Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet.Ich begrüße Sie recht herzlich, liebe Kolleginnen undKollegen.Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf:Befragung der BundesregierungDie Bundesregierung hat als Thema der gestrigen Ka-binettssitzung mitgeteilt: Gesetzentwurf zur Änderungdes Bundeskindergeldgesetzes.Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Berichthat die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauenund Jugend, Dr. Ursula von der Leyen. – Bitte sehr.Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin fürFamilie, Senioren, Frauen und Jugend:Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Ka-binett hat gestern beschlossen, dass der Kinderzuschlagzum 1. Oktober 2008 weiterentwickelt werden soll. Diesgeschieht im Zusammenspiel mit der Reform des Wohn-geldes zum 1. Januar 2009. Damit können deutlich mehrKinder und ihre Eltern aus dem Kreis der Arbeitslosen-geld-II-Bezieher herausgeholt werden. Ab 2009 werdenrund 250 000 Kinder durch den Kinderzuschlag erreicht.BlddgkrEwDg69wekltLbKRedetDas ist ein wichtiger familienpolitischer Schritt; dennFamilien im Niedriglohnbereich werden dadurch deut-lich entlastet. Das ist aber auch ein richtiger arbeits-marktpolitischer Schritt; denn die Erwerbsbereitschaftder Eltern wird deutlich gestärkt. Wenn man sich an-schaut, welche Gruppe insbesondere betroffen ist, stelltman fest, dass das die Gruppe der sogenannten Auf-stocker ist. Wir wissen, dass 15 Prozent der alleinstehen-den Arbeitslosengeld-II-Bezieher Aufstocker sind, alsoetwas dazuverdienen, während es bei den Paarhaushal-ten mit Kindern rund 50 Prozent sind. Das heißt, in Be-darfsgemeinschaften mit Kindern besteht eine sehr hoheErwerbsbereitschaft. Diese Bereitschaft wollen wir überden Kinderzuschlag nachhaltig stützen und föDer Kinderzuschlag wies bisher zwei gProbleme auf:
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Jörn Wunderlich– Das musste einmal gesagt werden, und ich bin noch ru-hig geblieben.44,5 Prozent der bedürftigen Kinder, der Kinder, dieAnspruch auf den Kinderzuschlag haben, leben in Al-leinverdienerhaushalten. Auf den Kinderzuschlag wer-den Unterhaltsleistungen voll angerechnet. HerrSinghammer, Sie haben gesagt, alle Verbände seien da-mit einverstanden. Ich muss Ihnen widersprechen: DerFamilienbund der Katholiken, die Evangelische Ak-tionsgemeinschaft für Familienfragen usw. sind nichteinverstanden.
Kollege Wunderlich, formulieren Sie jetzt bitte die
Frage, damit die Frau Ministerin antworten kann.
Warum wird an dieser Mindesteinkommensgrenze
festgehalten? Warum werden die Kinder von Alleiner-
ziehenden faktisch von der Leistung ausgeschlossen,
und warum wird es jetzt reduziert? Wieso begründen Sie
es mit dem wirtschaftlichen Aufschwung, wenn die Zahl
der bewilligten Anträge sinkt? Die Zahl der in Armut le-
benden Kinder steigt weiter.
Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin für
Familie, Senioren, Frauen und Jugend:
Ich filtere aus Ihrem Plädoyer, Herr Wunderlich, zwei
Fragen heraus: Ihre erste Frage betrifft die Erhöhung des
Kinderzuschlags. Sie haben hier zwei Dinge vermischt:
Wie ich Ihnen im Ausschuss bereits sagte, ist mit der Er-
höhung des Kinderzuschlags gemeint, dass das Volumen
des Kinderzuschlags von bisher 150 Millionen Euro um
200 Millionen Euro erhöht wird. Diese Erhöhung findet
statt. Ihre Frage ist Ihnen also beantwortet worden.
Auf die Frage, ob der Betrag des Kinderzuschlags
– 140 Euro pro Kind und Monat – erhöht wird, haben
Sie von der Bundesregierung nie eine andere Antwort als
Nein bekommen, aus den genannten Gründen. 140 Euro
Kinderzuschlag plus – gehen wir vom ersten Kind aus –
154 Euro Kindergeld plus anteilig Wohngeld decken den
Bedarf eines Kindes.
Ihre zweite Frage betrifft die Alleinerziehenden; auch
hier haben Sie eine relativ ungenaue Frage gestellt. Sie
haben behauptet, der Unterhalt werde voll angerechnet.
Hierbei muss man unterscheiden zwischen Unterhalt für
die Mutter und Unterhalt für das Kind. Das Prinzip ist
immer dasselbe: Wenn die Mutter Unterhalt bekommt,
kann sie diesen zu ihrem eigenen Einkommen rechnen,
um auf die 600 Euro zu kommen, ab denen sie Anspruch
auf den Kinderzuschlag hat.
Aber Einkommen des Kindes, zum Beispiel Unter-
haltsvorschuss, kann von den Eltern nicht als ihr Ein-
kommen angesehen werden. Es ist Einkommen des Kin-
des; deshalb bleibt es außen vor. Gerade der
Unterhaltsvorschuss, der höchstens sechs Jahre lang und
maximal bis zum 12. Lebensjahr gezahlt wird, ist ein gu-
tes Beispiel, um zu zeigen, wie passgenau der Kinderzu-
schlag wirkt. Es gibt immer wieder Alleinerziehende,
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Die nächste Frage stellt der Kollege Carl-Ludwig
Thiele.
Sehr geehrte Frau Ministerin, zu Beginn dieser Wahl-
periode richteten wir seitens der FDP eine Kleine An-
frage an die Bundesregierung, die Sie beantwortet ha-
ben. Dort wie auch später haben Sie aufgelistet, dass es
etwa 145 unterschiedliche familienbezogene Leistungen
gebe. In der Aufstellung Ihres Ministeriums sind Sie auf
Leistungen des Staates in Höhe von etwa 180 Milliarden
Euro gekommen, wobei man darüber diskutieren kann,
ob es Leistungen des Staates oder Ansprüche des Bür-
gers sind. Beim Existenzminimum handelt es sich mei-
ner Ansicht nach nicht um eine Leistung des Staates,
sondern um einen Anspruch des Bürgers.
Sie haben seinerzeit gesagt, Sie wollten ein Gesamt-
konzept erstellen. Ein solches Gesamtkonzept liegt aber
immer noch nicht vor. Daher frage ich Sie: Ist es sinn-
voll, die jetzt in Rede stehende Maßnahme vor das Ge-
setz zu ziehen, oder wäre es nicht sinnvoller, sie in ein
Gesamtkonzept einzubinden? Wir fragten danach zu Be-
ginn dieser Wahlperiode und befinden uns inzwischen in
der zweiten Hälfte der Legislaturperiode. Möglicher-
weise kommt es nicht mehr zu einer grundsätzlichen
Überarbeitung der familienpolitischen Leistungen, was
wir sehr bedauerten. Halten Sie es nicht für richtig, end-
lich das grundlegende Konzept vorzulegen?
Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin für
Familie, Senioren, Frauen und Jugend:
Auf die erste Frage von Frau Lenke hin habe ich
schon das grundlegende Konzept für die Bekämpfung
von Kinderarmut innerhalb der Familienleistungen dar-
gelegt. Am Beispiel Ausbau der Kinderbetreuung kann
ich Ihnen verdeutlichen, dass sich eine Leistung nicht
immer nur auf ein Thema bzw. ein Problem bezieht.
Der Ausbau der Kinderbetreuung für die unter Drei-
jährigen ist ein Posten innerhalb der familienpolitischen
Leistungen. Dadurch wird sowohl die Vereinbarkeit von
Beruf und Familie für alle Familien als auch die früh-
kindliche Bildung für alle Kinder – insbesondere aber
für die Kinder aus benachteiligten Schichten – deutlich
verbessert. Dies ist aber eben nicht nur spezifisch für Fa-
milien im mittleren Einkommensbereich oder für Allein-
erziehende, die aus dem Bezug von Arbeitslosengeld II
herausfallen möchten und das dank einer guten Kinder-
betreuung auch können.
Genauso ist der Kinderzuschlag ein Teil des Gesamt-
konzeptes zur Bekämpfung der Kinderarmut. Er ist auch
ein Teil der familienpolitischen Leistungen, die Sie eben
angesprochen haben, zu denen zum Beispiel – ich darf
einmal etwas ganz anderes nennen – die Witwenrente
gehört.
Sie sehen also, dass der Kinderzuschlag ein Instru-
ment ist, das von allen gesellschaftlichen Gruppen und
Fraktionen als sinnvolle und richtige arbeitsmarkt- und
familienpolitische Maßnahme angesehen wird und es
verdient, weiterentwickelt und verbessert zu werden. In
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
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Entschuldigung, dann habe ich Sie missverstanden.
Wir kommen damit zur dringlichen Frage 4 des Kol-
egen Carl-Ludwig Thiele:
Wie will die Bundesregierung angesichts des Rücktritts
von Ingrid Matthäus-Maier als Vorstandsvorsitzende die wei-
teren Belastungen bei der KfW ausgleichen, ohne dass es zu
Einschränkungen bei der Fördertätigkeit der Bank kommt und
es zu weiteren Belastungen des Bundeshaushalts führt?
N
Frau Präsidentin, bezüglich der Frage von Herrn
hiele verweise ich auf die vorhin gegebenen Antworten
nd darauf, dass es eine Zusage der Bundesregierung be-
üglich des ERP-Sondervermögens und die Aussage des
inanzministers gibt, dass bei der regulären Fördertätig-
eit das durchschnittliche Fördervolumen erhalten blei-
en soll. Für die technische Ausgestaltung – das betrifft
a auch die Frage des Haushalts – müssen allerdings tat-
ächlich noch gemeinsam mit der KfW Lösungen gefun-
en werden.
Sie haben das Wort zur ersten Zusatzfrage.
Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. – Frau Staats-ekretärin, haben Sie vor dem Hintergrund dessen, dass
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Carl-Ludwig Thieleinzwischen viele Milliarden dorthin geflossen sind, dassRücklagen aufgebraucht wurden und dass die KfW imletzten Jahr aufgrund des gerade und auch vorher schongeschilderten Vorganges einen Verlust ausgewiesen hat,nicht auch den Eindruck, dass diese Art der Fördertätig-keit – die KfW ist eine Förderbank; das ist ihre Auf-gabe –, die über die Parteigrenzen hinweg begrüßt undauch von vergangenen Regierungen entsprechend getra-gen wurde, erheblich dadurch beeinträchtigt wurde, dasseine private Beteiligung an einem normalen Marktteil-nehmer eingegangen wurde, der entsprechende Pro-bleme birgt? Insofern noch einmal die Frage: Haben Sienicht die Sorge, dass Fördermaßnahmen durch ein Fehl-verhalten zukünftig nicht erfolgen können, die eigentlichsehr wohl erfolgen sollten oder sogar müssten?N
Herr Kollege Thiele, Ihre Formulierung der Frage wi-
derspricht den von mir gerade mehrfach wiederholten
Aussagen, dass bei dem ERP-Sondervermögen das För-
dervolumen garantiert wird und dass das durchschnittli-
che sonstige Fördervolumen sichergestellt werden wird.
Ich bitte sehr um Nachsicht, Frau Staatssekretärin,
dass ich nicht zwingend Ihre Bewertung übernehmen
muss und auch nicht übernommen habe. Mich treibt um,
dass bei einem über die Parteigrenzen hinweg unterstütz-
ten Förderinstitut, welches in vergangener Zeit sogar
erheblich ausgebaut wurde, durch die erfolgten finan-
ziellen Transaktionen, insbesondere durch die Beteili-
gung und durch die Verluste aus der Beteiligung, das
Fördervolumen über das ERP-Sondervermögen hinaus
massiv gefährdet ist und zumindest vonseiten der Regie-
rung auch nicht mehr ausgeweitet werden kann – wenn
es überhaupt in diesem Umfang aufrechterhalten werden
kann. Insofern habe ich die Frage: Können Sie das tat-
sächlich sicherstellen? Diese Sorge treibt nicht nur mich
um, sie treibt viele um.
N
Herr Kollege Thiele, ich verstehe, dass diese Sorge
formuliert wird, weil es richtig ist, dass die Fördertätig-
keit der KfW wichtig ist. Es freut mich übrigens, dass
Sie noch einmal bestätigen, dass das über alle Par-
teigrenzen hinweg so gesehen wird; manchmal hatte
man in der Debatte in den letzten Wochen den Eindruck,
dass dem nicht ganz so sei. Ich kann aber nur noch ein-
mal wiederholen: Beim ERP-Sondervermögen ist das
Fördervolumen schriftlich garantiert; bei der allgemei-
nen Fördertätigkeit müssen wir noch die Zahlen abwar-
ten. Ich gehe aber davon aus, dass es gelingen wird, die
durchschnittliche Fördertätigkeit der letzten Jahre auf-
rechtzuerhalten. Ich weise noch einmal auf die Aussage
von Minister Steinbrück in dem Zusammenhang hin.
Zu einer Zusatzfrage hat der Kollege Hermann Otto
Solms das Wort.
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– ist ja auch egal –, zeigt, dass es hier um die Grundsätze
des Verbriefungsmarktes geht. Das ist ein völlig anderer
Aspekt.
Auch heute gibt es keinen Anlass, zu sagen, es dürfe
keinen Verbriefungsmarkt geben. Es geht vielmehr um
die Bewertung der Risiken, um eine effektive Aufsicht
und um sachgerechtes Handeln der Banken. Ich bitte Sie
ausdrücklich – ich weiß nicht, ob es daran liegt, dass sie
es absichtlich in einen unzulässigen Zusammenhang
bringen wollen, oder an fachlicher Unkenntnis –
und fordere Sie auf, diesen Zusammenhang so nicht her-
zustellen.
Die letzte Frage geht an den Kollegen Schäffler.
Frau Staatssekretärin, ich möchte noch einmal auf die
Ursprungsfrage von Herrn Thiele bezüglich des Förder-
geschäftes zurückkommen. Der Fonds für allgemeine
Bankrisiken bei der KfW – das haben wir schon festge-
stellt – ist aufgebraucht. Bei der Zugrundelegung einer
Verzinsung von 5 Prozent hat der Fonds einen Ertrag
von 250 Millionen Euro pro Jahr erbracht. Dieser Betrag
wurde in der Vergangenheit für das Fördergeschäft ge-
nutzt. Wenn dieses Geld nun fehlt, wie können Sie dann
vor dem Parlament die Aussage treffen, dass das Förder-
geschäft davon künftig nicht beeinflusst ist?
