Gesamtes Protokol
Einen schönen guten Tag! Die Sitzung ist eröffnet.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf:
Befragung der Bundesregierung
Die Bundesregierung hat mitgeteilt, dass das Thema
der heutigen Kabinettssitzung war: Politik für ländliche
Räume.
Für den einleitenden fünfminütigen Beitrag gebe ich
das Wort dem Herrn Bundesminister Horst Seehofer.
Horst Seehofer, Bundesminister für Ernährung,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz:
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Das Bundeskabinett hat sich heute zum wiederholten
Male mit der Stärkung der ländlichen Räume in der Bun-
desrepublik Deutschland beschäftigt und, quasi als
zweite Stufe der Politik für die ländlichen Räume, eine
interministerielle Arbeitsgruppe eingesetzt, die aus Ver-
tretern von acht Bundesministerien besteht und deren
Federführung bei meinem Haus liegt. In dieser Arbeits-
gruppe soll bis Ende des Jahres über die Fragen einer in-
tegrierten Förderung der ländlichen Räume, die auf Bun-
desebene zu lösen sind, diskutiert werden: von der
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Redet
Sicherstellung der ärztlichen Versorgung bis hin zur
Stärkung der Wirtschaftskraft durch Wertschöpfung im
ländlichen Raum.
Der Einsetzung dieser interministeriellen Arbeits-
gruppe ging in den letzten beiden Jahren ein sehr intensi-
ver Dialog mit Beteiligten aus verschiedenen Bundeslän-
dern voraus. Die Lage der ländlichen Räume wurde
analysiert, und Lösungsansätze zur Stärkung der ländli-
chen Räume wurden entwickelt. Außerdem hat jedes
Bundesministerium im Rahmen seiner Möglichkeiten
Maßnahmen eingeleitet, die in die Zuständigkeit des je-
weiligen Ressorts fielen.
Ein ganz wesentlicher Aspekt, mit dem
Ressort beschäftigt hat, war die Frage, wie m
siedelte Räume besser mit schnellen Interne
versorgen kann. Dafür ist Geld zur Verfügu
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Ja, das gehört dazu. Über die Gemeinschaftsaufgabe,
über die wir hier sprechen, ist zum Beispiel keine Wirt-
schaftsförderung möglich. Das kann der Wirtschafts-
minister tun, und das tut er auch. Aber mir wäre es noch
lieber, wenn der Bund, vielleicht als Ergebnis dieser in-
terministeriellen Arbeitsgruppe, ohne diese Schranke
Reduzierung auf Agrarstruktur mit den Ländern eine
Gemeinschaftsaufgabe für den ländlichen Raum verein-
barte. Das verschweige ich nicht. Das ist allerdings nur
mit einer Grundgesetzänderung machbar, und deshalb
macht diese interministerielle Arbeitsgruppe Sinn.
Aber noch wichtiger war, Frau Kollegin, die Mittel zu
erhöhen und konkrete Projekte auf den Weg zu bringen;
denn die Bevölkerung sowie die Bürgermeister und
Landräte hätten kein Verständnis, wenn wir zwei Jahre
nur über eine Verfassungsänderung diskutieren würden,
ohne dass sich ihre konkrete Situation verändern würde.
Die Antwort ist also: Das eine tun, ohne das andere zu
lassen.
Nun folgt der Kollege Peter Bleser.
Herr Minister, Sie und die Koalitionsfraktionen waren
die ersten, die die Notwendigkeit einer flächendecken-
den Breitbandversorgung im ländlichen Raum erkannt
haben. Dafür stehen im Bundeshaushalt Mittel in Höhe
von jährlich 10 Millionen Euro in den nächsten drei Jah-
ren bereit. Ich weiß, dass die Resonanz groß ist. Haben
Sie einen Überblick darüber, wie sich der Mittelabfluss
gestaltet und welche Aktivitäten in den verschiedenen
Bundesländern schon unternommen worden sind?
Ich halte es auch für sehr zielführend, dass Sie eine
interministerielle Arbeitsgruppe eingerichtet haben. Ver-
folgen Sie damit auch das Ziel, für eine Gleichbehand-
lung ländlicher und städtischer Räume zu sorgen, indem
verstärkt auch Infrastrukturmaßnahmen anderer Art
Stichworte: Straßen, Schulen und ärztliche Versorgung
durchgeführt werden? Dadurch könnte ja die Besiedlung
der ländlichen Räume dauerhaft gesichert und unsere de-
zentrale Struktur, die sicher ökologisch sinnvoll ist, auf-
rechterhalten werden.
Horst Seehofer, Bundesminister für Ernährung,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz:
Das Programm zur Breitbandversorgung, das, wie ge-
sagt, gemeinsam von Bund und Ländern finanziert wird
60 Prozent der Kosten trägt der Bund, den Rest über-
nehmen die Länder im Rahmen von Zuschüssen , ist
ein Renner. Mich freut besonders, dass es vor allem dort,
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s ist ja oft so im politischen Leben, dass zunächst
inmal gefragt wird: Passt es eigentlich in eine Markt-
irtschaft, dass die öffentliche Hand den Ausbau der
reitbandversorgung fördert? Dazu ist zu sagen: Eine
hnliche Förderung zur Entwicklung der ländlichen
äume praktizieren wir bei vielen Infrastrukturmaßnah-
en seit 60 Jahren. Denn die marktwirtschaftlichen Ge-
etze können nicht alles regeln.
Ich kann Ihnen jetzt keine konkrete Zahl nennen. Wir
echnen aber damit, dass etwa zwei Drittel der 1 700 Ge-
einden, die derzeit noch nicht mit Breitbandanschlüs-
en versorgt sind, von dem Programm, das jetzt aufge-
egt worden ist, erfasst werden.
Sie dürfen nicht nur die 30 Millionen Euro, die der
und zur Verfügung stellt, in den Blick nehmen, sondern
ie müssen auch die Beteiligung der Länder berücksich-
igen. Manche Bundesländer steuern mittlerweile nicht
ur ihre anteilige Finanzierung bei, sondern noch mehr.
Ich will mich jetzt nicht zu einzelnen Bundesländern
ußern. Denn dann würden Sie sagen, das sei Wahl-
ampf. Zu diesen Bundesländern gehört allerdings auch
in Bundesland, in dem gerade Wahlkampf ist.
ier ist also viel Bewegung entstanden. Ich finde, das ist
ehr gut.
Im Kabinett haben wir heute auch kurz über das Ver-
ältnis von Stadt und Land gesprochen. Der Kollege
iefensee, mit dem wir übrigens, was Fragen der Raum-
rdnung betrifft, hervorragend zusammenarbeiten, wird
m April dieses Jahres ein Programm zur Stadtentwick-
ung und zu den Metropolregionen Deutschlands vorstel-
en. Heute haben wir erneut bekräftigt, dass wir die Ent-
icklung in Städten und ländlichen Räumen nicht als
egensatz betrachten.
Auch auf den Kongressen, die durchgeführt worden
ind, wurde deutlich, dass beide Raumtypen aufeinander
ngewiesen sind. Der ländliche Raum braucht die Städte
zu ihm gehört auch die eine oder andere kleinere
tadt , und umgekehrt ist auch der ländliche Raum für
ie Städte aus unterschiedlichen Gründen ungeheuer
ichtig. Deshalb ist es nicht etwa ein Schlagwort, wenn
ch sage: Stadt und Land Hand in Hand. Vielmehr
ird daran deutlich, dass wir beides im Blick haben:
ine gute organische Stadtentwicklung und die Wert-
chöpfung im ländlichen Raum.
Der ländliche Raum hat aufgrund der demografischen
ntwicklung ich verweise auf die neuen Länder na-
ürlich größere Herausforderungen zu bewältigen. Denn
Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 150. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. März 2008 15783
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Bundesminister Horst Seehofer
der Wegzug der Bevölkerung aus den ländlichen Räu-
men, jedenfalls aus den peripher gelegenen ländlichen
Räumen, führt, was die Situation in Kindergärten und
Schulen, die Wirtschaftskraft und die Auslastung der In-
frastruktur betrifft, zu ganz anderen Problemen, als es in
Städten der Fall ist.
Es wurde ja eine Reihe von Gutachten und Studien in
Auftrag gegeben. Dabei wurde unter anderem am Bei-
spiel Brandenburgs untersucht, welche Folgen es hat,
wenn Schulen geschlossen werden und die Kinder sozu-
sagen abwandern. Man kam zu dem Ergebnis: Dann ist
es nur noch eine Frage der Zeit, bis auch die Eltern ab-
wandern. Auf jeden Fall birgt diese Entwicklung die Ge-
fahr, dass der ländliche Raum irgendwann daniederliegt.
Dem muss man durch die richtige Strukturpolitik entge-
genwirken.
In den neuen Ländern ist diese Entwicklung gewisser-
maßen mit Händen zu greifen, wie übrigens auch in
manchen peripher gelegenen ländlichen Räumen im
Westen unseres Landes. Das sind aber nur die Vorboten.
Mit den echten Herausforderungen, die der demografi-
sche Wandel mit sich bringt, werden wir es erst im Laufe
der nächsten 20, 30 Jahre zu tun bekommen. Daher be-
darf es sehr kluger Entscheidungen und davon bin ich
überzeugt auch völlig neuer Überlegungen und Maß-
nahmen.
Wenn wir die Bildungspolitik der Vergangenheit fort-
setzen, werden wir die wohnortnahe Versorgung unserer
Kinder mit Bildung nach dem Prinzip Kurze Beine,
kurze Wege in den nächsten 20, 30 Jahren nicht mehr
gewährleisten können. Außerdem müssen wir die über-
kommene Planung nach dem Motto Hier das Kranken-
haus, dort der niedergelassene Arzt überdenken. Um
die Versorgung des ländlichen Raumes sicherzustellen,
brauchen wir neue Konzepte und innovative Ideen.
Die Kollegin Tackmann hat eine Frage. Bitte schön.
Vielen Dank für den Kurzreport, Herr Minister. In der
dazugehörigen Pressemitteilung hieß es, dass Sie schon
eine beachtliche Reihe von Maßnahmen ergriffen haben.
Die Situation in den ländlichen Räumen ist aber derma-
ßen dramatisch, dass man sich fragen muss: Haben die
Maßnahmen nicht gegriffen? Müssen wir uns etwas an-
deres überlegen? Einige Aspekte haben Sie ja eben
genannt. Ich hoffe, dass die interministerielle Arbeits-
gruppe nicht unter dem Motto Wenn ich nicht mehr
weiter weiß, gründ ich einen Arbeitskreis einberufen
worden ist und es hier nicht nur um strukturelle Ent-
scheidungen geht, sondern dass tatsächlich etwas Kon-
kretes unternommen wird.
Wir wissen, dass die Abwanderung aus den ländli-
chen Räumen sozialselektiv und geschlechtsselektiv
erfolgt: Insbesondere junge Frauen verlassen die ländli-
chen Räume, weil sie die entsprechenden Lebensbedin-
gungen dort nicht mehr vorfinden. Ich vermisse aber
eine Beteiligung des Familienministeriums an Ihrer in-
terministeriellen Arbeitsgruppe. Doch gerade für dieses
spezielle Problem brauchen wir zügig Antworten, brau-
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er also die jungen Leute, die Familien im ländlichen
aum halten will, der muss neben der Wertschöpfung im
ändlichen Raum damit dieser nicht nur eine Schlaf-
tätte ist insbesondere die Bildungseinrichtungen im
uge behalten.
Es ist immer schwierig, eine Arbeitsgruppe abzugren-
en. Wir haben uns für eine bestimmte Abgrenzung ent-
chieden; das bedeutet aber nicht, dass die Ebenen bzw.
essorts, die an diesem Arbeitskreis nicht teilnehmen,
icht beteiligt werden könnten. Natürlich wird man bei
pezialthemen andere Ressorts, die Kommunen oder die
änder beteiligen, um dieses integrierte Vorgehen in der
raxis mit Leben zu erfüllen. Ich glaube, wenn acht
inisterien eines Kabinetts einen Arbeitskreis bilden,
ann man davon ausgehen, dass ein breiter Sachverstand
ür die gewünschte integrierte Konzeption vorhanden ist.
ir werden darüber hinaus sicherlich Rückkopplungen
it den zuständigen Ausschüssen vornehmen, sodass
uch der Sachverstand des Parlaments einfließen kann.
s muss aber eine Kerntruppe geben, die sich kraft ihrer
essortzuständigkeit primär um die Fragen kümmert.
15784 Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 150. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. März 2008
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Bundesminister Horst Seehofer
Natürlich werden wir uns, wenn es um Familienthe-
men geht, mit dem Familienministerium und Frau Kolle-
gin von der Leyen in Verbindung setzen. Gerade was die
Kinderbetreuung angeht, hat sie ja in Deutschland den
Durchbruch geschafft.
Also bitte nicht daraus, dass die Länder oder die
Kommunen an diesem Arbeitskreis nicht beteiligt sind,
schließen, wir würden den Föderalismus vernachlässi-
gen! Wir werden in dieser interministeriellen Arbeits-
gruppe auch mit Verbänden reden müssen. Aber diese
Arbeitsgruppe muss in ihrer Kernzusammensetzung ar-
beitsfähig bleiben.
Der Kollege Franz-Josef Holzenkamp, bitte.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Herr Minister, Sie
haben die Gefahr angesprochen, dass die ländlichen
Räume zunehmend menschenleer werden. Wollen wir
diese Entwicklung zulassen, und was können wir an-
dernfalls dagegen tun?
Welche Rolle spielt in diesem Zusammenhang die
Gemeinsame Agrarpolitik, und zwar insbesondere die
zweite Säule? Sind Sie für eine Umschichtung von Mit-
teln von der ersten zur zweiten Säule?
Ich habe noch eine kurze Nachfrage zu der von Ihnen
angesprochenen GAK, bei der vielleicht eine breitere
Zuständigkeit von Vorteil wäre. Setzt das eine Aufsto-
ckung der Mittel voraus, um zu verhindern, dass ein sol-
cher Schritt zulasten der Landwirtschaft erfolgt?
Horst Seehofer, Bundesminister für Ernährung,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz:
Was Ihre letzte Frage angeht, ist es meines Erachtens
notwendig, dass man die Gemeinschaftsaufgabe auch
durch eine entsprechende Aufstockung der Mittel unter-
stützt. Das Beispiel der Breitbandverkabelung hat ge-
zeigt, was eine gemeinsame Anstrengung von Bund,
Ländern und Kommunen zu leisten vermag. Wir wären
von allen guten Geistern verlassen, wenn wir die dabei
entstehende Dynamik nicht weiter nutzen würden.
Was die erste und zweite Säule angeht, verfolge ich
bekanntlich das Anliegen, verlässliche Bedingungen für
die Beteiligten zu schaffen. Verlässlichkeit schafft Ver-
trauen, und Vertrauen fördert Investitionen. In diesem
Sinne sollten wir darauf verzichten, jedes Jahr die Be-
dingungen zu ändern, wenn es um die Unterstützung der
Bauern oder der Agrarwirtschaft geht.
Vor dem Hintergrund der beginnenden Diskussionen
innerhalb der Europäischen Union empfehle ich, sich
nicht auf die Alternative einer Umverteilung von der ers-
ten zur zweiten Säule zu beschränken, sondern auch die
Umschichtung nicht ausgeschöpfter EU-Mittel in die
zweite Säule in Erwägung zu ziehen. Es geht nicht im-
mer um ein Entweder-oder. Es wäre bei der Gemein-
schaftsaufgabe auch kaum vermittelbar, wenn man den
ländlichen Raum unterstützen will, aber denjenigen, die
dort Wertschöpfung betreiben nämlich die landwirt-
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Trifft es ebenfalls zu, dass die Bundesregierung in diesem
Entwurf davon ausgeht, dass es sich bei einem Minijob auf
400-Euro-Basis lediglich um eine reine Nebenerwerbstätig-
keit handelt und deshalb die betroffenen Personen auch wei-
terhin ab dem 63. Lebensjahr mit einer Zwangsverrentung zu
rechnen haben?
Bitte, Herr Staatssekretär.
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Die Bundesregierung stimmt den Entwurf einer Un-
illigkeitsverordnung derzeit ab. Zu der konkreten Aus-
estaltung der Unbilligkeitsverordnung kann vor Inkraft-
reten der im Siebten Gesetz zur Änderung des Dritten
uches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vorgese-
enen Verordnungsermächtigung keine Aussage getrof-
en werden. Die Bundesregierung weist allerdings da-
auf hin, dass vorgesehen ist, in der Verordnung nicht
ur einen, sondern mehrere Unbilligkeitsgründe zu
egeln, bei deren Vorliegen Hilfebedürftige trotz Voll-
ndung des 63. Lebensjahres nicht auf eine Abschlags-
ente zu verweisen sind. Anders als in den Fragestellun-
en impliziert, sind vom zuständigen Träger der
rundsicherung alle Unbilligkeitsgründe im Einzelfall
u prüfen. Das Vorliegen eines Unbilligkeitsgrundes
eicht aus.
Herr Schneider, eine Nachfrage, bitte.
