgründe, ebenso wie damals.

Der wiederholt eingebrachte Antrag der Fraktion Die
Linke – die PDS-Fraktion hat diesen Antrag früher
schon einmal eingebracht; er ist also nicht neu – ist der
untaugliche Versuch, diejenigen, die einen freiheitlich-
demokratischen Rechtsstaat beseitigen wollten, zu Op-
fern zu machen.


(Jan Korte [DIE LINKE]: Das ist eine Frechheit!)


Das ist eine Verhöhnung derer, die in Deutschland wirk-
lich Opfer von Diktaturen waren.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Jan Korte [DIE LINKE]: Unglaublich!)


Dass Sie als Fraktion Die Linke derartige Anträge
heute immer noch stellen, zeigt der Öffentlichkeit in
Deutschland deutlich, dass Sie noch nicht in der Demo-
kratie angekommen sind.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Sie sollten Ihre Kraft lieber darauf verwenden, Ihre ei-
gene Geschichte aufzuarbeiten. Wir werden Ihren Vor-
schlag ebenso wie im Innenausschuss ablehnen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1616026600

Das Wort hat der Kollege Ernst Burgbacher von der

FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Ernst Burgbacher (FDP):
Rede ID: ID1616026700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Liebe Kollegen von der Linksfraktion, es ist klar, warum
Sie diesen Antrag heute noch einmal beraten lassen. Für
uns ist das aber eine gute Gelegenheit, noch einmal zu

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(C (D ufzuzeigen, warum Ihr Antrag in vielen Punkten chlichtweg falsch ist. Ich kann an das anknüpfen, was Herr Baumann sagte, nd möchte mich kurz fassen. Ich will aber ausdrücklich nterstreichen: Der Antrag erweckt den Eindruck, Mitlieder der verbotenen KPD hätten ausnahmslos keine ntschädigung nach dem Bundesentschädigungsgesetz rhalten. Das ist schlichtweg falsch. Das wissen Sie, und as muss auch die Öffentlichkeit wissen. Ausgeschlosen von der Entschädigung waren nur solche Personen, ie nach dem 8. Mai 1945 wegen eines Verbrechens echtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mehr als drei ahren – das ist nun wirklich kein Pappenstiel – verureilt worden sind, und solche Personen, die aktiv für die eseitigung der freiheitlich-demokratischen Grundordung gekämpft haben. (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da war ein weiter Spielraum!)


Die bloße Mitgliedschaft in der KPD war zu keiner
eit ein Ausschlussgrund. Hierauf hat mein Kollege
ax Stadler immer wieder hingewiesen. Das sollten Sie

inmal zur Kenntnis nehmen.


(Abg. Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


Ich lasse jetzt keine Zwischenfragen zu, weil ich das
eiter ausführen möchte.

Ich will darauf hinweisen – auch diesbezüglich liegen
ie falsch –, dass die Bundesrepublik Deutschland in
ielen Fällen, in denen ein Ausschlussgrund vorlag,
leichwohl Leistungen erbracht hat. In meinem Bundes-
and zum Beispiel, in Baden-Württemberg, haben viele
etroffene einen Härteausgleich nach dem Bundesent-

chädigungsgesetz erhalten.


(Maik Reichel [SPD]: Alle haben etwas bekommen!)


on einer Gerechtigkeitslücke kann entgegen Ihrer Be-
auptung also überhaupt keine Rede sein; das ist purer
nsinn.

Sie laufen Gefahr, mit Ihrem Antrag neues Unrecht zu
chaffen, mindestens alte Wunden aufzureißen. Es schüt-
elt mich, wenn ich in einem Bericht des Innenausschus-
es lesen muss, „Kommunisten, die Opfer des NS-Re-
imes waren, müssten ausnahmslos“ – ich wiederhole:
usnahmslos – „mit anderen Geschädigten nationalso-
ialistischer Verfolgung gleichgestellt werden“. Ich hätte
it diesem Satz kein Problem, stünde da „grundsätz-

ich“. Die Formulierung „ausnahmslos“ geht aber wirk-
ich zu weit. Das liefe darauf hinaus, diejenigen, die sich
ür Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit einge-
etzt haben, ebenso zu behandeln wie diejenigen, die aus
er Geschichte nichts gelernt haben und einen neuen Un-
echtsstaat errichten wollten. Das können wir nicht mit-
ragen.


(Beifall bei der FDP – Jan Korte [DIE LINKE]: Wer ist denn zuerst in die KZs gewandert?)







(A) )



(B) )


Ernst Burgbacher
Ich will auf weitere Einzelheiten gar nicht eingehen.
Aber eines möchte ich deutlich sagen: Das KPD-Ver-
botsurteil stellt eine Gefahr dar; das ist richtig. Damals
hatte die FDP einen Antrag für eine gewisse Amnestie
gestellt, mit dem sie nicht durchgekommen ist. Das ist
Geschichte.


(Jan Korte [DIE LINKE]: Das stimmt! Ja!)


Es war auch so, dass einige übereifrige Staatsanwälte er-
mittelt haben, was aus heutiger Sicht zu weit ging. Aber
für die Funktionsfähigkeit unseres Rechtsstaates spricht
eindeutig, dass derartige Verfahren nur in verhältnis-
mäßig wenigen Fällen überhaupt zu einer Anklage oder
gar Verurteilung führten.

Gleiches, liebe Kolleginnen und Kollegen von der
Linken, lässt sich über die DDR leider nicht sagen. Dort
wurde nicht nur systematisch gegen tragende Prinzipien
des Rechtsstaats verstoßen, dort gab es darüber hinaus
systemimmanente Sachverhalte von Unrecht. Das muss
immer wieder gesagt werden, man muss immer wieder
darauf hinweisen. Wenn Sie eine öffentliche Debatte
wollen, dann müssen Sie das akzeptieren. Diese Unter-
scheidung ist notwendig und erlaubt, damit keine Ge-
schichtsklitterung betrieben wird.


(Beifall des Abg. Detlef Dzembritzki [SPD] sowie des Abg. Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Ich würde mich freuen, wenn Sie sich dieser Erkenntnis
endlich nicht länger verschließen und Ihren Antrag zu
den Akten legen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1616026800

Bevor ich dem Kollegen Wolfgang Gehrcke das Wort

zu einer Kurzintervention gebe, will ich darauf hinwei-
sen, dass das die letzte Kurzintervention ist, die ich heute
zulasse. Ich bitte, auch von Zwischenfragen abzusehen,
damit die Debatte nicht zu weit in den Abend hineingeht.

Jetzt hat Kollege Gehrcke das Wort zu einer Kurz-
intervention.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: DKP-Vorsitzender in Hamburg! Das vielleicht als kleine Zusatzinformation!)



Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616026900

Wenn Sie schon Biografien lesen, dann lesen Sie sie

vollständig. Ich war nicht nur DKP-Vorsitzender in
Hamburg,


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Bezirksvorsitzender!)


sondern auch Mitglied des Präsidiums.


(Günter Baumann [CDU/CSU]: Das macht es noch besser!)


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(C (D Ich danke dem Präsidenten, dass er diese Kurzinterention zugelassen hat. Denn das, worüber Sie reden, ist uch ein Teil meiner Geschichte, wie Sie zu Recht festtellen. Ich bin 1961 Mitglied der damals verbotenen PD geworden. Wenn Sie in die Geschichte schauen es geht um die Aufarbeitung von Geschichte und Un echt –, werden Sie feststellen, dass Persönlichkeiten wie ustav Heinemann und auch der spätere Justizminister n Nordrhein-Westfalen Diether Posser – damals war er echtsanwalt – Kommunisten verteidigt haben. Aus den erfahren, in denen sie Kommunisten verteidigt haben, ind leider viele Urteile ergangen, durch die die Betrofenen über drei Jahre Haft erhalten haben. Wenn Sie das hier als Ausschlussgrund ansprechen, üssen Sie dazusagen, dass in Zeiten des Kalten Krieges uch im Westen Unrecht geschehen ist. Unrecht Ost echtfertigt nicht Unrecht West. Ich finde, diese ganz infachen Vergleiche sollten wir hier endlich ausschlieen, um den Menschen, die im KZ waren, die unendlich elitten haben, die – aus Ihrer Sicht war es vielleicht alsch – bei ihrer Überzeugung geblieben sind und enige Jahre danach schon wieder ins Gefängnis geommen sind, ein Stückchen Würdigung oder – das hristentum hat einen viel besseren Begriff dafür – armherzigkeit angedeihen zu lassen. Herzlichen Dank. Keine Erwiderung. – Dann hat das Wort jetzt der Kol ege Maik Reichel von der SPD-Fraktion. Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und ollegen! Wir beraten heute abschließend die Bechlussempfehlung zu Ihrem Antrag, lieber Kollege orte. Ich möchte mit zwei formellen Punkten beginnen. er Antrag zielt darauf ab, ehemaligen Mitgliedern der PD bzw. politisch tätigen Kommunisten ihnen versagte nsprüche nach erlittener Verfolgung durch den Natioalsozialismus zuzugestehen. Bei allem Verständnis für as Grundanliegen des Antrages muss jedoch zum Ersen darauf hingewiesen werden, dass der Antrag der Linen aus rein formellen Gründen ins Leere laufen muss. as Bundesentschädigungsgesetz von 1956 ist im Jahre 965 noch einmal als Bundesentschädigungsgesetzchlussgesetz verabschiedet worden. Darin wurde eine usschlussfrist auf den 31. Dezember 1969 gelegt. Jetzt zitiere ich aus dem Bericht des BMF aus dem ahre 2006: Deshalb besteht heute keine Möglichkeit mehr, neue Ansprüche auf Entschädigungsleistungen nach dem BEG geltend zu machen. An dieser Regelung ist klar erkennbar: Ein Weiterverolgen des Anliegens dieses Antrags ist nicht gegeben. ollten wir hier ansetzen, wäre eine grundlegende Ändeung des BEG-Schlussgesetzes notwendig. Eine solche nderung ist momentan aber nicht in Sicht. Maik Reichel Zweitens ist im BEG keine Erbenregelung vorgesehen. Eine heutige, rückwirkende Auszahlung an Erben ist deshalb nicht möglich, und sie wäre auch nicht systemgerecht. Das ist ein weiterer Grund, warum wir diesen Antrag ablehnen. Nun komme ich auf einen anderen Aspekt zu sprechen, über den heute schon diskutiert worden ist. In Ihrem Antrag unterstellen Sie, dass ehemalige Mitglieder der verbotenen KPD generell keine Entschädigung nach dem BEG erhalten haben. Ich weise nur auf den ersten Satz des Antrags der Linken hin – ich zitiere –: Der Deutsche Bundestag stellt fest: Es ist moralisches Unrecht und juristisch nicht hinnehmbar, dass Opfer nationalsozialistischer Verfolgung aufgrund ihrer Mitgliedschaft in der 1956 verbotenen Kommunistischen Partei Deutschlands munisten nach 1949 die ihnen zustehenden Entschädigungsleistungen nicht erhalten [haben] … In dieser Formulierung kommt diese Unterstellung zum Ausdruck; die Kollegen Burgbacher und Baumann haben darauf bereits hingewiesen. Es entspricht nicht den Tatsachen, dass eine bloße Mitgliedschaft in der KPD nach § 6 des Bundesentschädigungsgesetzes dazu geführt hat, dass man von der Entschädigung ausgeschlossen wurde. (Jan Korte [DIE LINKE]: Doch, in großen Fällen! Zwangsläufig!)


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1616027000
Maik Reichel (SPD):
Rede ID: ID1616027100




(A) )


(B) )


(KPD) oder wegen politischer Tätigkeit als Kom-


– Nein, nicht zwangsläufig.


(Günter Baumann [CDU/CSU]: Kollege Korte, hören Sie doch einfach mal zu! – Jan Korte [DIE LINKE]: In der Regel!)


Nach richterlicher Auffassung – ich zitiere jetzt aus
einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem
Jahre 1961 – „muss der Betroffene bewusst das Ziel ver-
folgt haben, mit seiner Tätigkeit zum Kampf gegen die
freiheitlich-demokratische Grundordnung der Bundesre-
publik Deutschland“ beizutragen. Als das BEG im
Jahre 1956 beschlossen wurde, hat man sich bewusst für
die Bekräftigung, die unter anderem in dem Begriff
„Kampf“ zum Ausdruck kommt, entschieden. § 6 des
BEG bezieht sich also nicht allgemein auf die Mitglied-
schaft in der Partei, sondern auf die konkreten Aktivitä-
ten einer einzelnen Person, sei sie Mitglied der KPD
oder einer anderen Vereinigung oder sei sie privat tätig,
um die freiheitlich-demokratische Grundordnung aktiv
zu bekämpfen, zu zerstören.

Der Gesetzgeber hat bewusst kämpferische Aktivitä-
ten als Ausschlussgrund angeführt. Dem ist auch das Ge-
richt in seiner späteren Betrachtung gefolgt. Ich zitiere
§ 6 des BEG, der in diesem Zusammenhang eine wich-
tige Rolle spielt:

Von der Entschädigung ausgeschlossen ist, … wer
nach dem 23. Mai 1949 die freiheitliche demokrati-
sche Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes
bekämpft hat …

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(C (D Heute, mehr als 50 Jahre nach dem Verbot der KPD urch das Bundesverfassungsgericht, gilt noch immer as Grundgesetz von 1949. Es hat sich auch in dieser insicht bewährt. Das Grundgesetz ist eine der freiheit ichsten Verfassungen der Welt; darauf können wir wirkich stolz sein. Deshalb respektiere ich ausdrücklich das uf der Basis von Art. 21 Abs. 2 des Grundgesetzes ntschiedene Verbot der KPD. Auch wenn dieses Verbot n Zeiten des Kalten Krieges erlassen wurde, handelte es ich um ein rechtsstaatliches Verfahren. In den Jahren wischen 1950 und 1968 wurden im Zusammenhang it einem Angriff auf die freiheitlich-demokratische rundordnung bzw. mit dem KPD-Verbot etwa 00 000 Ermittlungsverfahren eingeleitet. Etwa 5 Proent von ihnen führten zu einer Verurteilung. Ich habe schon darauf hingewiesen, dass die Auschlussregelungen im Jahre 1961 ausdrücklich für verassungsgemäß erklärt wurden; darauf brauche ich jetzt icht näher einzugehen. Im Übrigen ist im Einzelfall zw. in Fällen besonderer Härte nach § 171 des BEG ein ärteausgleich möglich; das gilt auch im Hinblick auf ie Gruppe, um die es Ihnen geht, lieber Kollege Korte. Laut einer Umfrage unter den Bundesländern, die nde der 90er-Jahre durchgeführt wurde, erhielten viele ach § 6 des BEG Ausgeschlossene in ebensolchen Härefällen eine finanzielle Unterstützung; das haben die änder im Jahre 1968 gemeinsam beschlossen. Nach einer Information hat Baden-Württemberg – Kollege urgbacher, Sie haben das angesprochen – sogar allen, ie nach § 6 des BEG ausgeschlossen waren, einen solhen Härteausgleich gewährt. Vor diesem Hintergrund kann ich den Ausführunen, die Sie in Ihrem Antrag machen, leider nicht folen. Dort heißt es zum Beispiel: „Ausgrenzung der ommunistinnen und Kommunisten aus den Opferent chädigungsleistungen“ – das ist so pauschal nicht ichtig – oder „juristische Abwertung und die moraliche und soziale Ausgrenzung der kommunistischen pfer des Nazi-Regimes“ bezüglich der Verweigerung er Entschädigungsleistungen. Ich stelle noch einmal fest: Eine pauschale Verweigeung von Entschädigungsleistungen nach dem BEG nur ufgrund von Mitgliedschaften in der KPD hat es – aners als Ihr Antrag suggeriert – nicht gegeben. Wir weren Ihren Antrag ablehnen. Ich gebe zu: 50 oder 0 Jahre sind eine lange Zeit. Bei manchem Antrag ist ine Redezeit von neun Minuten auch sehr lang. Deshalb chenke ich Ihnen drei Minuten meiner Redezeit. Vielen Dank. Das Wort hat der Kollege Jan Korte von Fraktion Die inke. Herr Präsident, bekomme ich die drei Minuten ge schenkt? (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die wurden an mich abgetreten! Zu spät!)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1616027200

(Beifall bei der LINKEN)





(A) )


(B) )

Jan Korte (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616027300


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1616027400

Nein, ich bedaure.


Jan Korte (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616027500

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegin-

nen und Kollegen! Ich möchte deutlich sagen: Wenn es
um die Anerkennung der Opfer des Nationalsozialismus
geht, sollte man einmal zurückblicken, um zu erfahren,
wie lange es gedauert hat, bis zum Beispiel die Opfer des
20. Juli überhaupt als Widerständler anerkannt wurden.


(Beifall bei der LINKEN)


Sie können doch nicht allen Ernstes behaupten, in der
Geschichte der Bundesrepublik habe es eine Gedenkkul-
tur gegeben, bei der insbesondere der Opfer der Arbei-
terbewegung gedacht worden sei. Solch eine Position
können Sie nicht allen Ernstes in diesem Hause vertre-
ten.

Ich möchte daran erinnern, dass Bundestagspräsident
Lammert bei der Gedenkstunde zum Jahrestag der
Machtergreifung richtigerweise darauf hingewiesen hat,
dass Kommunistinnen und Kommunisten die Ersten ge-
wesen sind, die in die Konzentrationslager gewandert
sind. Sie waren die Allerersten, die einen unerträglich
hohen Blutzoll gezahlt haben.


(Maik Reichel [SPD]: Das bestreitet auch keiner! – Günter Baumann [CDU/CSU]: Das hat mit dem Antrag nichts zu tun!)


Ich verstehe nicht, wie man hier in der Diskussion ei-
nen gesellschaftlichen Kontext einfach verschweigen
kann: Während des Kalten Krieges herrschte in der Bun-
desrepublik ein quasi staatsreligiöser Antikommunis-
mus. Damals stellte es schon eine Handlung gegen die
freiheitliche demokratische Grundordnung dar, wenn ein
Turnverein aus der Bundesrepublik einen Turnverein in
der DDR besucht hat; selbst das wurde in dieser Zeit
verfolgt. Man muss verdeutlichen, welche Verhältnisse
hier damals geherrscht haben.


(Holger Haibach [CDU/CSU]: So ein Quatsch! – Dr. Martina Krogmann [CDU/ CSU]: Nicht zu fassen!)


Im Bundesentschädigungsgesetz – darum geht es hier; es
wurde heute exakt daran vorbei geredet – ist von einer
„Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts“
die Rede; es diene der „Anerkennung der Tatsache“ – so
steht es in der Präambel –, dass der „geleistete Wider-
stand ein Verdienst um das Wohl des Deutschen Volkes
und des Staates war“.

Der Rechtswissenschaftler Alexander von Brünneck
hat dezidiert nachgewiesen, dass ganz viele Leute nicht
unter die Regelungen des BEG gefallen sind bzw. ihre

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(C (D iedergutmachungsleistungen – das ist der eigentliche kandal – zurückzahlen mussten. Man muss sich einmal larmachen, was das bedeutet: Kommunistinnen und ommunisten, die zum Teil von 1933 bis 1945 im Kon entrationslager gewesen sind, sollten später die erhalene Entschädigungsleistung zurückzahlen. Wenn wir hier über Opfer reden, darf man die damalien Täter nicht vergessen – man sollte deutlich darüber eden –: 80 Prozent derer, die an bundesdeutschen Geichten über Kommunistinnen und Kommunisten geureilt haben, waren ehemalige Nazis. s wäre schön, wenn wir auch darüber einmal diskutieen würden. Ich will noch einmal deutlich sagen: Es ist geradezu bsurd – das muss man sich einmal vorstellen –, dass daals den Menschen, die für erlittenes Unrecht entschä igt wurden, die Entschädigung aberkannt wurde. Zuleich haben die hohen Funktionsträger, die Eliten des ationalsozialismus üppigste Staatspensionen bis zu ih em Tod kassiert. Man muss das einmal gegenüberstelen, um zu verdeutlichen, was hier in der Bundesrepublik bgelaufen ist. Wir dürfen nämlich, wenn wir über Opfer eden, die Täter nicht aus ihrer Verantwortung entlassen. Herr Baumann, Sie haben in erster Lesung – heute och einmal – gesagt: Die Opfer, die Sie in Ihrem Antrag ansprechen, sind gerade keine Opfer einer Diktatur. Das schlägt dem Fass wirklich den Boden aus. Wollen ie allen Ernstes aufrechterhalten, dass diejenigen, die 933 in die Konzentrationslager gegangen sind, keine pfer sind? Ist das Ihre Position? Das kann doch wohl icht wahr sein. Der Widerstand ist unteilbar; das ist eine ehre aus der Geschichte. (Holger Haibach [CDU/CSU]: Darum geht es doch gar nicht!)


(Beifall bei der LINKEN)


eshalb fordere ich Sie auf, das zurückzunehmen.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich möchte eine letzte Anmerkung an die Reihen der
nion machen. Sie reden über die Aufarbeitung der Ver-
angenheit der DDR und des dort geschehenen Un-
echts. Wir befassen uns seit 1990 kritisch und ausführ-
ich damit.


(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ch habe bisher von keiner Tagung der Union – weder
ei der Konrad-Adenauer-Stiftung noch bei Ihnen – ge-
ört, bei der Sie sich damit auseinandergesetzt haben,
as es mit Leuten wie Globke, Oberländer und anderen
euten auf sich hat, die die Politik der Union in der frü-
en Bundesrepublik maßgeblich bestimmt haben. Viel-
eicht können Sie einmal damit beginnen.


(Beifall bei der LINKEN – Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Ehrenvorsitzende wie Modrow und andere waren sie jedenfalls nicht!)







(A) )



(B) )


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1616027600

Das Wort hat jetzt der Kollege Wolfgang Wieland von

der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1616027700

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! So etwas

geschieht selten: Ich kann mich keinem der Vorredner
vorbehaltlos anschließen. Ich habe mich wundern müs-
sen, dass wir heute, am 8. Mai, argumentativ zum Teil in
die Zeit des Kalten Krieges zurückgefallen sind. Als
hätte es die große Rede Richard von Weizsäckers vom
8. Mai 1985 – das Begrüßen dieses Datums als Tag der
Befreiung und damit einhergehend ein Blick auf die, die
bis dato die ausgegrenzten und vergessenen Opfer des
Nationalsozialismus gewesen sind – nicht gegeben!

Darum geht es bei dem Antrag der Linksfraktion,
auch wenn er aus unberufenem Munde kommt und auch
wenn er – das will ich auch sagen – ziemlich hingerotzt
ist. Ihr zeigt keinen Weg auf, ihr schreibt nur, die Bun-
desregierung soll ein Gesetz ändern. Die Exekutive soll
die Gesetze machen? Wo leben wir eigentlich? Außer-
dem wird nicht gesagt, wie. Zudem wird vergessen, dass
– wie hier zu Recht gesagt wurde – auf Länderebene seit
jener Mitte der 80er-Jahre nachgearbeitet wurde, mit
Härtefallregelungen aufgefangen wurde, im Land Berlin
beispielsweise. All das müsste man berücksichtigen,
wenn man den Menschen wirklich helfen will. Da reicht
es nicht, agitpropmäßig einen Stein ins Wasser zu wer-
fen.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Dennoch gebe ich dem Kollegen Korte recht: Das
Anliegen ist berechtigt. Die Täter haben nach 1945 eine
Rente bekommen, selbst die, die aus dem Beamtenver-
hältnis entlassen worden waren; sie sind in der Sozial-
versicherung nachversichert worden und bekamen dann
eben eine gesetzliche Rente. Freislers Witwe bekam die
Rentenerhöhungen bis zum Schluss.

Die Opfer wurden zum Teil gar nicht entschädigt. Im
Hinblick auf Sinti und Roma hieß es: Das waren asoziale
Landfahrer, das war keine politische Verfolgung. Im
Hinblick auf Zwangssterilisierte hieß es: Das Erbge-
sundheitsgesetz ist kein Unrechtsgesetz, ist nicht per se
rechtswidrig. Kommunisten und andere wurden ausge-
grenzt, weil ihnen aktive Gegnerschaft gegen die frei-
heitlich-demokratische Grundordnung teils unterstellt,
teils nachgewiesen wurde. Der Fraktionsvorsitzende Ren-
ner, von dem in der Zwischenfrage die Rede war, musste
Entschädigungsleistungen in Höhe von 25 000 DM zu-
rückzahlen, ohne dass er je verurteilt worden wäre. Es
hieß schlicht: Du bist als KPD-Vorsitzender aktiv gegen
die freiheitlich-demokratische Grundordnung. Bei ande-
ren langte ein achtmaliges Verteilen der Zeitung Die
Wahrheit oder das Hissen einer roten Fahne am 1. Mai.
Ganz im Ernst stand das noch 1970 in einem Urteil des
Bundesgerichtshofes. Hier wäre enormer Aufarbeitungs-
und Änderungsbedarf. Ich sage auch: Heute würde man
es so nicht mehr sehen.

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(C (D Selbst mit Menschen, die mit dem Regime der DDR ebrochen hatten, ist man so umgegangen, mit Ernst iekisch beispielsweise, der acht Jahre im Zuchthaus randenburg gesessen hat, bis er im April 1945 von der oten Armee befreit wurde. Er ist Professor in Ostberlin eworden, hat später mit dem System gebrochen und ist ach Westberlin gegangen. Zwölf Jahre musste Niekisch rozessieren, bevor er, blind, partiell gelähmt, eine Entchädigung erhielt. Dazu ein Zitat von Alfred Kantorowicz: Der Fall Niekisch ist zu einem unauslöschlichen Schandfleck und zu einer Belastung Berlins geworden, gerade in den Teilen der Welt, die wir die freie nennen. antorowicz wusste, worüber er schreibt, weil es ihm, er nach dem Ungarn-Aufstand aus der DDR in den esten gegangen war, genauso ergangen ist. Auch er usste den Klageweg beschreiten. Es war leider so auch da hat Herr Korte recht –, dass die Juristen, die ichter, die in der NS-Zeit nicht im Traum daran geacht hatten, selber Widerstand zu leisten, sich dazu aufchwangen, diese Entscheidungen zu treffen. Fazit: Man muss etwas tun. Die Linksfraktion hat ihr ulver verschossen. Das heißt aber nicht, dass dieses Kaitel erledigt wäre. Wir können uns zu diesem schlechten ntrag nur enthalten, meinen aber, dass wir, wenn sich er Pulverdampf verzogen hat, wenn wir uns ruhig mit er Sache befassen, zu einer Lösung kommen müssten. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1616027800

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Innenaus-
chusses zu dem Antrag der Fraktion Die Linke mit dem
itel „Entschädigung für Opfer nationalsozialistischer
erfolgung“. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Be-
chlussempfehlung auf Drucksache 16/7950, den Antrag
er Fraktion Die Linke auf Drucksache 16/3536 abzu-
ehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –
egenstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussemp-

ehlung ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen
nd der FDP-Fraktion bei Gegenstimmen der Fraktion
ie Linke und Enthaltung vom Bündnis 90/Die Grünen

ngenommen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 14 auf:

Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten
Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der

(Neuregelung des Zugangs zum Anwaltsnotariat)


– Drucksache 16/4972 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss

Wie in der Tagesordnung ausgewiesen, werden die
eden zu Protokoll gegeben. Es handelt sich um die






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms
Reden der Kollegen Michael Grosse-Brömer, CDU/
CSU, Christoph Strässer, SPD, der Kollegin Mechthild
Dyckmans, FDP, der Kollegen Wolfgang Nešković, Die
Linke, und Jerzy Montag, Bündnis 90/Die Grünen, so-
wie des Parlamentarischen Staatssekretärs Alfred
Hartenbach.


Michael Grosse-Brömer (CDU):
Rede ID: ID1616027900

Ausgangspunkt des vorliegenden Gesetzentwurfs zur

Neuregelung des Zugangs zum Anwaltsnotariat ist das
Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 20. April
2004. Darin hatte das Gericht die bisherige zu § 6 Abs. 2
u. 3 Bundesnotarordnung entwickelte Verwaltungspraxis
gerügt. Hauptkritikpunkt: Das Auswahlsystem werde
dem Prinzip der Bestenauslese nicht ausreichend gerecht,
deshalb sei es zumindest teilweise verfassungswidrig.

Notare sind für eine verlässliche und funktionstüchtige
Rechtspflege unentbehrlich. Deshalb ist das Eintreten des
höchsten deutschen Gerichts für die Bestenauslese im
Rahmen der Notarauswahl richtig und konsequent. Über
die Verwaltungsvorschriften der Länder ist ein verfas-
sungskonformes Auswahlsystem nicht zufriedenstellend
zu regeln. Mit dem Bundesrat bin ich deshalb der Ansicht,
dass aufgrund des erwähnten Urteils gesetzgeberischer
Handlungsbedarf besteht.

Durch die derzeit vorhandenen Schwächen beim Zu-
gang zum Anwaltsnotariat kommt es erfahrungsgemäß
auch immer wieder zu langwierigen Konkurrentenstreit-
verfahren. Dadurch können vakante Notarstellen oft län-
gere Zeit nicht wiederbesetzt werden. Auch dieses Manko
soll durch den Entwurf abgebaut werden.

Der maßgebliche Lösungsansatz des Gesetzentwurfs
– eine stärkere Berücksichtigung notarspezifischer Leis-
tungen – ist richtig. Den Rechtsanwälten, die den Wunsch
nach einer Bestellung als Anwaltsnotar haben, kann da-
durch der Quasi-Rückfall in studentische Zeiten, das
heißt innerhalb möglichst kurzer Zeit möglichst viele
Fortbildungsnachweise anzusammeln, erspart werden.

Unter dem Druck, häufig notarielle Fortbildungskurse
zu besuchen, welche regelmäßig an Wochenenden statt-
finden, leiden bislang wohl vor allem Frauen mit Kindern
bzw. Frauen mit Kinderwunsch. Das hat jedenfalls die
„Arbeitsgemeinschaft Anwältinnen“ des DAV in einem
Memorandum ausdrücklich bemängelt. Insoweit ist zu
hoffen, dass durch den Wegfall des „Zwangs zum Schei-
nesammeln“ sowohl der niedrige Anteil von Frauen bei
den Anwaltsnotaren als auch der Familienzusammenhalt
erhöht werden können. Künftig soll es de lege ferenda
neben dem Ergebnis der Zweiten Juristischen Staatsprü-
fung entscheidend auf das Ergebnis einer vor einem ei-
genständigen Prüfungsamt abzulegenden „notariellen
Fachprüfung“ ankommen. Auch dieses Konzept der Bes-
tenauslese mittels einer fachspezifischen Prüfung er-
scheint vom Ansatz her überzeugend. Gleichwohl lässt
ein Blick auf den geplanten Prüfungsaufwand und Prü-
fungsumfang etwas Besorgnis aufkommen. Bereits die
umfangreichen Einzelbestimmungen über die notarielle
Fachprüfung – §§ 7a bis 7i der geänderten BNotO – las-
sen bei mir die Befürchtung entstehen, dass sich die nota-
rielle Fachprüfung in der Praxis als „drittes juristisches

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(C (D taatsexamen“ darstellen könnte. So sollen die Prüfungsandidaten ihr Wissen in allen Rechtsgebieten der notaiellen Amtstätigkeit in sechs jeweils fünfstündigen ufsichtsarbeiten sowie einer mündlichen Prüfung – betehend aus einem Vortrag und einem Gruppenprüfungsespräch mit drei Abschnitten – unter Beweis stellen. olglich werden sich die Notaraspiranten, nachdem sie ereits zwei unzweifelhaft schwierige Staatsprüfungen estanden haben, de facto einem dritten juristischen taatsexamen stellen müssen. Das geht mir etwas zu weit! Ich halte es für unerlässlich, dass die Vorbereitung für ie notarielle Fachprüfung berufsbegleitend erfolgen ann und keine Auszeit erfordert. Dies auch vor dem Hinergrund, dass der freiberuflich tätige Kollege schließlich icht nur seinen Lebensunterhalt, sondern auch das Geld ür die Prüfung erarbeiten muss. Da für die Durchfühung der Prüfung ein organisatorisch eigenständiges rüfungsamt bei der Bundesnotarkammer eingerichtet erden soll und die hierfür anfallenden Kosten durch rüfungsgebühren ausgeglichen werden sollen, könnte ich die notarielle Fachprüfung für die Prüflinge nämlich icht nur als fachlich schwierig, sondern auch als teuer rweisen. Neben dem zentralen Punkt der Einführung einer noariellen Fachprüfung sieht der Gesetzentwurf eine Reihe on Änderungen und Ergänzungen der in § 6 Abs. 2 NotO normierten Regelvoraussetzungen für die Bestel ung vor. So soll es künftig auf eine tatsächlich ausgeübte ünfjährige Rechtsanwaltstätigkeit statt auf einen bloßen ulassungsnachweis ankommen. An anderen Voraussetzungen des Zugangs zum Analtsnotariat hält der Entwurf dagegen fest. Dies betrifft twa den Staatsangehörigkeitsvorbehalt oder die dreijähige örtliche Wartefrist. Bei dieser Frist soll künftig nicht ehr der Amtsgerichts-, sondern der Landgerichtsbezirk aßgebend sein. Im Einzelnen werden wir die Notwendigkeit einiger im ntwurf vorgesehener Änderungen des Zugangs zum Analtsnotariat noch im Verfahren diskutieren. So könnte twa für den Beibehalt der örtlichen Wartefrist das Vereiden des „Ämter-Hoppings“ im Rahmen hoheitlicher ätigkeiten angeführt werden. Andererseits fragt es sich, b es in Zeiten der modernen Kommunikation und der inführung des elektronischen Rechtsverkehrs tatsäch ich noch entscheidend auf das Vertrautsein mit den rtlichen Gegebenheiten ankommt. Hier gibt es auch bei en Verbänden und Rechtswissenschaftlern unterschiediche Ansichten. Meiner Ansicht nach kann ebenfalls interfragt werden, ob die von den Kandidaten nachzueisende notarspezifische Praxisausbildung tatsächlich 60 Stunden umfassen muss. Nach der ersten Lesung lassen sich sicherlich noch eitere Details mit Experten aus Wissenschaft und echtspflege diskutieren. Ich möchte hier auf eine beeutsame Frage eingehen, der wir deutschen Parlamenarier in der Vergangenheit vielleicht nicht immer die erorderliche Aufmerksamkeit haben zukommen lassen. Die ede ist vom Europarecht. Wenn bei Gesetzesberatungen m Bundestag teilweise erbittert um Details gerungen ird, soll man Brüssel oder auch Luxemburg nicht aus den Augen lassen. Das zeigt sich auch bei der Neuregelung des Zugangs zum Anwaltsnotariat. Während auf nationaler deutscher Ebene über generelle Fragen wie die Bestenauslese oder spezielle Fragen wie die örtliche Wartefrist gestritten wird, ist nach über elfjährigem Streit zwischen Kommission und Bundesregierung am 12. Februar dieses Jahres als dritte Stufe eines Vertragsverletzungsverfahrens eine Klage der Kommission gegen die Bundesrepublik erhoben worden (Rs. C-54/08)


(A) )


(B) )

gehörigkeitsvorbehalt des § 5 BNotO, der nach Ansicht
der Kommission gegen die in den Art. 43 und 45 EGV sta-
tuierte Niederlassungsfreiheit verstößt. Sollte die Kom-
mission mit ihrer Klage obsiegen, hätten es deutsche No-
tare wohl bald mit europäischer Konkurrenz wie dem
solicitor und notary public Mark Kober-Smith aus Kent
zu tun. Dieser hatte – einen lukrativen Markt vor Augen –
das Vertragsverletzungsverfahren maßgeblich mitini-
tiiert.