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ren, dass sie keine offizielle Antwort verfassen wird?
Bitte, Herr Staatssekretär.
A
Ich antworte wie folgt: Die Bundesregierung hat inweifacher Weise zu dem Bericht Stellung genommen.orab hatte der Sonderberichterstatter einen Entwurf anie Bundesregierung mit der Bitte übermittelt, sachlicheichtigstellungen vorzunehmen. Da der Bericht haupt-ächlich die vorschulische und schulische Bildung, dien die Zuständigkeit der Länder fällt, thematisiert, ist dieundesregierung dieser Bitte gemeinsam mit der Ständi-en Konferenz der Kultusminister, KMK, nachgekom-en. Im Zusammenhang mit der Präsentation des Be-ichtes vor dem VN-Menschenrechtsrat hat die deutscheelegation in Genf zudem eine Erklärung der Bundesre-ierung und der KMK vorgetragen.Deutschland hat sich damit im gesamten Verfahren soerhalten, wie es die internationalen Vereinbarungenorsehen. Weder sieht das reguläre Verfahren eine Ver-flichtung für Staaten zur Stellungnahme vor, noch istine offizielle Anforderung zu einer Stellungnahme anegierungsvertreter ergangen. Schriftliche Stellungnah-en in Form eines Letters oder einer Note Verbale, wieie von einigen Staaten, zum Beispiel den USA 2001,er Türkei 2002 oder China 2003, zu Berichten der da-aligen VN-Sonderberichterstatterin für das Recht aufildung abgegeben wurden, erfolgten auf freiwilligerasis. Verschiedentlich in der Presse zitierte Erwartun-en des VN-Sonderberichterstatters Professor Muñoz inichtung einer Stellungnahme konnten durch das Büroer Hochkommissarin für Menschenrechte nicht bestä-igt werden.
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16072 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 153. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 9. April 2008
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)
Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage.
Danke schön. – Wie erklärt sich die Bundesregierung,
dass Vernor Muñoz in der Anhörung des Bildungsaus-
schusses in der letzten Sitzungswoche deutlich gemacht
hat, dass er sich eine deutlich ausführlichere Stellung-
nahme gewünscht hätte, die ganz klar darauf zielt, dass
in Deutschland entsprechende Konsequenzen gezogen
werden?
A
Frau Abgeordnete Hirsch, mir ist eine solche Stel-
lungnahme von Professor Muñoz nicht erinnerlich. Ich
hatte bei seinem letzten Besuch in Deutschland vor eini-
gen Wochen die Gelegenheit zu einem mehr als einstün-
digen Gespräch mit ihm, bei dem wir über eine Reihe
der von ihm angesprochenen inhaltlichen Fragen disku-
tiert haben. Dabei hat die Frage einer weitergehenden
Stellungnahme keine Rolle gespielt.
Haben Sie eine zweite Nachfrage, Frau Kollegin? –
Bitte sehr.
Meine zweite Nachfrage bezieht sich darauf, dass
heute von der OECD eine Empfehlung an Deutschland
gerichtet worden ist, die unter anderem beinhaltet, das
gegliederte Schulsystem abzuschaffen. Da es bisher von-
seiten der Bundesregierung immer sehr positive und un-
terstützende Ausführungen hinsichtlich des gegliederten
Schulsystems gab, wollte ich mich erkundigen, ob im
Zuge dieser Empfehlung der OECD jetzt darüber nach-
gedacht wird, diese Position zu überdenken und auf die
Länder einzuwirken, das gegliederte Schulsystem zu än-
dern.
A
Frau Abgeordnete Hirsch, die Bundesregierung sieht
hierzu keinerlei Veranlassung. Es ist in den Stellungnah-
men, die die KMK gemeinsam mit dem Bundesbil-
dungsministerium und bei anderer Gelegenheit selber
abgegeben hat, immer deutlich gemacht worden, dass
der Schlüssel für eine Verbesserung der Qualität des Bil-
dungssystems nicht in der Frage der Organisation des
Schulsystems liegt.
Im Übrigen gibt es hierzu empirische Befunde, die al-
les andere als eindeutig sind. Ich darf zum Beispiel auf
die auf umfangreichen Vorläuferuntersuchungen basie-
rende Längsschnittstudie Lebensverläufe von der späten
Kindheit ins frühe Erwachsenenalter – LIFE verweisen,
die nach ersten Verlautbarungen des Bildungsforschers
Helmut Fend zu dem Ergebnis kommt, dass die Gesamt-
schulen nicht mehr Bildungsgerechtigkeit als die Schu-
len des gegliederten Schulsystems schaffen. Die empiri-
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Herr Minister, wie schön, dass das Auswärtige Amt
is drei zählen kann. – Wann würden Sie denn von einer
elevanten Anzahl ausgehen? Wie würden Sie das defi-
ieren? Ist es nicht so, dass dieses Vorgehen gegenüber
NK-BP quasi wie eine Blaupause dem entspricht, was
ei Shell gemacht worden ist, was letztlich dazu führte,
ass Gasprom Mehrheitsanteile übernehmen konnte? Ist
s nicht ein Vorzeichen dafür, dass die avisierte Rechts-
taatlichkeit und Rechtssicherheit, die auch für die Ein-
altung der Menschenrechte notwendig ist – und die wir
on Medwedew erwarten –, durch das reale Handeln der
ussischen Regierung und Behörden im Augenblick
icht gedeckt ist?
D
Auch das waren mehrere Teile. – Zunächst einmaleht es um die Frage: Ab wann sind tatsächlich Auswir-ungen auf das allgemeine Investitionsklima zu spüren?rau Beck, ich glaube, Sie kennen die Entwicklung sehrut. Allein im Jahr 2007 kam es zu einer Zunahme dereutschen Direktinvestitionen in Russland in Höhe von,17 Milliarden US-Dollar, und die Gesamtsumme istis zum Jahr 2007 auf 4,5 Milliarden US-Dollar gestie-en. Es gibt also überhaupt keine Anzeichen dafür, dass,as die Direktinvestitionen in Russland angeht, Zurück-altung geübt wird; im Gegenteil. Insofern kann manicht sagen, dass dieser Fall bisher eine besondere Wir-ung im negativen Sinne hatte. Das erwarten wir auchicht.Wer genau beobachtet hat, wie BP reagiert hat, konnteeststellen, dass auch von dieser Seite der Versuch unter-ommen wurde, die Vorfälle nicht zu dramatisieren. Sieurden eher als unglücklicher Umstand bezeichnet. Wieie wissen, stehen auch Vorwürfe gegen Einzelpersonenm Raum, die noch geprüft werden; dabei geht es unternderem um den Vorwurf der Spionage. Auch BP hatein Interesse daran, dass diese Vorfälle zu einer nach-altigen Schädigung des Russlandgeschäfts führen, son-ern setzt auf eine konstruktive Zukunft.
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16074 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 153. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 9. April 2008
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Haben Sie eine weitere Zusatzfrage?
Marieluise Beck (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN):
Ja. – Wir haben heute Morgen darüber diskutiert, dass
die Europäische Union gerade mit Russland über ein
neues PKA verhandelt, das bald verabschiedet wird. In
diesem PKA werden die Bedingungen der Transparenz
und der Rechtssicherheit in Russland festgeschrieben.
Insofern bin ich etwas erstaunt, dass Sie die Vorgänge
bei TNK-BP als unglücklichen Umständen geschuldet
ansehen. Es ist doch wohl nicht durch einen unglückli-
chen Umstand zu erklären, dass auf einmal sonderbarer-
weise bei 148 ausländischen Mitarbeitern einer Firma
Visaprobleme auftreten. Ich bin etwas verwundert, mit
welcher Harmlosigkeit – wenn ich das einmal so ausdrü-
cken darf – das Auswärtige Amt mit diesem Vorfall um-
geht.
D
Frau Beck, ich fürchte, ich habe mich vielleicht nicht
genau genug ausgedrückt. Ich habe die Reaktion der
Führung von BP geschildert, nicht die Reaktion der Bun-
desregierung. Ich habe darauf hingewiesen, dass BP sich
auf eine Art und Weise äußert, die beruhigend und nicht
dramatisierend wirkt. Das war der Punkt, den ich deut-
lich machen wollte. Ich habe mir diese Auffassung nicht
zu eigen gemacht.
Zu einer Zusatzfrage Herr Beck, bitte.
Sie haben gerade betont, dass Sie nicht die Reaktion
der Bundesregierung geschildert haben. Wie ist denn die
Reaktion der Bundesregierung auf diese Vorfälle?
D
Herr Kollege Beck, wir haben uns natürlich sehr in-
tensiv mit dem Inhalt des Gesetzes vom 2. April dieses
Jahres beschäftigt. Mit diesem Gesetz wird ganz eindeu-
tig der Versuch unternommen, im Hinblick auf ausländi-
sche Direktinvestitionen in Russland klare Grenzen ein-
zuziehen. So wurde unter anderem eine generelle
Genehmigungsschwelle bei 50 Prozent beschlossen.
Wenn es um Bodenschätze geht, liegt diese Schwelle für
Privatunternehmer sogar bei nur 10 Prozent. Das ist ein
Punkt, der uns durchaus Sorgen macht und dazu führen
wird, dass wir unseren russischen Kollegen die eine oder
andere Frage stellen müssen.
Wir alle wissen, dass in Russland insbesondere im
Energiebereich bzw. bei den Bodenschätzen enormer In-
vestitionsbedarf besteht. Dass in 42 Bereichen, die als
strategisch eingeschätzt werden, für ausländische Direkt-
investitionen, die dringend gebraucht werden, solche
Grenzen gezogen werden, ist eigentlich ein Widerspruch
zu den Interessen Russlands. Wir werden noch viele Ge-
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Sollte sich in der nächsten Zeit herausstellen, dass
iese Auffassung der Bundesregierung nicht von allen
elevanten Stellen – insbesondere von den Rechtspflege-
rganen nicht – geteilt wird, müsste man in der Tat über
ntsprechende Klarstellungen nachdenken.
Die Frage 26 der Kollegin Sevim Dağdelen wird
chriftlich beantwortet.
Damit rufe ich die Frage 27 der Kollegin Dr. Gesine
ötzsch auf:
Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus
dem Bericht des Bundesrechnungshofes über die Mitarbeit
von Beschäftigten aus Verbänden und Unternehmen in obers-
ten Bundesbehörden, und was hat die Bundesregierung unter-
nommen, um auszuschließen, dass Partikularinteressen von
Verbänden und Unternehmen in Gesetzentwürfe der Regie-
rung einfließen?
P
Frau Kollegin Lötzsch, ich beantworte Ihre Frage wieolgt: Die Bundesregierung nimmt diesen Bericht sehrrnst. Der Bundesrechnungshof erkennt in seinemericht das Instrument des Personalaustausches mitirtschaftsunternehmen und -verbänden und die Einbe-iehung von verwaltungsfremdem Sachverstand im Üb-igen grundsätzlich an. Durch den Personalaustauschollen den Beschäftigten Einblicke in die Entschei-ungsabläufe der jeweils anderen Stelle vermittelt wer-en; so soll ein gegenseitiges Verständnis zwischen pri-ater Wirtschaft und öffentlicher Verwaltung geförderterden. Das war der Grund, warum diese Praktiken un-er der Vorgängerregierung initiiert worden sind. Es istann Sache jeder obersten Bundesbehörde, durcheeignete Regelungen sicherzustellen, dass Partikular-nteressen von Verbänden und Unternehmen nicht in Ge-
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Parl. Staatssekretär Peter Altmaiersetzentwürfe einfließen. Dem Bericht des Bundesrech-nungshofes ist zu entnehmen, dass die Prüfung keineAnhaltspunkte für einen konkreten Verdacht auf Miss-brauch und Schaden für den Bund und das von ihm zuvertretende Gemeinwohl ergeben hat.Im Interesse des Vertrauens in die Integrität und dieFunktionsfähigkeit der Bundesverwaltung unterstützt dieBundesregierung allerdings das Anliegen des Bundes-rechnungshofes, den Einsatz dieser Personen einheitlichauszugestalten. Deshalb hat das Bundesinnenministe-rium einen Vorschlag entwickelt, mit dem die Anmer-kungen des Bundesrechnungshofes aufgegriffen werden.Dieser Entwurf wird derzeit innerhalb der Bundesregie-rung erörtert.
Eine Nachfrage, bitte.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Vielen Dank, Herr
Staatssekretär. Vor meiner ersten Nachfrage möchte ich
Sie erst einmal dafür loben, dass Sie den Bericht sehr
ernst nehmen.
Der Bericht wurde ja durch Fragen unserer Fraktion
und auch Fragen anderer Fraktionen sowie durch Re-
cherchen von Journalisten angeregt. Quasi zeitgleich ist
ein Buch der Autoren Kim Otto und Sascha Adamek mit
dem Titel Der gekaufte Staat vorgestellt worden, das
beim renommierten Verlag Kiepenheuer & Witsch er-
schienen ist.
Jetzt komme ich zu meiner ersten Frage. Ein Vertreter
des Bundesgesundheitsministeriums hat das Buch als
„spätpubertäres Geschreibsel“ bezeichnet. Darf ich da-
von ausgehen, dass diese Aussage von der Bundesregie-
rung insgesamt nicht geteilt wird und dass diese Dinge
auch in Ihrem Sinne, Herr Staatssekretär, sehr ernst ge-
nommen werden?
P
Frau Kollegin Lötzsch, da ich diese Aussage im Mo-
ment nicht verifizieren kann, möchte ich mir auch eine
Kommentierung verkneifen.
Sie haben noch eine zweite Frage, die aber hoffentlich
nicht wieder mit Schleichwerbung verbunden ist.