Danke schön, Herr Staatssekretär. Leider gehen Sie
it meiner Frage ähnlich um, wie wir es in den letzten
ochen und Monaten im Zusammenhang mit Zeitungs-
rtikeln immer erlebt haben. Deshalb erlaube ich mir fol-
ende Nachfrage: Die Nachrichtenagentur Reuters hat
ehauptet, dass ihr der angesprochene Entwurf einer
erordnung des Bundesarbeitsministeriums vorgelegen
abe. Können Sie definitiv erklären, dass Reuters hier
ie Unwahrheit behauptet, weil es derzeit einen solchen
ntwurf in Ihrem Haus nicht gibt? Falls ein solcher Ent-
urf doch existieren sollte, können Sie verbindlich er-
lären, dass die von Reuters berichteten Regelungen so
icht in dem Entwurf enthalten sind? Wären Sie des
eiteren so freundlich, das Parlament darüber zu infor-
ieren, was in dem Entwurf tatsächlich steht, soweit es
inen gibt?
15786 Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 150. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. März 2008
)
)
F
Herr Kollege Schneider, ich habe gerade ausgeführt,
dass erst einmal eine Verordnungsermächtigung vorhan-
den sein muss, um überhaupt eine Verordnung herbeizu-
führen, in diesem Fall eine Unbilligkeitsverordnung. Ich
habe Ihnen auch gesagt, dass das Siebte Gesetz zur Än-
derung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch noch nicht
in Kraft getreten und damit auch noch nicht verkündet
worden ist. Damit gibt es keinen Anlass, jetzt schon Stel-
lung zu nehmen oder irgendwelche Zeitungsartikel zu
kommentieren.
Herr Schneider, Sie haben eine weitere Nachfrage.
Ich habe noch drei, wenn ich es richtig sehe; ich habe
zwei Fragen gestellt.
Ja, Sie haben recht.
Ich habe befürchtet, dass das Frage-und-Antwort-
Spiel in dieser Weise abläuft. Herr Staatssekretär, ich
komme nicht umhin, darauf hinzuweisen, dass ich Ihnen
eben eine präzise Frage gestellt habe. Völlig unabhängig
davon, ob Sie schon eine Ermächtigung durch das Ge-
setz haben, behauptet Reuters, dass Sie in Ihrem Haus an
einem solchen Entwurf arbeiten und dass dieser Entwurf
Reuters vorliegt. Ich habe Sie gefragt, ob dies sein kann
oder ob Sie es als Unwahrheit zurückweisen, weil es ei-
nen solchen Entwurf nicht gibt. Ich bitte Sie, diese Frage
auch zu beantworten.
F
Herr Kollege Schneider, ich habe Ihnen bei meiner
ersten Antwort auf Ihre beiden Fragen gesagt, die Bun-
desregierung stimme den Entwurf einer Unbilligkeits-
verordnung derzeit ab. Das heißt, sie befindet sich im
Abstimmungsverfahren innerhalb der Bundesregierung.
Solange dieses Abstimmungsverfahren nicht abge-
schlossen ist und solange es die gesetzlichen Grundlagen
dafür nicht gibt, gibt es das habe ich Ihnen eben auch
deutlich zu machen versucht keine Veranlassung, zu ir-
gendwelchen Zeitungsberichten Stellung zu nehmen.
Herr Schneider, bitte schön, die dritte Frage.
Da es offensichtlich Überlegungen gibt, bitte ich Sie
um Verständnis, dass ich zu diesen Überlegungen nach-
frage, weil sie, wenn sie denn tatsächlich in eine Unbil-
ligkeitsverordnung münden, weitreichende Konsequen-
zen für die Betroffenen haben werden, über die wir uns
bestimmte Gedanken machen. Ich frage nach, weil mei-
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Dr. Anton Hofreiter
am Rande ist normalerweise ein Sieb, aber in dem
Punkt leider nicht.
Noch einmal die Frage: Sehen Sie sich in der Lage,
uns Qualitätskennziffern zu nennen, ja oder nein? Sie
brauchen nicht noch einmal auf das Verfahren hinzuwei-
sen. Sagen Sie einfach ja oder nein.
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Herr Dr. Hofreiter die Frage ist, ob wir eine LuFV auf
Basis des geltenden Bundesschienenwegeausbaugeset-
zes verabreden oder ob wir eine spezialgesetzliche Er-
mächtigungsgrundlage schaffen müssen. Davon hängt
die Diskussion um die Qualitätskriterien ab. Ob wir spe-
zialgesetzliche Regelungen brauchen oder auf der Basis
des geltenden Gesetzes agieren können, hängt zentral
davon ab, wie die nächsten Schritte bei der Bahnprivati-
sierung sein werden.
Wir kommen jetzt zur Frage 5 der Abgeordneten
Bettina Herlitzius:
Inwieweit nimmt die Leistungs- und Finanzierungsverein-
barung zwischen Bund und DB AG Einfluss auf die Höhe der
Trassenpreise, und inwieweit wird mit der LuFV eine Quer-
subventionierung, zum Beispiel des Schienenpersonenfern-
verkehrs, SPFV, mit Einnahmen aus den Trassenerlösen aus
dem Schienenpersonennahverkehr, SPNV, vermieden?
U
Frau Kollegin Herlitzius, Sie beziehen sich auf den-
selben Sachverhalt, die Leistungs- und Finanzierungs-
vereinbarung. Sie wissen, wie der Mechanismus ist. Der
Bund wird mit den Infrastrukturunternehmen und den zu
beteiligenden Unternehmen deshalb die LuFV abschlie-
ßen, weil wir im Netz Qualität erreichen wollen. Dafür
wird der Bund eine feste Summe verabreden. Sie wissen,
wir sprechen über etwa 2,5 Milliarden Euro. Wir wollen
diese Mittel auf der Basis der heutigen Ertragsstruktur
der Unternehmen zur Verfügung stellen. Das bedeutet,
dass die LuFV keinen Einfluss auf die Trassenpreisge-
staltung haben wird.
Frau Herlitzius, eine Nachfrage?
Ich bitte Sie, beide Fragen zusammen zu beantworten.
Dann werde ich Nachfragen stellen.
Ich rufe die Frage 6 der Kollegin Herlitzius auf:
Wie stellt die LuFV eine Erneuerung der überwiegend für
den SPNV genutzten Strecken sicher, und auf welche Weise
spielen Kriterien eines integralen Taktfahrplanes wie Reisege-
schwindigkeiten, Pünktlichkeit, Fahrzeitreserve, Anschluss-
sicherung und Zahl möglicher Anschlüsse mit kurzen Umstei-
gezeiten eine Rolle?
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Vielen Dank, Frau Präsidentin. Sehr geehrter Herr
Staatssekretär, da Sie uns anscheinend wenig Konkretes
sagen wollen, möchte ich eine Nachfrage stellen, die Sie
eigentlich beantworten können müssten, weil sie relativ
allgemeiner Natur ist.
Wir haben im Moment das Problem, dass die Trassen-
gelder nicht dort verwendet werden, wo sie generiert
werden. Kurz zur Erklärung: Trassengelder sind von ei-
nem Schienenverkehrsunternehmen für die Benutzung
der Gleise zu zahlen. Man spricht verkürzt auch von
Schienenmaut.
Wie gedenken Sie in der Leistungs- und Finanzie-
rungsvereinbarung Transparenz sicherzustellen, sodass
klar ist, in welchen Bereichen des Netzes die Einnah-
men, die über die Trassengelder generiert werden, rein-
vestiert werden? Im Moment haben wir das große Pro-
blem, dass der durch die öffentliche Hand finanzierte
Personenschienennahverkehr den pseudoeigenwirt-
schaftlichen Personenfernverkehr der DB AG, also einen
privatwirtschaftlichen Bereich, über erhöhte Trassengel-
der querfinanziert. Die Frage stellt sich also, wie man die
Transparenz herzustellen und die Querfinanzierung ab-
zustellen gedenkt. Eine solche Regelung ist wirklich völ-
lig unabhängig vom Modell.
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Das ist Gegenstand der Leistungs- und Finanzie-
rungsvereinbarung.
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Ja. Dann rufe ich auch noch die Frage 13 des Kollegen
örg Rohde auf:
Wie bewertet die Bundesregierung die unterschiedlichen
Emissionsgrenzwerte für die Verbrennung von Kohlestaub im
Vergleich zur Verbrennung von Öl, und beabsichtigt die Bun-
desregierung, auf eine Veränderung der Differenz zwischen
den Emissionsgrenzwerten hinzuwirken?
Mic
Zu Ihrer ersten Frage. Ich kann natürlich nicht wissen,
as in einem Zeitraum von zehn Jahren passiert. Aber
ufgrund unseres derzeitigen Kenntnisstandes muss man
avon ausgehen, dass es in der zugrunde liegenden
ichtlinie das ist die Richtlinie 96/61/EG aus dem
ahre 1996 über die integrierte Vermeidung und Vermin-
erung der Umweltverschmutzung keinen Ansatz gibt,
er die Herstellung von Asphalt betrifft. Bisher gibt es
afür also kein gemeinschaftliches Recht. Veränderun-
en des europäischen Rechtes sind derzeit auch nicht ab-
ehbar. Die Bundesregierung beabsichtigt zudem keine
erschärfung.
Zu Ihrer zweiten Frage. Man muss wissen, dass die
nforderung hinsichtlich der Emissionsbegrenzung nach
em Stand der Technik erfolgt. Der Stand der Technik
mfasst im Wesentlichen vier Eckpunkte: erstens den
ntwicklungsstand bestimmter technischer Verfahren,
weitens die Gewährleistung der Anlagensicherheit,
rittens die Gewährleistung einer umweltverträglichen
bfallentsorgung und viertens die generelle Verminde-
ung von Auswirkungen auf die Umwelt.
Die Unterschiedlichkeit der Verfahren zur Verbren-
ung von Kohlestaub und von Öl bedingt deshalb auch
nterschiedliche Festlegungen bei den einzuhaltenden
missionsgrenzwerten. Veränderungen hinsichtlich der
ifferenz zwischen Emissionsgrenzwerten dieser unter-
chiedlichen Verfahren können sich somit nur aus Verän-
erungen beim Stand der Technik ergeben.
15792 Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 150. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. März 2008
)
)
Ihre Nachfrage.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Herr Staatssekretär,
habe ich Sie richtig verstanden, dass die unterschiedli-
chen Grenzwerte technisch begründet sind? Der eine
Grenzwert liegt höher als der andere. Es gibt aber keinen
Druck auf die Asphalthersteller, sich dem niedrigen
Grenzwert anzunähern, indem beispielsweise technisch
umgerüstet wird.
Mi
Es gilt generell, dass von Zeit zu Zeit der Stand der
Technik bewertet wird. Wenn die Bundesregierung bei-
spielsweise der Auffassung ist, dass der Stand der Tech-
nik verbessert werden könnte, könnte es unter anderem
sein, dass wir durch entsprechende Forschungsinitiati-
ven deutlich machen, dass es zu einem höheren Stand
der Technik kommen müsste.
Eine weitere Nachfrage.
Es bleibt dann bei dem Stand der Technik der einzel-
nen Verfahren, der Ölverfeuerung oder der Kohlestaub-
verfeuerung. Angesichts des derzeit hohen Ölpreises
scheint es vielen Asphaltherstellern in Deutschland aus
wirtschaftlichen Gründen sinnvoll zu sein, auf Kohle-
staubverfeuerung umzurüsten. Sind da, wenn Sie das
kurz sagen könnten, die Grenzwerte höher oder niedri-
ger, und wie bewerten Sie diese Entwicklung?
Mi
Es ist so, dass wir aufgrund der Veränderungen der
Ressourcenpreise Verschiebungen erleben. Das ist ein
generelles Problem, mit dem sich sicherlich dieses Haus
und vor allem auch die zuständigen Ausschüsse beschäf-
tigen müssen. Ich glaube, da sind wir erst am Beginn.
Wir erleben, dass in vielen Bereichen aus reinen Kosten-
gründen Verfahren gewählt werden, die beispielsweise
aus ökologischen Gründen eher problematisch sind; das
ist gar keine Frage.
Trotzdem bleibt es dabei: Was Stand der Technik ist,
wird nicht von der Politik festgelegt, sondern von Gre-
mien, beispielsweise von Ingenieuren des VDI. In dem
Bereich können wir also nur durch politische Initiativen
etwas ändern. Darüber muss man nachdenken. Darüber
können wir Ihnen sicherlich berichten.
Sie haben eine weitere Nachfrage.
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Haben Sie eine weitere Nachfrage?
Nein. Da ich diese Antwort erwartet habe, erübrigt
ich die Nachfrage. Danke schön.
Die Frage 16 der Kollegin Hirsch wird schriftlich be-
ntwortet.
15794 Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 150. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. März 2008
)
)
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Auswärtigen
Amtes. Zur Beantwortung der Fragen steht der Staats-
minister Günter Gloser zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 17 des Abgeordneten Volker Beck
auf:
Welche konkreten Initiativen und Gespräche hat die Bun-
desregierung bilateral oder multilateral ergriffen, um Gefan-
gene aus Guantánamo, die von den USA nicht als Terroristen
eingestuft werden ,
freizubekommen und damit auch einen Beitrag dazu zu leis-
ten, das rechtsstaatswidrige Gefangenenlager aufzulösen, und
warum hat sie gegebenenfalls auch gemeinsam mit anderen
Staaten bisher kein Angebot zur Aufnahme eines Teiles die-
ser Gefangenen gemacht?
Ich darf wie folgt antworten: Die Bundesregierung
setzt sich, wie auch die Europäische Union, seit gerau-
mer Zeit bei der US-Regierung für die Schließung des
Gefangenenlagers in Guantánamo ein. Die Bundesregie-
rung tut das nicht nur aufgrund ihrer eigenen Überzeu-
gung, sondern auch, weil eine Schließung im Interesse
unserer transatlantischen Wertegemeinschaft liegt. US-
Präsident Bush hat selbst erklärt, Guantánamo so bald
wie möglich schließen zu wollen. Die Bundesregierung
sieht die US-Regierung in der Pflicht, deutliche Schritte
zur Schließung des Lagers zu unternehmen.
Ich darf grundsätzlich anmerken: Die Aufnahme von
Personen, die in Guantánamo gefangen gehalten werden,
ohne von den USA als Terroristen eingestuft zu sein,
liegt in erster Linie in der Verantwortung der Länder, de-
ren Staatsangehörigkeit sie besitzen. Diesem Prinzip fol-
gend, haben inzwischen mehrere Staaten, darunter auch
EU-Mitgliedstaaten, ehemalige Insassen des Lagers in
Guantánamo Bay aufgenommen. Die USA führen außer-
dem mit mehreren Ländern, deren Staatsangehörige in
Guantánamo inhaftiert sind, Verhandlungen über eine
Rückführung oder haben solche bereits geführt. Soweit
eine Aufnahme in den Heimatländern der Betroffenen
nicht in Betracht kommt, liegt die humanitäre Verant-
wortung für die Lösung der durch die Inhaftierung der
Personen entstandenen Situation bei den Vereinigten
Staaten.
Herr Beck, Sie haben eine Nachfrage?
Ja. Ich habe diese Frage gestellt, weil wir uns da-
mals mit dem Kollegen Erler am 17. Januar 2007 hier
schon einmal darüber unterhalten haben. Er hatte mir da-
mals geantwortet:
Die Bundesregierung ist durchaus bereit, einen Bei-
trag dazu zu leisten, wenn sie dazu aufgefordert
wird und wenn es, auch unter Berücksichtigung an-
derer politischer Wirkungen einer solchen Maß-
nahme, Sinn macht, das zu tun.
Wir sind jetzt über ein Jahr weiter. Ich habe das Ge-
fühl, dass es nicht sehr glaubwürdig ist, dass man einer-
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Herr Staatsminister, ich gebe Ihnen ja recht, dass die
fortdauernde Inhaftierung von Gefangenen in Guan-
tánamo, bei denen die US-Regierung selber der Auffas-
sung ist, dass sie in keinerlei terroristischem Zusammen-
hang stehen, und denen keinerlei Vorwürfe in dieser
Richtung gemacht werden können, ein moralischer, hu-
manitärer und politischer Skandal ist und dass das in ers-
ter Linie den USA auf die Füße fällt. Wir wissen, dass
mindestens 50 solcher Gefangener derzeit noch in
Guantánamo sind. Die Bundesregierung weiß, dass,
wenn sie bereit ist, ein, zwei, drei, zehn dieser Gefange-
nen aufzunehmen, diesen weitere unmenschliche Be-
handlung, möglicherweise Folter, erspart bleibt, wenn
sie nicht mehr in Guantánamo sind. Sieht die Bundesre-
gierung aufgrund dieser Tatsache nicht eine humanitäre,
eine menschliche Verpflichtung, gerade wenn wir die
Menschenrechte in unserer Politik ganz hoch halten, hier
einen Schritt zu tun und zu sagen: Wir nehmen Gefan-
gene auf und empfehlen auch anderen europäischen
Staaten, dies zu tun?
Ist es in diesem Zusammenhang nicht völlig falsch, zu
sagen: Wir warten so lange, bis es eine gemeinsame
Überzeugung aller Staaten Europas gibt und dann han-
deln wir gemeinsam? Das könnte möglicherweise noch
Monate oder Jahre dauern, und die Gefangenen, von de-
nen man glaubt, dass sie nicht in terroristische Aktivitä-
ten verstrickt sind, würden dann möglicherweise noch
monate- oder jahrelang unschuldig dahinvegetieren.
Meinen Sie nicht, dass man hier politisch einige Maß-
stäbe zurechtrücken und sich humanitären Gesichts-
punkten annähern muss?
