Protokoll:
16063

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 16

  • date_rangeSitzungsnummer: 63

  • date_rangeDatum: 9. November 2006

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: None Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 22:16 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 16/63 Hilsberg, Andrea Wicklein, Ernst Bahr Tagesordnungspunkt 3: a) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der deutschen Einheit 2006 (Drucksache 16/2870) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Michael Kretschmer, Ilse Aigner, Katherina Reiche (Potsdam), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abge- ordneten Swen Schulz (Spandau), Jörg Tauss, Nicolette Kressl, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der SPD: Mit In- novationsförderung den Aufbau Ost weiter voranbringen (Drucksache 16/3294) . . . . . . . . . . . . . . . . (Neuruppin), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD zu der Un- terrichtung durch die Bundesregie- rung: Jahresbericht der Bundesre- gierung zum Stand der deutschen Einheit 2005 – zu dem Entschließungsantrag der Ab- geordneten Joachim Günther (Plauen), Cornelia Pieper, Jens Ackermann, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der FDP zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der deutschen Einheit 2005 – zu dem Entschließungsantrag der Ab- geordneten Dr. Gesine Lötzsch, 6098 D 6099 A Deutscher B Stenografisch 63. Sitz Berlin, Donnerstag, den I n h a l Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeord- neten Dr. Max Lehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . Wahl der Abgeordneten Dr. Michael Meister und Ludwig Stiegler in den Verwaltungsrat der Kreditanstalt für Wiederaufbau . . . . . Wahl der Abgeordneten Angelika Krüger- Leißner als ordentliches Mitglied und der Abgeordneten Dorothee Bär als stellvertre- tendes Mitglied der Vergabekommission der Filmförderanstalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Absetzung der Tagesordnungspunkte 14, 22, 26 und 32 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Änderung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . . . d 6097 A 6097 B 6097 B 6097 C 6098 C 6098 D c) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Nationales Reformprogramm Deutsch- land undestag er Bericht ung 9. November 2006 t : Innovation forcieren – Sicherheit im Wandel fördern – Deutsche Einheit vollenden (Drucksache 16/313) . . . . . . . . . . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadt- entwicklung: – zu der Unterrichtung durch die Bun- desregierung: Jahresbericht der Bun- desregierung zum Stand der deut- schen Einheit 2005 – zu dem Entschließungsantrag der Ab- geordneten Arnold Vaatz, Ulrich Adam, Peter Albach, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der CDU/ CSU sowie der Abgeordneten Stephan 6099 A Roland Claus, Dr. Dietmar Bartsch, Dr. Lothar Bisky und der Fraktion der LINKEN zu der Unterrichtung durch II Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 die Bundesregierung: Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der deutschen Einheit 2005 (Drucksachen 15/6000, 16/650, 16/693, 16/692, 16/1200) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Antrag der Abgeordneten Roland Claus, Dr. Gesine Lötzsch, Dr. Dietmar Bartsch, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der LIN- KEN: Beendigungsgesetz zum Berlin/Bonn- Gesetz (Drucksache 16/3284) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Tiefensee, Bundesminister BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Joachim Günther (Plauen) (FDP) . . . . . . . . . . Arnold Vaatz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Lothar Bisky (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Andrea Wicklein (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Cornelia Pieper (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Kretschmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . Cornelia Pieper (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Katherina Reiche (Potsdam) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Roland Claus (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Rainer Fornahl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Peter Hettlich (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Kretschmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . Swen Schulz (Spandau) (SPD) . . . . . . . . . . . . Volkmar Uwe Vogel (CDU/CSU) . . . . . . . . . Stephan Hilsberg (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 4: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Einrichtung des Deutschen Ethik- rats (Ethikratgesetz – EthRG) (Drucksache 16/2856) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Fraktion des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN: Einsetzung eines Ethik-Komitees des Deutschen Bundes- tages (Drucksache 16/3199) . . . . . . . . . . . . . . . . c d D U J D D D M U M N D N T a b c d 6099 B 6099 C 6099 D 6161 B 6102 D 6104 C 6106 B 6107 C 6108 D 6110 A 6110 B 6110 B 6111 D 6112 C 6113 D 6115 B 6116 B 6117 C 6119 A 6120 D 6120 D ) Antrag der Abgeordneten Michael Kauch, Cornelia Pieper, Uwe Barth, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der FDP: Ein- richtung eines Parlamentarischen Bei- rats für Bio- und Medizinethik (Drucksache 16/3289) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Dr. Ilja Seifert, Monika Knoche, Hüseyin-Kenan Aydin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN: Einsetzung eines Ethik- Komitees des Deutschen Bundestages (Drucksache 16/3277) . . . . . . . . . . . . . . . r. Annette Schavan, Bundesministerin BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . we Barth (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . örg Tauss (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Petra Sitte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . r. Reinhard Loske (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Norbert Lammert (CDU/CSU) . . . . . . . . Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ichael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jörg Tauss (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . lla Burchardt (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . onika Knoche (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . orbert Geis (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . r. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . . . icolette Kressl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 39: ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Änderung des Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetzes (Drucksache 16/2857) . . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Budapester Übereinkom- men vom 22. Juni 2001 über den Vertrag über die Güterbeförderung in der Binnenschifffahrt (CMNI) (Drucksache 16/3225) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Drit- ten Gesetzes zur Änderung des Weinge- setzes (Drucksache 16/3226) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- 6121 A 6121 A 6121 B 6123 A 6124 A 6125 C 6126 C 6129 C 6130 A 6131 D 6132 B 6133 A 6134 A 6135 D 6137 A 6138 A 6139 B 6140 B 6140 C 6140 C Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 III zes zu dem Haager Übereinkommen vom 13. Januar 2000 über den interna- tionalen Schutz von Erwachsenen (Drucksache 16/3250) . . . . . . . . . . . . . . . . e) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Umsetzung des Haager Überein- kommens vom 13. Januar 2000 über den internationalen Schutz von Er- wachsenen (Drucksache 16/3251) . . . . . . . . . . . . . . . . f) Antrag der Abgeordneten Reinhard Grindel, Wolfgang Börnsen (Bönstrup), Peter Albach, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Ab- geordneten Jörg Tauss, Monika Griefahn, Martin Dörmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Die Schaffung eines kohärenten europäischen Rechts- rahmens für audiovisuelle Dienste zu ei- nem Schwerpunkt deutscher Medien- und Kommunikationspolitik in Europa machen (Drucksache 16/3297) . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 3: a) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, der SPD, der FDP, der LIN- KEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Ge- setzes zur Errichtung einer Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zu- kunft“ (EVZ-StiftG) (Drucksache 16/3270) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erste Beratung des von dem Abgeordne- ten Jerzy Montag und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verlängerung von Befristungsregelun- gen im Gesetz zur Entlastung der Rechtspflege und im Einführungs- gesetz zur Zivilprozessordnung (Justizmodernisierungsauskopplungsge- setz) (Drucksache 16/3282) . . . . . . . . . . . . . . . . c) Antrag der Abgeordneten Klaus Brähmig, Jürgen Klimke, Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abge- ordneten Annette Faße, Reinhold Hemker, Renate Gradistanac, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der SPD: Nationale Naturlandschaften – Chancen für Na- turschutz, Tourismus, Umweltbildung und nachhaltige Regionalentwicklung (Drucksache 16/3298) . . . . . . . . . . . . . . . . d T a b c d 6140 C 6140 D 6140 D 6141 A 6141 A 6141 A ) Antrag der Abgeordneten Cornelia Pieper, Uwe Barth, Patrick Meinhardt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Wissenschaftssystem zukunftsfähig ge- stalten – wissenschaftsadäquate Ar- beitsbedingungen schaffen (Drucksache 16/3286) . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 40: ) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuordnung des Tierzuchtrechts sowie zur Änderung des Tierseuchengesetzes und des Tier- schutzgesetzes (Drucksachen 16/2292, 16/3299) . . . . . . . ) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Versorgungsrücklagegesetzes (Drucksachen 16/2855, 16/3319, 16/3323) ) Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab- kommen vom 14. März 2006 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über den Bau einer Eisenbahnbrücke über den Rhein bei Kehl (Drucksachen 16/2860, 16/3224) . . . . . . . ) – Zweite Beratung und Schlussabstim- mung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Vertrag vom 2. März 2005 zwischen der Bundes- republik Deutschland und der Re- publik Jemen über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksachen 16/2861, 16/3304) . . . . – Zweite Beratung und Schlussabstim- mung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Abkommen vom 16. Juni 2005 zwischen der Bundes- republik Deutschland und der Ara- bischen Republik Ägypten über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksachen 16/2862, 16/3304) . . . . – Zweite Beratung und Schlussabstim- mung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Vertrag vom 19. und 20. April 2005 zwischen der Bundes- republik Deutschland und der Isla- mischen Republik Afghanistan über die Förderung und den gegenseiti- 6141 B 6141 C 6141 D 6142 B 6142 C 6142 C IV Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 gen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksachen 16/2863, 16/3304). . . . . – Zweite Beratung und Schlussabstim- mung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Vertrag vom 10. August 2005 zwischen der Bun- desrepublik Deutschland und der Demokratischen Republik Timor- Leste über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalan- lagen (Drucksachen 16/2864, 16/3304) . . . . e) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Eich- gesetzes (Drucksachen 16/2920, 16/3305) . . . . . . . f) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung von Verbrauchsteuergesetzen (Drucksachen 16/2951, 16/3285, 16/3306, 16/3317) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Trans- parenzrichtlinie-Gesetzes (Drucksachen 16/2952, 16/3261) . . . . . . . h) – o) Beschlussempfehlungen des Petitionsaus- schusses: Sammelübersichten 118, 119, 120, 121, 122, 123, 124 und 125 zu Peti- tionen (Drucksachen 16/3127, 16/3128, 16/3129, 16/3130, 16/3131, 16/3132, 16/3133, 16/3134) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 23: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Durchsetzung der Ver- braucherschutzgesetze bei innergemein- schaftlichen Verstößen (Drucksachen 16/2930, 16/3307) . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 4: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der LINKEN: Zur Frage der Praxistaug- lichkeit der Hartz-Gesetze und der Erfor- derlichkeit einer Generalrevision Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Meckelburg (CDU/CSU) . . . . . . . . Dirk Niebel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . G B M D W F A M A A T A D r K ( D A C S D T – – D D D M U 6142 C 6142 D 6143 A 6143 B 6143 C 6143 D 6144 C 6145 A 6146 B 6147 C erd Andres, Parl. Staatssekretär BMAS . . . rigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aria Michalk (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . r. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . olfgang Grotthaus (SPD) . . . . . . . . . . . . . . ranz Romer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . nton Schaaf (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ax Straubinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . ngelika Krüger-Leißner (SPD) . . . . . . . . . . ndreas Steppuhn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 5: ntrag der Abgeordneten Dr. Gregor Gysi, r. Barbara Höll, Dr. Gesine Lötzsch, weite- er Abgeordneter und der Fraktion der LIN- EN: Steuerflucht wirksam bekämpfen Drucksache 16/2524) . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . ntje Tillmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . arl-Ludwig Thiele (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . imone Violka (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antje Tillmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 7: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Vorläufigen Tabakgesetzes (Drucksachen 16/1940, 16/3201(neu)) . . . Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Ulrike Höfken, Birgitt Bender, Dr. Harald Terpe, weiteren Abge- ordneten und der Fraktion des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Än- derung des Vorläufigen Tabakgesetzes (Drucksachen 16/1068, 16/3201(neu)) . . . r. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär BMELV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Edmund Peter Geisen (FDP) . . . . . . . . . . r. Marlies Volkmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Detlef Parr (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . onika Knoche (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . lrike Höfken (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6148 D 6150 B 6151 B 6152 A 6153 D 6155 A 6156 B 6157 B 6158 A 6159 A 6160 B 6160 C 6161 C 6163 D 6165 A 6167 A 6167 C 6168 B 6168 B 6168 C 6169 D 6170 D 6171 C 6173 A 6173 D Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 V Tagesordnungspunkt 6: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der Regelungen über die Mitbestimmung der Arbeitneh- mer bei einer Verschmelzung von Kapital- gesellschaften aus verschiedenen Mitglied- staaten (Drucksachen 16/2922, 16/3320) . . . . . . . . . . Anette Kramme (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Heinz-Peter Haustein (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Paul Lehrieder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Hennrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 8: a) Antrag der Abgeordneten Dr. Reinhard Loske, Cornelia Behm, Hans-Josef Fell, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Für eine radikale und konsequente Kli- mapolitik (Drucksache 16/3283) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Eva Bulling- Schröter, Lutz Heilmann, Hans-Kurt Hill, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN: Klares Signal für die Kyoto-II-Verhandlungen auf der UN- Klimakonferenz in Nairobi setzen (Drucksache 16/3026) . . . . . . . . . . . . . . . . c) Antrag der Abgeordneten Michael Kauch, Gudrun Kopp, Angelika Brunkhorst, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Klimapolitischen Zertifikatehan- del in Deutschland nachhaltig und ver- antwortungsvoll gestalten – Nationalen Allokationsplan grundlegend überar- beiten (Drucksache 16/3051) . . . . . . . . . . . . . . . . d) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit – zu dem Antrag der Abgeordneten Michael Kauch, Angelika Brunkhorst, Horst Meierhofer, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der FDP: Kli- maschutz-Offensive 2006 – zu dem Antrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Den Klimawandel wirksam be- e i Z A ( R d o B t t w ( D J M S H S E F A M T Z d G v S ( A P P 6175 A 6175 B 6177 A 6178 A 6179 D 6180 A 6181 A 6182 A 6183 A 6183 B 6183 B kämpfen – Deutschland muss Vor- reiter bleiben (Drucksachen 16/242, 16/59, 16/898) . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Fi- nanzausschusses zu dem Antrag der Abge- ordneten Dr. Reinhard Loske, Kerstin Andreae, Cornelia Behm, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN: Kfz-Steuer kli- mafreundlich reformieren – CO2- Ausstoß und Verbrauch als Bemes- sungsgrundlage (Drucksachen 16/2073, 16/3197) . . . . . . . n Verbindung mit usatztagesordnungspunkt 5: ntrag der Abgeordneten Andreas Jung Konstanz), Marie-Luise Dött, Katherina eiche (Potsdam), weiterer Abgeordneter und er Fraktion der CDU/CSU sowie der Abge- rdneten Frank Schwabe, Marco Bülow, Dirk ecker, weiterer Abgeordneter und der Frak- ion der SPD: Die Zeit nach dem Kyoto-Pro- okoll gestalten – entschieden dem Klima- andel entgegentreten Drucksache 16/3293) . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Reinhard Loske (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . osef Göppel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . ichael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . igmar Gabriel, Bundesminister BMU . . . . . ans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . igmar Gabriel, Bundesminister BMU . . . . . va Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . rank Schwabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . ndreas Jung (Konstanz) (CDU/CSU) . . . . . arco Bülow (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 9: weite und dritte Beratung des von der Bun- esregierung eingebrachten Entwurfs eines esetzes zur Erleichterung von Planungs- orhaben für die Innenentwicklung der tädte Drucksachen 16/2496, 16/2932, 16/3308) . . chim Großmann, Parl. Staatssekretär BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . atrick Döring (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . eter Götz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 6183 C 6183 A 6183 D 6183 D 6185 B 6186 B 6187 C 6189 C 6190 B 6191 B 6192 B 6193 B 6194 D 6196 B 6196 C 6197 C 6198 B VI Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 Heidrun Bluhm (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Patrick Döring (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Peter Hettlich (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Petra Weis (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 10: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Wirtschaft und Technologie – zu dem Antrag der Abgeordneten Martin Zeil, Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: ERP-Vermögen ungeschmä- lert für Mittelstandsförderung erhalten – zu dem Antrag der Abgeordneten Hans- Josef Fell, Matthias Berninger, Anja Hajduk, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: ERP-Sondervermögen in sei- ner Vermögenssubstanz erhalten (Drucksachen 16/382, 16/548, 16/1018) . Hartmut Schauerte, Parl. Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Martin Zeil (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christian Lange (Backnang) (SPD) . . . . . . . . Sabine Zimmermann (DIE LINKE) . . . . . . . . Christine Scheel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 11: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über steuerliche Begleitmaßnah- men zur Einführung der Europäischen Ge- sellschaft und zur Änderung weiterer steu- errechtlicher Vorschriften (SEStEG) (Drucksachen 16/2710, 16/2934, 16/3315, 16/3369) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin BMF . . . . . . . . . . . . Dr. Volker Wissing (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Peter Rzepka (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Axel Troost (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lothar Binding (Heidelberg) (SPD) . . . . . . . . Dr. Volker Wissing (FDP) . . . . . . . . . . . . . T G P o w M ( U P E G M G K T Z d J ( 1 G C O D C Z a 6200 A 6200 B 6201 B 6202 A 6203 B 6203 C 6205 B 6206 B 6207 A 6207 D 6208 D 6209 A 6210 A 6211 A 6212 C 6213 B 6214 A 6215 B agesordnungspunkt 12: roße Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, etra Pau, Sevim Dagdelen, weiterer Abge- rdneter und der Fraktion der LINKEN: Ent- icklung der extremen Rechten und die aßnahmen der Bundesregierung Drucksache 16/1009) . . . . . . . . . . . . . . . . . . lla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . eter Altmaier, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sevim Dagdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . rnst Burgbacher (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . abriele Fograscher (SPD) . . . . . . . . . . . . . . onika Lazar (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ert Winkelmeier (fraktionslos) . . . . . . . . . . ristina Köhler (Wiesbaden) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 13: weite und dritte Beratung des von der Bun- esregierung eingebrachten Entwurfs eines ahressteuergesetzes 2007 (JStG 2007) Drucksachen 16/2712, 16/3036, 16/3325, 6/3368, 16/3326) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . abriele Frechen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . arl-Ludwig Thiele (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . lav Gutting (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . r. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . hristine Scheel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Olaf Scholz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . usatztagesordnungspunkt 6: ) – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Ulla Jelpke, Sevim Dagdelen, Petra Pau und der Fraktion der LINKEN eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Ände- rung des Aufenthaltsgesetzes und anderer Gesetze (Drucksachen 16/369, 16/2563) . . . . . – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Josef Philip Winkler, Volker Beck (Köln), Wolfgang Wieland, Claudia Roth (Augsburg) und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN ein- 6215 C 6215 D 6216 D 6217 C 6218 A 6218 D 6219 D 6221 B 6222 B 6223 A 6224 A 6224 C 6224 D 6226 C 6227 D 6229 B 6230 A 6230 D 6232 B Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 VII gebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Aufent- haltsgesetzes (Altfall-Regelung) (Drucksachen 16/218, 16/2563). . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des In- nenausschusses zu dem Antrag der Abge- ordneten Josef Philip Winkler, Volker Beck (Köln), Britta Haßelmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Ket- tenduldungen abschaffen (Drucksachen 16/687, 16/2563) . . . . . . . . Reinhard Grindel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP) . . . . . . . . Sevim Dagdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . Rüdiger Veit (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 15: – Zweite und dritte Beratung des vom Bun- desrat eingebrachten Entwurfs eines Ge- setzes zur Änderung kraftfahrzeugsteu- erlicher Vorschriften auch hinsichtlich der Wohnmobilbesteuerung (Drucksachen 16/519, 16/3314, 16/3316) – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Dr. Volker Wissing, Horst Friedrich (Bayreuth), Carl-Ludwig Thiele, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Kraftfahr- zeugsteuergesetzes (Drucksachen 16/473, 16/3314, 16/3316) Florian Pronold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Frank Schäffler (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Frank Schäffler (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Florian Pronold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Patricia Lips (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Christine Scheel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 16: Antrag der Abgeordneten Horst Meierhofer, Michael Kauch, Angelika Brunkhorst, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Fairen Wettbewerb in der Entsorgungs- wirtschaft ermöglichen – Steuerprivilegien ö s ( T a b c T A L n d r ( T Z d G u s ( T a 6232 B 6232 C 6232 D 6234 C 6235 C 6235 C 6238 A 6238 D 6240 A 6240 C 6240 C 6241 C 6242 A 6242 D 6243 C 6245 A 6245 D ffentlich-rechtlicher Unternehmen ab- chaffen Drucksache 16/2657) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 17: ) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Öffentlichkeits- beteiligung in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35/EG (Öffentlichkeitsbeteiligungsgesetz) (Drucksachen 16/2494, 16/2933, 16/3311) ) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über ergänzende Vor- schriften zu Rechtsbehelfen in Um- weltangelegenheiten nach der EG- Richtlinie 2003/35/EG (Umwelt-Rechts- behelfsgesetz) (Drucksachen 16/2495, 16/2931, 16/3312) ) Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 25. Juni 1998 über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entschei- dungsverfahren und den Zugang zu Ge- richten in Umweltangelegenheiten (Åarhus-Übereinkommen) (Drucksachen 16/2497, 16/2865, 16/3313) agesordnungspunkt 18: ntrag der Abgeordneten Heike Hänsel, Ulla ötzer, Dr. Diether Dehm, weiterer Abgeord- eter und der Fraktion der LINKEN: Für soli- arische und entwicklungspolitisch kohä- ente Wirtschaftspartnerschaftsabkommen Drucksache 16/3193) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 19: weite und dritte Beratung des von der Bun- esregierung eingebrachten Entwurfs eines esetzes über die Statistik der Verdienste nd Arbeitskosten (Verdienststatistikge- etz – VerdStatG) Drucksachen 16/2918, 16/3241(neu)) . . . . . agesordnungspunkt 20: ) Antrag der Abgeordneten Kai Gehring, Krista Sager, Priska Hinz (Herborn), wei- terer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Hoch- schulpakt 2020 zum Erfolg bringen – 4246 D 6247 A 6247 A 6247 B 6248 A 6248 C VIII Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 Studienplätze bedarfsgerecht und zügig ausbauen (Drucksache 16/3281) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Uwe Barth, Cornelia Pieper, Patrick Meinhardt, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Die Qualität der Hochschullehre sichern – den Hochschulpakt 2020 er- folgreich abschließen und weiterent- wickeln (Drucksache 16/3290) . . . . . . . . . . . . . . . . c) Antrag der Abgeordneten Cornelia Hirsch, Dr. Petra Sitte, Volker Schneider (Saarbrü- cken) und der Fraktion der LINKEN: Hochschulpakt 2020 – Kapazitätsaus- bau und soziale Öffnung (Drucksache 16/3278) . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 21: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Reform des Personenstands- rechts (Personenstandsrechtsreformge- setz – PStRG) (Drucksachen 16/1831, 16/3309) . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 25: a) Antrag der Abgeordneten Ingbert Liebing, Marie-Luise Dött, Katherina Reiche (Pots- dam), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abge- ordneten Marco Bülow, Dirk Becker, Petra Bierwirth, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: REACH – den ge- meinsamen Standpunkt weiter verfol- gen (Drucksache 16/3295) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Sylvia Kotting- Uhl, Bärbel Höhn, Cornelia Behm, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: REACH – letzte Chance zur Verbesse- rung des Umwelt- und Verbraucher- schutzes im europäischen Chemikalien- recht nutzen (Drucksache 16/1888) . . . . . . . . . . . . . . . . c) Antrag der Abgeordneten Eva Bulling- Schröter, Lutz Heilmann, Hans-Kurt Hill, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN: REACH – Chance für eine fortschrittliche Chemikalienpolitik nut- zen (Drucksache 16/3279) . . . . . . . . . . . . . . . . T B a S t K F ( T E e z s ( Z A U g S s ( T E e Q G ( N A L A E C z a S r z g A E e 6248 D 6249 A 6249 A 6249 B 6249 D 6249 D 6249 D agesordnungspunkt 24: eschlussempfehlung und Bericht des Innen- usschusses zu dem Antrag der Abgeordneten evim Dagdelen, Petra Pau, Ulla Jelpke, wei- erer Abgeordneter und der Fraktion der LIN- EN: Bundesweiter Abschiebestopp für lüchtlinge aus Togo Drucksachen 16/2627, 16/3061) . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 27: rste Beratung des von der Bundesregierung ingebrachten Entwurfs eines Ersten Geset- es zur Änderung des Arbeitnehmer-Ent- endegesetzes Drucksache 16/3064) . . . . . . . . . . . . . . . . . . usatztagesordnungspunkt 7: ntrag der Abgeordneten Cornelia Behm, lrike Höfken, Bärbel Höhn, weiterer Ab- eordneter und der Fraktion des BÜNDNIS- ES 90/DIE GRÜNEN: Nachhaltige Res- ourcennutzung durch Agroforstwirtschaft Drucksache 16/2794) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 28: rste Beratung des von der Bundesregierung ingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über ualität und Sicherheit von menschlichen eweben und Zellen (Gewebegesetz) Drucksache 16/3146) . . . . . . . . . . . . . . . . . . ächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 1 iste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . nlage 2 rklärung nach § 31 GO des Abgeordneten arsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU) u der Abstimmung über den Entschließungs- ntrag der Fraktionen der CDU/CSU und der PD zu der Unterrichtung durch die Bundes- egierung: Jahresbericht der Bundesregierung um Stand der deutschen Einheit 2005 (Ta- esordnungspunkt 3 d) . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 3 rklärung nach § 31 GO über den Entwurf ines Gesetzes zur Änderung kraftfahr- 6250 B 6250 C 6250 D 6251 A 6251 C 6253 A 6253 D Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 IX zeugsteuerlicher Vorschriften auch hinsicht- lich der Wohnmobilbesteuerung (Tagesord- nungspunkt 15) Gabriele Groneberg (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Roland Claus (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Annette Faße, Renate Gradistanac, Reinhold Hemker, Gabriele Hiller-Ohm, Brunhilde Irber und Engelbert Wistuba (alle SPD) zur Abstimmung über den Entwurf eines Geset- zes zur Änderung kraftfahrzeugsteuerlicher Vorschriften auch hinsichtlich der Wohnmo- bilbesteuerung (Tagesordnungspunkt 15) . . . Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Klaus Brähmig, Helmut Brandt, Dr. Hans- Peter Friedrich (Hof), Uda Carmen Freia Heller, Ingbert Liebing, Marlene Mortler, Bernward Müller (Gera), Anita Schäfer (Saal- stadt), Wilhelm Josef Sebastian und Kurt Segner (alle CDU/CSU) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Ände- rung kraftfahrzeugsteuerlicher Vorschriften auch hinsichtlich der Wohnmobilbesteuerung (Tagesordnungspunkt 15) . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 6 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Matthias Miersch, Christoph Pries, Gerd Bollmann, Petra Bierwirth, Marco Bülow, Marko Mühlstein, Martin Burkert, Dirk Becker, Detlef Müller (Chemnitz), Frank Schwabe und Heinz Schmitt (Landau) (alle SPD) zu den Abstimmungen über – den Entwurf eines Gesetzes über die Öf- fentlichkeitsbeteiligung in Umweltangele- genheiten nach der EG-Richtlinie 2003/ 35/EG (Öffentlichkeitsbeteiligungsgesetz) – den Entwurf eines Gesetzes über ergän- zende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten nach der EG- Richtlinie 2003/35/EG (Umwelt-Rechts- behelfsgesetz) – den Entwurf eines Gesetzes zu dem Über- einkommen vom 25. Juni 1998 über den Zugang zu Informationen, die Öffentlich- keitsbeteiligung an Entscheidungsverfah- ren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (Åarhus-Über- einkommen) (Tagesordnungspunkt 17 a bis c) . . . . . . . . . . A Z d s v a K L H D M A Z – – – ( A D H L S A Z d l s A D H 6254 A 6254 B 6254 C 6254 D 6255 B nlage 7 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Antrags: Fairen Wettbewerb in der Ent- orgungswirtschaft ermöglichen – Steuerpri- ilegien öffentlich-rechtlicher Unternehmen bschaffen (Tagesordnungspunkt 16) laus-Peter Flosbach (CDU/CSU) . . . . . . . . ydia Westrich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . orst Meierhofer (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . r. Axel Troost (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . atthias Berninger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 8 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung: Entwurf eines Gesetzes über die Öffent- lichkeitsbeteiligung in Umweltangelegen- heiten nach der EG-Richtlinie 2003/35/EG (Öffentlichkeitsbeteiligungsgesetz) Entwurf eines Gesetzes über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Um- weltangelegenheiten nach der EG-Richtli- nie 2003/35/EG (Umwelt-Rechtsbehelfs- gesetz) Entwurf eines Gesetzes zu dem Überein- kommen vom 25. Juni 1998 über den Zugang zu Informationen, die Öffent- lichkeitsbeteiligung an Entscheidungsver- fahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (Åarhus-Über- einkommen) Tagesordnungspunkt 17 a bis c) ndreas Jung (Konstanz) (CDU/CSU) . . . . . r. Matthias Miersch (SPD) . . . . . . . . . . . . . orst Meierhofer (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . utz Heilmann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . ylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 9 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Antrags: Für solidarische und entwick- ungspolitisch kohärente Wirtschaftspartner- chaftsabkommen (Tagesordnungspunkt 18) nette Hübinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . r. Sascha Raabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . ellmut Königshaus (FDP) . . . . . . . . . . . . . . 6255 D 6257 A 6258 B 6259 B 6259 D 6260 D 6261 D 6262 C 6263 B 6264 B 6265 A 6266 B 6267 B X Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Ute Koczy (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 10 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Statistik der Verdienste und Arbeitskosten (Verdienst- statistikgesetz – VerdStatG) (Tagesordnungs- punkt 19) Dr. Michael Fuchs (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Doris Barnett (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Martin Zeil (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sabine Zimmermann (DIE LINKE) . . . . . . . . Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 11 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – Hochschulpakt 2020 zum Erfolg bringen – Studienplätze bedarfsgerecht und zügig ausbauen – Die Qualität der Hochschullehre sichern – den Hochschulpakt 2020 erfolgreich ab- schließen und weiterentwickeln – Hochschulpakt 2020 – Kapazitätsausbau und soziale Öffnung (Tagesordnungspunkt 20 a bis c) Monika Grütters (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . . . Uwe Barth (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Cornelia Hirsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 12 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Reform des Personenstandsrechts (Personenstandsrechtsre- formgesetz – PStRG) (Tagesordnungspunkt 21) Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gabriele Fograscher (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Gisela Piltz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . S A Z d – – – ( I H M E S A Z d d f p R R H S J A Z d r g G A D W B G 6269 A 6270 A 6271 A 6272 A 6273 A 6273 D 6274 C 6275 A 6276 D 6279 C 6280 D 6281 D 6282 C 6283 D 6284 D 6286 A ilke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 13 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung er Anträge: REACH – den gemeinsamen Standpunkt weiter verfolgen REACH – letzte Chance zur Verbesserung des Umwelt- und Verbraucherschutzes im europäischen Chemikalienrecht nutzen REACH – Chance für eine fortschrittliche Chemikalienpolitik nutzen Tagesordnungspunkt 25 a bis c) ngbert Liebing (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . einz Schmitt (Landau) (SPD) . . . . . . . . . . . ichael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . va Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . . ylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 14 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung er Beschlussempfehlung und des Berichts zu em Antrag: Bundesweiter Abschiebestopp ür Flüchtlinge aus Togo (Tagesordnungs- unkt 24) einhard Grindel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . üdiger Veit (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . artfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP) . . . . . . . . evim Dagdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . osef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 15 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Ände- ung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes (Ta- esordnungspunkt 27) itta Connemann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . nette Kramme (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . erner Dreibus (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . rigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . erd Andres, Parl. Staatssekretär BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6286 C 6287 B 6289 A 6290 A 6290 D 6291 B 6292 B 6293 A 6293 C 6294 A 6295 A 6295 D 6297 C 6298 B 6299 C 6300 A 6300 C Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 XI Anlage 16 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Nachhaltige Ressourcennutzung durch Agroforstwirtschaft (Zusatztagesord- nungspunkt 7) Uda Carmen Freia Heller (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gerhard Botz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Christel Happach-Kasan (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . . Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 17 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Qualität und Sicherheit von menschlichen Geweben und Zellen (Gewebegesetz) (Tagesordnungs- punkt 28) Hubert Hüppe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Wolfgang Wodarg (SPD) . . . . . . . . . . . . . Michael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Frank Spieth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rolf Schwanitz, Parl. Staatssekretär BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6301 B 6303 A 6303 C 6304 B 6305 A 6306 B 6307 B 6308 C 6309 A 6310 A 6310 C Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 6097 (A) ) (B) ) 63. Sitz Berlin, Donnerstag, den Beginn: 9.0
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    1) Anlage 17 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 6253 (A) ) (B) ) schweig ist eingebettet in ein breites Spektrum blieren. Insofern nehme ich Bezug auf die Ausführungen mit laufender Nr. 10 des Entschließungsantrages (Bio- masse Forschungszentrum). Das bereits erfolgreich ar- beitende Biomasse-Forschungszentrum der FAL Braun- Pofalla, Ronald CDU/CSU 09.11.2006 Raidel, Hans CDU/CSU 09.11.2006 Anlage 1 Liste der entschuldigt * A t I i F f m S Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Andreae, Kerstin BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 09.11.2006 Annen, Niels SPD 09.11.2006 Dr. Bartsch, Dietmar DIE LINKE 09.11.2006 Blumentritt, Volker SPD 09.11.2006 Caspers-Merk, Marion SPD 09.11.2006 Eymer (Lübeck), Anke CDU/CSU 09.11.2006 Friedhoff, Paul K. FDP 09.11.2006 Dr. Gerhardt, Wolfgang FDP 09.11.2006 Gleicke, Iris SPD 09.11.2006 Goldmann, Hans- Michael FDP 09.11.2006 Granold, Ute CDU/CSU 09.11.2006 Griese, Kerstin SPD 09.11.2006 Gröhe, Hermann CDU/CSU 09.11.2006 Grosse-Brömer, Michael CDU/CSU 09.11.2006 Hill, Hans-Kurt DIE LINKE 09.11.2006 Hoppe, Thilo BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 09.11.2006 Leutert, Michael DIE LINKE 09.11.2006 Löning, Markus FDP 09.11.2006 Merten, Ulrike SPD 09.11.2006 Montag, Jerzy BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 09.11.2006 Müller (Düsseldorf), Michael SPD 09.11.2006 Paula, Heinz SPD 09.11.2006 R R R D D T W W W W Z Z A (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht en Abgeordneten für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung des Europarates nlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Carsten Müller (Braun- schweig) (CDU/CSU) zu der Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der deutschen Ein- heit 2005 (Tagesordnungspunkt 3 d) Hiermit erkläre ich, dass ich dem Entschließungsan- rag der Koalitionsfraktionen im Grundsatz zustimme. ch lege jedoch großen Wert auf die Feststellung, dass ch ausdrücklich nicht die Auffassung teile, dass es zur örderung der deutschen Einheit sinnvoll ist, bereits de acto bestehende, erfolgreiche Einrichtungen in den ehe- aligen innerdeutschen Grenzgebieten auf westlicher eite aufzulösen und in den neuen Bundesländern zu eta- iester, Walter SPD 09.11.2006* öspel, René SPD 09.11.2006 ohde, Jörg FDP 09.11.2006 r. Schui, Herbert DIE LINKE 09.11.2006 r. Stinner, Rainer FDP 09.11.2006 hönnes, Franz SPD 09.11.2006 einberg, Marcus CDU/CSU 09.11.2006 eißgerber, Gunter SPD 09.11.2006 ellenreuther, Ingo CDU/CSU 09.11.2006 olff (Wolmirstedt), Waltraud SPD 09.11.2006 apf, Uta SPD 09.11.2006 ypries, Brigitte SPD 09.11.2006 bgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich 6254 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 (A) ) (B) ) landwirtschaftlicher Forschungsbereiche, die nahtlos in- einander übergehen und so auch wichtige Synergieef- fekte freisetzen. Es ist also sachlich richtig, dass dieses Forschungszentrum in Braunschweig angesiedelt ist. Angesichts der knappen öffentlichen Finanzen wäre es richtiger, eine bestehende Einrichtung wie die FAL in Braunschweig zu verstärken, anstatt in den neuen Län- dern neu anzufangen. Im Rahmen der Wirtschaftsförde- rung hat der Bund gerade Vorsorge getroffen, um ver- gleichbare Vorgänge zu verhindern. Anlage 3 Erklärungen nach § 31 GO zu der Abstimmung über den Entwurf eines Ge- setzes zur Änderung kraftfahrzeugsteuerlicher Vorschriften auch hinsichtlich der Wohnmobil- besteuerung (Tagesordnungspunkt 15) Gabriele Groneberg (SPD): Ich stimme dem durch Änderungsanträge veränderten Gesetzentwurf des Bun- desrates zur Besteuerung von Wohnmobilen zu, um eine noch höhere Steuerbelastung von Bürgerinnen und Bür- gern durch die Bundesländer zu verhindern. Die angestrebten Ziele der SPD, keine bzw. eine auf- kommensneutrale Regelung zu erreichen, konnten durch die Unnachgiebigkeit der Länderseite, die allein von der Erhöhung profitiert, nicht erreicht werden. Jetzt kann nur noch dafür Sorge getragen werden, dass nicht 70 Millionen Euro Einnahmen bei den Län- dern zu verzeichnen sein werden, sondern 50 Millionen Euro. Mit unserer Zustimmung verhindern wir somit eine höhere Belastung der Betroffenen. Roland Claus (DIE LINKE): Ich lehne den vom Bundesrat eingebrachten Gesetzentwurf ab. Ich bin selbst seit vielen Jahren Camper (Caravan), treffe bei meinen sommerlichen Reisen viele Familien, die mit ihren Wohnmobilen unterwegs sind, und weiß, wie viel Geld und Arbeitszeit in den Wohnmobilen steckt und wie viele Reiseerlebnisse und Reiseträume mit ihnen verbunden sind. Wohnmobile sind in vielen Fällen die einzige größere Anschaffung der jeweiligen Nutzerinnen und Nutzer. Sie stellen daher keineswegs Luxusgüter dar. Das im Gesetzentwurf vorgesehene Verfahren zielt in eine Richtung, die zu einer aus meiner Sicht nicht ge- rechtfertigten Belastung der Nutzerinnen und Nutzer der Wohnmobile führt. Es wird mit diesem Verfahren in un- gerechtfertigter Weise eine Gruppe von Bürgerinnen und Bürgern zu Umweltsündenböcken gemacht, deren tat- sächliche „Sünden“ unendlich viel kleiner sind als zum Beispiel die der Flugzeug- und der Flugreisenindustrie. Die ziehen aus der Nichtbesteuerung von Flugbenzin, die ihnen einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil verschafft und sowohl aus ökologischer wie auch aus volkswirtschaftlicher Sicht untragbar ist, kräftige Ge- w m a C r s h d A t W v z k d E d d E e A t W v z a (C (D inne. Es ist falsch, die dort zugelassenen Steuereinnah- enverluste ausgerechnet durch die Wohnmobilnutzer usgleichen lassen zu wollen. Ich freue mich, dass sich – obwohl sie nicht zu den ampern gehören – meiner hier vorgetragenen Erklä- ung aus meiner Fraktion anschließen: die Parlamentari- che Geschäftsführerin Dr. Dagmar Enkelmann, die aushaltspolitische Sprecherin Dr. Gesine Lötzsch und er tourismuspolitische Sprecher Dr. Ilja Seifert. nlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Annette Faße, Renate Gradistinac, Reinhold Hemker, Gabriele Hiller- Ohm, Brundhilde Irber und Engelbert Wistuba (alle SPD) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung kraftfahr- zeugsteuerlicher Vorschriften auch hinsichtlich der Wohnmobilbesteuerung (Tagesordnungs- punkt 15) Wir stimmen dem durch Änderungsanträge veränder- en Gesetzentwurf des Bundesrates zur Besteuerung von ohnmobilen zu, um eine noch höhere Steuerbelastung on Bürgerinnen und Bürgern durch die Bundesländer u verhindern. Die angestrebten Ziele der SPD, keine bzw. eine auf- ommensneutrale Regelung zu erreichen, konnten durch ie Unnachgiebigkeit der Länderseite, die allein von der rhöhung profitiert, nicht erreicht werden. Jetzt kann nur noch dafür Sorge getragen werden, ass nicht 70 Millionen Euro Einnahmen bei den Län- ern zu verzeichnen sein werden, sondern 50 Millionen uro. Mit unserer Zustimmung verhindern wir somit ine höhere Belastung der Betroffenen. nlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Klaus Brähmig, Helmut Brandt, Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof), Uda Carmen Freia Heller, Ingbert Liebing, Marlene Mortler, Bernward Müller (Gera), Anita Schäfer (Saalstadt), Wilhelm Josef Sebastian und Kurt Segner (alle CDU/CSU) zur Abstim- mung über den Entwurf eines Gesetzes zur Än- derung kraftfahrzeugsteuerlicher Vorschriften auch hinsichtlich der Wohnmobilbesteuerung (Tagesordnungspunkt 15) Wir stimmen dem durch Änderungsanträge veränder- en Gesetzentwurf des Bundesrates zur Besteuerung von ohnmobilen zu, um eine noch höhere Steuerbelastung on Bürgerinnen und Bürgern durch die Bundesländer u verhindern. Das angestrebte Ziel der CDU/CSU, möglichst eine ufkommensneutrale Regelung zu erreichen, konnte Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 6255 (A) ) (B) ) durch die Unnachgiebigkeit der Länderseite, die allein von der Erhöhung profitiert, nicht erreicht werden. Jetzt kann nur noch dafür Sorge getragen werden, dass nicht 70 Millionen Euro Einnahmen bei den Län- dern zu verzeichnen sein werden, sondern 50 Millionen Euro. Das rückwirkende Inkrafttreten zum 1. Januar 2006 ist zwar problematisch, doch würde eine Ablehnung des veränderten Gesetzentwurfs zu der ursprünglich geplan- ten noch höheren Besteuerung für das Jahr 2006 führen. Mit unserer Zustimmung verhindern wir somit eine noch höhere Belastung der Betroffenen. Anlage 6 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Matthias Miersch, Christoph Pries, Gerd Bollmann, Petra Bierwirth, Marco Bülow, Marko Mühlstein, Martin Burkert, Dirk Becker, Detlef Müller (Chemnitz), Frank Schwabe und Heinz Schmitt (Landau) (alle SPD) zu den Abstimmungen über – den Entwurf eines Gesetzes über die Öffent- lichkeitsbeteiligung in Umweltangelegenhei- ten nach der EG-Richtlinie 2003/35/EG (Öf- fentlichkeitsbeteiligungsgesetz) – den Entwurf eines Gesetzes über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Um- weltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35/EG (Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz) – den Entwurf eines Gesetzes zu dem Überein- kommen vom 25. Juni 1998 über den Zu- gang zu Informationen, die Öffentlichkeits- beteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangele- genheiten (Aarhus-Übereinkommen) (Tagesordnungspunkt 17 a bis c) Das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz, das Öffentlich- keitsbeteiligungsgesetz und das Aarhus-Übereinkom- men-Gesetz stellen wichtige Änderungen im bisherigen Umweltrecht dar, die zu mehr Transparenz und – durch die Einführung der Verbandsklage im Umweltrecht – zu verbessertem Rechtsschutz führen werden. Allerdings bezweifeln die Unterzeichner, dass das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz in der vorliegenden Fas- sung den Vorgaben gerecht wird, die durch das Aarhus- Übereinkommen vom 25. Juni 1998 und durch die EU- Richtlinie 2003/35/EG bestehen. So wird vor allem die Beschränkung des Verbandsklagerechts auf subjektiv-öf- fentliche Rechte auch in der juristischen Fachliteratur kontrovers diskutiert. Die Unterzeichner sind der Auf- fassung, dass die europarechtlichen Ziele, wonach der betroffenen Öffentlichkeit ein weiter Zugang zu den Ge- richten gewährt werden soll, nur durch ein unbeschränk- tes Verbandsklagerecht umgesetzt werden können. Nur a A i s R f g s e i d T v d m i d e M A s d d u d g s d z r v d A r d K R w h P d t d a k f e ß e (C (D uf diesem Weg werden die Verbände die Interessen der llgemeinheit vertreten können, die sich zum Beispiel m Klimaschutz, im Naturschutz oder im Gewässer- chutz ergeben und die gerade nicht nur auf individuelle echte einzelner Bürgerinnen und Bürger abzielen. Angesichts des anhängigen Vertragsverletzungsver- ahrens und des Diskussionsstandes zwischen Bundesre- ierung, Bundesrat und Bundestag ist jedoch eine Be- chlussfassung in der bisherigen Fassung unumgänglich. Die Unterzeichner gehen jedoch davon aus, dass die uropäische Rechtsentwicklung ihre Fortsetzung auch m innerstaatlichen Recht finden wird. Es ist zu hoffen, ass sich die Einsicht durchsetzt, wonach ein Mehr an ransparenz und an gerichtlicher Kontrolle zu Fehler- ermeidung und größerer Akzeptanz führen werden. In iesem Zusammenhang wird auch überprüft werden üssen, ob eine bessere Beteiligung der Öffentlichkeit m Rahmen des Öffentlichkeitsbeteiligungsgesetzes urch die Nutzung von Internet oder Tageszeitungen zu rzielen ist oder durch die verbindliche Nutzung beider edien. nlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Fairen Wettbewerb in der Entsorgungswirtschaft ermöglichen – Steuerprivilegien öffentlich-rechtlicher Unter- nehmen abschaffen (Tagesordnungspunkt 16) Klaus-Peter Flosbach (CDU/CSU): Die FDP pricht heute ein Thema an, das insbesondere vor Ort, in en Kommunen wohlbekannt ist. Es geht nicht allein um ie konkrete Forderung der FDP, die Steuern zu erhöhen nd zukünftig die öffentlich-rechtlichen Unternehmen, ie die Abwasserentsorgung durchführen, als Betriebe ewerblicher Art einzustufen mit allen ertrags- und um- atzsteuerlichen Konsequenzen. Es geht hier auch um ie verfassungsrechtlich abgesicherten und seit Jahr- ehnten in der Praxis bewährten Selbstverwaltungs- echte der Städte und Gemeinden. Deshalb erfordert die ielschichtige Problematik einer möglichen Besteuerung er Abwasser- und Abfallentsorgung eine differenzierte useinandersetzung. Auch wir denken, dass überprüft werden sollte, ob ju- istische Personen des öffentlichen Rechts im Bereich er Abwasser- und Abfallentsorgung im Hinblick auf die örperschaftsteuer, Gewerbesteuer und Umsatzsteuer zu echt befreit sind oder ob ungerechtfertigte Wettbe- erbsvorteile gegenüber privaten Wettbewerbern vor- anden sind bzw. Vorteile vorhanden sind, die eine rivatisierung öffentlicher Leistungen überhaupt verhin- ern. Nun hat der Koalitionsvertrag festgehalten – ich zi- iere: „Die Kommunen sollen auch in Zukunft eigenstän- ig über die Organisation der Wasserversorgung wie uch der Abfall- und Abwasserentsorgung entscheiden önnen. Das Steuerprivileg für die Abwasser- und Ab- allentsorgung soll erhalten bleiben.“ Damit könnten wir igentlich den Tagungsordnungspunkt wegen abschlie- ender Übereinstimmung in den Koalitionsparteien be- nden. 6256 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 (A) ) (B) ) Dieser Koalitionsbeschluss deckt sich mit den Be- schlüssen der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder sowie den Beschlüssen der kommunalen Spitzenverbände. Denn in dem derzeitigen Rechtssystem wird die Behandlung der Entsorgung als hoheitliche Aufgabe verstanden. Es geht folglich nicht nur um eine steuersystematische Frage. Wir müssen uns mit sämtlichen Rahmenbedingungen auseinander setzen. Hier müssten Bundes- und Landesgesetzgeber für die Abwasserbeseitigung ein durchgehendes System dahin gehend schaffen, dass kommunale Pflichtaufgaben zu- künftig auf private Unternehmen vollständig übertragen werden können. Dies wäre vergleichbar mit der Aus- gangssituation im Bereich der Energie- und Wasserver- sorgung. Damit werden eine Fülle verfassungsrechtli- cher, fachgesetzlicher, kartellrechtlicher, steuerlicher, finanzwirtschaftlicher und organisatorischer Fragestel- lungen angesprochen. Denn aus Sicht der Gemeinde muss im Ergebnis folgendes klar sein: Ein privatwirt- schaftliches Unternehmen, das einen Auftrag zur Durch- führung von Abwasser- und Abfallaufgaben hat, müsste dafür auch haftbar gemacht werden. Die Haftung kann dann nicht bei der Gemeinde verbleiben. Heute ist zum Beispiel die Aufgabe der Abfallentsor- gung als Pflichtaufgabe den öffentlich-rechtlichen Ent- sorgungsträgern übertragen. Dies hat zur Folge, dass sich diese Entsorgungsträger nicht ihrer Verantwortung zur ordnungsgemäßen Durchführung der Abfallentsor- gung entziehen können. Sie müssen die erforderlichen Einrichtungen und Anlagen vorhalten und die Funkti- onstüchtigkeit jederzeit sicherstellen. Deshalb mag man die steuerliche Privilegierung von öffentlich-rechtlichen Unternehmen aus Wettbewerbsgründen sicherlich hin- terfragen. Auf dem hochsensiblen Bereich der Daseins- vorsorge sind jedoch Schnellschüsse, wie von der FDP offensichtlich ins Auge gefasst, nicht angezeigt. Hier be- darf es einer maßvollen Annährung. Für die meisten Bürger wird eine Frage von besonde- rem Interesse sein: Wird die Überführung hoheitlicher Tätigkeiten in den privatwirtschaftlichen Bereich durch die dann einsetzende Besteuerung höhere Gebühren ver- ursachen und damit für den Bürger teurer? Zwar können die steuerlichen Auswirkungen im Einzelfall zum Bei- spiel durch die Zusammenfassung von Ver- und Entsor- gungseinrichtungen und damit verbundenen Synergieef- fekten reduziert werden. Die bisherigen Untersuchungen haben jedoch ergeben – auch wenn sie von der FDP bezweifelt werden – dass sich zum Beispiel die Abwas- serentsorgung für die Bürger verteuern wird, wenn sie steuerlich als Betrieb gewerblicher Art behandelt wird. Die Bundesregierung hält in ihrem Bericht zur Mo- dernisierungsstrategie für die deutsche Wasserwirtschaft und für ein stärkeres internationales Engagement der deutschen Wasserwirtschaft vom 16. März 2006 fest, dass eine Steuerpflicht im Bereich der Abwasserentsor- gung ohne Mehrbelastung des Verbrauchers und der ge- werblichen Wirtschaft nicht möglich ist. Ebenso ist eine Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes auf die Abwasserentsorgung nach der 6. EG-Richtlinie nicht möglich. Auch das dort näher untersuchte Optionsmo- d w v r b m K n w d g r d m d H b H a t i A f d b d f s m d g h e n b s W g B d k c n n a R s H G s d s v s v (C (D ell, wonach die Gebietskörperschaft als Träger des Ab- asserentsorgungsgebiets für einen begrenzten Zeitraum on zum Beispiel drei bis fünf Jahren auf die Besteue- ung verzichten kann, soll das Problem etwaiger Mehr- elastungen nicht befriedigend lösen. Es ist daher zu- indest zum jetzigen Zeitpunkt sinnvoll, dass die ommunen auch in Zukunft selbstständig über die Orga- isationsform der Betriebe der Abfallwirtschaft und Ab- asserentsorgung entscheiden können. Nun hat insbesondere der Bundesrechnungshof gefor- ert, die Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand rundsätzlich zu überdenken und das nationale Steuer- echt an die EU-rechtlichen Vorgaben anzupassen; denn ie öffentliche Hand trete in ein Konkurrenzverhältnis it der Privatwirtschaft und damit sei es aus Gründen er Wettbewerbsgleichheit geboten, der öffentlichen and keine steuerlichen Vorteile einzuräumen. Lediglich estimmte hoheitliche Kernbereiche der öffentlichen and, die einen Wettbewerb mit privaten Unternehmen usschließen, dürften der Besteuerung entzogen bleiben. Veränderungen diesbezüglich haben sich in den letz- en Jahren im Bereich der Abfallentsorgung ergeben, nsbesondere als Folge des Kreislaufwirtschafts- und bfallgesetzes. Dieses Gesetz hat die Abfallwirtschaft ür den Markt geöffnet, auch wenn immer noch die An- ienungs- und Überlassungspflichten spezieller Abfälle estehen. Hier wird deutlich, dass die öffentliche Hand ie Abfallentsorgung zur Daseinsvorsorge zählt und sie ür sich in Anspruch nimmt. Gerade im Bereich der Abwasserbeseitigung befindet ich das größte Know-how im Besitz der Städte und Ge- einden, die in der Vergangenheit nahezu ausschließlich iese Aufgabe in der Bundesrepublik Deutschland wahr- enommen haben. Auch die Rechtsprechung des BFH at die Abwasserbeseitigung dem hoheitlichen Bereich iner Gemeinde zugeordnet. Und unterschätzen Sie bitte icht dieses Thema vor Ort in unseren Kommunen. Ne- en der Entsorgungssicherheit achten die Bürger insbe- ondere auf die Kosten bzw. Gebührenbelastungen. enn Sie als FDP zukünftig die Entsorgungseinrichtun- en der Steuerpflicht unterwerfen wollen, um privaten etreibern eine größere Chancengleichheit gegenüber er öffentlichen Hand einzuräumen, muss schon der onkrete Beweis erbracht werden, dass Entsorgungssi- herheit gewährleistet ist und sich auch zusätzliche fi- anzielle Vorteile für die Bürger ergeben. Allein ord- ungspolitische Gesichtspunkte werden hier nicht usreichen. Wir erwarten einen größeren Einfluss durch die EU- echtsprechung. Ein Urteil zur mangelnden Umsatzbe- teuerung von Einrichtungen des öffentlichen Rechts mit inweis auf Wettbewerbsverzerrungen kann in ihrer rundsatzwirkung insbesondere auch für die umsatz- teuerliche Behandlung der Abwasserentsorgung und er Abfallentsorgung Wirkung entfalten. Wir werden im Finanzausschuss die Einzelheiten be- prechen. Steuersystematisch werden folgende Fragen on Bedeutung sein: Inwiefern kommt bei einer Umsatz- teuerpflicht ein Vorsteuerabzug für bereits getätigte In- estitionen in Betracht? Und: Ist eine Billigkeitsregelung Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 6257 (A) ) (B) ) möglich, die bei einem Übergang in die Steuerpflicht eine nachträgliche Inanspruchnahme des Vorsteuerab- zugs ermöglicht? Im oben genannten Bericht der Bun- desregierung zur Modernisierungsstrategie wird dies verneint. Es geht bei diesem Thema also um mehr als eine Frage der Steuersystematik. Eine Bund-Länder-Arbeits- gruppe arbeitet seit langem an Lösungsvorschlägen. Eine einfache Lösung mit einer Steuererhöhung für die öffentlich-rechtlichen Unternehmen wird es sicherlich nicht geben. Lydia Westrich (SPD): Im Koalitionsvertrag haben CDU/CSU und SPD vereinbart, dass die Kommunen auch in Zukunft eigenständig über die Organisation der Wasserversorgung wie auch der Abfall- und Abwasser- entsorgung entscheiden können sollen. Dabei soll auch das Steuerprivileg für die Abwasser- und Abfallentsor- gung beibehalten werden. Das ist, wie alles im Koali- tionsvertrag, eine wohl durchdachte Passage, die sich auf die bisherige gute Praxis in diesem Bereich gründet. Die Abwasserentsorgung ist zentraler Bestandteil der kom- munalen Daseinsvorsorge, eingebettet im Recht auf kommunale Selbstverwaltung. Ich weiß aus meinen eigenen Erfahrungen in kommu- nalen Ämtern, dass die Kommunen ihre Sache gut ma- chen. Sie erbringen die Abwasserbeseitigung flächende- ckend in wirklich hoher Qualität. Dabei sind die Preise moderat und flexibel. Ich entscheide Jahr für Jahr in meinem Gemeinderat über die Abwasserpreise. Wir können sofort reagieren auf Einsparungen, niedrigere Ausschreibungen und wie letztes Jahr zum Beispiel die niedrigeren Kosten sofort an die Verbraucher weitergeben, ohne auf die Gewinn- erwartungen von Aktionären Rücksicht nehmen zu müs- sen. Ich bin ein bißchen erschüttert über den felsenfesten Glauben der Kolleginnen und Kollegen aus der FDP- Fraktion über die Wirkungen des freien Marktes auf al- len Ebenen und in allen Bereichen. Inzwischen gibt es mindestens ebenso viele Beispiele, dass Privatisierung weder zu Minimierung der Kosten noch zur Versor- gungssicherheit beiträgt, wie Sie positive Beispiele in Ihrem Antrag anführen. Ich brauche nur an die liberali- sierte Energieversorgung und die jüngsten Ereignisse dazu erinnern. An die Diskussion über hohe Gewinne und veraltete Netze oder Strommasten bei gleichzeitig hohen Gebühren. Dabei behaupte ich keineswegs, dass staatliche Betriebe alles besser könnten, sondern erwarte nur eine differenzierte Betrachtung, auch von Ihnen. Aber hier zeigt sich eine Betonhaltung, die einer libera- len und sich einen modernen Anstrich gebenden Partei wie der FDP eigentlich nicht angemessen ist. Sie brauchen nur ihre wenigen, aber sicher kompeten- ten Kommunalpolitiker zu fragen. Ich habe mit meinen FDP-Kollegen im Gemeinderat gesprochen. Die halten nichts von Ihrem Antrag. Diese, Ihre Parteifreunde, ken- nen und begleiten unsere effektive Abwasserentsorgung vor Ort, die beträchtliche Synergieeffekte und Rationali- s w g l d z d F s c m d b N a r r t a u r m l G w e v f d n o a o d e S g S V g w m e s l p h s h m a l D n K S (C (D ierungsreserven in unserer Selbstverwaltung beinhaltet ie die gemeinsame Verwaltung, die koordinierte Auf- abenerfüllung, die gute Kapitalausstattung und die er- eichterte günstige Kapitalbeschaffung. Dazu kommen ie gründlichen örtlichen Kenntnisse und die Ausnut- ung der regionalen Potenziale in vielfältiger Art, sei es ie Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft oder mit der achhochschule und Forschungsinstituten, die zum Bei- piel ein Biomassenkraftwerk konzipierten. Die erhebli- hen Kosten senkenden Rationalisierungseffekte kom- en unmittelbar den Verbrauchern zugute. Ich habe die Beschreibung unseres Abwasserwerkes irekt aus Ihrem Antrag übernommen. Allerdings waren ei Ihnen wohl eher die privaten Unternehmen gemeint. atürlich trifft das auch dort zu. Die Betonung liegt aber uf dem „auch“. Seltsam ist nur, dass Sie mit der Forde- ung nach Liberalisierung gleichzeitig auch die Forde- ung nach Steuergeschenken erheben wie den ermäßig- en Mehrwertsteuersatz für das Abwasser zu erhalten, nalog wie es ihn für das Lebensmittel Wasser gibt. Sie reden von wettbewerblicher Ungleichbehandlung nd stellen dann die These auf, dass – ich zitiere aus Ih- em Antrag – „die Privatwirtschaft gegenüber der Kom- unalwirtschaft derartige hohe Kostensenkungsmög- ichkeiten sieht, dass die Frage der Besteuerung für die ebührenhöhe nur von untergeordneter Bedeutung sein ürde.“ Für was ist sie dann von Bedeutung, dass Sie ihr inen ganzen Antrag widmen? Denn im nächsten Satz erlangen Sie wieder staatliche Hilfe durch die Abschaf- ung der Abwasserabgabe, die dem Umweltschutz und er Kontrolle der Gewässerreinheit dient und sowieso ur in entsprechenden Fällen erhoben wird. Können es denn die privaten Unternehmen nun besser der soll der Staat Aufgaben, die er gut gemacht hat, uslagern, mit Steuergeschenken versehen natürlich, hne die Sicherheit, dass die Verbraucher im Endeffekt avon profitieren? Erst neulich habe ich im Fernsehen inen Bericht über die privatisierte Wasserversorgung im tuttgarter Raum gesehen. Mit den gleichen Begründun- en wie in Ihrem Antrag: Mit dem Versprechen von ynergie- und Rationalisierungseffekten und günstiger erbraucherpreise haben die Betreiber die Wasserversor- ung übernommen. Nur der Wasserpreis hat sich keines- egs verbilligt, beim Verbraucher ist nichts angekom- en und die Investitionen werden ebenfalls nicht im rforderlichen Maße vorgenommen. Das Urteil im Fern- ehbericht war: Hier hat sich Privatisierung nicht ge- ohnt. Die Städte und Gemeinden sind gesetzlich dazu ver- flichtet, die Abwasserbeseitigung für die Bürger dauer- aft zu gewährleisten, egal wo und egal wie die land- chaftlichen Gegebenheiten sind. Ich weiß, was das eißt, wenn Leitungen bergauf, bergab gelegt werden üssen, wenn Aussiedlerhöfe und kleinste Ortschaften n das Netz angeschlossen werden müssen, Schilfkläran- agen, Pumpstationen und anderes installiert werden. as kann kostengünstig für die Verbraucher eigentlich ur durch Unternehmen erledigt werden, die wie unsere ommunen keine Gewinnerzielungsabsicht verfolgen. ie haben die Entsorgungssicherheit zu gewährleisten 6258 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 (A) ) (B) ) für alle, und deshalb ist das Steuerprivileg für diese Auf- gaben zu Recht im Koalitionsvertrag festgeschrieben. Sie berufen sich in Ihrem Antrag auf einen Bericht des Bundesrechnungshofes aus 2004, der die Wettbe- werbsneutralität aus umsatzsteuerlicher Sicht anmahnt. Ich habe in den letzten Jahren bis zur kürzlichen An- hörung zum Jahressteuergesetz miterlebt, wie ungeniert die Kollegen und Kolleginnen aus der Fraktion Anmer- kungen des Bundesrechnungshofes beiseite schieben können, wenn es zum Beispiel um Umsatzsteuermiss- brauchsbekämpfung geht, wenn es sich um die Siche- rung von Staatseinnahmen, oft in Milliardenhöhe, dreht. Hier, wenn es Ihnen in den Kram passt, nehmen Sie den Rechnungshof als Kronzeugen. Aber Sie wissen, oder auch nicht, dass es schon längst eine Bund-Länder-Ar- beitsgruppe gibt, die aus Vertretern der Bereiche Körper- schaftsteuer und Umsatzsteuer besteht und ein Gesamt- konzept zur künftigen Besteuerung der öffentlichen Hand erarbeitet. Die Koalition nimmt den Bundesrechnungshof eben in allen Fragen ernst. Es hat keinen Sinn immer wieder Stückwerk zu produzieren. Das ist doch für uns alle eine Gesamtaufgabe, der Sie, Kolleginnen und Kollegen von der FDP Ihre Arbeitskraft besser widmen könnten, als von Selbstverpflichtungen von Unternehmen zu räsonie- ren, deren Einhaltung Sie den Verbrauchern überhaupt nicht garantieren können. Sie führen in Ihrem Antrag selbst schon weitere mögliche Betätigungsfelder wie Abfallwirtschaft und Stadtreinigung an. Sie wissen, dass bei Ihren weitreichenden Forderungen ohne die Länder gar nichts geht. Also warten wir den Bescheid der Bund-Länder-Ar- beitsgruppe ab. Er wird auch eine Prüfung der europa- rechtlichen Zulässigkeit des geltenden Rechts sowie ei- nen internationalen Vergleich bei der Besteuerung der wirtschaftlichen Aktivitäten der öffentlichen Hand ent- halten. Auf dieser fundierten Grundlage wird die Koali- tion nach Lösungsmöglichkeiten suchen, wenn wir sie denn brauchen. Auch die FDP-Fraktion brauchte keinen sich selbst widersprechenden Antrag vorzulegen, son- dern kann dann bei ihren Forderungen auf eine ausführli- che Datenbasis zurückgreifen. Ihren jetzigen Antrag leh- nen wir ab. Er kostet den Steuerzahler mindestens 350 Millionen Euro und bietet für den Verbraucher kei- nerlei Sicherheit auf niedrigere Gebühren und flächende- ckende Versorgung. Horst Meierhofer (FPD): Wasserversorgung und Abwasserentsorgung sind besonders sensible Wirt- schaftsbereiche. Trinkwasser ist das Lebensmittel und damit schutzbedürftig. Für Wasserversorgung und Ab- wasserentsorgung müssen deshalb besonders anspruchs- volle Qualitätsstandards gelten. In Deutschland sind diese Standards vorbildlich. Qualitative europäische Vorgaben werden sogar über die Maßen eingehalten. An all dem wollen wir natürlich auch für die Zukunft nichts ändern. Vergleichbare Qualitätsstandards wie bei uns gibt es in Holland und in Österreich. Dennoch sind die Abwas- s G l S i g g w i K k w h i l r u g K P g s r t A l s B w l m r n i a d w w l s s G t s k A n b S g d v a d g d (C (D ergebühren in diesen Ländern deutlich niedriger. Der rund für die in Deutschland besonders hohe Kostenbe- astung der Wasserverbraucher muss also an anderer telle liegen. Wasserversorgung und Abwasserentsorgung werden n Deutschland ungleich behandelt. Die Wasserversor- ung ist – unabhängig von der Rechtsform des jeweili- en Unternehmens – eine wirtschaftliche Tätigkeit. Ob- ohl sie der sensibelste Bereich der Wasserwirtschaft st, zählt sie nicht mehr zu den Hoheitsaufgaben der ommunen. Die Folge: Die Wasserversorgung ist stets örperschafts-, gewerbe- und umsatzsteuerpflichtig, enn auch zum reduzierten Satz. Dagegen gehört die Abwasserentsorgung zu den ho- eitlichen Aufgaben der Gemeinden. Die Besteuerung m Abwasserbereich richtet sich deshalb nach der jewei- igen Organisationsform des Unternehmens: Öffentlich- echtliche Unternehmen unterliegen nicht der Gewerbe- nd Körperschaftsteuerpflicht. Privatrechtliche Kapital- esellschaften entrichten sowohl Gewerbe- als auch örperschaftsteuer. Gleiches gilt für die Umsatzsteuer: rivatrechtliche Unternehmen müssen auf ihre Leistun- en den vollen Umsatzsteuersatz erheben – auch wenn ie vollständig in öffentlicher Hand stehen. Öffentlich- echtlich organisierte Betriebe sind dazu nicht verpflich- et. Den gleichen Wirrwarr gibt es übrigens auch in der bfallwirtschaft. Eine steuerliche Bevorzugung öffent- ich-rechtlicher Organisationsformen findet hier insbe- ondere bei der Entsorgung von Abfällen gewerblicher etriebe und von Sonderabfällen statt. Man muss sich irklich fragen, ob diese steuerliche Ungleichbehand- ung in der Entsorgungswirtschaft gerechtfertigt ist. Ich eine, fairer Wettbewerb sieht anders aus. Das Steuer- echt darf Unternehmen verschiedener Rechtsformen icht unterschiedlich behandeln, wenn diese zueinander n Konkurrenz treten können. Die jetzige Regelung führt ber zu einer deutlich höheren steuerlichen Belastung er Privatunternehmen und damit zu einem Wettbe- erbsnachteil, der sich national und international aus- irkt. Hinzu kommt, dass die Nichtbesteuerung der öffent- ich-rechtlichen Entsorger europarechtlich – um es vor- ichtig auszudrücken – sehr bedenklich ist. Im Gemein- chaftsrecht gilt für die Umsatzbesteuerung der rundsatz der Wettbewerbsneutralität. Das bedeutet: Be- ätigt sich die öffentliche Hand wirtschaftlich und tritt ie damit in Konkurrenz zur Privatwirtschaft, dürfen ihr eine steuerlichen Vorteile eingeräumt werden. Diesen nforderungen muss auch das deutsche Steuerrecht ge- ügen. Aus diesem Grund hat übrigens der Bundesver- and der Deutschen Entsorgungswirtschaft bereits im ommer eine Beschwerde bei der EU-Kommission ein- ereicht. Der Antrag der FDP-Bundestagsfraktion zielt deshalb arauf ab, die Abwasserentsorgung und die Trinkwasser- ersorgung steuerlich gleich zu behandeln. Vor allem ber fordern wir die Schaffung einer Rechtslage, nach er alle Abwasserentsorger – gleich welcher Rechtsform – ewerbe-, körperschaft- und umsatzsteuerpflichtig wer- en. Gleiches muss natürlich für die Abfallwirtschaft Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 6259 (A) ) (B) ) gelten. Schließlich sind faire Wettbewerbsbedingungen für eine funktionierende Marktwirtschaft unerlässlich. Dass die steuerliche Gleichbehandlung zwangsläufig zu steigenden Abwassergebühren für die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land führt, stimmt so pauschal nicht. Die Gründe, die dagegen sprechen haben, wir in unserem Antrag ausführlich erläutert. Noch einmal herausheben möchte ich folgende Punkte: Zum einen ist die steuerliche Belastung der Ab- wasserentsorger in Europa fast nirgendwo so niedrig wie in Deutschland – aber kaum irgendwo ist die Abwasser- entsorgung so teuer wie bei uns. Der Grund, weshalb pri- vate Haushalte in Deutschland so hohe Abwassergebüh- ren zahlen müssen, kann also nicht in der Besteuerung liegen. Dafür gibt es andere Gründe und dies ist vor al- lem der fehlende Wettbewerb. Zum anderen belegen zahlreiche Beispielsfälle in Deutschland, dass sich pri- vate Unternehmen in Ausschreibungswettbewerben ge- gen öffentlich-rechtlich organisierte Mitbewerber durch- gesetzt haben. Die momentan bestehende einseitige steuerliche Begünstigung kommunaler Entsorgungsbe- triebe hat dem Verbraucher bislang nichts gebracht. Sie kommt beim Verbraucher nicht an. Darüber hinaus kön- nen Industrie- und Gewebekunden kommunaler Entsor- gungsunternehmen nach der momentanen Rechtslage keinen Vorsteuerabzug vornehmen. Daraus ergibt sich für diese Kunden ein massiver Standortnachteil. Nach Aussage des BDE haben einzelne Städte wie Magde- burg, Chemnitz und Leipzig dieses Problem erkannt und ihren kommunalen Betrieb als GmbH organisiert, der die Umsatzsteuer ausweist. Allen Argumenten zum Trotz soll nach dem Willen der großen Koalition das Steuerprivileg öffentlich-recht- licher Entsorger beibehalten werden. In Ihrem Koali- tionsvertrag haben Sie die Bewahrung der kommunalen Hoheit über die Wasserwirtschaft vereinbart. Sie haben diese sogar noch über die Vereinbarung Ihrer Vorgänger- regierung ausdrücklich auf den Bereich der Abwasser- entsorgung ausgedehnt. Und dabei hat der Wirtschaftsrat der CDU noch im Mai 2005 ausdrücklich die „Gleich- stellung von Wasserversorgung und Abwasserbeseiti- gung bei der Umsatzsteuer – unabhängig ob in kommu- naler oder privater Trägerschaft“ – ausdrücklich gefordert. Hinzu kommt die von der Bundesregierung für das kommende Jahr beschlossene allgemeine Erhö- hung der Umsatzsteuer um drei Prozentpunkte. Diese wird die Folgen der steuerlichen Ungleichbehandlung noch weiter verschärfen. Für uns von der FDP-Bundestagsfraktion besteht deshalb Handlungsbedarf. Die zitierte Vereinbarung im Koalitionsvertrag ist ökologisch unbegründet, ökono- misch widersinnig und europarechtlich bedenklich. Ich fordere die große Koalition deshalb auf: Ermöglichen Sie einen fairen Wettbewerb in der Entsorgungswirt- schaft und schaffen Sie die Steuerprivilegien der öffent- lich-rechtlichen Unternehmen ab. Dr. Axel Troost (DIE LINKE): Das Schöne an Ihrer Partei ist ja, dass sie in der Steuerpolitik eigentlich eine relativ simple Programmatik vertritt, nämlich Steuern r H e S w k a j E P D A s e s B z B d S r t g r i r D d g r k D e s t u u w a e b A m e V d s s n N D e (C (D unter, Steuern runter und noch einmal Steuern runter. eute aber legen Sie uns – ganz im Gegensatz zur Steu- rn-runter-Programmatik – einen Antrag vor, in dem Sie teuern rauf fordern und damit höhere Kosten für Ab- asser und Abfall für die Bürgerinnen und Bürgern. Es verwundert schon, wenn die Partei der Steuersen- er und Besserverdiener den Bürgerinnen und Bürgern uf einmal Steuererhöhungen zumutet. Da muss es Ihnen a schon um etwas sehr Wichtiges gehen. Und in der Tat: s geht um nicht weniger als darum, flächendeckende rivatisierungen im Abwasserbereich zu ermöglichen. azu sagt die Fraktion Die Linke klar Nein. Bislang müssen Kunden von öffentlich-rechtlichen bwasserentsorgern keine Umsatzsteuer zahlen. Steuer- ystematisch ist das durchaus plausibel. Die Abwasser- ntsorgung ist eine hoheitliche Aufgabe der Daseinsvor- orge. Mir leuchtet nicht ein, warum Bürger und ürgerinnen für eine hoheitliche Aufgabe Umsatzsteuer ahlen sollen. Schließlich gelten Kommunen und nicht ürger und Bürgerinnen in diesem Fall als letzte Kun- en. Eine nachvollziehbare Logik, die kommunale elbstverwaltung und Daseinsvorsorge auch steuerlich eflektiert und nicht als Wirtschaftsunternehmen be- rachtet. Diese Regelung wird nun zum Problem für diejeni- en, die diesen Bereich der Daseinsvorsorge privatisie- en wollen. Privatrechtlich organisierte Anbieter müssen hren Kunden nämlich schon heute die Umsatzsteuer be- echnen. Völlig richtig stellt der Bundesverband der eutschen Entsorgungswirtschaft fest: Die Abschaffung ieser Regel ist der Schlüssel für weitere Privatisierun- en der Abwasserwirtschaft. Erst wenn auch öffentlich- echtliche Entsorger Mehrwertsteuer berechnen müssen, önnen Private auf breiter Front mit ihnen konkurrieren. ie Fraktion Die Linke sagt dazu aber: Weil Abwasser- ntsorgung eine hoheitliche Aufgabe der Daseinsvor- orge ist, darf Ziel nicht die Gewinnmaximierung priva- er Konzerne sein. Nein, Ziel muss die sichere und mweltschonende Abwasserentsorgung sein. Natürlich, es gibt sie, die Fälle von Missmanagement nd Fehlinvestitionen in der öffentlich-rechtlichen Ab- asserentsorgung. Das sage ich ganz deutlich. Ich sage ber auch: Missmanagement und Fehlinvestitionen gibt s genauso bei privaten Unternehmen. Und ich sage: Wir rauchen einen direkten demokratischen Einfluss auf die nbieter. Was mit dem Abwasser passiert, sollen Kom- unalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker vor Ort ntscheiden können und nicht die Chefetagen der großen ersorgungsunternehmen. Deswegen sagt die Fraktion Die Linke klar Nein zu em Antrag der FDP. Wir sagen klar Nein zu einem An- tieg der Kosten für Abwasser. Wir sagen deutlich – zu- ammen mit vielen Bürgerinitiativen – Ja zu einer moder- en Entsorgungswirtschaft, in der öffentlich-rechtliche on-Profit-Anbieter eine zentrale Rolle spielen. Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): ie Grünen sind für einen fairen Wettbewerb auf den inzelnen Märkten. Diesbezügliche marode Strukturen 6260 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 (A) ) (B) ) in Deutschland basieren häufig auf der Tatsache, dass es zu wenig Wettbewerb zwischen kommunalen Unterneh- men untereinander sowie zwischen kommunalen und privatrechtlichen Betrieben gibt. Nun haben wir in der Vergangenheit häufig schlechte Erfahrungen mit Privati- sierungen in unserem Land gemacht. Deshalb muss das Bekenntnis zu mehr Markt und Wettbewerb durch einen staatlichen Ordnungsrahmen untermauert werden, der dafür sorgt, dass Arbeitnehmerrechte gewährleistet blei- ben, Verbraucherinnen und Verbraucher nicht benachtei- ligt werden und soziale Gerechtigkeit nicht hinter den Interessen einzelner Unternehmen zurückfällt. Dem Staat kommt daher die Verantwortung zu, die Rahmen- bedingungen der Märkte durch klare Regelsetzungen zu definieren. Ein fairer Wettbewerb ist aber leider de facto wie in so vielen anderen Bereichen, in denen Steuerprivilegien nur den öffentlich-rechtlichen Unternehmen zugute kommen, auch bei der Entsorgungswirtschaft bisher nicht gewährleistet. So unterscheiden sich beispiels- weise die steuerlichen Rahmenbedingungen von Trink- wasser und Abwasser gravierend: Während für die Wasserversorgung ein einheitlicher ermäßigter Umsatz- steuersatz von 7 Prozent gilt, hängt die steuerliche Be- handlung der Abwasserentsorgung von der jeweiligen Organisationsform ab. Die Abwasserentsorgung für öf- fentlich-rechtliche Betriebe ist steuerfrei. Wird sie je- doch von privaten Unternehmen erbracht, gilt der volle Umsatzsteuersatz von 16 Prozent. Bei der Abfallwirt- schaft sieht die Sachlage genauso aus. Auch hier werden öffentlich-rechtliche Organisationen steuerlich bevor- zugt, insbesondere bei der Entsorgung von Abfällen aus gewerblichen Betrieben und Sondermüll. Die Koalition möchte diese wettbewerbsfeindliche Ungleichbehand- lung verstetigen und hat daher die Beibehaltung dieses Steuerprivilegs in ihre Koalitionsvereinbarung geschrie- ben. Für uns eine klare Absage an fairen Wettbewerb und freie Marktwirtschaft in unserem Land. Dabei sind die wirtschaftlichen Konsequenzen dieser Ungleichbehandlung immens und nicht von der Hand zu weisen. Die entstehenden Wettbewerbsnachteile für die Privatunternehmen wirken sich sowohl national als auch international aus. Insbesondere unsere mittelständischen Unternehmen ziehen hier den Kürzeren, wie das fol- gende Beispiel zeigt: Beteiligt ein öffentlich-rechtlicher Entsorger ein umsatzsteuerpflichtiges privates Unterneh- men an der Abwasserentsorgung, wird Umsatzsteuer fäl- lig. Diese schlägt sich zwar in den öffentlich eingefor- derten Gebühren nieder, wird aber im kommunalen Gebührenbescheid nicht ausgewiesen. Für die mittel- ständischen Unternehmen heißt das ganz platt: ohne Ausweis der Umsatzsteuer keine Möglichkeit zum Vor- steuerabzug! Wir sind der Meinung, dass die steuerlichen Rahmen- bedingungen für private und öffentliche Entsorger im Abwasser- und Abfallbereich endlich vereinheitlicht werden müssen. Das würde zu mehr Effizienz, Wettbe- werbsgleichheit und zu einer einheitlichen Reduzierung der steuerlichen Gesamtbelastung führen. Die steuerli- che Gleichbehandlung hätte darüber hinaus den Vorteil, dass beispielsweise eine Zusammenführung von Wasser- u D g s n G d E T s d d b n f w l s c u r W A h A I 1 g J u U e e (C (D nd Abwasserentsorgung wesentlich vereinfacht würde. ie daraus resultierenden Synergieeffekte und Effizienz- ewinne sowohl in technischer als auch in betriebswirt- chaftlicher Hinsicht würden zur Schließung der regio- alen Wasserkreisläufe beitragen und letztlich zu einem ebührenrückgang führen. Im Übrigen bildet Deutschland neben Irland hier wie- er einmal eine unrühmliche Ausnahme innerhalb der U. Denn in allen anderen Mitgliedstaaten werden rinkwasser- und Abwasserentsorgung mittlerweile teuerlich gleich behandelt. Nun wird als Argument für en Erhalt des Status quo in Deutschland ja immer wie- er gerne darauf verwiesen, dass eine steuerliche Gleich- ehandlung verschiedener Organisationsformen zu ei- er Erhöhung der Gebühren auf dem Entsorgungsmarkt ühren würde – ein Argument, das nicht stichhaltig ist, enn wir uns vor Augen führen, dass gerade Deutsch- and im europäischen Vergleich besonders hohe Abwas- ergebühren hat. Wir fordern deshalb die Regierung auf, die steuerli- hen Ungleichbehandlungen auf dem Entsorgungsmarkt mgehend zu beseitigen und im Sinne der Verbrauche- innen und Verbraucher für einen fairen und gerechten ettbewerb zu sorgen! nlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – Entwurf eines Gesetzes über die Öffentlich- keitsbeteiligung in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35/EG (Öffent- lichkeitsbeteiligungsgesetz) – Entwurf eines Gesetzes über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Um- weltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35/EG (Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz) – Entwurf eines Gesetzes zu dem Übereinkom- men vom 25. Juni 1998 über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteili- gung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegen- heiten (Aarhus-Übereinkommen) (Tagesordnungspunkt 17 a bis c) Andreas Jung (Konstanz) (CDU/CSU): Wir werden eute endlich die Ratifizierung und die Umsetzung des arhusübereinkommens in deutsches Recht beschließen. ch sage „endlich“, weil das Übereinkommen im Jahr 998 beschlossen wurde und seitdem acht Jahre vergan- en sind. Wir sind damit die Letzten in Europa. Sieben ahre davon ist überhaupt nichts passiert, nichts wurde mgesetzt. Es waren die sieben Jahre eines grünen mweltministers – dieser Hinweis sei an dieser Stelle rlaubt. Bevor ich zu speziellen Punkten komme, möchte ich inige grundsätzliche Anmerkungen machen. Die Um- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 6261 (A) ) (B) ) setzung von „Aarhus“ in verbindliches deutsches Recht mit dem Öffentlichkeitsbeteiligungsgesetz und dem Um- welt-Rechtsbehelfsgesetz bedeutet einen ganz erhebli- chen Fortschritt für die Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger in Umweltfragen. Im Verfahrensrecht gehen wir den bedeutenden Schritt von einer bloßen Anhörung der Bürger zur Bürgerbeteiligung. Wir verpflichten die Be- hörden, im Vorfeld einer Entscheidung detailliert über das infrage stehende Vorhaben zu informieren, die Ein- wände aus der Bürgerschaft aufzunehmen und in die Entscheidung einfließen zu lassen. Das alles bedeutet mehr Transparenz. Und mehr Transparenz wird zu mehr Akzeptanz führen und damit zu weniger gerichtlichen Verfahren. Was diese Verfahren nun angeht, möchte ich auf eine Sache hinweisen: Es wir künftig zusätzliche Klagemög- lichkeiten geben. Neben den Bürgerinnen und Bürgern wird im Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz auch den im Um- welt- und Naturschutz engagierten Verbänden eine Kla- gebefugnis zuerkannt, nicht so weitgehend wie diese es sich gewünscht hätten. Aber unbestritten ist: Aus Sicht der Verbände ist das ein Fortschritt gegenüber dem Sta- tus quo. Deshalb – wenn jetzt Kritik vonseiten der Fraktion der Grünen kommt – rate ich Ihnen, diese Kritik nicht zu übertreiben und unser Gesetz nicht an dem zu messen, was Sie als Wunschvorstellungen haben, sondern an dem, was Sie selbst in sieben Jahren umgesetzt haben. Das ist nun einmal nicht zu bestreiten: Die große Koalition hat in einem Jahr mehr gemacht als Rot-Grün in sieben Jahren. Während nun einerseits an diesem Punkt in der ersten Le- sung der Gesetze kritisiert wurde, es würde zu wenig ge- macht, ist andererseits – insbesondere von der FDP – ge- sagt worden, wir würden zu viel machen, würden über die angestrebte Eins-zu-eins-Umsetzung hinausgehen. Wir haben angekündigt, diese Einwände genauso wie die Stel- lungnahme des Bundesrats ergebnisoffen zu prüfen, und die jetzt eingebrachten Änderungsanträge der Koalition sind auch Ausdruck dessen und die fast ausnahmslose Zu- stimmung der FDP zu diesen Anträgen Beleg hierfür. Einen Punkt möchte ich dabei besonders herausgrei- fen: die Änderung von § 4 Abs. 1 des Rechtsbehelfsge- setzes gegenüber der ursprünglichen Fassung. Diese hätte nach unserer Auffassung die Gefahr mit sich ge- bracht, dass auch solche Verfahrensfehler zur Aufhe- bung von Entscheidungen geführt hätten, die für den In- halt der Entscheidung ohne jeglichen Belang gewesen sind. Damit hätten wichtige Investitionsvorhaben wegen formaler, nicht maßgeblicher Fragen über Jahre verhin- dert werden können. Dies kann niemand wollen, der für eine Stärkung des Wirtschaftstandortes Deutschland ar- beitet. Aus diesem Grund haben wir nun einen Vorschlag des Bundesrates aufgegriffen und die Vorschrift so ge- fasst, dass eine Aufhebung der Entscheidung auf evi- dente Fälle von Verfahrensverstößen begrenzt wird. Im Ergebnis wird der Umweltschutz damit nicht ge- schwächt, den inhaltlichen Belangen wird voll Rech- nung getragen, Förmelei wird aber verhindert. Eine engagierte Diskussion haben wir über die in § 10 Abs. 3 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes enthaltene V D d P c v c g A o g h e c u r A d z w e d a u g s d t z a b d A b s D w m U t d f u r s H h s g B t t F (C (D eröffentlichungspflicht in den letzten Tagen geführt. abei stand die Frage im Mittelpunkt, ob mit der Lösung es Gesetzentwurfes, nach dem die Veröffentlichung der lanungen eines Vorhabens im amtlichen Veröffentli- hungsblatt und außerdem in örtlichen Tageszeitungen orgesehen war, größtmögliche Transparenz zu errei- hen ist oder durch den Weg, den der Änderungsantrag eht, nach dem zusätzlich zur Veröffentlichung im mtsblatt alternativ die Veröffentlichung in der Zeitung der der Weg über eine Bekanntmachung per Internet ewählt werden kann. Niemand, auch keine der Fraktionen dieses Hauses, at sich dafür ausgesprochen – jedenfalls sind mir keine ntsprechenden Anträge bekannt –, die Veröffentli- hung müsse über alle drei Wege – Amtsblatt, Zeitung nd Internet – erfolgen. Damit bleibt die Frage: Wie er- eichen wir mehr Personen: Amtsblatt plus Zeitung oder mtsblatt plus Zeitung oder Internet, also im Ergebnis ann möglicherweise nur Amtsblatt plus Internet? Es ist u fragen: Können wir mehr Menschen ansprechen, enn wir das Amtsblatt durch das Internet ergänzen, das inen schnellen, unkomplizierten Zugriff ermöglicht, an- ere Personen erreicht, andererseits aber natürlich auch uf den Personenkreis der Internetnutzer beschränkt ist nd damit auch wieder nicht alle Bürgerinnen und Bür- er erreichen kann? Wir haben letztlich folgenden Weg gewählt: Wir be- chließen den Änderungsantrag, wollen die Entschei- ung für das Amtsblatt plus alternativ Zeitung oder In- ernet aber als Modellversuch verstanden wissen, der eitlich begrenzt ist. Wir haben die Bundesregierung ufgefordert, in spätestens einem Jahr einen Erfahrungs- ericht vorzulegen. Auf dessen Grundlage werden wir ann neu entscheiden, welches der beste Weg ist. Ich weiß, wir sind in manchen Punkten nicht einig. ber ich wünsche mir, dass zumindest in einem Konsens esteht: darin, dass die heutige Entscheidung einen Fort- chritt für die Bürgerbeteiligung in Umweltfragen in eutschland bedeutet. Dr. Matthias Miersch (SPD): Für das deutsche Um- eltrecht ist das heute schon ein bedeutender Tag. Erst- als führen wir in diesem Umfang die Verbandsklage im mweltrecht ein. Erstmals haben wir einen fest normier- en Anspruch auf Aufhebung einer Entscheidung über ie Zulässigkeit eines Vorhabens, wenn wesentliche Ver- ahrensvorschriften verletzt worden sind. Die unterschiedlichen Stellungnahmen der Verbände nd die unterschiedlichen Stellungnahmen von Bundes- egierung und Bundesrat machen deutlich, dass die Ge- etze hoch umstritten gewesen sind. Auch in diesem aus gab es Stimmen, die die Regelungen als zu weitge- end betrachten. Lassen Sie mich deshalb ganz deutlich agen: Wir begrüßen die Ausweitung des Verbandskla- erechts der Umweltverbände und die Ausweitung der eteiligungsrechte der Öffentlichkeit. Sie stellen wich- ige Schritte in Richtung größerer Transparenz und Kon- rolle dar. Mehr Transparenz und Kontrolle wird zu mehr ehlervermeidung und damit zu mehr Akzeptanz führen. 6262 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 (A) ) (B) ) In diesem Zusammenhang möchte ich gleichzeitig be- tonen, dass mehr Kontrolle und größere Transparenz nicht zu längeren Verfahren führen müssen. Vielmehr können Konfliktpunkte unter Umständen frühzeitig ge- klärt werden. Darüber hinaus ist es weiter eine Heraus- forderung – vor allem auch der Länder –, durch eine ent- sprechende Organisation der Kontrollebenen zügige Entscheidungen zu erreichen. Ich möchte an dieser Stelle aber auch nicht ver- schweigen, dass wir uns für ein generelles Verbandskla- gerecht der Umweltverbände eingesetzt haben und er- hebliche europarechtliche Zweifel haben, wie zum Beispiel auch der Sachverständigenrat für Umweltfra- gen. Das europäische Recht sieht gerade auch vor, die Rechte der Allgemeinheit im Klima-, Natur- und Gewäs- serschutz durch die Verbände überprüfen lassen zu kön- nen. Es wird von einem „weiten Zugang“ der „betroffe- nen Öffentlichkeit“ zu den Gerichten gesprochen. Bei den von mir angesprochenen Rechten der Allgemeinheit und damit der „betroffenen Öffentlichkeit“ geht es ge- rade nicht nur um individuelle Rechte einzelner Bürge- rinnen und Bürger. Bekannt ist jedoch auch, dass angesichts des anhängi- gen Verletzungsverfahrens und des Diskussionsstandes zwischen Bundesregierung, Bundesrat und Bundestag eine Beschlussfassung in der bisherigen Fassung unum- gänglich ist und andernfalls nicht hinzunehmende Nach- teile drohen. Dennoch möchte ich darauf hinweisen, dass wir SPD-Umweltpolitiker in diesem Zusammenhang eine Erklärung nach § 31 GO abgeben werden. Noch ein weiterer Punkt, der bis zuletzt kräftig disku- tiert worden ist: Der Bundesrat hat durchgesetzt, dass im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung eine Bekanntma- chung lediglich in einer Tageszeitung oder im Internet erfolgen müsse – neben dem amtlichen Mitteilungsblatt. Ich habe bereits im Ausschuss darauf hingewiesen, dass das Internet sicher Chancen bietet, die eine Tageszeitung nicht erfüllt – zum Beispiel einen weiteren Verteilungs- raum. Allerdings sind wir noch nicht so weit. Wenn wir eine breite Öffentlichkeitsbeteiligung erreichen wollen, können wir auf die Tageszeitungen nicht verzichten, so dass wir uns eine Veröffentlichung im Internet und in den Tageszeitungen gewünscht hätten. Leider war das nicht durchsetzbar. Vielleicht gelingt es ja noch, diesen – aus unserer Sicht – bestehenden Mangel demnächst auf elegante Weise zu heilen, ohne dass wir die Verzöge- rung der Gesetzesvorhaben riskieren. Lassen Sie mich abschließend betonen, dass wir nach unserer Auffassung mit den vorliegenden Gesetzen durchaus einen beachtlichen Wechsel im Umweltrecht einleiten. Ich bin überzeugt, dass gerade auch der Geist von Åarhus noch weitere Bereiche erfassen wird und dass wir in Zukunft eine Entwicklung haben werden, die – gerade auch auf europäischer Ebene – für mehr Trans- parenz und mehr Kontrolle sorgen wird. Ich wünsche mir, dass wir bei einer entsprechenden Organisation und Ausstattung der Instanzen dann zu dem Ergebnis kom- men, dass dieser Geist von Åarhus schließlich auch zu mehr Akzeptanz und Fehlervermeidung führen wird, da- mit die Rechte der Allgemeinheit und auch die der nach- f n A z ö A A n e w n Z w g I l k e d m U D e b z u M f m v k D i ö o s b n c B J K s v r z k k m ü G w (C (D olgenden Generationen wirklich gewahrt werden kön- en. Nicht umsonst nannte UN-Generalsekretär Kofi nnan das Åarhus-Übereinkommen als „das ehrgei- igste von den Vereinten Nationen gestartete Projekt für kologische Demokratie“. Horst Meierhofer (FDP): In diesem Herbst hat die arhus-Konvention auch die Bundespolitik erreicht. Die arhus-Konvention steht für Transparenz und Bürger- ähe bei umweltrelevanten Entscheidungen – und das in inem internationalen Rahmen. Das Öffentlichkeitsbeteiligungsgesetz stärkt die Mit- irkungsrechte der Bürger und der Umweltschutzverei- igungen bei umweltrelevanten Genehmigungs- und ulassungsverfahren. So wird beispielsweise bei Abfall- irtschaftsplänen die Öffentlichkeitsbeteiligung neu ein- eführt und bei Luftreinhalteplänen nach dem Bundes- mmissionsschutzgesetz werden die bestehenden Rege- ungen ergänzt. Schließlich soll es bei der Öffentlich- eitsbeteiligung im Rahmen der UVP-Prüfung künftig inen detaillierten Katalog geben, der Mindestvorgaben arüber enthält, welche Informationen bei der Bekannt- achung des Vorhabens mitzuteilen sind. Kurz: Verfahren und Entscheidungen im Bereich der mwelt werden nachvollziehbarer und transparenter. as ist ein wichtiger Beitrag für die Entwicklung hin zu iner verantwortungsbewussten Bürgergesellschaft. Das egrüßen wir. Verfahren müssen deshalb auch nicht wingend länger dauern. Im Gegenteil: Eine frühzeitige nd umfassende Bürgerbeteiligung bedeutet auch die öglichkeit, Bedenken gegen das eine oder andere Ver- ahren schon im Anfangsstadium aus dem Weg zu räu- en. Das kann nachher so manchen zeitraubenden Ärger or Gericht ersparen. Wir Liberale können mit dem Entwurf des Öffentlich- eitsbeteiligungsgesetzes im Großen und Ganzen leben. ie einzige Ausnahme: die neue Regelung, durch die mmissionsschutzrechtliche Vorhaben im amtlichen Ver- ffentlichungsblatt und außerdem entweder im Internet der in örtlichen Tageszeitungen bekannt zu machen ind. Was Sie da gestern im Ausschuss veranstaltet ha- en, lässt sich auf die schlichte Formel „Ja, – Nein, weiß icht“ reduzieren. So kann man doch keine Gesetze ma- hen! Ganz abgesehen davon: Ihre jetzige Lösung, die undesregierung zu beauftragen, die ganze Sache ein ahr lang zu beobachten, ist nichts anderes als ein fauler ompromiss. So wie das Gesetz jetzt ist, laufen Sie chlichtweg Gefahr, weniger Menschen zu erreichen als orher. Da hilft es auch nichts, wenn die Bundesregie- ung zuschaut. Was für eine Absurdität bei einem Gesetz ur Öffentlichkeitsbeteiligung! Zum Umweltrechtsbehelfsgesetz: Mit diesem Gesetz önnen Umweltschutzverbände in Deutschland erstmals lagen, ohne dass sie in eigenen Rechten verletzt sein üssen. Das ist zunächst einmal ein Fortschritt gegen- ber dem Status quo, auch wenn die Verbände auf die eltendmachung drittschützender Normen beschränkt erden sollen. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 6263 (A) ) (B) ) Die Frage ist: Reicht das, um die Vorgaben der Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie umzusetzen? Bei dem jetzigen Gesetzesentwurf muss man sich tatsächlich ausnahmsweise einmal fragen, ob er die Brüssler Vorga- ben eins zu eins umsetzt oder ob er hinter diesen Anfor- derungen zurückbleibt. Für beide Seiten gibt es Argu- mente. Letztendlich sind wir zu dem Ergebnis gekommen, dass die europäischen Vorgaben erfüllt und in sinnvollem Maße umgesetzt werden. Unserer Mei- nung nach kann weder aus der Aarhus-Konvention noch aus der Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie zwingend gefolgert werden, dass den Verbänden ein weiter rei- chendes Klagerecht einzuräumen ist als dem normalen Bürger. Vielmehr ist den Besonderheiten des jeweiligen nationalen Rechtssystems Rechnung zu tragen. In Deutschland haben wir eben die Besonderheit, dass man die Verletzung subjektiver Rechte geltend machen muss, um klagen zu können. Man darf auch nicht vergessen: Die Aarhus-Konvention haben Länder mit unterschiedli- chen Rechtssystemen und unterschiedlichen Standards gezeichnet. Das kann man nicht alles über einen Kamm scheren. Einen Punkt, den ich bereits in der ersten Lesung an- gesprochen habe, ist die Regelung über die Beachtlich- keit von Verfahrensfehlern, die sich auf das Verfahren nicht ausgewirkt haben. Ich begrüße, dass diese Rege- lung präzisiert wurde. Es geht nicht darum, Umweltstan- dards zu verkürzen, sondern darum, ein Ausufern unnüt- zer Bürokratie zu vermeiden. Die jetzige Fassung berücksichtigt die Rechtsprechung des EuGHs, geht aber ansonsten nicht über zwingende Vorgaben des Europa- rechts hinaus. Ich denke, das ist eine sinnvolle Lösung. Für zu eng halten wir allerdings die Anerkennungsvo- raussetzungen für die klagebefugten Verbände. Unserer Meinung nach sollten alle Verbände klagen können, die sich für den Umweltschutz einsetzen, auch wenn der Umweltschutz nicht ihr vorwiegendes Ziel oder Hauptzweck ist. Ich denke da zum Beispiel an Fischerei- oder Jagdverbände. Auch dass eine Vereinigung drei Jahre bestehen muss, um als klagebefugt anerkannt zu sein, ist nicht sachgerecht. Wenn ein Verband aus Flens- burg in Bayern klagen kann, dann müssen sich die Be- troffenen vor Ort doch erst recht zusammenzuschließen können, um gegen ein bestimmtes Vorhaben gerichtlich vorzugehen zu können. Das gehört für mich zu den zen- tralen Bürgerrechten. Um Missbrauch an dieser Stelle zu verhindern, reicht es aus, dass diese Gruppen Sachkom- petenz mitbringen. Das langjährige Bestehen einer Organisation allein muss nicht zwangsläufig zu besseren Kenntnissen und Erkenntnissen führen – anwesende Parteien natürlich ausgeschlossen! Lutz Heilmann (DIE LINKE): Wir beraten heute in abschließender Lesung die Gesetzentwürfe zur Umset- zung der Åarhuskonvention. An unserer Bewertung die- ser Gesetzentwürfe hat sich nichts geändert. Insgesamt wird das Gesetzespaket der Åarhuskonvention nicht ge- recht. Es wird vielmehr deutlich, dass sich Koalition, Regierung und Bundesrat einig sind, Bürgerinnen und B m w a D d e k L l r a l s S S v s s k I m c w R s s l p w S R d d N T d a R z l n f a G R d b w h v I (C (D ürgern sowie den Verbänden so wenig Rechte wie öglich zuzugestehen. Das Anliegen der Aarhuskonvention haben Sie ent- eder gar nicht erst verstanden oder Sie teilen es nicht; nders jedenfalls kann ich diese Gesetze nicht verstehen. ie Åarhuskonvention ist aus der Erkenntnis entstanden, ass Umweltschutz nur mit einem Mehr an Beteiligung rreicht werden kann. Denn: Durch eine breite Beteiligung der Öffentlich- eit werden Mauscheleien zulasten der Umwelt ans icht der Öffentlichkeit gezerrt. Bereits wegen der Mög- ichkeit einer Klage muss zukünftig größte Sorgfalt da- auf verwendet werden, dass Umweltbestimmungen uch eingehalten werden. In der Folge gehen Umweltbe- astungen zurück. In der ersten Lesung wurden die Ge- etzentwürfe nicht nur durch die Opposition kritisiert. elbst Ihr Kollege Miersch kritisierte diese an etlichen tellen. Die Änderungen, die Sie an ihren Gesetzentwürfen orgenommen haben, führen zu einer weiteren Ein- chränkung von Beteiligungsrechten. Ein Beispiel: Ur- prünglich sollten nur wesentliche Verfahrensfehler ein- lagbar sein – selbst das war bereits zu restriktiv. Mit hrer Änderung gehen Sie nun komplett auf das allge- eine Verfahrensrecht zurück, das bedeutet eine erhebli- he Verschlechterung. Um den Geist von Åarhus zu verdeutlichen, bringen ir heute einen Entschließungsantrag zum Umwelt- echtsbehelfsgesetz ein. Unsere Forderungen unter- cheiden sich in drei wesentlichen Punkten von dem Ge- etz, das Sie heute beschließen wollen. Erstens darf es keine Beschränkung der Klagemög- ichkeiten auf drittschützende Tatbestände geben. Es tor- ediert und pervertiert die Arbeit der Umweltverbände, enn sie gerade nicht im allgemeinen Interesse stehende achverhalte beklagen dürfen, sondern nur dann, wenn echte Einzelner betroffen sind. Wenn die Länder 2010 as Verbandsklagerecht im Naturschutz abschaffen, ürften die Naturschutzverbände nicht einmal mehr in aturschutzangelegenheiten klagen – von Klimaschutz, ierschutz und anderem ganz abgesehen. Dass die Bun- esregierung dies auch noch aus der Åarhuskonvention bleiten will, weil Verbände angeblich nicht mehr echte als Bürgerinnen und Bürger bekommen dürfen, eigt mir, dass sie die Åarhuskonvention nicht genau ge- esen haben. Denn eine Beschränkung, dass irgendetwas icht erlaubt sei, ist in der ganzen Konvention nicht zu inden. Vielmehr sollen sowohl Bürgerinnen und Bürger ls auch Verbände einen umfassenden, weiten Zugang zu erichten erhalten. Wenn Sie also Verbänden nicht mehr echte als Bürgerinnen und Bürgern einräumen wollen, ann geben Sie diesen doch auch mehr Rechte! Zweitens müssen alle Verfahrensfehler zur Aufhe- ung einer Entscheidung führen können. Gerade im Um- eltbereich haben diese erhebliche Auswirkungen, des- alb wurde Åarhus geschaffen. Drittens sollte es keine Beschränkungen für Umwelt- erbände aufgrund ihrer satzungsgemäßen Ziele geben. st es denn so schlimm, wenn sich ein Vogelschutzverein 6264 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 (A) ) (B) ) auch für die Reinheit unserer Flüsse einsetzt? Bei Ihnen besteht ja anscheinend die große Sorge, die Verbände würden ausufernd von ihrem Klagerecht Gebrauch ma- chen. Die Zahl der Klagen im Naturschutz, wo es eine Verbandsklage bereits gibt, belegt das Gegenteil. Glauben Sie im Ernst, dass der Bund Naturschutz aus Bayern in Zukunft gegen eine Kläranlage in Mecklen- burg klagt? Ich frage mich, ob Sie überhaupt wissen, wo- von Sie reden, wenn Sie über Umweltverbände spre- chen. Ich weiß ja, dass Sie sich bei BDI und DIHK besser auskennen. Die Realität der Umweltverbände sieht doch so aus, dass hier durch Spenden finanziert eh- renamtliche Arbeit geleistet wird. Das ist bürgerschaftli- ches Engagement, wie es im Buche steht – und wie es in diesem Haus ständig eingefordert wird. Aber wenn sich die Menschen dieses Landes für die Umwelt einsetzen, dann passt es Ihnen nicht und Sie behindern dieses bür- gerschaftliche Engagement, wo es nur geht. Ich bin mir sicher, dass Sie mit diesem Gesetz vor dem EuGH nicht durchkommen werden. Ein Wort noch dazu: Wir finden es unverantwortlich ein Gesetz zu er- lassen, bei dem Sie davon ausgehen, dass es letztlich beim EuGH landen wird. Soll das ein verantwortungsbe- wusstes Ausüben ihrer Mandate sein? Mitnichten! Für die Gesetzgebung ist das Parlament zuständig. Die Ge- richte wachen darüber, dass Gesetze richtig angewandt werden. Das Ganze nennt man dann Gewaltenteilung, ein Grundpfeiler unserer Verfassung. Sie aber missbrau- chen die Rechtsprechung für politische Entscheidungen. Mein abschließendes Fazit: Die vorliegenden Gesetz- entwürfe werden dem Ziel der Aarhuskonvention nicht gerecht. Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): In unserer ersten Debatte zum Thema habe ich von der offensichtlichen Überzeugung der großen Koalition ge- sprochen, den Bürgerinnen und Bürgern nicht zuzu- trauen, als gleichwertig Beteiligte in Planungsprozessen zu besseren Planungsergebnissen und damit maßgeblich zur Verbreiterung der Akzeptanz vor allem von Großpro- jekten beizutragen. Heute will ich zum zweiten Baustein bei der Umsetzung der Arhusrichtlinie sprechen, dem Rechtsbehelfsgesetz. Der springende Punkt dieses Ge- setzes ist sicher das Verbandsklagerecht, das wir ja be- reits aus dem Naturschutz kennen. Der entscheidende Unterschied soll nun allerdings sein, dass nicht die Be- lange der Natur einklagbar sein sollen, sondern aus- schließlich eine Verletzung von persönlichen, also sozu- sagen menschlichen Rechten. Aus Juristenkreisen wird uns nun zugetragen, dass sich die Verbandsklage im Naturschutz verschlechtern wird, wenn der Gesetzentwurf zum Rechtsbehelf in der vorliegenden Fassung verabschiedet wird. Es steht näm- lich zu befürchten, dass künftig die Verbandsklage im Naturschutz praktisch wirkungslos ist, weil die Umwelt- klage nach dem Rechtsbehelfsgesetz als allgemeine Klage der naturschutzfachlichen Verbandsklage vorgeht. Die Umweltklage beinhaltet aber nur umweltrelevante Rechtsverletzungen gegen Personen, nicht gegen Flora u V s w a l r K g g w g t K K e R s f d d d s b t V D w (C (D nd Fauna. Insoweit könnte die naturschutzrechtliche erbandsklage künftig völlig wirkungslos werden, weil ie nicht mehr angewendet werden kann. Damit hätten ir dann eine eindeutige Verschlechterung des Rechts uf Verbandsklage erreicht. Das heißt also, dass kein er- eichterter und schon gar kein weiter Zugang zu den Ge- ichten mit der Regelung aus den Reihen der großen oalition erzielt wird. Sie streben so ziemlich das Ge- enteil des von Arhus avisierten Ziels an, die Beteili- ung der Öffentlichkeit an allen umweltrelevanten Ver- altungsentscheidungen nachhaltig zu verbessern. Das ökologische Beratungsgremium der Bundesre- ierung, der Sachverständigenrat für Umweltfragen un- er der Leitung des von uns allen geschätzten Professors och, hat uns kürzlich erneut in seiner unnachahmlichen larheit die Tatsachen vor Augen geführt: Der Gesetz- ntwurf weist erhebliche europarechtliche Defizite auf. echtsbehelfsgesetz und Öffentlichkeitsbeteiligungsge- etz gehen nicht mit den europäischen Vorgaben kon- orm. Ich zitiere wörtlich aus Professor Kochs Brief an ie Vorsitzende des Umweltausschusses zur Beratung es Arhusgesetzespaketes vom 31. Oktober 2006: Das eigentlich zentrale Anwendungsfeld einer Ver- bandsklage liegt dort, wo Rechtsvorschriften des Umweltrechts gerade keine individuellen Rechtspo- sitionen der einzelnen Bürger/innen begründen, sondern ausschließlich zum Schutz des Allgemein- wohls – etwa im Naturschutz, im Gewässerschutz und im Klimaschutz – erlassen worden sind, In die- sen Fällen können mögliche Rechtsverstöße nicht vor Gericht gebracht werden – es sei denn, man räumt „qualifizierten“ Teilen der Öffentlichkeit ein entsprechendes Verbandsklagerecht ein. Für das Ziel sowohl der Arhuskonvention wie auch der maßgeblichen EU-Regelungen in der Beteiligungs- Richtlinie, nämlich für die konsequente Durchset- zung des Umweltrechts, ist es wesentlich, dass ge- rade keine Rechtsschutzlücken bestehen. Deshalb kommt es darauf an, dass die Verbandsklagerechte jedenfalls dort eröffnet werden, wo individuelle Rechte nicht verletzt sein können, sondern nur sol- che Normen, die alleine dem Wohl der Allgemein- heit dienen. … Der Gesetzentwurf des Umwelt- rechtsbehelfsgesetzes setzt nun voraus, dass Deutschland berechtigt ist, die den Verbänden euro- parechtlich verbindlich eingeräumten Rechte auf solche zu reduzieren, die vom Mitgliedstaat auch den einzelnen Bürgern zuerkannt werden. Der Wortsinn der Richtlinie besagt dies ersichtlich nicht. Ich sage Ihnen, verehrte Kolleginnen und Kollegen er großen Koalition: Mit der Verabschiedung dieser Ge- etzentwürfe geben Sie ein verheerendes Signal für die eginnende deutsche EU-Ratspräsidentschaft. Sie hal- en offenbar wenig von der Umsetzung der europäischen orgaben in deutsches Recht. Damit machen Sie eutschland vom Öko-Vorreiter zum Umwelt-Nacht- ächter. Na dann, gute Nacht. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 6265 (A) ) (B) ) Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Für solidarische und entwicklungspolitische kohärente Wirtschafts- partnerschaftsabkommen (Tagsordnungspunkt 18) Anette Hübinger (CDU/CSU): Zum 31. Dezember 2007 laufen die Ausnahmeregelungen für die einseitigen Handelspräferenzen an die Länder aus Afrika, dem kari- bischen Raum und dem Pazifischen Ozean, den so ge- nannten AKP-Staaten, durch die Europäische Union aus. Diese sollen durch neue Wirtschaftspartnerschaftsab- kommen ersetzt werden, deren Verhandlungen derzeit in die letzte Phase gehen. Konkrete Textentwürfe für die Regionalabkommen sind bereits in der Beratung. Und jetzt kommen die Damen und Herren von der Fraktion Die Linke, stellen in einem Antrag einen pauschalen Forderungskatalog auf und verlangen einen Stopp der Verhandlungen. Damit gefährden sie nicht nur die Ver- handlungen, sondern auch die bisher erreichten Verhand- lungsergebnisse. Sie riskieren, dass diese Länder ab 2008 dem freien globalen Wettbewerb ohne entwick- lungspolitische Abfederungen überlassen werden. Bereits mit der Gründung der Welthandelsorganisa- tion im Jahr 1995 war es notwendig geworden, die ver- traglichen Vereinbarungen zwischen der EU und den AKP-Staaten neu zu regeln. Deshalb haben im Jahr 2000 die AKP-Staaten und die EU im Cotonou-Abkommen vereinbart, ab 2008 neue Wirtschaftspartnerschaftsab- kommen zu schließen. Diese sollen dann den Regeln der Welthandelsorganisation entsprechen. Die WPAs ver- knüpfen erstmals handels- und entwicklungspolitische Ansätze, um eine höhere Kohärenz der Handels- und Entwicklungspolitik zu erreichen. Die Linke verlangt in ihrem Antrag, sich dieser Ver- einbarung zu widersetzen. Wir jedoch schließen Verträge mit dem Ziel ihrer Erfüllung. Der Handel ist für das wirt- schaftliche Wachstum einer Volkswirtschaft von enor- mer Bedeutung. Und wirtschaftliches Wachstum nimmt eine Schlüsselrolle bei der Armutsbekämpfung ein. Schätzungen zufolge wird, um die Armut in Afrika bis 2015 zu halbieren, ein jährliches Wachstum von 8 Prozent benötigt. Natürlich bedeutet eine Öffnung des Marktes nicht automatisch mehr Handel für Entwicklungsländer. Und mehr Handel bedeutet auch nicht automatisch weniger Armut. Solch eine Schwarz-Weiß-Malerei wäre fatal. Der Antrag der Linken lässt leider eine differenzierte Darstellung der Tatsachen vermissen. Um Entwick- lungsländern faire Chancen auf dem Weltmarkt einzu- räumen, bedarf es vielmehr einer individuell ausgerich- teten Marktöffnung. Die jeweiligen Bedürfnisse und Voraussetzungen der Vertragspartner müssen berück- sichtigt werden. Und genau dieses Konzept liegt den Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zugrunde. Die neuen WTO-konformen Freihandelsabkommen sehen eine gegenseitige Marktöffnung vor, mit der Option ei- ner asymmetrischen Ausgestaltung. Das heißt zum Bei- spiel, dass je nach Entwicklungsstand längere Über- g k l s u b A v n g k h a t v M D r k s d w d b R B n d w z s d m s p d H w J 2 A E g n B m w f u D w D R t E (C (D angsfristen für eine Marktöffnung eingeräumt werden önnen. An dieser Stelle möchte ich auf die im Juli ergebnis- os verlaufenen Verhandlungen der Welthandelsorgani- ation eingehen. Der derzeitige Stand ist für uns alle sehr nbefriedigend. Um Bewegung in die Verhandlungen zu ringen, erklärte sich die EU mit dem Auslaufen der grarexporthilfen bis Ende 2013 einverstanden. Doch on anderer Seite bewegte sich in den Gesprächen we- ig. Das ist sehr bedauerlich. Deshalb ist es umso drin- ender, die bereits im Dezember letzten Jahres in Hong- ong getroffenen Zusagen, erstens eine stärkere andelsbezogene Entwicklungshilfe und zweitens den m wenigsten entwickelten Ländern einen zoll- und quo- enfreien Marktzugang zu ermöglichen, schnell rechtlich erbindlich werden zu lassen. Die WPAs bieten dazu die öglichkeit. Und jetzt glauben die Damen und Herren der Fraktion ie Linke, dass eine Verlängerung der WTO-Ausnahme- egelung einfacher zu verhandeln wäre als die WTO- onformen Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwi- chen der EU und den AKP-Staaten. Wir jedenfalls wer- en uns dafür einsetzen, dass die WTO-Verhandlungen ieder in Gang kommen; denn multilaterale Verabre- ungen sind kalkulierbarer, besser überprüfbar und wett- ewerbstreuer. Natürlich stellen neue wirtschaftliche ahmenbedingungen große Herausforderungen an alle eteiligten. Das wissen wir am besten aus unserer eige- en Erfahrung mit der deutschen Wiedervereinigung und em europäischen Integrationsprozess. Um die Anpassungsprobleme der AKP-Staaten zu be- ältigen, stellt die EU technische und finanzielle Mittel u Verfügung. 730 Millionen Euro wurden im 9. Europäi- chen Entwicklungsfonds für Maßnahmen im Bereich er makroökonomischen Stabilisierung, der Steuerrefor- en, der Zollverwaltung und der Investitionen bereitge- tellt. Im 10. EEF, der zeitgleich mit den Wirtschafts- artnerschaftsabkommen in Kraft treten wird, wird sich ie Summe auf 22,6 Milliarden Euro erhöhen, die als ilfe an die AKP-Staaten gehen werden. Erst kürzlich urde im europäischen Ministerrat vereinbart, ab dem ahr 2012 die handelsbezogene Entwicklungshilfe auf Milliarden Euro zu erhöhen. Auch davon werden die KP-Länder erhebliche Mittel – circa 1,2 Milliarden uro – erhalten. Im Bereich der technischen Hilfe wurden, um die re- ionalen Verhandlungen zu begünstigen, in vier Regio- en „Regional Preparatory Task Forces“ gebildet. Die ehauptung, die AKP-Staaten würden mit ihren Proble- en allein gelassen, trifft einfach nicht zu. Für die Be- ertung unserer Entwicklungsarbeit sind Regierungs- ührung, Demokratieentwicklung, Rechtsstaatlichkeit nd die Achtung der Menschenrechte tragende Faktoren. er Erfolg und die Wirksamkeit von Entwicklungshilfe erden entscheidend durch diese Elemente beeinflusst. eshalb werden wir Ländern, die Menschenrechte und echtsstaatlichkeit vehement verletzten, nicht kommen- arlos unsere Entwicklungshilfe zur Verfügung stellen. Und auch in diesem Punkt unterscheidet sich unsere ntwicklungspolitik von der Fraktion Die Linke. Demo- 6266 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 (A) ) (B) ) kratie und Rechtsstaatlichkeit lassen sich nicht beliebig interpretieren, sondern beruhen auf universell gültigen Grundsätzen. Die neuen Wirtschaftspartnerschaftsabkommen werden auch in dieser Hinsicht die AKP-Staaten stimu- lieren, Reformen und Demokratieentwicklung voranzu- treiben. Auf diese Weise wird auch mehr privatwirt- schaftliches Engagement staatliche Entwicklungshilfe ergänzen können. Die Wirtschaftspartnerschaftsabkom- men zwischen der Europäischen Union und den AKP- Staaten werden in einer neuen Dimension handelspoliti- sche Vereinbarungen unter entwicklungspolitischen Ge- sichtspunkten verbinden. Es sind federnde Verträge, die den Rahmen für unsere zukünftigen wirtschaftlichen und handelspolitischen Beziehungen bilden. Sie passen sich der jeweiligen wirtschaftlichen Entwicklung an und wir- ken im Sinne eines entwicklungspolitischen Instrumen- tes. Die Bundesregierung wird sich auch im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft für den erfolgreichen Abschluss der EU-AKP-Verhandlungen einsetzen. Die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen sollen zu einer nachhaltigen Entwicklung in dieser Region beitragen und so auch der Erreichung der Millenniumsziele, der Armutsbekämpfung, in den AKP-Ländern dienen. Fal- sche Behauptungen und undifferenzierte Darstellungen von Fakten sind hierbei nicht dienlich. Die CDU/CSU- Fraktion lehnt daher den Antrag der Fraktion Die Linke ab. Dr. Sascha Raabe (SPD): Es steht der Antrag der Fraktion Die Linke mit dem Titel „Für solidarische und entwicklungspolitische kohärente Wirtschaftspartner- schaftsabkommen“ zur Debatte. Thematisch geht es hier um die zurzeit stattfindenden Verhandlungen zwischen der Europäischen Union und den ehemaligen Kolonien im Afrikanischen, Karibischen und Pazifischen Raum, AKP, die zu einem erfolgreichen Abschluss der so ge- nannten Economic Partnership Agreements, EPA, führen sollen. Seit 1975 wurden die politischen und ökonomi- schen Beziehungen zwischen den beiden Blöcken durch eine Reihe fünfjähriger Loméabkommen geregelt. Diese sind von der Welthandelsorganisation, WTO, für wettbe- werbswidrig erklärt worden. Das letzte Loméabkommen endete 2000 und wurde durch das Cotonouabkommen ersetzt. Darin sagten die EU den AKP-Staaten zu, das Präferenzsystem bis Ende 2007 beizubehalten und es dann durch neue, WTO-konforme Wirtschaftspartner- schaftsabkommen zu ersetzen. Die EPAs sollen kein rein handelspolitisches Instru- ment sein, sondern entwicklungs- und handelspolitische Aspekte verknüpfen. Uns Europäern ist selbstverständ- lich klar, dass es für die über 70 AKP-Staaten um sehr viel mehr geht als für uns. Schließlich gehen etwa 40 Prozent der AKP-Exporte in die EU, während umge- kehrt die AKP-Länder einen für die EU relativ kleinen Absatzmarkt darstellen. Dennoch liegt es im beiderseiti- gen Interesse, die EPA-Verhandlungen erfolgreich abzu- schließen. Schließlich kann uns Hunger und Armut in Afrika nicht egal sein. Die Millenniumsentwicklungs- z w Q H s d z H h t T w d B F W f w m h f c d z W p E I n d i W d A b A h u w l d n a s l e s d n s t f n w ä h (C (D iele lassen sich nicht allein durch mehr Mittel für Ent- icklungszusammenarbeit und eine gesteigerte ODA- uote erreichen, sondern vor allem durch gerechtere andelsbedingungen. Dabei ist aber auch klar, dass elbst beste Handelsbedingungen nichts helfen, so lange ie Entwicklungsländer nicht in der Lage sind, zu produ- ieren und mit der nötigen Infrastruktur über Straßen, äfen und Flughäfen ihre Waren zu exportieren. Des- alb kommen den in der letzten WTO-Runde vereinbar- en handelsbezogenen Hilfen – Stichwort: Aid for rade – eine besondere Bedeutung zu. Wir begrüßen, dass sich die Bundesministerin für irtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung aus- rücklich dafür ausgesprochen hat, die Mittel in diesem ereich zur Verfügung zu stellen – unabhängig von der rage, ob es noch zu einem erfolgreichen Abschluss der TO-Runde insgesamt kommt oder nicht. Gleiches gilt ür die anderen dort getroffenen positiven Beschlüsse ie das Auslaufen der Exportsubventionen. Denn nur it einer Abschaffung der Exportsubventionen und aller andelsverzerrenden internen Stützungen eröffnen sich aire Chancen für Entwicklungsländer. Letztlich muss also beides geleistet werden: Wir brau- hen mehr Mittel für Entwicklungszusammenarbeit, um ie ärmsten Länder in die Lage zu versetzen, zu produ- ieren und Handel zu treiben, und wir brauchen gerechte elthandelsregeln, damit lokale Märkte nicht durch Ex- ortdumping gestört werden und die Exportprodukte der ntwicklungsländer auch in der EU und in den anderen ndustrieländern ohne Hindernisse verkauft werden kön- en. Was wir jedoch nicht brauchen, ist dieser Antrag er Linkspartei, wonach die Entwicklungsländer sich auf hre regionalen Märkte zurückziehen und sich nicht am ettbewerb ausrichten sollen. Natürlich ist es notwen- ig, den Entwicklungsländern Außenschutz für ihre im ufbau befindlichen Industriezweige einzuräumen und esonders die für die Ernährungssicherheit wichtigen grarbereiche zu schützen. In mehreren Anträgen zu den WTO-Verhandlungen at sich die SPD-Bundestagsfraktion bereits klar dafür nd für ein „special and differential treatment“ der Ent- icklungsländer ausgesprochen. Allerdings – und da iegt der große Unterschied zur Linkspartei – sehen wir ie besonderen Schutzrechte der Entwicklungsländer icht als Selbstzweck, damit die Entwicklungsländer für lle Zeiten vor Wettbewerb geschützt und somit ausge- chlossen sind, sondern wir sehen sie als Entwick- ungschance mit dem Ziel, dass die Entwicklungsländer ines Tages wettbewerbsfähig sind. Die Globalisierung oll eben nicht nur den Industrienationen nützen, son- ern auch Länder, die wir jetzt noch Entwicklungsländer ennen, sollen eines Tages im Wettbewerb stehen und omit zu echtem Wohlstand kommen können. Der An- rag der Linkspartei lässt im Inhalt genau die Kohärenz ehlen, die er im Titel einfordert. Die Linkspartei und einige NGOs sollten zur Kennt- is nehmen, dass die betroffenen Länder selbst keines- egs einen Stopp der EPA-Verhandlungen oder ein ver- ndertes Mandat fordern. Die afrikanischen Staaten sind eutzutage zum Glück selbstbewusst genug, um für sich Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 6267 (A) ) (B) ) selbst sprechen zu können und brauchen keine Bevor- mundung durch die Linkspartei. Unabhängig von der Frage der WTO-Konformität haben viele AKP-Länder mittlerweile selbst erkannt, dass ihnen das bisherige Prä- ferenzsystem keineswegs nur geholfen hat. Im Gegenteil sind durch Fehlanreize höchst korruptionsanfällige Ren- tenökonomien geschaffen worden, die Hunger und Ar- mut zementiert haben. Für mich sind alle armen Menschen auf der Welt gleich viel Wert. Deswegen halte ich es auch für richtig, dass wir nicht nur den ehemaligen Kolonien der EU ei- nen möglichst quoten- und zollfreien Marktzugang für ihre Produkte einräumen, sondern allen Entwicklungs- ländern. Dies fördert zum einen die Wettbewerbsfähig- keit der AKP-Staaten und eröffnet zugleich vielen ande- ren Entwicklungsländern Lateinamerikas und Asiens neue Chancen. Auch der Süd-Süd-Handel soll durch den Abbau von Handelsbarrieren und Zollschranken gestärkt werden. Deshalb ist es richtig, die bisherigen Präferenz- systeme für die AKP-Staaten, die oft zulasten anderer ar- mer Länder gingen, umzuwandeln in Wirtschaftspartner- schaftsabkommen und gleichzeitig auf WTO-Ebene ähnliche Regelungen für alle Entwicklungsländer anzu- streben. Die SPD-Bundestagsfraktion wird sich auch weiter- hin für die wirtschaftliche Entwicklung und für die Wett- bewerbsfähigkeit von Entwicklungsländern einsetzen. Deshalb können wir dem Antrag der Linkspartei nicht zustimmen. Hellmut Königshaus (FDP): Der Antrag spricht ein sehr wichtiges Thema an, nämlich die Wirtschaftspart- nerschaftsabkommen zwischen der EU und den AKP- Staaten. Leider suchen die Antragssteller einmal mehr ihr Heil in der Abschottung. Richtig ist aber: Das Gegen- teil würde den Entwicklungsländern am meisten dienen. Sie wollen gewiss das Beste, aber sie schaden damit in Wirklichkeit den Ärmsten der Armen, den am schwächs- ten entwickelten Volkswirtschaften der Welt. Denn diese würden doch vom internationalen Austausch am meisten profitieren. Die einseitigen Handelspräferenzen der Loméver- träge zugunsten der AKP-Staaten verstießen gegen WTO-Handelsvereinbarungen, sodass eine grundsätzlich neue Vertragsgrundlage erforderlich wurde. Mit dem Abschluss des Cotonouabkommens im Jahr 2000 wurde das Sonderverhältnis der EU zu den AKP-Staaten in Form von WTO-konformen Wirtschaftspartnerschafts- abkommen fortgesetzt. Bis Ende 2007 sollen nun die Verhandlungen mit sechs einzelnen Regionalgruppen ab- geschlossen sein, damit bis zum 1. Januar 2008 das Co- tonou-Abkommen umgesetzt werden kann. Eine ent- scheidende Phase der Verhandlungen über die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen fällt also in die Zu- ständigkeit der Bundesregierung durch die deutsche Ratspräsidentschaft. Der Zugang zu den internationalen Märkten ist ein wichtiges Instrument der Entwicklungspolitik. Die neu- esten Zahlen der FAO zeigen, dass die Zahl der Men- schen ohne ausreichende Nahrung von 840 Millionen in 1 A a w r n b c k M s e S w d a f t n o w d a b s d m d n b t D m b r F w A l t z a s w g l g h b e s i x n w A (C (D 996 auf 854 Millionen in 2005 angestiegen ist. Nur in sien sei die Zahl der Hungernden tatsächlich gesunken, ufgrund von freiem Handel und wirtschaftlicher Ent- icklung in China und Indien. Auch der UNCTAD-Jah- esbericht 2006 attestiert, dass der Schlüssel für eine achhaltige Armutsbekämpfung eine langfristige Ver- esserung der Wirtschaftslage ist. Die geforderte Aufsto- kung der handelsbezogenen Entwicklungshilfe, Büro- ratieabbau bei den Zollverfahren, ein quotenfreier arktzugang und vereinfachte Schlichtungsverfahren ind Instrumente, die den Entwicklungsländern Chancen röffnen, am Handel teilzunehmen. Das vorläufige cheitern der Doharunde ist daher vor allem für die Ent- icklungsländer ein Rückschlag. Es zeigt einmal mehr, ass in unserer globalisierten Weltwirtschaft noch die däquaten ordnungspolitischen Rahmenbedingungen ehlen. Wer das Gezerre bei den WTO-Verhandlungen be- rachtet, mag schnell desillusioniert sein. Zu viele natio- ale Eifersüchteleien, undurchschaubare Allianzen und ftmals auch der schiere Unverstand blockieren die not- endigen Veränderungen. Aber das bedeutet nicht, dass iese deshalb unmöglich wären. Es ist eben einfacher, uf Demonstrationen die Probleme zu beklagen und dies ereits als Lösung anzubieten, als die notwendigen trukturellen Veränderungen auch gegen Widerstände urchzusetzen. Auf der anderen Seite müssen sich die Marktteilneh- er und damit auch die einzelnen Volkswirtschaften auf ie globalisierten Märkte einlassen und sich ihnen öff- en. Das gilt ganz besonders für die Staaten der Erde, die isher kaum vom internationalen Warenaustausch profi- iert haben, also vor allem die Staaten Zentralafrikas. iesen Staaten muss und wird die weltweite Staatenge- einschaft durch verstärkte Entwicklungszusammenar- eit helfen. Deutschland kann da mit gutem Beispiel vo- angehen. Aber diese Staaten müssen auch selbst das eld bereiten, damit diese Saat aufgehen kann. Entwicklungszusammenarbeit kann nur dann einen irksamen Beitrag zur nachhaltigen Überwindung von rmut und Unterentwicklung leisten, wenn die Entwick- ungsländer selbst eine sozial und ökologisch verantwor- ungsvolle Politik verfolgen, die die Leistungen des Ein- elnen im Rahmen einer marktwirtschaftlichen Ordnung nerkennt und den Aufbau demokratischer und rechts- taatlicher Gesellschaftsstrukturen fördert. Überall dort, o derartige ordnungspolitische Rahmenbedingungen eschaffen wurden, konnten selbst ehrgeizige Entwick- ungsziele schnell erreicht werden, und dort, wo das Ge- enteil geschah, konnte man erleben, dass vormals blü- ende Volkswirtschaften einen rapiden Absturz und eine eängstigende Verarmung der Bevölkerung erlitten, wie twa in Simbabwe. Das vornehmste Ziel der Entwicklungspolitik muss ein, sich selbst langfristig überflüssig zu machen. Dies st gewiss eine Binsenweisheit, aber sie gerät in der Pra- is oftmals aus dem Blickfeld. Entwicklungshilfe darf icht Abhängigkeiten schaffen und zur Weltsozialhilfe erden. Gute Entwicklungspolitik setzt daher bei der rmutsbekämpfung auf die Bekämpfung der Ursachen 6268 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 (A) ) (B) ) und somit vor allem auf die Stärkung der Eigeninitiative der Partner. Dabei darf der Grundsatz von Good Gover- nance nicht zu einer begleitenden Floskel werden, son- dern muss vielmehr zu einer verbindlichen Vorausset- zung jeder Unterstützung werden. In diesem Zusammenhang muss auch eine sinnvolle Entschul- dungspolitik vorangetrieben werden. Dabei liegt die Be- tonung auf „sinnvoll“. Leider ist dies nicht überall der Fall. Die Beispiele vieler erfolgreicher Schwellenländer belegen, dass es möglich ist, unter den richtigen Rah- menbedingungen die Entwicklungsziele zu erreichen. Leider zeigt sich aber vereinzelt auch, dass diese dann im Rahmen der Welthandelsorganisation keineswegs durchgängig die Grundsätze vertreten, denen sie ihren eigenen Aufschwung verdanken. Der zweifelhafte Pro- tektionismus, wie er in der brasilianischen Zuckerpolitik zum Ausdruck kommt, mag hier als Beispiel dienen. Während Voraussetzungen für eine Teilhabe am inter- nationalen Warenaustausch in den Entwicklungsstaaten geschaffen und gefördert werden, muss gleichzeitig die Globalisierung als Entwicklungsfaktor für die ganze Welt vorangetrieben werden. Das entwicklungspoliti- sche Potenzial des freien Welthandels ist noch lange nicht ausgeschöpft. Die Chancen der Globalisierung müssen für eine schnelle Einbeziehung der Entwick- lungsländer genutzt und Handelsbarrieren müssen zu ih- ren Gunsten aufgehoben werden. Dies setzt vor allem einen weiteren Abbau des Industrie- und Agrarprotektio- nismus der entwickelten Welt sowie von Exportsubven- tionen voraus. In einem Punkt stimme ich den Antragsstellern zu: Wir brauchen mehr Transparenz bei den Verhandlungen. Aber genau da liegt das Problem. Die Wirtschaftspart- nerschaftsabkommen werden von dem Europäischen Entwicklungsfonds finanziert und der unterliegt nicht der Kontrolle der nationalen Parlamente oder des Euro- päischen Parlaments. Um die Transparenz bei den Ver- handlungen herzustellen, sollte die Intransparenz der EU-Entwicklungszusammenarbeit beendet werden. Sie, insbesondere die Kollegen der Koalition, sollten aufhö- ren, jede Extra-Million an die EU zu bejubeln, sobald sie nur ja auf die ODA-Quote angerechnet werden kann. Das Grundproblem ist doch Folgendes: Seit Jahren findet eine schleichende Europäisierung der entwick- lungspolitischen Aktivitäten ohne eine entsprechende vertragliche Erweiterung der Rechtsgrundlagen statt. Die EU verhält sich entwicklungspolitisch faktisch wie ein zusätzlicher Geber, der in denselben Ländern und denselben Themenbereichen wie die Mitgliedstaaten selbst tätig ist. Der Grundsatz der Subsidiarität wird zu- nehmend missachtet. Mit dem Argument, entwicklungspolitische Ziele wirksamer verfolgen zu können, wird der Ruf nach einer stärkeren Übertragung nationalstaatlicher Entwicklungs- politik nach Brüssel immer lauter. Die Mitgliedstaaten haben sich jedoch aus gutem Grund im Hinblick auf den Grundsatz der Subsidiarität ausdrücklich gegen eine sol- che Ausweitung der gemeinschaftlichen Entwicklungs- politik entschieden. Weder der im November 2005 zwi- s b l s w d w s a d d m o E T l k K l t p v m H r t H h E d d d d d d E r B A v D s d g 5 e s g w m w n d r m f (C (D chen Rat, Kommission und Europäischem Parlament eschlossene „Europäische Konsens über die Entwick- ungspolitik“ noch der Verfassungsvertrag sehen hin- ichtlich der Komplementarität der Europäischen Ent- icklungszusammenarbeit Veränderungen vor. Wenn er Grundsatz der Komplementarität europäischer Ent- icklungszusammenarbeit Bestand haben soll, muss ich die Europäische Kommission wieder auf ihre Kern- ufgaben konzentrieren. Im Mittelpunkt der Arbeit der EU-Kommission muss ie Geberkoordination stehen. Sie soll koordinierend ann tätig werden, wenn mehrere Mitgliedstaaten ge- einsam ein Projekt oder ein Programm durchführen der unterstützen wollen. Die Entwicklungspolitik der uropäischen Union muss sich auf solche Länder und hemen beschränken, die von den nationalen entwick- ungspolitischen Aktivitäten nicht abgedeckt werden önnen oder wo die Europäische Union eine originäre ompetenz hat, etwa bei der Förderung des internationa- en Handels oder grenzüberschreitender regionaler Ini- iativen und Organisationen. Das ist bei den Wirtschafts- artnerschaftsabkommen zweifellos der Fall. Aber der EEF muss endlich im Interesse der Effekti- ität der EU-Außenhilfe und zur demokratischen Legiti- ierung durch parlamentarische Kontrolle in den EU- aushalt integriert werden. Die Erfahrungen seit der Er- ichtung des Fonds haben gezeigt, dass die Fondsstruk- ur des EEF und seine Finanzierung außerhalb des EU- aushaltes einer effektiven Hilfeleistung entgegenste- en. Aufgrund mangelnder Absorptionskapazitäten der mpfängerländer und einer unzureichenden Flexibilität es EEF-Systems blieben die Auszahlungen weit hinter er zugesicherten Gesamtdotation zurück, mit der Folge, ass sich nicht gebundene und nicht ausgezahlte Restsal- en in beträchtlicher Höhe angesammelt haben. Mit der Integration des EEF in den EU-Haushalt wür- en die AKP-Staaten mehr Eigenständigkeit erlangen, da ie Abhängigkeit von Beiträgen der Mitgliedstaaten zum EF, die nach freiem Ermessen und nach eigenem Inte- esse geleistet werden, beendet wird. Ferner würde die udgetierung des EEF für die Transparenz sämtlicher usgaben an Drittländer sorgen, die bereits innerhalb on Europe Aid verwaltungstechnisch gebündelt sind. em Argument, die Aufrechterhaltung der partner- chaftlichen Sonderbeziehungen zu der AKP-Region be- inge die Beibehaltung der bisherigen Strukturen, be- egnet die Kommission selbst damit, dass die seit 0 Jahren bestehenden engen Beziehungen zu einem chten Besitzstand, im Sinne der „Acquis“, geworden ei, der mit der Budgetierung des EEF nicht verloren inge. Zudem ist zu fragen, ob solche „Besitzstände“ eiter verfestigt werden sollen oder ob sie nicht viel- ehr einer regelmäßigen Überprüfung bedürfen, ob und ieweit sie noch zu rechtfertigen sind. Die Integration des EEF in den EU-Haushalt würde icht nur für Budgetklarheit sorgen, sondern würde urch die damit gewährleisteten Kontrollrechte des Eu- opäischen Parlaments zu Transparenz und mehr Legiti- ität der Europäischen Entwicklungszusammenarbeit ühren. Darüber hinaus ist die unterschiedliche Behand- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 6269 (A) ) (B) ) lung der AKP-Staaten einerseits und der restlichen Ent- wicklungsländer andererseits heute nicht mehr zu recht- fertigen. Entweder sind diese Staaten und Gebiete bedürftig – dann sollten sie nach den allgemeinen Krite- rien im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit ge- fördert werden – oder sie sind es nicht; dann sollten auch keine Steuermittel mehr zur Verfügung gestellt werden. So müssen wir auch die Wirtschaftspartnerschaftsab- kommen beurteilen, nämlich als nötigen ersten Schritt, der nicht auf die AKP-Länder beschränkt bleiben darf. Heike Hänsel (DIE LINKE): „Wir müssen uns ein- setzen für faire Bedingungen im Welthandel.