Nun wäre die englische Konkurrenz aus meiner Sicht
nicht zu fürchten. Es könnte aber zu einer Inländerdiskri-
minierung kommen, wenn die deutschen Notare gemäß
§ 10a BNotO an ihren Amtsbereich gebunden wären, ihre
ausländischen Kollegen dagegen nicht. Dass mit diesem
Szenario das System der Bestenauslese und das Erforder-
nis der örtlichen Wartefrist aus einem ganz anderen
Blickwinkel zu bewerten wären, brauche ich hier wohl
kaum ausführlicher zu erläutern.

Worum es mir letztendlich geht, ist nicht vorauseilen-
der Gehorsam gegenüber Europa. Der EuGH muss
schließlich erst noch entscheiden. Ich möchte lediglich
die Sensibilität dahin gehend erhöhen, dass eine wichtige
und weitreichende Entscheidung in Europa zum hier
maßgeblichen Thema noch aussteht. Deshalb halte ich es
für angebracht, im vorliegenden Fall der Neuregelung
des Zugangs zum Anwaltsnotariat die Entwicklung in Eu-
ropa sehr genau zu verfolgen. Wenig wäre damit gewon-
nen, ein neues System des Zugangs zum Anwaltsnotariat
zu etablieren, nur um dieses dann anschließend nach dem
Urteil des EuGH wieder nachbessern zu müssen.

Nach allem unterstütze ich den Gesetzentwurf grund-
legend und in seinen wesentlichen Regelungen. Ich er-
laube mir aber auch die Mahnung zu einem aufmerksa-
men Blick nach Europa zu diesem Thema.


Christoph Strässer (SPD):
Rede ID: ID1616028000

In der letzten Sitzungswoche haben wir uns einem Ge-

setzentwurf die Anwaltschaft betreffend gewidmet. In die-
ser Woche richten wir unser Augenmerk auf das Berufs-
bild des Notars. „Der Notar ist der weltliche Beichtvater.
Er ist Puritaner von Profession und Ehrlichkeit“, heißt es
bei Shakespeare. Dem Berufsbild des Notars werden
durch die Rechtsuchenden demnach einige herausra-
gende Eigenschaften zugeschrieben. Und tatsächlich
kommt dem Notar in unserem Rechtssystem eine wichtige
Bedeutung zu. Der Notar ist Amtsperson und betreut die
Rechtsuchenden bei schwierigen und folgenreichen
Rechtsgeschäften. Notare sind besonders ausgebildete
und erfahrene Juristen. Dementsprechend sind nur quali-
fizierte Juristen mit spezifischen Fachkenntnissen als

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Zu Protokoll ge

(C (D otare zu bestellen. In Deutschland gibt es etwa 600 hauptberufliche Notare und ungefähr 7 200 Analtsnotare. Um die Anwaltsnotare geht es in dem nun orgelegten Gesetzentwurf. Mit dem Bundesratsentwurf soll der Zugang zum Analtsnotariat neu geregelt und damit auf eine Entscheiung des Bundesverfassungsgerichts reagiert werden. as Bundesverfassungsgericht hat die bisherige Verwal ungspraxis zum Teil für verfassungswidrig erklärt. Die ndividuelle Prüfung der fachlichen Eignung des einzelen Bewerbers ist für den Bereich des Anwaltsnotariats anders als im Bereich des hauptberuflichen Notariats it mehrjährigem Anwärterdienst – wegen der einge chränkten Erkenntnismöglichkeiten und der größeren tellenund Bewerberzahlen praktisch nur schwer durchhrbar. Bisher beschränkte man sich bei der Verwaltungs raxis im Auswahlverfahren neben dem Ergebnis des weiten Staatsexamens auf eine formalisierte Auswahl ach eher quantitativ bestimmten Kriterien. Das Bundesverfassungsgericht hat nunmehr festgetellt, dass diese Verwaltungspraxis und Rechtsprechung em Grundrecht auf freie Berufswahl nicht hinreichend echnung tragen, und eine individuelle Prüfung und Pronose der fachlichen Eignung des einzelnen Bewerbers efordert. Dazu gehöre eben auch eine stärkere und diferenziertere Gewichtung notarspezifischer Leistungen egenüber dem Ergebnis des oftmals zum Zeitpunkt der ewerbung lange zurückliegenden Staatsexamens. Soohl das Interesse der Bürgerinnen und Bürger an einer mfassenden Qualifikation der Anwaltsnotare als auch as Interesse der Bewerber selbst, strikt nach ihrer Eigung und Befähigung für das Amt des Notars ausgewählt u werden, gebieten daher eine Neuregelung des Zugangs um Anwaltsnotariat. Eine länderübergreifende Arbeitsruppe ist dieser Notwendigkeit nachgekommen und hat nter Beteiligung des Justizministeriums und der Bundesotarkammer den vorliegenden Gesetzentwurf erarbeitet. Kernpunkt des Gesetzentwurfs ist der Vorschlag, für ewerber um ein Anwaltsnotariat eine notarielle Fachrüfung vor einem bei der Bundesnotarkammer unter Beeiligung der betroffenen Landesjustizverwaltung einzuichtenden Prüfungsamt vorzusehen. Darüber hinaus uss der Bewerber seine Tätigkeit als Rechtsanwalt achweisen. Bisher galt sein Zulassungsnachweis als usreichend. Ferner muss er eine dreijährige hauptberufiche Tätigkeit im Landgerichtsbezirk statt bisher im mtsgerichtsbezirk sowie eine Reihe von Fortbildungseranstaltungen und eine Praxisausbildung als Notar achweisen. Wir sind sehr wohl der Meinung, dass eine notarielle ugangsprüfung zum Anwaltsnotariat eine geeignete aßnahme zur Verbesserung der Bestenauslese und der ahrung der Chancengleichheit der Bewerber ist. Die undesregierung hat in ihrer Stellungnahme aber – meier Meinung nach – zu Recht einige Änderungen vorgechlagen und darauf hingewiesen, dass neben einer Quaitätssicherung und gerechten Bestenauslese auch erücksichtigt werden muss, dass die erforderliche Beufsvorbereitung berufsbegleitend während der Anwaltsätigkeit geleistet werden muss. Sie regt an, im Laufe der Michael Grosse-Brömer gebene Reden parlamentarischen Beratungen zu prüfen, ob die Prüfungsanforderungen nach dem Bundesratsentwurf der durch die Berufsvorbereitung entstehenden Zusatzbelastung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte ausreichend Rechnung tragen. Entsprechendes gilt für die Praxisausbildung, die nach dem Gesetzentwurf vor der Bestellung zum Notar nachgewiesen werden muss. Denn es muss in jedem Fall bedacht werden, ob oder inwieweit von einem Bewerber um das Amt als Anwaltsnotar mehr verlangt werden kann als von Notarassessoren, die eine in der Regel drei Jahre dauernde Anwärterzeit ohne Fachprüfung absolvieren, bevor schließlich die Ernennung zum Notar erfolgt. Konkret stellen sich daher Fragen im Hinblick auf die Angemessenheit der Prüfungsanforderungen sowie der Anforderungen an die Praxisausbildung. Ich möchte an dieser Stelle einige Fragen aufwerfen, die wir in den anstehenden Verhandlungen für uns beantworten müssen. Der Umfang der Fachprüfung dürfte nicht ganz unproblematisch sein, da neben notarspezifischen Themen annähernd der gesamte Bereich des Bürgerlichen Rechts und das Gesellschaftsrecht umfasst werden. Es stellt sich die Frage, ob wir wirklich eine Art drittes Staatsexamen einführen wollen. Oder reicht es nicht vielmehr aus, die Prüfung auf die notarspezifischen Themenbereiche zu beschränken, da ohnehin das zweite Staatsexamen nach wie vor in die Gesamtbeurteilung für die Auswahl der Bewerber einfließt? Könnten nicht fünf statt sechs Aufsichtsarbeiten genügen? Der Deutsche Anwaltsverein warnt nicht ganz zu Unrecht vor einem neuen komplizierten, ressourcenverschlingenden System. Könnte der Prüfungsstoff nicht außerdem in einer Rechtsverordnung geregelt werden? Damit könnte der Verordnungsgeber flexibel auf sich wandelnde Anforderungen an das Berufsbild reagieren. In vielen Bundesländern wird der Prüfungsstoff in einer Rechtsverordnung geregelt. Als letzten Punkt möchte ich die Residenzpflicht der Bewerber problematisieren. Ich begrüße eine Lockerung der Regelung zur örtlichen Wartefrist, wie sie mit dem Bundesratsentwurf verbunden ist, nach dem die örtlichen Grenzen der Wartefrist vom Amtsauf den Landgerichtsbezirk ausgeweitet werden sollen. Doch wir sollten diskutieren, ob im Zuge der modernen Kommunikation und des elektronischen Rechtsverkehrs die örtliche Wartefrist grundsätzlich noch beibehalten werden sollte. In einer Zeit, in der der Ort der Rechtshandlung an Bedeutung verliert, verliert auch die Beschränkung möglicherweise ihre Berechtigung. Bei den hauptberuflichen Notaren gibt es eine ähnliche Beschränkung jedenfalls nicht. In kleinen oder ländlichen Bezirken kann die bisherige Regelung jedenfalls im Einzelfall dazu führen, dass die örtliche Wartezeit Bewerbern mit besseren Qualifikationen den Berufszugang verwehrt. Im Rahmen einer Sachverständigenanhörung könnten diese und weitere Fragen erörtert werden. Und ich bin mir sicher, dass, wenn die weiteren Beratungen genau so gut laufen wie die zu den Erfolgshonoraren, wir zu einem guten Ergebnis kommen werden. l e k B k k L w D H W O v a w g g e n e r h b s b l w V o s N f a d D n g d v b n l t e f f e Z v s s w g Zu Protokoll ge (C (D Das Anwaltsnotariat kann in Deutschland auf eine ange Geschichte zurückblicken. Bereits im Staat Preußen ntwickelte sich die Verbindung von Notariat und Advoatur. Diese Tradition hat sich bis heute fortgesetzt. Die esonderheit beim Anwaltsnotariat ist, dass diese Tätigeit nicht bundesweit in gleicher Weise ausgeübt werden ann, sondern je nach den Bestimmungen des jeweiligen andesrechts. In den neuen Bundesländern ist beispielseise eine Tätigkeit als Anwaltsnotar nicht vorgesehen. er Anwaltsnotar ist nur in den Ländern Berlin, Bremen, essen, Niedersachsen und in Teilen von Nordrheinestfalen und Schleswig-Holstein bekannt. Das Anwaltsnotariat hat sich grundsätzlich bewährt. bwohl Notare Träger eines öffentlichen Amtes sind und om Staat ernannt werden, üben sie ihre Tätigkeit unbhängig aus. Einer unzulässigen Vermischung von Analtstätigkeit und Ausübung des Notaramtes wird vorebeugt, indem der Anwaltsnotar dem Mandanten egenüber klarzustellen hat, in welcher Berufsausübung r ihm gegenüber tätig wird. Ist der Anwaltsnotar in seier Eigenschaft als Notar tätig geworden, schließt dies ine gleichzeitige Tätigkeit als Rechtsanwalt aus. Der Zugang zum Anwaltsnotariat ist an strenge Voaussetzungen geknüpft. Die Bestellung als Anwaltsnotar ängt wesentlich davon ab, ob in dem Amtsgerichtsezirk, in dem der Rechtsanwalt zugelassen wird, grundätzlich ein Bedarf für die Besetzung einer Notarstelle esteht. Weitere Kriterien sind unter anderem die persöniche und fachliche Eignung des Bewerbers, das Alter soie bestimmte allgemeine und örtliche Wartezeiten. Die oraussetzungen hierfür enthält die Bundesnotarrdnung. Das Bundesverfassungsgericht hat 2004 in einem Bechluss festgestellt, dass die Auswahlkriterien in § 6 der otarordnung unter Berücksichtigung der mit dem öf entlichen Amt der Notare verbundenen Besonderheiten us Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz grundsätzlich den Anforerungen des Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz entsprechen. ie Berücksichtigung der Kriterien, insbesondere derjeigen zur fachlichen Eignung, seien verfassungsrechtlich eboten. Das Gericht hat aber des Weiteren entschieden, ass Auslegung und Anwendung der Normen nicht den erfassungsrechtlichen Erfordernissen genügen. So sei ei der Auswahl der Bewerber für das Amt des Anwaltsotars nicht der Vorrang desjenigen mit der besten fachichen Eignung gewährleistet. Das Gericht hat zudem kriisiert, dass es beim Zugang zum Anwaltsnotariat an iner konkreten und einzelfallbezogenen Bewertung der achlichen Leistung des Bewerbers mangele. Der Bundesrat hat die Entscheidung des Bundesverassungsgerichts zum Anlass genommen, einen Gesetzntwurf zur Änderung der Bundesnotarordnung mit dem iel der Neuregelung des Zugangs zum Anwaltsnotariat orzulegen. Diese Initiative des Bundesrates ist grundätzlich zu begrüßen. Unabhängig von der Entscheidung des Bundesverfasungsgerichts haben sich die Notarkammern des Analtsnotariats bereits seit längerer Zeit für eine Neureelung des Zugangs zum Anwaltsnotariat ausgesprochen. Christoph Strässer gebene Reden Der Gesetzentwurf führt ein Zugangsund Auswahlsystem ein, das sowohl fachliche Mindeststandards sichern, als auch eine den verfassungsrechtlichen Vorgaben entsprechende Auswahlentscheidung ermöglichen soll. Dazu schlägt der Entwurf im Einzelnen die Einführung einer notariellen Fachprüfung vor einem bei der Bundesnotarkammer einzurichtenden Prüfungsamt vor. Dadurch soll gewährleistet werden, dass nur solche Bewerber zu Notaren bestellt werden, die sich umfassend auf die notarielle Tätigkeit vorbereiten und unter Beweis gestellt haben, dass sie über die für die Ausübung dieses Amtes erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen und diese praxisgerecht umsetzen können. Der Gesetzentwurf unterlässt es jedoch, konkrete Vorgaben dazu zu machen, wie der Erwerb dieser Kenntnisse und Fähigkeiten erfolgen soll. Bei der Beratung über das Rechtsdienstleistungsgesetz waren wir uns im Deutschen Bundestag einig darin, dass das Gesetz dem Ziel dienen muss, die Qualität der Rechtsberatung im Interesse der Mandanten zu sichern. Dieser Maßstab muss auch bei der Neuregelung des Zugangs zum Anwaltsnotariat angelegt werden. Es ist daher zu überlegen, ob der Zugang nicht darüber hinaus eine berufsbegleitende Vorbereitung während der Anwaltstätigkeit erfordern sollte. Dies kann beispielsweise durch die Pflichtteilnahme an Grundkursen zur Vorbereitung auf die notarielle Fachprüfung erreicht werden. Auf den Nachweis von Praxiserfahrung sollte im Interesse einer qualifizierten Rechtspflege nicht verzichtet werden. Die Anwaltschaft und die Bundesregierung haben sich hierzu ähnlich geäußert. Fraglich ist darüber hinaus, ob es der in § 6 Abs. 2 des Entwurfs vorgesehenen Wartezeit von drei Jahren in dem Landgerichtsbezirk, in dem die in Aussicht genommene Notarstelle zu besetzen ist, tatsächlich bedarf. Es ist vielfach darauf hingewiesen worden, dass heute in Zeiten des elektronischen Rechtsverkehrs die in der Gesetzesbegründung geforderte Wartefrist, die den Bewerber mit dem Umgang mit Rechtsuchenden, Gerichten und Behörden im Landgerichtsbezirk vertraut machen soll, entbehrlich geworden ist. Auch hier bedarf es einer näheren Prüfung, ob die Wartefrist tatsächlich geeignet ist, die Qualität des Anwaltsnotariats zu sichern oder ob sie vielmehr ein bürokratisches Hindernis ist, das einer vergangenen Zeit angehört. Ich bin zuversichtlich, dass es gelingen wird, einvernehmlich zu einer guten Lösung zu kommen. Die Hinweise und Vorschläge der Bundesregierung in ihrer Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf sind dazu überwiegend sachgerecht. Wir sollten uns daher zügig mit den Vertretern der entsprechenden Berufsverbände und Kammern zusammensetzen, um gemeinsam nach einer akzeptablen Regelung für den Zugang zum Anwaltsnotariat zu suchen. Der Gesetzentwurf des Bundesrates bietet dafür eine gute Beratungsgrundlage. Im Jahre 2004 hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Verwaltungspraxis der Bundesländer für die Zulassung zum Anwaltsnotariat verfassungs w d Ä r B o t s V B d i H d c s g g s l f 1 m A M s s d v s n Z l B g n w s m S s r e E s s P k p Zu Protokoll ge (C (D idrig ist und nachgebessert werden muss. Der Entwurf es Bundesrates möchte diesen Vorgaben nun mit einer nderung der Bundesnotarordnung nachkommen. Be eits diese Herangehensweise überzeugt nicht. Denn das undesverfassungsgericht hatte nicht die Bundesnotarrdnung, also Bundesrecht, gerügt, sondern die Verwalungspraxis der Länder. Es ist daher einigermaßen seltam, dass die Länder nicht etwa ihre beanstandete erwaltungspraxis nachbesserten, sondern nun mit einem undesratsentwurf die vom Gericht unbeanstandete Bunesnotarordnung verändern wollen. Anstatt zu tun, was hnen selbst möglich ist, rufen die Länder also nach der ilfe des Bundes. Wir werden also im Gesetzgebungsverfahren erstens iskutieren müssen, ob wir überhaupt eine bundesrechtlihe Lösung wollen. Für eine bundesrechtliche Lösung präche immerhin das Ziel einer bundeseinheitlichen Reelung. Aber die Einheit der Rechtsordnung ist für sich enommen noch kein Wert. Sie trägt – als Zielstellung – ogar ein besonderes Risiko in sich. Es ist das grundsätziche Risiko, es für 16 Länder auf einmal und zentral alsch zu machen – bei gleichzeitigem Verzicht auf 6 Einzelchancen für die Landesgesetzgeber, es besser zu achen. Bei sieben Bundesländern, die derzeit über ein nwaltsnotariat verfügen, ergäbe das für die vorliegende aterie sogar eine Glückszahl an Chancen. Mir scheint aber, der Entwurf verwirklicht eher das Riiko und nicht die Chance: Er ist an den inhaltlichen Vorgaben des Bundesverfasungsgerichtes zu messen. Im Kern lassen sich zwei Hauptvorgaben der Entscheiung des Bundesverfassungsgerichtes entnehmen: Zum einen war dafür zu sorgen, dass im Zulassungserfahren die im Anwaltsberuf erworbenen notarspezifichen Kenntnisse und Fähigkeiten eines Bewerbers in eiem angemessenen Verhältnis zu den Leistungen im weiten Juristischen Staatsexamen bewertet werden. Zum anderen war künftig sicherzustellen, dass im Zuassungsverfahren insgesamt aussagekräftige fachliche eurteilungsmaßstäbe zugrunde gelegt werden. Wie geht der Entwurf des Bundesrates mit diesen Voraben um? Anstatt Kriterien zu liefern, nach denen die otarspezifischen Kenntnisse und Fähigkeiten der Beerber neben den Leistungen im Zweiten Staatsexamen achgemäß bewertet werden könnten, führt der Entwurf it der notariellen Fachprüfung gleichsam ein drittes taatsexamen ein. Nicht die langjährige juristisch praktiche Tätigkeit eines Menschen ist danach von besondeem Belang, sondern dessen kurzfristiges Aufbäumen in iner Prüfungssituation. Nach meinem Verständnis der ntscheidung war es jedoch die Intention des Verfasungsgerichtes, die im Beruf erworbenen notarspezifichen Kenntnisse und Fähigkeiten – als Leistung in der raxis – mit einer stärkeren Gewichtung zu versehen. Wir werden im Gesetzgebungsverfahren zweitens disutieren müssen, ob wir überhaupt eine notarielle Fachrüfung wollen. Mechthild Dyckmans gebene Reden Wir werden dann drittens darüber reden müssen, ob wir sie in der gewählten Art wollen. Die hierzu eingegangenen Stellungnahmen, insbesondere die des Deutschen Anwaltsvereines, enthalten reichlich Kritik, mit der wir uns dann im weiteren Beratungsverfahren auseinanderzusetzen haben. Schließlich wird viertens der enorme organisatorische und personelle Aufwand kritisch zu besprechen sein, den diese neue Prüfung nach sich zieht. Als Ergebnis will ich zusammenfassen: Wenn wir im Gesetzgebungsverfahren gangbare Wege erkennen, wie wir die Vorgaben des Bundesverfassungsgericht mit weniger Aufwand und besseren Ergebnissen umsetzen können, dann sollten wir einen dieser Wege tunlichst beschreiten und den vorgelegten Entwurf schreddern. Mit seinem Beschluss vom 20. April 2004 hat das Bun desverfassungsgericht die bisherige Zulassungspraxis zum Anwaltsnotariat in weiten Teilen gekippt und damit zugleich auch dem bisher praktizierten Punktesystem eine deutliche Rüge erteilt, denn das bisherige Auswahlverfahren, so das Gericht, misst der spezifischen fachlichen Eignung für das Amt des Notars nur eine untergeordnete Rolle bei und überbetont im Gegensatz dazu die allgemeine Befähigung für juristische Berufe und Erfahrungen aus dem Anwaltsberuf. Vor dem Hintergrund dieser Entscheidung ist es aus Sicht der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen so notwendig wie richtig, die Zugangsregelungen zum Anwaltsnotariat zu überarbeiten und die Zulassungsentscheidung deutlich stärker als bisher an eine individuelle Prüfung und fachliche Eignungsprognose der einzelnen Bewerberinnen und Bewerber zu knüpfen. Es ist zu begrüßen, dass sich das Bundesjustizministerium mit den Justizverwaltungen der Bundesländer mit Anwaltsnotariat sowie der Bundesnotarkammer zusammengesetzt hat, um zeitnah in den erforderlichen Diskussionsprozess um Neuregelungen beim Zugang zum Anwaltsnotariat einzutreten. Der vorliegende Gesetzentwurf ist das Ergebnis eben dieses – drei Jahre währenden – Diskussionsprozesses. Ich meine, dass die nun auf dem Tisch liegenden Vorschläge zur Neuregelung des Zugangs zum Anwaltsnotariat im Grundsatz in die richtige Richtung gehen. Die aus meiner Sicht zentrale Neuerung betrifft die Einführung einer notariellen Fachprüfung zum Anwaltsnotariat. Eine solche Prüfung sichert die persönliche und fachliche Eignung der Bewerberinnen und Bewerber für die Arbeit im Anwaltsnotariat, in dem es die notarspezifischen Kompetenzen und Leistungen der Bewerber stärker als bisher berücksichtigt. Die notarielle Fachprüfung trägt damit ganz zentral dazu bei, dem Ziel der Bestenauslese auch im Bereich des Anwaltsnotariates Rechnung zu tragen. In der öffentlichen Diskussion über den Gesetzentwurf wird nur in einzelnen, kleineren Punkten Kritik geäußert. So wird die Frage aufgeworfen, ob der Umfang des schriftlichen Teils der Fachprüfung angemessen ausgestaltet worden ist. Es erscheint auch mir auf den ersten B s d r c r s i n a b h u A d d z a m n l i d s l w s A v r z z w s a s w w B t K t d E Z w Z d d m g r s Zu Protokoll ge (C (D lick nicht unbedingt nachvollziehbar, warum es hierbei echs fünfstündiger Prüfungsklausuren bedürfen soll, in enen zudem thematisch über die notarspezifischen Beeiche hinaus zum Beispiel auch Wissen zum Bürgerlihen, zum Handelsund zu verschiedentlichem Prozessecht geprüft werden soll. Ist es wirklich gewollt, dass die chriftliche Fachprüfung zum Anwaltsnotariat – das ja mmerhin im Nebenberuf ausgeübt wird – den Umfang eies dritten juristischen Staatexamens erhält? Bei der Bentwortung dieser Frage sollte nicht unberücksichtigt leiben, dass der mit einer so umfänglichen Prüfung einergehende Vorbereitungsaufwand erheblich sein dürfte nd überdies die Bewerber ja zeitgleich auch noch als nwälte praktizieren. Von daher möchte ich anregen, ass wir uns der Frage der Prüfungsdichte im Rahmen er Beratungen im Rechtsausschuss noch einmal genauer uwenden. Es gibt noch einen weiteren Punkt, den ich mit Blick uf das Anwaltsnotariat an dieser Stelle ansprechen öchte. Er betrifft den Anteil weiblicher Anwaltsnotarinen, der bislang – immer noch – deutlich unter 10 Prozent iegt, obgleich der Anteil weiblicher Rechtsanwältinnen nzwischen bei über 30 Prozent angekommen ist. Ich enke, dieser Umstand kann und darf uns nicht zufrieden tellen. Auch der Gesetzgeber muss sich der Frage stelen, wie der Anteil weiblicher Anwaltsnotarinnen erhöht erden kann. Dies sollten wir gerade auch in der Diskus ion um die veränderten Zulassungsvoraussetzungen zum nwaltsnotariat nicht aus dem Blick verlieren. Ich plädiere dafür, dass wir die Beratungen zu dem orliegenden Gesetzentwurf zügig und zielorientiert fühen. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts liegt inwischen fast vier Jahre zurück. Die jetzigen Anwärter um Anwaltsnotariat sind unsicher, wie es weitergehen ird. Die organisatorische Durchführung des Verfahrens ei, so versicherte die Bundesnotarkammer, kurzfristig relisierbar. Von daher denke ich, dass eine zeitnahe Verabchiedung des Gesetzentwurfes nicht nur richtig und ünschenswert, sondern auch machbar ist. Wir Grünen erden hieran konstruktiv mitarbeiten. A Wir beraten heute einen Gesetzentwurf des Bundesraes zur Neuregelung des Zugangs zum Anwaltsnotariat. ern des Gesetzesvorschlags ist die Einführung einer no ariellen Fachprüfung, deren Benotung neben der Note es zweiten Staatsexamens für die Bestenauslese bei der ntscheidung der Landesjustizverwaltungen über den ugang zum Anwaltsnotariat entscheiden soll. Die Bundesregierung unterstützt dieses Vorhaben. Das bisherige Auswahlsystem für den Zugang zum Analtsnotariat ist nur noch schwierig zu handhaben. Das ählen von Punkten für die Dauer der Anwaltstätigkeit, en Besuch von Fortbildungsveranstaltungen, die Zahl er als Notarvertreter aufgenommenen Urkunden und anch andere Tätigkeiten ist streitanfällig. Ein grundleender Mangel des bestehenden Systems liegt zudem dain, dass die genannten Kriterien nur quantitativer Art ind: Die Dauer der Anwaltstätigkeit wird lediglich nach Wolfgang NeškoviæWolfgang Nešković gebene Reden Parl. Staatssekretär Alfred Hartenbach Jahren bemessen. Der individuelle Umfang, die Art und Qualität der Anwaltstätigkeit sind ohne Bedeutung. Entsprechendes gilt für die weiteren genannten Zugangskriterien nach dem geltenden Recht. Echte Qualitätssicherung sieht anders aus. Faire Chancen für alle Bewerber erfordern eine Neuregelung. Das Regelungsmodell einer notariellen Fachprüfung ist geeignet, Qualitätssicherung und eine gerechte Bestenauslese zu erreichen. Eine notarielle Fachprüfung sichert die für den Berufseinstieg erforderliche fachliche Qualität der Berufsangehörigen. Sie ist geeignet, klare und transparente Zugangskriterien zum Anwaltsnotariat zu schaffen. Sie kann deshalb Rechtsstreitigkeiten vermeiden helfen. Sie ermöglicht eine gerechte Bestenauslese. Ich verspreche mir von ihr auch deutlich mehr Chancen für Rechtsanwältinnen, den Notarberuf zu ergreifen, was Not tut. Bisher sind Notarinnen im Anwaltsnotariat deutlich unterrepräsentiert. Die Einführung einer notariellen Fachprüfung ist daher gut. Bei den weiteren Beratungen zu ihrer Ausgestaltung im Einzelnen werden wir aber auch berücksichtigen, dass die Bewerberinnen und Bewerber für den Zugang zum Notaramt die erforderliche Vorbereitung auf den Notarberuf berufsbegleitend während ihrer Anwaltstätigkeit leisten müssen. Die neuen Anforderungen für die notarielle Fachprüfung müssen den Erfordernissen der Praxis entsprechen. Wir wollen Leute, die in der Praxis erfahren sind und gute Arbeit leisten, und wir müssen darauf achten, dass wir nicht diejenigen bevorzugen, die es sich leisten können, sich mit viel Zeit und Geld auf theoretische Prüfungsfragen vorzubereiten. Ich denke, wir sind uns auch darin einig, dass in der notariellen Fachprüfung nur notarspezifische Themen abgefragt werden sollten. Einzelne Anforderungen des Entwurfs können vielleicht reduziert werden. Vier an Stelle von sechs Klausuren wären wohl auch ausreichend. Einen zweiten mir wichtigen Punkt des Gesetzentwurfs möchte ich noch ansprechen. Der Entwurf des Bundesrates hält an der sogenannten örtlichen Wartezeit fest. Örtliche Wartezeit heißt, dass zum Anwaltsnotar nur bestellt werden soll, wer zuvor drei Jahre in dem Ort als Anwalt tätig war, in dem die Notarstelle zu besetzen ist. Die Bundesregierung hat vorgeschlagen, auf eine solche Regelung zu verzichten. Auch auswärtige Bewerber können ohne weiteres leistungsfähig sein. Wir sollten diese Frage im parlamentarischen Verfahren besonders sorgfältig prüfen. Es ist an der Zeit, den Zugang zum Anwaltsnotariat zu modernisieren. Lassen Sie uns eine Regelung aus einem Guss schaffen, die die Qualität der Amtstätigkeit der Anwaltsnotarinnen und Anwaltsnotare auch in der Zukunft sichert und die gleiche Chancen für alle Bewerberinnen und Bewerber gewährleistet. Der Gesetzentwurf des Bundesrates bietet hierfür ein klares und richtiges Regelungsmodell. w n a i A F s i n G G K g w b E g u g e e (C (D Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent urfs auf Drucksache 16/4972 an die in der Tagesordung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es nderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann st die Überweisung so beschlossen. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 13 a bis 13 c auf: a)





(A) )


(B) )

Mechthild Dyckmans (FDP):
Rede ID: ID1616028100




(A) )


(B) )

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1616028200




(A) )


(B) )

Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1616028300
Alfred Hartenbach (SPD):
Rede ID: ID1616028400







(A) )


(B) )

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1616028500
Marieluise Beck (Bremen) und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Die europäische Zukunft Bosniens und Herze-
gowinas

– Drucksachen 16/4796, 16/6313 –

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Rainer Stinner, Michael Link (Heilbronn),
Dr. Karl Addicks, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der FDP

Eigenverantwortung Bosnien-Herzegowinas
stärken – Amt des Hohen Repräsentanten ab-
schaffen – Notstandsrecht international absi-
chern

– Drucksache 16/8541 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)

Verteidigungsausschuss
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

c) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Marieluise Beck (Bremen), Rainder Steenblock,
Dr. Uschi Eid, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Europäische Verantwortung für Bosnien-Her-
zegowina ernst nehmen

– Drucksache 16/9069 –

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die
raktion Bündnis 90/Die Grünen fünf Minuten erhalten
oll. Gibt es Widerspruch? – Das ist nicht der Fall. Dann
st das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erster Red-
erin der Kollegin Marieluise Beck vom Bündnis 90/Die
rünen das Wort.

Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/DIE
RÜNEN):
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Die Deutsch-Bosnische Parlamentarier-
ruppe ist vor einigen Wochen in Bosnien unterwegs ge-
esen. Unsere Eindrücke waren sehr gemischt. Der Auf-
au geht auch nach zwölf Jahren internationalen
ngagements doch nur schleppend voran. Die Zentrifu-
alkräfte sind in diesem kleinen Staat nach wie vor stark,
nd die Institutionen sind äußerst ineffektiv. Das Staats-
ebäude ist in sich so irrational und verschachtelt, dass
s in diesem Land 180 Minister gibt. Da kann man also
twas werden.


(Ute Kumpf [SPD]: Das ist Aufbauhilfe!)







(A) )



(B) )


Marieluise Beck (Bremen)

Dies alles ist nicht eine Folge der Inkompetenz der
Bosnier, sondern das ist eine Folge der Unentschieden-
heit von Dayton. Wir wissen: In Dayton haben die
Kriegsverbrecher mit am Tisch gesessen.


(Michael Brand [CDU/CSU]: So ist es!)


Deswegen sage ich: Die internationale Gemeinschaft ist
nach wie vor verantwortlich für dieses Land.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Sie muss für das, was sie dort zusammengerührt hat, nun
auch die Verantwortung tragen.

Daraus folgt, dass die zeitliche Befristung des OHR,
die wir Jahr für Jahr von neuem vorgenommen haben,
immer falsch gewesen ist. Es ist sehr gut, dass der Peace
Implementation Council mit diesem Unsinn endlich
Schluss gemacht und im Januar 2008 gesagt hat: Wir
führen nicht alle sechs Monate eine Debatte darüber,
wann das OHR geschlossen wird, sodass die qualifizier-
ten Leute weggehen, sondern wir setzen Benchmarks.
Anhand dieser Benchmarks wird entschieden, ob das
OHR weiter bestehen kann und ob die „Bonn Powers“
auch weiterhin gelten bzw. wann dies beendet wird. Ich
sage: Die Benchmark lautet, dass dieses Land eine Ver-
fassung braucht, die demokratischen Standards genügt.

Es gibt Differenzen hinsichtlich dieser Frage. Es gibt
auch eine Fraktion, die es richtig finden würde, wenn das
OHR geschlossen und dem Land die Selbstständigkeit
gegeben wird. Das kann man als gut gemeinte Position
ansehen, aber ich finde, dass es uns doch sehr skeptisch
machen muss, dass in dem Landesteil, in dem vor einiger
Zeit noch damit gedroht wurde, ein Referendum durch-
zuführen, um sich abzuspalten, genau diese Forderung
getragen wird. Dort bekommt man Beifall für die Forde-
rung, das OHR zu schließen. Das sollte uns sehr hellhö-
rig machen, Herr Kollege Stinner.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Michael Brand [CDU/CSU])


Die Benchmark für die OHR-Reform ist eine Verfas-
sungsreform nach europäischen Demokratievorstellun-
gen. Auch wenn es in Bosnien drei konstitutive Völker
gibt, gehört zu den Kriterien der Demokratie, dass alle
Zugang zu allen Ämtern haben müssen und dass das pas-
sive und aktive Wahlrecht für jedermann und jede Frau
gilt. Man kann nicht die ethnischen Zuordnungen, die in
Bosnien in der Verfassung festgelegt sind, ignorieren.