Herr Kollege Ströbele, ich habe am Anfang betont,
dass dies erst einmal das haben Sie bestätigt in der
Verantwortung der Vereinigten Staaten liegt, gerade auch
was die Personengruppe der Nichtterroristen angeht. Wir
haben ausdrücklich bei verschiedenen Begegnungen, so-
wohl bilateral zwischen Deutschland und den Vereinig-
ten Staaten als auch im letzten Jahr während unserer EU-
Ratspräsidentschaft, darauf hingewiesen, dass das Lager
baldmöglichst geschlossen werden sollte, damit nicht
das eintritt, was Sie eben gesagt haben, also die Gefan-
genen eine nicht fixierte Zeit inhaftiert bleiben. Im Übri-
gen ist die Initiative nur eines EU-Landes nicht richtig,
wenn überhaupt, dann muss das auf der europäischen
Ebene abgestimmt werden.
Herr Ströbele, Sie können nur eine Frage stellen.
Die Fragen 18 und 19 des Kollegen Wolfgang
Gehrcke werden schriftlich beantwortet.
Wir kommen jetzt zur Frage 20 des Kollegen Paul
Was unternimmt die Bundesregierung, um zu verhindern,
dass von der afghanischen Armee Kinder unter 18 Jahren ein-
gezogen, ausgebildet und bei militärischen Operationen ein-
gesetzt werden?
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Sie haben eine weitere Nachfrage? Bitte, Herr
Schäfer.
Es ist völlig richtig: Auch Afghanistan ist diesem Pro-
tokoll beigetreten. Trotzdem bleibt die Frage, ob aus der
Tatsache, dass die Bundesrepublik Deutschland an Aus-
bildungsvorgängen der afghanischen Streitkräfte betei-
ligt ist, Ihrer Meinung nach für uns irgendwelche Pflich-
ten erwachsen und ob Sie sich darüber Gedanken
gemacht haben, wie man die Durchsetzung und Einhal-
tung dieses Fakultativprotokolls in diesem Fall sicher-
stellen kann.
Herr Kollege Schäfer, uns sind keine Hinweise be-
kannt, wonach Afghanistan dieses Protokoll, das ich vor-
hin zitiert habe, nicht anwenden würde. Es gibt sicher-
lich Probleme hinsichtlich der Frage, ob das angegebene
Alter tatsächlich richtig ist. Das ist sicherlich in man-
chen Situationen auch der Dokumentenechtheit geschul-
det. Aber grundsätzlich können Sie davon ausgehen,
dass Deutschland in genauer Beachtung afghanischer
Gesetze dort Menschen ausbildet, die entsprechend die-
sem Protokoll und gemäß den internationalen Abkom-
men von den Afghanen eingesetzt werden.
Wir kommen jetzt zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums des Innern. Die Frage 21 der Kollegin
Sevim Dağdelen und die Fragen 22 und 23 der Kollegin
Silke Stokar von Neuforn werden schriftlich beantwor-
tet.
Aus dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums
der Finanzen wurden die Fragen 24 und 25 des Kollegen
Jürgen Koppelin, die Fragen 26 und 27 des Kollegen
Frank Schäffler sowie die Fragen 28 und 29 des Kolle-
gen Dr. Hermann Otto Solms zurückgezogen. Schriftlich
beantwortet wird die Frage 30 des Kollegen Rainder
Steenblock.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Wirtschaft und Technologie. Zur Be-
antwortung der Fragen steht der Parlamentarische
Staatssekretär Hartmut Schauerte zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 31 des Kollegen Dr. Ilja Seifer auf:
Wie bewertet die Bundesregierung, dass laut dbsv-direkt
Onlineinformationsservice des Deutschen Blinden- und Seh-
behindertenverbandes vom 7. Februar 2008 die europäische
Postrichtlinie, die die vollständige Öffnung der Postmärkte ab
2011 vorsieht, die Schutzbestimmungen für kostenlose Blin-
densendungen abschafft?
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)
olange sich an seinem Marktanteil nichts Wesentliches
ndert, sehe ich keine Notwendigkeit, hier korrigierend
inzugreifen. Die Deutsche Post AG erbringt einen Uni-
ersaldienst. Dafür wurden ihr im Gesetzgebungsverfah-
en einige Privilegien eingeräumt; wir alle erinnern uns
aran. Insofern denke ich, dass das ein fairer Ausgleich
st.
Haben Sie noch eine weitere Frage? Bitte schön.
Darf ich dann von der heutigen Fragestunde mit der
ewissheit nach Hause gehen und den blinden Men-
chen sagen, dass der Ausgleich behinderungsbedingter
achteile, den ich übrigens nicht als Privileg bezeichnen
ürde, auch in Zukunft die volle Unterstützung der Bun-
esregierung haben wird, unabhängig davon, welche
ntwicklung auf diesem Markt stattfindet?
H
Ich bitte Sie sehr, mit dieser Aussage aus der heutigen
ragestunde zu gehen und das allen Menschen zu erzäh-
en.
Herzlichen Dank.
Dazu fallen mir jetzt Bibelzitate ein; darauf möchte
ch an dieser Stelle aber nicht eingehen.
Die Frage 33 der Kollegin Tackmann und die
ragen 34 und 35 des Kollegen Fell werden schriftlich
eantwortet.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundes-
inisteriums für Arbeit und Soziales.
Zur Beantwortung der Fragen steht der Parlamentari-
che Staatssekretär Franz Thönnes zur Verfügung.
Die Fragen 36 und 37 des Kollegen Niebel, die
rage 38 der Kollegin Lötzsch und die Frage 39 der Kol-
egin Hirsch werden schriftlich beantwortet.
Ich rufe die Frage 40 des Kollegen Alexander Ulrich
uf:
Teilt die Bundesregierung die Einschätzung des Europäi-
schen Gewerkschaftsbundes, EGB, nach der ein Handlungs-
bedarf im Verhältnis zwischen EU-Primärrecht und EU-Se-
kundärrecht besteht, um künftige Urteile des Europäischen
Gerichtshofes, EuGH, die Grundfreiheiten höher bewerten als
Grundrechte wie das Streikrecht, auszuschließen?
15798 Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 150. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. März 2008
)
)
F
Meine Antwort lautet wie folgt: Im Moment sieht die
Bundesregierung im Hinblick auf die Urteile in den Fäl-
len Viking und Laval keinen Bedarf, Änderungen im
EU-Primärrecht oder EU-Sekundärrecht vorzunehmen.
Der EuGH hat das Streikrecht in seinen Urteilen in den
Fällen Viking und Laval explizit als europäisches
Grundrecht anerkannt. In beiden Urteilen wurde die so-
ziale Dimension der Gemeinschaft betont und darauf
hingewiesen, dass ein Ausgleich zwischen den Grund-
rechten der Arbeitnehmer einerseits und den Grundfrei-
heiten der Unternehmen andererseits gefunden werden
müsse und dass dies eine Abwägung im Einzelfall erfor-
dere.
Herr Kollege Ulrich, haben Sie eine Nachfrage?
Bitte schön.
Vielen Dank für Ihre Antwort, die mich allerdings
nicht befriedigt. Der Europäische Gewerkschaftsbund
hat in einer Anhörung im Europäischen Parlament er-
klärt, dass Art. 28 der Grundrechtecharta nicht ausreicht,
um Urteile wie das Viking-Urteil und das Vaxholm-Ur-
teil zu verhindern. Er hat gefordert, dass in einem Proto-
koll ausdrücklich festgelegt wird, dass das Streikrecht
nicht eingeschränkt werden darf und dass es ausschließ-
lich in die Kompetenz der Mitgliedstaaten fällt. Wie
schätzt die Bundesregierung dies ein?
F
Herr Kollege Ulrich, ich glaube, wir müssen bei der
Bewertung der Urteile zu Viking und Laval davon aus-
gehen, dass die Wirkung vor dem Hintergrund der diffe-
renzierten Tarifvertragssysteme in den einzelnen EU-
Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich zu beurteilen ist.
Von diesen Urteilen sind in erster Linie die skandinavi-
schen Staaten betroffen; es geht ja um Sachverhalte aus
Finnland und Schweden. Deutschland ist aufgrund der
Unterschiedlichkeit seines Systems nicht davon betrof-
fen. Vor diesem Hintergrund sehen wir keine Notwen-
digkeit, in irgendeiner Form zu reagieren.
Sie haben eine zweite Nachfrage.
Der Generalsekretär des Europäischen Gewerk-
schaftsbundes, John Monks, hat eine Stellungnahme ab-
gegeben, in der er unterstrichen hat, welche Bedrohun-
gen von der Rechtsprechung des Europäischen
Gerichtshofs für das Streikrecht und die Tarifautonomie
in Europa ausgehen. Er hat darauf hingewiesen, dass das
in einzelnen Mitgliedstaaten per Verfassung festge-
schriebene Streikrecht wie auch die Tarifautonomie
durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichts-
hofs in Gefahr sind und dass die Idee eines sozialen
Europas beschädigt wurde. Wenn der Generalsekretär
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und Vaxholm (Rechtssache C-341/05)
)
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)
)
)
)
Entschuldigung, Bösgläubigkeit : Sie haben wieder
ine hypothetische Frage gestellt. Nach unserer Auffas-
ung werden mit der Entsende-Richtlinie gewisse Min-
eststandards gesetzt, auf die auf nationaler Ebene ein
öheres Schutzniveau aufgesetzt werden kann. Ich habe
ich gerade für den regulären Tariflohn als Mindeststan-
ard ausgesprochen; der Generalanwalt teilt diese An-
icht. Lassen Sie uns den 3. April abwarten. Wir werden
ns dann vielleicht bei der Behandlung dieses Fragen-
omplexes wiedersehen.
Die Fragen 44 und 45 der Kollegin Ulla Lötzer wer-
en schriftlich beantwortet. Herzlichen Dank, Herr
taatssekretär.
Wir kommen damit zum Geschäftsbereich des Bun-
esministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Ver-
raucherschutz. Zur Beantwortung der Fragen steht die
arlamentarische Staatssekretärin Ursula Heinen zur
erfügung.
Ich rufe die Frage 46 der Kollegin Cornelia Behm
uf:
Wie wird die in das Jahr 2008 vorgezogene Auszahlung
von Abfindungen von Kleinrenten in der landwirtschaftlichen
Unfallversicherung finanziert, für die erst für 2009 Haushalts-
mittel aus dem Bundeshaushalt vorgesehen waren?
Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 150. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. März 2008 15803
)
)
Ur
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Die Frage der Kollegin Behm gibt mir die Gelegenheit,
auf den besonderen Erfolg der Reform der landwirt-
schaftlichen Unfallversicherung hinzuweisen. Zum 1. Ja-
nuar 2008 wurde die Möglichkeit geschaffen, Kleinren-
ten herauszukaufen. Sie wurde von Anfang an sehr rege
in Anspruch genommen. Bis Anfang März 2008 hat es
bereits 34 000 Anträge gegeben. Durch das große Enga-
gement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der land-
wirtschaftlichen Berufsgenossenschaften ist es gelungen,
dass diese Anträge mittlerweile größtenteils bearbeitet
worden sind. Über 32 000 Abfindungen wurden bewil-
ligt und ausgezahlt. Die dafür aufgewendeten Mittel in
Höhe von 600 Millionen Euro sind gut angelegt; denn
damit werden die jährlich wiederkehrenden Rentenzah-
lungen bereits heute um 70 Millionen Euro verringert.
Das wird sich voraussichtlich schon in diesem Jahr posi-
tiv auf die Beiträge zur Berufsgenossenschaft auswirken.
Die konkreten Finanzierungsfragen mussten allein
von den landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften in
enger Abstimmung mit der jeweiligen Aufsichtsbehörde
geklärt werden. Die Aufsichtsbehörden der Berufsge-
nossenschaften haben damit einen wichtigen Beitrag
dazu geleistet, dass wir die hohe Anzahl von Anträgen
zügig bearbeiten konnten. Klar ist nämlich: Je früher die
Abfindungen bewilligt und gezahlt werden können,
desto früher kann die laufende Rente entsprechend ein-
gespart werden, sodass sich das bereits im laufenden
Jahr auswirkt.
Wir haben uns ebenfalls unserer Verantwortung ge-
stellt und die für das gesamte Jahr 2008 vorgesehenen
zweckgebundenen Bundeszuschüsse in Höhe von
200 Millionen Euro bereits Ende Januar 2008 in einem
Rutsch ausgezahlt.
Soll ich Ihre zweite Frage auch gleich beantworten?
Ich rufe die Frage 47 der Kollegin Cornelia Behm
auf:
Wie wird die Bundesregierung damit umgehen, falls über
das vorgesehene Abfindungsvolumen von 650 Millionen Euro
hinaus Anträge auf Abfindung einer Kleinrente in der land-
wirtschaftlichen Unfallversicherung gestellt werden?
Ur
Frau Behm, ich teile Ihnen mit, dass die Anträge nur
so lange bewilligt werden können, wie diese 650 Mil-
lionen Euro reichen. Ein derartiges Verfahren wird übli-
cherweise als Windhundverfahren bezeichnet. Sowohl
das BMELV als auch die Berufsgenossenschaften haben
immer wieder auf die Folgen aufmerksam gemacht, die
auftreten, wenn mit den Anträgen zu lange gewartet
wird. Momentan sind noch Mittel verfügbar. Es wird je-
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Dann kommen wir zur Frage 48 des Kollegen Helmut
Lamp:
Wie beurteilt die Bundesregierung folgende Aussage des
Gutachtens des Wissenschaftlichen Beirates für Agrarpolitik
beim Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz, BMELV, unter Vorsitz von Professor
Dr. Folkhard Isermeyer: Wenn Deutschland ein Drittel seiner
Agrarfläche komplett für die Bioenergieerzeugung umwidmen
würde, so ließen sich damit beim gegenwärtigen Bioenergie-
Mix bestenfalls 20 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr einsparen
angesichts der von der Bundesregierung Bundesministerium
für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit/Arbeits-
gruppe Erneuerbare-Energien-Statistik veröffentlichten
Zahlen, nach denen bereits 2006 bei einem Anteil der agra-
risch für die Bioenergie genutzten Fläche von circa 10 Prozent
in Deutschland 45,2 Millionen Tonnen CO2 eingespart wur-
den?
Ur
Zur Frage des Kollegen Lamp möchte ich zunächst
grundsätzlich anmerken, dass es sich hier um unter-
schiedliche Berechnungsmethoden handelt. Der Wissen-
schaftliche Beirat Agrarpolitik hat sich bei seiner Kalku-
lation des Bioenergiepotenzials auf die Agrarfläche und
auf die darauf erzeugte Biomasse bezogen. Dabei
kommt der Beirat zu der Erkenntnis, dass sich bei der
Umwidmung von einem Drittel der Ackerfläche Deutsch-
lands zur Bioenergieerzeugung beim gegenwärtigen Bio-
energiemix und bei den derzeit verwendeten Technolo-
gien pro Jahr rund 20 Millionen Tonnen CO2 einsparen
ließen. Kollege Lamp, das ist die Zahl, über die wir
meistens diskutieren. Sie wissen, dass Sie die konkrete
Herleitung im Kapitel 4 des Gutachtens finden.
In den Berechnungen des Beirats ist nur die auf die-
sen Flächen nicht auf Forstflächen erzeugte Bio-
masse berücksichtigt. Es wird ferner nur Biomasse ein-
bezogen, die gezielt zur energetischen Verwertung
angebaut wird. So werden Biomasseabfälle sowie Rest-
stoffe aus der Landwirtschaft und aus der Ernährungsin-
dustrie sowie weitere Biomassesorten nicht berücksich-
tigt.
Die von der Bundesregierung für das Jahr 2006 ge-
nannte Menge an vermiedenen CO2-Emissionen in Höhe
von 45,2 Millionen Tonnen geht dagegen auf eine Be-
rechnung der Arbeitsgruppe Erneuerbare-Energien-Sta-
tistik der Bundesregierung zurück. Diese Angabe be-
zieht sich auf die gesamte Nutzung von Biomasse in
Deutschland, einschließlich der Nutzung von Holz, Ab-
fall- und Reststoffen biogener Herkunft, Deponie- und
Klärgas sowie anderer biogener Stoffe, die nicht in der
Berechnung des Beirats berücksichtigt worden sind.
Ferner betrachtet die Arbeitsgruppe Erneuerbare-Ener-
gien-Statistik im Jahr 2006 nicht die Prozesskette der
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Weitere Fragen sind leider nicht möglich.
Die Frage 50 der Kollegin Ulrike Höfken und die
rage 51 der Kollegin Dr. Kirsten Tackmann werden
chriftlich beantwortet. Damit herzlichen Dank, Frau
taatssekretärin.
Wir kommen damit zum Geschäftsbereich des Bun-
esministeriums der Verteidigung. Zur Beantwortung
er Fragen steht der Parlamentarische Staatssekretär
hristian Schmidt zur Verfügung.
Die Fragen 52 und 53 des Kollegen Alexander Bonde
erden schriftlich beantwortet.
15806 Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 150. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. März 2008
)
)
C
Frau Präsidentin, habe ich das gerade richtig verstan-
den, dass die Frage 52 des Kollegen Bonde, in der er
Auskunft darüber erbittet, in welchem Zeitraum das
Bundesministerium der Verteidigung Besuchergruppen
zu McDonalds geschickt hat, schriftlich beantwortet
werden soll?
Das haben Sie richtig verstanden. Die Frage 52 wie
auch die Frage 53 des Kollegen Bonde sollen schriftlich
beantwortet werden.
C
Ich hatte eine ökotrophologische Stellungnahme vor-
bereitet. Auf Grundlage der Expertise der Bundeswehr,
die sich im kulinarischen Bereich vor allem auf die Zu-
bereitung von Erbsensuppe und Gulaschsuppe bezieht,
wollte ich dem Kollegen Bonde einen Informationsge-
winn ermöglichen. Ich werde dies nun schriftlich tun.