“ Das sagte die Bundeskanzlerin in ihrer wöchentlichen Videobot- schaft am 7. Oktober, in der sie die Schwerpunkte der deutschen EU-Ratspräsidentschaft beschreibt. Das klingt zwar gut. Gemeint ist jedoch nicht etwa, faire Entwick- lungs- und Handelsbedingungen für die Partnerinnen und Partner im Süden zu schaffen; im Gegenteil: Bun- desregierung und EU-Kommission geht es darum, EU- ansässigen Unternehmen den Weg in die Märkte der Schwellen- und Entwicklungsländer zu ebnen und dabei alle Regulierungen – in der EU und in den Ländern des Südens – zu beseitigen, die im globalen Wettbewerb da- bei hinderlich sein könnten, schwächere Konkurrenten aus dem Weg zu räumen. Trotz aller Beschwörungen der Entwicklungsministe- rin, die wir auch gestern wieder im Ausschuss gehört ha- ben, teile ich die Kritik vieler Nichtregierungsorganisa- tionen: Auch in den Verhandlungen zu den EPA, den Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen der EU und den AKP-Staaten, geht es in erster Linie um aggres- sive Marktöffnung für EU-Konzerne. Frau Wieczorek-Zeul bezeichnete gestern im Aus- schuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent- wicklung die EPA als Alternative zur Doharunde der Welthandelsorganisation (WTO) – in dem Sinne, dass dort die Verknüpfung von Entwicklung und Handel vor- bildhaft gelinge. Eines ist daran wahr: Die Energie, mit der die EU-Kommission an den EPAs verhandelt, hängt tatsächlich mit der Blockadesituation in der WTO zu- sammen. Dabei geht es der EU-Kommission aber weni- ger um Entwicklung, sondern vor allem um die Durch- setzung von Handelsliberalisierungen. Es ist schließlich nicht umsonst der Handels- und nicht der Entwicklungs- kommissar der EU, der die Verhandlungen mit den AKP-Staaten führt. Noch weit über die Agenda von Doha hinaus strebt die EU-Kommission Freihandelsab- kommen mit den Regionalgruppen der AKP-Staaten an. Sie will eine sehr weitgehende und überwiegend rezi- proke Handelsliberalisierung durchsetzen, obwohl das Abkommen von Cotonou noch von „Differentiation“ spricht, also von der Berücksichtigung des Entwick- lungsgefälles zwischen den Vertragspartnern. Zusätzlich fordert die EU, die Bereiche Wettbewerbspolitik, Inves- titionen und öffentliches Beschaffungswesen, die die Länder des Südens erfolgreich aus den WTO-Verhand- lungen heraushalten konnten, mit in die Verhandlungen um die EPA einzubeziehen. Die Linke fordert deshalb, dass der EU-Kommission das Verhandlungsmandat ent- zogen und dass ein neues Mandat für solidarische und e l s v u d W r V s d ü n J ti a P s t z h g h d l a f d l l W S w h g u h d l s h d n t d e z r D e k c Z T d t (C (D ntwicklungspolitisch kohärente Verhandlungen formu- iert wird. Sollte der Bundestag uns folgen, wäre er in guter Ge- ellschaft: Der EU-Ausschuss der französischen National- ersammlung – übrigens über alle Parteigrenzen hinweg – nd etliche Abgeordnete des britischen Parlaments stellen iese Forderung ebenfalls auf. Und auch wenn Frau ieczorek-Zeul noch so oft betont, dass die AKP-Regie- ungen den Abschluss von EPA anstreben und das gültige erhandlungsmandat der EU-Kommission nicht infrage tellen, haben die AKP-Regierungen doch ihre Kritik an er Verhandlungsführung der EU-Kommission mehrfach berdeutlich geäußert, zum Beispiel auf der Handelsmi- isterkonferenz der Afrikanischen Union im April dieses ahres. Dort wurde ganz klar kritisiert, die EU berücksich- ge Entwicklungsbelange in den Verhandlungen nicht usreichend. In den EPA-Verhandlungen stehen sich ungleiche artner gegenüber. Auf der einen Seite die EU-Kommis- ion, die einen der mächtigsten Wirtschaftsblöcke ver- ritt, auf der anderen die AKP-Staaten, von denen viele u den am wenigsten entwickelten Staaten der Welt ge- ören. Zur Kritik an der Verhandlungsführung der EU ehört ja gerade, dass sie diese Asymmetrie und die ohe Abhängigkeit der AKP-Staaten voll ausspielt und ie AKP-Staaten entsprechend unter Druck setzt. 2007 äuft die Verlängerung des Präferenzsystems von Lomé us und die AKP-Staaten haben viel zu verlieren: Sie ühren 40 Prozent ihrer Exporte in die EU aus, während as umgekehrt nur für 3 Prozent gilt. Auch die Auszah- ungen aus dem Europäischen Entwicklungsfonds sind etztlich an die Unterzeichnung der EPA geknüpft. Frau ieczorek-Zeuls Hinweis ist deshalb zynisch. Die AKP- taaten haben keine Wahl. Deshalb ist es genau richtig, enn die Initiative für eine Neuformulierung des Ver- andlungsmandats der EU-Kommission von Europa aus- eht. In den Dokumenten der Europäischen Union und in nserem Ausschuss ist ständig die Rede von Politikko- ärenz. Der Europäische Entwicklungskonsens fordert, ass die Ziele der Entwicklungszusammenarbeit auf al- en Politikfeldern der EU Berücksichtigung finden müs- en. Die Praxis sieht völlig anders aus. In den EPA-Ver- andlungen ist von Kohärenz nichts zu sehen. Sollte sich ie EU-Kommission mit ihrer aktuellen Verhandlungsli- ie durchsetzen, würden Entwicklungsziele massiv un- erlaufen. Als Folge der EPA wären die Produzenten in en AKP-Staaten einem ungleichen Wettbewerb mit den ffizienteren und überdies oft subventionierten Produ- enten der EU ausgesetzt, in dessen Ergebnis sie von ih- en lokalen und nationalen Märkten verdrängt würden. er EU-Ausschuss der Assemblée Nationale spricht von inem vierfachen Schock, der auf die AKP-Staaten zu- omme: für die Landwirtschaft, für im Aufbau befindli- he Industrien, für die Haushalte (aufgrund sinkender olleinnahmen) und für die Handelsbilanzen. Aminata raoré, ehemalige Kultusministerin Malis, bezeichnete ie Freihandelsabkommen gar als die „Massenvernich- ungswaffen“ Europas. 6270 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 (A) ) (B) ) Die Linke setzt sich für eine andere EU-Außenhan- delspolitik gegenüber den Ländern des Südens ein, die dem UN-Menschenrecht auf Entwicklung, dem Schutz heimischer und regionaler Märkte und den international festgelegten Zielen der Armutsbekämpfung verpflichtet ist. In deren Mittelpunkt darf nicht der Wettbewerb, son- dern muss der solidarische Austausch mit den wirt- schaftlich schwächeren Partnern stehen. Ich unterstrei- che deshalb unsere Forderung, die wir heute hier im Bundestag und zugleich gemeinsam mit vielen Abgeord- neten in anderen EU-Ländern stellen, dass der EU-Kom- mission das Mandat zu den EPA-Verhandlungen entzo- gen und dass ein neues, entwicklungspolitisch kohärentes Mandat formuliert wird. Sowohl in der Euro- päischen Union als auch in ihren Partnerstaaten dürfen soziale und ökologische Standards nicht der Wettbe- werbsfähigkeit geopfert werden. Es darf kein Druck auf die Verhandlungspartner ausgeübt werden, ihre Binnen- bzw. regionalen Wirtschaftsräume durch Liberalisierung zu gefährden. In volkswirtschaftlich, ökologisch, sozial oder kulturell sensiblen Bereichen dürfen keine Liberali- sierungen verlangt werden. Alle Verhandlungen müssen künftig offen und öffentlich geführt werden. Sie müssen von einer regelmäßigen sozialen, ökologischen und kul- turellen Folgenabschätzung auf der Grundlage von ge- meinsam mit zivilgesellschaftlichen Gruppen erarbeite- ten Maßstäben begleitet werden. Dies wäre ein wesentlicher Beitrag zur Umsetzung der UN-Millen- niumsziele. Ute Koczy (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das Co- tonouabkommen von 2000 regelt die wirtschafts- und handelspolitische Zusammenarbeit der Europäischen Union, EU, mit den Staaten Afrikas, der Karibik und des Pazifiks, AKP, – neu. Es sieht den Abschluss von Wirt- schaftspartnerschaftsabkommen, EPA, – vor. Sie haben das erklärte Ziel, die Armut zu bekämpfen und eine nachhaltige Entwicklung zu fördern. Doch die traurige Wahrheit ist, dass diese entwicklungspolitische Ausrich- tung im bisherigen Verhandlungsprozess nicht konse- quent und kohärent umgesetzt worden ist. Wir Grünen wollen, dass es in diesen Verhandlungen Fortschritte gibt und mit den AKP-Staaten belastbare Entwicklungspartnerschaftsabkommen abgeschlossen wer- den. Immerhin sind 39 der 50 so genannten LDCs zu- gleich AKP-Länder. Ich verwende mit Bedacht den Be- griff „Entwicklungspartnerschaftsabkommen“, denn nur darum kann es gehen! Und wir müssen noch nicht einmal einen neuen Namen erfinden: EPA bedeutet für Entwick- lungspartnerschaftsabkommen; das passt perfekt! Die EU muss ihre Strategie überdenken und die Part- nerschaft mit den AKP-Ländern vom Kopf auf die Füße stellen: Zukunft durch Entwicklung geht vor Freihandel. Entscheidend ist, dass die Zusammenarbeit zur Armuts- und Hungerbekämpfung beiträgt. Wir wissen: Wir haben es bei den Verhandlungen zwischen der EU und den AKP-Staaten mit sehr ungleichen Partnern zu tun. Das Nationaleinkommen der AKP-Länder macht gerade ein- mal 3 Prozent von dem der EU aus. Während mehr als 40 Prozent der AKP-Exporte in die EU gehen, findet u i g d g g d b n h s s g P d d l l a S z g d t s d d n w S g h t w w s w C d w z d M P b w l d G s w s A m n (C (D mgekehrt nur der kleinste Teil der EU-Waren den Weg n die AKP-Länder. Partnerschaft kann unter solchen Rahmenbedingun- en schnell zum Euphemismus werden. Die Probleme, ie sich im Rahmen der EPA-Verhandlungen stellen, lie- en für mich auf drei Ebenen. a) Die ökonomischen Risiken liegen aufgrund der un- leichen Gewichte eindeutig auf der Seite der AKP-Län- er. Wir müssen diese Risiken für die ärmsten Länder egrenzen und in Potenziale umwandeln. Dies kann aber ur mit einem eindeutigen Entwicklungsmandat gesche- en. Die EPAs müssen den Marktzugang zur EU verbes- ern. Die EU-Agrarsubventionen müssen so einge- chränkt werden, dass mit dem Agrardumping Schluss emacht wird. Damit wird Druck von Millionen von roduzenten in den AKP-Ländern genommen, die mit er hoch subventionierten europäischen Lebensmittelin- ustrie nicht konkurrieren können. b) Während die EPAs für die AKP-Länder wirtschaft- ich äußerst bedeutend sind, haben sie für die EU vor al- em eine politische Bedeutung. Auf dieser Ebene liegen us meiner Sicht auch die Hauptgefahren. Nach dem cheitern der WTO-Verhandlungen gilt es, sehr genau u beobachten, welche Exempel bei bilateralen und bire- ionalen Handelsabkommen statuiert werden. Tragen ie EPAs dazu bei, die Chancen für ein zukünftiges mul- ilaterales Abkommen zu erhöhen, oder nehmen sie Ent- cheidungen vorweg, die im Gegensatz zu den Zielen er Dohaentwicklungsrunde stehen? Für mich ist klar, ass im Rahmen der EPA keine Themen wie Investitio- en, Wettbewerbspolitik und öffentliches Beschaffungs- esen verhandelt werden dürfen, die als so genannte ingapurthemen von der WTO-Entwicklungsrunde aus- enommen wurden. Gleichzeitig dürfen keine weitge- enden Abkommen in den Bereichen geistiger Eigen- umsrechte, TRIPS, und Dienstleistungen abgeschlossen erden, die das Lager der Entwicklungsländer für die eiteren Verhandlungen im WTO-Prozess nachhaltig palten. c) Ich möchte auf ein ganz besonderes Problem hin- eisen. Obwohl die EPAs im Zusammenhang mit dem otonouabkommen stehen, werden sie vom EU-Han- elskommissar und nicht von Louis Michel, dem Ent- icklungskommissar, verhandelt. Dieser sitzt am Kat- entisch der EPA-Verhandlungen. Es war schon absurd, ass der Entwicklungskommissar der EU an den WTO- inistertreffen nicht teilnehmen durfte. Dass er bei den artnerschaftsabkommen aber nicht mindestens gleich- erechtigt mitverhandelt, ist nicht hinnehmbar. Wer, enn nicht die EU-Entwicklungspolitikerinnen und -po- itiker, sollen denn für die Entwicklungsverträglichkeit er Abkommen auf EU-Seite eintreten? Wenn ich das anze auf deutsche Verhältnisse übertrage: Vom Wirt- chaftsministerium erwarte ich nie und nimmer eine Ent- icklungsagenda; dort steht die „Kampftruppe der deut- chen Unternehmerschaft“. Dies mag für bestimmte ufgaben seine Berechtigung haben, in Verhandlungen it den ärmsten Ländern macht dies aber überhaupt kei- en Sinn. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 6271 (A) ) (B) ) Glücklicherweise ist in Deutschland für die EPAs das Entwicklungsministerium zuständig. Daraus erwächst eine besondere Verantwortung für die deutsche EU-Rats- präsidentschaft. Das entwicklungspolitische Mandat für die EPAs muss entschieden gestärkt werden. Ich hoffe darüber hinaus, dass von der deutschen EU-Präsident- schaft starke Impulse für die WTO-Entwicklungsrunde ausgehen. Es muss endlich Schluss sein mit dem ent- wicklungsfeindlichen Protektionismus und der fehlgelei- teten Agrarsubventionspolitik der EU. Nur neue und weit reichende EU-Angebote können die WTO-Ver- handlungen wieder beleben. Anlage 10 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Statstik der Verdienste und Arbeitskosten (Verdienststatistikgesetz – VerdStatG) (Tages- ordnungspunkt 19) Dr. Michael Fuchs (CDU/CSU): Die Reform der Lohnstatistik ist ein lobenswertes Beispiel für den Büro- kratieabbau der großen Koalition. Die Wirtschaft wird entlastet, ohne dass es zu wesentlichen Einschnitten in die Leistungsfähigkeit der amtlichen Statistik kommt. Es stellt einen weiteren wichtigen Schritt zur Entlastung der Wirtschaft von statistischen Berichtspflichten dar. Der Gesetzentwurf reiht sich ein in das Maßnahmen- paket zum Bürokratieabbau, welches im Zuge des Ersten Mittelstandsentlastungesetzes auf den Weg gebracht wird. Anstelle der bisher vierteljährlichen und jährlichen Verdiensterhebung soll nur noch die vierteljährliche Er- hebung durchgeführt werden. Verdiensterhebungen in der Landwirtschaft werden nur noch alle vier Jahre durchgeführt; in der Zwischen- zeit erfolgen Schätzungen durch das Statistische Bun- desamt. Besondere Verdiensterhebungen im Handwerk entfallen künftig, da sie nach EG-Recht nicht nötig sind. Die aus EG-rechtlichen Gründen weiterhin erforderli- che vierteljährliche Verdiensterhebung wird somit bei unveränderter Stichprobengröße gleichmäßiger auf die Gesamtwirtschaft verteilt. Dies verringert die Statistik- lasten, insbesondere im besonders betroffenen verarbei- tenden Gewerbe. Eine insgesamt gerechtere Verteilung und vor allem eine Entlastung der kleinen und mittleren Unternehmen des produzierenden Gewerbes werden da- mit erreicht. Damit begrüßen wir die geplante Stoßrich- tung des Gesetzes, nämlich die Erhebungen auf den Dienstleistungssektor auszudehnen, ohne den Stichpro- benumfang zu erhöhen. Auch wenn dieser Tage interessengelenkt versucht wird, das Bürokratieabbauprojekt zu zerreden, so sage ich Ihnen als Mitglied der Koalitionsfraktion und mit In- formationen aus erster Hand, dass die Bundesregierung, respektive das Bundeskanzleramt, auf Kurs ist. Die Identifizierung bestehender Informationspflich- ten der Wirtschaft ist abgeschlossen. Im nächsten Jahr w k R e t s g n a w D a r M B s r d b d w M d W e a A b K v N G z k f b t e i c d m f z r h S D d f (C (D ird nach Abschluss der Messungen das Abbauziel ver- ündet und mit der Selbstverpflichtung jedes einzelnen essorts begonnen. Hier waren die Medien schlicht und infach falsch informiert, wenn dieser Tage in der Zei- ung von der Verkündung des Abbauziels in 2008 ge- chrieben steht. Hüten Sie sich bitte vor diesen voreili- en Falschmeldungen! Bedenken Sie einfach nur, dass die Holländer heute ach sechsjähriger Vorlaufzeit mit ihren SKM-Erfolgen ufwarten. Wenn uns also Zeitvergeudung vorgeworfen ird, so dürfte dies frühestens im Jahr 2012 erfolgen. och wir freuen uns natürlich über Kritik und Druck von ußen, zeigt es doch nur das fraktionsübergreifende Inte- esse an diesem wichtigen Thema. Parallel zur Implementierung des erfolgreichen SKM- odells, dessen Einführung auf europäischer Ebene die undeskanzlerin während ihrer Ratspräsidentschaft an- trebt, betreibt die Bundesregierung auch materielle De- egulierung – wie das heute vorliegende Gesetz beweist. Ein rasches Erstes Mittelstandsentlastungsgesetz hat as BMWi vor der Sommerpause verabschiedet, schon ald wird das Zweite Mittelstandsentlastungsgesetz in en Deutschen Bundestag eingebracht. Damit machen ir also deutlich, dass wir nicht bis zum Vorliegen der essergebnisse des jüngst vorgestellten deutschen Stan- ard-Kosten-Modells abwarten, sondern schon jetzt die irtschaft von Bürokratie befreien. Auch die übrigen Ressorts werden eigene Bürokratie- ntlastungsgesetze vorlegen. Hier ist jedes Haus am Zug, uch schon vor Festlegung des jeweiligen prozentualen bbauziels. Der neue Normenkontrollrat hat ab Oktober seine Ar- eit begonnen. So werden wir in Zukunft eine exakte ostenbelastung für die Wirtschaft bei Gesetzentwürfen or Augen haben und Bürokratie vermeiden können. Der ormenkontrollrat wird sich zugleich auch bestehende esetz vorknöpfen und uns konkrete Bürokratieabbau- iele aufzeigen. In der Vergangenheit wurde die Bürokratiekostendis- ussion regelmäßig vor dem Hintergrund einer wenig undierten Debatte geführt. Die Ermittlung der Gesamt- elastung wurde nahezu ausschließlich auf Basis subjek- iver Einschätzungen vorgenommen. Nun werden wir rstmalig mit fundierten Zahlen arbeiten können. Dabei st die Einführung des SKM für uns aber auch ein Entde- kungsverfahren. Ich begrüße es dabei außerordentlich, ass die so genannte Nullmessung durch die Beamten ithilfe des Statistischen Bundesamtes selbst durchge- ührt wird. Das hat auch etwas mit Mentalitätswechsel u tun, den wir uns nicht einfach teuer durch externe Be- ater einkaufen, sondern den wir uns – auch wenn es mü- evoll sein kann – selbst aneignen. Die Beamten in den Ressorts sind durch fundierte chulungen auf das Messverfahren vorbereitet worden. ie Schulungen sind gut angekommen; daher verwun- ern mich ehrlich gesagt Äußerungen über angebliche ehlende fachliche Qualifizierungen. 6272 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 (A) ) (B) ) Noch ein, zwei Bemerkungen zur Rolle des Statisti- schen Bundesamtes: Das Amt verfügt über die notwen- digen Erfahrungen im Umgang mit den gefragten Erhe- bungsmethoden und steht regelmäßig in Kontakt mit der Wirtschaft. Das Amt wird zentral den Messprozess steu- ern. Das bedeutet eine Ressourcen sparende Umsetzung des Verfahrens. Last, but not least werden die Unterneh- mer nicht mit einer Vielzahl einzelner und unkoordinier- ter Erhebungen durch verschiedene Akteure belastet. Denn die eigentliche Anwendung des Standardkos- tenmodells ist im Grunde Datenerhebung, Datenaufbe- reitung und Datenauswertung. Dies ist das originäre Ar- beitsgebiet der amtlichen Statistik. Die Bundesregierung nutzt im Sinne moderater Haushaltspolitik bestehendes, entsprechend geschultes Personal. Und dem Amt liegen zahlreiche, für die SKM-Messung benötigte Informatio- nen bereits vor. Ich gebe zu, dieser gewaltige Prozess ist nach außen hin weniger sichtbar. Doch nicht alles, was nach außen getragen wird, muss auch gut sein. Tag für Tag vollzieht sich aber diese Reform unter Eifer und Nachdruck der politisch Verantwortlichen. Wir als Regierungsfraktion begleiten diesen Prozess kritisch und als starker Partner. Doris Barnett (SPD): Das Verdienststatistikgesetz, das wir heute verabschieden, löst das Lohnstatistikgesetz ab. Aber es ist mehr als nur eine neue Verpackung! Es wird die Wirtschaft, insbesondere das Handwerk, nach- haltig entlasten, ohne auf die notwendige Datenbasis zu verzichten, die ja zu vielerlei Entscheidungen Grundvo- raussetzung ist. Gerade in der heutigen Zeit, in der für unser Land als Standort wichtige wirtschaftspolitische Planungsent- scheidungen fallen, sind aussagekräftige Statistiken zu Arbeitsverdiensten und Arbeitskosten notwendig. Aber nicht nur die korrekte Datenlage – auch die Erhebung der Daten ist für die Wirtschaft ein Faktor, und zwar ein nicht unerheblicher Kostenfaktor. Und der wird umso mehr akzeptiert, je enger die mit ihm verbundenen Sta- tistiken an die Bedürfnisse seiner Nutzer angepasst sind. Das zehn Jahre alte, vor fünf Jahren zuletzt geänderte Lohnstatistikgesetz ist für eine zeitgemäße Verdienst- erhebung nicht mehr tauglich. Einerseits erfordert das EG-Recht eine Anpassung der nationalen Rechtsgrund- lagen gemäß der Berichtspflicht. Andererseits ist die jetzt noch geltende Rechtslage nicht flexibel genug, um auf einfachere Art Erhebungsmethoden zu verändern und auch effizienter zu gestalten. Darüber hinaus ist es für uns wichtig, die aufgrund europäischer und auch deutscher Anforderungen vorzu- nehmenden Datenerhebungen gut aufeinander abzustim- men, um die Belastungen für die Betriebe gering zu hal- ten. Dafür sorgen unter anderem die Möglichkeiten der automatisierten Datengewinnung aus dem betrieblichen Rechnungswesen, mit der so genannten Erhebungssoft- ware „eSTATISTIK.core“. Angaben für die Verdienst- erhebung können somit elektronisch aus den Lohnab- rechnungssystemen zusammengestellt und papierlos an eine zentrale Annahmestelle der statistischen Ämter ü V u s i h w d J V E n A g d s G u w S z w m s g S n r A s m c w s n m g w r k i t Ä f d d d m A L d b p z S (C (D bermittelt werden. Damit sind wir in der Lage, die EG- erordnungen für ein integriertes System der Verdienst- nd Arbeitskostenstatistik zu erfüllen. Die Neuregelungen, die wir jetzt beschließen, umfas- en: den Wegfall einer jährlichen Verdiensterhebung, die m produzierenden und im Dienstleistungsgewerbe bis- er neben den unterjährigen Erhebungen durchgeführt urden; die Verdiensterhebungen in der Landwirtschaft, ie jetzt nicht mehr jährlich, sondern nur noch alle vier ahre durchgeführt werden; den Wegfall der besonderen erdiensterhebungen im Handwerk, die eigentlich zur rfüllung der Verpflichtungen nach EG-Recht gar nicht ötig sind; und die mehrjährlichen Verdienststruktur- und rbeitskostenerhebungen werden gemäß den einschlägi- en EG-Verordnungen auf die gesamte Wirtschaft ausge- ehnt. Dadurch werden bei gleich bleibendem Ge- amtaufwand die Berichtspflichten gleichmäßiger auf die esamtwirtschaft verteilt, was sich vor allem für kleine nd mittelgroße Unternehmen des produzierenden Ge- erbes als Entlastung auswirkt, wie insgesamt die umme aller Maßnahmen des Verdienststatistikgesetzes u einer deutlichen Entlastung der Wirtschaft führen ird. Weil aber die Berichtspflichten jetzt für die Unterneh- en reduziert werden, ergibt sich aufseiten der Statisti- chen Ämter der Länder und des Bundes auch ein verrin- erter Erhebungsaufwand und damit eine Entlastung. icher, es wird – wie immer bei solchen Gesetzen – zu- ächst zu Mehrkosten bei den Ämtern in der Einfüh- ungsphase kommen. Wenn wir allerdings die bisherigen ufwendungen zur Durchführung des geltenden Lohn- tatistikgesetzes zugrunde legen und sie mit den nun- ehr zu verarbeitenden Daten und Zeiträumen verglei- hen, werden wir feststellen, dass alle Geld sparen erden. Die Länder werden der größte Nutznießer sein, ie werden jährlich rund 590 000 Euro einsparen kön- en, auch wenn diese Summe nicht sofort beim Finanz- inister ankommt, weil zunächst Umstellungskosten ge- engerechnet werden müssen. Auch im Haushalt des Statistischen Bundesamtes ird mit jährlichen Einsparungen von 20 000 Euro ge- echnet, auch hier lasse ich die einmaligen Umstellungs- osten außer Acht. Für die Wirtschaft enthält das Gesetz – und das will ch auch gar nicht unterschlagen – kostenbe- und -entlas- ende Elemente. Aber in der Summe aller gesetzlichen nderungen wird es zu weniger Kosten und Aufwand ür die Wirtschaft kommen. Natürlich müssen wir immer amit rechnen, dass durch unser Gesetz eventuell bei em einen oder anderen Unternehmen möglicherweise ie Kosten steigen und sich das auch für den Kunden be- erkbar macht. Allerdings dürfte das wohl die absolute usnahme sein, die die Regel eher bestätigt! Die jetzt von uns zu verabschiedende Reform der ohnstatistik ist Teil des Maßnahmenkatalogs der Bun- esregierung in deren Programm „Bürokratieabbau und essere Rechtsetzung“ in der Fassung des Eckpunktepa- iers zum Mittelstandsentlastungsgesetz. Ich bin über- eugt, dass wir mit dieser Gesetzesnovelle wieder einen chritt – über dessen Größe ich gar nicht spekulieren Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 6273 (A) ) (B) ) will – zu einer besseren Verwaltung und somit Regie- rungshandeln kommen. Das haben wir uns vorgenom- men im Interesse des Standorts Deutschland – und das setzen wir jetzt um. Ich wäre froh, wenn sich daran mög- lichst viele Kolleginnen und Kollegen beteiligen wür- den, ich lade Sie auf jeden Fall gerne dazu ein. Martin Zeil (FDP): Wir beraten heute in zweiter und dritter Lesung über das neue Verdienststatistikgesetz, dass das geltende Gesetz über die Lohnstatistik zum 1. Januar 2007 ablösen soll. Unter der Maßgabe der eu- ropäischen Verordnungen ist es das Ziel des neuen Ge- setzes, die gegenwärtige Wirtschaftsstruktur in ihrer ganzen Breite zu erfassen und der gestiegenen Bedeu- tung des Dienstleistungssektors auch in der statistischen Erfassung Rechnung zu tragen. Gleichzeitig sollen mit dem neuen Gesetz kleine und mittelgroße Unternehmen von Berichtspflichten entlastet werden. Damit ist das neue Verdienststatistikgesetz ein Schritt in die richtige Richtung. Wir begrüßen dabei ausdrück- lich die geplante Entlastung durch die Reduzierung der Verdiensterhebung und die Reduzierung der Erhebungen im Bereich der Landwirtschaft und des Handwerks. Wir begrüßen auch die Reduzierung der Kosten bei den sta- tistischen Landesämtern und dem Statistischen Bundes- amt. Ich will Ihnen aber auch ganz klar sagen, warum wir diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen können. Es muss nämlich noch einmal deutlich gemacht werden, dass Sie mit diesem Gesetz Gefahr laufen, Bürokratie auf- und nicht abzubauen. Ich möchte Sie an Ihre Koalitionsver- einbarung erinnern, in der Sie das Ziel festgeschrieben haben, die milliardenschweren Bürokratielasten in unse- rem Land zu reduzieren und neue zu vermeiden. Das leisten Sie mit diesem Gesetz nicht. Zum einen wird durch den Gesetzentwurf der Mittelstand vermehrt in die Pflicht genommen, zum anderen bleiben Chancen der Entlastung – die sich hier durchaus geboten hätten – un- genutzt. Ich will Ihnen das näher erläutern: Da der Anteil der kleineren und mittleren Unternehmen im Dienstleis- tungssektor höher ist als in denjenigen Wirtschaftszwei- gen, die von Berichtspflichten entlastet werden, wird es in der Summe mit der Ausdehnung der Berichtspflicht auf den Dienstleistungssektor zu einer Zunahme der Be- lastung für eben diese kleineren und mittleren Unterneh- men kommen. Das sollte man wissen und auch entspre- chend berücksichtigen. Ein zentrales Ziel des Verdienststatistikgesetzes, den durch Bürokratiekosten überproportional belasteten Mittelstand von Berichts- pflichten zu verschonen, wird damit verfehlt. Es muss aber auch angemerkt werden, dass eine bun- desländerspezifische Erhebung nicht notwendig gewe- sen wäre. Es ist zu bedauern, dass die Bundesregierung im Vorfeld einen Änderungsvorschlag des Bundesrates abgelehnt hat. Die Länder befürchten hier einen starken Anstieg der Arbeitsbelastung in den statistischen Lan- desämtern. Die Bedenken der Länder sollten ernst ge- nommen werden. Da das EU-Recht keine Ausweitung auf Landesebene vorsieht, fordern wir, auf eine solche zu verzichten. m d p h s a f – a S s s U 2 b s ü h T t a a n b n u d v n w m n w t r o v n t f W w n L n m d B r w l B k d (C (D Darüber sind vor allem die folgenden Punkte zu be- ängeln: Der geplante Stichprobenumfang der verschie- enen Verdiensterhebungen ist zu weit. Danach sollen ro Stichprobe 40 500 respektive 34 000 Unternehmen erangezogen werden. Diese Stichprobenumfänge lassen ich nicht aus den zugrunde liegenden EU-Verordnungen bleiten. Unter der Zielsetzung einer geringen Belastung ür die Unternehmen bei statistischen Berichtspflichten natürlich weiter unter der gleichzeitigen Gewährung ussagekräftiger Daten – wäre eine Reduzierung des tichprobenumfangs in allen Erhebungen des Verdienst- tatistikgesetzes auf die Hälfte der Grundgesamtheit innvoll. Daraus würde sich ein Entlastungseffekt für die nternehmen ergeben bzw. damit könnten über 0 000 Unternehmen von Berichtspflichten verschont leiben. Die Möglichkeit, in Zukunft im Rahmen der statisti- chen Berichtspflichten vermehrt Daten elektronisch zu bermitteln, ist grundsätzlich positiv zu bewerten. Die ier zur Anwendung kommende Software eSTATIS- IK.core kann mittel- bis langfristig eine geeignete da- entechnische Voraussetzung bieten. Wir nehmen aber uch hier die Bedenken der Unternehmen sehr ernst, die nmerken, dass sich das automatisierte Datengewin- ungsverfahren eSTATISTIK.core noch in der Erpro- ungsphase befindet und ein voller Einsatz in den Unter- ehmen bereits zu Beginn des nächsten Jahres sehr nrealistisch ist. Die teils erheblichen Kosten, die mit er Umstellung auf den Betrieb von eSTATISTIK.core erbunden wären, halten vor allem viele kleinere Unter- ehmen von der Umstellung ab. Zudem ist der Melde- eg häufig noch technisch fehleranfällig. Lassen Sie mich zum Schluss noch anmerken, dass it der Ablösung des Lohnstatistikgesetzes durch das eue Verdienststatistikgesetz die Chance hätte ergriffen erden müssen, eine umfassende Revision der komplet- en Unternehmensstatistik einzuleiten. Gerade im Be- eich der amtlichen Statistik sind viele Gesetze und Ver- rdnungen nicht aufeinander abgestimmt. Dazu wird in ielen Bereichen das Potenzial von Datenbanksynergien icht ausreichend genutzt, obwohl mit dem Verwal- ungsdatenverwendungsgesetz die rechtliche Grundlage ür den Datenaustausch geschaffen wurde. Abschließend möchte ich sagen, dass die Belange der irtschaft und der Länder hätten ernster genommen erden müssen. Das neue Verdienststatistikgesetz wurde icht genutzt, die Unternehmen und Bürger in diesem and umfassender zu entlasten. Aus diesen Gründen leh- en wir das Gesetz ab. Sabine Zimmermann (DIE LINKE): Es kommt anchmal vor, dass jemand genau das Gegenteil von em tut, was er ständig erzählt. Das ist diesmal bei der undesregierung der Fall. Bisher hat die Bundesregie- ung beklagt, es gebe zuviel amtliche Statistik und diese ürde kleine und mittlere Unternehmen übermäßig be- asten und wirtschaftliches Wachstum hemmen. Diese ehauptung entbehrt jeglicher Grundlage. Darauf omme ich gleich. Zunächst zum vorliegenden Entwurf es Verdienststatistikgesetzes. Damit soll die Erhebung 6274 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 (A) ) (B) ) der Arbeitsverdienste und Arbeitskosten auf nahezu die gesamte Wirtschaft ausgeweitet werden. Bisher erfolgte dies nach dem alten Lohnstatistikgesetz von 1951 nur in der Industrie und einigen Teilen des Dienstleistungsge- werbes. Die Erfassung der Arbeitsverdienste und Arbeitskosten ist politisch sinnvoll. Eine ordentliche und verlässliche Statistik ist unabdingbar für eine verantwortungsvolle Wirtschaftspolitik. Mit diesem Verdienststatistikgesetz soll nun auch die Teilzeitbeschäftigung erfasst werden. In einer Zeit, in der die Mini- und Midijobs, von denen man nicht leben kann, um sich greifen, ist das nur zu begrüßen. Die Linke stimmt deshalb dem vorliegenden Gesetzes- entwurf zu – bei aller Kritik, die wir an einzelnen Punkten haben. Ich nenne hier nur die unnötige Streichung be- stimmter Erhebungen im Handwerk. In Zukunft wird es einen weniger differenzierten Einblick in die dortige Lage geben. Sie sehen, meine Damen und Herren von Union und SPD, wir machen unsere Ankündigung wahr und beglei- ten die Vorhaben der Bundesregierung in punkto Büro- kratieabbau konstruktiv und stimmen zu, wo etwas in die richtige Richtung geht. Allerdings muss man sagen: Die Bundesregierung hat dieses Gesetz nicht aus rein freien Stücken vorgelegt. Sie folgt damit zu großen Teilen den Maßgaben der EU, die Verdienststatistik an EG-Recht anzupassen. Ich sagte es bereits: Der bisherige Kurs der Bundesre- gierung bestand darin, eine Kampagne zum Abbau von Statistikpflichten zu führen. Sie hat dies mit dem Mode- wort Bürokratieabbau gerechtfertigt und behauptet, vor allem die mittelständischen Unternehmen würden von Statistikpflichten quasi erdrückt. Was daran Propaganda ist und was Realität, das hat jüngst eine verlässliche Un- tersuchung gezeigt. Das Deutsche Institut für Wirt- schaftsforschung hat mithilfe der statistischen Ämter die Belastung der Unternehmen durch die amtliche Statistik repräsentativ ermittelt – übrigens im Auftrag des Bundes- wirtschaftsministeriums. Wir mussten lange auf eine sol- che verlässliche Untersuchung warten. Alle anderen jün- geren Studien basierten lediglich auf der subjektiven Einschätzung einzelner Unternehmer. Was ist nun bei der DIW-Untersuchung heraus gekommen? 85 Prozent der knapp 3,5 Millionen Unternehmen in Deutschland meldeten 2004 überhaupt keine Daten an die statisti- schen Ämter. Die anderen etwa 500 000 befragten Un- ternehmen mussten durchschnittlich eine Stunde im Durchschnitt für Fragen der amtlichen Statistik aufwen- den. Bei kleinen Unternehmen bis neun Beschäftigte be- trug der durchschnittliche Meldeaufwand lediglich eine halbe Stunde im Monat. Es ist also nichts dran an dem Märchen einer erdrückenden Statistiklast für die kleinen und mittleren Unternehmen. „Gute Politik braucht gute Statistik“, sagt der Vize- präsident des statistischen Bundesamtes. Auf die gute Politik im Interesse der Menschen warten wir vergeb- lich. Dafür hat die große Koalition begonnen, eine gute und gesellschaftlich notwendige Statistik abzubauen. Ich nenne hier nur das erste Mittelstandsentlastungsgesetz, das Union und SPD vor der Sommerpause beschlossen h t r l U W V d g B r B d l K t e s a i l m c n d z s B b v m s u b M u z a B d I n v z d K d F g a Z (C (D aben. Danach fallen im produzierenden Gewerbe Be- riebe mit weniger als 50 tätigen Personen aus der bishe- igen Berichtspflicht heraus. Wenn nun aber keine ver- ässlichen Daten über die Situation der kleinen nternehmen vorliegen, wie soll dann eine vernünftige irtschaftspolitik für diesen Bereich gemacht werden? ielleicht ist das auch nur ein Zeichen der Ehrlichkeit, ass die Politik der großen Koalition eine Politik des roßen Kapitals ist. Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): undeskanzlerin Merkel hatte zu Beginn ihrer Regie- ungszeit angekündigt, sie wolle die Herkulesaufgabe ürokratieabbau mit neuer Kraft angehen. In Würdigung es vorliegenden Gesetzentwurfs kann ich dazu feststel- en: Frau Merkel ist sicherlich kein neuer Herkules, denn raft, Mut und Kondition reichen bei ihr beim Bürokra- ieabbau nicht einmal zum Abarbeiten von Standards. Meine Begründung für diese Einschätzung ist ganz infach. Mit dem Gesetzentwurf soll das geltende Lohn- tatistikgesetz durch ein neues Verdienststatistikgesetz bgelöst werden. Ein erklärtes Ziel der Bundesregierung st es, damit die Wirtschaft von Berichtspflichten zu ent- asten. So weit, so löblich. Aber: Das Ergebnis dieser Bemühungen ist mehr als ager. Anstelle der bisher vierteljährlichen und jährli- hen Verdiensterhebungen wollen Sie die Wirtschaft nur och zu den vierteljährlichen Erhebungen über Ver- ienste und Arbeitszeiten verpflichten. Ich muss keine Prophetin sein, um Ihnen vorhersagen u können, dass in der Wirtschaft wegen dieses Resultats icherlich keine Sektkorken knallen werden. Dabei ginge es auch anders. Wir hatten Ihnen in den eratungen vorgeschlagen, lediglich die jährliche Erhe- ung verpflichtend beizubehalten und stattdessen auf die ierteljährlichen Datenerhebungen zu verzichten. Ein- al Aufwand statt fünfmal Aufwand. Das wäre eine tat- ächliche Entlastung der Wirtschaft, mit der viel Zeit nd Geld hätte gespart werden können. Die Koalition leibt aber lieber beim Klein-Klein und hat nicht den ut aufgebracht, sich unserem Vorschlag anzuschließen nd den Bürokratieabbau damit wirklich einmal voran u bringen. Deshalb lehnen wir Ihren Gesetzentwurf uch ab. Der kleinmütige Umgang prägt Ihr Verhältnis zum ürokratieabbau auch in der Gesamtschau. Kein Wun- er, dass das Handelsblatt vom vergangenen Dienstag hre Bemühungen bereits als drohenden Flop bezeich- ete. Die Kritik am Handeln der Bundesregierung ist ernichtend: Sie benennen keine konkreten Entlastungs- iele. Sie befassen die falschen Leute mit den anstehen- en Aufgaben, und Sie kaprizieren sich aufs Messen von osten und nicht auf die faktische Kostenreduzierung. Schon wird gespottet, bisher sei unter Ihrer Aegide le- iglich eine „Bürokratieabbau-Bürokratie“ entstanden. ür tatsächliche Änderungen aber fehlt Ihnen der Ehr- eiz. Die Niederlande haben uns vorgemacht, dass es uch anders geht: Sie haben nicht nur ein ehrgeiziges iel formuliert, sondern werden dieses Ziel – Reduzie- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 6275 (A) ) (B) ) rung der Bürokratiekosten um ein Viertel – voraussicht- lich auch erreichen. Dies entspräche übertragen auf die deutschen Verhältnisse einem jährlichen Entlastungspo- tenzial von 20 Milliarden Euro. Dieses Potenzial für innovative Entwicklungen und mehr Beschäftigung nutzbar zu machen, wäre ein loh- neswertes Projekt. Darum appelliere ich an Sie: Verwal- ten und vermessen Sie nicht länger den Bürokratieabbau, sondern werden Sie initiativ. Dann können Sie auch mit unserer Unterstützung rechnen, die wir Ihnen heute noch versagen müssen. Anlage 11 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – Hochschulpakt 2020 zum Erfolg bringen – Studienplätze bedarfsgerecht und zügig aus- bauen – Die Qualität der Hochschullehre sichern – den Hochschulpakt 2020 erfolgreich ab- schließen und weiterentwickeln – Hochschulpakt 2020 – Kapazitätsausbau und soziale Öffnung (Tagesordnungspunkt 20 a bis c) Monika Grütters (CDU): Hochschulpolitik hat ein- mal mehr in der Republik Konjunktur – und das ist auch gut so, möchte man sagen, auch wenn das Bundesland, aus dem dieser Spruch seine Wirkung bezieht, sich in Sachen Hochschulpolitik zur Zeit nicht gerade mit Ruhm bekleckert … Aber nachdem wir in der vergangenen Plenarwoche die laufenden Verhandlungen um den Hochschulpakt in der Aktuellen Stunde diskutiert haben, steht er heute erneut auf der Agenda des Bundestages. Das zeigt die enorme Bedeutung, die die Wissenschaft im Bewusst- sein und auch in der bundesrepublikanischen Wirklich- keit hat. Grüne und Linke beantragen – und das ist lobenswert, interessant und auch ein wenig kurios –, die bisher be- reitgestellten Bundesmittel für den Ausbau der Studien- platzkapazitäten zu erhöhen. Immerhin, darin schwingt ja ein kleiner Teil Anerkennung für die Anstrengungen mit, die in der Tat von der Bundesregierung in dieser Sache unternommen werden. Schön. Man fragt sich aber auch verwundert, warum denn die Grünen in der kürz- lich zu Ende gegangenen Legislatur so gar nicht auf die Idee gekommen sind, sich einmal bundespolitisch mit den Hochschulen und den Studierendenzahlen auseinan- der zu setzen. Und zu der Linken kann ich nur sagen, dass Sie ganz brav die sozialpolitische Rede hier halten, die Sie meinen, Ihrer Klientel schuldig zu sein – auch das ist in Ordnung, hat aber mit Hochschulpolitik im Jahr 2006 nur bedingt zu tun. Der Nachholbedarf Ihrer- seits an diesem sensiblen Punkt ist aber auch unsererseits nachvollziehbar. d t d v p p S G j s d G r t d t s d H b g g a b p f G a e h h f z m j d d W g b K d s w k g r p E d w S (C (D Also zur Sache: Die Anstrengungen, den Hochschulpakt zu verhan- eln, mögen ja gelegentlich Züge des Unmöglichen ragen. Aber es ist doch die Bundesministerin Schavan, ie die Bemühungen um den Hochschulpakt beharrlich orantreibt, ja die sogar die Idee zu diesem Hochschul- akt hatte. Da macht es wenig Sinn, sondern verläuft sich als Op- ositionsmasche, schon auf halbem Wege dahin sein cheitern zu beschwören – dies nur an die Adresse der rünen und der Linken. Aus Ihren Anträgen lese ich edenfalls nur bedingt das Bemühen heraus, den Hoch- chulpakt zum Erfolg zu führen. Sie überfrachten schon ie Anfangsmühen mit neuen Forderungen – nach mehr eld die einen und nach Kriterien, die wirklich erst dann elevant werden, wenn man sich länder- und bundessei- ig in Grundsätzlichem einig geworden ist. Nun gehört as Schlechtreden zum Oppositionsritual, aber nützen ut das hier niemandem. Schließlich ist eine höhere Studierquote im gesamt- taatlichen Interesse (das konstatieren immerhin auch ie Grünen) und deshalb ist es auch gut, dass es mit dem ochschulpakt endlich eine verabredete Zusammenar- eit zwischen Bund und Ländern geben wird. Im Übri- en wäre das in der Tat beinahe am starren Willen eini- er Ministerpräsidenten gescheitert, die hier in ußerordentlicher Weise auf ihrer Länderzuständigkeit eharrten – aber es waren Bildungs- und Wissenschafts- olitiker aller politischen Couleur, die sich dann doch er- olgreich für die jetzigen Varianten im föderalistischen efüge eingesetzt haben. Im aktuell zu vereinbarenden Hochschulpakt werden lso endlich beide Seiten in die Pflicht genommen, und s ist der Bund, der seine Vorleistungen schon erbracht at, indem hier 565 Millionen Euro als Finanzierungs- ilfe für zusätzliche Studienplätze und 700 Millionen Euro ür Programmittel für Forschungsprojekte an den Unis ur Verfügung gestellt wurden. Da können Sie gerne ehr, noch mehr fordern – als Opposition kommen Sie a nicht in die Verlegenheit, zu sagen, wessen Ressort afür geschröpft werden soll. Und immerhin fließen urch diese Regierung erhebliche zusätzliche Mittel in issenschaft und Forschung – so etwas hat es vorher nie egeben! Da ist der Ruf nach immer mehr gerade einmal illig. Die Bundesmittel in Höhe von 565 Millionen Euro zur apazitätserhöhung müssen komplementär von den Län- ern gegenfinanziert werden, also könnten insgesamt ogar 1,3 Milliarden Euro in die Universitäten fließen – enn, ja wenn die Länder ihrer so eifersüchtig einge- lagten Verantwortung für die Hochschulen tatsächlich erecht würden. Und was für eine Chance besteht in der Ausformulie- ung der inhaltlichen Erwartungen an einen Hochschul- akt: Frauenförderung, wachsende Internationalisierung, inführung des Lecturers, Mobilität zwischen den Län- ern, usw. Sie, die Linken, haben ja durchaus Recht, enn Sie so etwas thematisieren – wie Sie sehen, sind ie nicht die Ersten, die das tun. 6276 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 (A) ) (B) ) Angesichts der unterschiedlichen Entwicklungen der Studierendenzahlen könnten die Länder darüber hinaus endlich auch einmal ein Miteinander üben: Etwas mehr als ein Drittel der zusätzlichen Studienanfänger aus dem Westen könnten im Osten studieren. Nur hängt die Wan- derung der Studierenden von Faktoren ab, die bewusst po- litisch gestaltet werden können und müssen, zum Beispiel die Attraktivität der Studienorte, konkrete Bedingungen des Studiums, Studienfinanzierung und Zulassungsfragen. Für eine Mitverantwortung des Westens für den Osten hat Hessen ein erstklassiges Angebot gemacht und vorge- schlagen, 25 Prozent der Gesamtsumme an die ostdeut- schen Unis zu überweisen. Baden-Württemberg – Herr Minister Frankenberg hat das hier in der Aktuellen Stunde erwähnt – plant bilaterale Vereinbarungen zwischen sei- nen Unis und jeweils einer aus dem Osten. Das hat es noch nie gegeben und sicher hätten noch vor kurzem viele das für unmöglich gehalten. Ein größerer Anteil als der bisherige unserer Studieren- den könnte phasenweise im Ausland studieren, das könnte man sogar belohnen – so würde auch unser Bildungs- system noch internationaler. Alle diese Möglichkeiten sind natürlich nicht kosten- neutral zu haben. Aber in diesem Kontext seitens der Oppostion Kritik an den Verhandlungen zum Hochschul- pakt zu üben, ist schlichtweg unlauter: Denn unterfinan- ziert sind die Hochschulen schon jetzt, und das ist ein Versäumnis aller Länder! Und klar, hier kann ich mir als Berliner Abgeordnete auch einen Seitenhieb auf die KMK nicht verkneifen (von den Vorschlägen bekannter Karlsruher Richter ganz zu schweigen): Die Stadtstaaten haben ein Problem, weil es in der Natur der Sache liegt, dass sie über ihrem Lan- deskinder-Soll ausbilden, auch in finanziell schwierigen Zeiten. Insbesondere die Hauptstadt. Wir haben in Berlin bereits einen flächendeckenden Numerus clausus und trotzdem wurden hier in diesem Wintersemester bereits sechs von sieben Studienbewerber wieder weggeschickt. Das können wir uns eigentlich alle nicht leisten. Und das ist auch nur mit einer gemeinsamen Anstrengung zu stemmen. Da ist es auch verständlich, dass Länder mit einen höherem Anteil an Nicht-Landeskindern zunächst diese Studienplätze ausfinanzieren wollen, bevor sie neue zur Verfügung stellen. Aber es kann beim Hoch- schulpakt andererseits auch nur um neue, „frische“ Stu- dienplätze gehen, wenn man dem Ansturm gerecht wer- den will. Soll allerdings die Qualität gewahrt bleiben und will man über den Bacherlor-/Master-Abschluss, also den Bolognaprozess, auch endlich die Absolventen- (und nicht nur die Anfänger-)Quote erhöhen, dann muss auch neues Geld in das System. Eine vernünftige Idee ist es hier, einen erheblichen Anteil der zur Verfügung ste- henden Mittel in neue Fachhochschul-Studienplätze zu investieren. Das entspricht nicht nur den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes, sondern auch der Nachfrage unter den Abiturienten, und es ist eben weniger kostenintensiv als universitäre Studienplätze. Es ist eben eine Vielzahl von Aufgaben, die erledigt werden muss an den deutschen Hochschulen und nicht alle kann der Hochschulpakt lösen. Und schon gar nicht w l G z L n L R d z w w i s A K F d s l h j w a u G h w W d s f T n b c s E F g z v B t d H r d m H d A (C (D ird das funktionieren, wenn sich die Länder nicht wirk- ich endlich einigen. Das Druckmittel des Bundes ist das eld, das nur dieser tatsächlich bereits für diese Aufgabe ur Verfügung gestellt hat. Vielleicht können sich manche änder nicht vorstellen, dass dieses Geld eventuell gar icht fließt, falls sie sich nicht noch rechtzeitig einigen? Dass wir bei allem schrillen Beharrungsvermögen der änder auf ihrer Zuständigkeit für die Wissenschaft im ahmen der Föderalismusreform wenig Hoffnung hatten, ass ausgerechnet das zuständige Gremium KMK diese usätzlichen Steuerungsaufgaben angemessen bewältigen ürde – dieses unser Misstrauen wird nun leider einmal ieder allzu deutlich bestätigt. Hatte man uns nicht hier n der Anhörung ein allmähliches Abrücken vom Ein- timmigkeitsprinzip in Aussicht gestellt? Nichts davon. ber schon der damalige Kanzler Helmut Kohl hatte die MK als den „letzten Hort der Reaktion“ bezeichnet. Stattdessen also „haltlose Länderegoismen“, wie die AZ so treffend titelte. Die gilt es in der Tat zu überwin- en – und das dürfte sogar auch eine Aufgabe an uns alle ein, die wir ja aus den Wahlkreisen all dieser Bundes- änder kommen. Das ist aber auch ein Appell an Sie, die Sie uns die eutigen Anträge beschert haben: Zwar sind die Grünen a auch in den Ländern nicht in der Regierungsverant- ortung, denn dann könnten Sie immerhin Ihre Kritik us dem „exekutiven Off“ in eine konstruktive Politik mwandeln. Aber in der Gesamtverantwortung für ein elingen des Hochschulpaktes stehen Sie auch. Also, elfen Sie mit, wahr zu machen, was möglich ist. Helfen ir alle mit, die Länder auf einen guten gemeinsamen eg zu bringen. Das sind wir nämlich alle unseren Stu- ierenden in Deutschland und unseren Hochschulen chuldig. Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD): Mit Recht dür- en wir sagen: Kein bildungs- und forschungspolitisches hema hat den Deutschen Bundestag in den vergange- en Monaten im Plenum wie in den Ausschüssen derart eschäftigt wie das ebenso notwendige wie weit rei- hende Projekt des Hochschulpaktes. Dieses Projekt, chon unter Rot-Grün als zweites Standbein neben der xzellenzinitiative in der Aufwertung von Wissenschaft, orschung und Lehre in Deutschland in die Diskussion ebracht und mit vorbereitet, ist bereits Gegenstand von ahlreichen Parlamentsdebatten gewesen, zuletzt noch or knapp zwei Wochen in der Aktuellen Stunde des undestages. Wir haben im zuständigen Ausschuss kon- inuierlich dazu Berichte der Regierung erhalten und mit er Regierung diskutieren können. Anforderungen und Eckpunkte an einen solchen ochschulpakt sind von den Fraktionen, die die Regie- ung tragen, frühzeitig in die Diskussion gebracht wor- en. Die SPD-Bildungspolitiker haben im März 2006 it einem Zehn-Punkte-Katalog für einen ehrlichen ochschulpakt die Vorlage gegeben. Die CDU-Bil- ungspolitiker haben im Juli 2006 nachgezogen. Nach dem in diesem speziellen Punkt erfolgreichen bschluss der Föderalismusreform, der nicht zuletzt Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 6277 (A) ) (B) ) durch den hartnäckigen Einsatz der SPD-Bildungspoliti- ker und der SPD-Fraktion insgesamt überhaupt erst die Grundlage dafür geschaffen hat, dass mit einer neuen Gemeinschaftsaufgabe „Wissenschaft“ in Art. 91 b des Grundgesetzes die rechtlichen Grundlagen für einen Hochschulpakt geschaffen werden konnten, gibt es ge- meinsame Verhandlungen von Bund und Ländern über die Umsetzung eines solchen Vorhabens. Noch in die- sem Jahr, im Dezember, beim abschließenden Jahrestref- fen zwischen den Ministerpräsidenten und der Bundesre- gierung in Form der Bundeskanzlerin soll es zu einem Abschluss des Hochschulpaktes kommen. In der über- nächsten Woche, am 20. November 2006, soll die Vor- lage hierzu aus den Verhandlungen der Länder unter- einander und mit dem Bund zu einem erfolgreichen Abschluss geführt werden. In dieser Situation legen jetzt die drei Oppositions- fraktionen ihrerseits Anträge vor, die noch einmal in der Analyse die Notwendigkeit eines Hochschulpaktes be- gründen, den quantitativen wie qualitativen Zustand des deutschen Hochschulwesens und seiner Entwicklung analysieren und gleichzeitig Anforderungen an den Hochschulpakt definieren. Man könnte etwas ketzerisch- ironisch sagen, dass eine solche Vorlage, in die absolute Schlussrunde der Verhandlungen platziert, sicherlich nicht zu früh kommt, um es positiv auszudrücken. Ob sie besonders hilfreich und wegweisend sein können zu die- sem Zeitpunkt, darf gleichwohl bezweifelt werden. Aber machen wir das Beste daraus. Hierzu fünf Bemerkungen: Erstens. Allen drei Anträgen der Oppositionsfraktio- nen, so weit sie von ihrem politischen Spektrum auch auseinander liegen mögen, ist eigen, dass sie eine große Übereinstimmung in der Analyse und der Beschreibung der qualitativen und quantitativen Anforderungen an die Hochschulentwicklung der Zukunft haben, die Defizite im deutschen Hochschulsystem und die Finanzierungs- lücken übereinstimmend und richtig beschreiben und auch die politischen Perspektiven und Chancen eines Wachstums der Zahl der Studierenden und der Studien- plätze in einer Weise herausarbeiten, dass sich denen auch die SPD und sicherlich auch die CDU/CSU von der Zielsetzung her anschließen können. Hier liegt, jenseits des traditionellen Wechselspiels zwischen die Regierung tragenden und gegen die Regierung opponierenden Frak- tionen im Bundestag, durchaus eine Chance, die nicht selbstverständlich ist. Im Interesse der Studierenden und der Hochschulen ziehen alle Parteien des Deutschen Bundestages im Grundsatz in die gleiche Richtung, auch wenn es bei der Übereinstimmung in den Zielen, in der Bewertung und der Wahl der Instrumente natürlich die notwendigen politischen Unterschiede gibt. Zweitens. Wenn es denn wirklich ein Hochschulpakt zwischen Bund und Ländern werden soll, stehen beide politischen Ebenen in gleicher Weise in der Verantwor- tung, sind in gleicher Weise auf dieses Ziel verpflichtet und müssen auch ihren Anteil verbindlich, nachvollzieh- bar und effizient einbringen und umsetzen. In diesem Zusammenhang ist es müßig, jetzt noch an den Regelun- gen der Föderalismusreform in Art. 91 b „herumzukrit- t d L a d W w s d W w n F s G p u d v k m l g G s E n r m m B h l 2 w w r F d l s W s v w d n S p Q d S z a z V (C (D eln“, selbst wenn sich auch die SPD dort noch vieles an- eres gewünscht hat. Das Gebot der Einstimmigkeit der änder mag die Verhandlungen nicht leichter machen, ber bietet bei erfolgreichen Verhandlungen dann auch ie Gewähr, dass alle Länder in gleicher verbindlicher eise auf den Hochschulpakt verpflichtet sind. Sehen ir hier also die Chance und weniger das Risiko. Dies gilt umso mehr, als sich angesichts der politi- chen Konstellationen der letzten Zeit und in der Breite er Länder keine Partei über die andere erheben kann. enn die Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen, der ir Sozialdemokraten in alter Verbundenheit natürlich och besonders nahe stehen, jetzt zu überschießenden orderungen kommen sollte, so dürfen wir Ihnen noch agen, dass die mittelfristigen Finanzplanungen wie die rundstrukturen von Exzellenzinitiative und Hochschul- akt noch in gemeinsamen Regierungszeiten angelegt nd damit auch verantwortet und durch den Wechsel in en Oppositionsstatus bei Bündnis 90/Die Grünen weder ergessen noch obsolet geworden sind. Vor einem zu urzen Gedächtnis sei hier gewarnt. Wenn die FDP und die Linkspartei vom Bund so viel ehr Mittel für den Hochschulpakt einfordern, so wol- en wir nicht vergessen, dass beide Parteien in Landesre- ierungen in verantwortlicher Stelle mitwirken und ihre laubwürdigkeit für eine deutliche Erhöhung des Hoch- chulpaktes um so größer ist, je mehr sie hierfür ihr ngagement in ihren Landesregierungen erfolgreich achweisen können und je drängender aus ihren Landes- egierungen die Forderungen nach zusätzlichen Länder- itteln komplementär zu einem gleichen Anteil Bundes- ittel durch Ministerpräsidenten, Finanzminister und ildungsminister zusammen laut geäußert werden. Wir aben allerdings den Eindruck, dass mit dem Finanzvo- umen, das der Bund hier in die Debatte für die Jahre 007 bis 2010 bringt, durchaus das Maß getroffen ist, as auch von den Ländern ernsthaft ins Auge gefasst ird und faktisch dann bedient werden kann, so schwie- ig dies auch noch werden mag. Im Übrigen gehen Forderungen aus Linkspartei und DP dann umso mehr in die Irre, wenn gleichzeitig in en Ländern, in denen sie an der Regierungsmacht betei- igt sind, – dies gilt insbesondere für die FDP in Nieder- achsen, in Nordrhein-Westfalen und in Baden- ürttemberg –, Kapazitätslücken an Hochschulen ent- tanden sind bzw. sogar ein Abbau an Studienplätzen orgenommen wird. Diesen beiden Fraktionen möchten ir deshalb sagen: Der Ernstfall ist da. Die Glaubwür- igkeit Ihrer Anträge bemisst sich auch an dem wahr- ehmbaren Einsatz Ihrer Landesregierungen für das, was ie hier im Bundestag fordern. Hic pacta, hic salta! Drittens. Aus den Forderungskatalogen der drei Op- ositionsanträge wird erkennbar, dass es nicht nur um uantitäten, sondern auch um Qualitäten in Bezug auf en Hochschulpakt geht. Tatsächlich erwarten auch wir ozialdemokraten – und dies haben wir schon in unseren ehn Eckpunkten für den Hochschulpakt im März 2006 usgedrückt und in vielen Parlaments- und Ausschusssit- ungen immer wieder massiv eingefordert –, dass die ereinbarungen zwischen Bund und Ländern nicht nur 6278 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 (A) ) (B) ) eine kurze, der Diplomatie zwischen Bund und Ländern genügende Umkleidung eines bloßen Finanztransfers ist, sondern auch Verbindlichkeit, Transparenz in Finanzie- rung und Umsetzung sowie auch qualitative Ziele ein- schließt. Die Bundesregierung, die notwendig treuhän- derisch die Verhandlungen für das Parlament und den durch die Mehrheitsfraktionen repräsentierten Regie- rungswillen wahrnimmt, hat uns im Parlament und im Ausschuss immer wieder dargelegt, dass auch sie insge- samt – hier die Ministerin für die Regierung – darauf dringen, dass wichtige qualitative Zielsetzungen im ge- meinsamen Hochschulpakt von Bund und Ländern ver- bindlich verabredet werden. Zu nennen sind hier die Ab- sicherung der Frauenförderung, die Verbesserung der Lehre durch Erhöhung der Lehrkapazitäten und neue Personalkategorien wie den Lecturer sowie der Ausbau des Schwerpunktes in den technisch-naturwissenschaft- lichen Fächern und die Stärkung der Fachhochschulen. Die SPD hat in Penetranz, aber mit guter Begründung gefordert, dass auch die Fortführung der Juniorprofessu- ren als innovatives Element an den Hochschulen im Hochschulpakt verbindlich abgebildet sein müsste. Wir wollen der Opposition gerne versichern, dass wir ebenso wie sie darauf setzen, dass diese Ankündigungen der Bundesregierung auch in dem Pakt, den wir für den 20. November 2006 und dann zum Abschluss des Jahres in der ratifizierten Form erwarten, ihren Niederschlag finden. Wir erwarten auch, dass in diesem Pakt eindeutig ab- gesichert wird, dass der Ausbau der Lehrkapazitäten in der gemeinsamen Verantwortung von Bund und Ländern qualitativ im Vordergrund steht. Mit den ins Auge ge- fassten Mitteln in Höhe von mindestens 565 Millionen Euro durch den Bund und die mindestens gleiche Summe durch die Länder, was dann in der ersten Säule einem Umfang von 1,13 Milliarden Euro für die Jahre 2007 bis 2010 entspricht, würde diese Priorität für den Ausbau der Hochschulkapazitäten klar erfüllt sein. Da- neben steht dann die zweite, aus Sicht der SPD aller- dings auch mit Recht an zweiter Stelle stehende Säule von 700 Millionen Euro, die über die Programmpau- schale bis 2010 die Forschungsstärke der Hochschulen absichern und ausbauen soll und damit auch über diesen Weg zur verbesserten Einheit von Forschung und Lehre sowie zur Entlastung der Hochschulen bei den For- schungsaufwendungen führen soll, auf dass die Hoch- schulen an der anderen Stelle auch ihren Anteil über die Bundes- und Landesmittel hinaus zum Ausbau der Lehr- kapazitäten erbringen können. Ich will hier aber auch gar kein Geheimnis daraus machen, dass im Zweifelsfall die eindeutige Priorität bei der Sicherung der Mittel für den direkten und unmittelbaren Ausbau der Hochschulkapa- zitäten liegen muss und im Zweifelsfall die Programm- pauschalen erst an zweiter Stelle kommen. Dass die eigentliche Schlüsselaufgabe bei dem Hoch- schulpakt konkret darin liegt, die verschiedenen Vo- raussetzungen und Entwicklungstendenzen in Studien- kapazitäten zwischen den Bundesländern so auszubalancieren, dass die zusätzlichen Mittel auch wirklich in Form von zusätzlichen Studienplätzen und dem Belohnen von überproportionalen Studienanstren- g c S s r g r h w O h W S d g e t n h d l d t b K e s d t h S a m u s 2 d l D s d l w s c t e g c – 2 w u z s t b k (C (D ungen der Länder ankommen müssen, ist die eigentli- he und schwierigste Aufgabe bei diesem Pakt. Lassen ie mich an dieser Stelle ein ausdrückliches Dankeschön peziell an den Kollegen Zöllner aus Rheinland-Pfalz ichten, der in dieser Angelegenheit von Anfang an aktiv ewesen ist und auch über die Veränderung in seinen üb- igen Aufgaben hinaus an der Verantwortung für die Ver- andlungen um diesen Verteilungsschlüssel festhält. Wir ünschen jeden Erfolg für ihn und seinen Kollegen lmert von der CDU-Seite, der jetzt kurzfristig das Ver- andlungsgeschäft vom Kollegen der CDU aus Baden- ürttemberg übernehmen musste. Wenn die Oppositionsanträge hier jetzt noch in letzter ekunde fordern, dass die Bundesbildungsministerin mit etaillierten eigenen Vorschlägen in diese Verhandlun- en hineingehen soll, unterstellen Sie erst einmal, dass s solche Vorschläge nicht gegeben hat, und zum zwei- en, dass die Bundesbildungsministerin besonders geeig- et sei, den Interessenausgleich zwischen den Ländern ier herbeizuführen. Wir gehen davon aus, dass die Bun- esbildungsministerin tatsächlich nichts unversucht ässt, insbesondere drei Interessenlagen aus der Vielfalt er Länder besonders gerecht zu werden: den Kapazi- ätsauslastungen in den neuen Bundesländern, den esonderen Bedingungen in den Stadtstaaten und den apazitätsvorleistungen und nachweisbaren Kapazitäts- rweiterungen in den Flächenländern. Wir dürfen ge- pannt sein, welche Erfolgsformel hier am Ende gefun- en werden kann. Viertens. Alle drei Anträge der drei Oppositionsfrak- ionen weisen mit Recht darauf hin, dass der aktuell ver- andelte Paktzeitraum 2007 bis 2010 nur ein erster chritt sein kann und der Hochschulpakt nicht umsonst ls Hochschulpakt 2020 die eigentliche Ausbauphase it jährlich dann über 40 000 Hochschulplätzen ab 2010 mfasst. Wir halten es allerdings für einen falschen An- atz, jetzt schon Finanz- und Verteilungsvolumina für 011 und die Folgejahre in die Debatte zu bringen und arauf zu dringen, dass diese in die aktuellen Verhand- ungen des Hochschulpaktes mit eingebracht werden. as Entscheidende ist doch, das mühsam erkämpfte In- trument des Hochschulpaktes, wie es überhaupt erst urch den Einsatz bei der Föderalismusreform ermög- icht werden konnte, im ersten Schritt erfolgreich zu be- ältigen. Jedem muss doch klar sein, dass ohne einen olchen Pakt für den Abschnitt 2007 bis 2010 die Chan- en für den eigentlichen Pakt bis 2020 nur umso schlech- er werden können. Deshalb kommt es für die SPD auch ntscheidend darauf an, dass dieser erste Schritt wirklich elingt. Zugleich wollen wir aber genauso deutlich ma- hen, dass das Ergebnis für diesen ersten Paktabschnitt und hier vor allen Dingen die Umsetzung in den Jahren 007/2008/2009 – entscheidend dafür sein wird, unter elchen Vorzeichen dann der wesentlich bedeutsamere nd auch vom Finanzvolumen her zwingend erweiterte weite Teil des Hochschulpaktes bis 2020 wirklich zu- tande kommen kann und in welcher Form dort quantita- ive und qualitative Ziele dann verhandelt und in beleg- are Vereinbarungen umgesetzt werden. Fünftens. Dies gilt umso mehr, als wir Sozialdemo- raten schon in unseren zehn Eckpunkten für einen ehrli- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 6279 (A) ) (B) ) chen Hochschulpakt drei zentrale Anliegen durchbuch- stabiert haben: Erstens. Gute Hochschule braucht gute Lehre und ein Hochschulpakt mit Substanz ist nur so viel wert, wie er den Ausbau der Quantitäten mit dem Ausbau der Qualitäten für alle verbindet. Zweitens. Wir wollen einen Ausbau der Quantitäten und Kapazitäten ohne soziale Schlagseite. Mehr Studien- plätze, die dann von immer weniger Studenten aus sozia- len und finanziellen Gründen wahrgenommen werden können, wären ein schlechter Scherz. Die Weiterent- wicklung und Stärkung des BAföG muss deshalb ein in- tegraler Bestandteil einer langfristigen Strategie zum Aufbau und Ausbau von Hochschulkapazitäten sein. Die SPD hat im Koalitionsvertrag mit der CDU/CSU im Streit durchgesetzt, dass es keine strukturellen Ver- schlechterungen beim BAföG geben darf. Wir alle zu- sammen müssen jetzt daran arbeiten, in absehbarer Zu- kunft zu einer gemeinsamen und ausbauorientierten Zukunftsstrategie für das BAföG zu kommen. Drittens. Wir Sozialdemokraten haben mit Genugtu- ung aufgenommen, dass speziell im Forderungskatalog der FDP, die ja ein nicht ganz unbedeutender Koalitions- partner der CDU in so wichtigen Flächenländern wie Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Baden- Württemberg ist, das Modell des Vorteilsausgleichs und des Stammlandsprinzips zwischen den Bundesländern mit aufgenommen worden ist. Die Frage deshalb an die FDP: Dürfen wir die Hoffnung haben, dass Sie an dieser Stelle den Kollegen Zöllner aus Rheinland-Pfalz, der dieses Modell für die SPD-geführten Bundesländer schon seit längerem in die Debatte gebracht hat, jetzt auch tatsächlich mit aller Kraft unterstützen? Wenn das Modell des Vorteilsausgleichs noch nicht hundertprozen- tig im aktuell entstehenden Hochschulpakt verankert werden kann und auch die von der SPD angeregte und von der FDP aufgenommene Idee, den Bund stärker an der Finanzierung der ausländischen Studierenden zu be- teiligen, parallel hierzu dann Schritt für Schritt aufge- baut werden könnte, so besteht doch die Hoffnung, dass damit jedenfalls eine verbreiterte Allianz für die weite- ren Verhandlungen zum möglichen zweiten Teil des Hochschulpaktes mit gelegt sein könnte. Zum guten Schluss: Am 20. November 2006, in nicht einmal zehn Tagen, soll das Abschlusskonzept für den Hochschulpakt 2007 bis 2010 vorgelegt werden. Wir dürfen und wir müssen hoffen, dass sich die Länder ihrer gestiegenen Verantwortung in der Form würdig zeigen, dass sie einen Hochschulpakt mit Verstand und Perspek- tive zusammen mit dem Bund verhandeln und dann am 20. November 2006 der Öffentlichkeit vorstellen kön- nen. Für die weiteren Beratungen der jetzt noch in letzter Sekunde vorgelegten Anträge der Oppositionsfraktio- nen wünschen wir uns jedenfalls, dass in der nächsten Sitzung des Bildungsausschusses, die sich voraussicht- lich am 22. November 2006 mit dem erfolgreichen Ab- schluss des Hochschulpaktes befassen kann, gemeinsam festgestellt wird: Der Hochschulpakt für 2007 bis 2010 mag dann nicht jedem Wunsch von allen entsprechen können, aber er ist erfolgreich auf den Weg gebracht und sorgt jedenfalls dafür, dass für die Studierenden in Deutschland neue Perspektiven entstehen und die Hoch- s k d d S s b z w w W d d z H h d S s D k 1 s V i ( r D 6 B c 2 v c U n m d d r g d b B z r h F s s B s (C (D chulen in Quantität und Qualität auf die Höhe der Zeit ommen. Uwe Barth (FDP): In der Analyse sind wir uns mit en beiden anderen Antragstellern, aber auch der Bun- esregierung und den Ländern weitgehend einig: Die tudierendenzahlen werden in den nächsten Jahren an- teigen. Nach den Schätzungen der KMK um circa 20 is 30 Prozent auf bis zu 2,7 Millionen Studierende. Dieser voraussehbare Anstieg der Zahl hochqualifi- ierter junger Menschen ist insbesondere für unsere älter erdende Gesellschaft eine großartige Möglichkeit, ihre irtschaftliche und kulturelle Position in Europa und der elt zu behaupten. Zugleich besteht für Bund und Län- er die Herausforderung, die notwendige Zahl von Stu- ienplätzen zur Verfügung zu stellen, den Bolognapro- ess weiterzuführen und dabei die Qualität der ochschullehre mindestens zu erhalten. Die mangel- afte Qualität der Hochschullehre ist ein mitentscheiden- er Faktor für die in Deutschland viel zu große Zahl der tudienabbrüche. Die Hochschulen und damit auch die Hochschullehre ind in Deutschland seit Jahrzehnten unterfinanziert. iese Unterfinanzierung ist in den letzten Jahren immer rasser geworden: Deutschland wendet nur knapp Prozent seines Bruttoinlandsprodukts für die Hoch- chulen auf, 0,6 Prozent für die Hochschullehre. Zum ergleich: Die Vereinigten Staaten stecken 2,7 Prozent hres riesigen Bruttoinlandsprodukts in die Hochschulen OECD 2003). Bei den jährlichen Ausgaben pro Studie- enden für die Lehre liegt Deutschland mit 6 342 US- ollar deutlich unter dem OECD-Durchschnitt, der 822 US-Dollar beträgt. Betrachtet man die Aufwendungen im Verhältnis zum ruttoinlandsprodukt, so wird das Defizit noch deutli- her: Die Ausgaben pro Studierenden liegen bei 5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts pro Kopf der Be- ölkerung und liegen damit deutlich unter dem entspre- henden OECD-Mittel von 34 Prozent (OECD 2005). nd das, obwohl es in Deutschland vergleichsweise we- ig Studenten gibt! Wir stehen daher vor einer dreifachen Aufgabe: Es uss ein ausreichendes Angebot von Studienplätzen für ie zunehmende Zahl von Studierenden geschaffen wer- en. Der Bolognaprozess mit seinen erhöhten Anforde- ungen an die Hochschullehre muss erfolgreich weiter- eführt werden. Die chronische Unterfinanzierung der eutschen Hochschulen muss zumindest in der Tendenz eendet werden. Mit großem Recht hat der Bundespräsident in seiner erliner Rede die Verbesserung des Bildungswesens um zentralen Prüfstein der Zukunftsfähigkeit des Föde- alismus erklärt. Hier entscheidet sich die Zukunftsfä- igkeit unserer Gesellschaft. Hier entscheidet sich die rage, ob Deutschland auch in Zukunft in der globali- ierten Wissensgesellschaft mithalten kann. Die Hoch- chulbildung, die dafür sorgen muss, dass der steigende edarf unserer Gesellschaft an hochqualifizierten Men- chen gedeckt werden kann, spielt dabei eine Schlüssel- 6280 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 (A) ) (B) ) rolle. Es geht dabei nicht nur um Bildungspolitik. Nach den Berechnungen der OECD und des Sachverständi- genrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (SVR) sind circa 50 Prozent des möglichen Wirtschaftswachstums heute bildungsbedingt. Die mittel- und langfristige Finanzierbarkeit des Sozial- staates steht auf dem Spiel, wenn es jetzt nicht gelingt, die Chancen, die die junge Generation durch ihre Bil- dungsbereitschaft bietet, zu ergreifen. „Umso billiger an- dere sind – umso besser müssen wir sein“ (Westerwelle). Auch den Grünen stimme ich ausdrücklich zu, wenn sie feststellen, dass es für die Gesellschaft teurer ist, die Hochschulbildung nicht zu finanzieren, als ihre Finan- zierung – und ich füge hinzu: jetzt kraftvoll – anzugehen. Wir haben die Absicht des Koalitionsvertrages, eine „Bund-Länder-Initiative zur Sicherung der Qualität und der Bewältigung der steigenden Studierendenzahlen“ zu starten, begrüßt. Ohne die Hilfe des Bundes geht es nicht. Die Länder sind alleine nicht in der Lage, die ge- samtstaatliche Verantwortung im Hochschulbereich aus- zufüllen. Aber selbst der von der Bundesregierung jetzt angebotene Hochschulpakt steht auf der Kippe. Unsere Warnungen bei der Föderalismusreform, das unselige Einstimmigkeitsprinzip der KMK auch noch auf die Wissenschaftsförderung, also auch auf die Hochschulen, auszudehnen, wurden von der Bundesregierung wider besseres Wissen auch in den eigenen Reihen niedergebü- gelt. Ich sage ganz klar: Scheitert der Hochschulpakt, dann ist diese Koalition insgesamt hochschulpolitisch gescheitert. Der Hochschulpakt, auch wenn er schließlich in ei- nem vermutlich schlechten Kompromiss zustande kommt, ist nicht hinreichend, um die Probleme der Hochschulen zu lösen. Zumindest muss er aber möglich machen, dass der Erhalt der Studienplätze an den ost- deutschen Hochschulen gesichert wird. Aus demografi- schen und finanziellen Gründen sind sie derzeit vom Ab- bau bedroht. Es ist nationales Interesse, sie im Hinblick auf die zukünftigen Studierendenzahlen zu erhalten. Dazu gehört ein aktives Hochschulmarketing für diese ausgezeichneten Standorte bei Studieninteressenten ge- rade in den alten Bundesländern. Wir brauchen darüber hinaus ein Umsteuern bei der Hochschulfinanzierung. Dabei geht es uns nicht nur um mehr Geld, sondern vor allem um eine neue Qualität bei der Hochschulfinanzierung. Wir brauchen echte Anreize für die Hochschulen, gut ausgestattete Studienplätze be- reitzustellen, um wirkliche Verbesserungen zu erreichen. Dies kann nur durch ein neues Hochschulfinanzierungs- system geschehen. Die FDP hat Möglichkeiten dafür be- reits seit langem aufgezeigt Es geht um Bildungsgut- scheine oder Bildungsschecks nach dem Muster „Geld folgt Student“. Ganz aktuell haben sich die hochschulpo- litischen Sprecher der FDP-Landtagsfraktionen einstim- mig für die Einführung eines Bildungsgutscheinsystems zur Hochschulfinanzierung ausgesprochen. Sogar die Vertreter der „Netto-Studentenexporteure“ wie Baden- Württemberg, Bayern und Hessen sind dazu bereit, ihren Landeskindern Budgets in Form von Bildungsgutschei- nen für die künftige Hochschule mit auf den Weg zu ge- b n l s d r w N k s t w r H Z s B l V f Z s g n l G D S n 9 c d b H w V s f k d Q p s k z e d f s f e t r d u (C (D en. Ein Ausgleich unter den Ländern ist auch dringend ötig. Während zum Beispiel Bayern nach dem aktuel- en Bildungsfinanzbericht der Bund-Länder-Kommis- ion nur 0,56 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts für ie Hochschulen ausgibt, sind dies zum Beispiel in Thü- ingen 1 Prozent und in Berlin sogar 1,64 Prozent. Die irtschaftsschwachen Länder bilden den akademischen achwuchs für die wirtschaftsstarken Länder aus. Das ann so nicht funktionieren. Ein erster Schritt zu einem olchem System ist von Rheinland-Pfalz mit dem Vor- eilsausgleich unter den Bundesländern vorgeschlagen orden. Jedes Bundesland ist für die Studienfinanzie- ung derjenigen verantwortlich, die in seinem Gebiet die ochschulzugangsberechtigung erworben haben. Die ahlungen erfolgen aufgrund von berechneten Durch- chnittsbeträgen. Dadurch würde ein Ausgleich für die undesländer geschaffen, die Studienplätze bereitstel- en. Wir wollen diesem Modell gerne folgen unter der oraussetzung, dass das Geld nach dem Prinzip „Geld olgt Student“ den Hochschulen unmittelbar zukommt. umindest im Rahmen der Föderalismusreform 2 müs- en hierfür die Weichen gestellt werden. Wir lassen es aber nicht bei allgemeinen Forderun- en, sondern schlagen einen konkreten Weg vor. In ei- em solchen Rahmen kann und soll der Bund die Zah- ungen für die Bildungsausländer übernehmen. Dieses eld soll den Hochschulen zusätzlich zugute kommen. er Anteil der Bildungsausländer, das heißt derjenigen tudierenden, die ihre Hochschulzugangsberechtigung icht in Deutschland erworben haben, betrug 2005 circa ,5 Prozent. Sie verursachen Studienkosten in Höhe von irca 1,26 Milliarden Euro. Dieses Geld – zusätzlich in ie Hochschullehre eingespeist – könnte zu der dringend enötigten Trendwende bei der Unterfinanzierung der ochschulen führen. Dies kann nur gelten, wenn die Länder ihre selbst ge- ollte und bei der Föderalismusreform durchgesetzte erantwortung wahrnehmen, die Mittel für die Hoch- chulen auf dem notwendigen hohen Niveau dauerhaft estzuschreiben. Der Hochschulpakt muss geschlossen werden. Dies ann aber nur ein erster Schritt sein. Lassen Sie uns auf em Weg zu einem neuen Finanzierungssystem, das die ualität der Hochschulen, die notwendigen Studien- lätze und damit die Zukunft unseres Landes in der Wis- ensgesellschaft dauerhaft sichert, gemeinsam voran- ommen. Cornelia Hirsch (DIE LINKE): In der letzten Sit- ungswoche haben wir in einer Aktuellen Stunde schon inmal über den Hochschulpakt diskutiert. Die damals eutlich gewordene Übereinstimmung der Oppositions- raktionen bei einigen zentralen Fragen des Paktes zeigt ich auch an den heute vorliegenden Anträgen: Die Linke ordert – ebenso wie FDP und Bündnis 90/Die Grünen – ine wesentlich bessere finanzielle Ausstattung des Pak- es insbesondere für die erste Säule und mehr Transpa- enz in den Verhandlungen. Wir kritisieren gemeinsam, ass von der Bundesregierung bisher kaum Vorschläge nterbreitet wurden, wie mit der Verteilung der Mittel Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 6281 (A) ) (B) ) zwischen den Bundesländern umgegangen werden soll. Schließlich weisen wir auch gemeinsam auf die Mängel des neu gestalteten Art. 91 b des Grundgesetzes hin: Die Verhandlungen zum Hochschulpakt zeigen deutlich, dass es unsinnig ist, für Hochschulprogramme des Bun- des die Zustimmung aller sechzehn Bundesländer einzu- fordern. Für Die Linke möchte ich noch eine weitere zentrale Forderung ergänzen: Wir unterstützen das Ziel eines Ka- pazitätsausbaus an den Hochschulen. Die damit erfolgte Öffnung muss für uns aber vor allem eine soziale Öff- nung sein. Ihnen allen ist bekannt, dass die Zahl der Stu- dierenden aus einkommensschwachen Familien derzeit nur bei rund 10 Prozent liegt. Das können wir bei der Gestaltung und Ausarbeitung des Paktes nicht einfach ignorieren. Natürlich ist es richtig, dass die soziale Ausgrenzung nicht erst an den Hochschulen, sondern bereits viel frü- her beginnt. Die mangelhafte Qualität der vorschuli- schen Bildung und der fehlende Rechtsanspruch auf ei- nen gebührenfreien Kita-Platz sind einige der Gründe. Den größten Knick im Bildungstrichter verursacht nach wie vor das gegliederte Schulsystem. Wir halten es für unverantwortlich, dass in den meisten Bundesländern keine Schritte unternommen werden, um das gegliederte Schulsystem endlich zu überwinden. Die Linke fordert ein längeres gemeinsames und solidarisches Lernen an Schulen. In Berlin haben wir den Einstieg in die Ge- meinschaftsschule durchgesetzt. Gegen die Ausgrenzungsmechanismen in Kita und Schule kann die Bundesregierung aufgrund der aktuellen Kompetenzverteilung im Bildungswesen leider nur we- nig ausrichten. Gegen soziale Ausgrenzungsmechanis- men im Hochschulbereich könnte sie aber sehr viel un- ternehmen. Von der Bildungsministerin hören wir in dieser Hinsicht aber so gut wie nichts. Maßnahmen, die zu einer sozialen Öffnung der Hochschulen beitragen könnten, werden nicht angegangen. Ich möchte das an drei Beispielen deutlich machen. Das erste Beispiel ist der Umgang mit dem BAföG: SPD und Union haben sich in ihrem Koalitionsvertrag darauf verständigt, das BAföG in seiner jetzigen Struk- tur zu erhalten. Das ist natürlich deutlich besser, als das BAföG abzuschaffen, wie Ministerin Schavan vor den Wahlen – damals als baden-württembergische Kultus- ministerin – gefordert hatte. Festzustellen ist aber auch: Dieser Schritt reicht bei weitem nicht aus! Die Linke for- dert eine Ausweitung des BAföG. Allen voran muss ein Vollzuschuss gezahlt werden; kein 50-prozentiges Dar- lehen. Außerdem sind die Bedarfssätze und Freibeträge endlich an die gestiegenen Lebenshaltungskosten und Freibeträge anzupassen. Das wäre eine wichtige Maß- nahme, um den Hochschulzugang sozial zu öffnen. Das zweite Beispiel ist die Frage von Studiengebüh- ren. In immer mehr Bundesländern werden allgemeine Studiengebühren eingeführt. Die Linke hält dies für den vollkommen falschen Weg, gerade auch, weil es eine weitere soziale Hürde auf dem Weg zu einem Studium darstellt. Die Bundesregierung hat uns hier auf unsere N n S s f d S d s a d S b g l S f m b D n d a H Ö l s B a a s g P n d s S K s u D g f h B H s W E d A s (C (D achfragen stets mitgeteilt, dass sie diese Auffassung icht teilt. Studiengebühren seien nicht sozial selektiv. chließlich könnten Studierende Studienkredite in An- pruch nehmen. Diese Behauptung ist an Naivität kaum zu übertref- en. Auch hier gibt es klare Belege, dass in diesem Fall er nach dem Studium drohende Schuldenberg gerade tudierende aus einkommensschwachen Schichten von er Aufnahme eines Studiums abhält. Studienkredite ind also keine Lösung! Die Bundesregierung betont in all ihren Antworten uch stets ihr unerschütterliches Vertrauen gegenüber en Bundesländern, ausschließlich „sozial gerechte“ tudiengebührenmodelle zu verabschieden. Wir glau- en nicht an das Märchen von „sozial gerechten Studien- ebühren“. Wenn wir die Bundesregierung auf gegentei- ige Entwicklungen hinweisen – etwa die derzeitige ituation in NRW, wo wir einen Einbruch der Studienan- änger- und Studienanfängerinnenzahlen in diesem Se- ester zu verzeichnen haben –, dann weicht sie aus und ehauptet, dass dies noch keine gesicherten Daten seien. ie Linke ist der Auffassung, dass die Bundesregierung icht mehr länger solche Ausweichspielchen betreiben arf. In den Verhandlungen zum Hochschulpakt gehört uch die Studiengebührenfrage auf den Tisch. Drittes und letztes Beispiel ist der Zugang zu den ochschulen mit Berufsabschluss. Hier eine generelle ffnung zu beschließen, war eines der wenigen sinnvol- en Vorhaben im Koalitionsvertrag. Bisher ist nichts pas- iert. Wir wünschen uns eine klarere Positionierung der undesregierung. Sie muss die Bundesmittel des Paktes n die Bedingung knüpfen, dass die Bundesländer sich uf einen bundesweit einheitlichen offenen Zugang ver- tändigen. Wenn diese drei Punkte berücksichtigt werden und rundsätzlich eine bessere finanzielle Ausstattung des aktes vorgenommen wird, dann würde der Pakt nicht ur zu mehr und besseren Studienplätzen beitragen, son- ern vor allem auch zu einer sozialen Öffnung der Hoch- chulen führen. Kai Boris Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): tellen Sie sich vor, im Juni hätte der Bundestag das ooperationsverbot im Wissenschaftsbereich beschlos- en – so, wie es sich die Länder, die Bundesregierung nd große Teile der großen Koalition gewünscht haben. ann müsste der Bund jetzt die Hände in den Schoß le- en, während Zehntausende junge Menschen vor über- üllten Hörsälen abgewiesen werden. Aber den größten Sündenfall der Föderalismusreform aben wir ja glücklicherweise verhindern können: Der und kann dazu beitragen, allen Studierwilligen die örsaaltüren zu öffnen. Und dieser Verantwortung müs- en wir gemeinsam mit den Ländern gerecht werden! ir müssen jungen Menschen den Zugang zu einer ihrer ignung und Neigung entsprechenden Hochschulausbil- ung ermöglichen. Wir müssen Zigtausende zusätzliche biturienten für den Arbeitsmarkt der Wissensgesell- chaft qualifizieren. Wir müssen die Studienkapazitäten 6282 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 (A) ) (B) ) an den Hochschulen unverzüglich, nachhaltig und be- darfsgerecht ausbauen. Es besteht die große, reale Gefahr, dass die Bundesre- gierung und die Landesregierungen dieses Ziel verfeh- len. Die auf unsere Initiative in der vergangenen Sit- zungswoche angesetzte Aktuelle Stunde zum drohenden Scheitern des Hochschulpakts hat uns diese Sorge nicht nehmen können. Daher legen wir Grüne mit diesem An- trag konkrete Forderungen vor, um mit einem wirksa- men und gerechten Hochschulpakt die Studienkapazitä- ten auszubauen: Erstens. Bund und Länder müssen deutlich mehr Geld in den Kapazitätsausbau investieren. Maßgabe sind aus grüner Sicht die Zahlen des Wissenschaftsrates. Zweitens. Der Ausbau von Studienplätzen muss so- fort beginnen und er muss verbindlich über die Jahre des Spitzenbedarfs hinaus bis zum Jahr 2020 vereinbart wer- den. Drittens. Die Mittel zum Studienplatzausbau müssen nach einem intelligenten Schlüssel verteilt werden. Für die einen Länder muss er Anreize setzen, Studienplätze zu erhalten, für die anderen, zusätzliche Studienplätze zu schaffen, und für weitere, Kapazitäten in anderen Län- dern mitzufinanzieren. Viertens. Der Ausbau der Lehrkapazitäten und die Weiterentwicklung der Personalstruktur muss mit inno- vativen Instrumenten gelöst werden: Vorübergehende Doppelbesetzung von Professoren-Stellen, Einführung des Hochschuldozenten („Lecturer“), Weiterförderung der Junior-Professur. Dabei muss auch die Förderung von Frauen in der Wissenschaft stärker verankert wer- den. Fünftens. Wir brauchen eine bundesweite Service- agentur zum Bewerbungsmanagement bei zulassungsbe- schränkten Fächern. So können die vorhandenen Studien- plätze schnell, effizient und vollständig vergeben werden. Damit für Studienberechtigte kein bundesweiter „Suchwettbewerb“ zur Regel wird und die Hochschulen Nachbesetzungsoffensiven von freien Kapazitäten gelin- gen. Insofern FDP und Linkspartei Ähnliches fordern, sind ihre Anträge unterstützenswert. Es bleiben jedoch Unge- reimtheiten und offene Fragen: Das Konzept „Geld folgt Studierenden“ der FDP überzeugt da, wo es von der Heinrich-Böll-Stiftung abgeschrieben ist. Dort, wo Sie abweichen, haben Sie leider nicht zu Ende gedacht: Sie wollen, dass jedes Land für die Studienkosten seiner Abiturienten zahlt, egal wo sie studieren. Damit beloh- nen sie jedoch Länder wie Bayern, die sich mit einer niedrigen Abiturientenquote einen schlanken Fuß ma- chen. Und Sie müssen sich die Frage gefallen lassen: Wie ist Ihr flammendes Plädoyer für mehr Studierende mit der kalten Politik Ihres NRW-Wissenschaftsminis- ters zu vereinbaren? Die von Minister Pinkwart ein- geführten Studiengebühren führen nachweislich zu weniger Studienanfängern und zu einem Verdrängungs- wettbewerb auf dem Ausbildungsmarkt. G n f S J D F a d t g L W d m A „ s b s i z u t B K d a g d d B R D s s b s D g g B G a b (C (D Beim Antrag der Linksfraktion sehe ich vor allem die efahr, den Hochschulpakt mit so vielen zum Großteil icht konsensfähigen Wünschen und Zielen zu über- rachten, dass er allein daran scheitert. Zudem fordern ie, die Vollkostenfinanzierung schon im kommenden ahr auf alle Forschungsbewilligungen auszudehnen. adurch steigern Sie jedoch den Finanzbedarf für den orschungsanteil im Hochschulpakt weiter – im Zweifel uf Kosten des Studienkapazitätsausbaus. Daher können wir weder dem Antrag der FDP noch em der Linksfraktion zustimmen. Einig sind wir uns mit den beiden anderen Opposi- ionsfraktionen darin, dass die Bundesregierung drin- end mit einem verbesserten Angebot und strategischen eitzielen über den Hochschulpakt verhandeln muss. ir müssen es gemeinsam mit den Ländern schaffen, ass kein junger Mensch, der ein Studium beginnen öchte, vor verschlossenen Hörsaaltüren stehen bleibt. nlage 12 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Reform des Personenstandsrechts (Personen- standsrechtsreformgesetz – PStRG) (Tagesord- nungspunkt 21) Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU): Mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Personen- tandsrechts“ wurde die zunehmende Kritik an dem isher geltenden Recht hinsichtlich des Beurkundungs- ystems, der Beurkundungsmedien, des Beurkundungs- nhalts und der Voraussetzungen für eine Registerbenut- ung aufgegriffen und reformiert. Ohne dass die Personenstandsbuchführung an sich nd ihre Servicefunktion gegenüber dem Bürger beein- rächtigt werden, fanden bei dem Gesetzentwurf die ereiche Deregulierung, Verwaltungsvereinfachung und ostenreduzierung besondere Berücksichtigung. Durch ie Einführung elektronischer Personenstandsregister nstelle der bisherigen Personenstandsbücher, die Be- renzung der Fortführung der Personenstandsregister urch das Standesamt und die Abgabe der Register an ie Archive, die Ersetzung des Familienbuches durch eurkundungen in den Personenstandsregistern, die eduzierung der Beurkundungsdaten auf das für die okumentation des Personenstandes erforderliche Maß owie die Neuordnung der Benutzung der Personen- tandsbücher wird der laut gewordenen Kritik an der isherigen Praxis Rechnung getragen. Mit moderner Technik können nunmehr die Abläufe chneller und kostengünstiger bewerkstelligt werden. ie Möglichkeiten der elektronischen Kommunikation estatten es, das mit großem Verwaltungsaufwand eführte Familienbuch, das im Wesentlichen sowieso eurkundungen enthält, die primär bereits in den eburten-, Heirats- und Sterbebüchern enthalten sind, bzuschaffen, sodass der bisherige Berg von Familien- üchern, der permanent infolge der erheblich gestiege- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 6283 (A) ) (B) ) nen Mobilität in der Gesellschaft und dadurch deutlich häufigeren Wohnortwechseln der Bevölkerung von einem Standesbeamten zum anderen auf dem Postweg unter- wegs war, entfällt, ohne dass ein Datenverlust eintritt. Das in Zukunft schnellere Ausstellen von Personen- standsurkunden und das leichtere Einsehen von Regis- tern garantieren einen besseren Service gegenüber dem Bürger. Grundsätzlich ist der vorliegende Gesetzentwurf, der schon wichtige Änderungen für die Praxis berücksich- tigt, zu begrüßen, dennoch möchte ich eindringlich auf die Beschlussempfehlung des Innenausschusses hin- weisen, die auf Betreiben der Koalitionsfraktionen Än- derungsmaßgaben, wie beispielsweise in einem neu einzuführenden Abschnitt 6 die Länderöffnungsklausel, enthält. Die Länderöffnungsklausel wurde bereits vom Bundesrat in Ergänzung des Lebenspartnerschaftsge- setzes vorgeschlagen – Bundestagsdrucksache 16/1831, Seite 81 f. – und die Bundesregierung hat diesem Vor- schlag entsprechend zugestimmt – Bundestagsdrucksache 16/1831, Seite 114. Mit der Länderöffnungsklausel wird sichergestellt, dass das Personenstandsgesetz, das die Begründung und die Beurkundung von eingetragenen Lebenspartnerschaften einheitlich beim Standesbeamten bzw. beim Standesamt vorsieht, keine Anwendung findet, wenn landesrechtliche Vorschriften – bis zum 1. Januar 2009 – bestehen, die vorsehen, dass die jewei- ligen Erklärungen für eine eingetragene Lebenspartner- schaft auch gegenüber einer anderen Urkundsperson oder einer anderen Behörde abgegeben werden können. Diese Maßnahme ist ausdrücklich zu begrüßen, da sich die landesrechtlichen Regelungen, zum Beispiel in Baden-Württemberg – Landratsämter und Bürgermeis- terämter – und in Bayern – Notare –, bewährt haben. In Bayern beispielsweise ist durch das Gesetz zur Ausfüh- rung des Lebenspartnerschaftsgesetzes die Zuständigkeit für die Mitwirkung bei Begründung und Beurkundung von Lebenspartnerschaften auf die Notare übertragen worden. Rund 1 500 im Lebenspartnerschaftsbuch regis- trierte Lebenspartnerschaften bestätigen die durchweg positive Resonanz der Beteiligten, die Akzeptanz und die Qualifikation der Notare. Die Kompetenz der Notare bei der Beratung über Möglichkeiten und Folgen des Rechtsinstituts der Lebenspartnerschaft, insbesondere im Familien- und Erbrecht, werden von den künftigen Lebenspartnern besonders geschätzt, was sich nicht zu- letzt an den Paaren aus anderen Bundesländern und auch aus dem Ausland zeigt, die die Begründung ihrer Part- nerschaft vor einem bayerischen Notar wünschen. Viele Paare schätzen überdies die Diskretion der Notarlösung und das vielleicht doch ein oder andere Mal stilvollere und angenehmere Ambiente in den Räumlichkeiten ei- nes Notariats, die meist doch nicht den Charme eines nüchternen Funktionalbaus haben. Diese derzeit noch auf Bayern beschränkte Bürger- nähe mit hoher Beratungskompetenz sollte der Bevölke- rung durch das Personenstandsrechtsgesetz nicht wieder entzogen werden bzw. sollte auch der Bevölkerung in ganz Deutschland zugute kommen. d L n k d d r a g s v l h l W W G C A 6 e z f s d R f e V d n d M s z f i d j u H n R f R m u P g i z g g d (C (D Um Missverständnissen vorzubeugen und aufgrund er Tatsache, dass ich gerne aus meiner Rede zur ersten esung des PStRG falsch zitiert werde, möchte ich auch ochmals kurz auf die Angaben zur Religionszugehörig- eit eingehen. In meiner ersten Rede hatte ich erwähnt, ass allgemein immer wieder die Kritik geäußert wurde, ass Beurkundungsangaben auf das erforderliche Maß eduziert werden sollten. Hierbei wurde unter anderem ls nicht personenstandsrelevante Angabe auch die Reli- ionszugehörigkeit genannt. Ich möchte darauf hinwei- en, dass diese Kritik weder von der CDU/CSU noch on mir persönlich geäußert wurde, wir selbstverständ- ich aber diesen Kritikpunkt aufgegriffen und geprüft aben. Aufgrund der Tatsache, dass die Angaben zur Re- igionszugehörigkeit freiwillig, also entweder auf unsch der Eltern – § 21 Abs. 1 Nr. 4 PStRG – oder auf unsch des Kindes – § 27 Abs. 3 Nr. 5 PStRG – in das eburtenregister eingetragen werden, sehen wir als DU/CSU keine Veranlassung, diese Angaben aus dem ngabenkatalog zu streichen. Die betroffenen §§ 57, 59, 0, 65 Abs. 2 und 3 des PStRG unterliegen demnach benso der freiwilligen Eintragung, da hier nur Angaben ur Religionsgemeinschaft aufgenommen werden, so- ern sie sich schon aus dem Registereintrag ergeben. In- ofern haben wir für das Anliegen der katholischen und er evangelischen Kirche Verständnis, die Angaben zur eligionszugehörigkeit im Angabenkatalog zu belassen. Das Personenstandsreformgesetz ist eine längst über- ällige Maßnahme, die langfristig erhebliche Kosten inspart, und ein wichtiger Schritt zu einer modernen erwaltung mit Bürgernähe. Mit diesem Gesetz können ie Länder nunmehr zur Tat schreiten und die Moder- isierung ihrer Verwaltung weiter vorantreiben. Aus iesem Grunde bitte ich Sie, dem Gesetzentwurf mit den aßgaben der Beschlussempfehlung des Innenausschus- es zuzustimmen. Gabriele Fograscher (SPD): Heute beraten wir in weiter und dritter Lesung den Gesetzentwurf zur Re- orm des Personenstandsrechts. Dieser Entwurf ist noch n der letzten Wahlperiode eingebracht worden. Obwohl ieses Thema politisch nicht brisant ist, betrifft es aber eden einzelnen Bürger und jede einzelne Bürgerin in nserem Land im täglichen Leben. Bei Geburt, Umzug, ochzeit, Scheidung, Kindern und Tod spielt das Perso- enstandsrecht eine wichtige Rolle. Gegenstand des Gesetzentwurfes ist die grundlegende eform des Personenstandsrechts. Schwerpunkt der Re- orm ist die Nutzung der elektronischen Medien für die egisterführung und die elektronische Kommunikation it den Bürgerinnen und Bürgern sowie mit Behörden nd anderen Stellen über Personenstandsvorgänge. Der Gesetzentwurf sieht die Ablösung des geltenden ersonenstandsgesetzes durch ein neues Personenstands- esetz und die damit zusammenhängenden Änderungen m Bundesrecht vor. Als Schwerpunkte der Reform sind u nennen: Einführung elektronischer Personenstandsre- ister anstelle der bisherigen Personenstandsbücher; Be- renzung der Fortführung der Personenstandsregister urch die Standesämter und Abgabe der Register an die 6284 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 (A) ) (B) ) Archive; Ersetzung des Familienbuches durch Beurkun- dungen in den Personenstandsregistern; Reduzierung der Beurkundungsdaten auf die Daten, die zur Dokumenta- tion des Personenstandes notwendig sind; Neuordnung der Nutzung der Personenstandsbücher und Schaffung einer rechtlichen Grundlage für eine Testamentsdatei. Die Umstellung auf elektronische Register bedeutet zum einen Erleichterungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Standesämtern und Archiven und zum anderen eine Verbesserung des Services für die Bürge- rinnen und Bürger. Dieses ist durchaus zu begrüßen. Natürlich entstehen durch die Umstellung auf elektro- nische Medien Kosten, die sich vorrangig auf die kom- munalen Haushalte auswirken. In der Umstellungsphase, die mit fünf Jahren berechnet wird, werden jährlich circa 17 Millionen Euro für die Anschaffungen und Umstel- lungen – Lehrgänge etc. – anfallen. Nach Beendigung der Umstellung stehen jährlich Mehrausgaben von etwa 14 Millionen Euro einem Ein- sparvolumen von etwa 18 Millionen Euro gegenüber, was einer durchschnittlichen jährlichen Entlastung der Kommunen von etwa 4 Millionen Euro entspricht. Er- hebliche Einsparungen in Höhe von etwa 42 Millionen Euro sind auch bei den Standesämtern durch den Weg- fall des Familienbuches zu erwarten. Diese Einsparun- gen werden voraussichtlich im sechsten Jahr der Reform eintreten. Summa summarum kommt es zu einem jährli- chen Einsparvolumen von etwa 46 Millionen Euro für die Standesämter ab voraussichtlich 2014. Nach den Ausschussberatungen gibt es einige Ände- rungen zu dem ursprünglichen Entwurf. Diese sind aber überwiegend technischer Natur. Eine entscheidende Änderung gegenüber dem ehema- ligen rot-grünen Entwurf ist die so genannte Länderöff- nungsklausel. Zunächst war vorgesehen, dass auch ein- getragene Lebenspartnerschaften vor dem Standesamt zu schließen sind. Damit wären unterschiedliche Regelun- gen in einzelnen Bundesländern abgeschafft worden und das Schließen von Lebenspartnerschaften – seit 2001 gibt es 15 000 – würde dem gleichen Verfahren wie die Eheschließung unterliegen. Leider hat sich vor allem Bayern, wo eingetragene Lebenspartnerschaften von einem Notar beurkundet werden, gegen diese Regelung gestellt. Somit steht es nun jedem Bundesland frei, Erklärungen zur eingetrage- nen Lebenspartnerschaft gegenüber dem Standesamt, ei- ner anderen Urkundsperson oder anderen Behörde abzu- geben. Die Länder sind aber verpflichtet, durch landesrecht- liche Regelungen sicherzustellen, dass die Beurkundun- gen fortlaufend dokumentiert werden und Mitteilungs- pflichten, die das Personenstandsrecht voraussetzt, erfüllt werden. Zudem muss sichergestellt werden, dass ein Lebenspartnerschaftsregister eingerichtet wird. Ich persönlich hätte mir gewünscht, dass es zu einer bundeseinheitlichen Regelung zur Beurkundung von eingetragenen Lebenspartnerschaften gekommen wäre. Damit wäre es zu einer größeren rechtlichen und gesell- s g F L e n S d g r s E n u t s n H d z s M L m G r g s u s N n 5 m t n b d s A s r d s i r u d w (C (D chaftlichen Anerkennung der Lebenspartnerschaften ekommen, die heute bereits einen nicht kleinen Teil der orm des Zusammenlebens von Menschen ausmachen. eider war dieses aber mit den Bundesländern nicht zu rreichen, die diesem Gesetzentwurf zustimmen müssen. Der Gesetzentwurf ist längst überfällig und stellt ei- en ersten, aber sehr wichtigen und recht umfassenden chritt zur Modernisierung des Personenstandswesens ar. Deshalb stimmt die SPD-Bundestagsfraktion dem eänderten Entwurf in der Ausschussfassung zu. Aber mit dem In-Kraft-Treten des Personenstands- echtsreformgesetzes sollte dieses Thema nicht beendet ein. Im Rahmen des weiteren Zusammenwachsens in uropa müssen wir weitere Schritte unternehmen, um icht ein rückständiges Personenstandsrecht zu haben. Aufgrund der wachsenden Mobilität der Bürgerinnen nd Bürger in der Europäischen Union werden wir mit- elfristig zu einer Angleichung der Vorschriften im Per- onenstandsrecht in Europa kommen müssen. Hier kön- en wir von Ländern wie Slowenien lernen, die im inblick auf die Digitalisierung und die Vereinfachung es Personenstandsrechts eine Vorreiterrolle einnehmen. In diesem Zusammenhang halte ich es für sinnvoll, um Beispiel die ereignisbezogenen Register durch per- onenbezogene Register zu ersetzen. Somit würde jeder ensch ein Register bei seiner Geburt erhalten, das sein eben lang weitergeführt wird und auch beim Umzug itwandert. Der vorliegende Gesetzentwurf ist eine gute rundlage für eine solche Systemumstellung. Es gibt be- eits viele Länder in Europa, die personenbezogene Re- ister führen und damit sehr erfolgreich sind. Deshalb ollten wir uns bei unseren Nachbarländern informieren nd von ihnen lernen. Der vorliegende Gesetzentwurf löst das geltende Per- onenstandsrecht von 1937 in der Fassung von 1957 ab. ach langen Beratungen bringen wir heute die Perso- enstandsreform zum Abschluss und können ein 0 Jahre altes Gesetz ablösen. Deshalb möchte ich mich an dieser Stelle auch bei einen Mitberichterstatterinnen und Mitberichterstat- ern der anderen Fraktionen und auch beim Bundesin- enministerium für die konstruktive Zusammenarbeit edanken. Einen wertvollen Beitrag aus der Praxis für ie Beratungen hat auch der Bundesverband der Deut- chen Standesbeamtinnen und Standesbeamten geleistet. uch ihnen gilt mein Dank. Gisela Piltz (FDP): Heute abend zu später Stunde oll eine weit reichende Reform des Personenstands- echts in zweiter und dritter Lesung verabschiedet wer- en. Leider fand schon die erste Lesung zur Nachtzeit tatt. Damit werden wir den grundlegenden Änderungen m Bereich des Personenstandsrechts nicht gerecht. Die FDP begrüßt eine Vereinfachung und Verbesse- ung des Personenstandsdrechts. Die Modernisierung nd Entbürokratisierung in diesem Bereich ist eine For- erung, die wir Liberale schon lange stellen und etwas, as wir immer unterstützt haben. Gerade angesichts der Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 6285 (A) ) (B) ) Verbesserung der technischen Möglichkeiten ist eine Reform in diesem Bereich dringend notwendig. Der Übergang vom Papierbuch zur elektronischen Register- führung ist zu begrüßen. Die fortschreitende Entwick- lung im Bereich der elektronischen Medien sollte auch für die Verwaltung nutzbar gemacht werden. Mit der Einrichtung von elektronischen Personenstandsregistern wird der Weg hin zu einem wesentlich kostengünstigeren elektronischen Datenaustausch der Standesämter unter- einander und mit anderen Behörden geebnet. Dieser Weg geht in die richtige Richtung. Wir müssen diesen Weg aber konsequent weitergehen. Unter den Gesichtspunk- ten der Deregulierung, Verwaltungsvereinfachung und Kostenreduzierung muss die öffentliche Verwaltung wei- ter an sich arbeiten. In diesem Zusammenhang möchte ich die Bundesregierung dazu auffordern, im Bereich des E-Government deutlich aktiver zu werden. Deutsch- land hinkt bei der Nutzung der neuen Medien in der öf- fentlichen Verwaltung im internationalen Vergleich nach wie vor hinterher. Warum ist es immer noch nicht mög- lich, dass sich die Bürger sämtliche Anträge online auf den heimischen Computer herunterladen und ausdru- cken? Positiv erwähnen möchte ich, dass die Bürger da- durch, dass die Urkunden nicht mehr nur von dem Re- gister zu führenden Standesamt ausgestellt werden kön- nen, deutlich schneller als bisher an die benötigten Personenstandsurkunden gelangen können. Auch die Reduzierung der Beurkundungsdaten geht in die richtige Richtung. Leider ist der Gesetzentwurf hier aber nicht so konsequent, wie das insbesondere die Union in der ers- ten Lesung versprochen hatte. Entgegen Ankündigungen des Kollegen Stephan Mayer – ausweislich des Proto- kolls –, die Angaben zur Religionszugehörigkeit zu strei- chen, wird dieses Merkmal weiterhin – auf Wunsch – aufgenommen. Das stößt auch auf die Ablehnung des Bundesverbandes der Deutschen Standesbeamtinnen und Standesbeamten e. V. Leider war die CDU/CSU im Innenausschuss nicht in der Lage, dies zu erklären. Wir hätten uns hier mehr Konsequenz gewünscht. Leider ist davon abgewichen worden, dass bundes- weit das Standesamt für Begründung und Registrierung von eingetragenen Lebenspartnerschaften zuständig sein soll. So war es noch in dem ersten Entwurf dieses Geset- zes vorgesehen. Hier musste die große Koalition – wie in so vielen Fällen – dem Druck der Ministerpräsidenten nachgeben. Nicht nur in diesem Fall hätte ich mir ein klares Votum der Bundesregierung gewünscht. Noch auf dem Verbandstag 2006 des LSVD hat Bundesjustizmi- nisterin Zypries unter dem Stichwort „Wir wollen das Standesamt für alle“ eindeutig erklärt, dass die Lebens- partnerschaft zukünftig wie die Ehe in allen Bundeslän- dern vor dem Standesbeamten geschlossen werden soll. Dieses Vorhaben hat sich jetzt in Luft aufgelöst. Durch die Einführung einer Länderöffnungsklausel in das Le- benspartnerschaftsgesetz sollen die Länder weiter selbst bestimmen können, welche Behörde für die Begründung und Registrierung von Lebenspartnerschaften zuständig ist. Damit würde die Unübersichtlichkeit und der Flick- enteppich bei der Schließung der Lebenspartnerschaften beibehalten. Aus unserer Sicht sollte den Lebenspartner- s e D d s s d d n ß G e f u l f s t r f E i d b L E B m g r n z l e D w s r P v z d g D g i f s I N K f t „ s d k g g (C (D chaften in ganz Deutschland der Weg zum Standesamt rmöglicht werden. In den einzelnen Bundesländern in eutschland sind unterschiedliche Behörden für Begrün- ung und Registrierung von Lebenspartnerschaften zu- tändig. In den jeweiligen Landesausführungsgesetzen ind als zuständige Behörde unter anderem der Notar, ie Gemeinden, die Kreisverwaltungen oder der Stan- esbeamte zu lesen. Diese Uneinheitlichkeit bedeutet ei- en erheblichen Aufwand im Vergleich mit Eheschlie- ungen, für die immer das Standesamt zuständig ist. leichgeschlechtliche Paare müssen sich jeweils vor Ort rkundigen, wer zuständig ist. Das ist weder bürger- reundlich noch sachgerecht. Darüber hinaus führen die nterschiedlichen Regelungen in den einzelnen Bundes- ändern zu komplizierten Folgeproblemen, da die Aus- ührungsgesetze unzureichend aufeinander abgestimmt ind. Die FDP-Bundestagsfraktion hat einen Änderungsan- rag gestellt, in dem durch die vorgeschlagenen Ände- ungen eine einheitliche Behördenzuständigkeit geschaf- en wird. Damit wird für die Entgegennahme der rklärung, eine Lebenspartnerschaft führen zu wollen, m gesamten Bundesgebiet der Standesbeamte zustän- ig. Bereits in der ersten Lesung Mitte dieses Jahres ha- en wir Liberale unsere Bedenken hinsichtlich einer änderöffnungsklausel deutlich gemacht. Gegen die inführung sprechen aus datenschutzrechtlicher Sicht edenken, die ich hier noch einmal deutlich machen öchte: Zentrale Datenbestände wecken generell Be- ehrlichkeiten, die mit einer zunehmenden Automatisie- ung der Datenverarbeitung eher noch wachsen als ab- ehmen. Bei einem zentralen Register ist auch der Druck ur Einrichtung automatischer Abrufverfahren wesent- ich größer als bei zahlreichen dezentralen Registern mit inem entsprechend geringerem Datenbestand. Vor allen ingen hätte ich mir Aufklärung darüber gewünscht, ieso die Einrichtung eines elektronischen Personen- tandsregisters notwendig ist. Denn auch bei der Ein- ichtung der vorgesehenen dezentralen elektronischen ersonenstandsregister können Daten in kürzester Zeit erschlüsselt übermittelt werden, ohne dass ein Direkt- ugriff anderer Behörden erforderlich ist. Wie realistisch iese Begehrlichkeiten einzuschätzen sind, zeigt die Be- ründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung. ort heißt es nämlich, dass im Zuge einer breiteren, ge- ebenenfalls internationalen Datennutzung die bereits m Verlaufe der Arbeiten an diesem Entwurf aufgewor- ene Frage zu erörtern sei, ob es sinnvoll und zulässig ei, bei der Beurkundung der Geburt ein persönliches dentifikationsmerkmal zu vergeben, das aus einem ummerncode bestehen könne. Dieser Code wäre als ennziffer für die betreffende Person bereichsübergrei- end nutzbar, ohne dass es regelmäßig weiterer Identi- ätsangaben und -nachweise bedürfe. Auch wenn dies nur“ die Begründung des Gesetzentwurfs ist und als olche nicht mit beschlossen wird, so erinnert mich das och an die Personenkennziffer der DDR, und es wird lar, in welche Richtung die Regierung in nächster Zeit ehen wird. Mit dem Gesetzentwurf zum Personenstandsrecht eht die Bundesregierung in die richtige Richtung. Wir 6286 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 (A) ) (B) ) Liberalen hätten uns aber an der einen oder anderen Stelle eine Änderung des jetzt vorgelegten Gesetzes ge- wünscht. Leider hat die große Koalition es nicht für not- wendig erachtet, auf unsere Argumente einzugehen. Demgemäß ist es uns nicht möglich, diesem Gesetzent- wurf ohne die von uns eingebrachten Änderungen zuzu- stimmen. Ulla Jelpke (DIE LINKE): Angesichts der gestiege- nen Mobilität in unserer Gesellschaft ist die Ersetzung des papiernen Personenstandsbuchs durch einen elektro- nischen Registereintrag sinnvoll und richtig. Wir begrü- ßen ausdrücklich, dass dabei weitgehend dem Grundsatz der Datensparsamkeit Genüge getan wurde: Erstens soll es nur eine Stelle geben, die das elektronische Personen- standsbuch führt, daneben ist nur eine Sicherungskopie an einem anderen Ort vorgesehen. Zweitens werden ei- nige Angaben nicht mehr zwingend erfasst, so der Be- rufsstand und die Religionszugehörigkeit der Eltern. Die Abschaffung des Familienbuchs, des Geburtsscheines und der Abstammungsurkunde gehören ebenfalls zu den begrüßenswerten Neuerungen. Es gibt allerdings einige Punkte, die wir an diesem Gesetzentwurf weiterhin strikt ablehnen. Es tun sich auch einige Widersprüche im Gesetzentwurf auf. So wird sowohl im Gesetzestext selbst als auch in der Be- gründung daran festgehalten, dass die Standesämter und mit ihnen die elektronischen Personenstandsbücher von allen anderen Behörden strikt getrennt sein sollen. Dies wird, ganz richtig, mit den besonders sensiblen Daten in diesen Büchern begründet. Man muss sich dann aber die Frage stellen, warum der Gesetzentwurf zur Übermitt- lung an andere Behörden ermächtigt, wenn diese die Da- ten „zur Erfüllung ihrer Aufgaben“ benötigen. Warum können die Behörden nicht benannt werden, die auf Da- ten aus den Personenstandsbüchern angewiesen sind? Warum können anderweitige Zwecke, für die diese Da- ten gebraucht werden, nicht benannt werden? Warum diese unbestimmte Mitteilungspflicht? Außerdem fehlt jeder Hinweis darauf, dass Betroffene von der Mittei- lung ihrer Daten an Dritte unterrichtet werden müssen, von einer Einverständniserklärung ganz zu schweigen. Es ist zuletzt in der Anhörung des Innenausschusses von den Sachverständigen klar gesagt worden, dass es in Zeiten erleichterten elektronischen Datenverkehrs eine Anpassung des Datenschutzes geben muss. Dass Daten technisch leicht zu übermitteln sind, darf nicht automa- tisch heißen, dass sie es auch rechtlich sein müssen. Dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung muss Ge- nüge getan werden. Das berücksichtigt der Gesetzent- wurf nicht. Ich will noch auf einen weiteren Punkt eingehen, der unseren Widerspruch hervorruft: Es soll nämlich auch eine weitere Datensammlung geschaffen werden, das so genannte Geburtenregister nach § 21 des neuen Perso- nenstandsgesetzes. Hier wird ohne erkennbaren sachli- chen Grund eine Doppelstruktur aufgebaut: In das Ge- burtenregister sollen Eheschließung und Verpartnerung ebenso eingetragen werden wie die Geburt von Kindern. Dabei werden Eheschließung und Verpartnerung selbst noch mal in ein eigenes Register eingetragen. Vom G a e b w a P s s g n v n t j E s G G n R u C b s e s G n T d a I e K m l s L g G v K t c s u d (C (D rundsatz der Datensparsamkeit wird hier also wieder bgewichen, doch warum eigentlich? Nun, die Gesetzesbegründung liefert einen Hinweis: s sei die Frage zu erörtern, heißt es da, ob bei der Ge- urt ein persönliches Identifikationsmerkmal vergeben erden solle, etwa in Form eines Nummerncodes. Einigen von Ihnen wird geläufig sein, worauf das hin- usläuft: die Personenkennziffer, wie man sie aus dem ersonenstandsgesetz der DDR kennt. Aber man will an- cheinend noch weiter gehen: Diese Personenkennziffer oll sowohl bereichsübergreifend als auch international enutzt werden können. Was heißt das? Soll diese Perso- enkennziffer mit anderen, zentral geführten Dateien erknüpft werden können? Soll es ein EU-weites Perso- enregister geben? Das sind offene Fragen, die befürch- en lassen, dass uns hier ein Trojanisches Pferd unterge- ubelt werden soll, hin zu noch mehr zentralisierter rfassung der Bürgerinnen und Bürger. Wir werden die- es Trojanische Pferd im Auge behalten! Silke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN): Die CDU/CSU konnte sich nie mit der leichstellung der gleichgeschlechtlichen Lebenspart- erschaft anfreunden. Nur mit Widerwillen hat sie das eformgesetz in den unionsregierten Bundesländern mgesetzt. Die diskriminierende Einstellung der CDU/ SU gegenüber Lesben und Schwulen wurde in der De- atte um das Personenstandsreformgesetz im Innenaus- chuss erneut deutlich. Die Interessen der Notare wiegen ben mehr als das überfällige Ende einer langen Ge- chichte der Verfolgung und Diskriminierung. Nach dem Willen der Koalitionsfraktionen soll das lück der gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft icht in allen Bundesländern im feierlichen Rahmen der rauzimmer der Standesämter besiegelt werden. Durch ie Öffnungsklausel darf Bayern weiterhin das Standes- mt zur No-go-Area für Schwule und Lesben erklären. n Rheinland-Pfalz werden Schwule und Lesben, die ine Lebenspartnerschaft eingehen wollen, weiter ins reisamt geschickt. Meine Damen und Herren von der CDU/CSU, kom- en Sie endlich im toleranten und modernen Deutsch- and an. Ganz gleich, ob Heteroehe oder gleichge- chlechtliche Lebenspartnerschaft, was zählt, ist die iebe und die Bereitschaft, füreinander einzustehen in uten und in schlechten Zeiten. Dass das Lebenspartnerschaftsgesetz ein grünes esetz war, wird dadurch deutlich, dass die SPD das orliegende Gesetz begrüßt und keinen Konflikt mit dem oalitionspartner eingeht. Im Antrag der Koalitionsfrak- ionen heißt es wörtlich: Die bisher bereits bestehenden abweichenden Zu- ständigkeitsregelungen in verschiedenen Bundes- ländern haben sich bewährt. Das glatte Gegenteil ist der Fall. Die unterschiedli- hen Zuständigkeiten schaffen Verwaltungswirrwarr und ind vor allem diskriminierend. Wir sagen den Schwulen nd Lesben: Eure Beziehung ist genauso viel Wert wie ie Ehe und wir setzen uns weiterhin dafür ein, dass bun- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 6287 (A) ) (B) ) deseinheitlich in allen Ländern die Standesämter für die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft zuständig sind. Das Personenstandsrechtsreformgesetz enthält eine weitere Diskriminierung. Wir wollten ein Widerspruchs- recht für eingetragene Lebenspartnerschaften gegen die Weitergabe ihres Familienstandes an die Kirchen. Die Weitergabe dieser Daten, die aus kirchensteuerrechtli- chen Gründen nicht erforderlich ist, kann zum Verlust des Arbeitsplatzes führen. Der Ständige Rat der Deut- schen Bischofskonferenz hat in einer Erklärung vom 24. Juni 2002 festgestellt, das Rechtsinstitut der Lebens- partnerschaft widerspräche der Auffassung über Ehe und Familie, wie sie die katholische Kirche lehre. In Lebens- partnerschaften lebende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im kirchlichen Dienst machen sich deshalb eines schwerwiegenden Loyalitätsverstoßes schuldig, der die kirchlichen Arbeitgeber nach gefestigter Rechtspre- chung zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses berech- tigt. Anstatt dass Sie diese diskriminierende Praxis der katholischen Kirche kritisieren, liefern Sie die Daten für die mögliche Entlassung. Von der CDU habe ich nichts anderes erwartet. Sie ist und bleibt eine rückwärtsgewandte Partei, ohne Zugang und Verständnis für eine moderne und tolerante Gesell- schaftspolitik. Von der SPD bin ich enttäuscht. Sie waren eben doch nur die Getriebenen des grünen Reformwil- lens. Eine Anmerkung zum Datenschutz. Die vorgesehene Möglichkeit der Länder, zentrale elektronische Per- sonenstandsregister einzurichten halten wir für proble- matisch. Zentrale Datensammlungen sind hier nicht erforderlich. Wir sehen die Gefahr, dass die Sicherheits- behörden hier den automatisierten Zugriff fordern und irgendwann auch erhalten. Es wird Sie nicht verwundern, auch wenn das Gesetz vernünftige Regelungen zum Bürokratieabbau enthält, die noch aus dem früheren rot-grünen Entwurf stammen, lehnen wir den Gesetzentwurf der großen Koalition ab. Er diskriminiert Lesben und Schwule und ist daten- schutzrechtlich problematisch. Anlage 13 Zu Protokoll gegeben Reden zur Beratung der Anträge: – REACH – den gemeinsamen Standpunkt weiter verfolgen – REACH – letzte Chance zur Verbesserung des Umwelt- und Verbraucherschutzes im europäischen Chemikalienrecht nutzen – REACH – Chance für eine fortschrittliche Chemikalienpolitik nutzen (Tagesordnungspunkt 25 a bis c) Ingbert Liebing (CDU/CSU): Ein altbekanntes Sprichwort sagt: „Was lange währt, wird endlich gut.“ Ich hoffe sehr, dass wir genau das auch bald über die E d p G A P u I a l s s u J ü f w s g a z g e l p d B S K k a m v m U n e ü n d J C e k Z e Z m e E I k g (C (D U-Chemikalienverordnung REACH sagen können, enn die Beratungen sind in diesen Tagen in die Schluss- hase gekommen. Im Jahr 2001 nahm dieses größte und umfassendste esetzesvorhaben der Europäischen Union seinen nfang. Seither sind die Kommission, das Europäische arlament, die Mitgliedstaaten mit all ihren Gremien nd nicht zuletzt hunderte nationaler und internationaler nteressengruppen mit den Verhandlungen, der Aus- rbeitung, den Neuverhandlungen und nicht enden wol- ender Kompromissfindung beschäftigt. Oft genug chien es, als seien Umwelt-, Gesundheits- und Wirt- chaftsaspekte einfach nicht auf einen Nenner zu bringen nd es stellte sich die Frage, ob sich die EU mit diesem ahrhundertgesetzeswerk nicht schlicht und ergreifend bernommen hätte. Zu undurchdringlich schien das Ge- lecht unterschiedlicher und gegensätzlicher Interessen. Aber Ende vergangenen Jahres hat es der EU-Wettbe- erbsrat unter tatkräftiger Mitwirkung der neuen deut- chen Bundesregierung trotzdem geschafft, einen aus- ewogenen, sehr tragfähigen Kompromiss zu REACH uszuhandeln. Den meisten Kritikpunkten konnte hierbei ur Zufriedenheit der meisten Beteiligten Rechnung getra- en werden. Nun liegt es – das ist offensichtlich – in der Natur ines Kompromisses, dass nicht jeder jedes seiner An- iegen in Gänze verwirklicht sehen wird. Ein guter Kom- romiss zeichnet sich dadurch aus, dass alle Beteiligten en Verhandlungstisch mit dem Gefühl verlassen, das eschlossene mittragen zu können. Der Gemeinsame tandpunkt des Wettbewerbsrats ist ein solch guter ompromiss. Die Koalitionsfraktionen legen mit ihrem Antrag ein lares Bekenntnis zu diesem Gemeinsamen Standpunkt b. Indem wir heute über unsere Position abstimmen, öchten wir ausdrücklich ein Signal für die Schluss- erhandlungen in der EU absenden, gerade nach dem für eine Fraktion äußerst unbefriedigenden Ergebnis im mweltausschuss des Europäischen Parlaments. Lassen Sie mich an dieser Stelle ein paar Punkte nen- en, in denen der Gemeinsame Standpunkt des Rates ine grundlegende Verbesserung der Verordnung gegen- ber früheren Entwürfen bedeutet. Wir haben erreicht, dass die Zulassung von Stoffen icht generell befristet wird. Ich bin der Auffassung, ass die ursprünglich vorgesehene Befristung auf fünf ahre vor dem Hintergrund, dass es die Europäische hemikalienagentur realistisch geschätzt schaffen wird, twa zehn bis 15 Stoffe pro Jahr zu bearbeiten, ein büro- ratischer Irrsinn ist. Bei circa 150 Stoffen, die das ulassungsverfahren durchlaufen müssen, würde gerade in Drittel der Stoffe geschafft sein, wenn die ersten ulassungen auslaufen und das Verfahren neu beginnen uss. Das Verfahren gemäß Gemeinsamem Standpunkt rmöglicht eine nochmalige Überprüfung nach einer im inzelfall festzulegenden Frist, wenn – und nur dann – nformationen darauf hindeuteten, dass eine Gefährlich- eit für Umwelt und Gesundheit besteht. Die Genehmi- ung kann in diesem Fall bei der Erkenntnis, dass eine 6288 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 (A) ) (B) ) solche Gefahr besteht, widerrufen werden. Das nenne ich eine vernünftige Lösung. Wir haben erreicht, dass in größerem Maße neben der Menge eines Stoffs auch die Gefährlichkeit und dessen Exposition berücksichtigt werden. Mit dem Gemeinsa- men Standpunkt wurden Verwendungs- und Exposi- tionskategorien als wichtiges Kommunikationsmittel in der Verordnung verankert. So sollen sich der Umfang der bei der Registrierung anzugebenden Daten sowie die Informationspflichten in der Lieferkette weitergehend an der Verwendung des Stoffes und seiner Exposition orien- tieren. Damit sind die aus REACH erwachsenden Pflich- ten vor allem auch für mittelständische Unternehmen handhabbar. Im Bereich der Zulassung hat der Wettbewerbsrat erreicht, dass über die Gefährlichkeit eines Stoffes als Bewertungsmaßstab hinaus bei der Zulassungsentschei- dung insbesondere die sichere Handhabung in Form der adäquaten Kontrolle des Risikos eines sehr gefährlichen Stoffes zur Grundlage gemacht wird. Wenn ein gefähr- licher Stoff sich in einem geschlossenen und sicheren Stoffkreislauf befindet, kann auch allein die theoretische Substitutionsmöglichkeit noch kein Grund für das Ver- sagen der Zulassung sein. Das hätte dann mit einem sinnvollen Schutzszenario für Umwelt und Gesundheit wenig zu tun. Wir haben erreicht, dass für Stoffe in der produktbe- zogenen Forschung und Entwicklung die Meldepflichten erheblich vereinfacht werden und Forschungsprogram- me bei der Notifizierung nicht mehr vorzulegen sind. Wenn wir Innovation wollen, dürfen wir das Potenzial hierfür nicht hemmen, indem wir die zur Verfügung ste- henden Stoffe minimieren und Forschungskosten und Zeitaufwand immens erhöhen. Die ursprünglich vorgesehenen Informationspflichten haben Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse von Unter- nehmen in inakzeptabler Art und Weise gefährdet. Wir haben erreicht, dass der Know-how-Schutz verbessert wird, indem sensible Unternehmensdaten vertraulich bleiben können. Nur so können auch langfristig faire Wettbewerbsbedingungen gewährleistet werden. Auch dieser Punkt ist besonders wichtig für die Schluss- verhandlungen im Europäischen Parlament, da der Um- weltausschuss in Brüssel wettbewerbsgefährdende Be- lastungen für die Wirtschaft beschlossen hat, die es jetzt zu verhindern gilt. Ich könnte diese Liste fortsetzen. Auf der anderen Seite gibt es aber auch Punkte, die wir gerne anders geregelt gesehen hätten. So konnte zum Beispiel mit dem Gemeinsamen Standpunkt für die Regis- trierung von Stoffen mit Jahresmengen zwischen zehn und 100 Tonnen keine wesentliche Erleichterung bei den Testanforderungen erreicht werden. Diese treffen beson- ders kleine und mittelständische Unternehmen. Bei den Testanforderungen hätten wir uns auch im Interesse eines besseren Tierschutzes mehr gewünscht; dies bleibt ein Thema für die weitere praktische Umsetzung von REACH. Die Eindämmung der Registrierungskosten für k z p l B z g D A d r S s w b G k m K v s s G g V B s n s s B a e b G g W k s s h d B f s e d k g p S n E m F A n s (C (D leinvolumige Stoffe wäre ein weiterer Wunsch für die weite Lesung im Europäischen Parlament gewesen. Aber auf der Grundlage des Gemeinsamen Stand- unkts besteht nun die Chance, das Verfahren nach sehr angwierigen Verhandlungen kurzfristig abzuschließen. ei dieser Aufgabe den Gemeinsamen Standpunkt durch- usetzen, dafür hat der Umweltminister die unein- eschränkte Unterstützung der CDU/CSU-Fraktion. amit könnten wir – und das geht ganz besonders an die dresse der Kollegen und Kolleginnen der Grünen und er Linken – zeitnah beginnen, den Weg eines noch siche- eren Umgangs mit chemischen Stoffen zu beschreiten. ie fordern deutliche Verschärfungen von REACH. Ich age Ihnen: Daran scheitert REACH, und dann wird es eniger statt mehr Umwelt- und Gesundheitsschutz ge- en, als wir heute haben. Nur mit dem Kompromiss des emeinsamen Standpunkts können wir für diese und ommende Generationen ein hohes Schutzniveau für die enschliche Gesundheit und die Umwelt gewährleisten. Der Gemeinsame Standpunkt war ein ausgewogener ompromiss zwischen dem ursprünglichen Verordnungs- orschlag der Kommission und der Position des Europäi- chen Parlaments aus erster Lesung. Der Umweltaus- chuss des Europäischen Parlaments hat nun aber den emeinsamen Standpunkt wieder weiter verschärft. Die efundenen und mit großer Mehrheit verabschiedeten orschläge zur Registrierung sowie zum Schutz von etriebsgeheimnissen wurden abgelehnt. Das Zulas- ungsverfahren wurde massiv weiter verschärft. Es geht un nicht mehr um die sichere Verwendung eines Stoffs, ondern nur noch um Verbote bestimmter Stoffgruppen, elbst dann, wenn es keinen geeigneten Ersatz gibt. Die efristung der Zulassung auf fünf Jahre wurde wieder uf den Tisch gebracht, ungeachtet der Unmöglichkeit iner praktischen Umsetzung. Wo bleibt da die Verein- arkeit der eigentlichen Ziele von REACH, nämlich esundheits- und Umweltschutz zu verbessern und leichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen irtschaft zu befördern? Die zweite Lesung im Europäischen Parlament steht urz bevor. Hinter den Kulissen brodelt es. Manchmal ieht es so aus, als könne REACH an dieser Stelle noch cheitern. Wir haben es also noch nicht geschafft. Des- alb halte ich es für ausgesprochen wichtig, dass wir vor ieser zweiten Lesung ein entsprechendes Signal nach rüssel senden. Der Gemeinsame Standpunkt ist ein airer und tragfähiger Kompromiss. Umwelt und Ge- undheitsschutz werden im Vergleich zum Status quo rheblich aufgewertet und auch die chemische Industrie, ie anfangs mit großer Skepsis auf REACH reagiert hat, ann sich mit den jetzt gefundenen Regelungen arran- ieren. Jetzt ist es an uns, den Gemeinsamen Stand- unkt, der in nicht unerheblichem Maße ein deutscher tandpunkt ist, auch zu vermitteln. Wer glaubt, das Paket ochmals aufschnüren zu können, hat schon verloren. in wiederholtes Aufschnüren des gefundenen Kompro- isses würde bedeuten, dass eine Einigung in weite erne rückt. Die Konsequenz wäre, dass Hunderte von ltstoffen langfristig unregistriert blieben. Das kann icht in unserem Interesse sein. Deshalb muss der Deut- che Bundestag sich nachdrücklich für die Beibehaltung Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 6289 (A) ) (B) ) des Gemeinsamen Standpunkts als Grundlage für die zu- künftige Ausgestaltung von REACH aussprechen. Das können wir heute tun, indem wir den Antrag der Regie- rungsfraktionen beschließen. Dafür bitte ich Sie um Ihre Unterstützung. Heinz Schmitt (Landau) (SPD): REACH, die Ver- ordnung für eine neue, eine fortschrittliche Chemiepoli- tik in Europa, ist auf der Zielgeraden. Die zweite Lesung im Europäischen Parlament hat begonnen. Wenn Rat und Parlament noch einige gegensätzliche Positionen ausräu- men, können die neuen Regeln für den Umgang mit Chemikalien in absehbarer Zeit an den Start gehen. Die Regierungskoalition hat heute einen Antrag vorgelegt, der vor allen Dingen eines zum Ausdruck bringen soll: Wir wollen mehr Sicherheit beim Umgang mit chemischen Stoffen in Europa. Und: Wir stehen zu REACH. Wir stehen zu dieser Reform. Bei einem so großen Vorhaben waren in den zurück- liegenden Jahren naturgemäß die Ansichten über die Ausgestaltung sehr unterschiedlich. Von daher war zu erwarten, dass bis zuletzt um Details gerungen wird. Mitte dieses Jahres hat nun der Rat einen gemein- samen Standpunkt zu REACH verabschiedet. Dieser ent- hielt natürlich Kompromisse. Im Oktober hat der Um- weltausschuss im Europäischen Parlament dazu Stellung genommen. Mit großer Mehrheit hat er sich dafür ausge- sprochen, einige zentrale Punkte in REACH zu verän- dern. Ich will nicht verheimlichen, dass mir als Umwelt- politiker viele Forderungen der Kollegen im europäi- schen Parlament sympathisch sind: dass eine allgemeine Sorgfaltspflicht stärker betont werden soll, dass mehr getan werden soll, um Alternativen zu Tierversuchen zu entwickeln und dass man bei der Zulassung von beson- ders gefährlichen Stoffen stärker darauf achten soll, diese Chemikalien zu ersetzen. Damit könnte ich persön- lich sehr gut leben. Der Umweltausschuss fordert außerdem, dass es ge- nerell mehr Daten für Stoffe geben soll, die in kleineren Mengen hergestellt werden. Auch damit bin ich einver- standen, wenn es um Stoffe geht, mit denen Menschen und Umwelt unmittelbar in Berührung kommen. Das wäre von der Wirtschaft auch problemlos zu leis- ten. Denn unsere Chemieindustrie hat sich schon seit Jahren selbst verpflichtet, den sicheren Umgang mit che- mischen Stoffen zu gewährleisten. Die geforderten Da- ten für kleinvolumige Stoffe sind ja eigentlich schon da. Dort allerdings, wo es keinen Kontakt mit Mensch und Umwelt gibt, macht es durchaus Sinn, die Registrierung zu erleichtern. Wenn die Industrie also belegen kann, dass etwa Stoffe nur in einem geschlossenen Prozess eingesetzt werden, dann halte ich es für vertretbar, auf umfangrei- chere Daten zu verzichten. Knackpunkt zwischen den beiden Gesetzgebern war und ist bis zuletzt die Frage der Zulassung: Man kann die Kontroverse vielleicht auf einen sehr einfachen Nen- n b a g h s e S g Z n g h P s g u m a S ü v k S u c s s s d G K k d i n g R T v t s G d v d k k s h h (C (D er bringen: Wollen wir mehr Sicherheit im Umgang mit esonders gefährlichen chemischen Stoffen? Reicht uns lso die Zusage, dass solche Gefahrstoffe bei planmäßi- em Einsatz keinen Kontakt mit Mensch und Umwelt aben? Oder können wir nicht ruhiger schlafen, wenn olche – ich nenne sie einmal Gruselstoffe – gar nicht rst eingesetzt werden? Wäre es nicht besser, solche toffe, wo immer möglich, auch konsequent durch weni- er bedenkliche Stoffe zu ersetzen? Auch einem strengeren Vorgehen beim Verfahren der ulassung kann ich viel abgewinnen. Es ist zwar noch icht ganz klar, worauf sich Rat und Parlament verständi- en werden. Aber ich bin sicher: Sie werden sich einigen. Politik ist nicht das Wünschenswerte. Das hat jeder ier im Haus schon das eine oder andere Mal erfahren. olitik ist die Kunst des Möglichen. Daher waren und ind auch bei REACH Kompromisse in vielen Einzelfra- en erforderlich. Wir dürfen dabei aber nicht das Große nd Ganze aus den Augen verlieren. Ich will daher noch- als betonen, wie wichtig es ist, dass REACH startet. REACH wird – wie immer die Details letztendlich ussehen – in jedem Fall den Umgang mit chemischen toffen in Europa sicherer machen. Wir wissen heute ber die Chemikalien auf dem europäischen Markt einfach iel zu wenig. Das wird sich mit REACH ändern. Chemi- alien werden nun systematisch erfasst. An zentraler telle werden Daten zu chemischen Stoffen gesammelt nd gespeichert, Daten, die wiederum für andere Berei- he, etwa für den Verbraucherschutz und den Arbeits- chutz, dringend gebraucht werden. REACH wird dafür orgen, dass wir in Zukunft die Risiken von Stoffen bes- er kennen und damit umgehen können. In Zukunft ist die chemische Industrie für ihre Pro- ukte verantwortlich. Die Beweislast wird umgekehrt. efährliche Stoffe, die sich im Körper ansammeln und rebs oder Mutationen auslösen können, dürfen in Zu- unft nur dann weiterverwendet werden, wenn zumin- est der sichere Umgang mit diesen Stoffen garantiert st. Das ist vorteilhaft für kleinere und mittlere Unter- ehmen: Es soll möglich sein, dass ein Stoff nur einmal re- istriert werden muss. Dieses Prinzip – ein Stoff – eine egistrierung – soll so ausgestaltet sein, dass auch dem ierschutz sehr weit gehend entsprochen wird. Un- ermeidbare Versuche an Wirbeltieren sollen danach atsächlich nur einmal durchgeführt werden. Das alles sind bedeutende Fortschritte in der europäi- chen Chemiepolitik, bedeutende Fortschritte für mehr esundheits-, Verbraucher- und Umweltschutz. Noch ein Blick auf die anderen Anträge zu REACH, ie wir heute behandeln: Sie, meine Damen und Herren on der Linken, sollten sich mal überlegen, was es be- euten würde, auf Maximalpositionen und auf Total- onfrontation gegenüber der Wirtschaft zu bestehen. So ann man das nicht angehen, um Erfolg zu haben. Es ind auch viele kleine Betriebe, die REACH umzusetzen aben. Dieses neue System muss auch für den Mittelstand andhabbar und praktikabel sein. Daher kann REACH 6290 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 (A) ) (B) ) nur mit der Wirtschaft und nicht gegen sie gelingen. Sonst stehen Sie am Ende mit hehren Zielen, aber mit leeren Händen da und REACH würde auf den letzten Metern scheitern. Das wäre ein zu hoher Preis. Das darf nicht passieren. Deshalb: REACH muss kommen. Michael Kauch (FDP): Ziel der FDP – und ich denke, der Mehrheit dieses Hauses – ist eine neue europäische Chemikalienpolitik, die Umwelt und Gesundheit effek- tiver schützt und zugleich unbürokratisch und mittel- standsfreundlich ist. Wie dieses Ziel zu erreichen ist, darüber gehen die Meinungen auseinander. Ein Ausdruck dafür sind die jüngsten Beschlüsse des Umweltausschusses des Euro- päischen Parlaments. Sie sind eindeutig ein Rückschritt im Vergleich zum gemeinsamen Standpunkt des Rates aus dem letzten Jahr und gefährden die Wettbewerbs- situation gerade deutscher, vornehmlich kleiner und mit- telständischer Unternehmen. Insbesondere die Verschärfungen im Bereich der Zu- lassung werden zu Belastungen führen, die eine Vielzahl von Unternehmen in ihrer wirtschaftlichen Existenz ge- fährden. Dabei waren wir mit dem im Rat gefundenen Kom- promiss bereits einen gutes Stück vorangekommen. Die FDP-Bundestagsfraktion unterstützt im Wesentlichen die politische Position des EU-Ministerrates. Diese sollten die Bundesregierung und die deutschen Abgeordneten des Europäischen Parlaments im weiteren Verfahren unterstützen. Denn der Kompromiss im Rat enthält we- sentliche Fortschritte im Vergleich zu vergangenen Ent- würfen einer europäischen Chemikalienverordnung. Er verwirklicht zudem langjährige Forderungen der FDP. An diesem Kompromiss muss festgehalten werden. Das gilt insbesondere für die unbefristete Zulassung von Stoffen. Eine Befristung würde besonders die wei- terverarbeitende Industrie belasten. Investitionen der Unternehmen würden damit infrage gestellt werden. In Deutschland wäre hier unter anderem die Automobil- industrie negativ betroffen. Die nun wieder vom Um- weltausschuss des Europäischen Parlaments ins Spiel gebrachte Befristung auf fünf Jahre muss verhindert werden. Gleiches gilt für die vom Rat beschlossene Risiko- bewertung des Einzelfalls. Diese Position war und ist richtig. Es wäre der falsche Weg, wenn, wie der EP-Aus- schuss fordert, trotz Nachweises einer sicheren Verwen- dung zusätzlich der Nachweis erbracht werden müsste, dass keine Ersatzstoffe vorliegen. Eine Entscheidung für eine zwingende Substitution darf nicht Bestandteil von REACH werden. Aus Gründen der Chemikaliensicher- heit ist sie nicht notwendig. Vielmehr werden die Unter- nehmen vor große Herausforderungen gestellt. Die Folge: Bestimmte Stoffe werden aus dem Markt ge- drängt, ohne dass dies aus Sicht von Umwelt und Ge- sundheit erforderlich wäre. Wir bedauern darüber hinaus, dass die bereits vom EU-Parlament beschlossenen Fortschritte im Registrie- rungsverfahren nicht aufgegriffen wurden. Die Registrie- r n b F m p f s 1 d a w E c r g w E d t v s R h f S W E w d t h G w s E n E n f s w s S s u t o L l t m (C (D ung eines Stoffes sollte sich stärker an Risiken und nicht ur an Mengen orientieren, wie es auch der Ministerrat eschlossen hat. Das ist eine langjährige Forderung der DP. An dieser Regelung gilt es festzuhalten. Allerdings uss ich an dieser Stelle betonen, dass auch der Kom- romiss im Ministerrat zu Belastungen der Unternehmen ühren wird. Die für das Registrierungsverfahren be- chlossenen Testanforderungen für die Stoffe von 10 bis 00 Tonnen sind teuer und bürokratisch. Trotzdem war er gefundene Kompromiss ein Fortschritt. Er darf nicht ufgeweicht werden. Aber genau das wäre der Fall, enn sich die Vorstellungen des Umweltausschusses des uropäischen Parlaments durchsetzen würden. Wir brau- hen eine praxisgerechte Ausgestaltung des Registrie- ungsverfahrens. Für Deutschland ist der künftige Weg, der mit REACH egangen werden soll, von entscheidender Bedeutung, eil wir der mit Abstand wichtigste Chemiestandort in uropa sind. REACH wird nicht nur Auswirkungen auf ie chemische Industrie haben, sondern auf alle Indus- riezweige, die Chemikalien oder chemische Produkte erwenden. Für die FDP stand von Anfang an fest: Gesundheits- chutz gewährleisten, ohne Arbeitsplätze zu gefährden. EACH muss im Interesse des Umwelt- und Gesund- eitsschutzes wirkungsvoll und im Interesse der betrof- enen Unternehmen praktikabel sein. Sonst droht eine chwächung der Innovationsfähigkeit der deutschen irtschaft. Wir appellieren an die Abgeordneten des uropäischen Parlaments, den Beschlüssen ihres Um- eltausschusses nicht zuzustimmen. Insbesondere die eutschen Abgeordneten sollten sich ihrer Verantwor- ung bewusst sein. Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE): Wir reden eute über eines der wichtigsten Umweltgesetze in der eschichte der Europäischen Union. Wie Sie wissen, urden bislang nur etwa 4 000 Stoffe darauf geprüft, ob ie Gesundheit oder Ökosysteme schädigen. Auf dem U-Markt befinden sich jedoch etwa 100 000 so ge- annte Altstoffe, die vor 1981 auf den Markt kamen. twa 30 000 davon werden gegenwärtig mit mehr als ei- er Tonne Jahresproduktion eingesetzt. Mit ihnen läuft aktisch ein Großversuch an Mensch und Umwelt. In den letzten Jahrzehnten haben auch als Folge die- er Politik Allergien sowie Brustkrebs- und Atem- egserkrankungen zugenommen. Giftcocktails lassen ich selbst noch in der Muttermilch nachweisen. Die EU-Kommission wollte mit dieser unhaltbaren ituation Schluss machen. Doch der Richtlinienvor- chlag war von Anfang an ein mit harten Bandagen mkämpftes Werk. Umwelt- und Verbraucherorganisa- ionen sowie Gewerkschaften standen mächtigen Lobby- rganisationen der chemischen Industrie gegenüber. etztere haben nichts unversucht gelassen, um beim angwierigen Gesetzesverfahren die wirtschaftlichen In- eressen der Chemiekonzerne durchzusetzen. Und sie waren erfolgreich: Der ursprüngliche Kom- issionsentwurf wurde infolge der ersten Lesung dras- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 6291 (A) ) (B) ) tisch verschlechtert. Von den 30 000 als relevant be- trachteten Chemikalien müssten nach diesem Entwurf nun nur noch 12 000 gründlich überprüft werden. Zudem wanderte die Beweislast bezüglich der Unbedenklichkeit von den Herstellern wieder zurück zu den Behörden. Ge- nau dies sollte jedoch durch REACH eigentlich umge- kehrt werden. In der ersten Lesung hatte sich das EU-Parlament zu- mindest noch dafür ausgesprochen, gefährliche Chemi- kalien zu ersetzen, wenn es sicherere Alternativen gibt. Aber selbst diese einzige positive Veränderung zum Kommissionsentwurf wurde vom Rat kassiert. Insgesamt stellte sich damit die Frage, ob ein solches Chemikalienrecht nicht hinter das bisherige zurückfallen würde. Schließlich würden die niedrigen Registrierungs- und Zulassungskriterien nun ebenfalls für die Neustoffe gelten, welche gegenwärtig noch einem vorbildlichen Registrierungsverfahren unterliegen. Nunmehr hat der Umweltausschuss des Europaparla- ments am 10. Oktober 2006 einen wichtigen Schritt für den besseren Schutz von Umwelt und Gesundheit vor gefährlichen Chemikalien getan: Er sprach sich mit gro- ßer Mehrheit dafür aus, dass Chemieunternehmen ge- fährliche Chemikalien ersetzen müssen, wenn sichere Alternativen zur Verfügung stehen. Zudem hat sich der Umweltausschuss für die Auf- nahme einer allgemeinen Sorgfaltspflicht in den Verord- nungsentwurf entschieden. Danach würden die Chemie- produzenten für die Sicherheit all ihrer Produkte – unabhängig von der jährlich hergestellten Menge – verantwortlich gemacht. Verbraucher sollen zudem mehr Informationen über jene Chemikalien bekommen, die in den von ihnen erworbenen Alltagsgegenständen enthal- ten sind. Insgesamt wurde mit den Veränderungen zwar im Be- reich der Testanforderungen nicht das ursprüngliche Schutzniveau des Kommissionsentwurfs erreicht. REACH wurde aber in wichtigen Teilen verbessert. Aus diesem Grund – das ist auch der Inhalt unseres Antrags – fordern wir die Bundesregierung auf, im EU- Wettbewerbsministerrat darauf hinzuarbeiten, dass die umwelt- und gesundheitsfreundlichen Positionen des Umweltausschusses des Europaparlaments übernommen werden. Die Bundesregierung muss dazu insbesondere ihren Widerstand gegen die Substitution gefährlicher Stoffe aufgeben. Die letzte Chance zu einem fortschrittlichen europäi- schen Chemikalienrecht darf nicht vergeben werden. Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Dass die große Koalition diesen Tagesordnungspunkt ur- sprünglich für die Zeit von 3 Uhr bis 3.35 Uhr auf die Tagesordnung des Deutschen Bundestages hat setzen lassen, spricht Bände: Vor dem Hintergrund der bemer- kenswerten Ankündigung des Umweltministers von vergangener Woche, dass man nur durch eine aktive ökologisch-industriepolitische Strategie den umweltpoli- tischen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts gerecht w K s m j g C b g S l m f n E g m a l c W p s e m d s V s a A S D d t G E r n s o u e l a n z s M ö f P p p m (C (D erden könne, möchte man einen Antrag der großen oalition, der tatsächlich das Gegenteil dessen ist, offen- ichtlich nachts – wenn alles schläft – durchs Parlament ogeln. An fehlender Bedeutung des Themas Chemiepolitik edenfalls kann der späte Aufsetzungstermin sicher nicht elegen haben: Die Neugestaltung der europäischen hemikalienpolitik ist nach dem Emissionshandel das edeutendste und ambitionierteste europäische Umwelt- esetzgebungsverfahren der letzten Jahre. Es ist für den chutz von Umwelt und Gesundheit von genauso zentra- er Bedeutung wie für die europäische Chemieindustrie. Wenn man sich den Antrag der großen Koalition ein- al genau anschaut, wird schnell klar, dass sie sich of- ensichtlich nur mit allergrößter Mühe überhaupt auf ei- en gemeinsamen Antrag haben einigen können. Im rgebnis hat die große Koalition heute einen Antrag vor- elegt, der eine ambitionierte Umweltpolitik noch im- er als Gängelung der Wirtschaft sieht und eben nicht ls Chance begreift, dass sich die Wirtschaft durch öko- ogische Innovationen rechtzeitig Zukunftsmärkte si- hert. So begrüßt sie die Entscheidung des europäischen ettbewerbsrates als einen insgesamt tragfähigen Kom- romiss, obwohl die Beschlüsse hinsichtlich der Verbes- erung des Umwelt- und Gesundheitsschutzes mehr als nttäuschend waren. Nicht ohne Grund hat Wirtschaft- inister Michael Glos die Einigung im Rat damals mit en Worten begrüßt, dass es gelungen sei, eine wirt- chaftsfreundliche Lösung bei REACH durchzusetzen. or allem die Tatsache, dass nach der gemeinsamen Po- ition des europäischen Rates gefährliche Chemikalien uch dann zugelassen werden können, wenn es sicherere lternativen gibt, ist kein Anreiz zu Entwicklung neuer toffe. Eine ökologische Industriepolitik oder ein New eal sieht für uns Grüne tatsächlich anders aus. Ihr Han- eln in der Chemiepolitik wäre tatsächlich wohl weitaus reffender als „no deal“ zu bezeichnen. Wir bedauern, dass im Verlaufe des europäischen esetzgebungsverfahrens von der Vorlage eines ersten ntwurfes bis hin zur gemeinsamen Position des Minister- ates für Wettbewerb am 13. Dezember 2005 der Verord- ungsentwurf immer weiter zugunsten kurzfristiger wirt- chaftlicher Ziele abgeschwächt wurde. Es ist derzeit ffen, ob das erklärte Ziel von REACH, den Umwelt- nd Gesundheitsschutz zu verbessern, überhaupt noch rreicht werden kann. Nach derzeitigem Verhand- ungstand auf europäischer Ebene bedeutet es vor allem ber eines: Eine verpasste wirtschaftliche Chance. Wir fordern die Bundesregierung deshalb auf, die och bestehenden Spielräume auszuschöpfen, um noch u einer Verbesserung des Umwelt- und Verbraucher- chutzes in der REACH-Verordnung zu kommen. Herr inister Gabriel, lassen Sie ihren Ankündigungen zur kologischen Industriepolitik nun Taten folgen und grei- en sie unter anderem den Vorschlag des Europäischen arlamentes zur Stärkung der allgemeinen Sorgfalts- flicht auf. Setzen sie sich dafür ein, dass Hersteller, Im- orteure und nachgeschaltete Anwender sicherstellen üssen, dass ihre Substanzen der Umwelt und der 6292 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 (A) ) (B) ) menschlichen Gesundheit nicht schaden und sich zu ent- sprechenden Maßnahmen verpflichten. Zu unseren zentralen Forderungen an die Bundesre- gierung gehört vor allem aber auch, den Substitutionsan- reiz für Unternehmen zu stärken, indem eine Zulassung gefährlicher Chemikalien nur befristet erteilt wird. Auch muss der verpflichtende Ersatz gefährlicher Stoffe vor- geschrieben werden. Gefährliche Stoffe dürfen zukünftig nur dann zugelassen werden, wenn es tatsächlich keine sicheren Alternativen gibt, ihr Nutzen das Risiko nach- weislich überwiegt und die Risiken beherrschbar sind. Wenn die Märkte der Zukunft tatsächlich grün sind, wie Sie, Herr Minister Gabriel, es in Ihrem Memoran- dum für „Ökologische Industriepolitik“ erwarten, dann müssen Sie auch wirksame Anreize für ökologische In- novationen schaffen. Das gilt in ganz besonderem Maße für die Chemieindustrie. Denn die von Ihnen, Herr Mi- nister Gabriel, eingeforderte Notwendigkeit einer dritten industriellen Revolution wird nicht vom Himmel fallen. Deshalb fordern wir Sie auf: Unterstützen Sie unseren Antrag und schaffen Sie auch in der Chemieindustrie wirksame Anreize für echte ökologische Innovation. Anlage 14 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts zu dem Antrag: Bundesweiter Ab- schiebestopp für Flüchtlinge aus Togo (Tages- ordnungspunkt 24) Reinhard Grindel (CDU/CSU): Der Antrag der Fraktion Die Linke für einen Abschiebestopp von Flüchtlingen aus Togo reiht sich ein in eine Vielzahl von Versuchen, mit denen auf unterschiedlichste Art und Weise erreicht werden soll, eine vernünftige Steuerung der Zuwanderung zu unterlaufen und die konsequente Rückführung ausreisepflichtiger Ausländer zu verhindern. Sie wollen die Rückführung von Personen verhindern, deren Asylverfahren rechtskräftig abgelehnt wurde und die jetzt zum Teil nicht unerhebliche Sozialleistungen in Anspruch nehmen. Sie wollen die Rückführung von Per- sonen verhindern, die zum Teil schwarz arbeiten und die – auch solche Fälle sind darunter und sollen zuförderst abgeschoben werden – nicht unerhebliche Straftaten in Deutschland verübt haben. Um es zusammenzufassen: Ihr Antrag ist völlig unverantwortlich! Sie sprechen in Ihrem Antrag davon, in Togo herrsche ein Klima des Terrors und der Angst und es seien dem- entsprechend abschieberelevante Schlussfolgerungen zu ziehen. Sie erwähnen in Ihrem Antrag auch die aktuelle Stellungnahme des UNHCR, des Hohen Flüchtlings- kommissars der Vereinten Nationen, vom 7. August 2006. Sie unterschlagen aber, was er dort festgestellt hat und was ihrem Antrag diametral widerspricht. Die Sicherheitslage hat sich gegenüber der Einschät- zung von 2005 nämlich entscheidend verbessert. Die Situation in Togo habe sich stabilisiert, heißt es in der Stellungnahme des UNHCR. Basierend auf verläss- l r B o l s a c d § e a s a ß A s e e d E z i a w o T g s i z A p n l w V F T g d d a V g e w e d k w K W d S l (C (D ichen Quellen sei derzeit keine Bedrohung zurückkeh- ender Personen festzustellen. Ernsthafte und wahllose edrohungen für Leben, körperliche Unversehrtheit der Freiheit, die auf allgemeiner Gewalt oder öffent- icher Gewalt beruhen, fänden gegenwärtig nicht mehr tatt. Der UNHCR erhebt gegen die Rückführung von usreisepflichtigen Personen nach Togo dementspre- hend auch keine Einwände. Wie vom UNHCR angeregt, findet gleichwohl seitens es Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge nach 60 Abs. 7 des Aufenthaltsgesetzes in jedem Einzelfall ine Prüfung statt, ob dem ausreisepflichtigen Ausländer usnahmsweise nicht doch Gefahren drohen, die einen ubsidiären Schutz begründen könnten. Dabei werden uch exilpolitische Aktivitäten oder regimekritische Äu- erungen berücksichtigt. Die Prüfungen laufen in allen ußenstellen des Bundesamtes ausgesprochen gewis- enhaft und haben trotzdem in keinem einzigen Fall zu inem Abschiebeschutz geführt. Ganz im Gegenteil ist am 19. September 2006 sogar in EU-Sammelcharter erfolgreich durchgeführt worden, er mit ausreisepflichtigen Ausländern aus verschiedenen U-Ländern besetzt war und der von der EU kofinan- iert wurde. Bisher ist nicht ansatzweise bekannt, dass rgendeinem der zurückgeführten Ausländer ein Leid ngetan worden wäre. Schon alleine das zeigt die Frag- ürdigkeit Ihres Antrages: Andere EU-Mitgliedstaaten rganisieren einen Sammelcharter zur Rückführung von ogolesen, an dem wir uns dankenswerterweise beteili- en dürfen, und Sie wollen einen Abschiebestopp durch- etzen. Sie schaden den Interessen unseres Landes. Das st die zentrale Konsequenz, die man aus Ihrem Antrag iehen muss! Es gab bisher nur ein Bundesland, das sich für einen bschiebestopp entschlossen hatte, Mecklenburg-Vor- ommern. Das dürfte sich mit dem Regierungswechsel un auch erledigt haben. Ich will aber schon verdeut- ichen, dass selbst Ihre Genossen in Schwerin wussten, ie schwach Ihre Argumente waren. Mecklenburg- orpommern hatte für die Innenministerkonferenz im rühjahr 2006 das Thema „Situation in Togo“ für die agesordnung angemeldet, dann aber kurz vor der Ta- ung das Thema von sich aus wieder zurückgezogen und en Abschiebestopp auf sechs Monate befristet. Ich gehe avon aus, dass beim nächsten EU-Sammelcharter jetzt uch ausreisepflichtige Togolesen aus Mecklenburg- orpommern dabei sein werden. Ich will nochmals eines ganz klar betonen: Zu einer laubwürdigen Steuerung der Zuwanderung gehört auch ine konsequente Rückführungspolitik. Dass es sehr ohl eine erhebliche Sogwirkung haben kann, wenn ine solche Rückführungspolitik nicht konsequent urchgeführt und Illegalen Hoffnung gemacht wird, sie önnten sich trotz Ausreisepflicht sich in einem Land eiter aufhalten, kann man an der Situation vor den üsten Spaniens und Italiens eindrucksvoll beobachten. er Legalisierungskampagnen für Illegale durchführt, er darf sich nicht wundern, wenn Schlepper und chleuser darauf sofort reagieren. Dass wir einen erheb- ichen Rückgang beim Missbrauch des Asylrechts und Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 6293 (A) ) (B) ) der Zuwanderung von Illegalen in Deutschland haben, hängt auch mit unserer konsequenten Steuerung der Zu- wanderung zusammen. Und das heißt auch, dass wir Schleuserbanden keine Chance geben, den Menschen in Afrika Hoffnungen zu machen, dass sie, wenn sie Schleusern nur viele Dollars geben, auf Dauer in Deutschland bleiben. Der Kampf gegen Schleuser und Schlepper setzt neben einer Bekämpfung von Flucht- ursachen in den Heimatländern der Flüchtlinge eben auch voraus, dass sich dort herumspricht, dass es wegen einer konsequenten Zuwanderungspolitik keinen Sinn macht, sich auf einen manchmal leider eben auch lebens- bedrohlichen Weg zu machen. In diesem Zusammenhang will ich die gemeinsame deutschfranzösische Initiative für eine „zirkulierende“ Migration hervorheben. Es mögen sich dabei noch ei- nige Fragen und Verbesserungsvorschläge ergeben, aber sie ist eine glaubwürdigere Alternative als der Antrag, den die Linke hier heute zur Abstimmung stellt. Ich freue mich, dass unsere Argumentation im Aus- schuss zumindest auch die Kollegen von der FDP-Frak- tion überzeugt hat. Wir haben insofern mit einer sehr breiten Mehrheit den Antrag der Fraktion Die Linke im Innenausschuss abgelehnt. Ich darf Sie herzlich bitten, diesem Votum des Innenausschusses zu folgen. Rüdiger Veit (SPD): Niemand darf in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Frei- heit bedroht ist. So gebietet es die Genfer Flüchtlings- konvention und in Anknüpfung daran auch der seit dem 1. Januar 2005 in der umfassenden Form geltende § 60 Abs. l des Aufenthaltsgesetzes. Das sollte und wird auch hier niemand in diesem Hohen Hause bezweifeln. Nach allem, was wir aus Berichten des Auswärtigen Amtes oder auch von Nichtregierungsorganisationen – namentlich des UNHCR – wissen, hätten vor diesem Hintergrund vor einem bis eineinhalb Jahren wegen der aktuellen Lage und der menschenrechtswidrigen Über- griffe in Togo Rückführungen von Flüchtlingen dorthin nicht stattfinden sollen und dürfen. Betrachtet man indessen die aktuellen Lageberichte des Auswärtigen Amtes – zuletzt vom 23. Februar 2006 – und denjenigen des UNHCR – zuletzt vom 7. August 2006 – hat sich die politische und auch die Sicherheitslage in Togo insgesamt nachhaltig verbessert. Die Berichte geben jedenfalls keine Anhaltspunkte mehr dafür her, dass insbesondere zurückkehrende Flüchtlinge im allge- meinen mit staatlicher oder nichtstaatlicher Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, wegen ihrer Staatsangehö- rigkeit oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder aufgrund ihrer politischen Überzeugung zu rechnen hätten. Insofern bedarf es keines generellen Abschiebestopps vonseiten einzelner Bundesländer gemäß § 60 a Abs. l des Aufenthaltgesetzes für die Dauer von sechs Monaten und für die Zeit darüber hinaus keiner entsprechenden Zustimmung des Bundesministers des Inneren gemäß § 23 des Aufenthaltgesetzes. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, BAMF, prüft zudem vor jeder Abschiebung im kon- k I g i A s B d e u n Z w d E t F n r S f g G a i d r n A f z l G p n T w s u M i s a v G z e s g d s d H d (C (D reten Einzelfall eventuell bestehende Gefährdungen. nsbesondere solchen Personen wird Abschiebeschutz ewährt, bei denen eine neuerliche Verfolgung wegen hrer vormaligen politischen oder auch exilpolitischen ktivitäten nicht mit hinreichender Sicherheit ausge- chlossen werden kann. So wird uns dies vonseiten des undesamtes für Migration und Flüchtlinge versichert, essen Amtsleitung unser volles Vertrauen hat. So sieht s auch der Bundesminister des Inneren. Wir erwarten ngeachtet dessen, dass auch in aller Zukunft mit der otwendigen Sensibilität letztlich nach dem Motto „Im weifel nie“ anstehende Abschiebungen im Einzelnen eiterhin auf das Sorgfältigste geprüft werden. Aus den genannten Gründen gibt es auf Grundlage er heutigen Situation in Togo und vorbehaltlich neuerer rkenntnisse durch neue Berichte bzw. Ereignisse ak- uell jedenfalls keine Veranlassung, dem Antrag der raktion der Linken zuzustimmen. Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP): Die verschiede- en Bemühungen um eine Verbesserung der Menschen- echtslage in Togo haben – begrenzt – Früchte getragen. o wurden laut Auswärtigem Amt politische Gefangene reigelassen, Gerichtsverfahren beschleunigt, Bewe- ungs- und Meinungsfreiheit verbessert und bessere rundlagen für eine freie Presse geschaffen. Die Präsidentschaftswahlen vom 24. April 2005 waren llerdings eine Farce. Sie haben erhebliche Rückschläge m Menschenrechtsbereich mit sich gebracht. Togo hat en bereits mehrfach von der Genfer VN-Menschen- echtskommission angeforderten Folterbericht immer och nicht abgegeben. Trotz verschiedener öffentliche bsichtserklärungen von Staatspräsident und Regierung ehlen nach Einschätzung der Opposition noch über- eugende Aktionen, die eine ernsthafte Bereitschaft be- egen, das politische Leben auf eine eindeutig neue rundlage zu stellen. Die Teilhabe der wichtigsten Op- ositionsparteien am Staatsgeschehen erscheint zurzeit och ausgeschlossen. Hier obliegt es der Regierung von ogo, im Rahmen ihrer Führungsrolle ernsthaft aktiv zu erden. Ohne Frage ist die Menschenrechtslage in Togo chwierig. Allerdings geht der jüngste UNHCR-Bericht nzweideutig von einer wesentlichen Verbesserung der enschenrechtslage aus. Der Antrag der Linkspartei ist nsofern in seiner Analyse der politischen und men- chenrechtlichen Situation in Togo nicht mehr auf dem ktuellen Stand. Der UNHCR hat seine Stellungnahme om August 2005 überarbeitet und ist nunmehr auf der rundlage langwieriger Recherchen zu der Einschät- ung gelangt, dass sich die Sicherheitslage in Togo trotz inzelner verbleibender Probleme entscheidend verbes- ert hat. Auch Pro Asyl teilt diese Bewertung. Vor diesem Hintergrund bezweifelt die FDP, dass ein enereller Abschiebestopp, wie ihn die Linkspartei fordert, ie richtige Antwort ist. Wir sind allerdings der Auffas- ung, dass die Menschenrechtslage in Togo weiterhin er kritischen Aufmerksamkeit bedarf. Gerade vor dem intergrund der Verantwortung für andere Fälle muss ie Notwendigkeit eines Abschiebestopps genau geprüft 6294 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 (A) ) (B) ) werden. Für Togo besteht nach weitgehend übereinstim- mender Auffassung kein derartig allgemeines Schutzbe- dürfnis mehr. Natürlich müssen wir leider davon aus- gehen, dass es politische Verfolgung in Togo auch heute noch gibt. Aber dafür besteht nach wie vor das Recht für politisch Verfolgte, in Deutschland einen Asylantrag zu stellen. Der generelle Abschiebestopp ist ein politisches Instrument im Falle einer akuten Entwicklung, die rasches Handeln erfordert. Dieses Instrument darf nicht inflationär verwendet werden. Dauerhafte Probleme mit der Menschenrechtslage in einem bestimmten Land kön- nen damit nicht gelöst werden. Dazu ist das Asylrecht das richtige Instrument. Die FDP lehnt daher den Antrag der Linkspartei ab. Sevim Dagdelen (DIE LINKE): In einer Nacht- und Nebelaktion Anfang diesen Jahres wurde der togoische Flüchtling Alassane Moussbauo aus Deutschland abge- schoben. Sofort nach seiner Ankunft musste er untertau- chen, weil das Militär dem Oppositionellen drohte, ihn zu „eliminieren“. Sein Fall war Anlass für den Abschie- bestopp des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Wäh- rend der Abschiebestopp vor wenigen Wochen ausgelau- fen ist, befindet sich Alassane Moussbauo immer noch auf der Flucht. Über 700 Flüchtlinge könnten sein Schicksal bald teilen. Sie könnten wieder in ein Land abgeschoben werden, in dem ihnen konkret Gefahr für Leib, Leben und Freiheit droht Ein Abschiebestopp in einem Bundesland wie Mecklenburg-Vorpommern macht Sinn, wenn Abschiebungen nicht bundesweit aus- gesetzt werden. Deshalb hat Die Linke diesen Antrag ge- stellt und fordert die Bundesregierung auf, die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für togoische Flüchtlinge nach § 23 AufenthG zu ermöglichen und sich gegenüber den Bundesländern für einen Abschiebestopp nach § 60 a Abs. l AufenthG einzusetzen. Bisher windet sich die Bundesregierung immer mit dem Verweis auf die Einzelfallprüfung aus ihrer Verant- wortung. Aber auch eine Einzelfallprüfung kann eine Gefährdung von abgeschobenen Flüchtlingen nicht ein- deutig ausschließen. Zu willkürlich und zu unberechen- bar verfolgt das togolesische Regime die Opposition. In der Vergangenheit waren von Verfolgung nicht nur deren ranghohe Vertreter betroffen, sondern auch einfache Op- positionsmitglieder. Selbst der bloße Verdacht einer Mit- gliedschaft reichte aus, um in den Zugriff des Regimes zu gelangen. Außerdem beobachtet das Regime genau die exilpolitischen Tätigkeiten von togolesischen Flücht- lingen in Deutschland. Die Menschenrechtssituation hat sich seit den Aus- schreitungen im Frühjahr 2005 nicht wesentlich verbes- sert. In der Diskussion im Innenausschuss hat Herr Grindel dies bestritten und auf den aktuellen Bericht des UNHCR vom 7. August 2006 verwiesen. Im Gegensatz zu ihm habe ich diesen Bericht jedoch genau gelesen. Es kann sein, dass sich die großen Führer der Opposition gegenwärtig in Lomée sicher fühlen. Das sagt aber nichts darüber aus, ob sich die Situation von einfachen Oppositionellen außerhalb der Hauptstadt verbessert hat. Im Gegenteil: Der UNHCR stellt an keiner Stelle ein E p U d D v S T r n D ü h E D s w t h z m v u I V s z R z M g j c d f i l m G i ß s w F s a r d g g o ti s K (C (D nde der nächtlichen Entführungen und Morde von Op- ositionsmitgliedern fest. Stattdessen wiederholt der NHCR seine Aussage vom Sommer 2005, dass sich ie Struktur und Rolle der Armee – die Herrschaft des iktators Gnassingbé militärisch abzusichern – nicht erändert habe. Strukturelle Reformen des politischen ystems sind bisher ausgeblieben. Wer vor diesem Hintergrund behauptet, die Lage in ogo habe sich entspannt, stellt ein durch Einschüchte- ung und polizeiliche Willkür und Verfolgung entstande- es Klima der Angst als innenpolitischen Frieden dar. ie Diktatur Gnassingbés ist lediglich sensibler gegen- ber der internationalen Öffentlichkeit geworden. Immer- in hat die EU dem Regime in Lomée circa 55 Millionen uro in Aussicht gestellt, wenn diese einen nationalen ialog mit der Opposition beginnt. Demokratische Fort- chritte hat dieser Dialog bis heute nicht gebracht. Flüchtlingen, die exilpolitisch in Deutschland tätig aren und abgeschoben werden sollen, sind jedoch wei- erhin einer beträchtlichen Bedrohung ausgesetzt. Das at die fatale Abschiebung von Alassane Moussbauo ge- eigt. Wie viele untergetauchte, gefolterte oder sogar er- ordete Flüchtlinge sind nötig, damit eine Gefährdung on abgeschobenen Flüchtlingen vom Auswärtigen Amt nd verantwortlichen Politikern wahrgenommen wird? ch möchte an dieser Stelle auf ein Urteil des Freiburger erwaltungsgericht im März dieses Jahres hinweisen: Es tellte fest, dass es im Asylrecht keiner Lebendversuche ulasten von Flüchtlingen braucht, um die systematische epression von abgeschobenen Flüchtlingen beweisen u können. Wenn die konkrete Gefahr für Leib und Leben von itgliedern der Opposition bzw. denjenigen, die dafür ehalten werden, nicht ausgeschlossen werden kann, ist ede Abschiebung von Flüchtlingen nach Togo ein sol- her „Lebendversuch“! Die CDU/CSU-Fraktion hat im Innenausschuss je- och deutlich gemacht, dass sie an einer Klärung der Ge- ährdung für abgeschobene Flüchtlinge nicht interessiert st. Vom Primat abzuschieben, egal was mit den Flücht- ingen passiert, will die Union nicht abrücken. Das acht der Vorschlag des bayerischen Innenministers ünther Beckstein in der aktuellen Bleiberechtsdebatte, rakische Flüchtlinge von dieser Regelung auszuschlie- en und konsequent abzuschieben, nochmals deutlich. Wenn doch aber widersprüchliche Aussagen zur Men- chenrechtssituation in Togo vorliegen, dann müssen Sie enigstens bereit sein, auf Grundlage einer aktualisierten assung des Lageberichts des Auswärtigen Amtes zu ent- cheiden. Wir müssen vom Auswärtigen Amt fordern, die ktuelle Situation zu prüfen und den Lagebericht zu kor- igieren. Der Berichterstatter der SPD hat richtigerweise ie Aussagen des Freiburger Verwaltungsgerichts ernst enommen und eine weitere Klärung des Sachverhalts efordert. Leider hat die SPD sich dann ihrem Koaliti- nspartner gebeugt und den Antrag der Bundestagsfrak- on Die Linke im Innenausschuss abgelehnt. Ich finde es kandalös, dass das Recht auf Schutz vor Verfolgung dem oalitionszwang geopfert wird. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 6295 (A) ) (B) ) Bevor Alassane Moussbauo zwangsweise abgescho- ben wurde, hatte es etliche Warnungen und Hinweise zu seiner Gefährdung gegeben. Erst nach langen Protesten vor allen von Flüchtlingsgruppen war die SPD in Meck- lenburg-Vorpommern bereit, die Menschenrechtssitua- tion in Togo realistisch einzuschätzen und Abschiebun- gen auszusetzen. Ich halte die Bedrohung für Flüchtlinge aus Togo weiterhin für sehr hoch. Stellungnahmen von Menschenrechts- und Flüchtlingsorganisationen zeigen dies und unser Antrag stützt sich darauf. Abschiebungen von Menschen, die vom Regime in Togo für Oppositio- nelle gehalten werden könnten, sind unverantwortlich. „Lebendversuche“ lehnt die Linke ab. Deswegen fordern wir die Bundesregierung auf, alles zu tun, um einen bun- desweiten Abschiebestopp durchzusetzen. Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die instabile Menschenrechtslage auch im Jahr nach den Präsidentschaftswahlen in Togo muss sich in der Zahl der Anerkennung von Asylgesuchen von Togoern durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nieder- schlagen. Ein Abschiebestopp, ob nun bundesweit oder für ein halbes Jahr von einem einzelnen Bundesland ver- hängt, kann immer nur der letzte „Strohhalm“ sein, um Flüchtlingen einen Aufschub der Abschiebung zu ge- währen, weil ihnen allgemeine Gefahren für Leib und Leiben drohen. Seit mehr als drei Jahrzehnten leidet die togoische Bevölkerung darunter, dass es kein rechtsstaatliches Sys- tem in Togo gibt. Die Sicherheitskräfte können sich ge- setzeswidrig verhalten, ohne eine Ahndung durch staatli- che Stellen befürchten zu müssen und ohne für Übergriffe zur Rechenschaft gezogen zu werden. Diese völlige Straflosigkeit prägt auch im Jahr 2006 noch die Situation im Lande. Eigentlich müsste dies alles zur Asylanerkennung bzw. zur Zuerkennung von Abschie- bungshindernissen durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge für in Deutschland asylsuchende Togoer führen. Das Gegenteil ist der Fall. Innerhalb von vier Jahren wurden gerade einmal 159 Togoer vom Bundes- amt als Flüchtlinge anerkannt. Nach Berichten von UNHCR und anderen Menschen- rechtsorganisationen ist es in Togo seit dem Tod des Prä- sidenten Gnassingbé Eyadéma und dem sich daran an- schließenden Staatsstreich seines Sohnes Faure Gnassingbé im Februar 2005 zu gravierenden und syste- matischen Menschenrechtsverletzungen gekommen. In den Wochen und Monaten vor und nach der Präsident- schaftswahl vom 24. April 2005 war ein extremer An- stieg exzessiver Gewaltanwendung durch Sicherheits- kräfte und bewaffnete Banden zu verzeichnen; vergleichbare Gewaltausbrüche hat es in Togo in den letzten Jahren nicht gegeben. Auch nach der offiziellen Bekanntgabe der Wahlergebnisse durch das Verfassungs- gericht hielten die Repressionen gegen die Bevölkerung an. Zahlreiche Personen wurden durch Schüsse und Schläge getötet oder verletzt. Oppositionelle und mut- maßliche Oppositionelle wurden inhaftiert und gefoltert. Der Regierung nahe stehende Milizen drangen wahllos in Häuser ein, die Bewohner wurden geschlagen und be- raubt und die Häuser verwüstet. T U A s s z h 4 G i d l g r L h s g l s i v i u l E A b d b d A d H H W H d a D t t d Q V f a w d (C (D Seither hat sich die allgemeine Sicherheitslage in ogo zwar etwas beruhigt: dies beschreibt auch der NHCR in seinem jüngsten Bericht vom August 2006. ngriffe von Milizen während und nach den Präsident- chaftswahlen hatten zur Folge, dass mehrere zehntau- end Menschen aus ihrer Heimat vertrieben wurden und um Teil ins Ausland flüchten mussten. Nach Angaben umanitärer Hilfsorganisationen hatten bis August 0 000 Menschen in den Nachbarländern Benin und hana Zuflucht gesucht. Ende 2005 befanden sich noch mmer mehrere tausend Flüchtlinge in den Nachbarlän- ern Togos, Zahlreiche Ausländer haben das Land ver- assen. Immer wieder gibt es Berichte von Übergriffen egen Personen, die aus Benin und Ghana nach Togo zu- ückgekehrt sind. Auf der Grundlage einer veränderten agebeurteilung, wonach sich insbesondere die Sicher- eitslage gegenüber dem Sommer 2005 verbessert habe, pricht sich UNHCR aktuell nicht mehr grundsätzlich egen Rückführungen nach Togo aus. Gemeint sind al- erdings überwiegend die togoischen Flüchtlinge, die ich in die Nachbarstaaten gerettet hatten. Keineswegs ntendiert ist mit dem UNHCR-Bericht die Abschiebung on abgelehnten togoischen Asylbewerbern aus Europa n großem Stil. Denn mit einer Stabilisierung der Lage nd einer Beendigung der massiven Menschenrechtsver- etzungen ist in unmittelbarer Zukunft nicht zu rechnen. benso wenig ist damit zu rechnen, dass es schnell zur usbildung rechtsstaatlicher Strukturen kommt. Daher leiben wir dabei, dass sich an der Entscheidungspraxis es Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge im Hin- lick auf togoische Asylbewerber grundlegend etwas än- ern muss. nlage 15 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmer-Entsendegesetz (Tagesordnungspunkt 27) Gitta Connemann (CDU/CSU): „Handwerk hat gol- enen Boden“, so sagt der Volksmund. Golden ist am andwerk ohne Frage die Qualität seiner Arbeit. Die erkunftsbezeichnung „Made in Germany“ steht in der elt für Prädikatsleistung, zu Recht. Denn in unseren andwerksbetrieben werden die denkbar besten Pro- ukte und Dienstleistungen erzeugt, von hervorragend usgebildeten Betriebsinhabern und deren Mitarbeitern. ie Nachfrage nach diesen qualitativ hochwertigen Leis- ungen ist vorhanden. Der Volksmund irrt jedoch, soweit es um die Vergü- ung dieser handwerklichen Leistungen geht. Golden ist ieser Boden schon lange nicht mehr immer. Ertrag und ualität stehen nicht mehr stets in einem ausgeglichenen erhältnis. Das Handwerk ist geprägt durch seine Vielfalt: Viel- alt an Fertigkeiten, Vielfalt an Qualifikationen, aber uch einer Vielfalt an Herausforderungen. Die hand- erkliche Expertise muss sich insbesondere gegenüber en Anforderungen des innereuropäischen und interna- 6296 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 (A) ) (B) ) tionalen Wettbewerbs behaupten. Und dies ist nicht im- mer leicht bei einer Unternehmensphilosophie, die wir in den mittelständischen Handwerksbetrieben antreffen, ei- ner Philosophie, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt, den Kunden und insbesondere die Mitarbeiter. Ein Handwerker, der heute erfolgreich sein will, wird eben nicht mehr nur an seiner fachlichen Qualität gemes- sen. Vielmehr muss er sein Denken und Handeln dem in einem stetigen Wandel begriffenen Markt anpassen. Dies bedeutet eine große Herausforderung an die Unterneh- mensführung des Betriebsinhabers. Er muss den Markt aufmerksam beobachten, Veränderungen rechtzeitig er- kennen und sein Unternehmen entsprechend umstruktu- rieren. Er muss aktiv auf seine Kunden zugehen und neue Märkte erschließen. Dies sind keine Neuigkeiten. Es verdeutlicht allein unsere Verpflichtung, für diese Handwerker Rahmenbedingungen zu schaffen, mit de- nen diese der Vielfalt der Herausforderung genügen kön- nen. Die Vielfalt des Handwerks verpflichtet zur genauen Betrachtung der einzelnen Branchen. Die Anforderun- gen, Steuerungsbedürfnisse und Wettbewerbsbedingun- gen der einzelnen Sparten unterscheiden sich massiv. Was der einen Branche gut tut, bringt die andere in Ge- fahr. Dies gilt auch für die Ausweitung des Arbeitneh- mer-Entsendegesetzes. Das Arbeitnehmer-Entsendegesetz wurde für die Be- triebe der Bauwirtschaft und der Seeschifffahrtsassistenz in Kraft gesetzt. Das zuständige Ministerium kann da- nach auf Antrag einer Tarifvertragspartei durch Rechts- verordnung einen Tarifvertrag auf alle inländischen nicht-tarifgebundenen und aus dem Ausland entsandten Arbeitnehmer erstrecken. Es wird kein Tarifausschuss zu der Entscheidung gehört und es gibt keinerlei materielle Voraussetzungen für den Erlass. Es war eine kluge Entscheidung zum Schutz der in diesen Branchen beschäftigten Arbeitnehmer. Denn im Ausland ansässige Arbeitgeber in diesen Branchen sind dadurch verpflichtet, den entsandten Arbeitnehmer nach in Deutschland geltenden Bedingungen zu beschäftigen. Diese gesetzliche Regelung hat sich als ein Instrument gegen das Lohn- und Sozialdumping von ausländischen Anbietern in der Baubranche erwiesen. Die Erfahrungen aus der Baubranche zeigen jedoch auch, dass die Ausweitung des Arbeitnehmer-Entsende- gesetzes kein Allheilmittel ist. Die Absicht, Lohndum- ping zu unterbinden, hat nicht zur abschließenden Siche- rung bestehender Arbeitsplätze geführt. Die Zahl der Beschäftigten im Bauhauptgewerbe ohne -nebengewerbe ist kontinuierlich zurückgegangen: Von 1996 bis 2002 ist ein Drittel der ursprünglich etwa 1,3 Millionen Arbeitsplätze weggefallen. Der Anteil ausländischer Entsendearbeitnehmer von gut 16 Prozent ist in diesem Zeitraum gleich geblieben. Während die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in West- und Ostdeutschland jeweils um 1,0 Prozent zuge- nommen hat, erlitt die Baubranche einen Beschäfti- gungsverlust von 0,2 Prozent. So waren in 2003 im Jahresdurchschnitt 683 163 Arbeitnehmer in der Bau- w J s i K a n B s a g B d E B d H n n d d s G r B A d D m f s I e g n v D l i n G t m z A g b w r G d r (C (D irtschaft beschäftigt. Im Jahr 2004 verringerte sich die ahresdurchschnittszahl auf 634 930, im Jahr 2005 fiel ie auf 572 655. Ein Kernelement des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes st der Kontrollmechanismus. Nur durch beständige ontrollen kann die Zielsetzung des Entsendegesetzes uch realisiert werden. Eine Ausweitung darf daher kei- esfalls zulasten der Effizienz von Kontrollen in der aubranche führen. Sollten die Kontrollen rückgängig ein, besteht die Gefahr, dass ein Anstieg von Schwarz- rbeit mit der Bekämpfung des Lohndumpings einher- eht. Wir wissen um die kriminellen Energien Einzelner. edauerlicherweise sind diese Energien eine Variable, ie es zu berücksichtigen gilt. Eine Negierung dieser nergien wäre fatal für die heimischen Betriebe. Illegale eschäftigungen, Scheinselbstständigkeiten und Lohn- umping müssen weiterhin bekämpft werden. Das andwerk selbst fordert dazu auf, den Kontrollmecha- ismus zu bewahren. Diese Forderung muss ernst ge- ommen werden. Unter Kenntnis dieser Fakten debattieren wir heute ie Ausweitung des Entsendegesetzes auf die Branche er Gebäudereiniger. Das Arbeitnehmer-Entsendegesetz oll laut der Gesetzesvorlage der Bundesregierung auf rundlage der EU-Entsenderichtlinie auf das Gebäude- einigerhandwerk ausgeweitet werden. Damit soll eine enachteiligung der entsandten Arbeitnehmerinnen und rbeitnehmer vermieden und zugleich verhindert wer- en, dass durch unfairen Wettbewerb insbesondere die in eutschland ansässigen kleinen und mittleren Unterneh- en sowie die bei ihnen bestehenden Arbeitsplätze ge- ährdet werden. Mit der Aufnahme in das Arbeitnehmer-Entsendege- etz würde das Gebäudereinigerhandwerk Zugang zum nstrument der Mindestlohn-Verordnung erhalten. Dies ntspricht einem zentralen Anliegen der Branche. Denn das Gebäudereinigerhandwerk ist ähnlich auf- estellt wie die Baubranche. Auch hier sind die Arbeit- ehmer an wechselnden Einsatzorten tätig, woraus ein erstärktes Schutzbedürfnis der Mitarbeiter resultiert. as Gebäudereinigerhandwerk ist wie das Baugewerbe ohnkostenintensiv und steht damit in besonderer Weise m Wettbewerb mit Anbietern aus Ländern mit deutlich iedrigerem Lohnniveau. Darüber hinaus gilt bei den ebäudereinigern bereit ein bundesweiter Lohntarifver- rag mit einheitlichen Strukturen. Die Vergleichbarkeit it dem Baugewerbe ist offensichtlich. Daneben besteht wischen den Tarifvertragsparteien Einigkeit über die ufnahme der Branche in das Arbeitnehmer-Entsende- esetz und über die Durchsetzung der dort vorgeschrie- enen Arbeitsbedingungen. Denn die Beschäftigten des Gebäudereinigerhand- erks müssen vor der unfairen Konkurrenz mit unterta- iflich entlohnten Arbeitnehmern geschützt werden. Der rundsatz der Gleichbehandlung muss zwingend für iese 850 000 Beschäftigten gelten. Das Gebäudereinigerhandwerk hat selbst die Forde- ungen formuliert „unter das Arbeitnehmerentsende- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 6297 (A) ) (B) ) gesetz zu fallen“, UDH, 18. Juli 2006. Das Gebäu- dereinigerhandwerk erfüllt die tarifrechtlichen Voraussetzungen. Als eine Reform im Arbeitsrecht ist die Erweiterung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD vorgesehen. Der Vorlage der Bundesregierung ist daher zuzustim- men. Die Erweiterung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes wird zur Stärkung des Gebäudereinigerhandwerks im in- nereuropäischen Wettbewerb beitragen. Das Handwerk erwartet faire Wettbewerbsbedingungen – insbesondere für den Mittelstand. Dabei muss eines klar sein: Bauge- werbe und Gebäudereiniger bilden nicht zwingend ein Vorbild für andere Branchen. Insoweit führe ich vor allem ordnungspolitische Be- denken an. Wir müssen uns vor der Illusion hüten, dass die staatliche Festlegung von Mindestlöhnen ein Allheil- mittel ist. Die Wirkungen des Entsendegesetzes dürfen nicht überschätzt werden. Die Zahlen sprechen für sich. Die Erstreckung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes auf die Baubranche hat nicht zu einem Stoß des Abbaus von sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhält- nissen geführt, sondern diesen allenfalls verlangsamt. Durch seine Ausweitung werden die allgemeinen Wettbewerbsbedingungen nicht verbessert. Dies muss aber unser Ziel sein: ein nachhaltiger Fortschritt für die Wettbewerbssituation von Handwerksbetrieben. Die Er- weiterung soll lediglich gleiche Lohn- und Arbeitsbedin- gungen für in- und ausländische Anbieter herstellen. Ob dieser Weg für eine Branche sinnvoll ist, muss einzeln geprüft werden. Für die Gebäudereinigerbranche hat es sich als sinnvoll erwiesen. Es geht uns darum, Beschäftigungsrisiken zu min- dern. Ob ein ausländischer Arbeitnehmer zu den niedri- gen Löhnen seines Heimatlandes ein Gut in Deutschland produziert, oder ob er es im Heimatland herstellt und es nach Deutschland exportiert, erzielt im Hinblick auf die Beschäftigungsrisiken das gleiche Ergebnis. Es zeigt sich, dass die Ausweitung des Entsendegeset- zes mit Bedacht umgesetzt werden muss. Denn eine Ausweitung per se auf alle Branchen führt ausschließlich zur Abschottung der kartellierten Lohnsetzung am Ar- beitsmarkt gegen die Konkurrenz von Außen. Dies muss durch eine verantwortliche Erweiterung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes verhindert werden. Das Handwerk bildet mit seinen kleinen und mittleren Betrieben ohne Zweifel den Kern der deutschen Wirt- schaft. Handwerk ist und war immer einem stetigen Wandel ausgesetzt. Gleichzeitig wahrt es traditionelle Fertigkeiten auf höchstem Niveau. Etwa 4,8 Millionen Menschen sind im Handwerk tä- tig. Für diese Menschen sind vernünftige und prakti- kable Rahmenbedingungen unerlässlich. Unternehmer im Handwerk gehen einer hohen moralischen Verpflich- tung nach. Der Betrieb stellt den Menschen in den Mittelpunkt. Diese moralische Verpflichtung darf nicht zum Wettbe- werbsnachteil mutieren. Dies gilt es zu verhindern. Und d r e i e n p r E N a a b ti n E d A z g H f 2 s H g v b a v n n s z g I c r s l f z r (C (D er heute debattierte Gesetzesentwurf der Bundesregie- ung liefert insoweit für das Gebäudereinigerhandwerk inen klugen Beitrag. Wir sollten diesem Antrag deshalb nach Überweisung n die Ausschüsse dem Grunde nach zustimmen. Anette Kramme (SPD): Gestatten Sie mir eingangs in Zitat: „Ohne Aufnahme in das Entsendegesetz ist ach gemeinsamer Einschätzung der Tarifvertrags- arteien in Kürze damit zu rechnen, dass das Gebäude- einigerhandwerk als ‚Musterbeispiel‘ für den breiten insatz osteuropäischer Billigarbeitnehmer gelten wird. ur Dank der 3 + 2 + 3-Regelung (…) konnte das zum ktuellen Zeitpunkt noch vermieden werden.“ Ich habe us einem Schreiben des Bundesinnungsverbands des Ge- äudereinigerhandwerks aus dem vergangenen Jahr zi- ert. Ich bin froh, dass wir dieser Forderung nun endlich achkommen. Bislang verpflichtet das Arbeitnehmer- ntsendegesetz nur im Ausland ansässige Arbeitgeber es Baugewerbes, ihren nach Deutschland entsandten rbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bestimmte hier wingend geltende tarifvertragliche Rahmenbedingun- en zu gewähren. Die Erfahrungen hier sind positiv. Auch seitens des auptverbandes der Deutschen Bauindustrie wurde dies estgestellt. Ohne das Entsendegesetz hätten wohl rund 50 000 deutsche Bauarbeiter ihren Job verloren. Das tellte Michael Knipper, Hauptgeschäftsführer des auptverbandes der Deutschen Bauindustrie, im vergan- enen Jahr fest. Die Arbeitgeberseite und auch der Freistaat Bayern ersuchten im Vorfeld mit ihren Forderungen die Ein- eziehung der Gebäudereiniger in das Entsendegesetz uszuhöhlen. So sollte die Möglichkeit der Allgemein- erbindlicherklärung nach dem Tarifvertragsgesetz, icht aber die spezielle Rechtsverordnungsermächtigung ach dem Entsendegesetz vorgesehen werden. Einigt ich der Tarifausschuss nicht, kommt die AGVE nicht ustande. In die Röhre schauen die Gebäudereiniger, die erade eine solche Situation künftig vermeiden wollen. ch zitiere aus einem „Zeit“-Interview mit dem Verbands- hef der Gebäudereiniger vom August diesen Jahres: Bislang musste der Tarifausschuss aus BDA und DGB unserem Tarif zustimmen. Beim Entsendege- setz kann sich der Minister jedoch über das Veto von BDA oder DGB hinwegsetzen. Die BDA fühlt sich als Kontrollinstanz für unseren Tarifabschluss. … Was geht es andere an, wenn sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer einer Branche einigen? Bayern forderte zudem eine Befristung des Ände- ungsgesetzes bis zum 31. Dezember 2009. Das wäre chon angesichts der 2009, spätestens aber 2011 aus- aufenden Übergangsfristen zur Dienstleistungsfreiheit ür die EU-Beitrittsstaaten nicht hinnehmbar gewesen. Die Ausdehnung des Arbeitnehmer-Entsendegeset- es auf die Gebäudereiniger ist ein erster Schritt in die ichtige Richtung. Ich sage aber hier und heute ganz klar, 6298 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 (A) ) (B) ) dass wir es hierbei nicht bewenden lassen dürfen. Es gibt weit mehr Branchen, die von Lohn- und Sozialdumping betroffen sind. Auch wenn es sich vielleicht die Klientel der FDP nicht vorstellen kann, es gibt Menschen, die jeden Mor- gen aufstehen, 40 oder sogar mehr Stunden pro Woche arbeiten und am Monatsende oft kaum 1 000 Euro aufs Konto bekommen. Nehmen wir das Sicherheitsgewerbe, wo es zum Teil Stundenlöhne von drei Euro gibt. Oder die Friseurin in Kassel, die sich mit einem Stundenlohn von 5,30 Euro netto über Wasser halten muss. Oder die Spülhilfe, die bei einer 40-Stunden-Woche gerade ein- mal 762 Euro monatlich erhält. Erklären Sie diesen Leuten doch einmal, warum ein Josef Ackermann 11,9 Millionen Euro im Jahr verdient, zusammen mit Kapitalerträgen und weiteren Bezügen sogar 15 bis 20 Millionen Euro! Die „Geiz-ist-geil“-Mentalität hat schon längst Ein- zug gehalten auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Das sprichwörtliche Fass ohne Boden finden wir immer häu- figer. Wir brauchen eine untere Auffanglinie. Das dürfen wir nicht auf die lange Bank schieben. Schon allein weil wir in drei oder maximal in fünf Jahren die Arbeitneh- merfreizügigkeit haben werden. Auch wenn Frau Merkel verlauten ließ, es werde kei- nen flächendeckenden, einheitlichen Mindestlohn geben, ist für die SPD die Diskussion damit keinesfalls beendet und schon gleich gar nicht zu den Akten gelegt. An dieser Stelle kommt für gewöhnlich der Aufschrei von der FDP, wir würden damit Arbeitsplätze zerstören bzw. Beschäftigungsmöglichkeiten verhindern. Ich werde jedoch nicht müde, es immer wieder zu erwähnen: Die Erfahrungen in anderen Ländern belegen das Gegen- teil. In Großbritannien zum Beispiel, wo der gesetzliche Mindestlohn den Lebenshaltungskosten entsprechend angepasst und damit erheblich, nämlich um 40 Prozent, angehoben wurde, stieg trotzdem die Beschäftigungs- rate. Laut IAT, Institut Arbeit und Technik, hat sich dort die Lage von rund 1,5 Millionen Beschäftigten verbes- sert oder wurde zumindest abgesichert. Mit der Einbeziehung des Gebäudereinigerhandwerks in das Arbeitnehmer-Entsendegesetz sind wir auf einem guten Weg, um Lohn- und Sozialdumping Einhalt zu ge- bieten. Lassen Sie uns diesen Weg im Interesse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gemeinsam wei- tergehen. Dr. Heinrich L. Kolb (FDP): Das Arbeitnehmer- Entsendegesetz gilt derzeit nur für die Baubranche und die Seeschiffahrtsassistenz und soll nun auf die Branche der Gebäudereiniger ausgedehnt werden. Erst einmal auf diese Branche, muss man hier deutlich sagen, denn im Grunde ist der Gesetzentwurf von der Koalition, jeden- falls vom federführenden Ministerium, als Türöffner gedacht. Nach und nach sollen weitere Branchen folgen. D l 8 n B d l W w r e b F i m S t F j b e n t B z v u f b z B r d f s D K t r S A B t D w K b d v d v K (C (D as bedeutet faktisch die Einführung von Mindest- öhnen durch die Hintertür! Mit der Ausweitung des Gesetzes wären statt heute 00 000 Beschäftigten künftig doppelt so viele Arbeit- ehmer davon betroffen, nämlich zusätzliche 850 000 im ereich der Gebäudereiniger. Bundesminister Müntefering macht kein Geheimnis araus, dass er die Einführung von tariflichen Mindest- öhnen in allen Branchen für „das Optimale“ hält – „Die elt“ vom 24. August 2006. Weiter sagt er, es wäre gut, enn man dies für möglichst viele Branchen organisie- en könnte. Es gebe „Dutzende und Hunderte“, die in iner vergleichbaren Situation wie die rund 850 000 Ge- äudereiniger seien. „Da muss man jetzt versuchen, das eld Zug um Zug aufzurollen.“ Dass es darum geht, bestätigt auch die Einbeziehung n die Verordnungsermächtigung, nach der der Bundes- inister für Arbeit und Soziales ohne Einvernehmen der ozialpartner auf Antrag nur einer Tarifvertragspartei arifliche Regelungen auf Außenseiter erstrecken kann. ür die Einbeziehung des Gebäudereinigerhandwerks edenfalls brauchen sie diese Regelung nicht, da es hier ereits einen allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag rgibt. Im Übrigen ginge eine Anwendung der Verord- ungsermächtigung auch über die Aussagen im Koali- ionsvertrag hinaus, nach dem die Einbeziehung weiterer ranchen in das Entsendegesetz nur erfolgen soll, wenn uvor der Tarifvertrag nach den Regeln des Tarif- ertragsgesetzes für allgemeinverbindlich erklärt wurde. Es ist also nur ein erster Schritt. Weitere werden folgen, m eine Branche nach der anderen einzubeziehen, ob reiwillig oder unfreiwillig. Der unterste tariflich verein- arte Lohn wird so über das Entsendegesetz faktisch um Mindestlohn aller Beschäftigten der jeweiligen ranche erklärt. Allen wissenschaftlichen Forderungen nach einer De- egulierung des Arbeitsmarktes zum Trotz beschreitet ie große Koalition mit diesem Gesetzentwurf den alschen Weg in Richtung zusätzlicher Regulierung. Damit etzt die große Koalition den fatalen Weg staatlichen irigismus der letzten Bundesregierung fort. Erneut – wie schon zuvor etwa beim Thema ündigungsschutz – gibt die Union den Ritter von der raurigen Gestalt. Ich zitiere aus dem CDU/CSU-Regie- ungsprogramm 2005 bis 2009 vom 11. Juli 2005: Auf eite 18 steht dort klar und unmissverständlich: „Die usweitung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes auf alle ranchen und gesetzlichen Mindestlöhne über die Hin- ertür können einen Missbrauch der europäischen ienstleistungsfreiheit nicht verhindern. Deshalb setzen ir auf schnelle, wirksame und grenzüberschreitende ontrollen und werden zur Bekämpfung des Miss- rauchs der Niederlassungsfreiheit die Zusammenarbeit er zuständigen Stellen, Ordnungsämter und Kammern erbessern.“ Nun weiß natürlich jeder, dass die 180-Grad-Wendung er CDU/CSU – wider besseres Wissen – der Koalitions- ereinbarung mit der SPD geschuldet ist. Aber, liebe olleginnen und Kollegen von der Union, Sie können Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 6299 (A) ) (B) ) nicht beliebig den ökonomischen Sachverstand ein- oder ausschalten. Ich sehe keinen Grund, warum das, was Sie damals für richtig erkannt haben, nicht auch heute weiter richtig sein sollte. Fest steht: Dieser Gesetzentwurf ist ein Konjunktur- programm für die Schwarzarbeit. Er wird die Arbeits- losigkeit – besonders in den neuen Ländern – durch die Erhöhung der Lohnkosten für einfache Tätigkeiten ver- schärfen. Auch wenn seitens der Koalition immer betont wird, Ziel des Gesetzentwurfes sei, dass ausländische Gebäude- reinigungsfirmen, die ihre Beschäftigten vorübergehend nach Deutschland schicken, sich an deutsche Tarifver- träge halten müssten, steht doch fest: Die Ausweitung des Gesetzes zwingt nicht nur ausländische Unterneh- men dazu, deutsche Tariflöhne zu zahlen, sondern auch die nicht tarifgebundenen heimischen Betriebe. Und da- mit werden ganz konkret sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze gefährdet. Wer das nicht glauben will, der richte seinen Blick auf die bisherigen Erfahrungen mit dem Arbeitnehmer- Entsendegesetz. Dieses war von Anfang an vor allem protektionistisch motiviert und ausgerichtet auf Konser- vierung der Struktur in der Bauindustrie. Schauen wir uns nun die Entwicklung der Beschäftigung in der Bau- industrie an, so muss man feststellen: Die gut gemeinte Absicht, Lohndumping zu unterbinden, hat nicht dazu geführt, die bestehenden Arbeitsplätze durch das Entsen- degesetz zu sichern. Aufgrund des Strukturwandels und der Nachfrageschwäche ist die Zahl der Beschäftigten im Baugewerbe seit Bestehen des Entsendegesetzes konti- nuierlich und deutlich zurückgegangen. Nicht vermin- dert hat sich aber der Anteil ausländischer Entsende- arbeitnehmer. Ein positiver Trend in der Bauindustrie hat sich erst jüngst durch die leichte konjunkturelle Erho- lung eingestellt. Statt zusätzliche und schädliche Eingriffen in die Wirtschaft und in die Tarifautonomie sollte die Bundes- regierung daher besser betriebliche Bündnisse für Arbeit zulassen. Die deutsche Volkswirtschaft leidet unter über- bordender Bürokratie, hohen Steuer- und Abgabenlasten und einer hohen Regelungsdichte im Arbeitsrecht. Um von größeren und offeneren Märkten zu profitieren, braucht der Arbeitsmarkt ein höheres Maß an Flexibili- tät, als ihm bisher zugestanden wird. Wir helfen nieman- dem, wenn notwendige strukturelle Anpassungen, die im Einzelfall auch Härten mit sich bringen können, durch Protektionismus auf Kosten aller aufgeschoben werden. Im Gegenteil, wir müssen uns rechtzeitig bemühen, einen Arbeitsmarkt mit wirklichen Wiedereinstiegs- chancen auch für Geringqualifizierte zu schaffen. Jede Ausweitung des Entsendegesetzes hat im Ergebnis zur Folge, dass sich die Arbeit verteuert und weitere Arbeits- plätze ins Ausland gehen, in die Schwarzarbeit abge- drängt werden oder ganz wegfallen. Der von Ihnen ein- geschlagene Weg der Abschottung wird das grundsätzliche Problem des Lohngefälles und des Gefäl- les der Arbeitskosten in Europa nicht lösen. Im Gegen- teil. Er wird zulasten von Wachstum und Wohlstand ins- gesamt gehen. Personalabbau verhindern Sie nur, wenn A l g G b d s i t m h d E z r i g V B s e s D g z n d l g s m d a k b s M w A g t i s G A b d d w M (C (D rbeit bezahlbar bleibt. Die Einführung eines Mindest- ohnes durch Ausweitung des Arbeitnehmer-Entsende- esetzes bewirkt das Gegenteil. Werner Dreibus (DIE LINKE): Der vorliegende esetzentwurf stellt zutreffend fest, dass neben der Bau- ranche auch das Gebäudereinigerhandwerk vor Lohn- umping geschützt werden sollte. Ebenso zielt der Ge- etzentwurf darauf ab, die ungleiche Entlohnung von nländischen und nach Deutschland entsandten Beschäf- igten zu unterbinden. Beide Zielsetzungen unterstützt eine Fraktion ohne Vorbehalte. Anzufügen ist aber, dass neben dem Gebäudereiniger- andwerk auch viele andere Branchen unter Lohn- umping leiden: Sicherheit, Tourismus, Landwirtschaft, inzelhandel – in diesen und anderen Wirtschaftsbereichen ahlen viele Unternehmen Löhne, die nicht zum Leben eichen. Löhne von drei, vier, fünf Euro brutto die Stunde sind n Deutschland weit verbreitet. Aktuelle Berechnungen ehen von etwa 6 Millionen Menschen aus, die derzeit in ollzeit weniger als drei Viertel des durchschnittlichen ruttoeinkommens in Deutschland verdienen. Darunter ind mehr als drei Millionen Beschäftigte, die sich mit inem Armutslohn – weniger als der Hälfte des durch- chnittlichen Bruttoeinkommens – begnügen müssen. arüber hinaus arbeiten mehrere Millionen Menschen in eringfügigen Beschäftigungsverhältnissen und in Teil- eit zu Niedrig- und Armutslöhnen. Der SPD-Parteivorstand leitet daraus die Forderung ach Mindestlöhnen ab, die „garantieren, dass Menschen, ie Vollzeit arbeiten, von den Löhnen menschenwürdig eben können“; Positionspapier „Gerechter Lohn für ute Arbeit“. Weil das so ist, ist es vollkommen unver- tändlich, dass die SPD-Fraktion einen Gesetzentwurf it trägt, der durch seine Formulierung nahe legt, dass as Problem von Niedriglöhnen und Lohndumping vor llem bei den Gebäudereinigern auftritt. Die Position von Kanzlerin Merkel zum Mindestlohn ann ich in diesem Zusammenhang nur als ignorant ezeichnen: Wer den Mindestlohn pauschal ablehnt, der agt Millionen Menschen, die Politik wolle an ihrer isere nichts ändern und sie müssten deshalb trotz Arbeit eiter in Armut leben. Unter Punkt C führt der Gesetzentwurf selbst eine lternative zur beschränkten Ausweitung des Entsende- esetzes ein: den gesetzlichen Mindestlohn. Meine Frak- ion hat zur Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns m Oktober einen konkreten Vorschlag unterbreitet, der ich in weiten Teilen mit den Vorstellungen der DGB- ewerkschaften deckt. Wir sehen unseren Vorschlag aber auch durch die nhörung der Koalitionsarbeitsgruppe „Arbeitsmarkt“ estätigt. Der Kollege Brandner wird in der Presse mit en Worten zitiert: „Die Experten haben verdeutlicht, ass ein gesetzlicher Mindestlohn am praktikabelsten äre“, „Handelsblatt“, 6. Oktober 2006. Und Minister üntefering hat zugestanden, dass differenzierte Branchen- 6300 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 (A) ) (B) ) mindestlöhne intransparent wären und zu Abgrenzungs- problemen führen würden. Unsere Forderung lautet deshalb: Das eine tun und das andere nicht lassen. Ohne Probleme kann der Abschluss tariflicher Mindestlöhne per Entsendegesetz gefördert und zugleich eine verbindliche, allgemeingül- tige gesetzliche Untergrenze für Löhne definiert werden. Wie hoch dieses Mindesteinkommen sein muss, hat der Gesetzgeber bereits an anderer Stelle festgelegt: Es ist dasjenige Einkommen, das nicht gepfändet werden kann, also etwa 1 000 Euro netto im Monat. Bei üblicher Arbeitszeit entspricht dies in etwa einem Stundenlohn von acht Euro brutto. Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir begrüßen, dass das Arbeitnehmer-Entsendegesetz auf das Gebäudereinigerhandwerk ausgedehnt werden soll. Dies ist ein wichtiger Schritt zur Vermeidung von Lohn- dumping in dieser Branche. Denn damit werden auch im Ausland ansässige Arbeitgeber dazu verpflichtet, sich nach den hier geltenden tariflichen Bedingungen zu richten. So werden nicht nur die Arbeitnehmer und Ar- beitnehmerinnen geschützt, sondern auch hier ansässige Unternehmen, die sonst gegen die Unterbietungskonkur- renz tariflich ungebundener Unternehmen keine Chance besäßen. So gut und richtig aber dieser Umstand für sich be- trachtet auch ist: Die Koalition bleibt damit weit hinter ihren Möglichkeiten zurück. Denn Lohndumping ist kein Alleinstellungsmerkmal im Gebäudereinigerhandwerk, sondern eine zunehmend um sich greifende Erscheinung in vielen Handwerks- und Dienstleistungsbranchen. Die Durchsetzung von Mindestlöhnen – in welcher Variante auch immer – wurde vorgestern von der Kanzlerin für diese Wahlperiode ad acta gelegt. Dabei wäre die gene- relle Anwendung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes der erste notwendige und wirksame Schritt, um gegen Lohndumping und Schmutzkonkurrenz vorzugehen. So zaghaft wie jetzt von der Bundesregierung vorge- gangen wird, wirkt es so, als würde man mit einer Nagel- feile einen meterdicken Stahlblock durchtrennen wollen. Wir fordern, den Anwendungsbereich des Arbeitneh- mer-Entsendegesetzes auf alle Branchen auszuweiten. Das wäre im Sinne der zugrunde liegenden EU-Richtli- nie, vor allem würde es aber für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in zahlreichen Branchen eine greif- bare Verbesserung bringen. Würde unser Vorschlag umgesetzt, dann könnten bei Vorliegen eines bundesweit geltenden Tarifvertrages da- rin festgelegte Mindestlöhne und Urlaubsbestimmungen sowohl auf Arbeitnehmer von nicht tarifgebundenen in- ländischen Betrieben als auch auf Arbeitnehmer von ausländischen Betrieben übertragen werden. Aber dies lässt der vorliegende Gesetzentwurf durch seine Beschränkung nicht zu. Das verzagte Vorgehen der Bundesregierung führt deshalb aktuell sogar dazu, dass der im Mai 2006 von den Arbeitgebern der Zeitarbeits- branche gemeinsam mit dem Deutschen Gewerkschafts- bund abgeschlossene Tarifvertrag über Mindestarbeits- bedingungen nicht in Kraft treten kann. Fast 1 Million A w v n a A i w Z 1 t A r n d s w t e M s A f d n f v i g a I a a m b E E v W E l E l g K g d m s ü e E s s (C (D rbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Deutschland ird damit die Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen ersagt. So wäre es das Mindeste gewesen, das Arbeit- ehmer-Entsendegesetz mit dem vorliegenden Entwurf uch für die Zeitarbeitsbranche zu öffnen. Noch ist nicht aller Tage Ende, die Beratungen im usschuss stehen noch aus. Wie drängend das Problem st und wie notwendig eine größer angelegte Lösung ist, ill ich Ihnen deshalb an dieser Stelle nur anhand einer ahl verdeutlichen: Im Jahr 2004 waren in Deutschland 8,4 Prozent oder rund 3,6 Millionen Vollzeitbeschäf- igte zu Löhnen unterhalb der Niedriglohnschwelle tätig, rmut trotz Arbeit ist für viele Menschen in der Bundes- epublik Realität. Wir alle sind deswegen aufgefordert, icht nur in Debatten unserer Betroffenheit darüber Aus- ruck zu verleihen, sondern auch im Sinne dieser Men- chen für bessere Mindestarbeitsbedingungen tätig zu erden. Gerd Andres, Parl. Staatssekretär im Bundesminis- erium für Arbeit und Soziales: Die Europäische Union rmöglicht dauerhaften Frieden und Freiheit in Europa. it der Erweiterung im Osten haben sich für die deut- che Wirtschaft große Chancen eröffnet. Nicht wenige rbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland ürchten in diesem Zusammenhang aber, dass auslän- ische Billigkonkurrenz ihre Jobs bedroht. Und das gilt icht nur im Baubereich. Mit dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz besteht ein ef- ektives und flexibles Instrumentarium zur Verhinderung on Lohndumping. Bislang besteht im Wesentlichen nur m Baubereich die Möglichkeit, tarifvertraglich fest- elegte Mindestlöhne und Urlaubsbedingungen auch auf us dem Ausland entsandte Arbeitnehmer zu erstrecken. n der Baubranche werden die wesentlichen Mindest- rbeitsbedingungen über Mindestlohnverordnungen auf lle in Deutschland tätigen Arbeitnehmer erstreckt. Hier- it haben wir gute Erfahrungen gemacht. Künftig sollen diese Möglichkeiten auch für das Ge- äudereinigerhandwerk genutzt werden können. Mit der inbeziehung der Gebäudereiniger in das Arbeitnehmer- ntsendegesetz wird eine Vereinbarung des Koalitions- ertrages umgesetzt. Die Anwendung der Entsenderichtlinie war vor zwei ochen Gegenstand von Beratungen auf europäischer bene. In einer Entschließung hat das Europäische Par- ament auf die Zielsetzungen der Richtlinie hingewiesen. in Ziel der Richtlinie ist die Anwendung der im Gast- and maßgebenden Mindestlohnsätze und Arbeitsbedin- ungen auf entsandte Arbeitnehmer. Das Europäische Parlament hat zugleich wirksame ontrollen zur Einhaltung dieser Mindestarbeitsbedin- ungen für unverzichtbar erklärt. Dies setzt voraus, dass as Gastland vom entsendenden Unternehmen Doku- ente verlangen kann, um die Einhaltung der in der Ent- enderichtlinie festgelegten Beschäftigungsbedingungen berprüfen zu können. Darüber hinaus muss im Gastland ine Person zur Verfügung stehen, die als Vertreter des ntsendeunternehmens fungieren kann, um die Vor- chriften und Bedingungen der Entsenderichtlinie um- etzen zu können. Über diese Bestimmungen herrscht Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 6301 (A) ) (B) ) Konsens zwischen den Sozialpartnern auf nationaler und auf europäischer Ebene, der durch die Entschließung des Europäischen Parlaments gestützt wird. Diese vom Europäischen Parlament für erforderlich erklärten Kontrollinstrumente sind in Deutschland im Arbeitnehmer-Entsendegesetz verankert. Auf dieser Grundlage konnte die „Finanzkontrolle Schwarzarbeit“ bereits in der Vergangenheit die Einhaltung der Mindest- arbeitsbedingungen in der Baubranche überprüfen. Mit der Erstreckung des Gesetzes auf die Gebäudereiniger wird der Weg für wirksame und effektive Kontrollen auch für diese Branche eröffnet. Die Einbeziehung der Gebäudereiniger erfolgt im Gleichklang mit der bisher allein relevanten Baubranche. Die Gründe hierfür sind bereits im Gesetzentwurf der Bundesregierung niedergelegt. Sie resultieren im Wesentlichen aus der Vergleichbarkeit der Bau- und der Gebäudereinigerbranche. Lassen Sie mich hierfür einige Beispiele nennen: In beiden Branchen gibt es die für die Anwendung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes erforderliche Tarif- vertragsstruktur. Beide Branchen sind durch ständig wechselnde Einsatzorte der Arbeitnehmer und ein damit einhergehendes erhöhtes Schutzbedürfnis der Arbeitneh- mer geprägt und in beiden Branchen ist die Arbeit ausge- sprochen lohnkostenintensiv. Vor diesem Hintergrund ist es nur zu verständlich, wenn die Gebäudereiniger eine gleichberechtigte Be- handlung mit der Baubranche bei einer Einbeziehung in das Arbeitnehmer-Entsendegesetz wünscht. Dem kommt die Bundesregierung mit dem Gesetzentwurf nach. Auch der Bundesrat hat im ersten Durchgang keine Bedenken geäußert. Mit der Ausdehnung des Arbeitnehmer-Entsende- gesetzes wird die Grundlage geschaffen, dass aus dem Ausland entsandte Gebäudereiniger hier nicht zu Niedrigstlöhnen beschäftigt werden dürfen. Nur so kann den inländischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern die Angst vor ausländischer Billigkonkurrenz genom- men werden. Auf der Grundlage des Arbeitnehmer- Entsendegesetzes können in- und ausländische Arbeit- nehmer zu fairen Bedingungen beschäftigt werden. Diesen sozialen Schutz wollen die Menschen in Europa und den wollen die Menschen in Deutschland. Der Ihnen vorliegende Gesetzentwurf beinhaltet die notwendigen Regelungen. Er stellt damit einen wichtigen Beitrag für ein sozial gerechtes Europa dar. Anlage 16 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Nachhaltige Res- sourcennutzung durch Agroforstwirtschaft (Zu- satztagesordnungspunkt 7) Uda Carmen Freia Heller (CDU/CSU): Mit dem vorliegenden Antrag „Nachhaltige Ressourcennutzung durch Agroforstwirtschaft“ wird die Förderung und E o L v m v R u s H N s z L d r V a Z n B p u S E s 2 r w I B H w b s d ö v s k f s G w d D W R w u w in z u c i L (C (D tablierung von Agroforstsystemen im ökologischen der im traditionellen Landbau als alternative Form der andnutzung gefordert. Entscheidend über die Weiter- erfolgung dieser Form der Landbautechnik, die Ele- ente der Landwirtschaft mit denen der Forstwirtschaft erbindet, ist nach Ansicht der Union die praktische elevanz. Bevor diese Art der Landbewirtschaftung mgesetzt wird, sollten zunächst einmal gesicherte wis- enschaftliche Erkenntnisse darüber gewonnen werden. Grundsätzlich strebt die Union eine Ausweitung der olznutzungspotenziale an, denn in Deutschland ist die achfrage nach Holz in den vergangenen Jahren derart prunghaft angestiegen, dass jede Form des Holz- uwachses willkommen ist. Zwar ist Deutschland das and mit den größten Holzvorräten in Europa – nach en Ergebnissen der zweiten Bundeswaldinventur mit und 3,4 Milliarden Kubikmeter –, aber der Pro-Kopf- erbrauch von Holz und Holzprodukten hat seit der Ver- bschiedung der Charta für Holz deutlich zugenommen. udem stammt die aus erneuerbaren Energien gewon- ene Wärme fast zu 95 Prozent aus Biomasse. In diesem ereich dominiert ganz klar Holz. Die Anzahl der Holz- elletanlagen in Deutschland stieg allein im Jahr 2006 m 28 000 auf circa 67 000. Man kann angesichts dieser teigerungsraten von über 70 Prozent zu Recht von einem nergieholzboom sprechen. In den neuen Bundesländern ind mit einem Investitionsvolumen von mehr als 0 Millionen Euro allein in den vergangenen zehn Jah- en 15 neue Verarbeitungsstätten wie zum Beispiel Säge- erke, Holzverarbeitungs- und Zellstoffwerke entstanden. n den letzten Jahren ist zudem eine Wiederbelebung des rennholzmarktes zu verzeichnen, denn viele private aushalte steigen angesichts steigender Energiepreise ieder auf Kamin und Kachelofen um. Und wenn man edenkt, dass ein Kubikmeter Holz circa 230 Liter Heizöl ubstituiert, dann ist sehr wohl nachvollziehbar, warum ie Bundesregierung den Ausbau dieser alternativen und kologisch wertvollen Energiequelle „Holz“ vehement orantreibt. Die Bundesregierung verfolgt verschiedene For- chungprojekte zu agroforstlichen Bewirtschaftungs- onzepten auf nationaler Ebene. Bei dem Projekt „Agro- orst – neue Optionen für eine nachhaltige Landnutzung“ oll untersucht werden, ob diese Agroforstsysteme in ebieten, die von einem starken Rückgang der Land- irtschaft und dem damit verbundenen Aufforstungs- ruck betroffen sind, als Alternative infrage kommen. er regionale Schwerpunkt dieser Projekte liegt in Baden- ürttemberg und Mecklenburg-Vorpommern – also zwei egionen, die sich erheblich in ihren ökologischen so- ie land- und forstwirtschaftlichen Rahmenbedingungen nterscheiden. Das mit 1,6 Millionen Euro geforderte Projekt „Agro- ood“ soll im Rahmen dieses Verbundvorhabens klären, wieweit agroforstwirtschaftliche Bewirtschaftungskon- epte mit Laubbäumen aus ökonomischer, ökologischer nd sozialer Sicht als Alternativen zu den bislang übli- hen forstwirtschaftlichen bzw. agrarischen Nutzungen nfrage kommen. Dieses Projekt wurde 2005 mit einer aufzeit von vier Jahren aufgelegt. 6302 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 (A) ) (B) ) Außerdem wird vom BMBF unter dem Arbeitstitel „DENDROM – Zukunftsrohstoff Dendromasse“ ein Pro- jekt zu den Fragen der nachhaltigen energetischen und stofflichen Verwendung von Dendromasse aus Wald- und Feldgehölzen mit 1,7 Millionen Euro gefördert. Bei diesem Vorhaben wird davon ausgegangen, das die Nachfrage nach Dendromasse in Zukunft deutlich ansteigen wird und nur ein Teil des Bedarfs durch die Aktivierung von Holzreserven aus der Forstwirtschaft gedeckt werden kann. Dieses Vorhaben hat zum Ziel, Grundlagenwissen und konkrete Handlungskonzepte zur Lösung des Konfliktes zu erarbeiten, der sich aus dem klima- uns energiepolitisch erforderlichen Ausbau der Nutzung erneuerbarer Energien einerseits und der um- weltpolitisch erforderlichen naturnahen Waldbewirt- schaftung andererseits ergibt. Auf EU-Ebene hat das EU-Forschungsprojekt „Agroforstwirtschaft für Europa“, kurz SAFE genannt (Silvorable Agroforestry for Europe), zwischen 2001 und 2005 untersucht, wie sich verschiedene Baumarten und Ackerkulturen in Europa kombinieren lassen. Die Ergebnisse basieren im Wesentlichen auf Modellrech- nungen und werden derzeit der Öffentlichkeit präsen- tiert. Auf der Tagung zum Thema „Anbau und Nutzung von Bäumen auf landwirtschaftlichen Flächen“ am 6. und 7. November in Tharandt in Sachsen-Anhalt wurden be- reits einige Erkenntnisse vorgestellt. Leider müssen viele dieser Aussagen relativiert werden, weil die Daten in diesen Modellen auf relativ kurzen Zeitreihen beru- hen. Auch die Aussagen zur Klimarelevanz sind entspre- chend ungenau. Weiterführender Forschungsbedarf wird auch gesehen bei der Übertragung in Gebiete mit ande- ren klimatischen Bedingungen. Interessant sind die Ergebnisse einer SAFE-Umfrage bei 270 Landwirten in sieben europäischen Ländern in insgesamt 14 Regionen. Tatsächlich erwog knapp jeder zweite von ihnen die Einführung eines Agroforstsystems auf nur 20 Prozent ihrer Betriebsfläche. Durchaus posi- tiv bewertet wurde von ihnen unter anderem die recht einfache Umsetzung der Maßnahme, die Imageverbesse- rung und die sozialen Kontakte, die sich daraus ergaben. Es gab aber ein entscheidendes Argument der Bauern gegen diese Maßnahmen: Im ersten Jahr sanken die Er- träge pro Hektar, unter anderem auch deshalb, weil die Bäume natürlich erst ab einem gewissen Alter „geerntet“ werden können. Dieser finanzielle Hinderungsgrund be- wog die Mehrzahl der Landwirte, von dieser Form der Bewirtschaftung Abstand zu nehmen. Am Beispiel Frankreichs wird deutlich, welche Rolle die Subventionierung spielt. Nachdem 2001 die gesetz- lichen Regelungen für die entsprechenden Fördermaß- nahmen eingeführt wurden, entstanden 2002 immer mehr moderne Agrarforstsysteme. Übertragen auf Deutschland ist sicherlich auch zu erwarten, dass bei entsprechender Subventionierung zum Beispiel durch Mittel aus der Gemeinschaftsaufgabe „Agrarstruktur und Küstenschutz“, GAK, diese Form der Landnutzung in Deutschland eine größere Rolle spielen wird. Ich möchte festhalten: Bisher liegen für die Durch- führung von Agroforstsystemen in Deutschland noch k Z g z d e d A s g e E W G s n g f l l x B A k n E D s s W s B z u m z g z o v B F z u m B P r l S p n D P d t (C (D eine aussagekräftigen Erkenntnisse bzw. belastbaren ahlen über Erträge vor, welche die Bauern dazu bewe- en würden, auf Agroforstsysteme zu setzen. Die Ak- eptanz bei den Landwirten ist bisher sehr gering, trotz er von Forschern geschätzten Realisierung von Mehr- rträgen von maximal 30 Prozent. Der Antrag fordert konkret einen finanziellen Beitrag er Bundesregierung für Forschungsprojekte und zum usbau der Agroforstwirtschaft. Diese Subventionen ollen aus GA-Mitteln und aus ELER-Mitteln bereit- estellt werden. Ich möchte Sie an dieser Stelle daran rinnern, dass die Gelder über die 2. Säule aus der LER-Verordnung dringend gebraucht werden, um die irtschaftskraft des ländlichen Raumes zu stärken. Die A-Mittel sind längst verplant. Wenn ich mich recht ent- inne, war es Ministerin Künast von Bündnis 90/Die Grü- en, die während ihrer Amtszeit die GA-Mittel erheblich ekürzt hat. Es stellt sich in Anbetracht der begrenzten inanziellen Mittel die Frage, ob man sich in Deutsch- and überhaupt ein subventioniertes Agroforstsystem eisten kann und will. Für den Fall, dass sich aus den Versuchsprojekten pra- isrelevante Ergebnisse ziehen lassen und auf dieser asis tatsächlich erwogen wird, eine Etablierung von groforstsystemen in Deutschland umzusetzen, so önnte dies nach Auffassung der Union in Deutschland ur ohne Subventionierungen – seien es GA-Mittel oder U-Mittel – umgesetzt werden. Einige Beispiele aus eutschland zeigen, dass Agroforstsysteme auch ohne taatliche Beihilfen durchaus rentabel sein können. Ent- cheidend sind die richtigen Strategien hinsichtlich der irtschaftlichkeit und Rentabilität. Diese liegen bei- pielsweise in der Erschließung von Marktnischen – zum eispiel medizinale oder floristisch bedeutsame Pflan- en –, der Herstellung besonders hochwertiger Produkte nd der Direktvermarktung. Bei der Bewirtschaftung acht es oftmals Sinn, wenn sich Agrargemeinschaften u Verbünden zusammentun, damit beispielsweise die emeinsame Anschaffung einer Erntemaschine finan- iert wird. Die Anschaffung einer Apfelauflesemaschine der eines Haselnusssaugers muss sich lohnen. Lassen Sie mich noch auf einige weitere Punkte des orliegenden Antrages eingehen, wo die CDU/CSU- undestagsfraktion noch Gesprächsbedarf sieht. Der orderung im vorliegenden Antrag, dass im Falle von ukünftiger Zulassung gentechnisch veränderter Baum- nd Gehölzsorten deren Verwendung in Agroforstsyste- en ausgeschlossen werden solle, steht die CDU/CSU- undestagsfraktion ebenfalls kritisch gegenüber. Die osition der Union in Sachen Gentechnik ist Ihnen hin- eichend bekannt. Wir verschließen uns nicht grundsätz- ich der Gentechnik. Außerdem wollen Sie die rechtliche tellung des Pächters im Zusammenhang mit der An- flanzung von Gehölzen und der bisher damit verbunde- en Wiederherstellung des Ursprungszustandes stärken. ie Union hält gesetzliche Eingriffe in das bestehende achtrecht für problematisch. Im Ergebnis würde ich deshalb vorschlagen, dass wir iesen Antrag des Bündnisses 90/Die Grünen zur Bera- ung in die Ausschüsse überweisen. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 6303 (A) ) (B) ) Dr. Gerhard Botz (SPD): Mit den modernen Agro- forstsystemen greifen wir mit neuen Wortschöpfungen eine uralte Tradition der Flächenbewirtschaftung auf. Streuobstwiesen und Ackerraine sind wohl die bekann- testen Formen der traditionellen Agroforstnutzung. Sie gehören nicht nur ins Kulturlandschaftsbild früherer Zeiten, sondern prägen auch heute noch in einigen Regionen unsere ländlichen Räume. Die Nutzung von Gehölzen auf oder am Rande landwirtschaftlicher Fläche ist eine sinnvolle ökologische Bereicherung. Neben der Erweiterung der biologischen Vielfalt der Flora, bieten die Gehölzstrukturen Lebensraum für zahlreiche Tier- arten und leisten einen großen Beitrag zum Artenschutz. Ein wichtiger Punkt für die Landwirtschaft ist aber zum Beispiel der Beitrag dieser Verfahren zum Boden- schutz. Gehölze tragen dazu bei, Bodenerosion durch Wind und Wasser zu mindern, halten das Grundwasser im Boden und vermindern ebenfalls die Auswaschungs- gefahr von Düngemitteln in das Grundwasser, besonders in der vegetationsarmen Jahreszeit, und bilden eine Koh- lendioxidsenke. Nicht zuletzt in der aktuellen Debatte um den Klimaschutz sollte dies alles mit bedacht werden. In den zurückliegenden drei Jahrzehnten wurden Bäume nicht als ein Teil der Feldbewirtschaftung verstan- den. Die Vernichtung von unseren traditionellen Agro- forstsystemen in ganz Europa führte zu einem Verlust von Wissen bei den Landwirten, zur Vereinfachung und Stan- dardisierung von Landschaft, zu Umweltproblemen, zur Verminderung von Biodiversität und auch zum Verlust von alternativen Einkommensquellen für die Landwirte. Für unsere Landwirte ist mit Blick auf die zukünftige Agrarpolitik wichtig, dass auch die ökonomischen Fak- ten stimmen. Hier gibt es gute Ansätze und Erfahrungen zu Agroforstsystemen aus England und Frankreich, je- doch ist die Nutzung in Deutschland bisher nur vereinzelt erprobt. Es scheint sich aber abzuzeichnen, dass ein ver- ständiger Umgang und die gezielte Auswahl von Pflan- zenkombinationen aus Gehölz und Ackerkultur teilweise sogar zu ansehnlicher Ertragssteigerung gegenüber der herkömmlichen Nutzung von Agrarflächen führen kann. Hierzu – da stimme ich dem Antrag von Bündnis 90/ Die Grünen zu – fehlen uns noch fundierte Erkenntnisse. Ich halte es für sinnvoll, die Agroforstsysteme auch in die Diskussion um die derzeit angestrebten Reformpläne des Bundesministers für Landwirtschaft zur Ressortfor- schung einzubringen. Eine sinnvolle Verflechtung mit bereits bestehenden Forschungsprogrammen des Bundes- ministeriums für Bildung und Forschung, beispielsweise an der Universität Freiburg, ist hier meines Erachtens ebenfalls zu bedenken. Die derzeitigen Entwicklungen auf dem europäischen Agrarsektor, aber auch in anderen Bereichen, zeigen eine deutliche Abkehr von der Politik der grundsätz- lichen finanziellen Förderungsmöglichkeit von neuen Ver- fahren. Wir werden uns daran gewöhnen müssen, dass es so etwas gibt, man es ausprobieren sollte, auch wenn der Staat nicht die finanzielle Gießkanne darüber hält. Ebenso erachte ich die Einrichtung einer speziellen „Informations- und Koordinationsstelle Agroforstwirt- s t ö S w w I i d d w R t b b G s „ s L d a A d a p t m v d w f w f ö W tr z z H e D Z H g l L g t A (C (D chaft“ für wenig sinnvoll. Gerade für die von der Frak- ion des Bündnisses 90/Die Grünen geforderte Fach- ffentlichkeit erreiche ich mit den bereits vorhandenen trukturen das Ziel wesentlich einfacher und ohne Um- ege. Hier muss das Rad nicht neu erfunden werden, enn man auf intakte Strukturen und funktionierende nstitutionen zurückgreifen kann. Sehr vorsichtig wäre ch in diesem Zusammenhang auch mit dem Versuch, as Pachtrecht grundsätzlich zu ändern, um Landwirten erartige Wirtschaftsweisen zu erleichtern. Die grundsätzlich positiven Ansätze der Agroforst- irtschaft sind durchaus in dem Antrag zur nachhaltigen essourcennutzung durch Agroforstwirtschaft der Frak- ion des Bündnisses 90/Die Grünen zu finden, doch es leiben starke Bedenken und entsprechender Diskussions- edarf zu den oben angeführten Punkten. Aus diesem rund können wir dem Antrag in dieser Form nicht zu- timmen, empfehlen aber eine Überweisung des Antrages Nachhaltige Ressourcennutzung durch Agroforstwirt- chaft“ in den zuständigen Ausschuss für Ernährung, andwirtschaft und Verbraucherschutz. Dr. Christel Happach-Kasan (FDP): Die FDP steht em Anliegen, die Einrichtung von Agroforstsystemen uch in Deutschland zu ermöglichen, positiv gegenüber. groforstsysteme sind keine Wälder. Sie sind eine Son- erform der Ackernutzung, bei der abwechselnd mit ckerbaulich oder als Weide genutzten Flächen Gehölz- flanzen angepflanzt werden. Voraussetzung für die Einrichtung von Agroforstsys- emen ist die Änderung des Bundeswaldgesetzes. Es uss sichergestellt werden, dass die für die Errichtung on Agroforstsystemen verwendeten Flächen nicht, wie ie gegenwärtig geltenden Bestimmungen des Bundes- aldgesetzes es vorsehen, aus der agrarischen Nutzung allen. Agroforstsysteme sind besonders geeignet, um schnell achsende Holzarten zur energetischen Verwertung oder ür die Papierherstellung anzubauen. Sie bieten zahlreiche kologische Vorteile, mindern die Erosion, bieten für eidetiere Schutz bei extremen Witterungsverhältnissen, agen zur Erhöhung der Biodiversität bei. Der Papierbedarf steigt weltweit. Für die nächsten ehn Jahre wird ein Anstieg um 50 Prozent prognosti- iert. In der Papierherstellung ist insbesondere das im olz enthaltene Lignin störend, da es nur durch sehr nergieaufwendige Verfahren entfernt werden kann. aher ist es nahe liegend, dass mit gentechnischen üchtungsverfahren versucht wird, den Ligninanteil im olz zu verringern. In den USA, Neuseeland und China ibt es entsprechende Forschungen. Inzwischen gibt es auch Erfolge. In China ist es ge- ungen, Pappeln mit einem um 50 Prozent verringerten igningehalt zu züchten. Parallel dazu gibt es Züchtun- en zur Herstellung von Insektenresistenz. Es dient dem Schutz unserer multifunktional genutz- en Wälder, wenn für die Zelluloseherstellung Holz aus groforstsystemen und Plantagen zur Verfügung steht. 6304 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 (A) ) (B) ) Transgene Bäume eignen sich nur für die Plantagen- wirtschaft oder zur Anpflanzung in Agroforstsystemen. Durch die Erzeugung von Sterilität kann eine Weitergabe der für naturnahe Wälder unerwünschten genetischen Eigenschaften verhindert werden. Es gibt erheblichen weiteren Forschungsbedarf, um Methoden für die Erzie- lung einer dauerhaften Sterilität zu entwickeln. Erste Freisetzungsversuche von gentechnisch verän- derten Pappeln sind in Deutschland vom forstgeneti- schen Institut in Großhansdorf in den Jahren 1996 bis 2001 erfolgreich durchgeführt worden. Pappeln werden weltweit von Gentechnikern gern als Modellpflanze ge- nutzt, weil sie schnell wachsen und weil die gängigen gentechnischen Verfahren bei ihnen genauso gut wie bei Ackerpflanzen funktionieren. Weitere Baumarten sind Kiefer, Fichte, Birke und Eukalyptus. Die 9. UNO-Klimakonferenz hat beschlossen, dass zur Reduktion von Treibhausgasen künftig auch gen- technisch veränderte Pflanzen eingesetzt werden kön- nen. Die Nutzung von Holz aus Agroforstsystemen ver- folgt zumeist auch klimapolitische Ziele und steht damit im Einklang mit den Beschlüssen der 9. UNO-Konfe- renz. Vor dem Hintergrund der vielfältigen, oft innovativen Nutzungsmöglichkeiten von Agroforstsystemen ist der Antrag der Grünen völlig unbefriedigend. Er schließt von vornherein die Anpflanzung von gentechnisch ver- änderten Pflanzen aus, selbst wenn diese in der Gesamt- ökobilanz Vorteile gegenüber anderen Pflanzen haben. Wer so mit Scheuklappen an das spannende Thema Agroforstsysteme herangeht, als erstes besonders attrak- tive Nutzungsformen ausschließt, dem ist nur die Schaf- fung neuer Fördermöglichkeiten wichtig, nicht jedoch die Entwicklung wirtschaftlich konkurrenzfähiger und ökologisch besonders geeigneter Landnutzungsformen. Daher lehnt die FDP den Antrag ab. Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE): Wir sprechen heute über ein Thema, das eigentlich uralt und sehr tra- ditionell ist, aber in Deutschland mittlerweile weitgehend unbekannt. Hudewälder, extensiv bewirtschaftete Streu- obstwiesen und ausgedehnte Hecken sind historische Agroforstsysteme, die bewusst die Nutzung von Bäumen und Sträuchern und der landwirtschaftlichen Fläche mit- einander verbinden. Die heute bei uns bestehende deut- liche Trennung von Landwirtschaft auf der einen Seite und Forstwirtschaft auf der anderen Seite gab es nicht immer und es gibt sie auch heute nicht überall. Die Agroforstwirtschaft spielt in der aktuellen Ent- wicklungszusammenarbeit eine viel größere Rolle als bei uns. Das, was für landwirtschaftliche Probleme in anderen Ländern eine Lösung sein kann, kann doch auch für uns interessant sein und neue Chancen und Möglich- keiten erschließen. Also: Es lohnt sich, genauer hinzu- sehen. Die positiven Effekte der Agroforstwirtschaft sind im Antrag der Grünen hinreichend beschrieben: Wind- und Erosionsschutz, Förderung von Nützlingen durch zusätz- liches Lebensraumangebot, Kohlendioxidsenken, Ver- b l i d F H d H s f n s f v s G p v v m f l g d a k D E g k f w b E f t F b v m d s a s g e o E n G g w s (C (D esserung des Mikroklimas und Diversifizierung der andwirtschaftlichen Produktion – alles Effekte, die wir m Zusammenhang mit Nachhaltigkeitsaspekten und mit er Stabilisierung der biologischen Vielfalt in Wald und lur bewirken wollen. Trotzdem werden in diesem ause sicherlich einige Abneigungen bestehen. Oft gilt er am Feldrand stehende Baum immer noch eher als indernis. Mühevoll mussten zum Beispiel Ackerrand- treifen und die Anlage von Hecken oder Feldgehölzen inanziell gefördert werden. Freiwillig passierte da fast ichts! Moderne Konzepte der Agroforstwirtschaft wider- prechen nicht den heute geläufigen Techniken und Ver- ahren der landwirtschaftlichen Produktion, egal ob kon- entionell oder ökologisch produziert wird. Trotzdem toßen diese Ideen und Konzepte bislang nur auf wenig egenliebe, da sie weder in aktuelle Förderkulissen assen noch ausreichend Kenntnisse und Erfahrungen erbreitet sind, die agroforstwirtschaftliche Verfahren on sich aus in die Praxis bringen würden. Dabei liegen durchaus schon aktuelle Erfahrungen it moderner, an hiesige Verhältnisse angepasster Agro- orstwirtschaft vor. Die Erträge der jeweils angebauten andwirtschaftlichen Kulturen sind ähnlich, teilweise so- ar höher als bei herkömmlicher Produktion. Vor allem ie Wintergerste kann sehr gut in Agroforstsystemen ngebaut werden. In einer Studie der Universität Leeds onnten sogar höhere Erträge nachgewiesen werden. azu kommt noch die Nutzungsmöglichkeit der Bäume: nergie- oder Wertholz, Früchte oder Nüsse. Es gibt eine anze Reihe interessanter Projekte und Erfahrungen. So ann offensichtlich der Schafbesatz auf einer Agroforst- läche im Vergleich zu einer Wiese mehr als verdoppelt erden und trotzdem nachhaltig bleiben. Die Branden- urger Technische Universität in Cottbus hat positive rfahrungen mit Kurzumtrieb oder Pappeln in Tagebau- olgelandschaften. Möglicherweise bieten Agroforstsys- eme auch einen Lösungsansatz für die viel diskutierte lächenkonkurrenz. Besonders interessant erscheinen die Konzepte im Hin- lick auf eine nachhaltige und wirtschaftliche Nutzung on landwirtschaftlichen Grenzstandorten, die zuneh- end – bei sinkender öffentlicher Förderung – ganz aus er Produktion fallen könnten. Angesichts der wieder teigenden Nutzungsintensität durch Energieerzeugung us Biomasse und den Anbau von nachwachsenden Roh- toffen auf dem Acker ist schon jetzt der Flächenbedarf estiegen. So weit zu möglichen Potenzialen. Wo stecken die Probleme? Die Förderpolitik ist auf uropäischer Ebene der Agroforstwirtschaft gegenüber ffen – so zu finden in Art. 44 in der EU-Verordnung zur ntwicklung des ländlichen Raums, der ELER-Verord- ung. Die deutsche Spezifizierung im Rahmen der emeinschaftsaufgabe „Agrarstruktur und Küstenschutz“ ibt dagegen nicht viel her, hier muss nachgebessert erden! Des Weiteren muss das Waldgesetz geändert werden, ollen Agroforstsysteme eine Chance bekommen. Eine Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 6305 (A) ) (B) ) klare Abgrenzung von Wald- zu Agroforstflächen ist hier erforderlich. Die Definition, nach der auf einer Agroforstfläche mindestens 50 Prozent landwirtschaft- liche Kulturen stehen müssen, damit sie nicht als Wald, sondern immer noch als Acker oder Grünland gilt, könnte zum Beispiel übernommen werden. Aber es bedarf auch zusätzlicher finanzieller Mittel, um die Forschung und Erprobung solcher Agroforstwirt- schaftssysteme zu unterstützen. Zumindest eine Prüfung der Potenziale hat aus Sicht der aktuellen Diskussionen über eine sichere Versorgung aus ökologisch erzeugten, erneuerbaren Energiequellen eine neue Motivation ge- wonnen. Doch was nützt ein guter Vorschlag, wenn ihn nie- mand hört? Informationsveranstaltungen, Exkursionen und die Einrichtung einer Kommunikationsstelle würden dazu dienen, die Potenziale der Agroforstwirtschaft be- kannt zu machen. Auf einen Aspekt möcht ich zum Schluss noch kurz Ihre Aufmerksamkeit lenken. Auch beim Thema „nach- wachsende Rohstoffe in der Forstwirtschaft“ droht uns wieder eine Diskussion über die Agrogentechnik. Transgene Pappeln und Co. betrachtet Die Linke ge- nauso kritisch wie andere genetisch manipulierte Kultur- pflanzen. Es gibt andere Lösungen für unsere land- und forstwirtschaftlichen Probleme. Dieser Antrag ist ein gutes Beispiel dafür. Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Landwirtschaft in Deutschland steht an der Schwelle einer neuen Ära: Nicht allein qualitativ hochwertige Nahrungsmittel werden von ihr erwartet, sondern auch zunehmend ein Wirtschaftsgut, das die Landwirtschaft bisher eher eingekauft als produziert hat, nämlich Ener- gie. Darüber hinaus sollen Arbeitsplätze geschaffen, hohe Sozial- und Umweltstandards eingehalten und eine tourismusfreundliche Kulturlandschaft gestaltet werden. Um diesen vielen Anforderungen gerecht zu werden, muss über neue Landnutzungsformen nachgedacht wer- den. Zwangsläufig stößt man da auf das Thema Agro- forstwirtschaft. Mit unserem Antrag wollen wir die Auf- merksamkeit der Politik auf dieses Thema lenken und die erforderlichen Fördermaßnahmen auf den Weg brin- gen, damit es bei der Agroforstwirtschaft nicht bei einer schönen Idee bleibt, sondern sie breiten Einzug in die Praxis hält. Zwar gibt es inzwischen auch in Deutsch- land eine Reihe von Landwirten, die auf diesem Gebiet experimentieren. Von einem Durchbruch kann bisher aber noch keine Rede sein. Hierfür bleibt noch viel zu tun. Die EU legte bereits 2001 mit SAFE – Silvoarable Agroforestry for Europe – ein Forschungsprojekt auf, das Grundlagen zur Beurteilung der Rentabilität von Agroforstsystemen liefern sollte. Dieses im Jahr 2005 abgeschlossene Projekt hat gezeigt, dass Agroforst- systeme nicht nur aus Umweltsicht Vorteile bringen, sondern auch wirtschaftlich interessant sein können. Denn der Ertrag aus Acker- und Baumkultur zusammen- genommen kann durchaus das heute übliche hohe Er- tragsniveau erreichen oder übertreffen. B s z k n d b d n w m u n E s a e w t e d G h w s D Z g e M z c u e n z m z a i f t r E k M A o F s s s V r l z F (C (D Das Prinzip der Agroforstwirtschaft ist nicht neu. ekannte Beispiele für traditionelle Agroforstsysteme ind Streuobstwiesen und Hecken. Sie gehören seit jeher ur Kulturlandschaft. Aber in Deutschland gibt es heute aum mehr Agroforstsysteme. Moderne und gleichzeitig achhaltige Agroforstsysteme müssen so angelegt wer- en, dass nicht nur ökologische Aspekte, sondern auch etriebswirtschaftliche Erfordernisse berücksichtigt wer- en. Dazu gehört, dass der Einsatz moderner Landtech- ik ermöglicht wird. Dazu gehört auch, dass die Aus- ahl der angebauten Kulturen sich am Markt orientieren uss. Nach wie vor besteht Nachfrage nach Wertholz nd nach Früchten wie Holunder, Hasel- oder Wal- üssen. Neu ist das rasant angestiegene Interesse an nergieholz. Während auf der einen Seite das Land- chaftspflegeholz, das beim Schnitt von Hecken und nderen Gehölzstreifen anfällt, vielfach nach wie vor infach vor Ort verbrannt wird, denken etliche Land- irte bereits darüber nach, wie sie auf ihren Äckern sys- ematisch Energieholz produzieren können. Meist geht s ihnen dabei um Kurzumtriebsplantagen. Aber auch as so genannte Alley-Cropping – also regelmäßige ehölzstreifen auf größeren Ackerschlägen – kommen ier in Betracht. Letztlich kann jede Form der Agroforst- irtschaft auch der Produktion von Energieholz dienen. Es ist also nicht nur aus umweltpolitischen Gründen innvoll, diese Form der Landbewirtschaftung in eutschland und Europa zu etablieren. Um sich diesem iel zu nähern, muss jedoch noch einiges an Vorarbeiten eleistet werden. Wir wollen daher mit unserem Antrag rreichen, dass die Bundesregierung die erforderlichen aßnahmen ergreift. Dazu gehört, dass die Forschung u Agroforstsystemen in Deutschland finanziell abgesi- hert wird. Diese Forschung muss vor allem regional nd betriebswirtschaftlich angepasste Agroforstsysteme ntwickeln und optimieren. Denn bisher ist der Kennt- isstand über Agroforstwirtschaft in Mitteleuropa noch u gering, um den Landwirten ausreichende Optionen it einer gesicherten wirtschaftlichen Perspektive bieten u können. Um die Landwirte überzeugen zu können, uf Agroforstsysteme zu setzen, ist es jedoch notwendig, hnen Faustzahlen über Anbauvarianten und Erträge lie- ern zu können. Außerdem muss die Bundesregierung eine „Informa- ions- und Koordinationsstelle Agroforstwirtschaft“ ein- ichten. Sie muss die Aufgabe erfüllen, die vorliegenden rkenntnisse über Agroforstsysteme der Fachöffentlich- eit und der Landwirtschaft bekannt zu machen und aßnahmen der aktiven Öffentlichkeitsarbeit für die groforstwirtschaft und der Forschungsförderung zu ko- rdinieren. Dies ist notwendig, um das Thema in der orschung, in der Öffentlichkeit und bei den Landwirten tärker zu verankern. Außerdem muss sich die Bundesregierung dafür ein- etzen, dass die Förderung von extensiven Agroforst- ystemen in die GAK aufgenommen wird. Die ELER- erordnung sieht in Art. 44 vor, dass Beihilfen zur Ein- ichtung von Agroforstsystemen auf landwirtschaft- ichen Flächen gewährt werden können. Eine Refinan- ierung mit EU-Mitteln ist also möglich – eine örderung mit Mitteln der GAK bisher allerdings nicht. 6306 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 (A) ) (B) ) Denn die konservative Mehrheit der Agrarminister in Bund und Ländern hat die Förderung von Agroforst- systemen im PLANAK für 2007 abgelehnt. Diese Ent- scheidung müssen sie so schnell wie möglich korrigieren. Nicht zuletzt muss die Bundesregierung im Bundes- waldgesetz Agroforstsysteme gegenüber Wald abgren- zen und dort festlegen, dass Agroforstsysteme nicht Wald im Sinne des Bundeswaldgesetzes sind. Dies ist notwendig, um auszuschließen, dass landwirtschaftliche Nutzflächen, die zu Agroforstsystemen aufgewertet wer- den, zukünftig den Vorgaben des Bundeswaldgesetzes unterliegen. Ich hoffe sehr, dass die Bundesregierung die angekündigte Änderung des Bundeswaldgesetzes zügig vorlegt und diese Gelegenheit nutzt, um diese Änderung vorzunehmen. Der Tradition dieses Hauses folgend, werden die Re- gierungsfraktionen unseren Antrag ablehnen. Das kann, muss aber nicht heißen, dass die Kollegen damit auch unsere Anliegen ablehnen. Ich möchte die Bundesregie- rung und die Kollegen der Regierungsfraktionen daher herzlich bitten, das Anliegen unseres Antrags ernst zu nehmen und möglichst viel von dem zu realisieren, was wir hier beantragen. Damit würden Sie für unsere Kul- turlandschaft und die Agrobiodiversität und letztlich auch für die Landwirte und sogar für den Klimaschutz etwas Gutes tun. Anlage 17 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Qualität und Sicherheit von menschlichen Geweben und Zellen (Gewebegesetz) (Tagesord- nungspunkt 28) Hubert Hüppe (CDU/CSU): Der heute vorliegende Entwurf eines Gewebegesetzes legt Kriterien fest, die der Sicherheit von Patientinnen und Patienten dienen, denen Gewebe oder Zellen übertragen werden sollen. Zur Vermeidung der Übertragung von Krankheiten sol- len Qualität und Sicherheit von Geweben und Gewebe- zubereitungen verbessert werden. Ich denke, wir sind uns einig in diesem Ziel, dem die EU-Geweberichtlinie dient. Diese EU-Geweberichtlinie haben wir in nationa- les Recht umzusetzen. In Deutschland gibt es Gesetze, die verwandte Sach- zusammenhänge regeln, vor allem Transplantations- gesetz, Transfusionsgesetz und Arzneimittelgesetz. Dass die Geweberichtlinie innerhalb dieser Gesetze umgesetzt werden soll, ist zwar durch die Richtlinie nicht zwingend vorgegeben. Weil es aber mit diesen Regelungen lang- jährige gesetzgeberische und Vollzugserfahrung gibt, spricht vieles für den durch den Entwurf gewählten Weg der Umsetzung innerhalb dieser Gesetze. Um das Ziel des Gesetzes, die Qualität und Sicherheit von Zellen und Geweben, zu erreichen, sind unter ande- rem hohe Anforderungen für Gewebeentnahmestellen bzw. für Gewebeeinrichtungen vorgesehen, darunter die Herstellungserlaubnis nach Arzneimittelgesetz, die Benen- n b b A s E Z s z E w s s B l m v m Z g S k s H w b n t K v H h s m d U n v e w e b u l w r u e i f (C (D ung eines Stufenbeauftragten sowie eines Informations- eauftragten und eine verschuldensunabhängige Haftung is zu 120 Millionen Euro. Im Falle der vorgesehenen bgabe von Geweben an Dritte bedarf es einer Zulas- ung gemäß Arzneimittelgesetz. Durch das Transplantationsgesetz, das bisher die ntnahme von Organen regelt, sollen zukünftig auch ellen und Gewebe, embryonale und fötale Organe owie Knochenmark erfasst werden. Durch vorgeschriebene Dokumentation soll es ukünftig möglich sein, Gewebe vom Spender bis zum mpfänger und umgekehrt zu verfolgen, schwer- iegende Zwischenfälle und unerwünschte Reaktionen ollen Meldevorschriften unterworfen werden. Grundlagen für die Umsetzung der Geweberichtlinie ind im Arzneimittelgesetz bereits heute enthalten. ereits seit der 12. und der 14. Novelle ist eine Herstel- ungserlaubnis nicht nur für die Herstellung von Arznei- itteln, sondern auch für die Entnahme und Gewinnung on zur Arzneimittelherstellung bestimmten Stoffen enschlicher Herkunft wie Blut, Plasma, Gewebe und ellen erforderlich, kam aber bislang aufgrund der Über- angsbestimmung noch nicht zum Tragen. Jetzt regelt der Entwurf, dass Einrichtungen, die toffe menschlicher Herkunft entnehmen oder gewinnen, eine eigene Herstellungserlaubnis beantragen müssen, ondern in die Erlaubnis des mit ihnen kooperierenden erstellers einbezogen werden können. Von Anfang an war die Erarbeitung des Gesetzent- urfs von vielfältiger Kritik vonseiten der Fachverbände egleitet. Der Bundesrat hat eine ausführliche Stellung- ahme vorgelegt. Es ist gut, dass das Gesundheitsminis- erium in den Vorgesprächen signalisiert hat, sich dieser ritik konstruktiv anzunehmen und etwaige Änderungen orzunehmen. Werden die Bedingungen der künftig erforderlichen erstellungserlaubnis oder Haftungsvorschriften für eute aktive Gewebeentnahmeeinrichtungen unerfüllbar ein? Werden ihren Platz industrielle Investoren einneh- en, wird es eine zusätzliche Kommerzialisierung durch en Arzneimittelstatus von Geweben geben? Wird die nterstellung von Zellen und Geweben unter das Arz- eimittelgesetz deshalb den Vorrang der Organspende or der Gewebegewinnung gefährden? Werden Gewebetransplantate mit dem Gewebegesetz rheblich teurer, und werden sie dies, ohne dass ein Zu- achs an Sicherheit für Patienten zu erwarten ist? Wäre s genauso sicher, etwa Gewebetransplantate, die weder e- noch verarbeitet werden, sondern nur konserviert nd zur Transplantation zwischengelagert werden, recht- ich eher als Organe statt als Arzneimittel zu behandeln? Begriffsbestimmungen und Anwendungsbereiche erfen – auch ethische – Fragen auf. Es ist durchaus ichtig, Begriffe wie menschliche Keimzelle, Embryo nd Fötus so genau wie möglich zu definieren. Auch ine Klarstellung, dass der menschliche Embryo – wie er m Embryonenschutzgesetz und im Stammzellgesetz de- iniert ist – ausdrücklich nicht zum Arzneimittel wird, Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 6307 (A) ) (B) ) scheint notwendig und ethisch angemessen. Wir werden prüfen, ob durch den Entwurf sicher ausgeschlossen ist, dass der Arzt, der eine Abtreibung vornimmt, in die wei- tere Verwertung des Gewebes der abgetriebenen Embryo- nen und Föten eingebunden ist. Eine zu diskutierende Frage ist die Knochenmarks- entnahme bei minderjährigen und nicht einwilligungs- fähigen volljährigen Personen, für die das Gewebegesetz einen strafrechtlich relevanten Rechtfertigungsgrund schafft. Auch wenn die Empfänger nahe Verwandte sein müssen, handelt es sich um einen fremdnützigen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit der Minderjährigen bzw. nicht einwilligungsfähigen Erwachsenen. Wir werden zu klären haben, ob dieser nur mit minimalem Risiko und minimaler Belastung einhergeht oder ob allein eine Vorschrift zustimmungsfähig wäre, die nur bei einwil- ligungsfähigen Minderjährigen eine Knochenmarks- entnahme nach ihrer Aufklärung und Einwilligung sowie der des gesetzlichen Vertreters zulässt. Wir haben uns auch damit zu befassen, ob der Daten- schutz eindeutig genug formuliert ist. Die Frist zur Umsetzung der Geweberichtlinie hat am 7. April 2006 geendet. Wir können uns daher keine Zeit lassen. Dennoch werden wir die Regelungen des Gesetzes in den kommenden Beratungen und Sachverständigenan- hörungen sorgfältig auf den Prüfstand stellen. Wir werden die Richtlinie so umsetzen, dass das deut- sche Recht den europarechtlichen Anforderungen genügt. Wir werden prüfen, ob Kritik an dem erwarteten Verwal- tungsaufwand, an Kommerzialisierungsgefahr und unver- tretbaren Kosten für die Allgemeinheit berechtigt sein könnte. Insbesondere aber werden wir jede Vorschrift daraufhin prüfen, ob sie der Versorgung der Patienten mit sicheren Zellen und Geweben dient. Dr. Wolfgang Wodarg (SPD): Die Verwendung von menschlichen Zellen und Geweben stellt in der moder- nen Medizin einen stark wachsenden Sektor dar, der große Chancen für die Behandlung schwerer Erkrankun- gen bietet, die zum Beispiel mit einer konventionellen Arzneimitteltherapie nicht geheilt werden können. Um für die Gewebemedizin, speziell die Beschaffung, Tes- tung, Verarbeitung, Lagerung und Verteilung von Gewe- ben und Zellen einheitliche Qualitäts- und Sicherheits- standards festzulegen, ist in der Europäischen Union 2004 nach langer Diskussion eine EU-Richtlinie erlassen worden, die bis zum 7. April dieses Jahres in nationales Recht hätte umgesetzt werden sollen. Mit dem vorlie- genden Gesetzentwurf will die Bundesregierung die Ge- weberichtlinie umsetzen. Der Bundesrat hat eine eindrucksvolle Stellungnahme zu diesem ausgesprochen komplexen Fachgesetz abge- geben. In den Beratungen des zuständigen und eigens eingerichteten Unterausschusses standen zunächst nicht weniger als 87 Änderungsanträge zur Diskussion. Ange- nommen wurden schließlich 46. Da das Gesetz nach der Föderalismusreform nicht mehr zustimmungspflichtig ist, können die Änderungsvorschläge der Länderkammer n m z r d d l u tr K l w w s e p w K Y s t m M b k s i d s d O s t Z f w t r K r N h k tr h n O v l d n i i b k t p (C (D unmehr abgetan werden. Es gibt jedoch nicht nur for- ale, sondern auch inhaltliche Gründe, dies nicht zu tun. Kernpunkte der Kritik an dem als Artikelgesetz kon- ipierten Entwurf betreffen zum einen die arzneimittel- echtliche Ausrichtung der Umsetzung, die im Bereich er Fortpflanzungsmedizin besonders bizarr ist. Es wer- en nämlich zum Beispiel menschliche Geschlechtszel- en als Arzneimittel eingestuft. Zum anderen werden die nzureichenden Regelungen der Schnittstellen zur Organ- ansplantation und zu dem dafür vor rund zehn Jahren in raft getretenen Transplantationsgesetz gerügt. Hier iegt das folgenschwerste Problem des vorgelegten Ent- urfs. Denn mit der Unterstellung aller Zellen und Ge- ebe unter das Arzneimittelgesetz ist eine Kommerziali- ierung dieses Bereichs verbunden. Hierdurch entsteht in erheblicher Konflikt mit der Praxis der Organtrans- lantation. Ich will dieses Problem anschaulich darstellen, denn ir müssen wissen, was wir tun, wenn wir menschliche örperteile zu Arzneimitteln machen wollen. In New ork hat gerade ein Prozess für großes Aufsehen ge- orgt, in dem Beerdigungsunternehmen und Ärzte verur- eilt wurden, die im großen Stil ein makaberes Geschäft it Leichenteilen organisiert hatten. Der Rohstoff ensch wird je nach Mangelstatus bestimmter Gewebe ereits zu Schwindel erregenden Preisen gehandelt. Eine ommerzielle Ausrichtung der Gewebemedizin würde ich darum notwendig negativ auf den Bereich der altru- stischen Organspende auswirken. Wir wissen dabei, ass das Spendenaufkommen in Deutschland im europäi- chen Vergleich ohnehin nicht groß ist. Die Wartelisten agegen werden länger und länger. Um eine postmortale rganspende, für die keine Einwilligung des Patienten elbst vorliegt, zu ermöglichen, müssen Ärzte gegenwär- ig mit den Angehörigen sprechen, um von diesen eine ustimmung zu erhalten (erweiterte Zustimmung). Auch ür Gewebespenden gilt diese Regelung gegenwärtig, eil Gewebe als Transplantate jetzt unter das Transplan- ationsgesetz fallen. Die Situation der mit dieser schwie- igen Kommunikation betrauten Ärzte wird sich nach In- raft-Treten des vorliegenden Gesetzes weiter erschwe- en. Künftig muss auch auf eine mögliche kommerzielle utzung von Gewebespenden verwiesen werden. Ange- örige könnten damit den sehr abschreckenden Gedan- en eines „Ausschlachtens“ des Körpers verbinden. Auch eine formal-rechtliche Vorrangstellung der Organ- ansplantation, wie sie jetzt im Gesetzentwurf vorgese- en ist, wird nur mit sehr umfassenden Kontrollmecha- ismen verhindern können, dass transplantierbare rgane in den lukrativeren Bereich der Gewebemedizin erschoben werden. Bereits bei der Untersuchung mög- icher Spender müsste künftig kontrolliert werden, ob ie Verwerfung von Organen für die Transplantation ach objektiven medizinischen Gesichtspunkten erfolgt st. Schon jetzt funktionieren die Kontrollmechanismen m Bereich der Organtransplantation nicht gut. Die Pro- leme werden sich auch hier verschärfen, wenn in Zu- unft noch eine Wettbewerbssituation mit den Organisa- ionen der Gewebemedizin hinzutritt. Bestehende ersonelle und organisatorische Verflechtungen in bei- 6308 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 (A) ) (B) ) den Bereichen erschweren Kontrollen und sind darum kontraproduktiv. Die weitreichenden Probleme, die sich durch das Ge- webegesetz an der Schnittstelle zum Transplantationsge- setz ergeben, können wir durch Änderungsanträge kaum abwenden. Auch der Bundesrat hat neben den zahlrei- chen konkreten Vorschlägen zu einzelnen Regelungen deshalb seine Zuflucht in einer Generalkritik gesucht und die Bundesregierung gebeten, die Geweberichtlinie in einem eigenständigen Gesetz umzusetzen. Dieses würde sich am Vorbild des Transplantationsgesetzes orientieren, das ja auch eine ganz eigene Regelungs- systematik im Vergleich zum Arzneimittelbereich mit seinen völlig anders gestalteten formalen Abläufen hat. Was mich im Zusammenhang mit dem Gewebegesetz sehr umtreibt, ist die knappe Zeitfrist, in der die parla- mentarische Beratung jetzt abgeschlossen werden soll. Wir entscheiden hier über wichtige Weichenstellungen und viele unter uns haben nicht genug Wissen, Erfah- rung und Problemeinsicht, um was es dabei eigentlich geht. Hätten wir noch eine Enquete-Kommission zu me- dizinethischen Fragen wie in den beiden vergangenen Legislaturperioden, wäre das Thema Gewebegesetz frühzeitig auf die Agenda gesetzt worden. Abgeordnete aus verschiedenen Fachausschüssen hätten sich mit der Thematik beschäftigt, in der Diskussion mit Sachver- ständigen Fachwissen erworben und dieses dann wie zu- vor üblich in Form einer gutachtlichen Stellungnahme einbringen und an Kolleginnen und Kollegen weiterge- ben können. Das Gewebegesetz ist darum auch eine traurige Illus- tration für unseren derzeitigen Mangel an parlamentari- schen Instrumenten. Es darf nicht so bleiben, dass komplexe, ethisch hoch brisante Abwägungen des Ge- setzgebers nur wenigen Abgeordneten aufgebürdet wer- den. Das Konzept der Forschungsministerin zum Deut- schen Ethikrat bringt hier keine Abhilfe. Wir brauchen für medizinethische Fragen ein Gremium, in dem wie in einer Enquete-Kommission regelmäßig Abgeordnete al- ler Fraktionen, aus verschiedenen Fachausschüssen zu- sammen mit Sachverständigen beraten, um dann ihre je- weiligen Arbeitsgruppen rechtzeitig informieren und einbeziehen zu können. Ich will aber mit einem positiven Ausblick schließen: Das Potenzial der Gewebemedizin zusammen mit dem zugehörigen neuen Querschnittsgebiet der regenerativen Medizin ist enorm. Wir müssen jedoch aus den in der Vergangenheit gemachten Fehlern im Gesundheitsbe- reich lernen: Wir brauchen nicht nur immer neue Geräte und Produkte, wir brauchen auch eine aktivierende Me- dizin, die den Menschen ins Zentrum stellt und Ärzte nicht zu Anwendern und Bedienern von Technologie de- gradiert. Es gibt zwei Wege zu neuen Zellen und Gewe- ben für den Menschen: Erstens. Man entnimmt diese anderen Menschen, be- reitet sie auf, transplantiert sie und sorgt dafür, dass sie nicht als Fremdkörper abgestoßen werden. Zweitens. Man nutzt die immanente Fähigkeit menschlicher Gewebe zur Regeneration und stimuliert d a m m A w s P p f v V f o d G l a k D z d u t s K a B D h n d S k b O m K E s N w W z R g f A z 1 g g (C (D ie überall im Körper vorhandenen Stammzellen durch usgefeilte Übungs- und Trainingsprogramme zur Ver- ehrung und Übernahme defekter Funktionen. Erstere Lösung führt zu neuen aufwändigen medika- entösen Therapien und wird von investitionsbereiten kteuren der Pharmabranche mit großem Druck europa- eit gefördert. Die zweite Lösung ist das tägliche Ge- chäft der rehabilitativen Medizin, die mit Aktivierung, hysiotherapie, Ergotherapie, Funktionstraining, Logo- ädie und vielen weiteren Verfahren sensationelle Er- olge aufweist. Hier gibt es keine milliardenschweren In- estitionen, sondern personalintensive und von der ersorgungsforschung völlig vernachlässigte Chancen ür viele Patienten – das Ganze kostengünstig und fast hne Nebenwirkungen. Michael Kauch (FDP): Reichlich spät legt die Bun- esregierung den Gesetzentwurf zur Umsetzung der eweberichtlinie der EU vom 31. März 2004 vor. Sie egt ihn in einer Form vor, die sowohl vom Bundesrat als uch – das ist das Entscheidende – von den fachlich ompetenten Experten der Bundesärztekammer und der eutschen Stiftung Organtransplantation grundsätzlich urückgewiesen wird. Die Einwände sind so gravierend, ass sich das Parlament ausreichend Zeit zur Beratung nd zur Anhörung von Sachverständigen nehmen muss. Ein entscheidender Punkt ist die Frage, ob Gewebe atsächlich generell unter das Arzneimittelgesetz fallen oll. Gewichtige Gründe sprechen dagegen. Eine der onsequenzen liegt in deutlich erhöhten Anforderungen n die Betriebsstätten und an Wirksamkeitsnachweise. eides erhöht die Kosten der Bereitstellung von Gewebe. as kann im Blick auf die Kostensituation im Gesund- eitswesen nicht einfach en passant beschlossen werden. Hinzu kommen die Bedenken, ob eine mit der Einord- ung als Arzneimittel verbundene Kommerzialisierung er Gewebespende auf einer frühen Stufe nicht die pendenbereitschaft der Bevölkerung beeinträchtigen ann oder die Konkurrenz zur Organspende erhöht. Ins- esondere der im Gesetz vorgesehene Vorrang der rganspende vor der Gewebespende könnte durch kom- erzielle Anreize zur Gewebespende aufseiten der rankenhäuser konterkariert werden. Es spricht daher vieles dafür, dass beim Gewebe die ntnahmestufe nicht dem Arzneimittelgesetz unterliegen ollte. Hier müssen in einer Anhörung die Vor- und achteile deutlich herausgearbeitet werden. Eventuell äre es auch eine Option, zwischen Gewebespenden zur eiterverarbeitung und solchen zur Konservierung wecks Übertragung zu unterscheiden. Auch die EU- ichtlinie stellt an die Gewebeentnahme deutlich gerin- ere Anforderungen als an die Gewebeverarbeitung. Sie ordert keineswegs die pauschale Unterstellung unter das rzneimittelrecht. In jedem Fall brauchen wir hier Rechtssicherheit. Die wölfte AMG-Novelle in Verbindung mit der 4. Novelle hat das Gewebe zwar dem Arzneimittel- esetz unterstellt, jedoch wegen der vorgesehenen Über- angsfristen bisher ohne praktische Relevanz. Daher ist Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 6309 (A) ) (B) ) nun die Gelegenheit, im Zuge der umfassenden Umset- zung der EU-Richtlinie noch einmal neu nachzudenken. Völlig offen ist im Gesetz im Übrigen ein Allokations- mechanismus für die Gewebespende. Zumindest dann, wenn man sich für eine späte Kommerzialisierung ausspricht, braucht es Antworten, wie wir sie von der Organspende her kennen. Weiter ist zu prüfen, ob der von der Bundesregierung vorgesehene Vorrang der Organspende vor der Gewebespende tatsächlich in dieser Form durchgesetzt werden kann. Sorge bereiten aber auch einige Änderungsvorschläge des Bundesrates. So trifft die vom Bundesrat geforderte Anonymität der Gewebespende auf Kritik der Deutschen Knochenmarkspenderdatei. Diese führt aus, dass es ge- rade im Bereich der Stammzellspende aus Knochenmark die Spendenbereitschaft oft erhöht, wenn dem Spender der Empfänger bekannt gemacht wird. Eine ethisch zu begründende Notwendigkeit zu dieser Änderung der bestehenden Rechtslage ist nicht zu erkennen. Daher sollte man sehr vorsichtig sein, in der Praxis erfolgreiche Regelungen ohne Not zu verändern und die Versorgung der Betroffenen so zu gefährden. Dies sind einige der Aspekte, die der Gesundheitsaus- schuss bei der Beratung des Gesetzes beleuchten muss. Angesichts der grundlegenden Kritik der Experten scheint eine ebenso grundlegende Überarbeitung des Gesetzentwurfes erforderlich. Frank Spieth (DIE LINKE): Derzeit bewegt uns die Debatte zum GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz. Noch nie waren sich sämtliche gesundheitspolitischen Akteure so einig in der Ablehnung des Gesetzesvorhabens wie derzeit. Immer mehr zeigt sich in den Expertenanhörungen zum so genannten Wettbewerbsstärkungsgesetz, dass niemand das Vorhaben in dieser Form will; dennoch peitscht die Regierung den Gesetzentwurf durch das Par- lament. Ganz ähnlich verhält es sich auch bei dem hier vor- liegenden Gesetzentwurf, dem Gewebegesetz. Es geht darin um Regelungen zur Entnahme von Organen und darum, was damit passieren soll. Auch in diesem Gesetz- gebungsverfahren hagelt es Kritik: Bundesrat, Bundes- ärztekammer, die Deutsche Krankenhausgesellschaft, Transplantationsverbände, die Spitzenverbände der Krankenkassen und andere sind sich in ihrer ablehnen- den Haltung einig. Wieder zeigt sich eine unglaubliche Beratungsresistenz der Regierung. Sie ist geprägt von einer pauschalen arzneimittelrechtlichen Ausrichtung und lässt notwendige juristische Differenzierungen bei den doch medizinisch gänzlich unterschiedlichen Geweben vermissen. Eine Organtransplantation ist die Übertra- gung eines ganzen Organs. Eine Gewebetransplantation ist im Gegensatz dazu die Verpflanzung nur eines Teils eines Organs, wie etwa Herzklappen, Knochenmark oder Augenhornhaut. Aus ethischer Sicht ergeben sich neue Verwerfungen, wenn die entnommenen Organe zukünftig unter das Arz- neimittelgesetz fallen und damit Teil des kommerzia- lisierbaren Arzneimittelhandels werden sollen: Eigent- l G z O W g S r m m F s u d b s O T s m K t R r w z B H n G d g G a w n l w l - R i e b u f d g w H d i G d k (C (D ich sollte der Grundsatz „Organspende hat Vorrang vor ewebespende“ gelten. Mit Organspenden kann man, umindest auf legalem Wege, keinen Gewinn erzielen. rganspenden sind rein aufwandsorientiert finanziert. enn die Bundesregierung jetzt durch das Gewebe- esetz Teile von eigentlich vermittlungspflichtigen penderorganen als Gewebeprodukte wirtschaftlich inte- essanter als die eigentlich sinnvolle Organspende acht, schafft man eine Situation, die falsche Anreize gibt. Aus Sicht der Bevölkerung wird sich bei einer zuneh- enden Kommerzialisierung verständlicherweise die rage auftun, warum eine Organspende aus altruisti- chen, also aus nicht monetären Motiven erfolgen soll nd im Gegensatz dazu mit Gewebe ganz legal Geld ver- ient werden kann, wie mit Arzneimitteln auch. Es ist zu efürchten, dass dies ein negatives Image auf Organ- penden wirft und so die ohnehin zu geringe Zahl der rganspender weiter sinkt. Die Bundesregierung will zu einem großen Teil das ransplantationsgesetz durch das Arzneimittelrecht er- etzen. Die Spende und Entnahme werden dem Arznei- ittelrecht unterworfen. Damit macht das Gesetz die liniken und Gewebebanken zu pharmazeutischen Un- ernehmern und geht weit über die Forderungen der EU- ichtlinie hinaus. Für die Versicherten hat das weit- eichende Folgen: Denn Kliniken, die bisher in der Lage aren, Gewebe aufzuarbeiten und den eigenen Patienten u verabreichen, müssen nun erst als „pharmazeutischer etrieb“ zugelassen werden. Dadurch werden so hohe ürden aufgebaut, dass beispielsweise Brandopfer auf otwendige Hauttransplantate Wochen warten müssen. leichzeitig wird ein kommerzielles Interesse geweckt; enn nach dem Arzneimittelgesetz gilt kein Handelsverbot. Auf mögliche Interessenkonflikte, die etwa bei leichzeitigem Betrieb eines Krankenhauses und einer ewebeeinrichtung oder eines Transplantationszentrums uftreten könnten, wurde die Bundesregierung hinge- iesen, unter anderem durch den Bundesrat. Es könnte ach dieser unsinnigen Regelung wirtschaftlich sinnvol- er sein, wenn ein Organ „in Einzelteilen“ verwertet ürde, als wenn eine Transplantation stattfände. Die Ab- äufe bei Gewebespende, -gewinnung, -vermittlung und verteilung, sollten daher voneinander getrennt sein. Insofern ist die arzneimittelrechtliche Zuordnung im egierungsentwurf ein absoluter Irrweg. Die Logik, was n fachlicher Hinsicht an einer Kochsalzlösung und an ntnommenem Lebergewebe so ähnlich ist, dass man eides zukünftig den gleichen rechtlichen Regelungen nterwerfen sollte, bleibt im Dunklen. In der EU jeden- alls stünde die Bundesrepublik recht alleine da mit ieser arzneimittelrechtlichen Regelung. Sollte es tatsächlich der Bundesregierung darum ehen, neue kommerzielle Märkte aufzubauen, egal mit elchem Produkt? Professor Dr. med. Jörg-Dietrich oppe, Präsident der Ärztekammer, befürchtet genau ies: „Wenn das Gewebegesetz in seiner jetzigen Form n Kraft tritt, dann ist dem gewerblichen Markt für ewebetransplantate Tür und Tor geöffnet.“ Man kann as ja – vorausgesetzt, man wirft alle ethischen Beden- en über Bord – so wollen. Aber dann bitte ich Sie: 6310 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 (A) ) (B) ) Seien Sie so ehrlich und sagen Sie, was sie wirklich wol- len, oder erklären Sie zumindest, welche Folgen ihre eigenen Gesetze haben werden. Meine Fraktion wird aber aus den dargelegten Grün- den dagegen sein. Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll nach Ihren Worten die EU-Geweberichtlinie umgesetzt werden. Um es gleich zu Beginn klar zu sagen: Die wirklich wichti- gen Forderungen der EU-Richtlinie werden von Ihnen nicht umgesetzt. Ziel der EU-Richtlinie sind europaweit vergleichbare hohe Qualitäts- und Sicherheitsstandards bei der Über- tragung menschlicher Gewebe. Wenn man dagegen Ih- ren Gesetzentwurf liest, gewinnt man aber den Eindruck, dass er weniger der Absicherung der in Deutschland schon bisher hohen Qualitätsstandards als vielmehr der Kommerzialisierung des Umgangs mit Geweben dienen soll: Der Entwurf unterstellt Gewebe pauschal dem Arz- neimittelgesetz. Dieser Weg wird von keinem anderen europäischen Land gewählt. Damit eröffnen Sie einen legalen Markt für den Handel mit Geweben, der sich potenziell nicht mehr an den medizinischen Bedürfnis- sen der Betroffenen, sondern vielmehr an kommerziellen Interessen orientieren wird. Damit ist der bisherige gesellschaftliche Konsens der Nichtkommerzialisierung in Gefahr. Auch wird mit gravierenden Auswirkungen zu rech- nen sein, vor allem wenn der Vorrang der Organ- vor der Gewebespende weiterhin so halbherzig umgesetzt wird, wie es im Entwurf der Fall ist. Zwar ist – recht ver- steckt – festgelegt, dass eine Gewebeübertragung eine mögliche Organtransplantation nicht beeinträchtigen darf. Dies wird aber durch keine ergänzende Regelung sichergestellt. Angesichts der Knappheit von Spender- organen in diesem Land ist es sträflich, die nicht ge- werblichen Institutionen der Organtransplantation in ei- nen Wettbewerb mit gewerblichen Gewebeeinrichtungen zu schicken, den sie nicht gewinnen können. Zudem müssen Sie sich die Frage gefallen lassen, ob Sie wirklich einen Handel mit Keimzellen und embryo- nalen Zellen wollen. Das Handelsverbot des Transplan- tationsgesetzes dient hier wohl lediglich als Feigenblatt, da aufgrund seines begrenzten Anwendungsbereichs ein solcher Handel nicht sicher verhindert werden kann. Sobald ein Markt für embryonale Gewebe und Eizellen besteht, werden sie damit – vorbei an allen ethischen Bedenken – zu einer Ware. Auch hier werden im Ent- wurf die Vorgaben der Richtlinie, nämlich die Verhinde- rung einer Kommerzialisierung der Organ- und Gewebe- beschaffung, nicht umgesetzt. Auf der anderen Seite gaukeln Sie dem Bürger Si- cherheit vor. Die Gewebeeinrichtungen undifferenziert den Zulassungs- und Erlaubnisvorschriften des Arznei- mittelgesetzes zu unterstellen, führt in der Praxis zu einem Mehr an bürokratischem und finanziellem Auf- wand für diese Einrichtungen, ohne dass dieser Nachteil zu einem erkennbaren Vorteil für die Therapiesicherheit d G d g d i d ö d Q Z r d e R u e r Z d h K d t b l g f 2 s im g g d z b u i L h n d h E w tu d e r d G p u (C (D er Patienten bzw. der Qualitätssicherung führt. Im egenteil dürfte dies zu einer geringeren Reserve an ringend nötigen Geweben führen. Der vorliegende Gesetzentwurf bedarf also einer rundlegenden Überarbeitung. Auch wenn die Frist für ie Umsetzung der Geweberichtlinie bereits abgelaufen st, darf nicht übereilt ein Gesetz verabschiedet werden, as dem Handel mit menschlichen Geweben Tür und Tor ffnet. Rolf Schwanitz, Parl. Staatssekretär bei der Bun- esministerin für Gesundheit: Das Gesetz über die ualität und Sicherheit von menschlichen Geweben und ellen setzt abschließend die Inhalte der EG-Gewebe- ichtlinie 2004/23/EG in nationales Recht um. Hierzu ist ie Bundesrepublik Deutschland verpflichtet. Der Gesetz- ntwurf der Bundesregierung enthält die maßgeblichen egelungen zur Wahrung und Verbesserung der Qualität nd Sicherheit von Gewebetransplantaten und sorgt für in hohes Gesundheitsschutzniveau, wie die EG-Gewebe- ichtlinie es vorsieht. Diese Notwendigkeit besteht für alle Gewebe und ellen von Menschen, die in der Medizin zur Anwen- ung kommen, also nicht nur für Herzklappen, Augen- ornhäute und Knochen, sondern auch für menschliche eimzellen sowie für fötale Gewebe und Organe. Alle iese Gewebe und Zellen können Krankheiten über- ragen. Sie müssen daher sehr sorgfältig entnommen und e- oder verarbeitet werden. Mit dem neuen Recht stel- en wir Gewebe und Zellen rechtlich den Blutprodukten leich, die bereits nach der HIV/Blut-Katastrophe An- ang der 90er-Jahre und auch nach der EG-Blutrichtlinie 002/98/EG neuen Regelungen unterworfen worden sind. Grundlegende Anforderungen der EG-Richtlinie, die ich eng an das EG-Arzneimittelrecht anlehnt, sind bereits nationalen Recht verankert, nämlich im Arzneimittel- esetz, im Transplantationsgesetz und im Transfusions- esetz. Die Bundesregierung hat sich entschlossen, auch ie verbliebenen Umsetzungsinhalte in diesen Gesetzen u regeln. Das ist gerechtfertigt und notwendig, da wir ereits in den Jahren 2004 und 2005 mit dem zwölften nd 14. AMG-Änderungsgesetz wichtige Regelungs- nhalte der EG-Geweberichtlinie gemeinsam mit den ändern im Arzneimittelgesetz umgesetzt haben. Des- alb halten wir es nicht für sinnvoll, jetzt ein völlig eues Gesetz für Gewebe und Zellen zu schaffen, das ieselben Regelungen enthalten müsste, die wir schon aben oder jetzt ergänzen wollen. Auch die kommende G-Verordnung über Arzneimittel für neuartige Therapien ird Tissue-Engineering-Produkte, die Gewebezuberei- ngen sind, dem Arzneimittelrecht unterstellen. Zwischen ieser Verordnung und der EG-Geweberichtlinie besteht in enger sachlicher Zusammenhang. Lassen Sie mich noch einmal betonen: Die Bundes- egierung wird mit dem Gewebegesetz ausschließlich ie Qualitäts- und Sicherheitsanforderungen der EG- eweberichtlinie umsetzen. Dies entspricht der Staats- raxis und ist auch mit Blick auf die Umsetzungsfrist numgänglich. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 6311 (A) (C) (B) ) Der Gesetzentwurf ist mit Augenmaß vorbereitet worden und verzichtet auf überzogene Regelungen. Das gilt vor allem auch für die arzneimittelrechtlichen Rege- lungen. Hier geht es insbesondere um die Vorschriften zur Genehmigung der Entnahme von Geweben in den Krankenhäusern, die äußerst flexibel gestaltet sind und sogar eine Erleichterung gegenüber dem geltenden Recht darstellen. Den Fachkreisen verbleibt genügend Spielraum, die konkreten Entnahme- und Herstellungs- bedingungen selber festzulegen, soweit sie nicht durch EG-Recht vorgegeben sind. Solche fachlichen Empfeh- lungen können dann auch Grundlage für die behörd- lichen Entscheidungen sein. Gelegentlich hört man Bedenken wegen der Kosten- belastung. Sie kann aber insgesamt als gering eingestuft werden. Wer heute schon qualitativ hochwertig Gewebe entnimmt und verarbeitet, hat weder einen hohen Auf- wand noch hohe Kosten zu befürchten. Auch die Gebüh- ren für die arzneimittelrechtliche Herstellungserlaubnis und für die Produktzulassungen sind gering angesichts des Wertes, den Gewebearzneimittel haben können. Eine Kommerzialisierung des Gewebesektors ist nicht zu erwarten. Das war schon bisher nicht der Fall, obwohl Gewebezubereitungen bereits nach geltender Rechtslage grundsätzlich zulassungspflichtig sind. Es ist also davon auszugehen, dass auch in Zukunft Gewebe unter gemein- durch das Embryonenschutzgesetz und das Stammzell- gesetz gesetzt werden, bleiben unberührt. Ferner wird im Transplantationsgesetz der Vorrang der Organspende verankert. Dadurch wird sichergestellt, dass eine mögliche Organspende nicht durch eine Gewebe- entnahme beeinträchtigt werden darf. Darüber hinaus- gehende Forderungen, das Transplantationsgesetz zu än- dern, das heißt Änderungen, die sich nicht aus der EG- Geweberichtlinie ergeben, werden wir im Rahmen einer späteren Novellierung des Transplantationsgesetzes dis- kutieren. Wichtig ist auch ein weiterer Punkt: Der Bundesrat empfiehlt, die Verordnungsermächtigung im Transplan- tationsgesetz und im Transfusionsgesetz zugunsten einer Richtlinienkompetenz der Bundesärztekammer zu strei- chen. Dies ist aber aus rechtlichen Gründen nicht mög- lich. Europäische Richtlinien müssen durch die Mit- gliedstaaten immer verbindlich – also mindestens durch Rechtsverordnungen – umgesetzt werden. Die Änderungswünsche des Bundesrates lassen erkennen, dass die Länder mehrheitlich grundsätzlich unserer Konzeption, Gewebezubereitungen dem Arznei- mittelgesetz zu unterstellen, folgen. Einer Reihe von Än- derungswünschen stimmen wir zu. So soll zum Beispiel die Anonymität bei der Gewebespende grundsätzlich ge- nützigen Bedingungen entnommen, be- oder verarbeitet und verfügbar gemacht werden. Ein weiterer wichtiger Bereich ist das Transplantations- gesetz. Hier werden embryonale und fötale Organe und Gewebe sowie Knochenmark und Zellen in den Anwen- dungsbereich des Gesetzes einbezogen. Hierzu werden die für die Umsetzung des europäischen Rechts notwen- digen Regelungen getroffen. An dieser Stelle ist beson- ders wichtig: Die ethischen Schranken, die vor allem w Ü d n U T G k (D ahrt werden. Ferner werden wir klarstellen, dass die berwachung der Gewebe entnehmenden Einrichtungen ie örtlich zuständige Behörde vornimmt. Darüber hi- aus soll im Transfusionsgesetz eine Vorschrift zu den ntersuchungslaboren entsprechend der Regelung im ransplantationsgesetz aufgenommen werden. Ich halte das für eine gute Basis, um auch im weiteren esetzgebungsverfahren zu tragfähigen Lösungen zu ommen. 63. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 9. November 2006 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7 Anlage 8 Anlage 9 Anlage 10 Anlage 11 Anlage 12 Anlage 13 Anlage 14 Anlage 15 Anlage 16 Anlage 17
Gesamtes Protokol
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1606300000