Nein, ich glaube, das haben jetzt alle gut verstanden. –
Herr Staatssekretär, meine zweite Frage bezieht sich
konkret auf den Bericht des Rechnungshofes, der in den
verschiedenen Gremien diskutiert werden wird. In dem
Bericht wird zum Ausdruck gebracht, dass es der Rech-
nungshof für problematisch hält, Unternehmensinteres-
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Ich glaube, dass der Umstand, dass Vorschläge gemachtworden sind, als solcher keinen Schaden konstituierenkann.Ich will Ihnen aber in einem Punkt ausdrücklich rechtgeben. Es muss in der Verantwortung eines jeden Res-sorts darauf geachtet werden, dass Externe, soweit siezum Einsatz kommen, so eingesetzt werden, dass bei-spielsweise die Gefahr einer Interessenkollision und In-teressenvermengung bei der Erarbeitung von Gesetzent-würfen und der Mitwirkung an Rechtsetzungsprozessenauf europäischer Ebene oder im internationalen Bereichausgeschlossen ist.
Frau Kollegin Hänsel, bitte.
Danke, Frau Präsidentin. – Ich habe eine Nachfrage,
Herr Staatssekretär. Sie haben ausgeführt, dass ein Ent-
wurf vorliegt, um den Einsatz von Leiharbeitern und
Leiharbeiterinnen aus Unternehmen, wie ich sie einmal
nennen möchte, einheitlich zu regeln. Was heißt für Sie
„einheitlich“, und können Sie persönlich garantieren,
dass an diesem Entwurf kein Vertreter der Konzerne mit-
gewirkt hat?
P
Frau Kollegin, „einheitlich“ heißt, dass wir in einer
Verwaltungsvorschrift oder Empfehlung – je nachdem,
wie wir die Bestimmung ausgestalten werden – be-
stimmte Regelungen für alle Ressorts gemeinsam und
einheitlich vornehmen, insbesondere bezogen auf die
Einsatzdauer und den Einsatzbereich der Externen, die
Offenlegung ihres Status – das entspricht dem Ziel einer
verbesserten Transparenz – und schließlich auch in Be-
zug auf die Übernahme der Bezahlung der Externen
durch die Verwaltung.
Wir befinden uns bei der Erarbeitung dieser Verwal-
tungsvorschrift in der Ressortabstimmung. Wir haben
für den 24. April zu einer weiteren Ressortabstimmung
eingeladen. Wir hoffen, dass die Abstimmung bis Ende
Mai 2008 abgeschlossen ist. Es kann sicherlich zu einer
Verschiebung von ein bis zwei Wochen kommen. Aber
wie Sie sehen, werden wir zügig zu einem Ergebnis
kommen. Ich kann Ihnen im Augenblick nicht sagen,
wer an der Erarbeitung dieser Vorschrift mitgewirkt hat.
Wir werden aber überprüfen und sicherstellen, dass
keine Externen daran beteiligt waren.
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Eine weitere Frage hat Frau Kollegin Dr. Höll.
Herr Staatssekretär, Sie haben zu Beginn Ihrer Ant-
ort gesagt, dass die Bundesregierung den Bericht des
undesrechnungshofes sehr ernst nimmt. Ich gehe da-
on aus, dass jede Bundesregierung auch Anfragen von
bgeordneten ernst nimmt. Ich möchte darauf hinwei-
en, dass im Jahre 2003 meine Kollegin Gesine Lötzsch
ach einem Fall gefragt hatte, in dem eine Juristin des
undesverbandes Investment und Asset Management
aßgeblich bzw. federführend an der Erarbeitung eines
esetzentwurfs des Finanzministeriums zu den Hedge-
onds beteiligt war. Das spielte damals im Bundestag
ine Rolle. Das war noch unter Rot-Grün. Angesichts
olcher Erfahrungen wäre es sinnvoll gewesen, bei der
egierungsübernahme darauf hinzuwirken, dass solche
raktiken eingedämmt werden. Stattdessen müssen wir
auch anhand des Berichtes des Bundesrechnungshofes –
eider konstatieren, dass die Zahl solcher Fälle explo-
ionsartig angestiegen ist. Vor diesem Hintergrund inte-
essieren mich die Beweggründe, warum man bislang
icht tätig geworden ist. Wie können wir sicher sein,
ass der Sinneswandel, den Sie hier ausgedrückt haben,
atsächlich fundamental sein wird?
P
Frau Kollegin, ich bitte um Verständnis, dass sich die
etzige Bundesregierung ungern für Entscheidungen in
aftung nehmen lässt, die die Vorgängerregierung ge-
roffen hat, zumal ich selbst damals noch nicht die Ehre
atte, für die Bundesregierung zu sprechen. Ich möchte
llerdings darauf hinweisen, dass wir uns, unmittelbar
achdem dieses Thema wieder an uns herangetragen
urde – auch durch die Medien, was ich ausdrücklich
nerkenne –, dieser Sache angenommen haben. Wir ha-
en nicht gewartet, bis der Bericht des Bundesrech-
ungshofes vorliegt, sondern sind aus eigenem Antrieb
ktiv geworden und haben als zuständiges Bundesinnen-
inisterium die Erarbeitung dieser Verwaltungsvor-
chrift auf den Weg gebracht.
Eine weitere Frage hat nun Herr Kollege Schneider.
Herr Staatssekretär, Sie haben einleitend gesagt, dassie solche Praktika in einem gewissen Umfang für un-roblematisch hielten, weil man die Verfahrensabläufeennenlernen müsse. Nun diskutieren wir im Bereichon Forschung und Bildung ebenfalls über Praktika;uch Ihr Kollege Scholz befasst sich damit. In diesemusammenhang höre ich immer wieder, dass Praktikaeitlich befristet sein sollen. Stimmen Sie mir daher zu,ass in dem Bericht eine Reihe von Praktika genannt
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 153. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 9. April 2008 16079
)
)
Volker Schneider
sind, die von ihrer Dauer her über das Kennenlernen vonVerfahrensabläufen hinausgehen?P
Das Thema der zeitlichen Befristung spielt eine ge-
wisse Rolle im Bericht des Bundesrechnungshofes. Es
gibt dazu konkrete Empfehlungen. Die Bundesregierung
prüft derzeit, inwieweit sie diese Empfehlungen auf-
greift.
Wir kommen nun zu Frage 28 der Kollegin Dr.
Dagmar Enkelmann:
Wie bewertet die Bundesregierung die Vorwürfe des Bun-
desrechnungshofes in Bezug auf die Beteiligung von Lobbyis-
ten an der Gesetzgebung des Bundes?
Bitte, Herr Staatssekretär.
P
Frau Kollegin Enkelmann, ich kann nur das wieder-
holen, was ich auf die vorherige Frage geantwortet habe:
Wir nehmen den Bericht des Bundesrechnungshofes
sehr ernst. Wir bemühen uns, daraus Schlussfolgerungen
zu ziehen. Aus diesem Grunde erarbeiten wir derzeit
eine Verwaltungsvorschrift, die für eine einheitliche Pra-
xis der obersten Bundesbehörden Sorge tragen soll.
Frau Kollegin, Ihre Nachfrage.
Herr Staatssekretär, die Bundesregierung hat nun in-
zwischen erklärt, dass einer der Gründe für die Beschäf-
tigung von Lobbyisten, zum Beispiel bei der Ausarbei-
tung von Gesetzentwürfen, ist, dass es offenkundig zu
wenig Kompetenz in den Ministerien selbst gibt. Was
will die Bundesregierung tun, um die Kompetenz in den
Ministerien zu stärken und damit den Einsatz von Lob-
byisten bei Gesetzgebungsverfahren zu minimieren?
P
Das haben Sie, Frau Kollegin, wahrscheinlich falsch
verstanden. Die Bundesregierung würde nie behaupten,
dass es zu wenig Kompetenz in den Ministerien selbst
gibt. Es gibt allerdings auch in der öffentlichen Debatte
seit vielen Jahren einen Konsens darüber, dass es gerade
für die öffentliche Verwaltung sinnvoll sein kann, exter-
nen Sachverstand mit heranzuziehen, zumal dann, wenn
die Sachverhalte, die zu klären sind, solche sind, mit de-
nen die Verwaltung nicht jeden Tag beschäftigt ist. Inso-
fern hat der Bundesrechnungshof ausdrücklich aner-
kannt, dass dieses Instrument des Austausches seine
Berechtigung hat. Man muss allerdings immer darauf
achten, dass keine Interessenkonflikte entstehen, und
deshalb muss ausgeschlossen sein, und zwar zu jeder
Zeit, dass solche externen Mitarbeiter beispielsweise fe-
derführend an der Erarbeitung von Gesetzentwürfen be-
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Eine Nachfrage hat nun die Kollegin Dr. Lötzsch.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Staatssekretär,
timmen Sie mir zu, dass dann, wenn Lobbyisten an Ge-
etzen oder wesentlichen Bestandteilen von Gesetzen fe-
erführend oder wesentlich mitarbeiten, die demokrati-
chen Rechte der Abgeordneten eingeschränkt werden,
olange es keine Kennzeichnungspflicht für die von den
obbyisten formulierten Passagen in den Gesetzen gibt?
P
Frau Kollegin Lötzsch, die Bundesregierung legt
ert darauf, dass man ihr nicht das Wort im Munde um-
reht. Wenn Sie mir zugehört haben, dann wissen Sie,
ass ich darauf hingewiesen habe, dass uns keine An-
altspunkte vorliegen, dass solche externen Beschäftig-
en federführend an Gesetzentwürfen der Bundesregie-
ung mitgearbeitet haben. Deshalb erübrigt sich Ihre
rage.
Eine weitere Nachfrage hat die Kollegin Dr. Höll.
Herr Staatssekretär, ich bin jetzt ein kleines bisschenerwirrt. Auf meine vorige Nachfrage haben Sie mir ver-ichert, dass Sie sofort aktiv geworden sind, als Sie voner Presse informiert wurden. Also, Ihnen ist nichts von
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16080 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 153. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 9. April 2008
)
)
Dr. Barbara HöllKumpanei bekannt. Ihnen war vorher nicht aufgefallen,dass das vielleicht ein sensibler Bereich ist, obwohl esnach meinem Wissen, das ich hier im Parlament erwor-ben habe, beim Gesetzgebungsverfahren so ist, dass Ent-würfe der Regierung vorgestellt und mit offiziellenSachverständigen beraten werden – die Listen sind be-kannt – und das Parlament sich dann das Recht nimmt,selbst mit den Sachverständigen zu diskutieren. Diesepraktischen Dinge werden also sehr intensiv beraten.Mir leuchtet Ihr Argument des Praxisaustauschs nichtganz ein, weil, wie ich glaube, dort große Gefahren lie-gen. Warum denn nun trotzdem eine Aktivität? Alles istpaletti, und nun werden Sie auf einmal aktiv. In welcheRichtung werden Sie denn aktiv, und warum denken Sie,doch aktiv werden zu müssen? Das hat sich mir nochnicht ganz erschlossen.P
Frau Kollegin Höll, ich habe vorhin gesagt, dass es
Sache jedes einzelnen Ressorts, jeder einzelnen obersten
Bundesbehörde ist, sicherzustellen, dass diese Praktika
gemäß den gesetzlichen Vorschriften und ohne unzuläs-
sige Interessenkollisionen durchgeführt werden. Der
Bundesrechnungshof hat in seinem Bericht – das werden
Sie wissen, wenn Sie ihn gelesen haben – darauf hinge-
wiesen, dass es gewisse einheitliche Regelungen geben
soll. Das ist auch nachvollziehbar und macht Sinn. Des-
halb hat sich die Bundesregierung dem geöffnet, indem
sie in Gestalt des Bundesinnenministeriums eine ent-
sprechende Verwaltungsvorschrift erarbeitet hat, die im
Augenblick im Ressortkreis abgestimmt wird.
Eine weitere Zusatzfrage hat der Kollege Beck
.
Ich möchte noch einmal auf die Schadensthematik zu
sprechen kommen. Sie haben vorhin ausgeschlossen,
dass es Schäden für andere oder für den Bund gegeben
hat. Im Bericht des Bundesrechnungshofs wird ein Un-
ternehmen erwähnt, das sich bei der Bundesregierung
beschwert, dass die Konkurrenz einen Mitarbeiter im
Ministerium hat. Das ist verständlich, wenn man in
Rechnung stellt, dass offensichtlich auch bei Genehmi-
gungsverfahren und dergleichen solche externen Mitar-
beiter – zumindest nach Ausweis des Bundesrechnungs-
hofs, dessen Glaubwürdigkeit wir alle wohl nicht
anzweifeln werden – beteiligt waren. Wie beurteilen Sie
Ihre Aussage von vorhin, dass es keinen Schaden gege-
ben hat, wenn sich Unternehmen darüber beschweren,
dass die Konkurrenz im Ministerium einen Mitarbeiter
implantieren konnte, obwohl es einem selber nicht ge-
lungen war?
P
Der Umstand, dass ein Unternehmen einen Mitarbei-
ter für die Mitarbeit im Ministerium abgestellt hat, be-
deutet nicht, dass es zu einem Schaden gekommen ist.
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Das sind theoretische Konstellationen. Sofern das im
inzelfall vorgekommen sein sollte, müsste es entspre-
hend verfolgt, abgestellt und geahndet werden. Mir ist
ies zum jetzigen Zeitpunkt aber nicht bekannt. Wenn
ie einen solchen Fall kennen, sind wir gerne bereit, dem
achzugehen.
Herr Kollege Beck, Sie können stehen bleiben.
An welchen Gesetz- und Verordnungsentwürfen der Bun-
desregierung oder anderer oberster Bundesbehörden waren
externe Mitarbeiter von Unternehmen und Verbänden bei der
form, Übernahme welcher Vorschläge – wird die Bundesre-
gierung die Empfehlungen des Bundesrechnungshofes in die-
sem Bericht aufgreifen und umsetzen?
P
Die Frage, wie die Bundesregierung die Empfehlun-
en des Bundesrechnungshofes aufgreifen und umsetzen
ird, habe ich bereits beantwortet.
Was die Frage nach den Gesetz- und Verordnungsent-
ürfen angeht: Es war in der Kürze der Zeit nicht mög-
ich, sämtliche Gesetz- und Verordnungsentwürfe der
undesregierung aus den letzten fünf Jahren zu erheben.
ach den bisher vorliegenden Erkenntnissen ist aller-
ings nur eine relativ geringe Anzahl von Gesetz- oder
erordnungsentwürfen betroffen. Externe Mitarbeiterin-
en und Mitarbeiter arbeiteten in der Regel an aktuellen
hemenstellungen rein beratend mit. Sie waren wei-
ungsgebunden in die Hierarchie der Fachabteilung ein-
egliedert und übernahmen, wie ich eben schon gesagt
abe, keine eigenverantwortliche oder federführende
earbeitung von Gesetz- und Verordnungsentwürfen.