Ich sehe natürlich, dass es hier im Saal ein großes In-
teresse an der Beantwortung dieser Frage gibt. Ich ver-
weise somit auf das Plenarprotokoll.
Ich rufe nun die Frage 54 des Kollegen Schäfer auf:
Bei welchen Einheiten der afghanischen Armee sind der-
zeit militärische Ausbilder bzw. Operation Monitoring and
Liaison Teams, OMLT, des deutschen ISAF-Kontingents ak-
tiv, und wie stellt die Bundeswehr dort sicher, dass im Fall ei-
nes Einsatzes des afghanischen Kontingents keine Minderjäh-
rigen eingesetzt werden?
C
Sehr geehrter Herr Kollege Schäfer, Ihre Frage beant-
worte ich wie folgt: Die als Operation Monitoring and
Liaison Teams bezeichneten Kräfte werden durch die
Bundeswehr derzeit wie folgt bei der afghanischen Ar-
mee ANA eingesetzt: je ein Team beim Stab des
209. ANA-Korps, beim Stab der 1. Brigade des
209. ANA-Korps, bei deren 1. Kandak, vergleichbar mit
einem Bataillon, sowie beim Grundausbildungs-Kandak.
Alle bisher genannten Einheiten befinden sich in Masar-
i-Scharif. Ein Team befindet sich beim 2. Kandak der
ersten Brigade in Kunduz.
Die Aufstellung der afghanischen Streitkräfte, deren
organisatorische und personelle Struktur, die Ausgestal-
tung des rechtlichen Rahmens und der Einsatz der afgha-
nischen Streitkräfte liegen in der Verantwortung der
afghanischen Behörden. Nach Kenntnis des Bundesmi-
nisteriums der Verteidigung beruft Afghanistan aus-
schließlich Volljährige ein. Zweifel und eine sich daraus
ergebende Notwendigkeit der Überprüfung der Einhal-
tung der eigenen Gesetze bestanden zu keinem Zeit-
punkt.
Ungeachtet dessen wird das Bundesministerium der
Verteidigung das Führungspersonal der Einsatzkontin-
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auf:
Richtlinien des Kinder- und Jugendplanes Rechnung, Mäd-
chen und Jungen darin [zu] unterstützen, ihre Identität zu ent-
wickeln, ihr Selbstbewusstsein [zu] stärken und sie zu befähi-
gen, ihr Leben eigenständig zu planen und selbstbestimmt
ihre Interessen zu verfolgen, Mädchen und junge Frauen so-
wie Jungen und junge Männer für einen partnerschaftlichen
Umgang [zu] sensibilisieren, ihnen die Auseinandersetzung
mit ihrer eigenen Rolle [zu] ermöglichen und sie dazu [zu] be-
fähigen, Konflikte gewaltfrei zu lösen, wenn er als Folgen
des sexuellen Missbrauches homosexuelle Neigungen de-
bar, therapierbar oder heilbar hält (Schwule können ,anders
werden, http://www.wuestenstrom.com/index.dhtml/2547d
0703064bd2035sc/-/enEN/-/CS/-/news/news/2007/200701/
ideaHUK) vor dem Hintergrund der korrekten wissenschaft-
lich begründeten Feststellung der Bundesregierung: Die
Bundesregierung vertritt weder die Auffassung, dass Homo-
sexualität einer Therapie bedarf noch dass Homosexualität ei-
ner Therapie zugänglich ist ,
und war die Bundesregierung inzwischen in der Lage, die
Website des Vereins wuestenstrom e. V. und andere Quellen
einzusehen, die von den Konversionstherapien für Homo-
Dr
Ich beantworte Ihre Frage folgendermaßen: In den
letzten Wochen haben wir vielfach zahlreiche Fragen im
Zusammenhang mit Christival schriftlich und auch
mündlich ausführlich beantwortet. Zu der jetzt gestellten
Frage will ich auf die Antworten auf die mündlichen
Fragen 32 und 33 in der Fragestunde am 13. Februar
2008 hinweisen, in denen dargelegt worden ist, dass der
Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend in der
Bundesrepublik Deutschland, AEJ, für die Durchfüh-
rung des Christival 2008, des Kongresses junger Chris-
ten vom 30. April bis 4. Mai 2008 in Bremen, ein Zu-
schuss in Höhe von bis zu 250 000 Euro aus Mitteln des
KJP, also des Kinder- und Jugendplanes, in Aussicht ge-
stellt worden ist.
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Da Sie immer ähnliche Fragen stellen, werde ich zu-
ächst einmal verdeutlichen, in welchem Zusammen-
ang das erörtert werden muss. Im Falle der Gewährung
on Fördermitteln wird die Arbeitsgemeinschaft der
vangelischen Jugend in Deutschland, die als zuständige
entralstelle mit einer gewissen Verantwortung ausge-
tattet ist, diese Mittel an den Ausrichter von Christival
008, an Christival e. V., weiterleiten. Das ist Anfang
ärz 2008 in der Antwort auf die mündliche Frage 39
ereits deutlich gemacht worden.
Zum Christival 2008. Herr Kollege Beck, Sie wissen,
ass das ein konfessionsübergreifender Kongress junger
hristen ist, der in Bremen stattfindet.
s ist die vierte Veranstaltung dieser Art seit 1976. Der
ongress hat das Ziel, junge Christen zu motivieren und
u befähigen, ihre christliche Verantwortung gegenüber
er Gesellschaft wahrzunehmen. Er soll insbesondere zu
hrenamtlicher Arbeit in Gemeinden, Kirchen und ande-
en Bereichen der Gesellschaft ermutigen. Insofern ent-
pricht die Förderung von Christival 2008 den Zielset-
ungen des Kinder- und Jugendplans. Das Christival
008 ist ein Impulsgeber für die christliche Kinder- und
ugendarbeit der kommenden Jahre. Die Erfahrungen
us vergangenen Christivals haben gezeigt, dass diese
ongresse weitreichende Impulse für die Nachhaltigkeit
on Jugendarbeit in Verbänden und Gemeinden geben.
as wird nach wie vor auch vom Christival 2008 erwar-
et.
Nach den Richtlinien des KJP für Sonder- und Groß-
eranstaltungen wird das Christival 2008 als Einzelmaß-
ahme und somit als Ganzes bezuschusst. Innerhalb die-
er Einzelmaßnahme gibt es keine gesonderte Förderung
on bestimmten Vereinen bzw. Veranstaltungsteilen. Im
uwendungsrecht ist das im Allgemeinen so üblich.
Mehrfach, zuletzt in der Antwort auf die mündliche
rage 40 in der Fragestunde vom 5. März 2008, ist aus-
eführt worden, dass es nach dem Verständnis, das die
undesregierung vom Verhältnis zwischen Staat und
reien Trägern sowie kirchlichen Gruppierungen hat,
icht Aufgabe des Staates ist, die Angebote und Web-
eiten auf weltanschauliche Auffassungen und wissen-
chaftliche Qualität des Therapieverständnisses hin zu
ewerten. Allgemein kann aber gesagt werden: Wenn
ogenannte Konversionstherapien durch Organisationen
nd Gruppierungen angeboten und beworben werden, so
önnen unterschiedliche, meist religiöse oder weltan-
chauliche Motive, die sich einem empirisch-wissen-
chaftlichen Ansatz entziehen, eine Rolle spielen. Diese,
or allem in den 60er- und 70er-Jahren häufig angebote-
en Therapien, die auf eine Änderung von gleichge-
chlechtlichem Sexualverhalten oder der homosexuellen
rientierung abzielten, werden auf der Grundlage der
rgebnisse wissenschaftlicher Untersuchungen in der
15808 Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 150. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. März 2008
)
)
Parl. Staatssekretär Dr. Hermann Kues
Fachwelt heute weitgehend abgelehnt. Zu den auf der
genannten Webseite und in anderen Quellen vertretenen
Positionen zu Konversionstherapien ist zu sagen: Sie wi-
dersprechen der von der überwiegenden Mehrheit der
Wissenschaftler vertretenen Position. Im Übrigen ver-
weise ich zum Thema Konversionstherapien auf die Be-
antwortung der Fragen 1 bis 5 der Kleinen Anfrage der
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Herr Kollege Beck, weil Sie zwischendurch versucht
haben, mich zu unterbrechen, will ich ausdrücklich sa-
gen: Die Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend
in Deutschland, über die diese Großveranstaltung abge-
wickelt wird, ist für uns ein absolut verlässlicher Veran-
stalter. Sie müssen sich damit abfinden das sage ich
ganz ausdrücklich , dass es zum Thema Homosexuali-
tät und dazu, wie man damit umgeht, in Deutschland
auch andere Auffassungen gibt als die, die Sie vertreten.
Ich glaube da schließe ich mich dem CVJM an , dass
andere Auffassungen respektiert und toleriert werden
sollten.
Nach unserem Verständnis ist es die Aufgabe eines
weltanschaulich neutralen Staates, Großveranstaltungen
zu fördern, wenn sie sich im Rahmen des Grundgesetzes
bewegen und den Zielsetzungen folgen, die ich eben be-
schrieben habe. Es kann nicht Aufgabe des Staates sein,
zu überprüfen, welche Auffassung Veranstalter, die im
Rahmen einer Großveranstaltung auftreten, im Einzel-
nen haben. Hier gibt es so etwas wie Meinungs-, Reli-
gions- und Überzeugungsfreiheit. Ich glaube, das muss
man respektieren.
Zuallererst weise ich die Kolleginnen und Kollegen,
welche sich zu Zusatzfragen gemeldet haben, darauf hin,
dass wir die Zeit für die Fragestunde schon ausgeschöpft
haben. Gleichwohl, da die Frage 55 des Kollegen Beck
aufgerufen ist, gebe ich die Möglichkeit zu zwei kurzen
Zusatzfragen. Ich bitte aber sowohl den Fragesteller als
auch den Vertreter der Bundesregierung, zu versuchen,
sich kurzzufassen. Ich ahne, dass wir uns auch in der
nächsten Sitzungswoche mit diesem Thema beschäftigen
werden. Bitte, Herr Kollege Beck.
Ich muss sagen: Hier Altbekanntes und Allgemein-
plätze zu wiederholen, die Frage selbst aber nicht zu
beantworten, ist eine Missachtung der Rechte des Parla-
ments. Es kann nicht sein, dass man den Kolleginnen
und Kollegen aus anderen Fraktionen nicht die Gelegen-
heit gibt, darauf zu reagieren.
Ich habe wenn Sie dem Link in der Frage nachge-
gangen wären, wüssten Sie das danach gefragt, ob der
Träger des Seminars 650 Tabuthema: Jungen als Opfer
sexuellen Missbrauchs von Stefan Schmidt, Marbach,
Wüstenstrom e. V., in den Augen der Bundesregierung
ein angemessener Träger ist, um potenzielle Miss-
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Dr
Herr Kollege Beck, erstens möchte ich Ihnen aus-
rücklich sagen: Wenn Sie im Verlaufe von Fragestunden
ich glaube, es ist das dritte oder vierte Mal, dass wir uns
usgiebig mit diesem Thema befassen versuchen, die-
es zugegebenermaßen komplexe Thema zu erörtern
Sie haben immer wieder neue Ansätze gesucht , müss-
en Sie auch einmal darüber nachdenken, ob dies das ge-
ignete Verfahren ist, sich damit auseinanderzusetzen.
Zweitens. Ich bleibe ausdrücklich dabei, dass ich es
icht als Aufgabe des Jugendministeriums ansehe, wenn
bsolut seriöse Veranstalter ich nenne sie noch einmal:
ie Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend und
as Christival e. V. eine Großveranstaltung durchfüh-
en
darum geht es schon und dabei verschiedene Klein-
ngebote zulassen das ist jetzt nicht zufällig entstan-
en, sondern wird sehr bewusst entschieden , im Ein-
elnen zu analysieren, welche Aspekte dort wie auch
mmer vertreten werden. Das ist meine Auffassung. So
erstehe jedenfalls ich die Aufgabe des weltanschaulich
eutralen Staates, der unterschiedliche Meinungen zu re-
pektieren hat, auch zu dem Thema, das Sie jetzt bewegt;
ch bin ja grundsätzlich gar nicht völlig anderer Mei-
ung.
Sie haben die Möglichkeit, noch eine Frage zu formu-
ieren.
Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 150. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. März 2008 15809
)
)
Wir haben die Bundesregierung gebeten, ihre Auffas-
sung zu den Angeboten dieses Vereins, die wir Ihnen
übermittelt haben, hier dem Plenum zur Kenntnis zu ge-
ben. Entspricht das Angebot von Wüstenstrom, wie es
auf der Webseite, die in der Frage zitiert wird, dargestellt
wird, dem wissenschaftlichen Erkenntnisstand, den Vor-
gaben des Kinder- und Jugendplans zur Stärkung der
Identität von jugendlichen Menschen und den Erkennt-
nissen, die die Bundesregierung noch in der Drucksache
16/8022 vertreten hat, nämlich dass Homosexualität ei-
ner Therapie nicht bedarf und auch nicht zugänglich ist?
Sie protegieren hier indirekt eine Organisation, deren
Hauptgründungszweck die Propagierung von Konver-
sionstherapien für Homosexuelle war und ist. Haben Sie
sich diese Organisation inzwischen einmal angesehen
und deren Inhalt geprüft? Was ist Ihre Beurteilung des
Inhalts?
Dr
Herr Abgeordneter, ich habe Ihnen zur Einschätzung
von Homosexualität mehrfach die Meinung der Bundes-
regierung dargelegt, die der überwältigenden Auffassung
in den zuständigen Wissenschaften seit über 20 Jahren
entspricht. Ich sage Ihnen auch, dass es nicht richtig ist,
dass die Bundesregierung bis in die Einzelheiten einer
Großveranstaltung hinein überprüft, welche Auffassun-
gen dort von Einzelanbietern vertreten werden. Das ist
Aufgabe des großen Trägers, der bundeszentralen Ein-
richtung, der Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Ju-
gend. Ich denke, nur so kann man in einem pluralen
Staat miteinander umgehen. Wir können nicht von jedem
Anbieter verlangen, dass er exakt die Meinung vertritt,
die auch von der Bundesregierung mehrheitlich vertreten
wird.
Danke, Herr Staatssekretär.
Die Fragen 56 und 57 werden schriftlich beantwortet.
Wir sind damit am Ende der Fragestunde.
Ich rufe den Zusatzpunkt 1 auf:
Aktuelle Stunde
auf Verlangen der Fraktionen der FDP und DIE
LINKE
Haltung der Bundesregierung zu den Konse-
quenzen aus dem Urteil des Berliner Verwal-
tungsgerichts zum Mindestlohn für Brief-
dienste
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege
Dr. Heinrich Leonhard Kolb für die FDP-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Ein Blick in den Kalender zeigt: Wir befinden uns noch
im Winter. Stellen Sie sich also bitte die folgende Situa-
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Der von Selbstzweifeln nicht geplagte Anführer rät,
eiterzugehen. Begründung: Im letzten Winter hat das
is auch gehalten. Andere aus der Gruppe empfehlen,
an möge sich erst einmal flach aufs Eis legen und ab-
arten, ob Tauwetter komme oder nicht.
eder vernünftig denkende und handelnde Mensch in
iesem Lande würde in einer solchen Lage ruhig, aber
ntschlossen umkehren und versuchen, so schnell wie ir-
end möglich wieder festen Boden unter die Füße zu be-
ommen.
Genau das ist die Situation, über die wir hier heute re-
en. Der Bundesarbeitsminister hat die Koalition bei den
ostmindestlöhnen auf trügerisches Eis geführt. Das
erwaltungsgericht Berlin hat es kräftig knacken lassen.
ie Union wirft sich aus Angst, einzubrechen, flach und
äuchlings auf die eisige Fläche.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition,
nsbesondere der Union: Wenn Sie wieder festen Boden
nter die Füße bekommen wollen, gibt es nur eines:
unter vom Eis! Ich fordere Sie namens der FDP-Bun-
estagsfraktion auf: Setzen Sie die Verordnung zum
ostmindestlohn außer Kraft!
enn bis zur endgültigen und rechtskräftigen Entschei-
ung schafft die vom Verwaltungsgericht verworfene
egelung unumkehrbare Fakten.
Eine Unternehmungsbefragung, Herr Kollege Steppuhn,
m Auftrag des Wirtschaftsministeriums zu der Frage,
ie viele Arbeitsplätze durch die Einführung eines Post-
indestlohns verloren gehen, hat folgendes Ergebnis ge-
racht: 30 Prozent der 113 befragten Unternehmen er-
lärten, dass sie seit der Einführung des Mindestlohns
ereits Stellen abgebaut haben. 53 Prozent der befragten
nternehmen gaben an, dass sie in den nächsten zwölf
onaten mit einem Stellenabbau rechnen. Insgesamt
ind von einem tatsächlichen oder geplanten Stellenab-
au rund 1 800 Arbeitsplätze betroffen, also jeder zehnte
rbeitsplatz. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen von
er Koalition, sind 1 800 gute Gründe, dem Mindest-
15810 Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 150. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. März 2008
)
)
Dr. Heinrich L. Kolb
lohnspuk bei den Postdienstleistungen ein sofortiges
Ende zu bereiten,
ein Mindestlohnspuk, bei dem es in Wahrheit um nichts
anderes geht, als nach der Öffnung des Marktes für Post-
dienstleistungen das Monopol der Deutschen Post mit
neuen Mitteln dauerhaft zu sichern.