Die Sitzung ist eröffnet. Ich begrüße Sie alle herzlich,

wünsche Ihnen einen guten Morgen und uns, wie immer,
gute und konstruktive Beratungen.

Vor Eintritt in die Tagesordnung möchte ich dem Kol-
legen Dr. Max Lehmer herzlich zu seinem 60. Ge-
burtstag gratulieren, den er vor wenigen Tagen begangen
hat.


(Beifall)


Im Namen des ganzen Hauses gratuliere ich herzlich und
wünsche Ihnen alles Gute.

Es stehen einige Wahlen zu Gremien an, die wir eben-
falls vor Eintritt in die Tagesordnung erledigen sollten.

Am 31. Dezember enden turnusgemäß die Amtszei-
ten der Kollegen Ronald Pofalla und Ludwig Stiegler im
Verwaltungsrat der Kreditanstalt für Wiederaufbau. Die
Fraktion der CDU/CSU schlägt als neues Mitglied den
Kollegen Dr. Michael Meister vor. Für die SPD-Fraktion
soll der Kollege Stiegler für eine weitere Amtszeit
bestellt werden. Sind Sie damit einverstanden? – Ich
höre keinen Widerspruch. Dann sind die Kollegen
Dr. Michael Meister und Ludwig Stiegler in den Ver-

T
f

Redet
waltungsrat der Kreditanstalt für Wiederaufbau ge-
wählt.

Die SPD-Fraktion hat mitgeteilt, dass die ehemalige
Abgeordnete Gisela Hilbrecht als ordentliches Mitglied
aus der Vergabekommission der Filmförderungsanstalt
ausscheidet. Als Nachfolgerin wird die Kollegin Ange-
lika Krüger-Leißner vorgeschlagen. Darüber hi-naus ist
seitens der Fraktion der CDU/CSU vorgesehen, dass die
Kollegin Dorothee Bär dem Kollegen Wolfgang Börnsen
als stellvertretendes Mitglied im gleichen Gremium
nachfolgt. Sind Sie auch mit diesen Vorschlägen einver-
standen? – Das ist offenkundig der Fall; es fängt gut an
heute Morgen. Dann sind die Kolleginnen
Krüger-Leißner und Dorothee Bär als o
und stellvertretendes Mitglied in die Vergab
sion der Filmförderungsanstalt gewählt.

(C (D ung 9. November 2006 0 Uhr Interfraktionell ist vereinbart worden, die verbundene agesordnung um die in der Zusatzpunktliste aufgeührten Punkte zu erweitern: ZP 1 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD: Neue Entwicklung am Arbeitsmarkt: Deutlicher Rückgang der Erwerbslosenzahl, mehr Beschäftigung und Entlastung der öffentlichen Haushalte ZP 2 Beratung des Antrags der Abgeordneten Roland Claus, Dr. Gesine Lötzsch, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN Beendigungsgesetz zum Berlin/Bonn-Gesetz – Drucksache 16/3284 – Überweisungsvorschlag: Innenausschuss Haushaltsausschuss ZP 3 Weitere Überweisungen im vereinfachten Verfahren a)


(siehe 62. Sitzung)


(Ergänzung zu TOP 39)


SPD, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/
DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Vierten Ge-
setzes zur Änderung des Gesetzes zur Errichtung einer
Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“

(EVZ-StiftG)

– Drucksache 16/3270 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Auswärtiger Ausschuss

ext
Rechtsausschuss
Finanzausschuss

c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Klaus Brähmig,
Jürgen Klimke, Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof), weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der
Abgeordneten Annette Faße, Reinhold Hemker, Renate
Gradistanac, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
SPD
Nationale Naturlandschaften – Chancen für Natur-
schutz, Tourismus, Umweltbildung und nachhaltige
Regionalentwicklung
– Drucksache 16/3298 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Tourismus (f)

Sportausschuss

uss für Wirtschaft und Technologie
uss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbrau-
utz
uss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
uss für Kultur und Medien
Angelika
rdentliches
ekommis-

Aussch
Aussch
chersch
Aussch
Aussch






(A) )



(B) )


Präsident Dr. Norbert Lammert
d) Beratung des Antrags der Abgeordneten Cornelia Pieper,
Uwe Barth, Patrick Meinhardt, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der FDP
Wissenschaftssystem zukunftsfähig gestalten – wissen-
schaftsadäquate Arbeitsbedingungen schaffen
– Drucksache 16/3286 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Innenausschuss

ZP 4 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der LINKEN:
Zur Frage der Praxistauglichkeit der Hartz-Gesetze und
der Erforderlichkeit einer Generalrevision


(Konstanz)

rer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der
Abgeordneten Frank Schwabe, Marco Bülow, Dirk Becker,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD
Die Zeit nach dem Kyoto-Protokoll gestalten – entschie-
den dem Klimawandel entgegentreten
– Drucksache 16/3293 –

ZP 6 a) – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten
Ulla Jelpke, Sevim Dagdelen, Petra Pau und der Fraktion
der LINKEN eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Ge-
setzes zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes und an-
derer Gesetze
– Drucksache 16/369 –

– Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten
Josef Philip Winkler, Volker Beck (Köln), Wolfgang
Wieland, Claudia Roth (Augsburg) und der Fraktion des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Ent-
wurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Auf-
enthaltsgesetzes (Altfall-Regelung)

– Drucksache 16/218 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses

(4. Ausschuss)

– Drucksache 16/2563 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Reinhard Grindel
Rüdiger Veit
Hartfrid Wolff (Rems-Murr)

Dr. Max Stadler
Ulla Jelpke
Josef Philip Winkler

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des
Innenausschusses (4. Ausschuss) zu dem Antrag der Ab-
geordneten Josef Philip Winkler, Volker Beck (Köln),
Britta Haßelmann, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Kettenduldungen abschaffen
– Drucksachen 16/687, 16/2563 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Reinhard Grindel
Rüdiger Veit
Hartfrid Wolff (Rems-Murr)

Dr. Max Stadler
Ulla Jelpke
Josef Philip Winkler

ZP 7 Beratung des Antrags der Abgeordneten Cornelia Behm, Ul-
rike Höfken, Bärbel Höhn, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Nachhaltige Ressourcennutzung durch Agroforstwirt-
schaft
– Drucksache 16/2794 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (f)

Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Bildung, Forschung und

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(C (D Technikfolgenabschätzung Haushaltsausschuss ZP 8 Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Karl Addicks, Christian Ahrendt, Daniel Bahr neter und der Fraktion der FDP Mehr Freiheit wagen – Drucksache 16/3288 – ZP 9 Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Rainer Stinner, Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Neues strategisches Konzept für die NATO – Drucksache 16/3287 – Überweisungsvorschlag: Auswärtiger Ausschuss Verteidigungsausschuss Entgegen der ursprünglichen Ankündigung findet jeoch die für Freitag vorgesehene Aktuelle Stunde auf erlangen der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen icht statt. Die Tagesordnungspunkte 14, 26 und 32 werden abesetzt. (Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Schade! Darauf hatte ich mich so gefreut!)


Wir werden nach einer Kompensationslösung suchen,
err Kollege Westerwelle.

Gewiss hatten Sie auch zum Tagesordnungspunkt 23,
er nun ohne Aussprache abgehandelt werden soll,
ängst eine Rede vorbereitet. Er soll nun zusammen mit
en Ohne-Debatte-Punkten aufgerufen werden. Es wäre
ber schön, wenn Sie trotzdem da wären.

Die Tagesordnungspunkte 6 und 7, 24 und 25, 33 und
4 sowie 35 und 36 werden jeweils getauscht.

Von der Frist für den Beginn der Beratungen soll, so-
eit erforderlich, abgewichen werden.

Darf ich auch für diese vereinbarten Veränderungen
it Ihrem Einverständnis rechnen? – Das ist offensicht-

ich der Fall. Dann ist das so beschlossen.

Nun treten wir in die Tagesordnung ein.

Ich rufe die Punkte 3 a bis 3 d sowie den Zusatzpunkt 2
uf:

3 a) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesre-
gierung

Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand
der deutschen Einheit 2006

– Drucksache 16/2870 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Sportausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für Tourismus
Ausschuss für Kultur und Medien






(A) )



(B) )


Präsident Dr. Norbert Lammert
b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Michael

(Potsdam)

der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Swen
Schulz (Spandau), Jörg Tauss, Nicolette Kressl,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Mit Innovationsförderung den Aufbau Ost
weiter voranbringen

– Drucksache 16/3294 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Haushaltsausschuss

c) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesre-
gierung

Nationales Reformprogramm Deutschland
Innovation forcieren – Sicherheit im Wandel
fördern – Deutsche Einheit vollenden

– Drucksache 16/313 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für Tourismus
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Ausschuss für Kultur und Medien
Haushaltsausschuss

d) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Verkehr, Bau und
Stadtentwicklung (15. Ausschuss)


– zu der Unterrichtung durch die Bundesregie-
rung

Jahresbericht der Bundesregierung zum
Stand der deutschen Einheit 2005

– zu dem Entschließungsantrag der Abgeordne-
ten Arnold Vaatz, Ulrich Adam, Peter Albach,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
CDU/CSU sowie der Abgeordneten Stephan

(Neuruppin)

tion der SPD zu der Unterrichtung durch die
Bundesregierung

Jahresbericht der Bundesregierung zum
Stand der deutschen Einheit 2005

– zu dem Entschließungsantrag der Abgeordne-
ten Joachim Günther (Plauen), Cornelia Pieper,
Jens Ackermann, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der FDP zu der Unterrichtung
durch die Bundesregierung

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(C (D Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der deutschen Einheit 2005 – zu dem Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch, Roland Claus, Dr. Dietmar Bartsch, Dr. Lothar Bisky und der Fraktion der LINKEN zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der deutschen Einheit 2005 – Drucksachen 15/6000, 16/650, 16/693, 16/692, 16/1200 – Berichterstattung: Abgeordnete Volkmar Uwe Vogel Petra Weis Dr. Ilja Seifert Peter Hettlich P 2 Beratung des Antrags der Abgeordneten Roland Claus, Dr. Gesine Lötzsch, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN Beendigungsgesetz zum Berlin/Bonn-Gesetz – Drucksache 16/3284 – Überweisungsvorschlag: Innenausschuss Haushaltsausschuss Zum Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand er deutschen Einheit 2006 liegt ein Entschließungsanrag der Fraktionen von CDU/CSU und SPD vor. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für ie Aussprache 90 Minuten vorgesehen. – Ich höre keien Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort zuächst dem Bundesminister Wolfgang Tiefensee für die undesregierung. Wolfgang Tiefensee, Bundesminister für Verkehr, au und Stadtentwicklung: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her en! Der 9. November ist ein geschichtsträchtiger Tag: 918, 1938, 1989. Ich habe in der Zeit, in der ich Oberürgermeister der Stadt Leipzig sein durfte, jedes Jahr an er Gedenkstätte in der Gottschedstraße der brennenden ynagogen in der so genannten Reichspogromnacht am . November 1938 gedacht. In der deutschen Geschichte bekommt aber der . November durch das Jahr 1989 noch eine andere Akentsetzung: Die Mauer ist gefallen. Endlich, nach 0 Jahren Diktatur, waren die Grenzen wieder frei und ie Menschen in den, wie wir heute sagen, neuen Bunesländern verfügten über alle demokratischen Rechte, ie ihnen zuvor versagt waren. Ich werde diesen Tag nie ergessen. Ihm ging übrigens der 9. Oktober 1989 mit en entscheidenden Demonstrationen in Dresden, Leipig, Zwickau und anderswo voraus. Bundesminister Wolfgang Tiefensee Jetzt sind wir im Jahr 2006. Mit dem Bericht zur deutschen Einheit ziehen wir wiederum, wie jedes Jahr, ein Resümee. Wir stellen fest, es ist eine Menge erreicht, aber es ist auch noch ein großes Stück Arbeit zu leisten. Deshalb scheint mir am Anfang die Feststellung wichtig, dass es ein Sowohl-als-auch gibt: Einerseits ist in unzähligen Politikfeldern, in den Städten und Gemeinden vieles gelungen; andererseits gibt es eine Reihe von schweren Sorgen, Ängsten und Herausforderungen. Wenn man diesen Bericht liest, wird man feststellen, dass schon in der Präambel auf diese Ambivalenz eingegangen wird. Diejenigen, die meinen, es sei alles gut, gehen fehl, und diejenigen, die meinen, die deutsche Einheit sei in keiner Weise vollendet, malen ein schwarzes Bild an die Wand, das ebenfalls nicht der Realität entspricht und darüber hinaus demotiviert. Wir haben in diesem Bericht in aller Offenheit sowohl das Gute, das Gelungene angesprochen als auch darüber berichtet, was noch zu tun ist. Vor Deutschland, und zwar über alle Himmelsrichtungen hinweg, steht die große Herausforderung, den wirtschaftlichen Aufschwung in den neuen Bundesländern so zu stabilisieren, dass er selbsttragend ist und spätestens im Jahr 2019 ohne Sonderzuwendungen in den großen, kleinen und mittleren Städten und Gemeinden und im ländlichen Raum eine Stabilität erzeugt, die uns in die Lage versetzt, dann im normalen Länderfinanzausgleich zu wirtschaften. Die Herausforderung ist, den Arbeitsmarkt so zu gestalten, dass die Disparität zwischen der Arbeitslosenquote West und der Arbeitslosenquote Ost beseitigt wird und dass die Menschen, die mit ihren Händen und mit ihrem Kopf das Geld selbst verdienen wollen, diese Möglichkeit erhalten und nicht auf Alimente angewiesen sind. Wir haben ganz positive Entwicklungen zu verzeichnen. Nehmen Sie die industrielle Entwicklung: im ersten Halbjahr 2006 9,8 Prozent Zuwachs in den neuen Bundesländern; in den alten Bundesländern sind es 4,4 Prozent. Nehmen Sie die Anzahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze, die gegenwärtig im Osten leicht stärker zunimmt als im Westen. Nehmen Sie die Exportquote, die in den neuen Bundesländern stärker ansteigt, insbesondere – im Jahr 2005 18 Prozent Steigerung – beim Export in die neuen Mitgliedstaaten der EU. Wir partizipieren davon. Das sind positive Entwicklungen, die man auch an Industrieansiedlungen wie First Solar in Frankfurt/Oder und AMD, dem neuen Chipwerk in Dresden, festmachen kann. Wir haben in dem Bericht sieben zentrale Felder beschrieben, auf denen wir ganz besonders tätig werden wollen. Das erste dreht sich um die Investorenwerbung. Wir brauchen kleinere, mittlere, auch große Unternehmen aus Westeuropa, aus den USA, aus Japan, die sich von den Vorzügen Ostdeutschlands überzeugen und Unternehmen ansiedeln. Das ist bereits geschehen und muss verbessert werden. Wir brauchen ein einheitliches Bild, das wir nach außen kommunizieren. Dazu wollen w f b c n e b l e l R H I e z d i c g a s h g d w d v g r D H h l B L ü e n u d S M m M A e n W b E S J (C (D ir das Industrial Investment Council, die Einrichtung ür die neuen Bundesländer, mit Invest in Germany verinden. Mit meinem Kollegen Glos haben wir die Weihen gestellt. Wir werden im nächsten Jahr, 2007, mit och mehr Geld als zuvor – statt 11 Millionen Euro sind s 16 Millionen Euro pro anno – einen deutlichen Schub ei der Akquise von Unternehmen für die neuen Bundesänder und für Deutschland insgesamt schaffen. Das ist in Auftritt, den wir dringend brauchen. Wir wollen alle Wachstumskerne, die kleinen, mitteren und großen, und gleichzeitig den ländlichen aum um diese Zentren herum entwickeln. Vor dieser erausforderung stehen wir. Wir haben deshalb die nvestitionszulage zeitlich verlängert. Dies ermöglicht s allen neuen Bundesländern, in der Breite Voraussetungen dafür zu schaffen, dass sich Mittelstand ansieelt. Es gibt ferner die GA-Förderung, die ganz speziell n den Wachstumszentren und in den Wachstumsbranhen Impulse setzen wird. Ich bin stolz darauf, dass wir mit einer Fülle von Prorammen, die nicht zuletzt im Wirtschaftsministerium, ber auch im Haus der Kollegin Schavan angesiedelt ind, Instrumente für die neuen Bundesländer entwickelt aben. In einer Innovationskonferenz, die die Kollegin estern abgehalten hat, ist ein Memorandum verabschieet worden, mit dem deutliche Akzente gesetzt werden, ie wir im Osten vorgehen wollen. Ich freue mich über ieses gemeinsame Bemühen, die neuen Bundesländer oranzubringen. Wir müssen auch über den Arbeitsmarkt reden. Dort ibt es positive Entwicklungen. Im Oktober dieses Jahes betrug die Arbeitslosenquote ungefähr 15,7 Prozent. as ist im Vergleich zu der Quote im Vorjahresmonat in öhe von 16,9 Prozent eine deutliche Verbesserung. Wir offen und wir arbeiten daran, dass sich diese Entwickung verstetigt. Denn das Hauptproblem in den neuen undesländern ist eine sich zunehmend verfestigende angzeitarbeitslosigkeit. Immer mehr Menschen sind ber ein, über zwei, manche sogar drei Jahre weg vom rsten Arbeitsmarkt und finden keinen Zugang in das ormale Arbeitsleben. Wer die Situation in den neuen Bundesländern kennt nd sich damit beschäftigt, weiß, es geht nicht nur um ie Vermittlung von Arbeit, sondern es geht auch um den inn des Lebens und um die Würde der betroffenen enschen. Neben der Weiterentwicklung der Wirtschaft uss es daher unsere Hauptanstrengung sein, dass wir enschen in der Phase, in der sie keinen Platz am ersten rbeitsmarkt finden, eine würdevolle Beschäftigung rmöglichen, damit sie ein sinnvolles Leben führen könen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist der demografische andel, von dem die neuen Bundesländer besonders etroffen sind. Auch hier gibt es ganz unterschiedliche ntwicklungen. Es gibt ländliche Regionen und kleinere tädte, die an Bevölkerung verlieren. Insbesondere die ungen und Kreativen gehen; die Alterspyramide ver Bundesminister Wolfgang Tiefensee kehrt sich dort. Auf der anderen Seite gibt es Städte, in denen der Saldo nicht nur ausgeglichen ist, sondern die eine positive Bevölkerungsentwicklung aufweisen. Auch hier gilt: sowohl als auch. Wir nutzen Instrumente wie den Stadtumbau Ost – die Mittel für dieses Programm stocken wir deutlich auf –, damit die Städte und Gemeinden reagieren können. Wir nutzen das Programm „Soziale Stadt“, um einen besonderen Fokus auf die örtliche Wirtschaft zu legen. Wir wollen etwas dafür tun, dass Jugendzentren entstehen und dass ein generationenübergreifendes Wohnen möglich ist. Das alles sind Vorhaben, die besonders in den neuen Bundesländern wichtig sind. Denn hier zeigen sich wie in einem Brennglas Entwicklungen, die später in ganz Deutschland Wirkung zeigen könnten. Wir müssen die mit diesen Entwicklungen verbundenen Probleme insbesondere in den neuen Bundesländern in den Griff bekommen. Ich möchte den Bogen schlagen zum 9. November 1938. Mit großer Beunruhigung und mit Empörung sehen wir die Entwicklung in Bezug auf einen neuen Rechtsradikalismus. Es kann nicht hingenommen werden, dass besonders in einigen Regionen in den neuen Bundesländern zu bestimmten Tageszeiten Menschen mit anderer Hautfarbe sich nicht sicher fühlen und sich nicht auf die Straße trauen. Aus diesem Grunde gilt es, insbesondere angesichts des Spannungsfeldes 9. November 1938/9. November 1989 mit allen Anstrengungen, auch mit finanzieller Unterstützung, dieser Entwicklung entgegenzutreten. Ich wünsche mir, dass wir – dies ist im Bericht der siebte Punkt – besonderen Wert auf die Förderung des zivilen Engagements, also des Engagements der Bürgerinnen und Bürger, auch in den neuen Bundesländern legen. Politik kann viel. Sie kann Rahmenbedingungen setzen und finanzielle Ressourcen bereitstellen. Der Aufschwung Ost passiert aber vor allem vor Ort. Dazu sollten wir motivieren und unsere Unterstützung geben. Vielen Dank. Ich eröffne die Aussprache. Für die FDP erhält zu nächst der Kollege Joachim Günther das Wort. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, Sie haben auf den denkwürdigen 9. November als einen geschichtsträchtigen Tag hingewiesen. Das ist richtig, dem gibt es nichts hinzuzufügen. Wir haben heute trotzdem ein Novum, denn wir haben zum zweiten Mal in diesem Jahr den Bericht zur Einheit der Nation vor uns. Das liegt daran, dass wir im vergangenen Jahr in diesem Land überstürzt Neuwahlen durchgeführt haben. Daran muss man auch einmal erinnern! In der Zeit nach den Neuwahlen gingen auch die Bürger im O K d s L d s E w A f d d t J s t q 9 O d m n Z s i b n W g l b g a s A S w u v h w S D h S I (C (D sten Deutschlands davon aus: Wir haben eine große oalition. Diese große Koalition kann große Entscheiungen bringen. Sie hat die Macht dazu. – Diese Menchen warten heute noch auf den Ruck, der durch unser and gehen könnte. Wo sind Sie in vielen Bereichen mit Ihren Entscheiungen geblieben? Sie haben sich in der Koalition mit ich selbst beschäftigt. Unsere Bevölkerung erwartet ntscheidungen vor Ort, damit sie merkt: Dieses Land ird regiert und wird nicht bloß verwaltet. uch das muss man noch einmal sagen: Ihr größter Relex war zuerst der Griff in die Taschen der Bürger, inem Sie die höchste Steuererhöhung in der Geschichte er Bundesrepublik auf den Weg gebracht haben. Das rifft alle in Deutschland und das werden im nächsten ahr alle sehr deutlich spüren. Unter diesen Gesichtspunkten müssen wir Arbeitsloigkeit, Steuererhöhungen, Abwanderungen und Investiionen in diesem Bericht betrachten. Die Arbeitslosenuote in Deutschland ist zwar im Moment mit ,8 Prozent zum Glück etwas niedriger, aber sie ist im sten mit 15,7 Prozent gegenüber 8,2 Prozent in den aneren Ländern fast doppelt so hoch. Allein diese Zahl acht deutlich, dass die Arbeitsmarktprobleme in den euen Ländern von besonderer Bedeutung sind. Dem iel der Schaffung neuer Arbeitsplätze sind alle Antrengungen unterzuordnen. Die Kürzung von ALG II, über die Sie diskutieren, ist n dieser Situation zweitrangig. Wir als FDP werden Sie ei allen Maßnahmen unterstützen, die der Schaffung euer Arbeitsplätze dienen. (Zuruf des Abg. Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


(Beifall im ganzen Hause)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1606300100

(Beifall bei der FDP)

Joachim Günther (FDP):
Rede ID: ID1606300200

(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)


ir werden Ihnen helfen, auch wenn es um Regelungen
eht, bei denen zur Diskussion steht, dass Arbeitsunwil-
ige in Arbeit kommen. Wir werden Ihnen aber nicht da-
ei helfen, die Hilflosigkeit, die sich in vielen Ihrer Pro-
ramme zeigt, auf dem Rücken der Arbeitslosen
uszutragen.


(Beifall bei der FDP)


Wir werden auch nicht müde werden, darauf aufmerk-
am zu machen, dass Arbeitsplätze eben nicht durch
BM oder durch Arbeitsmarktregulierungen entstehen.
ie entstehen dann, wenn es den Unternehmen gut geht,
enn sie Gewinne erwirtschaften können und investieren
nd wenn auch ausländische Unternehmen sich wieder
erstärkt in Deutschland ansiedeln. Aus diesem Grund
aben wir als FDP für den Osten Deutschlands immer
ieder Sonderregelungen gefordert. Wir haben die
chaffung von Modellregionen gefordert. Das sind
inge, die kein Geld kosten. Das Land Sachsen-Anhalt
at Ihnen die Schaffung von Modellregionen angeboten.
ie wollten den Modellversuch durchführen. Viele von
hnen – auch von der SPD – haben dies damals






(A) )



(B) )


Joachim Günther (Plauen)

unterstützt. Es ist nichts daraus geworden. Das sind
Dinge, die wir eigentlich verschenken.

Ich nenne auch den Solidarpakt. Wir als FDP haben
uns dafür eingesetzt, dass der Solidarpakt nicht gekürzt
wird, weil er dem Aufbau der Infrastruktur sowie inno-
vationsfördernden Maßnahmen dient. Das sind die
grundlegenden Dinge, die der Osten Deutschlands für
den Aufschwung braucht.


(Stephan Hilsberg [SPD]: Die sind ja auch garantiert!)


Diese Mittel brauchen wir auch in den nächsten Jah-
ren. Hier liegt die Betonung aber auf Investitionen. Es
ist gut, dass ich hier sagen kann, dass die Solidarpakt-
mittel 2005 in Sachsen auch ausschließlich für Investi-
tionen eingesetzt wurden. Auch hierüber haben wir
schon öfter gesprochen. Es gibt Länder, die diese Mittel
für andere Zwecke einsetzen. Seit gestern ist in der
Presse nachlesbar, dass Sie scheinbar über eine neue De-
finition nachdenken. Zumindest der Ministerpräsident
von Thüringen hat diese Definition auf den Weg ge-
bracht. Ich bin der Meinung, wir sollten nicht über neue
Definitionen nachdenken oder neue und andere Ausre-
den suchen. Wir sollten diese Mittel konsequent für In-
vestitionen in den neuen Bundesländern einsetzen.


(Beifall bei der FDP)


Zu Ostdeutschland als Standort für Direktinvestitio-
nen: Herr Minister, diesen Punkt haben Sie vor kurzem
in einer Studie untersuchen lassen. Sie bestätigen, dass
Ostdeutschland ein idealer Standort für Investitionen aus
dem Ausland ist. Auch hier kann ich Ihnen sagen: Wir
haben bereits im Jahr 2004 einen Antrag eingebracht,
der dieses Konzept für die neuen Bundesländer gefordert
hat und der im Prinzip genau diese Standortvorteile zum
Inhalt hat. Hätten wir diesen unseren Antrag schon 2004
umgesetzt, hätte man sich diesen Bericht und die inzwi-
schen verstrichene Zeit sparen können. Wir wären dann
einen großen Schritt weiter gewesen.

Zu den Investitionen zählen auch Investitionen in den
Straßen- und Schienenbau. „Rahmenplan für Verkehrs-
investitionen“ haben Sie Ihren so genannten Fünfjahres-
plan genannt. Herr Minister, Ihre Anpreisungen stehen
– das muss ich offen sagen – in einem offenen Wider-
spruch zur Realität.


(Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/ CSU)


Viele wichtige Projekte sind unberücksichtigt geblieben.
Nehmen wir nur einmal Sachsen – ich bin für konkrete
Zahlen –: 153 Projekte waren im Bundesverkehrswege-
plan 2003 aufgeführt, 106 im Vordringlichen Bedarf.
Gerade einmal 36 sind jetzt im IRP übrig geblieben.
Wenn man diese genauer betrachtet, stellt man fest, dass
von diesen 36 Projekten bereits 31 im Bau, fertig gestellt
oder in der Planung sind. Es geht noch um fünf Neubau-
projekte. Das ist meines Erachtens eine Situation, die mit
den Vorstellungen von vor zwei, drei Jahren nichts mehr
zu tun hat.


(Beifall bei der FDP)


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(C (D rund dafür ist – das muss man sagen –, dass für den ernstraßenausbau nicht mehr Geld, wie Sie im Koali ionsvertrag angekündigt haben, zur Verfügung steht, ondern weniger. 2007 sind es knapp 4,5 Milliarden uro. 2005 waren es 5,3 Milliarden Euro. Nun kann man lange darüber diskutieren, wie das zutande kommt. Das ist im Regelfall ein einfacher Trick: an zieht die alte Mittelfristplanung heran; sie wurde och von der Regierung Schröder auf den Weg gebracht nd nie im Plenum beraten. Diese Zahlen nehmen Sie zur rundlage und das ist meines Erachtens einfach unfair. Man könnte vieles zur demografischen Entwicklung nd zur Stadtentwicklung sagen; Sie haben es angesprohen. Hier gibt es viele positive und viele negative Beipiele. Die Stadtumbauprogramme sind – da gebe ich Ihen ausdrücklich Recht – erfolgreich. Sie haben uns in ielen Bereichen vorangebracht. Gestatten Sie mir, an diesem denkwürdigen . November zum Abschluss Folgendes zu sagen: Für ie Sicherung der Arbeitsplätze haben die ostdeutschen ürger – das möchte ich deutlich für sie feststellen – vie es auf sich genommen: weniger Urlaub, einen geringeen Verdienst und längere Arbeitszeiten. Da sie das auf ich nehmen, sollten wir Politiker ihnen zumindest das rmöglichen, was wir tun können. Schaffen wir endlich chnellere Genehmigungsverfahren, weniger Bürokratie nd eine ordentliche Schulbildung! Wir sind dazu bereit. Das Wort hat nun der Kollege Arnold Vaatz für die DU/CSU-Fraktion. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der FDP)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1606300300


Arnold Vaatz (CDU):
Rede ID: ID1606300400

Herr Präsident! Frau Bundeskanzlerin! Meine sehr

erehrten Damen und Herren! Als ich heute vor
7 Jahren um 23 Uhr den Deutschlandfunk gehört hatte,
ackte mich plötzlich das Entsetzen. Ich war keineswegs
egeistert. Denn ich konnte mir nur vorstellen, dass die
egierung der DDR, um ihre Haut zu retten,
00 000 Leute in den Westen entkommen lässt in der
orstellung, mit dem Rest werde man leicht fertig. Das
ar mein erster Gedanke.


(Lachen bei Abgeordneten der LINKEN – Klaus Uwe Benneter [SPD]: Das war kurz gedacht! – Zuruf von der LINKEN: Und Sie hatten Angst, dabei zu sein?)


Ich finde es zynisch, dass Sie von dieser Bank aus da-
über lachen.


(Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der SPD sowie bei der FDP)


Dieser 9. November ist eines der glücklichsten und
irklich eines der größten Ereignisse, die die deutsche
eschichte überhaupt zu bieten hat.






(A) )



(B) )


Arnold Vaatz

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Man darf keinen Jahrestag der deutschen Einheit und des
Mauerfalls verstreichen lassen, ohne das zu betonen. Wir
verdanken diese Entwicklung zuallererst den Menschen
in Ostdeutschland.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wir verdanken es allerdings nicht allein den Ostdeut-
schen. An dieser Stelle ist es notwendig, festzustellen:
Hätte die Politik von Michail Gorbatschow uns nicht er-
mutigt, zu handeln, unsere Besorgnisse und Ängste bei-
seite zu lassen und zu überwinden, wäre dieses Ereignis
nicht geschehen. Hätten die Solidarność, die ungarischen
und die tschechischen Freunde mit ihrem ständigen
Drängen nicht dafür gesorgt, dass die Situation offen
bleibt, hätten wir es wahrscheinlich nicht geschafft.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Auch vor dem Hintergrund, dass eine deutsche Bundes-
kanzlerin, die aus Ostdeutschland stammt, im nächsten
Jahr die Ratspräsidentschaft der Europäischen Union
übernehmen wird, ist diese Entwicklung sehr bedeutend.
Sie hat Europa Frieden, Sicherheit und Integration ge-
bracht und diejenigen nicht ausgeschlossen, die die not-
wendige Vorarbeit für den Mauerfall geleistet haben.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Leider gibt es auch Dinge, die uns bedenklich stim-
men müssen. Ich halte es für einen Zynismus der Ge-
schichte, dass gerade diejenigen, die sich zu DDR-Zeiten
mit der Abwesenheit von Demokratie arrangierten oder
sogar geholfen haben, die Diktatur zu stützen, im Allge-
meinen damit rechnen konnten, dass ihnen ihre damals
erworbenen Besitzstände erhalten bleiben. Das wäre
nichts Schlimmes, wenn nicht auf der anderen Seite fest-
zustellen wäre, dass diejenigen, die sich in Ostdeutsch-
land für Demokratie und Freiheit eingesetzt und dafür
schwer gebüßt haben, heute damit konfrontiert sind, ihre
damaligen Besitzstände verloren zu haben. Das kann
nicht der Endzustand sein.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Aus diesem Grunde haben wir eine entsprechende
Regelung im Koalitionsvertrag getroffen. Wir wissen,
dass wir etwas für die Opfer der Diktatur in der DDR
tun müssen, insbesondere für diejenigen, die langjährige
Haftstrafen auf sich nehmen mussten. Kaum jemand
kann heute ermessen, was das bedeutet hat. Deshalb ha-
ben wir uns dazu bekannt, die Mittel für die Häftlingshil-
festiftung aufzustocken und die Anerkennung verfol-
gungsbedingter Gesundheitsschäden zu erleichtern. Wir
wollen auch eine Opferpension einrichten. Das ist Inhalt
unseres heute vorliegenden Entschließungsantrages. Ich
finde, das ist ein Schritt nach vorn. Ein entsprechender
Gesetzentwurf von einigen ostdeutschen Bundesländern
liegt bereits auf dem Tisch. Lasst uns zügig handeln; die

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(C (D eute werden älter. Wir sind hier schon viel zu lange in erzug. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


17 Jahre nach dem Mauerfall ist sehr viel in Ost-
eutschland geschehen. Wer davor die Augen ver-
chließt, der lügt. Ich weiß nicht, wer von denen, die da-
als hilflos den allgemeinen Zerfall im Osten

ufzuhalten versuchten, sich in seinen kühnsten Träu-
en einen Ausbau unserer Infrastruktur ausmalen

onnte, wie wir ihn heute haben. Wir haben sanierte
tädte, saubere Flüsse, eine sauberere Luft und ein leis-

ungsfähiges Straßennetz. Das alles ist Ergebnis gesamt-
eutscher Solidarität. Ich nutze diesen Augenblick, um
afür Dank zu sagen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ch halte es für eine großartige Leistung unserer Demo-
ratie – übrigens für eine Leistung, um die uns die ganze
elt beneidet –, dass die Auflegung des Fonds „Deut-

che Einheit“ möglich war, dass zwei Solidarpakte auf
en Weg gebracht worden sind und dass es uns gelungen
st, eine stärkere Annäherung von Ost und West zustande
u bringen, als es in Italien in 150 Jahren gelungen ist.
as ist die Realität.


(Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Dr. Guido Westerwelle [FDP])


Es wird immer wieder die Frage gestellt: Kann Ge-
amtdeutschland aus den Erfahrungen Ostdeutschlands
utzen ziehen? Seit letzter Woche sind wir so weit;


(Lachen und Zustimmung bei Abgeordneten der LINKEN)


ir haben das Infrastrukturplanungsbeschleunigungs-
esetz verabschiedet. Damit ist erstmals eine Regelung,
ie sich in Ostdeutschland bewährt hat, weil dadurch die
ürokratie reduziert wurde, Kollege Günther, zu einer ge-

amtdeutschen Regelung geworden, zumindest dem Sinn
ach. Das halte ich für richtig und für gut. Ergebnis unse-
er parlamentarischen Arbeit ist auch, dass es uns in
aushaltspolitisch schwierigen Zeiten gelungen ist, die
nvestitionszulage zeitlich zu verlängern. Dadurch soll
eholfen werden, die Arbeitsplatzdichte in Ostdeutsch-
and zu erhöhen. Auch das halte ich für einen Erfolg.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Natürlich hat der Minister vollkommen Recht, wenn
r sagt: Die Arbeitslosigkeit, insbesondere die Langzeit-
rbeitslosigkeit, bleibt in Ostdeutschland ein Kernpro-
lem. In dieser Frage gibt es zwar noch lange keine Ent-
arnung. In diesem Jahr sehen wir aber zum ersten Mal

in kleines Entspannungszeichen. Wir sollten nicht da-
über hinwegsehen, dass wir nun zum ersten Mal seit
ehreren Monaten einen leichten Rückgang der Arbeits-

osigkeit in Ostdeutschland verzeichnen können.


(Cornelia Behm [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dank der Maßnahmen der vorherigen Regierung!)







(A) )



(B) )


Arnold Vaatz
Wir sollten zur Kenntnis nehmen, dass sich die Arbeits-
losigkeit in Sachsen auf dem niedrigsten Stand seit zehn
Jahren befindet. Das deutet darauf hin, dass unsere ge-
meinsame Arbeit beginnt, Früchte zu tragen. So viel Zeit
muss sein, um das einmal erwähnen zu können. Das Pro-
blem haben wir aber noch lange nicht gelöst.

Mit einem anderen Problem müssen wir uns ebenfalls
noch befassen: mit der Haushaltslage der ostdeutschen
Länder. Lassen Sie mich auch darauf kurz eingehen.
Wir hören regelmäßig, dass ein Großteil der Mittel aus
dem Solidarpakt falsch eingesetzt wird, nämlich zum
Stopfen von Haushaltslöchern. Die ostdeutschen Länder
sagten uns früher: Dann ändert doch die Kriterien. Dazu
sage ich: Mit diesen degressiv ausgestalteten Mitteln
kann ich keine einzige Stelle bezahlen. Auch Schulden-
dienst kann ich mit keinem Cent daraus leisten. Nach
dem Jahr 2019 werden die Solidarpaktmittel nämlich auf
null zurückgegangen sein. Demzufolge ist es gar nicht
möglich, die Mittel aus dem Solidarpakt II/Korb I anders
als in der beschriebenen Weise einzusetzen.


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist aber eine Rabulistik hier!)


Das kann die Politik nicht wegdefinieren. Wir müssen
darauf achten, dass die Gelder bestimmungsgemäß aus-
gegeben werden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Es würde auch keinen Sinn ergeben, wenn sich der
Bund verschuldet, um die ostdeutschen Länder zu ent-
schulden. Es kann auch nicht sein, über die Ausgabe von
Solidarpaktmitteln zur Schuldentilgung zu reden, so-
lange sich die ostdeutschen Länder Jahr für Jahr neu ver-
schulden.

Aus diesen Gründen sollten wir es begrüßen, dass
sich die Länderfinanzminister mit dem Bundesfinanzmi-
nister im Juni dieses Jahres auf eine Definition des
Korbes I geeinigt und sich verpflichtet haben, die ent-
sprechenden Mittel investiv einzusetzen. Diesen Über-
einkünften müssen aber Taten folgen; auch das muss klar
sein.

Eine kurze Bemerkung zu dem Berlinurteil. In letzter
Zeit haben sich die Gemüter sehr damit beschäftigt. Ich
glaube, dass das Urteil für Berlin nicht leicht zu tragen
ist. Ein Urteil, das zur Folge hätte, dass sparsame Länder
für ihre Haushaltsdisziplin bestraft würden, hätte diesen
Ländern jedoch jede Motivation zur Fortsetzung ihrer
Politik der Haushaltsdisziplin genommen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Aus diesem Grund sollte niemand mit diesem Urteil
hadern. Wir sollten vielmehr nach vorne schauen und
ausloten, welche Möglichkeiten es gibt, mit Berlin soli-
darisch zu sein. Dafür müssen allerdings drei Randbe-
dingungen gelten: Das ist erstens die Absicht, Sparsam-
keit nicht zu bestrafen, zweitens die Würdigung der
Leistungen, die Berlin als Hauptstadt für unser Land er-
bringt, und drittens die Nutzung aller Sparpotenziale, die
das Land Berlin hat.

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(C (D Lassen Sie mich zum Schluss kommen. ch bin der Meinung, dass wir in Ostdeutschland alle öglichkeiten haben, vernünftige Vorkehrungen für die ukunft zu treffen. Unsere Förderpolitik war erfolgreich. s ist falsch, die Leuchtturmpolitik immer wieder in eien Gegensatz zur Förderung der ländlichen Räume zu ringen. Wenn die Wachstumskerne aus der ersten Liga bsteigen, haben auch die ländlichen Gebiete nichts zu achen. Das muss klar sein. Durch die harte Arbeit der aushaltskonsolidierung und die klare Benennung der robleme in Ostdeutschland können wir die Menschen berzeugen. Das sollten wir tun. Ich bin davon übereugt, dass wir damit den destruktiven Kräften, insbeondere dem Rechtsradikalismus, den Boden entziehen. Vielen Dank. Nächster Redner ist der Kollege Dr. Lothar Bisky, raktion Die Linke. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich finde s richtig, Herr Minister, dass Sie auf die historische Beeutung des 9. November in seiner ganzen Widersprüchichkeit aufmerksam gemacht haben. Ich finde es gut, dass es einen leichten Rückgang der rbeitslosigkeit im Osten gibt, aber – auch das geht aus hrem Bericht eindeutig hervor – die Arbeitslosigkeit ist m Osten noch immer doppelt so hoch wie im Westen nd die Löhne bleiben niedriger. Lediglich die Höhe der ifferenz zum Westeinkommen gestaltet sich von Bran he zu Branche unterschiedlich. Ostdeutschland ist das xperiment für ein Billiglohnland. Nach neoliberalen laubenssätzen müsste eigentlich ein Paradies für das apital entstanden sein. Das Kapital kommt trotzdem ur äußerst zögerlich, wenn überhaupt. tattdessen wandert die Jugend in den Westen ab – eine erhängnisvolle Entwicklung. Das darf so nicht bleiben. ie trösten sich immer wieder damit, dass es Differenierungen im Osten gibt – völlig einverstanden, die gibt s – und dass Sie manchen Leuchtturm in der Brache usmachen können. Um nicht falsch verstanden zu weren: Ich habe nichts gegen Leuchttürme – wie könnte ich uch? Zumal auch meine Partei dort, wo sie in Regieungsoder in kommunaler Verantwortung gestanden hat nd steht, zu deren Entwicklung einen Beitrag geleistet at und dies auch weiterhin tun wird. ber die Leuchttürme und die blühenden Spaßbäder (Stephan Hilsberg [SPD]: Was ist denn das für ein Bild? Herr Bisky, Sie waren schon mal besser!)


(Zuruf von der LINKEN: Endlich!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1606300500

(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Lothar Bisky (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1606300600

(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)







(A) )



(B) )


Dr. Lothar Bisky
sind eben nicht das Ganze, sie sind nur ein Teil der
Wahrheit und sie können nicht verschleiern, dass der seit
nunmehr 16 Jahren gefahrene Regierungskurs geschei-
tert ist, ein Kurs, mit dem alles zu delegitimieren ver-
sucht worden ist, was einmal in der DDR gewesen war,
und der Aufbau Ost schlicht und dogmatisch als Nach-
bau West betrieben wurde. Nun leugne ich nicht, dass es
vernünftige Dinge gegeben hat, die man so übernehmen
konnte – um Gottes willen!


(Lachen bei der CDU/CSU und der SPD)


Aber mich stört die Dogmatik. Dieser Kurs ist geschei-
tert und das ist längst nicht nur ein Ostproblem, sondern
ein Problem des ganzen Landes, ein Einheitsproblem
eben.


(Beifall bei der LINKEN)


Denn die ganze Republik muss sich den neuen Heraus-
forderungen der Weltwirtschaft, des Klimawandels und
der Umbrüche in der Arbeitsgesellschaft stellen. Die
Transformation des Ostens ist dabei nur ein Teilaspekt.

Ein Umsteuern muss her, ein Neuanfang. Um diesen
in Gang zu setzen, bedarf es hin und wieder eines Rück-
blicks. Die Bilanz in Sachen Einheit ist unter anderem
deshalb teilweise so ernüchternd, weil der Kardinalfeh-
ler, der am Anfang gestanden hat, nämlich den Le-
bensalltag der Menschen in den alten Bundesländern
nicht um die Erfahrungen aus der DDR zu bereichern,
und zwar um die guten wie um die schlechten, nicht
überwunden worden ist.


(Beifall bei der LINKEN)


Denn aus beidem muss und kann die vereinigte Gesell-
schaft lernen. Keine Bundesregierung seit 1990 hat
ernsthaft den Versuch unternommen, zu sondieren, wel-
che der DDR-Erfahrungen interessant sein könnten. Alle
wurden ohne gründliches Nachfragen als Teufelszeug
ins Reich des Bösen verbannt, um das vereinfacht auszu-
drücken. Dabei gibt es Gutes und Bedenkenswertes; ich
sage das hier ganz sachlich


(Zuruf von der CDU/CSU: Zum Beispiel?)


– ich komme zu den Beispielen –, aber auch mit einem
gewissen ostdeutschen Selbstbewusstsein.

Nehmen wir etwa das Gesundheitswesen, das auf ei-
ner Art Bürgerversicherung von allen für alle basierte
und mit seinen Polikliniken patientennah war.


(Beifall bei der LINKEN – Stephan Hilsberg [SPD]: Aber auf welchem Niveau!)


Wenn Sie nun einwenden, dass es auch ärmer war, sage
ich Ja.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Das war eine Zweiklassenoder eine Dreiklassenmedizin!)


Es war auch technisch nicht immer auf dem höchsten
Niveau, da haben Sie Recht. Aber das lag weder an der
Bürgerversicherung noch lag es an den Polikliniken,


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Ihr habt Medikamente bekommen, die wir nicht bekommen s d W p r E u d s r v h u m d A N n N w S d w v r A K D a d s (C (D haben! – Volkmar Uwe Vogel [CDU/CSU]: Wer wurde denn in Berlin behandelt?)


ondern es lag an dem zu geringen Bruttoinlandspro-
ukt.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Wer hat im Westen Medikamente bekommen? – Volkmar Uwe Vogel [CDU/CSU]: Als ob alle in die Apotheke hätten gehen können!)


as also spricht dagegen, heute, wo das Bruttoinlands-
rodukt viel höher ist, eine solidarische Bürgerversiche-
ung unter Beachtung der vielen Erfahrungen und neuen
rkenntnisse neu anzudenken


(Beifall bei der LINKEN)


nd damit eine Gesundheitsreform zustande zu bringen,
ie die Bezeichnung „Reform“ verdient?

Nehmen Sie ferner das bis zur zehnten Klasse nicht
elektierende Schulwesen, durch das die Bestenförde-
ung und das Mitnehmen der Schwächeren miteinander
erbunden wurden. Ich sehe das nicht kritiklos. Finnland
at manches davon übernommen und den Fahnenappell
nd andere Dinge – völlig zu Recht – weggelassen. Da-
it hat es PISA-Werte erreicht, die deutlich höher als die

eutschen PISA-Werte liegen.


(Beifall bei der LINKEN – Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Man kann es sich auch gutdichten! Meine Güte!)


ber auch hier dominierte der ideologisch begründete
achbau West – koste es, was es wolle.


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist unter Ihrem Niveau!)


Wir sind uns darin einig, dass die DDR-Wirtschaft
icht effizient genug war. Niemand will sie schönreden.
atürlich war sie aber auch nicht ausschließlich Miss-
irtschaft.


(Zuruf von der CDU/CSU: Sondern?)


ie stempeln sie gerne als solche ab, weil Sie glauben,
amit eine immer währende Ausrede parat zu haben,
enn heute in der Wirtschaft die Säge klemmt. Dabei
ergessen Sie, welche Politik Sie in den ersten fünf Jah-
en der deutschen Einheit betrieben haben.


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Schuss geht nach hinten los!)


lle Betriebe, die den westdeutschen Unternehmen
onkurrenz hätten sein können, haben Sie plattgemacht.


(Beifall bei der LINKEN – Manfred Grund [CDU/CSU]: Das ist abenteuerlich!)


as SKET Magdeburg ist ein Beispiel dafür. Ich will
ber nicht zu viele Beispiele nennen.

Es geht doch darum: Die komplette Delegitimierung
es Ostens hat die vereinigte Gesellschaft nicht gestärkt,
ondern geschwächt


(Beifall bei der LINKEN)







(A) )



(B) )


Dr. Lothar Bisky
und genau zu dem geführt, was Sie heute immer wieder
beklagen, nämlich zu einem ostdeutschen Selbstbe-
wusstsein, mit dem zuweilen auch DDR-Positionen ver-
teidigt werden, die nicht zu verteidigen sind. Dies ist ein
Ergebnis Ihrer Politik und nicht das Ergebnis einer wie
auch immer von der Linkspartei.PDS verordneten Ostal-
gie. Wir sind nicht ostalgisch, aber wir sagen deutlich:
Ein Umsteuern, ein Neuanfang muss her.