Haben Sie eine Nachfrage, Herr Kollege?
Ja. Meine Nachfrage besteht in meiner eigentlichenrage. Ich habe nicht „Wie viele?“ oder „Waren es vieleder wenige?“ gefragt, sondern „Welche?“. Ist die Bun-esregierung bereit, uns, dem Parlament, eine genaue
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 153. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 9. April 2008 16081
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Volker Beck
Liste der Gesetze und Verordnungen zu übermitteln, andenen externe Mitarbeiter beteiligt waren? Wenn nein,warum ist die Bundesregierung nicht bereit, uns dieseListe zu übermitteln, obwohl sie Besserung aufgrund desBundesrechnungshofberichts gelobt hat, der eine solcheTransparenz nicht nur empfiehlt, sondern ausdrücklichfordert?P
Ich habe vorhin gesagt, dass eine vollständige Erhe-
bung der Daten innerhalb der Kürze der Zeit bislang
nicht möglich war. Wir haben uns bemüht, diese Daten
zu erheben. Ich denke, dass, wenn Daten übermittelt
werden, der Anspruch auf Vollständigkeit gegeben sein
muss. Das heißt, sobald wir über die entsprechenden Da-
ten verfügen, werden wir darüber entscheiden, ob wir sie
dem Parlament mitteilen können.
Herr Kollege, eine weitere Zusatzfrage.
Von welchen Umständen hängt die Entscheidung ab,
ob Sie uns, dem Parlament, die entsprechenden Informa-
tionen zuleiten oder nicht? Ich gehe einmal davon aus,
dass beim Bundesnachrichtendienst, wo Geheimschutzbe-
lange gegeben sind, keine externen Mitarbeiter beschäftigt
werden. Deshalb kann es eigentlich keine verfassungs-
rechtlich zulässige Begründung für das Zurückhalten
dieser Informationen geben. Wovon hängt ab, ob Sie uns
diese Liste unverzüglich zugänglich machen oder uns
verweigern?
P
Herr Kollege Beck, ich möchte bitten, dass wir dieses
Thema nicht unnötig dramatisieren. Ich habe Ihnen doch
gesagt: Wir haben mit der Erhebung begonnen. Wir wer-
den diese Erhebung in einem absehbaren Zeitraum ab-
schließen und werden dann zügig entscheiden. Aller-
dings bitte ich um Verständnis, dass ich einer solchen
Entscheidung an dieser Stelle nicht vorgreifen kann.
Eine weitere Nachfrage hat nun die Kollegin Frau
Dr. Höll.
Herr Staatssekretär, mich interessiert noch, nach wel-
chen Kriterien Sie bewerten, wenn Sie daran weiter-
arbeiten. Sie haben hier einen Negativausschluss vorge-
nommen und behauptet, es sei niemand zu Schaden
gekommen, das Allgemeinwohl sei sichergestellt wor-
den. Nicht nur das interessiert uns. Uns interessiert auch
die andere Seite – ich möchte explizit vorschlagen, dass
Sie das entsprechend in die Bewertung einbeziehen –:
Wo gab es Vorteilsnahmen? Nach welchen Kriterien
werden Sie vorgehen?
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Ihr Hinweis auf das Parlamentarische Kontrollgre-ium ging hier fehl, weil nicht die Aktivitäten derSG 9, sondern die der Geheimdienste in dessen Kon-roll- und Prüfungskompetenz fallen, und noch ist dieSG 9 kein Geheimdienst.An das anschließend, was Sie gesagt haben, stelle ichie Frage: Bedeutet Ihre Antwort, dass es sehr wohl sol-he Einsätze von GSG-9-Beamten im Ausland, Unter-tützung in anderen Staaten gegeben hat? Gab es das bisn die jüngste Zeit hinein, wenn ja, in welchen Staatennd mit welchem Ergebnis? Waren darunter problemati-che Staaten wie Libyen oder Syrien?
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16082 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 153. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 9. April 2008
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P
Die Antwort lautet: Ja, es hat Unterstützungen gege-
ben. Die Antwort auf Libyen bezogen lautet: Nein.
Haben Sie eine weitere Zusatzfrage?
Ja.
Bitte sehr.
Sind Sie bereit, mir wenigstens für das letzte Jahr-
zehnt eine Auflistung dieser Einsätze zu geben und ins-
besondere darzustellen, welche Staaten davon betroffen
waren und welche Überlegungen die Bundesregierung
im Hinblick auf die fragliche Einhaltung von Menschen-
rechten in diesen Staaten und den möglichen Missbrauch
der Fähigkeiten der GSG 9 zur Repression der eigenen
Bevölkerung angestellt hat?
P
Ich kann Ihnen zusichern, dass wir jedes Auskunfts-
ersuchen von Ihnen, das sich auf konkrete Staaten be-
zieht, selbstverständlich prüfen und, soweit wir dies kön-
nen, auch beantworten werden.
Dann hat der Kollege Beck eine Zusatzfrage.
Herr Kollege Altmaier, welche anderweitigen Unter-
stützungen für die Ausbildung von libyschen Sicher-
heitskräften sind der Bundesregierung bekannt? Wel-
chen Stellen der Bundesregierung ist dazu was bekannt?
Sollten Sie das jetzt nicht abschließend beantworten
können, wäre ich auch für eine schriftliche Beantwor-
tung dieser Frage dankbar.
P
Wir haben diese Frage heute Morgen auch im Innen-
ausschuss des Deutschen Bundestages beantwortet. Ich
kann Ihnen für den Geschäftsbereich des Bundesinnen-
ministeriums sagen, hier sind mir keine bekannt. Das
muss überprüft werden und wird dann schriftlich beant-
wortet.
Herr Staatssekretär, ich danke Ihnen für die Beant-
wortung der Fragen.
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)
)
Ich habe eine Nachfrage.
Bitte sehr.
Herr Minister Seehofer hatte öffentlich – ich teile
eine Auffassung – gesagt, dass wir ein Arbeitnehmer-
atenschutzgesetz brauchen. Meine Frage lautete nicht,
as nach den gegebenen gesetzlichen Möglichkeiten
eute schon gemacht wird, sondern meine Frage lautete
die haben Sie noch nicht einmal beantwortet –: Wann
ird die Bundesregierung das von Minister Seehofer öf-
entlich angekündigte Arbeitnehmerdatenschutzgesetz in
en Bundestag einbringen? Das ist eine ganz einfache
rage. In Ihrer Antwort sind Sie dieser Frage gänzlich
usgewichen.
K
Über ein allgemeines Arbeitnehmerdatenschutzgesetz
st noch nicht beraten worden. Ich habe Ihnen, Frau Ab-
eordnete, gesagt, dass die Arbeitnehmer in Deutschland
or unrechtmäßiger Videoüberwachung auch jetzt schon
esetzlich geschützt sind.
Haben Sie eine weitere Frage?
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16084 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 153. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 9. April 2008
)
)
Ja, ich habe eine Zusatzfrage. – Darf ich Ihrer Ant-wort entnehmen, dass die Bundesregierung ein Arbeit-nehmerdatenschutzgesetz für nicht erforderlich hält undsie sich somit gegen die öffentlich von Minister Seehofererhobene Forderung stellt?K
Das können Sie aus meinen Ausführungen nicht
schließen. Wir haben gesetzliche Grundlagen, um die
Arbeitnehmer schon jetzt entsprechend zu schützen. Wir
werden natürlich beobachten, welche weiteren Aktivitä-
ten es in diesem Bereich gibt, und dann prüfen, ob sich
daraus weiterer gesetzlicher Handlungsbedarf ergibt und
ob die einzelnen gesetzlichen Bestimmungen zum Bei-
spiel in einem separaten Gesetz zusammengefasst wer-
den müssten, um zu einem noch wirkungsvolleren Ar-
beitnehmerdatenschutz zu kommen.
Ich rufe die Frage 43 des Kollegen Dr. Diether Dehm
auf:
Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung ergreifen,
damit in allen vom Urteil des Europäischen Gerichtshofes,
EuGH, im Fall „Rüffert“ betroffenen Branchen die Möglich-
keit von Allgemeinverbindlichkeitserklärungen für die betrof-
fenen Tarifverträge durchgesetzt werden kann, um die selbst
von der Sprecherin der EU-Kommission genannten drei Mög-
lichkeiten für Lohnvorgaben bei öffentlichen Aufträgen – ei-
nen allgemein verbindlichen Tarifabschluss, einen gesetzlich
festgelegten Mindestlohn oder aber einen Tarifvertrag zwi-
schen den größten Tarifpartnern, der eine große Mehrheit der
Arbeitnehmer betreffe – zur Sicherung von sozialen und tarif-
lichen Mindeststandards bei öffentlichen Aufträgen durchzu-
setzen?
K
Kollege Dr. Dehm, die Entscheidung des Europäi-
schen Gerichtshofs in der Rechtssache „Rüffert“ betrifft
das Baugewerbe, wie Sie wissen. Das Arbeitnehmer-
Entsendegesetz kennt zwei Wege einer Allgemeinver-
bindlichkeitserklärung für Tarifverträge des Bauhaupt-
und Baunebengewerbes: zum einen über eine Allge-
meinverbindlichkeitserklärung nach den Regeln des
Tarifvertragsgesetzes, zum anderen über den Erlass einer
Rechtsverordnung.
Eine Nachfrage, Herr Kollege? – Bitte.
Der Berliner Wirtschaftssenator, Harald Wolf von der
Partei Die Linke, sieht im EuGH-Urteil zum Fall
„Rüffert“ – ich zitiere – „eine dramatische Zäsur für die
Vergabepraxis der Länder“. Er vertritt die Auffassung,
dass – Zitat – „wichtige soziale Standards, die fairen
Wettbewerb bewirken und Arbeitnehmerinteressen si-
chern sollen, … in Gefahr“ stünden. Weiter führt er aus,
dass das Gerichtsurteil – –
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Ich kann Sie leider nicht verstehen; aber das werdenie sicherlich noch in Ordnung bringen. – Denn deruGH hat ganz im Sinne der Urteile zu den FällenViking“ und „Vaxholm“ mit einem ebenso skandalösenrteil aufgewartet. Herr Staatssekretär Thönnes hat imärz auf meine Frage ausgeführt, dass nationale Ge-ichte am Zug seien. Im Fall „Rüffert“ hat ein nationalesericht eine Anfrage an den EuGH gerichtet. Der EuGH
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Dr. Diether Dehmhat jetzt entschieden, dass die Niederlassungs- undDienstleistungsfreiheit gefährdet sind, wenn Mindest-anforderungen in die Ausschreibungen aufgenommenwerden, wie das zum Beispiel in Berlin und Niedersach-sen in den Tariftreuegesetzen der Fall ist. Er führte vorvier Wochen dazu aus –
Herr Kollege, ich darf Sie wirklich bitten, sich auf die
Frage zu konzentrieren.
– das ist die Frage, entschuldigen Sie; ich bin aber
gleich am Ende; seien Sie nicht ganz so ungeduldig,
dann schaffen wir das –, dass nach Auffassung der Bun-
desregierung mit der Entsenderichtlinie gewisse Min-
destbedingungen festgelegt würden, die aber national
überschritten werden könnten. Aus diesem Grunde frage
ich Sie, ob Sie nun endlich konkreten Handlungsbedarf
sehen, zum Beispiel zur Einführung von allgemeinver-
bindlichen Tarifverträgen in allen betroffenen Branchen,
und ob es hierzu in der Koalition schon konkrete Gesprä-
che gibt.
K
Herr Abgeordneter Dehm, Sie wissen, dass die Koali-
tion sich auf zwei Verfahren verständigt hat, in denen
branchenspezifische Mindestlöhne vereinbart werden
können. Auf der einen Seite sind die Branchen, die durch
tarifvertragliche Regelungen eine bestimmte Durchdrin-
gung vorsehen, indem 50 Prozent der Arbeitnehmer ei-
ner Branche von einem Tarifvertrag erreicht werden
müssen. Das betrifft genau den Bereich, der aufgefordert
war, sich bis zum 31. März zu melden, damit wir eine
erste Übersicht bekommen. Immerhin haben sich acht
Branchen mit etwa 1,6 Millionen Arbeitnehmern gemel-
det, zumindest nach der Aussage der entsprechenden Ta-
rifvertragspartner der Branchen. Auf der anderen Seite
haben wir die politische Verabredung, eine Novelle des
Mindestarbeitsbedingungengesetzes zu verabschieden
– daran wird zurzeit gearbeitet –, wodurch den Branchen
zukünftig die Möglichkeit eröffnet wird, zu branchen-
spezifischen Mindestlöhnen zu kommen.
Zu einer weiteren Frage hat der Kollege Ulrich das
Wort.
Herr Staatssekretär, die SPD-Europaabgeordnete
Karin Jöns hat in einer Pressemitteilung das EuGH-Ur-
teil im Fall „Rüffert“ scharf kritisiert. Frau Jöns wies
darauf hin, dass die Entsenderichtlinie als Mindestgaran-
tie zugunsten der entsandten Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer ausdrücklich vorsieht, dass der festge-
schriebene Mindestschutz der Anwendung von Arbeits-
bedingungen, die für die Arbeitnehmer günstiger sind,
nicht entgegenstehen dürfe. Können Sie die Aussage von
Frau Jöns teilen? Wenn ja: Welche konkreten Hand-
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– Ich vernehme ein Aufstöhnen des Bedauerns bei Ihnen –zu Recht.Ein besonderes Problem hat Herr Gabriel – da brau-chen Sie von der CDU/CSU gar nicht zu jubeln –: Nachdem Rußfilterskandal kam jetzt die Biospritpleite. HerrGabriel, grün sein ist eben doch mehr als schönerSchein. Grün sein heißt an dieser Stelle auch, eine ganzeMenge Mut aufzubringen. Man muss sich auch einmaleine andere Strategie überlegen und darf nicht nur diekurzfristigen Profitinteressen der großen Konzerne, dergroßen Anlagenbauer oder der Automobilkonzerne indiesem Land, im Auge haben.
Die Biokraftstoffstrategie dieser Bundesregierung warvon Anfang an zum Scheitern verurteilt. Sie war in ihrerArt und Weise und mit ihren Instrumenten ein kapitalerFehler. Ich will Ihnen sagen, warum.Ihr erster Fehler ist die Besteuerung reiner Pflanzen-treibstoffe. Mit dieser Besteuerung haben Sie den heimi-schen Bauern die Grundlage entzogen, um nachhaltigEnergielandwirte in diesem Land zu werden.