Nach EU-Standards können wir erst dann von einer
EU-fähigen Demokratie sprechen, wenn ein Jude oder
eine Jüdin, ein Rom oder eine Romni oder ein Angehöri-
ger gemischtreligiöser Gruppen, die sich nicht eindeutig
zuordnen können und wollen, weil vielleicht der Vater
kroatischer und die Mutter serbischer Herkunft ist, Zu-
gang zu allen Ämtern bekommt.

Wer über Bosnien spricht, muss in diesen Tagen auch
über Serbien sprechen. Wir waren uns gestern im Aus-
wärtigen Ausschuss darüber einig, dass die Politik der
Europäischen Union, noch einmal sehr deutlich die Ein-
ladung an die serbischen Bürgerinnen und Bürger


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(C (D sprich: Wählerinnen und Wähler – auszusprechen, ichtig ist, aber dass sie insofern am Rande des Erträglihen liegt, als sehr viele der ursprünglich vonseiten der uropäischen Union gestellten Konditionen für die Un erzeichnung des SAA wieder eingesammelt worden ind. (Michael Brand [CDU/CSU]: Gut beobachtet!)


Es ist schwer auszuhalten, dass nach wie vor die For-
erung, die mutmaßlichen Kriegsverbrecher Karadžić
nd Mladić auszuliefern, nicht mehr als Voraussetzung
ür die Unterzeichnung des SAA gilt. Wir sind immer
in Stück weiter zurückgegangen.


(Michael Brand [CDU/CSU]: Das ist ein Skandal!)


ch will das nicht brandmarken; denn die Situation in
erbien ist sehr schwierig. Vielleicht ist es klug und gut,
in Stück zurückzugehen. Aber es ist eine prekäre Strate-
ie. Es wird dann unerträglich, wenn der Termin zur
AA-Unterzeichnung am 26. Mai nicht haltbar ist, weil
ich die Europäische Union aus technischen Gründen
icht in der Lage sieht, die Vorlagen zu übersetzen. Das
eht nicht an.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der FDP – Michael Brand [CDU/CSU]: Das ist ein Armutszeugnis!)


In diesen Tagen wurde Serbien der Verzicht auf Visa-
ebühren für 80 Prozent der Serben angeboten. Die
isaliberalisierung ist gut und richtig. Es soll gereist
erden. Die Menschen sollen sehen, wie westliche De-
okratien und Freiheit funktionieren. Es geht aber nicht

n, das gleichzeitig den Bosniern vorzuenthalten, weil
ie sich sozusagen in politischer Hinsicht nicht schlecht
enug benommen haben.


(Beifall des Abg. Holger Haibach [CDU/ CSU])


Die Botschaft der EU darf nicht lauten: Wer mit extre-
em Nationalismus droht, bekommt zur Belohnung eine
inladung, und die Standards werden gesenkt. Das ist
in Armutszeugnis.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der FDP)


ch bitte das Auswärtige Amt eindringlich, alles zu tun,
m dafür zu sorgen, dass das SAA am 26. Mai unter-
eichnet werden kann. Der Umstand, dass angeblich
echnische Gründe zu einer solchen Ungleichbehandlung
ühren, ist schlichtweg skandalös.

Schönen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1616028600

Das Wort hat der Kollege Holger Haibach von der

DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Holger Haibach (CDU):
Rede ID: ID1616028700

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Polizeiautos mit Blaulicht, eine Menschentraube
vor der Kirche, warmer Beifall. Die Ordensschwes-
ter an der Orgel kämpft um ein „Glory, glory halle-
luja“. Festmesse in Tuzla. Der Limburger Bischof

– gemeint ist Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst –

besucht am Samstag mit Sarajevos Kardinal Vinko
Puljic die ostbosnische Stadt, um drei Dutzend
junge Leute zu firmen. Noch nie, meinen einige Äl-
tere, habe ein ausländischer Bischof die Stadt be-
sucht.

Das berichtet die KNA über den Besuch des Limburger
Bischofs in Bosnien und Herzegowina.

Dieser Bericht ist bezeichnend. Er ist deshalb be-
zeichnend, weil Bosnien-Herzegowina gegenüber den
Nachbarstaaten Kosovo und Serbien – wenn man beide
als Entitäten bezeichnen will – bisweilen ein bisschen in
Vergessenheit zu geraten scheint und die öffentliche De-
batte über diesen doch sehr wichtigen Staat hinweggeht.
Dabei sind die Vorgänge in der direkten Umgebung die-
ses Staates gerade für das sehr fragile Gleichgewicht
zwischen den Ethnien, Entitäten und religiösen Gemein-
schaften in Bosnien-Herzegowina von immenser Wich-
tigkeit.

Es muss klar sein, dass gerade die EU mit ihrem Um-
gang mit Serbien und dem Kosovo dieses Gleichgewicht
stabilisieren oder destabilisieren kann. So hat die Ent-
scheidung – die Kollegin Beck hat schon darauf hinge-
wiesen –, das Abkommen der EU mit Serbien vor dem
mit Bosnien-Herzegowina zu unterzeichnen – und seien
dafür nur technische Gründe verantwortlich –, für ent-
sprechende Reaktionen gesorgt. Einer der führenden Po-
litiker in Bosnien-Herzegowina hat gefragt: Gelten diese
technischen Probleme – diese bestanden übrigens darin,
dass sich die EU nicht in der Lage sah, die Verträge in
alle Sprachen der EU-Staaten zu übersetzen – eigentlich
nicht auch für die Serben? Ich finde, diese Frage ist sehr
berechtigt. Man kann hieran sehen, dass es sich um einen
reinen Vorwand handelt. Ich will das deutlich anmerken.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Insofern bietet die heutige Debatte eine gute Möglich-
keit, sich die Situation in Bosnien-Herzegowina genau
anzuschauen, sie kritisch zu überprüfen und zu kontrol-
lieren, inwieweit die Politik der EU kohärent und zielge-
richtet ausgerichtet ist.

Die beiden vorliegenden Anträge und die Antwort der
Bundesregierung auf die Große Anfrage zeigen deutlich,
wo Defizite bestehen: zu viel Macht in den Händen der
einzelnen Ethnien, kaum ausgebildete föderale Struktu-
ren, Defizite in den Bereichen Polizei und Justiz, man-
gelnde Bereitschaft zur Kooperation untereinander und
vor allem ungenügende oder gar keine Zusammenarbeit
mit dem UN-Tribunal in Den Haag. FDP und Bündnis 90/
Die Grünen geben zwei quasi diametral entgegenge-
setzte Antworten auf die Frage, wie wir mit diesem Pro-

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(C (D lem umgehen sollen. Die FDP betont in ihrem Antrag das zeigt schon der Titel – die Eigenverantwortung osnien-Herzegowinas. Bündnis 90/Die Grünen wollen, ass Europa seine Verantwortung für Bosnien-Herzegoina ernst nimmt. Vieles in dieser Debatte entzündet ich an der Position des Hohen Repräsentanten und Sonerbeauftragten. Die FDP sieht seine Abschaffung als otwendig an und möchte nur noch ein Notstandsrecht nternational absichern. Dagegen will Bündnis 90/Die rünen dessen Position verstetigt sehen, wie Frau Beck ben ausgeführt hat. Bei allem Respekt vor den beiden Anträgen halte ich iese Debatte bis zu einem gewissen Grade – ich bitte, ich nicht falsch zu verstehen – für eine typisch deut che Debatte. Wir diskutieren zu viel über Strukturen. ch weiß, dass hinter Strukturen auch Antworten auf Fraen stecken. Aber ich finde, wir sollten genauer hinchauen, was wir mit den Strukturen erreichen wollen nd welche Philosophie hinter diesen Strukturen steht. onst laufen wir Gefahr, bei der Strukturdebatte stehen u bleiben und nicht wirklich zur Philosophie zu komen. Welches Ziel haben wir denn? Das Ziel muss sein, osnien-Herzegowina zu einem Land zu machen, in em Rechtsstaatlichkeit und Demokratie herrschen und n dem unterschiedliche Ethnien und Religionen friedich miteinander leben können. Vor diesem Hintergrund nd den Verhältnissen, wie sie die Kollegin Beck richtig eschrieben hat, ist es einigermaßen wagemutig, auf den ohen Repräsentanten zu verzichten, wie es die FDP orschlägt, und sozusagen von außen nur dann einzureifen, wenn man sich schon auf halbem Weg zu einem ürgerkrieg befindet. Deshalb können wir diesem An rag nicht nähertreten. Mir ist auch klar, dass vollständies souveränes Handeln nur dann möglich ist, wenn eies Tages diese Position nicht mehr notwendig ist. Aber erade Christian Schwarz-Schilling hat deutlich gezeigt, (Michael Brand [CDU/CSU]: Sehr guter Mann!)


ass man dieses Amt auch so ausüben kann, dass auf der
inen Seite die Eigenständigkeit gewährleistet ist und
ass auf der anderen Seite die „Bonn Powers“ nur die
ltima Ratio sind. Ich hätte mir gewünscht, dass er von
ielen Seiten mehr Unterstützung erfahren hätte, als es
atsächlich der Fall war.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Bündnis 90/Die Grünen betonen in ihrem Antrag die
uropäische Verantwortung; das ist auch richtig. Aber
ir dürfen diejenigen, die vor Ort handeln, nicht aus ih-

er Verantwortung entlassen. Die Position des Hohen
epräsentanten darf sozusagen nicht die Rückfallposi-

ion sein, wenn sich beide Seiten nicht einig werden.
eswegen ist mir eine unendliche Perpetuierung dieser
osition ehrlich gesagt zu viel. Deswegen kann ich die-
em Antrag ebenfalls nicht nähertreten.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1616028800

Erlauben Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Beck?






(A) )



(B) )


Holger Haibach (CDU):
Rede ID: ID1616028900

Mit großer Freude.

Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):

Geschätzter Herr Kollege, Sie haben eben von einer
unendlichen Perpetuierung des OHR gesprochen. Ich
bitte Sie, genau zu sein. Ich habe von Benchmarking ge-
sprochen und davon, dass es dann, wenn das Land eine
demokratische Verfassung hat, an der Zeit ist, den OHR
abzuschaffen.

Darf ich Sie bitten, zur Kenntnis zu nehmen, dass der
verehrte Kollege Schwarz-Schilling vor Ort ständig da-
mit zu kämpfen hatte, dass qualifizierte Leute aus dem
OHR abgewandert sind, weil alle sechs Monate unklar
war, ob das OHR bleiben würde oder nicht? Es war un-
klar, ob es geschlossen würde; dann hat man es nochmals
für einige Zeit verlängert. Das hat zu einer riesigen Inef-
fektivität geführt. Was die Sparsamkeit der Anwendung
betrifft – ich bitte Sie, das zur Kenntnis zu nehmen –,
sind wir vollkommen d’accord.


Holger Haibach (CDU):
Rede ID: ID1616029000

Sehr geehrte Frau Kollegin, ich bin gerne bereit, das

zur Kenntnis zu nehmen, aber ich glaube, dass es neben
einem unbestimmten Mandat, wie es zurzeit besteht, und
einer halbjährlichen Verlängerung noch andere Möglich-
keiten gibt. Man kann sich verschiedene Dinge überle-
gen. Aber dem Mandat in irgendeiner Form gar kein
Ende zu setzen, fördert nicht gerade den Willen aller Be-
teiligten, am Ende selbstständig zu handeln. Das ist das,
was ich ausdrücken wollte.

Die Frage bleibt nach wie vor: Ist die Politik, die die
Europäische Union auf dem Balkan insgesamt betreibt,
sinngerichtet, und zeigt sie wirklich – was wir alle
möchten – diesen Ländern eine europäische Perspektive
auf? Darüber sind wir uns, glaube ich, einig: Wir können
nur dann auf dem Balkan Frieden stiften, wenn diese
Länder eine wirkliche, eine wahrhaftige europäische
Perspektive haben.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Auch das hat die Kollegin Beck meines Erachtens
völlig zu Recht ausgeführt: Es ist ein bedenkliches Si-
gnal, wenn die Europäische Union zu Beginn der Ver-
handlungen Bedingungen aufstellt, die auch für andere
Staaten, die Mitglieder werden wollen, gelten, und dann
Stück für Stück hinter diese Bedingungen zurückfällt.
Ich glaube, dass das ein schwieriges Zeichen ist, und ich
halte das allein um ihrer Glaubwürdigkeit willen für ex-
trem problematisch. Eines muss vollkommen klar sein:
Die allerletzte Reißlinie ist die Verfolgung von Kriegs-
verbrechen und die Zusammenarbeit mit dem UN-Tribu-
nal. Jede Lösung, sei es eine in Bezug auf Serbien oder
auf Bosnien-Herzegowina, die das nicht berücksichtigt,
ist ein Rückschlag für die gesamte EU.


(Beifall bei der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D Es bleibt wichtig, festzustellen, dass es trotz aller idrigkeiten durchaus Hoffnung auf ein friedliches Zu ammenleben in Bosnien-Herzegowina gibt und dass die U gerade solche Initiativen fördern sollte, die das zum iel haben. Ich möchte zum Bericht der KNA und dem Besuch on Bischof Tebartz-van Elst zurückkommen. Besonders beeindruckt zeigt sich der Gast aus Limburg von der „Europa-Schule“ des Bistums. 1 200 Schüler besuchen Volksschule, Gymnasium oder Krankenschwesternschule. Schwester Davorka Saric berichtet, 45 Prozent davon seinen katholisch, der Rest orthodox oder muslimisch. In einem Klassenraum holt die stellvertretende Schulleiterin Bibel, Talmud und Koran aus dem Regal. „Die Kinder achten sich. Sie sind vernünftiger als die Erwachsenen.“ Das ist ein Signal der Hoffnung. Aber – so heißt es eiter –: Die Schule, berichtet Generalvikar Mato Zovkic, bekommt … keine EU-Gelder. arin liegt – vielleicht manchmal mehr als in den großen ragen – ein Teil des Problems. Herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1616029100

Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Rainer Stinner von

er FDP-Fraktion.


Dr. Rainer Stinner (FDP):
Rede ID: ID1616029200

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

err Präsident, erlauben Sie mir, dass ich den Botschaf-
er von Bosnien-Herzegowina heute Abend sehr herzlich
uf der Tribüne begrüße. Er wird uns in 14 Tagen verlas-
en. Herr Botschafter, ich danke Ihnen für Ihre Tätigkeit
n diesem Land und wünsche Ihnen für Ihre Zukunft und
ür Ihr Land alles Gute im Namen des ganzen Hauses.


(Beifall)


err Präsident, ich hoffe, ich durfte das tun.

„Wehe dem Staat, der Diplomaten in die Hände fällt.“
o hat die FAZ die Entscheidung des PIC im Februar die-
es Jahres kommentiert, zum zweiten Mal entgegen den
rsprünglichen Planungen das Mandat des OHR zu ver-
ängern, und dieses Mal, wie Frau Beck gesagt hat, ohne
eitliche Begrenzung, aber mit Bedingungen verbunden,
ie sehr einschränkend sind. Wenn jetzt gesagt wird, der
HR werde erst nach der Verfassungsdebatte abziehen
önnen, dann können wir, verehrte Frau Beck, noch min-
estens drei bis vier Jahre warten. Vorher wird das
ichts. Ich glaube, das wissen wir alle.


(Marieluise Beck [Bremen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Besser als Krieg!)


Diese Beschreibung der FAZ ist sicherlich etwas
ointiert – das will ich zugeben –, aber sie zeigt






(A) )



(B) )


Dr. Rainer Stinner
einigermaßen, wie erratisch, phantasielos und konzep-
tionslos die europäische Balkan-Politik eigentlich ist.

Hier komme ich zum OHR. Gleichwohl ist es richtig:
Am Anfang hatte es eine wichtige Funktion, aber nach
13 Jahren – selbst wenn das OHR von Anfang an blen-
dend funktioniert und vieles gebracht hätte; vieles hat es
ja gebracht – ist ein solches Instrument natürlich ver-
braucht.

Jetzt haben wir etwas Zusätzliches: Wir stehen davor
– Sie haben alles Notwendige gesagt, liebe Frau Kolle-
gin Beck –, dass Bosnien das SAA-Abkommen, das
heißt einen gesicherten und klaren Pfad in Richtung
Europa hoffentlich am 26. Mai unterzeichnet.


(Michael Brand [CDU/CSU]: Das ist mehr als fraglich!)


Wir glauben allerdings immer noch, dass wir das OHR
brauchen. Das ist ein Oktroi im Hinblick auf Europa und
ein weiterer Grund, das OHR abzuschaffen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir waren vor we-
nigen Wochen bei Herrn Lajčák persönlich. Herr Lajčák
hat selber gesagt, er messe die Zeitdauer seines Manda-
tes in Monaten und nicht in Jahren. Das heißt, sehr ver-
ehrter Herr Haibach, ich bin sehr gespannt, ob Sie als
Regierungsfraktion die Bundesregierung dazu bewegen
können, gegen das OHR zu stimmen und es weiterbeste-
hen zu lassen, wenn mit Zustimmung des Peace Imple-
mentation Councils das OHR zum Jahresende geschlos-
sen wird.


(Michael Brand [CDU/CSU]: Was soll Herr Lajčák auch anderes sagen?)


Das ist nicht realistisch.

Das OHR wird am Ende des Jahres, spätestens im
nächsten Frühjahr, nicht mehr da sein. Deshalb ist es
richtig, heute hier eine realistische Einschätzung abzuge-
ben. Deshalb ist unsere Forderung nach meinem Dafür-
halten konsequent, und deshalb können wir Ihrem An-
trag, liebe Frau Beck, auch nicht zustimmen, so viel
Gutes auch in ihm steht.

In unserem Antrag haben wir – das hat Herr Haibach
gesagt – eine weitere, wie ich finde, kreative Idee. Denn
in der Tat gibt es Befürchtungen, dass es wieder zu
kämpferischen Handlungen kommen kann. Deutschland
hat zwischen 1952 und 1968 ein solches Eingriffsrecht
ohne große Probleme „erdulden“ müssen. Ich glaube,
das könnte ein Referenzpunkt sein.


(Michael Brand [CDU/CSU]: Wenn das OHR weg ist, ist es weg!)


Wir alle wissen: Die Polizeireform ist ein wesentli-
cher Prüfstein gewesen – und sie ist es immer noch – für
das, was in Bosnien-Herzegowina passiert. Meines Er-
achtens hat die internationale Gemeinschaft hier sehr un-
glücklich agiert. Erstens. Die Reihenfolge Polizeireform
vor Verfassung ist völlig falsch. Wir hätten uns zuerst
mit der Verfassung und dann darauf aufbauend mit einer
Polizeireform beschäftigen müssen.

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(C (D Zweitens. Es gibt keine gemeinsame europäische olizeikultur und -philosophie. In Finnland ist die Polizei ehr zentralistisch aufgebaut, in Deutschland hingegen ehr föderal. Jetzt haben wir den Bosniern die Aufgabe bertragen, die Polizei entsprechend zu reformieren. (Michael Brand [CDU/CSU]: Aber in der Republik Srpska haben wir Kriegsverbrecher, die in der Polizei aktiv sind!)


Das ist sicherlich richtig, sehr geehrter Herr Kollege
rand, aber es gibt keine gemeinsame europäische Poli-
eikultur. Es gibt kein einheitliches europäisches Poli-
eimodell, sondern sehr viele verschiedene.

Drittens. Um des lieben Friedens willen hat die Euro-
äische Union zunächst einmal hohe Hürden aufgebaut,
nd um des lieben Friedens willen – und um einige Fort-
chritte zu zeigen – hat man jetzt – das haben uns die
ollegen in Bosnien-Herzegowina letzte Woche berich-

et – die Kriterien so weit gesenkt, dass der Schritt zum
AA gemacht werden kann. Auch das ist unlogisch und
icht besonders glücklich. Das erhöht nicht gerade die
laubwürdigkeit der Europäischen Union.

Von daher sage ich hinsichtlich der Polizeireform:
er Rahmen muss von Europa gesetzt werden. Wie die
olizei organisiert wird, ist am Ende des Tages Sache
on Bosnien-Herzegowina.

Es geht uns darum, dass wir Bosnien-Herzegowina
uropafähig machen. Dafür sollen wir Rahmenbedingun-
en fordern, etwa Rechtsstaatlichkeit oder die Gleichbe-
andlung aller Bürger in diesem Land; keine Frage. Aber
ie das im Land im Einzelnen organisiert wird, ist Sache
er Bürger des Landes Bosnien-Herzegowina.

Damit komme ich abschließend kurz zur Verfassung.
ie haben völlig recht und wir sind einer Meinung:
3 Jahre nach Dayton ist es dringend überfällig, dass wir
ie Verfassung entsprechend ändern und fortschreiben.
iesen Prozess können wir als Europäer auch nur beglei-

en und unterstützen. Wir sollten diesen Prozess aller-
ings nicht gestalten.

Liebe Frau Beck, hier liegt wohl der einzige Unter-
chied zwischen uns. Wir wehren uns gegen ein Mikro-
anagement der Europäischen Union und dagegen, dass
ir sagen, wie sie es machen sollen. Wir wollen den
ahmen setzen, aber wie die Gesellschaft dieses Landes

hre Dinge in diesem rechtsstaatlichen Rahmen gestaltet,
st ihre Aufgabe.

Daher sage ich abschließend: Trotz der Meinungsun-
erschiede zwischen uns, die heute deutlich geworden
ind, sind sich der Bundestag und die hier vertretenen
arteien in der Unterstützung Bosnien-Herzegowinas
uf dem Weg nach Europa einig. Wir sagen: Die Tür zu
uropa steht offen. Die Gesellschaft Bosnien-Herzego-
inas muss den Weg durch diese geöffnete Tür aller-
ings selber gehen.

Schönen Dank.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1616029300

Das Wort hat jetzt der Kollege Detlef Dzembritzki

von der SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Detlef Dzembritzki (SPD):
Rede ID: ID1616029400

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Einer meiner Vor-

redner hatte eben gesagt – ich habe es nicht mehr ganz
zuordnen können –, dass wir eine typisch deutsche De-
batte führen.


(Zustimmung des Abg. Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD])


Ich stimme dem zu, weil ein wenig die Gefahr besteht,
dass wir schon wieder in die Situation kommen oder den
Eindruck erwecken, von unserer Seite aus sollten Rege-
lungsmechanismen erfunden werden, um die Probleme
in Bosnien-Herzegowina zu lösen. Meines Erachtens gilt
dies auch ein Stück weit für die Europäische Union, ob-
wohl all das, was hier an Perspektive und Hoffnung for-
muliert worden ist, grundsätzlich richtig ist und auch
von mir unterstützt wird.

Wenn hier immer wieder von den „Bonn Powers“ ge-
sprochen wird, dann will ich für die Zuhörerinnen und
Zuhörer, die in die Thematik nicht so gut eingeführt
sind, zumindest einmal den Versuch unternehmen, da-
rauf hinzuweisen, dass es sich hierbei um eine Opera-
tionskompetenz des Hohen Repräsentanten der interna-
tionalen Gemeinschaft handelt. Die „Bonn Powers“
ermöglichen, in die Regierungsgeschäfte von Bosnien-
Herzegowina einzugreifen.

Darin liegt nun tatsächlich ein Problem. Ich erinnere
in diesem Zusammenhang daran, dass wir im Dezem-
ber 2003 einmal den Versuch unternommen haben, auf
europäischer Ebene Fortschritte zu erreichen, und zwar
unter Beteiligung von Politikerinnen und Politikern aus
Ländern, die wirklich gute Beziehungen dorthin haben.
Ich denke an den ehemaligen Außenminister Geremek
von Polen, aber auch an Kollegen aus dem Europaparla-
ment – seien sie von der Volkspartei, von den Sozialde-
mokraten oder von den Liberalen – und an Kollegen aus
diesem Haus. Herr Dr. Stinner und andere Kollegen ha-
ben am 16. Dezember 2003 eine gemeinsame Erklärung
zum Friedensprozess in Bosnien und Herzegowina
– Stichwort „Dayton überwinden“ – mit unterschrieben.

Eigentlich haben wir uns bemüht, den zehnten Jahres-
tag zu nutzen, um neue Impulse zu geben. Wenn man
sich die Leitlinien dieser Erklärung vor Augen führt, die
wir damals gemeinsam auf europäischer Ebene einge-
bracht haben, dann muss man feststellen, dass fünf Jahre
später leider immer noch gilt: Das friedliche Zusammen-
leben der verschiedenen Gruppen ist nach wie vor ge-
fährdet. Der für die wirtschaftliche und politische Ent-
wicklung notwendige Gesamtstaat ist zu schwach. Die
Rolle der internationalen Gemeinschaft ist zunehmend
ambivalent. Resignation und Stagnation sowie das
wachsende Armutsproblem untergraben die noch schwa-
chen Fundamente des Friedens. Die Konstruktion von
Dayton ist an ihrer Grenze angelangt.

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(C (D Ich sage dies wohl wissend, liebe Kolleginnen und ollegen, (Marieluise Beck [Bremen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das war falsch!)


ass damals diejenigen Diplomaten waren, lieber Kol-
ege Dr. Stinner, die, wie wir schon so häufig festgestellt
aben, zumindest in der entscheidenden Sekunde Krieg,
ertreibung und Verbrechen beendet haben. Deswegen
ollten wir hier mit dem Begriff „Diplomaten“ – Sie ha-
en es zitiert; es war nicht Ihre eigene Aussage, sondern
ie der Frankfurter Allgemeinen Zeitung – etwas vor-
ichtiger umgehen und zuerst einmal Respekt dafür be-
unden, dass sie versuchen, etwas zu leisten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Michael Brand [CDU/CSU]: An Dayton klebt das Blut von Milošević!)


Trotzdem muss man in Rechnung stellen, dass es
ierbei Probleme gibt, die zum Teil obskuren Charakter
aben. Ich freue mich, dass der Botschafter von Bos-
ien-Herzegowina hier ist. Ich weiß, dass in Bosnien-
erzegowina viele bemüht sind, die Dinge besser zu ge-

talten und voranzubringen, und dass dies ein schwerer
eg ist.

Wir müssen auch von hier aus dem Botschafter die
otschaft mitgeben, dass im Lande selbst die sogenann-

en Entitäten, die einzelnen Verantwortungsträgerinnen
nd -träger, ein hohes Maß an Verantwortung dafür ha-
en,


(Beifall des Abg. Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD])


ass der Dayton-Prozess in Bosnien-Herzegowina über-
unden wird.


(Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Aber es ist und bleibt ein Prozess. Deswegen, lieber
ollege Dr. Stinner, bin ich ein bisschen skeptisch, ob
er Antrag, den Sie eingebracht haben, nicht so etwas
ie das Ei des Kolumbus darstellt. Sie wissen ja, dass
em Ei des Kolumbus der Kopf abgeschlagen wurde, da-
it es stehen konnte. Insofern bin ich ein wenig in
orge, ob das die Lösung ist. Ich glaube nämlich, dass
hr Notstandsprogramm dann, wenn es nicht funktionie-
en sollte, sehr problematisch wird. Dennoch besteht
offnung. Möglicherweise schafft es der derzeitige
ohe Repräsentant, die Zeit zu nutzen, um daraus ein
onatsprogramm zu machen. Aber dazu ist ein Prozess

otwendig.


(Michael Brand [CDU/CSU]: Das zeigt doch das Dilemma der Befristung!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe eben noch
inmal unseren Staatsminister bezüglich der Sprachen
efragt. Liebe Kollegin Beck, was Sie dazu sagten, ist
inerseits richtig. Andererseits ist hier auch auf die be-
ondere Situation hinzuweisen. Das richtet sich insbe-
ondere an die Adresse unserer Freunde in Bosnien-Her-
egowina. Wenn diese zum Beispiel darauf bestehen,
ass die Europäische Union für Übersetzungen in ihre






(A) )



(B) )


Detlef Dzembritzki
drei Sprachen sorgt, dann kommt es ein Stück weit zu ei-
ner Situation, die wir zumindest als merkwürdig empfin-
den. Meinetwegen sollen Übersetzungen stattfinden.


(Marieluise Beck [Bremen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Daran sollen die schuld sein? Das kann doch nicht wirklich Ihr Ernst sein! – Michael Brand [CDU/CSU]: Das liegt an der fehlenden Verfassung!)


– Liebe Kollegin, ich möchte damit doch nur aufzeigen,
wie schwer bzw. leicht – je nachdem, wie Sie es sehen
wollen – es sich die Verantwortlichen in Bosnien-Herze-
gowina machen.


(Michael Brand [CDU/CSU]: Wenn man ihnen Beton an die Füße bindet, dann laufen sie schwerer!)


– Liebe Leute, seid doch einmal etwas kreativer und
überwindet den Rahmen, der gesetzt ist, und geht etwas
unkonventioneller an die Sache heran. Wir können doch
von ihnen Flexibilität verlangen, wenn sie Flexibilität
von der EU verlangen.

An dieser Stelle erlaube ich mir den Hinweis, dass sie
auch selber dafür Verantwortung tragen, einen Rege-
lungsmechanismus im eigenen Land aufzubauen, in des-
sen Folge sie sich nicht immer wieder selbst im Wege
stehen. Manches könnte schon längst zur Normalität ge-
worden sein, wenn die Realitäten als solche akzeptiert
würden. Ich halte es jedoch für problematisch, wenn auf-
grund des Festhaltens an den bestehenden Konstruktio-
nen von Entitäten oder aus Prestigegründen letztendlich
der Raum für eigenes flexibles Handeln immer wieder
eingeschränkt wird und der eigene Wille nicht stark ge-
nug ist, um sich eine eigene Verfassung zu geben. Es ist
doch ganz klar, dass diese im Land selbst erarbeitet wer-
den muss. Letztendlich entsteht aus all dem Ungeduld.

Ich halte es auch nicht für fair, wenn Serbien und
Bosnien-Herzegowina verglichen werden. Die Serben
haben doch keinen Freibrief bekommen, indem ihnen
angeboten wurde, das SAA-Abkommen abzuschließen.


(Michael Brand [CDU/CSU]: Wo ist denn Herr Mladic?)


– Wo ist denn Herr Karadzic? Auch der internationalen
Gemeinschaft kommt in diesem Fall hohe Verantwor-
tung zu. Zumindest haben die Serben ihren Staatschef
Milošević ausgeliefert.


(Beifall bei der SPD)


Ich will hier jetzt gar nicht anfangen, zu richten. Ich will,
dass Mladic ausgeliefert wird. Aber Ihr Zwischenruf, lie-
ber Kollege Brand, macht deutlich, dass wir es uns nicht
zu einfach machen dürfen. Wenn zum Beispiel die serbi-
sche Regierung nicht bereit ist, mit dem Internationalen
Strafgerichtshof zusammenzuarbeiten, dann wird auch
der Mechanismus des SAA-Abkommens nicht greifen.


(Michael Brand [CDU/CSU]: Mladic ist doch in den Straßen von Belgrad gelaufen!)



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(C (D Aber Leute! Ich denke, dass solche Hinweise zu kurz reifen, weil so der Verdacht aufkommen könnte, dass ir unterschiedliche Positionen vertreten. (Michael Brand [CDU/CSU]: Ich habe den Verdacht der Beschwichtigung!)


s steht doch fest, dass Kriegsverbrecher ohne Wenn
nd Aber ausgeliefert werden müssen.


(Beifall bei der SPD)


iese Position wurde auch von der Europäischen Union
icht aufgegeben.

Von Bosnien-Herzegowina muss und kann man er-
arten, dass es, wenn Dayton überwunden werden soll,
icht nur abwartet, was die EU macht, sondern auch
urch eigenes Zutun im Lande seinen Beitrag leistet.
anchmal habe ich den Eindruck, dass einige Verant-
ortungsträger in den Entitäten sich so gut eingerichtet
aben, dass sie im Grunde wenig Interesse an der Verän-
erung des bestehenden Status haben und dass die jun-
en Leute, die ja keine Chance auf ein visafreies Reisen
aben und nicht erleben können, wie eine Entwicklung
n Freiheit aussehen kann – das bedauere ich zutiefst –,
lauben, dass nicht das Problem der fehlenden Freiheit,
ondern die Probleme in ihrem Land die grundsätzlichen
ind.

Ich halte es deshalb für dringend notwendig, dass in
ezug auf die Überwindung der bestehenden Entitäten
nd der Parallelstrukturen mehr geschieht als bisher.
ier kann ich grundsätzlich die Aussagen der Kollegin
eck bezüglich des Zugangs zu öffentlichen Ämtern
sw. unterschreiben. Dieser Zugang ist im Augenblick
icht in der Form gewährleistet, wie wir ihn in Europa
ls Standard kennen.

Um Dayton zu überwinden, müsste all das in einer
erfassung geregelt werden. Nur darin sehe ich eine
hance für die Zukunft.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1616029500

Herr Kollege Dzembritzki, erlauben Sie am Ende Ih-

er Rede noch eine Zwischenfrage der Kollegin Beck?


Detlef Dzembritzki (SPD):
Rede ID: ID1616029600

Wenn die Kolleginnen und Kollegen mir das nicht

bel nehmen, bitte, Frau Kollegin.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1616029700

Das werden sie nicht tun, wenn die Zwischenfrage

nd die Antwort kurz ausfallen.

Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/DIE
RÜNEN):
Herr Kollege Dzembritzki, sind Sie bereit, zur Kennt-

is zu nehmen, dass wir von diesem Parlament aus etwas
ur Beantwortung der Frage, wo Herr Mladic ist, beitra-
en könnten? Es ist bekannt, dass Herr Mladic Diabeti-
er ist und ständige medizinische Begleitung braucht. Es
st auch bekannt, dass es mitten in Belgrad ein großes






(A) )



(B) )


Marieluise Beck (Bremen)

Areal gibt, auf dem sich ein Armeeklinikum befindet.
Wenn man nun zwei und zwei zusammenzählt, sollte es
für eine Regierung, die Herrn Mladic wirklich finden
will, ein Leichtes sein, ihn zu finden.


Detlef Dzembritzki (SPD):
Rede ID: ID1616029800

Frau Kollegin, ich kann nur noch einmal deutlich un-

terstreichen, dass ich hundertprozentig der Meinung bin,
dass Herr Mladic vor den Internationalen Gerichtshof
gehört und dass jeder Hinweis auf seinen Aufenthaltsort
aufgegriffen werden sollte. Andererseits bin ich der Mei-
nung, dass wir dann, wenn sich in Serbien Kräfte durch-
setzen sollten, die ihre Kampagne auf eine europaun-
freundliche Politik ausrichten – ich formuliere es sehr
vorsichtig –, wahrscheinlich noch weniger Chancen hät-
ten, Herrn Mladic vor dem Internationalen Gerichtshof
zu sehen.