Hören Sie auf, den Aufbau Ost allein und ausschließ-
lich als Nachbau West betreiben zu wollen! Beenden Sie
das Experiment, den Osten als Billiglohnland zu deklas-
sieren!


(Beifall bei der LINKEN)


Gleicher Lohn für gleiche Arbeit, gleiche Renten für
gleiche Lebensleistungen – das muss auf der Tagesord-
nung stehen, wenn man es mit der Vereinigung ernst
meint.

Ich freue mich, dass die Regelsätze im SGB II für die
von Hartz IV Betroffenen in Ost und West nun endlich
gleich sind. Sie sind in Köln und Frankfurt an der Oder
zwar viel zu niedrig, aber wenigstens gleich hoch. Das
sehe ich wohl.

Meine Damen und Herren, wer den Leuten jeden Tag
einhämmert, dass Armut und Unterschichten unabänder-
liches Resultat von wissenschaftlich-technischem Fort-
schritt und Wirtschaftsglobalisierung sind, der verfängt
sich immer mehr in einer Falle der Ausweglosigkeit. Die
Menschen werden demotiviert und mit ihren Zukunfts-
ängsten allein gelassen. Beginnen Sie doch endlich ein-
mal, darüber nachzudenken, welche Chancen es böte,
die Ost-Erfahrungen auf ihren Zukunftsgehalt hin zu
überprüfen.


(Beifall bei der LINKEN)


So kann vielleicht Einheit entstehen, eine Einheit, die
alle weiterbringt, die im Osten und die im Westen.

Ich bedanke mich.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1606300700

Das Wort hat nun die Kollegin Göring-Eckardt für die

Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!
Ich glaube, es ist gut, dass wir am Tag des Mauerfalls
noch einmal über die Bedeutung dieses Tages sprechen.
Schließlich hat er im Leben sehr vieler – wenn auch
nicht aller – sehr viel verändert.

Für uns alle hier hat sich zumindest verändert, dass
der Deutsche Bundestag in Berlin tagt. Für mich änderte
sich, dass ich in Freiheit und in Demokratie lebe und Ab-
geordnete dieses Hauses sein kann. Daneben konnte ich
übrigens meine mit ungefähr 15 Jahren begonnenen
Sparanstrengungen für eine Reise nach New York, die
ich als Rentnerin machen wollte – ich habe immer wie-
der 10-Mark-Scheine gespart –, etwas abkürzen. Inzwi-

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(C (D chen war ich schon in New York, obwohl ich noch nicht entnerin bin. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Menschen, die sich sonst vermutlich nie begegnet wä-
en, haben sich getroffen. Mein Kollege Volker Beck
ätte wohl nie seine familiären Spuren in Zwickau ver-
olgt, wenn die deutsche Einheit nicht Realität geworden
äre. Herr Bisky, auch den Satz „Es war nicht alles

chlecht“ hätten wir ohne deutsche Einheit wahrschein-
ich nicht in unseren Wortschatz übernommen.

An dieser Stelle will ich etwas zu der Frage sagen:
ie war das eigentlich mit den DDR-Schulen? Ja, ich

inde es richtig, noch einmal darüber nachzudenken, ob
ängeres gemeinsames Lernen verbunden mit stärkerer
ndividueller Förderung tatsächlich dazu führt, dass

ehr Kinder in der Schule Erfolg haben. Ich persönlich
in davon überzeugt. Das kann man auch sagen, Herr
isky. Aber wenn man das sagt, dann muss man gleich-
eitig auch darauf hinweisen, was dieses Schulsystem
it vielen Kindern in der DDR gemacht hat: Es hat sie

usgeschlossen und ihnen keine Entwicklungschance ge-
eben. Auch das muss in diesem Zusammenhang gesagt
erden, Herr Bisky.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Im Jahresbericht zum Stand der deutschen Einheit
üsste ein Stichwort, das darin vorkommt und auf das

ch eingehen möchte, eigentlich eine viel größere Rolle
pielen: der demografische Wandel. In vielen Regionen
stdeutschlands ist ein Bevölkerungsrückgang um
0 Prozent zu verzeichnen, zum Teil sind sogar 50 Pro-
ent prognostiziert. Diese Situation ist zu beklagen.
olfgang Tiefensee hat darauf hingewiesen, dass es

äufig gerade die Kreativen und die Leistungsträger
ind, die gehen.

Mir stellt sich vor diesem Hintergrund folgende
rage: Wie können wir dieser Entwicklung begegnen
nd dafür sorgen, dass die Menschen gerne bleiben bzw.
urückkommen? Ich glaube, dazu müssten wir das
hema Investitionen und Infrastrukturentwicklung ganz
eu definieren. Hierbei geht es nämlich nicht nur um
traßen. Herr Vaatz, was die Straßen betrifft, haben wir

n Ostdeutschland schon ziemlich große Fortschritte ge-
acht. Es geht aber um viel mehr. Es geht um den Aus-

au der Bildungsinfrastruktur, es geht um die Schaffung
amilienfreundlicher Strukturen, damit die Menschen
leiben und Investitionen im Osten getätigt werden, und
s geht – ich bin froh, dass dieses Stichwort im vorlie-
enden Bericht zum Stand der deutschen Einheit er-
ähnt wird – um die kulturelle Entwicklung, die für die

dentität sehr wichtig ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich sage das vor einem ganz konkreten Hintergrund:
ie thüringische Landesregierung diskutiert gerade sehr
ehement darüber, die Ausgaben für Kultur im gesam-
en Bundesland zu reduzieren. Unternehmerinnen und






(A) )



(B) )


Katrin Göring-Eckardt
Unternehmer aus Rudolstadt haben gefordert: Nehmt
uns unser Orchester und unser Theater nicht weg! Wa-
rum? Weil sie sich gesagt haben: Wir brauchen Fach-
kräfte, die wir in unsere Region holen wollen. Wir brau-
chen qualifizierte Menschen, die hier bleiben sollen.
Ihnen müssen wir etwas bieten können, was über den
Arbeitsplatz hinausgeht. – Deswegen ist die kulturelle
Infrastruktur in Ostdeutschland von so zentraler Bedeu-
tung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Sie ist natürlich auch dann wichtig, wenn es um die
Identität und die Bindung an die eigene Region geht. Die
soziale Lage in Ostdeutschland muss, wie ich glaube,
noch tiefgehender beleuchtet werden. Es ist gut, dass die
Arbeitslosigkeit auch in manchen Regionen Ostdeutsch-
lands sinkt. Aber wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass
von der sinkenden Arbeitslosigkeit diejenigen am we-
nigsten betroffen sind, die es am nötigsten hätten: die
Langzeitarbeitslosen.

Die Spaltung der Gesellschaft ist im Osten Deutsch-
lands ein besonders gravierendes Problem. Ich meine die
Spaltung in diejenigen, die drin sind, und diejenigen, die
schon lange draußen sind und auch draußen bleiben wer-
den. Diesen Zustand dürfen wir nicht hinnehmen. Das
hat auf der einen Seite mit materieller Armut und auf der
anderen Seite mit dem zu tun, was wir mit dem Begriff
„Exklusion“ beschreiben. Wer nicht mitmachen und ak-
tiv mitwirken kann, der wird sich auch nicht für seine
Region einsetzen. Das, was Sie, Herr Tiefensee, in die-
sem Zusammenhang gesagt haben, stimmt mich ein biss-
chen hoffnungsvoll. Ich hoffe jedenfalls, dass wir darü-
ber noch mehr hören werden.

Ich bin davon überzeugt, dass wir für die, die seit lan-
gem draußen sind – das gilt besonders für diejenigen,
von denen wir wissen, dass sie am ersten Arbeitsmarkt
keine Chance mehr haben –, über kurz oder lang mithilfe
eines öffentlich geförderten Sektors etwas tun müssen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Bei den 1-Euro-Jobs hat sich eines sehr deutlich ge-
zeigt: Die Betroffenen waren sehr froh über diese Be-
schäftigungsmöglichkeit, aber sie fragen sich, warum
diese Jobs auf einen kurzen Zeitraum befristet sind. Ich
glaube, wir tun uns als Gesellschaft einen Gefallen,
wenn wir deutlich machen, dass wir diese Menschen
brauchen, und wenn die vielen Möglichkeiten tatsäch-
lich umgesetzt werden. Damit tun wir auch etwas für den
Einzelnen.

Zum Schluss. Der Bericht heißt ja „Bericht zum Stand
der deutschen Einheit“ und nicht: Bericht zum Aufbau
Ost. Es hat sicherlich auch etwas mit der Frage der Iden-
tität zu tun, dass es immer noch leichter ist, im Deut-
schen Bundestag Schwäbisch zu schwätzen, als im säch-
sischen Dialekt über Zwickau zu reden.

Vielen Dank.

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(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nichts gegen Schwäbisch!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1606300800

Ich erteile das Wort der Kollegin Andrea Wicklein,

PD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Andrea Wicklein (SPD):
Rede ID: ID1606300900

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Sehr geehrter Herr Minister, ich danke Ihnen
ür diesen klaren und ehrlichen Bericht zum Stand der
eutschen Einheit. Es gibt unbestreitbar große Erfolge,
ber nach wie vor stehen wir auch vor Herausforderun-
en, die Sie bereits konkret benannt haben.

Herr Bisky, wem haben wir denn die großen Erfolge
u verdanken? Diese enorme Leistung wurde doch von
en Menschen in Ostdeutschland vollbracht, die in den
etzten Jahren unglaublich viel dazulernen mussten.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ie haben aber auch ihre eigenen Erfahrungen und Kom-
etenzen in diesen Prozess eingebracht. Das muss in die-
em Zusammenhang ebenfalls deutlich gemacht werden.

Besonders erfreulich und bedeutend ist auch aus mei-
er Sicht das Wachstum im verarbeitenden Gewerbe, das
n den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres sogar
,3 Prozent betrug und damit – das wurde bereits gesagt –
oppelt so hoch ist wie in den alten Ländern. Das ist aus
einer Sicht ein deutliches Zeichen dafür, dass der
trauß von Förderinstrumenten und Förderprogrammen
irkung zeigt, sei es die Investitionszulage, die Pro-

rammfamilie „Unternehmen Region“ oder auch die
örderung im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Ver-
esserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“. Verbindet
an diesen Instrumentenmix zu einem Gesamtkonzept

nd konzentriert man die Instrumente auf die regionalen
tärken, dann werden Erfolge sichtbar.

Gerade mit der Gemeinschaftsaufgabe konnte in
stdeutschland viel erreicht werden. Mit diesem Instru-
ent wurden allein in den Jahren 2003 bis 2005

,2 Milliarden Euro von Bund und Ländern zur Verfü-
ung gestellt und damit Investitionen in Höhe von über
4 Milliarden Euro angeschoben. Damit wurden mehr
ls 66 000 Dauerarbeitsplätze und damit auch Ausbil-
ungsplätze geschaffen.

Viele Beispiele in Ostdeutschland zeigen, dass die
emeinschaftsaufgabe ein wirkungsvolles Förderinstru-
ent ist, das wir auch in Zukunft nicht weiter antasten,

ondern mit ausreichenden finanziellen Mitteln ausstat-
en sollten. In Brandenburg zum Beispiel hat sich in
chwarzheide durch die GA-Förderung ein wichtiger
hemiestandort entwickelt. Allein bei der BASF sind
000 Mitarbeiter beschäftigt. Ringsherum haben sich






(A) )



(B) )


Andrea Wicklein
zahlreiche Dienstleistungsunternehmen mit weiteren
1 000 Beschäftigten angesiedelt.

Diesen Erfolgen stehen große Herausforderungen ge-
genüber, die wir politisch gestalten müssen. Ich möchte
etwas zu einem wichtigen Punkt anmerken, der schon
mehrmals angesprochen wurde. Ob in Schwarzheide
oder in Wismar: Das Hauptkriterium für die Ansiedlung,
aber auch für den Fortbestand von Unternehmen sind die
vorhandenen Fachkräfte. Ostdeutschland zeichnet sich
durch hoch motivierte, leistungsbereite und gut qualifi-
zierte Fachkräfte aus. Diesen Standortvorteil haben wir.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Bereits heute wird aber in einigen Regionen und
Branchen ein Fachkräftemangel sichtbar. In Wismar bei-
spielsweise, wo ich erst kürzlich war, sucht die dort an-
sässige Werft händeringend 20 Schweißer. Anderswo
werden Ingenieure gebraucht. Durch den dramatischen
Geburtenknick nach der Wende ist die Zahl der Grund-
schüler teilweise bis unter 50 Prozent gesunken. Hinzu
kommt die anhaltende Abwanderung. Ostdeutschland
hat allein in den Jahren 2001 bis 2004 jährlich
100 000 Menschen verloren. Viele Gutqualifizierte ge-
hen, vor allem junge Menschen und Frauen. Obwohl die
ostdeutschen Universitäten Fachleute ausbilden, sinkt im
Osten Deutschlands der Bevölkerungsanteil mit Hoch-
schulabschluss. Das ist kein Wunder; denn die Men-
schen gehen natürlich dorthin, wo Arbeit ist und wo sie
sich und ihre Familien von der Arbeit vernünftig ernäh-
ren können. Abwanderung und Geburtendefizite be-
schleunigen den Alterungsprozess der Bevölkerung. Sie
gefährden den Nachwuchs an Fachkräften und damit
letztendlich die wirtschaftlichen Entwicklungschancen
der ostdeutschen Bundesländer.

Was bedeutet das? Welche Schlussfolgerung muss die
Politik aus dieser Entwicklung ziehen? Wir müssen alles
daransetzen – hier gebe ich meiner Vorrednerin Recht –,
dass qualifizierte Fachkräfte in den ostdeutschen Regio-
nen bleiben oder dorthin zurückkehren.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie des Abg. Peter Hettlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Die Gründe für den Fachkräftemangel sind sehr vielfäl-
tig. Manche Unternehmen haben sich nicht ausreichend
um ihren Nachwuchs gekümmert.


(Klaus Uwe Benneter [SPD]: Wohl wahr!)


Die Unternehmen müssen begreifen, dass sie ohne Aus-
bildung ihre Zukunft aufs Spiel setzen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Noch so viele Bundes- oder Länderinitiativen können die
Ausbildungsverantwortung der Betriebe nicht ersetzen.
In manchen Regionen brauchen wir nach wie vor eine
bessere Verzahnung von Schule und Wirtschaft. Wir
brauchen zudem eine bessere Verzahnung der Unterneh-
men mit den Arbeitsagenturen. Oftmals gehen Qualifi-
zierung und Umschulung am regionalen Bedarf vorbei.

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(C (D Noch einen Punkt möchte ich in diesem Zusammenang ansprechen. Der Einkommensabstand zwischen st und West ist in der Tat nach Jahren der Anglei hung seit 1998 wieder größer geworden. Wir können eobachten, dass sich der vermeintliche Standortvorteil iedriger Löhne nach und nach ins Gegenteil verkehrt. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


eshalb sage ich: Qualifizierte Fachkräfte müssen auch
m Osten Deutschlands gutes Geld verdienen. Auch hier
ppelliere ich in erster Linie an die Wirtschaft. Die
ohnzurückhaltung muss dort aufgegeben werden, wo
s schon heute möglich ist, vernünftige Löhne zu zahlen.
onst gehen uns über kurz oder lang die Fachkräfte aus.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1606301000

Frau Kollegin, denken Sie bitte an die Zeit.


Andrea Wicklein (SPD):
Rede ID: ID1606301100

Ostdeutschland muss eine Perspektive bieten. Eine

ute Infrastruktur alleine reicht nicht; das ist richtig. Ne-
en guten Kindergärten, Schulen und Universitäten sind
atürlich vernünftige Einkommen und die Lebensquali-
ät ganz entscheidende Faktoren.

Die Debatte über den Stand der deutschen Einheit
eute, am 9. November, 17 Jahre nach dem Fall der
auer, ist sicherlich ein besonderer Tagesordnungs-

unkt. Aber sie ist keine gesondert ostdeutsche Debatte.
erade in einem föderalen Staat müssen wir immer das
emeinsame in der Politik betonen, wenn wir besonde-

en Herausforderungen gemeinsam gerecht werden wol-
en.

Ganz herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1606301200

Cornelia Pieper ist die nächste Rednerin für die FDP-

raktion.


(Beifall bei der FDP)



Cornelia Pieper (FDP):
Rede ID: ID1606301300

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor

7 Jahren wurde die Mauer vom Osten her eingestoßen.
ie Ostdeutschen haben enormen Mut und Zivilcourage
ezeigt. Sie sind für Werte auf die Straße gegangen, die
ns in Deutschland wichtig sind.


(Beifall bei der FDP)


ie sind für Freiheit und Demokratie auf die Straße ge-
angen. Sie haben an einen funktionierenden Rechts-
taat geglaubt und haben dafür gekämpft, dass die Ein-
eit in Freiheit in einem demokratischen Rechtsstaat
ieder hergestellt wird.






(A) )



(B) )


Cornelia Pieper
Das, was wir nun, nach 17 Jahren, in einem Dresde-
ner Gefängnis erleben, ist aber ein Justizskandal ohne-
gleichen. Er hat den Verlust von Vertrauen in den
Rechtsstaat zur Folge.


(Beifall bei der FDP – Stephan Hilsberg [SPD]: Was hat denn das mit der deutschen Einheit zu tun? Das ist nicht angemessen, was Sie machen!)


Wenn man den Menschen den Eindruck vermittelt, dass
dieser Rechtsstaat nicht mehr funktioniert, weil die Jus-
tiz in Sachsen, einem CDU-regierten Bundesland, ver-
sagt hat, dann, glaube ich, haben wir alle hier die Verant-
wortung, dafür zu sorgen,


(Stephan Hilsberg [SPD]: Was ist denn das für ein Populismus, den Sie hier pflegen? dass nicht nur im Bund, sondern auch in den Bundesländern nicht an Personal gespart, sondern mehr in das Personal der Justizvollzugsanstalten investiert wird. (Beifall bei der FDP – Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Das ist aber billig!)


Ich darf die Damen und Herren der Regierungskoali-
tion daran erinnern: Sie haben im Rahmen der Föderalis-
musreform gefordert, dass die Länder die Zuständigkeit
für den Strafvollzug erhalten. Wir waren aus überzeu-
genden Gründen dagegen. Wenn jetzt die Länder die Zu-
ständigkeit für den Strafvollzug haben, dann müssen Sie
dort, wo Sie regieren, Ihre Verantwortung wahrnehmen.


(Stephan Hilsberg [SPD]: Richtig! Das ist ein sächsisches Problem!)


In Sachsen, in Dresden, ist diese Verantwortung nicht
wahrgenommen worden. Ich fordere die Bundeskanzle-
rin, die gerade nicht anwesend ist, auf, ihre CDU-Minis-
terpräsidenten an ihre Pflichten zu erinnern. Es ist uns
als Liberale wichtig, dass das Vertrauen in die Demokra-
tie und den Rechtsstaat bleibt und noch wächst. Alles an-
dere wäre erschütternd, insbesondere angesichts des
Falls der Mauer.

Wir reden über die Zukunft Deutschlands. Wir erle-
ben, dass die Bundesregierung zurzeit eine Innovations-
konferenz Ost abhält. Ich frage mich, ob das nicht wie-
der eine Beruhigungspille für die neuen Bundesländer
sein soll.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1606301400

Frau Kollegin Pieper, gestatten Sie eine Zwischen-

frage?


Cornelia Pieper (FDP):
Rede ID: ID1606301500

Nein, Herr Präsident, ich möchte keine Frage beant-

worten. Ich kann verstehen, dass sich der Kollege aus
Sachsen von meinen Worten tief beeindruckt fühlt und
darauf reagieren möchte. Ich kann nur noch einmal sa-
gen: Nehmen Sie von der CDU dort Ihre Verantwortung
wahr, wo Sie regieren.

Innovationspolitik ist das Herzstück des Regierungs-
handelns, sagt die Bundesregierung. Das ist auch gut so.
Aber haben Sie die Weichen dafür wirklich gestellt?

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(C (D ereits die alte, rot-grüne Bundesregierung hat eine roßforschungseinrichtung für die neuen Bundesländer erlangt. Wir als Liberale haben für die Neutronenspalationsquelle, ein europäisches Projekt, geworben. Die undesregierung hat nicht dafür Partei ergriffen. Wir arten auf die Entscheidung der Bundesregierung über as Biomasseforschungszentrum. Ich habe eine Anfrage n die Bundesregierung gestellt. Die Entscheidung wird mmer wieder hinausgeschoben. Was die neuen Bundesänder brauchen, ist Tempo und Prioritätensetzung bei ildung und Forschung, aber nicht Zeitaufschub und erschiebebahnhöfe. So kommen wir mit dem Aufbau st nicht voran. Wir müssen die Prioritäten auf Investitionen in Bilung und Forschung setzen. Das sagte ich schon. Die euen Länder müssen an dem Ziel, 3 Prozent des BIP für orschung und Entwicklung auszugeben, mitarbeiten. n den Landeshaushalten ist nicht zu erkennen, dass sie as tun. Wenn ich an die Eigenkapitalschwäche insbeondere der mittelständischen Unternehmen denke, dann rage ich mich, wie diese mithelfen sollen, dass zukünfig 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Forschung nd Entwicklung ausgegeben werden, insbesondere enn die Bundesregierung durch Steuererhöhungen und teigende Lohnzusatzkosten die kleinen und mittelstänischen Unternehmen ständig belastet. Die haben dann eine Freiräume, um zu investieren und gemeinsam mit ochschulen in Forschungsprojekte zu investieren. (Stephan Hilsberg [SPD]: Sagen Sie mal was zum Arbeitslosenversicherungsbeitrag!)


(Beifall bei der FDP)


Sie haben jetzt die Forschungsprämie eingeführt.
as halte ich für richtig. Aber auch da ist Ihnen, meine
amen und Herren von der Regierungskoalition, kein
roßer Wurf gelungen. Sie bauen schon wieder ein büro-
ratisches Monstrum auf. Sie wollen Untergrenzen und
bergrenzen festlegen. Das heißt, dass gerade kleine
nternehmen – 80 Prozent der Unternehmen im Osten
eutschlands sind Unternehmen mit fünf bis 20 Be-

chäftigten und haben nicht viel Eigenkapital – es sich
ei der Untergrenze, die Sie festlegen, gar nicht leisten
önnen, in Forschungsprojekte mit Hochschulen einzu-
teigen. Nach unseren Berechnungen werden Sie mit
ieser Forschungsprämie gerade einmal 3 bis 4 Prozent
er kleinen und mittelständischen Unternehmen anspre-
hen können.

Ich kann Sie nur ermuntern, mutiger zu handeln und
en großen Wurf zu wagen, anstatt die kleinen Trippel-
chritte zu gehen. Wir brauchen ein schnelleres Tempo,
erade in den neuen Bundesländern. Sie kennen die
emografische Entwicklung. Viele junge Menschen
andern ab, die Besten gehen in den Westen.


(Stephan Hilsberg [SPD]: Mit solchen Sprüchen befördern Sie das!)


n den Hochschulen wird es in den nächsten Jahren
berkapazitäten geben. Wir werden in den alten Bun-
esländern einen großen Bedarf an neuen Studienplätzen
aben, in den neuen Bundesländern werden wir einen
berhang an Studienplätzen haben. Ich fordere die Bun-






(A) )



(B) )


Cornelia Pieper
desregierung auf, beim Hochschulpakt zu handeln und
einen Teil der Mittel aus dem Hochschulpakt für die
neuen Länder bereitzustellen. Ich sage noch einmal, Herr
Minister Tiefensee: Die Idee, die Solidarpaktmittel zu-
künftig auch für die Finanzierung der Hochschulen zu
verwenden, ist gut. Tun Sie es doch auch endlich, und
zwar in Absprache mit den Ministerpräsidenten der
neuen Bundesländer.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1606301600

Zu einer Kurzintervention erhält Herr Kollege

Kretschmer von der CDU/CSU-Fraktion das Wort.


Michael Kretschmer (CDU):
Rede ID: ID1606301700

Vielen Dank, Herr Präsident! – Frau Kollegin Pieper,

woher haben Sie Ihre Informationen, aufgrund derer Sie
sich erdreisten, vor dem Parlament dieses Thema in die-
ser populistischen Art aufzugreifen? Ich kann mir nicht
vorstellen, dass Sie sich direkt vor Ort informiert haben
und wissen, was gestern und heute Nacht dort passiert
ist. Es ist unsäglich, ein so schwerwiegendes Thema hier
in dieser Art und Weise zu thematisieren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wer mit Lotterbuben Politik macht, verlottert die par-
lamentarischen Sitten. Dagegen möchte ich mich ver-
wahren.

Es ist in der Tat ein schlimmer Fall gewesen, der da
gestern passiert ist.


(Zuruf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Allerdings!)


Wir werden den Fall aufklären und Konsequenzen zie-
hen. Aber eines ist doch klar: Diese Nacht hat die Polizei
in Sachsen einen guten Job gemacht und sehr professio-
nell gehandelt.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Au! Au! Au!)


Nach menschlichem Ermessen gehört dieses Gefängnis
zu den modernsten und sichersten in unserem Land. Es
ist eine Frage des Anstands und der Seriosität, dass man
erst einmal eine Überprüfung vornimmt, sich dann ein
Urteil bildet und nicht sogleich hier polemisiert.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1606301800

Zur Erwiderung erteile ich Frau Kollegin Pieper das

Wort.


Cornelia Pieper (FDP):
Rede ID: ID1606301900

Lieber Herr Kollege Kretschmer, dieser Justizskan-

dal ist so schwerwiegend, dass er in der Debatte ange-
sprochen werden muss. Ich sagte bereits, dass es um das
Vertrauen der Bürger in den Rechtsstaat geht, das wir
zurückgewinnen wollen. Es gibt viele Umfragen zum

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(C (D hema Demokratieverlust, die nachweisen, dass der laube an den Rechtsstaat immer mehr verloren geht. ort, wo Sie regieren, haben Sie eine Verpflichtung, den echtsstaat so zu sichern, dass die Bürgerinnen und Bürer nicht den Eindruck erhalten, dass der Täter mehr chutzmaßnahmen genießt als das Opfer selbst. Das, was das Opfer und seine Eltern empfinden, ist ramatisch. Wir als liberale Partei werden diesen Fall eiterhin beobachten. Wir werden im Hinblick auf den echtsstaat alles daran setzen, dass in Justizvollzugsan talten in Personal investiert und nicht daran gespart ird. Die nächste Rednerin ist Frau Kollegin Katherina eiche von der CDU/CSU-Fraktion. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! orschung und Innovation als Voraussetzungen für achstum und Wohlstand sind für Ostdeutschland viel eicht noch wichtiger als für die alten Länder. Es ist ichtig, dass wir während der Debatte zur deutschen inheit unser besonderes Augenmerk auch auf die Asekte Forschung und Innovation lenken und Anträge azu beraten. Jürgen Mlynek, ehemaliger Präsident der Humboldtniversität Berlin und jetziger Präsident der Helmholtzemeinschaft, hat einmal gesagt: Wenn aus Erkenntnisewinn oder einer Entdeckung eine konkrete Anwenung wird, dann ist das Innovation. Kommt diese auf en Markt und setzt sich durch, dann wächst die Wirtchaft und es entstehen Arbeitsplätze. Forschung und Innovation bedeuten für die Menschen n Ostdeutschland wirtschaftliche Hoffnung. Forschung nd Innovation bedeuten für sie, in die Zukunft zu chauen. Sie bedeuten, Investitionen in den Wirtschaftstandort Ostdeutschland zu tätigen. Forschung und Innoation bedeuten auch, der demografischen Veränderung stdeutschlands Paroli bieten zu können. Denn einigen stdeutschen Regionen droht bis zum Jahr 2010 ein ahrer Aderlass. Durch Abwanderung und Geburten ückgang könnten einigen der Regionen bis zu 60 Proent der jungen Generation verloren gehen. Durch den Umwälzungsprozess in Hochschulen und orschung wird auch in Zukunft eine flexible und breit ngelegte Förderung notwendig sein, um die in Osteutschland bestehenden Strukturdefizite ausgleichen zu önnen. Wir haben viele effektive Maßnahmen bechlossen: die Hightech-Strategie, die Förderung von lusterbildung, das Förderprojekt „Unternehmen Reion“. Zum jetzigen Zeitpunkt findet eine große Konfeenz des Bundesministeriums für Bildung und Forchung mit dem Ziel statt, die Innovationspolitik in den euen Ländern voranzubringen. Katherina Reiche Auch konnte mithilfe des Bundes und der Länder beispielsweise der Ausbau der Max-Planck-Institute abgeschlossen werden. Es gibt mittlerweile 18 dieser Institute, eine Forschungsstelle und ein Teilinstitut. Somit ist die Max-Planck-Gesellschaft in Ostdeutschland mit annähernd dem gleichen Potenzial an Forschungseinrichtungen wie in Westdeutschland vertreten. Ähnliches ließe sich für die anderen Forschungsorganisationen sagen. Aber was muss noch geschehen? Ich meine, Ostdeutschland sollte zur Erfolgsgeschichte werden, exemplarisch für das Motto: Das Schicksal durch Forschung und Innovation in die eigene Hand nehmen. Wir müssen die Hochschulen weiter stärken. Ich habe den Geburtenrückgang angesprochen. Gerade deswegen dürfen keine qualitativ hochwertigen Studienplätze in Ostdeutschland abgebaut werden. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


(Beifall bei der FDP)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1606302000

(Beifall bei der CDU/CSU)

Katherina Reiche (CDU):
Rede ID: ID1606302100




(A) )


(B) )


Dafür zu sorgen, ist zunächst die Verantwortung der
Landesregierungen.

Wir brauchen – quasi komplementär – einen erfolg-
reichen Hochschulpakt. Ich appelliere an die alten Län-
der, zu helfen, zu unterstützen und solidarisch zu sein. Es
ist gut, dass Annette Schavan die Universitätsstädte
Greifswald, Magdeburg, Potsdam, Jena und Leipzig
durch eine Kampagne in den Fokus rücken möchte, un-
ter dem Motto „Im Osten viel Neues“ oder auch „Ent-
decke den Osten!“.

Wir brauchen mehr Ausgründungen aus den Hoch-
schulen. Die Hochschulen müssen Impulse in die klei-
nen und mittleren Unternehmen geben, um so einen bes-
seren Technologietransfer zu erreichen.

Der Nachteil der ostdeutschen Wirtschaft ist sicher-
lich, dass es einen Mangel an sehr großen Unterneh-
menseinheiten gibt, die einen Input in die Hochschulen
geben. Auch der Anteil der betrieblichen Forschung in
Ostdeutschland ist immer noch geringer als in West-
deutschland. Während sich die großen Unternehmen in
Westdeutschland häufig selbstverständlich an die Hoch-
schulen wenden, muss man in den neuen Ländern noch
umdenken. Die Universitäten müssen den ersten Schritt
machen und auf die KMUs zugehen. Nur so kann man
der schwächer ausgeprägten Netzwerk- und Clusterbil-
dung entgegenwirken.

Dass es durchaus funktioniert, zeigt sich an den in den
vergangenen Jahren entstandenen Branchenschwerpunk-
ten und innovativen Kompetenzfeldern: Mikroelektronik
in Dresden, Chemie in Halle oder Bitterfeld, Optoelek-
tronik in Jena, Medizin und Biotechnologie in Berlin
oder Greifswald sowie Pflanzenzucht und Gentechnik in
Gatersleben und Potsdam.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


All das sind Technologieschwerpunkte aus der High-
tech-Strategie. Daher ist es wichtig, dass die Hightech-
Strategie gerade in Ostdeutschland besonders erfolgreich

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(C (D ird. Wir brauchen eine eindeutige thematische Fokusierung auf einzelne Technologiebereiche und die Veretzung von universitärer und außeruniversitärer Forchung. Wir können es uns durchaus leisten, regionale chwerpunkte zu setzen, zum Beispiel in der Biotechno ogie. Innovationen in der Biotechnologie schaffen nicht ur wettbewerbsfähige Produkte, sondern sie sichern vor llem zukunftssichere Arbeitsplätze. Experten rechnen amit, dass der Weltmarkt der Biotechnologieprodukte eiter im zweistelligen Prozentbereich wächst. Ange ichts dessen können wir uns aus der Grünen Pflanzeniotechnologie nicht einfach verabschieden. Wir brauhen die Forschung und die Anwendung. Beides wird urch die heutige Rechtslage behindert. Wir brauchen ine Novelle des Gentechnikgesetzes; dazu gibt es eine Alternative. Nur Lippenbekenntnisse und das Singen des Hohen iedes auf die Forschung helfen nicht weiter. Wir haben n Potsdam und in Gatersleben Forscher. Wir haben roße landwirtschaftliche Flächen und innovative Landirte, die nur auf den Startschuss warten, um endlich oslegen zu können. Wir brauchen ein positives Bild von nserem Land und ein Klima der Freiheit und des Verrauens. Forschung lebt von Freiheit, Neugier und Expeimentierlust. Lassen Sie mich mit den Worten von Professor innacker enden: Nur wer heute in die Wissenschaft investiert, schlägt eine Brücke in die Zukunft! ine solche Brücke ist auch eine Brücke hin zu einer guen Zukunft in Ostdeutschland. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1606302200

Ich erteile das Wort dem Kollegen Roland Claus,

raktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Roland Claus (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1606302300

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Ich möchte Ihnen namens meiner Fraktion im
ahmen dieser Debatte einen Antrag vorstellen, dessen
ntwurf schon großes Interesse weckte. Es geht uns um
ie Zusammenführung der Bundesministerien in
erlin. Wir verstehen das durchaus als einen Beitrag zur
itwirkung an der deutschen Einheit und nicht zur Be-

inderung der deutschen Einheit.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da haben Sie sich den schwierigsten Teil ausgesucht!)


Seit 1994 wirkt das Berlin/Bonn-Gesetz. Es verteilt
inisterien und Ämter auf die Standorte Bonn und Ber-

in. Um das vorab klarzustellen: Mit diesem Antrag geht
s nicht gegen die Region Köln/Bonn. Ich kann es auch






(A) )



(B) )


Roland Claus
etwas populärer sagen: Keinem Bonner würde es durch
unseren Antrag schlechter gehen. – Das Berlin/Bonn-
Gesetz hat lange gewirkt, über zwölf Jahre. Es hat vielen
genutzt. Hier argumentieren wir in der Tat biblisch,
meine Damen und Herren: Ein Jegliches hat seine Zeit. –
Die Zeit dieses Gesetzes geht nun zu Ende.


(Beifall bei der LINKEN)


Deswegen schlagen wir Ihnen vor, eine Änderung des
Berlin/Bonn-Gesetzes zu erarbeiten; denn wir dürfen uns
nicht an diese Zweiteilung gewöhnen.

Ich möchte nur die Fakten sprechen lassen. Die Situa-
tion ist die, dass 54 Prozent der Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter der Ministerien nach wie vor am Standort
Bonn und nur 46 Prozent in Berlin arbeiten. In absoluten
Zahlen sind das 10 100 in Bonn und 8 800 in Berlin. Wir
sagen Ihnen: So kann man nicht regieren, jedenfalls
nicht gut regieren. Deshalb muss das verändert werden.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Klaus Uwe Benneter [SPD])


Natürlich wissen wir, dass Umzüge Veränderung be-
deuten. Aber wer hat denn Hunderttausende Ostdeutsche
gefragt, die der Arbeit nachziehen mussten und diese
Veränderung auf sich genommen haben?

Es ist ein Antrag mit Augenmaß. Wir sagen: Das
Bundeskanzleramt soll beginnen, diesen Schritt zu voll-
ziehen. Wir nehmen Einrichtungen aus, die ausdrücklich
einen regionalen Bezug haben. Einrichtungen, die mit
moderner Kommunikationstechnik ihre Funktion erfül-
len können, können auch am Standort Bonn bleiben. Es
soll schrittweise und nach einem Stufenplan gehen.

Man soll uns bitte nicht mit dem Kostenargument
kommen; das ist unredlich. Man will eine Hauptstadt
entweder ganz oder gar nicht. Mit der Berlinentschei-
dung von 1991 ist diese Entscheidung gefallen.


(Beifall bei der LINKEN)


Nirgendwo auf der Welt finden Sie eine solche Zweitei-
lung der Ministerien.


(Stephan Hilsberg [SPD]: Das stimmt nicht!)


Nun stellen Sie sich mal einen Moment vor, die Ab-
stimmung 1991, die knapp genug gewesen ist, wäre für
Bonn ausgefallen! Können Sie sich eine Sekunde lang
vorstellen, dass 54 Prozent der Beschäftigten dann in
Berlin ihren Arbeitsplatz gefunden hätten? Ich nicht,
meine Damen und Herren.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Interessanterweise wurde im Landtag von Nord-
rhein-Westfalen vor kurzem das gleiche Thema bespro-
chen. Da gab es doch ziemlich harsche Worte: Die De-
batte sei wegen der Zusammenrottung – so wörtlich! –
von Hinterbänklern zur Sommerpause entstanden; das
Thema sei so ähnlich bedeutend wie die Frage, ob Mal-
lorca das 17. Bundesland sei. – Das spricht leider Bände
über den Zustand der deutschen Einheit.

Ich will auch die Häme im Bundestag zum Bundesver-
fassungsgerichtsurteil zur Berlinentschuldung zur Sprache

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(C (D ringen. Nun haben wir durch die Föderalismusreform war eine Hauptstadtklausel, aber mit Ihrer Beschwöung des Wettbewerbsföderalismus helfen Sie überhaupt icht dabei, der deutschen Einheit hier einen Impuls zu eben. (Beifall des Abg. Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE])


Wie immer Sie künftig mit diesem Problem umgehen:
ie werden an der Lösung nicht vorbei kommen. Eines
ages werden auch die Politologen feststellen: Die Partei
er wirklichen Einheit ist die neue Linke.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN – Lachen bei der CDU/CSU und der SPD – Stephan Hilsberg [SPD]: Das ist der beste Witz des Tages!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1606302400

Ich erteile das Wort nun dem Kollegen Rainer For-

ahl, SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Rainer Fornahl (SPD):
Rede ID: ID1606302500

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Ich glaube, Herr Claus, die SED bzw. die PDS
zw. die Linke, wie auch immer Sie sich nennen,


(Zuruf von der LINKEN: Oh! Sagen Sie mal etwas Neues!)


st nie die Partei der Einheit gewesen und wird es auch
ie werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich fand es ziemlich perfide, wie Herr Bisky, der ja
ier den Anspruch erhoben hatte, Vizepräsident des Ho-
en Hauses zu werden, bei seiner Rede zum Stand der
eutschen Einheit und insbesondere zur DDR von 1949
is 1990 die Situation eines Landes, in dem Diktatur, To-
alitarismus und Indoktrination herrschten, schöngere-
et hat.


(Jörg van Essen [FDP]: Sehr richtig!)


as entsprach nicht der Lebenswirklichkeit. Ich habe sie
edenfalls so in Leipzig, wo ich mein Leben lang ver-
racht habe, nicht empfunden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich denke, die Situation, die Minister Tiefensee in ei-
em großen Bogen von den Erfolgen bis hin zu den Pro-
lemen beschrieben hat, entspricht der Wirklichkeit. Zu-
leich hat er damit auch die Potenziale aufgezeigt, die
ir haben, um den Rest des Weges bis hin zu dem Ziel
er Angleichung der Lebensverhältnisse in Ost- und
estdeutschland gemeinsam gehen zu können.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)







(A) )



(B) )


Rainer Fornahl
Drei ganz zentrale Punkte spielen eine wichtige Rolle,
um das Ziel, dass Ostdeutschland ein dynamischer Wirt-
schaftsstandort wird und die Abwanderung von qualifi-
zierten Leuten wie Fachkräften in andere Regionen
Deutschlands gestoppt wird, zu erreichen,

Notwendig ist zunächst einmal der weitere Ausbau
der Verkehrsinfrastruktur. Hier sind als Erstes die
Verkehrsprojekte „Deutsche Einheit“ zu nennen, die lei-
der bisher nur zu zwei Dritteln realisiert sind. Darüber
hinaus haben wir wichtige Projekte mit einem EFRE-
Bundesprogramm, das von Bund und Ländern gemein-
sam ausgearbeitet wurde, wie überregionale Verbindun-
gen auch in Richtung zu unseren osteuropäischen Nach-
barn auf den Weg gebracht.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Aber nicht nur diese großen Projekte, also nicht nur die
Autobahnen und die Eisenbahnfernverbindungen, son-
dern auch die vielen neuen Radwege, Fußwege und
Kreisstraßen haben die Lebensverhältnisse in den neuen
Ländern eindeutig verbessert. Diese sollen natürlich
auch dazu dienen, solche Lebensverhältnisse zu schaf-
fen, die es den Menschen ermöglichen, zu Hause zu blei-
ben und nicht abzuwandern.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


Das ist ein ganz wesentlicher Faktor.

Wir müssen nun aber die Verkehrsprojekte „Deutsche
Einheit“, so wie wir es in unserem Entschließungsantrag
formuliert haben, möglichst zügig umsetzen.


(Beifall des Abg. Arnold Vaatz [CDU/CSU])


Um das zu schaffen, sind bei den Haushaltsberatungen
in den nächsten Jahren große Anstrengungen notwendig.
Ich will nur ein einziges Projekt herausgreifen, auf das ja
auch der Verkehrsminister immer wieder den Fokus sei-
ner Bemühungen lenkt. Das ist das Verkehrsprojekt
„Deutsche Einheit“ 8.1 und 8.2. Dieses zentrale europäi-
sche Verkehrsprojekt möglichst bald fertigzustellen, ist
wichtig und notwendig. Ich hoffe, dass mit der Entschei-
dung, die gestern gefallen ist, eine gute Lösung für die
Zukunft der Deutschen Bahn AG, die ja dabei für uns
wichtiger Partner ist, gefunden wurde und diese auch für
dieses Vorhaben ein Stück weit hilfreich ist.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Ein Zweites will ich ansprechen: Die Entwicklung der
regenerativen Energien in Ostdeutschland halte ich für
eine ganz zentrale Aufgabe. Darin steckt viel Potenzial,
weil dank moderner Technologie zum einen eine klima-
freundliche, ökologisch orientierte Energiepolitik voran-
getrieben werden kann und zum anderen hier neue, si-
chere Arbeitsplätze entstehen können. Dazu alle
Anstrengungen zu unternehmen, ist des Schweißes der
Edlen wert. Im Zusammenhang mit der Technologieför-
derung nicht nur bei Strom- und Wärmeproduktion, son-
dern auch für die Produktion von Kraftstoffen für neue
Motorengenerationen – mehrere Kolleginnen und Kolle-
gen haben es schon angesprochen – möchte ich den

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(C (D lick auf das ins Auge gefasste deutsche Biomasseforchungszentrum richten, wo auch immer es seinen Sitz aben sollte. Ich als Leipziger verweise, wenn Sie erlauen, ganz zurückhaltend auf meine Stadt, aber eine diesezügliche Entscheidung ist überfällig. Sie müsste endich gefällt werden. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


ie Bundesregierung hat eine Bringschuld. Ich fordere
ie auf, möglichst schnell eine Entscheidung zu treffen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie bei der FDP)


Ein Drittes will ich hier ansprechen, was sehr wichtig
ür Ostdeutschland ist, denn daraus können sich viele
otenziale für Ostdeutschland ergeben. Das ist die
renzüberschreitende Zusammenarbeit der ostdeut-
chen Regionen mit unseren Nachbarn in Polen und
schechien. Wir haben dafür in den letzten Jahren viel
eld in die Hand genommen, viel Unterstützung ge-
eben und auch die Regionen und Länder haben viel ge-
an. Aber es gibt noch mehr zu tun. Durch grenz-
berschreitende Zusammenarbeit, durch wirtschaftliche
ooperation, durch die Vernetzung von Wissenschaft
nd Wirtschaft gibt es in diesem Gebiet noch viele Mög-
ichkeiten, um etwas zu tun und neue Arbeitsplätze zu
chaffen bzw. alte zu sichern. Dazu gibt es von uns orga-
isiert die Bundeseinrichtung des Zentrums Mittel- und
steuropa für Wirtschaft und Kultur, das seinen Sitz als
raunhofer-Institut in Leipzig hat. Das sollte langsam als
entrum eines Netzwerkes und Verbindungsglied zwi-
chen Wissenschaft und Forschung konkret auf den Weg
ebracht werden, damit die Potenziale erschlossen wer-
en können, die wir brauchen, um das Grundziel der
chaffung von mehr Wirtschaftswachstum und mehr Ar-
eitsplätzen erreichen zu können.

Ich glaube, wenn wir all das und vieles andere, was
chon gesagt wurde, in die Hand nehmen und nach vorn
chreiten, können und werden wir es schaffen. Packen
ir es an; es lohnt sich!


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1606302600

Ich erteile das Wort Peter Hettlich, Fraktion des

ündnisses 90/Die Grünen.


Peter Hettlich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1606302700

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegin-

en und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Lie-
er Joachim Günther, du hast in deiner Rede eben be-
lagt, dass wir zweimal in diesem Jahr über einen
ericht zum Stand der deutschen Einheit debattieren.


(Jörg van Essen [FDP]: Nicht beklagt! – Joachim Günther [Plauen)


ber ich finde, dieser Bericht ist – das sollte man vor-
eg sagen – von der Qualität durchaus anders als seine
orgänger. Gerade in der Analyse ist dieser Bericht – das
arf man durchaus einmal lobend erwähnen – relativ






(A) )



(B) )


Peter Hettlich
realistisch und auch ehrlich. Das ist eine wichtige Fest-
stellung. Ich habe es sehr bedauert, dass wir das in den
letzten vier Jahren unter Rot-Grün nicht hinbekommen
haben; das scheint hier eine neue Kultur der Ehrlich-
keit zu sein.

Ich will auch ausdrücklich lobend erwähnen, dass ich
gesehen habe, dass das Bundeskabinett und auch die
Mitglieder dieses Hauses in starker Zahl hier vertreten
waren. Das war bei den Debatten über den Bericht zum
Stand der deutschen Einheit nicht immer so; manchmal
haben wir hier nur in kleiner Runde diskutiert.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Ich kritisiere aber, dass keiner der Ministerpräsiden-
ten der ostdeutschen Bundesländer auf der linken Seite
von mir sitzt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Das finde ich sehr bedauerlich. In den letzten Jahren wa-
ren die Ministerpräsidenten immer hier. Das lag offen-
sichtlich daran, dass zu den jeweiligen Zeiten Wahlen
anstanden. Ich finde, dass die Anwesenheit sehr wichtig
wäre; denn der Aufbau Ost ist nicht nur ein Thema des
Bundes, sondern auch ein Thema der Länder. Nur zu-
sammen können wir diese große Herausforderung be-
wältigen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


Meine Damen und Herren, vieles ist gesagt worden.
Wir haben relativ gute Wachstumszahlen im produzie-
renden Gewerbe in Ostdeutschland; aber wir wissen,
dass das nicht ausreicht, um die Konvergenz zu errei-
chen. Das Wachstum in Ostdeutschland liegt nach wie
vor insgesamt hinter dem im Westen zurück. Zu einer
Konvergenz bräuchte man logischerweise mehr Wachs-
tum in Ostdeutschland als in Westdeutschland. Davon
sind wir nach wie vor entfernt.

Auch wenn die Zahlen des Arbeitsmarktes sich besser
darstellen, müssen wir ehrlicherweise zugeben, dass
viele dieser Jobs nach wie vor in Teilzeitbereichen und
Niedriglohnbereichen entstanden sind. Eine Konse-
quenz, die daraus resultiert – die Kollegin Wicklein hat
das eben noch einmal angesprochen –, ist die niedrige
Kaufkraft in Deutschland. Ich habe es schon in meiner
letzten Rede gesagt: Die künftige Altersarmut in Ost-
deutschland ist ein zentrales Problem. Diesem können
wir nicht nur mit dem Niedriglohnsektor, mit dem Argu-
ment, dass dadurch Arbeit geschaffen wird, begegnen,
sondern wir müssen hier auch andere Akzente setzen.
Aus unserer Sicht ist ganz klar: Wenn wir im Osten et-
was schaffen wollen, dann müssen wir stärker in die
Köpfe, die Bildung und die innovativen Industrien sowie
die Produktionsbereiche, die tatsächlich gut bezahlte, an-
gemessen bezahlte Jobs schaffen können, investieren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



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(C (D Die Fehlverwendung ist kurz angesprochen worden. Täglich grüßt das Murmeltier“, könnte man sagen. Wir atten vor circa 14 Tagen eine Konferenz zum Thema Beton oder Köpfe“, über das wir mit Herrn Sarrazin nd dem Staatssekretär aus dem brandenburgischen Fianzministerium debattiert haben. Die Fehlverwendung st Fakt; darüber brauchen wir gar nicht zu diskutieren. s ist auch so, dass die Verwendung der Mittel des orbes I, da sie als Sonderbedarfsbundesergänzungszueisungen definiert sind, letzten Endes nicht in irgendeier Form sanktioniert werden kann. Aber ich frage an ieser Stelle auch die Bundesregierung: Was ist denn mit em Korb II? Sie versprechen uns seit langem, uns einal die noch nicht näher spezifizierten Mittel aufzu chlüsseln. Ich sehe an dieser Stelle durchaus eine Mögichkeit milder Sanktion, indem den Ländern gesagt ird: Wenn ihr die Mittel aus dem Korb I nicht richtig erwendet, dann werden wir beim Korb II anders verfahen; denn sonst müssen wir jedes Jahr erdulden, dass in er Presse über das Thema Fehlverwendung diskutiert ird. – Hier sind Sie aufgefordert, zu handeln. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wir, Bündnis 90/Die Grünen, haben uns für die
ächsten Jahre einen Schwerpunkt gesetzt: Wir wollen
ie endogenen Potenziale und vor allem die Köpfe in
stdeutschland stärken. Wir haben nach wie vor eine
nternehmenslücke von 70 000 bis 100 000 Unterneh-
en. Trotz großer Anstrengungen bei der Werbung von

nvestoren haben wir konstatieren müssen, dass wir es
icht geschafft haben, die Lücke zu schließen.

Wir haben auch gesehen, dass die Zusammenlegung
on IIC und Invest in Germany sich letztendlich aus der
atsache ergibt, dass es immer weniger Investoren aus
em Ausland und aus den westlichen Bundesländern
ibt.

Es ist ein Problem, dass die Betriebe in Ostdeutsch-
and, die sich aus dem dortigen Potenzial entwickelt ha-
en, zu klein sind und häufig genug als verlängerte
erkbänke fungieren. Das heißt, sie sind letzten Endes

mmer abhängig vom Wohlwollen der entsprechenden
onzerne im Westen oder im Ausland. Hier müssen wir

ndere Wege gehen.

Gerade angesichts des demografischen Wandels und
es Wegzugs junger, hoch qualifizierter Leute müssen
ir neue Perspektiven bieten. Eine Perspektive kann

ein, diesen jungen, talentierten Menschen die Möglich-
eit zu geben, sich selbstständig zu machen. Da gibt es
iele Möglichkeiten für Existenzgründungen. Wir wer-
en dieses Thema und auch das Thema der Finanzierung
on Existenzgründungen in den nächsten Jahren sehr
tark in diesem Haus vorantreiben. Wir werden da nicht
ocker lassen. Aus unserer Sicht ist das einer der vielen
chlüssel, um die Probleme in Ostdeutschland zu lösen.

Wenn wir über die Frage der Förderung in Ost-
eutschland sprechen, dann kommen wir natürlich im-
er wieder auf die Cluster-Diskussion zurück. Hier
öchte ich einen neuen Aspekt in die Diskussion brin-

en. Das Max-Planck-Institut für Ökonomik mit Sitz in






(A) )



(B) )


Peter Hettlich
Jena hat in einem sehr interessanten Artikel in „Techno-
logy Review“ darauf hingewiesen, dass sich Cluster et-
was anders entwickeln, als wir immer gedacht haben.


(Stephan Hilsberg [SPD]: Genau so ist es!)


Sie lassen sich nicht unbedingt von außen beeinflussen,
sondern sie sind sehr stark von inneren Impulsen abhän-
gig.

Deswegen sage ich an dieser Stelle ganz klar: Wir
müssen die endogenen Potenziale stärken; wir müssen
uns auf die jungen, talentierten Menschen konzentrieren.
Dann schaffen wir es möglicherweise, auch an anderen
Stellen neue Cluster zu bilden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Ich werde im Anschluss an die Debatte zu der Veran-
staltung „Im Osten viel Neues“ gehen. Es gibt dazu ei-
nen Antrag der Koalitionsfraktionen. Da schmücken sich
einige vielleicht mit fremden Federn; wir haben jeden-
falls an dem Projekt „Unternehmen Region“ mitgear-
beitet. Wir halten das für ein sehr gutes Projekt. Ich
werde es mir jedenfalls anschauen. Frau Pieper, ich kann
Ihnen nur empfehlen: Kommen Sie mit! Dann können
Sie auch noch etwas lernen!

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1606302800

Der nächste Redner für die CDU/CSU-Fraktion ist

der Kollege Michael Kretschmer.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Michael Kretschmer (CDU):
Rede ID: ID1606302900

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Auf-

bau Ost kann überall dort als gelungen bezeichnet wer-
den, wo der Staat unmittelbar handeln konnte. Bei Schu-
len, Krankenhäusern und beim Straßenbau sind die
Erfolge offenkundig und unbestritten. Sorgen machen
uns der privatwirtschaftliche Bereich sowie die viel zu
geringe Zahl an Unternehmen und Arbeitsplätzen. Die
Koalition ist der Meinung, dass wir, um einen selbst tra-
genden Aufschwung zu erreichen, die Innovationspolitik
stärken und zu einem Herzstück der Aufbau-Ost-Strate-
gie weiterentwickeln müssen.

Forschung und Entwicklung sind unserer Meinung
nach die Motoren des Aufbaus Ost. Mit neuen Produkten
und Dienstleistungen gewinnen die neuen Länder schon
heute im Wettbewerb. An vielen Stellen sind Erfolge
sichtbar. In der Nanoelektronik, im Automobilbau und in
der Automobilzuliefererindustrie sowie in der regenera-
tiven Medizin oder der Biotechnologie liegen die neuen
Länder in der Forschung und Entwicklung nicht nur
deutschlandweit, sondern auch international an der
Spitze. Das macht Mut. Denn Innovation und die Ein-
führung von neuen Technologien sind die Voraussetzun-

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(C (D en dafür, in einer globalisierten Welt an Wettbewerbsfäigkeit zu gewinnen und vorne mit dabei zu sein. Deswegen hat das Bundesforschungsministerium in ieser Woche zu einer Konferenz mit dem Titel „Im sten viel Neues“ eingeladen. Zu dieser Stunde treffen ich Wissenschaftler, Politiker und Unternehmer in Berin, um gemeinsam zu beraten, wie man noch viel besser ie Forschung und Entwicklung zu einem Motor für den ufbau Ost machen kann. Wir sind dankbar, dass sich erade das Bundesforschungsministerium in diesem Proess an die Spitze gestellt hat und dieser Tage ein Memoandum von Wirtschaftsund Wissenschaftsministern us den Bundesländern und von der Bundesforschungsinisterin unterzeichnet werden konnte. Man will diesen rozess also gemeinsam auf den Weg bringen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Wir wissen, dass wir Exzellenz brauchen und nicht
us der Schwäche heraus handeln dürfen. Deswegen hat
as Bundesforschungsministerium vor einigen Jahren
ie Programmfamilie „Unternehmen Region“ auf den
eg gebracht. Das Ziel ist, vorhandene Potenziale aus-

ubauen und sie zu Projekten mit Leuchtkraft zu entwi-
keln, um zu einer wirklichen Exzellenz zu gelangen.

Wir können heute, nach mehreren Jahren dieses Pro-
esses, sagen: Es ist gelungen. Auch wenn bei diesem
xzellenzwettbewerb vor wenigen Wochen nur Dresden
rfolgreich war, so sieht man doch: Bei vielen hat nicht
iel gefehlt, dann wären auch sie international mit dabei
ewesen. Deshalb wollen wir schauen, dass dieser Pro-
ess weiter forciert wird und dass dieser Wettbewerb in
er nächsten Zeit für die neuen Länder positiv ausgeht.

Wir wissen, dass es Zeit braucht, bis diese Exzellenz
nd das Potenzial an wissenschaftlichen Einrichtungen
uch von den Unternehmen in den Regionen genutzt
erden kann. Das ist das Problem. Wir haben keine Zeit.
ir haben aufzuholen. Die Arbeitslosigkeit ist – wie be-

chrieben – viel zu hoch, als dass wir uns zurücklehnen
önnten. Deshalb ist „Unternehmen Region“ ein Mittel,
m diesen Prozess abzukürzen und die Unternehmen in
en Regionen schneller an diesen Innovationen teilhaben
u lassen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir werden bis zum Jahr 2008 insgesamt
70 Millionen Euro für diesen Prozess ausgeben. Ein
eil davon ist die Förderlinie Inno-Regio, bei der wir
chon heute sagen können, dass 7 500 Arbeitsplätze zu-
ätzlich geschaffen worden sind. Es gibt 143 Neugrün-
ungen. Die Exportquote der beteiligten Unternehmen
st um 30 Prozent gestiegen. Der Umsatz ist sogar um
0 Prozent gestiegen. Ich denke, das ist ein gutes Zei-
hen. Es zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wir versuchen, die Kooperation von Universitäten
nd Fachhochschulen in den Regionen zu verstärken.






(A) )



(B) )


Michael Kretschmer
Deswegen haben wir ein aus meiner Sicht richtiges In-
strument eingeführt, nämlich die Forschungsprämie.
Wir sind dabei, im Rahmen des Hochschulpakts zu orga-
nisieren, dass die Studienkapazitäten in den neuen Bun-
desländern nicht abgebaut, sondern erhalten werden, so-
dass auch Studierende aus den alten Bundesländern
zunehmend in die neuen Bundesländer kommen. Das ist
eine große Chance für die innere Einheit und für das Zu-
sammenwachsen. Es ist aber auch eine große Chance für
die neuen Bundesländer; denn natürlich können wir mit
innovativen Produkten nur dann erfolgreich sein, wenn
wir auch die klugen Köpfe und die jungen Wissenschaft-
ler haben. Deshalb sollten wir alles daran setzen, dass
diese Kapazitäten erhalten bleiben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Ich bin der Bundesforschungsministerin dafür dank-
bar, dass sie sich so sehr für dieses Ziel engagiert und
jetzt angekündigt hat, eine Imagekampagne für ein Stu-
dium in den neuen Bundesländern aufzulegen. Ich
glaube, dass dies eine gute Möglichkeit dafür ist, für die-
sen Standort zu werben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Wir wissen, es bleibt viel zu tun. Wir sind nicht am
Ende eines Prozesses, sondern wir sind maximal in der
Mitte. Dennoch: Das, was wir in den letzten 16 Jahren
geschaffen haben, indem wir die kommunistische Miss-
und Planwirtschaft beseitigt haben, kann sich sehen las-
sen. Ich bin der festen Überzeugung: Die Wiedervereini-
gung war und ist eine gewaltige und beispiellose patrio-
tische Leistung der Deutschen füreinander.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Das macht mich stolz, auch wenn ich weiß, dass wir uns
damit nicht zufrieden geben können. Wir müssen weiter
an diesem Prozess arbeiten. Vor allem brauchen wir neue
Instrumente. Darüber sollten wir in den nächsten Wo-
chen und Monaten intensiv diskutieren, um neuen
Schwung in den Aufbau Ost zu bringen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1606303000

Ich erteile das Wort dem Kollegen Swen Schulz von

der SPD.


(Beifall bei der SPD)



Swen Schulz (SPD):
Rede ID: ID1606303100

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! In einer De-
batte zum Stand der deutschen Einheit sprechen wir na-
türlich auch über Perspektiven. Das bedeutet, dass wir
auch über Bildung und Forschung in Ostdeutschland
sprechen. In den Vorlagen für diese Debatte kommt dies
zur Geltung. Der Koalitionsantrag zur Innovationsförde-
rung nimmt das Thema sogar gesondert auf.

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(C (D Im Bereich der Innovationsförderung sind in den etzten Jahren schon unter Rot-Grün verschiedene Proramme und Maßnahmen umgesetzt worden, lieber Kolege Hettlich. Stichworte sind die Programme „Unterehmen Region“, „Inno-Regio“, „Inno-Profile“ und Innovative regionale Wachstumskerne“ sowie die Zenren für Innovationskompetenz usw. All diese Dinge haen Ostdeutschland nach vorn gebracht. Es gibt gute Erolge. Wir sind auf dem richtigen Weg. Die Menschen ind auf dem richtigen Weg. Dies sollte aus parteitaktichen Gründen von der Opposition nicht kleingeredet erden. Gleichzeitig müssen wir aber auch der Versuchung iderstehen, die Lage schönzureden. Deshalb bedanke ch mich ganz besonders für den Bericht der Bundesreierung. Der Weg ist noch weit. Der Osten befindet sich itten in einem Aufholprozess. Die erste Auswahlrunde ür Spitzenuniversitäten hat gezeigt, dass der Osten noch icht dort ist, wo er sein sollte. Damit keine Missverständnisse entstehen: Wir haben n Ostdeutschland tolle Hochschulen und eine hervorraende Forschung und haben ermutigende Ergebnisse erielt. Aber insgesamt ist diese Region noch nicht stark enug. Da stoßen wir auf ein Problem. Wettbewerb in der issenschaftspolitik ist als neues Steuerungsinstruent richtig. Er belebt, bewegt und setzt Kräfte frei. ber natürlich muss auch entsprechende Wettbewerbsfäigkeit bestehen. Wettbewerb ist nur dann sinnvoll, enn die Teilnehmer mit Aussicht auf Erfolg konkurrie en können. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


n der Forschung haben die westdeutschen Regionen ei-
en Vorsprung von Jahrzehnten. Einige Länder haben
ich zudem traditionell eher auf die Forschung konzen-
riert und die Lehre lieber anderen überlassen; darauf
erde ich noch zurückkommen.

Das bedeutet: Die politische Seite muss aufpassen. Je
ehr Wettbewerb wir in diesem System erzeugen, desto

rößer ist die Gefahr, dass sich Unterschiede manifestie-
en,


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


ass der eine Teil dauerhaft abgehängt bleibt, statt aufzu-
olen. Das kann sich letztlich ganz Deutschland nicht
eisten. Es liegt im vitalen Interesse aller Bundesländer,
ass Ostdeutschland aufholt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Das führt mich zum geplanten Hochschulpakt. Er hat
wei Komponenten: Die eine Komponente ist, dass für
ie Forschung eine so genannte Overheadfinanzierung
ingerichtet wird. Das hilft forschenden Hochschulen
nd ist unbestritten sinnvoll. Das führt natürlich auch






(A) )



(B) )


Swen Schulz (Spandau)

dazu, dass wieder die bereits forschungsstarken Hoch-
schulen einen größeren Teil vom Kuchen abbekommen.

Die zweite Komponente des Hochschulpaktes ist,
dass Studienplätze finanziert werden sollen. Eine solche
Finanzierung benötigen wir in ganz Deutschland drin-
gend. Nun haben wir aber eine sehr differenzierte Situa-
tion im deutschen Hochschulwesen. Im Westen werden
die Studienplätze immer knapper, während die Bevölke-
rungsentwicklung in Ostdeutschland dazu führt, dass es
mehr Studienplätze als Studierende geben wird. Es darf
nicht passieren, dass diejenigen Länder, die sich um die
Lehre gekümmert haben und im Rahmen der Exzellenz-
initiative durchfallen, kein Geld für Studienplätze erhal-
ten, weil sie ja so viele davon haben,


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


während diejenigen Länder, die zu wenig Studienplätze
haben, doppelt belohnt werden und neben den Mitteln
im Rahmen der Exzellenzinitiative auch noch Geld für
Studienplätze abgreifen.

Man stelle sich einmal folgendes Szenario vor: Ost-
deutschland geht beim Hochschulpakt leer aus und baut
Studienplätze ab, während sie im Südwesten der Repu-
blik teuer neu aufgebaut werden. Einen solchen Quatsch
sollten wir nicht mitmachen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und der LINKEN)


Dabei appelliere ich nicht nur an die Länder. Vielmehr
ist auch der Bund, sind Bundestag und Bundesregierung
gefragt.

Wir müssen die Menschen anregen, in den Osten zu
kommen. Darum ist es gut, dass in dem vorliegenden
Antrag der Koalition deutlich gemacht wird, dass die
ostdeutsche Hochschullandschaft gestärkt werden muss,
einem Abbau von Studienplätzen entgegengewirkt wird
und sogar Anreize zum Ausbau und zur Verbesserung
der Qualität der Lehre gesetzt werden sollen.

Studierende sind eine große Chance für Ostdeutsch-
land. Doch gleichzeitig kosten Hochschulen bzw. gute,
attraktive Studienplätze Geld, das häufig nicht vorhan-
den ist. Schaut man sich das Berlinurteil des Bundes-
verfassungsgerichts, wonach die Hauptstadt erst einmal
ordentlich an der Wissenschaft sparen soll, einmal ge-
nauer an, kommt man zu dem Ergebnis, dass das natür-
lich genau falsch ist. Wir müssen auf der politischen
Ebene andere Wege beschreiten.

Da ich schon beim Bundesverfassungsgerichtsurteil
und beim Thema Berlin bin, will ich als Berliner Abge-
ordneter etwas näher darauf eingehen. Die Lasten und
Anstrengungen Berlins sind in Karlsruhe nicht angemes-
sen berücksichtigt worden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Die Klage ist abgewiesen worden; das ist nun einmal so.
Umso wichtiger ist es, dass wir alle überlegen, wie wir
mit Berlin umgehen. Denn Berlin ist die Hauptstadt ganz
Deutschlands.

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(C (D Vielen Dank. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1606303200

Das Wort hat nun der Kollege Volkmar Vogel, CDU/

SU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Volkmar Uwe Vogel (CDU):
Rede ID: ID1606303300

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die
eutige Debatte belegt es mit aller Deutlichkeit: Der Jah-
esbericht zur deutschen Einheit hat nichts an Bedeutung
nd Notwendigkeit eingebüßt – auch heute nicht,
7 Jahre, nachdem die Mauer fiel. Es ist ein schöner Tag
nd ich freue mich immer wieder, wenn der
. November naht; einen Tag vorher hat mein Vater Ge-
urtstag. Ich erinnere mich gerne an diesen Tag: An die-
em Tag fiel die Mauer und seit diesem Tag geht es auf-
ärts im Lande.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Aus den Beiträgen meiner Vorredner, derer, die sich
ur deutschen Einheit bekennen und immer dafür ge-
ämpft haben, wird deutlich: Die Bedeutung dieses Be-
ichts wird sich in den nächsten Jahren wandeln. Es gibt
egionen in den alten Bundesländern, die ähnliche
trukturprobleme haben, wie wir sie gerade in den neuen
undesländern meistern. Die Lösungen für die neuen
änder können Lösungen für die Probleme in den alten
ändern sein; das wird in diesem Bericht deutlich.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


estes Beispiel dafür sind das Infrastrukturbeschleuni-
ungsgesetz, die Ermöglichung des Abiturs nach zwölf
chuljahren und Regelungen zwischen Arbeitgebern und
rbeitnehmern, damit es in ihrem Betrieb weitergeht.

Es geht nicht mehr nur um die neuen Bundesländer, es
eht um unser ganzes Land. Darum ist dieser Bericht kein
ericht zum Aufbau Ost, sondern – deshalb der Name –
in Bericht zur deutschen Einheit. Er zeigt unstreitig die
rfolge auf, die wir erzielt haben: die überproportionale
teigerung der Wertschöpfung im verarbeitenden Ge-
erbe und auch die hervorragende Infrastruktur in den
euen Ländern, was keiner leugnen kann. Das ist doch
eleg dafür, dass viel erreicht worden ist.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die Menschen in den neuen Ländern können nicht
ur stolz sein; nein, sie sind stolz auf das, was erreicht
orden ist. Die Liebe zu ihrer Heimat prägt das wieder
ewonnene Selbstbewusstsein, das sich in den letzten
ahren herausgebildet hat. Nichtsdestotrotz betrübt uns
lle die nach wie vor zu hohe Arbeitslosigkeit, die Ab-
anderung aus den Regionen und die demografische
ntwicklung. Daher muss alles, was zu Wachstum und






(A) )



(B) )


Volkmar Uwe Vogel
Beschäftigung führt, oberste Priorität haben. Es geht
nicht darum, wie in den letzten Jahren leider geschehen,
die Mängel immer besser zu verwalten. Nein, wir müs-
sen unsere ganze Kraft daransetzen, diese Mängel ge-
zielt zu beseitigen. Die Tendenz der letzten Monate be-
legt, dass wir hier auf dem richtigen Weg sind. Die
Arbeitslosenquote sinkt – wenn sie auch immer noch zu
hoch ist – im Westen wie im Osten in gleicher Weise.
Ganz besonders wichtig ist, dass die Zahl der offenen
Stellen steigt, und zwar auch im Osten. Das lässt hoffen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die große Koalition steht für Kontinuität und vor al-
lem für Planungssicherheit für die Menschen. Das belegt
auch der Ihnen vorliegende Entschließungsantrag. Der
Strukturwandel ist noch nicht abgeschlossen. Ihn auf ho-
hem Niveau weiter zu fördern, bleibt unser erklärtes
Ziel. Es ist richtig und wichtig, dass der Solidarpakt bis
zum Jahr 2019 für die neuen Länder das entscheidende
Instrument ist. Ich möchte es noch einmal betonen:
156 Milliarden Euro bedeuten eine enorme Anstrengung
unseres Landes. – Angesichts dessen müssen wir uns
nicht verstecken. Vielmehr danken wir dafür, dass diese
Mittel zur Verfügung gestellt werden.

Der Jahresbericht ist auch eine Art Halbzeitbilanz.
Nach 16 Jahren gibt es nicht mehr die neuen Länder. Ich
bin auch kein „Neuer Länderer“, sondern Thüringer;
darauf bin ich stolz.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Wir haben fünf neue Bundesländer, die sich eigenständig
entwickelt und ihren eigenen Weg, weg vom kommunis-
tischen Zentralstaat, gefunden haben. Jedes Bundesland
hat seine spezifischen Stärken, aber auch seine spezifi-
schen Schwächen und Defizite. Die besonderen Bedin-
gungen jedes einzelnen Bundeslandes gilt es bei den der-
zeitigen Verhandlungen zwischen Bund und Ländern
über die Verwendung der Mittel aus dem Korb II des So-
zialpakts zu berücksichtigen. Das entbindet die Länder
natürlich nicht von ihrer Verantwortung, mit diesen Mit-
teln sorgsam umzugehen und damit für Wachstum, Be-
schäftigung und Wirtschaftskraft zu sorgen. Wir müssen
aber begreifen, dass sich in den jeweiligen Ländern nach
16 Jahren ganz unterschiedliche Entwicklungspotenziale
und -konzepte herausgebildet haben. Wir sehen hoch
entwickelte Wachstumskerne und funktionierende länd-
liche Räume, ebenso aber leider immer noch Industrie-
brachen und strukturschwache Regionen. Ein Wachs-
tumskern – um einen Vergleich zu verwenden – braucht
natürlich auch eine gesunde Schale. Die Schwerpunkt-
förderung von Wachstumskernen und von regional spe-
zifischen Stärken ist daher in unserer Förderstrategie
festzuschreiben.

Gestatten Sie mir noch einen Vergleich: Ein starker
Baum kann nicht ständig mit Dünger versorgt werden.
Er braucht auch ein starkes Umfeld, in das er seine Wur-
zeln treiben kann und aus dem er Nährstoffe ziehen

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(C (D ann. Denken wir daher neben der richtigen und notwenigen Förderung von Clustern in den innovativen Branhen auch an die Entwicklungspotenziale im ländlichen aum. Nutzen wir sie künftig besser, gerade mit Blick uf die Entwicklung der Ballungsräume. Damit leisten ir einen Beitrag gegen die Landflucht und gegen die bwanderung junger Menschen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ier greifen die Vorschläge der Koalition, spezielle re-
ionale Stärken, einschließlich des Tourismus, zu för-
ern.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1606303400

Herr Kollege, denken Sie bitte an die Zeit.


Volkmar Uwe Vogel (CDU):
Rede ID: ID1606303500

Ja, Herr Präsident. – Darunter fällt auch die verstärkte

örderung kleinteiliger, aber krisenfester mittelständi-
cher Unternehmen und Handwerksbetriebe. Dazu ge-
ört aus meiner Sicht auch die Landwirtschaft, die sich
n den nächsten Jahren verändern wird. Sie ist Wirt-
chaftsfaktor und Teil der Wirtschaft. Aufgrund der
otenziale der Landwirtschaft im Bereich der nachwach-
enden Rohstoffe werden die Landwirte zu Energiewir-
en und Werkstofflieferanten. Landwirte werden ebenso
ie die Beschäftigten in allen anderen Bereichen eine
ohe Qualifikation brauchen. Deswegen kann ich mich
ur den Worten meiner Kollegen Katherina Reiche und
ichael Kretschmer anschließen: Bildung wird in den

ächsten Jahren ein Schwerpunktthema, gerade auch in
en neuen Ländern, sein.

Bei der Infrastruktur sind wir auf gutem Wege.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1606303600

Herr Kollege, die werden Sie jetzt aber nicht mehr er-

äutern können.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU – Manfred Grund [CDU/CSU]: Lass dich nicht vertreiben! – Dr. Norbert Röttgen [CDU/ CSU]: Wir wollen ihn hören!)



Volkmar Uwe Vogel (CDU):
Rede ID: ID1606303700

Wir dürfen nicht nachlassen, damit wir das Notwen-

ige erreichen. In Zukunft kommt es darauf an, gerade
m Bereich Bildung mehr zu investieren und sie den spe-
ifischen Bedingungen der neuen Länder anzupassen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1606303800

Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der

ollege Stephan Hilsberg, SPD-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Arnold Vaatz [CDU/CSU])







(A) )



(B) )


Stephan Hilsberg (SPD):
Rede ID: ID1606303900

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her-

ren! Am Ende dieser Debatte sprechend ist es wichtig, so
glaube ich, hervorzuheben, dass wir zu Recht über viele
Leistungen gesprochen haben, die im Zuge der deut-
schen Einheit von dieser Regierungsbank aus von allen
Regierungen getätigt wurden, auch wenn manche Fehler
zu beklagen waren. Vor allen Dingen ist aber festzuhal-
ten, dass die Erfolge der deutschen Einheit zuallererst
auf der gesamtdeutschen Solidarität und der Leistungsfä-
higkeit der Menschen in Ostdeutschland beruhen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Frau Pieper, die Erfolge beruhen nicht auf dem, was
Sie hier vorgetragen haben. Das war billiger Populis-
mus; auch das muss gesagt werden. Ich habe gedacht,
man müsste die FDP umbenennen in „Frivoler Deut-
scher Populismus“. Das wäre angemessen.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)


Herr Bisky, zur Ostalgie, die in Ihrer Rede zum Aus-
druck kam: In Ostdeutschland kann man natürlich
manch ein Gefühl wecken, wenn man an die scheinbar
so einfache Finanzierung des ostdeutschen Gesund-
heitswesens erinnert. „Die Wahrheit ist konkret“, sagt
Lenin, Herr Bisky. Ich kann mich noch gut daran erin-
nern, dass meine Tochter trotz exquisiter Behandlung
fast gestorben wäre, wenn wir nicht ein Medikament aus
Westberlin erhalten hätten. Solidarität gibt es eben nicht
erst jetzt; es gab sie auch zu Zeiten der Mauer. Das hatte
mit der Leistungsfähigkeit der Ärzte nichts zu tun.

Soll ich daran erinnern, dass eine der bekanntesten
Schriftstellerinnen Ostdeutschlands kurz vor Ende der
DDR, noch zu Mauerzeiten, fast vergiftet worden wäre,
weil das Bezirkskrankenhaus nicht in der Lage war, anti-
septische Wäsche und Mullbinden zu organisieren? Das
war die Realität zu DDR-Zeiten.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wenn wir heute erfreulicherweise zu verzeichnen ha-
ben, dass die Lebenserwartung in Ostdeutschland gra-
vierend gestiegen ist, und zwar nicht, wie im Westen, in
normalem Maße, sondern gewaltig, dann müssen wir
feststellen, dass das kein Ergebnis des DDR-Gesund-
heitswesens ist, sondern eine Folge der deutschen Ein-
heit und der Leistungsfähigkeit dieses Landes. Das gilt
es bei allem, was passiert ist, hervorzuheben.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Wir müssen in diesem Zusammenhang zwar über Pro-
bleme reden, man muss an dieser Stelle aber auch sagen,
dass vieles geleistet wurde und dass nicht alles so ein-
fach ist, wie es die DDR vorgegaukelt hat.

Es geht uns nicht nur um Erfolge und wir reden die
Probleme nicht schön. Es ist bedrückend, wenn so viele

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(C (D enschen in Ostdeutschland ihre Situation als berückend empfinden. Es ist bedrückend, dass die Areitslosigkeit nach wie vor doppelt so hoch ist. Es ist berückend, wenn sich so viele Menschen sozial usgegrenzt fühlen. Darum müssen wir uns kümmern nd darum kümmern wir uns auch. Deshalb ist es wichig hervorzuheben, dass, um aus dieser Situation herausukommen, Fördermittel eine notwendige Voraussetung sind, aber keine hinreichende. Probleme können ir administrieren, wir können viele Rahmenbedingunen schaffen. Doch Mut, Selbstvertrauen, Kreativität ann Politik nur anregen, sie kann sie nicht verordnen, ie kann sie nicht in Gesetze schreiben. Diese Eigenchaften sind das Wichtigste, was man braucht. Die enschen selbst sind es, von denen die Kraft ausgehen uss. Wir haben heute die Gelegenheit, an die Men chen zu appellieren, und nutzen sie. Doch es sind noch mmer zu wenige, die die Chancen nutzen. Ich möchte daran erinnern: Von allen ehemaligen OMECON-Ländern haben wir in Ostdeutschland heute en höchsten Lebensstandard. Das ist sehr schön und ein roßer Erfolg. Wir haben heute in Ostdeutschland die öchste Produktivität aller ehemaligen Warschauer-Verrag-Staaten. Doch die Messlatte für die Produktivität, afür, dass die Betriebe existenzund wettbewerbsfähig ind, liegt nirgendwo so hoch wie in Ostdeutschland. eswegen reicht es nicht, nur eine nachholende Moderisierung zu machen. Herr Kollege! Wir müssen in Ostdeutschland Menschen, Betriebe, issenschaftseinrichtungen haben, die sich zum Schrittacher der Modernisierung machen, die selber Wege ge en und Lösungen suchen, die es in ganz Deutschland och nicht gegeben hat. Nur so werden wir die Probleme ösen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1606304000
Stephan Hilsberg (SPD):
Rede ID: ID1606304100


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1606304200

Herr Kollege!


Stephan Hilsberg (SPD):
Rede ID: ID1606304300

Das ist mein letzter Punkt; gestatten Sie mir das noch! –

azu gehört, dass man sich der Werte, die dem zugrunde
egen – Freiheit, Toleranz, Selbstvertrauen, Zivilcourage –,
ewusst sein muss, dass man sie ehren muss, nicht nur
eute, sondern auch mit Blick auf diejenigen, die ihre
aut unter DDR-Bedingungen zu Markte getragen ha-
en. Deswegen sehen wir uns verpflichtet, für eine ange-
essene Würdigung aller Opfer der SED-Diktatur ein-

utreten. Das gehört zur deutschen Einheit dazu.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Stephan Hilsberg
Wir werden nicht zulassen, dass es hier zu einem
Schlussstrich unter die DDR-Vergangenheit kommt. Wir
werden diese Diskussion weiterführen und weiter er-
möglichen. Denn Zukunftsgestaltung und die Würdi-
gung der Vergangenheit sind zwei Seiten ein und dersel-
ben Medaille.

Herr Bisky, man mag bedauern, dass Sie hier sitzen;
aber Wahlergebnisse sind Wahlergebnisse. Einen kon-
struktiven Beitrag haben Sie nicht geleistet. Ihre letzte
Äußerung, Sie seien im eigentlichen Sinne die Partei der
deutschen Einheit, das war der schönste Witz!


(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Das ist eine Provokation!)


Was von Ihnen kommt, ist nur Populismus, etwa Ihr An-
trag, die Regierung möge komplett nach Berlin umzie-
hen. Der nützt uns doch nur dann, wenn wir ihn mit
Verwaltungsmodernisierung verbinden, wie mit dem
Bundesamt für Justiz geschehen. Auf diesem Weg gehen
wir weiter.

Die neuen Einrichtungen, um die es geht, die Bundes-
stiftung „Baukultur“, die nach Potsdam gekommen ist – –


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1606304400

Herr Kollege Hilsberg!


Stephan Hilsberg (SPD):
Rede ID: ID1606304500

Auf diesem Weg werden wir weitergehen, im Großen

wie im Kleinen.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1606304600

Ich schließe die Aussprache.

Die überragende Bedeutung, die der Deutsche Bun-
destag und auch das amtierende Präsidium der Behand-
lung dieses Themas unverändert beimisst, wird auch da-
ran deutlich, dass aus der vereinbarten 90-minütigen
Debatte eine zweistündige Debatte geworden ist. Wir
alle sind uns einig, dass noch vieles hätte vorgetragen
werden können, vielleicht auch müssen. Das wird bei der
weiteren Beschäftigung mit den der Debatte zugrunde
liegenden Unterlagen gewiss erfolgen.

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlagen
auf den Drucksachen 16/2870, 16/313 und 16/3284 an
die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorge-
schlagen.

Die Vorlage auf Drucksache 16/3294 zu Tages-
ordnungspunkt 3 b soll zur federführenden Beratung an
den Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfol-
genabschätzung und zur Mitberatung an den Ausschuss
für Wirtschaft und Technologie, an den Ausschuss für
Verkehr, Bau und Stadtentwicklung sowie an den Haus-
haltsausschuss überwiesen werden.

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1)

(C (D Der Entschließungsantrag auf Drucksache 16/3310 oll an dieselben Ausschüsse wie der Jahresbericht der undesregierung zum Stand der deutschen Einheit 2006 berwiesen werden. Sind Sie damit einverstanden? – as sieht ganz so aus. Dann sind die Überweisungen so eschlossen. Wir kommen nun unter Tagesordnungspunkt 3 d zur eschlussempfehlung des Ausschusses für Verkehr, Bau nd Stadtentwicklung auf Drucksache 16/1200. Unter r. 1 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt der Aus chuss in Kenntnis des Jahresberichts der Bundesregieung zum Stand der deutschen Einheit 2005 auf Druckache 15/6000 die Annahme des Entschließungsantrags er Fraktionen der CDU/CSU und der SPD auf Drucksahe 16/650. Hierzu liegt mir eine Erklärung des Kolleen Carsten Müller nach § 31 unserer Geschäftsordnung or1)

mpfehlung des Ausschusses? – Wer stimmt dagegen? –
er enthält sich der Stimme? – Die Beschlussempfeh-

ung ist mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen ange-
ommen.

Unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt
er Ausschuss in Kenntnis des genannten Jahresberichts
ie Ablehnung des Entschließungsantrags der Fraktion
er FDP auf Drucksache 16/693. Wer stimmt für diese
eschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer
nthält sich? – Auch diese Beschlussempfehlung ist mit
ehrheit angenommen.

Schließlich empfiehlt der Ausschuss unter Nr. 3 sei-
er Beschlussempfehlung in Kenntnis des genannten
ahresberichts die Ablehnung des Entschließungsantrags
er Fraktion Die Linke auf Drucksache 16/692. Wer
timmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt
agegen? – Wer enthält sich? – Auch diese Beschluss-
mpfehlung ist mehrheitlich angenommen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 4 a bis d auf:

a) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ein-

(Ethikratgesetz – EthRG)


– Drucksache 16/2856 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und
Geschäftsordnung
Rechtsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit

b) Beratung des Antrags der Fraktion des BÜND-
NISSES 90/DIE GRÜNEN

Einsetzung eines Ethik-Komitees des Deut-
schen Bundestages

– Drucksache 16/3199 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)


Anlage 2






(A) )



(B) )


Präsident Dr. Norbert Lammert
Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und
Geschäftsordnung
Rechtsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit

c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Michael
Kauch, Cornelia Pieper, Uwe Barth, weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion der FDP

Einrichtung eines Parlamentarischen Beirats
für Bio- und Medizinethik

– Drucksache 16/3289 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und
Geschäftsordnung
Rechtsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit

d) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Ilja
Seifert, Monika Knoche, Hüseyin-Kenan Aydin,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LIN-
KEN

Einsetzung eines Ethik-Komitees des Deut-
schen Bundestages

– Drucksache 16/3277 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und
Geschäftsordnung
Rechtsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache erneut eineinhalb Stunden vorgesehen. –
Ich höre dazu keinen Widerspruch. Dann ist das so be-
schlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile zunächst für
die Bundesregierung der Bundesministerin Dr. Annette
Schavan das Wort.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie der Abg. Petra Ernstberger [SPD])


Dr. Annette Schavan, Bundesministerin für Bil-
dung und Forschung:

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die ethische
Urteilsbildung ist Teil politischer Entscheidungspro-
zesse.


(Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD])


Uns, den Abgeordneten des Deutschen Bundestages und
den Mitgliedern der Bundesregierung, kann es niemand
abnehmen, uns gewissenhaft um eine ethische Urteils-
findung zu bemühen und politische Entscheidungen ver-
antwortungsbewusst zu treffen. Das ist unser Königs-
recht. Umso bedeutsamer ist es, dass wir den
Sachverstand von Experten nutzen. Auch das gehört zu
unserer Verantwortung.

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(C (D Namens der Bundesregierung lege ich Ihnen heute en Entwurf eines Gesetzes zur Einrichtung des Deutchen Ethikrats vor. Sein Themenspektrum resultiert aus er dynamischen Entwicklung der Lebenswissenschafen und der Anwendung ihrer Verfahren und Ergebnisse uf den Menschen. Damit sind Grundfragen betroffen, ei denen es letztlich um unsere Pflicht zum Schutz des enschlichen Lebens geht und die auf unserer Überzeu ung hinsichtlich der Unantastbarkeit und Unverwirkarkeit der Menschenwürde basieren, die allem politichen Handeln vorgelagert ist. Die Freiheit der Forschung findet ihre Grenze genau ort, nämlich bei der Achtung vor der Unantastbarkeit er Menschenwürde. Weil sich die Lebenswissenschaf en so dynamisch entwickeln und angesichts zunehmener Möglichkeiten – zum Beispiel durch medizinischechnische Eingriffsmöglichkeiten auf menschliches Leen – werden wir in den kommenden Jahren wie in der ergangenheit auch herausgefordert sein, die Schutz unktion wahrzunehmen, die dem Gesetzgeber aufgegeen ist. In diesem Zusammenhang kann von uns erwartet erden, dass wir unsere Aufgabe sachkundig wahrnehen und dass allen Abgeordneten des Deutschen Bun estages und allen Mitgliedern der Bundesregierung der leiche Zugang zum entsprechenden Sachverstand eröglicht wird. Uns Zugang zu diversem Sachverstand in aturwissenschaftlich-medizinischer, ethischer, rechtliher und sozialwissenschaftlicher Hinsicht zu ermöglihen, ist Sinn und Zweck des deutschen Ethikrats. Daher oll ein Gremium eingerichtet werden, das unabhängig nd in voller Souveränität gegenüber dem Parlament und er Regierung arbeitet. Für das Verhältnis zwischen dem Deutschen Bundesag und der Bundesregierung einerseits und dem Deutchen Ethikrat andererseits ist der Respekt vor der wechelseitigen Souveränität zentral bedeutsam: der espekt des Parlaments und der Regierung vor dem eutschen Ethikrat und der Respekt des Ethikrats gegenber dem Parlament und der Regierung. Deshalb schlaen wir vor, ein reines Expertengremium einzusetzen, as die jeweils eigene Verantwortung deutlich werden ässt. Der Ethikrat kann dem Parlament und der Regieung die Debatten und Prozesse der Entscheidungsfinung nicht abnehmen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der SPD: Das soll er ja auch nicht!)


(Vorsitz: Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt)


Umgekehrt muss der Ethikrat in seinen Beratungen
rei und souverän sein. Sie sind allen Parlamentsdebatten
orgelagert. Das Parlament entscheidet frei, wie es mit
en Ratschlägen des Ethikrates umgeht. Deshalb halte
ch eine Vermischung der Mitgliedschaften für nicht
ichtig.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, ja! Weil sie lästig sind! Deshalb wollen Sie das nicht! Abgeordnete sind Ihnen lästig!)







(A) )



(B) )


Bundesministerin Dr. Annette Schavan
Niemand von uns kann die eigenen Prozesse zur Bildung
eines ethischen Urteils an wenige andere delegieren. An-
ders gesagt: Dies ist unser Königsrecht als Abgeordnete;
bei diesem Thema können wir – anders als bei Fragen
der Finanz-, der Familien- oder der Forschungspolitik –
nicht jemand anderen beauftragen, sich für uns kundig
zu machen und unsere Entscheidungen vorzubereiten.
Das muss jeder von uns selbst leisten.


(Beifall bei der CDU/CSU)


In Fragen der Ethik sind wir alle gleichermaßen und
unterschiedslos gefragt. Jede und jeder von uns ist Ex-
perte in ethischen Fragen, weil sie Teil der politischen
Entscheidungsfindung sind. Allerdings halte ich es für
notwendig, dass der Ethikrat durch Beschluss des Parla-
mentes eine Legitimation erhält. Kritik im Hinblick auf
die Legitimation haben wir bereits im Zusammenhang
mit der Gründung des Nationalen Ethikrates durch die
Vorgängerregierung bzw. den vormaligen Bundeskanzler
geübt, eine Kritik, die übrigens quer durch alle Parteien
geäußert wurde.

Deshalb wollen wir die Schaffung einer gesetzlichen
Grundlage für die Einrichtung des Deutschen Ethikrates
und seine Anbindung beim Präsidenten des Deutschen
Bundestags. Die Struktur des Deutschen Ethikrates ent-
spricht seinen Aufgaben als einem Gremium der unab-
hängigen wissenschaftlichen Beratung. Die Zusammen-
setzung stellt sicher, dass in ihm ein interdisziplinäres,
plurales Spektrum sowie unterschiedliche weltanschauli-
che Ansätze vertreten sind. Durch die Zahl seiner Mit-
glieder wird einerseits ein ausreichend breites Spektrum
an Fachdisziplinen und Meinungen ermöglicht, anderer-
seits aber auch die Arbeitsfähigkeit des Gremiums ge-
währleistet.

Die gesetzlichen Regelungen beschränken sich be-
wusst auf Kernelemente. Insbesondere die interne Orga-
nisation des Benennungsverfahrens, aber auch die Orga-
nisation der parlamentarischen Entscheidungsfindung
über Aufträge an den Deutschen Ethikrat wird der Bun-
destag selbst regeln.

Im vorliegenden Gesetzentwurf sind die Aufgaben
des Deutschen Ethikrates beschrieben: Er berät sowohl
Bundestag als auch Bundesregierung. Er beschäftigt sich
mit den naturwissenschaftlichen, medizinischen, ethi-
schen, gesellschaftlichen und rechtlichen Fragen, die
sich im Zusammenhang mit der Forschung, mit den Ent-
wicklungen bei den Lebenswissenschaften und mit der
Anwendung dieser Ergebnisse auf den Menschen erge-
ben.

Der Deutsche Ethikrat informiert die Öffentlichkeit
und fördert den gesellschaftlichen Diskurs als zentrales
nationales Forum. Um den Diskurs zu fördern, kann der
Deutsche Ethikrat öffentliche Veranstaltungen und An-
hörungen durchführen. Er ist dabei an keine vorgege-
bene Form gebunden, sondern kann sich verschiedener
Methoden und Instrumente bedienen. Der Deutsche
Ethikrat erarbeitet Stellungnahmen und Empfehlungen
für Politik und Gesetzgeber und arbeitet mit vergleichba-
ren Gremien auf internationaler Ebene zusammen.

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(C (D Die Struktur des Deutschen Ethikrates, die wir in unerem Gesetzentwurf vorschlagen, entspricht internatioaler Praxis. Das gilt vor allem mit Blick auf unsere euopäischen Nachbarn. Es ist wichtig, dass auch eutschland an diesem auf europäischer bzw. internatioaler Ebene geführten Dialog über ethische Fragen in en Lebenswissenschaften teilnimmt. Der Deutsche Ethikrat erarbeitet seine Stellungnahen im Auftrag des Bundestages oder der Bundesregie ung und aufgrund eigener Beschlüsse und Entscheidunen. Auch das sichert seine Unabhängigkeit. Wesentlich und konstituierend für den Deutschen thikrat ist, dass seine Mitglieder unabhängig von staat icher Einflussnahme sind. Nur so können sie Entscheiungen treffen, die sie nur vor ihrem Gewissen verantorten müssen. Das verbindet die Mitglieder des eutschen Ethikrates mit den Mitgliedern des Deutschen undestages und der Regierung: Sie sind in ethischen ragen ausschließlich ihrem Gewissen verantwortlich. Genau das sagte ich in diesem Satz, sehr verehrter Kolege Tauss. (Jörg Tauss [SPD]: Das war kein Widerspruch, sondern Unterstützung!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Jörg Tauss [SPD]: Wie Abgeordnete!)


Vielen Dank. – Aus diesem Grund gibt es im Gesetz-
ntwurf nur wenige gesetzliche Vorgaben über die Ar-
eitsweise.

Der Deutsche Ethikrat wird seine Entscheidungen als
nabhängiges Sachverständigengremium nur dann
laubwürdig gegenüber der Öffentlichkeit vertreten kön-
en, wenn Parlament und Regierung als diejenigen, die
eraten werden, nicht gleichzeitig die Berater sind. Diese
eiden Rollen in dem Gremium zusammenbringen zu
ollen, halte ich für falsch.


(Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Sehr richtig!)


as ist gemeint, wenn ich von wechselseitigem Respekt
or der jeweiligen Unabhängigkeit beider Partner in
thischen Fragen der Lebenswissenschaften rede.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schafft doch die Enquete-Kommission einfach ab!)


Die Veröffentlichung der Stellungnahmen, Empfeh-
ungen und Berichte gewährleistet die Information von
ffentlichkeit, Regierung und Parlament. In diesen Stel-

ungnahmen können – wie bislang übrigens auch – ab-
eichende Auffassungen einzelner Mitglieder aufge-

ührt werden. Das macht das Beratungsergebnis nach
ußen transparent.

Mit dem Deutschen Ethikrat wollen wir auf gesetzli-
her Grundlage ein ständiges und unabhängiges Sach-
erständigengremium zur wissenschaftsgeleiteten Poli-
ikberatung und zur Strukturierung des öffentlichen
iskurses einrichten. Das ist letztlich ein Baustein, auf
en wir nach meiner Überzeugung künftig öfter zurück-
reifen sollten, um in wichtigen politischen Fragen, die






(A) )



(B) )


Bundesministerin Dr. Annette Schavan
die Zukunft unseres Landes betreffen, stärker den wis-
senschaftlichen Sachverstand zu nutzen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Der Deutsche Ethikrat soll die Bundesregierung und
den Bundestag beraten. Wir sichern mit dem Gesetz eine
breite demokratische Grundlage für ein unabhängiges
Beratungsgremium, das den bioethischen Diskurs in der
Gesellschaft auf hohem Niveau begleitet und am interna-
tionalen bioethischen Diskurs beteiligt ist.

Die Unterscheidung zwischen Expertenberatung ei-
nerseits und den Debatten und der Entscheidungsfindung
in Parlament und Regierung andererseits ist konstitutiv
für den vorliegenden Vorschlag. Ich bitte Sie deshalb
herzlich um Ihre Unterstützung für diese Grundlage zur
Einrichtung eines Deutschen Ethikrates.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1606304700

Das Wort hat nun der Kollege Uwe Barth für die

FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP)



Uwe Barth (FDP):
Rede ID: ID1606304800

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Mit dem von der Ministerin vorgestellten Gesetzentwurf
schlägt die Bundesregierung die Schaffung eines Deut-
schen Ethikrates als unabhängiges Beratungsgremium
für Parlament und Regierung vor. Wir als Liberale ste-
hen diesem Vorhaben grundsätzlich sehr positiv gegen-
über. Wichtig für diese Einschätzung ist für uns vor al-
lem die Regelung, dass die Hälfte der Mitglieder des
Ethikrates vom Parlament berufen wird, wodurch der
Rat im Gegensatz zu seinem Vorgängergremium durch-
aus eine parlamentarische und demokratische Legitima-
tion erhält. Das ist für uns ein entscheidender Punkt.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das bedeutet aber auch, dass das Parlament aus unse-
rer Sicht kein Parallelgremium braucht. Der Ethikrat be-
setzt den Platz eines Beratungsgremiums für Parlament
und Regierung. Er ist eben kein Expertengremium, das
hinter verschlossenen Türen tagt, wie es von Kollegen
der Linken, der Grünen, aber auch der SPD in letzter
Zeit gelegentlich formuliert wurde.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es soll nicht öffentlich sein! Das steht im Gesetzentwurf! – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er tagt doch nicht öffentlich!)


Der Ethikrat kann trotzdem die qualifizierte parla-
mentarische Debatte nicht ersetzen. Das sage ich sehr
deutlich in Richtung meines verehrten Kollegen Röspel,
der leider heute nicht hier sein kann. Ich wünsche ihm an
dieser Stelle gute Besserung!


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


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(C (D Mit dem Deutschen Ethikrat werden wir ein Instruent der modernen Politikberatung an die Hand be ommen, dessen wir uns aber verantwortungsvoll bedieen müssen. Im Ethikrat selbst ist unsere Mitarbeit als arlamentarier – das ist unsere feste Überzeugung – weig sinnvoll. Wir müssen uns nicht selbst Empfehlungen ussprechen. Wir müssen uns nicht selbst beraten; das at die Ministerin eben richtig ausgeführt. Wir müssen ielmehr über die gegebenen Empfehlungen entscheien. Genau an dieser Stelle setzt unser Vorschlag an, eien parlamentarischen Beirat für Biound Medizinthik einzurichten. Ein solcher Beirat aus Abgeordneten es Bundestages kann aus unserer Sicht die Ansprüche, ie die Ministerin in ihren Ausführungen eben formuliert at, sehr gut erfüllen sowie die biound medizinethische ebatte vorantreiben. Mit dem Ethikrat als Beratungsremium und dem parlamentarischen Beirat haben wir ine klare Trennung zwischen Politikberatung und deokratischem Zustandekommen von wichtigen und rundsätzlichen Entscheidungen. Herr Kollege Tauss, ch glaube, dafür muss der Gesetzentwurf nicht geändert erden. Wir müssen hier vielmehr entscheiden, wie wir en Beirat konstituieren und mit welchen Befugnissen ir ihn ausstatten. Auch Sie, Herr Tauss, hielten in den etzten Tagen einen solchen Beirat für durchaus denkbar. (Jörg Tauss [SPD]: Ich habe das Urheberrecht auf ihn!)


Wir sollten an dieser Stelle nicht über das Urheberrecht
treiten. Hier geht es um die Sache.

Da wir uns, wie gesagt, nicht selbst beraten müssen,
st aus unserer Sicht die Mitarbeit von Abgeordneten im
thikrat nicht notwendig. Herr Tauss, machen Sie doch
itte Ihren Einfluss in den Koalitionsfraktionen geltend
nd überzeugen Sie die Kolleginnen und Kollegen von
er Richtigkeit unseres Vorschlages, einen solchen parla-
entarischen Beirat einzurichten.


(Beifall bei der FDP)


ie haben dann sicherlich auch Kolleginnen und Kolle-
en von der Union auf Ihrer Seite, die – wie Frau Aigner
eispielsweise – zwar keinen Änderungsbedarf beim Ge-
etzentwurf sehen, sich aber einen parlamentarischen
eirat durchaus vorstellen können.

Lassen Sie uns am Anfang dieser Debatte, die wir
raktionsübergreifend und im Konsens führen müssen,
eil es um ethische Fragen geht, ein Zeichen setzen, dass

s nicht um Regierung gegen Koalition geht, sondern da-
um, einen parteiübergreifenden Konsens zu finden. Ich
ade Sie in diesem Sinne herzlich ein, einen interfraktio-
ellen Antrag auf Einrichtung eines parlamentarischen
eirats zu erarbeiten.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1606304900

Nächster Redner ist der Kollege Jörg Tauss für die

PD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)







(A) )



(B) )


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1606305000

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr

Präsident! Wir sind heute sozusagen mit Prominenz in
Doppelfunktion besetzt. Ich freue mich, Herr Präsident,
dass Sie das Wort in dieser Debatte ergreifen wollen.
Lieber Herr Kollege Barth, recht herzlichen Dank für die
freundlichen Grüße an die Adresse unseres Kollegen
Röspel, der lieber hier wäre, als sich mit fürchterlichen
Schmerzen im Kreuz zu plagen. Aber so ist es nun ein-
mal.

René Röspel muss man an dieser Stelle jedenfalls
Dank sagen. Er hat zusammen mit der Enquete-Kom-
mission, der er vorgesessen hat, hervorragende Arbeit
geleistet. Ich glaube, die Arbeit dieser Enquete-Kommis-
sion hat den Deutschen Bundestag geehrt. Kollege Rös-
pel hat wichtige Impulse gegeben. An dieser Stelle ist
daher Dank für die Ethikkommissionen angemessen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


In ethischen Grundsatzfragen hat dieses Haus nicht nur
große Erfahrung, sondern auch eine ausgesprochen hohe
Diskussionskultur entwickelt. Ich erinnere an die Debat-
ten in der jüngeren Vergangenheit, beispielsweise über
Fragen der Patientenverfügung, den Hirntod, die Organ-
spende oder die Forschung an embryonalen Stammzellen.
Wenn ich mein bisheriges parlamentarisches Leben Re-
vue passieren lasse – das sind immerhin zwölf Jahre –,
dann muss ich sagen, dass es Sternstunden des Parlamen-
tarismus waren, wie wir hierüber diskutiert haben und ge-
meinsam um Lösungen gerungen haben und zu Lösungen
– zum Teil fraktionsübergreifend – gekommen sind.

Wir hatten eine sehr diskursive Auseinandersetzung
im Sinne des Streits um das beste Argument. Aber um
solche Fragen geht es heute nicht. Ich habe mich gewun-
dert, dass es im Vorfeld die eine oder andere Aufregung,
ausgelöst durch bestimmte Tickermeldungen, gab. Die
Bundesregierung hat heute – die Ministerin hat es bereits
angesprochen – einen Gesetzentwurf eingebracht, in
dem uns, dem Parlament, ein Vorschlag gemacht wird,
wie künftig eine sach- und fachkundige Beratung von
Regierung, Parlament und Gesellschaft in ethisch sen-
siblen Fragen insgesamt organisiert werden kann.

Über die Form und über das Verfahren dieser Bera-
tung – Herr Präsident und Frau Präsidentin, ich glaube,
da sollten wir uns alle einig sein – entscheiden selbstver-
ständlich wir hier im Bundestag. Das ist normaler parla-
mentarischer Brauch und auch nicht ungewöhnlich.


(Beifall bei der SPD)


Dass ein solches Beratungsgremium wichtige Denk-
anstöße geben kann, hat der Nationale Ethikrat – hier
danke ich den bisherigen Vorsitzenden; ich nenne aus-
drücklich Herrn Simitis und Frau Weber-Hassemer – ein-
drucksvoll gezeigt. Zuletzt hatten wir im Juli 2006 die
Veröffentlichung „Selbstbestimmung und Fürsorge am
Lebensende“, davor die Publikation „Prädiktive Gesund-
heitsinformationen bei Einstellungsuntersuchungen“,
weitere Themen waren unter anderem die Genomunter-
suchungen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern,
die Patientenverfügung, das Klonen oder die Biobanken.

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(C (D us diesem Grunde halte ich es für richtig, dass wir uns ber eine sinnvolle Weiterentwicklung auf dem Hinterrund der Erfahrungen, die wir sowohl mit Enqueteommissionen hier im Deutschen Bundestag als auch it der Arbeit des Nationalen Ethikrates, wie er damals nter Bundeskanzler Schröder eingerichtet worden war, nterhalten. Das Verfahren ist damals von der Opposition nicht in allen Punkten zu Unrecht – kritisiert worden. uch wir hatten unter uns Diskussionen darüber, wo die ommission angesiedelt sein sollte, ob beim Parlament der anderswo. Damals aber hat sich die Bundesregieung so entschieden. Es soll uns Beratung zuteil werden und es geht darum, ie Beratung von Bundesregierung und Bundestag zu öchst sensiblen ethischen Fragen zu gewährleisten. Daei soll einerseits größtmögliche Interdisziplinarität, lso die Zusammenarbeit vieler verschiedener Fachrichungen in diesem Gremium, andererseits aber auch die inreichende und angemessene Repräsentanz einer plualistischen Gesellschaft sichergestellt werden. Ich will s überspitzt sagen: Ethische Fragen können wir nicht alein mit Kirchen diskutieren, aber ich kann mir in keiem Falle einen Ethikrat ohne Kirchen vorstellen. Das st Teil des Pluralismus, von dem ich rede. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


ie qualifikatorische Breite des Ethikrats muss sicherge-
tellt werden. Der Bundestag hat zusammen mit der Re-
ierung die wichtige Aufgabe, an der Zusammensetzung
es Gremiums mitzuwirken. Wir wollen keine frei
chwebende Plattform für akademische Diskurse. Dies
ar in der Vergangenheit nicht so und wird sicherlich

uch künftig nicht so sein.

In den letzten Tagen und Wochen haben wir viele
riefe in unsere Abgeordnetenbüros bekommen. Wir
erden oft genug kritisiert, manchmal zu Recht, aber
icht immer. Auch ein Parlament darf kritisiert werden
nd unter öffentlichem Beschuss stehen, aber manche
ritik hat der Bundestag nicht verdient – hier aber keine
ritik, sondern der Ausdruck hohen Vertrauens in die

thische Kompetenz des Bundestages. Die Enquete-
ommissionen hatten ein großes Verdienst daran, dass
ie Gesellschaft dieses hohe Vertrauen heute hat. In
ahlreichen Briefen – von Behindertenverbänden bis hin
u kirchlichen Kreisen – wurde der Wunsch geäußert,
ass sich der Bundestag beteiligen soll. Das ist etwas,
as durchaus zur Anerkennung dieses Parlamentes bei-

rägt. Für dieses Vertrauen sollten wir uns an dieser
telle recht herzlich bedanken.


(Beifall bei der SPD)


Wir werden jetzt zu prüfen haben, ob die parlamen-
arische Beteiligung, die wir gerne wollen, im Gesetz-
ntwurf bereits hinreichend berücksichtigt ist. Wir mei-
en, nein. Da gibt es Dissens; im Zusammenhang mit
er Vorbereitung eines Gruppenantrags haben wir eine
iskussion darüber gehabt, ob eine direkte Mitglied-

chaft von Abgeordneten infrage käme. Nachdem nach
iskussionen zu erkennen war, dass die Kolleginnen und
ollegen der Union nicht mitmachen – das ist keine






(A) )



(B) )


Jörg Tauss
Schuldzuweisung, sondern einfach ein Punkt, den man
konstatieren muss –, hat meine Fraktion – das sage ich
auch für René Röspel – die Auffassung vertreten, dass es
keinen Sinn macht, über eine solche Frage zu diskutie-
ren, wenn die größte Fraktion nicht zustimmt. Sie ist
zwar nur vier Abgeordnete größer als unsere Fraktion,
aber sie ist es; am liebsten wäre es mir natürlich, wir wä-
ren die größte Fraktion.

Wir sehen in der Tat einige Probleme. Wie sieht es
mit einem Rat aus, der mit Parlamentariern durchsetzt
ist? Es spricht vieles dafür. Aber es stellt sich auch die
Frage: In welchem Verhältnis stünde eine solche Mehr-
heitsentscheidung im Ethikrat beispielsweise zum Ab-
stimmungsverhalten im Parlament? Das ist eine wichtige
Frage, die entstünde: Wäre der Parlamentarier nicht
mehr Gleicher unter Gleichen in diesem Ethikrat, hat er
doch im Parlament die Letztentscheidungskompetenz?
Es gibt eine Reihe von Diskussionen, die wir, lieber
Kollege Winkler, unaufgeregt führen sollten. Es gibt
Gründe, die dafür sprechen, und solche, die dagegen
sprechen.

Ich glaube, dass der Ethikrat einen Legitimitätstrans-
fer durch MdB-Beteiligung eigentlich nicht nötig hätte;
er wird anders als der Bundestag auch nicht allgemein
verbindlich entscheiden. In Europa wird das nicht anders
gehandhabt, aber wir werden sehen.

Frau Präsidentin, erlauben Sie mir noch eine kurze
Anmerkung zum Schluss. Wir gehen davon aus, dass der
Ethikrat eine hohe ethische Kompetenz haben sollte. Es
geht bei seiner Legitimität nicht um Entscheidungen al-
lein. Die besondere Legitimität, von der wir im Hinblick
auf Abgeordnete reden, ist aber eine demokratische, zu
entscheiden. Und dieses muss der Ethikrat gerade nicht
leisten. Es geht nicht um mehr oder weniger Unabhän-
gigkeit, sondern um ein angemessenes Rollenverständnis
sowohl für die Mitglieder eines wichtigen Beratungsgre-
miums als auch für die Mitglieder eines gesetzgebenden
Verfassungsorgans. Es kommt darauf an, wie es letztlich
gemacht wird. Diese Entscheidung trifft das Parlament.
Die Anregung der FDP für ein gemeinsames Vorgehen
finde ich interessant. Bei der Stammzellenforschung
mussten wir das leider ohne die FDP machen, aber in
ethischen Fragen haben wir uns sonst immer gefunden.
Lassen Sie uns darüber diskutieren! Dies ist nicht gegen
jemanden gerichtet. Es ist vielmehr das Bemühen, zu ei-
ner verantwortungsvollen Gestaltung der ethischen De-
batten und der Beratungen des Parlaments und der Bun-
desregierung zu kommen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1606305100

Das Wort hat Frau Kollegin Petra Sitte von der Frak-

tion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lassen ie mich mit einer Vorbemerkung beginnen: Ich habe ber viele Jahre in Sachsen-Anhalt Wissenschaftspolitik itgestaltet. Mein Ziel bestand dabei darin, Forscherin en und Forschern, Lehrenden, Studierenden und andeen in diesem Bereich Beschäftigten möglichst optimale edingungen zu schaffen. Das hieß, um Prioritäten bei olitischen Entscheidungen zu kämpfen. Das hieß auch, erspektiven der Adressaten zu übernehmen. Das hieß ber vor allem, sich mit Inhalten von Forschung und ehre auseinander zu setzen. Um verantwortungsbewusst langfristige Perspektien zu konzipieren, ist es nach meinem Verständnis unbdingbar, sich mit Inhalten einzelner Wissenschaftsnd Forschungsdisziplinen vertraut zu machen. Sich beaten und vor allem beraten zu lassen, ist für mich daher oraussetzung, um in diesem Bereich Kompetenzen zu ntwickeln. Erst diese Kenntnisse geben mir die Mögichkeit, Alternativen, mit denen vergleichbare Ergebisse erzielt werden könnten, seriös zu bewerten und zu ntscheiden, ob nicht die neuen Möglichkeiten genutzt erden sollten. Das ist auch der Ansatz, mit dem ich Forschungsund echnologiepolitik betreibe. Vor diesem Hintergrund ist o manche Argumentation im Zusammenhang mit dem thikrat und/oder dem Ethikkomitee nur schwer nachollziehbar. Ich kann mich nämlich nicht des Eindrucks rwehren, dass bereits mit dieser Strukturdebatte mehr der weniger verdeckt auch eine inhaltliche Debatte tattfinden würde. Diese Gremien sollen uns aber vor alem beraten. Ausschussarbeit und Entscheidungen durch en Bundestag selbst sind durch sie nicht zu ersetzen. Bioethische Fragen sind höchst sensibel, komplex nd berühren unser Leben tief. Genau! Es haben sich neue Entwicklungen vollzogen nd es sind Ergebnisse neu zu bewerten. Manche Entcheidungen müssen erst noch getroffen werden, andere bereits getroffene – müssen vielleicht geändert werden. eshalb müssen wir uns mit dem aktuellen Stand ver raut machen. In jeder Legislaturperiode kommen Abgerdnete des Bundestags erstmals ins Parlament – ich zum eispiel – und diese müssen sich teils völlig neue Kometenzen in bioethischen Fragen erarbeiten. Jeder und ede muss dafür eine reale Chance bekommen. Deshalb rauchen wir deutlich mehr Beratung. Natürlich weiß ich, dass es auch Abgeordnete gibt, ie sich mit bioethischen Problemen seit Jahren engaiert auseinander setzen. Sie haben zum Teil in Enqueteommissionen und an gesetzlichen Entscheidungen mitewirkt. Sie haben bereits in vielen Fragen Grundposiionen erarbeitet, die sie einbringen wollen und einbrinen sollen. Wenn ich auf die Ethikkommission des Bundestages urückschaue, dann erkenne ich, dass die Einsetzung des ationalen Ethikrates durch Kanzler Schröder schon ein ersuch war, Einfluss auf Inhalte zu nehmen; jedenfalls abe ich das so wahrgenommen. Tatsächlich haben dann Dr. Petra Sitte Enquete-Kommission und Nationaler Ethikrat aufeinander reagiert. Das war nicht immer spannungsfrei, klar. Aber keine der beiden Strukturen war für die eine oder die andere Grundposition letztlich zu instrumentalisieren. Beide Strukturen haben sich, wenngleich auf unterschiedliche Art und Weise, der Öffentlichkeit gestellt. Ich will Ihnen sagen, dass für mich noch nicht feststeht, wie die Struktur am Ende auszusehen hat. Ich kann mit Ethikrat und mit Ethikkomitee leben, auch wenn sie zeitgleich nebeneinander arbeiten. Ich glaube, dass die Entscheidungsfindung nicht einfacher wird, wenn zwei Institutionen beraten. (Jörg Tauss [SPD]: Ja, das sehe ich auch so! Doppelstrukturen sind schwierig!)

Dr. Petra Sitte (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1606305200

(Jörg Tauss [SPD]: Alle ethischen Fragen!)





(A) )


(B) )


Ob für die interessierte Öffentlichkeit mehr Verständ-
lichkeit und Transparenz dabei herauskommen, ist
nicht sicher. Ich wünschte mir, uns gelänge ein Kompro-
miss, in dessen Folge wir zur Bildung von nur einer
Struktur kommen. In anderen europäischen Ländern
– das hat vorhin schon eine Rolle gespielt – ist das auf
teils vorbildliche und auch auf gesellschaftlich akzep-
tierte Weise geschehen.

Diskussionsbedarf sehe ich auch weiterhin im Hin-
blick auf den Modus der Besetzung:

Erstens in Bezug auf die Fraktionen. Da es – außer bei
der FDP – keine geschlossenen Fraktionsmeinungen gab
und gibt, sollte nicht der Fraktionsproporz entscheiden.
Wir sollten überlegen, wie es uns gelingen kann, dafür
zu sorgen, dass auch kleinere Fraktionen ihr differenzier-
tes Meinungsbild einbringen können. Wir haben ein
solch differenziertes Meinungsbild.

Zweitens ist mir unklar, warum in dem Gesetzentwurf
zum Ethikrat hälftig Bundestag und Bundesregierung
Besetzungsvorschläge einbringen sollen, wenn es doch
letztlich darum geht, unabhängige Persönlichkeiten zu
berufen. Kann man bei uns im Bundestag nicht bei-
spielsweise auf die Poolbildung bei Expertenanhörungen
zurückgreifen?

Drittens ist die verfassungsrechtliche Zulässigkeit ei-
nes Ethikkomitees, das über eine Wahlperiode hinaus be-
stehen soll, zu klären. Wir binden damit immerhin auch
künftige Abgeordnetengenerationen. Sollte es letztlich
zur Bildung von nur einer Institution kommen, dann
hätte für mich auch der Vorschlag von Vizepräsident
Thierse, Abgeordneten durch beratende Stimme oder
über einen parlamentarischen Beirat direkten Zugang zu
den Sitzungen des Ethikrates zu ermöglichen, durchaus
einen gewissen Charme. Wie kommentierte doch un-
längst die „Ärzte-Zeitung“ angenehm respektlos:

Wenn Parlamentarier wirklich wissen, worüber sie
abstimmen, erhöht dies dramatisch die Chance für
handwerklich saubere Gesetze.

Danke schön.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


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(C (D Das Wort hat nun der Kollege Dr. Reinhard Loske für ie Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen. Dr. Reinhard Loske (BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1606305300
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
ir reden heute über die Zukunft der bioethischen und

iopolitischen Beratung in Deutschland. Wenn man das
ut, dann ist es angezeigt und vernünftig, einen kurzen
lick zurückzuwerfen: Wie war es bisher? War es gut
der schlecht? Gibt es Änderungsbedarf?

In den beiden hinter uns liegenden Legislaturperioden
ar es so, dass wir als Deutscher Bundestag jeweils eine
nquete-Kommission hatten, die zur Hälfte aus Sachver-
tändigen und zur Hälfte aus Abgeordneten bestand.
iese beiden Enquete-Kommissionen haben sehr gut ge-

rbeitet. Sie haben schwierige Entscheidungen zur em-
ryonalen Stammzellenforschung, zum Forschungsklo-
en, zur Biopatentierung und zur Gendiagnostik
orbereitet. Weil diese Debatten so gut vorbereitet wa-
en, gelten sie gemeinhin als sehr gut,


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN)


as sich unter anderem darin widerspiegelte, dass fast
lle Entscheidungen über Fraktionsgrenzen hinweg ge-
roffen wurden.

Ich möchte von dieser Stelle den beiden Vorsitzenden,
argot von Renesse und René Röspel, und natürlich al-

en Mitgliedern dieser Kommission dafür danken, dass
ie uns so sehr dabei geholfen haben, diese guten Ent-
cheidungen zu treffen. Danke schön!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN)


Die Regierung hat sich 2001 entschieden, ein eigenes
thikgremium einzurichten: den Nationalen Ethikrat. Es

st bekannt, dass wir diesem Ethikrat immer mit Skepsis
egegnet sind, natürlich nicht was die Integrität seiner
itglieder betrifft. Im Gegenteil: Wir haben als Fraktion

owohl mit Herrn Simitis als auch mit Frau Weber-
assemer einen intensiven Austausch gepflegt. Beide
aren bei uns in der Fraktion zu Gast.