Sie haben denen, die in Anlagen investiert haben, die fi-nanzielle Grundlage entzogen. Sie haben die heimischenBioraffinerien ruiniert. Das ist Ihr erster kapitaler Fehler.
Ihr zweiter Fehler ist die Zwangsbeimischung. Sie ha-ben zu sehr auf den kurzfristigen Effekt für den Haushaltgeschaut. Mit der Zwangsbeimischung haben Sie nur ei-nes erreicht, nämlich dass statt der Landwirte und Be-schäftigten im ländlichen Raum die großen Mineralöl-konzerne das Geld verdienen. Diese – gar nicht blöd –haben gesagt: Die hiesigen Kraftstoffe und Rohstoffesind durch die Besteuerung viel zu teuer, gehen wir dochden internationalen Weg. Das Ergebnis der Zwangsbei-mischung ist, dass Treibstoff aus Übersee importiertwird und dass die Zuckerrohrplantagen sich immer wei-ter ausdehnen. Damit wird die Rinderzucht weiter ver-schoben. Sie können zwar sagen, dass für die Zucker-rohrplantagen kein Urwald gerodet wird, aber für dieRinderzucht werden am Ende große Einschnitte in denAmazonaswald gemacht. So, meine Damen und Herrenvon der schwarz-roten Regierung, macht man definitivkeine Klimaschutzpolitik.
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Ich muss „sogenannter“ sagen, weil er sich nicht wirk-ich um die wirtschaftlichen Interessen dieses Landes,um Beispiel des Mittelstandes, kümmert.
Ich meine an dieser Stelle Herrn Glos. Wir sollten ihnicht außen vor lassen. Denn wir wissen, dass hier sozu-agen ein Gesamtkunstwerk angerichtet wurde.
Das Verhalten der Kanzlerin finde ich schon bezeich-end: Sie ist viel um die Welt geflogen, hat sich vor allenletschern dieser Welt fotografieren lassen, und an die-er Stelle hat sie es nicht einmal nötig, ein klärendesort zu sprechen. Lassen wir uns nicht in die Irre führenit dem, was sie aus internen Sitzungen der CDU/CSUurchgestochen hat. Sie habe Herrn Glos gesagt: Nunritisier mal nicht so sehr den Kollegen Gabriel. – Damitat man gezeigt, dass man diesen Unsinn in der Koali-ion zusammen angerichtet hat. Deshalb darf Glos denabriel nicht kritisieren.Frau Merkel hat immer noch nicht gesagt, wie eigent-ich ihre Klimaschutzstrategie aussieht. Wie will sieenn das behauptete Ziel, CO2-Emissionen um 40 Pro-ent zu reduzieren, erreichen, wenn auch bei der Bio-pritstrategie das Kartenhaus zusammenfällt? So kom-en Sie nie ans Ziel.
Wir erleben an dieser Stelle die Entwicklung von dererkel-Show zum klimapolitischen Horrorkabinett. Dieanzlerin schlägt sich immer wieder auf die Seite derutolobby. Herr Glos kämpft für die Atomkraft. Wir er-eben eines: Vorne wird immer wieder Nettes erzählt,nd sobald man nach Brüssel fährt, wird das Gegenteiletan. Vorne wird erzählt, man wolle etwas fürs Klimaun. Mittlerweile ist selbst Herr Gabriel so weit, gegenie Koalitionsverhandlungen in Hamburg und für dasohlekraftwerk in Moorburg zu kämpfen. Mit000 Tonnen CO2 mehr macht man keinen Klimaschutz!
Wir wollen keine Potemkinschen Dörfer. Wir wollenielmehr wissen, wie die Bundesregierung die Klima-chutzziele erreichen will. Mit welchen Instrumentenollen Sie das tun? Ich sage Ihnen eines ganz klar: Sierauchen eine Änderung der Autostrategie in Brüssel.ir brauchen eine Kanzlerin, die in Brüssel nicht gegenimas kämpft, sondern klar sagt: CO2-Ausstoß in Höheon 120 Gramm pro Kilometer für Neuwagen. Das mussie Devise sein.
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Renate KünastWir brauchen Sanktionen. Wir wissen doch aufgrunddes Scheiterns des Biosprits, wie die Konzerne versuchthaben, Herrn Gabriel und die Regierung am Nasenringdurch die Republik zu führen. Wir brauchen in Brüsseldie 120-Gramm-Regel und Sanktionen. Denn ohneSanktionen hält diese Wirtschaft keine einzige Regelfreiwillig ein. Das ist der Dreh- und Angelpunkt für gu-ten Klimaschutz.
Frau Kollegin, kommen Sie bitte zum Schluss.
Meine Damen und Herren, das Ganze können Sie mit
der Abschaffung des Dienstwagenprivilegs und einem
Tempolimit auf deutschen Autobahnen garnieren. Ich
sage Ihnen ganz klar: Nach diesem Biospritdesaster
muss die Regierung endlich damit aufhören, herumzu-
tricksen. Vielmehr muss sie den Mut haben, die Struktu-
ren in dieser Republik zu ändern. Wenn sie nur auf dem
Schoß der Vorstände der Automobilkonzerne sitzt, dann
wird sie keinen Klimaschutz, keine modernen Autos und
auch keine Arbeitsplätze in der Automobilindustrie
schaffen.
Nächste Rednerin ist die Kollegin Katherina Reiche
für die CDU/CSU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Es ist gut, dass wir heute über das Thema Biokraftstoffesprechen. Ich mache zunächst eine Feststellung – daskann in der Tat nicht verwundern –: Frau Künast, IhrNeid auf die Kanzlerin scheint grenzenlos zu sein.
Wir stehen zu unseren nationalen Klimaschutzzielen.Deutschland will – das wird es auch schaffen – seineEmissionen bis zum Jahr 2020 um 40 Prozent gegenüber1990 absenken. Wir stehen zu dem, was Bundeskanzle-rin Angela Merkel – das haben Sie zu Ihren Zeiten nie-mals geschafft – gemacht hat, nämlich sowohl die EU-als auch die G-8-Präsidentschaft bzw. den G-8-Gipfeldafür zu nutzen, um sich ganz klar für verbindliche Kli-maschutzziele auszusprechen.
Es war sicherlich richtig, die Verordnung jetzt zustoppen, weil die große Zahl der betroffenen Autos keineandere Entscheidung zuließ. Dessen unbeschadet ist derEnergieträger Biomasse mit 67 Prozent am Mix der er-nm1dSZuHPKEnheIsswefsNzsAEalcvUfsmNhBNDgeNdkIzNn
ier müssen die Biotreibstoffe ihren angemessenenlatz haben.Sie haben eben auf die Regierung eingeschlagen, Frauünast. Ich hätte mir allerdings gewünscht, dass Sie eineinschätzung auch zu den Biokraftstoffen der ersten Ge-eration abgegeben hätten. Es ist noch nicht so langeer, dass auch Sie den Einsatz von Biokraftstoffen derrsten Generation unterstützt haben. Dazu habe ich vonhnen heute nichts gehört.Die Biomasse leistet einen wertvollen Beitrag zu un-erer nationalen Energiesicherheit. Sie vermindert un-ere Abhängigkeit von Rohöl- und Gasimporten. Dasollen wir in den Vordergrund stellen. Jede Energie,gal ob aus Kohle, Wind oder Sonne, hat ihren Pferde-uß. Bei Biokraftstoffen der ersten Generation stellenich zwei Kernfragen, nämlich zum einen die Frage derahrungsmittelerzeugung in Konkurrenz zur Energieer-eugung und zum anderen die Frage der Nachhaltigkeitowie des tatsächlichen CO2-Einsparpotenzials.Weltweit wird – das haben Sie gesagt – immer mehrnbaufläche benötigt. Die Frage Nahrungsmittel- odernergieerzeugung dürfte sich in den nächsten Jahrenufgrund von Entscheidungen, die nicht in unserer Handiegen, weiter zuspitzen. So wollen die USA Anbauflä-hen vermehrt zum Anbau von Biokraftstoffpflanzenerwenden.Ein anderer wichtiger Punkt ist die Nachhaltigkeit.nser Kollege Josef Göppel hat hier im Plenum mehr-ach eindringlich seine Erfahrungen in Indonesien ge-childert, uns die Brandrodungen mehr als deutlich ge-acht und dargelegt, wie wichtig es ist, sich dem Themaachhaltigkeit zu widmen. Auch Bundesminister Gabrielat, wenn ich ihn richtig verstanden habe, gefordert,iokraftstoffe und Nahrungsmittelproduktion in Sachenachhaltigkeit mittels gleicher Kriterien zu beurteilen.ies ist in einem Land, in dem niemand hungert, leichtesagt. Der Ehrlichkeit halber sollte aber derjenige, derine Zertifizierung von nicht im EU-Raum erzeugtenahrungsmitteln fordert, den Verbrauchern auch sagen,ass dies zu Preissteigerungen bei Lebensmitteln führenönnte.
Nationale Alleingänge in Sachen Nachhaltigkeit beimporten, etwa von Palmöl, sind kaum möglich. Daseigt die Tatsache, dass unsere nationale Biomasse-achhaltigkeitsverordnung von der EU-Kommission zu-ächst bis 2008 ausgesetzt wurde. Das kann auch nicht
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Katherina Reiche
dadurch kaschiert werden, dass man sagt, die EU-Kom-mission arbeite an einer Richtlinie nach deutschem Vor-bild. Klar ist: Wir brauchen innerhalb der EuropäischenUnion schnell eine Lösung.Trotz aller gegenwärtigen Schwierigkeiten und Pro-bleme sollten und müssen wir an den Biokraftstoffenfesthalten. Wir müssen versuchen, die vorhandenen Pro-bleme, die ja niemand wegdiskutiert, zu lösen.
Die eine oder andere Korrektur wird dabei nicht zu ver-meiden sein. Gefragt ist jetzt eine nüchterne Bestands-aufnahme.Beispielsweise will die Firma Choren Industries inFreiberg, Sachsen, noch in diesem Frühjahr die erstegrößere Anlage zur Produktion von Biokraftstoffen derzweiten Generation in Deutschland in Betrieb nehmen.
Die zweite Generation von Biokraftstoffen, mit derenProduktion sich auch andere deutsche Projekte beschäf-tigen, soll ermöglichen, nicht nur aus den Früchten derPflanzen, sondern auch aus ihrem Rest Treibstoff zu er-zeugen.
Dadurch können wir das Tor für die Zukunft der Bio-kraftstoffe weltweit aufstoßen.Vielen Dank.
Nun hat der Kollege Michael Kauch für die FDP-
Fraktion das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als derjetzige Umweltminister noch Popbeauftragter der SPDwar, hatte er den Spitznamen „Sigi Pop“. Aus „Sigi Pop“wurde nach Rußfilter und Biosprit „Sigi Flop“. Das hateine große deutsche Zeitung sehr gut auf den Punkt ge-bracht.
Heute haben wir im Umweltausschuss erfahren, dassman diese Flops möglicherweise sogar verbinden kann.Denn in der Anhörung wurde uns gesagt, dass durch dieBeimischung von Biodiesel eventuell die Rußpartikelfil-tdgsdDsEhsrgse–basangnsBBldnmhasMpiaWSgswFm
Es kann nicht sein, dass Sie, der Umweltminister, sichus Ihrer Verantwortung für den Schutz der Regenwäldertehlen, indem Sie Nachhaltigkeitskriterien ins Gesetzufnehmen, die lediglich besagen, dass diese Rohstoffeicht aus dem Regenwald kommen dürfen. Falls Sielauben, dadurch sei dieses Problem gelöst, muss ich Ih-en sagen: So einfach ist das nicht. Sie müssen sicher-tellen, dass die Rohstoffe aus Indonesien, Malaysia undrasilien, die für die von Ihnen festgelegte Quote vonedeutung sind, nicht aus Regenwäldern stammen. So-ange sie das nicht sicherstellen können, so lange mussiese Quote auf Eis gelegt werden.
Interessant ist, dass Herr Gabriel, als es um die Rück-ahme der Ethanolbeimischung ging, nicht als Umwelt-inister gesprochen hat. Ich zumindest habe nicht ge-ört, dass Sie gesagt haben, die Ethanolbeimischung seius ökologischen Gründen zurückzunehmen. Sie habenie doch nur zurückgenommen, weil Sie es sich nicht mitillionen Autofahrern verscherzen wollten. Das wararteipolitisch motiviert. Sie wollten nicht, dass die SPDn den Umfragen unter 20 Prozent fällt.
Meine Damen und Herren, die FDP hat von Anfangn vor der Einführung der Biokraftstoffquote gewarnt.ir haben uns immer dafür ausgesprochen, den Weg derteuervergünstigungen zu gehen. Denn durch Steuerver-ünstigungen unterstützen wir tendenziell unsere heimi-chen Produkte aus kontrolliertem Anbau. Hier könnenir sicher sein, dass für diese Produkte keine naturnahenlächen verbraucht werden.Wir müssen diese Problematik auch dann ernst neh-en, wenn es um die Zertifizierung der Importe geht.
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Michael KauchWir müssen Zertifizierungen einführen; hier gebe ich Ih-nen völlig recht.
Wir müssen sie aber auf internationaler Ebene einführenund sicherstellen, dass die Lieferländer das, was wir inDeutschland richtig finden, übernehmen und darüber ei-nen Dialog mit uns führen. Auf diesem Gebiet sehe ichvon der Bundesregierung leider viel zu wenig.Im Übrigen muss man sich einmal grundsätzlich fra-gen, ob die Fixierung auf den Transportsektor, die imBereich der Biomassenutzung zu beobachten ist und diedie Diskussion in den letzten Wochen bestimmt hat, un-ter klimapolitischen Gesichtspunkten überhaupt richtigist. Der Sachverständigenrat der Bundesregierung fürUmweltfragen hat heute noch einmal deutlich gesagt:Wenn aus Biomasse Strom und Wärme erzeugt werden,ist das klimapolitisch im Durchschnitt dreimal effizien-ter, als wenn aus Biomasse Biokraftstoffe hergestelltwerden. Wenn wir nicht Klientelpolitik für bestimmteProduzenten, für bestimmte Landwirte betreiben wollen,wenn es uns wirklich um Klimaschutz geht, dann müs-sen wir doch Instrumente wählen, mit denen wir mit demeingesetzten Geld so viel Klimaschutz wie möglichschaffen – sei es nun im Stromsektor, sei es im Wärme-sektor.