(Beifall des Abg. Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD])


Die Unterstützung der europafreundlichen Kräfte ist also
ganz wichtig, um nicht nur in diesem Land, sondern
auch in Europa zu einem Rechtsfrieden zu kommen.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Rainer Stinner [FDP])



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1616029900

Als letzter Redner hat der Kollege Wolfgang Gehrcke

von der Fraktion Die Linke das Wort.


(Beifall bei der LINKEN)



Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616030000

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich

beginne mit einer kleinen Polemik. Das brauche ich; an-
derenfalls fehlte mir etwas, Kollege Stinner. Es gehört ja
auch zum Ritual. Sie haben amüsant die FAZ zitiert:
Wehe dem Land, das Diplomaten in die Hände fällt. Es
ist nicht unbedingt meine Aufgabe, den deutschen diplo-
matischen Dienst zu verteidigen. Mir läge näher, zu sa-
gen: Wehe dem Land, das Militärs in die Hände fällt.
Dann hätten wir es gleich ausgeglichen.


(Marieluise Beck [Bremen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Am 8. Mai sollte man mit einer solchen allgemeinen Aussage ein bisschen vorsichtiger sein!)


Möglicherweise gibt es friedfertige Militärs und ver-
nünftige Diplomaten.

Mir ist wichtig, in dieser Debatte festzuhalten, dass
man an dem Ziel eines souveränen, sich selbst bestim-
menden Staates Bosnien-Herzegowina festhält und dass
man das, was man von unserem Land und von Europa
aus tun kann, in diese Richtung unternimmt. Gleichzeitig
muss uns klar sein, dass ein Staat nur dann Bestand hat
und stabil ist, wenn die dort lebenden Menschen diesen
Staat wollen. Deswegen ist es vor allen Dingen ihr Pro-
blem. Die Menschen werden einen Staat dann wollen,
wenn er ihnen Schutzfunktionen, Rechtsstaatlichkeit,
Demokratie und soziale Sicherheit angedeihen lässt. Da-
mit überzeugt man Menschen für einen Staat. Dies zu

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(C (D nterstützen, könnte eine vernünftige Linie der deutchen Politik sein. Leider muss man Entscheidungen immer in Raum nd Zeit treffen. Wir sollten daher nichts unternehmen, as eine Stabilisierung auf dem Balkan zusätzlich ge ährdet. Dies halte ich im Moment für das größte Prolem. Natürlich darf nach meinen Vorstellungen und deen der Linken in keinem Staat eine Aufteilung von acht und Recht nach Ethnien erfolgen. Das darf keine erfassung bestimmen. (Marieluise Beck [Bremen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Jetzt kommt das Aber!)


(Beifall bei der LINKEN)

ber ich habe die Sorge, dass wir erneut in einen Pro-

ess der Destabilisierung hineingeraten. Deswegen halte
ch den Vorschlag der FDP gerade zum jetzigen Zeit-
unkt für ungeeignet. Ich bin dafür, dass das Mandat des
ohen Repräsentanten verlängert wird und dass man mit
iesem Mandat weiterarbeitet, obwohl ich anfangs eine
ndere Zielprojektion hatte.

Ich sage Ihnen eines erneut: Die Kosovo-Entschei-
ung wird ihren Preis haben und, wie ich befürchte, in
er gesamten Region destabilisierend wirken. Ich habe
elesen, dass der Exbundeskanzler Schröder diese Ent-
cheidung für falsch und verfrüht hält. Daran sieht man,
ass es mehr Leute gibt, die sich darüber einen Kopf ma-
hen.


(Michael Brand [CDU/CSU]: Das ist halt ein lupenreiner Demokrat! Guter Zeuge!)


Es wurde von den Wahlen in Serbien gesprochen. Ich
in sehr skeptisch, ob die Entscheidung der Europäi-
chen Union in dem gewünschten Sinne Einfluss auf die
ahlen in Serbien haben oder das Gegenteil befördern
ird, weil dort der Eindruck, man solle gekauft werden,

ehr stark ist. Auch darüber ist nachzudenken: Was ma-
hen wir denn, wenn die Wahlen in Serbien ganz anders
usgehen, als wir es uns vielleicht wünschen? Welche
uswirkungen wird dies auf die Nachbarländer haben?
ielleicht ist es im Moment vernünftig, einen uner-
ünschten Zustand einzufrieren, weil ein eingefrorener
ustand berechenbarer als ein Zustand ist, der wieder in
ewaltsamen Auseinandersetzungen eskalieren kann.

Aus diesem Grunde – nicht, weil ich den Zustand für
deal hielte – glaube ich, im Moment ist es besser, beim
mt des Hohen Repräsentanten zu bleiben und hier
eine Veränderungen vorzunehmen. Die Europäische
nion sollte ihrerseits all das, was sie Serbien angeboten
at, auch Bosnien-Herzegowina anbieten – statt es mit
ummen Argumenten in der Art, dass man eine Überset-
ung nicht hinbekomme, zu verweigern – und in Bezug
uf freien Reiseverkehr, Austausch und kulturelle Ko-
peration alle Türen öffnen. Das ist menschlich und ver-
ünftig. In diese Richtung kann man ein Stück Politik
ntwickeln.

Meine Sorgen sehen Sie mir bitte nach. Ich hoffe,
ass ich durch die Realität nicht bestätigt werde; aber es
ieht leider so aus.

Danke sehr.

(Beifall bei der LINKEN)







(A) )



(B) )


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1616030100

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 16/8541 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist das so beschlos-
sen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 16/9069
mit dem Titel „Europäische Verantwortung für Bosnien-
Herzegowina ernst nehmen“. Wer stimmt für den An-
trag? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Antrag
ist mit den Stimmen aller Fraktionen bei Zustimmung
der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen abgelehnt.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 16 auf:

Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergän-
zung der Bekämpfung der Geldwäsche und

(Geldwäschebekämpfungsergänzungsgesetz – GwBekErgG)


– Drucksachen 16/9038, 16/9080 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Rechtsausschuss
Finanzausschuss

Hier sollen die Reden zu Protokoll genommen wer-
den. Es handelt sich um die Reden der Kollegen Helmut
Brandt, CDU/CSU, Frank Hofmann, SPD, Gisela Piltz,
FDP, Ulla Jelpke, Die Linke, und Wolfgang Wieland,
Bündnis 90/Die Grünen.


Helmut Brandt (CDU):
Rede ID: ID1616030200

Heute diskutieren wir in erster Lesung den Entwurf des

Gesetzes zur Ergänzung der Bekämpfung der Geldwä-
sche und der Terrorismusfinanzierung. Grundlagen für
die Gesetzesinitiative sind das am 15. August 2002 in
Kraft getretene Geldwäschebekämpfungsgesetz und die
Richtlinien des Europäischen Parlamentes und des Rates
sowie der Kommission aus den Jahren 2005 und 2006.
Diese Richtlinien sind nunmehr umzusetzen und bilden
den Rahmen für das Ergänzungsgesetz.

Die Bedeutung der Bekämpfung der Geldwäsche und
der Terrorismusfinanzierung hat in den letzten Jahren
nicht abgenommen, sondern im Gegenteil zugenommen.
Die Änderung des bestehenden Geldwäschegesetzes mit-
tels der Umsetzung der entsprechenden Richtlinien
bedeutet die notwendige Anpassung an die sich verän-
dernden Gegebenheiten. Terroristen, aber auch die orga-
nisierte Kriminalität sind auf weltweite Geldflüsse ange-
wiesen, um ihr verbrecherisches Tun zu finanzieren und
das gewonnene Kapital zu platzieren. Gelingt es mithin,
die Geldwäsche wirksam zu bekämpfen und den weltwei-
ten Finanzfluss zur Finanzierung des Terrorismus einzu-
dämmen, so würde dies einen bedeutenden Schritt zur Be-
kämpfung dieses Kriminalitätsfeldes darstellen und
zudem das organisierte Verbrechen empfindlich treffen.

Zu Recht bemüht sich der Gesetzesentwurf, möglichst
eine von uns gewünschte Eins-zu-eins-Umsetzung der

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(C (D ichtlinien vorzunehmen. Dies ist angesichts der vielen nterschiedlichen Positionen und Interessen schon allein uf europäischer Ebene keineswegs eine einfache Aufabe, die aber durch den vorliegenden Gesetzentwurf im esentlichen gelungen ist. Dabei ist zu berücksichtigen, ass im Zuge der geplanten Novellierung eine Vielzahl on Gesetzen einer Änderung bedürfen. Zu nennen sind ier die notwendige Änderung des Straftatbestandes der eldwäsche in § 261 StGB, Änderungen im Kreditwesenesetz, KWG, Änderungen im Versicherungsaufsichtsgeetz,VAG, Folgeänderungen im Zollverwaltungsgesetz, ollVG, und Änderungen des Investmentgesetzes, InvG. Geldwäsche, das sind all die Methoden und Handlunen, die dem Einschleusen von illegal erworbenem Geld der anderen gleichwertigen Vermögenswerten in den lealen Finanzund Wirtschaftskreislauf dienen und leichzeitig verhindern, die tatsächliche Herkunft der ermögenswerte aufzudecken. Betrachtet man diese Deinition und bedenkt man, dass eine kaum in Zahlen zu assende Menge von entsprechenden Transaktionen poenziell unter diese Definition fallen, so wird deutlich, ass die Bedeutung der Maßnahme unbestritten ist, die irksame Durchführung aber einen erheblichen Aufwand edeutet. Die augenblickliche Sicherheitslage – sowohl global ls auch national betrachtet – zwingt uns aber, die entprechenden Maßnahmen zu treffen. Nach wie vor steht eutschland und stehen auch die anderen europäischen änder ebenso wie die USA im Fokus der Bedrohung urch den Terrorismus. Nach wie vor steigt auch die Geahr durch die organisierte Kriminalität. Diese Gefahren echtfertigen die vorgesehenen Ergänzungen der besteenden Gesetze. Sie sind notwendig und müssen auch von en von der Umsetzung Betroffenen als notwendig erannt werden. Dieser zweite Aspekt ist deshalb besonders ichtig, weil es an der Aufmerksamkeit und an der Geauigkeit der Durchführung der Maßnahmen liegt, wie rfolgreich letztlich die Bekämpfung insbesondere des errorismus ist. Durch das Gesetzesvorhaben ist auch das Ziel erreicht orden, klare und übersichtliche Regelungsstrukturen zu chaffen. Man mag dabei bedauern, dass es neben dem eldwäschegesetz auch notwendige Anpassungen und uslagerungen insbesondere in das Kreditwesenund in as Versicherungsaufsichtsgesetz gibt. Dies lässt sich ber aufgrund der Gesetzessystematik in Deutschland ach meiner Auffassung nicht verhindern. Die CDU/ SU-Fraktion geht nach den Erfahrungen mit dem bishe igen Geldwäschegesetz davon aus, dass es nicht zu chwierigkeiten bei der praktischen Rechtsanwendung ührt, da diejenigen, an die sich das Gesetz wendet, auch etzt bereits sowohl mit dem Kreditwesengesetz wie auch it dem Versicherungsaufsichtsgesetz umzugehen versteen und gewöhnt sind, die dortigen gesetzlichen Grundagen zu beachten und umzusetzen. Soweit dies zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt schon öglich ist, halten sich die Kosten für die Umsetzung in renzen. Der mit dem Gesetz beschäftigte Normenkon rollrat hat insoweit keine Bedenken erhoben und ist von der Einschätzung der Bundesregierung nicht abgewichen. Zusammenfassend ist mithin zu betonen, dass diese Gesetzesergänzung und Erweiterung notwendig ist und im Kampf gegen die organisierte Kriminalität und den weltweit agierenden Terrorismus Erfolg verspricht und zwar im Wesentlichen durch folgende Maßnahmen: erstens durch die Ausweitung weiterer zur Geldwäschebekämpfung bereits bestehender Instrumente auf die Bekämpfung des Terrorismus und seiner Finanzierung, zweitens durch die Verstärkung von Sorgfaltspflichten und die bessere Differenzierung nach der Risikoträchtigkeit von Transaktionen, drittens durch eine Neudefinition der tatsächlich hinter den Transaktionen stehenden Personen – Stichwort „wirtschaftliche Eigentümer“ – und viertens durch die Möglichkeit für den Verpflichteten, die sich für ihn aus dem Gesetz ergebende Verpflichtung zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten auch auf einen Dritten zu übertragen. Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens wird man sicherlich noch zu Optimierungen kommen auch unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Bundesrates in seiner Sitzung vom 25. April 2008. Ich sehe niemanden, der sich grundsätzlich gegen die Optimierung durch das Geldwäschebekämpfungsergänzungsgesetz ausspricht. Ich freue mich deshalb auf eine angeregte Diskussion. In erster Lesung beraten wir den Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Ergänzung der Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung. Durch die Richtlinie 2005/60/EG und die Richtlinie 2006/70/EG sind die Grundlagen für die nationalen Gesetzgebungen zur Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung umstrukturiert und erweitert worden. Ziel des Gesetzentwurfs ist die Umsetzung der Vorgaben dieser Richtlinien in nationales Recht. Durch die Neufassung des Geldwäschegesetzes und durch Änderungen des Kreditwesengesetzes, des Versicherungsaufsichtsgesetzes und des Strafgesetzbuches werden die zur Geldwäschebekämpfung entwickelten Instrumente auch auf die Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung erstreckt. Nach alledem, was wir bisher über den internationalen Terrorismus wissen, finanziert er sich sowohl aus legalen als auch aus illegalen Quellen. Phänomenologisch liegt damit sowohl Geldwäsche, also die Umwandlung von illegalem Geld in legales Geld, als auch umgekehrte Geldwäsche vor, also die Umwandlung von Geld aus legalen Quellen zur Finanzierung terroristischer Zwecke. Die Finanzierung des internationalen Terrorismus ist international und global angelegt und kann deshalb auch nur international und global bekämpft werden und nicht nur von einzelnen Staaten. Es ist deshalb richtig, einen EU-Bekämpfungsansatz zu verfolgen und gleiche Instrumente in der gesamten EU anzuwenden. Von Nachteil ist dabei natürlich die geringe Möglichkeit der Rücksichtnahme auf nationale Eigenheiten und nationales Eigenleben bei den Wirtschaftsunternehmen. Die bürokratischen Kosten der Unternehmen können sich unterschiedlich auswirken. Dies könnte zu einer Vernachlässi g f e k r s d A b – 2 B B W 2 Y b w w t r s w r s E s n B F l g w n v D h n d d t m n t d b z H W s G g V Zu Protokoll ge (C (D ung der Sorgfaltspflicht vonseiten der Unternehmen ühren. Darauf müssen wir bei der Umsetzung achten: ffizient und effektiv bei möglichst geringen Bürokratieosten. Wer lediglich auf die direkte Finanzierung von terroistischen Anschlägen schaut, stellt fest, dass terroristiche Anschläge keinen hohen finanziellen Aufwand erforern. Beispiele – Quelle UNMonitoringTeamReport/ ug2004 and NTFIU; Kosten geschätzt –: London Bomings – 7. Juli 2005 – 7 240 Pfund; Madrid Zugattentate 11. März 2004 – 10 000 Dollar; Istanbul – 15. und 0. November 2003 – 40 000 Dollar; Jakarta JWMarriot ombenanschlag – 5. August 2003 – 30 000 Dollar; Bali ombenanschlag – 12. Oktober 2002 – 50 000 Dollar; orld Trade Centre/Pentagon USA – 11. September 001 – 303 672 bis 500 000 Dollar; USS-Cole Anschlag, emen – 12. Oktober 2000 – 10 000 Dollar; Kenia Bomenanschlag – 7. August 1998 – 50 000 Dollar. Es wäre allerdings falsch, nur diesen finanziellen Aufand zu sehen. Al-Qaida und sein internationales Netzerk beispielsweise benötigen immense Summen, um die erroristischen Strukturen zu unterhalten und zu finanzieen. Die Bandbreite der Methoden, Einrichtungen und Intrumente, die bekanntermaßen von Terroristen genutzt erden, ist enorm. Geldwäsche und Terrorismusfinanzie ung nutzen Schlupflöcher und Eigenheiten von Finanzystemen aus, um Geld aus Aktivitäten zu waschen und im ndeffekt den wahren Verwendungsgrund einer Geldumme zu verschleiern. Hier nur ein paar Beispiele, wie sich Terrorismus fianzieren kann: neben Banküberweisungen, Hawala anking, Strohfirmen, Edelmetall, Gold und Diamanten, älschungen von Markenartikeln bis hin zur missbräuch ichen Ausnutzung von Geschäftsbeziehungen zu Stiftunen. Deshalb ist das Trockenlegen von Geldströmen der ichtigste Ansatzpunkt zur Bekämpfung des internatioalen Terrorismus. Insgesamt gehen supranationale Organisationen daon aus, dass so jährlich weltweit etwa 200 Milliarden ollar ohne staatliche Kontrolle oder Genehmigung geeim transferiert werden. Natürlich nicht nur für die Fianzierung des Terrorismus.Hier wollen wir EU-weit bei er Bekämpfung einen Schritt weiter kommen. Dazu dient ieser Gesetzentwurf. Er enthält sechs neue Informaionspflichten für die Wirtschaft; sechs bestehende Inforationspflichten werden geändert. Daneben gibt es eine eue Informationspflicht für die Bürger. Vier Informaionspflichten für die Verwaltungen sollen geändert weren. Wir werden uns im Rahmen des weiteren Gesetzgeungsverfahrens intensiv mit dem Gesetzentwurf und den ugrunde liegenden Richtlinien auseinandersetzen unter inzuziehung des Sachverstands aller Beteiligten aus irtschaft und Verwaltung. Waschsalons, mit denen Al Capone illegale Gelder aus einen Mafia-Geschäften reingewaschen hat, sind längst eschichte. Geldwäsche geschieht heute im Rahmen des lobalen Finanzmarktes mit allen Mitteln, die dieser zur erfügung stellt. Gewinne krimineller Machenschaften Helmut Brandt gebene Reden und verbrecherischer Geschäfte aufzuspüren und so der organisierten Kriminalität das Wasser abzugraben, erfordert höchste Aufmerksamkeit und Sensibilität aller Beteiligten im Hinblick auf Transaktionen von Geld und anderen Wertgütern. Ebenso stellen die Finanzströme des internationalen Terrorismus eine Herausforderung für den Rechtsstaat dar. Die Unterstützung terroristischer Netzwerke durch die Bereitstellung von Mitteln stellt eine ernsthafte Gefahr für unsere freie Gesellschaft dar. Es ist daher dringend geboten, praktikable und effiziente Methoden zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu finden. Dass bei diesem wichtigen Thema vonseiten der sogenannten Großen Koalition zunächst geplant war, die erste Lesung ohne Debatte durchzuführen, ist ebenso bezeichnend wie die Tatsache, dass der Gesetzentwurf dem Deutschen Bundestag am Montag dieser Woche, also vor vier Tagen zuging. Im ersten Entwurf der Tagesordnung war noch nicht einmal eine Drucksachennummer angegeben. Die sogenannte Große Koalition zeigt wieder einmal eine fast unverschämt zu nennende Geringschätzung der parlamentarischen Beratungen. Ihr ist nur noch daran gelegen, ihre Vorhaben möglichst schnell durchzudrücken, am besten, ohne viel darüber zu debattieren und ohne die kritischen Punkte anzusprechen. Gerade im globalen Finanzmarkt ist eine enge Zusammenarbeit über nationale Grenzen hinweg erforderlich. Die Initiative der EU für die dritte Geldwäscherichtlinie ist daher vom Grundsatz her richtig und notwendig. Allerdings ist und bleibt das Strafrecht nationale Angelegenheit. Die EU-Richtlinie greift in nationale strafrechtliche Regelungen jedoch in Teilen sehr tief ein und erfasst so beispielsweise einen breiten Straftatenkatalog. Der deutsche Gesetzgeber muss daher strikt darauf achten, dass die Richtlinie verfassungskonform und so grundrechtsschonend wie möglich in deutsches Recht umgesetzt wird. Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel hat in ihrer Regierungserklärung vor dem Deutschen Bundestag am 30. November 2005 erklärt: „Wir haben uns vorgenommen, die EU-Richtlinien im Grundsatz nur noch eins zu eins umzusetzen.“ Der vorliegende Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein Geldwäschebekämpfungsergänzungsgesetz geht jedoch in Teilen über die umzusetzenden Richtlinien der EU hinaus. Von einer Eins-zu-eins-Umsetzung wird ohne ersichtlichen Grund abgewichen. Dies führt zu einer Belastung von Unternehmen mit unnötiger Bürokratie und stärkt zudem nicht die Rechtssicherheit. Insbesondere die Sorgfaltspflichten, die Unternehmen auferlegt werden, wenn es um die Identitätsfeststellung ihrer Vertragspartner geht, sind nicht praktikabel und nutzen Spielräume der EU-Richtlinien nicht aus, um den bürokratischen Aufwand so gering wie möglich zu halten. Es ist richtig, dass die Verschleierung der Herkunft von Geldern dadurch vermieden werden soll, dass die Identität der Vertragspartner festgestellt wird. Dass jedoch in dem Gesetz eine kontinuierliche Nachprüfung der Identität gefordert wird, ist in der gewählten Ausgestaltung unverhältnismäßig. Hier müssen die Spielräume der R m a g z e h d r n d D B z n V t D g b s h d s U d K k G r g s u e K w v t k G s h g s n n W V K l w d s D d v d d Zu Protokoll ge (C (D ichtlinie dahin gehend genutzt werden, dass eine angeessene Regelung gefunden wird. Banken müssten sich ufwendige Kontrollund Wiedervorlagesysteme anleen, um die geplante Vorschrift zu erfüllen. Bedenklich sind auch die ausufernden Verpflichtungen ur Datensammlung und -aufbewahrung. Notwendig ist ine Begrenzung auf die Daten, die zur Identifizierung eroben werden. Insbesondere muss klargestellt werden, ass nicht jedes Transaktionsdatum unter die Aufbewahungspflicht von fünf Jahren fällt. Dies ist nicht nur mit eiem erheblichen und kostspieligen Speicheraufwand bei en Verpflichteten verbunden, sondern auch aus Sicht des atenschutzes äußerst bedenklich. Der Grundsatz bei der ekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanierung muss ein risikoorientierter Ansatz sein. Ein Geeralverdacht für jeden Kunden einer Bank, für jeden ersicherungsnehmer und für jeden Mandanten eines Noars oder Anwalts ist mit dem Rechtsstaat nicht vereinbar. aher muss das Gebot der Risikoorientierung strikt einehalten werden. Es ist mithin völlig überzogen, dass eim Fehlen auch nur des Vornamens des Minderheitsgeellschafters einer GmbH Kreditinstitute Geschäftsbezieungen beenden bzw. Transaktionen nicht durchführen ürfen, auch wenn überhaupt kein Anlass zum Geldwächeverdacht besteht. Damit werden in Fällen, in denen nterlagen schwer zu beschaffen sind, oder bei bestehenen Geschäftsbeziehungen, zum Beispiel langfristigen rediten, Kunden von der Teilnahme am Geschäftsverehr ausgeschlossen, ohne dass hierfür ein sachlicher rund besteht. Die noch über die Vorschläge der Bundes egierung hinausgehende Stellungnahme des Bundesrats eht hier in die falsche Richtung. Jede noch weitere Verchärfung stellt eine unzumutbare Belastung für Banken nd andere Verpflichtete dar. Besonders absurd ist die Regelung zu den „politisch xponierten Personen“, den sogenannten PEPs. Alle olleginnen und Kollegen sind nach diesem Gesetzenturf der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung erdächtig, weil sie Abgeordnete des Deutschen Bundesags sind und damit PEPs. Es ist ein unerhörter und vollommen inakzeptabler Vorgang, dass eine bestimmte ruppe von Personen, nämlich alle, die politisch tätig ind, die ein gewähltes Amt, ein Regierungsamt oder eine ohe Funktion im Staatswesen innehaben, also eigentlich erade diejenigen, die den Staat tragen, die seine Verfasungsorgane besetzen, per se verdächtig sind – und nicht ur diese Personen, sondern auch noch jeder, der ihnen ahesteht. Die Ehefrau? Die Geliebte? Der Hausfreund? as für eine absurde, ja, was für eine geradezu groteske orstellung, dass seitens der Banken nun aus den latschblättern der ganzen Welt die Storys über die Ge iebten der Politiker sorgsam zu den Akten genommen erden müssen. Es mag sein, dass die Intention richtig und gut war, ass es auf diese Weise Diktatoren der ganzen Welt erchwert werden sollte, ihre schmutzigen Gelder in eutschland oder überhaupt in Europa zu waschen. Aber ie Definition erfasst eine derartig ausufernde Vielzahl on Personen, unter anderem alle MdBs. Außerdem ist es och regelrecht absurd, zu glauben, dass ein Jahr nach er Abdankung ein Diktator vom Schlage Idi Amins oder Gisela Piltz gebene Reden Mugabes sein blutiges Geld nicht mehr anlegen will. Dann ist er nicht mehr erfasst. Die gesamte Regelung ist vollkommen abwegig. Bei einer risikoorientierten Prüfung bedarf es dieses speziellen Kriteriums überhaupt nicht. Mir ist es völlig schleierhaft, warum die Bundesregierung einer solchen Richtlinie in Brüssel nicht Einhalt geboten hat. – Damit betritt Deutschland aus meiner Sicht rechtliches Neuland. Erschwerend kommt hinzu, dass die Bundesregierung bei der Umsetzung noch über die Richtlinie, die schon schlimm genug ist, hinausgeht und zur Einhaltung der Sorgfaltspflichten auch hinsichtlich im Inland ansässiger PEPs verpflichten will. Die Regelungen sind ebenso unpraktikabel wie unbestimmt. Eine gesetzeskonforme Erfüllung der Vorgaben durch Banken oder andere Verpflichtete ist quasi unmöglich. Bei der Auflistung der beizubringenden Unterlagen zum Zwecke der Identifizierung geht der Gesetzentwurf ebenfalls über die Richtlinie hinaus. Während in der Richtlinie nur von „Dokumenten, Daten oder Informationen, die von einer glaubwürdigen und unabhängigen Quelle stammen“, die Rede ist, fordert der Gesetzentwurf die Vorlage eines gültigen Ausweises oder Passes. Gerade bei ausländischen Kunden ist dies jedoch oftmals schwierig. Zugleich werden aber unverständlicherweise die Auslandsvertretungen der Bundesrepublik nicht mehr als zuverlässige Dritte genannt, auf die die nach dem Gesetz Verpflichteten zum Zwecke der Identifizierung zurückgreifen können. Dies ist unverständlich und führt zu praktischen Problemen bei den Banken und anderen Verpflichteten. Die FDP-Bundestagsfraktion wird das nun vorgelegte Gesetz daran messen, dass, erstens, die EU-Richtlinie eins zu eins und nicht darüber hinausgehend umgesetzt wird, dass, zweitens, bei jeder Regelung diejenige gefunden wird, die möglichst wenig neue bürokratische Belastungen mit sich bringt und die die Wirtschaft nicht mit überbordenden Bürokratiekosten überzieht, dass, drittens, strikt der Datenschutz beachtet wird, wenn es um Erhebung, Speicherung und Weitergabe von Daten geht, und dass, viertens, vom Grundsatz der Risikoorientierung nicht abgewichen wird. Als Ziel des Gesetzentwurfes führt die Bundesregie rung an, die Finanzquellen des internationalen Terrorismus auszutrocknen. Hierzu wird das Geldwäschegesetz vollkommen neu gefasst und die Terrorismusfinanzierung der Geldwäsche gleichgestellt. Das Grundanliegen, dem internationalen Terrorismus die finanziellen Grundlagen zu entziehen, mag dem naiven Betrachter durchaus begrüßenswert erscheinen. Aber: Nicht zum ersten Mal soll der Krieg gegen den Terrorismus dazu dienen, die Grundlagen einer freiheitlichen Gesellschaft weiter auszuhöhlen. Der Gesetzentwurf baut praktisch den kompletten Bereich der Finanzdienstleistungen und -unternehmen in die neue, repressive und freiheitsfeindliche Sicherheitsarchitektur Deutschlands ein. Von zwölf Kategorien von F R c u p n f p w t F z w h r d B s V m j e z a n O f K B k d h a V G d f s h m d g r p a b r d r g h r B p f Zu Protokoll ge (C (D inanzdienstleistern und damit verbundenen Berufen wie echtsanwälten wird verlangt, die Kunden zu überwahen und ihre Geschäftsbeziehung aus der Sicherheitsnd Strafverfolgungsperspektive zu dokumentieren. Das rivatrechtliche Verhältnis der Parteien wird zu einem icht mehr staatsfreien, das Vertrauensverhältnis von Anang an zerstört. In die Berufsfreiheit bzw. Privatautonomie der Verflichteten wird massiv eingegriffen. So müssen beispielseise in bestimmten Fällen Geschäfte von den Vorgesetz en der Vertragspartner genehmigt werden. Die inanzdienstleister werden sogar gezwungen, Verträge u kündigen oder Vertragsabschlüsse zu unterlassen, enn die staatlich gewünschten Informationen nicht eroben werden können. Die Nachforschungen müssen heimlich erfolgen – Paagraf 12 –, und es besteht eine Anzeigepflicht gegenüber en staatlichen Behörden. Die künftige Superbehörde KA erhält durch ihre Zuständigkeit als Datensammeltelle noch mehr informationelle Macht. Wie durch die orratsdatenspeicherung Telefonunternehmen zu „Erittlungshelfern“ wurden, werden Finanzdienstleister etzt zu Antiterroreinheiten. Nur am Rande: Wie soll denn in Bankangestellter in der Lage sein, „Tatsachen“ festustellen, „die darauf schließen lassen“, dass eine Transktion der Terrorismusfinanzierung dient, wenn noch icht einmal klar ist, ob beispielsweise eine ausländische rganisation nun als legitime politische Vereinigung, Be reiungsbewegung oder Terrorbande gilt und sich diese ategorien ja mitunter schnell ändern können, wie das eispiel der afghanischen Islamisten zeigt? Die Linke ist sehr dafür, wirkliche Geldwäsche zu beämpfen und die bislang im Ausland versteckten Milliaren zu versteuern. Wir wollen auch, dass Anschläge verindert werden. Das ist in einem Rechtsstaat aber usschließlich die Aufgabe staatlicher Behörden, die bei orliegen eines Anfangsverdachts oder einer konkreten efahr ermitteln müssen. Private Unternehmen sind für en Service an ihren Kunden da, nicht für die Bekämpung und Bespitzelung derselben. Das bestehende Geldwäschegesetz knüpft an einen trafrechtlichen Tatbestand an, der verfassungsrechtlich öchst bedenklich ist, und ist daher bereits im Grundsatz ehr als fragwürdig. Die Erweiterung zur Bekämpfung er Terrorismusfinanzierung knüpft nicht einmal zwinend an strafrechtlich relevante Verhaltensweisen an. Ein echtmäßiges Verhalten wird somit zum Anknüpfungsunkt für Überwachungsmaßnahmen und etwaige Strafnzeigen. Auch soweit strafrechtlich relevantes Verhalten etroffen ist – wie die Finanzierung von Taten nach Paagraf 129 a, auch in Verbindung mit 129 b – wissen wir och, dass Terrorismus ein Gummibegriff ist und es geade bei Paragraf 129 b praktisch keine Grenzen mehr ibt. Wer einmal auf der Terrorliste der UN gelandet ist, at keinerlei Rechtsbefehle. Daran lassen sich keine echtsstaatlich sauberen Regelungen anknüpfen. Das Gesetz hat weitere Schwachstellen: Erstens. Die anken sollen ermitteln, ob ein Geschäftskunde eine „exonierte politische Person“ ist, was bis zum Offizier einer remden Streitmacht geht. Zweitens. Dass Strohmänner Gisela Piltz gebene Reden Ulla Jelpke aufgedeckt werden sollen, ist zu begrüßen, aber ob es praktikabel ist, bei jeder Rechtsgesellschaft jeden einzelnen Gesellschafter unter Angabe von Dokumenten zu ermitteln, unabhängig von den Stimmrechtsanteilen, ist zweifelhaft. Drittens. Genauso ist es nicht unbedingt sinnvoll, als wirtschaftlich Berechtigte im Falle von Stiftungen „die Gruppe von natürlichen Personen, zu deren Gunsten das Vermögen hauptsächlich verwaltet oder verteilt werden soll“ zu bezeichnen. Man denke nur mal daran, was das im Falle etwa der Aktion Mensch bedeuten würde. Der Bundesregierung ist es also entgegen ihrer Ankündigung nicht gelungen, praxisgerechte und maßvolle Regelungen für die Verpflichteten – Banken, Kreditinstitute und andere – zu schaffen. Noch weniger ist es ihr gelungen, bei ihrer Datensammelwut gegenüber den Bürgern maßzuhalten. Die Fraktion Die Linke lehnt die Bestrebungen der Bundesregierung, die Privatwirtschaft im Krieg gegen den Terrorismus zu verpolizeilichen, ab. In der Terrorbekämpfung brauchen wir Augenmaß. Je des neue Gesetz ist darauf abzuklopfen, wie hoch der Gewinn an Sicherheit wirklich ist, wie tief dafür in die Rechte der Bürgerinnen und Bürger eingegriffen wird und ob es Alternativen gibt. Und die gibt es fast immer, stellen wir fest. Dabei wissen wir um die Gefahr eines Terroranschlages in unserem Land. Es gibt keine 100-prozentige Sicherheit. Die Gefahren des internationalen Terrorismus darf man nicht ignorieren. Deswegen muss man auch die noch unter Rot-Grün verabschiedete Geldwäschegesetzgebung immer wieder auf Lücken untersuchen. Die Sicherheitsgesetze immer weiter auszuweiten, ist dabei die ganz falsche Antwort, auch bei der Geldwäsche für terroristische Zwecke. Die Bundesregierung beteuert immer wieder, dass Sie maßvoll handele. Dann aber legt sie mit dem Geldwäschebekämpfungsergänzungsgesetz ein 133 Seiten langes Werk mit ungeahnten neuen Informationsoder besser Schnüffelpflichten auf. Ihnen geht es dabei angeblich nur um die Umsetzung mehrerer EU-Richtlinien zur Geldwäsche. Da sind der Bundesregierung natürlich die Hände gebunden. Sie muss umsetzen, saß in Brüssel im Finanzministerrat aber mit am Tisch. Und ihre von der EU vermeintlich gefesselten Hände, wollen Sie jetzt gerne in Unschuld waschen. Sie wollen lediglich eine „Eins-zueins-Umsetzung“ der Richtlinien. Nur der verpflichtende Teil soll angeblich umgesetzt werden. Leider stimmt das nicht. Der Regierungsentwurf geht über die dritte EU-Geldwäscherichtlinie und die Durchführungsrichtlinie hinaus. Jetzt zu den Details: Der Umfang der Identifizierungspflichten soll deutlich ausgeweitet werden, um mehr Verdachtsfälle melden zu können. Früher beschränkte man sich dabei auf natürliche Personen. Jetzt wird sie auch auf juristische Personen ausgeweitet. Das ist an sich unproblematisch. Es kann ja nicht darauf ankommen, ob Terroristen selbst handeln oder für ihr Treiben ein Unternehmen gründen. Im Detail ufern die Informationspflichten dann aber aus. Sie wollen den wirtschaftlich Berech t A s G k e n w V m i E l w d Ü P m m w A g R M s a m R g f h n e e s f s l n R w i s n (C (D igten eines Rechtsgeschäfts erkennbar machen zur ufdeckung von sog. Strohmanngeschäften. Aber wollen ie dazu wirklich jeden einzelnen Anteilseigner an einer bR erfassen? Es gibt in ihrem Gesetzentwurf nämlich eine Beschränkung auf einen Mindestanteil. Wissen Sie igentlich, welcher Aufwand damit verbunden ist, auch och den kleinsten Gesellschafter aufzunehmen? Und enn bei einer Kapitalgesellschaft alle Mitglieder des ertretungsorgans herauszufiltern und aktenkundig zu achen sind, dürfte die Schätzung von Bürokratiekosten n Höhe von 195 000 Euro weit untertrieben sein. Eine ins-zu-eins-Umsetzung ist das nicht mehr. In den Richt inien steht nichts über Vertreter, überhaupt nichts. EU-Richtlinien sind häufig etwas unbestimmt. Wir issen das. Da gibt es Umsetzungsspielräume. Die nutzt ie Bundesregierung leider nicht aus. Es werden spezielle berwachungspflichten geschaffen. Bei „exponierten ersonen“ aus geldwäschegefährdeten Ländern treffen ich als Anwalt verstärkte Sorgfaltspflichten. Da soll an seinem Mandanten gegenüber offenbar zum Detektiv erden. Ich versuche mir das ganz praktisch vorzustellen. ls Anwalt in einem Asylverfahren geht es um die Verfolung des Mandanten als Mitglied der Opposition. Die egierung des Herkunftslandes wirft dieser Opposition enschenhandel vor. Ist er damit eine exponierte Per on? Was ist übrigens mit Liechtenstein? Ist das nicht uch ein geldwäschegefährdeter Staat? Zugegeben, Sie ussten diesen unbestimmten Rechtsbegriff aus der ichtlinie übernehmen. Aber sie haben auch nichts dafür etan, hier mehr Klarheit in die Regelung zu packen. Daür lassen sie die Auskunftsverpflichteten im Regen steen. Anwälte und Kreditinstitute etwa müssen nach eigeem Ermessen eine Risikoentscheidung treffen. Hat sich in Berufsgeheimnisträger dann falsch entschieden, hat r also keine Anzeige erstattet, macht er sich unter Umtänden strafbar. Und zwar auch dann, wenn ihm nur einache Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist. Ich meine also, ganz so unschuldig wie Sie behaupten, ind Sie nicht. Ihr Entwurf ist kein Spiegelbild der Richtinie. Der Referentenentwurf war es noch eher. Da muss och reichlich geputzt werden, bis das schöne Antlitz des echtsstaates wieder eins zu eins erscheint. Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent urfs auf den Drucksachen 16/9038 und 16/9080 an die n der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgechlagen. Gibt es anderweitige Vorschläge? – Das ist icht der Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 15 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Joachim Günther Patrick Döring, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Einführung einer elektronisch lesbaren Chipkarte für den Baubereich – Wirksames Mittel zur Bekämpfung der Schwarzarbeit – Drucksache 16/4208 – Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Arbeit und Soziales Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Innenausschuss Finanzausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Auch hier sollen die Reden zu Protokoll genommen werden. Es handelt sich um die Reden der Kollegen Paul Lehrieder, CDU/CSU, Andreas Steppuhn und Ernst Kranz, SPD, Joachim Günther, FDP, Werner Dreibus, Die Linke, und Peter Hettlich, Bündnis 90/Die Grünen.1)


(A) )


(B) )

Frank Hofmann (SPD):
Rede ID: ID1616030300
Gisela Piltz (FDP):
Rede ID: ID1616030400




(A) )


(B) )





(A) )


(B) )

Ulla Jelpke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616030500







(A) )


(B) )

Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1616030600
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1616030700




(A) )


(B) )


Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 16/4208 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen, wobei die Vorlage
federführend vom Ausschuss für Arbeit und Soziales be-
raten werden soll. Sind Sie damit einverstanden? – Das
ist der Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 18 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ältestenrates zu dem Antrag der Abge-
ordneten Hans-Josef Fell, Bärbel Höhn, Sylvia
Kotting-Uhl, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Den Deutschen Bundestag zum Vorbild für die
sparsame und klimafreundliche Stromversor-
gung machen

– Drucksachen 16/7529, 16/8820 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Dr. Norbert Lammert

Auch hier sollen die Reden zu Protokoll genommen
werden. Es handelt sich um die Reden der Kollegen
Bernhard Kaster, CDU/CSU, Iris Gleicke, SPD, Ernst
Burgbacher, FDP, Hans-Kurt Hill, Die Linke, und Hans-
Josef Fell, Bündnis 90/Die Grünen.