Wir haben im Ethikrat auch unsere inhaltlichen Posi-
ionen durchaus vertreten gesehen, jedenfalls zum Teil,
twa durch Regine Kollek oder Hans-Jochen Vogel.

Aber dennoch hatten und haben wir eine kritische
altung zum Nationalen Ethikrat, im Wesentlichen aus
rei Gründen:

Der erste Grund ist die Sprache. Wir hielten es für
ermessen, ein Ethikgremium der Regierung als „Natio-
alen“ Ethikrat zu bezeichnen. Da erhebt die Regierung
inen Monopolanspruch, der ihr nicht zusteht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)







(A) )



(B) )


Dr. Reinhard Loske
Der zweite Grund. Die Verzahnung mit der Politik
fehlte ebenso wie die demokratische Legitimation
durch den Deutschen Bundestag. Das Konzept des Ra-
tes basiert nach unserer Einschätzung auf einem falschen
Dualismus: hier die kundige Zunft der professionellen
Ethiker, da die Rat suchende Politik, die Voten entgegen-
nimmt und verarbeitet.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN)


Dieser Dualismus ist falsch. Gerade in bioethischen Fra-
gen trägt in unserer Gesellschaft auf Dauer nur das, was
diskursiv, also im Dialog zwischen allen Beteiligten, er-
arbeitet worden ist und dann auch von allen getragen
wird.

Der dritte Grund – das will ich hier ganz offen geste-
hen; das habe ich immer gesagt; deswegen kann ich es
auch hier sagen – ist natürlich die Skepsis gegenüber
dem, was der damalige Bundeskanzler Schröder geäu-
ßert hat. Es fiel damals das Wort von den Scheuklappen,
die der Bundestag in Sachen Gentechnik endlich abzule-
gen habe. So krankte der Nationale Ethikrat von Anfang
an daran, obwohl die Mitglieder gar nichts dafür konn-
ten, dass ihm große Skepsis entgegengebracht wurde,
weil man vermutete, hier solle versucht werden, eine
„liberalere“ Gentechnikforschung durchzusetzen, dafür
Akzeptanz zu schaffen und die Enquete-Kommission zu-
rückzudrängen.

Das waren unsere drei Gründe dafür, dass wir gegen-
über dem Nationalen Ethikrat skeptisch waren.

Wir haben diese Politik kritisiert, aber verglichen da-
mit, wie scharf Sie herangegangen sind, liebe Kollegin-
nen und Kollegen von der Union, war das regelrecht mo-
derat. Bei Ihnen wurde häufig so getan – das ließe sich
anhand vieler Presseerklärungen nachweisen –, als sei
der Ethikrat ein Gremium von Schröders Gnaden, das
willfährig alles aufschreibe, was der Kanzler begehre.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Da waren die Scheuklappen!)


Dazu muss man ganz klar sagen: Das war unfair. Das
Gremium hat durchaus gut gearbeitet.

In einem freilich hatte die Union Recht – das haben
wir ganz genauso gesehen –: Es fehlte die demokratische
Legitimation. Dazu will ich zwei Zitate bringen. Als das
Gremium eingerichtet wurde, hat der Vorsitzende der
Unionsfraktion, Friedrich Merz, in der Debatte gesagt:

Dieses Gremium … ist eine Zumutung für den
Deutschen Bundestag … Ich beobachte insbeson-
dere bei diesem Thema mit großer Sorge eine vo-
ranschreitende Entparlamentarisierung der Politik
in Deutschland.

Die jetzige Kanzlerin, Frau Merkel, hat noch im Juli
2005 gesagt:

Wir sollten Entscheidungen aber wieder mehr im
Bundestag beraten und treffen und weniger in
Kommissionen … Die Kommissionitis von Rot-
Grün hat uns nicht weiter gebracht. Ein Beispiel:

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(C (D Der Nationale Ethikrat … Aber Entscheidungen über Fragen der Bioethik und der modernen Medizin gehören ins Parlament und müssen dort auch vorbereitet werden. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)


Das heißt, bei der Union lautete die Parole bis zur
undestagswahl – ich vereinfache etwas –: Enquete-
ommission gut, Nationaler Ethikrat schlecht. Kaum

ind Sie von der Union an der Regierung, wird die En-
uete-Kommission rasiert und der Nationale Ethikrat
ortgeschrieben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Monika Knoche [DIE LINKE])


as verstehe, wer will. Es ist jedenfalls nicht glaubwür-
ig, es ist völlig unglaubwürdig.

Jetzt zum Entwurf von Frau Schavan für den deut-
chen Ethikrat. Zunächst einmal möchte ich etwas zur
tilfrage sagen. Sie als Bundesregierung wollen jetzt
em Parlament vorschreiben, wie es sich in Zukunft in
achen Bioethik beraten lassen soll. Das steht Ihnen aber
ar nicht zu, weil wir das selbst entscheiden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE])


as Mindeste wäre gewesen, dass Sie in dieser Sache
inmal das Gespräch mit der Opposition gesucht hätten.
ber nichts davon! Wir erfahren die Sache aus der Zei-

ung. Das ist einfach schlechter Stil. Ich bin auch darauf
espannt, ob sich die SPD-Fraktion, der es ja ähnlich ge-
angen sein soll, das – wenn ich einmal so sagen darf –
efallen lässt.


(Nicolette Kressl [SPD]: Das entscheiden wir immer noch selber!)


Dann zur Frage der Öffentlichkeit. Der Rat soll in
ukunft im Regelfall hinter verschlossenen Türen tagen.
as ist ein deutlicher Rückschritt gegenüber dem bishe-

igen Standard des Ethikrats.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE])


ie da eine gesellschaftliche Debatte angestoßen wer-
en soll, ist mir völlig schleierhaft. Das ist ein Thema,
as dringend Transparenz braucht. Bei einem solchen
hema ist es wirklich nicht angemessen, die Tür zuzu-
achen und nur die Experten unter sich zu lassen. Das

ehnen wir ab.

Zur Zusammensetzung des Gremiums. Sie sagen,
ass Sie dem Gremium eine demokratische Legitimation
erschaffen und es beim Bundestag ansiedeln wollen.
as war praktisch das Hauptargument, das Sie hier vor-
etragen haben. Faktisch tun Sie aber etwas ganz ande-
es. Sie sichern sich praktisch eine doppelte Mehrheit.


(Ulla Burchardt [SPD]: Das stimmt!)







(A) )



(B) )


Dr. Reinhard Loske
Die Hälfte der 24 Mitglieder soll von der Regierung, die
andere Hälfte vom Parlament benannt werden. Faktisch
würde das unter den gegebenen Bedingungen bedeuten,
dass die große Koalition 21 von 24 Sachverständigen,
also fast 90 Prozent, benennen würde. Das ist eine krasse
Verletzung von Oppositionsrechten und zeugt auch von
einem Mangel an Respekt vor dem Souverän.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Jetzt zum Punkt der Einbindung der Abgeordneten.
Wir schlagen in unserem Antrag, der Ihnen heute auch
vorliegt, vor, dauerhaft ein Ethikkomitee des Deutschen
Bundestages einzurichten, das zur Hälfte aus Sachver-
ständigen und zur anderen Hälfte aus Abgeordneten be-
steht. Die Mehrheit der Linksfraktion – daran zweifele
ich allerdings nach der eben gehaltenen Rede –


(Monika Knoche [DIE LINKE]: Es kommt noch ein weiterer Redner!)


und große Teile der SPD-Fraktion sehen das genauso.
Ich weiß auch, dass das viele Kolleginnen und Kollegen
aus der Union – jetzt bitte nicht klatschen – genauso se-
hen. Sie, Frau Ministerin, sagen dagegen, Abgeordnete
und die Politik insgesamt hätten im Ethikrat nichts zu
suchen, schließlich sollten ja gerade diese beraten wer-
den. Der geschätzte Kollege Röttgen, der leider derzeit
nicht da ist – ich wollte ihn direkt ansprechen –, gefällt
sich darin, ironisch festzustellen, es wäre doch wohl ein
schlechter Witz, wenn Abgeordnete Abgeordnete bera-
ten. Dazu kann ich nur sagen: Ha, ha! Wenn man dieser
seiner Logik folgt, könnten wir ab sofort sämtliche En-
quete-Kommissionen und im Prinzip auch die Aus-
schussarbeit abschaffen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und das Gespräch einstellen!)


Natürlich bin ich froh, wenn mich sachkundige Leute
zum Beispiel über haushaltspolitische Fragen, von denen
ich selber nicht viel verstehe, informieren. Von vielen
Abgeordnetenkollegen fühle ich mich gut beraten. Es
bringt, wie ich finde, auch überhaupt nichts, sich selber
nach dem Motto kleinzureden: Wenn Abgeordnete Ab-
geordnete beraten, dann kann dabei nichts Vernünftiges
herauskommen. Wenn man sich selber so schlecht
macht, beeindruckt das niemanden, ganz im Gegenteil:
Das führt nur zu weiterer Politikverdrossenheit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Jetzt kommt noch etwas ganz Besonderes; ich habe
nämlich ein wenig recherchiert. Wie wenig glaubwürdig
Ihre Argumente, liebe Kolleginnen und Kollegen von
der CDU/CSU, sind, sieht man besonders gut daran,
wenn man sich einmal die Mitgliedschaften in den ver-
schiedenen Räten anschaut. Damals, als Sie die Regie-
rungsverantwortung übernahmen, haben Sie gesagt, die
ganze Kommissionitis von Rot-Grün müsse verschwin-

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(C (D en und das müsse alles ganz anders gemacht werden. as passiert jetzt? Es wird ein Rat nach dem anderen ge ildet: der Ethikrat, der Forschungsrat, der Innovationsat. Den Innovationsrat habe ich mir einmal ganz genau ngeschaut. Wer sitzt da einträchtig neben den üblichen erdächtigen dieser Welt, wie den Heinrich von Pierers, ie überall dabei sind? Raten Sie einmal, wer da sitzt! ie Bundeskanzlerin Frau Dr. Merkel und die Bundesinisterin Frau Dr. Schavan. Frau Schavan berät Frau chavan und Frau Merkel berät Frau Merkel. Daran ieht man doch, dass Ihre ganze Argumentation in sich usammenfällt wie ein Kartenhaus. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


olch ein Gerede ist wirklich nicht glaubwürdig. Beim
thikrat versuchen Sie mit hoher Tonlage es so zu dre-
en, während Sie es beim Innovationsrat ganz anders
achen. Sie machen es, wie es Ihnen gerade passt. Das
erken die Leute aber.

Wir brauchen also – das ist die Position von uns Grü-
en – ein Ethikkomitee des Bundestages, in dem so-
ohl Abgeordnete als auch Sachverständige zusam-
enarbeiten. Wir brauchen dies erstens, weil die

ioethische Debatte zerfranst, wenn sie mal im Gesund-
eitsausschuss, mal im Forschungsausschuss und mal im
echtsausschuss beraten wird. Wir brauchen also einen
entralen Ort für diese Debatte. Zweitens brauchen wir
ies auch, weil es nicht in erster Linie darum geht – das
age ich als jemand, der selber viel Zeit in der Wissen-
chaft verbracht hat –, von irgendwelchen Profis dicke
erichte entgegenzunehmen, sondern vor allem darum,

ragfähige gesellschaftliche Konsense in Fragen der Bio-
thik zu erarbeiten. Wir sind für Beratung, aber gegen
utsourcing. Das möchte ich ganz klar sagen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen, liebe Frau
chavan, dieser Gesetzentwurf kann so nicht bleiben.
orgen wir für mehr Öffentlichkeit, sorgen wir für eine
ngemessene Beteiligung des Parlaments und sorgen wir
emeinsam dafür, dass bioethische Fragen nicht wieder
urückgepresst werden in einen falsch verstandenen
raktionszwang.

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1606305400

Ich erteile nun dem Präsidenten des Hauses, unserem

ollegen Dr. Norbert Lammert, das Wort für die CDU/
SU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1606305500

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Grundlage des Gesetzentwurfs der Bundesregierung wie
aller Anträge der Fraktionen, die der heutigen Debatte zu-
grunde liegen, ist nach meinem Eindruck die offenkundig
gemeinsame Überzeugung, dass die Berücksichtigung
ethischer Ansprüche und Anforderungen überragende
Bedeutung beim Herbeiführen politischer Entscheidun-
gen und ganz gewiss gesetzlicher Regelungen hat. Des-
wegen gehört bei der Sortierung dessen, was uns eint und
was uns vielleicht trennt, an den Beginn dieser ganz wich-
tige große Konsens: Wir sind uns alle darin einig, dass
dies ein überragendes Kriterium unserer Arbeit ist.

Im Vergleich zu dieser Grundsatzposition ist die zwei-
fellos wichtige Frage, wie man diese notwendige Be-
rücksichtigung organisiert, nun ganz gewiss keine Frage
des Prinzips, sondern eine Frage der Zweckmäßigkeit.
Sie ist deswegen nicht unwichtig; aber wir sollten sie
nicht auf die Höhe eines Prinzipienstreites rücken, son-
dern uns – wie das auch von mehreren Rednern in dieser
Debatte ausdrücklich angeregt worden ist – gemeinsam
darum bemühen, hier möglichst eine gemeinsame Rege-
lung zu finden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)


Nun gibt es, wie wiederum die vorliegenden Texte
deutlich machen, dazu unterschiedliche Vorstellungen.
Das finde ich nicht weiter Besorgnis erregend.


(Jörg Tauss [SPD]: Im Gegenteil!)


Es wäre fast ein bisschen merkwürdig, wenn es, jeden-
falls am Beginn einer solchen Debatte, anders wäre.
Nach dem bisherigen Verlauf der Debatte schließe ich
keineswegs aus, dass es gelingen kann, eine gemeinsame
Regelung herbeizuführen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


Dass ich mich an dieser Debatte beteilige, hat diese
zwei Gründe: Erstens halte ich den Gesetzentwurf der
Bundesregierung für eine sehr geeignete Grundlage,
diese Klärung herbeizuführen, und zweitens möchte ich
ausdrücklich um den Konsens werben, den ich mir sel-
ber am Ende eines Beratungsprozesses dringend wün-
sche. Denn wenn wir uns hoffentlich darüber einig sind,
dass wir hier nicht nur über eine prinzipielle, sondern
über eine wichtige organisatorisch-technische Frage re-
den, dann sollte es möglich sein, dazu eine Übereinkunft
herbeizuführen,


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


zumal offenkundig – Herr Kollege Loske, mich hat Ihr
Beitrag nicht nur wegen der temperamentvollen Darbie-
tung sehr beeindruckt – eine relativ breite Übereinstim-
mung über die Defizite der ersten Konstruktion, des Na-
tionalen Ethikrates, besteht.

Auch bei kritischen Anmerkungen zum Gesetzent-
wurf, die ich nachvollziehen kann, muss eine faire Wür-

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(C (D igung doch einräumen, dass es drei ganz wesentliche ortschritte gegenüber dem Status quo ante gibt: Erstens ird Politikberatung hier nun nicht auf Regierungsbe atung reduziert. Es wird sorgfältig, zu Recht und unverichtbar der Eindruck vermieden, das Parlament sei eier Beratung in ethischen Fragen nicht bedürftig oder ine solche Beratung finde exklusiv für die Bundesregieung statt. Das ist ein ganz wichtiger Fortschritt. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Zweitens wird eine völlig unnötige und im Ergebnis
ohl auch kontraproduktive Konkurrenz zwischen Re-
ierung und Parlament vermieden und jedenfalls der
rnsthafte Versuch unternommen, in geeigneter Weise
ine Zusammenführung und Bündelung zu erreichen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Drittens. Herr Kollege Loske, da fühle ich mich Ihnen
anz nah. Sie haben vorhin eine etwas flapsige Bemer-
ung zum früheren Bundeskanzler gemacht, die ich mir
n dieser Formulierung ausdrücklich nicht zu Eigen ma-
he.


(Jörg Tauss [SPD]: Wir auch nicht!)


Der Kollege Tauss offenkundig auch nicht.


(Jörg Tauss [SPD]: Wir alle nicht!)


ber Sie haben einen in der Sache unstreitig wichtigen
unkt angesprochen. Der damalige Bundeskanzler hat
ur Erläuterung der Aufgaben des damaligen Nationalen
thikrates ausdrücklich ausgeführt:

Wir dürfen uns in der Bio- und Gentechnik nicht
vom Fortschritt in der internationalen Forschung
abkoppeln.

as ist im Übrigen, wiederum für sich betrachtet, ein
weifellos nicht nur legitimes, sondern wichtiges Ziel,
ber es kann ganz sicher nicht die erschöpfende Aufgabe
ines Ethikrates sein.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


enn wir wollen uns doch gerade in die Lage versetzen,
icherzustellen, dass wir nicht der Eigendynamik der

issenschaft zum Opfer fallen und dass die Logik des
ortschritts sich jedenfalls nicht alleine nach den Gesetz-
äßigkeiten von Wissenschaft oder von Märkten voll-

ieht.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Unter diesem Gesichtspunkt haben wir – ich bedanke
ich ausdrücklich für die deutliche Zustimmung – of-

enkundig einen Fortschritt in unserer bisherigen De-
atte. Es ist eine wesentliche Grundlage für die künftige
rganisation unserer Arbeit, wenn alle drei Punkte si-

hergestellt werden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1606305600

Herr Dr. Lammert, gestatten Sie eine Zwischenfrage

des Kollegen Ilja Seifert?


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1606305700

Natürlich.


Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1606305800

Muss ich Sie jetzt mit „Herr Präsident“ anreden –


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1606305900

Nein.


Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1606306000

– oder mit „Herr Kollege“?


(Heiterkeit)


Lieber Herr Kollege Lammert, da Exekutive und Le-
gislative unterschiedliche Aufgaben haben und es damit
für beide einen unterschiedlichen Beratungsbedarf gibt,
steht das, was Sie gerade im Zusammenhang mit dem
zweiten Punkt als großen Fortschritt bezeichnet haben,
vielleicht doch etwas auf wackligen Füßen. Nebenbei
bemerkt: Wenn wir Parlamentarierinnen und Parlamen-
tarier unsere eigene Position vertreten sollen, dann brau-
chen wir vielleicht doch andere Beratungsmechanismen
als die Regierung, die in einer ganz anderen Situation ist.
Stimmen Sie mit mir darin überein?


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1606306100

Herr Kollege Seifert, ich akzeptiere ausdrücklich,

dass das ein wichtiger Punkt ist, den man bedenken
muss, wenn man sich um die zweckmäßige Organisation
einer solchen Beratung bemüht. Ich komme für mich zu
der Schlussfolgerung, dass die Risiken, dass es mögli-
cherweise zu einer Verdoppelung der Beratung kommt,
höher sind als die erhofften Vorzüge. Denn nach meinem
und offenkundig auch nach breitem Verständnis im
Hause soll ein solches Gremium bzw. sollen zwei sol-
cher Gremien nicht operative Vorschläge machen, son-
dern sie sollen uns, der Regierung wie dem Parlament,
helfen, in diesen ungewöhnlich komplexen Materien ein
bisschen sicherer in der eigenen und am Ende unver-
zichtbaren individuellen Urteilsbildung zu werden. Ich
glaube nicht, dass dieser Prozess dadurch erleichtert
würde, dass wir auf der einen Seite ein Beratungsgre-
mium für die Regierung und auf der anderen Seite ein
zweites Beratungsgremium für das Parlament haben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Ein weiterer ernst zu nehmender Punkt ist der Hin-
weis auf die vorgesehene Trennung zwischen Beratung
und Entscheidung, also den Verzicht auf die Beteiligung
von Parlamentariern an diesem Gremium. Ich räume
ausdrücklich ein, dass es eine Reihe von beachtlichen
Argumenten gibt, die für eine solche Verbindung spre-
chen. Aber ich finde, man muss genauso nüchtern ein-
räumen, dass es auch beachtliche Argumente gibt, die
dagegen sprechen. Niemand sollte vernünftigerweise

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(C (D en Anspruch erheben, nur der eine bzw. der andere Weg ei richtig. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Ich persönlich spreche mich für die im Gesetzentwurf
orgesehene Lösung aus – ich spreche ausdrücklich
icht für die Bundesregierung; ich rede als Mitglied die-
es Hauses –, weil ich davon überzeugt bin, dass auch an
ieser Stelle die Vorzüge einer Trennung, soweit die
rennung überhaupt möglich ist, größer sind als die er-
offten Vorzüge bei der anderen Lösung. Ich will zwei
raktische Gründe und einen prinzipiellen Grund dafür
ennen.

Der erste praktische Grund ist: Würden wir dem Vor-
chlag folgen, ein auf Dauer eingesetztes Gremium aus
erufenen externen Beratern und Parlamentariern mit
ieser Aufgabe zu betrauen, würden wir zum ersten Mal
n der Geschichte des Deutschen Bundestages eine En-
uete-Kommission auf Dauer einsetzen. Ich will darauf
ufmerksam machen: Das hat der Deutsche Bundestag
isher immer sorgfältig vermieden.


(Jörg Tauss [SPD]: Aus guten Gründen!)


ch denke, das ist aus guten Gründen der Fall gewesen.
enn wir von dieser bisherigen Tradition abweichen
ollten, dann müssten wir schon bessere Gründe haben

ls die, die genannt wurden und deren Stichhaltigkeit ich
igentlich nicht sehe.

Der zweite praktische Grund ist: Wenn eine solche
eratungsstruktur, die wir aufbauen wollen, nicht so
ng, sondern so breit wie möglich angelegt werden soll,
ann müssen wir die Möglichkeit aufrechterhalten, mit
em Instrument der Enquete-Kommission zu begrenzten
ragestellungen in den dafür vorgesehenen bewährten
trukturen der Verbindung von externem Sachverstand
nd beteiligten Kollegen Entscheidungsgrundlagen vor-
ubereiten. Ich habe die ernsthafte Besorgnis: Würde
an jetzt – durchaus mit sehr ehrenwerten Motiven – in

em Ethikrat Parlamentarier und Sachverständige zu-
ammenführen, dann würde das Instrument der Enquete-
ommission im Endergebnis für solche Zwecke ver-
raucht werden. Ich denke, daran können wir kein Inte-
esse haben.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Ich komme nun zu dem prinzipiellen Punkt. Wir kön-
en alle miteinander kein Interesse daran haben, dass der
indruck entsteht, es gebe im Deutschen Bundestag eine
leine Anzahl von Ethikexperten, aber der große Rest sei
ei ethischen Fragen entweder nicht interessiert oder in-
ifferent. Im Übrigen wäre dies nicht nur ein verheeren-
er, sondern auch ein falscher Eindruck, der insbeson-
ere in dieser Kombination kaum akzeptabel wäre.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Nimmt man das alles zusammen, dann spricht schon
anches für die Grundannahme des Konzeptes, die in

em Gesetzentwurf zum Ausdruck kommt. Das schließt






(A) )



(B) )


Dr. Norbert Lammert
keineswegs aus, dass man über manche der vorgesehe-
nen Formulierungen und Festlegungen noch einmal ge-
meinsam nachdenkt.

Dazu will ich gern drei Anregungen geben: Ich weiß
nicht, ob es notwendig ist, und habe gewisse Zweifel, ob
es klug ist, gleich in § 1 des Gesetzentwurfs, „Bildung
des Ethikrates“, zu schreiben: „Es wird ein unabhängiger
Sachverständigenrat zur Bewertung ethischer Fragestel-
lungen in den Lebenswissenschaften gebildet.“ Ich halte
das für eine unnötige Verengung, weil es hier nach mei-
nem Verständnis weder allein um Wissenschaft noch im
Kontext der Wissenschaften allein um Lebenswissen-
schaften geht, auch wenn wir alle miteinander darin
übereinstimmen, dass hier in der vorhersehbaren Zu-
kunft besonders spannende Fragen liegen. Ich glaube,
dass das, was in § 2 des Gesetzentwurfes, „Aufgaben“,
beschrieben wird, die Intention besser klar macht, als es
mit dieser Verengung jedenfalls in der Überschrift ange-
deutet wird.

Wir sollten uns gemeinsam noch einmal die Öffent-
lichkeitsregelung ansehen, wenngleich ich dazu sofort
sagen will: Der Vorwurf der Geheimhaltung ist nicht
fair. Das, was im Gesetzentwurf vorgesehen ist, ist ziem-
lich präzise die Regelung, die der Deutsche Bundestag
für seine eigene Arbeit im Verhältnis von Ausschüssen
zum Plenum für bewährt und unverzichtbar hält. Wenn
wir das für angemessen für unsere eigene Arbeit halten
und wenn wir uns gewiss gegen den Vorwurf der Ge-
heimhaltung parlamentarischer Beratungen wehren wür-
den, dann sollte man einen solchen Vorwurf aus Grün-
den der Redlichkeit für einen analogen Vorschlag nicht
erheben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Das ist ja nicht analog, weil keine Abgeordneten dabei sind!)


– Na ja, Herr Kollege, ich glaube, das bedarf jetzt keines
besonderen Kommentars. – Die jeweilige Struktur ist
analog. Wir haben allerdings eine unterschiedliche Be-
setzung der Gremien. Ich wollte nur diese Anregung ge-
ben.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie findet denn bei Ihnen Beratung statt, wenn es nicht öffentlich ist? Nur indem ich nachher die Papiere lese? Muss ich jedes Mal 600 Seiten lesen?)


– Ja, aber das gilt doch für das Verhältnis, das wir unter-
einander für den abschließenden Entscheidungsprozess
haben, in der gleichen Weise. Wir alle können nicht an
all diesen Beratungen beteiligt sein.

Gleichwohl erlaube ich mir die Anregung, noch ein-
mal darüber nachzudenken, ob man nicht statt der offen-
kundig etwas missverständlichen Formulierung: „Die
Beratungen … sind nicht öffentlich“ schlicht und ergrei-
fend mit dem zweiten Satz beginnt, der dann heißt: „Der
Deutsche Ethikrat kann öffentlich beraten oder die Er-
gebnisse nichtöffentlicher Beratungen veröffentlichen.“
Damit hätte man, so finde ich, den Verdacht besser ver-

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(C (D ieden, der im Verlauf der bisherigen Diskussion deutich geworden ist. Schließlich nenne ich noch einen praktischen Aspekt, ei dem ich denke, dass wir uns auf diesen sofort vertändigen können: Die Geschäftsstelle soll nach diesem esetzentwurf der Bundesregierung beim Bundestag anesiedelt werden. Das macht auf das Schönste klar, dass uch die Bundesregierung einsieht, Herr Loske, dass die erteilung der Zuständigkeiten mit Blick auf die zu tref enden Entscheidungen so ist, wie Sie sich und wir alle ns das vorstellen. Herr Dr. Lammert, gestatten Sie noch eine Zwischen rage des Kollegen Beck? Ja, wenn ich noch diesen einen Satz sagen darf: Bei er Formulierung zur Einrichtung der Geschäftsstelle üssen wir allerdings sicherstellen, dass wir sie nicht in er Weise in die Organisation der Bundestagsverwaltung ntegrieren, dass wir am Ende für die Besetzung solcher ommissionen mit Mitarbeitern – sowohl was die Beru ung als auch was deren Verbleib angeht – die gesamte alette des öffentlichen Dienstrechts unter besonderer erücksichtigung der Mitwirkung des Personalrats zur elbst organisierten Folge haben. (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das können Sie dann intern beraten! – Jörg Tauss [SPD]: Aber Sie mögen Ihren Personalrat hoffentlich noch!)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1606306200
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1606306300

eshalb erlaube ich mir, den Kolleginnen und Kollegen
es federführenden Ausschusses dazu den zweckdienli-
hen Hinweis zu geben, so zu formulieren, dass wir in
ie Lage versetzt werden, mit dieser Regelung den ange-
trebten Zweck möglichst wirkungsvoll zu erreichen.

Bitte schön, Herr Kollege Beck.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1606306400

Herr Kollege Lammert, würden Sie mir, da Sie gerade

ine Analogie zu Bundestagsausschüssen hergestellt ha-
en, darin zustimmen, dass die Mitglieder dieses Hohen
auses in Bezug auf Bundestagsausschüsse zumindest

mmer das Recht haben – wenn auch ohne Melde-, An-
rags- und Abstimmungsrecht –, einer Ausschusssitzung
ei Interesse an dem Verhandlungsgegenstand beizu-
ohnen, und dass insofern, führt man diese Analogie
eiter, immer dann, wenn es sich um ein Parlamentsbe-

atungsgremium mit ausschussgleichem Charakter han-
elt, zumindest für die Mitglieder des Hohen Hauses je-
erzeit Öffentlichkeit hergestellt sein muss?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Monika Knoche [DIE LINKE])



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1606306500

Herr Kollege Beck, der erste Teil Ihrer Frage ist na-

ürlich rhetorisch. Wie sollte ich bestreiten, dass es so ist,
ie Sie gerade referiert haben? Was den zweiten Teil,






(A) )



(B) )


Dr. Norbert Lammert
nämlich die Implikation, angeht, gehört sie zu einem der
Punkte, von denen ich meine, dass man darüber in Ruhe
nachdenken können muss.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Warum sollte man nicht beispielsweise die Regelung
vorsehen, dass für Mitglieder des Bundestages und der
Bundesregierung ein Zutrittsrecht zu einer nicht öffent-
lichen Beratung besteht? Ich halte das für einen Punkt,
der das gemeinsame Nachdenken lohnt.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Überhaupt möchte ich mit Nachdruck dafür werben
– damit komme ich in den verbleibenden Sekunden zum
Schluss –, dass wir uns bei diesem Thema, das uns of-
fenkundig alle in gleicher Weise umtreibt und bei dem
wir alle in gleicher Weise nach einer angemessenen Lö-
sung eines überragenden Problems suchen, mit allen zur
Verfügung stehenden Möglichkeiten darum bemühen,
eine gemeinsame Lösung zu finden. Denn über eines be-
steht doch Konsens: Die Zuständigkeit für ethische Fra-
gen lässt sich nicht delegieren – an welches Gremium
auch immer, weder an einen Ethikrat noch an eine En-
quete-Kommission noch an parlamentarische Beiräte.
Am Ende ist die Entscheidung immer eine ganz indivi-
duelle. Jeder muss dafür mit seinem Namen, mit seiner
Person geradestehen. Die Entscheidung trifft mit Rechts-
wirkung dieses Parlament und niemand anderes.

Wenn das die gemeinsame Grundlage für die Arbeit
an diesem Gesetzentwurf ist, würde es mich sehr enttäu-
schen, wenn es uns nicht gelänge, dazu ein gemeinsames
Ergebnis zu finden.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1606306600

Nun hat das Wort der Kollege Michael Kauch für die

FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Michael Kauch (FDP):
Rede ID: ID1606306700

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Anders

als meine Vorredner gehörte ich der Enquete-Kommis-
sion „Ethik und Recht der modernen Medizin“ an, war
der Obmann der FDP-Fraktion in diesem Gremium und
möchte deshalb einen kurzen Blick darauf werfen, wo-
mit sich diese Enquete-Kommission eigentlich befasst
hat. Wir haben uns mit der Palliativ- und Hospizversor-
gung, mit Organtransplantationen und der Forschung an
Kindern und nicht einwilligungsfähigen Personen be-
fasst. Zu diesen Themen haben wir Zwischenberichte
vorgelegt. Wir haben über die Sterbehilfe und Allokation
im Gesundheitswesen diskutiert. Man muss ganz deut-
lich sagen: Aufgrund der Neuwahlen hat die Enquete-
Kommission ihre Arbeit beispielsweise an diesen beiden
Fragen nicht beenden können.

Auch der Nationale Ethikrat hat sich zuletzt mit der
Rationierung im Gesundheitswesen und dem Umgang
mit Demenzkranken beschäftigt. Nach Durchsicht des

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(C (D orliegenden Gesetzentwurfes stelle ich mir die Frage, b diese Themen nach In-Kraft-Treten dieses Gesetzes berhaupt im Deutschen Ethikrat diskutiert werden dürfen. Denn im jetzigen Gesetzentwurf werden dadurch, ass die Federführung jetzt neu beim Forschungsminiserium liegt, Aufgabenstellungen formuliert, die extrem orschungslastig sind. Aus meiner Sicht ist das eine Verngung, die der ethischen Debatte in Deutschland nicht ut tut. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Deshalb bitte ich Sie, in den Ausschussberatungen
arauf zu achten, ob es nicht notwendig ist, die Aufga-
enstellung des Deutschen Ethikrates zu verbreitern,
m nicht nur die Anwendung der Forschung am Men-
chen an sich, sondern beispielsweise auch Fragen, wie
ie Finanzierung der Anwendung dieser Forschung er-
olgen soll, einzubeziehen. Denn was nützt es den Men-
chen, wenn bestimmte Forschungsergebnisse zwar
xistieren, das Gesundheitswesen deren Anwendung
ber nicht ermöglicht? Mein Petitum an dieser Stelle
autet deshalb, dass wir den Gesetzentwurf nachbessern
ollten.

Grundsätzlich halte ich die Konstruktion des Deut-
chen Ethikrates für einen Fortschritt im Vergleich zu
er des Nationalen Ethikrates, und zwar deshalb, weil
orgesehen ist, dass der Deutsche Bundestag eine Mitge-
taltungsmöglichkeit bei der Berufung seiner Mitglie-
er hat.

Für die Diskussion über die Öffentlichkeit von Bera-
ungen, die gerade stattgefunden hat, habe ich wenig
erständnis. Denn was ist das Ziel der Debatte in diesem
remium? Das Ziel ist doch, dass sich Menschen zu-

ammensetzen, aus unterschiedlichen Positionen heraus
inge entwickeln und miteinander kritisch darüber dis-
utieren. Es soll keine Veranstaltung sein, die auf offener
ühne stattfindet. Das würde aus meiner Sicht der Qua-

ität des Diskussionsprozesses schaden; denn dann
ürde bei einer Live-Übertragung im Fernsehen jeder
achverständige überlegen, ob er eine Formulierung be-
utzt, die dem Mainstream oder der Political Correctness
öglicherweise nicht entspricht. Das darf in einem wis-

enschaftlich orientierten Gremium nicht sein. Deshalb
üssen die Sitzungen wie bei einer Enquete-Kommis-

ion nicht öffentlich sein.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Lassen Sie mich jetzt zu der Frage kommen, warum
s notwendig ist, ein politisches Gremium zu haben,
as sich im Parlament mit Ethik beschäftigt. Ein gutes
eispiel für den Bereich Ethik steht heute auf der Tages-
rdnung. Bei dem letzten Tagesordnungspunkt am heuti-
en Tag geht es um die erste Beratung des Entwurfs
ines Gewebegesetzes. Nach der von den Parlamentari-
chen Geschäftsführern abgestimmten Tagesordnung
ar dieser Tagesordnungspunkt für 3.20 Uhr morgens
orgesehen. Das hat natürlich die Folge, dass alle Kolle-
innen und Kollegen ihre Reden zu Protokoll geben wer-
en. Dabei geht es in diesem Gesetzentwurf um viele






(A) )



(B) )


Michael Kauch
ethisch schwierige Fragestellungen. Zum Beispiel haben
wir den Organhandel bewusst verboten. Auf der anderen
Seite müssen wir aufgrund der Weiterverarbeitungsmög-
lichkeiten des Gewebes Handelsstufen ansetzen. Die
Frage ist, wo wir sie ansetzen. Das ist nicht nur eine rein
wirtschaftliche, sondern auch eine ethische Frage. Diese
aber wird heute nicht im Parlament diskutiert.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1606306800

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Tauss?


Michael Kauch (FDP):
Rede ID: ID1606306900

Ja, gerne.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1606307000

Lieber Herr Kollege, ungeachtet der Tatsache, dass

mir eine spannende Debatte wert wäre, sie auch um
3.20 Uhr zu führen – wir haben ja schon um 2 Uhr mor-
gens, dann allerdings unter Ausschluss der Öffentlich-
keit, getagt –, möchte ich Ihnen eine Frage stellen, damit
hier keine Missverständnisse entstehen. Sind Sie wirk-
lich der Auffassung, dass uns in dem von Ihnen genann-
ten Punkt eine Enquete-Kommission weitergeholfen
hätte? Enquete-Kommissionen haben ja nicht die Auf-
gabe, ein aktuelles Gesetzgebungsverfahren vorzuberei-
ten – das sollte unverändert den Ausschüssen vorbehal-
ten sein –, sondern beschäftigen sich langfristig mit den
Grundlagen. Würden Sie das bitte klarstellen, weil ein
Missverständnis möglicherweise auch draußen zu Irrita-
tionen führt?


Michael Kauch (FDP):
Rede ID: ID1606307100

Herr Tauss, da stimme ich Ihnen völlig zu. Wir brau-

chen dafür gerade keine Enquete-Kommission. Bei vie-
len Fragestellungen haben wir kein Erkenntnisproblem,
sondern ein Entscheidungsproblem. Ethische Themen,
die eigentlich auf der Hand liegen, werden nicht voran-
getrieben und vor allen Dingen nicht interdisziplinär dis-
kutiert. Nehmen wir als Beispiel die Sterbehilfe. Wir
haben hier die Situation, dass Sachverständige, bei-
spielsweise vom Deutschen Juristentag und der Bundes-
ärztekammer, aufgrund ihrer Fachmotivation eine ganz
unterschiedliche Herangehensweise an diese Themen
haben. Deshalb müssen wir diese Themen ausschuss-
übergreifend diskutieren. Wir wollen keine Enquete-
Kommission. Deshalb lehnen wir die Anträge der Grü-
nen und der Linken ab, die im Prinzip auf eine Enquete-
Kommission ad infinitum hinausliefen.


(Beifall bei der FDP)


Lassen Sie mich noch auf einige andere Inhalte ein-
gehen, weil es wichtig ist, nach außen hin deutlich zu
machen, worum es bei dieser institutionellen Frage, über
die wir hier diskutieren, inhaltlich geht. Wir beschäfti-
gen uns beispielsweise – ich habe das bereits angespro-
chen – mit Fragen, die sich auf das Lebensende bezie-
hen. Hier gibt es eine große Agenda. Das Thema

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(C (D atientenverfügung zum Beispiel ist federführend eim Rechtsausschuss angesiedelt. Der Rechtsauschuss befasst sich aber natürlich auch mit vielen andeen Themen. Seit es die angesprochene Enquete-Komission nicht mehr gibt und sich kein Gremium im arlament um ethische Fragen kümmert, ist eine Diskusion über ethische Fragen im Parlament viel schwieriger eworden, ein weiterer Grund aus meiner Sicht, hier zu iner interdisziplinären Verankerung im Parlament zu ommen. Ein anderes Thema, das insbesondere Kollege Woarg sehr stark in die Arbeit der Enquete-Kommission ingebracht hat, befasst sich mit der Rationierung und riorisierung im Gesundheitswesen. Wir müssen erennen, dass wir im Gesundheitswesen knappe Ressouren haben und dies Prioritäten erfordert. Die Frage ist, er über die Prioritäten entscheidet. Momentan ent cheidet nicht der Deutsche Bundestag. Die Rationieung findet im Wesentlichen in den Arztpraxen statt. Mit dem Gesetzentwurf der Kollegin Ulla Schmidt ur Gesundheitsreform wird das Institut für Qualität und irtschaftlichkeit im Gesundheitswesen beauftragt, icht nur die Effektivität und Wirtschaftlichkeit bei gleiher Wirkung zu untersuchen, sondern auch Kosten-Nuten-Analysen neuer Therapien durchzuführen. Die rage ist: Wofür machen wir diese Analysen? Diese nalysen machen doch nur dann Sinn, wenn man hinterer Entscheidungen darauf aufbaut. Da stellt sich die rage: Wer trifft die Entscheidung, wenn Therapie A esser als Therapie B ist, aber mehr kostet? In England at man die Regelung, dass ein Lebensjahr zusätzlich icht mehr als 30 000 Pfund kosten darf. Ja. Die Frage ist aber, wer entscheidet, wenn man diese rozesse weiterführt. Entscheidet der Gemeinsame Bunesausschuss, das Ministerium oder im Rahmen einer ffenen, fairen Debatte in diesem Parlament der Gesetzeber, wie das in anderen Ländern der Fall ist? Das muss an sich gut überlegen. Auch ich habe noch keine ab chließende Antwort auf diese Frage. Das sind aber Fraen, die in einen Ethikbeirat gehören. Dort muss darüber iskutiert werden, wie mit diesen ethischen Fragen nicht ur in der Forschung, sondern auch im Gesundheitsween umgegangen wird. Ich möchte noch einen Hinweis zur Biomedizinkonention des Europarates geben. Deutschland hat sie, as der Auffassung der FDP widerspricht, nicht ratifi iert. Das enthebt den Deutschen Bundestag aber nicht er Aufgabe, die Weiterentwicklung dieser Konvention m Europarat parlamentarisch zu begleiten. Auch hier ist in interdisziplinäres Vorgehen notwendig. Zum Abschluss eine herzliche Einladung seitens der DP-Fraktion. Wir haben Ihnen ein Modell vorgeschlaen, das geschäftsordnungsmäßig exakt dem Parlamenarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung entspricht. ir haben ein übergreifendes, interdisziplinäres Greium vorgeschlagen, das nur aus Abgeordneten besteht. s handelt sich dabei nicht um eine Enquete ad infinitum. Michael Kauch Es ist auch keine Vermischung mit dem Deutschen Ethikrat, der aus unserer Sicht einen Fortschritt gegenüber dem Nationalen Ethikrat darstellt. Man kann beides beschließen. Man muss die Instrumente nicht gegeneinander ausspielen. Ohne parlamentarische Begleitung bleibt der Ethikrat aber ein Torso. Vielen Dank. Das Wort hat nun die Kollegin Ulla Burchardt für die SPD-Fraktion. Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Lammert, ich bin Ihnen ausgesprochen dankbar – ich glaube, das im Namen aller Mitglieder der SPD-Bundestagsfraktion sagen zu können –, dass Sie den Weg für einen Konsens gewiesen haben. Das ist ein großer Fortschritt in der Debatte. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


(Zuruf des Abg. Jörg Tauss [SPD])


(Beifall bei der FDP)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der FDP)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1606307200

(Beifall bei der SPD)

Ulla Burchardt (SPD):
Rede ID: ID1606307300

Wir haben folgende Sachlage: Seit Januar gibt es Be-
mühungen, einen interfraktionellen Gruppenantrag vor-
zulegen, der der Tradition des Umgangs mit solchen
Themen in diesem Hause entsprechen würde. Seit Okto-
ber liegt ein Gesetzentwurf der Bundesregierung vor. Ei-
gentlich wird die Bundesregierung vom Bundestag be-
auftragt, etwas zu tun. Jetzt hat sie von sich aus dem
Bundestag Vorschläge gemacht, wie er sich beraten las-
sen soll.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Vorschriften!)


Das ist ein bisschen ungewöhnlich. Herr Lammert, Sie
haben den Weg gewiesen und gezeigt, wie wir alle Vor-
lagen nutzen können, um in guter alter Tradition dieses
Hauses zu einem Konsens zu kommen.

Ich will nicht verhehlen, dass eine ganze Reihe mei-
ner Kollegen ein wenig unglücklich darüber sind, dass
der Gruppenantrag keine Chance hatte, in diesem Hause
geprüft und debattiert zu werden, weil er keine Aussicht
auf Mehrheitsfähigkeit hatte. Das hatte mit Interventio-
nen von außen auf die Fraktionsspitzen zu tun. Man
muss keinen Hehl daraus machen, dass Mitglieder der
Bundesregierung, aber auch Mitglieder des Nationalen
Ethikrates Einfluss genommen haben. Ich glaube, man
muss in Zukunft etwas vorsichtiger miteinander umge-
hen.

Es gibt immer außerhalb der Sachlogik liegende
Gründe, warum man bestimmte Dinge nicht weitertreibt.
Wir Sozialdemokraten sind an dieser Stelle überhaupt
nicht dogmatisch. Deswegen machen wir andere Vor-
schläge, wie wir zu einem Konsens kommen können.
Die Kollegen nach mir werden im Detail darauf einge-
hen.

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(C (D Ich will darauf hinweisen, dass wir bis heute keine irklich sachlichen, rationalen Argumente gehört haben, arum Mitglieder des Deutschen Bundestages nicht itglieder einer Ethikkommission sein können, ob be atend oder mitbestimmend, sei dahingestellt. er Haupteinwand, der gebracht wird, lautet – wir haben s heute wieder gehört; ich möchte darauf etwas ausführicher eingehen –: Ethische Beratung braucht unabhängien Sachverstand. Mit anderen Worten: Über den verfüen Mitglieder des Bundestages nicht; das ist es doch, as impliziert wird. Es fällt schwer, muss ich als lang ährige und selbstbewusste Abgeordnete sagen, diese inschätzung nicht als populistische Pflege antiparlaentarischer Ressentiments zu werten. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich will zwei sachliche Hinweise geben, die die Ab-
urdität dieses Einwands aufzeigen:

Erstens. Jeder Abgeordnete ist dank der Verhaltensre-
eln des Deutschen Bundestags allemal transparenter als
in Wissenschaftler, von dem nicht bekannt ist, auf wes-
en Payroll er steht.

Zweitens. Frau Weber-Hassemer als Vorsitzende des
ationalen Ethikrates ist ehemalige Richterin und beam-

ete Staatssekretärin. Warum soll sie in ethisch-morali-
chen Fragen sachverständiger sein als beispielsweise
er Mediziner Wolfgang Wodarg, unser ehemaliger
precher in der Enquete-Kommission zu diesem Thema?

Mein drittes Argument kommt von einem Mitglied
es Ethikrates selbst. So sagte, was den Sachverstand be-
rifft, der Wissenschaftler van den Daele: „Unter Ethik
erstehen die Mitglieder das diskursive Ausbreiten und
lären von Positionen und Argumenten; in diesem Sinne

ind auch die Wissenschaftler in den jeweiligen Gremien
aien.“ Ich glaube, wir sollten uns das wechselseitige
in und Her betreffend Sachverstand zukünftig erspa-

en.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich will aber noch anmerken, dass es schon einen ge-
issen Hautgout hat, wenn der Einwand „mangelnder
achverstand“ von Abgeordneten zur Diskreditierung
er Positionen anderer Abgeordneter benutzt wird, ge-
ade in dieser Frage. Ich greife damit die Äußerungen
es Abgeordneten Röttgen auf, der jüngst mit Blick auf
einen Kollegen Röspel festgestellt hat, dieser wolle

ich als Abgeordneter nur selber beraten, dabei brauch-
en wir unabhängigen Sachverstand.

Ich will im Namen der gesamten SPD-Bundestags-
raktion Folgendes klarstellen: Der Kollege Röspel hat
achverstand; das hat er mit seiner Arbeit hier im Deut-
chen Bundestag bewiesen. Er kommt zudem aus der bio-
ogischen Forschung. Mehr kann man in einer Person
ereint kaum erwarten. Er ist zu hundert Prozent unab-
ängig, er steht auf niemandes Payroll, er bezieht nur die
iäten, die die deutschen Steuerzahler aufbringen. Er






(A) )



(B) )


Ulla Burchardt
besitzt die Fähigkeit, kritisch und hartnäckig zu hinter-
fragen; das stört manche, das wissen wir. Vor allen Din-
gen besitzt er den Mut, zu zweifeln, und das schließt
Selbstzweifel, Zweifel an der eigenen Position, ein. Das
macht die hohe moralisch-ethische Integrität seiner Per-
son aus. Deswegen ist der Kollege Röspel in den vergan-
genen Jahren über die Grenzen unserer Fraktion hinaus
im ganzen Bundestag, aber auch in der deutschen Öf-
fentlichkeit ein anerkannter Gesprächspartner geworden
und genießt einen exzellenten Ruf. Das sollten diejeni-
gen wissen, die sich so über ihn äußern.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Ganz abgesehen davon, dass für Herrn Röttgen das alte
biblische Wort gilt: Wenn man mit einem Finger auf je-
manden zeigt, muss man sich immer im Klaren sein,
dass drei Finger auf einen selber zurückzeigen.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Das wollten wir nicht ansprechen!)


– Das wollten wir nicht ansprechen? Okay, dann strei-
chen wir das aus dem Protokoll.


(Heiterkeit bei der SPD)


Was den Gesetzentwurf der Bundesregierung betrifft,
gibt es in mehrerlei Hinsicht Klärungsbedarf. Ich glaube,
die Kollegen Tauss, Loske und auch Herr Lammert ha-
ben mit ihren Hinweisen schon Etliches zusammengetra-
gen.

Ich möchte noch einige Fragen aufwerfen: Wenn man
auf Unabhängigkeit so großen Wert legt, wie sieht es
dann mit der Prüfung der Unabhängigkeit der Mitglieder
des Ethikrates aus? Im Ethikrat sollen nicht nur Wissen-
schaftler vertreten sein, sondern auch sachverständige
Persönlichkeiten. Es sollen nicht nur Wissenschaftsthe-
men behandelt werden, sondern auch andere Themen.
Da fragt man sich natürlich: Wer repräsentiert die öko-
nomischen Belange in biomedizinischen Fragen? Ein
Vertreter des BDI, der BDA oder der Branche? Das soll-
ten wir im Gesetzgebungsverfahren klären, damit Trans-
parenz und Unabhängigkeit nicht nur im Hinblick auf
Abgeordnete, sondern auch im Hinblick auf Experten
diskutiert wird.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Meine nächste Frage betrifft die Finanzierung. „Für
den Bund entstehen keine Mehrkosten“, heißt es lapidar.
Aber: Aus welchem Einzelplan werden diese beglichen?
Und wenn die Kosten zu hundert Prozent vom Bundes-
tag getragen werden, warum sollen wir nicht zu hundert
Prozent bestimmen?

Es ist ja interessant, Herr Lammert, dass ein Externer
die Fachaufsicht über die Geschäftsstelle ausüben soll.
Da sage ich als Ausschussvorsitzende: Warum sollen
dann nicht wir die Fachaufsicht über die entsprechenden
Sekretariate des Deutschen Bundestages haben? Da ha-
ben Sie ein ganz neues Fass aufgemacht.

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(C (D (Dr. Norbert Lammert [CDU/CSU]: Ich nicht! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Er nicht!)


Der letzte Punkt ist die Frage, wie Beratung als konti-
uierlicher Diskursprozess organisiert werden und
unktionieren soll. In dem Gesetzentwurf der Bundesre-
ierung sind leider keine ausreichenden Hinweise dafür
nthalten. Erfolgreiche Beratung kann nur als diskursi-
er Prozess angelegt werden. Kollege Loske hat darauf
ingewiesen.

Jeder, der diesem Parlament angehört, weiß, wie die
uweisung von Vorlagen normalerweise vonstatten geht.
eben den Hunderten von Berichten, die dem Bundestag

ährlich zugehen, erhalten wir dann noch einen weiteren
nd zwischendurch noch einige Stellungnahmen. Diese
erden dann an einzelne Ausschüsse weitergeleitet. Dort
ird die Beratung darüber neben weiteren 20 Punkten

uf die Tagesordnung gesetzt. Jeder Ausschuss behan-
elt das Thema für sich alleine und gibt hinterher eine
mpfehlung ab oder nimmt die Vorlage nur zur Kennt-
is. Im Plenum werden dann Entscheidungen mit Mehr-
eit getroffen. Das kann doch wohl kein vernünftiger
eratungsprozess für dieses Thema sein. So können Ent-

cheidungen des Deutschen Bundestages in biomedizini-
chen Fragen nicht vorbereitet werden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Insofern setzen wir von der SPD darauf, zu einem
irklich ganz ernsthaften und normalen Beratungsver-

ahren über den Gesetzentwurf zu kommen. Es verbietet
ich dabei, in parteipolitische Schubladen einsortiert zu
erden, aber auch die Koalitionsdisziplin kann an dieser
telle nicht angeführt werden. Wie der Kollege Lammert
s formuliert hat, gehen auch wir davon aus, dass wir
urch ein zeitlich anspruchsvolles und von allen akzep-
iertes geregeltes Verfahren, das bei Gesetzgebungen an-
onsten üblich ist, zu einem Konsens kommen.

Ich bitte, das Ganze ohne Druck und ohne den Hin-
eis darauf, dass Entscheidungen schnell exekutiert wer-
en müssen, zu beraten. Alles andere wäre die schlech-
este Voraussetzung für Vertrauen. Vertrauen brauchen
ir aber dringend, wenn unsere Zusammenarbeit mit
em Deutschen Ethikrat in Zukunft im Interesse aller er-
olgreich sein soll.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1606307400

Nun erteile ich der Kollegin Monika Knoche für die

raktion Die Linke das Wort.


(Beifall bei der LINKEN)



Monika Knoche (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1606307500

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine werten Damen

nd Herren Kolleginnen und Kollegen! Ich darf heute
ür 46 Abgeordnete der Fraktion Die Linke zu Ihnen






(A) )



(B) )


Monika Knoche
sprechen, die es für notwendig halten, dass der Deutsche
Bundestag ein Ethikkomitee einrichtet.

Diese Idee fußt auf der Erfahrung, dass die Enquete-
Kommissionen des Deutschen Bundestages nicht nur
herausragende Leistungen erbracht haben, die es dem
Parlament ermöglicht haben, fundierte Entscheidungen
zu treffen, die jedoch nicht immer den Empfehlungen
der Enquete-Kommissionen entsprachen, sondern dass
sie darüber hinaus auch etwas geleistet haben, was wir
als Parlamentarier und als Politiker würdigen sollten:
Die Bevölkerung fühlte sich im deutschen Parlament
vertreten. Sie hat sich mit ihren Sorgen, Anliegen, Er-
wartungen und Hoffnungen, die mit den modernen bio-
medizinischen Fragen und mit dem Recht und der Ethik
in der modernen Medizin und Forschung verbunden
sind, bei ihren Parlamentarierinnen und Parlamentariern
aufgehoben gefühlt. Das partizipative Verfahren war au-
ßerordentlich ausgeprägt. Behindertenverbände haben
sich zusammengefunden und an den Debatten beteiligt.
Ich sehe überhaupt keinen Grund dafür, auf diese hervor-
ragende Art von parlamentarischen Gremien zu verzich-
ten.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ethik geht alle an. Die Debatte über ethische Fragen
kann an niemanden und an kein Gremium delegiert wer-
den. Wir wissen, dass wir als Abgeordnete in der Pflicht
sind, diese hohen und anspruchsvollen Aufgaben zu er-
füllen und selbst Expertinnen und Experten in diesen
Fragen zu werden. Ich muss wirklich sagen, dass ich den
Diskussionsprozess zur Herausbildung dieses Gesetzent-
wurfs mit Erstaunen beobachtet habe. Ich fand das ei-
gentümlich paternalistische Verständnis der Ministerin
Schavan gegenüber dem Parlament sehr erstaunlich.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Ja!)


Das Parlament braucht kein Beratungsgremium, das ihm
nahe bringt, um welche Dimension und Entscheidungs-
tiefe es sich handelt.

Schauen wir uns doch die Tradition hier im Deut-
schen Bundestag an. Seit dem Veto gegen das so ge-
nannte Hirntodkonzept hat der Deutsche Bundestag hoch
qualifizierte und interdisziplinäre parlamentarisch-parti-
zipative Debatten geführt,


(Ulla Burchardt [SPD]: Ja!)


durch die der Bevölkerung die Möglichkeit gegeben
wurde, sich hier wiederzufinden. Es haben Veranstaltun-
gen stattgefunden: Kirchen, Behinderten- und Frauen-
verbände haben Veranstaltungen von hoher Qualität
durchgeführt, um weit reichende Fragen wie die der
Weiterentwicklung und der Ausgestaltung der Grund-
rechtsprinzipien, der Menschenwürde und des Schutzes
des Lebens in eine neue Gestalt und in eine Gesetzes-
form zu bringen.

Was haben wir als Abgeordnete erlebt? Wir haben er-
lebt, dass die Expertinnen und Experten aus dem Bereich
der Wissenschaft – ob es Human- oder Geisteswissen-
schaftler oder auch andere waren – die Erfordernisse des
Gesetzgebers gar nicht so genau kennen. Wir als Abge-

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(C (D rdnete sind und bleiben die letzte Instanz, wenn es daum geht, die Fragen zu entscheiden, die uns als Gesetzeber aufgegeben sind. Wir müssen uns vor Augen ühren, dass wir eine grundrechtsdogmatische Entscheiung zu treffen haben. Wir müssen herausfinden: Wie ann die Forschung weiterentwickelt und gleichzeitig ie Menschenwürde gewahrt werden? Das sind die Heausforderungen, vor denen das Parlament in all diesen ragen steht. Schauen wir uns einmal an, wie weit reichend, gut nd tragfähig die bisherigen Entscheidungen waren. Ich etone: Nicht alle Empfehlungen der Enquete-Kommision wurden Gesetzesrealität. Aber die Vorschläge, die ie als Ergebnis ihrer Arbeit vorgelegt hat, waren qualiativ um Welten besser als das, was zuvor Realität war; as gilt sowohl für das Organtransplantationsgesetz als uch für das Stammzellforschungsgesetz. Das wird auch ann der Fall sein, wenn es um den Umgang mit genetichen Daten und ähnliche Themen geht. Warum also ollte das deutsche Parlament hinter einer solchen Erolgsgeschichte zurücktreten? Wir haben uns auf internationaler Ebene ein sehr gues Renommee erarbeitet, vor allem aufgrund der Art nd Weise, wie wir dieses Thema in diesem Hohen ause, dem deutschen Parlament, behandelt haben. Ich abe, ebenso wie die vielen Unterzeichnerinnen und Unerzeichner unseres Antrags, nichts dagegen, dass die egierung ein Expertengremium einsetzt. Das ist ihr gu es Recht. Das ist auch richtig und wichtig. Aber das arlament ist der Souverän. Das Parlament selbst muss ber die Kompetenz verfügen, darüber zu entscheiden, ie diese hoch interessanten Fragen beraten werden sol en. (Jörg Tauss [SPD]: Richtig! Das kann es auch immer tun! Mit und ohne Gesetz!)


Ich denke, wir würden gut daran tun, uns an die Er-
olge vorangegangener Enquete-Kommissionen zu hal-
en und uns für ein Gremium zu entscheiden, dessen Ein-
ichtung uns die Geschäftsordnung des Deutschen
undestages ermöglicht. Wir sind frei zu entscheiden,
ie wir die Geschäftsordnung des Bundestages ausge-

talten.

Ich bitte Sie, im Rahmen unseres Diskussionsprozes-
es zurückzufinden zu der Ehre, die wir gespürt haben,
nd dem Stolz, den wir empfunden haben, als es uns ge-
ungen ist, die als „Sternstunden des Parlaments“ be-
eichneten Entscheidungen zu treffen. Führen wir diese
radition fort! Die Linke unterstützt dieses Ziel mit ih-
em vorliegenden Antrag.

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1606307600

Nächster Redner ist der Kollege Norbert Geis für die

DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Norbert Geis (CSU):
Rede ID: ID1606307700

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten

Damen und Herren! Der Skandal um den südkoreani-
schen Klonforscher Hwang hat gezeigt, dass seriöse Po-
litikberatung auf dem Gebiet der Lebenswissenschaften
dringend notwendig ist. Solche Politikberatung findet in
allen Staaten der westlichen Welt statt. Es handelt sich
dabei immer um unabhängige, wissenschaftliche Gre-
mien, die das Parlament und die Regierung beraten.

Auch bei uns gab es in der letzten Legislaturperiode
ein solches Gremium. Es ist nicht ganz fair, dass die
Grünen der Regierung jetzt vorwerfen, sie würde ein
neues Gremium installieren, das nicht so stark legiti-
miert ist, wie Sie sich das vorstellen, und ihr Vorgehen
sei nicht gerade parlamentarisch. Denn Sie selbst haben
in der letzten Legislaturperiode die Einsetzung des parla-
mentarisch überhaupt nicht legitimierten Nationalen
Ethikrates mitgetragen.


(Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zu keinem Zeitpunkt! Das ist falsch! Das stimmt einfach nicht!)


Sie waren an der letzten Regierung doch selbst beteiligt.
Deswegen ist das, was Sie jetzt sagen, nicht fair. Ich
weise Ihren Vorwurf zurück.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Auch ist es nicht fair, der Regierung vorzuwerfen, sie
hätte ihren Gesetzentwurf nicht rechtzeitig vorgelegt
bzw. das Parlament nicht früh genug darüber informiert.
Unser Gesetzentwurf ist der SPD-Fraktion noch vor der
Sommerpause zugegangen. Die Regierung hat ihn be-
schlossen und an den Bundesrat weitergeleitet.


(Zuruf von der SPD: Ja, zugeleitet!)


Der Bundesrat hat dazu Stellung genommen. Es war also
genug Zeit, darüber zu diskutieren.


(Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Was? Wo denn?)


Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme keinerlei
Einwendungen vorgetragen, weder von SPD-regierten
Ländern noch von Ländern, in denen die FDP mitregiert.


(Zuruf von der SPD: Der Bundestag ist aber nicht der Bundesrat, Herr Kollege!)


Der Bundesrat hat unserem Gesetzentwurf also zuge-
stimmt. Das bedeutet, dass im Grunde genommen das-
selbe Gesetzgebungsverfahren stattfand, wie es auch
sonst immer der Fall ist.


(Zuruf von der SPD: Welches Verfassungsverständnis haben Sie eigentlich?)


Deswegen verstehe ich die Aufregung nicht, dass Sie
nun behaupten, unser Gesetzentwurf sei sozusagen vom
Himmel gefallen und nicht rechtzeitig vorbereitet wor-
den.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


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(C (D ch glaube aber, für uns kann kein Zweifel daran besteen, dass wir ein solches Gremium brauchen. (Jörg Tauss [SPD]: Ein Gesetzgebungsverfahren wollen wir immer haben!)


Ich bedanke mich für die Zustimmung, Herr Tauss. –
ir brauchen ein solches Gremium – dessen Zuständig-

eitsbereiche aber nicht zu umfangreich sein dürfen,
eil es dann uferlos würde – für die Entwicklung in den
ebenswissenschaften, weil sich in diesem Bereich das
issen sozusagen überschlägt. Dieses Wissen muss

ransformiert werden, damit Regierung und Parlament
ines rationalen, modernen Staates es nutzen können, um
ie richtigen Entscheidungen zu treffen.

Wir brauchen das Wissen aus der Forschung und der
esellschaft, um auf staatlicher Ebene die richtigen Ent-

cheidungen zu fällen. Das ist unbestritten. Dem stimmt
eder zu. Deshalb ist es auch völlig richtig, dieses Gre-
ium jetzt einzurichten und es durch das Parlament zu

egitimieren. Je stärker die Legitimation durch das Parla-
ent ist, desto höher ist das Ansehen dieses Gremiums.

Auch wenn im Einzelnen über die im Gesetzentwurf
orgeschlagenen Regelungen diskutiert werden kann
die weitere Beratung kann in den Ausschüssen stattfin-

en –: Alles in allem halte ich den Gesetzentwurf für
ichtig und zustimmungsfähig. Wir brauchen das vor-
andene Wissen, um auf staatlicher Ebene richtige Ent-
cheidungen zu fällen.

Es geht aber nicht allein um das Wissen. Der Staat
ient nicht nur der Wahrung der inneren und äußeren Si-
herheit und der Schaffung eines sozialen Ausgleichs.
er Staat ist nicht nur eine pluralistische Funktionsge-
einschaft, sondern er muss seine Entscheidungen
weil es sich in der Regel um Wertentscheidungen

andelt – immer auch ethisch begründen. Das ist zwar
uch aus der Mitte des Parlamentes und vonseiten der
egierung möglich – das will ich nicht absprechen –,
ber es ist auch richtig, das vorhandene Wissen zu nut-
en und über die ethischen Grundlagen Rat von außen
inzuholen, nämlich von Wissenschaftlern, die sich täg-
ich von morgens bis abends damit beschäftigen. Der
taat muss diese Möglichkeiten nutzen; um nichts ande-
es geht es.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Es geht nicht darum, dass der Staat irgendwelche
wecke verfolgt, und es geht auch nicht um einfache
ntscheidungen. Vielmehr hat der Staat, wie gesagt, in
er Regel Wertentscheidungen zu treffen. Der Staat ist
icht nur ein Wissensstaat, sondern auch – wie
öckenförde festgestellt hat – ein sittlicher Staat. Inso-

ern ist nicht nur die Transformation des Wissens, son-
ern auch die Übermittlung der ethischen Grundlagen
otwendig. Das ist die Aufgabe des Ethikrates.

Ich meine, dass wir dem Gesetzentwurf zustimmen
ollten.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1606307800

Nun hat das Wort der Kollege Dr. Ernst Dieter Ross-

mann für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD):
Rede ID: ID1606307900

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Die Debatte erinnert mich an die große Ernsthaftigkeit
und den Respekt vor den verschiedensten Positionen, als
in diesem Parlament seinerzeit über die Stammzellfor-
schung debattiert worden ist.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Darauf müssen wir uns auch deshalb beziehen, weil sich
in der Debatte um die Stammzellforschung in der deut-
schen Öffentlichkeit beispielhaft und auch zur Ehre des
Parlamentarismus und der Abgeordneten eine große
Souveränität in der Sache gezeigt hat. Daraus haben sich
eine starke Legitimation der seinerzeit verabschiedeten
Regelungen und eine gute Balance im politischen Ent-
scheidungsprozess ergeben.

Ohne jemanden abwerten zu wollen, möchte ich mit
diesem Punkt an die Ausführungen von Herrn Lammert
anknüpfen. Sie sind zwar als Abgeordneter ans Redner-
pult getreten, aber Sie haben gesprochen wie ein Präsi-
dent. Ich glaube, dass damit auch in diese Debatte Sou-
veränität, Legitimation und Balance eingebracht worden
sind, an die wir anknüpfen können.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir haben eine gemeinsame Überzeugung: Nach un-
serem Verfassungsverständnis der Gewaltenteilung ist es
völlig legitim, dass die Regierung einen Gesetzentwurf
einbringt. Er wird deshalb im Parlament beschlossen,
weil es die höchste Legitimation hat, die ein Gremium
in Deutschland, in einer Demokratie haben kann. Es
herrscht daher breiter Konsens darüber, dass eine parla-
mentarische Einsetzung und Legitimierung zu einer Auf-
wertung des Gremiums, aber auch der Anliegen beitra-
gen, die in einem solchen Rat behandelt werden.

Herr Lammert, es ist bemerkenswert, dass Sie die
Fragen betreffend die Lebenswissenschaften in den Mit-
telpunkt Ihrer Ausführungen gestellt haben. Angesichts
des Dualismus aus Ethikrat und Enquete-Kommission
haben wir durchaus registriert, dass dort keineswegs nur
Fragen betreffend die Lebenswissenschaften, sondern
– um es einfach auszudrücken – Lebensfragen erörtert
werden.


(Beifall des Abg. Dr. Norbert Lammert [CDU/ CSU])


Das mag zwar ein zu einfacher Begriff sein, aber er um-
fasst das, was Sie intendiert haben und was sich hinter
der ethischen Aufgabenstellung verbirgt.

Trotz aller Übereinstimmung möchte ich die Zeit für
souveräne, eigene Gedanken nutzen. Erstens. Wir haben
eben festgestellt, dass die Debatte nicht entlang der
Fraktionsgrenzen verläuft, sondern die gleiche Qualität

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(C (D at wie die damalige Stammzelldebatte. Passt es zu eiem durch Parlamentsbeschluss aufgewerteten und sousagen ins höchste Recht gesetzten Gremium – und das n einer Konstanz, was ebenfalls zur Aufwertung beirägt –, dass es zwei Delegationen gibt, nämlich die urch das Parlament und die durch die Regierung? Siherlich trägt es zur Aufwertung bei, wenn die Regieung delegiert und das Parlament legitimiert. Angesichts ieser zwei Wege sollte man aber vielleicht darüber achdenken, ob nicht alle Mitglieder, die in diesem Greium gleichberechtigt diskutieren sollen, in gleicher eise durch das Parlament legitimiert werden müssen. islang ist vorgesehen, dass die Mitglieder quasi durch wei Gewalten zusammengeführt werden. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, b nicht in einem aus der Breite und mit der Souveräniät des Parlaments delegierten Sachverständigenrates ine bessere Repräsentanz aller vorhanden sein muss. Es andelt sich hier um eine Dopplung; denn das Parlament oll die Delegation der Regierung absichern. Das harmoiert aber nicht miteinander. Die zweite Frage ist: Die Stammzelldiskussion hat eispielhaft verdeutlicht, dass sich Abgeordnete nicht ber den Sachverstand und die Erkenntnisse der Wissenchaft erheben, sondern im Dialog offen sind und dies ufnehmen und verarbeiten. Dies muss auch hier unser nliegen sein. Herr Loske, Chapeau vor Ihrer Rede, in er Sie das Outsourcing hart kritisiert haben. Aber wo erknüpfen wir dies? Nur im Dialog ist ein Konsens über thische Fragen möglich. Ethik gründet sich nie nur auf ntscheidungen, sondern immer auch auf Konsens in der esellschaft. Die Verknüpfung dieser beiden Punkte ist ber in dem Vorschlag der Regierung noch nicht hinreihend berücksichtigt, insbesondere nicht bei der Instituionalisierung, um es positiv zu formulieren. Ich frage daher: Kann ein unterstützender parlamenarischer Beirat aus Abgeordneten parallel zu einem achverständigenrat einen institutionalisierten Dialog ühren? Dieser Punkt lässt sich auch in den Anträgen der rei Oppositionsfraktionen finden. Es darf doch nicht erboten sein, darüber nachzudenken, ob nicht nur dem achverständigrat ein Entscheidungsrecht, sondern auch en Abgeordneten ein Redeund Debattierrecht eingeäumt werden sollte. Das würde sinnfällig machen, wie er Dialog dort geführt und beispielhaft für die Gesellchaft organisiert werden kann. Dies mag man bedenen, wenn es um die Weiterentwicklung des Vorschlags eht. Frau Sitte, ich meine aus Ihrer Rede herausgehört u haben, dass Sie sich durchaus ein Teilnahmerecht soie ein Redeund Diskussionsrecht vorstellen können. Es stellt sich schließlich drittens noch die Frage nach er Öffentlichkeit. Natürlich kann man hier unterchiedliche Perspektiven aufzeigen. Die Regierung empiehlt in ihrem Gesetzentwurf im Prinzip, nicht öffentich zu tagen. Aber man kann auch der Meinung sein, ass grundsätzlich öffentlich getagt werden soll. Das remium sollte jedenfalls die Souveränität haben, zu ntscheiden, über welche Fragen es nicht öffentlich disutieren will. Diese Perspektive dürfen wir nicht verlo Dr. Ernst Dieter Rossmann ren gehen lassen, nämlich dass Ethikfragen an die Gesellschaft gerichtet sind und diese nicht nur aus der Gesellschaft aufgenommen und in einem Kreis stellvertretend für die Gesellschaft debattiert werden. Ich will mit etwas enden, was mich beeindruckt hat. Als der erste Ethikrat eingerichtet wurde und der designierte Vorsitzende, Herr Simitis, gefragt wurde, was ihn eigentlich in besonderer Weise zum Vorsitz des Ethikrats qualifiziere, hätte er seine ganze wissenschaftlich-juristische Reputation anführen können. Herr Simitis sagte aber: Fachlich nichts, aber vom Gestus, von der Haltung her, die Offenheit, die Souveränität, das Bemühen um ethische Grundfragen. Er hätte es auch einfacher sagen können: die Klugheit in der Sache. Das ist es, was im Ethikrat zusammengebracht werden muss: Klugheit in der Sache. Man kann das auch auf die Politik beziehen. Herr Präsident Lammert, Sie haben Klugheit von uns eingefordert. Aber Klugheit sortiert sich nicht nach Mehrheiten, schon gar nicht in diesem Fall. (Beifall der Abg. Monika Knoche [DIE LINKE])


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)





(A) )


(B) )


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Klugheit organisiert sich nach Beteiligung und nach
Konsens. Das wünschen wir uns.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1606308000

Letzte Rednerin in dieser Debatte ist nun die Kollegin

Nicolette Kressl für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Nicolette Kressl (SPD):
Rede ID: ID1606308100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wir haben in diesem Hause, wie ich finde, eine lange
und gute Tradition der inhaltlichen Diskussion über ethi-
sche, bioethische Fragen. Mich freut – mein Kollege
Rossmann hat es schon angesprochen –, dass wir auch
mit dieser Debatte, in der es ausdrücklich „nur“ um
Strukturfragen geht, eine gute Debatte begonnen haben.

Wenn wir uns überlegen, wo wir in den letzten Jahren
einen Diskurs über solche Fragen führen konnten, dann
müssen wir feststellen, dass es drei institutionalisierte
Orte gab – wenn diese auch nicht miteinander zu verglei-
chen sind –, nämlich die Enquete-Kommissionen, den
Nationalen Ethikrat und in ganz besonderem Maße den
Deutschen Bundestag. Wichtig ist, deutlich zu machen,
dass die Entscheidung über solche Fragen, wenn auch
Diskurs- und Beratungsmöglichkeiten in diesen Institu-
tionen vorhanden waren, immer beim Deutschen Bun-
destag lag und sie auch immer beim Bundestag liegen
wird.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Jörg Tauss [SPD]: Das ist der Punkt!)


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(C (D Deshalb ist es mir auch wichtig, auf Sie, Frau Knohe, einzugehen. Mein Selbstbewusstsein wird nicht desegen geringer, weil wir eine Beratungsinstitution haen. Unsere Entscheidung ist deswegen souverän, weil orher der Diskurs geführt worden ist und wir auf dessen asis selbstständig im Parlament entscheiden. Ich kann icht verstehen, dass gesagt wird, unser Selbstbewusstein würde dadurch geringer. Ich finde eher, dass das egenteil richtig ist und wir souveräner werden, wenn ir vorher die Möglichkeit haben, mit Sachverständigen u beraten. Die erste Lesung, die wir heute haben, muss der Aufakt für eine Debatte darüber sein, wie in Zukunft der iskurs fortgesetzt werden kann, gerade weil wir veränerte Rahmenbedingungen haben. So besteht eine veränerte Rahmenbedingung darin, dass es diese Enqueteommission nicht mehr gibt. Das heißt, es besteht An ass, darüber nachzudenken, wo wir in Zukunft diesen iskurs verorten können und – das halte ich für die ent cheidende Frage, über die wir noch ausführlich werden prechen müssen – wie wir die Sachverständigenberaung mit der parlamentarischen Beratung verzahnen önnen. Darauf müssen wir bei der ausführlichen Beraung des Gesetzentwurfes genauer schauen. Es macht Sinn, die bisherigen Stärken dieser Beraungsinstitutionen, die es gab, aufzugreifen. Bei aller ritik an der Frage, wie der Nationale Ethikrat zustande am, muss man doch auch sehen, dass die Entscheidunen, die er für sich selbst getroffen hat, und die Beratunen, die er geführt hat – das ist ganz deutlich in jedem ericht zu spüren –, überhaupt nicht beeinflusst waren. s gab sehr ausführliche Minderheitenvoten. Da hat sich ie Souveränität der Institution gezeigt. Diese Stärke ollten wir jetzt aufgreifen. Auch die interdisziplinäre Zusammensetzung diese betrifft nicht nur die verschiedenen Wissenschaf en, sondern auch die ganz unterschiedlichen Erfahungshintergründe, die die Mitglieder dieses Ethikrats atten – sollten wir unbedingt wieder aufgreifen, nutzen nd einbringen. Diese sollten wir mit dem verbinden, as ich als Stärke der Enquete-Kommission empfunden abe. Deren Spezifikum ist die Zusammenfügung der achverständigenberatung mit dem Diskurs der Parlaentarier. Wir sollten noch einmal gemeinsam überle en, wie wir diese Stärke aufgreifen und in das Gesetz, as wir zum Schluss verabschieden wollen, einbringen önnen. Wenn wir diesen Gesetzentwurf beraten, müssen wir olgendes bedenken: Erstens. Wie entsteht dieses Greium? Wie wird es benannt und in welcher Verantwor ung benennen wir es? Es macht natürlich Sinn, noch inmal über die schwierige Frage zu diskutieren, ob wir ie Mitglieder des Gremiums hälftig benennen oder ob ir die Legitimation aller Experten in diesem Gremium uf die gleiche Art und Weise verankern. Meine Vorreder haben das auch schon angesprochen. Nicolette Kressl Wir sollten auch überlegen, welche Brücke wir bauen müssen, um den Diskurs zwischen denen, die zum Schluss parlamentarisch beraten und entscheiden werden, und den Sachverständigen zu ermöglichen. Ich will noch einmal betonen: Es geht nicht um Machtstrukturen. Für mich geht es vielmehr darum, dass wir den besten Weg finden, um den Austausch zwischen Parlamentariern und Sachverständigen institutionell möglichst gut zu verankern. Es lässt sich über die Frage eines Beirats durchaus miteinander diskutieren. Wir haben überhaupt noch nicht festgelegt, wie er aussehen könnte. Mir ist es aber schon wichtig, nicht zu sagen, wir wollen zwei Parallelgremien, aber auch nicht zu sagen, wir wollen nur eines alleine. Wir wollen eine möglichst gute Zusammenarbeit zwischen der Institution, die zum Schluss entscheidet, und der Institution, die berät, hinbekommen. Ich freue mich, dass heute angeklungen ist, dass wir ausreichend Zeit und Möglichkeiten haben werden, uns Gedanken darüber zu machen, wo es hingehen soll. Ich bin der Überzeugung – das möchte ich abschließend sagen –, dass wir eine möglichst große Akzeptanz dieses Deutschen Ethikrats erreichen werden, wenn wir eine möglichst breite, konsensuale Verankerung dieser Institution erreichen. Dabei stellt sich auch die Frage, wie breit diese hier im Parlament getragen wird. Die möglichst hohe und breite Akzeptanz des Deutschen Ethikrats wird nicht nur symbolisch sein, sondern wird – da bin ich mir sicher – die atmosphärische und tatsächliche Grundlage dafür legen, dass er seine Aufgaben bestmöglich wahrnehmen kann. Deshalb sollten wir diese erste Lesung als Auftakt dafür nutzen, um den besten Weg zu ringen. Wir sollten dabei immer daran denken – darin möchte ich Herrn Lammert unterstützen –, dass wir ein gemeinsames Ziel haben und es darum geht, für die besten Wege zu diesem gemeinsamen Ziel zu streiten. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)


(Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD])


(Beifall bei der SPD)





(A) )


(B) )


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1606308200

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlagen auf
Drucksachen 16/2856, 16/3199 und 16/3289 an die in der
Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.
Die Vorlage auf Drucksache 16/3277 – Tagesordnungs-
punkt 4 d – soll an dieselben Ausschüsse wie die Vorlage
auf Drucksache 16/3199 – Tagesordnungspunkt 4 b –
überwiesen werden.

Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall.
Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 39 a bis 39 f sowie
die Zusatzpunkte 3 a bis 3 d auf:

39 a) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände-

(C (D rung des Anerkennungsund Vollstreckungsausführungsgesetzes – Drucksache 16/2857 – Überweisungsvorschlag: Rechtsausschuss b)

gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Bu-
dapester Übereinkommen vom 22. Juni 2001
über den Vertrag über die Güterbeförderung
in der Binnenschifffahrt (CMNI)


– Drucksache 16/3225 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

c) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur
Änderung des Weingesetzes

– Drucksache 16/3226 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (f)

Ausschuss für Gesundheit

d) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem
Haager Übereinkommen vom 13. Januar 2000
über den internationalen Schutz von Erwach-
senen

– Drucksache 16/3250 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

e) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umset-
zung des Haager Übereinkommens vom
13. Januar 2000 über den internationalen
Schutz von Erwachsenen

– Drucksache 16/3251 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

f) Beratung des Antrags der Abgeordneten Rein-
hard Grindel, Wolfgang Börnsen (Bönstrup), Pe-
ter Albach, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Jörg
Tauss, Monika Griefahn, Martin Dörmann, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Die Schaffung eines kohärenten europäischen
Rechtsrahmens für audiovisuelle Dienste zu ei-
nem Schwerpunkt deutscher Medien- und
Kommunikationspolitik in Europa machen

– Drucksache 16/3297 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Kultur und Medien (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt
ZP 3 a)Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/
CSU, der SPD, der FDP, der LINKEN und des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten
Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung
des Gesetzes zur Errichtung einer Stiftung
„Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“

(EVZ-StiftG)


– Drucksache 16/3270 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Auswärtiger Ausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss

b) Erste Beratung des von dem Abgeordneten Jerzy
Montag und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/
DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Ge-
setzes zur Verlängerung von Befristungsrege-
lungen im Gesetz zur Entlastung der Rechts-
pflege und im Einführungsgesetz zur

(Justizmodernisierungsauskopplungsgesetz)


– Drucksache 16/3282 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss

c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Klaus
Brähmig, Jürgen Klimke, Dr. Hans-Peter Fried-
rich (Hof), weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten An-
nette Faße, Reinhold Hemker, Renate
Gradistanac, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der SPD

Nationale Naturlandschaften – Chancen für
Naturschutz, Tourismus, Umweltbildung und
nachhaltige Regionalentwicklung

– Drucksache 16/3298 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Tourismus (f)

Sportausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Kultur und Medien

d) Beratung des Antrags der Abgeordneten Cornelia
Pieper, Uwe Barth, Patrick Meinhardt, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Wissenschaftssystem zukunftsfähig gestalten –
wissenschaftsadäquate Arbeitsbedingungen
schaffen

– Drucksache 16/3286 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Innenausschuss

Es handelt sich um Überweisungen im vereinfach-
ten Verfahren ohne Debatte.

Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlagen an
die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zu

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(C (D berweisen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der all. Dann sind die Überweisungen so beschlossen. Wir kommen zu den Tagesordnungspunkten 40 a bis 0 o und zu Tagesordnungspunkt 23. Es handelt sich um ie Beschlussfassung zu Vorlagen, zu denen keine Ausprache vorgesehen ist. Tagesordnungspunkt 40 a: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuordnung des Tierzuchtrechts sowie zur Änderung des Tierseuchengesetzes und des Tierschutzgesetzes – Drucksache 16/2292 – Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz – Drucksache 16/3299 – Berichterstattung: Abgeordnete Dr. Hans-Heinrich Jordan Dr. Wilhelm Priesmeier Hans-Michael Goldmann Dr. Kirsten Tackmann Bärbel Höhn Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und erbraucherschutz empfiehlt in seiner Beschlussempfeh ung auf Drucksache 16/3299, den Gesetzentwurf in der usschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die em Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen ollen, um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthal ungen? – Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung mit en Stimmen der Unionsfraktion, der SPD-Fraktion und er FDP-Fraktion bei Gegenstimmen der Fraktion des ündnisses 90/Die Grünen und der Fraktion Die Linke ngenommen. Dritte Beratung nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – egenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf st damit mit dem gleichen Stimmenverhältnis wie zuvor ngenommen. Tagesordnungspunkt 40 b: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Versorgungsrücklagegesetzes – Drucksache 16/2855 – – Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses – Drucksache 16/3319 – Berichterstattung: Abgeordnete Clemens Binninger Siegmund Ehrmann Dr. Max Stadler Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt Petra Pau Silke Stokar von Neuforn – Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss)





(A) )


(B) )


– Drucksache 16/3323 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Michael Luther
Bettina Hagedorn
Jürgen Koppelin
Roland Claus
Alexander Bonde

Der Innenausschuss empfiehlt in seiner Beschluss-
empfehlung auf Drucksache 16/3319, den Gesetzent-
wurf anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetz-
entwurf zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer
stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf
ist damit in zweiter Beratung einstimmig angenommen.

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzent-
wurf ist damit ebenfalls einstimmig angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschlie-
ßungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 16/
3328. Wer stimmt für diesen Entschließungsantrag? –
Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Der Entschlie-
ßungsantrag ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktio-
nen und der Fraktion Die Linke bei Gegenstimmen der
FDP und Enthaltung der Fraktion des Bündnisses 90/
Die Grünen abgelehnt.

Tagesordnungspunkt 40 c:

Zweite Beratung und Schlussabstimmung des
von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs
eines Gesetzes zu dem Abkommen vom
14. März 2006 zwischen der Bundesrepublik
Deutschland und der Französischen Republik
über den Bau einer Eisenbahnbrücke über den
Rhein bei Kehl

– Drucksache 16/2860 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

(15. Ausschuss)


– Drucksache 16/3224 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Dr. Anton Hofreiter

Der Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwick-
lung empfiehlt auf Drucksache 16/3224, den Gesetzent-
wurf anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetz-
entwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Wer ist
dagegen? – Wer enthält sich? – Der Gesetzentwurf ist
damit mit den Stimmen des ganzen Hauses angenom-
men.

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(C (D Tagesordnungspunkt 40 d: – Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 2. März 2005 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Jemen über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen – Drucksache 16/2861 – – Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 16. Juni 2005 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Arabischen Republik Ägypten über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen – Drucksache 16/2862 – – Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 19. und 20. April 2005 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Islamischen Republik Afghanistan über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen – Drucksache 16/2863 – – Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 10. August 2005 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Demokratischen Republik Timor-Leste über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen – Drucksache 16/2864 – Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie (9. Ausschuss)


– Drucksache 16/3304 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Rolf Hempelmann

Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie emp-
iehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/
304, die Gesetzentwürfe anzunehmen. Wenn Sie damit
inverstanden sind, können wir über die vier Gesetzent-
ürfe gemeinsam abstimmen. – Ich sehe, das ist der
all. Dann können wir so verfahren.

Ich bitte diejenigen, die den Gesetzentwürfen zustim-
en wollen, sich zu erheben. – Wer ist dagegen? – Wer

nthält sich? – Dann sind diese vier Gesetzentwürfe mit
en Stimmen aller Fraktionen mit Ausnahme der Frak-
ion Die Linke – sie hat dagegen gestimmt – angenom-

en.






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt
Tagesordnungspunkt 40 e:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Änderung des Eichgesetzes
– Drucksache 16/2920 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-

(9. Ausschuss)


– Drucksache 16/3305 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Albert Rupprecht (Weiden)


Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksa-
che 16/3305, den Gesetzentwurf in der Ausschussfas-
sung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetz-
entwurf in der Ausschussfassung zustimmen wollen, um
das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält
sich? – Dann ist der Gesetzentwurf in zweiter Beratung
mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der FDP-
Fraktion bei Gegenstimmen der Fraktion Die Linke und
Enthaltung der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen
angenommen.

Dritte Beratung
und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Der Gesetzent-
wurf ist mit dem gleichen Stimmenverhältnis angenom-
men.

Tagesordnungspunkt 40 f:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten
Gesetzes zur Änderung von Verbrauchsteuer-
gesetzen
– Drucksachen 16/2951, 16/3285 –

– Beschlussempfehlung und Bericht des Finanz-
ausschusses (7. Ausschuss)


– Drucksache 16/3306 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Patricia Lips


(8. Ausschuss)


– Drucksache 16/3317 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Jochen-Konrad Fromme
Carsten Schneider (Erfurt)

Otto Fricke
Dr. Gesine Lötzsch
Anja Hajduk

Der Finanzausschuss empfiehlt in seiner Beschluss-
empfehlung auf Drucksache 16/3306, den Gesetzent-
wurf in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte
diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfas-
sung zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer ist
dagegen? – Wer enthält sich? – Dann ist der Gesetzent-

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(C (D urf in zweiter Beratung mit den Stimmen der Koaliionsfraktionen und der Fraktion Die Linke bei Gegentimmen der Fraktionen der FDP und des Bündnisses 90/ ie Grünen angenommen. Wir kommen zur dritten Beratung nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – er ist dagegen? – Enthaltungen? – Damit ist der Ge etzentwurf mit dem gleichen Stimmenverhältnis wie in er zweiten Beratung angenommen. Tagesordnungspunkt 40 g: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Transparenzrichtlinie-Gesetzes – Drucksache 16/2952 – Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie (9. Ausschuss)


– Drucksache 16/3261 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Eckhardt Rehberg

Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie emp-
iehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/
261, den Gesetzentwurf anzunehmen. Ich bitte diejeni-
en, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das
andzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? –
er Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung mit den
timmen des ganzen Hauses angenommen.

Dritte Beratung

nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
ibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetz-

ntwurf ist einstimmig angenommen.

Tagesordnungspunkte 40 h bis 40 o: Dabei geht es um
ie Beschlussempfehlungen des Petitionsausschusses.

Tagesordnungspunkt 40 h:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 118 zu Petitionen

– Drucksache 16/3127 –

Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthal-
ungen? – Sammelübersicht 118 ist einstimmig ange-
ommen.

Tagesordnungspunkt 40 i:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 119 zu Petitionen

– Drucksache 16/3128 –






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt
Wer ist dafür? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? –
Die Sammelübersicht 119 ist mit den Stimmen der Koa-
litionsfraktionen und der FDP-Fraktion bei Gegenstim-
men der Fraktion Die Linke und Enthaltung der Fraktion
des Bündnisses 90/Die Grünen angenommen.

Tagesordnungspunkt 40 j:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 120 zu Petitionen

– Drucksache 16/3129 –

Wer stimmt dafür? – Wer ist dagegen? – Enthaltun-
gen? – Sammelübersicht 120 ist einstimmig angenom-
men.

Tagesordnungspunkt 40 k:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 121 zu Petitionen

– Drucksache 16/3130 –

Wer ist dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltun-
gen? – Die Sammelübersicht 121 ist bei Gegenstimmen
der Fraktion Die Linke und Zustimmung aller anderen
Fraktionen angenommen.

Tagesordnungspunkt 40 l:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 122 zu Petitionen

– Drucksache 16/3131 –

Wer stimmt dafür? – Wer ist dagegen? – Enthaltun-
gen? – Sammelübersicht 122 ist bei Gegenstimmen der
Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen mit den Stim-
men aller anderen Fraktionen angenommen.

Tagesordnungspunkt 40 m:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 123 zu Petitionen

– Drucksache 16/3132 –

Wer stimmt dafür? – Wer ist dagegen? – Enthaltun-
gen? – Die Sammelübersicht 123 ist mit den Stimmen
der Koalitionsfraktionen und der FDP-Fraktion bei Ge-
genstimmen der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen
und der Fraktion Die Linke angenommen.

Tagesordnungspunkt 40 n:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 124 zu Petitionen

– Drucksache 16/3133 –

Wer stimmt dafür? – Wer ist dagegen? – Enthaltun-
gen? – Die Sammelübersicht 124 ist mit den Stimmen
der Koalitionsfraktionen und der Fraktion Die Linke bei

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(C (D egenstimmen der Fraktionen von FDP und Bündis 90/Die Grünen angenommen. Tagesordnungspunkt 40 o: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 125 zu Petitionen – Drucksache 16/3134 – Wer stimmt dafür? – Wer ist dagegen? – Enthaltunen? – Die Sammelübersicht 125 ist mit den Stimmen er Koalitionsfraktionen und der Fraktion des Bündnises 90/Die Grünen bei Ablehnung durch die Fraktion der DP und der Fraktion Die Linke angenommen. Tagesordnungspunkt 23: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Durchsetzung der Verbraucherschutzgesetze bei innergemeinschaftlichen Verstößen – Drucksache 16/2930 – Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz – Drucksache 16/3307 – Berichterstattung: Abgeordnete Julia Klöckner Elvira Drobinski-Weiß Hans-Michael Goldmann Dr. Kirsten Tackmann Ulrike Höfken Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und erbraucherschutz empfiehlt in seiner Beschlussempfeh ung auf Drucksache 16/3307, den Gesetzentwurf in der usschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die em Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen ollen, um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Entaltungen? – Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung it den Stimmen der Koalitionsfraktionen, der Fraktion ie Linke und der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grüen bei Gegenstimmen der FDP-Fraktion angenommen. Dritte Beratung nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – er stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzenturf ist damit mit dem gleichen Stimmenverhältnis wie uvor angenommen. Nun rufe ich den Zusatzpunkt 4 auf: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der LINKEN Zur Frage der Praxistauglichkeit der HartzGesetze und der Erforderlichkeit einer Generalrevision Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem ollegen Klaus Ernst für die Fraktion Die Linke. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gegenwärtig geistern ja einige Debatten durch die Republik, die durch Herrn Rüttgers angestoßen wurden und die es wert sind, dass man darüber nachdenkt. Das macht es notwendig, den einen oder anderen Punkt deutlich anzusprechen. Es geht vor allen Dingen um die Frage: Waren die Hartz-Gesetze erfolgreich oder nicht? (Zuruf von der SPD: Die Frage stellte Rüttgers nicht!)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der LINKEN)

Klaus Ernst (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1606308300

Die Frage ist sehr einfach zu beantworten, wenn man
sich einmal überlegt, mit welchem Ziel man angetreten
ist. Ich möchte hier an das erinnern, was Herr Hartz am
16. August 2002 im Französischen Dom zu Berlin ge-
sagt hat: Heute ist ein schöner Tag für die Arbeitslosen.
Unser Ziel ist es, die Zahl der Arbeitslosen in drei Jahren
um 2 Millionen zu reduzieren. – Die Realität kennen wir
alle: Das war die größte politische Scharlatanerie, die
wir in den letzten Jahren in diesem Land erlebt haben.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich sage Ihnen: Das Gegenteil ist eingetreten. Die Ar-
beitslosigkeit ist gestiegen, Billigjobs verdrängen regu-
läre Arbeitsverhältnisse, versicherungspflichtige Be-
schäftigung ist zurückgegangen.


(Wolfgang Grotthaus [SPD]: Wo haben Sie das denn her?)


Diese Reform ist gescheitert, meine Damen und Herren.


(Beifall bei der LINKEN – Widerspruch bei der CDU/CSU und der SPD)


Deshalb ist eine Generalrevision von Hartz IV richtig.
Natürlich muss man das Arbeitslosengeld I länger zah-
len. Das sage ich ganz bewusst in Richtung SPD. Jeder
weiß, dass jemand, der älter als 50 ist und seinen Job
verliert, eher das Bundesverdienstkreuz bekommt, als
noch einmal einen neuen Job zu finden.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich weiß überhaupt nicht, warum gerade in Ihrer
Fraktion Aufregung entsteht, wenn nun das Arbeits-
losengeld I wieder einigermaßen vernünftig gezahlt wer-
den soll, sodass man nicht direkt nach einem Jahr beim
Arbeitslosengeld II mit 345 Euro Regelsatz landet. Wo
da die Logik sein soll, wenn Sie als Sozialdemokraten
dagegen sind, verstehe ich nicht.

Ich weiß auch nicht, warum Sie Angst haben, einen
Fehler zuzugeben. Herr Hartz ist weg wegen unredlichen
Lebenswandels. Herr Schröder hat inzwischen ein Buch
geschrieben. Sie brauchen keine Angst mehr zu haben,
als unredlich darin vorzukommen.


(Wolfgang Grotthaus [SPD]: Sie brauchen uns nicht anzuschreien!)


Sie können einfach wieder sozialdemokratische Politik
machen. Fangen Sie doch mal damit an!

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(C (D (Beifall bei der LINKEN – Widerspruch bei der SPD)


Auf etwas möchte ich dabei deutlich hinweisen:


(Wolfgang Grotthaus [SPD]: Wir hören Sie, aber wir können Sie nicht verstehen!)


s ist an dieser Stelle natürlich Vorsicht geboten. Es ist
innvoller, das Arbeitslosengeld I nicht nur danach zu
emessen, wie lange ein Arbeitnehmer eingezahlt hat,
ondern auch danach, wie alt jemand ist. Das war die alte
egelung, die wir beim Arbeitslosengeld I hatten. Die
ar vernünftig, weil die Arbeitslosenversicherung eine
isikoversicherung ist und weil es einfach so ist, dass
an im Alter ein höheres Risiko hat.


(Beifall bei der LINKEN)


as ist das eine.

Das Zweite ist etwas ganz anderes, nämlich die Vor-
chläge, die mit den Rüttgers-Positionen verbunden sind.
a muss man genau hinschauen. Es gibt keinen Grund,
ber eine Gegenfinanzierung nachzudenken, wenn die
undesagentur 10 Milliarden Euro Gewinn macht.


(Beifall bei der LINKEN)


arum muss man eigentlich bei anderen sparen, wenn
ffensichtlich das Geld sprudelt, und zwar auf Kosten
er Arbeitslosen, bei denen man eingespart hat?

Deshalb sage ich Ihnen, meine Damen und Herren:
as, was Ihr zweiter Vorschlag beinhaltet, ist eigentlich
da hat Müntefering Recht – eine Sauerei. Sie wollen
ieder einführen, dass beim Arbeitslosengeld-II-Bezug

ozusagen die Alten für die Jungen sowie die Jungen für
ie Alten in der Familie einstehen sollen; nur vor diesem
intergrund soll Geld gezahlt werden. Ich will Ihnen sa-
en, wo Sie da abgeschrieben haben. Ich zitiere aus dem
ntrag der CDU-Landesverbände. Dort heißt es, im Ge-
enzug zu Ihren Vorschlägen werden die alten Regelun-
en der Sozialhilfe „zur gegenseitigen Einstandspflicht
on Eltern für ihre Kinder, auch von Kindern für ihre
ltern“ wieder eingeführt. Sie wollen also beim Arbeits-

osengeld II dafür sorgen, dass der Streit wieder in die
amilien kommt. Sie wollen dafür sorgen, dass die So-
ialpolitik letztendlich abgeschafft und ihre Aufgabe
ieder in die Familien verlagert wird. Das ist Ihr Vor-

chlag und das ist ein politischer Skandal, meine Damen
nd Herren.


(Beifall bei der LINKEN)


Was Sie hier vorschlagen, ist nichts Neues und ist re-
ativ einfallslos. Wir wissen ja, dass es in der CDU enge
erbindungen zur Bundesvereinigung der Deutschen Ar-
eitgeberverbände gibt; ich erwähne Herrn Göhner. Nun
eißt es in dem BDA-Papier „Konsequente Reform von
Hartz IV‘ – 10-Punkte-Plan der BDA“ vom 31. Juli
ich zitiere –:

Im Sinne des Subsidiaritätsprinzips muss die ge-
genseitige Unterstützung von Eltern und Kindern
wie bei der früheren Sozialhilfe wieder Vorrang vor
staatlicher Unterstützung erhalten.






(A) )



(B) )


Klaus Ernst
Sie haben ja nicht einmal etwas Neues geschrieben,
meine Damen und Herren von der CDU/CSU!


(Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Aber Sie jeden Tag!)


Sie haben schlichtweg nur das BDA-Papier abgeschrie-
ben.

Dieser sozialpolitische Vorschlag ist ein Trojanisches
Pferd: Sie tun so, als würden Sie das Arbeitslosengeld I
sinnvollerweise erhöhen wollen; eigentlich wollen Sie
aber beim Arbeitslosengeld II, bei den Ärmsten der Ar-
men, weiter sparen.


(Beifall bei der LINKEN)


Ein weiterer Skandal ist, dass Sie hier bei der Armuts-
debatte so tun, als hätten Sie mit der Armut in dieser Re-
publik nichts zu tun. Sie sind nicht ursächlich dafür ver-
antwortlich; aber mit Ihren Hartz-Gesetzen haben Sie
maßgeblich zur Armut, auch zur Kinderarmut, in diesem
Lande beigetragen. Diesen Vorwurf müssen Sie sich ge-
fallen lassen.


(Beifall bei der LINKEN – Dirk Niebel [FDP]: Komm mal runter!)


Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der LINKEN – Wolfgang Grotthaus [SPD]: Das war jetzt aber schwach!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1606308400

Das Wort hat jetzt der Kollege Wolfgang Meckelburg

von der CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Wolfgang Meckelburg (CDU):
Rede ID: ID1606308500

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Ich habe den Eindruck, Herr Ernst, Ihnen fehlen
die Auftritte auf sozialdemokratischen Parteitagen. Auch
bei der IG Metall ist es ein bisschen schwierig gewor-
den, nachdem Sie in eine Partei gegangen sind, die zu-
mindest nicht bei allen im DGB hoffähig ist.

Ich habe mir ein bisschen Sorgen gemacht, als ich den
Titel dieser Aktuellen Stunde gelesen habe: „Zur Frage
der Praxistauglichkeit der Hartz-Gesetze und der Erfor-
derlichkeit einer Generalrevision“. Ich habe den Titel ex-
tra mitgenommen; das kann man kaum auswendig ler-
nen. Das ist doch eher der Titel einer Doktorarbeit an
einer marxistisch-leninistischen Institution.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Sie können uns nicht erklären, warum dieses Thema
jetzt aktuell sein soll. Was Sie von der Linken/PDS ei-
gentlich wollen, ist doch klar: Sie wollen jede Woche im
Bundestag mit abgegriffenen sozialistischen Wink-
elementen durchs Plenum laufen und den Leuten etwas
vorgaukeln.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wir werden dagegenhalten. Sie können jede Woche wie-
derholen, was Sie jetzt machen. Ihre Rezepte sind abge-
griffen. Das Modell – es hatte einen Namen: DDR – hat

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(C (D berall dort, wo es ausprobiert wurde, versagt. Denn die DR ist untergegangen. m Ende hatten nicht alle mehr, sondern alle nichts ehr gehabt. Danach folgte die größte friedliche Revo ution gegen genau das Modell, das Sie nun ständig neu n die Debatte zu bringen versuchen. Wir halten aber daegen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Zurufe von der LINKEN: Oh!)


Sie betreiben eine Art Populismusolympiade – auch
err Gysi wird gleich seinen Auftritt haben –


(Beifall bei der LINKEN)


ja, ich freue mich schon darauf –: schneller, besser,
eiter. Sie wollen die Besten sein, indem Sie allen etwas
ersprechen. Am Ende werden Sie aber Ihre Verspre-
hen nicht halten können.

Ich will ein paar Beispiele nennen. Was machen Sie
m Rahmen der Haushaltsberatungen? Sie fordern, die
egelsätze für das Arbeitslosengeld II von 345 auf
20 Euro zu erhöhen.


(Beifall bei der LINKEN)


as ist ein altes Thema. Sie wollen damit locker die
usgaben um 5,8 Milliarden Euro auf 27,2 Milliarden
uro erhöhen. Wenn man Sie dann fragt, woher Sie das
eld nehmen wollen, dann kommen Sie mit den alten
üten, die kein Mensch mehr hören kann.

Bei den Leistungen für die Unterkunft, über die es
wischen Bund und Ländern Verhandlungen gegeben hat
das Ergebnis ist ein Bundeszuschuss in Höhe von
,3 Milliarden Euro –, fordern Sie eine Erhöhung auf
,7 Milliarden Euro. Das ist alles nicht mehr nachvoll-
iehbar. Sie wollen locker 10 Milliarden Euro draufsat-
eln, sagen aber keinem Menschen, woher Sie das Geld
ehmen wollen.


(Zuruf von der LINKEN: Das ist nicht wahr!)


it Ihrer Politik der Mehrausgaben werden Sie aber
cheitern. Denn das Geld ist nicht da. Wir müssen eine
olitik für den Arbeitsmarkt machen und dürfen nicht
infach nur immer mehr Geld ausgeben.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Ulrich Maurer [DIE LINKE]: 8 Milliarden Euro bei der Unternehmensteuerreform!)


Was fällt Ihnen zum Thema Überschuss bei der Bun-
esagentur für Arbeit ein? Da fällt Ihnen nichts anderes
in, als das Geld zu nehmen und für irgendein Programm
uszugeben.


(Widerspruch bei der LINKEN)


ir müssen aber das Geld den Menschen zurückgeben,
ie es einbezahlt haben. Damit schaffen wir Raum für
ie Senkung der Lohnnebenkosten und für die Schaffung
on Arbeitsplätzen.






(A) )



(B) )


Wolfgang Meckelburg

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dirk Niebel [FDP])


Jetzt werde ich ruhiger; denn die Veränderungen fin-
den längst statt. Die Oktoberzahlen belegen, dass es ei-
nen Rückgang der Zahl der Arbeitslosen um fast
500 000 auf jetzt 4 Millionen gibt. Wir haben vor allen
Dingen im Bereich der sozialversicherungspflichtigen
Beschäftigung eine Trendumkehr; Sie haben vorhin fal-
sche Zahlen genannt. Seit September 2000 ging im Be-
reich der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung
– unter diesen Bereich fallen die Menschen, die Steuern
und Sozialversicherungsbeiträge zahlen – die Zahl der
Stellen in einem Zeitraum von 65 Monaten um
1,7 Millionen zurück. Aber seit Mai dieses Jahres ist es
der neuen Koalition gelungen, eine Trendwende her-
beizuführen. Im Vergleich zum Vorjahr gibt es
260 000 neue sozialversicherungspflichtige Beschäfti-
gungsverhältnisse. Das führt zu positiven Effekten wie
Wirtschaftswachstum und Mehreinnahmen der Sozial-
kassen. Diesen Weg müssen wir gehen. Er ist die konse-
quente Alternative zu dem, was Sie hier ständig in Aktu-
ellen Stunden vorleiern.


(Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch bei der LINKEN)


Sie fordern, dass es eine totale Hartz-Revision geben
muss. Ich sage Ihnen: Seit es die neue Koalition gibt,
sind wir ständig dabei, an den Stellen konsequent zu
Veränderungen zu kommen, an denen etwas nicht funk-
tioniert.


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Rüttgers!)


Wir haben Veränderungen an mehreren Stellen durchge-
führt. Sie wissen das; denn Sie waren in den meisten Fäl-
len dagegen. Sie interessiert eben nicht, ob eine Maß-
nahme bezahlbar und sinnvoll ist. Nach Ihrer Meinung
ist es immer besser, Geld für Maßnahmen auszugeben,
egal ob sie sinnvoll sind oder nicht. Ihr Weg ist aber
falsch.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wir wollen an weiteren Stellen, die nicht funktionie-
ren, konsequent zu Veränderungen kommen. Wir sind
zurzeit dabei, in einer Arbeitsgruppe der Koalition kon-
struktiv über das Thema Arbeitsmarkt zu diskutieren.
Wir sind voll im Plan und werden Ihnen entsprechende
Vorschläge vorlegen. Ich vermute, dass sie Ihnen nicht
gefallen werden. Wir sind auch dabei, alle Maßnahmen,
die es im Bereich der Hartz-Gesetzgebung gibt, zu be-
werten und gegebenenfalls zu einer Bündelung zu gelan-
gen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1606308600

Kommen Sie bitte zum Schluss.


Wolfgang Meckelburg (CDU):
Rede ID: ID1606308700

Ich bin sofort fertig. – Wenn Sie also etwas Neues

wollen, dann fangen Sie neu an zu denken, und kehren
Sie nicht zu den alten gescheiterten Dingen zurück, die
wir alle erlebt haben; gerade Sie, Herr Gysi!


(Beifall bei der CDU/CSU)


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(C (D Das Wort hat jetzt der Kollege Dirk Niebel von der DP-Fraktion. Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und erren! Es ist jetzt ungefähr vier Jahre her, dass die Feirstunde zu den Hartz-Gesetzen im Französischen Dom uf dem Gendarmenmarkt stattgefunden hat. Damals hat err Hartz, der übrigens ebenso wie Sie, Herr Ernst, IGetall-Mitglied ist, weshalb Sie vielleicht etwas netter u ihm sein sollten, esagt, dass die Arbeitslosigkeit mit dem von ihm vorgeegten Konzept innerhalb von zwei Jahren halbiert weren könne. Jetzt stellen wir fest, dass die Bundesregieung die Trendwende am Arbeitsmarkt verkündet. Der ollege Meckelburg hat eben mit Begeisterung festge tellt, dass fast 300 000 sozialversicherungspflichtige eschäftigungsverhältnisse mehr da sind. Das finde uch ich gut. Wenn man allerdings zur Kenntnis nimmt, ass zwischen 2001 und 2005 1,5 Millionen sozialversiherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse verloren egangen sind, dann ist das eine leichte Besserung, es ist ber noch lange keine Trendwende. Da brauchen wir uns ichts vorzumachen! Politik hat etwas mit der Wahrnehmung der Realität u tun. Die Hartz-Gesetzgebungen bestehen nicht nur us Hartz IV. Dazu gehört noch mehr. Vielleicht erinnert ich manch einer von Ihnen noch an schöne Dinge wie en Jobfloater oder den virtuellen Arbeitsmarkt, der einal 65 Millionen Euro kosten sollte, dann aber bei 33 Millionen Euro endete. So muss diese gesamte Geetzgebung auf die Details und auf die Frage, was sie geracht hat, abgeklopft werden. Die öffentliche Diskusion kümmert sich nur um Hartz IV. Es ist aber weit ehr damit verbunden. Insgesamt muss man sagen: Die eformen sind nicht gescheitert, aber sie sind auf dem esten Wege dazu. Man kann allerdings noch etwas änern. Ein Kardinalfehler dieser Reform bestand in der ischzuständigkeit. Hier waren wir, Herr Kollege Me kelburg, im Vermittlungsausschuss übrigens immer eier Meinung. Wenn jemand tatsächlich glauben sollte, ass man dann, wenn man aus zwei Behörden – der Bunesagentur und der Kommunalverwaltung – noch eine ritte Behörde, die Arbeitsgemeinschaft, schafft, Geld paren kann, dann ist das jemand, der sich garantiert uch die Hose mit der Kneifzange anzieht oder mit dem lammerbeutel gepudert ist. Es ist eine einfache Leenswahrheit: Wer zu zwei Behörden eine dritte gesellt, er gibt in aller Regel mehr Geld aus und spart nichts in. Das war der erste Kardinalfehler. Die inhaltliche Begründung für die Kommunalisieung, die wir immer gefordert haben, ist vom Bundes Dirk Niebel sozialgericht noch einmal deutlich dargestellt worden. Man kann zum Beispiel bei den Kosten für Wohnungen keine bundesweite Tabelle zugrunde legen, weil die Lebenshaltungskosten an den verschiedenen Orten unterschiedlich sind. Natürlich sind die Kommunen dichter an den Bedürfnissen und den Problemen der Menschen dran. Deshalb sollte man diesen Kardinalfehler auch endlich korrigieren. Ich will noch einmal deutlich festhalten: Die FDP-Bundestagsfraktion war – ich glaube, neben der Fraktion Die Linke – die einzige, die das so genannte Optionsgesetz wegen nachgewiesenen Unsinns abgelehnt hat. Wir haben andere Vorschläge dazu gemacht, wie man zu einer besseren Betreuung der Arbeitsuchenden kommen kann. Immerhin gibt die Bundesrepublik Deutschland mit allen betroffenen Haushalten pro Jahr 696 Milliarden Euro für Soziales aus. Man kann nicht behaupten, dass das wenig Geld wäre. Offenkundig kommt es nicht dort an, wo es hingehört. Wenn wir aber jetzt die Möglichkeiten nutzen würden, die Arbeitsvermittlung in kommunaler Trägerschaft zu organisieren und mit einem Budgetsystem für den Bund einen Anreiz, vernünftige Gesetze zu machen, und für die Kommunen einen Anreiz, die Menschen schnell und sachgerecht zu betreuen, zu schaffen, dann hätten wir für die betroffenen Bürger deutlich günstigere Bedingungen und Einsparungen in den öffentlichen Haushalten. Wir haben ein zukunftsweisendes Konzept zur Auflösung der Bundesagentur für Arbeit. Selbst wenn deren Vorstandsvorsitzender sagt, er sei der erfolgreiche Manager eines Großunternehmens, so muss man doch zur Kenntnis nehmen, dass die meisten Kunden mit den Leistungen der BA nicht zufrieden sind. Im Rahmen dieses Auflösungskonzeptes ist ein Budgetkonzept vorgesehen, in dem die Finanzierung organisiert ist. Der Bund gibt den Trägern der Arbeitsagenturen vor Ort ein den regionalen Bedingungen des Arbeitsmarktes entsprechendes Budget an die Hand. Sie haben dann den Anreiz, gut zu sein, weil sie die Hälfte des nicht verbrauchten Budgets behalten können. Der Bund hat dann den Anreiz für gute Gesetze, weil er die andere Hälfte des eingesparten Geldes zurückbekommt. Sie können Menschen mit Anreizen integrieren. Mit Anreizen können Sie dafür sorgen, dass Verschiebebahnhöfe endlich aufgelöst werden. Wir sollten uns ganz genau überlegen, ob es nicht sinnvoll wäre, auch das Schonvermögen der betroffenen älteren Menschen noch einmal zu überdenken. Ich erinnere mich sehr genau daran, wie ich im Vermittlungsverfahren mehrfach dafür geworben habe, dass wir das Schonvermögen für Ältere größer ausgestalten. Es kann wirklich kaum jemand nachvollziehen, dass die Politik die Bürgerinnen und Bürger völlig zu Recht auffordert, Eigenvorsorge für das Alter zu betreiben, und dass derjenige, der das nicht tut, staatliche Unterstützungsleistungen bekommt, derjenige aber, der gespart hat, diese Ersparnisse erst einmal zum wesentlichen Teil aufbrauchen muss, ehe er unterstützt wird. Da ist der Anreiz, das Geld v s g U a s h B d S w b m d t b J s w v d n F a B c s d M m a s b w i m m n H d (C (D orher auszugeben und zu konsumieren, natürlich wirtchaftlich nachvollziehbar und deutlich größer. Desween sollte man hier neue Wege gehen. Sie haben unsere nterstützung, wenn Sie das tun wollen. Der letzte Punkt, den ich in meiner kurzen Redezeit nsprechen möchte – er ist mir sehr wichtig –, sind die o genannten Überschüsse bei der Bundesagentur; wir aben es schon gestern thematisiert. Alle, vor allem die undesregierung, aber auch die PDS, tun so, als wenn ort jetzt unheimlich viel Geld verdient würde. Lassen ie mich eines ganz deutlich festhalten: All das Geld, as dort übrig ist, ist den Arbeitnehmern und Arbeitgeern vorher zu viel weggenommen worden. Deswegen uss man jeden Beitragssenkungsspielraum nutzen, um as Geld zurückzugeben. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1606308800

(Beifall bei der FDP)

Dr. h.c. Dirk Niebel (FDP):
Rede ID: ID1606308900

(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)


Das gilt auch für die anderen sozialen Sicherungssys-
eme, zum Beispiel für die Rentenversicherung. Sie ha-
en angekündigt, die Rentenbeiträge im kommenden
ahr auf 19,9 Prozent zu erhöhen. Aber Sie wissen
elbst, dass ein Beitrag von 19,7 Prozent ausreichen
ürde. Dass Sie diesen Beitragssenkungsspielraum nicht
oll auszunutzen, begründen Sie nur mit dem Argument,
ie Planungssicherheit für die Betriebe und die betroffe-
en Menschen erhalten zu wollen. So werden Sie den
aktor Arbeit nicht entlasten. Im Gegenteil: Sie ernten
uf der einen Seite Unverständnis bei den betroffenen
ürgerinnen und Bürgern und auf der anderen Seite ma-
hen Sie es immer schwerer, Arbeit in Deutschland zu
chaffen. Aber von mehr Beschäftigung profitieren Sie
och im Augenblick.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1606309000

Herr Niebel, kommen Sie bitte zum Schluss.


Dr. h.c. Dirk Niebel (FDP):
Rede ID: ID1606309100

Ich bin bei meinem letzten Gedanken, Herr Präsident. –
ehr Beschäftigung führt zu mehr Steuerzahlern und
ehr Beitragszahlern, was Sie im Endeffekt strahlend

uf der Regierungsbank sitzen lassen kann und den Men-
chen in diesem Land ein Stück weit mehr Perspektive
ietet. Kehren Sie um zu mehr Freiheit! Machen Sie das,
as die Bundeskanzlerin zu Beginn ihrer Regierungszeit

n ihrer Regierungserklärung gefordert hat: Wagen Sie
ehr Freiheit!


(Beifall bei der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1606309200

Für die Bundesregierung hat jetzt das Wort der Parla-

entarische Staatssekretär Gerd Andres.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


G
Dr. h.c. Gerd Andres (SPD):
Rede ID: ID1606309300


Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Es stimmt: In den letzten vier Jahren haben wir
ie Grundlagen der Arbeitsmarktpolitik deutlich verän-






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Gerd Andres
dert. Mit den ersten drei Gesetzen für moderne Dienst-
leistungen am Arbeitsmarkt – im Volksmund „Hartz I“
bis „Hartz IV“ genannt – hat die frühere Bundesregie-
rung die Bundesagentur für Arbeit zu einem modernen
Dienstleistungsunternehmen umgestaltet. Statt Arbeits-
losigkeit weiterhin vorwiegend zu verwalten, stehen
mittlerweile die Stärkung der Vermittlung in Arbeit und
die Einsetzung effizienter, kostengünstiger Methoden
und Ansätze im Mittelpunkt. Wir haben in der Arbeits-
marktpolitik eine Menge umgekrempelt. Ich füge ganz
gelassen hinzu: Diese Reformen zeigen jetzt Erfolge.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Neben dieser Reform der Organisation haben wir mit
der Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und So-
zialhilfe für Erwerbsfähige eine echte Strukturreform
durchgeführt. Es gibt jetzt die einheitliche, bedarfsab-
hängige staatliche Fürsorgeleistung der Grundsicherung
für Arbeitsuchende. Ihre Einführung war richtig; nie-
mand außer den Linken bezweifelt das. Diese Reform
war völlig richtig und wir haben sie umgesetzt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Diese Leistungen bringen uns allen Vorteile. Die
Maßnahmen zur Eingliederung der Hilfesuchenden
übernimmt jetzt eine Stelle. Es wird nicht mehr wie frü-
her unterschieden, wer Kunde des Sozialamtes, des Ar-
beitsamtes oder des Wohnungsamtes ist. Diese Verände-
rung ist sehr bedeutsam. Denn mittlerweile werden die
Energien darauf verwendet, Hilfebedürftigkeit zu über-
winden, nicht mehr darauf, zu klären, welches Amt für
wen zuständig ist. Für die Hilfesuchenden liegt der Vor-
teil darin, dass sie die Leistungen nun aus einer Hand er-
halten. Sie müssen nicht mehr von Amt zu Amt, von
Pontius zu Pilatus laufen.

Die Grundsicherung für Arbeitsuchende besteht nun-
mehr seit etwas mehr als 23 Monaten. In der Einfüh-
rungsphase gab es Reibungsverluste; wer würde das be-
streiten. Das kann aber nicht verwundern; denn
schließlich galt es, eine der größten Sozialreformen der
Geschichte der Bundesrepublik Deutschland umzusetzen
und ins Laufen zu bringen. Dass dies nicht von heute auf
morgen funktioniert, zeigt uns der Blick ins Ausland.
Dort hat es bis zu fünf Jahre gedauert, bis vergleichbar
tiefe Reformen wirklich mit Leben erfüllt waren und ihre
Wirkung entfalten konnten.

Die Anfangsphase ist mittlerweile geschafft. Jetzt
werden alle Energien und Ressourcen auf die Überwin-
dung von Hilfebedürftigkeit konzentriert. Aufgabe der
Politik ist es, die Rahmenbedingungen dafür so optimal
wie möglich zu gestalten.