Wenn wir uns auf den Verkehr und auf Biokraftstoffekonzentrieren, ist das, als wenn wir wie das Kaninchenauf die Schlange schauen. Wir haben die Zahlen bekom-men: Wenn europäische Zuckerrüben mithilfe vonBraunkohlestrom zu Bioethanol umgewandelt werden,kostet jede Tonne CO2, die man durch den Einsatz desBioethanols vermeidet, 368 Euro. Wird Biomasse ver-stromt, kostet die Tonne CO2, die man vermeidet, nurzwischen 40 und 80 Euro. Wenn man es also ernst meintmit einem wirtschaftlich vertretbaren und ökologischsinnvollen Klimaschutz, sollte man nicht, wie es FrauKünast wieder getan hat, einzig den Verkehrssektor se-hen. Wir brauchen ein Gesamtkonzept.
Wir als FDP-Fraktion haben vorgeschlagen, denEmissionshandel nicht auf den Stromsektor zu beschrän-ken, sondern sektorübergreifend zu arbeiten. Auch derStraßenverkehr, der Flugverkehr und der Schiffsverkehrmüssen langfristig – mit vernünftigen Übergangszeiten –in den Emissionshandel einbezogen werden.
Dann müssten wir uns nicht mehr über die Problema-tik der Instrumente Gedanken machen, sondern hätteneine Strategie, um das Klima wirksam und kostengünstigzu schützen.Vielen Dank.
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Sigmar Gabriel, Bundesminister für Umwelt, Natur-chutz und Reaktorsicherheit:Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zuerstin paar Bemerkungen zu dem, was Frau Künast underr Kauch gesagt haben. Frau Künast, ich kann verste-en, dass Sie die Themen Partikelfilter und Biokraft-toffe gerne zusammenbringen; aber sagen Sie wenigs-ens, dass die nicht funktionierenden Partikelfilter durchetrüger in den Markt gekommen sind und nicht durch,ie Herr Kauch das nennt, schlampige Arbeit bei uns.
Herr Kauch, Sie haben im Ausschuss keinen einzigeneleg für Ihre Behauptung gefunden, wir hätten diesenetrug früher aufdecken können. Wenn man Betrüger,riminelles Handeln, Unternehmen, gegen die dietaatsanwaltschaft ermittelt, benutzt, um den politischenettbewerber zu schädigen, dann ist das unanständig,err Kauch. Das geht nicht!
Zweitens. Frau Kollegin Künast, die Steuerbefreiungür Reinkraftstoffe war schon unter Ihrer Regierung bis009 begrenzt; sie sollte dann auslaufen. Sagen Sie derffentlichkeit, dass die Steuerbefreiungen, die Sie in Ih-er Regierungsverantwortung gegenüber der EU durch-etzen konnten, von uns sogar verlängert wurden.
n Wahrheit ist es doch so, dass nicht wir, sondern dieU es war, die die Debatte über die Begrenzung derteuerbefreiung geführt hat.Drittens. Herr Kauch und Frau Künast haben zweiinge miteinander vermischt, die man, wenn man Schä-en im Regenwald, in den Mooren und bei der Grün-rachennutzung wirklich ausschließen will, auseinander-alten muss. Herr Kauch, Sie und die Grünen und dieinkspartei haben sich hier mit Forderungen nach höhe-en Beimischungsquoten überboten.
Natürlich, und zwar im Reinkraftstoffbereich.
ie Sie mit Ihrem Zwischenruf belegt haben, verwech-eln Sie hier etwas: Mit dem Biokraftstoffquotengesetzird lediglich der Anteil festgelegt, den Biokraftstoffem Kraftstoffmarkt in Deutschland haben müssen; esagt nichts darüber aus, ob es um eine Beimischung oderm Reinkraftstoffe geht.
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Bundesminister Sigmar GabrielE10 und B7 werden durch die 10. Bundes-Immissions-schutzverordnung über Kraftstoffnormen geregelt. Siehaben sich dafür ausgesprochen, dass die Biokraftstoff-quoten ständig gesteigert werden. Wenn das nicht überE10 und B7 erfolgen soll, muss das mittels Reinkraft-stoffen geschehen. Sie verschweigen der Öffentlichkeit,dass in Deutschland für die hohen Quoten, die Sie for-dern, nicht genug Reinkraftstoff produziert wird, diesersomit importiert werden muss. Ihre Kritik an der Zerstö-rung der Regenwälder und Moore ist berechtigt. Doch indieser Hinsicht gibt es keinen Unterschied zwischen Ih-rer Strategie und einer Erhöhung der Beimischungsquo-ten über die 10. Bundes-Immissionsschutzverordnung.Es ist einfach falsch, zu behaupten, der Weg über Rein-kraftstoffe sei der ökologisch sichere. Ganz im Gegen-teil, wenn Sie die Quoten ständig anheben, werden Sieimmer mehr importieren müssen.Deswegen haben die Begrenzung auf E5, das Nicht-einführen von E10 und das Beibehalten von B7 nichts,aber auch gar nichts damit zu tun, ob man die Zerstörungvon Regenwäldern verhindert oder befördert. Entschei-dend ist – hier haben Sie allerdings recht; dieser Über-zeugung bin auch ich – die Durchsetzung nationaler, eu-ropaweiter und internationaler Nachhaltigkeitskriterien.Die Bundesregierung wird nicht dabei stehenbleiben, infünf oder acht Jahren Zertifizierungssysteme internatio-nal durchzusetzen. Vielmehr wollen wir – bei der EEG-Novelle haben wir es bereits getan – durchsetzen, dassvon bestimmten Anbaustandorten die Einfuhr von Bio-masse in Deutschland weder beimischungszulässig istnoch auf die Quoten anrechenbar ist noch über das EEGgefördert werden kann. Dies ist der richtige Weg, umauszuschließen, dass wir uns hier bei der Klimabilanz indie Tasche lügen und woanders Moore und Regenwälderzerstört werden. Das ist der richtige Weg, nicht aber dieBehauptung, über Reinkraftstoffe gehe das alles.
Sie haben den Unterschied zwischen dem Biokraft-stoffquotengesetz und der 10. Bundes-Immissions-schutzverordnung im Hinblick auf E10 oder B7 entwe-der nicht verstanden oder ihn der Öffentlichkeit bewusstverheimlicht. Beides würde ich wenigstens als Flop be-zeichnen, Herr Kauch. Von daher sollte man vorsichtigsein, wenn man so vollmundig daherkommt.Eine weitere Bemerkung, Frau Künast: Moorburgnicht zu bauen führt zu zusätzlichen CO2-Emissionen ineiner Größenordnung von 2 Millionen Tonnen, weil alteKohlekraftwerke weiter in Betrieb bleiben.
Das wäre das Ergebnis Ihrer Politik.
Sie müssen sich endlich einmal entscheiden, ob Sie denEmissionshandel nun wollen oder nicht.
Meine Damen und Herren, hier ging es in der Tat umein mehr als schwieriges Verfahren. Anderthalb JahrelFAdlsdueAwhAdbsAMfwhkAmFVddtgd6Bgw–IpnmhrSiSsB–ii
Zum Schluss meines Beitrags weise ich auf Folgen-es hin: Herr Kauch, die Biokraftstoffquote von,25 Prozent hat das Parlament beschlossen, nicht dieundesregierung. Die Bundesregierung hatte eine gerin-ere Biokraftstoffquote vorgeschlagen; unser Gesetzent-urf sah nicht 6,25 Prozent vor.
Ich sage ja, wir haben das alle beschlossen.
ch verzichte darauf, vorzulesen, wie wir uns in der Eu-horie über die Biokraftstoffe überboten haben. Die ei-en haben von Reinkraftstoffen geredet, andere von Bei-ischung. Ich bin sehr dafür kritisiert worden, dass ichier bei meiner ersten Rede gesagt habe, die erste Gene-ation der Biokraftstoffe sei schwierig. Ich war dafür, dieteuerbefreiung stärker zurückzunehmen – dafür bin ichn meiner Fraktion sehr kritisiert worden –, aber dieteuerbefreiung für die zweite Generation der Biokraft-toffe deutlich auszubauen. Das war der Vorschlag derundesregierung. Dieser Vorschlag der Bundesregierung auch des Bundesfinanzministers –, des Kabinetts, hatm Deutschen Bundestag keine Akzeptanz gefunden. Sost das manchmal: Da gilt das Struck’sche Gesetz.
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Bundesminister Sigmar GabrielWenn wir die Biokraftstoffquote von 6,25 Prozentbeibehalten wollen, dann müssen wir das Verhältnis vonReinkraftstoff und Beimischungsquote neu austarieren.Ich will vorsichtig darauf hinweisen, dass das keine ganzunproblematische Angelegenheit ist, weil wir dabei na-türlich auch über Förderinstrumentarien reden. Ich sagedas nur der Fairness halber. Das müssen wir jetzt tun.Weil die Linkspartei an der Stelle so schön geklatschthat: Das Einfrieren bringt dabei gar nichts, denn selbstbei E5 und B5 – –
– Die haben natürlich auch mehr Reinkraftstoffe gefor-dert. Ich will nur nicht alles vorlesen.
– Na klar.Frau Künast hat erklärt, sie würde die Landwirte zuden Ölscheichs von morgen machen.
– Dabei gibt es aber das kleine Problem, dass inDeutschland lebende Landwirte die Menge an Reinkraft-stoffen, die Sie wollen, nicht alleine herstellen können.Deswegen brauchen wir die Zertifizierungssysteme.Dies müssen wir jetzt neu austarieren.
Ich stimme Herrn Kauch, Frau Künast und auch denEntwicklungspolitikern von SPD und CDU/CSU, diedarauf sehr viel Wert legen, ausdrücklich zu: Wir müs-sen im Zweifel bereit sein, auch einen Konflikt mit derWTO einzugehen, indem wir sagen, dass wir bestimmteDinge nicht nach Deutschland hineinlassen wollen.
Aber – Frau Kollegin Reiche, hier liegt das Problem –:Ich will Brasilien nicht vorschreiben, wie es Nahrungs-mittel anbaut. Ich will aber auch nicht unbeachtet lassen,dass der größte Importeur von Soja in Europa – Europaist in der Welt insgesamt der größte, Deutschland ist dergrößte Sojaimporteur hier – das in die Futtermittelindus-trie bringt und in Brasilien für 80 Prozent der Zerstörungder Regenwälder verantwortlich ist. Wir diskutieren übereinen kleinen Anteil an Biokraftstoffen, als hätten wirdas Problem damit gelöst, wobei wir immer noch über-sehen, dass man auch mit Palmöl Blockheizkraftwerkebetreiben kann – sozusagen nach dem EEG –, was wirauch ausschließen wollen, aber wir trauen uns nicht,über den Riesenanteil zu reden, den die Kosmetikindus-trie und die Futtermittelindustrie am Sojaimport haben,weswegen gerade in Brasilien Regenwälder zerstört wer-den. Das geht nicht. Das muss mit auf den Tisch. Dafürplädiere ich.
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Nächste Rednerin ist die Kollegin Eva Bulling-
chröter für die Fraktion Die Linke.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!ir haben gerade gehört: Minister sind unfehlbar.
„Ein guter Tag fürs Klima“ titelte Der Spiegel in die-er Woche in Bezug auf den Stopp der Biospritverord-ung. Ich bin mir da überhaupt nicht sicher; denn Um-eltminister Gabriel ist ja nicht wegen der miesenlimabilanz des Bioethanols oder wegen der irrwitzigenuswirkungen der Agrospritimporte auf Tropenwäldernd Menschenrechte auf die Notbremse getreten. Nein,ie Strategie wurde nur ins Wanken gebracht, weil Bio-thanol den Motoren schaden könnte. Er, Gabriel, er-lärte in einer Presseerklärung zudem entwaffnend of-en, die Agrospritstrategie habe eigentlich nie primärtwas mit Klimaschutz zu tun gehabt. Es sei vielmehrarum gegangen, den Automobilherstellern Investitio-en in sparsamere Autos zu ersparen.
Nunmehr soll das Weniger an Bioethanol zum Teilurch ein Mehr an Biodiesel ausgeglichen werden. Diese5 Prozent – ursprünglich waren es 17 Prozent – wärenber immer noch rund das Dreifache dessen, was inlän-isch nachhaltig an Biomasse produziert werden kann.er Rapsanbau in Deutschland stößt bereits jetzt aneine Grenzen. Schon heute basiert Biodiesel hierzu-ande zu rund einem Fünftel auf tropischem Sojaöl. Herrabriel, wir haben damals gefordert, dass es keine Bei-ischungspflicht gibt. Das wissen Sie auch. Die Anträgeiegen vor.
Steigende Importe von Agrokraftstoffen sind weiter-in Ihr Programm, so, als gäbe es überhaupt keine De-atten über die erschreckenden Auswirkungen vielergroenergien auf die Tropenwälder und die Welternäh-ung. Schauen Sie sich die Dinge an, die von Misereornd anderen christlichen Organisationen dazu geschrie-en wurden. Dann werden Sie sehen, was hier geschieht.Stattdessen wird immer wieder auf Zertifizierungesetzt, die jedoch – das versichern uns die meistenGOs – zur Erfolglosigkeit verurteilt ist. Das liegt nichtur an Korruption, mafiösen Strukturen und mangelnderberwachung in vielen Produzentenländern, sondern esind vor allem die indirekten Verdrängungseffekte dergroenergie, die die Zertifizierungen ins Leere laufenassen.Sorgen macht uns in diesem Zusammenhang zusätz-ich eine neue Verordnung, die Ende letzten Jahres ver-
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Eva Bulling-Schröterabschiedet wurde. Sie erlaubt ab 2010 die Hydrierungsolcher Pflanzenöle, die bisher nur in Kraftwerken ein-setzbar waren. Palmöl aus Indonesien etwa, für das dortriesige Urwaldgebiete gerodet werden, lässt sich dannauch in Autos verfahren. Das ist ja klasse: Der Druck aufdie Wälder in Borneo und Sumatra wird also noch weiterzunehmen.Wie steht es eigentlich mit Wirtschaftsminister Glos?Er ist leider nicht anwesend.