Das Aufräumen beginnt also damit, dass in dem Fall,
über den das Verwaltungsgericht geurteilt hat, Konse-
quenzen gezogen werden. Die beanstandete Verordnung
muss aufgehoben werden. Es genügt mir und den um ih-
ren Arbeitsplatz fürchtenden Mitarbeitern, zum Beispiel
bei der PIN AG, insoweit nicht, wenn der sozialpoliti-
sche Sprecher der CDU/CSU, Ralf Brauksiepe,
in einem Anfall koalitionären Großmuts zwar sagt, dass
das Urteil des Berliner Verwaltungsgerichtes Konse-
quenzen für die laufenden Gesetzesprojekte der Koali-
tion haben müsse das sicher auch, Herr Brauksiepe ,
er aber im Übrigen den Bundesarbeitsminister in seiner
trotzigen Haltung nach dem Urteil zum Postmindestlohn
eher noch unterstützt.
Das, Herr Brauksiepe, war schon eine bemerkenswerte
Pirouette, die Sie heute Morgen im Frühstücksfernsehen
gedreht haben. Aber das Drehen von Pirouetten auf brü-
chigem Eis birgt die große Gefahr, sich selbst zu versen-
ken. Das sollten Sie immer bedenken.
Keinesfalls darf die Koalition, um zum eingangs ge-
prägten Bild zurückzukehren, in die als falsch erkannte
Richtung weitergehen und sich noch weiter hinaus aufs
brüchige Eis wagen. Auch für die Zeitarbeitsbranche
gelten die Feststellungen des Gerichts, dass über das
Entsendegesetz bestehende Tarifverträge nicht ausgehe-
belt werden dürfen. Dies gilt umso mehr, als es dort eine
fast hundertprozentige Tarifbindung gibt.
Die geplante Ausweitung des Entsendegesetzes und
auch die Novellierung des Gesetzes über Mindestarbeits-
bedingungen müssen, wenn sie schon nicht gänzlich ge-
stoppt werden, was an sich richtig wäre, mindestens bis
zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens bei den
Postdienstleistungen auf Eis gelegt werden, und zwar
deshalb, weil es erklärte Absicht des Bundesarbeitsmi-
nisters ist, auch in Branchen mit gültigen Tarifverträgen
hineinzuwirken und zwischen den Tarifpartnern verein-
barte Löhne zu überschreiben.
Das darf nicht sein.
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Ich fordere daher die Union auf, die Linie des Ge-
ichts nun auch politisch aufzunehmen. Mindestlöhne
ind Gift für den Wettbewerb, Mindestlöhne vernichten
rbeitsplätze, Mindestlöhne gefährden die Tarifautono-
ie.
ie Väter unseres Grundgesetzes haben mit gutem
rund festgelegt, dass der Staat sich aus der Lohnfin-
ung heraushalten muss. Dabei muss es bleiben.
Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist ein Sieg der
ernunft über die Ideologie. Dafür war und ist es aller-
öchste Zeit. Mit der Entscheidung des Verwaltungsge-
ichts, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union,
st Ihnen, um im anfänglichen Bild zu bleiben, für den
ückweg vom Eis sozusagen ein Steg gezimmert wor-
en. Sie sollten nicht zögern, diesen Weg zu gehen.
Das Wort hat der Kollege Dr. Ralf Brauksiepe für die
nionsfraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
ompliment, Herr Kolb! Karnevalistisch war das völlig
kay. Jetzt sollten wir gleichwohl zur eigentlichen Sach-
rage kommen.
Wir haben es mit einem nicht rechtskräftigen Urteil
u tun, das zu respektieren ist. Ich warne vor irgendeiner
orm von Urteilsschelte oder auch Spekulationen da-
über, wie sich dieses Verfahren weiterentwickelt. Es
ibt schon seit dem 10. März 2004 ein ähnlich lautendes
rteil eines Oberverwaltungsgerichts. Wir werden se-
en, wie die Sache vor Gericht weitergeht.
Wir müssen zwei Dinge unterscheiden. Zum einen
aben wir, sozusagen auf die Vergangenheit bezogen, ei-
en laufenden Rechtsstreit zu einem abgeschlossenen
esetzgebungs- und Verordnungsverfahren. Der Ab-
chluss dieses Verfahrens ist ja die Voraussetzung für ei-
en Rechtsstreit; denn es kann keine Klage gegen einen
eferentenentwurf geben. Wir haben zur Kenntnis zu
ehmen, dass das Gericht den Vertrag, den die vom ehe-
aligen Sozialminister von Kurt Beck initiierte Gewerk-
chaft mit einem Arbeitgeberverband geschlossen hat,
ls Tarifvertrag gewertet hat,
nders als der Tenor in der Anhörung des federführenden
usschusses war. Wir haben auch zur Kenntnis zu neh-
en, dass nach Meinung des Gerichts die Mindestlohn-
erordnung nur Nichttarifgebundene binden darf. Für
arifungebundene ist das im Übrigen unbestritten.
chon von daher wäre eine Aussetzung dieser Rechts-
Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 150. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. März 2008 15811
)
)
Dr. Ralf Brauksiepe
verordnung gar nicht geboten, weil sie unstrittig ja auch
diejenigen bindet, die über keine Tarifbindung verfügen.
Deswegen erkläre ich ganz deutlich für die CDU/
CSU-Fraktion: Es ist völlig in Ordnung, dass der Bun-
desarbeitsminister nun für die Bundesrepublik Deutsch-
land in Berufung geht, nachdem die Bundesrepublik
Deutschland in erster Instanz verloren hat.
Dass es dadurch keine aufschiebende Wirkung für die
Rechtsverordnung gibt, ist ganz selbstverständlich. Da-
rauf haben Volker Kauder, Ronald Pofalla und andere
schon hingewiesen. Es ist nicht zu kritisieren, dass die
Bundesregierung hier Berufung einlegt und es nun eine
Berufungsverhandlung geben wird.
Die Kläger können im Übrigen einstweiligen Rechts-
schutz beantragen. Auch das wissen Sie, Herr Kolb. Ich
möchte das jetzt nicht der Fraktion Die Linke auseinan-
derlegen,
aber ich denke, Sie kennen den Grundsatz der Gewalten-
teilung in einem Rechtsstaat und wissen, dass für einst-
weiligen Rechtsschutz die Gerichte zuständig sind, aber
nicht der Deutsche Bundestag und nicht die Bundesre-
gierung. Ich würde den Klägern empfehlen, diesen Weg
des einstweiligen Rechtsschutzes zu versuchen, statt sich
mit Drohungen im Hinblick auf Schadenersatzzahlungen
gegen die Bundesrepublik Deutschland zu wenden.
Von diesen Fragen im Zusammenhang mit dem abge-
schlossenen Gesetzgebungsverfahren sind natürlich die
Fragen zu laufenden Gesetzgebungsverfahren zu tren-
nen. Auch das Bundesarbeitsministerium geht davon
aus, dass es bis zu einem Urteil in einer Berufungsver-
handlung mindestens sechs Monate dauern wird. Wir
müssen ferner davon ausgehen, dass ein solches Urteil
dann noch nicht rechtskräftig ist, weil auch dagegen die
Revision möglich ist.
Für uns ist klar: Wir halten an den Verabredungen in
der Koalition fest,
die vorsehen, dass nach dem 31. März unverzüglich mit
dem Gesetzgebungsverfahren zum Arbeitnehmer-Ent-
sendegesetz und zum Mindestarbeitsbedingungengesetz
begonnen wird. Das ist klar. Daran halten wir fest.
In dieser Zeit gilt natürlich das erstinstanzliche Urteil;
denn bis zum 31. März dieses Jahres wird kein Urteil ei-
nes Berufungsgerichts vorliegen. Selbstverständlich
kann dieses Urteil bei den laufenden und anstehenden
Gesetzesvorhaben nicht ignoriert werden.
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Wir wollen die Tarifvertragsparteien stärken und sie
icht ersetzen. Das ist nicht nur die Mahnung der Rich-
er, die dieses Urteil gefällt haben, sondern das ist und
ar schon immer auch die politische Überzeugung der
DU/CSU-Fraktion. Wer wie wir tarifliche Mindest-
öhne will, der muss ein Interesse daran haben, dass
öglichst viele der Beteiligten daran mitwirken, auf der
asis freiwilliger Vereinbarungen und Verhandlungen
ine Lösung zu finden.
ie Gesetzgebung ist nicht dazu gedacht, bei Graben-
ämpfen innerhalb des Arbeitgeber- oder des Gewerk-
chaftslagers Schiedsrichter zu sein.
Dieses Urteil mahnt uns, den Gesetzgeber, dafür zu
orgen, dass Tarifverträge nicht außer Kraft gesetzt wer-
en.
eswegen muss die Botschaft lauten: Tarifpartner, rauft
uch zusammen und kommt zu gemeinsamen Lösungen!
as die Zeitarbeit betrifft, liegen die Angebote der Ta-
ifpartner nur 31 Cent auseinander. Es kann doch nie-
and ernsthaft behaupten, dass es hier keine Möglich-
eiten gäbe, sich zu einigen. Wenn in bestimmten
ranchen Unfrieden herrscht, kann die Politik keinen
rieden diktieren; auch das ist ein Ergebnis dieses Ur-
eils.
Die Arbeit der Koalition steht nicht still. Wir legen
icht die Hände in den Schoß und warten auf ein
öchstrichterliches Urteil.
ie Große Koalition wird ihren Beitrag zur Lösung der
robleme im Niedriglohnsektor leisten, die CDU/CSU-
raktion allemal. Das Gesetzgebungsverfahren wird wie
erabredet durchgeführt. Selbstverständlich werden da-
ei alle notwendigen Erkenntnisse und alle Gerichts-
rteile berücksichtigt.
Herzlichen Dank.
Für die Fraktion Die Linke hat nun der Kollege
erner Dreibus das Wort.
15812 Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 150. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. März 2008
)
)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe
Kolleginnen! Liebe Kollegen! Herr Dr. Kolb, das, was
Sie mit klammheimlicher Freude als großen Erfolg fei-
ern
auch in Zeitungen hat man lesen können, dass Sie das als
Sieg der freien Marktwirtschaft bezeichnet haben , ist
aus der Sicht unserer Fraktion nichts anderes als das Er-
gebnis eines sehr dreisten Betrugsversuches. Verantwort-
lich für den Betrug, der hier stattfindet, ist der sogenannte
Arbeitgeberverband Neue Brief- und Zustelldienste, ge-
führt von Herrn Gerster, einem Sozialdemokraten, dem
ehemaligen Minister für Arbeit und Soziales in Rhein-
land-Pfalz und dem ehemaligen Chef der Bundesanstalt
für Arbeit.
Das Bedauerliche ist, dass diesem offensichtlichen
und dreisten Betrugsversuch auch das Berliner Verwal-
tungsgericht aufgesessen ist. Bekanntlich hat der Ver-
band von Herrn Gerster im vergangenen Jahr in Köln
eine Briefkastenfirma gegründet; das ist öffentlich be-
kannt, und auch Sie, Herr Dr. Kolb, haben von Briefkas-
tenfirmen geredet.
Er hat ihr den Namen Gewerkschaft der Neuen Brief-
und Zustelldienste gegeben, sie mit Geld ausgestattet
und die Beschäftigten von Dumpingfirmen aufgefordert,
dieser Pseudogewerkschaft beizutreten. Anschließend
hat Herr Gerster mit der von ihm initiierten Scheinorga-
nisation, also faktisch mit sich selbst deshalb ist es
auch Betrug , einen Vertrag über Löhne ausgehandelt
und über diesen Vertrag das Wort Tarifvertrag ge-
schrieben. All das sind bekannte Tatsachen.
Diese Tatsachen müssten auch Sie zur Kenntnis ge-
nommen haben, Herr Meyer. Kürzlich wurde nämlich in
der ARD auf die zwielichtigen Machenschaften von
Gerster & Co. hingewiesen.
Weil all das bekannt ist, ist völlig unverständlich, dass
das Verwaltungsgericht diesen Sachverhalt nicht berück-
sichtigt hat. Hätte es ihn berücksichtigt, hätte das Gericht
relativ eindeutig feststellen müssen, dass der zwischen
dem Arbeitgeberverband Neue Brief- und Zustelldienste
und seiner Scheingewerkschaft geschlossene Tarifver-
trag null und nichtig ist
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aum war das Urteil bekannt, hat Herr Glos es als einen
ieg des Wettbewerbs gefeiert. Das heißt im Klartext:
er Minister begrüßt das illegale Treiben von Unterneh-
en, deren Geschäftsmodell auf Hungerlöhnen beruht
nd die bereit sind, mit rechtswidrigen Methoden das
eutsche Tarifvertragssystem zu zerstören. Das ist ein
kandal.
ndirekt bestärkt er diese Unternehmen das ist ein noch
rößerer Skandal , Schadensersatzforderungen an uns,
n den Staat, zu stellen und sich ihr unsoziales Treiben
amit von der Allgemeinheit bezahlen zu lassen.
Die Bundesregierung hat Herrn Glos nicht widerspro-
hen. Es sind also Zweifel daran angebracht, dass die
undesregierung in ihrer Gesamtheit Ernst macht mit
em Ziel, den Beschäftigten menschenwürdige Löhne zu
arantieren, Dumpinglöhne zu verhindern.
Eine Bemerkung sei mir noch gestattet: Wer Dum-
inglöhne verhindern will, wer Barrieren gegen Hunger-
öhne errichten will, der muss aufräumen mit dem My-
hos den auch Sie, Herr Dr. Kolb, mit Ihrer Eiswette
ieder zu illustrieren versucht haben , dass Mindest-
öhne Arbeitsplätze vernichten würden.
Tatsächlich ist es doch so, dass Mindestlöhne dafür
orgen, dass anständige Arbeit nicht mehr mit 3 oder 4
der 5 Euro die Stunde entlohnt wird, sondern dass man
on anständiger Arbeit leben kann.
ie Arbeit, die von den Unternehmen erledigt wurde, die
ehaupten, sie gerieten durch den Mindestlohn in
chwierigkeiten, werden andere Unternehmen überneh-
en, Herr Dr. Kolb. Kein einziger Arbeitsplatz ist ver-
ichtet worden.
Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 150. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. März 2008 15813
)
)
Werner Dreibus
Schlechte Arbeitsplätze sind durch wesentlich bessere
Arbeitsplätze, durch gute Arbeit ersetzt worden. An der
Zahl der Arbeitsplätze ändert sich, wenn überhaupt, rela-
tiv wenig. Doch jetzt besteht wenigstens die Chance,
dass ein Teil der Menschen, die bei Wind und Wetter
auch bei Eis ihre Post austragen, ein bisschen mehr
Gerechtigkeit und damit ein bisschen höhere Löhne be-
kommen.
Aus der Sicht unserer Fraktion ist dieser Vorgang ein
weiteres Beispiel dafür, dass allein das Setzen auf Bran-
chenlösungen das Problem von Mindestlöhnen in unse-
rem Land nicht lösen kann.
Wir brauchen einen gesetzlichen Mindestlohn als eine
allgemeine Haltelinie für alle. Wenn in einer Branche
tatsächliche Tarifvertragsparteien nicht Scheingewerk-
schaften in freien Vereinbarungen bessere Tarifver-
träge abschließen, sollen diese Branchentarifverträge für
allgemein verbindlich erklärt werden. An einem gesetz-
lichen Mindestlohn, der möglichst wie in Frankreich bei
8,44 Euro liegt, führt jedoch kein Weg vorbei.
Vielen Dank.
Das Wort hat der Parlamentarische Staatssekretär
Franz Thönnes.
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Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen!
Kollege Brauksiepe, der Beitrag des Kollegen Kolb war
gar kein so karnevalistischer Beitrag: Über Eis zu reden,
entspricht zutiefst der Kompetenz von jemandem, der
auch ansonsten in seinen sozialpolitischen Vorstellungen
eiskalt ist.
Wer hier die Tarifautonomie lobt, aber noch vor wenigen
Monaten gefordert hat, dass von Tarifverträgen abgewi-
chen werden können soll; wer es zulassen will, dass sich
die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Dum-
pinglöhnen Konkurrenz machen;
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Das Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts gibt uns,
uch wenn es sein mag, dass sich einige das wünschen,
einen Anlass zur Unruhe. Die Mindestlohnverordnung
ür Briefdienstleister ist weiterhin in Kraft, und wir sind
avon überzeugt, dass wir bei der Berufung für die Be-
tätigung unserer Rechtsauffassung sehr gute Argumente
orbringen können.
ir setzen unsere Arbeit am Arbeitnehmer-Entsende-
esetz und am Gesetz über die Festsetzung von Mindest-
rbeitsbedingungen fort.
s gibt keinen Grund, unsere Vorhaben aufzuhalten.
Das Verwaltungsgericht in Berlin hat am vergangenen
reitag die Auffassung vertreten, dass die Mindestlohn-
erordnung die Kläger in ihrer Koalitionsfreiheit und
erufsausübungsfreiheit verletzt. Eine schriftliche Ur-
eilsbegründung liegt noch nicht vor.
rst dann kann konkret ausgewertet werden, warum das
ericht zu diesem Urteil gekommen ist.
Eines ist allerdings schon jetzt offensichtlich: Die
ntscheidung des Verwaltungsgerichts widerspricht der
echtsprechung oberster Bundesgerichte. Nach der
echtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes sind
ie Klagen gar nicht zulässig, weil zwischen der Bun-
esrepublik Deutschland und den Klägern kein feststel-
ungsfähiges Rechtsverhältnis besteht.