Wir haben in kurzer Zeit zwei umfassende Gesetze
zur Revision des SGB II, also des Arbeitslosengeldes II,
umgesetzt. Wir haben aus den Anfangsfehlern gelernt.
Wir haben immer gesagt: Hierbei handelt es sich um ein
„lernendes“ Gesetzgebungsverfahren; wir müssen nach-
steuern und nachjustieren. Das haben wir gemacht.

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(C (D Alle Fachleute sagen uns – zuletzt bei einer Sachvertändigenanhörung am 26. Oktober –: Die Reform raucht Zeit, damit sie wirken kann. Verändert nicht chon wieder die Tatbestände! Lasst den Menschen in en Agenturen und den Arbeitsgemeinschaften Zeit, dies etzt richtig umzusetzen. – Uns wird gesagt, so die Sacherständigen, das geltende Recht enthalte ausreichende andlungsmöglichkeiten für die Akteure vor Ort. Recht iche Veränderungen sollten auf ein Mindestmaß reduiert werden. Das Allerletzte, was die Praxis jetzt ebrauchen könne, seien ständig neue öffentlichkeitsirksame Forderungen – nach Gesetzesänderungen, ach Leistungskürzungen, nach einer Generalrevision. Wenn uns die Praktiker sagen: „Wir haben, was wir rauchen; jetzt lasst es uns auch anwenden“, dann sind ir gut beraten, dies ernst zu nehmen und danach zu andeln. Deshalb macht es auch keinen Sinn, zum jetzien Zeitpunkt die Zuständigkeit für die Umsetzung des GB II infrage zu stellen. Damit sind zum einen die Areitsgemeinschaften befasst, die aus kommunalen Träern und der Agentur für Arbeit gebildet wurden, und um anderen die 69 Optionskommunen, die das SGB II lleine umsetzen. Diese Aufgabenverteilung hat der Geetzgeber bewusst als Experiment bis 2010 zugelassen, m zu sehen, wer es besser macht. Wir werden die Erebnisse evaluieren und Bundestag und Bundesrat bis nde 2008 einen Bericht darüber vorlegen. Dann wird ilanz gezogen und entschieden, wie es weitergeht. So st der Fahrplan. Zusammengefasst: Die Forderung nach Generalreviion ist blanker Populismus. Ich denke, der Gesetzgeber ollte sich zurückhalten und die getroffenen Maßnahmen irken lassen. Ich will aber nicht verschweigen, dass es uf der Ebene der Verwaltung durchaus Handlungsbearf gibt. Wir werden sorgfältig prüfen und zu entscheien haben, welche Rahmenbedingungen besser werden üssen; denn das Zusammenspiel der verschiedenen kteure läuft noch nicht optimal. An der Umsetzung des SGB II sind der Bund, die undesagentur für Arbeit, die Kommunen, die zugelas enen kommunalen Träger und die Bundesländer beteiigt. ch denke, es ist wichtig, dass jeder der Beteiligten seine ufgaben und seine Rolle genauso kennt wie deren renzen. Die Finanzierung der Grundsicherung nach em SGB II ist überwiegend Sache des Bundes; er trägt twa 80 Prozent der Kosten. Niemand will das ändern. ieses finanzielle Engagement muss aber praktische onsequenzen haben, und die hat es auch. Es muss der rundsatz gelten: Die Kompetenzen folgen der Finan ierung. – Das bedeutet schlicht und einfach, dass diejeigen, die die finanzielle Verantwortung haben, auch die urchführungsverantwortung haben und sie entspre hend wahrnehmen. er Bund – niemand sonst – trägt den größten Teil der osten. Beide Träger, die Kommunen und wir, haben afür auch die Durchführungsverantwortung. Pa Welche Rolle hat die Bundesagentur für Arbeit? Was dürfen die Kommunen und die zugelassenen kommunalen Träger? Wie weit dürfen die Länder Einfluss nehmen? – Wenn es gelingt, dass alle Beteiligten ihre Rolle und die Rolle der anderen akzeptieren, dann sind wir auf dem Weg zu mehr Effizienz beim SGB II ein großes Stück vorangekommen. Klärungsbedarf gibt es übrigens auch beim Personal, das die Grundsicherung der Arbeitssuchenden vor Ort umsetzt. Ich will nur drei Punkte nennen: die Wahl von Personalräten, die Qualifizierung von Mitarbeitern und die Klärung der tariflichen Situation. Ziel muss nach meiner Überzeugung sein, dass gleicher Lohn für gleiche Arbeit gezahlt wird, egal ob der Mitarbeiter von der Kommune oder von der Arbeitsagentur kommt. Das alles klingt nach Arbeit im Detail. Ich sage ganz deutlich: Das ist es auch. Es gilt jetzt, das zu tun, was für ein besseres Funktionieren der Reform noch notwendig ist. Diese Arbeit ist anstrengend, aber sie lohnt sich, weil sie den Menschen, die händeringend nach Arbeit suchen, in ihrer schwierigen Situation weiterhelfen wird. Ständige Forderungen nach einer Generalrevision – das sage ich in Richtung derer, die diese Aktuelle Stunde beantragt haben – oder die Ablehnung der Hartz-Gesetze helfen nicht weiter, gleich von welcher Seite sie kommen. Das Schönste an den Reden von Herrn Niebel ist, dass er vorschlagen kann, was er will; da er in der Opposition ist, werden alle Vorschläge und Forderungen, die er formuliert, nicht gesellschaftliche Wirklichkeit. Sie werden sich nicht durchsetzen. (Dirk Niebel [FDP]: Deswegen wollen wir regieren!)


(Dirk Niebel [FDP]: Viele Köche!)


(Dirk Niebel [FDP]: Da ist der Fehler!)





(A) )


(B) )

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1606309400

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall der Abg. Gitta Connemann [CDU/CSU])


Umgekehrt gilt das natürlich auch für diejenigen, die
diese Aktuelle Stunde beantragt haben.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1606309500

Das Wort hat jetzt die Kollegin Brigitte Pothmer von

Bündnis 90/Die Grünen.


Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1606309600

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muss

gestehen, dass ich diese Aktuelle Stunde etwas merk-
würdig finde. Ich bin nämlich immer davon ausgegan-
gen, dass in einer Aktuellen Stunde auch die aktuellen
politischen Debatten geführt werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Weder vonseiten der CDU/CSU noch von Herrn And-
res fiel ein Wort zu dem, was hier inszeniert wird. Nach


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(C (D Deutschland – ein Sommermärchen“ inszeniert die DU jetzt offensichtlich ein Wintermärchen. Der Minis erpräsident von Nordrhein-Westfalen fordert die Verlänerung der Bezugsdauer von Arbeitslosengeld I. Dann eht er in die Umkleidekabine und fragt den Spiegel: pieglein, Spieglein an der Wand, wer ist der So-zialste m ganzen Land? Der Spiegel antwortet ihm tatsächlich, agt aber zu seinem Missvergnügen: (Zuruf von der SPD: „Geh an die Seite!“, sagt der Spiegel!)


err Rüttgers, Ihr seid der Sozialste hier, aber Oskar La-
ontaine, hinter den roten Bergen, bei den roten Zwer-
en, ist noch tausendmal sozialer als Ihr!


(Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN – Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Ein bisschen früh für eine Märchenstunde!)


Was lernen wir daraus? Die Frage, wer soziale Politik
acht und wer nicht, ist nicht durch einen Blick in den
piegel zu beantworten. Dafür muss man die Konzepte,
ie hinter diesen Vorschlägen stehen, genau ansehen.
err Meckelburg, dabei entzaubert sich das holde Spie-
elbild doch sehr schnell. Dann sieht man, dass es sich
ben nicht um ein Märchen handelt, sondern um ein
cheinheiliges Politikmanöver, das das Etikett „sozial“
ahrlich nicht verdient.

Dieser Plan hat nämlich eine derbe soziale Schieflage.
avon sind übrigens nicht nur die Jungen, die Frauen
nd diejenigen betroffen, die unterbrochene Erwerbsbio-
rafien haben. Dass die alle zu Verlierern werden, ist
anz offensichtlich. Dieses Konzept ist auch für diejeni-
en eine Mogelpackung, für die Sie vorgeblich etwas tun
ollen, nämlich für die älteren Arbeitslosen. Für die al-

ermeisten der betroffenen Älteren würde diese Rege-
ung zu einer krassen Verschlechterung führen. Derzeit
rhalten über 55-Jährige 18 Monate lang Arbeitslosen-
eld I, wofür sie nur drei Jahre lang in die Arbeitslosen-
ersicherung einzahlen müssen. Der Vorschlag von
errn Rüttgers, der ganz offensichtlich von vielen von

hnen getragen wird, würde zwar zugegebenermaßen
azu führen, dass die Bezugsdauer um sechs Monate an-
ehoben würde. Dafür müssten sie aber 40 Jahre lang
nunterbrochen einzahlen.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das kann kein Mensch!)


it anderen Worten: Ein 55-Jähriger müsste ab dem
5. Lebensjahr ununterbrochen einzahlen, damit er zwei
ahre lang Arbeitslosengeld I beziehen kann. Was ist da-
an fortschrittlich? Was ist daran sozial?


(Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Wenn Sie das Papier kritisieren, sollten Sie es wenigstens einmal lesen!)


Die Fehlanreize in Richtung Frühverrentung kommen
och hinzu. Sie reden immer von einer Lebensarbeits-
eitverlängerung, machen aber eine Politik, die in eine
anz andere Richtung zielt.






(A) )



(B) )


Brigitte Pothmer

(Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: 20 Jahre Politologiestudium reichen nicht! Das ist klar!)


Dieser Vorschlag stellt den Charakter der Arbeitslosen-
versicherung auf den Kopf. Er zielt in die völlig falsche
Richtung. Genau umgekehrt wird ein Schuh daraus. Die
Erwerbsbiografien werden immer diskontinuierlicher. Es
gibt immer mehr Unterbrechungen in den Erwerbsbio-
grafien. Daher müssen wir die sozialen Sicherungssys-
teme in genau die andere Richtung reformieren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Dieser Vorschlag ist eine Fahrkarte in die Vergangenheit.
Rüttgers segelt unter der Fahne der Gerechtigkeit, aber
dieses Schiff hat eine starke soziale Schlagseite.


(Wolfgang Grotthaus [SPD]: Genau!)


Heute Morgen habe ich in der „Süddeutschen Zei-
tung“ gelesen, Herr Müntefering habe den Kampfruf
ausgegeben: Auf sie mit Gebrüll!


(Dirk Niebel [FDP]: Horrido!)


Ich kann nur sagen: Gut gebrüllt, Löwe Müntefering.
Doch jetzt wollen wir mal sehen, ob der Vizekanzler or-
dentlich zubeißen kann.

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Wolfgang Grotthaus [SPD]: Da seien Sie mal vorsichtig, dass Sie den Biss nicht spüren! – Dirk Niebel [FDP]: Bei der zu erwartenden Gesundheitsreform wahrscheinlich nicht mehr!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1606309700

Das Wort hat jetzt die Kollegin Maria Michalk von

der CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Maria Michalk (CDU):
Rede ID: ID1606309800

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wenn die SED/PDS und ihre Gefolgschaft in der heuti-
gen Aktuellen Stunde am 17. Jahrestag des Falls der
Mauer die Frage nach der Praxistauglichkeit der Hartz-
Gesetzgebung stellen und eine Generalrevision fordern,
kann man sich die Antwort sehr leicht machen. Ich zi-
tiere Herrn Dr. Klaus von Dohnanyi, einen Mann, der
sich von Anfang an, seit 1990, mit den sozialpolitischen
und strukturpolitischen Herausforderungen des Umbaus
der neuen Bundesländer beschäftigt:

Wenn wir die vorliegenden Prognosen über die Al-
tersentwicklung, die Folgen der Geburtenlücken
und die Vorausschätzungen der Kosten, die beide
Tendenzen verursachen werden, berücksichtigen,
dann führt jede ehrliche Rechnung zu zwei Ergeb-
nissen: Erstens: Wir werden für diese Aufgabenfel-
der zukünftig einen größeren Teil von unseren pri-
vaten Einkommen abgeben müssen. Zweitens: Es
wird zwangsläufig für die Bürger unterschiedliche
Niveaus der Versorgung geben, je nachdem, wie

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(C (D viel jeder Einzelne für die Versorgung zusätzlich einbringen kann oder einzubringen bereit ist. Zusammenfassen kann man das so: Mehr Hilfe zur elbsthilfe, mehr Eigenverantwortung, mehr Flexibiliierung in allen Bereichen unseres gesellschaftlichen Leens, stärkere Bündelung aller Kräfte. Diesem Anspruch sind wir vor reichlich drei Jahren achgekommen. Erinnern wir uns: Das Nebeneinander weier staatlicher steuerfinanzierter Fürsorgesysteme – der rbeitslosenhilfe und der Sozialhilfe – war ineffizient und transparent, ja auch ungerecht. Trotz vergleichbarer eistungen gab es für die Bezieher von Arbeitslosenhilfe nd für erwerbsfähige Sozialhilfeempfänger keine arbeitsarktpolitischen Maßnahmen aus einer Hand. Für die eilnahme an einer Qualifizierungsoder Beschäftigungsaßnahme war weniger die Zweckmäßigkeit der Maß ahme entscheidend als vielmehr die Art des Leistungsbeuges. Darüber hinaus stand in der Praxis in beiden ystemen zu oft die Leistung zum Lebensunterhalt im ordergrund und nicht die Überwindung der Arbeitslosigeit. Natürlich waren und sind die Akzente in den neuen undesländern explizit differenzierter, weil es große trukturelle Veränderungen in den Griff zu bekommen ilt. Die Sozialhilfe orientierte sich – das müssen wir uns ergegenwärtigen – am soziokulturellen Existenzminium, die Arbeitslosenhilfe am zuletzt erzielten Einkomen. Die Niveauunterschiede beider Systeme wurden och verstärkt dadurch, dass bei der Bedürftigkeitsprüung unterschiedliche Einkommensund Vermögensgrenen, unterschiedliche Freibeträge für Erwerbseinkommen, o genannte Hinzuverdienstgrenzen, und unterschiedliche egelungen für die Zumutbarkeit einer aufzunehmenden rwerbstätigkeit galten. Hieraus resultierte eine Vielzahl von Problemen. eistungsbezieher aus den beiden Systemen wurden bei en Integrationsbemühungen der Träger unterschiedlich ehandelt; auch das müssen wir uns vergegenwärtigen. s entstand die Tendenz, die finanziellen Lasten zwichen Sozialhilfeträgern und Bundesagentur zu verschieen. Deswegen war das Zusammenlegen von Sozialhilfe nd Arbeitslosenhilfe richtig, ja alternativlos. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Natürlich kann niemand mit der Grundsicherung, die
ir jetzt auf einen in West und Ost einheitlichen Betrag

estgelegt haben, große Sprünge machen; das sehen wir
uch. Natürlich sind wir zum Handeln aufgefordert,
enn in Regionen mit hoher Arbeitslosigkeit die Bemü-
ungen des Einzelnen um einen Arbeitsplatz auf dem
rsten Arbeitsmarkt mangels Angeboten wiederholt
hne Erfolg bleiben. Wir kennen diese Herausforderung
nd wir kümmern uns darum. Deshalb ist es richtig, dass
ir uns auf die Senkung der Lohnnebenkosten konzen-

rieren, weil wir dadurch auch den Beziehern unterer
inkommen helfen, indem wir ihre Kaufkraft stärken.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Angelika Krüger-Leißner [SPD])


Natürlich macht es betroffen, dass vor allem Allein-
rziehende mit Kindern ihr Monatseinkommen mit sehr






(A) )



(B) )


Maria Michalk
viel Kreativität einteilen müssen, um über die Runden zu
kommen. Die Wahrheit ist aber auch, dass es schon im-
mer soziale Konstanten gegeben hat, die durch Einkom-
mensunterschiede geprägt waren. Ich möchte ganz aus-
drücklich darauf hinweisen, dass das auch in der DDR
der Fall war.

Da die Redezeit in der Aktuellen Stunde kurz bemes-
sen ist, will ich nur noch sagen: Es ist wichtig, dass wir
uns den Problemen des Arbeitsmarktes stellen. Dadurch
wird die in den Hartz-Gesetzen vorgenommene Gewich-
tung anders aussehen. Deshalb sind wir in der großen
Koalition auf dem richtigen Weg.

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1606309900

Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Gregor Gysi von

der Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1606310000

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau

Michalk, mich wundert es ein wenig, dass Ihnen am Tag
der Öffnung der Mauer nur die SED einfällt. Ich finde,
Ihnen sollten auch die CDU und die Bauernpartei der
DDR einfallen, mit denen Sie sich so erfolgreich verei-
nigt haben, ohne das je aufgearbeitet zu haben.


(Beifall bei der LINKEN – Max Straubinger [CDU/CSU]: Oh, oh, Gysi!)


Herr Meckelburg, Sie haben darauf hingewiesen, dass
wir jede Woche zum gleichen Thema mit Winkelemen-
ten durchs Haus gehen.


(Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Das ist Ihr Verständnis von Parteienvielfalt!)


Ich darf Ihnen etwas erklären: Es handelt sich um eine
Aktuelle Stunde, für die Herr Rüttgers thematisch ge-
sorgt hat, nicht wir. Das sollten Sie bei dieser Gelegen-
heit nicht vergessen.


(Beifall bei der LINKEN)


Herr Meckelburg, Sie haben dann gesagt, dass auf-
grund der entsprechenden Instrumente bereits die DDR
gescheitert ist. Ich will Ihnen selbst das einmal erklären.


(Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Das ist sehr freundlich!)


Die private Wirtschaftsmacht wurde in der DDR gebro-
chen und es entstand eine Mangelwirtschaft mit geringer
Produktivität. Die staatliche Macht wurde nicht gebro-
chen, sondern geradezu zur Absolution hochgetrieben.


(Max Straubinger [CDU/CSU]: Ja!)


Die Folge waren Produktivitätsmängel und vor allen
Dingen große Einschränkungen bei Demokratie und
Freiheit. Daran und nicht an der Arbeitslosigkeit ist die
DDR gescheitert. Selbst das bringen Sie durcheinander.
Es tut mir furchtbar Leid, Herr Meckelburg.

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(C (D (Beifall bei der LINKEN – Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Zentralismus! Ihr habt die Arbeitslosigkeit in der DDR versteckt! So einfach ist das nicht, Herr Gysi!)


Ich komme zu Rüttgers zurück. Er hat einen vernünf-
igen Vorschlag unterbreitet – zumindest laut den Me-
ien –, dass nämlich ältere Arbeitslose länger Arbeits-
osengeld I erhalten sollen. Das klingt gut. Dass Herr
eck als Vorsitzender der SPD dem gleich widerspricht,
ill mir wirklich nicht in die Birne.


(Beifall bei der LINKEN – Wolfgang Grotthaus [SPD]: Weil Sie das nicht verstehen! Beschäftigen Sie sich damit!)


s tut mir wirklich Leid. Als Vorsitzender der SPD
üsste man doch sagen, dass die Idee erst einmal richtig

st. Wenn man das aber selber gekürzt hat, will man na-
ürlich nicht dazu stehen.

Herr Rüttgers hat allerdings Vorschläge dazu ge-
acht, wie andere Arbeitslose das finanzieren sollen. Es

st wirklich sozial unerträglich, zu sagen: Die einen sol-
en etwas mehr erhalten, dafür erhalten die anderen Ar-
eitslosen deutlich weniger. – So kann eine soziale Lö-
ung dieser Probleme nicht aussehen.


(Beifall bei der LINKEN)


as würde natürlich zum Nachteil der Bezieher von
LG II und von Eltern in ihrem Verhältnis zu bereits er-
achsenen Kindern geschehen.

Ich sage Ihnen eines: Das alles kann man machen.
an kann sagen, dass die einen für die anderen haften.
amit helfen Sie aber nur einer Berufsgruppe, nämlich
einer, den Rechtsanwälten, weil es viele Prozesse ge-

en wird. Die Familien zerstören Sie damit aber. Das
ann unmöglich der Weg sein, den wir hier einschlagen.


(Beifall bei der LINKEN)


Herr Meckelburg, auch Ihr nächstes Argument fand
ch interessant. Sie sprachen davon: Es gibt kein Geld.
leichzeitig machten Sie aber keinen Vorschlag, wie
an das bezahlen soll. Das sagen Sie im Novem-

er 2006 im Ernst. Die erwarteten Steuermehreinnah-
en des Bundes liegen in diesem Jahr bei 9 Milliar-

en Euro.


(Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Wir verwenden das anders als die DDR, die nur den Haushalt saniert hat! Das ist der Unterschied!)


ie Überschüsse der Bundesagentur für Arbeit, die die
eiträge für die Arbeitslosenversicherung erhält, liegen
ei etwa 10 Milliarden Euro. Sie wollen jetzt eine Unter-
ehmensteuerreform durchführen,


(Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Wir wollen den Haushalt sanieren, Herr Gysi!)


urch die Sie den Konzernen schon wieder Steuern in
öhe von 8 Milliarden Euro schenken. Gleichzeitig sa-
en Sie, dass die Empfänger von 345 Euro die längere
ahlungsdauer des Arbeitslosengeldes I finanzieren sol-

en. Das ist doch einfach indiskutabel. Wir haben das
eld doch, wir müssen es nur anders verteilen.






(A) )



(B) )


Dr. Gregor Gysi

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN] – Wolfgang Meckelburg [CDU/ CSU]: Wir haben das Geld nicht! Wir machen nach wie vor Schulden!)


Sie haben in dieser Gesellschaft eine breite Armut or-
ganisiert. Aber Sie haben auch Reichtum organisiert.
Das geht seit Jahren so. Das behaupte nicht nur ich. Es
gibt wissenschaftliche Studien und andere Untersuchun-
gen, die sich mit diesem Thema beschäftigen. Jeden Tag
kann man in den Zeitungen lesen – übrigens setzen sich
auch rechte bzw. konservative Autoren mit dieser Frage
auseinander –: Wenn die Armut weiter in diesem Maße
zunimmt und der Reichtum gleichzeitig so stark wächst,
ist das gesellschaftszerstörerisch.

Es gibt zwar ein paar verblendete Linke, die denken,
dass das zu einer Stärkung der politischen Linken führt.
Ich sehe aber die große Gefahr, dass diese Entwicklung,
wenn wir so weitermachen, eine Stärkung der Rechten
zur Folge haben wird.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Wolfgang Grotthaus [SPD]: Ja, wenn Sie so weitermachen!)


Wir brauchen eine Gesellschaft, die wesentlich mehr So-
lidarität beweist. Das muss man organisieren.


(Beifall bei der LINKEN)


Solange die Menschen uns wählen, sollten Sie noch
zufrieden sein.


(Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/ CSU und der SPD – Wolfgang Grotthaus [SPD]: Das ist ein Kreis und Sie kommen irgendwo da zusammen!)


Das könnte auch ganz anders aussehen. Das sage ich ins-
besondere in Richtung SPD. Sie haben in den letzten sie-
ben Jahren schließlich mit dazu beigetragen, dass der
Reichtum gestärkt und die Armut organisiert wurde. Das
werden Sie nicht los. Werden Sie endlich wieder sozial-
demokratisch!


(Beifall bei der LINKEN – Wolfgang Grotthaus [SPD]: Das ist eine Frechheit!)


Ich frage Sie – ich bleibe bei Ihrem Argument: kein
Geld –: Sind Sie bereit, eine Vermögensteuer einzufüh-
ren? Sagen Sie doch einmal: Die Vermögenden in unse-
rer Gesellschaft sollen entsprechend Art. 14 Abs. 2 un-
seres Grundgesetzes ihren Beitrag leisten. Dort steht
immer noch:

Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich
dem Wohle der Allgemeinheit dienen.


(Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Da steht aber nicht, dass eine Vermögensteuer eingeführt werden soll! Sie machen sich das alles ein bisschen zu einfach, Herr Gysi!)


Ich bitte Sie: Es gibt in Deutschland Milliardäre! Sind
sie den ganzen Tag damit beschäftigt, sich eine Birne
darüber zu machen, wie sie ihre Milliarde so einsetzen,
dass sie dem Allgemeinwohl dient?

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(C (D (Dr. Martina Krogmann [CDU/CSU]: Das ist doch wirklich sinnlos und hohl, Herr Gysi!)


ir schlagen vor, dass sie einen Teil ihres Geldes abge-
en und wir dieses Geld gleich im Interesse des Allge-
einwohls einsetzen. Das wäre der Situation angemes-

en.


(Beifall bei der LINKEN – Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Das ist wirklich unter Ihrem Niveau!)


Der Spitzensteuersatz der Einkommensteuer ist um
1 Prozentpunkte gesenkt worden. Wollen Sie daran et-
as ändern? Nein, Sie wollen daran nichts ändern. Ihre
olitik trifft immer die gleiche Gruppe. Immer sind es
ie Arbeitslosen, die Kranken und die Rentnerinnen und
entner, die die Kosten unserer Gesellschaft zahlen sol-

en.


(Wolfgang Grotthaus [SPD]: Und wir hören von Ihnen immer die gleichen Reden! – Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Das ist unverschämt, was Sie da erzählen!)


eutschland ist die einzige Industriegesellschaft, in der
in Rückgang der Löhne der Arbeitnehmerinnen und Ar-
eitnehmern zu verzeichnen ist. Die USA, Großbritan-
ien, Frankreich und weitere EU-Länder gehen andere
ege. Bei uns ist die Entwicklung der Löhne negativ.


(Zuruf von der CDU/CSU: Wenigstens geht es bei uns wirtschaftlich aufwärts!)


as ist nicht gut und das darf nicht so bleiben. Deshalb
rauchen wir eine Generalrevision von Hartz IV. Dieses
esetz hat sich nicht bewährt.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1606310100

Das Wort hat jetzt der Kollege Wolfgang Grotthaus

on der SPD.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Wolfgang Grotthaus (SPD):
Rede ID: ID1606310200

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr

r. Gysi, es war ganz nett, dass Sie zumindest zum
chluss Ihrer Rede – ich glaube, es war die drittletzte
emerkung, die Sie gemacht haben – auf das Thema der
eutigen von Ihnen beantragten Aktuellen Stunde hinge-
iesen haben.


(Vereinzelt Heiterkeit)


nsonsten haben Sie wieder einmal eine sehr populisti-
che Rede gehalten, die uns mittlerweile schon bekannt
st.


(Frank Spieth [DIE LINKE]: Auch Sie müssen es doch irgendwann verstehen! Sie sollten es einmal damit versuchen, das nachzuvollziehen, was er gesagt hat!)


ch komme noch darauf zu sprechen, was Populismus in
iner Gesellschaft bewirken kann.






(A) )



(B) )


Wolfgang Grotthaus
Lassen Sie mich bitte etwas zu den Vorschlägen von
Herrn Rüttgers sagen.


(Dirk Niebel [FDP]: Der ist übrigens auch IG-Metall-Mitglied!)


Es ist das gute Recht der CDU, auf ihren Parteitagen An-
träge zu beschließen; darüber wollen wir nicht richten.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Darum geht es doch gar nicht!)


Aber, Frau Pothmer, es gibt einen Koalitionsvertrag.
Dieser Koalitionsvertrag gilt.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und sein Papier ist geduldig!)


Ihn werden wir abarbeiten. Darin steht aber nichts da-
von, dass wir den Antrag, der demnächst vielleicht auf
dem CDU-Parteitag beschlossen wird, ebenfalls abzuar-
beiten haben. Vielleicht werden wir uns einmal über ihn
unterhalten. Aber zurzeit ist er für uns nicht diskutabel.


(Dirk Niebel [FDP]: Wie ist das denn mit dem Kündigungsschutz? Dazu steht da nämlich etwas drin!)


– Herr Niebel, Sie zeichnen sich immer durch qualifi-
zierte Reden und Zwischenrufe aus.


(Dirk Niebel [FDP]: Das finde ich auch!)


Unter einem Mangel an Selbstbewusstsein haben Sie ja
sowieso noch nie gelitten.


(Dirk Niebel [FDP]: Das ist wahr! Wenn er mal Recht hat, muss man das auch sagen!)


Lassen Sie mich jetzt einige Anmerkungen zum
Thema der heutigen Aktuellen Stunde machen. Ja, ich
stimme den Linken zu, dass einige Korrekturen der
Hartz-Gesetze notwendig sind. Das gilt insbesondere im
Hinblick auf Hartz IV. Ja, es muss nachjustiert werden,
aber nicht so, wie Sie es wollen. Es muss dort nachjus-
tiert werden, wo bürokratische Hemmnisse abzubauen
sind, wo Schnittstellenprobleme aufgetreten sind und wo
technische Möglichkeiten besser genutzt werden könn-
ten, aber auch dort, wo es zu Fehlanreizen gekommen
ist.

Sie haben überhaupt nicht davon gesprochen, welche
Probleme die Menschen haben, die in der Vermittlung
tätig sind, die sich mit diesen Problemen auseinander zu
setzen haben und die in den letzten zwei, drei Jahren
gute Arbeit gemacht haben. Diese Menschen klammern
Sie aus.

Wir wissen, dass in den Argen zum Teil einiges im
Argen liegt und die Arbeitsweise der Beschäftigten ver-
bessert werden muss. Es ist nicht hinnehmbar – das sage
ich dem gesamten Haus sehr deutlich –, dass in den Ar-
gen Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter beschäftigt
sind, die eine halbe Stunde benötigen, um einen Arbeit-
suchenden per PC zu erfassen. Es ist nicht hinnehmbar,
dass das Personalvertretungsrecht dort nicht gewährleis-
tet ist und es unterschiedliche Ebenen der Mitbestim-
mung gibt. Es ist nicht hinnehmbar, dass dort über das
Direktionsrecht gestritten wird, und es ist auch nicht hin-

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(C (D ehmbar, dass in den Argen eine Vielzahl befristeter instellungen vorgenommen worden ist. Wir wollen da ür sorgen, dass klare Arbeitsverhältnisse geschaffen erden. (Dirk Niebel [FDP]: Dann hättet ihr es gleich besser machen können!)


Trotzdem – dies gilt es festzuhalten – haben die Ar-
en und die Optionsgemeinschaften bzw. die Options-
ommunen und die Arbeitsagenturen sehr gute Arbeit
eleistet. Zum ersten Mal seit fünf Jahren liegt die Ar-
eitslosenquote wieder unter 10 Prozent. Das hängt zwar
it der Konjunkturentwicklung zusammen, aber auch
it den Gesetzen, die die Vorgängerregierung und diese
oalitionsregierung auf den Weg gebracht haben.


(Zuruf von der LINKEN: Quatsch! – Dirk Niebel [FDP]: Alles wird gut!)


Lassen Sie mich einige Zahlen nennen. Wir haben
71 000 Arbeitslose weniger als vor einem Jahr. Davon
ind 101 000 Arbeitslose unter 25 Jahren und 86 000
ber 50; 82 000 beziehen nicht länger ALG II. Wir ha-
en fast 300 000 sozialversicherungspflichtige Arbeits-
lätze mehr als vor einem Jahr.


(Zuruf von der LINKEN: Woher haben Sie denn die Zahlen?)


Wenn Sie fragen, woher diese Zahlen stammen, dann
ollten Sie einen Blick in die statistischen Angaben der
undesagentur für Arbeit werfen. Auch uns reichen
iese Zahlen nicht aus. Wir müssen mehr tun. Wir müs-
en Jobs, Jobs und noch mehr Jobs schaffen, damit wir
ehr Menschen in Arbeit bringen. Wir haben zurzeit

och über 800 000 Arbeitsplätze zur Verfügung – die
ahl wurde bereits genannt –, die es zu besetzen gilt.


(Dirk Niebel [FDP]: Wir doch nicht! Die Wirtschaft!)


Die Wirtschaft; das ist richtig.

Sie von den Linken fordern hingegen immer nur die
rhöhung der finanziellen Transferleistungen für die
enschen, die von Arbeitslosigkeit betroffen sind. Sie

rwecken den Eindruck, dass mit finanziellen Transfer-
eistungen alles zu regeln ist. Damit produzieren Sie aber
uch soziale Kälte.


(Widerspruch bei der LINKEN)


as ist gefährlich; denn die populistischen Illusionen,
ie Sie mit Ihren Reden erzeugt haben,


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


ind so gefährlich, wie soziale Kälte unmenschlich ist.
eide sind im Kern unmoralisch und helfen den Men-

chen nicht. Sie führen vielmehr in die Sackgasse und
achen unfrei. Das gebe ich Ihnen mit auf den Weg.

Herr Kollege Ernst, ich habe selbst 36 Jahre in der In-
ustrie gearbeitet. Die Kolleginnen und Kollegen in der
ndustrie wissen Ihre Beiträge zu schätzen. Besuchen Sie
ie doch in den Betrieben und erzählen Sie ihnen das-






(A) )



(B) )


Wolfgang Grotthaus
selbe wie hier! Dann werden Sie schon die entsprechen-
den Antworten gekommen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Wir werden die Hartz-Gesetze zu gegebener Zeit eva-
luieren. Das ist 2008 vorgesehen. Bis dahin werden wir
an den Stellen nachjustieren, an denen organisatorische
Probleme auftreten, aber auch erkennbare Fehlanreize
entstanden sind.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1606310300

Kommen Sie bitte zum Schluss.


Wolfgang Grotthaus (SPD):
Rede ID: ID1606310400

Einer Generalrevision in Ihrem Sinne, Herr Kollege

Ernst, werden wir nicht zustimmen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1606310500

Das Wort hat der Kollege Franz Romer von der CDU/

CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU – Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Jetzt kommt das FranzRomer-Modell! 40 Jahre arbeiten! – Gegenruf der Abg. Brigitte Pothmer [BÜND-NIS 90/ DIE GRÜNEN]: Herr Stoiber will das doch auch!)



Franz Romer (CDU):
Rede ID: ID1606310600

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten

Damen und Herren! Herr Gysi, wenn ich mich richtig er-
innere, waren Sie im Berliner Senat doch in einer verant-
wortlichen Position. Was aber haben Sie gemacht? Sie
haben sich in die Büsche geschlagen,


(Dirk Niebel [FDP]: Das war nicht das schlechteste!)


nach dem Motto „Die Ratten verlassen das sinkende
Schiff“.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Liebe Kollegin Pothmer, wenn Sie Rüttgers zitieren,
muss ich Ihnen entgegenhalten, dass sich meine Er-
werbsbiografie ohne Unterbrechung über mehr als
40 Jahre erstreckt. Bei Ihnen oder bei den Linken gibt es
sicherlich Leute, die 20 Jahre Politologie studiert haben,
um sich anschließend mit dem Vorruhestand zu beschäf-
tigen.


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)


Wir sprechen heute auf Verlangen der Linken über die
Praxistauglichkeit der Hartz-Gesetze. Die aktuellen Ar-
beitsmarktzahlen belegen, dass die gewünschten Effekte
langsam eintreten. Die Zahl der Arbeitslosen ist gesun-
ken und – das ist noch viel wichtiger – die Zahl der ver-
sicherungspflichtig Beschäftigten ist wieder gestiegen.
Die Arbeitslosenquote liegt zum ersten Mal seit 2002
wieder unter der magischen 10-Prozent-Marke. Man
kann nicht sagen, dass damit das Problem der Arbeitslo-

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(C (D igkeit in unserem Land gelöst ist. Dennoch ist eine Veresserung spürbar. Auch die Hartz-Gesetze unterstützen it der Strategie „Fördern und Fordern“ die Erholung es Arbeitsmarktes. Bevor wir über die Praxistauglichkeit der Reform prechen, müssen wir feststellen, dass die Zusammenleung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe von allen eiten befürwortet wurde. Der Erfolg, der heute offenichtlich ist, spricht für sich. Es war eine richtige Entcheidung. Nach einiger Erfahrung mit dem Gesetz haen wir in dieser Legislaturperiode die Reform noch inmal optimiert. Wir haben es geschafft, dass ehemalige ozialhilfeempfänger wieder in die Vermittlung gelanen und es nicht zu einer lebenslangen Sozialhilfekariere kommt. Der Schwerpunkt wurde von der bloßen ahlung des Lebensunterhalts auf die Wiedereingliede ung der erwerbsfähigen Hilfebezieher verlagert. Ich ill nicht verschweigen, dass die Bedingungen für die rbeitslosenhilfeempfänger schwieriger geworden sind. edoch gibt es nur so genügend Anreize, um eine Interation in den Arbeitsmarkt zu gewähren. (Zuruf von der LINKEN: Das ist doch Schwachsinn!)


Ich kann aus meinem Wahlkreis Biberach auf ganz
esondere Erfahrungen mit Hartz IV zurückgreifen. Der
andkreis Biberach ist eine der wenigen Optionskom-
unen,


(Beifall des Abg. Dirk Niebel [FDP])


ie die Grundsicherung für Arbeitsuchende in Eigenre-
ie durchführen.


(Dirk Niebel [FDP]: Deshalb klappt es dort!)


abei ist der Landkreis sehr erfolgreich. In den letzten
nderthalb Jahren, also seit der Einführung des Arbeits-
osengeldes II, konnte der Landkreis Biberach die Zahl
er Langzeitarbeitslosen fast halbieren. Allein im ersten
albjahr 2006 betrug der Rückgang ein Drittel. Diese
ahlen zeigen, dass es gegen den Bundestrend möglich

st, Langzeitarbeitslose an der wirtschaftlichen Erholung
eilhaben zu lassen. Für mich liegen die Vorteile des Op-
ionsmodells auf der Hand – das haben wir von der
nion immer gesagt –: Die Kommunen können vor Ort

chnelle und flexible Entscheidungen treffen. Probleme
ei der Zusammenarbeit zwischen der Bundesagentur
ür Arbeit und den Kommunen oder Kompetenzgerangel
nd Zuständigkeitsprobleme gibt es hier nicht. Im Land-
reis Biberach konnten zudem Wohlfahrtsverbände,
reie Träger und die einzelnen Kommunen für die Inte-
ration von Langzeitarbeitslosen gewonnen werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Martina Krogmann [CDU/CSU]: Weil die so einen tollen Abgeordneten haben! – Dirk Niebel [FDP]: Jetzt sagt noch, wer in Stuttgart regiert!)


Die heute stattfindende Debatte halte ich für unange-
racht. Wir haben die Reform gerade verbessert und se-
en nun erste Erfolge. Aber schon wird die Praxistaug-
chkeit von der Linksfraktion in Zweifel gezogen. Ich
rage mich, was Sie eigentlich wollen, etwa einen weiteren






(A) )



(B) )


Franz Romer
Anstieg der Zahl der Langzeitarbeitslosen? Man kann si-
cherlich über die eine oder andere Regelung sprechen,
genauso wie über die Ausführung vor Ort durch die Ar-
beitsgemeinschaften oder die Optionskommunen, wie
sie von mir vorgestellt wurde. Grundsätzlich ist aber das
Arbeitslosengeld II der richtige Weg. Die Zahlen spre-
chen dafür.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Wolfgang Grotthaus [SPD])


Die Übernahme der Unterbringungskosten konnte
aufgrund der Steuermehreinnahmen des Bundes großzü-
gig geregelt werden. Auch im Allgemeinen gibt es
Grund zu Optimismus. Die Konjunktur zieht endlich an.
Die Arbeitslosigkeit sinkt. Die Steuereinnahmen steigen.
Für die Sozialkassen gibt es endlich wieder Mehreinnah-
men. Die Bundesagentur für Arbeit bildet Überschüsse,
die es eventuell erlauben, den Beitragsatz in der Arbeits-
losenversicherung um weitere 0,5 Prozentpunkte im
nächsten Jahr zu senken. Ich versuche schon seit Früh-
jahr dieses Jahres, diesen Vorschlag in die Diskussion
einzubringen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1606310700

Herr Kollege Romer, kommen Sie bitte zum Schluss.


Franz Romer (CDU):
Rede ID: ID1606310800

Alles in allem gibt es nach knapp einem Jahr Regie-

rungspolitik unter Führung der Union positive Impulse.
Dies gilt nach anfänglichen Startschwierigkeiten auch
bei Hartz IV.

Ich bedanke mich.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1606310900

Das Wort hat der Kollege Anton Schaaf von der SPD-

Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Anton Schaaf (SPD):
Rede ID: ID1606311000

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wer

würde bezweifeln, dass es in unserem Land Armut gibt?
Das ist nicht zu bezweifeln. Die Frage, wie man Armut
sinnvoll nachhaltig bekämpfen kann, wird aus unserer
Sicht nicht durch die Höhe der Alimentierungen beant-
wortet, sondern dadurch, welche Chancen und Möglich-
keiten wir den Menschen bieten, sich aus ihrer Situation
mithilfe des Staates zu befreien. Das ist die entschei-
dende Frage.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Sie sagen, Hartz habe Armut geschaffen. Ich sage in
aller Deutlichkeit: Armut hat es in diesem Land immer
gegeben. Sie war nur versteckt, in der Sozialhilfe, und
wir haben – das ist der eigentliche Skandal – die Men-
schen alleine gelassen. Wir haben sie ignoriert und ihnen
keine Chancen geboten. Ein großes Ziel der Hartz-Ge-
setzgebung war, die Menschen aus der Anonymität und
Chancenlosigkeit herauszuholen. Das zumindest ist uns
gelungen.

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(C (D Niemand bezweifelt – ich schon gar nicht –, dass es otwendig ist, das, was wir mit dieser großen Reform uf den Weg gebracht haben, immer wieder auf seine irksamkeit zu überprüfen und gegebenenfalls nachzu essern. Die große Koalition hat in der Koalitionsvereinarung dazu Punkte benannt. Ich gehe noch darüber hiaus. Sozialdemokraten haben verschiedentlich gesagt, ass wir über einen öffentlichen Beschäftigungssektor achdenken müssen, aber nicht über die klassischen Intrumente wie ABM, die keine Chance geboten haben, ondern nur Warteschleifen waren, sondern über einen irklichen öffentlichen Beschäftigungssektor, der den hancenlosen die Möglichkeit der Teilhabe an der ge ellschaftlichen Entwicklung eröffnet. Um Teilhabe geht s. Armut bemisst sich nicht nur nach der Höhe der Alientierung, sondern auch über Teilhabechancen. Das nterscheidet uns in der Tat; denn Sie von der Linken saen zur Teilhabe von Menschen an der Gesellschaft ichts. Sie reden über die Höhe der Alimentierung. Die Frage, ob man eine Generalrevision braucht, will ch mit einer Aussage des Chefs der Bundesagentur für rbeit, Weise, beantworten, der sagt: Die Politik sollte en Mut haben, an beschlossenen Reformen mindestens rei Jahre festzuhalten. Erfahrungen mit vergleichbaren eformen im Ausland zeigen, dass es sogar bis zu fünf ahre dauern kann, bevor sie wirken. Wir sollten das eiterentwickeln, was wir haben. Abrupte Wechsel wä en fahrlässig. Verlässlichkeit ist gefragt. Die Menschen ollen wissen, woran sie sind. – Ich finde, er hat völlig echt. Die Erfahrungen im Ausland zeigen genau, dass olche großen Reformen, solche Paradigmenwechsel eit zur Wirkung brauchen. Wir sollten alles dazu tun, ns nicht auf eine Diskussion wie die von Niebel und aneren einzulassen, die sagen, das sei das Schönere und essere, und wir sollten Herrn Niebel nicht bei seinem ersönlichen Rachefeldzug gegen seinen alten Arbeitgeer unterstützen. Wir sollten schauen, wo die besten und irksamsten Elemente sind. Wir sollten die Best-Prac ise-Beispiele heraussuchen und anhand dieser vor Ort ie Arbeit organisieren und strukturieren. Ich gebe unumwunden zu, dass es bei uns eine Disussion über die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I egeben hat. Wir hatten damals im Rahmen der Einfühung der Hartz-Gesetzgebung insbesondere für ältere Areitnehmerinnen und Arbeitnehmer eine längere Überangsfrist gefordert. Das ist an den Ministerpräsidenten er CDU-geführten Länder gescheitert. Das muss man o sagen. Man schafft Vertrauen aus meiner Sicht nicht amit, dass man die Frage des Bezugs von Arbeitsosengeld I aufwirft, sondern damit, dass man darüber achdenkt, welche Chancen Menschen haben, die areitslos werden. Ich will mit der Genehmigung des errn Präsidenten aus einer Pressemitteilung vom 9. Noember, freigegeben ab 10.30 Uhr, zitieren: Zu alt für den Job, zu jung für die Rente – das ist für viele Menschen heute bittere Realität. Wir konnten aber mit vielen Projekten modellhaft zeigen, dass es auch anders geht, dass selbst ältere Arbeitslose bei Anton Schaaf entsprechender Unterstützung durchaus Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben Weiter heißt es: Es muss verhindert werden, dass ältere Beschäftigte bereits beim Bekanntwerden von Betriebseinschränkungen jeden Mut und Elan fallen lassen, eine neue Arbeit zu finden. Die Projekte zeigen erfolgreiche Wege für Ältere in den Arbeitsmarkt. Diese Beispiele geben nicht nur Hoffnung, sie machen stärker. Ein Stück weiter heißt es dann: Menschen resignieren, wenn ihnen das gesellschaftliche Umfeld falsche Signale setzt. Die Politik hat in den vergangenen Jahren mit einem Abbau der Anreize zur Frühverrentung die Herausforderungen des demografischen Wandels intensiv aufgegriffen. Diesen Weg heißt es jetzt gemeinsam konsequent fortzuführen. Das sage ich zu der aktuellen Debatte, die mein Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen ausgelöst hat. Die Aussagen stammen aus einer Pressemitteilung des Arbeitsministers Karl-Josef Laumann und der Chefin der Regionaldirektion NRW der BA, Christiane Schönefeld. Vor diesem Hintergrund sage ich: Wo Herr Laumann recht hat, hat er recht. Er hat die Prioritäten richtig benannt. In erster Linie geht es nicht darum, den Chancenlosen eine höhere Alimentierung oder einen längeren Arbeitslosengeldbezug einzuräumen, sondern darum, ihnen Chancen einzuräumen. Herr Laumann hat an dieser Stelle völlig Recht. Übrigens: Wer in der Union angesichts der Äußerungen von Herrn Rüttgers Angst vor einer Sozialdemokratisierung der Partei hat – das möchte ich auch Herrn Gysi sagen –, dem kann ich alle Zweifel nehmen. Die Forderungen von Herrn Rüttgers haben mit Sozialdemokratie gar nichts zu tun. Sozialdemokraten würden niemals Generationen gegeneinander ausspielen oder die Sippenhaft wieder einführen. Danke für die Aufmerksamkeit. Das Wort hat jetzt der Kollege Max Straubinger von der CDU/CSU-Fraktion. Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Linkspartei, die eigentlich mehr mit immer neuen Namensgebungen als mit politischen Inhalten beschäftigt ist – man hat das heute wieder gemerkt –, hat eine Aktuelle Stunde zur Frage der Praxistauglichkeit der HartzGesetze und der Erforderlichkeit einer Generalrevision beantragt. Leider muss man feststellen, dass dazu keine Vorschläge gemacht wurden; es wurde lediglich gesagt, man solle darüber nachdenken. Zudem wurde dieses Mal auf den alten Spruch der Linken verzichtet: Hartz muss w d d S z g D h g g d t s n B g S g f t z z d e m d n B u s s i m r A m L w l s u p f d h g d d w (C (D eg. Möglicherweise hat sich die Linke mittlerweile och besonnen und erkannt, dass Änderungen notwenig sind. Man muss der Fraktion der Linken sagen, dass unsere ozialpolitik auf der Grundlage der Hartz-Reformen, die u einer Neuordnung der Sozialpolitik geführt haben, ut ist. (Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber Stoiber ist da anderer Meinung!)


(Beifall bei der SPD)


(Widerspruch bei der LINKEN)





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(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1606311100

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Max Straubinger (CSU):
Rede ID: ID1606311200

ie Zusammenlegung von Sozialhilfe und Arbeitslosen-
ilfe wurde von allen Fraktionen getragen. Sie war eine
ute Idee, die gemeinsam umgesetzt wurde.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wie bei allen bedeutenden Maßnahmen in der Gesetz-
ebung ist es auch hier entscheidend, genügend Zeit für
ie Umstellung einzuräumen. Es wurden neue Verwal-

ungen, neue Zuständigkeiten und neue Leistungen ge-
chaffen. Die Bürgerinnen und Bürger werden durch die
euen Leistungsgesetze besser gestellt; insbesondere die
ürgerinnen und Bürger im Osten Deutschlands werden
egenüber früheren Jahren, insbesondere gegenüber der
ituation bis vor 17 Jahren, als das bankrotte SED-Re-
ime zusammenbrach, besser gestellt. Sie von der Links-
raktion stehen heute in der Tradition dieser Sozialpoli-
ik: Sie rufen wieder nur nach höheren Leistungen, ohne
u klären, wer das bezahlen soll. Sie wollen zur Finan-
ierung der Sozialpolitik neue Schulden aufnehmen und
iese den künftigen Generationen auflasten.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ich glaube, dass sich die neue Bundesregierung nach
inem Jahr angesichts ihrer Erfolge nicht verstecken
uss. Die Arbeitslosigkeit ist gesunken. Ich gebe zu,

ass sie immer noch zu hoch ist. Jeder Arbeitslose ist ei-
er zu viel. Die Zahl der sozialversicherungspflichtigen
eschäftigungsverhältnisse ist im Vergleich zum Vorjahr
m 270 000 gestiegen. Dadurch hat sich die Finanzaus-
tattung unserer sozialen Sicherungssysteme verbes-
ert.

Es ist auch eine Anerkennung wert, dass letztes Jahr
m Rahmen dieser Sozialgesetzgebung, der Hartz-Refor-
en, über 40 Milliarden Euro für die soziale Absiche-

ung der Menschen ausgegeben wurden, und zwar für
LG II, die Kosten der Unterkunft, für Eingliederungs-
aßnahmen und für 1-Euro-Jobs. Das ist die großartige
eistung einer Volkswirtschaft, einer sozialen Markt-
irtschaft. Sie versetzt uns in die Lage, die Haushaltspo-

itik in Zukunft so zu gestalten, dass soziale Leistungen
tärker mit erwirtschaftetem Geld untermauert werden
nd weniger neue Schulden zur Finanzierung der Sozial-
olitik aufgenommen werden müssen. Dies ist der Er-
olg dieser Bundesregierung.

Wir können jetzt vor allen Dingen feststellen – nach-
em Kollege Gysi in seiner Rede darauf hingewiesen
at, dass es in Deutschland ungerecht zugeht, ist er weg-
egangen; jetzt nimmt er einen anderen Termin wahr –,
ass unsere Steuereinnahmen sprudeln. Das bedeutet,
ass uns aufgrund gestiegener Körperschaft- und Ge-
erbesteuereinnahmen – beide Steuern werden von






(A) )



(B) )


Max Straubinger
Unternehmen gezahlt – sowie gestiegener Einkommen-
steuereinnahmen mehr Steuermittel zur Verfügung ste-
hen. Diese Mittel sind das Fundament der Wirtschaftspo-
litik der neuen Bundesregierung. Diese Politik zielt auf
mehr wirtschaftliche Dynamik. Mehr wirtschaftliche
Dynamik bedeutet für die Menschen in unserem Land
letztendlich mehr Arbeitsplätze und mehr soziale Sicher-
heit. Deshalb ist die Arbeit dieser Bundesregierung und
der sie tragenden Fraktionen darauf ausgerichtet, mehr
Arbeitsplätze zu schaffen und nicht über eine höhere
Alimentierung von Arbeitslosen zu streiten.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dies ist unser Auftrag und an ihn werden wir uns auch
weiterhin halten.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1606311300

Das Wort hat jetzt die Kollegin Angelika Krüger-

Leißner von der SPD-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Angelika Krüger-Leißner (SPD):
Rede ID: ID1606311400

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich

weiß nicht, zum wievielten Male wir eine Aktuelle
Stunde zu diesem Thema durchführen. Fest steht schon
– ich als vorletzte Rednerin kann dies sagen –: Was wir
von Ihnen heute gehört haben, waren die immer gleichen
Argumente; ernsthafte Lösungsansätze waren wieder
nicht dabei. Diese Aktuelle Stunde bringt uns keinen
Millimeter weiter.

Neu war allerdings die sprachliche Akrobatik, mit der
Sie von der Linken immer wieder versucht haben, zu
verschleiern, dass Sie hier immer wieder die gleichen
Reden halten wollen. Auch ich habe gestutzt, als ich von
diesem Thema erfahren habe. Ich dachte, das hört sich
nach einer sehr zähen wissenschaftlichen Abhandlung an –
aber weit gefehlt! Alles, was wir von der Linken heute
gehört haben, hatte weder etwas mit Wissenschaft noch
mit wirtschaftlicher, arbeitsmarktpolitischer oder sozial-
politischer Vernunft zu tun.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Weder nehmen Sie eine ehrliche und genaue Analyse
der tatsächlichen Situation vor noch eine realistische
Einschätzung der Entwicklung der letzten Jahre. Sie zie-
hen auch keine Schlussfolgerung für politisches Han-
deln. Ich muss feststellen: Es geht Ihnen nicht um ein
ernsthaftes Bemühen, sondern wieder einmal um ein
bisschen Krawall. Ich muss zum wiederholten Male
auch feststellen: Alle Botschaften, die Sie hier verkün-
den, sind so beschränkt,


(Wolfgang Grotthaus [SPD]: Nicht nur die Botschaften!)


so knapp und simpel, dass sie auf ein Plakat passen.
Mehr haben Sie nicht zu bieten.

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(C (D Das Wort „Generalrevision“ heißt, wenn ich es richtig inschätze, doch so viel wie „allgemeine Rückschau“. enau das ist es, was Sie tun: Sie schauen zurück und ie wollen in der Entwicklung zurückgehen. Das zeigen hre populistischen Forderungen. as ist ökonomisch wie auch arbeitsmarktpolitisch vollommen kontraproduktiv. Vor allen Dingen hilft es den enschen nicht, die darauf hoffen, dass wir ihnen Chan en für gesellschaftliche Teilhabe und Beschäftigung erffnen. Haben Sie sich schon einmal ernsthaft gefragt, as es für die ehemaligen 600 000 Sozialhilfeempfänger edeuten würde, wenn wir ihnen die Möglichkeiten der örderung und Vermittlung, die Hartz IV nun eröffnet at, nehmen würden? Auch ich bin etwas ungeduldig, was die Entwicklung etrifft. Ich wünschte mir, dass sie schneller vonstatten eht. Fakt ist doch auch, dass in diesem Jahr die ersten rfolge erkennbar sind: Es gibt 122 000 Vermittlungen on Langzeitarbeitslosen mehr als im letzten Jahr. Die ahl der Arbeitslosen ist im Vorjahresvergleich zurückegangen; die Quote liegt nun bei unter 10 Prozent. Die ahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten ist estiegen, auch in den neuen Ländern. All das ignorieren ie. Das dürfen wir doch nicht einfach kleinreden; denn n diesen ersten Erfolgen waren ganz viele Menschen eteiligt. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


Dass die Schwierigkeiten bei der Umsetzung von
artz IV größer sind als die bei der Umsetzung von
artz I bis Hartz III, bestreitet auch keiner. Wir sind da-
ei, die größte Sozialreform in der Bundesrepublik
urchzuführen. Dazu gehört, dass man immer wieder
berprüft, verbessert und optimiert. Das tut die große
oalition. Wir tun das angestrengter und intensiver als je

uvor. Ich darf Sie daran erinnern, dass wir in diesem
ahr die Regelsätze in Ost und West angeglichen haben.

ir haben Fehlanreize abgeschafft. Wir haben Qualifi-
ierungsmöglichkeiten für Jugendliche verbessert und
erwaltungsabläufe vereinfacht. Alles das ist in diesem
ahr schon passiert und es wird weitergehen.

Es gibt noch eine Reihe von Punkten im SGB II, die
ir verbessern können, bessere Förderung von einigen
ielgruppen wie den älteren und den jugendlichen Ar-
eitslosen, verbesserte Weiterbildung, Schaffung des
ritten Arbeitsmarkts und – ich will das erwähnen, weil
s meine Position ist – die Einführung eines gesetzlichen
indestlohns. An all diesen Dingen arbeiten wir. Das

edeutet doch aber nicht, dass das SGB II praxisuntaug-
ich ist.


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Doch!)


Gehen Sie vor Ort! Überzeugen Sie sich! Reden Sie
it den Menschen! Dann werden Sie feststellen, dass
ir in diesem Jahr höhere Integrationszahlen haben. Es
ibt differenziertere und mehr Maßnahmen als im letzten
ahr. Wir haben vor allem hoch motivierte Mitarbeiter,






(A) )



(B) )


Angelika Krüger-Leißner
die mit dem SGB II auch immer besser umgehen können
und Synergieeffekte nutzen.

Den anfänglichen Problemen zum Trotz können wir
feststellen: Die Argen und die Optionskommunen funk-
tionieren immer besser. Von einer geringen Praxistaug-
lichkeit kann keine Rede sein.

Es geht auch nicht um Generalrevision. Es geht da-
rum, jede mögliche Verbesserung der Hartz-Gesetze zu
erkennen und umzusetzen – und das mit dem Blick nach
vorn.

Ziel all unserer Bemühungen im Interesse der Men-
schen muss die Integration in Arbeit sein; denn das hilft
den Menschen wirklich. Daran sollten Sie sich beteili-
gen!

Danke.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1606311500

Als letztem Redner in der Aktuellen Stunde erteile ich

das Wort dem Kollegen Andreas Steppuhn von der SPD-
Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Andreas Steppuhn (SPD):
Rede ID: ID1606311600

Sehr geehrter Herr Präsident! Mein sehr geehrten Da-

men und Herren! Die Vorredner aus meiner Fraktion ha-
ben schon deutlich gemacht, was wir von dieser Debatte
halten. Ich verzichte jetzt auf Wiederholung.

Schon bei der gestrigen Aktuellen Stunde zu den Er-
folgen der Arbeitsmarktpolitik ist sehr deutlich gewor-
den: Wir können uns darüber freuen, dass es auf dem
Arbeitsmarkt in Deutschland beschäftigungspolitisch
vorwärts geht, und das ist gut so.

Die jüngsten Arbeitsmarktzahlen sprechen eine sehr
deutliche Sprache. Dennoch ist es wichtig, darüber nach-
zudenken, was eine Weiterentwicklung von Arbeits-
marktpolitik zukünftig leisten kann und soll, welche
Rahmenbedingungen für einen Beschäftigungszuwachs
verbessert werden müssen, damit weitere positive be-
schäftigungspolitische Effekte erzielt werden können.

Die von Bundesarbeitsminister Franz Müntefering in
den vergangenen Wochen durchgeführten fünf Anhö-
rungen zu den verschiedenen Komplexen der Arbeits-
marktpolitik haben zum Ziel gehabt, unter Einbeziehung
von Experten zu eruieren, was wir besser machen kön-
nen und sollten. Solche Anhörungen werden nicht als
Selbstzweck durchgeführt, sondern um die richtigen
Weichenstellungen für die Zukunft vorzunehmen. Daher
plädiere ich an dieser Stelle dafür, die Ergebnisse der
Anhörungen sorgsam zu analysieren, auszuwerten und
dann zu entscheiden, welche Schritte in der Zukunft ein-
geleitet werden müssen. Einfach nur pauschal zu formu-
lieren „Hartz IV muss weg“ oder „Wir brauchen eine
Generalrevision der Arbeitsmarktpolitik“, wie Sie es hin
und wieder gern tun, meine Damen und Herren von der
Linkspartei, ist schlichtweg zu wenig.


(Beifall bei der SPD)


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(C (D So etwas in den Raum zu stellen, ohne gleichzeitig ösungen für die Zukunft aufzuzeigen, ist meines Erach ens, ehrlich gesagt, zu wenig. Es kommt darauf an, dass ir Arbeitsmarktpolitik sorgsam fortentwickeln und ierbei handwerkliche Fehler möglichst vermeiden. Im Übrigen sagen uns all diejenigen, die tagtäglich or Ort mit der Arbeitsmarktpolitik zu tun haben – damit eine ich zum Beispiel die Vertreter von Argen oder op ierenden Kommunen –, dass es besser ist, den bislang ingeschlagenen Weg beizubehalten, die damit verbunenen Maßnahmen wirken zu lassen und sie in einem berschaubaren zeitlichen Rahmen zu bewerten, anstatt mmer wieder Veränderungen vorzunehmen. Bedenken üssen wir auch den Verwaltungsaufwand, den wir mit eder Veränderung auslösen. Sicherlich ist an dieser Stelle auch kritisch zu überrüfen, wie wir eine stärkere Vernetzung von kommunaem Know-how und lokalen Ressourcen mit der nach ie vor zentralistisch organisierten Bundesagentur und hrer nicht immer überschaubaren Regelorientierung inbekommen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dirk Niebel [FDP]: Aha!)


Meine Damen und Herren von der CDU/CSU, wir
önnen in den Medien immer wieder Forderungen von
hrer Seite vernehmen, die im Grunde nichts anderes be-
agen als: Wir müssen bei der Arbeitsmarktpolitik weiter
paren, und zwar deutlich, und am besten auch noch
leich über weitere Leistungskürzungen nachdenken.
mmer wieder taucht ja diese Diskussion in den Medien
uf. Ich sage sehr deutlich: Leistungskürzungen werden
it uns Sozialdemokraten nicht machbar sein.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Zu den Vorschlägen von Herrn Rüttgers, dem
elbst ernannten Arbeiterführer von Nordrhein-Westfa-
en, ist ja schon einiges gesagt worden. Ich halte es für
nredlich, von einer längeren Bezugsdauer des Arbeits-
osengeldes für einige Bezieher zu sprechen, was ja an
ich nicht schlecht ist, gleichzeitig aber die Sauereien,
ie für andere damit verbunden sind, nicht zu nennen.
amit gaukelt man den Menschen etwas vor. Ich halte
as für einen Akt der Volksverdummung. Vielleicht sa-
en Sie ihm das einmal.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Statt bei den Menschen zu sparen, gilt es mehr denn
e, die Arbeitsmarktpolitik so effektiv wie möglich zu
estalten. Lassen Sie uns unsere Kraft darauf verwen-
en, gemeinsam zu überlegen, wo und wie wir Deutsch-
and beschäftigungspolitisch voranbringen können.


(Dirk Niebel [FDP]: Sagen Sie doch einmal etwas zur Koalitionskrise!)


rei wesentliche Aspekte sind hierbei wichtig:

Es muss uns erstens gelingen, jungen Menschen früh
inen Ausbildungsplatz zur Verfügung zur stellen und
hnen damit eine berufliche Perspektive zu geben. Das
un wir. Wir müssen alle jungen Menschen in Arbeit






(A) )



(B) )


Andreas Steppuhn
bringen. Der Ansatz, insbesondere unter 25-jährige
junge Menschen gezielt zu fördern, ist daher der richtige
Weg.

Der zweite Aspekt ist, das man vom bisherigen Prin-
zip beim Hinzuverdienst abgeht. Wir fördern damit zu-
künftig mehr Leistungsbereitschaft und Arbeitswillen
und verhindern zugleich Schwarzarbeit. Auch ich
glaube, dass es nach der Ausweitung des Entsendegeset-
zes und der damit verbundenen Schaffung von Mindest-
löhnen für das Gebäudereinigerhandwerk unsere nächste
Aufgabe sein muss, die Mindestlöhne auf weitere Bran-
chen auszudehnen, auch wenn Angela Merkel das zur-
zeit nicht will.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dirk Niebel [FDP]: Aha!)


Hierüber sind wir Sozialdemokraten uns übrigens mit
den Gewerkschaften einig wie lange nicht mehr. Dieses
dient auch dazu, den Abstand zwischen dem, was man
bei Arbeitslosigkeit erhält, und dem, was man für die
tagtägliche Arbeit bekommt, wieder größer werden zu
lassen, damit sich Arbeit zukünftig wieder mehr lohnt.

Ein weiterer wesentlicher Aspekt ist die Beschäfti-
gung älterer Arbeitnehmer, der so genannten Genera-
tion 50 plus. Hier müssen wir Sozialdemokraten ehrlich
und kritisch anmerken: Die Beschäftigungssituation bei
den Arbeitnehmern über 50 Jahren ist unbefriedigend.
Hier müssen wir etwas tun, indem wir zum Beispiel ver-
stärkt dafür Sorge tragen, dass sich der Beschäftigungs-
anteil älterer Arbeitnehmer erhöht.

Meine Damen und Herren, man kann über Arbeits-
marktpolitik trefflich streiten. Das haben wir heute ge-
tan. Das muss auch so sein. Deshalb appelliere ich an
Sie, gemeinsam und konstruktiv nach den besten Lösun-
gen zu suchen. Genau dieses erwarten die Menschen von
uns. Scheindebatten helfen uns und den Menschen in
keiner Weise auch nur annähernd ein Stück weiter.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1606311700

Die Aktuelle Stunde ist beendet.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 5 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Gregor Gysi, Dr. Barbara Höll, Dr. Gesine
Lötzsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der LINKEN

Steuerflucht wirksam bekämpfen

– Drucksache 16/2524 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

Gemäß einer interfraktionellen Vereinbarung ist für
die Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die
Fraktion Die Linke fünf Minuten erhalten soll. – Ich
höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

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(C (D Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Reder dem Kollegen Dr. Gregor Gysi von der Fraktion Die inke das Wort. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit Jah en beschäftigt uns im Zusammenhang mit der Höhe der inkommensteuer eine Frage. Es wird nämlich behaup et, dass bei hohen Einkommensteuersätzen die Gefahr ur Steuerflucht bestünde, weil sich gerade dann die estund Besserverdienenden einen anderen Wohnsitz uchten, an dem sie geringere Steuern bezahlen. Als Beründung für eine Senkung des Spitzensteuersatzes bei er Einkommensteuer musste immer wieder die Behaupung herhalten, nur so könne diesem Begehren Einhalt eboten werden. Wir glauben, dass das falsch ist und an das Problem anders lösen kann. Es war im Wahlkampf 2005, wie ich glaube, als sich err Müntefering überall gegen Michael Schumacher andte und sagte, es sei ein starkes Stück, dass dieser einen Wohnsitz in der Schweiz nehme, wo er eine Verinbarung über die Höhe seiner Steuer treffen konnte, nd somit als deutscher Staatsangehöriger keine Steuern n Deutschland bezahle. (Norbert Schindler [CDU/CSU]: Wo habt denn ihr euer Schwarzgeld?)


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1606311800

Wir alle haben auch erlebt, dass es zu einem Strafver-
ahren gegen Boris Becker kam, weil er zu viele Tage in
eutschland war und deshalb sein Wohnsitz in Monte
arlo nicht anerkannt werden konnte.

Ich kenne noch eine nette Geschichte. Bei einem
mpfang von Herrn Stoiber war einmal jemand – ich
enne hier einmal keinen Namen –, der kurz vor 24 Uhr
agte, er müsse jetzt gehen, weil er sonst noch einen Tag
ehr Aufenthalt in Deutschland habe, was zur Steuer-

flicht führen könne. So haben sich die Zustände in die-
em Lande verändert. Also muss man darüber nachden-
en, was man dagegen macht.

Wir haben einen Antrag eingebracht, der das Problem
ür Deutschland lösen würde. Mit diesem Antrag fordern
ir die Bundesregierung auf, ein Gesetz vorzulegen, wo-
ach deutsche Staatsangehörige mit ihrem Welteinkom-
en in Deutschland haften, unabhängig davon, wo sie

hren Wohnsitz haben.


(Beifall bei der LINKEN)


s soll aber keine Doppelbesteuerung geben, sondern
ie Steuern, die sie in einem anderen Land bezahlen,
erden selbstverständlich angerechnet; sie müssen nur
ie Differenz bezahlen.

Nun können Sie natürlich sagen, das Ganze sei wieder
in wahnsinnig sozialistisches Projekt und deshalb nicht
ealisierbar. Dagegen spricht, dass es geltendes Recht in
en USA ist. Die sind ja vieler Dinge verdächtig, aber
icht, sozialistisch zu sein. Insofern glaube ich, dass die-
es Argument nicht zieht.






(A) )



(B) )


Dr. Gregor Gysi
Aber es wäre ein großer Vorteil und es wäre auch mo-
ralisch gerechtfertigt. Ich möchte kurz darauf eingehen.

Die meisten deutschen Staatsangehörigen, die ihren
Wohnsitz in einem anderen Land nehmen, vor allen Din-
gen in Monaco oder Luxemburg, weil sie möglichst ge-
ringe Steuern zahlen wollen, haben Steuergelder in
Deutschland in Anspruch genommen. Sie sind in der Re-
gel hier zur Schule gegangen und haben in der Regel hier
studiert, und zwar zu einer Zeit, als es noch keine Stu-
diengebühren gab. Das heißt, sie haben Steuergelder an-
derer Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in Anspruch
genommen. Nun verdienen sie selbst gut und suchen sich
einen Wohnsitz in einem anderen Land, um möglichst
keine Steuern in Deutschland zu zahlen. Das darf einen
nicht nur ärgern, sondern dagegen muss man etwas tun.


(Beifall bei der LINKEN)


Das Zweite ist: Sie bleiben ja deutsche Staatsange-
hörige. Dafür haben sie gute Gründe, ganz unterschied-
liche: kulturelle, politische, aber auch juristische. Da-
durch dass sie deutsche Staatsangehörige bleiben,
bleiben wir ihnen gegenüber verpflichtet. Das finde ich
richtig; damit hier kein Missverständnis aufkommt.
Wenn ein solcher deutscher Staatsangehöriger in Unter-
suchungshaft kommt oder entführt wird oder ein anderes
schweres Schicksal erleidet, kümmert sich die Bundesre-
gierung der Bundesrepublik Deutschland um ihn. Das ist
richtig; dazu sind wir gegenüber deutschen Staatsange-
hörigen nach unserem Grundgesetz auch verpflichtet.
Aber wenn das alles richtig ist – wenn sie als Kinder und
Jugendliche und zum Teil auch für ihre Kinder die Steu-
ergelder in Deutschland in Anspruch genommen haben,
wenn sie die Hilfe der Bundesregierung in Anspruch
nehmen, sobald sie in Gefahr kommen –, dann muss es
auch eine Selbstverständlichkeit sein, dass sie selbst ih-
rer Steuerpflicht in Deutschland nachkommen. Man
kann nicht nur von den anderen leben, ohne etwas zu ge-
ben. Das müssen wir ihnen sagen.


(Beifall bei der LINKEN)


Deshalb ist unser Antrag fair. Sie müssen ja nicht
mehr bezahlen. Die Steuern, die sie in Luxemburg, Mo-
naco, der Schweiz oder Österreich bezahlen, werden voll
angerechnet; das ist ganz klar. Aber die Differenz müs-
sen sie bezahlen. Damit stehen sie nicht schlechter und
nicht besser da als die deutschen Staatsangehörigen, die
in Deutschland wohnen und leben. Ich finde das absolut
gerecht. Was die Kostenunterschiede zwischen den ein-
zelnen Ländern angeht, sind sie frei in ihrer Entschei-
dung, wo sie ihren Wohnsitz nehmen.

Natürlich können Sie sagen, es besteht die Möglich-
keit, die deutsche Staatsangehörigkeit abzugeben. Das
ist richtig. Dann sind sie nicht mehr steuerpflichtig.
Dann sind wir ihnen gegenüber in bestimmten Situatio-
nen aber auch nicht mehr verpflichtet. Das wird jedoch
ein ganz kleiner Teil sein. In den USA hat sich übrigens
nach kurzer Zeit herausgestellt, dass schon 30 Prozent
der US-Bürgerinnen und -Bürger im Ausland diese Steu-
erdifferenz bezahlen. Die USA sind also einen guten
Schritt weitergekommen; das macht ziemlich viele Mil-
lionen Dollar aus, die das Land zusätzlich erhält.

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(C (D Auch wir brauchen dieses Geld. Ich fände es richtig, en sehr gut Verdienenden und den Reichen zu signaliieren: Zieht hin, wohin ihr wollt, bleibt deutsche Staatsngehörige, ihr habt eure Rechte in Anspruch genomen, ihr habt von den Steuergeldern anderer gelebt, auch as ist in Ordnung. Aber wir verlangen von euch die Diferenz, nicht mehr und nicht weniger. – Dann sind wir ei der Bestimmung des Spitzensteuersatzes viel eigentändiger, weil wir auf das Argument der Steuerflucht iesbezüglich keine Rücksicht mehr zu nehmen brauhen. Danke. Das Wort hat jetzt die Kollegin Antje Tillmann von er CDU/CSU-Fraktion. Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kolle en! Herr Dr. Gysi, Sie haben sehr ausführlich eine elbstverständlichkeit beschrieben. Denn Sie haben geagt, dass Sie es gerecht finden, wenn Gutverdienende, ie den deutschen Staat während ihrer Ausbildung in nspruch genommen haben, ihm einen Teil der Kosten rstatten sollten. Dieser Selbstverständlichkeit können lle Kolleginnen und Kollegen zustimmen. Diesen Punkt tellt keiner infrage. In Ihrem Antrag mit dem Titel „Steuerflucht wirksam ekämpfen“ gehen Sie ähnlich vor. Darin erwecken Sie en Eindruck, als könne man durch die schlichte Umtellung bei der Besteuerung vom Wohnsitzprinzip auf as Staatsangehörigkeitsprinzip die reichen, abzokenden Steuerpflichtigen, die durch deutsche Steuergeler groß geworden sind, zur Besteuerung im Inland wingen. Anderthalb Seiten widmen Sie diesem Thema. eider haben Sie der Frage der Umstellung in Ihrer Rede icht eine Minute gewidmet. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1606311900

(Beifall bei der CDU/CSU)

Antje Tillmann (CDU):
Rede ID: ID1606312000

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


In dem ersten Teil der Begründung Ihres Antrages be-
chäftigen Sie sich ausschließlich mit solchen Personen,
ie schon jetzt mit ihrem Welteinkommen in Deutsch-
and einkommensteuerpflichtig sind. Sie beschreiben
ämlich nur Fälle von Steuerhinterziehung. Dass Steu-
rhinterziehung keiner von uns akzeptiert, ist auch völlig
lar. Woraus ziehen Sie also den Optimismus, dass die,
ie schon heute unter dem bestehenden System Steuern
interziehen, es bei einem Systemwechsel künftig nicht
ehr tun? Ich glaube, da spielt die Hoffnung bei Ihnen

ine größere Rolle als das Gesetz, das Sie heute verab-
chieden wollen.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Er will das nicht verstehen!)







(A) )



(B) )


Antje Tillmann
Sie wollen Deutsche im Ausland zu einem Wohnort-
wechsel mit der Begründung veranlassen, sie hätten
schließlich das Schul- und Hochschulsystem in Deutsch-
land in Anspruch genommen. Ein besseres Plädoyer für
Studiengebühren kann ich mir kaum vorstellen. In die-
sem Fall würde nämlich jeder, der diese Leistung in An-
spruch nimmt, dafür zahlen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Aber nun zu den einzelnen Gründen, warum ich die-
sen Systemwechsel trotz der ärgerlichen Fälle von Um-
zügen von Großverdienern in so genannte Steueroasen
für nicht sinnvoll halte. Der Systemwechsel ist nicht Ihre
Idee. Denn darüber wird schon diskutiert, seitdem wir
über das Steuerrecht reden.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: So ist es!)


Ganz viele Diskussionen haben das Ergebnis hervorge-
bracht, dass ein solches Vorgehen nicht sinnvoll ist. Ich
will Ihnen einige wenige Argumente dazu sagen.

Sie werden wohl nicht annehmen, dass die deutsche
Seite einseitig einen solchen Wechsel vollziehen kann.
Auch Sie werden völkerrechtliche Verträge nicht miss-
achten wollen; auch Sie kennen die Doppelbesteue-
rungsabkommen.


(Dr. Gregor Gysi [DIE LINKE]: Aber das EUGericht hat es schon erlaubt!)


– Es geht gar nicht um die Frage, ob es erlaubt ist, son-
dern darum, ob es sinnvoll ist. Ich werde Ihnen darlegen,
warum es nicht sinnvoll ist.

Wenn wir es tatsächlich schaffen sollten, in der EU
diesen Vorstoß zur Harmonisierung, den wir im Moment
im Bereich der Unternehmensteuer versuchen – damit
hat auch die Frage zu tun, ob die Besteuerung an das
Staatsbürgerschaftsrecht geknüpft werden sollte –, mit
Erfolg durchzusetzen, dann gäbe es auf einen Schlag
mehr als 3,8 Millionen zusätzliche Steuer- und Anrech-
nungsfälle in den deutschen Finanzbehörden. Denn all
diejenigen europäischen Ausländerinnen und Ausländer,
die in Deutschland wohnen und hier ihre Steuern zahlen,
hätten dann ein Recht darauf, dass die Steuern, die sie in
Deutschland zahlen, auf die Steuern in ihrer Heimat an-
gerechnet werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Die meisten dieser Fälle sind Lohnsteuerfälle. Das
heißt, es gibt zusätzliche 3,8 Millionen Akten in den Fi-
nanzämtern, in denen entsprechende Bescheinigungen
für die Finanzämter in den Heimatländern ausgestellt
werden müssen.


(Zuruf von der LINKEN: Ja und?)


Selbst wenn man der Meinung ist, dass es Sinn ergibt,
3,8 Millionen zusätzliche Steuerfälle zu schaffen, dann
muss man aber berücksichtigen, dass zu diesen
3,8 Millionen Fällen noch 1,5 Millionen Fälle hinzu-
kommen, in denen Deutsche ihren Wohnsitz im Ausland
haben. Diese Menschen können wir zurzeit, da sie keine
Einkünfte in Deutschland haben, auch nicht als be-
schränkt Steuerpflichtige führen. Damit wären wir schon

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(C (D ei 5,3 Millionen zusätzlichen Fällen, die von Finanzerwaltungen bearbeitet werden müssen. Wenn es sich abei nur um deutsche Vorgänge handeln würde, wäre es chon ein bürokratischer Hammer. Über die internatioalen Probleme in diesem Zusammenhang will ich erst ar nicht sprechen. Aber damit nicht genug. Sie sprechen nicht nur von uropäischen Ländern, in denen Sie Deutsche besteuern ollen, sondern Sie sprechen auch von Drittländern. enn es uns innerhalb der nächsten Jahre tatsächlich ge ingen sollte, über 90 Doppelbesteuerungsabkommen so u verändern, dass das Staatsangehörigkeitsprinzip in iese Abkommen aufgenommen wird, dann kämen zu en 5,3 Millionen neuen Steuerfällen, die ich gerade geannt habe, sehr schnell weitere 3 Millionen Fälle hinzu, ie aus allen Ländern der Welt kommen und die bis jetzt inkommensteuerpflichtig waren, aber künftig die Anechnung deutscher Steuern im Ausland begehren. Dait sind wir dann bei 8,3 Millionen zusätzlichen Steuer ällen. Die armen Finanzbeamten bearbeiten diese Fälle wir müssten einmal die dadurch entstehenden Kosten egenrechnen –, ohne dass es in den meisten Fällen zu teuerlichen Mehreinnahmen kommen würde. Denn aufrund der Steuern, die im Wohnsitzland gezahlt werden, erden keine Steuern in Deutschland anfallen. Herr Spieth, Sie können sich gerne melden. Dann kann ch Ihnen zuhören. Während ich rede, kann ich Sie aber ur schwer verstehen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Zuruf des Abg. Frank Spieth [DIE LINKE])


Nun zum Bürokratieaufwand. Sie haben das Bei-
piel USA genannt. Bei dem Doppelbesteuerungsab-
ommen zwischen Deutschland und den USA fällt auf,
ass der Passus, der sich mit Amtshilfe beschäftigt, der
ängste Passus ist. Ich will nur wenige Zitate aus diesem
bkommen anführen:

Auf entsprechendes Ersuchen der zuständigen Be-
hörde eines Vertragsstaates stellt die zuständige Be-
hörde des anderen Vertragsstaates,

jetzt kommt es –

wenn möglich, Informationen … in Form von …
Büchern, Kontoauszügen und Schriftstücken … zur
Verfügung.

Oder:

Jeder der Vertragsstaaten bemüht sich, für den an-
deren Vertragsstaat … Steuerbeträge zu erheben.

Absolut am besten finde ich:

Ersucht ein Vertragsstaat … um Informationen, so
beschafft der andere Vertragsstaat die Informatio-
nen … auf die gleiche Weise und im gleichen Um-
fang, als handele es sich bei der Steuer des erstge-
nannten Staates um eine Steuer des anderen Staates.






(A) )



(B) )


Antje Tillmann
Liebe Kollegen, diese Regelungen stehen in einem
DBA mit den USA. Das ist ein Staat, der mit seiner Bü-
rokratie und mit seinen Steuerflucht- und Steuerhinter-
ziehungsproblemen mit der Bundesrepublik einigerma-
ßen vergleichbar ist. Ich stelle mir gerade ein DBA mit
einem Staat vor, der ganz offen für sich als Steueroase
wirbt, und welches die Formulierung enthält: Der Staat
zieht die Steuern genauso ein wie bei eigenen steuer-
pflichtigen Bürgern. Ja, dann können wir nicht mit vie-
len Steuereinnahmen rechnen; denn genau damit werben
diese Staaten.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Ich erinnere noch einmal an die Zielgruppe, die wir
alle gemeinsam zur Steuerzahlung bringen wollen. Wir
wollen nicht den ehrlichen Familienvater, der aus beruf-
lichen Gründen ins Ausland zieht, knebeln und mit zu-
sätzlichen Bürokratiekosten belasten. Ich nehme an, das
wollen Sie auch nicht. Wir meinen auch nicht die freund-
liche Studentin, die sich im Studium verliebt und dann
im Ausland bleibt. Wir reden von denen, die sich überall
auf der Welt die Rosinen aus dem Kuchen picken und
die Solidarität nicht einmal buchstabieren können. Wie
Sie gegen Steuerhinterziehungen vor allem angesichts
der Doppelbesteuerungsabkommen vorgehen wollen,
bleibt die Frage. Meiner Meinung nach ist das mit Ihrem
System nicht möglich.

Selbst wenn wir es trotz all der bürokratischen
Schwierigkeiten, die ich eben angesprochen habe, schaf-
fen, einen Steuerbescheid zu erlassen – in den meisten
Fällen ist es sehr unwahrscheinlich, dass dann tatsäch-
lich für den deutschen Fiskus noch Steuern dabei heraus-
kommen –, so bleibt die Durchsetzung des Steueran-
spruchs verdammt schwer. Ich zitiere hierzu Professor
Dr. Peter Fischer, Vorsitzender Richter am Bundesfi-
nanzhof, aus der Anhörung zum SEStEG zur Frage
Amtshilfe im Ausland: Was dies bedeutet, wird klar,
wenn man allein daran denkt, dass das Verfolgen eines
Steueranspruchs ins Ausland bereits daran scheitern
könnte, dass wir in den einzelnen EU-Staaten über den
diplomatischen Verkehr Finanzverwaltungsakte schi-
cken müssen. Im Verhältnis zu Polen dauert das zwei
Jahre.

Hier geht es nur um die Zusendung der Bescheide.
Man kann sich vorstellen, wie viel schwieriger es ist,
eine Vollstreckung im Ausland durchzuführen. In ganz
vielen Fällen werden wir hier keine weiteren Möglich-
keiten haben.

Wir alle haben das gleiche Ziel. Wir wollen, dass
Leistungsfähige in dieser Gesellschaft ihren Beitrag leis-
ten. Wir wollen, dass sie dieser Gemeinschaft ein biss-
chen von dem, was der Staat ihnen an Rechtssicherheit,
Freiheit, Gesundheitsfürsorge oder Bildung gegeben hat,
in dem Augenblick, in dem sie selber leistungsfähig
sind, wieder zurückgeben. Lassen Sie uns gemeinsam
mit allen rechtsstaatlichen Mitteln, die uns das Steuer-
recht gibt, gegen die Unbelehrbaren vorgehen. Wir sind
aktuell dabei. Wir sind dabei, im Rahmen des SEStEG
Wegzugsbesteuerungen einzuführen. Wir sind im Au-
ßensteuerrecht dabei, auf das deutsche Besteuerungs-

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(C (D echt zu achten. Wir werden mithilfe der durch die neue nternehmensteuerreform eingeführten Zinsschranke ewinnverlagerungen ins Ausland verhindern und wir erden auf EU-Ebene weiter versuchen, dieses Problem n den Griff zu bekommen. Wir haben Mittel. Der Rechtsstaat braucht nicht zu apitulieren. Lassen Sie mich aber an diejenigen, die im runde zu diesem Sozialsystem Deutschland stehen, saen: In der Regel sind Reiche nicht die Tennis spielenen Erben, die nicht wissen, was Arbeit ist. In den meisen Fällen sind Reiche und Gutverdiener die, die viel rbeiten, häufig hohe Risiken eingehen und unsere Geellschaft noch ein ganzes Stück weiterbringen können. enn wir diesen Menschen – wie Sie es vorhaben – dau rhaft 50 bis 60 Prozent ihres Einkommens wegnehmen, ann brauchen wir uns – so glaube ich – auch nicht zu undern, wenn sie diesem Rechtsstaat den Rücken keh en. eistung und das, was man behalten darf, müssen im leichgewicht stehen. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


(Zurufe von der LINKEN)


Deshalb sollten wir uns auf die Missbrauchstatbe-
tände konzentrieren, die Sie eben so schön im Einzel-
en dargestellt haben. Wir haben die rechtlichen Mög-
ichkeiten. Durch die von Ihnen gezeigten Verfahren
ird deutlich, dass wir das Handwerkszeug dazu haben.
assen Sie uns nicht den Weg einschlagen, den Sie vor-
estellt haben. Dieser wird nicht zu mehr Steuereinnah-
en, sondern nur zu mehr Bürokratiekosten führen. Des-

alb halten wir das nicht für sinnvoll.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1606312100

Jetzt hat der Kollege Carl-Ludwig Thiele von der

DP-Fraktion das Wort.


(Beifall bei der FDP)



Carl-Ludwig Thiele (FDP):
Rede ID: ID1606312200

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten

olleginnen und Kollegen! Mit diesem von der Fraktion
ie Linke eingebrachten Antrag soll die Bundesregie-

ung aufgefordert werden, das Außensteuerrecht so zu
eformieren, dass deutsche Staatsangehörige unabhängig
on ihrem Wohnsitz oder ihrem gewöhnlichen Aufent-
alt mit ihrem gesamten Einkommen – also mit ihrem
elteinkommen – unbeschränkt steuerpflichtig sind.

Zur Begründung Ihres Antrages kann ich Ihnen, Herr
ysi, nur sagen: Es stimmt, dass vor allem einige beson-
ers gut verdienende Sportlerinnen und Sportler, Künst-
erinnen und Künstler, Unternehmerinnen und Unterneh-

er sowie andere Personen die Bundesrepublik
eutschland verlassen, um sich zum Beispiel in der
chweiz, in Liechtenstein oder Monaco niederzulassen.
us Sicht der FDP kann ich nur anmerken: Österreich






(A) )



(B) )


Carl-Ludwig Thiele
sollten Sie in Ihren Antrag noch aufnehmen; dieses Land
haben Sie wahrscheinlich übersehen.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Haben sie noch nicht im Fokus!)


Da die Linkspartei in der Begründung ihres Antrages
hervorhebt, dass es sich bei dem angegebenen Wohnsitz
nicht selten um einen Scheinwohnsitz handelt, und inso-
fern auf einen erfolgreichen deutschen Tennisspieler hin-
weist, der in 2002 für Schlagzeilen sorgte, darf festge-
stellt werden, dass es sich in diesem Fall wohl um
Missbrauch handelte


(Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Richtig!)


und dieser Missbrauch als Steuerhinterziehung ange-
klagt und geahndet wurde. Insofern sollten Sie auch die-
sen Passus Ihres Antrages überprüfen; denn in diesem
Fall wurde das Recht falsch genutzt und der Fiskus hatte
entsprechende Zugriffsmöglichkeiten. Der Missbrauch
wurde geahndet. Dies ist also aus meiner Sicht kein Ar-
gument für Ihr Anliegen. Wenn jemand gegen Gesetze
verstößt, dann hat der Staat die Möglichkeit, gegenüber
demjenigen, der gegen Gesetze verstoßen hat, tätig zu
werden.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Für den Geltungsbereich des Einkommensteuergeset-
zes gilt der fundamentale Unterschied zwischen unbe-
schränkter und beschränkter Steuerpflicht. Unbe-
schränkt steuerpflichtig sind diejenigen Personen, die
ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland
haben. Anknüpfungspunkt für die unbeschränkte Steuer-
pflicht ist also die Ansässigkeit in der Bundesrepublik
Deutschland und nicht die Staatsangehörigkeit. Besteu-
ert werden die inländischen und die ausländischen Ein-
künfte. Das heißt, Deutschland legt bei der Besteuerung
schon derzeit das Welteinkommen zugrunde. Im Rah-
men von Doppelbesteuerungsabkommen verzichtet
Deutschland jedoch in weitem Umfang auf die Belas-
tung der kompletten Beträge, sodass das Welteinkom-
mensprinzip wesentliche Durchbrechungen erfährt.

Es gibt aber zum Beispiel den Progressionsvorbe-
halt. Das heißt, die in anderen Ländern gezahlten Steu-
ern werden freigestellt und diese Einkünfte müssen hier
nicht mehr versteuert werden. Aber dieses im Ausland
erzielte Einkommen wird bei der Ermittlung des Steuer-
satzes zur deutschen Bemessungsgrundlage addiert. Der
Bürger wird dann in Deutschland mit einem höheren
Steuersatz, also nach seiner tatsächlichen Leistungsfä-
higkeit, besteuert. So ist das derzeitige Recht.

Eine Anknüpfung der unbeschränkten Steuerpflicht
an die Staatsangehörigkeit ist allerdings, auch wenn Sie
das Beispiel Amerika zu Recht erwähnen, die absolute
Ausnahme auf dieser Welt. Nur in den Vereinigten Staa-
ten und in Liberia gilt das Staatsangehörigkeitsprinzip.
Liberia als Beispiel für die von Ihnen in Ihrer Rede dar-
gestellten etwas populistischen Forderungen heranzuzie-
hen, ist etwas zweifelhaft. Denn ich weiß nicht, wie stark
die diplomatische Kraft Liberias ist, für seine Staatsbür-

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(C (D er tätig zu werden. Die USA und Liberia wenden dieses rinzip also an. Sie agieren anders als wir. Wir agieren im europäischen Gesamtkontext. Würden ir so vorgehen, wie Sie es vorgeschlagen haben, würde ies dazu führen, dass man an dieser Stelle einen enoren Verwaltungsaufwand hätte. Alle Doppelbesteue ungsabkommen müssten neu verhandelt werden, wobei ch sage: Wenn das prinzipiell überall gelten soll, könnte an darüber reden. Aber man sollte sich natürlich über ie Konsequenzen im Klaren sein; deshalb spreche ich iese an. Es wäre also verwaltungsmäßig sehr schwierig. Es äre auch schwierig, ein solches Prinzip gegenüber aneren Ländern durchzusetzen. Denn andere Länder üssten dem deutschen Fiskus entsprechende Mitteilun en machen, wenn der Steuerpflichtige selbst dies nicht acht. Aber da er keinen Wohnsitz in Deutschland hat, ird er dies vermutlich auch nicht tun. Sie hätten keine ernünftige Sanktionsmöglichkeit. Angesichts der Tatsahe, dass ein Recht entwickelt werden soll, das dann gar icht genutzt werden kann, müssten auch Ihnen als Jurist wir tragen eine ähnliche Frisur, Herr Kollege Gysi – ie Haare zu Berge stehen. enn wir Juristen finden es nie gut, wenn ein Recht entickelt wird, das dann überhaupt nicht angewandt weren kann. Zumindest dieses Argument müsste Sie übereugen. Ich bin der Auffassung – das ist der politisch wichtige unkt –, dass man nicht wieder den Weg, der in den letz en Jahren beschritten wurde und auch derzeit wieder bechritten wird, gehen kann, nämlich zu schauen, wo es issbrauch gibt, und dann den Missbrauch zu beschränen, weil das System an sich gut ist. Wir müssen feststelen, dass es im internationalen Wettbewerb Systeme ibt, die auch im Steuerrecht wettbewerbsfähiger sind ls wir. Deshalb brauchen wir eine Vereinfachung und erschlankung des Steuerrechtes sowie eine Senkung er Steuersätze bei Verbreiterung der Bemessungsgrundage. Warum sind denn die anderen Länder interessanter eworden? Weil sie Reformen durchgeführt haben. Ich öchte nicht, dass Menschen aus rein steuerlichen ründen Deutschland verlassen. Ich möchte, dass sie in eutschland bleiben. Ich möchte sogar, dass mehr Men chen nach Deutschland kommen. Dies dürfen sogar Öserreicher, Schweizer und auch Luxemburger sein. Sie ollen ruhig nach Deutschland kommen. Wenn sie ihren ohnsitz hier haben, werden sie hier steuerpflichtig. as setzt aber voraus, dass wir unser Land ein bisschen ttraktiver machen. Denn unser Land ist schön, wir haen eine Superinfrastruktur und eine tolle Bevölkerung. ir sollten viel mehr Menschen dazu bringen, ihren ohnsitz nach Deutschland zu verlegen. Das aber setzt eformen in unserem Lande voraus. Ihr Antrag ist leider her dazu angetan, diese Reformen aufzuschieben, als hnen zum Durchbruch zu verhelfen. Wir müssen die Menschen und auch Kapital in unser and locken. Deshalb begrüßen wir als FDP, dass die Carl-Ludwig Thiele schwarz-rote Koalition jetzt die Abgeltungssteuer in die Diskussion eingebracht hat. (Beifall des Abg. Leo Dautzenberg [CDU/ CSU])


(Heiterkeit bei der FDP und der CDU/CSU)





(A) )


(B) )



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1606312300

Herr Kollege Thiele!


Carl-Ludwig Thiele (FDP):
Rede ID: ID1606312400

Wir dürfen dem Kapitalabfluss aus Deutschland nicht

zusehen, sondern müssen Kapital nach Deutschland ho-
len, damit es hier versteuert wird und zu einer Erhöhung
des Steueraufkommens beiträgt.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1606312500

Das Wort hat jetzt die Kollegin Simone Violka von

der SPD-Fraktion.


Simone Violka (SPD):
Rede ID: ID1606312600

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Werte Gäste! Herr Gysi, Sie haben ein Pro-
blem angesprochen, das jedem Parlamentarier, der Wahl-
kreisarbeit macht, immer wieder begegnet. In großflä-
chigen Schlagzeilen in mehr oder weniger bekannten
Zeitungen wird immer wieder auf solche ungerechten
und unsozialen Fälle hingewiesen und gesagt, der Staat
müsse etwas machen. So etwas kommt natürlich immer
gut an.

Das ist auch Kern Ihres Antrages. Sie beschreiben das
zugrunde liegende Problem sehr ausführlich und sagen,
der Staat müsse etwas tun, wie Sie es bei vielen politi-
schen Themen machen. Sie versäumen es aber in Ihrer
etwas populistischen Art, die sich sehr einfach liest, ei-
nen vernünftigen Vorschlag zu machen, wie das Problem
beseitigt werden kann, ohne in einen bürokratischen
Wust zu verfallen, in politische Reflexe, die dem Kern-
problem überhaupt nicht dienlich sind.

Natürlich ist das, was Sie in Ihrem Antrag beschrie-
ben haben, ein Problem. Tatsächlich leiden viele nicht
darunter, dass das geltende Steuerrecht in diesen Fällen
nicht anwendbar ist – Herr Thiele ist gerade darauf ein-
gegangen –, sondern darunter, dass ein solches Verhalten
illegal ist. Von staatlicher Seite werden Verfahren wegen
Steuernachzahlungen eingeleitet, weil sich diese Men-
schen nicht nach deutschem Steuerrecht verhalten haben.
Dieses Problem wird aber auch durch ein solches Gesetz
nicht gelöst.

Sie haben die USA als Beispiel angeführt. Ich kann
Ihnen nur raten, sich einmal mit dem IRS in Verbindung
zu setzen und zu fragen, welche Probleme die USA mit
Steuerflüchtlingen haben, obwohl es dort ein derartiges
Gesetz gibt. Ein solches Gesetz hält die Menschen doch
nicht davon ab, Geld aus dem Land zu bringen, wenn sie
irgendwo eine Nische entdecken, egal ob sie sich da-
durch illegal verhalten oder nicht. Hier müssen Sie
gründlich trennen, Herr Gysi.

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(C (D (Dr. Gregor Gysi [DIE LINKE]: Wir geben doch unser Arbeitsund Sozialrecht auch nicht auf, nur wegen der Schwarzarbeit!)


s gibt Menschen, die sich illegal verhalten, und Men-
chen, die sich auf moralische Art und Weise nicht legal
erhalten. Menschen, die gut verdienen, stehlen sich aus
er Gesellschaft heraus, während sie sich gleichzeitig
on unserer Gesellschaft hochjubeln lassen. Das ist ein
esellschaftliches Problem.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Undine Kurth [Quedlinburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


ch möchte dieses Problem einfach einmal aufzeigen.
ann es sein, dass jemand, auch wenn er nicht gegen
echt und Gesetz verstößt, sich aber in eine gewisse
oralische Verfehlung begibt, hier zu einem Idol, zum
hrenbürger seiner Heimatstadt wird und ihn die ganze
esellschaft bejubelt?


(Beifall der Abg. Undine Kurth [Quedlinburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


as kann doch nicht sein. Wir alle sind verantwortlich
afür, eine gesellschaftliche Debatte darüber zu führen.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Undine Kurth [Quedlinburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Wir sollten auch unser Verbraucherverhalten auf
as Verhalten der Unternehmen abstimmen. Die Ver-
raucher sind gefragt, ob sie das Verhalten der Unterneh-
en mit ihrem Verbraucherverhalten unterstützen oder

anktionieren. Die Gesellschaft muss endlich wieder
reitflächiger denken, weg von den großen Überschrif-
en in Zeitungen, und sich einmal anschauen, was im
and passiert. Sie dürfen nicht auf der einen Seite kriti-
ieren, aber auf der anderen Seite die entsprechenden
anartikel kaufen, damit derjenige, der sein Geld im
usland versteuert, noch mehr Einkommen zur Verfü-
ung hat.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


arüber müssen wir einmal ehrlich reden.

Noch ein Punkt ist mir sehr wichtig. Nicht alle Men-
chen, die in diesem Land gut verdienen, sind Steuer-
lüchtige. Es gibt eine große Anzahl von Menschen in
nserem Land, egal ob sie selbstständig sind, ob sie
portler oder Künstler sind, ob sie vielleicht auch reiche
rben sind, die hier ihren Wohnsitz haben, hier Steuern
ahlen und nicht wenig Geld ausgeben, in diesem Staat
ls Mäzen, als Sponsor, als Spender oder als Stiftungs-
ründer sehr viel Gutes zu tun. Ich finde es nicht in Ord-
ung, wenn in einer solchen Debatte immer wieder Men-
chen, die viel Geld haben, automatisch irgendwelchen
ruppen zugeordnet werden. Damit tut man nämlich den
enschen, die sich in diesem Lande sehr vielseitig enga-

ieren, unglaublich Unrecht. Ich glaube, darüber sollte
an in unserer Gesellschaft einmal diskutieren.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Simone Violka
Zu Ihrem Antrag. Ich sehe darin keine praktikable Lö-
sung. Außer den USA – das wurde gerade angesprochen –
praktizieren nicht viele Länder diese Regelung. Auch
wenn es in den USA praktiziert wird, heißt das nicht,
dass dadurch das Problem hundertprozentig gelöst
würde. Herr Thiele, es hilft auch nicht, die Steuern im-
mer stärker zu senken, um Steuerflucht immer unattrak-
tiver zu machen. Wenn ein Mensch keinen moralischen
Anspruch hat, dann sind selbst 5 Prozent Steuern zuviel
für ihn, weil er diese 5 Prozent woanders sparen könnte.
Wir müssen endlich einmal an das Selbstverständnis und
an die Moral der Menschen appellieren. Wir müssen
wahrnehmen, dass in diesem Staat jeder sein Säckchen
zu tragen hat. Derjenige, der viel verdient, hat vielleicht
ein größeres zu tragen als derjenige, der wenig hat. Wir
müssen aber endlich einmal lernen, dass wir alle zu die-
sem Staat gehören.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Die Doppelbesteuerungsabkommen, die wir haben,
funktionieren sehr gut. Ich stelle es mir gruselig vor, mit
über 90 Staaten in neue Verhandlungen einzutreten.
Diese Staaten haben nämlich ihre eigenen Interessen und
warten nicht darauf, dass Deutschland mit solchen Ideen
kommt. Sie werden nicht mit offenen Armen dastehen
und sagen: Endlich, daran haben wir schon lange ge-
dacht. Diese Regelung würde das ganze System verkom-
plizieren.

Mich würde auch persönlich interessieren, wie Sie
sich das vorgestellt haben. Deutsche Staatsbürger, egal
wo sie wohnen, versteuern ihr Einkommen. Wenn sie es
im Ausland verdienen und dort versteuern, wird das an-
gerechnet. Die Differenz müssen sie in Deutschland zah-
len. Was ist denn, wenn die Steuerpflicht im Ausland hö-
her ist? Zahlt Deutschland die Differenz dann zurück?


(Dr. Gregor Gysi [DIE LINKE]: Das ist nur in Norwegen!)


– Dann ist es halt nur Norwegen. Sagen Sie mir doch
einmal, wo Sie diesen Fall in Ihrem Gesetzentwurf un-
tergebracht haben.


(Dr. Gregor Gysi [DIE LINKE]: Darüber können wir uns im Ausschuss unterhalten!)


– Herr Gysi, das glaube ich nicht. Das wird schwierig
werden, weil Sie nicht in unserem Ausschuss sind.

Um genau solche Fälle geht es. Auch andere Länder
werden ihre Besteuerung verändern. Was ist denn mit
den vielen Bürgerinnen und Bürgern, die in Deutschland
leben, aber keine deutsche Staatsbürgerschaft haben?
Was ist denn, wenn sie in ihrem Heimatland deutlich we-
niger Steuern zahlen müssen? Zahlt Deutschland dann
etwas zurück? Was machen Sie mit diesen Fällen? Herr
Gysi, das ist die Realität, mit der Sie sich auseinander
setzen müssen. Das sind die Probleme der Bürgerinnen
und Bürger, die Sie mit Ihrem Gesetzentwurf mit ins
Boot nehmen. Davon gibt es in Deutschland nicht nur ei-
nige, sondern verdammt viele. Damit muss man sich ein-
mal auseinander setzen.

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(C (D Ich muss ganz ehrlich sagen: Ich bewundere Ihr Gepür für „unbürokratische“ Gesetzesideen. Dieser Vorchlag ist ein Beispiel dafür, wie man Gesetze so unbüokratisch wie möglich entwickeln und anwenden kann. (Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Damit kennen die sich ja aus!)


Sie haben Recht. Damit kennen die sich aus –. Ich
ürde mich freuen, wenn Sie mir eine Statistik vorlegen
önnten, aus der sich auf den Cent genau ergibt, mit wel-
hem bürokratischen Aufwand Sie rechnen.


(Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Das Bürokratieargument gilt immer nur bei den Reichen! Bei Hartz IV spielt es nie eine Rolle!)


elche Einnahmen planen Sie ein? Das würde mich in-
eressieren. Ich glaube nämlich nicht, dass es unserem
eutschen Steuersystem besonders gut zu Gesicht
tünde, wenn wir unsere Beamtinnen und Beamten um
igtausende aufstocken müssten, um zu schauen, wie
iele Steuern in allen anderen Ländern der Welt gezahlt
erden.


(Beifall des Abg. Leo Dautzenberg [CDU/ CSU])


Die rechtliche Ausgestaltung würde mich ebenfalls
nteressieren. Soll Deutschland dann per Strafbefehl in
er Schweiz oder in Liechtenstein Steuern einziehen?
as Problem ist: Recht zu haben, ist schön; Recht zu be-
ommen, ist aber etwas anderes.


(Dr. Gregor Gysi [DIE LINKE]: Das ist ganz unproblematisch!)


ch weiß, was jetzt kommt: Die Menschen sind fällig,
enn sie wieder nach Deutschland zurückkommen. Ich
laube nur nicht, dass viele wiederkommen werden,
err Gysi. Das ist das Problem. Frau Tillmann hat ge-

ragt, ob Sie die Studentin, die sich in Frankreich ver-
iebt hat, bestrafen wollen. Herr Gysi sagte hinter mir:
Nein, die meinen wir nicht!“ Genau diese Studentin ist
ber betroffen, weil sie in Frankreich lebt. Herr Gysi, ob
ie das nun wollten oder nicht: Von diesem Gesetz wäre
ie betroffen.

Meine Fraktion hat kein Verständnis für eine so un-
raktikable Lösung. Ich plädiere dafür, dass wir das Pro-
lem und vor allem den gesellschaftlichen Aspekt in der
ffentlichkeit diskutieren. Bestimmte Dinge dürfen ein-

ach nicht mehr passieren und sollten nicht mehr passie-
en können. Wir müssen mit unseren bestehenden Mög-
ichkeiten die vorhandenen Fälle konsequent verfolgen.

ir dürfen sie nicht unter den Teppich kehren oder Am-
estien vornehmen. Ich glaube, das sind wir den Men-
chen, die ihre Steuern in Deutschland regulär zahlen,
chuldig. Wir sollten nicht in politische Reflexe verfal-
en und glauben, dass wir ein Problem einfach per Ge-
etz lösen könnten und die Welt dann in Ordnung wäre.
err Gysi, Sie wissen genau, wie ein anderer Staat, den
ie sehr gut kennen, das Problem der Abwanderung von
achkräften zu lösen versucht hat. Doch auch die Mauer
at nicht geholfen. Genauso wenig hilft Ihr heutiger Vor-
chlag Deutschland, seine Steuerflüchtigen in den Griff
u bekommen.






(A) )



(B) )


Simone Violka

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1606312700

Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Gerhard Schick

von Bündnis 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich
glaube, die meisten hier im Raum sind sich einig, dass
der vorliegende Vorschlag nichts taugt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Was vorgeschlagen wird, ist nicht administrierbar, und
wir bekommen genau dasselbe Problem wie an anderer
Stelle auch: dass im Gesetz etwas steht, was nicht durch-
setzbar ist. Das widerspricht dem Grundsatz der gleich-
mäßigen Besteuerung und hätte deshalb vor dem Bun-
desverfassungsgericht keinen Bestand. Solche Gesetze
zu machen, gibt keinen Sinn, sondern führt nur zu noch
mehr Frustration. Sie beklagen zu Recht, dass viele, be-
sonders reiche Menschen sich aus unserem Land verab-
schieden und ihren Wohnsitz der Steuer wegen verlegen.
Das ist natürlich eine moralische Frage. Aber, Frau Vi-
olka, mit einem Appell unsererseits ist es nicht getan.
Wenn wir der Empörung in unserer Gesellschaft gerecht
werden wollen, müssen wir konkrete Veränderungen in
unserem Land vornehmen. So weit würde ich auch
Herrn Thiele zustimmen, der gesagt hat, man kann nicht
bloß zuschauen und warme Worte verlieren, sondern
man sollte auch etwas tun. Aus der großen Koalition war
an konkreten Vorschlägen nicht viel und nichts Substan-
zielles zu hören. Ich würde deswegen gern ein paar kon-
krete Vorschläge machen, was man tun könnte:

Stichwort Anrechnung. Wir sind für den Wechsel zur
Anrechnungsmethode, aber nur bei Menschen, die ihren
Wohnsitz in Deutschland haben; hier ist es administrier-
bar. Wenn wir den Progressionsvorbehalt berücksichti-
gen können, können wir auch eine Anrechnung vorse-
hen. Das wäre schon etwas, um Steuerflucht zu
bekämpfen.

Zweitens müssen wir auf der Ebene der Europäischen
Union darauf hinarbeiten, das Erfordernis der Einstim-
migkeit in Steuerfragen zu überwinden, damit wir die
Steueroasen, die sich in der Europäischen Union befin-
den, sinnvoll bekämpfen und die Amtshilfe verbessern
können. Das müssen wir dringend tun. Denn das Legiti-
mationsdefizit der Europäischen Union hat auch damit
zu tun, dass die Menschen sie nicht als einen Ort der Lö-
sung solcher Gerechtigkeitsfragen, wie wir sie gerade
diskutieren, empfinden. In diese Richtung muss gerade
während der Präsidentschaft der Bundesrepublik
Deutschland im Europäischen Rat Entscheidendes pas-
sieren.

Frau Tillmann, Sie haben im Hinblick auf die Vor-
schläge der Linkspartei von einem bürokratischen Ham-
mer gesprochen. Ich stimme Ihnen zu: Das geht so nicht.
Aber es gibt einen weiteren bürokratischen Hammer, den

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(C (D nsbesondere Ihre Partei ständig verteidigt und der ein rund dafür ist, dass wir unser Steuerrecht auch bei uslandssachverhalten nicht richtig durchsetzen könen: der Riesenapparat von 16 Landessteuerverwaltunen. Auch deshalb können wir den inländischen Bezug on Auslandssachverhalten nicht richtig ermitteln. Wir ollten in dieser Richtung weiterkommen, wir sollten in eutschland verändern, was wir in Deutschland veränern können, (Beifall bei Abgeordneten der FDP sowie der Abg. Dr. Barbara Höll [DIE LINKE])


m nicht beim Appell zu bleiben, sondern in der Sub-
tanz weiterzukommen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1606312800

Herr Kollege Schick, erlauben Sie eine Zwischen-

rage der Kollegin Tillmann?


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Ja.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1606312900

Bitte schön, Frau Tillmann.


Antje Tillmann (CDU):
Rede ID: ID1606313000

Herr Kollege Schick, teilen Sie mit mir die Auffas-

ung, dass in Deutschland für jedes ausländische Land
ereits eine Steuerbehörde zuständig ist und dass eine
ögliche Zersplitterung der Zuständigkeit auf die

6 Steuerverwaltungen mit dem Föderalismusbegleitge-
etz schon erheblich eingeschränkt wurde? Teilen Sie
it mir darüber hinaus die Auffassung, dass der Bund

ie Kosten für eine bundeseinheitliche Steuerverwal-
ung – Bundespensionen und IT-Kosten – im Moment
ar nicht schultern kann?


(Zuruf von der CDU/CSU: Ein klares Ja oder Nein!)



(BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Zum zweiten Punkt zuerst: Natürlich muss man die

rage, wie der Übergang zu gestalten ist, ausdiskutieren.
olche Praktikabilitätsprobleme haben wir auch bei an-
eren Bund-Länder-Angelegenheiten lösen können.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Eine Frage des Geldes!)


Hinsichtlich Ihrer ersten Frage ist es so: Auch wenn
s eine jeweilige Zuständigkeit gibt, schaffen es die
teuerbehörden doch nicht einmal bei Umzügen im In-

and, rechtzeitig zu koordinieren; das werden Ihnen alle
estätigen, die in der Steuerverwaltung arbeiten. Das ist
in wesentlicher Grund dafür, dass wir auch bei Aus-
andssachverhalten nicht richtig ermitteln können.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Es war vom Ausland die Rede, Herr Kollege, nicht vom Inland!)







(A) )



(B) )


Dr. Gerhard Schick
– Richtig, es geht aber immer um einen inländischen Be-
zug. Wenn Sie eine Wegzugsbesteuerung einführen wol-
len, dann brauchen Sie eine entsprechende inländische
Basis. Das gilt auch, wenn Sie das Anrechnungsverfah-
ren durchsetzen wollen und insbesondere bei allen Fäl-
len von Steuerhinterziehung.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner)


Ich fordere die Linkspartei auf, nicht nur populisti-
sche Anträge ins Plenum einzubringen,


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Der Gysi ist ja nicht mehr da!)


sondern Änderungsanträge, die konkrete Probleme lö-
sen. Heute diskutieren wir zum Beispiel noch einmal
über das SEStEG, in dem es um die Wegzugsbesteuerung
geht, und auch bei der Befassung mit den Doppelbesteu-
erungsabkommen haben Sie dazu die Möglichkeit. Ich
würde mich freuen, wenn es dann Substantiierteres von
Ihnen gäbe.

Danke.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Es wäre schön, wenn Herr Gysi hier bleiben würde, wenn darüber debattiert wird!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1606313100

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 16/2524 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 7 auf:

– Zweite und dritte Beratung des von der Bun-
desregierung eingebrachten Entwurfs eines
Ersten Gesetzes zur Änderung des Vorläufi-
gen Tabakgesetzes

– Drucksache 16/1940 –

– Zweite und dritte Beratung des von den Abge-
ordneten Ulrike Höfken, Birgitt Bender,
Dr. Harald Terpe, weiteren Abgeordneten und
der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ-
NEN eingebrachten Entwurfs eines Ersten Ge-
setzes zur Änderung des Vorläufigen Tabak-
gesetzes

– Drucksache 16/1068 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbrau-
cherschutz (10. Ausschuss)


– Drucksache 16/3201 (neu)

Berichterstattung:
Abgeordnete Kurt Segner
Dr. Marlies Volkmer

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(C (D Hans-Michael Goldmann Dr. Kirsten Tackmann Ulrike Höfken Ich weise darauf hin, dass ein Entschließungsantrag er Fraktion der FDP vorliegt, der sich auf beide geannten Gesetzentwürfe bezieht. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre einen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Parlaentarische Staatssekretär Dr. Gerd Müller. Dr. Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und erren! Es geht jetzt um ein möglicherweise tödliches hema; denn „Rauchen kann tödlich sein“. (Detlef Parr [FDP]: Jetzt bleiben Sie aber bei einer sachlichen Diskussion, Herr Kollege!)

Dr. Gerd Müller (CSU):
Rede ID: ID1606313200

as steht auf den Packungen und das sollten wir ernst
ehmen.

Mit dieser Thematik beschäftigen sich nicht nur die
undesregierung und dieses Parlament, sondern auch
ie Europäische Union. Heute geht es unter anderem um
ie Umsetzung der Tabakwerberichtlinie – das ist der
ktuelle Anlass –, welche die EU-Kommission bis zum
1. Juli 2006 von uns gefordert hat. Die Bundesregie-
ung hat beim EuGH Klage gegen die Tabakwerbericht-
inie erhoben; denn wir bestreiten die Rechtskompetenz
er Europäischen Union, in diesem Sektor tätig zu wer-
en. Bei dieser Rechtsauffassung bleiben wir nach wie
or.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Es zeigt sich immer mehr, dass die Europäische
nion – dabei ist der Europäische Gerichtshof das
achtzentrum – Regelungskompetenzen an sich zieht,

hne dass es dafür eine Rechtsgrundlage gibt. Natürlich
üssen wir uns aber dem Spruch des EuGH unterwer-

en. Nachdem nun der Schlussantrag des Generalanwalts
orliegt, müssen wir von einer Abweisung der Klage
usgehen. Deshalb schlagen wir vor, die EU-Richtlinie
ins zu eins umzusetzen. Wir müssen dabei beachten,
ass die Tabakwerberichtlinie das grundsätzliche Werbe-
erbot für Tabakerzeugnisse in Presse, Internet und
undfunk sowie ein Sponsoringverbot enthält. Dies ist
as eine Thema.

Rauchen bewegt uns in Deutschland und in diesem
arlament aber auch an anderer Stelle – dies ist ein da-
on unabhängiges Thema –, nämlich dann, wenn es um
en Nichtraucherschutz geht. Ich habe mir in meinem
üro vorhin noch eine andere Zigarettenschachtel ange-

chaut. Auf der steht:

Rauchen fügt Ihnen und den Menschen in Ihrer
Umgebung erheblichen Schaden zu.






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Dr. Gerd Müller

(Detlef Parr [FDP]: Guter Aufkleber! Das reicht aber für die Entscheidung jedes Einzelnen aus!)


Das ist ein Warnhinweis an Sie. Wir leben in einem
freien Land und es stellt sich natürlich die grundsätzliche
Frage nach der Eigenverantwortung.


(Detlef Parr [FDP]: So ist es!)


Wo endet die Freiheit des Einzelnen? Natürlich bestreitet
niemand dem Raucher das Recht, zu rauchen. Das soll
auch in Zukunft so sein. Aber die Freiheit des Rauchers
endet dort, wo sie die Gesundheit des anderen tangiert.
Deshalb arbeiten die Koalitionsfraktionen und die Bun-
desregierung an einem Nichtraucherschutzgesetz. Wir
sind der Meinung – davon sind wir ausgegangen –, dass
beim Nichtraucherschutz die Selbsteinsicht, die Eigen-
verantwortung und die Freiwilligkeit die ersten, die rich-
tigen und die wichtigsten Schritte wären.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Detlef Parr [FDP]: Eine gute Einsicht!)


– Ja.

An die Selbsteinsicht glaubt der Deutsche Bundestag
seit 1994. Jedes Jahr führen wir erneut eine solche De-
batte und treffen eine Entschließung.


(Detlef Parr [FDP]: Und jedes Jahr gibt es weniger Raucher!)


Heute, im Jahr 2006, müssen wir allerdings feststellen:
Selbsteinsicht und freiwillige Selbstbeschränkung zum
Schutz der Nichtraucher funktionieren nicht.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Detlef Parr [FDP]: Wieso? Es gibt doch jedes Jahr weniger Raucher!)


Nun ist Handeln angesagt. Ich bestätige, was Kollege
Binding von der SPD-Fraktion heute an die Öffentlich-
keit gebracht hat. Dazu möchte ich kurz Stellung neh-
men.

Wie also sehen die Eckpunkte dieses in den nächsten
Wochen und Monaten in den Fraktionen zu beratenden
Entwurfs eines Gesetzes zum Nichtraucherschutz aus?
Unser Ziel ist kein generelles Rauchverbot, sondern ein
wirksamer Nichtraucherschutz: Dein Rauch darf nicht
mein Rauch sein und meine Gesundheit tangieren.

Die Koalitionsfraktionen orientieren sich bei ihrer Ar-
beit an folgenden Eckpunkten – wir werben um Ihre Zu-
stimmung; denn letztlich sind wir auf die Zustimmung
dieses Hauses angewiesen –:

Erstens. Wir werden ein Rauchverbot in allen öffent-
lichen Einrichtungen des Bundes, der Länder und der
Kommunen vorschlagen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)


Auch in öffentlichen Verkehrsmitteln soll ein generelles
Rauchverbot gelten,

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(C (D (Detlef Parr [FDP]: Das ist doch schon längst Tatsache!)


s sei denn – diese Regelung muss für den Bürger nach-
ollziehbar sein –, es gibt abgetrennte und für das Rau-
hen ausgewiesene Räume. Ich glaube, das ist eine klare
otschaft für Raucher und betroffene Nichtraucher.

Der zweite Punkt betrifft die gastronomischen Be-
riebe. Das ist brisant und darüber wird in der Öffent-
ichkeit breit diskutiert. In Deutschland gibt es 250 000
astronomische Betriebe. Selbstverständlich streben wir
emeinsam mit ihnen eine praktikable und unbürokrati-
che Lösung an, auch im Interesse der 1 Million Mitar-
eiterinnen und Mitarbeiter und der vielen Millionen
äste in der Gastronomie.