Wie ich der Welt am Sonntag entnehmen durfte, hat er– wie im Übrigen auch Herr Söder und die gesamteCSU – angeblich schon seit Jahren gewusst, dass derRun auf den Agrosprit zulasten tropischer Wälder undihrer Bewohner erfolgt.Allerdings wird man den Verdacht nicht los, dass HerrGlos lediglich Argumente sammelt, die belegen könnten,dass sich das Klimaschutzprogramm der Bundesregie-rung langsam in Luft auflöst. Solche Argumente kann ernämlich gerade gut gebrauchen, beispielsweise um dieAtomkraft wieder ins Spiel zu bringen. Dafür wird neu-erdings – wenn nötig mit der Brechstange – auch eineStromlücke beschworen. Aber Entschuldigung, es han-delt sich natürlich um fundierte Analysen der DeutschenEnergie-Agentur.Man kann froh sein, wenn man zu diesem Thema eineAuskunft erhält. Als mein Abgeordnetenbüro nach be-sagter dena-Studie fragte, wurde es zuerst an die Presse-stelle verwiesen, die uns dann mitteilte, die Langfassungder Studie sei nicht öffentlich. Ferner dürfe nicht darüberinformiert werden, wer der Auftraggeber der Studie sei.Das ist schon seltsam. Statt Rohdaten darf man sich einePower-Point-Präsentation aus dem Internet laden. Ichdenke, das ist keine Grundlage seriöser Energiepolitik.
Gleichzeitig pöbelt Wirtschaftsminister Glos gegendas Umweltbundesamt, weil dieses in einer eigenen Stu-die keine Stromlücke feststellen konnte. Das UBA habefür Energieprognosen keinerlei Kompetenz, schreibt er.Ich finde, nach Transrapid und Landesbankskandalensollten Sie, meine Damen und Herren von der CSU, sichin Sachen Kompetenzbeurteilung etwas zurückhalten.
Ich komme abschließend noch einmal auf den Agro-sprit zurück und fordere die Bundesregierung auf: Zwin-gen Sie deutsche Autofahrer nicht, Urwälder Südameri-kas oder Asiens in ihren Tanks zu verheizen! ReduzierenSie die Agrospritziele auf ein Maß, welches mit inländi-scher Produktion erreicht werden kann!Ich komme zum Schluss. Wir müssen weiter über dieVerkehrsvermeidung reden. Es muss dringend gehandeltwerden. Das Tempolimit ist sehr wichtig. Wenn wir esim Übrigen schaffen, den Spritverbrauch jedes Autos umeK–ftwCAdhddgsEszgBgZktIEEbSttFsZmwnH
Sie sagen, dies sei zu wenig. Es ist immerhin ein An-ang. Ich kann aber nur eine Zugabe fordern. Wir könn-en im Sinne des Klimaschutzes noch weiter diskutieren.
Frau Kollegin, wir diskutieren aber nicht mehr hier
eiter.
Das Wort hat nun der Kollege Andreas Jung für die
DU/CSU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!us den bekannten Gründen war es sicherlich richtig,ie zum 1. Januar nächsten Jahres vorgesehene Erhö-ung der Beimischungsquote zu stoppen. Aber wenn Sieiese Entscheidung zum Anlass nehmen, Frau Künast,as Scheitern der Klimapolitik der Bundesregierung ins-esamt festzustellen, dann will ich deutlich sagen: Las-en wir die Kirche im Dorf!
s ist zwar wahr, dass die Beimischung von Biokraft-toffen eine Maßnahme ist, um den Klimaschutz voran-ubringen. Sie ist aber nur eine Maßnahme in einemanzen Maßnahmenbündel mit ehrgeizigen Zielen in denereichen Industrie, in der Wirtschaft insgesamt, Ener-ie, in den Privathaushalten und im Verkehr.Sie haben konkret nach den Instrumenten und denielen gefragt. Bleiben wir einfach bei den Fakten. Wirönnen feststellen: Wir sind sowohl bei den Instrumen-en als auch bei den Zielen auf einem guten Weg. Zu dennstrumenten: Ob es um die Förderung erneuerbarernergien, das Gebäudesanierungsprogramm oder denmissionshandel geht, in allen diesen Bereichen betrei-en wir mehr Klimaschutz und sparen mehr CO2 ein alsie, Frau Künast, und Herr Trittin in der letzten Legisla-urperiode der rot-grünen Regierung.
Wir sind nicht nur bei den Instrumenten auf einem gu-en Weg, sondern auch bei den Zielen. Wieder zu denakten: Die jüngsten Studien belegen, dass Deutschlandeine sehr ehrgeizigen Klimaschutzziele in allernächstereit erreichen wird.Es ist richtig, dass wir nun darüber diskutieren, wie esit den Biokraftstoffen weitergehen soll. Wahr ist – dasurde schon angesprochen –, dass sich neben der Frageach der Verträglichkeit für die Automobile ökologischeerausforderungen mit globaler Dimension stellen.
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Andreas Jung
Nicht zuletzt während unserer letzten Delegationsreisekonnten wir uns selbst ein Bild davon machen, dassRegenwälder nicht nur, aber auch zur Produktion vonBiokraftstoffen abgeholzt werden. Es ist unsere Auf-gabe, dieser Herausforderung zu begegnen.Herr Minister, Sie haben jede Unterstützung derCDU/CSU-Bundestagsfraktion, wenn es darum geht,eine Nachhaltigkeitsverordnung in der EuropäischenUnion voranzubringen. Das Allerbeste wäre eine welt-weite Einigung gewesen. Da aber diese noch nichterreicht werden konnte, finden wir es richtig, dies aufeuropäischer Ebene anzugehen und eine echte Nachhal-tigkeitsverordnung durchzusetzen, die verhindert, dassfür Biokraftstoffe Regenwälder abgeholzt und Moorezerstört werden, und die sicherstellt, dass bei uns nur sol-che Biokraftstoffe auf den Markt kommen, die eine um30 oder sogar 35 Prozent bessere CO2- bzw. Treibhaus-gasbilanz, von der Produktion über die Herstellung bishin zum Transport, aufweisen als herkömmliche Kraft-stoffe. Wenn das gelingt, können wir guten Gewissensdie Förderung von Biokraftstoffen auch durch die Bei-mischung vorantreiben.
Ich will einen weiteren Punkt ansprechen, der in die-ser Debatte bereits erwähnt wurde. Wir haben zwei In-strumente, um Biokraftstoffe zu fördern. Das eine ist dieBeimischungsquote, das andere ist die Steuerbegünsti-gung. Unsere Position, die von vielen Kollegen geteiltwird, ist schon seit Monaten: Wir halten die zweite Stufeder Besteuerung des reinen Biokraftstoffs für falsch;denn hier handelt es sich um einen Markt, auf dem mit-telständische Hersteller und Landwirte in Deutschlanddominieren. Hier stellen sich damit die globalen Heraus-forderungen nicht in dem Maße, genauso wenig wie dieFrage nach der Verträglichkeit bei den Automobilen. Wirhaben festgestellt, dass schon die erste Steuerstufe dazugeführt hat, dass der Markt gelitten hat, dass der Umsatzzurückgegangen ist und dass einige Hersteller erheblicheEinbußen haben hinnehmen müssen. Wir sind der Auf-fassung, dass man nun dieses Problem angehen mussund zumindest die zweite Stufe, die am 1. Januar diesesJahres in Kraft getreten ist, infrage stellen sollte; dennwenn wir bei der Beimischung langsamer vorankom-men, als wir es erhofft hatten, müssen wir bei den reinenBiokraftstoffen einen anderen Weg gehen als den be-schlossenen. Deshalb wird die Unionsfraktion diese Dis-kussion in den nächsten Tagen und Wochen aufgreifen.Herzlichen Dank.
Nächster Redner ist der Kollege Hans-Josef Fell für
die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Frau Präsidentin! Meine verehrten Kolleginnen undKollegen! Herr Kollege Jung, Frau Künast hat völligrecht: Das Klimaschutzpaket der Bundesregierung zer-bröselt immer mehr. In Meseberg noch groß gefeiert, imKsinaEKrsGdtfVsgpGasonBfsKsUwsmusDatusBgiKöbFwhGlsNmdt
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öglichkeiten ergeben sich zum Beispiel im Bereich derilateralen Abkommen mit einzelnen Staaten oder derutachterlichen Tätigkeiten.Die Nachhaltigkeit darf in Zukunft nicht nur das Kri-erium für die Biokraftstoffe sein – der Bundesministeragte das vorhin richtig –; das greift zu kurz. Wir müssenenauer hinsehen. Beispielsweise werden rund 90 Pro-ent des in die EU importierten Palmöls in der Lebens-nd Futtermittelindustrie oder in der Kosmetikindustrieerwendet. Selbst Greenpeace stellt eindeutig fest, dassin Großteil des Palmöls im wahrsten Sinne des Wortesn die Lebensmittelindustrie fließt. Deshalb brauchenir ein Zertifizierungssystem für alle Agrarrohstoffe.amit meine ich die Futtermittel genauso wie die Nah-ungsmittel; sonst greift die Zertifizierung auch langfris-ig zu kurz.Zum Thema Biokraftstoffe. Es ist sinnvoll – das hater Bundesminister vorhin sehr gut dargestellt –, dieuotenziele für 2015 und 2020, über die wir noch voronaten diskutiert haben, auf den Prüfstand zu stellen
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Marko Mühlsteinund sie gegebenenfalls zu korrigieren. Wer weiß schon,wie sich die Dinge entwickeln? Wer weiß, wann bei-spielsweise BtL tatsächlich marktfähig wird? Viel wich-tiger ist es, eine Politik für einen absehbaren Zeitraum zumachen. Ich schlage an dieser Stelle vor, die Quotenzieleeinmal pro Legislatur, also alle vier Jahre, zu überprüfen.Klar ist, dass E10 nicht kommen wird. Aber klar istauch, dass der Biosprit, wie die Bezeichnung in einergroßen Tageszeitung lautete, kein Schnee von gesternist, sondern dass wir E5 und B7 bekommen werden unddass wir eine Gesamtquote von 6,25 Prozent, wie sie be-reits jetzt im Gesetz festgelegt ist, als Maßgabe für dieweiteren Diskussionen, auch für die über den reinen Bio-kraftstoff, haben müssen. Ich denke, wir brauchen denreinen Biokraftstoff der ersten Generation in den nächs-ten Jahren. Wir müssen darüber diskutieren, wie wir die-ses Austarieren – so sagte es der Bundesminister vorhin –tatsächlich realisieren können.Wir als SPD-Bundestagsfraktion haben ganz klareVorstellungen. Wir wollen beispielsweise in Zukunfteine Steuerbefreiung für den öffentlichen Personennah-verkehr oder auch den Schienenpersonennahverkehr um-setzen. Das ist nur ein Mittel, aber ich denke, dass diesder richtige Weg ist.
Effizienzsteigerung und Einsatz von Biokraftstoffen – dasist auch heute in der Anhörung deutlich geworden – dür-fen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Ganz imGegenteil: Eine effektive Klimaschutzpolitik brauchtbeide Ansätze. Das heißt, dass die Automobilindustrieheute anfangen muss, sparsamere und emissionsärmereAutos zu entwickeln.Ich möchte an dieser Stelle noch etwas sagen, auchwenn meine Zeit bereits überschritten ist.
Sie sollten aber auch die Konsequenz daraus ziehen.
Das werde ich tun, Frau Präsidentin.
Ich hoffe, dass wir im Jahre 2009 nicht nur über eine
CO2-Kfz-Steuer sprechen, sondern dass wir diese ab
dem 1. Januar 2009 schon haben werden.
Zum Schluss möchte ich die Kolleginnen und Kolle-
gen aller Fraktionen, nicht nur die der Großen Koalition,
herzlich einladen, eine konstruktive Debatte zu führen
und gemeinsam einen Weg für eine nachhaltige und um-
weltfreundliche Bioenergienutzung zu suchen.
Herzlichen Dank.
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Wenn man Gewinnung, Anbau, Transport, Verarbei-ung und Verbrennung betrachtet, stellt man fest, dassei 1 Liter Benzin oder Diesel etwa 3 Kilogramm CO2reigesetzt werden; bei 1 Liter Biodiesel oder Pflanzenölst es nur die Hälfte. Das ist die Quintessenz aller Unter-uchungen, die uns vorliegen. Deswegen ist es richtig,ass wir als Bundestag und Bundesregierung generell anen Biokraftstoffen festhalten. Es ist wohl nur zu vielewicht auf die Beimischung gelegt worden. Ich bin dereinung, dass jetzt wieder mehr die Reinkraftstoffe inspiel kommen müssen.
Natürlich kann man überlegen, was alles noch entwi-kelt wird: neuartige Kraftstoffe, Elektroantriebe. Nur,as haben wir jetzt, 2008? Was können wir in der Zeiton 2009 bis 2014 oder 2015 einsetzen, bis all dieseinge verfügbar sind? Das sind der Biodiesel, umge-stertes Pflanzenöl, mit einem Anteil von rund 75 Pro-ent, das reine abgepresste Pflanzenöl mit einem Anteilon rund 20 Prozent – das sind zusammen 95 Prozent –nd Ethanol.Wir brauchen jetzt eine schnelle Entlastung für deninsatz dieser Reinkraftstoffe.
ieser Markt hat sich mittelständisch entwickelt. Da istie Frage: Welche Instrumente wählen wir? Ich bin derberzeugung – die allermeisten bei uns in der Unions-raktion sind es auch –: Wir brauchen erstens eine Unter-ompensationsrechnung, die zeitnah erfolgt, sodass beiiner Veränderung der Preisrelationen der Biokraftstoffn der Tankstelle nicht teurer ist als der Kraftstoff ausrdöl.Wir brauchen zweitens eine echte Anwendung derachhaltigkeitsverordnung. Erst wenn wir bei dem ers-en Schiff in einem Hafen das Ausladen verhindern,erkt man dort, dass wir es ernst meinen mit unsererachhaltigkeitsverordnung. Die Konflikte mit der WTOat Herr Minister Gabriel völlig richtig angesprochen.