Bernhard Kaster (CDU):
Rede ID: ID1616030800

In der heutigen Debatte haben wir uns mit einem An-

trag auseinanderzusetzen, der suggeriert, der Bundestag
habe erheblichen Nachholbedarf, was die sparsame und
klimafreundliche Stromversorgung für den Bundestag an-
geht. Tatsächlich ist dieser Antrag lediglich der durch-
sichtige Versuch, sich öffentlichkeitswirksam zu profilie-
ren. Ein typischer Schaufensterantrag. Der Deutsche
Bundestag ist längst ein Vorbild für sparsame und klima-
freundliche Stromversorgung.

Die Entscheidung Anfang der 90er-Jahre, mit Parla-
ment und Regierung von Bonn nach Berlin umzuziehen,
hat der damalige Deutsche Bundestag zum Anlass ge-
nommen, bei den Bundestagsneubauten zukunftswei-
sende, umweltpolitisch verantwortungsvolle und vorbild-
liche Energiekonzepte zu realisieren. Bereits in der
13. Wahlperiode, im November 1995, haben die Koali-
tionsfraktionen CDU/CSU und FDP gemeinsam mit der
SPD und Bündnis 90/Die Grünen den Antrag auf Bundes-
tagsdrucksache 13/3042 „Ökologische Konzepte für die
Parlaments- und Regierungsbauten in Berlin“ im Bun-

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g1) Anlage 6

(C (D estag eingebracht und im Januar 1997 einstimmig bechlossen. In dem Antrag heißt es unter anderem: „Die lanung der Hauptstadt Berlin – mit dem Umbau des eichstagsgebäudes, den Neubauten in den Dorotheenlöcken und im Spreebogen … – ist eine einzigartige olitische Chance für ein beispielhaftes Signal für eine mweltfreundliche Bauweise und Nutzung der Gebäude owie für eine architektonisch integrierte Nutzung erneurbarer Energien.“ Die damalige unionsgeführte Bundesregierung als auherr hat bereits 1994, das heißt vor 18 Jahren, erlärt, dass sie ihre Anstrengungen fortsetzen werde, in en Liegenschaften der Bundesressorts den Energieverrauch vorbildlich zu senken sowie den Einsatz erneuerarer Energien zu verstärken. Bei den Bauvorhaben in er Bundeshauptstadt Berlin widmete die damalige Bunesregierung dem Aspekt der rationellen Energienutzung nd dem Einsatz erneuerbarer Energien besondere Auferksamkeit. Im Zuge der Neubauten des Bundestages in Berlin urden – parallel zur Sicherung einer hohen energeti chen Qualität der Gebäude – bei der Anlagentechnik oderne und innovative Lösungen verfolgt, die den An orderungen der Zuverlässigkeit, Wirtschaftlichkeit, niediger Schadstoffemissionen und eines hohen Regenerativnteils Rechnung tragen. Der Bundestag betreibt seit dem Regierungsumzug auseigene Blockheizkraftwerke in Kraft-Wärme-Kälteopplung, die der Erzeugung regenerativer Energie dieen. Der Anteil des erzeugten Gesamtbedarfs aller Lieenschaften des Deutschen Bundestages beträgt in bhängigkeit von der Verfügbarkeit der Anlagen derzeit ährlich bereits 30 bis 40 Prozent. Der Bedarf des Bunestages an Elektrizität, der nicht durch die Energieereugung gedeckt werden kann, wird über den Zukauf von trom aus dem Verbundnetz kompensiert. In diesem gelieerten Strommix ist auch ein Anteil regenerativ erzeugter nergie enthalten, der für den Bundestag bei circa 7 Prozent liegt. Mit der Fertigstellung der Verlängerung des Marielisabeth-Lüders-Hauses ist eine Fortschreibung des biserigen Energiekonzeptes vorgesehen. Das wird den Aneil an regenerativ erzeugtem Strom noch erhöhen. Die eiter gehenden Vorschläge in dem Antrag von Bündis 90/Die Grünen haben wir in der Raumund Baukomission völlig zu Recht abgelehnt. Die Bundestagsveraltung hatte zuvor die Vorschläge intensiv geprüft und er Raumund Baukommission eine ausführliche Stelungnahme vorgelegt. Darin kommt sie zu dem Ergebnis, ass die von Bündnis 90/Die Grünen vorgeschlagenen aßnahmen entweder bereits umgesetzt sind, sich nicht msetzen lassen oder mit einem Kostenaufwand verbunen sind, der in keinem vertretbaren Verhältnis zum Errag stehen. Die Parlamentarische Geschäftsführerin von Bündis 90/Die Grünen; Dr. Thea Dückert, warf den anderen raktionen nach der Entscheidung der Raumund Bauommission in einer Pressemeldung dennoch vor, sie häten immer noch so ihre Probleme, wenn es konkret darum ehe, dass sie selbst Treibhausgase einsparen sollten. Dies ist der gezielte und zugleich peinliche Versuch, die Öffentlichkeit über die Realitäten zu täuschen. Es wird verschwiegen, dass die weiter gehenden Forderungen von Bündnis 90/Die Grünen aus sachlichen Gründen schlichtweg nicht umsetzbar sind. So fordern Bündnis 90/Die Grünen beispielsweise die Einspeisung von überschüssigem Strom des Bundestages in das Berliner Elektrizitätsnetz. Tatsächlich wird aber die in den bundestagseigenen Blockheizkraftwerken produzierte Energie in vollem Umfang zur Bedarfsdeckung des Deutschen Bundestages benötigt. Eine Einspeisung von Strom in das Berliner Elektrizitätsnetz ist deshalb gar nicht möglich. Bündnis 90/Die Grünen fordern weiter die Umstellung der Gasversorgung auf Biogas. Für die Lieferung mit Gas besteht zwischen dem Deutschen Bundestag und dem örtlichen Netzbetreiber ein entsprechender Vertrag. Über das Netz wird derzeit ausschließlich Erdgas bereitgestellt. Die vorhandenen Marktteilnehmer besitzen nach Auskunft des Fachverbandes Biogas e. V. aber noch gar nicht genügend Kapazitäten, um eine Grundversorgung mit Biogas sicherzustellen. Ein funktionierender Markt für den Handel von Biogas existiert derzeit überhaupt nicht. Bündnis 90/Die Grünen fordern schließlich noch, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bundestages regelmäßig über energiesparendes Verhalten im Büro und Fahrdienst zu informieren und entsprechend zu schulen sind. Offensichtlich trauen die Grünen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Bundestages nur ein geringes ökologisches Bewusstsein zu. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieses Hauses nicht ständig Belehrungen über energiesparendes Verhalten brauchen. Sie sind längst ausreichend sensibilisiert. Die Bundestagsverwaltung hat im Mai 2006 eine Umweltfibel mit Tipps zu energiesparendem Verhalten veröffentlicht. Die Inhalte dieser Hausmitteilung sind jederzeit über das Intranet des Bundestages abrufbar; im Übrigen auch für die Damen und Herren Abgeordneten von Bündnis 90/Die Grünen. Sie scheinen sie ja noch nicht zu kennen. Bündnis 90/Die Grünen hätten frühzeitig durch einfache Nachfrage bei der Bundestagsverwaltung klären können, wie realitätsfern die von Ihnen erhobenen Forderungen im Einzelnen sind. Offensichtlich wollte man das nicht; dann hätte sich ihr Antrag nämlich erübrigt. Lassen Sie mich zum Schluss noch darauf hinweisen, dass der Deutsche Bundestag die Verwaltung beauftragen wird, den im Herbst auslaufenden Stromliefervertrag neu auszuschreiben, und zwar auf der Grundlage des Konzepts des BMU für die Lieferung von Ökostrom mit der Laufzeit von einem Jahr und einer einjährigen Verlängerungsoption. Wir werden uns dabei sehr genau anschauen müssen, ob und gegebenenfalls welche zusätzlichen Kosten für den Bundestag für den Bezug von Ökostrom entstehen. Daran werden wir unsere zukünftigen Entscheidungen zur Energieversorgung des Bundestages auszurichten haben. Der Bundestag hat sehr wohl eine Vorbildfunktion, in ökologischer und ökonomischer Hinsicht. 2 a a i Ö g w s d a d d u u r l D e 1 a c E d E t d W z v d i w B s n U d k c d d p E v t s a t z s Zu Protokoll ge (C (D Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat sich im Herbst 007 in einem Positionspapier zur Energiepolitik dafür usgesprochen, erneuerbare Energien kostenbewusst uszubauen. Wir müssen auch bei der Energieversorgung m Bundestag einen angemessenen Ausgleich zwischen konomie und Ökologie im Auge behalten. Dazu sind wir egenüber dem Steuerzahler verpflichtet. Davon müssen ir uns auch in Zukunft leiten lassen. Der Ältestenrat hat in seiner Sitzung am 10. April be chlossen, den externen Strombedarf des Deutschen Bunestages durch Strom aus erneuerbaren Energien, also us Wasserund Windkraftkraft, Sonne oder Biomasse zu ecken. Das ist eine gute Entscheidung. Wir verbessern amit erneut die Umweltbilanz des deutschen Parlaments nd bleiben bundesweit Vorbild. Zugleich tragen wir dem nter der von Gerhard Schröder geführten Bundesregieung beschlossenen Atomausstieg weiter Rechnung. Gerade auch vor dem Hintergrund der Klimaverhandungen auf europäischer Ebene will die Bundesrepublik eutschland den Anteil erneuerbarer Energien am End nergieverbrauch von 8,5 Prozent im Jahr 2007 bis auf 8 Prozent im Jahr 2020 erhöhen. Auch hier leisten wir ls Parlament unseren Beitrag. Der Bundestag verfügt bereits jetzt über ein vorbildlihes und einzigartiges zukunftsweisendes ökologisches nergiekonzept. Von Anfang an wurde bei den Planungen er Parlamentsbauten darauf geachtet, die neuesten nergietechnologien zu nutzen. So ist der Bundestag un er anderem mit zwei Blockheizkraftwerken, die mit Bioiesel betrieben werden, ausgestattet. Außerdem sorgen ärmeund Kältespeicher für ein energiesparendes Hei en und Kühlen. Zusätzlich wurde seinerzeit eine Fotooltaikanlage installiert. Mit dieser Anlage produziert er Bundestag selber – auf seinem Dach – Ökostrom, der n vollem Umfang in das hauseigene Netz eingespeist ird. Mit diesen Beispielen will ich deutlich machen: Der undestag hat von Anfang an das Reichstagsgebäude und eine umliegenden Bundestagsbauten mit umweltschoender und ressourcensparender Technik ausgestattet. nd es ist vollkommen klar, dass mit dem Fortschreiten er technischen Möglichkeiten diese positive Energieonzeption überarbeitet wird und ständig weiterentwikelt werden muss. Es wird unsere Daueraufgabe auch in er Baukommission des Ältestenrates bleiben, uns mit iesen neuen Technologien auseinanderzusetzen und zu rüfen, wie diese zusätzliche positive Effekte für unsere nergiebilanz generieren können und ob und wie sie mit ertretbarem Aufwand umgesetzt werden können. Weil das so ist und weil wir uns alle dieser Verantworung bewusst sind, konnten die über die Ökostromauschreibung hinausgehenden Teile des Grünen-Antrages ls erledigt abgelehnt werden. Mit der nun geplanten Umstellung des Stromlieferverrages wird der Deutsche Bundestag – künftig jedenfalls – u 100 Prozent aus erneuerbaren Energien versorgt. Wir etzen damit sowohl ökologisch als auch ökonomisch ein Bernhard Kaster gebene Reden Zeichen. Wir sind nämlich davon überzeugt, dass eine nachhaltige Energieversorgung problemlos möglich und auch wirtschaftlich umsetzbar ist. Der neue Stromliefervertrag wird auf der Grundlage des 2003 und 2006 erfolgreich umgesetzten Konzepts des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit mit der Laufzeit von einem Jahr und einer einjährigen Verlängerungsoption für den Deutschen Bundestag ausgeschrieben. Diese europaweite Ausschreibung ist notwendig, um einerseits die europarechtlichen Vorgaben einzuhalten. Andererseits wird damit sichergestellt, dass nur Strom aus erneuerbaren Energien eingespeist wird. Atomstromanbieter erhalten damit keine Chancen. Übrigens: Pro Jahr spart das Bundesumweltministerium, welches seit 2004 Ökostrom bezieht, mit seinen nachgelagerten Behörden rund 4 400 Tonnen Kohlendioxid ein. Lieferant ist hier nach der europaweiten Ausschreibung ein deutsches Unternehmen aus Hamburg. Es zeigt sich also: Ökooder auch grüner Strom ist wettbewerbsfähig. Die 13 in Bonn untergebrachten Institutionen der Vereinten Nationen, darunter auch das Klimasekretariat UNFCCC, beziehen seit dem 1. Januar 2007 ausschließlich Strom aus erneuerbaren Energien. Rechnerisch werden dadurch die CO2-Emissionen um 60 Prozent oder 3 100 Tonnen pro Jahr gesenkt. Dies im Übrigen auf Anregung und Beratung des BMU. Neben dem Preis war bei dieser Ausschreibung auch die Höhe der tatsächlichen CO2-Minderung maßgebend für den Zuschlag. Das Angebot der Firma Lichtblick wies mit der Lieferung von Strom aus Biomasse das beste Preis-Leistungs-Verhältnis auf. Ein Preisvergleich mit konventionell erzeugtem Strom zeigt darüber hinaus: Die Kosten der reinen Stromlieferung ohne Netznutzungsgebühren für Ökostrom liegen nur wenig höher – im Fall dieser Ausschreibung laut Umweltministerium bei knapp 2,2 Prozent. In der Ausschreibung von 2003 lagen die zusätzlichen Kosten noch bei etwa 10 Prozent. Trotzdem: Mit der vorläufigen Begrenzung der Ausschreibung auf ein Jahr tragen wir auch unserer Verantwortung gegenüber den Steuerzahlern Rechnung. Trotz der positiven Entwicklung müssen auch wir die Preisentwicklung der kommenden Jahre beobachten und daraus Rückschlüsse für die weitere Sicherung des Energiebedarfes des deutschen Parlamentes gewinnen. Ich sagte es bereits: Umweltschutz ist eine Daueraufgabe für uns alle. Deshalb ist es gut, dass es mehrere Initiativen aus den Reihen des Parlamentes gegeben hat. Mit dem heutigen Beschluss, den zusätzlichen Strombedarf zukünftig aus erneuerbaren Energien zu beziehen, setzt der Bundestag, insbesondere auch auf Initiative der SPD, ein deutliches Zeichen, seine Umweltbilanz stetig zu verbessern. Das ist das richtige Signal für unser Ziel der nachhaltigen Energieversorgung. Und der Bundestag bleibt seiner Vorbildfunktion im Klimaschutz treu. Der Einkauf von erneuerbarer und somit saubererer Energie heißt nicht, dass wir uns alle, ob Abgeordnete oder Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, zufrieden zurücklehnen dürfen. Wir alle können weitere Beiträge zum effizienten Umgang mit Energie in diesem Hause liefern. Das betrifft beispielsweise das ständig auf Stand-by stehende T r u n g M r d Ö t B w W A U u e v u Z s s h A e s n e d D a E g i z r e t l k d m w i s D s s e p h h w s Zu Protokoll ge (C (D V-Gerät ebenso wie Kopierer oder Licht in leeren Büroäumen. Wir alle können hier mit ein wenig Achtsamkeit nd manchmal nur ganz kleinen technischen Hilfsmitteln och viel mehr tun. Wir wissen doch, dass es nicht nur die roßen Investitionen sind, sondern die vielen kleinen aßnahmen, die uns dem Klimaschutzziel auch an unse em Arbeitsplatz näher bringen. Zum Schluss noch ein Tipp für alle, die darüber nachenken, den Stromanbieter zu wechseln: Das Vorurteil, kostrom sei nur etwas für Besserverdiener und deutlich eurer, ist längst überholt. Schon heute gibt es zahlreiche eispiele dafür, dass Strom aus erneuerbaren Energien ie Sonne, Wind, Wasser, Biomasse und der Kraftärme-Kopplung nicht teurer sein müssen als Strom aus tomoder Kohlekraftwerken. Verbraucherzentralen und mweltverbände wie BUND oder Greenpeace beraten nd helfen gerne weiter. In zumindest dreierlei Hinsicht sind wir uns wohl alle inig. Erstens. Wir wollen die Treibhausgasemissionen erringern und den Klimaschutz voranbringen; dem dient nter anderem Strom aus erneuerbaren Energien. weitens. Die Nutzung erneuerbarer Energien ist untertützenswert, weil die erneuerbaren Energien zur Verorgungssicherheit beitragen, indem sie einseitige Abängigkeiten bei der Energieversorgung verringern. ußerdem handelt es sich um Zukunftstechnologien für ine nachhaltige, also das Klima schonende Energieverorgung. Drittens verbindet uns wohl alle der Wunsch, eiem Parlament anzugehören, das von den Menschen als in Vorbild wahrgenommen wird. In diesem Sinne stimmt ie FDP mit dem vorliegenden Antrag überein: Der eutsche Bundestag hat eine wichtige Vorbildfunktion – uch beim Klimaschutz und beim Einsatz erneuerbarer nergien. Vorbild sein bedeutet allerdings mehr, als ein Symbol uten Willens abzugeben. Im Lexikon steht: Ein Vorbild st ein bedingungslos gutes Beispiel, das die Menschen um Nachahmen einlädt und mit dem man sich identifizieen kann. Wer für andere ein Vorbild sein will, sollte sein igenes Verhalten deshalb mit besonderer Selbstkritik berachten. Unkritische Prahlerei mit eigenen Ideen, Veriebtheit in eigene Konzepte und Eigenlob sind meist eine Hilfe auf dem mühevollen Weg, ein Vorbild für anere zu werden. Wer anderen ein Vorbild sein will, sollte indestens zwei Dinge beherzigen. Erstens. Niemand ird selbst schon allein dadurch zum Vorbild für andere, ndem er beschließt, dies sei nun so. Parlamentarisch bechließen können wir lediglich ein bestimmtes Verhalten. as letzte Wort darüber werden wir den Menschen schon elbst überlassen müssen. Zweitens. Wir Abgeordnete bechließen über die Verwendung von Steuergeldern. Da ist s leicht, eine Vorbildfunktion zu beschließen. Als Vorbild wahrgenommen wird vor allem der, der ersönlich Verantwortung übernimmt und auch in treuänderischer Verantwortung für die Interessen anderer andelt. Deswegen müssen wir sehr genau darauf achten, as wir mit dem Geld machen, dem Geld, das die Men chen zuvor erarbeitet und uns dann anvertraut haben. Iris Gleicke gebene Reden Das Mindeste, was ein Bundestag mit Vorbildambitionen leisten muss, ist, transparente und klare Entscheidungen zu treffen, bei denen schon im Vorhinein eindeutig klar ist, was eine Maßnahme kostet. Das ist bei den heutigen Ausschreiberegeln aber nicht klar. Die Mehrkosten sind nicht genau bezifferbar, welche entstehen, wenn der Stromzusatzbedarf des Bundestages durch Ausschreibung unter allen Umständen bei einem „Ökostrom-Anbieter“ gedeckt würde. Zweitens ist keineswegs sicher, dass die Nutzung jeder beliebigen Art von „Ökostrom“ wirklich zum Klimaschutz beiträgt. Die jüngste Debatte über die energetische Nutzung von Biomasse hat gerade in diesen Tagen deutlich vor Augen geführt, dass hier eine gewisse Skepsis mehr als angebracht ist. Die gutgemeinte Symbolik des vorliegenden Antrags wäre im schlechtesten Fall also nicht nur – auf dem Rücken der Steuerzahler – teuer erkauft, sondern möglicherweise und unter bestimmten Umständen noch nicht einmal ein echter Vorteil für Umwelt und Klimaschutz, ganz zu schweigen von der Tatsache, dass der Bundestag bereits über ein ökologisch außerordentlich anspruchsvolles und international vielfach als mustergültig gewürdigtes Gesamtenergiekonzept verfügt. Einen Teil unseres Stroms produzieren wir selbst mit erneuerbaren Energien. Darauf kann der Steuerzahler mit Recht stolz sein. Angesichts der genannten Bedenken werden wir uns der Stimme enthalten. Der Wechsel des Stromanbieters ist einfach. Die Wahl freiheit hat große Vorteile. Ich kann mich nicht nur für ein günstigeres Angebot entscheiden. Vielmehr kann ich auch meine Macht als Verbraucher nutzen. So kann sich jede Bürgerin und jeder Bürger gegen gefährlichen Atomstrom, für das heimische Stadtwerk oder für mehr Klimaschutz entscheiden, indem er Ökostrom nutzt. Dadurch entsteht ein echter Wettbewerb zwischen den rund 930 Stromanbietern in Deutschland – nicht nur um Preise, sondern auch um die Qualität der elektrischen Versorgung. Diesem Prinzip folgt nun auch der Bundestag, er wird zukünftig ausschließlich Strom aus erneuerbaren Energien kaufen. Dass sich ausgerechnet die FDP als einzige Fraktion hier im Hause dieser Wettbewerbsentscheidung verweigern will, kann man nur als Witz bezeichnen. Dass sich die Liberalen innovativen und zukunftsfähigen Entwicklungen im Energiemarkt entgegenstellen, ist aber nicht neu. Sie lehnen das EU-weit wirksamste Klimaschutzinstrument, das Erneuerbare-Energien-Gesetz, genauso ab wie die Förderung hocheffizienter Kraft-Wärme-Kopplung. Stattdessen reden sie der riskanten Atomenergie das Wort, einer wettbewerbsfernen Technologie, die zwangsläufig zu Energiekartellen führt, nicht hantierbaren Strahlenmüll erzeugt und zu militärischem Missbrauch verleitet. Ich fordere die FDP deshalb auf, endlich ihre Verweigerungshaltung aufzugeben und sich der vorliegenden Entschließung anzuschließen. Übrigens: In Berlin sind ganze acht Ökostromtarife billiger als der Standardtarif des Monopolisten Vattenfall. D n f B s s L s v d f s v w w u g A n s d i t s A n e a E g s 1 g n d u b g w M l d a g s w ü d v s Zu Protokoll ge (C (D Der Antrag der Grünen, der die Grundlage für diese iskussion lieferte, hat sich allerdings erledigt. Zum eien wird die Hauptforderung, Ökostrom zu beziehen, erüllt. Zum anderen ließ der Antrag außer Acht, dass der undestag bereits zahlreiche Maßnahmen zum Energieparen und zum Klimaschutz umsetzt und stetig verbesert. So werden zunehmend Bewegungsmelder zur ichtschaltung und Energiesparleuchten installiert. Abchaltbare Steckdosen können problemlos bei der Hauserwaltung bestellt werden. Man muss also feststellen, ass in vielen Bereichen einzelne Forderungen schon erüllt werden. Um die Vorbildfunktion des Bundestages bei Klimachutz, Energieeffizienz und erneuerbaren Energien zu erdeutlichen, sollte das aber besser kommuniziert erden. Die Linksfraktion informiert übrigens über ww.linksfraktion.de/energie auch die Mitarbeiterinnen nd Mitarbeiter über Energieeffizienz und Stromwechsel. Eine Ausrichtung der Ausschreibungen des Bundestaes hin zum Klimaschutz ist ein zunehmend wichtiger spekt. Der größte Fortschritt wäre – und das ist wohl eies der großen Defizite hier im Hause – sicherlich beim pritschluckenden Fuhrpark zu erreichen. Hier könnte er CO2-Ausstoß um ein Drittel gesenkt werden. Wenn der Bundestag nun den Stromanbieter wechselt, st aber darauf zu achten, dass nicht Strom mit sogenannen RECS-Zertifikaten ins Angebot kommt. Diese „Persilcheine“ nutzen deutsche Stromversorger, um Kohleund tomstrom an der Börse gegen Wasserkraft aus Skandiavien zu tauschen, ohne selbst erneuerbare Energien zu rzeugen. Mindestvoraussetzung ist eine Orientierung m „Grüner-Strom-Label“. Dieses garantiert, dass die rträge in den Ausbau heimischer erneuerbarer Enerien fließen. Die Linke stimmt der Beschlussempfehlung zu. Der Bundestag wird vollkommen auf Ökostrom umge tellt. Das ist ein wichtiges Zeichen des Parlaments. Eine 00-prozentige Stromversorgung aus erneuerbaren Enerien ist möglich. Dies haben bereits viele Bürger und eiige Regionen bewiesen. Die vollständige Umstellung es Bundestages auf Ökostrom ist ein wichtiger Teilerfolg nseres Antrages „Den Deutschen Bundestag zum Vorild für die sparsame und klimafreundliche Stromversorung machen“, Drucksache 16/7529. Im Vergleich dazu urde letztes Jahr unser Antrag abgelehnt, sämtliche inisterien und das Kanzleramt auf Ökostrom umzustel en. Union, SPD und FDP hatten damals dafür gestimmt, ass die Häuser der Bundesregierung ihren Strom weiter us Kohleund Atomkraftwerken beziehen. Die Kanzlerin eht wie die meisten ihrer Minister damit weiter mit chlechtem Beispiel voran. Wir werden dranbleiben und eiter einfordern, dass die Bundesregierung nicht nur ber Klimaschutz redet, sondern auch selbst handelt. Bislang wurde bereits die Eigenversorgung des Bunestages mit erneuerbaren Energien bereitgestellt. Leider erbraucht der Bundestag mehr Strom als er selbst hertellt. Es war höchste Zeit, dass auch der Strombezug aus Ernst Burgbacher gebene Reden Hans-Josef Fell sauberen Quellen kommt. Jetzt ist es entscheidend, dass der eingekaufte Ökostrom auch tatsächlich Ökostrom ist und nicht nur im grünen Mäntelchen getarnter Kohleund Atomstrom. Ökostrom auf der Basis von RECS-Zertifikaten lehnen wir daher strikt ab. Wir werden da ganz genau hinschauen. Die Bundestagsverwaltung muss bei ihrer Ausschreibung strenge Maßstäbe anlegen. Nur dann wird der Bundestag seiner Vorreiterrolle gerecht. Die FDP hat die Umstellung auf Ökostrom abgelehnt. Nun, die Ablehnung der erneuerbaren Energien durch die FDP ist ja nichts Neues. Gespannt bin ich auf die Begründung in der Rede der FDP. So schön die Botschaft ist, dass der Bundestag jetzt auf Ökostrom setzt, so bedauernswert ist die Ablehnung der anderen Punkte unseres Antrages. Anstatt diese Punkte offen aufzugreifen, wurde einfach behauptet, dass man das alles schon mache oder eben nicht machen könne. Leider haben die anderen Fraktionen sich diese höchst konservative Position der Verwaltung zueigen gemacht. Ich möchte nicht auf jeden einzelnen Punkt eingehen, sondern anhand einiger Beispiele zeigen, was möglich gewesen wäre. Der Antrag hatte vorgesehen, dass der Bundestag seine Gasversorgung von Erdgas auf Biogas umstellt. Hier hätte der Deutsche Bundestag die Möglichkeit, weltweit Vorreiter zu sein. So etwas gibt es in keinem anderen Parlament. Es wurde nicht einmal versucht, an Biogas ranzukommen. Dabei würde sich garantiert jeder Biogasanbieter über eine Anfrage des Bundestages freuen und die Füße in die Hand nehmen, um dem Bundestag ein gutes Angebot machen zu können. Ich fordere die Bundestagsverwaltung auf, ihre Blockadehaltung zu überdenken. Die Bundestagsverwaltung behauptet, alle möglichen Einsparmaßnahmen schon getroffen zu haben. Das kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Jeder Abgeordnete und Mitarbeiter braucht doch nur unter seinen Schreibtisch zu schauen und wird feststellen, dass die Bundestagsverwaltung noch eine Menge Hausaufgaben vor sich hat. Unter der Schreibtischplatte werden Sie einen Trafo mit einem riesigen Stand-by-Verbrauch für die Schreibtischlampe entdecken. Diese total veralteten Trafos fressen immens viel Strom. Wir wettern im Umweltausschuss und im Plenum fraktionsübergreifend jahrein, jahraus gegen Stand-by-Verluste und leisten uns ganzjährig eine Sitzheizung mit dem Lampentrafo. Ein Trafoaustausch würde sich bereits in ein, zwei Jahren amortisieren und dem Bundestag schnell jährlich einige Zehntausend Euro einsparen. Gewinner wären die Steuerzahler und die Umwelt. Ich fordere Sie und Ihre Mitarbeiter auf: Ziehen sie selbst den Stecker! Warten Sie nicht darauf, dass die Verwaltung neue Trafos einbaut! Gehen Sie mit gutem Beispiel voran! Die Grüne Fraktion hatte im Ältestenrat zugestimmt, den Antrag für erledigt zu erklären. Sonst wäre der Antrag in Gänze abgelehnt worden. Hiermit wäre auch der Punkt mit dem Ökostrom tot gewesen. Damit der Bundestag sich ernsthaft auch mit den anderen Vorschlägen auseinandersetzt, werden wir den Antrag neu auflegen. Dann müssen die anderen Fraktionen Farbe beken n M s d 1 B g n c ß f B n E M D D n u w R d u L s d l A K D d r s s (C (D en. Wir müssen beim Klimaschutz Vorreiter sein. achen Sie mit. Schluss mit der Blockade! Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt unter Nr. 1 seiner Bechlussempfehlung auf Drucksache 16/8820, den Antrag er Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 6/7529 für erledigt zu erklären. Wer stimmt für diese eschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltunen? – Die Beschlussempfehlung ist einstimmig angeommen. Unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung auf Drucksahe 16/8820 empfiehlt der Ältestenrat, eine Entschlieung anzunehmen. Wer stimmt für diese Beschlussempehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die eschlussempfehlung ist mit den Stimmen aller Fraktioen bei Enthaltung der FDP-Fraktion angenommen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 17 auf: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Beschlussfassung Ausschusses für Wirtschaft und Technologie dem Antrag der Abgeordneten Dr. Kirsten Tackmann, Kornelia Möller, Werner Dreibus, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Arbeitgeberzusammenschlüsse zur Stärkung ländlicher Räume – Drucksachen 16/4806, 16/8262 – Berichterstattung: Abgeordnete Andrea Wicklein Die Reden sollen zu Protokoll genommen werden. s handelt sich um die Reden der Kollegen Philipp ißfelder, CDU/CSU, Andrea Wicklein, SPD, r. Edmund Peter Geisen, FDP, Dr. Kirsten Tackmann, ie Linke, sowie Ulrike Höfken, Bündnis 90/Die Grüen. Bei der Betrachtung dieses Antrages drängt sich mir nweigerlich der Eindruck auf, dass die Linke gerade ieder auf dem Weg ist, die Kollektivierung in ländlichen äumen einführen zu wollen. Ich kann es zwar verstehen, ass die Abgeordneten der Linkspartei den Kolchosen nd landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften, PGs, nachtrauern, nur wird sich durch solche planwirtchaftlichen Strukturen die Situation im ländlichen Raum efinitiv nicht verbessern lassen. Deshalb haben wir den Antrag der Linkspartei abgeehnt. Und nicht nur wir sehen die Linke hier im Irrtum. uch die Bundesregierung hat in der Antwort auf deren leine Anfrage zu Arbeitgeberzusammenschlüssen, rucksache 16/8936, unmissverständlich festgestellt, ass es gar keine Notwendigkeit gibt, hier gesetzgebeisch tätig zu werden. Wenn es die Notwendigkeit geben ollte, dass sich verschiedene Arbeitgeber zusammenchließen wollen, so können sie das bereits heute in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes, einer GmbH oder einer eingetragenen Genossenschaft. Deshalb ist dieser Antrag auch überflüssig und reaktionär. Was wir brauchen, sind marktwirtschaftliche Strukturen. Beispiele wie Ostbayern oder das Oldenburger Münsterland zeigen, wie ehemals unterentwickelte Regionen durch eine richtige marktwirtschaftliche Ausrichtung von den Armenhäusern Deutschlands zu Boomregionen werden konnten. So ist beispielsweise das Oldenburger Münsterland heute die am stärksten wachsende Region in Niedersachen. Das muss unser Weg sein, nicht die Kollektivierung. Denn es wird auch der Linken nicht entgangen sein, dass sich der ländliche Raum in einer Aufbruchsund Investitionsstimmung befindet. Es findet derzeit eine „grüne Revolution“ statt, die sich durch eine breite Auffächerung des Arbeitsspektrums auszeichnet. Heute ist der ländliche Raum nicht mehr ausschließlich für die Nahrungsmittelproduktion zuständig, sondern ebenso als Energieund Rohstofflieferant sowie als Dienstleister für Freizeit, Erholung, Tourismus und Urlaub. Hier ergeben sich gerade ganz neue Erwerbsmöglichkeiten, die inzwischen dazu führen, dass die in Zeiten der Lebensmittelüberproduktion stillgelegten Flächen wieder reaktiviert werden. Die Probleme ländlicher Räume sind in der Vergangenheit vielfältig gewesen und bieten deshalb heute auch Anlass, aus früheren Fehlern zu lernen: Wenn früher Kommunen geglaubt haben, eine Schule aus Kostengründen schließen zu müssen, hat dies häufig dazu geführt, dass auch die Eltern irgendwann in Ballungsräume gezogen sind, weil sie nicht wollten, dass ihre Kinder täglich über weite Strecken zur nächsten Schule befördert werden mussten. Der Schlüssel für die Entwicklung des ländlichen Raumes ist demnach die Infrastruktur. Dazu gehört besonders die Entwicklung des Mittelstandes und der Informationstechnologie, damit der ländliche Raum in Zukunft nicht alleine ein Lieferant von Rohstoffen und Nahrungsmitteln, sondern ebenso von Ideen und Dienstleistungen wird. Deshalb müssen wir dafür sorgen, mit einer flächendeckenden Breitbandnutzung die nötige Infrastruktur in der Informationsgesellschaft zu schaffen. Ich bin der festen Überzeugung, dass durch die Breitbandversorgung bis in den letzten Winkel unseres Landes der ländliche Raum eine neue und bisher nicht gekannte Attraktivität bekommen wird, die alle Vorteile ländlicher Räume, wie gesunde Natur und vergleichsweise günstigen Wohnraum, mit den rasanten Errungenschaften der modernen Informationsgesellschaft verbindet. Deshalb bin ich der Bundesregierung und insbesondere unserem Wirtschaftsminister Michael Glos dankbar, dass er die Schließung der sogenannten weißen Flecken in der Versorgung mit schnellem Internet zu einem Schwerpunkt seiner Arbeit gemacht hat. Hier liegen noch enorme Potenziale brach, die in den nächsten Jahren erschlossen werden können. Unser Ziel ist es dabei, dass in Deutschland jede Person, egal wo sie lebt, Zugang zu Downloads und Uploads im Megabitbereich erhält. Dies ist ein ehrgeiziges Ziel, an dessen Umsetzung wir aber intensiv arbeiten. Immerhin reden wir von etwa 65 Prozent der Bevölkerung, die in Deutschland im ländlichen Raum w w d W N A s c n h r M s f n v A k d A a „ n v d d d A I w t F d k z s z V a l n e K k m r r s l l t w l P B d Zu Protokoll ge (C (D ohnen und ganz selbstverständlich in die Lage versetzt erden müssen, von ihrem Wohnzimmer aus Anschluss an as weltweite Netz zu haben und ein Teil des globalen irtschaftsund Arbeitsmarktes zu sein. Ein wichtiger und aktueller Sachverhalt ist dabei die utzung der sogenannten digitalen Dividende. Durch die bschaltung der analogen Rundfunkfrequenzen werden ich Spielräume ergeben, die zwingend für die flächendekende Funkversorgung mit breitbandigem Internet geutzt werden müssen. Hier sind sowohl die bisherigen Inaber der Funkfrequenzen, vor allem der öffentlichechtliche Rundfunk, als auch die Serviceprovider und die obilfunkanbieter in der Pflicht, eine sinnvolle und wirt chaftliche Lösung zu finden. Wir plädieren ganz klar daür, die frei werdenden Frequenzen für die dringend beötigte Breitbandversorgung des ländlichen Raums zu erwenden. Ungeachtet dieser aktuellen politischen ufgabe, wie die digitale Dividende genutzt werden ann, hat die Bundesregierung bereits ein ganzes Bünel von Maßnahmen auf den Weg gebracht und wird ihre nstrengungen weiter intensivieren. Ich möchte hier nur ls ein Beispiel die Mittel aus der Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“, GA, ennen. Hier wird im Rahmen der Infrastrukturförderung on Gewerbegebieten deren Anbindung ans Netz oder an en nächsten Knotenpunkt gefördert. Bis zu 90 Prozent er anfallenden Kosten sind förderfähig. Das sind die für ie Anbindung notwendigen Kosten, die über die eines nschlusses bei einem Breitbandanbieter hinausgehen. m Rahmen der gewerblichen Wirtschaftsförderung ird außerdem auch der Breitbandzugang einzelner Un ernehmen innerhalb eines Gewerbegebietes gefördert. örderfähig sind dabei die Anschlusskosten. Der Förerhöchstsatz hängt davon ab, in welcher Fördergebietsategorie sich das begünstigte Unternehmen befindet. Dies soll nur eines von zahlreichen Beispielen sein, die eigen, dass wir die Entwicklung des ländlichen Raumes ehr ernst nehmen und unsere Anstrengungen darauf konentrieren, jeden Ort in Deutschland im internationalen ergleich konkurrenzfähig zu machen. Und das ist es uch, worauf es ankommt: die Zukunftsfähigkeit unserer ändlichen Räume. Dazu sagt der Antrag der Linken gar ichts. Er propagiert kollektivistisches Gedankengut, das indeutig und nachvollziehbar in seiner Ausformung der olchose oder LPG gescheitert ist. Wenn das die Zuunftsvision für unser Land sein soll, zeigt dies einmal ehr, wie sehr die Linke eine fortschrittsfeindliche und estaurative Partei ist. Die Konzepte der Linken sind beeits einmal gescheitert. Das hat jeder vor Augen. Sie ollte uns deshalb in Zukunft mit derartigen rückschrittichen und unzeitgemäßen Konzepten verschonen. Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, vor allem in ändlichen, strukturschwachen Räumen ist ein sehr wichiges Anliegen der Regierungskoalition. Deshalb haben ir in unserem Antrag „Unsere Verantwortung für die ändlichen Räume“ vom Juli letzten Jahres deutlich die robleme ländlicher Gebiete beschrieben. Wir haben die undesregierung aufgefordert, gemeinsam mit den Bunesländern einen sektorund ressortübergreifenden An Philipp Mißfelder gebene Reden satz zu wählen, der der breitgefächerten Problematik der ländlichen Räume gerecht wird. Ziel muss es sein, die Wirtschaftskraft und die Attraktivität ländlicher Regionen als gleichberechtigte und gleichwertige Lebensräume zu entwickeln. Auch über die Gemeinschaftsaufgaben werden Bund und Länder in Zukunft gemeinsam Verantwortung für die Entwicklung der Regionen übernehmen. Wir haben sie daher bei der Reform der bundesstaatlichen Ordnung erhalten. Wir haben bis 2011 die Bundesmittel für die Gemeinschaftsaufgabe „Regionale Wirtschaftsstruktur“ auf jährlich rund 600 Millionen Euro festgeschrieben und sichern damit die Förderung von Investitionen in der gewerblichen Wirtschaft und in wirtschaftsnahe Infrastruktur. Wir haben die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ weiterentwickelt. So ist inzwischen die Förderung der Breitbandversorgung in ländlichen Räumen möglich. Auch Investitionen von Erzeugergemeinschaften können unterstützt werden. Wir haben die Bedeutung der Biomasse für die Entwicklung ländlicher Räume erkannt. Durch unsere Klimapolitik und die darin enthaltene Schwerpunktsetzung auf regenerative Energien bieten wir den ländlichen Regionen neue Perspektiven und Beschäftigungschancen. Zum Beispiel sind in der Branche der erneuerbaren Energien allein in Ostdeutschland bis 2006 235 000 Arbeitsplätze entstanden. Zahlreiche Initiativen stärken ländliche Räume als Produktionsstätte der Biomasse und ihre Verwertung für Energie und Kunststoffe. Wir schenken dem Tourismus in ländlichen Räumen große Beachtung. Wir haben daher bei der Investitionszulage Ost das Beherbergungsgewerbe förderfähig gemacht. Die Investitionszulage muss auch weiterhin als wichtiges Förderinstrument für die ländlichen Räume erhalten bleiben. Natürlich können solche Entwicklungsstrategien nicht allein „von oben“ verordnet werden. Sie bedürfen der Umsetzung und Koordination in den ländlichen Regionen selbst. Regionale Entwicklungskonzepte sind notwendig, um die Akteure vor Ort zusammenzubringen und Entwicklungschancen zu identifizieren. Auch Arbeitgeberzusammenschlüsse, wie sie im Antrag der Linksfraktion beschrieben werden, können Teil regionaler Strategien für mehr Beschäftigung sein. Es ist ausdrücklich zu begrüßen, wenn regional verankerte landwirtschaftliche Betriebe sich zusammentun und den Menschen in der Region eine Beschäftigungsperspektive geben, auch wenn der einzelne Betrieb dazu nicht in der Lage wäre. So können tatsächlich ganzjährige, sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze entstehen. Die Erfahrungen in Brandenburg zeigen jedoch, dass Arbeitgeberzusammenschlüsse zwar den landwirtschaftlichen Betrieben helfen, indem sie die Zusammenarbeit fördern, dass die Wirkung auf die Arbeitslosenzahlen aber eher gering ist. Arbeitgeberzusammenschlüsse sind dann am erfolgreichsten, wenn sie von den landwirtschaftlichen Betrieben selbst ausgehen und auch von ihnen getragen wer d f h E b s l s d d z L i p d t n r e l e f d g B i B g B s c b r F s s r d r a l f h E s A l w g g t Zu Protokoll ge (C (D en. Auch müssen sie sich als Teil einer Gesamtstrategie ür die Region verstehen. Eine Lösung allein durch unabängige und vom Staat geförderte Träger bietet weniger rfolgsaussichten. Die Regierungskoalition hat bereits Vereinfachungen eschlossen, die auch die Gründung von Arbeitgeberzuammenschlüssen erleichtern. Seit August 2006 ermögicht das neue Genossenschaftsrecht auch Zusammenchlüsse, die sich sozialen Belangen widmen. Die Anzahl er notwendigen Gründungsmitglieder ist von sieben auf rei gesunken. Das Mindestkapital darf nun in der Satung von den Gründern selbst festgelegt werden. Auch die andesregierung Brandenburg hat diese Veränderungen m Hinblick auf Arbeitgeberzusammenschlüsse bereits ositiv hervorgehoben. Aus Sicht der SPD-Bundestagsfraktion hat der Bund amit bereits die Vorkehrungen getroffen, die zur erleicherten Gründung von Arbeitgeberzusammenschlüssen ötig waren. Die rechtlichen Rahmenbedingungen zu iher Bildung sind ohnehin vorhanden. Ich möchte daran rinnern, dass wir auch für die GmbH-Gründung Ereichterungen beschlossen haben. Des Weiteren besteht ine Fördermöglichkeit über den Europäischen Sozialonds, dessen Umsetzung Aufgabe der Länder ist. Dass die derzeitigen Regelungen ausreichen, zeigen ie vielen Arbeitgeberzusammenschlüsse, die es bereits ibt – nicht nur in Brandenburg, sondern auch in anderen undesländern, zum Beispiel das Modellprojekt COOP+ n Jena oder die Kooperationsinitiative Maschinenbau in raunschweig. Für uns besteht deshalb keine Notwendigkeit, Arbeiteberzusammenschlüsse direkt und zusätzlich durch den und zu fördern. Die notwendigen Rahmenbedingungen ind bereits gegeben. Die Idee von Arbeitgeberzusammenschlüssen zur Si herung und Schaffung stark saisonal abhängiger Areitsplätze, wie sie von der Fraktion Die Linke im zu beatenden Antrag gefordert wird, ist in der Landund orstwirtschaft sowie im Gartenbau nicht neu und nicht chlecht; diverse Organisationen wie die Landwirtchaftskammern oder die Maschinenund Betriebshilfsinge haben hierzu Modelle entwickelt. Neu hingegen ist er Ruf nach staatlicher Reglementierung und Alimentieung. Das lehnt die FDP-Bundestagsfraktion entschieden b. Erstens. Was staatliche Reglementierung bedeutet, ereben wir ja gerade bei den angesprochenen Erntehelern: Da werden bürokratische Hürden sowohl für unsere eimischen Sonderkulturbetriebe als auch für polnische rntehelfer aufgebaut, die beide Seiten verzweifeln lasen – und all das mit dem Verweis auf die hohe deutsche rbeitslosenrate. Ich bitte Sie: Es ist doch billiger Popu ismus, zu verkünden, auf den Obstund Gemüsefeldern ürde das Problem der Arbeitslosigkeit in Deutschland elöst. Im Gegenteil: Sehenden Auges setzt die Bundesreierung die Existenz der heimischen Sonderkulturberiebe aufs Spiel. Produktionsaufgabe und Verlagerung Andrea Wicklein gebene Reden ins Ausland sind die Folge. So ist dem deutschen Arbeitsmarkt erst recht nicht gedient. Daher fordert die FDP, die Erntehelferregelung endgültig auslaufen zu lassen und durch eine EU-weite Freizügigkeit für Arbeitnehmer im Agrarbereich zu ersetzen. Zudem muss die Regierung unverzüglich bilaterale Verhandlungen mit osteuropäischen Ländern wie etwa der Ukraine und Weißrussland aufnehmen, um den Bedarf der heimischen Landwirtschaft und des Tourismus an Saisonarbeitskräften sicherzustellen. Zweitens. Warum schon wieder eine neue Institution zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit schaffen und mit Geld ausstatten? Das heißt doch im Umkehrschluss, die bestehenden arbeiten nicht effizient! Dann sollte man aber konsequenterweise – wie von der FDP seit langem gefordert – erst einmal bei den Zuständigen wie der Bundesagentur für Arbeit bzw. den Jobcentern und den ARGEs ansetzen. Hier bietet sich echter finanzieller wie konzeptioneller Spielraum. Drittens. In den strukturschwachen ländlichen Regionen vor allem im Nordosten Deutschlands mögen solche Maßnahmen vielleicht noch einige Langzeitarbeitslose zur Arbeit in den Feldern motivieren. In den meisten ländlichen Räumen im Westen hingegen mit geringerer Arbeitslosigkeit sucht man vergeblich! Lassen Sie uns doch den Realitäten ins Auge blicken: In unserer hochtechnologischen Gesellschaft findet man kaum noch motivierte und auch entsprechend qualifizierte Erntehelfer; das belegen doch auch die Vermittlungszahlen. Will man den ländlichen Raum und seine Bewohner wirklich fördern, dann funktioniert das nicht mit Planwirtschaft, dann funktioniert das nur mit nachhaltigen Investitionsanreizen. Verlässlichster Partner sind hier die Landwirte – sie produzieren vor Ort, sie schaffen Arbeitsplätze, nicht nur in ihrem Betrieb, sondern auch und vor allem in vorund nachgelagerten Bereichen, sie erhalten und pflegen unsere Kulturlandschaften. Deshalb mein Plädoyer: Geht es der Landwirtschaft gut, geht es den ländlichen Räumen gut! Die Bundesregierung sollte alles daransetzen, diese Stütze der Gesellschaft zu unterstützen. Leider können wir häufig nur das Gegenteil erkennen: ob Milchquote, Gesundheitscheck, Biokraftstoffe, Grüne Gentechnik oder Erbschaftsteuerreform – Verlässlichkeit und Planungssicherheit sind für Schwarz-Rot Fremdwörter. Über die schwierige Lebenssituation und die Zukunft vieler ländlicher Räume haben wir im Bundestag oft diskutiert, zuletzt vor wenigen Wochen, als Minister Seehofer eine interministerielle Arbeitsgruppe ankündigte. Aber Problembewusstsein allein ändert nichts. Der Ernst der Lage ist wohl im Ministerium noch gar nicht angekommen. Es fehlt an vielem: Schulen, Ärztinnen und Ärzten, Bussen und Bahnen, Postund Bankfilialen. Und vor allem fehlen existenzsichernde Arbeitsplätze! Es geht nämlich nicht nur um Armut aufgrund von Langzeitarbeitslosigkeit, sondern um Niedrigstlöhne und die Tendenz, dass Beschäftigte zum Beispiel im Hotelund Gaststättengewerbe oder in der Landoder Forstwirtschaft nur noch zeitweise gebraucht werden. Tage-, Wochen u s z d i d b Z s s K r d V F w d b c t s s s g g h t B d n k A S e c s u F p d i 4 g M d s e g D r t w Zu Protokoll ge (C (D nd Monatslöhnern fehlt das Geld aber nicht nur heute, ondern auch im Alter. Es ist also wichtig, darüber nachzudenken, wie diese eitweise verfügbare Arbeit so organisiert werden kann, ass sie Menschen eine Perspektive bietet. Sie sollen in hrer Region bleiben können, wenn sie das wollen! Und as geht alle an: Abwanderung ist ja nicht nur ein Prolem der verlassenen Gegend, sondern auch eines der uzugsregion. Die Linke hat den Vorschlag gemacht, eine französiche Idee aufzugreifen, die auch von der brandenburgichen SPD-CDU-Koalition unterstützt wird, während die oalition auf Bundesebene die gute Idee wohl noch igno iert. Die Linke redet nicht nur über Problem; sie stellt sich em Problem der nur noch saisonal oder zeitweise zur erfügung stehenden Arbeit, speziell in der Landund orstwirtschaft. Auf der Suche nach neuen Wegen sind ir auf eine Lösung gestoßen, die den Flexicurity-Ansatz er EU auch im Interesse der Beschäftigten erfüllt: Areitgeberzusammenschlüsse he Kooperationen vor allem kleiner und mittlerer Beriebe einer Region. Im Einzelbetrieb nur zeitweise oder aisonal Beschäftigte werden im Arbeitgeberzusammenchluss ganzjährig sozialversicherungspflichtig eingetellt. Vorteil für die Betriebe: Sie können immer auf den leichen Pool qualifizierter, erfahrener Fachkräfte zureifen. Im Unterschied zur Leiharbeit bestehen feste Bezieungen der Betriebe untereinander und zu den Beschäfigten. Empfehlenswert sind AGZ aus verschiedenen ranchen, sodass sich Arbeitsspitzen möglichst gut über as Jahr verteilen. Die Betriebe werden von Personalmaagementaufgaben entlastet, was Kosten spart. Sie beommen erfahrene Fachkräfte für die Zeit ihres erhöhten rbeitsaufkommens, auf die sie sich verlassen können. Auch die Vorteile für die Beschäftigten sind vielfältig. ie sind ganzjährig beim AGZ beschäftigt und erfüllen ine Vielzahl abwechslungsreicher Tätigkeiten. Unsihere Einzelarbeitsverhältnisse werden durch die AGZ ozial abgesichert und in existenzsichernde Arbeitsplätze mgewandelt. Zusätzlich werden durch die AGZ Ausund ortbildung und andere Qualifizierungen organisiert. Im EU-Nachbarland Frankreich wurden damit sehr ositive Erfahrungen gesammelt. 2004 gab es dort auf er Grundlage eines Gesetzes aus dem Jahr 1985 allein m landwirtschaftlichen Bereich 4 100 AGZ mit circa 0 000 Beschäftigten. In Deutschland wird die gemeinsame, betriebsüberreifende Nutzung von landund forstwirtschaftlichen aschinen oder die gemeinsame Vermarktung von Pro ukten schon lange erfolgreich organisiert. Daran lässt ich anknüpfen. In Brandenburg wurden diese Chancen rkannt. Die Landesregierung fördert seit einigen Jahren ezielt den Aufbau von Arbeitgeberzusammenschlüssen. urch eine gerade erst veröffentlichte Kooperations ichtlinie soll die schwierige Anfangsphase zur Einrichung eines Arbeitgeberzusammenschlusses unterstützt erden. Gleichzeitig macht die Brandenburger Landes Dr. Edmund Peter Geisen gebene Reden Dr. Kirsten Tackmann regierung auf bundespolitische Erfordernisse aufmerksam: „Für einen gesetzlichen Schutz, der sich speziell auf den Schutz von Arbeitgeberzusammenschlüssen ausrichtet, sind bundesgesetzliche Regelungen maßgebend.“ Dagegen antwortete die Bundesregierung gerade auf „Aus Sicht der Bundesregierung sind die rechtlichen Rahmenbedingungen zur Bildung von Arbeitgeberzusammenschlüssen regierung nur schlecht informiert oder ignoriert sie den dringenden Regelungsbedarf? Der ist nämlich klar und eindeutig: Erstens. Gebraucht wird eine Anschubfinanzierung, zum Beispiel über die Bundesagentur für Arbeit. Zweitens. Wir brauchen die gesetzliche Klarstellung, dass AGZ keine Leiharbeit sind, weil sonst zum Beispiel die Beiträge für die Berufsgenossenschaft ungerecht hoch sind. Auch die EU-Ebene hat unterdessen erkannt, dass AGZ zur Stärkung der ländlichen Räume beitragen können: EU-Kommissar Špidla hat Anfang des Jahres ein europäisches Ressourcenzentrum für AGZ gegründet! Bei der Eröffnung im Februar 2008 gab er zu Protokoll, dass die AGZ nach seiner Kenntnis das einzige Projekt wäre, wo Flexibilisierung und soziale Sicherung wirklich gemeinsam gedacht, also die Forderungen an Flexicurity erfüllt werden. Es gibt also, liebe Kolleginnen und Kollegen, keinen wirklichen Grund, den Antrag der Linken heute abzulehnen. Die Erntezeit in den Sonderkulturen hat begonnen, und damit stellt sich wieder die Frage, wer Erdbeeren und Spargel, aber auch Äpfel und Beeren ernten soll. Die Landwirte klagen, dass sie wegen der Erntehelferregelung nicht mehr ausreichend engagierte Erntehelfer finden und die Produkte auf dem Feld verschimmeln. Aber die Probleme bei der Ernte sind auch hausgemacht: Die Arbeitsbedingungen und Löhne sind häufig schlecht, darum finden die Betriebe weder inländische noch ausländische Helfer. Die jetzige Entwicklung zeigt, dass unsere osteuropäischen Nachbarn nicht mehr als Billigarbeiter auf Reisen gehen wollen. Deutschland ist für Arbeitskräfte aus Osteuropa unattraktiv. Die Politik der Bundesregierung wirkt abschreckend und hilft den Betrieben nicht. Stattdessen sollte sie auf bessere Standards für einheimische und zugereiste Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer setzen. Mit Stundenlöhnen um 4 Euro und weniger kann man keine motivierten Arbeiter mehr anlocken. Nur noch saisonal verfügbare und schlecht bezahlte Arbeitsplätze im ländlichen Raum haben aber noch eine zweite Auswirkung: die Abwanderung junger Menschen aus diesen Regionen. Wollen wir die Dörfer erhalten, muss die Arbeit so organisiert werden, dass sie die Existenz der Arbeitnehmer im ganzen Jahr absichert. Wir brauchen ein Anreizsystem für die grünen Berufe, eine faire Entlohnung, faire Unterbringungsund Arbeitsbedingungen, eine Verbesserung der Vermittlung von Saisonarbeitskräften und eine koordinierte, bedarfsgerechte Ausund Weiterbildung. Dazu können die vorgeschlagenen „grünen Agenturen“ besonders gut beitragen, wie wir es in unserem Antrag bereits 2006 gefordert haben ( g d w g n b E d b b B P u T d m d s a h v j d F B z A W s d l G f u D g m D A D s (C (D Drucksache 16/2991)