Das Bundesarbeitsgericht hat inhaltlich bislang stets
ie Einführung von branchenbezogenen Mindestlöhnen
uf der Grundlage von Tarifverträgen für zulässig er-
lärt. Es hat ausdrücklich bestätigt, dass Mindestlöhne
ach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz zwingende
indeststandards für die gesamte Branche setzen kön-
en. Ebenso wurde klargestellt, dass von solchen Min-
eststandards weder durch Arbeitsvertrag noch durch
arifvertrag nach unten abgewichen werden kann, und
war weder von einem deutschen Arbeitgeber noch von
inem ausländischen Arbeitgeber, der Arbeitnehmer
ach Deutschland entsendet.
Wir haben sofort Berufung gegen das Urteil einge-
egt. Auf die Mindestlohnverordnung hat die Entschei-
15814 Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 150. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. März 2008
)
)
Parl. Staatssekretär Franz Thönnes
dung keine unmittelbaren Auswirkungen. Sie bleibt wei-
terhin in Kraft.
Wir wollen unseren Weg branchenspezifischer Mindest-
löhne weitergehen.
Erlauben Sie mir auch zur Erinnerung einige
grundsätzliche Bemerkungen. Die Koalition hat sich im
Sommer 2007 auf ein Konzept für branchenbezogene
Mindestlöhne auf der Basis des Arbeitnehmer-Entsende-
gesetzes oder des Mindestarbeitsbedingungsgesetzes
verständigt. Für alle standen dabei tarifvertragliche Lö-
sungen im Vordergrund. Der Gesetzgeber hält sich
zurück, während Arbeitgeberverbände und Gewerk-
schaften die für eine Branche angemessenen Arbeitsbe-
dingungen aushandeln. Die gewerkschaftliche Organisa-
tion und Verhandlungsstärke stellen dabei sicher, dass
Arbeitnehmerinteressen bei der Lohnfindung ausrei-
chend Berücksichtigung finden.
Wer jetzt fordert, der Staat solle die zu erstreckenden
Tarifverträge auf ihre inhaltliche Angemessenheit kon-
trollieren, fordert eine Tarifzensur. Das lehnen wir ab.
Unterbietende Tarifverträge können im Anwendungsbe-
reich des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes keine Wir-
kung entfalten. Sonst würde der Grundgedanke des Ge-
setzes, einheitliche Mindeststandards zu setzen, nicht
zum Tragen kommen.
Auch in der Briefdienstleistungsbranche ist die Koali-
tion den Weg der Branchenlösung zur Sicherung ange-
messener Löhne gegangen. Der Deutsche Bundestag hat
daher im letzten Jahr die Erweiterung des Arbeitnehmer-
Entsendegesetz auf diese Branche beschlossen und den
Weg für die Festsetzung eines tariflichen Branchenmin-
destlohnes freigemacht. Er hat sich dabei auch mit der
Rechtsverordnung und dem zugrunde liegenden Tarif-
vertrag befasst.
Dieses Parlament kannte den Posttarifvertrag und
wollte, dass er für allgemein verbindlich erklärt wird.
Die Entscheidung für einen solchen Mindestlohn bringt
es zwingend mit sich, dass ein Wettbewerb zu darunter
liegenden Löhnen ausgeschlossen ist. Dies gilt es nun zu
verteidigen, auch in zweiter Instanz.
Zu dem Zwischenruf: Ich halte es für keine besonders
pfiffige Geschäftsidee, Unternehmen auf Lohnzahlungen
aufzubauen, die auch auf Zahlungen der Steuerzahlerin-
nen und Steuerzahler als ergänzendem fehlenden Lohn-
bestandteil basieren.
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ass einer der Koalitionspartner an einer solchen Rege-
ung kein Interesse hat, ist allseits bekannt. Deswegen ist
s nur konsequent, dass sich auch der Vorstand der
DU/CSU hinter die Berufung gestellt hat, die wir am
reitag eingelegt haben. Trotzdem sage ich an dieser
telle schönen Dank dafür.
Alle im Parlament müssen wissen: Das Urteil des
erwaltungsgerichts Berlin wird keine unmittelbaren
uswirkungen auf die Umsetzung des Koalitionsbe-
chlusses zum Mindestlohn haben.
Am Freitag ist die Frist zur Stellungnahme zu den
ntwürfen des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes und des
indestarbeitsbedingungsgesetzes abgelaufen. Wir wer-
en die Anmerkungen jetzt auswerten und die Ressort-
bstimmung fortsetzen. Dabei muss allen klar sein, dass
ie Vereinbarungen der Koalition aus dem vergangenen
ahr nicht verhandelbar sind. Allen muss ebenso klar
ein, dass wir diese Vorhaben weiter voranbringen wer-
en, und zwar im Interesse aller Arbeitnehmerinnen und
rbeitnehmer. Damit ist auch klar: Mindestlohnfragen
ind keine Winterfragen und keine Sommerfragen, son-
ern Ganzjahresfragen; denn die Arbeitnehmerinnen und
rbeitnehmer in diesem Land wollen für gute Arbeit
ber das Jahr auch einen guten Lohn haben.
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun die
ollegin Brigitte Pothmer das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr
olb, die FDP ist doch auf der Suche nach neuen Koali-
ionspartnern. Das kann man allenthalben lesen und hö-
en.
ch kann Ihnen nur sagen: Mit Ihrer bockbeinigen Politik
um Mindestlohn und Ihrer Sozialpolitik des kalten Her-
ens wird das nicht einfacher. Hier müssen Sie sich
chon ein bisschen bewegen; das kann ich Ihnen nur ra-
en.
Die Union ist in Sachen Mindestlohn tief gespalten.
err Brauksiepe, darüber kann auch Ihre Rede nicht hin-
Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 150. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. März 2008 15815
)
)
Brigitte Pothmer
wegtäuschen. Sie versuchen, falsche Tatsachen vorzu-
spiegeln. Das lässt sich bei der Lektüre der Pressemittei-
lungen eindeutig verfolgen. Die CDU-Spitze und Frau
Merkel haben sich, wenn auch verhalten, hinter den
Postmindestlohn gestellt. Das hat Herrn Glos wahrlich
nicht besonders beeindruckt. Auch Herr Meyer hat sich
als Repräsentant des Wirtschaftsflügels dadurch nicht
den Mund verbieten lassen. Herr Glos hat dieses Urteil
als einen Sieg gegen den Mindestlohn gefeiert. Daher
kann man nicht darüber hinwegsehen, dass es in dieser
Frage in der CDU keine gemeinsame Linie gibt. Ganz
offensichtlich sind die Koalitionsabsprachen das Papier
nicht wert, auf dem sie stehen.
Bei der Auseinandersetzung, die jetzt geführt wird,
geht es in Wahrheit gar nicht um das Berliner Urteil.
Dieses Urteil wird instrumentalisiert. Herr Brauksiepe,
sagen Sie einmal ehrlich, warum in ein laufendes Ge-
setzgebungsverfahren ein Urteil einbezogen werden soll,
das höchst fragwürdig und nicht rechtskräftig ist. Welche
Vorstellungen haben Sie denn von Gesetzgebungsver-
fahren?
In Wirklichkeit geht es um eine fundamental unter-
schiedliche Bewertung des Themas Mindestlohn. Es
geht nicht um irgendeine tarifliche Festlegung, sondern
grundsätzlich um die Frage des Sozialstaatsverständnis-
ses.
Wenn der Wirtschaftsaufschwung, wie es derzeit der
Fall ist, bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern
nicht ankommt, wenn die Gewinnausschüttung bei den
30 DAX-Unternehmen in diesem Jahr um 20 Prozent auf
28 Milliarden Euro angestiegen ist und wenn gleichzei-
tig die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Reallohn-
verluste in Höhe von 1,2 Prozent zu verzeichnen haben,
dann kann man sich hier nicht hinstellen und sagen:
Beim Mindestlohn braucht die Regierung nicht tätig zu
werden.
Bei den 1,2 Prozent Reallohnverlust handelt es sich um
einen Durchschnittswert. Die unteren Einkommen haben
überproportional verloren. Herr Kolb, nichtsdestotrotz
stellen Sie sich hier hin und reden gegen einen Mindest-
lohn.
Entschuldigung, in vielen europäischen Ländern ist es
bewiesen, dass ein Mindestlohn die Probleme löst sowie
zusätzliche und bessere Arbeitsplätze schafft.
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Ein Mindestlohn ist eine Art Unterpfand dafür, dass
ie Gesellschaft es mit dem Sozialstaatsgebot und der
ozialen Gerechtigkeit ernst meint. Das dürfen wir nicht
ufs Spiel setzen.
Die Große Koalition hat dieses große Gerechtigkeits-
hema an den Rand des Abgrundes bugsiert; das muss
an einfach feststellen.
ie hat sich in dieser Sache durch ihr Gezänk, durch fal-
che Zusagen, die nicht eingehalten worden sind, und
urch eine grundsätzliche Unfähigkeit zur Einigung dis-
ualifiziert.
Ich kündige Ihnen deshalb an, dass wir diese Ver-
chleppungstaktik nicht weiter mitmachen werden.
enn Sie nicht subito diese Gesetzentwürfe selber ein-
ringen, dann werden wir es an Ihrer Stelle tun
nd im parlamentarischen Verfahren herausfinden, ob es
robleme gibt.
iese Probleme werden dann identifiziert und, wenn nö-
ig, ausgeräumt werden. Anschließend werden wir hier
m Bundestag sehen, wo die parlamentarischen Mehrhei-
en in Sachen Mindestlohn zu finden sind.
ann kommt es zum Schwur über das Wohl und Wehe
er sozialen Marktwirtschaft. Die Union brüstet sich im-
er damit, quasi Geburtshelfer der sozialen Marktwirt-
chaft gewesen zu sein. Ich sage Ihnen eines: Derzeit
ebärden Sie sich mehr als Totengräber der sozialen
arktwirtschaft. Ludwig Erhard, der arme Knabe,
ürde sich im Grabe umdrehen.
Ich danke Ihnen.
Für die Unionsfraktion hat nun der Kollege Gerald
eiß das Wort.
15816 Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 150. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. März 2008
)
)
Gerald Weiß (CDU/CSU):
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
Herren Kollegen! Frau Pothmer ist eine ernst zu neh-
mende Diskussionsteilnehmerin. Deshalb verdient sie
noch etwas Aufklärung. Dies gilt für die FDP allemal,
Herr Dr. Kolb. Sie haben gesagt, Herr Dr. Brauksiepe
habe ein nicht rechtskräftiges Urteil instrumentalisiert.
Er hat selbst davon gesprochen, dass es nicht rechtskräf-
tig sei. Urteilsschelte ist jetzt nicht angezeigt, auch nicht
Spekulationen oder ein früher und falscher Triumph.
Der Mindestlohn für Briefdienste bleibt intakt. Alle
früheren Verordnungen auf Basis des ersten Mindest-
lohngesetzes, das es in Deutschland gab, des Blümschen
von 1995, dem auch die Partei von Herrn Dr. Kolb zuge-
stimmt hat
Sie nicht, aber Ihre Partei , bleiben in Kraft. Aber
Brauksiepe hat doch recht, wenn er sagt: Wenn das Ur-
teil jetzt eine Wirkung haben kann, dann ist es die: Im
Hinblick auf die jetzt in Arbeit befindlichen Gesetze
zum Mindestlohn das Arbeitnehmer-Entsendegesetz
auf der einen und das Mindestarbeitsbedingungengesetz
auf der anderen Seite muss es das Signal geben, dass
wir glasklare, eindeutige und rechtlich unzweifelhaft be-
lastbare Normen schaffen.
Daraus ist eine gewisse Folgerung für die Gesetzge-
bungsarbeit ganz in dem Sinne zu ziehen, wie es die Ko-
alition beschlossen hat: Sie hat beschlossen, dass wir für
alle nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz künftig
fixierten Mindestlöhne zweifelsfrei klären, dass sie für
Tarifverträge von Ausländern wie von Inländern gelten.
Wäre dies infrage gestellt ich mache einmal dieses Ge-
dankenspiel , könnten wir uns die gesamte Gesetzge-
bung im Zusammenhang mit dem Entsendegesetz schen-
ken. Dann wären wir nicht bei der Problemlösung,
sondern beim Kern des Problems, weil wir ruinöse Dum-
pinglöhne und schmutzigen Wettbewerb in Deutschland
nicht beherrschen könnten.
Aber dafür sind die Entsenderichtlinie und das Entsende-
gesetz doch gemacht.
Jetzt werden wir ein novelliertes und modernisiertes
Entsendegesetz gestalten. Wenn Tarifverträge Vorfahrt
vor den Festlegungen nach dem Entsendegesetz und vor
dem Mindestlohn hätten, dann kämen morgen ein rumä-
nischer Tarifvertrag, übermorgen ein tschechischer und
überübermorgen ein polnischer zum Zuge. Wir hätten
dann genau das, was wir nicht wollen: Dumpinglohn-
wettbewerb in Deutschland. Das wollen wir verhindern.
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ir wollen die freie Lohnfindung durch die Tarifpar-
eien nicht durch Maßnahmen des Staates ersetzen. Wir
ollen ihr gerade wieder Geltung verschaffen, die Tarif-
utonomie also nicht schwächen, sondern sie stärken.
as ist angesagt, und deshalb legen wir diese beiden Ge-
etzentwürfe vor.
Herzlichen Dank.
Für die FDP-Fraktion hat nun die Kollegin Gudrun
opp das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Herren und
amen! Nach den durchweg sozialdemokratischen Red-
ern aus den Koalitionsfraktionen
ird es Zeit, den Blick genau auf das Problem zu lenken.
s kommt nämlich nicht darauf an, größte Wohltaten zu
erteilen, sondern darauf, zu sagen, was eigentlich eis-
alt ist.
ir als FDP-Bundestagsfraktion empfinden es als eis-
alt, dass es Ihnen egal ist, wenn bei den Wettbewerbern
er Deutschen Post AG 1 800 Arbeitsplätze konkret in
efahr sind.
Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 150. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. März 2008 15817
)
)
Gudrun Kopp
Nehmen Sie einfach einmal zur Kenntnis, dass der
Durchschnittsmindestlohn in Europa bei etwa 3,50 Euro
liegt.
Dabei gibt es flexible Arbeitsmarktregeln. Aber das soll
für uns doch überhaupt kein Maßstab sein;
wir möchten vielmehr ein auskömmliches Mindestein-
kommen,
aber keine Mindestlöhne, weil wir davon überzeugt sind,
dass Mindestlöhne marktwirtschaftlich maximaler Un-
sinn sind, weil sie Arbeitsplätze kosten.
Wir werden nicht müde zu betonen, dass endlich der
wirtschaftliche Sachverstand Einzug halten sollte.
Ich fand schon interessant zu lesen, was Bundeswirt-
schaftsminister Glos gesagt hat
er wurde eben schon einmal zitiert , als das Urteil be-
kannt wurde. Er hat nicht nur gesagt, das sei ein Sieg für
den Wettbewerb, sondern er hat auch gesagt, das Urteil
zeige, dass Mauscheleien vor Gericht keinen Bestand
hätten. Ich kann Ihnen nur sagen: An diesen Mausche-
leien und an der Wettbewerbsverhinderungspolitik war
die Union entscheidend beteiligt. Jetzt schlägt sie sich in
die Büsche
und versucht, darzustellen, dass einige nicht daran betei-
ligt waren. Mit Blick auf die Deutsche Post AG ist dieser
weltweit höchste Mindestlohn von 9,80 Euro Ausdruck
einer reinen Günstlingswirtschaft.
Es handelt sich um eine reine Sicherung des Postmono-
pols. Das kann nicht das Anliegen von uns allen hier im
Deutschen Bundestag sein.
Ich will Ihnen kurz darstellen, dass die PIN Group für
das Jahr 2008 mit Mehrkosten von 35 bis 45 Millionen
Euro wegen dieses Postmindestlohns rechnet. Sie wissen,
dass die 120 Einzelgesellschaften mit ihren 11 000 Mit-
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as ist ein weiterer Faktor, der wettbewerbsverzerrend
irkt, und zwar in großem Stil.
ie müssen bedenken, dass Banken, öffentliche und pri-
ate Körperschaften Kommunen, Stiftungen und Kir-
hen sowie Privatverbraucher nicht vorsteuerabzugbe-
echtigt sind; sie machen 50 Prozent des gesamten
riefaufkommens aus. Das bedeutet für den Staat einen
roßen Steuerausfall.
Die FDP-Bundestagsfraktion hat die Bundesregie-
ung gefragt, wie hoch dieser Steuerausfall zu beziffern
ei. Es wäre doch interessant, zu wissen, wie hoch die
teuereinnahmen sind, auf die der Staat zugunsten der
eutschen Post AG verzichtet.
nser Finanzexperte Dr. Hermann Otto Solms hat zur
ntwort bekommen, dass die Bundesregierung darauf
eine Antwort geben könne, weil das dem Steuerge-
eimnis unterliege.
as finde ich sehr interessant: Die Bundesregierung be-
üßigt sich nicht einmal, diese wichtige Frage zu beant-
orten.
Es gibt aber ein WIK-Gutachten, das die Summe des
teuerausfalls mit 500 Millionen Euro beziffert. Ich
inde, das ist eine Größenordnung, die nicht zu vernach-
ässigen ist.