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Josef GöppelIch denke, hier muss die Probe aufs Exempel gemachtwerden.Drittens. Ich unterstütze auch, was Herr KollegeMühlstein sagt. Es ist meine Meinung, dass wir demMarkt mit der Ausweitung des Landwirteprivilegs aufden öffentlichen Nahverkehr, und zwar auf die Busseund die Schienenfahrzeuge, eine direkte Entlastung ge-ben müssen. Wir würden aber auch unserer Bevölkerungein direktes Signal dahin gehend geben, dass sich ausdem Klimaschutz auch einmal etwas Positives für dienormalen Menschen ergibt, dass es also nicht nur Kos-tensteigerungen gibt, sondern dass es auch bei Einhal-tung der Nachhaltigkeit aus sozialen Gesichtspunktenein Entgegenkommen für Menschen gibt, die den öffent-lichen Nahverkehr benutzen.
Für die SPD-Fraktion spricht nun die Kollegin Petra
Bierwirth.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Wir haben bei der Biokraftstoffstrategie ein ambitionier-tes Ziel vor Augen gehabt. Ich will die Biokraftstoffenicht verteufeln, aber ich denke, heute ist der Zeitpunktgekommen, um zu sagen: Wir sind mit unseren hier imParlament getroffenen Beschlüssen etwas über das Zielhinausgeschossen. Wir müssen erkennen, dass der einge-schlagene Weg nicht ganz der richtige war und dass er sonicht gangbar ist. Wir müssen heute sagen: Es ist Zeit,vergangene Fehler zu korrigieren und den von uns einge-schlagenen Weg zu überdenken, bevor es zu spät ist undzu teuer wird.
Ich denke, das Bundesministerium für Umwelt, Natur-schutz und Reaktorsicherheit hat uns mit dem Papier zurWeiterentwicklung der Strategie zur Bioenergie einenguten und richtigen Ansatz vorgelegt, den wir in unsereDiskussion einbeziehen sollten.
Auch mich hat geärgert, dass in der öffentlichen De-batte mit dem Stopp der E10-Verordnung nur die Kraft-fahrer erwähnt worden sind. Es wurden nur die Autos er-wähnt, die diesen Kraftstoff nicht vertragen. Es wurdendie Leute erwähnt, die teures Benzin kaufen müssen.Das ist sicher richtig und auch angemessen. Es ist aberauch wichtig, über die anderen Aspekte zu sprechen, dieebenfalls in diese Entscheidung einbezogen werdenmüssen. Diese gibt es.Wir haben in den letzten Monaten in unserem Aus-schuss verschiedene Anhörungen durchgeführt, die unsauch die anderen Problematiken der Biokraftstoffstrate-gbGwugIWDssceckrvzwsdAWdsBsktrildkmdliwvFhdduGwIhtmbL
Man muss sich dies vor Augen führen. Dies geschiehtn einem Biosphärenreservat. Ich muss Ihnen nicht er-äutern, was das für Auswirkungen haben wird. Auchiese Aspekte müssen wir jetzt dringend in unsere Dis-ussion einbeziehen.Ich meine daher, dass wir unseren Umgang mit Bio-asse insgesamt überdenken sollten. Das betrifft sowohlie Größenordnung, in der wir die Biomasse nutzen wol-en, als auch ihre umweltverträgliche Produktion. Klarst – auch das ist heute schon mehrfach angesprochenorden –: Um unseren Bedarf an Biomasse abzudecken,erfügen wir in Deutschland nicht über ausreichendelächen. Wir sind also auf Importe angewiesen, dieauptsächlich aus den Entwicklungs- und Schwellenlän-ern stammen. Wir müssen auch einmal miteinanderarüber diskutieren, dass wir damit die Menschen dortnweigerlich vor die Entscheidung stellen, entweder ihrerundbedürfnisse oder unsere stetig steigenden und teil-eise auch maßlosen Konsumansprüche zu befriedigen.Wir beschwören im Konzert mit den weiteren reichenndustrieländern durch unsere Politik eine Entwicklungerauf, die in den Ländern, in denen der finanzielle An-eil, der für die tägliche Ernährung aufgewendet werdenuss, schon sehr hoch ist, noch höher und damit untrag-ar wird. Wir Deutschen mögen uns eine Erhöhung derebensmittelpreise, wie wir sie zurzeit erleben, gerade
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16098 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 153. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 9. April 2008
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Petra Bierwirthnoch leisten können, ein Tagelöhner in Lagos oderJohannesburg kann das bald wohl nicht mehr.
Darüber hinaus sehe ich auch noch eine weitere Kon-fliktlinie, die meines Erachtens viel zu wenig in die Dis-kussion eingebracht wird, nämlich die zwischen der Er-zeugung von Biomasse und dem nachhaltigen undeffizienten Umgang mit der Ressource Wasser. Klar ist,durch die Biomasseerzeugung steigt der Wasserver-brauch. Wir alle wissen zugleich, dass in Zukunft dieWasserressourcen knapper werden. Hinzu kommt, dassdie Produktion von Biomasse durch den Einsatz vonDünge- und Pflanzenschutzmitteln negative Folgen fürdas Grund- und Oberflächenwasser haben wird. Auchdiesen Aspekt müssen wir dringend auf die Tagesord-nung setzen und in die Diskussion einbringen.Ich denke, wir Parlamentarier sind jetzt gefordert, un-sere Hausaufgaben zu machen und zu sagen, in welcheRichtung wir in Zukunft marschieren wollen. Ich freuemich auf eine gemeinsame Diskussion darüber hier imParlament.
Nächster Redner ist der Kollege Norbert Schindler für
die CDU/CSU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! VerehrteZuhörerinnen und Zuhörer droben auf den Tribünen! Inder Financial Times Deutschland vom 9. April 2008steht im Gastkommentar unter der Überschrift „Künstli-cher Konflikt“:Biokraftstoffe geraten zu Unrecht in Verruf. IhreÖkobilanz ist besser als die von Benzin und Dieselauf Erdölbasis. Und eine Konkurrenz zwischen Tel-ler und Tankstelle gibt es de facto nicht.Jetzt fragt man sich schon, warum in den letzten achtWochen so viel Gegenteiliges in unserer Medienland-schaft verkündet worden ist.
Dass wir nun darüber debattieren, möchte ich mit ei-nem Sprichwort aus der Pfalz kommentieren: Nichts istso schlecht, als dass es nicht für irgendetwas gut ist. – Indiesem Punkt stehe ich ganz auf der Seite unseres Um-weltministers Gabriel und hoffe, dass der genannte Arti-kel aus der Financial Times Deutschland dafür sorgt,dass die Debatte wieder auf den Boden der Tatsachen zu-rückgeholt wird.Wir, die Entscheidungsträger hier im Parlament, müs-sen schon schauen, wo Lobbypolitik dafür gesorgt hat,dass insbesondere in der öffentlichen Meinung Extrem-pzEnssvvPbwvnBDttSzJgfkzzpdPsPaWwOrsewsdrwKzlSmtBdEBs
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 153. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 9. April 2008 16099
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Der Begriff der Nachhaltigkeit geht uns weltweit alle an.Da sind wir in Europa federführend; wir haben eine Bei-spielfunktion wie beim Katalysator vor 15 Jahren. Dannmüssen wir auch den Streit mit der WTO führen; damitbestätigen wir unseren richtigen Kurs. Ob wir in derZwischenzeit in der Koalition und darüber hinaus nocheinmal über die Aussetzung einer Steuerstufe bei Biodie-sel oder über die Beimischung im ÖPNV diskutieren –das dient einem guten Ziel. Die Verantwortung habenwir jetzt. Wir müssen in solchen Fragen auch dann,wenn es von vorne stürmt und von hinten hagelt, dasKreuz durchdrücken. Dafür bin ich schon immer gewe-sen.Danke schön.
Letzter Redner in dieser Debatte ist nun der Kollege
Reinhard Schultz für die SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!In den letzten Tagen, auch zu Beginn dieser Debatte,hndbDbeUssgdnrAnswsMhgiRküüsrvdGfkvzagmuSdkwdpeevwz(C(Datte ich den Eindruck, dass der Anteil des Ethanols, dericht mehr beigemischt werden kann, weil Herr Gabrielie Verordnung aussetzt, von denen, die hier geredet ha-en, vorher getrunken worden ist.
as ist ja reiner Alkohol. Da haben sich die Balken ge-ogen, selbst in diesem Gebäude von Foster, wo sichigentlich nichts biegen kann. Es werden von vornhereinnterstellungen gemacht – als wären die Biokraft-toffstrategie und die Biomassestrategie insgesamt ge-cheitert, als würden die Vereinbarungen von Mesebergebrochen, als wären durch Moorburg, ein Kraftwerk,as dem Emissionshandel unterliegt und das überhauptur unter dem Deckel des Emissionshandelregimes er-ichtet werden kann, die CO2-Ziele nicht einhaltbar.lles das wird hier zu einer sehr giftigen Brühe mitei-ander vermischt, natürlich mit dem Ziel, die Klima-chutzpolitik insgesamt madig zu machen. Das werdenir aber nicht zulassen.
In Sachen Biokraftstoff E10 ging es um eine techni-che Norm. Bei dieser Frage haben sich Vertreter desinisteriums von interessierten Kreisen offensichtlichinter die Fichte führen lassen. Informationen, die ei-entlich rechtzeitig vorlagen, waren nicht bekannt. Manst in die Ecke getrieben worden und hat zum Schluss dieeißleine gezogen.Bei B7 wird das Ziel voll erreicht.Die Frage, die wir uns jetzt stellen müssen, ist, wie esünftig weitergeht. Viel wichtiger als die Diskussionber E10 ist die seit Monaten andauernde Diskussionber den nachhaltigen Einsatz von Biokraftstoffen ange-ichts der Tatsache, dass nicht nur Deutschland und Eu-opa, sondern die gesamte Welt entsprechende Strategienerfolgen und damit ein Nachfragedruck erzeugt wird,urch den wir bezüglich der verfügbaren Flächen anrenzen stoßen.Man muss an dieser Stelle einmal innehalten und sichragen: Ist das Mengenziel, das wir mit Blick auf Bio-raftstoffe auch in den Verhandlungen von Mesebergerfolgt haben, aus heutiger Sicht überhaupt genau fest-uschreiben, oder müssen wir nicht ein bisschen mehruf Sicht fahren? Im nächsten und im übernächsten Jahribt es jenseits technischer Normen keinerlei Problemeit den diskutierten Quoten. Auch in den Jahren 2011nd 2012 gibt es keine Probleme. Danach könnte dieituation vielleicht kritischer werden. Deswegen rate ichringend dazu, den ursprünglich vorgesehenen Pfadurzfristig beizubehalten; denn die Marktteilnehmerürden ansonsten in ziemliche Irritationen gestürzt wer-en. Es ist besser, wir sagen erst zu einem späteren Zeit-unkt, wie es danach weitergehen soll.Die Frage der Nachhaltigkeit berührt ausschließlichin Mengenproblem. Sie hängt nicht davon ab, ob wirine Quote einführen oder eine steuerliche Förderungorsehen. Auch die steuerliche Förderung hat eine Sog-irkung auf ausländische Produkte. Im Bereich Pflan-enöl hatten ausländische Produkte einen Anteil von bis
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Reinhard Schultz
zu 70 Prozent: Jeder, der in der Lage war, Öle zu produ-zieren, war der Meinung, er würde in Deutschland auf-grund der Steuersubventionen Verhältnisse wie imSchlaraffenland vorfinden, und hat deshalb seine Pro-dukte in Deutschland verkauft. Daher wollten wir dieseFörderung nicht mehr und haben Übergangsfristen ein-geführt.Auch die steuerliche Förderung, würde sie unendlichweitergeführt, würde ein Mengenproblem mit sich brin-gen und würde uns damit, was die Nachhaltigkeit an-geht, ins Abseits führen. Das Gleiche gilt natürlich auchfür die Quote. Letztendlich geht es um die Mengensteue-rung und nicht um die Alternative Quote oder steuerlicheFörderung. In der Diskussion müssen wir über den Fein-schliff diskutieren, damit wir möglichst schnell zuverläs-sige Rahmenbedingungen schaffen. Wir sollten uns aufdas konzentrieren, was in Deutschland und in Europaoder in Vertragsstaaten produziert werden kann. DieMengen reichen aus, um die kurzfristig angekündigtenQuotenziele zu erreichen.Parallel dazu brauchen wir insbesondere für Biodieseleine Senke. Seit langem vertrete ich die Idee, für ÖPNVund SPNV einen gut abgrenzbaren und gut begründba-ren Beihilfetatbestand zu schaffen, mit dessen Hilfe dieBiokraftstoffe mineralölsteuerfrei eingesetzt werdengen reiner Kraftstoffe erfüllt werden. So ist es im Bio-kraftstoffquotengesetz geregelt. Wenn dieser Weg auf-grund einer technischen Norm nicht möglich ist, dannmuss man das, was übrig bleibt, als reine Kraftstoffe inden Verkehr bringen. Die Mineralölwirtschaft, die ge-rade im Bereich der Kraftstoffe für Ottomotoren daraninteressiert ist, nicht allzu viel beizumischen, weil esÜberkapazitäten bei den Raffinerien gibt, will ich nichtaus der Pflicht entlassen. Wenn sie die entsprechendenVertriebsnetze nicht hat, soll sie die freien Tankstelleneinbinden.
Ich denke, wir können sie dazu zwingen. Das ist die ein-zige Möglichkeit, sicherzustellen, dass auch die kleine-ren Hersteller eine Chance auf dem Markt haben.Die Debatte lohnt sich. Klar ist: Wir sollten den Mundnicht zu voll nehmen, wenn wir über das sprechen, wasin 15 oder 20 Jahren sein wird. Das, was wir jetzt ma-chen können, sollten wir aber wirklich machen.Vielen Dank.
können. Diese Lösung ist hinsichtlich der Steuerausfälle
überschaubar und führt nicht wie bei anderen Steuern zu
jährlich stattfindenden Diskussionen über Steuerstufen.
Das wäre für die Marktteilnehmer nicht sehr spaßig, weil
sie die Rahmenbedingungen dann nicht genau kennen
würden.
Eine letzte Bemerkung zur Quote. Es gibt zwar eine
Quote, aber keine Beimischungsquote. Diese Quote
kann durch Beimischung oder durch das Inverkehrbrin-
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Die Aktuelle Stunde ist beendet.
Damit sind wir am Schluss unserer heutigen Tages-
rdnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
estages auf morgen, Donnerstag, 10. April 2008,
0.30 Uhr, ein.
Ich schließe die Sitzung.