(A) )


(B) )

Iris Gleicke (SPD):
Rede ID: ID1616030900




(A) )


(B) )

Ernst Burgbacher (FDP):
Rede ID: ID1616031000




(A) )


(B) )

Hans-Kurt Hill (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616031100
Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1616031200







(A) )


(B) )

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1616031300
Philipp Mißfelder (CDU):
Rede ID: ID1616031400

(A) )


(B) )

Andrea Wicklein (SPD):
Rede ID: ID1616031500




(A) )


(B) )

Dr. Edmund Peter Geisen (FDP):
Rede ID: ID1616031600




(A) )


(B) )

Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616031700







(A) )


(B) )

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1616031800
Ulrike Höfken-Deipenbrock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1616031900
reifende Vernetzung saisonaler Arbeitsmöglichkeiten in
en Dörfern vom Forstbetrieb über Gartenbau und Land-
irtschaft bis hin zu anderen gewerblichen Arbeitszwei-
en. So kann die Jahresgesamtarbeitszeit an verschiede-
en Arbeitsstellen erbracht werden.

Die zweite Säule der EU-Agrarpolitik muss finanziell
esser ausgestattet werden, damit durch eine höhere
U-Förderung, gemeinsam mit einer zusätzlichen Bun-
esförderung, Entwicklungen wie etwa der grünen Ar-
eitsmarktagenturen finanziert werden können. Darü-
er hinaus fordern wir einen fairen Mindestlohn für die
eschäftigten in den grünen Berufen und unterstützen das
rojekt der Gewerkschaft IG BAU gegen Lohndumping
nd schlechte Arbeitsbedingungen. Mehr Arbeitslose für
ätigkeiten in den grünen Berufen zu vermitteln, kann nur
ann gelingen, wenn die Anforderungen der Betriebe an
otivierte, qualifizierte und zuverlässige Mitarbeiter auf
er einen Seite und der berechtigte Anspruch der Arbeit
uchenden Menschen nach einer beruflichen Perspektive
uf der anderen Seite zur Deckung gebracht werden. Die
eutige Agrarpolitik benachteiligt zudem Betriebe mit
ielen Arbeitsplätzen. Dies wollen wir im Rahmen der
etzt anstehenden EU-Agrarreform ändern. Wir fordern,
ass die landwirtschaftlichen Direktbeihilfen auch an den
aktor Arbeitskraftbesatz gebunden werden müssen. Die
undesregierung muss ihre Blockadehaltung gegen eine
ukunftsorientierte Weiterentwicklung der europäischen
grarpolitik endlich aufgeben.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1616032000

Wir kommen zur Abstimmung. Der Ausschuss für
irtschaft und Technologie empfiehlt in seiner Be-

chlussempfehlung auf Drucksache 16/8262, den Antrag
er Fraktion Die Linke auf Drucksache 16/4806 abzu-
ehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –
egenstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussemp-

ehlung ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen
nd der FDP-Fraktion gegen die Stimmen der Fraktion
ie Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen an-
enommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 19 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Winfried
Nachtwei, Alexander Bonde, Markus Kurth, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Oslo-Prozess zum Erfolg führen – Jegliche
Streumunition ächten
– Drucksache 16/8909 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)

Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung

Auch hier werden die Reden zu Protokoll genom-
en. Es handelt sich um die Reden der Kollegen
r. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg, CDU/CSU,
ndreas Weigel, SPD, Florian Toncar, FDP, Inge Höger,
ie Linke, Winfried Nachtwei, Bündnis 90/Die Grünen,

owie Gert Winkelmeier, fraktionslos.


(A) )



(B) )


(CDU/ CSU)


Lassen Sie mich gleich zu Beginn meines Redebeitra-
ges zum Ausdruck bringen, als wie wohltuend ich das En-
gagement und die in den letzten Wochen und Monaten
entstandene ungemeine Dynamik empfinde, mit welcher
vonseiten des Parlamentes im Bereich der Streubomben-
thematik gewirkt wurde. Hierin offenbart sich nicht nur
ein hohes Maß an Unabhängigkeit, welche die Legisla-
tive bei ihrer Arbeit an den Tag legt sowie die beachtliche
inhaltliche Leistungsfähigkeit der parlamentarischen
Ausschüsse, sondern auch die große Bedeutung, welche
dem Oslo-Prozess als Impulsgeber zukommt. Unterstützt
von verdienstvollen Nichtregierungsorganisationen ist es
vor dem Hintergrund des Oslo-Prozesses gelungen, Par-
lamentarier und Regierungsvertreter gleichermaßen an
die komplexe Thematik heranzuführen, Zusammenhänge
aufzuzeigen, Positionen kritisch zu hinterfragen und ver-
meintliche Gewissheiten auf den Prüfstand zu stellen. Die
in den letzten Wochen offenbar gewordene, lebendige
parlamentarische und außerparlamentarische Debatte
hat gezeigt, dass der seinem Gewissen verpflichtete Ab-
geordnete nicht nur ein Postulat unseres Grundgesetzes
ist, sondern Realität. Das allein ist bereits bemerkenswert
und verdient eine ausdrückliche Würdigung in diesem
Rund.

Getragen von einer gemeinsamen Zielsetzung haben
sich Vertreter aller Parteien mit hohem Sachverstand, mit
zielgerichteter Konstruktivität aber vor allem mit einer
bemerkenswerten Unabhängigkeit in den zuständigen
Ausschüssen und Unterausschüssen beständig gemüht,
Fortschritte auf einem schwierigen, vielschichtigen und
komplexen Feld zu befördern. Nationale und internatio-
nale Prozesse und Abstimmungen gilt es, hierbei ebenso
abzuwägen wie – vielleicht erst auf den zweiten Blick
sichtbare – ökonomische und vor allem auch bündnispo-
litische Fragen. Ein von den Antragstellern gefordertes
nationales Moratorium, welches den Einsatz, die Ent-
wicklung, die Herstellung, die Modernisierung, die Be-
schaffung, den Verkauf, die Vermittlung sowie die Ein-,
Aus- und Durchfuhr von Streumunition untersagt, wäre
hingegen bündnispolitisch nicht leistbar und drohte letzt-
lich, die Bündnisfähigkeit Deutschlands zu unterhöhlen.
Ich gebe zu bedenken, dass solch ein Antrag wohl kaum
der grünen Regierungspartei gestellt worden wäre. Diese
sicherheitspolitischen Folgen einer Umsetzung ihrer
Forderungen stünden – und das wissen auch Sie – in kei-
nem Verhältnis zum vielleicht erzielten Effekt.

Auch die von den Antragstellern gewählte Diktion der
„Terrorwaffe“ als Charakterisierung für Streumunition
erscheint mir in der Tat nur schwer erträglich und etwas
inspiriert von übersteigerter oppositioneller Dramatik.
Derartige Begrifflichkeiten dürfen gerade angesichts der
Thematik nicht leichtfertig verwandt und semantisch
verwässert werden. Ich nehme nicht an, dass die hier an-
wesenden Vertreter der Grünen Deutschland und seinen
Verbündeten den Besitz und die Produktion einer „Ter-
rorwaffe“ unterstellen möchten. Die schrecklichen Aus-
wirkungen von Streubomben bleiben Opfern wie Nutzern
gleichwohl wie in Stein gebrannt. Dies würde auch auf

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Zu Protokoll ge
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(D

ie, meine Damen und Herren von der Fraktion der Grü-
en, zurückfallen.

Auch wenn die Antragsteller in ihren Forderungen und
ormulierungen weit über das eigentliche Ziel hinausge-
chossen sind, so ist ihr Engagement, in der Sache selbst
u einem befriedigenden Ergebnis zu kommen, dennoch
nbenommen. Letztlich sind auf dem Gebiet der Streu-
omben tatsächlich humanitäre Aspekte ausschlagge-
end. Es sollte jedoch nicht verschwiegen werden, dass
ereits im Vorfeld der anstehenden Konferenz große Fort-
chritte erreicht werden konnten. So stellt es durchaus ei-
en Erfolg dar, dass von der Union gemeinsam mit dem
oalitionspartner im letzten Jahr ein Antrag bezüglich
efährlicher Streumunition in den Bundestag eingebracht
nd verabschiedet werden konnte. Dieser sah unter ande-
em vor, Streumunition der Bundeswehr außer Dienst zu
tellen, die eine Blindgängerquote von über einem Pro-
ent hat, von der Neubeschaffung von herkömmlicher
treumunition abzusehen und die Produktion als auch
en Export von Streumunition mit einer Blindgängerrate
on über einem Prozent zu verbieten. Dieser Antrag kann
edoch nur einen ersten Schritt in die richtige Richtung
arstellen. An einer Fortentwicklung dieser Position
auch und besonders im internationalen Rahmen – muss

erade in diesen entscheidenden Tagen intensiv gearbei-
et werden.

Bei allem Lob für die Arbeit der parlamentarischen
remien sollte jedoch auch die bisherige Rolle der Bun-
esregierung gelobt werden. Als zuständiger Bericht-
rstatter der CDU/CSU begrüße und unterstütze ich aus-
rücklich die grundsätzlich erklärte Zielsetzung der
undesregierung, auf internationaler Ebene ein umfas-
endes Verbot von Streumunition zu erreichen.

Diese Zielsetzung ist jedoch ein hoher Maßstab, den
ie Bundesregierung selbst an sich angelegt hat und an
elchem sie sich stets messen lassen muss. Dies gilt ins-
esondere für den erfolgreichen Abschluss der Verhand-
ungen über ein internationales Abkommen, welches
nde Mai im Rahmen des Oslo-Prozesses abgeschlossen
erden soll. Ein Erfolg des Oslo-Prozesses und eine Un-

erschrift Deutschlands unter den Ende Mai zu beschlie-
enden Vertrag von Dublin, der sich die weltweite Äch-
ung von Streumunition zum Ziel gesetzt hat, erscheint als
chritt hin zu einem globalen Abkommen nahezu unver-
ichtbar.