500 Millionen Euro pro Jahr.
Deshalb fordern wir Sie auf, das Mindestlohndiktat zu
eenden.
ir fordern Sie auf, den Mitbewerbern am Postmarkt
ine Chance zu geben, sich mit ihren Beschäftigten über-
aupt auf dem Markt zu positionieren; das geht nur ohne
en Monopolschutz, den Sie mit dem Postmindestlohn
rwirkt haben. Wenden Sie von diesen Unternehmen
chaden ab! Wischen Sie nicht deren Klagen vom Tisch!
15818 Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 150. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. März 2008
)
)
Gudrun Kopp
Sehen Sie vor allem bei diesem Urteil von einer Beru-
fung ab! Sorgen Sie dafür, dass der Wettbewerb eine
Chance hat!
Das Gelächter zeigt natürlich, dass es bis auf die Frak-
tion der FDP keine Fraktion im Deutschen Bundestag
gibt, die überhaupt noch weiß, was soziale Marktwirt-
schaft und Wettbewerb bedeuten.
Kollegin Kopp, kommen Sie bitte zum Schluss.
Vielen Dank.
Für die SPD-Fraktion hat nun die Kollegin Andrea
Nahles das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Es ist wirklich erschreckend, dass die FDP die
Zeichen des Klimawandels heute wieder massiv falsch
einschätzt;
denn keinesfalls bewegt sich die Große Koalition mit ih-
ren Plänen für einen Mindestlohn auf dünnem Eis, son-
dern das tun die Gegner der Mindestlohnregelung. Man
muss sich nur die Headlines der Wirtschaftsteile in den
Zeitungen der Republik anschauen:
Berliner Handwerker fürchten Lohndumping
Zwei Drittel der Betriebe sprechen sich für gesetzli-
che Untergrenzen aus.
Im Handelsblatt steht:
Die meisten Top-Manager aber lässt das Thema
kalt. Vier von fünf Führungskräften sagen: Gesetz-
liche Lohnuntergrenzen haben keine Konsequenzen
für Unternehmen.
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Deswegen gilt unsere Linie weiterhin, und wir müssen
die folgende Botschaft ganz klar vermitteln: Es bleibt
beim Postmindestlohn, und es werden weitere Branchen
folgen.
Vielen Dank.
Für die Fraktion Die Linke hat nun die Kollegin
Dagmar Enkelmann das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sie ge-
statten, dass ich bei diesem Stand der Debatte doch ein
kurzes Fazit ziehe:
Erstens. Das Urteil des Verwaltungsgerichts macht
sehr deutlich, dass der Weg über das Entsendegesetz
nicht der glücklichste Weg ist und dass es auf keinen Fall
der alleinige Weg sein kann.
Zweitens. Ich habe mit großem Erstaunen Ihre Reden,
Kollege Weiß und Kollege Brauksiepe, zur Kenntnis ge-
nommen. Ich kann mich noch an ganz andere Reden von
Ihnen erinnern. Sie haben offenkundig dazugelernt. Es
ist ja auch gar nicht schlecht, dazuzulernen. Sozialdemo-
kratisch, Frau Kopp, war das allerdings noch lange nicht.
Dafür muss wahrscheinlich noch ein bisschen mehr ge-
tan werden.
Drittens. Der Arbeitsminister das sollte man so
deutlich sagen, Kolleginnen und Kollegen von der
SPD befindet sich auf dem Holzweg, wenn er glaubt,
damit in der Bundesrepublik flächendeckend existenzsi-
chernde Löhne durchsetzen zu können. Das ist genau
nicht der Weg. Dazu brauchen wir einen gesetzlich ga-
rantierten Mindestlohn.
Den schaffen wir auf dem von ihm vorgesehenen Weg
nicht.
Ich will auf ein paar Fakten aufmerksam machen.
6,5 Millionen Menschen in Deutschland arbeiten zu
Niedriglöhnen. 2,5 Millionen Menschen in Deutschland
haben ein Einkommen, das um 50 Prozent unter dem
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Ach, hören Sie damit doch einmal auf! Das ist langsam
bgegriffen.
Es ist auch eine Tatsache, dass es sich dabei in der
ehrheit nicht um Menschen handelt, die keine Berufs-
usbildung haben. 60 Prozent derer, die zu Niedriglöh-
en arbeiten, haben eine abgeschlossene Berufsausbil-
ung. Ein Problem dabei ist auch: Wenn man einmal im
iedriglohnbereich ist, kommt man nur sehr schwer
ieder heraus. Deshalb ist darüber zu reden: Was bedeu-
et das in der Konsequenz zum Beispiel für die Alterssi-
herung der Betroffenen?
Eines macht diese Debatte aber auch deutlich: In die-
em Haus gibt es sehr wohl eine politische Mehrheit,
ämlich eine politische Mehrheit für einen gesetzlich ga-
antierten Mindestlohn.
iebe Genossinnen und Genossen von der SPD, gebt
ndlich eure Blockadehaltung auf! Sorgt im Interesse der
etroffenen endlich dafür, dass wir gemeinsam die poli-
ische Mehrheit, die es hier gibt, auch in Politik umset-
en!
Die Linke hat Ihnen inzwischen dreimal Vorschläge
orgelegt. Die haben Sie tapfer abgelehnt. Wenn Sie es
irklich ernst mit einer ernsthaften Auseinandersetzung
it der Linken meinen, dann sollten Sie endlich damit
nfangen. Der Mindestlohn ist ein Thema, das wir gern
afür wählen. Unterschriftenkampagnen im Wahlkampf
ind kein Ersatz für Politik, schon gar nicht für verlässli-
he und seriöse Politik. Politik wird hier in diesem Bun-
estag gemacht und nicht auf den Marktplätzen.
Wir werden uns garantiert wieder sprechen. Ich freue
ich sehr auf die Auseinandersetzung im nächsten
ahlkampf. Erklären Sie den Bürgerinnen und Bürgern
n diesem Land doch einmal, warum das, was in 20 EU-
taaten geht, nämlich die Einführung eines gesetzlichen
indestlohns, ausgerechnet in Deutschland nicht geht.
15820 Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 150. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. März 2008
)
)
Dr. Dagmar Enkelmann
Sie wissen sehr wohl, dass das nicht stimmt. Ich kann
Ihnen gern die Liste zeigen.
Es ist also eine Mär, dass Arbeitsplätze vernichtet wer-
den. Das haben andere europäische Staaten bewiesen. Es
gibt unter anderem von Verdi Berechnungen, dass im
Gegenteil sogar Arbeitsplätze geschaffen werden kön-
nen. Verdi geht von etwa 70 000 Arbeitsplätzen aus, die
so geschaffen werden könnten.
Die Linke fordert einen dualen Mindestlohn. Das ist
von meinem Kollegen schon erklärt worden. Ein gesetz-
licher Mindestlohn ist die Untergrenze. Dort, wo in ande-
ren Branchen tatsächlich höhere Mindestlöhne vereinbart
wurden, sind diese gesetzlich zu sanktionieren. Wir wol-
len eine stufenweise Einführung. Wir wollen zeitlich be-
fristete begleitende Maßnahmen, insbesondere für kleine
und mittelständische Unternehmen. Analog zu Großbri-
tannien wollen wir einen Mindestlohnrat, der sich aus
Vertretern der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, der
Arbeitgeber und der Gewerkschaften zusammensetzt.
Dieser Rat soll Empfehlungen für die Entwicklung des
Mindestlohns und für eine jährliche Anpassung des Min-
destlohns abgeben.
In Sachen Mindestlohn ist es längst fünf nach zwölf.
Handeln Sie! Von Arbeit muss man leben können. Ich
denke, das ist sehr zeitgemäß.
Danke.
Für die Unionsfraktion hat nun der Kollege Paul
Lehrieder das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten
Damen und Herren! Die letzten Wochen haben uns was
Koalitionsmöglichkeiten und Ampeln aller Farbkombi-
nationen angeht ziemlich abgehärtet.
Aber dass Linke und Liberale in trauter Zweisamkeit
eine Aktuelle Stunde beantragen, ist eine Variante mit
Fantasie.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition,
machen Sie sich trotzdem keine Hoffnungen. FDP und
Linke sind aus gutem Grund im Plenum weit voneinan-
der getrennt;
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lle Mindestlöhne in Deutschland sind unter Mitwir-
ung der Union zustande gekommen. Ob man darauf
tolz ist oder das zum Teil bedauert, muss jeder selbst se-
en.
Meine Damen und Herren, beides ist nicht reali-
ätstauglich. Echte Politik muss gestalten und auch lernen
önnen. Das zeigt sich gerade an der Mindestlohndebatte
nd auch an der Entscheidung des Verwaltungsgerichts
erlin zum Post-Mindestlohn. Das Bundesministerium
ür Arbeit hat gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts
erlin Berufung eingelegt. Auch wenn die Entscheidung
es Verwaltungsgerichts möglicherweise am Ende keinen
estand haben sollte, so können auf diese Weise auch im
inne der Tarifautonomie Fragestellungen geklärt wer-
en, die bisher nicht hinreichend berücksichtigt worden
ind.
Frau Pothmer, im Gegensatz zu Ihnen bin ich der
uffassung, dass die Erwägungen in einem Rechtsver-
ahren in einem Verfahren der Gerichte sehr wohl
uch für uns zur Aufklärung beitragen können und dass
an diese Erwägungen mitberücksichtigen sollte.
Schauen wir uns das Urteil und seine bereits bekann-
en Gründe zunächst in Ruhe an: Laut Entsendegesetz
erden von einem für allgemeinverbindlich erklärten
arifvertrag grundsätzlich nur jene Arbeitnehmer und
rbeitgeber erfasst, die unter diesen Tarifvertrag fallen
der nicht anderweitig tariflich gebunden sind.
Das Arbeitnehmer-Entsendegesetz kannte das Pro-
lem der konkurrierenden Gewerkschaften noch nicht.
arifkonkurrenz war damals noch kein Thema. Der Ent-
urf zur Änderung des Entsendegesetzes sieht nunmehr
ach dem sogenannten Repräsentationsprinzip vor, den-
enigen Tarifvertrag für allgemein verbindlich zu erklä-
en, der die meisten Arbeitnehmer organisiert. Große
ewerkschaften würden so allerdings begünstigt, klei-
ere an die Wand gedrängt. Hier ist sorgfältig zu prüfen,
b dies mit der Tarifautonomie und insbesondere mit
rt. 9 Abs. 3 des Grundgesetzes noch vereinbar ist, wer-
en doch autonom getroffene Vereinbarungen zwischen
arifparteien durch derartige Bestimmungen überlagert
nd ausgehebelt.
Eine abschließende und grundsätzliche Klärung die-
er Fragen halte ich deshalb für dringend erforderlich.
Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 150. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. März 2008 15821
)
)
Paul Lehrieder
Auf dieser Grundlage können dann von der Politik neue
Schlüsse gezogen werden.
Der neue Entwurf zum Entsendegesetz ist zwar auf
einem guten Weg. Da er sich aber noch in der Abstim-
mung zwischen den Ministerien befindet, ist er natürlich
auch noch verbesserungsfähig.
Ich bin deshalb sicher, dass alles getan werden wird, mit
der jetzigen Situation vergleichbare rechtliche Kompli-
kationen, etwa bei der Einbeziehung der Zeitarbeit, zu
vermeiden. Sicherlich müssen wir auch hier eine Lösung
für das Problem der Tarifkonkurrenz finden. Das wird
uns das Verfahren mit Sicherheit als Hausaufgabe mitge-
ben, dass wir dieses Problem vernünftig lösen, bevor wir
weitere Branchen ins Arbeitnehmer-Entsendegesetz ein-
beziehen.
Das ändert aber am Sinn des Arbeitnehmer-Entsende-
gesetzes und an der Aushandlung tariflicher Mindest-
löhne nichts.
Für die Union haben der Schutz der Tarifautonomie und
fairer Wettbewerb Vorrang vor staatlicher Lohnfestset-
zung. Es ist auch unser Ziel, mit dem bisherigen Vorge-
hen in Bezug auf tarifliche Mindestlohnvereinbarungen
die Tarifpartner zu stärken. Wir wollen sie nicht erset-
zen.
Herr Dreibus, da Sie hier vorhin einen flächendecken-
den gesetzlichen Mindestlohn verlangt haben, weise ich
darauf hin, dass vor wenigen Stunden hier im Rahmen
der Fragestunde Ihre Kollegen Alexander Ulrich und
Diether Dehm die Tarifautonomie im Fall der Rechtspre-
chung des Europäischen Gerichtshofs unter anderem zu
den Fällen Viking und Vaxholm reklamiert haben.
Das heißt, auf der einen Seite verlangen Sie Tarifautono-
mie; auf der anderen Seite sagen Sie, die Tarifvertrags-
parteien könnten das nicht regeln, wir als Gesetzgeber
müssten das machen. Das passt nicht zusammen.
Meine Damen und Herren, wir fühlen uns der Tarif-
autonomie verpflichtet. Wir müssen gründlich prüfen, ob
die Bedingungen für tarifliche Mindestlöhne tatsächlich
erfüllt sind. Dazu gehört zunächst das Kriterium, nach
dem mindestens 50 Prozent der Beschäftigten von der Ta-
rifregelung abgedeckt sein müssen. Ich lege ausdrücklich
Wert auf die Feststellung, dass es hier um tariflich verein-
barte Löhne und nicht um einen vom Bundesgesetzgeber
oder von einer wie auch immer gearteten Kommission
festzulegenden flächendeckenden Lohn geht.
Wenn Sie immer das Beispiel Frankreich bringen,
müssen Sie auch berücksichtigen: In Frankreich ist der
flächendeckende gesetzliche Mindestlohn mit 8,44 Euro
nur deshalb von allen Unternehmen zu zahlen, weil der
Staat den Unternehmen immerhin circa 20 Milliarden
Euro zuschießen kann, sodass zu diesen Konditionen
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15822 Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 150. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. März 2008
)
)
Josip Juratovic
Es wurde schon erwähnt: Die meisten Handwerker
haben bereits erkannt, dass ein Mindestlohn für sie Vor-
teile bringt. Im kommenden Jahr soll der deutsche Ar-
beitsmarkt für die Arbeitnehmer aus den neuen EU-Mit-
gliedstaaten in Mittel- und Osteuropa geöffnet werden.
Nur die Einführung allgemein verbindlicher Mindest-
löhne kann verhindern, dass die Arbeitnehmer aus die-
sen Ländern für extrem niedrige Löhne bei uns arbeiten.
In Großbritannien dürfen bereits heute Arbeitnehmer
aus diesen neuen EU-Ländern arbeiten. Großbritannien
hat, wie die meisten anderen EU-Staaten, einen Mindest-
lohn eingeführt. Die Mindestlohnkommission in Groß-
britannien beschreibt in ihrem letzten Bericht, dass der
Mindestlohn eine Erfolgsstory ist. Durch Mindestlöhne
werden weder Arbeitsplatzabbau noch Arbeitsplatz-
flucht begründet. Wohin soll denn der Arbeitsplatz des
Friseurs, der Floristin oder der Bedienung im Restaurant
verlagert werden? Es geht doch hauptsächlich um
Dienstleistungen, die in unserem Land, vor unserer
Haustür, erbracht werden.
Mindestlohn bedeutet auch mehr Einkommen und so-
mit bessere Leistungen unserer maroden Sozialversiche-
rungssysteme. Gerade die Rentner müssen zum wieder-
holten Male um ihre Rentenerhöhung bangen, weil die
Lohnzuwächse durch Niedriglöhne zu gering ausfallen
werden und die Rentenerhöhung von durchschnittlichen
Lohnzuwächsen abhängig ist.
Nicht zuletzt hat der Mindestlohn auch etwas mit der
Menschenwürde zu tun. Der Lohn ist nicht nur Wert-
schätzung der geleisteten Arbeit, sondern er ist auch mit
Wertschätzung für die Menschen verbunden. Womit ver-
dient ein Manager das Hundertfache des Lohns eines
Facharbeiters?
Gerade im Niedriglohnbereich ist die Situation nie-
derschmetternd. Über 1 Million Menschen in Deutsch-
land gehen täglich zur Arbeit, schuften Stunde um
Stunde in einem Vollzeitjob und müssen am Ende des
Monats zum Sozialamt. Sie müssen trotz anständiger Ar-
beit betteln, um ihre Familien über die Runden zu brin-
gen. So etwas darf nicht sein. Woher soll die Motivation
dieser Arbeitnehmer für ihre Arbeit kommen, vor allem
dann, wenn sie feststellen müssen, dass sie über Sozial-
leistungen mehr Geld als durch Arbeit erhalten? Dies ist
beschämend für unser Land.
Es ist Zynismus pur, die Armut von 2,6 Millionen
Kindern zu beklagen, Steuergelder für die Leidminde-
rung auszugeben und gleichzeitig ihre Eltern für einen
Hungerlohn arbeiten zu lassen.
Deshalb ist es in unserem Land höchste Zeit, zu begrei-
fen, dass der Mindestlohn keine Gefahr, sondern Aus-
druck von Fairness und eine Chance für unsere Volks-
wirtschaft ist.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
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Ich finde die nassforsche Art Ihres Vortrags nicht
anz passend. Mir tut es als Mitglied einer Fraktion, die
ie Regierung stützt, schon weh, wenn der Arbeitsminis-
er bei seinem ersten großen Projekt zu schnell und über-
astet agiert, statt zu prüfen, welche Situation sich auf
er Basis eines neuen Tarifvertrages ergibt.
as Parlament konnte dies nicht tun; denn er lag bei der
erabschiedung des Gesetzes noch nicht vor. Vor der
erordnung, die Sie erlassen haben, hätten Sie aber die
unkte, die jetzt beklagt werden, prüfen müssen.
ie haben überhastet gehandelt. Jetzt dürfen Sie nicht so
un, als sei nichts gewesen.