Bei aller Aufmerksamkeit, die der Oslo-Prozess mo-
entan berechtigterweise bindet, sei jedoch daran erin-
ert, dass es für die Umsetzung einer globalen Ächtung
on Streubomben auch darauf ankommen wird, schritt-
eise die großen Halterstaaten miteinzubeziehen. Dies

st mittels des Oslo-Prozesses bedauerlicherweise bisher
icht gelungen. Die Ansätze des Oslo-Prozesses sind am-
itioniert und bewusst weit gefasst. Sie werden daher
ohl in absehbarer Zeit nicht von allen Staaten geteilt
erden. Gleichwohl kommt dem Oslo-Prozess eine nicht

u unterschätzende Bedeutung zu, da mittels dieses Un-
ernehmens entscheidende Impulse und Problemlösungs-
orschläge hervorgebracht wurden und dies durchaus
ine Strahlkraft für den tendenziell stockenden VN-Pro-
ess hat.



gebene Reden


(A) )



(B) )

Es ist daher zu begrüßen, dass sich die Bundesregie-
rung – trotz durchaus frustrierender Erfahrungen – wei-
terhin aktiv an der Überprüfungskonferenz für das Waf-
fenübereinkommen der Vereinten Nationen, CCW der VN,
beteiligt. Und es sollte in der laufenden Diskussion nicht
unterschlagen werden, dass auch auf dieser Ebene zu-
mindest schüchterne Fortschritte gezeitigt werden. So hat
die dritte Überprüfungskonferenz des VN-Waffenüberein-
kommens am 17. November 2006 die Einsetzung einer
CCW-Expertengruppe zu Streumunition beschlossen, was
von der Bundesregierung als Vorstufe zu Verhandlungen
über ein flankierendes Abkommen zum Thema Streumuni-
tion gewertet wird.

Es ist bedauerlich, dass hinsichtlich eines konkreten
Vorgehens für allfällige Verhandlungen noch keine von
allen relevanten Streumunitionshaltern geteilte Einigung
erreicht werden konnte. Russland lehnt nach wie vor Ver-
handlungen jeder Art ab, die eine Ächtung von Streumu-
nition zum Gegenstand haben. Auch andere Staaten wie
etwa die USA und China verhalten sich in dieser Frage
alles andere als kooperativ. Dennoch stellt die Befassung
der Überprüfungskonferenz einen ersten Beitrag hin zu
einem wirksamen Verbot von Streumunition dar. Es gilt
daher, den laufenden Diskussionsprozess in einen sub-
stanziellen Verhandlungsprozess im CCW-Rahmen zu
überführen, an dem die wichtigsten Besitzer und Anwen-
der von Streumunition teilnehmen. Einseitig auf den
Oslo-Prozess zu setzen, mag aus Gründen konzeptionel-
ler Orthodoxie befriedigender sein, doch mit Blick auf ein
anzustrebendes globales Abkommen wäre dies sicherlich
nicht zielführend.

Den Ansatz einer deutschen Beteiligung an beiden
Prozessen gilt es also weiterzuverfolgen. Zudem muss
Deutschland auch bei seinen Partnern in der Nato und
der EU energisch um Fortschritte in der Sache werben.
Dies gilt auch und insbesondere für die USA, die am
Oslo-Prozess bisher nur als Beobachterstaat teilnehmen.
Der Oslo-Prozess ist zum Motor der weltweiten Bemü-
hungen geworden, eine weltweite Ächtung von Streubom-
ben herbeizuführen. Vor dem Dubliner Treffen des Oslo-
Prozesses droht nun jedoch eine Situation, in welcher
Deutschland nicht an der Abschlusserklärung der Konfe-
renz beteiligt sein könnte.

Die deutsche Delegation fordert nach wie vor Über-
gangsfristen für das Verbot und eine Ausnahme für be-
stimmte sensorengesteuerte Waffen. Die Haltung der
deutschen Regierung wurde auf der Konferenz aus die-
sem Grunde bereits scharf kritisiert. Ein Ausscheiden
Deutschlands aus dem Prozess erschien zeitweise mög-
lich. Diese Gefahr ist ganz offensichtlich noch nicht ge-
bannt, denn trotz verheißungsvoller und blumiger Prokla-
mationen des federführenden Auswärtigen Amtes scheint
sich die Haltung Deutschlands bisher nicht flexibilisiert
zu haben. Das Auswärtige Amt scheint den eigens aufge-
stellten Maßstäben in Sachen Abrüstung im konkreten
Fall nicht vollumfänglich entsprechen zu können.

Bedauerlich muss auch erscheinen, dass es auf der
Konferenz zunehmend zu Konfrontationen zwischen den
Nichtregierungsorganisationen und der Bundesregie-
rung gekommen ist. Offensichtlich hat das einst konstruk-

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ive Klima schwer gelitten. Eine in jüngsten Pressever-
autbarungen des Auswärtigen Amtes angedeutete
lexibilisierung der deutschen Haltung erschiene mir be-
rüßenswert. Vor diesem Hintergrund erscheint die
rage relevant, ob und inwiefern die Bundesregierung

hre Haltung in den anstehenden Verhandlungen von
ublin zu ändern gedenkt. Den jüngsten Proklamationen
er Bundesregierung konnte leider nicht entnommen wer-
en, ob hierauf tatsächlich substanzielle Positionsverän-
erungen folgen sollen. Für wohl alle in der Sache zu-
tändigen Parlamentarier würde ich daher sehr gerne die
rage aufwerfen, ob und inwiefern die deutsche Verhand-

ungsposition flexibilisiert werden soll und welchen wei-
eren Verhandlungsspielraum die Bundesregierung in-
erhalb des Oslo-Prozesses sieht.

Der Oslo-Prozess würde in gewisser Weise entwertet
erden, wenn die wenigen relevanten Teilnehmerstaaten
ie Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Ka-
ada, aus einem anzustrebenden Abkommen herausfie-
en. Eine solche Entwicklung drohte, den gesamten Pro-
ess irrelevant zu machen.

Die offizielle Position Deutschlands bedarf einer kriti-
chen Revision unter Beteiligung des Parlamentes. Das
ategorische Festhalten der im Dreistufenplan darge-
tellten Haltung Deutschlands scheint mir in nicht allen
unkten vollständig schlüssig zu sein. Zudem verbleiben
ffene Fragen bezüglich der konkreten Umsetzung des
reistufenplanes. Gemeinsam mit meinem Kollegen
ndreas Weigel habe ich in diesen Tagen die zahlreichen
ffenen technisch-militärischen wie auch politischen
ragen in einem Schreiben an die Bundesminister
teinmeier und Jung übermittelt. Im Folgenden möchte
ch in aller gebotenen Kürze auch in diesem Hohen Hause
inige der überwölbenden Fragen aufwerfen:

Offene Fragen bestehen beispielsweise bezüglich der
on der deutschen Delegation geforderten Übergangs-
risten für sogenannte Streumunition mit einer Blindgän-
erquote von unter einem Prozent. Nach wie vor ist noch
rheblicher Klärungsbedarf hinsichtlich der zuverlässi-
en Erfüllung der vom Gesetzesantrag der Koalition ge-
orderten Blindgängerquote von unter einem Prozent für
ie Übergangsbestände der Bundeswehr gegeben. Es ist
flicht und Aufgabe des Parlaments, über die Einhaltung
er geforderten Maßstäbe für die übergangsweise er-
aubten Streumunitionsbestände Klarheit zu erlangen.

Auch die von der Bundesregierung geforderten Aus-
ahmen für Alternativmunition, namentlich sensorenge-
teuerte Waffen, bedürfen meiner Auffassung nach einer
ritischeren Überprüfung als bisher. Es muss sicherge-
tellt sein, dass die Alternativmunition tatsächlich die von
er Regierung und den Herstellern dargestellten Anfor-
erungen erfüllt. Der deutsche „Dreistufenplan“ setzt die
echnische Zuverlässigkeit aller Submunitionen voraus.
nklar erscheint mir hierbei noch, auf welche Angaben

ich die Bundesregierung verlässt, um diese Zuverlässig-
eit zu überprüfen.

Insgesamt muss seitens der Bundesregierung noch
chlüssiger als bisher der militärische Nutzen und kon-
rete Bedarf für die – mittelfristig in den Beständen der
undeswehr verbleibende – Streumunition und die anzu-




Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg
gebene Reden


(A) )



(B) )

schaffende Alternativmunition Erklärung finden. Sollte
dieser Bedarf nicht zwingend zum Schutz unserer Solda-
ten geboten sein, erschienen mir allzu großzügige Rege-
lungen hinsichtlich Übergangsfristen und Alternativmu-
nitionen als nicht notwendig und ganz im Gegenteil aus
humanitären Gesichtspunkten sehr bedenklich. In dieser
grundsätzlichen Conclusio stimme ich auch mit den An-
tragstellern überein.

Die Unterschrift Deutschlands unter den Vertragsent-
wurf von Dublin darf schlichtweg nicht an den aufgezeig-
ten offenen Fragen und einer intransigenten deutschen
Verhandlungshaltung scheitern. Keinesfalls darf der Ein-
druck entstehen, dass sich die Bundesregierung auf die-
sem Feld von den Interessen der militärischen Industrie
unter Druck setzen lässt. Auch der scheinbaren Rück-
sichtnahme auf enge bilaterale Partner sind hinsichtlich
dieser Thematik gewisse Grenzen gesetzt. Eine flexiblere
Haltung – insbesondere hinsichtlich der von Deutschland
eingeforderten Übergangsfristen – sollte daher aus mei-
ner Sicht ernsthaft erwogen werden.


Andreas Weigel (SPD):
Rede ID: ID1616032100

Deutschland ist nicht der Bremser in den parallel lau-

fenden multilateralen Verhandlungen über eine Ächtung
von Streumunition und wird das auch in den anstehenden
Verhandlungsrunden nicht sein – auch wenn der hier be-
handelte Antrag der Grünen diesen Eindruck zu erwe-
cken versucht.

Ganz im Gegenteil: Die Bundesregierung hat im ver-
gangenen Jahr eine viel beachtete Initiative für einen
schrittweise universellen Verzicht auf Streumunition er-
griffen. An den internationalen Verhandlungen – sowohl
im UN-Rahmen wie auch im Oslo-Prozess – war
Deutschland nicht nur von Anfang an engagiert beteiligt,
sondern hat zudem bereits in einem sehr frühen Stadium
erste konkrete Vorschläge und Textbausteine für eine Völ-
kerrechtsergänzung eingebracht.

Richtig ist, dass sich die Bundesregierung um eine
Einbindung möglichst vieler Staaten bemüht. Die deut-
sche Verhandlungsposition orientiert sich sowohl an
Empfehlungen des Internationalen Komitees vom Roten
Kreuz als auch an Vorgaben des Waffenübereinkommens
der Vereinten Nationen. Das macht deutlich, dass der
Vorwurf, Deutschland trete auf die Bremse, nicht zu hal-
ten ist. Vielmehr nimmt Deutschland bei den Verhandlun-
gen – innerhalb und außerhalb des UN-Rahmens – eine
Vorreiterrolle ein.

Ich bin sehr zuversichtlich, dass bei der Weiterent-
wicklung humanitärer Rüstungskontrolle noch im Jahr
2008 ein Durchbruch gelingt. Auf Initiative der SPD-
Fraktion hat der Bundestag die Bundesregierung bereits
im Jahr 2006 dazu aufgefordert, Schritt für Schritt auf
eine völkerrechtliche Ächtung von Streumunition hinzu-
arbeiten. Im Parlament haben wir die internationalen
Verhandlungen seitdem in mehreren Plenardebatten so-
wie in regelmäßigen Berichterstattungen und Anhörun-
gen in den zuständigen Fachausschüssen eng begleitet.

Wir haben dabei stets betont, dass ein umfassendes
Verbot der Herstellung, Verwendung und Verbreitung die-

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er Munition aus unserer Sicht alternativlos ist. Streumu-
ition verursacht unermessliches menschliches Leid
insbesondere unter Zivilisten –, sie ist aber auch aus
ilitärischen Erwägungen schlichtweg überflüssig. Denn

ie ist unzuverlässig, gefährdet zudem die sie einsetzen-
en Militärs und schmälert darüber hinaus die Akzeptanz
ilitärischer Operationen bei der Zivilbevölkerung

Die von den Grünen verwendete Bezeichnung „Terror-
affe“ halte ich aber für unglücklich. Im Fall von Streu-
unition sind wir schließlich nicht etwa mit dem Problem

onfrontiert, dass es in erster Linie transnational operie-
ende, nichtstaatliche Terrornetzwerke sind, die diese
affe zum Einsatz bringen, sondern es geht darum, Streu-
unition als konventionelle Waffen aus den Beständen re-
ulärer staatlicher Armeen auszumustern, zu vernichten
nd ihren Einsatz zu ächten.

Ob das gelingt, hängt nicht zuvorderst vom konstruk-
iven Verhalten der Bundesregierung ab – so wie die Grü-
en suggerieren –, sondern schon eher von ihrem diplo-
atischen Verhandlungsgeschick. Entscheidend ist doch,
b es gelingt, diejenigen Staaten in einen Vertragsab-
chluss einzubinden, die bislang bei den internationalen
erhandlungen tatsächlich auf die Bremse treten. Denn
as sind ausgerechnet die Staaten mit den umfangreichs-
en Streumunitionsarsenalen – die USA, China und Russ-
and, zudem Indien, Pakistan, Israel und Brasilien.

Was die Einbindung dieser Staaten betrifft, bleibt wei-
erhin noch erhebliche Überzeugungsarbeit zu leisten.
enn in ihren Militärstrategien nimmt Streumunition
ach wie vor einen ungleich höheren Stellenwert ein als
eispielsweise die weltweit nicht mehr eingesetzten Anti-
ersonenminen. Darum hat Deutschland von Beginn an
inen ausgewogenen Ansatz verfolgt, der auch aus mili-
ärischen Gesichtspunkten überzeugen soll.

Allerdings wird sich auch die deutsche Position in den
nstehenden Verhandlungen noch weiterentwickeln müs-
en. Die Grünen behaupten ja, die Bundesregierung un-
erscheide zwischen gefährlicher und ungefährlicher

unition. Das ist so nicht zutreffend. Ungefährliche Mu-
ition gibt es nicht. Allerdings hat sich im Libanonkrieg
006 in der Tat gezeigt, dass auch neuere, vermeintlich
uverlässigere Streumunitionsmodelle die in sie gesetzten
rwartungen nicht erfüllt haben.

Daraus sind nun auch seitens der Bundesregierung
onsequenzen zu ziehen. Selbst wenn und gerade weil es
ie zu ihrem Einsatz durch die Bundeswehr gekommen
st: Streumunition darf nicht weiterhin nach einer nicht
indeutig belegten Blindgängerrate eingestuft, sondern
ollte ohne weitere Übergangsfristen unverzüglich außer
ienst gestellt werden.

Aus militärstrategischer Sicht verlangen heutige Ein-
atzszenarien die Fähigkeit zur Punkt- und nicht zur Flä-
henzielbekämpfung. Dafür gibt es Punktzielmunition,
ie bezüglich ihrer Bauart, ihrer Wirkweise und ihrer Zu-
erlässigkeit grundlegende Unterschiede zu Streumuni-
ion aufweist. Insofern sollte sie weder in engerem noch in
eiterem Sinne mit Streumunition gleichgesetzt werden.

Punktzielmunition ist mit einer erheblich geringeren
nzahl an Explosivkörpern ausgestattet – weniger als




Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg
gebene Reden


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(B) )

zehn im Vergleich zu den bis zu Tausend bei Streumuni-
tion. Bei neueren Modellen, die mittels kinetischer Ener-
gie funktionieren, wird gänzlich auf Explosivkörper ver-
zichtet.

Wenn nun aber in den laufenden internationalen Ver-
handlungen neben der umfassenden Ächtung von Streu-
munition auch eine völkerrechtliche Eingrenzung des
Einsatzes von Punktzielmunition diskutiert wird, dann
geht es dabei nicht darum, einzelnen modernen Muni-
tionsmodellen einen Persilschein auszustellen, sondern
es geht darum, eindeutige, von unabhängiger Seite nach-
prüfbare Kriterien zu definieren, die diese Munition erfül-
len muss: erstens eine strikte Limitierung der durch diese
Munition verbrachten Sprengkörper; zweitens eine nach-
gewiesene hohe technische Zuverlässigkeit; drittens die
nachgewiesene Fähigkeit dieser Munition, militärische
Ziele tatsächlich punktgenau zu bekämpfen.

Die Bundesregierung steht dabei in der Pflicht, dem
Parlament als unabhängigem Kontrollorgan gesicherte
und detaillierte Nachweise über die Einhaltung dieser
Maßstäbe vorzulegen.

Ein entscheidender Aspekt kommt im hier diskutierten
Antrag der Grünen viel zu kurz: der Blick über den Oslo-
Prozess hinaus. Die vom Oslo-Prozess ausgehende Dyna-
mik hat die Genfer Verhandlungen zur Ergänzung des
Waffenübereinkommens der Vereinten Nationen neu be-
lebt. Im November 2007 haben sich die UN-Vertragsstaa-
ten in Genf zur Aufnahme von Verhandlungen über ein
Zusatzprotokoll zur „dringlichen Frage der humanitären
Auswirkungen von Streumunition“ bereiterklärt. Dass
damit erstmals alle Vertragsstaaten des UN-Waffenüber-
einkommens in Verhandlungen eingebunden werden, ist
ein wichtiger Fortschritt. Es ist ein besonderer Verdienst
der am Oslo-Prozess beteiligten Staaten und zivilgesell-
schaftlichen Akteure, dass sie die Vertragsstaaten ver-
stärkt für die humanitären Folgen des Einsatzes von
Streumunition sensibilisiert haben.

Unbedingt zu verhindern ist nun freilich, dass UN-Ver-
handlungen und Oslo-Prozess gegeneinander ausgespielt
werden. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass bei
den Verhandlungen im Rahmen des Oslo-Prozesses Ende
Mai ein präziser Textentwurf erarbeitet wird, der dann
den anschließenden UN-Verhandlungen als Vorlage die-
nen kann. Die Bundesregierung ist gefordert, die Impulse
des Oslo-Prozesses aufzugreifen und geeignete Maßnah-
men für eine rasche Ratifizierung und Universalisierung
der dort erzielten Übereinkunft in die Wege zu leiten.

Zugegeben, der Spagat zwischen den beiden parallel
laufenden multilateralen Verhandlungsprozessen ist eine
komplizierte Übung, die wohl nicht ganz ohne Verrenkun-
gen gelingen kann. Aber ich denke, wir sollten auf die
deutsche Verhandlungsführung vertrauen.


Dr. Florian Toncar (FDP):
Rede ID: ID1616032200

Heute beraten wir über ein Thema, das aus humanitä-

ren Gründen von großer Bedeutung ist: das Verbot von
Streumunition. Streumunition wird durch Bomben, Artil-
lerie oder Raketen verschossen, die über dem Ziel eine
große Menge von Submunitionsladungen verteilen und

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roßflächig zur Explosion bringen. Ein großer Teil der
erschossenen Submunitionen detoniert jedoch nicht
eim Aufschlag, sondern bleibt als Blindgänger am Bo-
en liegen. Auch Jahre nach dem Ende von Kampfhand-
ungen stellen diese Blindgänger ähnlich wie Landminen
ine Gefahr für die Zivilbevölkerung dar. Sie verletzen
der töten Menschen, wobei es sich besonders oft um
pielende Kinder handelt. Ferner lähmt die von Blind-
ängern ausgehende Angst den Wiederaufbau und ver-
indert die Nutzung von Landwirtschaftsflächen, Wohn-
lächen und Verkehrswegen. Diese schlimmen Folgen von
treumunition rücken immer weiter in das Blickfeld der
ktuellen Abrüstungsdebatte. Um den schrecklichen hu-
anitären Folgen von Streumunition zu begegnen, muss

ndlich gehandelt werden. Aus diesem Grund hat sich die
DP bereits im September 2006 für die umfassende Äch-

ung von Streumunition ausgesprochen. Daneben fordert
ie FDP die Ächtung der verbliebenen Landminen, denn
rotz des Verbots von Antipersonenminen sind Antifahr-
eugminen weiterhin erlaubt. Diese Minen verfügen über
ine weitaus größere Sprengkraft und gefährden weiter-
in Zivilisten in Konfliktgebieten. Besonders zynisch ist,
ass auch Antifahrzeugminen, die mit einer sogenannten
ufhebesperre versehen sind, erlaubt bleiben, obwohl
iese Aufhebesperre bewirkt, dass die Mine von einer
erson ausgelöst werden kann und somit wie eine Anti-
ersonenmine wirkt. Die Bundesregierung macht sich
iese in der Ottawa-Konvention enthaltene semantische
ücke zunutze, um auch an Antifahrzeugminen mit Auf-
ebesperre festzuhalten.

Neben den Liberalen legten im Herbst 2006 auch die
oalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD einen An-

rag zum Umgang mit Streumunition vor. Der Antrag der
oalitionsfraktionen sah nur die Abrüstung von „für Zi-
ilisten gefährlicher“ Streumunition mit einer Blindgän-
errate von über einem Prozent vor. Dies sollte der Bun-
esregierung erlauben, an einem Teil der deutschen
treumunition festzuhalten. Diese Unterscheidung ist
icht sinnvoll, da auch Streumunition mit einer prozen-
ual niedrigen Blindgängerrate aufgrund der meist au-
erordentlich hohen Zahl verschossener Submunitions-
prengkörper zu einer großen Gefahr werden kann. Die
undesregierung stieß mit ihrem Konzept sowohl hier im
arlament als auch in der Öffentlichkeit auf Kritik. Auch
ir Liberale haben diesen Ansatz von Regierung und Ko-
litionsfraktionen hier im Deutschen Bundestag wieder-
olt als unzureichend abgelehnt. Es ist erfreulich, dass
ieser Druck Wirkung gezeigt hat. Die Bundesregierung
ill nun mittelfristig auch auf die von ihr bisher als un-
efährlich eingestufte Streumunition verzichten, sobald
lternativen zur Verfügung stehen, die die entstehende
ücke im Ausrüstungsportfolio der Bundeswehr schlie-
en können. Auch wenn diese alternativen Waffen heute
och nicht einsatzbereit sind, zeichnet sich schon ab, dass
iese nicht zu der humanitär problematischen Blindgän-
erbelastung führen werden wie dies bei der Streumuni-
ion der Fall ist.

Der heute zur Debatte stehende Antrag der Grünen be-
asst sich mit dem sogenannten Oslo-Prozess zur Aus-
andlung eines umfassenden Verbotsabkommens für
treumunition. Im Mai 2008 gehen diese Verhandlungen




Andreas Weigel
gebene Reden


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(B) )

bei einer Konferenz in Dublin in ihre entscheidende
Phase. Dabei geht es darum, möglichst viele Staaten zu
einem Verbot dieser Waffen zu bewegen. Es dürfen keine
Ausnahmen vom Verbot der Streumunition gemacht wer-
den, die schwerwiegende humanitäre Folgen haben. Auf
der anderen Seite muss ein Abkommen auch die Wege zur
Verwendung von Waffen offenhalten, die eben nicht die-
selben gravierenden Folgen für die Zivilbevölkerung nach
sich ziehen wie die bisher verwendete Streumunition. Sonst
werden wichtige Prozenten- und Nutzerstaaten von Streu-
munition dem Verbotsabkommen nicht beitreten. Wenn
aber hauptsächlich Staaten die Oslo-Konvention unter-
schreiben, die niemals nennenswerte Bestände an Streu-
munition besessen haben, wäre das Abkommen nur eine
symbolische Geste. Dies würde das Verbot von Anfang an
schwächen. Viel wird daher vom Geschick der an den Ver-
handlungen beteiligten Diplomaten abhängen.

Insgesamt unterstützt die FDP daher die Stoßrichtung
des vorliegenden Antrags der Grünen. Gleichwohl wird
bei den Beratungen im federführenden Ausschuss noch
über einige Formulierungen näher zu sprechen sein.

Es wäre zu begrüßen, wenn der Deutsche Bundestag
ein starkes Signal für die Ächtung von Streumunition set-
zen würde. Die Verhandlungen müssen rasch zu einem er-
folgreichen Ende geführt werden. Dabei muss Deutsch-
land einen konstruktiven Beitrag leisten. Eines ist klar:
Die Bundesregierung muss in den Verhandlungen endgül-
tig von ihrem Kriterium einer Blindgängerrate von 1 Pro-
zent abrücken. Langfristig wäre eine solche Ausnahme
kontraproduktiv und unterliefe ein umfassendes Verbot.
Es bleibt zu hoffen, dass möglichst viele Staaten der Oslo-
Konvention am Ende beitreten werden. Die hohe Zahl der
unschuldigen Opfer dieser grausamen Waffen können wir
nicht akzeptieren. Das Beispiel der Ottawa-Konvention
stimmt optimistisch. So ist der Handel mit Antiper-
sonenminen nahezu zum Erliegen gekommen. Es wäre
wünschenswert, wenn ein umfassendes Verbot von Streu-
munition den gleichen Effekt hätte. Die Verhandlungen in
Dublin werden hierfür entscheidend sein.


Inge Höger-Neuling (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616032300

In gut einer Woche, am 19. Mai 2008, beginnt in Dub-

lin eine elftägige Konferenz, deren Ziel das völkerrecht-
lich verbindliche Verbot von Streumunition ist. Ob die
Vertreter der Bundesrepublik Deutschland dabei eine
konstruktive Rolle spielen werden, ist zu bezweifeln. Der
Handlungsbedarf zu diesem Thema ist auf jeden Fall
nicht zu ignorieren. Streumunition verseucht heute in
mindestens 25 Staaten ganze Landstriche. Mehr als
100 000 Menschen fielen bis heute dieser brutalen Tech-
nologie zum Opfer. Für die Bevölkerung stellen die un-
zähligen Blindgänger noch lange nach kriegerischen
Auseinandersetzungen eine Bedrohung dar. Die Gefähr-
dung für die Zivilbevölkerung entspricht der durch Land-
minen, denn der Einsatz von Streumunition richtet sich
unterschiedslos gegen militärische und zivile Ziele. Diese
unterschiedslose Gefährdung von Zivilisten und Kombat-
tanten ist durch das Völkerrecht verboten. Streumunition
ist grausam und unmenschlich.

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Die Bundesrepublik hat sich mit ihrem Acht-Punkte-
lan immer wieder faktisch als Bremser für eine verbind-

iche und umfassende Lösung betätigt. Um die Zivilbevöl-
erung zu schützen, reicht es definitiv nicht, wie von der
undesrepublik gefordert, nur ein Teilverbot gegen be-
timmte Munitionstypen umzusetzen. Die Unterscheidung
wischen „guter“ und „schlechter“ Streumunition ist zy-
isch und sorgt dafür, dass die Tabuisierung von Streumu-
ition schwieriger wird. Zum Glück sind es nur einige
enige Staaten, die glauben, dass ein Teilverbot älterer
unitionstypen ausreicht, um inakzeptablen Schaden von

er Zivilbevölkerung abzuwenden. Nicht zufällig sind
ies vor allem die Hersteller- und Anwenderstaaten von
treumunition. Leider gehört die Bundesrepublik zu die-
en Staaten, die Hightech-Streumunition als für Zivilisten
ngefährliche Alternativwaffe bezeichnen. Die Haltung
er Bundesregierung ist aus humanitärer Sicht nicht
achvollziehbar. Für die Regierung sind militärische
berlegungen inklusive der Möglichkeit gemeinsamer
ilitärischer Operationen mit Armeen, die Streumunition

insetzen, ganz offensichtlich die oberste Priorität.

Die Bundesregierung möchte durch ihren Acht-
unkte-Plan angeblich andere Länder wie die USA oder
ussland, die Streumunition produzieren und einsetzen,
it integrieren. Dass dieses Vorhaben gescheitert ist, hat

ich spätestens im November 2007 gezeigt, als sich die
ertragsstaaten des UN-Waffenübereinkommens für ihr
eiteres Vorgehen bezüglich Streumunition nur auf einen
nverbindlichen Meinungsaustausch einigen konnten.

Es geht der Bundesregierung leider in erster Linie da-
um, Rüstungstechnologien zu schützen und nicht die be-
roffenen Menschen. Vertreter des Aktionsbündnisses
andminen formulierten deswegen treffend:

Es wundert uns nicht, dass die deutsche Rüstungs-
industrie die Politik der Bundesregierung aus-
drücklich unterstützt.

Im Gegensatz zur unehrlichen und halbherzigen Hal-
ung der Bundesregierung unterstützen weit über
00 Staaten ein umfassendes Verbot. Diese Forderung
ach einem vollständigen Verbot, ohne Ausnahmen und
hne Übergangsfristen, müssen wir auch hier im Bundes-
ag unterstützen. Die Parlamente in Österreich und Bel-
ien haben bereits vorgemacht, dass dies möglich ist.

Die Fraktion Die Linke hat mit dieser Absicht einen ei-
enen Antrag eingebracht. Heute steht ein Antrag von
ündnis 90/Die Grünen auf der Tagesordnung, dessen
nliegen wir weitgehend teilen. Mit geringfügigen De-

ails haben wir Probleme. Warum etwa soll die Vernich-
ung der Altbestände von Streumunition insgesamt vier
ahr dauern? Bei entsprechendem politischem Willen
eht das deutlich schneller. Das Gesamtziel des Grünen-
ntrags, inklusive der Forderung nach einem Morato-
ium für den Einsatz und die Produktion von Streumuni-
ion, ist aber auf jeden Fall unterstützenswert.


Winfried Nachtwei (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1616032400

Die Verhandlungen über ein völkerrechtlich verbindli-

hes Verbot von Streumunition im Rahmen des Oslo-Pro-
esses gehen mit der Dubliner Konferenz vom 19. bis




Florian Toncar
gebene Reden


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30. Mai in die voraussichtlich letzte und entscheidende
Phase. Der endgültige Vertrag soll in Dublin beschlossen
und das rechtsverbindliche Verbotsprotokoll dann im De-
zember 2008 in Oslo von den beteiligten Staaten gezeich-
net werden. Deutschland kommt dabei eine Schlüsselrolle
zu. Der Erfolg des von Norwegen initiierten Oslo-Prozes-
ses wird nicht zuletzt entscheidend vom konstruktiven
Verhalten der Bundesregierung abhängen.

Weit mehr als zwei Drittel der UNO-Staaten, inklusive
Deutschland, unterstützen den Oslo-Prozess. Deutsch-
land wird jedoch zunehmend als Bremser im Oslo-Pro-
zess wahrgenommen. Auf der Vorbereitungskonferenz im
Februar dieses Jahres in Wellington/Neuseeland haben
85 der 140 Oslo-Staaten die „Declaration of the Welling-
ton Conference on Cluster Munitions“ für ein weltweites
Verbot von Streumunition gezeichnet. Dieser breite inter-
nationale Konsens ist beeindruckend und ein wichtiger
Meilenstein auf dem Weg für ein rasches und vollständi-
ges internationales Verbot dieser unterschiedslosen und
grausamen Waffen.

Auch Deutschland hat sich der „Wellingtoner Erklä-
rung“ angeschlossen. Das ist ausdrücklich zu begrüßen.
Eine Unterzeichnung der Erklärung durch die Bundesre-
gierung wäre jedoch fast gescheitert. Der Bundesregie-
rung geht ein vollständiges Verbot von Streumunition zu
weit. Einige wenige Staaten, darunter Deutschland,
Großbritannien und Frankreich, wollten den Verbotsent-
wurf auf der Wellingtoner Konferenz abschwächen und
Ausnahmen durchsetzen. Angelehnt an den Acht-Punkte-
Plan der Bundesregierung zur Streumunition vom Juni
2006 hat die Bundesregierung mit einem Dreistufenplan
operiert, der Übergangsfristen und noch zu entwickelnde
Alternativmunition vorsieht. Die Bundesregierung plä-
diert dafür, zunächst nur „gefährliche“ Streumunition mit
hohen Blindgängerquoten und ohne Selbstzerlegungsme-
chanismus zu ächten. Abgesehen davon, dass es keine
„ungefährliche Streumunition“ gibt, will die Bundesre-
gierung im Kern lediglich eine Modernisierung der
Streumunitionsbestände und eine Begrenzung der Ein-
satzbedingungen. Streumunition mit angeblich geringer
Fehlerquote oder auch Streuminen sollen vom Verbot
ausgenommen bleiben. Diese Ermächtigung werden wir
der Bundesregierung nicht erteilen. Im Gegenteil: Wir
wollen ein sofortiges Einsatzmoratorium und ein voll-
ständiges Verbot ohne Ausnahmen und Übergangsfristen.

Die Bundesregierung argumentiert, dass der von ihr
vorgeschlagene Stufenplan geeignet sei, „den humanitä-
ren Schutz vor Streumunition effektiv zu verbessern, ohne
dabei militärische Realitäten zu ignorieren“. Das ist eine
humanitäre Augenwischerei, die auf der Konferenz in
Wellington erfreulicherweise von der überwiegenden
Mehrheit der beteiligten Staaten nicht geteilt wurde. Am
Ende haben auch diejenigen, die für eine Revision des
Vertragstextes eingetreten waren, diesen unverändert ge-
zeichnet, ihre Vorbehalte jedoch in den Anhang der Er-
klärung aufnehmen lassen. Damit ist klar, dass Deutsch-
land weiterhin für einen abgeschwächten Vertragstext
eintreten wird. Das wollen wir der Bundesregierung nicht
durchgehen lassen. Ich frage mich: Welchen Schutz hat
die Bundesregierung eigentlich konkret vor Augen? Auch
technisch modernisierte Streumunition mit einer Blind-

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ängerrate von unter 1 Prozent stellt eine permanente
ödliche Gefahr und Bedrohung für die betroffene Zivil-
evölkerung dar. 98 Prozent aller registrierten Opfer von
treumunition sind laut Nichtregierungsorganisationen
ivilisten. Die Gefährlichkeit und Heimtücke dieser Waf-

en ändert sich auch dann nicht, wenn nur noch Streumu-
ition mit angeblich geringer Fehlerquote eingesetzt
ird. Jede Berührung mit Streumunition kann tödlich

ein. Die Unterscheidung zwischen angeblich „gefährli-
her“ und „ungefährlicher“ Streumunition kann kein
usweg sein. Ein Verbot muss sich an den Wirkungen und
icht an technischen Bezeichnungen dieser Waffen orien-
ieren.