Ich als Abgeordneter einer Regierungskoalition finde
s nicht schön, dass einer unserer Minister vom Gericht
escheinigt bekommt, dass der Post-Mindestlohn nicht
echtmäßig ist.
Der Postsektor ist übrigens ein ganz besonderer Be-
eich. Wir reden von sozialer Marktwirtschaft, wir reden
on Managergehältern und wir reden von Liechtenstein.
ber wir reden nicht davon, dass das sozialpolitische
rgument für die Einführung eines Mindestlohns zum
eil von Unternehmern missbraucht wird, um Wettbe-
erb zu verhindern und unsere soziale Marktwirtschaft
uszuhebeln.
s ist besonders pikant, dass bei der Post zwei von drei
aktoren, die ich eben genannt habe Liechtenstein und
Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 150. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. März 2008 15823
)
)
Laurenz Meyer
die Verhinderung des Wettbewerbs , zusammenkom-
men.
Wenn in der Öffentlichkeit Tarifvertragsparteien in
Zweifel gezogen werden dies geschieht im Hinblick
auf die Rechtsposition der von den Postwettbewerbern
neu gegründeten Gewerkschaft , dann kann man da-
rüber durchaus diskutieren. Aber ich würde die Rechts-
position des Arbeitgeberverbandes Postdienste genauso
in Zweifel ziehen. Das ist ein Arbeitgeberverband, der
ausschließlich dazu da ist, die Monopolsituation der Post
und ihrer Anhängsel zu unterstützen.
Wenn sich die Gerichte die Tariffähigkeit ansehen,
dann sollten sie sich das Vorgehen auf allen Seiten an-
schauen. Ich halte es für pervers, dass ein Monopolunter-
nehmen einen eigenen Arbeitgeberverband gründet und
daraufhin die Konkurrenten ihre eigene Gewerkschaft
gründen. Ich habe das hier schon einmal vorgetragen
und bitte das Arbeitsministerium, das mit einzubeziehen.
Es ist klar geworden das will ich wiederholen : Wir
werden unsere Hand nicht dazu reichen, existierende Ta-
rifverträge per Gesetzgebung zu brechen. Das ist doch
die Position, die wir hier einnehmen. Sie ist anhand des
jetzt vorliegenden Gerichtsurteils zu überdenken.
Ich stelle fest: Wir sind für die Regelung in Bezug auf
Mindestlöhne, so wie wir sie verabredet haben, um
Dumpinglöhne und soziale Verwerfungen zu verhindern,
die insbesondere durch Druck aus dem Ausland entste-
hen und zum Teil auch im Inland existieren. Aber das
Entsendegesetz ist kein Mittel für Wettbewerbsregulie-
rungen im Inland, sondern ein Mittel, um Dumpinglöhne
von Unternehmen aus dem Ausland zu verhindern; das
muss hier klipp und klar gesagt werden.
Frau Nahles, Sie haben gesagt ich fand es toll, dass
Sie das vorgetragen haben : Vier von fünf Unterneh-
mern und Arbeitgebern haben keine Angst vor Mindest-
löhnen. Dazu passt das Märchen, das gerade vorgetra-
gen worden ist, dass in Deutschland flächendeckend zu
niedrige Löhne bzw. Hungerlöhne gezahlt würden. Das
ist ein Ammenmärchen,
wie uns die Bundesagentur für Arbeit in einem Gutach-
ten gezeigt hat. Ganze 60 000 alleinstehende Vollbe-
schäftigte wären von dieser Mindestlohnregelung, von
einem Mindestlohn von 7,50 Euro, betroffen.
Das sollte man einmal klarziehen. Alle anderen kommen
nicht aus dem ALG-II-Bezug heraus. Vier von fünf Ar-
beitgebern haben aber deshalb keine Angst vor Mindest-
löhnen, weil sie ordentliche Löhne zahlen.
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ie jetzt möglicherweise alle arbeitslos sind. Keine Rolle
aben übrigens auch bei der Linken nicht die Unter-
ehmen in Sachsen gespielt, die gerade gestern Konkurs
aben anmelden müssen. Keine Rolle haben die Ver-
raucher gespielt, die anschließend höhere Preise zu
ahlen haben. Keine Rolle haben diejenigen gespielt, die
urch den Wettbewerb ausgehebelt werden sollen.
Deswegen sage ich ganz klar: Auch in diesem Fall
Herr Thönnes, bitte richten Sie das Ihrem Herrn Minis-
er aus hat er aus meiner Sicht zu schnell reagiert. Er
ätte sich erst einmal das Urteil durchlesen und es or-
entlich prüfen sollen, damit er nicht wieder einen Feh-
er macht. Es muss doch möglich sein ich trage hier
eine persönliche Meinung vor , für die Zeit bis zu ei-
er endgültigen gerichtlichen Klärung mit einem Min-
estlohn der Konkurrenten von 7,50 Euro nicht mit
ungerlöhnen die bestehenden Arbeitsplätze zu erhal-
en
nd zu verhindern, dass noch mehr Unternehmen kaputt-
ehen.
Daher bitte ich die Bundesregierung, das vorliegende
rteil genau zu prüfen und sich zu überlegen, ob es nicht
öglichkeiten gibt, weitere Konkurse in dieser Branche
u verhindern, bis die Gerichte dann endgültig entschei-
en. Für die anstehenden Beratungen über das Entsende-
esetz und das Mindestarbeitsbedingungengesetz kann
ch nur klipp und klar sagen: Hier geht auf alle Fälle
orgfalt vor Schnelligkeit. So etwas darf uns nicht wie-
er passieren.
Das Wort hat die Kollegin Anette Kramme für die
PD-Fraktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen und
olleginnen! Herr Kolb, ich bin mir sicher, dass Sie
rundsätzlich für Fachlichkeit in der Debatte sind, wenn-
leich das, was Sie sich heute geleistet haben, schlicht-
eg ein Kolbenfresser war.
15824 Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 150. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. März 2008
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Anette Kramme
Ich bin grundsätzlich auch der Auffassung, dass Herr
Laurenz Meyer sorgfältig Politik betreibt.
Zwar ist manche Debatte, die wir im Bundestag füh-
ren, kurios, aber die Debatte, die wir heute führen, ist
schlichtweg nur skurril. Wie viele Abgeordnete haben an
der neunstündigen Verhandlung des Berliner Verwal-
tungsgerichts teilgenommen? Wie viele Abgeordnete ha-
ben die mündliche Urteilsbegründung vernommen? Eine
schriftliche Urteilsbegründung existiert bislang nicht.
Die Pressemitteilungen sind dürftig und inhaltslos.
Wir führen im Moment eine Debatte über ein Urteil,
gegen das Berufung eingelegt worden ist.
Wissen Sie, welchen Stellenwert dieses Urteil damit hat?
Es hat den Stellenwert einer juristischen Meinungsäuße-
rung nicht mehr. Sie alle kennen den Spruch über
Juristen, der immer wieder vorgetragen wird: Zwei Ju-
risten, drei Meinungen.
Ich weiß, dass ich mich damit ein klein wenig spöttisch
über meinen eigenen Berufsstand äußere.
An diesem Spruch ist aber durchaus etwas Wahres dran.
Was wir heute erleben, ist das Aufbauen eines Popan-
zes durch die Besserwisser und Marktradikalen einiger
Fraktionen. Ich habe mir wenigstens die Mühe gemacht,
mit den Prozessbeobachtern und den Prozessbeteiligten
zu sprechen. An diesem Urteil ist eines in keinerlei
Weise verständlich: Im Prozess ist darüber gestritten
worden, ob die Rechtsverordnung über den Mindestlohn
den Tarifvertrag zwischen der Gewerkschaft der Neuen
Brief- und Zustelldienste
und dem Arbeitgeberverband Neue Brief- und Zustell-
dienste verdrängen kann. Ohne einen wirksamen Tarif-
vertrag zwischen dieser neuen Gewerkschaft und diesem
neuen Arbeitgeberverband erledigt sich jede weitere
Rechtsdiskussion.
Mir kann niemand erzählen, dass diese Pseudogewerk-
schaft tatsächlich tariffähig ist.
Herr Meyer, Sie verneinen eine jahrzehntelange
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Diese Ge-
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ir haben Anhaltspunkte für eine Arbeitgeberfinanzie-
ung. Der Bericht der Sendung Frontal 21 war da sehr
indeutig.
onsequenterweise hätte das Verfahren durch das Berli-
er Verwaltungsgericht ausgesetzt und im Hinblick auf
ie Tariffähigkeit der Tarifpartner an die Arbeitsgerichts-
arkeit überwiesen werden müssen.
Verlassen wir die rechtliche Ebene:
er Ausgang dieses Verfahrens ist an und für sich völlig
gal. Unter Juristen besteht nämlich Einigkeit: Wo ein
ille ist, da ist auch ein juristischer Weg. Wir erleben
as bei vielen Tricksereien. Hier geht es aber um ein ehr-
iches Anliegen. Viele Leute mit vielen Interessen haben
on Anfang an versucht, die Einführung eines Mindest-
ohns für die Briefzusteller zu verhindern.
ondzahlen sind aus dem Hut gezaubert worden. Es
urde gegackert und gekräht, und letztlich schlüpfte
ine Pseudogewerkschaft aus dem Ei.
Aber die Vernunft siegte. Der Bundestag hat mit gro-
er Mehrheit, auch mit den Stimmen der CDU/CSU, den
ichtigen Beschluss gefasst.
er Beschluss lautet: Liberalisierung nur mit Mindest-
öhnen; Marktöffnung ja, aber nicht für Schmutzkonkur-
enz; Wettbewerb ja, aber nicht über Dumpinglöhne. Das
ar die allgemeine Überzeugung, auch die der Kollegen
er Union, die jetzt wieder den Kopf in den Sand stecken
ollen.
Herr Laurenz Meyer, eigentlich muss es Ihnen doch
ehtun, dass Sie sich in einer solchen Minderheitenposi-
ion, in einer solchen Isolation in Ihrer Fraktion befin-
en. Ich stelle mit Verwunderung fest, dass Sie in letzter
onsequenz sehr wohl die gemeinsamen Beschlüsse die-
er Koalition infrage stellen.
Wir wollen eine zügige Umsetzung des Arbeitneh-
er-Entsendegesetzes. Wir wollen eine zügige Umset-
ung des Mindestarbeitsbedingungengesetzes. Es ist
eit, die Zeitarbeitsbranche hierin aufzunehmen. Wir
Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 150. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. März 2008 15825
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Anette Kramme
wollen keine menschenunwürdigen Arbeitsbedingun-
gen.
Kollegin Kramme, kommen Sie bitte zum Schluss.
Ich bin beim letzten Satz. Ich sage zuallerletzt: Es
ist verheerend, wenn der Staat über Arbeitslosengeld II
Lohndumping mitfinanzieren soll.
Es ist Zeit für Mindestlöhne, und das in großer Menge
und in großem Umfang.
In dem Sinne, herzlichen Dank.
Das Wort hat der Kollege Klaus Barthel für die SPD-
Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Ich möchte zum Schluss noch etwas zum Postsektor sel-
ber sagen. Denn jetzt sind einige Schlaumeier unter-
wegs,
die versuchen, der Öffentlichkeit weiszumachen, es
herrschte im Postbereich wieder wie früher Wildwest
und man könne wieder wie früher versuchen, Lohn- und
Sozialdumping zu betreiben. Aber ich stelle fest: Die
Rechtslage ist unverändert, und es gibt Mindestarbeits-
bedingungen im Postsektor. Ich werde das im Folgenden
begründen.
Ich möchte zunächst einmal aus dem Grußwort des
Bundeswirtschaftsministers an die Bundesnetzagentur
zu ihrem zehnjährigen Jubiläum am 28. Februar, also vor
knapp zwei Wochen, zitieren:
Nun, nach dem Ende der Exklusivlizenz, wird die
Herausforderung für die Bundesnetzagentur eher
noch zunehmen: Sie wird mit Aufmerksamkeit da-
für sorgen müssen, dass chancengleiche Wettbe-
werbsbedingungen geschaffen werden.
Vielleicht kann Herr Schauerte als Vertreter des Mi-
nisteriums einmal weitergeben, was die Bundeskanzlerin
zur Definition dieser chancengleichen Wettbewerbsbe-
dingungen ebenfalls aus Anlass dieses zehnjährigen Ju-
biläums der Bundesnetzagentur gesagt hat. Ich zitiere:
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ich hoffe natürlich auf gute Zusammenarbeit
über die Frage des Mindestlohns. Manch einer hatte
sich gar nicht mehr erinnert, dass sich eine der letz-
ten Schlachten in der Bundesregierung damals bei
der Post-Privatisierung
da war die FDP auch noch in der Regierungsverant-
ortung
darauf bezog, dass die Postdienstleistungen ganz
erhebliche Lohnanteile haben. Damals wurde von
der Mehrheit des Bundesrates, gestellt durch die
Sozialdemokraten, gefordert, dass kein unver-
gleichbarer Wettbewerb aus der Frage des Lohns
entstehen darf.
hnlich hat sie sich auch beim Arbeitgebertag geäußert.
All das mündete in das bis heute unveränderte Postge-
etz ein, wonach eine Lizenz dann zu versagen und ge-
ebenenfalls zu widerrufen ist, wenn Tatsachen die An-
ahme rechtfertigen, dass Antragsteller die wesentlichen
rbeitsbedingungen, die im lizenzierten Bereich üblich
ind, nicht unerheblich unterschreiten. Damals war die
DP, wie gesagt, noch dabei.
Jetzt ist auch hinreichend geklärt, was in Bezug auf
öhne chancengleicher Wettbewerb ist. Wir haben näm-
ich dafür gesorgt, dass das definiert wird. Die Bundes-
etzagentur hat die üblichen Arbeitsbedingungen unter-
ucht und Ende Januar einen Abschlussbericht mit Stand
1. Dezember 2007 dazu vorgelegt. Einmal alles zusam-
enrechnet, kommt sie im Durchschnitt der Arbeitneh-
er im Postsektor auf einen Stundenlohn von mindes-
ens 11,86 Euro. Eine wesentliche Abweichung wären
ehr als 10 Prozent. Also liegt die Lohnuntergrenze ge-
äß Postgesetz bei 10,67 Euro. Selbst dann ist immer
och genügend Platz für Wettbewerb, weil die Deutsche
ost AG durchschnittlich fast 3 Euro mehr pro Stunde
ahlt. Deswegen stelle ich fest Urteil hin oder her :
Erstens. Der Tarifvertrag der neuen Postwettbewerber
st rechtswidrig zustande gekommen, weil die neue Ge-
erkschaft keine Gewerkschaft ist. Sie war zum Zeit-
unkt des Tarifvertragsabschlusses nicht einmal im Ver-
insregister eingetragen. Schon bevor ein Tarifvertrag
nterzeichnet worden ist, hat der Arbeitgeberverband
erkündet, wie dieser Tarifvertrag aussieht, dass nämlich
öhne in Höhe von 7,50 Euro und 6,50 Euro Bestandteil
ind. Erst dann hat er verhandelt und unterschrieben.
as ist das für eine Gewerkschaft, die sich auf so etwas
inlässt, auf Verhandlungen, deren Ergebnis die Arbeit-
eber vorher veröffentlichen? Deswegen gibt es jetzt ja
uch die Strafanzeige.
Zweitens ist der Tarifvertrag rechtswidrig, weil er die
ranchenüblichen Arbeitsbedingungen mit Löhnen von
,50 Euro und 6,50 Euro wesentlich, also um mehr als
0 Prozent, unterschreitet.
Drittens ist die Begründung für diesen Tarifvertrag, es
andele sich um höherwertige Dienstleistungen, die
ichts mit dem sonstigen Postsektor zu tun haben, völlig
bsurd. Abgesehen davon, dass sowohl das Postgesetz
ls auch der Mindestlohn, den wir beschlossen haben,
ür den Postbereich insgesamt gelten, ist es doch völlig
bsurd, zu behaupten, höherwertige Dienstleistungen
15826 Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 150. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. März 2008
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Klaus Barthel
seien mit der Hälfte der Löhne zu bestreiten. Das ist
doch wohl absolut grotesk.
Also liegt der Ball jetzt bei der Bundesnetzagentur.
Daraus folgt ganz klar: Lizenzentzug für alle, die diesen
rechtswidrigen Tarifvertrag der GNBZ anwenden. Auch
Herr Glos ist nicht nur der Koalition politisch verpflich-
tet, sondern er hat gemäß seinem Amtseid die Gesetze
des Bundes zu achten. Anstatt jetzt von Mauscheleien zu
faseln, sollte er die Bundesnetzagentur anweisen, das
geltende Recht sowohl im Hinblick auf die Mindest-
arbeitsbedingungen nach dem Arbeitnehmer-Entsende-
gesetz als auch in Bezug auf das Postgesetz durchzuset-
zen.
Letzte Bemerkung: Der Postsektor ist und bleibt also
vom Eise befreit; bald sind es die Zeitarbeitsbranche und
viele andere Branchen auch noch.
Die Aktuelle Stunde ist beendet.
Wir sind damit am Schluss der heutigen Tagesord-
nung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
destages auf morgen, Donnerstag, den 13. März 2008,
10.30 Uhr, ein.
Ich wünsche Ihnen noch einen erfolgreichen und si-
cherlich auch angenehmen Tag.
Die Sitzung ist geschlossen.