Der Stufenansatz sei außerdem, so wurde von der Bun-
esregierung gesagt, geeignet, diejenigen Staaten mit
roßen Streumunitionsarsenalen, wie die USA, China und
ussland, in den Verbotsprozess einzubinden. Diese Staa-

en lehnen eine Teilnahme am Oslo-Prozess ab. Ihre Po-
itik ist ein Abrüstungshindernis sondergleichen. Ich
laube aber nicht, dass man deren Verweigerungshaltung
urch Verwässerung aufweichen kann. Hier bricht das
eiche Wasser nicht den Stein. Hier ist vielmehr der Ar-
umentation des ehemaligen Leiters des Planungsstabs
m Verteidigungsministerium, Franz H. U. Borkenhagen,
u folgen, der am 19. April 2008 in der Süddeutschen Zei-
ung davor warnte, dass „militärische Erbsenzählerei zu
inem Scheitern der Verhandlungen“ führen könne.
Eine eingehende militärische Beurteilung würde schnell
u dem Schluss kommen, dass es einen Bedarf an dieser
unition nicht gibt. (…) Verhandlungen über das Verbot

on Streumunition würden einen ungeheuren Schub er-
alten, wenn es gelänge, mit einem einseitigen und sofor-
igen Verzicht einzelner oder mehrerer Staaten ein politi-
ches Signal zu setzen. (…) Deutschland könnte jetzt ein
eichen setzen, dass es der Bundesregierung mit ihren
emühungen um Rüstungskontrolle ernst ist. Die Bundes-

egierung sollte ein Moratorium verkünden, das vorsieht,
icht nur auf den Gebrauch, sondern auch die Produktion
on sowie auf den Handel mit Streumunition zu verzich-
en.“

Belgien und Österreich haben ein vollständiges Verbot
on Streubomben beschlossen. Sie haben ebenso wenig
ie Norwegen Bedenken, dass eine Vertragszeichnung

ür ein vollständiges Verbot von Streumunition ihre inter-
ationalen Verpflichtungen im Rahmen der NATO und
U entgegenstehen könnten.

Der Acht-Punkte-Plan der Bundesregierung zur Streu-
unition ist durch die internationale Entwicklung längst
berholt worden. Mehr als 100 Staaten unterstützen mitt-
erweile die Forderung nach einem umfassenden Verbot
on Streumunition. Inzwischen rumort es auch in den Rei-
en der Abgeordneten der Regierungskoalitionen. Einige
on ihnen möchten, dass die Bundesregierung ihre starre
altung in der Streumunitionspolitik aufgibt, und fordern

in Einsatzmoratorium für Streumunition. Das weist in
ie richtige Richtung.

Wir werden unseren Antrag in die Ausschussberatun-
en überweisen. Wir wollen, dass das Thema weiter im
undestag diskutiert wird. Ich finde, wir sollten als Abge-
rdnete des Deutschen Bundestages unsere parlamenta-




Winfried Nachtwei
gebene Reden






(A) )



(B) )


Winfried Nachtwei
rische Eigenverantwortung tragen und klar Farbe beken-
nen. Mit unserem Antrag liegt der Ball nun im Spielfeld
des Bundestages. Bis zur Dubliner Konferenz ist noch
Zeit, um die Bundesregierung dazu zu bewegen, ihre
Bremserhaltung im Verbotsprozess aufzugeben und alles
dafür zu tun, dass die Entwicklung, die Herstellung und
der Einsatz jeglicher Streumunition endlich der Vergan-
genheit angehört. Eine vollständige internationale Äch-
tung von Streumunition ist überfällig! Vielen Dank.


Gert Winkelmeier (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616032500

Ich kann mich nicht entsinnen, eine meiner bisherigen

Reden mit einem Lob für die Regierungsfraktionen einge-
leitet zu haben. Aber beim Thema Streumunition erleben
wir erfreulicherweise so etwas wie einen zaghaften An-
satz von Revitalisierung des Parlaments. Das kann ich
nur begrüßen und hoffen, dass dies keine Eintagsfliege
bleibt. Denn allzu oft hatte nicht nur ich Anlass, die un-
kritische Übernahme von Regierungspositionen durch
die Mehrheitsfraktionen zu beklagen. Deswegen will ich
hier ausdrücklich den Kollegen Weigel und von
Guttenberg beipflichten, die sich mit der bisherigen Hal-
tung der Bundesregierung zu einem internationalen Ab-
kommen über ein umfassendes Verbot von Streumunition
nicht abfinden wollen. So entnehme ich das jedenfalls der
Presseberichterstattung.

Die Bundesregierung versucht zwar den Eindruck zu
erwecken, als habe sie sich an die Spitze dieses Teilabrüs-
tungsprozesses gesetzt und lässt auf der Homepage des
Auswärtigen Amtes titeln:

Bundesregierung setzt sich für umfassendes Verbot
von Streumunition ein.

Liest man jedoch ihre sogenannte Acht-Punkte-Posi-
tion zu Streumunition, wird schnell deutlich, dass sie bei
diesem Thema tatsächlich zu den Bremserstaaten gehört.
Offensichtlich haben sich nämlich die militärischen Ar-
gumente durchgesetzt; denn der Bundesaußenminister
hat die vom Führungsstab der Streitkräfte geschriebene
Punktuation eins zu eins übernommen. Schaut man bei-
spielsweise in die Nr. 5 dieses Papiers, wird deutlich,
dass die Luftwaffe erst nach Ende der Nutzungsdauer des
Waffensystems Tornado auf Streumunition verzichten
will. Das ist also deutlich jenseits des Jahres 2020, kurz
vor dem Sankt-Nimmerleins-Tag sozusagen. Oder: In der
Nr. 4 steht, „langfristig“ soll geprüft werden, ob noch
vorhandene Streumunition durch alternative Wirkmittel
ersetzt werden kann. Was hat denn eine solche Wischiwa-
schi-Formulierung mit der Ankündigung eines „umfas-
senden“ Verbotes zu tun? Die Antwort kann sich wohl je-
der selber geben.

Es kann bei dieser Munition auch nicht darum gehen,
einen völkerrechtlichen Disput über ihre Zulässigkeit zu
führen; das ist ein Streit um des Kaisers Bart und führt
überhaupt nicht weiter. Die Fakten liegen doch auf dem
Tisch und sprechen eine eindeutige Sprache: Streumuni-
tion trifft wegen ihrer Charakteristik überwiegend unbe-
teiligte Zivilisten und bleibt noch Jahrzehnte nach ihrem
Einsatz eine Dauergefahr für die Bewohner des Einsatz-
landes, besonders für die Kinder. In Afghanistan erfahren
das unsere Soldaten doch jeden Tag!

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Deswegen gibt es hier nur eine Lösung: ein sofortiges
oratorium für die Verwendung, Lagerung, Herstellung,

erbringung und Ausfuhr von Streumunition, wie es die
esolution des Europäischen Parlaments vom 28. Okto-
er 2004 fordert. Auch der von der Bundesregierung fa-
orisierte vermeintliche Königsweg, mit technischen Lö-
ungen die Blindgängerrrate auf 1 Prozent zu begrenzen,
st ein Irrweg, für den weitere Unschuldige weltweit zu
üßen hätten. Um das am Beispiel des Libanonkriegs im
ahr 2006 zu erläutern: Wäre diese vorgebliche High-
ech-Munition in gleicher Menge eingesetzt worden, hätte
s immer noch 40 000 Blindgänger gegeben.

Wir sollten uns hingegen an den Parlamenten Belgiens
nd Österreichs ein Beispiel nehmen, die Gesetze zum
mfassenden Verbot von Streumunition verabschiedet ha-
en, um den Abschluss eines internationalen Verbotsver-
rags zu beschleunigen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1616032600

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf

rucksache 16/8909 an die in der Tagesordnung aufge-
ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
erstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
o beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 20 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Rainder
Steenblock, Undine Kurth (Quedlinburg),
Cornelia Behm, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Einführung eines Europäischen Tags der
Meere

– Drucksache 16/8213 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Tourismus

Auch diese Reden sollen zu Protokoll genommen
erden. Es handelt sich um die Reden der Kollegen
ernhard Kaster, CDU/CSU, Holger Ortel, SPD,
ngelika Brunkhorst, FDP, Eva Bulling-Schröter, Die
inke, sowie Rainder Steenblock, Bündnis 90/Die Grü-
en.


Bernhard Kaster (CDU):
Rede ID: ID1616032700

Der vorliegende Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die

rünen bietet Gelegenheit, die Bedeutung der Meeres-
olitik für den Schutz der Umwelt sowie den verantwor-
ungsvollen Umgang mit den ökonomischen Ressourcen
er Meere vertieft in den Blick zu nehmen. Denn von ei-
em Grundsatz müssen wir ausgehen: Aus dem Meer
ommt im sprichwörtlichen Sinne das Leben. Ohne ein
esundes maritimes Ökosystem ist das Leben auf unserem
lauen Planeten – unserem blauen Planeten – schlicht
nmöglich.


(A) )



(B) )

Der Antrag der Grünen ist sicherlich gut gemeint; frei-
lich, gut gemeint genügt oft nicht. So auch hier: Die Bun-
desregierung folgt längst dem Grundanliegen dieses An-
trags, den Meeren verstärkt politische Aufmerksamkeit zu
widmen. Bereits im vergangenen Jahr, während der deut-
schen EU-Ratspräsidentschaft, sind mit der „Bremer Er-
klärung zur Zukunft der Meerespolitik in der EU“
wesentliche Impulse für eine integrierte Meerespolitik ge-
geben worden. Inzwischen hat auch die Europäische
Kommission eine Mitteilung zur integrierten Meerespoli-
tik der EU vorgelegt, die eine Reihe von bedenkenswerten
Anstößen enthält. Zugleich gilt es, von deutscher Seite an
der mit der „Bremer Erklärung“ eingeleiteten Fortent-
wicklung einer integrierten und in sich stimmigen Politik
für die Zukunft unserer Meere weiter zu arbeiten.

Das Bewusstsein für die Gefährdung der Weltmeere
wie auch die Chancen, die sie bieten, betrifft uns Deut-
sche als Anrainer von Nord- und Ostsee ganz konkret. An-
gesichts eines im globalen Vergleich kleinen, aber etwa
mit Blick auf das Ökosystem Wattenmeer besonders ver-
letzlichen Teils der Meere ist gerade an unseren Küsten
stets ein waches Bewusstsein für den Lebensraum Meer
vorhanden gewesen. Die Menschen vor Ort, die Bewoh-
ner der Küste, sind seit Jahrhunderten mit dem Meer in
all seiner Schönheit, zugleich jedoch auch all dem Schre-
cken seiner immer wieder spürbaren Naturgewalten auf-
gewachsen. Alle politischen Maßnahmen, die wir von na-
tionaler Seite wie auch auf europäischer Ebene ergreifen,
sollten daher stets auf die aktive Kooperation der Küsten-
bewohner setzen, auf ihr unvergleichliches Erfahrungs-
wissen zurückgreifen. Dazu gehören nicht zuletzt auch die
Fischer, die das Meer als täglichen Arbeits- und Lebens-
raum so gut wie kaum jemand sonst kennen.

Leider ist es freilich auch wahr: Manche Exzesse in
der Fischerei führen zu erheblichen ökologischen Schä-
den und ökonomischen Problemen bei der Nutzung der
Meere – ich nenne nur das Stichwort Überfischung. Den-
noch sollten wir uns hüten, gleich alle Fischer per se un-
ter Generalverdacht zu stellen und ihnen die Sensibilität
für die Belange des Schutzes der Meere abzusprechen.
Gesetze und Verordnungen, auch die Kontrolle bei der
Verfolgung von Verstößen, sind das eine; gemeinsame
Kooperation, Beachtung regional gewachsener Struktu-
ren, die Zusammenarbeit mit den Nutzern der Meere vor
Ort, an den Küsten und in der Fischerei, müssen anderer-
seits genauso Teil einer integrierten Meerespolitik sein.

Beispielhaft für den Beitrag insbesondere der deut-
schen Fischereiwirtschaft nenne ich etwa deren Engage-
ment in Bezug auf Ökozertifikate für Fischprodukte.
Deutschland gehört inzwischen zu den Ländern mit dem
höchsten Anteil ökozertifizierter Fischprodukte; im Laufe
dieses Jahres wird voraussichtlich die Seelachsfischerei
der Erzeugerorganisation Nordsee als erste deutsche Fi-
scherei nach den Kriterien des „Marine Stewardship
Council“ zertifiziert und damit demonstrieren, dass öko-
nomische Nutzung der Meere keineswegs gegen die um-
weltbewusste Bewahrung des maritimen Naturerbes ver-
stoßen muss.

Meere zu schützen und Meere zu nützen: Das ist aus
meiner Sicht eben kein Widerspruch. Dies wird dann kein

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iderspruch sein, wenn es uns gelingt, in gemeinsamer
nstrengung die Politik der deutschen Küstenländer vor
rt, die Politik der Bundesregierung, Impulse der euro-
äischen Ebene wie auch die globale Zusammenarbeit im
ahmen der Vereinten Nationen noch stärker als bislang
u koordinieren und zu intensivieren. Alles Leben beginnt
m Meer; es ist unsere gemeinsame Aufgabe, dafür zu sor-
en, dieses Leben in seiner vielfachen Gefährdung zu
chützen, damit es uns auch in Zukunft nützen kann.


Holger Ortel (SPD):
Rede ID: ID1616032800

„Nachhaltige Meerespolitik beginnt in den Köpfen der

enschen“. So oder so ähnlich können wir die Notwen-
igkeit eines Europäischen Tages der Meere auf einen
enner bringen. Dem stimme ich zu.

Bislang weiß der Großteil der Bevölkerung kaum et-
as von unseren Meeren. Nur die Wenigsten kommen wie

ch von der Küste. Dabei ziehen wir alle einen unermess-
ichen Nutzen aus unseren Meeren, nicht nur aus Nord-
nd Ostsee. Die Meere beeinflussen unseren Speiseplan,
nser Wetter, unsere Gesundheit und unsere Energiever-
orgung.

Sie bieten jedes Jahr Millionen Touristen Erholung.
roße Teile der Wertschöpfung an der Küste finden im

ourismus statt. Wir können es uns also gar nicht leisten,
uf die Meere nicht achtzugeben; aber das tun wir ja auch
icht. Was wir aber tun müssen, ist, die Bevölkerung für
nsere Meere zu sensibilisieren. Deshalb begrüße ich es
ußerordentlich, dass Europäisches Parlament, Europäi-
che Kommission und der Rat der Europäischen Union
ie Einführung eines Europäischen Tags der Meere be-
chlossen haben, auch wenn der 8. Juni bereits der welt-
eite Tag des Meeres ist.

Dieser Tag soll das Bewusstsein für unsere Meere in
er Bevölkerung schärfen. Bislang hört die öffentliche
ahrnehmung nämlich meist an der Basislinie auf. Und
as unterhalb der Wasseroberfläche passiert, ist den
eisten mehr oder weniger unbekannt. In Gesprächen
erke ich immer wieder, dass viele nur gerade so viel wis-

en, wie täglich durch die Presse geht. Diese Darstellun-
en sind aber in der Regel verkürzt und wenig sachlich.
in Bild davon, was im Meer wirklich passiert, kann man
ich durch solche Informationen nicht machen. Deshalb
üssen wir davon wegkommen und den Menschen die
eere nahebringen. Die Menschen müssen das Meer er-

ahren. Heute reicht es meist, im Supermarkt an die Kühl-
ruhe zu gehen und sich sein Mittagessen auszusuchen.
elbst fangen oder ausnehmen muss man den Fisch schon
ange nicht mehr. Wo das Seelachsfilet aber eigentlich
erkommt, weiß heute kaum noch einer. Das ist ja beim
chweinefleisch oder der Milch nicht anders.

Das heißt übrigens nicht, dass niemand weiß, was
eute in den Meeren passiert. Alle diejenigen – an Uni-
ersitäten und Verwaltungen, in Brüssel und auch im
eutschen Bundestag –, die sich schon viele Jahre mit
iesem Thema beschäftigen, haben Enormes für den Er-
alt und die Verbesserung des guten Zustandes der Meere
rreicht. Selbstverständlich gehen die Ansichten je nach
ranche ein wenig auseinander. Aber insgesamt ist ein
normes Wissen vorhanden.




Bernhard Kaster
gebene Reden


(A) )



(B) )

Ich möchte an dieser Stelle nur grob skizzieren, was
wir in den letzten Jahren alles für die Meere getan haben.

Die Seeschifffahrt ist sicherer geworden – ich möchte
hier nur Doppelhüllentanker ansprechen –, die Schad-
stoffeinträge wurden verringert, die Eutrophierung eben-
falls. Die sehr oft – häufig zu Unrecht – gescholtene Fi-
scherei unternimmt große Anstrengungen, ihre Tätigkeit
noch nachhaltiger zu gestalten. Projekte zur Vermeidung
von Discards, Ökozertifizierung, Maßnahmen zu verbes-
serter Kontrolle und gegen illegale Fischerei, auf allen
Ebenen werden enorme Anstrengungen unternommen.

Aber die Möglichkeiten sind noch längst nicht ausge-
schöpft. Innovative Techniken zur Reduzierung von
Schadstoffemissionen, die Nutzung regenerativer Ener-
gien an Bord von Schiffen, die landseitige Energiever-
sorgung von im Hafen liegenden Schiffen, die Reduktion
der schifffahrtsverursachten Schwefel- und CO2-Emis-
sionen – es gibt noch viel zu tun. Wir müssen mit dem
technologischen Fortschritt auch den ökologischen Zu-
stand des Meeres durch nachhaltigen Schiffbau- und be-
trieb beachten.

Die Kommission hat mit dem „Grünbuch Meerespoli-
tik“ den Aufschlag zu einer integrierten Meerespolitik ge-
macht und den 20. Mai zum Tag des Meeres erklärt. Wir
brauchen unbedingt einen ganzheitlichen Ansatz, der die
verschiedenen Bereiche der Nutzung der Meere zu ko-
ordinieren vermag. Dazu gehört auch eine Raumplanung
auf dem Meer. Schon heute haben wir enorme Nutzungs-
konflikte zwischen verschiedenen Nutzungsformen: Fi-
scherei, Offshorewindparks, Ölplattformen, Schutzge-
biete. Alle aufgezählten und noch einige weitere
konkurrieren um den Raum auf See. Über die Raumpla-
nung muss ein Weg gefunden werden, all diese Nutzungs-
formen zu vereinen, ohne eine auszuschließen.

In den Meeren existiert ein enormes Wachstumspoten-
zial. Unsere Werften haben wieder Aufträge für die
nächsten 15 Jahre. Im Schiffbau stehen wir weltweit an
vierter Position mit Umsätzen von über 6 Milliarden
Euro. Ganze Regionen sind zu großen Teilen vom Schiffs-
bau abhängig – direkt oder indirekt. Auf den Wasserstra-
ßen und auf See nimmt die Anzahl der Containerschiffe
stetig zu. Das können wir nur begrüßen; denn wir brau-
chen die Wertschöpfung an unseren Küsten. Schon heute
ist die maritime Wirtschaft einer der Eckpfeiler der euro-
päischen Volkswirtschaft. Auch Deutschlands Rolle als
Exportweltmeister ist von der maritimen Wirtschaft ab-
hängig.

Die Schifffahrt boomt wie seit Jahren nicht mehr. Un-
sere Seehäfen werden ausgebaut, oder es entstehen sogar
neue. Leider hat das auch negative Auswirkungen durch
den zunehmenden Verkehr. Wir alle kennen die Bilder der
verunglückten Frachter „Pallas“ oder „Erika“ und die
verheerenden Folgen für die Umwelt.

Aber der Nutzen wird gewaltig sein. Ein einziges Con-
tainerschiff kann Hunderte Lastwagen ersetzen und Platz
auf deutschen Straßen schaffen. Eine große Anzahl von
Arbeitsplätzen entsteht hier und Zulieferer im weiten Um-
kreis werden davon profitieren. Die Hafenwirtschaft
wächst stetig. Sie wird dieses Jahr rund 300 Millionen

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onnen in Deutschland umschlagen. In der Hafenwirt-
chaft sind unmittelbar und mittelbar rund 300 000 Men-
chen beschäftigt. Die Infrastruktur hin zu den Häfen
ird massiv ausgebaut. Ich sehe das bei mir im Wahlkreis.

Viel lesen können wir auch jeden Tag über die Auswir-
ungen des Klimawandels und die Erwärmung der
eere. Zu beobachten ist die Erwärmung auch an der
anderung von Fischschwärmen. Der Kabeljau wandert

mmer weiter Richtung Norden hin zu kälteren Gewäs-
ern. Konnte man vor hundert Jahren in der Nordsee
och Thunfisch angeln, kann man vielleicht bald Sardi-
en fangen. In der Themsemündung tummeln sie sich
chon.

Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass ich
iesem Antrag große Sympathien entgegenbringe. Die
eere sind dermaßen wichtig, dass wir alles unterneh-
en sollten, die Meere stärker in das Bewusstsein der
enschen zu bringen. Ich halte allerdings nicht allzu viel

avon, diesen Tag hier im Deutschen Bundestag zu be-
chließen. Ein Tag des Meeres wird doch ausgefüllt von
en Menschen vor Ort. Wenn man von jetzt auf gleich ei-
en solchen Tag veranstaltet, wird er keine Wirkung er-
ielen. Vielmehr muss sich dieser Tag über die Jahre ent-
ickeln. Das kann nur eine Entwicklung über mehrere
ahre sein. Sie können auch nicht das Bewusstsein der
enschen von jetzt auf gleich verändern. Im Ausschuss
erden wir über die Umsetzung zu beraten haben. Ob die
ehrheiten für diesen Antrag ausreichen, vermag ich an

ieser Stelle nicht zu sagen.


Angelika Brunkhorst (FDP):
Rede ID: ID1616032900

Das Ziel des Antrags zur Einführung des Europäi-

chen Tags der Meere auch in Deutschland ist es, die
ichtbarkeit der maritimen Sektoren zu stärken und so
en Blick der Bürgerinnen und Bürger auch in Deutsch-
and auf maritime Angelegenheiten zu lenken und ihr Be-
usstsein dafür zu schärfen.

Auf europäischer Ebene soll der Tag der Meere dieses
ahr am 20. Mai erstmals begangen werden. Übrigens ist
ie sogenannte Dreiererklärung am 14. Dezember 2007
icht verabschiedet worden, wie es im Antrag heißt. Das
oll erst mit Unterzeichnung durch den Kommissionsprä-
identen, den Parlamentspräsidenten und die sloweni-
che Präsidentschaft am 20. Mai 2008 in Straßburg ge-
chehen.

Der Europäische Tag der Meere soll die maritime Ge-
einschaft Europas zusammenbringen. Die Rolle der
eere und Ozeane und die zur See gehörenden Sektoren

ollen besser sichtbar gemacht und deren Bedeutung für
as tägliche Leben stärker ins Bewusstsein der Menschen
erufen werden. Die Ankündigung des Europäischen
ags der Meere soll also Aufmerksamkeit auf maritime
elange richten.

Anlässlich des Tags der Meere findet dieses Jahr vom
9. bis 20. Mai in Brüssel eine Konferenz der Interessen-
ruppen statt. Schwerpunkte der Konferenz sind die regio-
ale Gestaltung und Umsetzung der Meerespolitik und
er Dialog mit Interessenvertretern. Jährlich sollen jene
usgezeichnet werden, die zur Verbesserung der Sicht-




Holger Ortel
gebene Reden


(A) )



(B) )

barkeit und des Images der maritimen Sektoren beitra-
gen; es soll einen Jahresbericht über Fortschritte in ma-
ritimen Angelegenheiten sowie spezifische Kampagnen
zur Steigerung der Sensibilität für maritime Themen und
die Organisation einer Reihe von Veranstaltungen geben,
die Netzwerke bewährter Praktiken vereinen. Ein weite-
res Ziel ist es, Verbindungen zwischen Einrichtungen zur
Pflege des maritimen Erbes, Museen und Aquarien für ei-
nen Erfahrungsaustausch zusammenzubringen. All diese
Aktionen sollen verbunden werden und im selben Zeit-
raum stattfinden, um so optimale Sichtbarkeit und Medi-
enberichterstattung zu gewährleisten. Die EU-Kommis-
sion sieht sich in der Rolle eines Moderators und hofft
darauf, dass sich andere EU-Institutionen, Mitgliedstaa-
ten und weitere Akteure diese jährliche Veranstaltung zu
eigen machen.

Die Bewusstseinsbildung gerade auch für maritime
Angelegenheiten, vom Schiffbau über Fischerei und öko-
logische Fragen bis hin zum Tourismus, ist sicherlich ein
berechtigtes Anliegen, das ich als Abgeordnete aus Nie-
dersachsen grundsätzlich unterstütze. Ich frage mich al-
lerdings, ob es Aufgabe gerade der deutschen Bundesre-
gierung ist, ein Konzept vorzulegen, wie mit einem
Europäischen Tag der Meere ein Bewusstsein für das ma-
ritime Erbe auch auf europäischer Ebene geschaffen wer-
den kann, wie dies im Antrag unter Ziffer 2 gefordert
wird. Darüber werden wir in den Ausschüssen beraten.


Eva-Maria Bulling-Schröter (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616033000

Um es kurz zu machen: Die Linksfraktion begrüßt den

Vorschlag der Europäischen Kommmission, des Rates
und des EU-Parlaments. Ein Europäischer Tag der
Meere, der festlich begangen wird, könnte dazu beitra-
gen, ein Bewusstsein für das gemeinsame maritime Erbe
zu schaffen.

Ein solches Bewusstsein wäre auch mehr als notwen-
dig. Schließlich ist die Bilanz der menschlichen Eingriffe
in die Meereswelt katastrophal. In den letzten hundert
Jahren sind die Bestände vieler Fischarten um fast
90 Prozent zurückgegangen, so schätzen Wissenschaftler.

Weil sich das Ganze jedoch fernab und unter der Was-
seroberfläche abspielt, wird es für viele Menschen wenig
greifbar. Das ist beispielsweise beim Waldsterben anders.
Lichte Kronen und Mittelgebirge mit Baumstümpfen sind
sichtbar. Sie haben viele Bürgerinnen und Bürger für den
„Sauren Regen“ und Luftschadstoffe sensibilisiert.

Der öffentliche Druck war es vor allem, der zur Ver-
schärfung der entsprechenden Grenzwerte für Industrie-
und Verbrennungsanlagen geführt hat.

Und genau solch ein öffentlicher Druck für den Schutz
der Meere fehlt, wenn ich mal von Walen und Delfinen ab-
sehe. Kabeljau, Sprotte und Thunfisch haben keine
Lobby. Sie werden gnadenlos überfischt.

Dabei geht es nicht nur um den Artenschutz, sondern
– wie beim Klimaschutz – auch um Solidarität. Denn
während Millionen Tonnen wertvoller Meerestiere als
Beifänge ungenutzt und tot über Bord gehen, sitzen Mil-
lionen von Küstenbewohnern in Afrika vor leeren Tellern.

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ie Trawler der Industriestaaten saugen ihnen die Meere
eer. Legal und illegal.

Es geht aber nicht nur um Fische. Das Ökosystem
eer als Ganzes zu begreifen und endlich behutsam zu

utzen – das ist die eigentliche Aufgabe, die vor der
enschheit steht. Schließlich sind die Ozeane neben der
berfischung auch durch organische Überfrachtung und
chadstoffeinträge bedroht. Die Überdüngung der Flüsse
us der Landwirtschaft führt in den Meeren zu gefürchte-
en Algenblüten. Schwermetalle und hormonelle Stoffe,
euerdings auch nukleare Belastungen, reichern sich in
en Organismen an. Zunehmend wird auch Lärm zu ei-
em Problem, insbesondere für Großsäuger.

Wie mangelhaft die europäische Meeresschutzpolitik
st, zeigen Grünbuch und Bluepaper der EU-Kommission
enauso wie die Entwicklung der europäischen Meeres-
chutzrichtlinie. Die Gesetzgebung und die Zuständiglei-
en in Bezug auf den Meeresschutz bleiben zersplittert.
in ganzheitlicher ökosystematischer Ansatz ist nicht er-
ennbar. Die Ozeane werden vorrangig als Wirtschafts-
ut betrachtet.

Meeresschutz ist aber deutlich mehr, als konkurrie-
ende Nutzungsansprüche aus Fischerei, Bergbau, See-
ahrt und Tourismus abzugleichen.

Abschließend ein Blick nach vorn, der zeigt, dass mo-
erner Meeresschutz und Meeresnutzung sich auch ge-
enseitig befruchten können. In Neuseeland waren die
ischer einst die stärksten Gegner, als es darum ging,
chutzgebiete einzurichten. Nunmehr gehören die
ischer zu den Verteidigern dieser ökologischen Oasen.
ie dort rasant anwachsenden Bestände wandern näm-

ich aus den Schutzgebieten aus und füllen wieder die
etze.

Greenpeace und andere fordern seit langem, auch in
nderen Teilen der Welt Meeresschutzgebiete einzurich-
en, in denen Fischerei und Rohstoffabbau verboten wer-
en. Konkrete Vorschläge gibt es für Nord- und Ostssee
owie für die außereuropäischen Meere.

Vielleicht kann ein „Europäischer Tag der Meere“
azu beitragen, solche Visionen Wirklichkeit werden zu
assen.


Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1616033100

In der EU leben 40 Prozent der Bürgerinnen und Bür-

er in küstennahen Gebieten, wo fast die Hälfte des Brut-
oinlandsprodukts erwirtschaftet wird. Wohlstand und Le-
ensqualität in der Europäischen Union sind direkt mit
em Meer verbunden. Das gilt nicht nur für die Gebiete
ahe der Küste, sondern weit darüber hinaus.

Die Bedeutung der Meere liegt auch in ihrer Funktion
ls Handels- und Transportrouten, Klimaregulierer und
ebensraum für Tiere und Pflanzen. Wir alle haben die
erantwortung, unser maritimes Erbe zu schützen und zu
rhalten. Doch der enorm steigende Schiffsverkehr, unsi-
here Öltanker, Überfischung, Überdüngung und vieles
ehr gefährden dieses Erbe.

Die Europäische Union hat mit dem Blaubuch zur Eu-
opäischen Meerespolitik und noch mehr mit der Meeres-




Angelika Brunkhorst
gebene Reden






(A) (C)



(B) )


Rainder Steenblock

strategie-Richtlinie erste Weichen zum Schutz der Meere
gestellt. Nun will die EU mit einem „Europäischen Tag
der Meere“ am 20. Mai jedes Jahres das Bewusstsein für
das maritime Erbe Europas schärfen. Wir von
Bündnis 90/Die Grünen unterstützen diesen Vorschlag
und fordern die Bundesregierung in unserem Antrag auf,
den Europäischen Tag der Meere am 20. Mai zu feiern.

Uns ist aber auch klar, dass der Tag der Meere nur der
Auftakt für weitere Initiativen sein kann. Wir brauchen
ein langfristiges Konzept, wie das Bewusstsein für das
maritime Erbe auf deutscher und europäischer Ebene
über die Küstenregionen hinaus gestärkt werden kann.
Darüber hinaus müssen auch Nicht-EU-Mitglieder in die

denken angesichts mehrerer Hunderttausend Tonnen Mu-
nitionsaltlasten auf dem Grund der Ostsee – zu Recht,
denn auf dem Grund von Nord- und Ostsee liegen über
500 000 Tonnen konventioneller Munition und Kampf-
stoffe. Die Altlasten wurden zum Ende des Zweiten Welt-
kriegs von den USA, Großbritannien, der Sowjetunion
und der deutschen Marine versenkt. Noch heute gelangen
Munition und Blindgänger in die Meere, wenn Bundes-
wehr- und NATO-Verbände die Küstengewässer als Ein-
satzgebiete nutzen. Minen, Torpedos, Bomben und Gra-
naten gefährden Strandbesucher, Fischer, Wassersportler
sowie Meerestiere- und -pflanzen. Von Hinweisschildern
an gefährdeten Stränden bis hin zur Klärung der Zustän-
digkeiten brauchen wir klare Regelungen. Wir Grüne ha-
Feierlichkeiten einbezogen werden, wie Russland und die
Anrainer des Schwarzen Meeres und des Kaspischen
Meeres.

Denn unsere Meere bieten uns die Möglichkeit für
mehr regionale Kooperation. Die Ostsee ist eine zentrale
Handelsroute nach Osteuropa. Das Schwarze Meer und
das Kaspische Meer werden als Energietransitrouten und
Handelswege immer wichtiger. Daher sollten wir nicht
nur auf die Ostseekooperation schauen, sondern auch die
Kooperation mit den Anrainern des Schwarzen Meeres
und des Kaspischen Meeres stärken.

Wir dürfen uns nicht ausschließlich auf die Nutzung
der Meere konzentrieren. Besonderes Augenmerk müssen
wir auch auf den Schutz der Meere richten; denn ohne
Schutz keine Nutzung. Der Beschluss der Internationalen
Schifffahrtsorganisation, Schweröl in Schiffstreibstoffen
ab dem Jahr 2020 zu verbieten und nur noch schwefel-
arme Treibstoffe zuzulassen, ist ein wichtiger Beitrag für
mehr Meeresschutz. Für Nord- und Ostsee gelten sogar
noch höhere Standards. Hier ist noch Potenzial, dem Ziel
eines sauberen Schiffsverkehrs mit technischen Innova-
tionen wie alternativen Antrieben ein Stück näher zu kom-
men. Darüber hinaus muss der Schiffsverkehr in den
Handel mit Emissionsrechten einbezogen werden. Wei-
tere Forderungen können Sie in unserem Antrag nachle-
sen, den wir bereits Ende vergangenen Jahrs eingebracht
haben.

Ein ökologisch wie politisch fragwürdiges Projekt ist
die geplante Ostseepipeline. Insbesondere Polen und die
baltischen Staaten befürchten, dass Russland die Pipeline
als politisches Druckmittel missbrauchen und sie von der
Energieversorgung abschneiden könnte. Darüber hinaus
wachsen bei den Ostseeanrainern die ökologischen Be-

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en hierzu einen Antrag in den Bundestag eingebracht.

Tonnenweise Plastikmüll gefährdet Seevögel und Mee-
estiere und macht Meere und Strände zu Mülldeponien.
ie Bundesregierung scheint sich für dieses wachsende
roblem nicht sonderlich zu interessieren. „Nichts hören,
ichts sehen, nichts wissen“ – so liest sich die Antwort auf
nsere Kleine Anfrage.

Ein Europäischer Tag der Meere ist ein deutliches Si-
nal für die Glaubwürdigkeit der deutschen wie der
uropäischen Meerespolitik. Lassen Sie uns dieses Signal
m 20. Mai gemeinsam setzen. Die Parlamentarische
taatssekretärin im Bundesverkehrsministerium, Karin
oth, hat den Vorschlag eines Europäischen Tags der
eere beim gestrigen Nautischen Abend aufgegriffen.

ch freue mich über die Unterstützung durch die Parla-
entarische Staatssekretärin und werbe bei allen Frak-

ionen um Zustimmung zu unserem Antrag zur Einfüh-
ung eines Europäischen Tags der Meere.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1616033200

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf

rucksache 16/8213 an die in der Tagesordnung aufge-
ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
erstanden? Dann ist die Überweisung so beschlossen.

Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-
rdnung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
estages auf morgen, Freitag, den 9. Mai 2008, 9 Uhr,
in.

Die Sitzung ist geschlossen.