In Speisewirtschaften soll ein Rauchverbot gelten,
icht jedoch in Schankwirtschaften. Eine solche Abgren-
ung, die sich auch im Gaststättenrecht findet, streben
ir gemeinsam an. Die Regel soll in Speisewirtschaften
as Rauchverbot sein; eine Ausnahme ist dann zu ma-
hen, wenn dafür vorgesehene, abgetrennte Räume be-
tehen. Das ist auch eine klare Botschaft an die Gastro-
omie.

Diese Eckpunkte werden wir in den nächsten Wochen
nd Monaten gemeinsam weiterentwickeln und darüber
nsbesondere mit der Gastronomie diskutieren müssen;
enn wir streben, wie gesagt, eine praktikable Lösung
n. Für die Bundesregierung bzw. die Koalitionsfraktio-
en stelle ich fest: Eine praktikable Lösung muss auch
ine wirksame Lösung sein. Im Mittelpunkt unserer Be-
ühungen steht das Ziel eines effektiven Nichtraucher-

chutzes. Es muss etwas passieren. Wir dürfen kein Ge-
etz auf den Weg bringen, in dem nur Andeutungen
emacht werden. Wir wollen einen effektiven Nichtrau-
her- bzw. Gesundheitsschutz. Es ist unbestritten, dass
auchen tödlich sein kann und dadurch auch Nichtrau-
her gefährdet werden. Ich lade Sie ein, diesen Weg in
en nächsten Wochen gemeinsam mit uns zu beschrei-
en.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1606313300

Nächster Redner ist der Kollege Dr. Edmund Peter

eisen, FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Edmund Peter Geisen (FDP):
Rede ID: ID1606313400

Verehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und

ollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit
cht Jahren bezweifeln die Bundesregierung und der
undestag die Rechtmäßigkeit der EU-Richtlinie zum
abakwerbeverbot. Nun – wenige Wochen vor dem ent-
cheidenden EuGH-Urteil – geht die Bundesregierung in
ie Knie und lässt im vorauseilenden Gehorsam ein Ge-
etz beschließen.

Ich frage Sie, werte Kolleginnen und Kollegen von
er Koalition: Warum dies? – Die angeblich drohenden
trafzahlungen können es wohl nicht sein. Die haben Sie






(A) )



(B) )


Dr. Edmund Peter Geisen
schließlich in Ihrer Begründung zum Gesetzentwurf ex-
plizit herausgestrichen; alle anderen Punkte sind wort-
gleich mit dem Antrag des Bündnisses 90/Die Grünen.
Die Bundesregierung muss sich fragen lassen, warum sie
mit der Klage damals nicht auch die Aussetzung des
Vollzugs beantragt hat.

Verehrter Herr Staatssekretär Müller, ich halte es auch
nicht für legitim, wenn Sie nun versuchen, von Ihrer
180-Grad-Drehung in der Sache abzulenken, indem Sie
die Umsetzung der Richtlinie mit dem Nichtraucher-
schutzgesetz begründen. Das sind zwei verschiedene
Paar Schuhe.


(Beifall bei der FDP – Detlef Parr [FDP]: Thema verfehlt, Herr Staatssekretär!)


Kann es sein, dass Sie damit gewisse Kreise in Ihrer
Koalition ruhig stellen wollen?


(Detlef Parr [FDP]: Klares Ja!)


Oder bedienen Sie sich etwa – wie viele andere auch –
des hochsensiblen Themas des Nichtraucherschutzes,
um populistisch über Ihren schlechten Gesetzentwurf
hinwegzutäuschen?


(Beifall bei der FDP – Widerspruch bei der SPD)


Wir sprechen heute über den Gesetzentwurf zur Än-
derung des Vorläufigen Tabakgesetzes; wir reden nicht
über ein Nichtraucherschutzgesetz. Bei dem vorliegen-
den Gesetzentwurf geht es um Werbeverbote und die
Kompetenzabgrenzung zwischen der EU und den Na-
tionalstaaten. Das ist der Grund, warum die damalige
Bundesregierung Klage vor dem EuGH erhoben hat.

Wissen Sie eigentlich, welche Konsequenzen Ihre Ge-
setzesinitiative hat? Der Bundesrat hat dies in seiner ab-
lehnenden Stellungnahme sehr deutlich gemacht: Ers-
tens wecken Sie Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Klage
und schmälern ihre Erfolgsaussichten. Zweitens verzich-
ten Sie ohne Not auf die Klärung einer Reihe von Zwei-
felsfragen durch die Urteilsbegründung. Das Urteil des
EuGH bzw. dessen Hinweise sollen also für Sie keine
Rolle spielen. Das nenne ich paradox.


(Beifall bei der FDP)


Die Eile, mit der diese Gesetzesänderung verabschie-
det wird, steht im krassen Widerspruch zu früheren Aus-
sagen des Agrarministers. Sie ist juristisch höchst zwei-
felhaft und hat nicht überschaubare Konsequenzen.

Hatte Minister Seehofer nicht noch Ende letzten Jah-
res verkündet, man werde das Urteil des EuGH abwar-
ten, bevor man die strittige Tabakwerberichtlinie in
Gesetzesform gießt, und dies mit dem Subsidiaritäts-
prinzip begründet? Hatte nicht Ihre Bundesregierung,
meine Damen und Herren der SPD, die Klagen selber
eingereicht, übrigens mit Rückendeckung der grünen
Ministerin? Lieber Peter Bleser, hatte nicht die damalige
Oppositionsfraktion der CDU/CSU 2003 einen Antrag
eingebracht, in dem die Bundesregierung aufgefordert
wurde, zu klagen? Jetzt plötzlich scheinen regierungsin-
terne Gründe all diese berechtigten Bedenken vom Tisch
zu wischen.

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(C (D Die FDP wendet sich grundsätzlich gegen EU-Werbeerbote für legale Produkte. Die Gründe dafür sind ersens die Verbraucherbevormundung und zweitens das ubsidiaritätsprinzip. Eine Wirtschaft ohne Werbung ist ine tote Wirtschaft. Dazu gibt es viele Beispiele aus der ergangenheit. (Beifall bei der FDP – Detlef Parr [FDP]: Das ist vielleicht gewollt!)


Das Tabakwerbeverbot ist unserer Meinung nach nur
er Beginn für Werbeverbote in anderen Bereichen. Ich
enke dabei an Alkohol, Süßwaren und Automobile. Das
st kein Verbraucherschutz; das ist Verbraucherbevor-
undung.


(Detlef Parr [FDP]: Zwangsbeglückung!)


ir gehen stattdessen vom mündigen Verbraucher aus,
en man nicht vor sich selber schützen muss.

Natürlich gelten für Kinder und Jugendliche andere
egeln.


(Dr. Marlies Volkmer [SPD]: Welche denn? Sie machen die Augen zu!)


ier ist aber auch die Wirtschaft in der Pflicht. In diesem
usammenhang werden wir auch noch über das Nicht-

aucherschutzgesetz diskutieren.

Im Kern geht es bei der Umsetzung des Tabakwerbe-
erbots um die grundsätzliche Kompetenzabgrenzung in
er EU nach dem Subsidiaritätsprinzip. Es geht um die
rüsseler Regelungswut. Auch das Bundesverfassungs-
ericht verfolgt diese Entwicklung aufmerksam. Sie
erden noch davon hören. Die FDP hat sich immer da-
egen gewehrt, unsere Gesellschaft bis ins Detail durch-
uregeln und zu bevormunden. Auch Aufklärungskam-
agnen und gesellschaftlicher Druck zeigen Wirkung,
ie Sie wissen, und führen immer häufiger zu freiwilli-
en Einschränkungen und Selbstverpflichtungen.

Aus all diesen Gründen lehnt die FDP-Fraktion den
esetzentwurf der Bundesregierung sowie den de facto

dentischen Gesetzentwurf von Bündnis 90/Die Grünen
b. Wir bitten Sie, meine Damen und Herren des Deut-
chen Bundestages, eindringlich um Zustimmung zu un-
erem Entschließungsantrag.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1606313500

Das Wort hat die Kollegin Dr. Marlies Volkmer, SPD-

raktion.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Marlies Volkmer (SPD):
Rede ID: ID1606313600

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Die meisten Zwölfjährigen rauchen. Der Rest ist bereits
u betrunken, um die Packung zu öffnen.“


(Detlef Parr [FDP]: Aber nicht, weil sie beworben wurden!)







(A) )



(B) )


Dr. Marlies Volkmer
Dies ist ein „echter Harald Schmidt“ und beleuchtet
schlaglichtartig das Problem. Zunehmend mehr Kinder
und Jugendliche rauchen viel früher. Viel zu viele Kin-
der und Jugendliche rauchen. Sie rauchen nicht eine Zi-
garette irgendwo hinter einer Hecke, sondern mehr oder
weniger öffentlich und regelmäßig. Das Rauchen von
Kindern und Jugendlichen wird dadurch begünstigt, dass
sie tagtäglich rauchenden Erwachsenen und Zigaretten-
werbung begegnen und dass sie bislang ungehindert Zu-
gang zu Zigarettenautomaten haben. Das muss bei Kin-
dern und Jugendlichen den Eindruck erwecken: Rauchen
ist etwas Normales, vielleicht sogar etwas Erstrebens-
wertes. Dem müssen wir entgegentreten.

Wir können gar nicht oft genug sagen, dass Tabak,
auch wenn er eine legale Droge ist, Sucht erzeugt. Ziga-
rettenrauchen ist heute das größte vermeidbare Gesund-
heitsrisiko. Insbesondere Zigarettenrauch führt zu
schwerwiegenden Erkrankungen wie Krebserkrankun-
gen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Atemwegser-
krankungen. Es ist nicht zu rechtfertigen, dass man Wer-
bung für ein solches Produkt macht. Daher begrüßen wir
es außerordentlich, dass nun die europäische Tabakwer-
berichtlinie auch in Deutschland umgesetzt wird.

Ich möchte einige Punkte erwähnen, die in der
Tabakwerberichtlinie geregelt sind. Diese Richtlinie
verbietet, für Tabakerzeugnisse in der Presse oder ande-
ren gedruckten Erzeugnissen zu werben. In dem Um-
fang, in dem Werbung in der Presse verboten ist, ist sie
auch im Internet verboten. Unternehmen, deren Haupttä-
tigkeit Herstellung oder Verkauf von Tabakerzeugnissen
ist, ist es untersagt, ein Hörfunkprogramm zu sponsern.
Es ist der Tabakindustrie des Weiteren verboten, eine
Veranstaltung oder Aktivität zu sponsern, die grenzüber-
schreitende Wirkung hat, zum Beispiel die Formel 1.
Hörfunk- und Fernsehwerbung sind in Deutschland
schon seit 1975 verboten.

Das Gesetz wird dazu beitragen – ich gehe mit Si-
cherheit davon aus, dass wir den Gesetzentwurf heute
beschließen –, dass wir das Rauchen in Deutschland ein-
dämmen und die schädlichen Folgen des Passivrau-
chens zurückdrängen. Der Tabakrauch enthält über
4 800 verschiedene Substanzen. Bei über 70 Substanzen
ist nachgewiesen, dass sie krebserregend sind oder in
Verdacht stehen, Krebs zu erzeugen. Die chemische Zu-
sammensetzung des Passivrauchs, also des Nebenstroms
der Zigarette, gleicht qualitativ der des Tabakrauchs.


(Detlef Parr [FDP]: Auch das stimmt nicht! Das Kondensat wird gar nicht vom Passivraucher eingeatmet!)


– Herr Parr, das stimmt sehr wohl. Sie ignorieren typi-
scherweise wieder Tatsachen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Für die im Passivrauch enthaltenen Kanzerogene kön-
nen keine Wirkungsschwellen definiert werden, unter-
halb deren keine Gesundheitsgefährdung zu erwarten
wäre.

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(C (D Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des ollegen Parr? Ich möchte meinen Satz gerne zu Ende bringen. – uch kleinste Belastungen durch Tabakrauch können ur Entwicklung von Tumoren beitragen. Bitte schön, Herr Parr. Frau Kollegin Volkmer, wie beurteilen Sie denn die euesten Ergebnisse einer Studie der Bundeszentrale für esundheitliche Aufklärung, in der festgestellt wird, dass ich der Trend in Deutschland, nicht zu rauchen, permaent fortsetzt, dass mittlerweile nur noch 26 Prozent der evölkerung rauchen und dass die Zahl der Jugendlihen, die nie eine Zigarette in der Hand gehabt haben, uf mittlerweile weit über 60 Prozent gestiegen ist? iese Ergebnisse beruhen auf Aufklärungsmaßnahmen, ie auf Einsicht und Überzeugung statt auf gesetzliche aßnahmen setzen. Herr Parr, das, was Sie gerade gesagt haben, ist eine inseitige Darstellung. (Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Man kann doch keine Tatsachen ignorieren!)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1606313700
Dr. Marlies Volkmer (SPD):
Rede ID: ID1606313800
Detlef Parr (FDP):
Rede ID: ID1606313900
Dr. Marlies Volkmer (SPD):
Rede ID: ID1606314000

s ist tatsächlich so, dass die Zahl der Jugendlichen, die
ie eine Zigarette in die Hand genommen haben, steigt.
ber 40 Prozent nehmen eben doch eine Zigarette in die
and. Diese Gruppe wird immer jünger – auch im ju-
endlichen Alter wird schon regelmäßig geraucht – und
ie raucht immer öfter.


(Detlef Parr [FDP]: Das ist nicht richtig!)


Sie werden mir sicher Recht geben – das ist auch das
iel der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung –,
enn ich sage: Kampagnen und Aufklärung sind richtig
nd wichtig. Aber ebenso wichtig ist eine Unterstützung
ür das Nichtrauchen dadurch, dass Werbung für Zigaret-
en verboten wird.


(Beifall bei der SPD – Kurt Segner [CDU/CSU]: Und die Spielfilme im Fernsehen?)


Es ist vorhin schon darauf hingewiesen worden, dass
eutschland gegen die EU-Tabakwerberichtlinie geklagt
at. Das habe ich stets für falsch gehalten. Auch wenn
er Hintergrund dieser Klage juristischer Art ist, ist die-
es Vorgehen als mangelnder Wille verstanden worden,
as Rauchen einzudämmen. Ich begrüße es, dass die
undesregierung diesen Verdacht nun ausräumt, auch
enn die Klage offiziell nicht zurückgezogen ist.

Als Ärztin lege ich besonderen Wert auf Prävention.


(Detlef Parr [FDP]: Sehr gut!)


abei kann man feststellen: Rauchen ist ansteckend. Die
uswertung der Angaben von 22 000 Studienteilneh-
ern aus Regionen in ganz Deutschland ergab: Beson-

ers viel wird in den Großstädten geraucht, wo die






(A) )



(B) )


Dr. Marlies Volkmer
Dichte an Zigarettenwerbung und Zigarettenautomaten
sehr hoch ist.


(Detlef Parr [FDP]: Das ist aber ein kühner Schluss!)


In einer epidemiologischen Studie der Universität
Greifswald kommt man zu folgendem Ergebnis – ich zi-
tiere –: Viele Raucher im Bekanntenkreis oder im Stadt-
bild regen zur Nachahmung an. Wir wissen jetzt, wo
Prävention am nötigsten ist, und fordern eine stärkere
Ächtung von Tabakwerbung und Rauchen in öffentli-
chen Räumen.

Werbung für Tabakwaren ist auch nach dem In-
Kraft-Treten dieses Gesetzes leider immer noch mög-
lich, da wir die Umsetzung der EU-Richtlinie eins zu
eins vornehmen. Davon bleiben aber nationale Regelun-
gen unberührt. Nach wie vor kann mit Plakaten im ge-
samten öffentlichen Raum für Zigaretten geworben wer-
den. Kinder und Jugendliche können dem nicht
entgehen. Auf dem Weg zum Kindergarten, in der
Schule, in den Jugendklubs oder in der Disco werden
rauchende Menschen vorgeführt, die schön, jung, reich,
fröhlich und cool sind. Dagegen kommt die Erziehung
im Elternhaus und in den Institutionen sehr schwer an.


(Detlef Parr [FDP]: Die findet ja teilweise gar nicht statt!)


Aus meiner Sicht ist es deshalb unabdingbar, dass
dieses Haus in einem nächsten Schritt die Plakatwerbung
für Tabakwaren verbietet. Das liegt allein in der nationa-
len Gesetzgebungskompetenz, das nimmt uns keiner ab.
Ich bleibe trotzdem dabei: Die Änderung des bestehen-
den Vorläufigen Tabakgesetzes, die wir heute beraten,
unterstützt die Aktivitäten dieses Hauses zum Zurück-
drängen des Rauchens in der Öffentlichkeit und damit
auch den Schutz vor den Folgen des Passivrauchens.

Dieses Gesetz leistet gerade für Jugendliche einen
Beitrag, Rauchen eine Absage zu erteilen und Nein zu
sagen, wenn ihnen eine Zigarette angeboten wird. Wenn
für das Rauchen nicht mehr geworben werden darf, ist
ein Rauchverbot leichter umzusetzen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Schon Johann Wolfgang von Goethe wollte nicht pas-
sivrauchen. Ohne von der Gefahr wissen zu können,
schrieb er – ich zitiere –:

Wer ist denn imstande, in das Zimmer eines Rau-
chers zu treten, ohne Übelkeit zu empfinden?

Leider bleiben die Raucher nicht in ihren Zimmern.
Stattdessen tragen sie neben dem üblen Geruch zahllose
die Gesundheit schädigende Feinstaubpartikel in die
Atemluft ihrer Mitmenschen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Ich trete deshalb mit vielen Kolleginnen und Kolle-
gen dafür ein, dass öffentliche Gebäude und öffentliche
Verkehrsmittel rauchfrei werden.


(Detlef Parr [FDP]: Das ist doch längst der Fall!)


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(C (D s darf niemand gezwungen sein, passiv rauchen zu üssen, um am öffentlichen Leben in allen Facetten teil ehmen zu können. – Herr Parr, ich weiß nicht, ob im undestag nicht noch geraucht wird. Ich persönlich inde immer noch Räume – auch im Reichstagsgebäude –, n denen geraucht wird. Wir sind also noch weit davon ntfernt, dass in allen öffentlichen Räumen nicht geaucht wird. (Beifall der Abg. Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE])


Das gilt auch, wenn man im Zug fährt. Auf der Stre-
ke zwischen Dresden und Berlin, die ich regelmäßig
utze, verkehren Züge mit Großraumwagen, in denen es
in paar Raucherplätze und daneben auch Nichtraucher-
lätze gibt. Sie glauben doch nicht, dass der Rauch nicht
uch zu den Nichtrauchern zieht. Das ist doch lächer-
ich!


(Detlef Parr [FDP]: Die Raucherplätze sind meistens frei!)


Wir – das heißt viele Kolleginnen und Kollegen hier
m Bundestag – sind der Meinung, dass wir nicht nur ein
auchverbot in öffentlichen Gebäuden brauchen, son-
ern dass wir auch ein Rauchverbot in Gaststätten brau-
hen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Wir müssen auch in Deutschland zur Kenntnis neh-
en, dass Beschäftigte in der Gastronomie tagtäglich

xtrem gefährlicher Schadstoffbelastung ausgesetzt sind.
iesen Zustand als Arbeitnehmer zweiter Klasse können
ir nicht verantworten.

Von einem Rauchverbot in Gaststätten würden übri-
ens alle profitieren, sowohl die Nichtraucher als auch
ie Raucher. Viele Raucher unterstützen inzwischen un-
ere Aktivitäten. Von einem Rauchverbot würden – das
eigen die Erfahrungen in den europäischen Nachbarlän-
ern deutlich – letztlich sogar die Gastronomen profitie-
en. Hinzu kommt, dass, perspektivisch gesehen, die
ufwendungen des Gesundheitswesens für die Folgen
es Passivrauchens sinken werden. Das ist ein hoch er-
ünschter Nebeneffekt.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1606314100

Frau Kollegin!


Dr. Marlies Volkmer (SPD):
Rede ID: ID1606314200

Das Erste Gesetz zur Änderung des Vorläufigen Ta-

akgesetzes ist ein Schritt von mehreren, die getan wer-
en müssen. Es schränkt die Tabakwerbung deutlich ein.
ch bitte Sie alle um Ihre Zustimmung.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1606314300

Das Wort hat die Kollegin Monika Knoche von der

raktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)







(A) )



(B) )


Monika Knoche (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1606314400

Meine sehr geehrten Herren und Damen! Bei der

Frage des Tabakkonsums herrscht eine recht unüber-
sichtliche, teilweise auch etwas paradoxe Situation; ich
nenne nur wenige Beispiele:

Der Verbraucherschutzminister Seehofer initiiert eine
Nichtraucherschutzkampagne, klagt aber gleichzeitig
vor dem EuGH gegen das Tabakwerbeverbot.


(Peter Bleser [CDU/CSU]: Das hat doch die rot-grüne Bundesregierung damals veranlasst!)


Die Regierungskoalition lehnt Anträge zu einem natio-
nalen Werbeverbot ab. Dann legt die Bundesregierung
einen Gesetzesentwurf vor – aber nur, um einer Klage
der Europäischen Kommission zuvorzukommen –, hält
jedoch gleichzeitig ihre eigene Klage beim EuGH auf-
recht.

Das alles ist recht unübersichtlich seitens der Regie-
rung. Andererseits erhebt und erhöht sie die Tabaksteuer –
angeblich, um die Krankenkassen zu finanzieren.


(Peter Bleser [CDU/CSU]: Wer war das denn?)


Dann verteilt sie das Geld wieder im Bundeshaushalt.
Die Rauchenden sind es letztlich, die den Staat durch
Steuern mitfinanzieren. Aus diesen Mitteln werden dann
aber noch immer Steuersubventionen für den Tabakan-
bau finanziert.


(Detlef Parr [FDP]: Sie hat im letzten GMG die versicherungsfremden Leistungen davon finanziert!)


Die FDP ist gänzlich gegen ein Tabakwerbeverbot,
weil – und das ist interessant – sie keine Klassifizierung
des Staates akzeptiert, die Produkte in gute und böse ein-
teilt. Sie vergisst dabei aber offenbar, dass die völker-
rechtsverbindliche Drogenbekämpfung die strikte Tren-
nung in legale und illegale Drogen vorsieht. Damit wird
das FDP-Postulat von der Selbstverantwortung des mün-
digen Menschen doch etwas unglaubwürdig und darüber
hinaus dazu beigetragen, dass eine beträchtliche Krimi-
nalitätsrate in der Bevölkerung existiert.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Sind Zigaretten jetzt illegal?)


Es stellt sich also genauso die Frage: Was will die FDP?

Wir Linke sagen: Trotz der bekannten beträchtlichen
individuellen gesundheitlichen Folgen, die auftreten
können, ist das Rauchen eine kulturell integrierte Droge.
Verbieten werden wir das Rauchen deshalb nie.


(Detlef Parr [FDP]: Sehr großzügig!)


Was unserer Meinung nach jedoch verboten werden
muss, ist die Werbung für den Konsum eines offenkun-
dig gesundheitsschädigenden Stoffes. Mehr noch: Wir
wollen vor allem auch Kinder und Jugendliche dadurch
schützen, dass ein unbefristetes Verbot der Werbung in
allen Printmedien und Kinos greift. Auch Großveranstal-
tungen sollen nicht gesponsert werden dürfen. Ebenso
muss verboten sein, dass Tabakerzeugnisse kostenlos ab-

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(C (D egeben werden. Auch ich selber bin der Meinung, dass s schöner ist, in einem Tabakfachgeschäft einzukaufen, ls überall auf Zigarettenautomaten zu stoßen. Darüber inaus wäre das ein guter Präventionseffekt. Wir alle machen uns bewusst, wie gesundheitsschädich das Rauchen ist. Wir wissen auch, dass den Zigareten nach wie vor Krebs und Sucht erzeugende Stoffe eigemengt werden, was vor allen Dingen darauf abzielt, inder und Jugendliche abhängig zu machen. Nach Betrachtung der Vorgänge hier im politischen aum finde ich, dass man sich schon für ein konsequen es Werbeverbot aussprechen muss. Nur ein konsequenes Werbeverbot korrespondiert wirklich sinnhaft mit eiem Gesetz zum Schutz Nichtrauchender, das von inigen hier im Haus präferiert wird. Ein Verbraucherschutzminister, der gegen das Tabakerbeverbot auf EU-Ebene klagt und hier nur wegen rohender Regresszahlungen ein Gesetz vorlegt, ist icht glaubwürdig und auch nicht konsequent. Ich bin er Meinung, der Staat muss immer – auch in der Tabakolitik – Stimmigkeit und Sinnhaftigkeit für sein Tun benspruchen können. Die Eingriffstiefe einer gesetzlichen erbotsregelung muss ihre Rechtfertigung finden. Diese echtfertigung kann hier darin bestehen, dass es sich um esundheitsschutzmaßnahmen handelt. Wie dem auch sei, der vorliegende Gesetzentwurf finet unsere Unterstützung. Ich möchte im Übrigen empehlen, dass die Regierung in Bezug auf ihr Verhalten egenüber der Kommission einmal darüber nachdenkt, b sie mehr oder weniger Regelungskompetenz in Brüsel angesiedelt sehen möchte. Schaut man sich ihr veheentes Eintreten für den gescheiterten Verfassungsenturf – in Deutschland ist er übrigens noch nicht atifiziert – an, dann muss man schon sagen, dass sie auf uropäischer Ebene eine stimmige Verbraucherschutzpoitik bisher nicht entwickelt hat. Danke. Das Wort hat die Kollegin Ulrike Höfken, ündnis 90/Die Grünen. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und ollegen! Deutschland ist bis heute für die Tabakindusrie die Insel der Seligen. Man muss sagen: Dieser Bunesregierung muss jede fortschrittliche Maßnahme zum indestschutz der Bürgerinnen und Bürger, insbeson ere der Jugendlichen, vor dem Passivrauchen abgerunen werden. (Detlef Parr [FDP]: Erreichen Sie denn Kinder und Jugendliche mit Ihrer Gesetzesinitiative?)


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1606314500
Ulrike Höfken-Deipenbrock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1606314600

ch danke natürlich auch den Kolleginnen und Kollegen,
ie sich dafür einsetzen.

Die FDP und gerade diese Bundesregierung stellen
ie gesundheitspolitische Forderung auf, dass diejenigen






(A) )



(B) )


Ulrike Höfken
stärker belastet werden, die an Krebs erkrankt sind und
sich nicht ausreichend geschützt haben.


(Detlef Parr [FDP]: Woran lesen Sie das denn ab? Das haben Sie doch gar nicht verstanden!)


Außerdem fordern Sie mehr Selbstverantwortung.
Gleichzeitig verhindern Sie mit Ihrer Weigerung,
Schutzmaßnahmen zu beschließen, dass die Bürgerin-
nen und Bürger ihre Selbstverantwortung auch wahrneh-
men können. Das ist ein unglaublicher Zynismus, der da
betrieben wird.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Detlef Parr [FDP]: Trauen Sie den Menschen doch mal ein bisschen mehr zu!)


Sie, die Bundesregierung, die Koalitionsfraktionen,
aber auch die FDP, sind in der Pflicht, solche Maßnah-
men zu ergreifen, die diesen Selbstschutz ermöglichen.
Das bedeutet insbesondere die Einschränkung von Wer-
bung. Wir diskutieren hier über die Umsetzung der
EU-Tabakwerberichtlinie; der Gesetzentwurf soll heute
verabschiedet werden. Ich meine, das ist allenfalls ein
erster Schritt.


(Detlef Parr [FDP]: Das habe ich befürchtet!)


Dass Jugendliche Opfer der Werbung sind und zum
Rauchen verführt werden, ist inzwischen erwiesen. Die
Wirksamkeit der Werbung belegen zum Beispiel die
vorgelegten Studien. Die Tabakindustrie hat in den
90er-Jahren eine halbe Milliarde D-Mark in Tabakwer-
bung investiert. Dieses Geld hat sie nicht investiert, da-
mit die Werbung nicht wirkt, sondern damit sie erfolg-
reich ist. Das war sie auch. Was sind dagegen die
2,5 Millionen Euro für Aufklärungsmaßnahmen, die
dann bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklä-
rung ausgegeben wurden?


(Detlef Parr [FDP]: Die Sie nicht mehr verlängert haben! – Frank Schäffler [FDP]: Das hätten Sie ändern können, sieben Jahre lang!)


Das ist doch alles lächerlich. Gegen eine Industrie, die
Milliarden massiv für die Tabakwerbung einsetzt, kön-
nen Sie nicht auf Aufklärung setzen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Im Übrigen werden nicht nur Jugendliche von den
Aktivitäten der Tabakindustrie und dem Lobbyismus ge-
fangen, sondern auch die Abgeordneten. Wir werden uns
die Formulierungen im Gesetz zum Schutz vor Passiv-
rauchen, die Sie uns vorlegen wollen, genau ansehen.

Aber man muss ganz klar sagen: Für den Bereich der
Gastronomie ist das fast eine Eins-zu-eins-Umsetzung
der Forderungen des Verbandes der Zigarettenindustrie.
Unsere Motivation, hier tätig zu werden – das gilt für
viele Abgeordnete –, sind die Arbeitnehmerinnen in
der Gastronomie. Da arbeiten etwa 8 000 schwangere
Frauen, die vom Zigarettenrauch betroffen sind. Viele
dieser Frauen arbeiten in den Bereichen, die Sie nun aus-
gerechnet nicht schützen wollen.


(Zuruf von der FDP: Aber die Arbeitsplätze gehen dann alle verloren!)


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(C (D ie wollen Sie auch unter Berücksichtigung Ihrer Geundheitspolitik verantworten, dass diese Frauen unter olchen Bedingungen arbeiten müssen? In anderen Beeichen dürfte kein Mensch unter solchen Bedingungen rbeiten. Deswegen ist das, was Sie da vorlegen, wie ich inde, nicht ausreichend. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der FDP: Dann geht da keiner mehr hin!)


Noch ein letztes Wort zur Tabakwerbung. Da gebe ich
em Staatssekretär Müller ausdrücklich Recht. Das gilt
uch für Herrn Minister Seehofer, der gesagt hat: Wir
atten über viele Jahre den Versuch mit der Selbstver-
flichtung der Tabakindustrie. All das hat keinen Er-
olg gezeigt. Das haben wir auch bei der Selbstverpflich-
ung der Tabakindustrie gesehen, keine Werbung vor
ugendeinrichtungen zu platzieren; das „Forum Rauch-
rei“ hat mehrmals darauf hingewiesen. Gerade gestern
at es wieder einmal Beschwerde gegen die Werbung
on Philip Morris vor einer Grundschule in der Urban-
traße in Kreuzberg eingelegt. – So viel zur Selbstver-
flichtung.

Wir müssen dazu kommen, dass das, was jetzt EU-
eit gilt, auch national umgesetzt wird. Es gilt also, na-

ional zusätzlich das Verbot von Werbung auf Plakaten
u erlassen, eine Begrenzung in Kinos einzuführen –


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1606314700

Frau Kollegin!


Ulrike Höfken-Deipenbrock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1606314800

– ja – und das Sponsoring im Inland genauso zu ver-

ieten wie auf der Europaebene.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1606314900

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun-
esregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Änderung
es Vorläufigen Tabakgesetzes, Drucksache 16/1940. Der
usschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbrau-

herschutz empfiehlt unter Nr. I seiner Beschlussemp-
ehlung auf Drucksache 16/3201 (neu), den Gesetzent-
urf in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte
iejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfas-
ung zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer
timmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf
st damit in der zweiten Beratung mit den Stimmen der
raktionen Die Linke, der SPD, des Bündnisses 90/Die
rünen und der CDU/CSU bei Gegenstimmen der FDP

ngenommen.

Dritte Beratung

nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
er stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzent-






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner
wurf ist damit mit demselben Stimmenverhältnis wie in
der zweiten Beratung angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Ent-
schließungsantrag der Fraktion der FDP auf
Drucksache 16/3329. Wer stimmt für diesen Entschlie-
ßungsantrag? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen?
Der Entschließungsantrag ist mit der Mehrheit der Stim-
men des Hauses bei Gegenstimmen der FDP abgelehnt.

Unter Nr. II seiner Beschlussempfehlung empfiehlt
der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Ver-
braucherschutz, den Gesetzentwurf der Fraktion des
Bündnisses 90/Die Grünen zur Änderung des Vorläufi-
gen Tabakgesetzes auf Drucksache 16/1068 abzulehnen.
Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen
wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? –
Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter
Beratung mit den Stimmen von SPD, CDU/CSU und
FDP gegen die Stimmen des Bündnisses 90/Die Grünen
und der Fraktion Die Linke abgelehnt. Damit entfällt
nach unserer Geschäftsordnung die weitere Beratung.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 6 auf:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Umsetzung der Regelungen über die Mit-
bestimmung der Arbeitnehmer bei einer Ver-
schmelzung von Kapitalgesellschaften aus ver-
schiedenen Mitgliedstaaten
– Drucksache 16/2922 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss)


– Drucksache 16/3320 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Dr. Ralf Brauksiepe

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich
höre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kolle-
gin Anette Kramme, SPD-Fraktion.


Anette Kramme (SPD):
Rede ID: ID1606315000

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen und

Kolleginnen! Es ist wirklich ein Jammer, nicht nach
FDP- und PDS-Rednern sprechen zu dürfen. Sie liefern
einem immer noch Steilvorlagen. Schade, das entfällt
heute.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Da müssen Sie sich selbst einmal etwas überlegen!)


Die Aktionäre deutscher Unternehmen sollten sich
glücklich schätzen, dass es hier Aufsichtsräte gibt.
Sie sollten auch die Mitbestimmung lieben lernen.
Gewiss sind Arbeitnehmervertreter und Gewerk-
schaftsfunktionäre in den Aufsichtsräten lästig. Sie
bieten aber auch Schutz gegen die allzu große
Selbstherrlichkeit der Chefs.

Das war in der „Financial Times Deutschland“ vom
14. Januar 2003 zu lesen, also in einer Zeitung, der Ar-

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(C (D eitnehmernähe sicherlich nicht zugeschrieben werden ann. Es sind wahrlich kluge Sätze, die da niedergelegt ind. Die Auseinandersetzungen um die Unternehmensmitestimmung halten seit Jahren an. Zuletzt wurde dies eim Deutschen Juristentag im September deutlich. Prond Kontrapositionen standen sich hier so vehement geenüber, dass es zu keiner Beschlussfassung kam. Die Beteiligung von Arbeitnehmern und Arbeitneherinnen an Unternehmensorganen ist kein auf Deutsch and begrenztes Phänomen. In zahlreichen EU-Ländern inden sich Vertretungsmodelle. Von den 25 EU-Ländern aben elf eine starke Grundlage für Unternehmensmitbetimmung mit mindestens einer Drittelbeteiligung von rbeitnehmern im höchsten Unternehmensorgan. In eiteren sieben Ländern gibt es ein mittleres Niveau an nternehmensmitbestimmung. Diese erleichtern zum eil, wie beispielsweise Frankreich, die Vertretung von elegschaftsaktionären. Auch von den neuen Mitglied taaten kennen lediglich vier Länder keine oder nur chwache Mitbestimmungsrechte. Die Mitbestimmung st also keinesfalls ein Sondermodell Deutschlands, wie o oft behauptet wird. In der Tat ist allerdings die paritätische Unternehensmitbestimmung nur in Deutschland und Slowenien eit verbreitet, ber auch andere Länder kennen eine starke Unternehensmitbestimmung. Nur ein Beispiel: In Deutschland ilt die paritätische Mitbestimmung für Unternehmen it mehr als 2 000 Beschäftigten und die Drittelbetei igung für Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten. n Dänemark dagegen gilt die Drittelbeteiligung bereits ür Unternehmen mit mehr als 35 Arbeitnehmern, in chweden liegt der Schwellenwert bei sage und schreibe 5 Arbeitnehmern. Den hohen Stellenwert einer Mitbestimmungskultur at auch der europäische Gesetzgeber erkannt. Dies chlägt sich in der Verschmelzungsrichtlinie nieder, die ir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf eins zu eins in eutsches Recht übertragen. Mit der bei der Europäichen Gesellschaft gefundenen Kombination aus Verandlungslösung und flankierender Auffangregelung ist in entscheidender Schritt zu einem sozialen Europa geungen. Grundprinzip ist und bleibt das Vorher-Nacher-Prinzip. Damit werden die bestehenden Mitbestimungsrechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eitgehend gesichert. Es wird deutlich, dass Europa eine Veränderung der nationalen Mitbestimmungsmoelle verlangt, sondern sie im Gegenteil akzeptiert und chützen will. Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist nicht nachollziehbar, warum die BDA fordert, bei der Umsetzung er Verschmelzungsrichtlinie von der Umsetzung der E-Richtlinie abzuweichen. Anette Kramme Das Modell ist erfolgreich und es wird auch bei der Verschmelzung von Kapitalgesellschaften erfolgreich sein. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Man muss nur daran glauben, Frau Kramme!)


(Ortwin Runde [SPD]: Genau!)


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Aha!)


(Gabriele Hiller-Ohm [SPD]: Unmöglich!)





(A) )


(B) )


Der Verzicht auf eine Auffanglösung, wie von der BDA
gefordert, käme einem Ausverkauf der Arbeitnehmerin-
nen und Arbeitnehmer gleich. Wir würden die Mitbe-
stimmung durch die Hintertür abschaffen.


(Gabriele Hiller-Ohm [SPD]: Genau so ist es!)


Erste positive Erfahrungen bei der Neugründung
von SEs sind bereits zu verzeichnen. Bei Allianz, MAN
Diesel, Plansee und Elcoteq wurden Verhandlungen über
die neue Form der Mitbestimmung schnell und im Sinne
beider Parteien – also sowohl im Sinne des Manage-
ments als auch im Sinne der Arbeitnehmerseite – abge-
schlossen. Die meisten großen SE-Gründungen haben
bislang in Ländern mit starken Mitbestimmungstraditio-
nen stattgefunden. Das beweist doch, dass starke Mitbe-
stimmungsrechte einer effizienten Unternehmensreorga-
nisation nicht im Wege stehen.


(Beifall bei der SPD)


Liebe Kollegen und Kolleginnen, die Unsäglichkeit
Guido Westerwelle


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Na, na! Frau Präsidentin, das ist unparlamentarisch!)


hat erklärt, er wolle die Gewerkschaftsfunktionäre ent-
machten; sie seien die wahre Plage in Deutschland.
Guido Westerwelle will keine Gewerkschaftsvertreter im
Aufsichtsrat; von Fremdbestimmung ist die Rede.

Das ist blanker Unsinn.


(Beifall bei der SPD)


Renommierte Arbeitgeber bekennen sich zu Gewerk-
schaftsvertretern im Aufsichtsrat. Ich zitiere den Tele-
kom-Personalvorstand, Heinz Klinkhammer: Gewerk-
schaftsvertreter im Aufsichtsrat „halte ich für
unverzichtbar. Die haben einen Blick von außen und
können vermittelndes Element sein“.


(Beifall bei der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ich dachte, die haben einen Blick von innen!)


Auch mögliche Interessenkonflikte der Gewerk-
schaftsvertreter werden als weiteres Gegenargument ins
Feld geführt. Interessenkonflikte bestehen aber auch bei
anderen Aufsichtsratsmitgliedern. Die Großbanken bei-
spielsweise sind in den meisten Aufsichtsräten vertreten.
Wer garantiert, dass die Banken ihr Interesse zum Wohle
des jeweiligen Unternehmens hintanstellen? Das Bun-
desverfassungsgericht hat im Übrigen 1979 das Mitbe-
stimmungsgesetz klar als verfassungsgemäß anerkannt,
auch die Externenregelung in § 7.

Meine Damen und Herren der FDP, für Sie ist das
Einprügeln auf die Mitbestimmung doch geradezu ein
Steckenpferd geworden.

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(C (D (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ich habe es Ihnen doch gestern im Ausschuss erst erklärt, Frau Kramme! Wir sind doch gar nicht dagegen!)


ins kann man Ihnen nicht vorwerfen, nämlich dass Ihre
eindbilder nicht klar aufgebaut sind.

Entgegen einer landläufigen Annahme gibt es jedoch
eine empirisch nachweisbare Erforderlichkeit, Rege-
ungsinstrumente der deutschen Mitbestimmung zu
berarbeiten. Die neuesten internationalen Untersuchun-
en zeigen vielmehr, dass Deutschland aus Investoren-
icht der attraktivste Investitionsstandort in Europa ist.
eltweit rangiert Deutschland nach den USA und China

n dritter Stelle. So die Ergebnisse der aktuellen Um-
rage „Kennzeichen D: Standortanalyse 2006“, die Ernst
Young durchgeführt haben.

Amerikanische Unternehmer halten Deutschland für
en bevorzugten Holdingstandort. Das zeigt das aktu-
lle Businessbarometer der amerikanischen Handels-
ammer. Gerade die hohe Bewertung Deutschlands als
tandort von Verwaltungszentralen spricht gegen einen
egativen Einfluss der Unternehmensmitbestimmung bei
er Standortwahl.


(Beifall bei der SPD)


Meine Damen und Herren der FDP, Sie, die die pari-
ätische Mitbestimmung als Irrweg bezeichnen und ihr
en Garaus machen wollen, führen regelmäßig die Stu-
ie der Federal Reserve Bank of St. Louis aus dem Jahr
002 an. Danach soll die Unternehmensmitbestimmung
ie Kapitalbeschaffung hemmen und den Aktienkurs
enken. Im Gegensatz zu dieser Studie ziehen einige
euere Studien den Schluss, dass es keine „Börsen-Dis-
ount-Wirkung“ der Unternehmensmitbestimmung gibt.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Kennen Sie denn schon die neueste Studie von heute, Frau Kramme? Institute for Law and Finance in Frankfurt!)


Frick kommt in einer Untersuchung von 2004 – wir
atten ihn im Übrigen hier bei der Sachverständigenan-
örung – zu dem Ergebnis:

Einzelne Gerichtsurteile zur Mitbestimmung im
Aufsichtsrat beeinflussen den Kurs börsennotierter
Aktiengesellschaften ebenso wenig wie die Einfüh-
rung und die höchstrichterliche Bestätigung des
Mitbestimmungsgesetzes die Kapitalmarktperfor-
mance der davon besonders betroffenen Branchen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolle-
innen und Kollegen, für die SPD sind Arbeitnehmerin-
en und Arbeitnehmer die wichtigste Ressource eines
nternehmens.


(Beifall bei der SPD)


rbeitnehmer wollen qualifiziert, motiviert und eigen-
erantwortlich arbeiten. Nachhaltiges Wachstum ist eher
u erreichen, wenn die Menschen an den grundsätzli-
hen Unternehmensentscheidungen beteiligt sind. Die
ereinbarte Regelung zur Verschmelzungsrichtlinie ist
in wichtiger Schritt, um Mitbestimmungsrechte zu si-






(A) )



(B) )


Anette Kramme
chern. Sie ist ein entscheidender Schritt auf dem Weg zu
einem sozialen Europa.

In diesem Sinne herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1606315100

Nächster Redner ist der Kollege Heinz-Peter Hau-

stein, FDP-Fraktion.


Heinz-Peter Haustein (FDP):
Rede ID: ID1606315200

Verehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kollegen!

Werte Gäste! Ich beginne mit einem Zitat:

Es gibt keine … Grundlage dafür, zu glauben, wir
wären eine Insel in Europa und könnten noch etwas
regeln. Das wird nicht der Fall sein. Verantwortlich
handelt der, der der Unternehmensmitbestimmung
eine europäische Perspektive bietet.

So weit – man beachte – die Worte von Herrn Röttgen,
CDU, am 29. Oktober 2004. Recht hat er. Jetzt müssten
Sie nur noch danach handeln.


(Beifall bei der FDP)


Aber wie Sie handeln, kennen wir schon von Ihrem
Wahlversprechen bezüglich der Merkel-Steuer.

Die FDP-Fraktion hält es nach wie vor für falsch, die
Ergebnisse der Biedenkopf-Kommission zum Ende des
Jahres abzuwarten. Diese Kommission befasst sich mit
der Zukunft der Mitbestimmung vor dem Hintergrund der
Globalisierung. Der Sachverständige Professor Dr. Nagel
meinte, dass dies nationale Fragen seien, während wir
heute über grenzüberschreitende Sachverhalte reden, und
dass deshalb der vorliegende Gesetzentwurf unabhängig
von den Ergebnissen der Biedenkopf-Kommission
schnell beschlossen werden sollte. Heute kann man um
die ganze Welt fliegen. Ostsee-Shrimps werden zum Pu-
len nach Thailand verschifft. Da kann man nicht mehr
zwischen nationalen und internationalen Bezügen unter-
scheiden. Es geht schließlich um die internationale Wett-
bewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen.

Einstimmig hörten wir von den Sachverständigen in
der Anhörung, dass im Grunde alle wissenschaftlichen
Studien zu dem Ergebnis kommen, dass die Mitbestim-
mung positive Auswirkungen hat. So weit die Wissen-
schaft. Erst gestern haben wir hingegen vom Institut der
deutschen Wirtschaft gehört, dass die paritätische Mitbe-
stimmung die Unternehmen im internationalen Vergleich
und bezüglich des Wettbewerbs benachteiligt. Laut einer
Umfrage des IW sieht die Hälfte der befragten Firmen
durch die Mitbestimmung Investitionsentscheidungen
verzögert. Das ist die Realität in den Unternehmen.


(Beifall bei der FDP)


Der Sachverständige Professor Dr. Frick äußerte die
Auffassung, dass paritätisch mitbestimmte Unternehmen
nicht schlechter seien als drittelparitätisch bestimmte.
Doch wo liegt dann der Nutzen der paritätischen Mitbe-
stimmung? Das kann doch kein Selbstzweck sein. Wenn
wir hier diskutieren, welche Studien mitbestimmte, nicht
mitbestimmte und drittelmitbestimmte Unternehmen ne-

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(C (D ativ oder positiv bewerten, dann muss man fragen: Was ilft das den Menschen, die keine Arbeit haben? An diesem Punkt gilt dasselbe, was auch beim Kündiungsschutz gilt: Ihr Fehler ist, dass Sie sich nicht in die age der ausländischen Investoren versetzen. Für den usländischen Investor ist es egal, ob er in Spanien, in er Tschechischen Republik oder in Deutschland invesiert. Lassen Sie mich an dieser Stelle den Sachverstänigen Professor Dr. Thüsing zitieren: Meine Vorstellung, ass ein englischer Fusionskandidat ein deutsches Unterehmen und vielleicht ein französisches Unternehmen it gleichen Bedingungen wählen kann und sich dann us Liebe zur deutschen Mitbestimmung für Deutschand entscheidet, entspricht nicht meinen Erfahrungen. Von den Gralshütern der Mitbestimmung wird immer ieder angeführt, dass sich durch die paritätische Mitbe timmung die Arbeitnehmer mit dem Betrieb identifizieen können. Das stimmt. Aber ich sage Ihnen: Eine Dritelmitbestimmung mindert den Grad dieser Identifikation it dem eigenen Betrieb nicht. ass sich die Mitarbeiter mit ihrer Arbeit identifizieren önnen, hängt von vielen Dingen ab, auch davon, dass hre Meinung gehört wird – aber nicht nur. Auch wenn es alle anderen Fraktionen in diesem aus gerne so darstellen, weil es ein schönes Feindbild st: Wir, die FDP, sind für Mitbestimmung. ir sind Befürworter der Mitbestimmung. Aber wir seen auch die Realität. Wir wollen weder dem Arbeitneher die Mitsprache streitig machen noch glauben wir, ass sich damit alle Probleme lösen ließen. Wir wollen eutschland zukunftsfest und wettbewerbsfähig ma hen. Jedes Gesetz, das auch nur einen Arbeitsplatz verindert – wie ebendieses –, darf eigentlich nicht bechlossen werden. Zur Auffangregelung. Solange die Auffangregelung n dem geplanten Umfang vorgesehen ist, werden Verandlungen kaum Erfolg bringen. Wie brachte es der achverständige Professor Thüsing auf den Punkt: Welhen Verhandlungsanreiz hat derjenige noch, der das aximum schon erreicht hat? Wenn ein Scheitern der erhandlungen bedeutet, dass wieder die deutsche pariätische Mitbestimmung greift: Wo liegt dann der Aneiz, zu verhandeln? CDU, CSU und SPD haben im Koalitionsvertrag festelegt, sie wollten sich dafür einsetzen, dass das europäiche Gesellschaftsrecht durch eine zügige Verabschieung der Richtlinie über die grenzüberschreitenden Sitzerlegungen von Kapitalgesellschaften weiterentwickelt ird. Diesen Anspruch erfüllt das vorliegende Gesetz icht. Der Sachverständige Wolf meinte: Die Umsetzung er Verschmelzungsrichtlinie wäre dann gelungen, wenn an die Flexibilitätsreserven, die in der Verschmel Heinz-Peter Haustein zungsrichtlinie vorhanden sind, umsetzt. – Das machen Sie an vielen Punkten nicht. Ich habe schon im ersten parlamentarischen Durchgang gesagt, dass die gegebenen Flexibilitätsspielräume hätten genutzt werden müssen, um bei der Verschmelzung Wettbewerbsnachteile für deutsche Unternehmen zu verhindern. Sonst verhindert man die Schaffung neuer Arbeitsplätze. Der vorliegende Gesetzentwurf zeigt: Sie denken, alle Welt warte nur auf unsere deutsche Mitbestimmung. Das ist aber nicht so. Sie meinen, Sie könnten die deutsche Mitbestimmung in alle Welt exportieren, obwohl sich die Welt um uns herum ändert. Für diejenigen, die darauf nicht reagieren, gibt es einen Satz: Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. In diesem Sinne ein freundliches Glückauf aus dem Erzgebirge. Der Kollege Paul Lehrieder von der CDU/CSU-Frak tion hat das Wort. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nachdem der Kollege Haustein mit einem freundlichen Glückauf aus dem Erzgebirge geschlossen hat, will ich mit einem freundlichen „Grüß Gott“ aus dem fränkischen Weinland beginnen. (Zuruf von der CDU/CSU: Sie haben Wein mitgebracht?)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)





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(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1606315300

(Beifall bei der CDU/CSU)

Paul Lehrieder (CSU):
Rede ID: ID1606315400

– Nein, ich habe keinen Wein mitgebracht.

Mitbestimmung ist in diesem Hohen Hause konsens-
fähig. Das entnehme ich allen Äußerungen, die ich bis-
her von der SPD, von den Grünen, von uns sowieso, aber
auch von der FDP und von der Linkspartei ohnedies ge-
hört habe. Herr Kolb, die Frage ist nur: Wie? Da haben
Sie völlig Recht. Europas Wirtschafts- und Arbeitswelt
befindet sich mitten in einem tief greifenden Wandlungs-
prozess, der auch Deutschlands Unternehmen seit gerau-
mer Zeit voll erfasst hat. Hier werden Sie mir Recht
geben. Das Stichwort ist Internationalisierung. Groß-
unternehmen fusionieren über die Grenzen, deutsche
Unternehmen wie MAN Diesel und Allianz wandeln
sich in Europäische Gesellschaften um. In den Sog der
Wandlung gerät zwangsläufig auch die Mitbestimmung
der Arbeitnehmer. Entwicklungen von einer solchen Dy-
namik und Tragweite erfordern somit grenzübergrei-
fende Beobachtung und Regelung, damit in vielen Jah-
ren Erworbenes nicht unter die Räder gerät. Herr Ernst,
bei Mitbestimmung sollten Sie aufpassen. Das ist Ihr
Thema. Ich weiß, Sie sprechen nach mir.

Hier setzt die EU-Richtlinie 2005/56/EG an. Sie soll
– auf deutsches Recht übertragen – die grenzüberschrei-
tende Verschmelzung deutscher Kapitalgesellschaften
mit Kapitalgesellschaften anderer EU-Mitgliedstaaten
regeln. Die Richtlinie normiert damit erstmals gemein-

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(C (D ame Rahmenbedingungen für diesen Vorgang und chafft – was rechtliche und tatsächliche Hindernisse berifft – Abhilfe. Sie enthält die gesellschaftsrechtlichen rundregeln über Verfahren, Wirksamwerden und echtsfolgen einer grenzüberschreitenden Verschmelung und für die daraus hervorgehende nationale Gesellchaft. Ich begrüße außerordentlich, dass die Bundesregieung Art. 16 der Richtlinie in einen gesonderten Gesetzntwurf übertragen hat. Er regelt die Auswirkungen renzüberschreitender Verschmelzungen auf die Mitbetimmungsrechte der Arbeitnehmer und wird so seiner edeutung entsprechend herausgestellt. Die betriebliche itbestimmung wird, wie schon die erste Biedenkopfommission 1972 in ihrem Sachverständigenbericht orgelegt hat, durch vier zentrale Zwecke gerechtfertigt: ie Menschenwürde, das Verhältnis von Kapital und Areit, die Demokratisierung und die Machtbindung. Diese rundsätze gelten weiter und sind Teil unseres Sozial taatprinzips. Die Union hat die betriebliche Mitbestimmung mit uf den Weg gebracht. Sie fühlt sich dieser Tradition uch weiterhin verpflichtet. Die FDP darf auch klatschen, sie war dabei. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wenn ihr euch verpflichtet fühlt, können wir ja nicht klatschen!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


Herr Kolb, hier können Sie ruhig mitklatschen.

Mitbestimmung gehört zu einem sozialen und wirt-
chaftlich erfolgreichen Europa. Es ist deshalb ganz in
nserem Sinne, wenn dieses Europa die nationalen Mit-
estimmungsmodelle anerkennt und sichern will. Es ist
ut, wenn die europäische Verschmelzungsrichtlinie nun
ügig umgesetzt wird. Zu deren Inhalt ist grundsätzlich
u sagen, dass aus einer grenzüberschreitenden Ver-
chmelzung keine europäische, sondern eine nationale
echtsform hervorgeht. Das unterscheidet sie von der
uropäischen Gesellschaft oder der Europäischen Ge-
ossenschaft. Da in den Mitgliedstaaten der EU unter-
chiedliche Mitbestimmungsregeln gelten, kann es ge-
chehen, dass die Mitbestimmung der Arbeitnehmer
iner der beteiligten Gesellschaften bei Anwendung des
eweiligen nationalen Rechts eingeschränkt wird. Der
uropäische Gesetzgeber will dem mit seiner Richtlinie
orbeugen, indem er die Mitbestimmung im Fall einer
erschmelzung auf dem Verhandlungsweg sichern will.

Für die Mitbestimmungsverhandlungen gelten die
olgenden Voraussetzungen:

Erstens. Eine der an der Verschmelzung beteiligten
esellschaften ist mitbestimmt und hat in den sechs Mo-
aten vor der Verschmelzung mehr als 500 Arbeitneh-
er beschäftigt.

Zweitens. Das innerstaatliche Recht, das für die aus
er Verschmelzung entstandene Gesellschaft maßgeblich
st, gewährleistet nicht mindestens den gleichen Umfang
n Mitbestimmung, wie er in den beteiligten Gesell-






(A) )



(B) )


Paul Lehrieder
schaften bestand. Grundlegend ist das Vorher-nachher-
Prinzip, nach dem sich die vorhandenen Mitbestim-
mungsrechte der Arbeitnehmer auch in der aus der Ver-
schmelzung hervorgegangenen Gesellschaft wiederfin-
den müssen.

Eingeleitet werden die Mitbestimmungsverhandlun-
gen mit den Arbeitnehmern von der Unternehmerseite.
Sie informiert die betroffenen Arbeitnehmervertretungen
über das Verschmelzungsvorhaben sowie über die Iden-
tität der beteiligten Gesellschaften und die Zahl der Be-
schäftigten. Auf Unternehmensseite werden die Ver-
handlungen von den Leitungsorganen der beteiligten
Gesellschaften geführt. Auf Arbeitnehmerseite ist ein
besonderes Verhandlungsgremium zu errichten. Dabei
sollen alle Arbeitnehmer der betreffenden Gesellschaf-
ten im Verhandlungsgremium repräsentiert sein.

Praxisnahe Verhandlungslösungen haben immer
Vorrang vor gesetzlich vorgeschriebenen Regelungen.
Da die zugrunde liegende Richtlinie lediglich Mindest-
vorgaben aufstellt, ist es in den Verhandlungen möglich,
praxisnah auf die spezielle Situation der geplanten Ge-
sellschaft einzugehen. Auf diese Weise können neben
bewährten Mitbestimmungssystemen, die auch schon
bisher flexible Lösungen im Sinne der Arbeitnehmer er-
möglichten, gegebenenfalls Mischformen oder neue
Konzepte und Verfahren entwickelt werden.

Sollte eine Verringerung bestehender Mitbestim-
mungsrechte der Arbeitnehmer beschlossen werden,
sieht die Richtlinie besondere Abstimmungsregelungen
im Verhandlungsverfahren vor. Erforderlich ist dann
eine qualifizierte Mehrheit von zwei Dritteln der Mit-
glieder des besonderen Verhandlungsgremiums, die wie-
derum zwei Drittel der Arbeitnehmer vertreten und aus
mindestens zwei Mitgliedstaaten kommen. Der Grund-
gedanke des Schutzes erworbener Rechte bleibt somit
gewahrt.

In der schriftlichen Vereinbarung zwischen den Un-
ternehmensleitungen und dem Verhandlungsgremium
soll erstens der Geltungsbereich der Vereinbarung, zwei-
tens der Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens der Vereinba-
rung und ihre Laufzeit, drittens die Zahl der Mitglieder
des Aufsichts- oder Verwaltungsorgans, viertens das
Verfahren, nach dem die Arbeitnehmer diese Mitglieder
wählen, und fünftens die Rechte dieser Mitglieder fest-
gelegt werden.

Erst nachdem das Verfahren über die Mitbestimmung
abgeschlossen ist, kann eine aus der Verschmelzung her-
vorgegangene Gesellschaft registriert werden. Scheitert
der Verhandlungsprozess, der bis zu sechs Monate dau-
ern kann, tritt eine Auffangregelung zur Sicherung der
Mitbestimmungsrechte in Kraft.

Bei innerstaatlichen Verschmelzungen, die einer
grenzüberschreitenden Verschmelzung folgen, richtet
sich die Mitbestimmung primär nach den nationalen
Regelungen, also in Deutschland nach den Mitbestim-
mungsgesetzen. Nur wenn diese den Mitbestimmungs-
umfang nicht hinreichend sichern, gilt die Mitbestim-
mung kraft Vereinbarung oder Auffangregelung – Frau
Kollegin Kramme hat hierauf bereits hingewiesen –, die

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(C (D n der aus der Verschmelzung entstandenen neuen Geellschaft besteht, und zwar für einen Zeitraum von drei ahren nach deren Eintragung. Noch kurz etwas zu den Kosten des Gesetzes. Die für apitalgesellschaften anfallenden Kosten, zum Beispiel ür die Wahl der Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsat, entstehen auch bei einer innerstaatlichen Verschmelung. Wie hoch diese letztlich sind, hängt vom konkreen Einzelfall ab. Eine Rolle spielt zum Beispiel, wie iele Gesellschaften an einer Verschmelzung beteiligt nd wie groß diese sind. Darüber hinaus baut die Wahl on Arbeitnehmervertretern in den Aufsichtsrat, die aus em Inland kommen, auf bestehende Arbeitnehmertrukturen auf und ist auch deshalb kostengünstig. Sicher ist an der vorgesehenen Umsetzung der so geannten Verschmelzungsrichtlinie noch nicht alles optial. Einiges, gerade was die Mitbestimmung betrifft, ird weiter beobachtet und reguliert werden müssen. Ich enke hier zum Beispiel an mittelfristige Auswirkungen uf die Arbeitsbedingungen im nationalen Bereich und n die Tarifautonomie. Alles in allem ist der vorliegende Entwurf ein gelunener Schritt, Mitbestimmung auch unter sich veränernden Rahmenbedingungen und in internationalem ahmen zu gewährleisten. erade aus dem Ziel der Rechtssicherheit heraus ist es eshalb geboten, diesem Gesetz zuzustimmen. Danke schön. – Frau Präsidentin, nachdem Sie als ränkin ie Uhr wegen meiner freundlichen Begrüßung zwei Miuten später eingestellt haben, beende ich meine Rede twas eher. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Na, na, na!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1606315500

Herr Kollege, wir sehen hier natürlich, dass Sie keine

edezeit übrig gelassen haben.


(Heiterkeit)


Nächster Redner ist der Kollege Klaus Ernst, Fraktion
ie Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Klaus Ernst (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1606315600

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Die Mitbestimmung ist ein elementarer Baustein
nserer Demokratie und der Wirtschaft. Ich möchte aber
ier auf einen kleinen Etikettenschwindel, den wir auch
eim Kündigungsschutz haben, aufmerksam machen. Je-
er, der von Mitbestimmung ein wenig versteht, weiß,
ass es sich dabei nicht um eine echte Mitbestimmung
m Sinne von Parität handelt. Jeder, der wirklich etwas
avon versteht, weiß vielmehr, dass der Vorsitzende
ach dem Mitbestimmungsrecht immer von der Arbeit-






(A) )



(B) )


Klaus Ernst
geberseite kommt, damit ein Zweitstimmrecht hat und
die Arbeitnehmerseite, selbst wenn sie sich einig wäre,
obwohl ein leitender Angestellter dazugehört, immer
überstimmen kann. Es gibt also keine Mitbestimmung,
sondern nur ein Informationsrecht. Es ist dringend not-
wendig, dass ein solches Recht eingeräumt wird. Eigent-
lich wäre es noch viel notwendiger, für echte Mitbestim-
mung zu sorgen, indem man eine echte Parität schafft.

Die Gegner der Mitbestimmung sollten sich überle-
gen, ob nicht die Abschaffung oder das Schleifen des
Mitredens im Betrieb, selbst wenn es heute keinen ech-
ten Einfluss garantiert, zu einer Situation führt, in der
sich nur der Herr im Hause mit seinem Standpunkt
durchsetzt. Wäre es tatsächlich modern, wenn der Eigen-
tümer eines Betriebs oder seine Vertreter sagen könnten,
wo es langgeht, ohne dass die Arbeitnehmer Einfluss ha-
ben und sich wehren können?


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1606315700

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Kolb?


Klaus Ernst (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1606315800

Sehr gerne.


Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1606315900

Herr Kollege Ernst, Sie stellen die Parität infrage und

bezweifeln, dass sie eine echte Mitbestimmung gewähr-
leistet. Können Sie mir erklären, welchen Unterschied es
dann macht, ob es eine Drittelparität und eine Vollparität
gibt?


Klaus Ernst (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1606316000

Das erkläre ich Ihnen gerne. Wenn mehr Arbeitneh-

mervertreter im Aufsichtsrat sitzen – die Mitbestimmung
im Aufsichtsrat gewährleistet eine formale, nicht aber
eine echte Parität –, können natürlich auch mehr Arbeit-
nehmervertreter im Aufsichtsrat mitentscheiden.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Aber die haben doch auch nichts zu sagen!)


– Wenn Sie eine Antwort von mir wollen, müssen Sie
zuhören. – Damit wird vermieden, dass sich Politik in
kleinen Zirkeln abspielt, wie es bei den Arbeitgebern in
der Regel der Fall ist. Wenn wir die Mitbestimmung an
dieser Stelle ausweiteten, würden wir den Arbeitneh-
mern im Aufsichtsrat, insbesondere wenn es um den Ab-
bau von Arbeitsplätzen geht, mehr Möglichkeiten geben.
Dann würden Vorgänge wie jene bei BenQ und bei ande-
ren Unternehmen in dieser Republik nicht derart nega-
tive Folgen haben. Wenn die Arbeitnehmer im Auf-
sichtsrat die Möglichkeit zur echten Mitbestimmung
hätten, würden sie kaum wie die Kapitaleigner für eine
Verlagerung der Arbeitsplätze ins Ausland stimmen, um
mehr Rendite einzufahren.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: BenQ ist am Ende in die Insolvenz gegangen!)


– BenQ ist in Insolvenz gegangen, weil zum Beispiel die
Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei Siemens nicht
ausreichte, um so etwas zu verhindern.

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(C (D (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist eine gewagte These!)


ch verstehe Ihre Frage so, dass Sie mit mir dafür kämp-
en wollen, dass sich etwas ändert. Das können wir ma-
hen.

Wie beim Kündigungsschutz stellen sich bei der Mit-
estimmung die Verhältnisse anders dar, als der Titel des
esetzentwurfs vermuten lässt. Bereits in erster Lesung
aben wir daran erinnert, dass der hohe Anteil ausländi-
cher Konzerne, die in Deutschland tätig sind und dem

itbestimmungsrecht unterliegen, dafür spricht, dass
as deutsche Modell der Mitbestimmung, wie es sich
omentan darstellt, erfolgreich ist. Von den 767 Unter-

ehmen, die dem deutschen Mitbestimmungsgesetz un-
erliegen, gehören rund 30 Prozent zu ausländischen
onzernen. Nach einem Gutachten von Professor
empen zeigen zudem aktuelle Untersuchungen, dass

Deutschland aus Investorensicht der attraktivste In-
vestitionsstandort in Europa ist, weltweit rangiert er
an dritter Stelle, nach den USA und China.

Wir haben also nicht das Problem, dass wir uns zu-
ückhalten müssen.

Die Linke begrüßt die Zielsetzung des Gesetzent-
urfs, die Interessenvertretung der Beschäftigten auch

m Verschmelzungsfall sicherzustellen. Zur vollständi-
en Einlösung dieses Anspruchs sollten einige Regelun-
en noch präziser gefasst werden. Insbesondere ist die
estlegung notwendig, dass dem nach einer Verschmel-
ung fortbestehenden Gesamtbetriebsrat ein autorisier-
er Gesprächs- und Verhandlungspartner gegenüber-
teht. Geschieht dies nämlich nicht, läuft die im
esetzentwurf vorgesehene Bewahrung der Arbeitneh-
ervertretung unter Umständen darauf hinaus, dass

war die Arbeitnehmervertretung fortbesteht, aber auf
er Unternehmerseite kein Verhandlungspartner exis-
iert. Daher sollte das Gesetz sicherstellen, dass auch die

Leitung eines europäischen Unternehmens den
rechtlichen Verpflichtungen eines Arbeitgebers aus
der deutschen Gesetzgebung

achkommt. Dies hat der Gutachter Hawreliuk in der
nhörung vorgeschlagen.

Die Bundesregierung ist nicht nur gefordert, die Mit-
estimmung auf europäische Unternehmen auszuweiten,
ondern auch, das deutsche Mitbestimmungsrecht euro-
afest zu machen. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Derzeit
st es deutschen Unternehmen möglich, eine GmbH &
o KG in eine britische Limited umzuwandeln und da-
it das deutsche Mitbestimmungsrecht zu umgehen. Ein

olches Mitbestimmungsdumping schadet der europäi-
chen Idee und den betroffenen Arbeitnehmerinnen und
rbeitnehmern; es sollte unverzüglich durch den Gesetz-
eber abgestellt werden.

Wir müssen nicht nur Mitbestimmungslücken schlie-
en, sondern auch dafür Sorge tragen, dass zukünftig die
urch Beschäftigungsabbau und Unternehmensverlage-
ung entstehenden Risiken für die Beschäftigten stärker
ls bisher zum Gegenstand der Mitbestimmung werden.
ie zunehmende Finanzmarktorientierung von Unter-






(A) )



(B) )


Klaus Ernst
nehmen bringt es mit sich, dass dem Ziel einer hohen Ei-
genkapitalrendite gute Arbeitsbedingungen und die Ar-
beitsplatzsicherheit geopfert werden. Ein Beispiel für
diese Politik habe ich Ihnen gerade gegeben. Aus Sicht
der Beschäftigten kann die Antwort auf diese Entwick-
lung nur in einem Ausbau der Mitbestimmung bei Stand-
ort- und Investitionsentscheidungen liegen.

Unser Fazit ist: Mitbestimmung ist gut für Beschäf-
tigte und Unternehmen. Damit das so bleibt, muss die
Mitbestimmung weiterentwickelt werden. Dafür wird
die Linke gemeinsam mit den Gewerkschaften konkrete
Vorschläge entwickeln.

Ich danke Ihnen fürs Zuhören.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1606316100

Nächster Redner ist der Kollege Matthias Berninger,

Bündnis 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Häufige
Folge neuer europäischer Regelungen ist, dass sich die
Standards nicht im oberen Bereich ansiedeln, sondern es
zu so etwas wie einem Rennen nach unten kommt und
entsprechende Errungenschaften abgebaut werden. Bei
der Verschmelzungsrichtlinie und dem heute zu beraten-
den Gesetzentwurf zur Umsetzung der Regelungen – ich
sage das ausdrücklich – ist das nicht der Fall.

Ich finde, es ist eine gute und richtige Entscheidung
– mehrere Vorrednerinnen und Vorredner haben das be-
reits gesagt –, dass man sich an dem Land orientiert, in
dem die Mitbestimmung auf dem höchsten Niveau ist.
Ich finde es gut, dass die Mitbestimmung nicht über die
Verschmelzungsrichtlinie ausgehebelt wird. Das halte
ich persönlich für eine richtige und gute Entwicklung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Auf europäischer Ebene sollte das häufiger einmal der
Fall sein.

Herr Ernst hat gesagt, Mitbestimmung sei für die Ar-
beitnehmerseite heute so etwas wie Mitreden, ohne Ein-
fluss nehmen zu können. Ich halte dieses Argument in
der Sache für völlig falsch. Herr Kollege Ernst, wir müs-
sen doch gerade die Stärke des Mitbestimmungsrechts
besser in den Vordergrund rücken. Denn der Grund da-
für, dass mitbestimmte Unternehmen in Deutschland
keine Standortnachteile und nachweislich keine schlech-
tere, sondern häufig eine bessere Performance als andere
Unternehmen haben, ist, dass eine ganze Reihe von Pro-
blemen infolge der Einbindung von Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmern in den Aufsichtsräten einer vernünf-
tigen Lösung zugeführt werden können, was in anderen
Ländern so nicht der Fall ist. Mitbestimmung ist einer
der Gründe, warum das Risiko für Streiks in Deutsch-
land weit geringer ist als in anderen Ländern.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D nsofern halte ich Mitbestimmung anders als die FDP icht für einen Standortnachteil, sondern für einen tandortvorteil. Darüber hinaus sollten wir uns abgewöhnen, den Aufichtsrat in ein Arbeitgeberlager und ein Arbeitnehmerager zu unterteilen. Wir haben die Regelungen für Cororate Governance in den letzten Jahren ganz bewusst eändert. Jedes einzelne Aufsichtsratsmitglied als solhes hat – auch das sollte man deutlich sagen – eine Verntwortung für das Unternehmen. Wenn man ein bisshen aus diesem Lagerdenken herauskommt, dann kann in Aufsichtsrat in der Regel auch besser funktionieren. m Extremfall kann man auch einmal vor Gericht stehen, eil man im Aufsichtsrat eine nicht ganz so vernünftige ntscheidung getroffen hat, wie im Falle des Kollegen wickel, der zurzeit in Düsseldorf vor Gericht steht. Auf er Anklagebank sitzt nicht nur Herr Ackermann. Nicht ur er hat sich wegen der sehr hohen Abfindung bei der bernahme von Mannesmann durch Vodafone zu recht ertigen. (Beifall der Abg. Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


(Anton Schaaf [SPD]: So ist das!)


Ich finde es bemerkenswert, dass die FDP die Mitbe-
timmung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer als
entrales Problem der Aufsichtsratsarbeit ansieht, ihr
ine ganze Reihe anderer Punkte aber offensichtlich
iemlich egal ist. Ich finde, dass es ein Problem unserer
ufsichtsratsstruktur ist, dass 18 Manager allein 160 Auf-

ichtsratsmandate in der Hand haben. Das heißt, dass
ich in der Hand von wenigen, im Übrigen sehr alten

ännern ein erhebliches Entscheidungs- und Macht-
otenzial ballt. Dass sie nicht immer sachgerechte und
ernünftige Entscheidungen treffen, sondern manchmal
uch nach Gutsherrenart entscheiden, kann man zurzeit
ei Herrn Piëch, bei VW, beobachten. Man kann es aber
uch bei dem einen oder anderen „Kleinfeld-Spieler“ in
er deutschen Wirtschaft ganz gut erkennen.

Ich meine, dass diese aus der Tradition der Deutsch-
and AG, die sich längst aufgelöst hat, abgeleitete

achtballung in den Händen weniger Aufsichtsratsmit-
lieder – im Grunde genommen bildet sich so etwas wie
in Methusalem-Aufsichtsrat heraus – ein größeres Pro-
lem für die deutsche Wirtschaft ist und eher angegan-
en werden sollte.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz ist die Diskriminierung Älterer verboten!)


ch meine, dass wir den Einfluss der Manager auch hier
urückdrängen können, indem wir die Zahl der Auf-
ichtsratsmandate, die jemand übernimmt, limitieren.
as wäre eine Reform, die Standortvorteile mit sich
ringen würde.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Deutschland ist das Land, in dessen Wirtschaft
rauen – im Verhältnis zu vergleichbaren Ländern – den
eringsten Anteil an Führungspositionen haben. Wir






(A) )



(B) )


Matthias Berninger
sind im Hinblick auf die großen Unternehmen sogar
schlechter als Saudi-Arabien. Die einzige Ausnahme
stellen die Aufsichtsräte dar – weil wir gesetzlich gere-
gelt haben, dass sich die Zahl der Arbeitnehmervertrete-
rinnen an der Zahl der weiblichen Beschäftigten des Un-
ternehmens orientieren muss. Diese Regelung sollte man
auf die Arbeitgeberseite ausdehnen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: An der Zahl der weiblichen Aktionäre orientiert?)


Es würde den Unternehmen nutzen, wenn mehr Frauen
in den Aufsichtsräten wären, insbesondere weil die alten
Männer, die heute das Sagen haben und viel Unfug ma-
chen, dann in den wohlverdienten Ruhestand geschickt
würden.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Herr Berninger hat etwas gegen ältere Männer! Wahrscheinlich mag er jüngere Frauen!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1606316200

Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege Mi-

chael Hennrich, CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)



Michael Hennrich (CDU):
Rede ID: ID1606316300

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten

Damen und Herren Kollegen! Wir beraten heute ab-
schließend über das Gesetz zur Umsetzung der Regelun-
gen über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer
Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschie-
denen Mitgliedstaaten. Ich hatte das besondere Vergnü-
gen, in der ersten Lesung die Vor- und Nachteile dieses
Gesetzes ausführlich darlegen zu dürfen. Ich will mich
heute darauf beschränken, die Inhalte der Anhörung so-
wie die Beratungen im Ausschuss zu bewerten, und die
Kernpunkte herausarbeiten.

Bevor ich das tue, möchte ich einen Aspekt vorab
nennen, der in der Debatte bisher viel zu kurz gekom-
men ist. Wir bemängeln immer wieder, dass auf der eu-
ropäischen Ebene die soziale Dimension nicht genügend
berücksichtigt wird – ein Urteil, das quer durch alle Par-
teien immer wieder geäußert wird. Man muss sich ein-
mal fragen, warum das so ist, woran das liegt. Einer der
Gründe ist darin zu sehen, dass die Mitgliedstaaten die
ihnen eigene Zuständigkeit für die Sozialpolitik behalten
wollen. Damit geben wir der Europäischen Union wenig
Spielraum, sich in sozialpolitischen Angelegenheiten zu
profilieren.

Die Richtlinie, die wir in nationales Recht umsetzen,
ist ein gelungenes Beispiel dafür, dass sich die Europäi-
sche Union, wenn sie die Möglichkeit bekommt, sehr
wohl um die Belange der Arbeitnehmerinnen und Ar-
beitnehmer kümmert. In dieser Richtlinie wurde nicht
nur im Interesse der Gesellschafter bzw. der Aktionäre
eine Lücke im europäischen Gesellschaftsrecht ge-
schlossen. Die Europäische Union hat sich dabei ganz

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(C (D ewusst den Interessen der Arbeitnehmer und deren Verretung angenommen. Diesen ganz zentralen Aspekt hat n der ganzen Debatte kein einziger Redner angesprohen. Als jemand, der auch für europapolitische Fragen zutändig ist, möchte ich noch einen anderen Aspekt aufreifen: Es heißt immer wieder, die Europäische Union iehe Kompetenzen an sich, ohne den Grundsatz der ubsidiarität zu beherzigen. Auch diese umzusetzende ichtlinie zeigt, dass die Subsidiarität von der europäi chen Ebene sehr wohl ernst genommen wird und dass ie Europäische Union dem nationalen Gesetzgeber oft andlungsspielräume lässt. Es war ja genau die Kritik er FDP, wir hätten diese Handlungsspielräume nicht onsequent genutzt. Die Diskussion, die wir geführt haben, war insgesamt ehr ideologiefrei. Die Partei Die Linke hat sogar selbst ingeräumt – Kollege Dreibus hat das gestern in der usschusssitzung deutlich gemacht –, dass sie in der nhörung von den Vorzügen der Mitbestimmung über eugt werden konnte. Insofern hat sich die Anhörung für ie gelohnt. Ich dachte bisher, dass Sie schon vorher daon überzeugt gewesen wären, dass die Mitbestimmung n Deutschland sinnvoll ist. Wenn diese Anhörung dazu eigetragen hat, Sie zu überzeugen, dann war sie sicherich sinnvoll. Sie alle kennen die Debatten, die wir daüber geführt haben, ob nicht unnötig Steuergelder verchwendet worden sind. Ich möchte einen Punkt herausgreifen, den die FDP ritisiert hat. Sie haben gesagt, dass Sie nicht glauben, ass es innerhalb der Betriebe zu sinnvollen Lösungen ommen wird, weil es die so genannte Auffanglösung ibt. Wenn nach den Verhandlungen also kein Ergebnis rzielt worden ist, dann greift diese ein und es gilt das orher-nachher-Prinzip. – Damit stellen Sie den Arbeitehmerinnen und Arbeitnehmern und insbesondere auch en Betriebsräten in den Unternehmen ein schlechtes eugnis aus. Gerade in der Vergangenheit hat sich näm ich deutlich gezeigt, dass sich die Betriebsräte sehr beusst auch für die Interessen der Betriebe einsetzen und ass sie für vernünftige Lösungen offen sind. Das haben ie den Betriebsräten mit Ihrer Kritik abgesprochen. Ich glaube, wir sollten das Gesetz einfach einmal auf ns wirken lassen. An dem Thema Mitbestimmung wird er Standort Deutschland weder scheitern noch genesen. as ist ein Baustein von vielen. Mit diesem Gesetz haen wir letztendlich sichergestellt, dass deutsche Unterehmen in Europa wettbewerbsfähig bleiben. Jetzt sollen wir zunächst einmal abwarten, wie dieses Gesetz irkt, bevor wir weitere Dinge auf den Weg bringen. Herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1606316400

Ich schließe die Aussprache.






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner
Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun-
desregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Umset-
zung der Regelungen über die Mitbestimmung der
Arbeitnehmer bei einer Verschmelzung von Kapitalge-
sellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten, Druck-
sache 16/2922. Der Ausschuss für Arbeit und Soziales
empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Druck-
sache 16/3320, den Gesetzentwurf anzunehmen. Ich
bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wol-
len, um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Ent-
haltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Be-
ratung mit den Stimmen der Fraktionen der Linken, der
SPD, des Bündnisses 90/Die Grünen und der CDU/CSU
bei Gegenstimmen der Fraktion der FDP angenommen.

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzent-
wurf ist damit in dritter Beratung mit dem gleichen Stim-
menergebnis wie in der zweiten Beratung angenommen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 8 a bis e sowie
Zusatzpunkt 5 auf:

8 a) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Reinhard Loske, Cornelia Behm, Hans-Josef
Fell, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

Für eine radikale und konsequente Klimapolitik

– Drucksache 16/3283 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Auswärtiger Ausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Eva Bul-
ling-Schröter, Lutz Heilmann, Hans-Kurt Hill,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LIN-
KEN

Klares Signal für die Kyoto-II-Verhandlungen
auf der UN-Klimakonferenz in Nairobi setzen

– Drucksache 16/3026 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Auswärtiger Ausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung

c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Michael
Kauch, Gudrun Kopp, Angelika Brunkhorst, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Klimapolitischen Zertifikatehandel in Deutsch-
land nachhaltig und verantwortungsvoll gestal-
ten – Nationalen Allokationsplan grundlegend
überarbeiten

– Drucksache 16/3051 –

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(C (D Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuss für Wirtschaft und Technologie d)

richts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit (16. Ausschuss)


– zu dem Antrag der Abgeordneten Michael
Kauch, Angelika Brunkhorst, Horst Meierho-
fer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
FDP

Klimaschutz-Offensive 2006

– zu dem Antrag der Fraktion des BÜNDNIS-
SES 90/DIE GRÜNEN

Den Klimawandel wirksam bekämpfen –
Deutschland muss Vorreiter bleiben

– Drucksachen 16/242, 16/59, 16/898 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Andreas Jung (Konstanz)

Frank Schwabe
Michael Kauch
Eva Bulling-Schröter
Undine Kurth (Quedlinburg)


e) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Finanzausschusses (7. Ausschuss) zu
dem Antrag der Abgeordneten Dr. Reinhard
Loske, Kerstin Andreae, Cornelia Behm, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNIS-
SES 90/DIE GRÜNEN

Kfz-Steuer klimafreundlich reformieren –
CO2-Ausstoß und Verbrauch als Bemessungs-
grundlage

– Drucksachen 16/2073, 16/3197 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Patricia Lips

P 5 Beratung des Antrags der Abgeordneten Andreas
Jung (Konstanz), Marie-Luise Dött, Katherina
Reiche (Potsdam), weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten
Frank Schwabe, Marco Bülow, Dirk Becker, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Die Zeit nach dem Kyoto-Protokoll gestalten –
entschieden dem Klimawandel entgegentreten

– Drucksache 16/3293 –

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich
öre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege
r. Reinhard Loske, Bündnis 90/Die Grünen.


Dr. Reinhard Loske (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1606316500

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
ir erleben im Moment eine enorme Verdichtung klima-
issenschaftlicher und klimapolitischer Nachrichten und
euigkeiten. Im Februar nächsten Jahres wird das






(A) )



(B) )


Dr. Reinhard Loske
Gremium der Klimawissenschaftler der Vereinten Natio-
nen seinen neuen Bericht vorlegen. Man darf vielleicht
salopp sagen: Dieser Bericht lässt befürchten, dass alles
noch schlimmer als bislang angenommen wird, wenn
wir nicht vorsorgend handeln.

Vor wenigen Tagen ist der so genannte Stern-Bericht
erschienen. Der ehemalige Chefökonom der Weltbank,
Nicholas Stern, hat systematisch untersucht, was die Kli-
mavorsorge und die Anpassung an Klimaveränderungen
kosten würden. Er kommt zu dem Ergebnis, dass die Kli-
mavorsorge um ein Vielfaches günstiger als die Anpas-
sung an Klimaveränderungen ist. Zur Vorsorge kommt
es aber nicht von selbst, sondern sie muss politisch pro-
moviert und tatsächlich betrieben werden. Daran hapert
es im Moment noch. Die Kosten der Anpassung an Kli-
maveränderungen können um den Faktor 20 über den
Kosten der Klimavorsorge liegen. Deswegen ist das ein
weiteres dringendes Plädoyer dafür, zu handeln.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


In den letzten Tagen und Wochen ist an die Öffent-
lichkeit gelangt, dass das Sekretariat der Vereinten Na-
tionen und auch die EU-Kommission die nationalen
Emissionsberichte systematisch durchgegangen sind.
Man muss leider sagen, dass sie zu dem Ergebnis kom-
men, dass viele EU-Staaten ihre Klimaschutzziele, ihre
Kioto-Ziele, zu verfehlen drohen. Es ist noch nicht zu
spät. Sie können noch erreicht werden. Aber in vielen
Fällen sieht es nicht gut aus. Deswegen muss die EU-
Kommission jetzt Druck machen. Das ist für die Glaub-
würdigkeit der europäischen Klimapolitik sehr wichtig.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


In genau dieser Zeit findet nun die Nairobikonferenz
statt, an der in der nächsten Woche der Herr Minister
und eine Parlamentarierdelegation teilnehmen werden.
Meine politische Einschätzung dieses Themas lautet: Es
wäre wirklich verheerend, wenn sich der Eindruck ver-
festigen würde, dass zwar die Signale aus der Wissen-
schaft immer alarmierender werden, die Konferenzkara-
wane aber unbeeindruckt weiter zieht. Die neuen
Kenntnisse, die wir jetzt haben, müssen sich auch in der
Art und Weise niederschlagen, wie in Nairobi vorgegan-
gen wird. Der Ernst der Lage muss erkannt werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


In diesen Prozess müssen wir jetzt eintreten, um im
nächsten, spätestens aber im übernächsten Jahr verbind-
liche Ziele für die Zeit nach dem Jahr 2012 zu vereinba-
ren. Dabei müssen wir mehr Staaten einbeziehen – vor
allen Dingen China und Indien –, allerdings noch nicht
unbedingt mit absoluten Reduktionszielen, wohl aber in
Form von Sektorzielen für bestimmte Bereiche, etwa für
die erneuerbaren Energien, oder in Form von Effizienz-
zielen.

Wir müssen darauf hinwirken, dass die positiven Si-
gnale, die gegenwärtig aus den Vereinigten Staaten,
insbesondere aus dem Nordosten des Landes und aus
Kalifornien, zu vernehmen sind, endlich dazu führen,
dass die USA ihrer internationalen Verantwortung ge-

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(C (D echt werden. Denn Unilateralismus ist nicht nur in Sahen Militär ein Problem, sondern auch und ganz besoners in Sachen Klimaschutz. Darüber hinaus müssen wir den armen Ländern dabei elfen, sich an die Klimaveränderungen anzupassen. Inofern fügt es sich vielleicht ganz gut, dass die Klimaonferenz in Nairobi stattfindet. Denn Afrika ist ein ontinent, der, obwohl er nur einen Bruchteil zur Verur achung des Problems beiträgt, in ganz besonderer eise von den Folgen des Klimawandels betroffen ist. ier müssen wir unserer Verantwortung nachkommen. Ich möchte die Bundesregierung gerne auffordern, die eiden im nächsten Jahr anstehenden Präsidentschaften eutschlands – die EU-Ratspräsidentschaft und die Prä identschaft der G 8 – zu nutzen, um die Themen Klimachutz und Energiesicherheit verstärkt in den Mittelunkt der Diskussion zu rücken. Wir Grüne glauben, die ichtigste Maßnahme in diesem Zusammenhang wäre, ass sich Deutschland auf nationaler Ebene endlich verindlich die Erreichung des 40-Prozent-Ziels bis zum ahre 2020 vornimmt, um einen Beitrag dazu zu leisten, ass sich dann auch die Europäische Union zu einem limaschutzziel von 30 Prozent bis zum Jahr 2020 wird urchringen können. Diese Vorreiterrolle Deutschlands st sehr wichtig. Nun möchte ich von den Höhen der Weltpolitik und er europäischen Politik noch kurz in die Niederungen er nationalen Politik hinabsteigen und feststellen: Für ns Grüne ist der Umgang mit dem Emissionshandel, er uns in den nächsten Wochen und Monaten beschäftien wird, der entscheidende Lackmustest für die Glaubürdigkeit der Regierung. Unsere Kritik am jetzigen Allokationsplan ist: Erstens. Die darin aufgeführten Ziele sind nicht anpruchsvoll genug. Sie verlangen von den Energieverorgungsunternehmen und von der Energie verbrauchenen Industrie, bis zum Jahr 2012 Ziele zu erreichen, die ie bereits im Jahr 2005 erreicht haben. Das kann nicht ichtig sein. Das ist zu anspruchslos. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Zweitens. Im Allokationsplan betreiben Sie im Rah-
en des Emissionshandels eine viel zu starke Bevorzu-

ung der Kohle. Für Kohle und Erdgas gelten die glei-
hen Emissionsrechte. Das kann nicht richtig sein. Am
chlimmsten aber ist die 14 Jahre lang andauernde Ga-
antie für bereits gebaute Kraftwerke, dass sie keinen
eitrag zur Emissionsreduktion leisten müssen. Das
ürde bedeuten, dass Kraftwerke, die erst 2012 ans Netz
ehen, bis zum Jahr 2026 in Sachen Emissionsreduktion
ichts unternehmen müssten. Auch das kann nicht rich-
ig sein.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Dr. Reinhard Loske
Deswegen fordern wir die Einführung eines brennstoff-
unabhängigen Benchmarks und die deutliche Kürzung
der Frist von 14 Jahren.

Ich komme zu meinem letzten Punkt, Frau Präsiden-
tin. Ich glaube, es ist ein großer Fehler, dass die Bundes-
regierung die Möglichkeit, 10 Prozent der Emissions-
zertifikate zu versteigern – diese Möglichkeit ist in der
EU-Richtlinie ausdrücklich vorgesehen –, nicht nutzt.
Andere Länder tun das. Bei einer Größenordnung von
50 Millionen Tonnen und einem Zertifikatepreis von
10 Euro pro Tonne würde das Einnahmen von ungefähr
500 Millionen Euro generieren. Dieses Geld könnten wir
für die Auflegung eines Effizienzprogramms gut ver-
wenden.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1606316600

Herr Kollege, Sie müssen Ihren letzten Punkt etwas

kürzen.


Dr. Reinhard Loske (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1606316700

Ich bin sofort fertig. Ich wäre sogar schon fertig,

wenn Sie mich nicht unterbrochen hätten. Entschuldi-
gung!


(Heiterkeit)


Wenn wir auf der Lernkurve nach oben kommen wol-
len, müssen wir dieses Instrument endlich anwenden.
Dafür werden wir uns im Rahmen der parlamentarischen
Beratungen einsetzen.

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1606316800

Nächster Redner ist der Kollege Josef Göppel, CDU/

CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Josef Göppel (CSU):
Rede ID: ID1606316900

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Deutschland ist gut auf seine beiden Präsidentschaften
und auf die Konferenz in Nairobi vorbereitet. Es ist
schön, wenn die Opposition mehr fordert als die Koali-
tion in dem sehr ambitionierten Antrag, den sie heute
vorgelegt hat. Auf diesen Antrag wird mein Kollege An-
dreas Jung noch eingehen.

Ich möchte an dieser Stelle meinen persönlichen Ein-
druck schildern, den ich bei meiner Teilnahme an zwei
Konferenzen in Buenos Aires und Montreal gewonnen
habe. Seit der Zeit ist mir immer stärker bewusst gewor-
den, dass der Erfolg entscheidend davon abhängt, wie
die Entwicklungsländer in den Prozess des Klimaschut-
zes einbezogen werden. Am Ende dieses Weges muss
zweifellos jedem Menschen auf der Erde dasselbe Recht
zugestanden werden, die Atmosphäre zu nutzen.


(Ute Koczy [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber nicht so wie wir!)


Insofern gehen wir auf der Konferenz das Thema an,
indem die europäischen Delegationen versuchen, ein

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(C (D ündnis mit den Entwicklungsländern zu schließen. Ich enke, dass wir damit weiterkommen. Man könnte zwar inwenden, dass Nairobi weit von Berlin entfernt ist, ber ich habe bei den beiden anderen Konferenzen erebt, dass sehr genau zugehört und beobachtet wird, was ir in Deutschland machen. Es hat sich gezeigt, dass ich die konkreten Maßnahmen, die die große Koalition uf den Weg gebracht hat, im Vergleich zu vielen andeen Ländern durchaus sehen lassen können. Ich möchte an dieser Stelle unserer Bundeskanzlerin usdrücklich dafür danken, dass sie sich so klar positioiert hat. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall des Abg. Marco Bülow [SPD])


ch verweise zum Beispiel auf die Verdoppelung der
nergieproduktivität bis 2020. Das ist ein entscheiden-
er Punkt.

Was die Bereiche Wärme, Strom und Verkehr angeht,
st festzustellen, dass die gewaltige Aufstockung der

ittel für das Gebäudesanierungsprogramm durch die
roße Koalition in Bezug auf den deutschen Altbaube-
tand einen der größten Beiträge zum Thema Klima-
chutz darstellt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


uch dass es gelungen ist, mit dem Marktanreizpro-
ramm finanziell einen entscheidenden Schritt nach
orne zu kommen, ist ein Beleg für unsere Ernsthaftig-
eit.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich halte das deshalb für wichtig, weil man – ähnlich
ie im Familienleben – andere nur überzeugen kann, in-
em man mit eigenem Beispiel vorangeht.

Hinsichtlich der Stromerzeugung bin ich davon über-
eugt, dass wir von den zentralen Großkraftwerken weg-
ommen müssen, weil dabei die Abwärme nicht ausrei-
hend nutzbar ist.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Beifall beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Renate Künast [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN], zur CDU/CSU gewandt: Was ist denn bei euch los?)


Beifall ist immer schön.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, aber sie haben vergessen zu klatschen!)


Wir werden – wie der Präsident des Umweltbundes-
mtes gestern im Umweltausschuss festgestellt hat – zu-
ehmend zu dezentralen Kraftwerken mit Kraft-
ärme-Kopplung übergehen, weil wir damit die Wärme

äher an die Verbraucher heranbringen und sie dadurch
utzbar machen. Das ist ein großer Maßnahmenblock.






(A) )



(B) )


Josef Göppel
Ich denke, dass die Maßnahmen, die mit dem Ak-
tionsplan – zum Beispiel mit dem europäischen Pro-
gramm „Energy Star“ zur Kennzeichnung von Haus-
haltsgeräten – eingeleitet worden sind, einen weiteren
Beitrag leisten.

Im Verkehrsbereich bieten uns sicherlich auch die Ini-
tiativen unserer Kollegen im Europäischen Parlament im
Zusammenhang mit den Verbrauchsobergrenzen für Au-
tos eine Richtschnur für die Zukunft. Denn derzeit zei-
gen die Analysen über das Tempo des Klimawandels,
dass man mit freiwilligen Vereinbarungen nur einen be-
grenzten Zeitraum überbrücken kann.

Ich möchte ausdrücklich betonen, dass die konkreten
Maßnahmen, die die Koalition eingeleitet hat, wichtige
Voraussetzungen für die Verhandlungsposition der deut-
schen Delegation in Nairobi sind. Einige Parlamentarier
werden unseren Minister begleiten. Unser Ziel ist, dass
in Nairobi eine Nachfolgeregelung für das jetzige Ab-
kommen nach dem Jahr 2012 vereinbart wird. Herr Mi-
nister Gabriel, Sie haben bei der Vertretung der deut-
schen Interessen, unsere volle Unterstützung, aber auch
bei dem Versuch, den Entwicklungsländern deutlich zu
machen, dass der Einsatz energiesparender Technologien
auch für sie der Weg zu mehr Wohlstand und weg von
Armut bedeutet und ihnen eine Zukunftsperspektive in
der Welt eröffnet.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1606317000

Das Wort hat der Kollege Michael Kauch, FDP-Frak-

tion.


(Beifall bei der FDP)



Michael Kauch (FDP):
Rede ID: ID1606317100

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zuerst

danke ich Ihnen, meine Damen und Herren von der Ko-
alition, dafür, dass künftig den Oppositionsfraktionen of-
fenbar immer mitgeteilt wird, wie die Verhandlungen in
der Koalition abgelaufen sind. Sie haben uns freundli-
cherweise Ihren Antrag im Änderungsmodus zugesandt.
Dem konnten wir entnehmen, dass die Koalition ihre
Ankündigung, die EEG-Fördersätze 2007 zu überprüfen,
gestrichen hat. Das ist eine interessante Information
auch für die Kollegen von der Union, die nicht dem Um-
weltausschuss angehören.


(Beifall bei der FDP)


Kommen wir aber zum eigentlichen Thema, zu den
Anträgen, die die FDP und die Grünen eingebracht ha-
ben. Nach der aktuellen Studie der Internationalen Ener-
gie-Agentur werden die CO2-Emissionen bis 2050 glo-
bal um 137 Prozent steigen – von einer Minderung kann
also keine Rede mehr sein –, wenn wir nicht umsteuern.
Das Zeitfenster für ein Umsteuern wird zunehmend klei-
ner, wenn wir die Zwei-Grad-Ziele einhalten wollen.

Die Internationale Energie-Agentur stellt zudem fest,
dass vor allem bei der Energieeffizienz und der CO2-Ab-

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(C (D cheidung bei entsprechenden Technologien das größte lobale Einsparpotenzial vorhanden ist, und das noch or den in Deutschland immer sehr streitig diskutierten echnologien Kernkraft und erneuerbare Energien. Der rund dafür liegt insbesondere in China. Die dort vorandene Kohle wird verbrannt werden, egal ob wir das ut oder schlecht finden. Die Frage ist nur, mit welcher echnologie. Wir als Liberale sind der Meinung, dass en Technologien zur Verringerung der CO2-Abscheiung eine Schlüsselrolle beim Klimaschutz zukommt. Eine Hauptaufgabe der deutschen Präsidentschaft in er EU und der G 8 wird sein, Indien, China und die Verinigten Staaten für ein neues Klimaschutzprogramm zu ewinnen. Viel zu lange hat die Bundeskanzlerin dem ritischen Premierminister Tony Blair die alleinige Fühung in der Klimapolitik überlassen, obwohl Deutschand im nächsten Jahr die Präsidentschaften innehat. Wer st denn zu Arnold Schwarzenegger gefahren und hat in en USA für Klimaschutz geworben? Das war Tony lair und nicht Angela Merkel. Wer hat denn den Stern“-Report über die wirtschaftlichen Folgen des Kliawandels in Auftrag gegeben? Das war Tony Blair und icht Angela Merkel. Es ist gut, dass die Kanzlerin in er letzten Woche aufgewacht ist und entsprechende Sinale gesandt hat. Aber Signale sind noch kein Proramm für die Präsidentschaften. Die Bundesregierung muss dringend ein Konzept für ine internationale Klimaoffensive vorlegen. Insbesonere der Emissionshandel bedarf neuer Impulse. Er uss auf alle klimarelevanten Wirtschaftssektoren aus edehnt werden, auch auf den Luftverkehr. Zudem sollen einzelne Bundesstaaten der USA am internationalen missionshandel teilnehmen können. Aber was tut denn ie Bundesregierung im Bereich der Technologiekoopeation? Der Umweltminister fährt durch die Welt und irbt richtigerweise für den Einsatz erneuerbarer Enerien. Ich stelle aber fest, dass er eigentlich gar nicht daür zuständig ist. Zuständig für die Exportförderung ereuerbarer Energien ist Ihr Parteifreund Glos, Herr öppel. Herr Glos verschläft alle Chancen, die sich in iesem Bereich bieten. Wo ist denn Herr Glos unteregs? Er verschläft dieses Thema. Ich bitte Sie, Herr öppel, wecken Sie ihn auf. (Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)


Im Entwicklungshilfeministerium sieht es auch nicht
esser aus. Ich bin Mitglied der Parlamentariergruppe
ür das südliche Afrika. Wenn man durch die afrikani-
chen Länder fährt, dann fragt man sich, warum mitten
n der Wüste ein Dieselgenerator läuft. Warum erzeugen
ie Länder, die uns besonders nahe stehen, keine Son-
enenergie?


(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)







(A) )



(B) )


Michael Kauch
In Sachen Klimaschutz liegt es schon auf nationaler
Ebene im Argen. Man kann nicht, Herr Gabriel, das Ziel,
den Ausstoß von Treibhausgasen um 80 Prozent zu min-
dern, ausrufen und in der Zeitung glänzen, aber gleich-
zeitig einen Nationalen Allokationsplan vorlegen, in
dem die Minderungsziele, wie Herr Loske schon gesagt
hat, zu niedrig sind. Es fehlen bei der Reserve für Neu-
anlagen 18 Millionen Tonnen CO2, die Sie für den
Atomausstieg, den auch diese Regierung nicht rückgän-
gig machen will, brauchen. Neuanlagen werden für
14 Jahre privilegiert, womit die Technologie, die bis
2012 eingesetzt wird, für die nächsten Jahre festge-
schrieben wird. Das ist ein Anreizprogramm für die
Kohleverstromung, wie wir sie heute haben. Es ist kein
Anreiz, neue Technologien zu entwickeln, die uns viel-
leicht ab 2020 mit der CO2-Abscheidung zur Verfügung
stehen. Der Nationale Allokationsplan ist völlig kontra-
produktiv.


(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zuruf von der SPD: Da müssen Sie Herrn Glos die Schuld geben, nicht Herrn Gabriel!)


Ein entscheidender Fehler dieser Regierung ist aber
die Weigerung der Kollegen Glos und Gabriel, die Emis-
sionsrechte zu versteigern. Es tut mir Leid: Sie werden
gleich wieder erzählen, der Strommarkt sei noch ver-
machtet und es gebe noch keinen Wettbewerb. Deshalb
werden die Stromkonzerne den Verbrauchern erzählen,
dass sie noch einmal die Preise erhöhen müssen. Herr
Gabriel, das glauben Sie doch selbst nicht. Sie glauben
doch nicht, dass nach der Diskussion, die wir in den ver-
gangenen Monaten geführt haben, noch irgendein Ver-
braucher dies den Stromkonzernen durchgehen ließe. Ich
freue mich darüber, dass sowohl in der SPD als auch in
der CDU/CSU Stimmen laut werden, diese Entschei-
dung zu korrigieren. Ich muss zum Beispiel Frau Reiche,
die sich damit brüstet, die Versteigerung voranzutreiben,
sagen, dass sie das in der Koalition durchsetzen muss
und das nicht den Kollegen Glos und Gabriel überlassen
darf.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Wir haben mit der Versteigerung die große Chance,
die Stromkonzerne von ihren Windfall Profits zu befreien
und eine Umverteilung herbeizuführen. Das müsste doch
eigentlich der SPD gut gefallen. Diese Umverteilung er-
folgt von den Stromkonzernen zu den Verbrauchern,
wenn Sie das Aufkommen nutzen, um die Stromsteuer zu
senken. Genau das will die FDP. Wir laden Sie herzlich
ein, diesen Weg mit uns zu gehen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1606317200

Das Wort hat der Minister für Umwelt, Naturschutz

und Reaktorsicherheit, Sigmar Gabriel.


(Beifall bei der SPD)


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(C (D Sigmar Gabriel, Bundesminister für Umwelt, Naturchutz und Reaktorsicherheit: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr auch, wenn Sie mich richtig zitieren würden, dann inge es ja. Ich habe immer gesagt – das ist auch die Poition der Bundesregierung –, dass wir nicht für die Verteigerung von Emissionszertifikaten sind, solange wir icht sicherstellen können, dass das Geld am Ende nicht on den Verbrauchern geholt wird. Bei Ihnen herrscht ozusagen das Prinzip Hoffnung. Sie haben große Reden ehalten und gefordert, dass wir die Zertifikate versteiern sollen. Sie sagen, die Verbraucher werden sich das icht bieten lassen. Wenn diese am Ende die Zeche zahen, sind Sie der Erste, der hier steht und uns beschimpft, ass wir nichts gegen steigende Strompreise unternomen haben. as können Sie machen und das ist Ihr gutes Recht, es at aber mit der Realität wenig zu tun. Wir bekommen hoffentlich in diesem Jahr – das ist uch meine Antwort an Herrn Loske – eine Entscheiung des Bundeskartellamts. Diese wird uns dann Ausunft über die Frage geben, ob wir etwas gegen die kosenlose Einpreisung unternehmen können. Wenn das der all sein sollte, wird sich in der Bundesregierung betimmt eine völlig andere Haltung zum Thema Auktioierung entwickeln. Nur um mehr Geld im Haushalt einehmen zu können, machen wir die Auktionierung nicht it. Denn wir wollen vorher wissen, von wem das Geld ommt. Es gibt einige Menschen in Deutschland, die eniger als ein Bundestagsabgeordneter verdienen. Für ie ist die Frage, wie hoch die Energiepreise sind, eine rage, die etwas mit sozialer Gerechtigkeit zu tun hat. arum geht es in dieser Diskussion auch. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP])


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Sie verstehen von der Frage, wie es den Menschen, die
in niedrigeres Einkommen als Sie haben, nicht sehr
iel. Das weiß ich.


(Beifall bei der SPD – Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das ist eine Frechheit!)


Frechheit hin oder her, Sie müssen hier das Recht der
reien Rede akzeptieren.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU – Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Wer die größte Steuererhöhung in der Geschichte macht, sollte vorsichtig sein mit solchen Äußerungen!)


Sie haben in der Vergangenheit der Bundesrepublik
eutschland mehr Mehrwertsteuererhöhungen mitge-
acht, als diese Regierung das jemals könnte. Dafür ist

ie FDP verantwortlich.


(Beifall bei der SPD)


Ich möchte Ihnen noch etwas zu Frau Merkel sagen.
ie sprechen hier davon, was Tony Blair alles Tolles ge-
acht hat. Dass es aber überhaupt zum Kiotoprotokoll






(A) )



(B) )


Bundesminister Sigmar Gabriel
gekommen ist, lag in der Verantwortung der damaligen
Umweltministerin und heutigen Bundeskanzlerin. Das
sollten Sie der Wahrheit gemäß dann auch sagen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Herr Glos und ich haben manche Meinungsverschie-
denheit. Aber bei der Exportförderung erneuerbarer
Energien gibt es überhaupt keine Meinungsverschieden-
heiten in der Bundesregierung. Im Hinblick auf dieses
Thema können Sie beobachten, dass wir inzwischen
75 Prozent der Windenergieanlagen, die in Deutschland
hergestellt werden, ins Ausland verkaufen. Das ist eine
Realität der Politik der Bundesregierung und kein Sprü-
cheklopfen im Plenum.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich möchte noch zu ein paar Details etwas sagen. Ich
stimme dem Kollegen Loske ausdrücklich darin zu, dass
es das Ziel der Politik der Bundesregierung und Europas
sein muss, nach der 8-Prozent-Reduktion des CO2-Aus-
stoßes bis 2012 im Jahr 2020 europaweit bei 30 Prozent
Reduktion zu landen. Das ist die Position, die wir in den
europäischen Gremien vertreten und es ist auch die Posi-
tion im Rat der Regierungschefs. Sie wissen, dass die lo-
gische Konsequenz ist, dass Deutschland den Ausstoß
um 40 Prozent reduzieren muss, weil es andere Länder
in Europa mit einem schwächeren wirtschaftlichen Ent-
wicklungsstand gibt, die nicht so stark reduzieren kön-
nen.

Wenn wir im Durchschnitt 30 Prozent erreichen wol-
len, gilt Burden-Sharing und wir werden 40 Prozent da-
von tragen müssen. Da gibt es überhaupt keinen Streit in
der Sache. Es ist übrigens auch Bestandteil der Koali-
tionsvereinbarung, dass wir 30 Prozent erreichen wollen.


(Josef Göppel [CDU/CSU]: So steht es auch im Antrag! Völlig richtig!)


Was mich stört, ist nicht die Tatsache, dass Sie schrei-
ben, dass wir noch mehr machen müssen. Was mich
stört, sind Aussagen wie die von Ihrem Kollegen Fell in
der Pressemitteilung von gestern. Er schrieb, in Nairobi
gebe sich der Umweltminister als Klimaschützer und
hierzulande bediene er nur die SPD-Industrieklientel. Es
stört mich nicht, dass Sie mich damit angreifen.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das müssen Sie aushalten, Herr Minister!)


Mich stört vielmehr, dass damit eine Gefahr beschrieben
wird, die Herr Loske selbst genannt hat, nämlich die Ent-
täuschung darüber, dass nicht alle Probleme gelöst wor-
den sind, wenn man aus Nairobi zurückkommt. Wenn
Sie Leuten Mut machen wollen, beim Kampf um Klima-
schutz mitzumachen, dann dürfen Sie nicht die realen
Erfolge, die es gibt, kaputt- und schlechtreden.

Ich nenne Ihnen ein paar Erfolge, die Sie bewusst ver-
schweigen. Es ist diese Bundesregierung, die jedes Jahr
1,4 Milliarden Euro für die energetische Gebäudesa-
nierung zur Senkung des CO2-Ausstoßes einsetzt.

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(C (D Sie haben sich bei Ihren Forderungen nicht einmal geraut, die Hälfte von 1,4 Milliarden Euro einzuklagen. Wo sind denn Ihre Haushaltsanträge in Höhe von ,4 Milliarden Euro? Ich sage Ihnen, was Sie beantragt aben. Sie haben im Haushaltsausschuss gerade beanragt, 25 Millionen Euro mehr in Marktanreizprogramme ür erneuerbare Wärmeenergien zu investieren. Angeommen wurde aber der Antrag der Koalitionsfraktionen n Höhe von zusätzlichen 40 Millionen Euro im Bereich er erneuerbaren Energien. Herr Fell hat doch schon Pressemitteilungen über das ersagen der Koalitionsfraktionen vorbereitet, bevor es berhaupt im Haushaltsausschuss zu Beratungen des oalitionsantrages gekommen ist. Sie schreiben Papier oll. Wir sorgen dafür, dass wir im Haushalt Geld für akive Klimaschutzpolitik haben. Das ist der Unterschied wischen uns beiden. Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des ollegen Fell? Sigmar Gabriel, Bundesminister für Umwelt, Naturchutz und Reaktorsicherheit: Ausnahmsweise nicht, weil die Redezeit ohnehin fast u Ende ist. Ich will nur noch einige wenige Punkte nennen. Im egensatz zu Ihnen haben wir die Mittel für Forschung nd Entwicklung im Bereich erneuerbare Energien m Haushalt fast verdoppelt. Wir sind am Ende dieser egislaturperiode bei fast 100 Millionen Euro. Sie haben orher das Geld abfließen lassen bei der Förderung der rneuerbaren Wärme in die Forschung und Entwicklung. ir haben in dem Bereich der Förderung erneuerbarer ärmeenergie im Jahr 2006 insgesamt 50 Millionen uro mehr als in Ihrer Regierungszeit gehabt. Wir satteln etzt 40 Millionen Euro drauf und verdoppeln die Zahl er Anträge, die wir genehmigen können. Sie erklären ier aber, die Regierungskoalition tue nichts für den Kliaschutz. Ich finde, das ist ein Armutszeugnis, das Sie ich hier selbst ausstellen. Wir setzen um, was im Hinblick auf die Ausrüstung on Offshore-Windenergieanlagen geplant war. Sie haen das alles vorher debattiert; wir setzen das um. (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie waren doch die Verhinderer!)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


(Widerspruch bei der FDP)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1606317300

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


nstatt zu sagen, gut, dass ihr das macht, erklären Sie
ffentlich, wir brächten nichts zustande. Ich finde, Sie
ollten froh sein, dass wir die Voraussetzungen dafür
chaffen, dass Ihre Versprechen von uns eingelöst wer-
en können.






(A) )



(B) )


Bundesminister Sigmar Gabriel

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU – Renate Künast [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Sie tun immer so, als hätten Sie nicht mitregiert! Es war doch euer Wirtschaftsminister, der blockiert hat!)


Sie haben nämlich vergessen, diese Voraussetzungen zu
schaffen.

Zum Thema Nationaler Allokationsplan. Sie haben
gemeinsam mit Sozialdemokraten dafür gesorgt, dass
der CO2-Ausstoß in der ersten Phase des Emissionshan-
dels um 2 Millionen Tonnen gesunken ist. Wahrschein-
lich war mehr nicht möglich. Dank unserer Politik wird
der CO2-Ausstoß pro Jahr um mindestens 15 Millionen
Tonnen sinken. Dennoch stellen Sie sich hierhin und sa-
gen: Es ist aber schlimm, dass der CO2-Ausstoß in eurer
Regierungszeit um mehr als das Siebenfache, verglichen
mit unserer Regierungszeit, gesenkt wird. Wo bleibt in
dieser Debatte eigentlich die Glaubwürdigkeit?


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer ist eigentlich „wir“?)


– Frau Künast, dadurch, dass Sie dazwischenrufen, wird
das, was Sie gesagt haben, nicht besser.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU – Renate Künast [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Sie sind ja zu feige, eine Zwischenfrage zuzulassen!)


Frau Künast, ich kann gut damit leben, dass sich ein
grüner Abgeordneter hierhin stellt und sagt: Uns reicht
das alles nicht; ihr müsst mehr schaffen, als ihr euch bis-
her vorgenommen habt. Das kann ich gut verstehen. Ich
finde nicht in Ordnung, dass Sie sich nicht trauen, zu sa-
gen, dass für den Klimaschutz in elf Monaten dieser Re-
gierungskoalition mehr erreicht wurde als jemals zuvor
in der Bundesrepublik Deutschland.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Ich finde, mindestens das sollten Sie sagen, und zwar
nicht deshalb, weil wir so besonders gut sind, sondern
deshalb, weil die Daten, die Herr Loske genannt hat, na-
türlich dazu führen, dass der politische Druck zur Verän-
derung in diesem Bereich heute wesentlich stärker als
früher ist.

Sie sollten denjenigen, die sehr dafür kämpfen, dass
es in Deutschland eine bessere Klimaschutzpolitik gibt,
nicht dadurch in den Rücken fallen, dass Sie alles
schlechtreden, was hier gemacht wird. Ich finde, die Bi-
lanz nach elf Monaten kann sich wirklich sehen lassen.
Wir sind noch lange nicht am Ende des Weges. Wir müs-
sen deutlich mehr schaffen; aber wir haben eine Menge
erreicht. Man kann von Ihnen nur verlangen, dass Sie,
bevor Sie solche Pressemitteilungen schreiben, wenigs-
tens einmal die Realitäten des Bundeshaushalts zur
Kenntnis nehmen. Ein Blick ins Gesetzbuch – auch das
Haushaltsgesetz ist eines – erleichtert gelegentlich die
Rechtskenntnis.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


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(C (D Das Wort zu einer Kurzintervention gebe ich dem ollegen Hans-Josef Fell. Herr Minister, Sie haben soeben behauptet, dass Ihre oalition mehr für den Klimaschutz mache, als es in den eiten der rot-grünen Koalition der Fall gewesen sei. (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach, die Roten waren auch dabei?)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1606317400
Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1606317500

ch kann das nur zurückweisen. Es ist unter der rot-grü-
en Regierung und vor allem durch die gemeinsame Ar-
eit im rot-grünen Parlament nämlich sehr viel für den
limaschutz auf den Weg gebracht worden. Ich verweise
ur auf die gemeinsame Arbeit mit der SPD.


(Zurufe von der CDU/CSU: Rot-grünes Parlament? – Holger Haibach [CDU/CSU]: Was ist denn das für ein Demokratieverständnis?)


Die Gesetze wurden im Parlament beschlossen; deswe-
en hat das Parlament einen sehr großen Beitrag dazu
eleistet.

Auf das Erneuerbare-Energien-Gesetz muss ich nicht
inweisen. Es wirkt und deswegen sind die Ausbauraten
o hoch.

Ich möchte auf Ihren Vorwurf in Bezug auf das
arktanreizprogramm eingehen. Die große Koalition

at gestern im Umweltausschuss einen Aufstockungsan-
rag zum Marktanreizprogramm abgelehnt, der von
ündnis 90/Die Grünen gestellt wurde. Im Umweltaus-

chuss lag dazu kein Antrag der großen Koalition vor.
as habe ich kritisiert und daran halte ich fest.

Ich begrüße, dass im Haushaltsausschuss heute eine
ufstockung dieser Mittel beschlossen wurde. Dies tut
ot. Ich möchte aber betonen, dass wir eine Aufsto-

kung um 25 Millionen Euro immer unter dem Gesichts-
unkt der Notwendigkeit eines Wärmegesetzes befür-
ortet haben. Durch ein solches Wärmegesetz könnte
ie Ablösung des in immer größere Finanznöte kom-
enden Marktanreizprogramms geregelt werden. Auf

iese Weise können neue Technologien, zum Beispiel
urch Erdwärme, Bioenergien und solare Energien
Stichwort „solare Großspeicher“ –, unterstützt werden.

Das Marktanreizprogramm ist bereits seit diesem
ommer gestoppt, obwohl es mit etwa 200 Millionen
uro ausgestattet ist. Nun haben Sie da um einige zig
illionen erhöht – die Zahl ist mir noch nicht genau be-

annt –; aber dies wird nicht ausreichen, um im kom-
enden Jahr den Wünschen der Bevölkerung nach
ärme aus erneuerbaren Energien entsprechen zu kön-

en.

Andererseits haben Sie verkündet – das ist sehr be-
auerlich –, dass Sie kein Gesetz für Wärme aus erneu-
rbaren Energien auf den Weg bringen wollen. Genau
as ist das Problem. Sie weigern sich, mit einem neuen
ärmegesetz einen starken Ausbau dieses Bereichs auf

en Weg zu bringen. Sie schaffen es mit dem heutigen
eschluss noch nicht einmal, im Marktanreizprogramm






(A) )



(B) )


Hans-Josef Fell
genügend Geld für die Unterstützung der Bürger beim
Ausbau der erneuerbaren Energien zur Verfügung zu
stellen.

Ich möchte noch etwas zu der Unterstützung sagen,
die Sie über den Zertifikatehandel geben. So wie der Na-
tionale Allokationsplan nach Ihrem Vorschlag aussieht,
ist das eine klare Unterstützung – –


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Das ist eine lange Kurzintervention, Frau Präsidentin!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1606317600

Herr Kollege Fell, Ihre drei Minuten für die Kurzin-

tervention sind um.


Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1606317700

Ich komme zum Schluss. – Nachdem Sie das so auf

den Weg gebracht haben – so geschieht das im Moment
auch schon –, finden wir landauf, landab neue Ankündi-
gungen für neue Kohlekraftwerke. Alle berufen sich auf
den Vorschlag zum Nationalen Allokationsplan, wie er
von Ihnen vorgelegt wurde. Wie Kohlekraftwerke zum
Klimaschutz beitragen sollen, ist mir ein Rätsel.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1606317800

Herr Kollege Fell, Ihre drei Minuten sind um.

Herr Minister, Sie haben die Möglichkeit, zu antwor-
ten.

Sigmar Gabriel, Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit:

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich will
gern auf die angesprochenen Positionen eingehen.

Erstens. Ich lege Wert auf die Feststellung, dass ich
nicht gesagt habe, unter Rot-Grün sei nichts passiert. Ich
habe vielmehr gesagt: In elf Monaten hat diese Koalition
in Sachen Klimaschutz mehr auf den Weg gebracht, als
das jemals zuvor geschehen ist. Das lag nicht daran
– auch das habe ich erwähnt –, dass wir an dem Thema
sozusagen intellektuell näher dran sind, sondern daran,
dass die politische Lage – Herr Loske hat die Berichte
zitiert – dazu geführt hat, dass die gesellschaftliche
Dynamik deutlich zugenommen hat. Das ist der Grund
dafür, dass sich die Koalition diesem Thema wesentlich
stärker gewidmet hat als die Vorgängerregierungen.

Ich weiß doch auch, dass vorher andere Konstellatio-
nen verantwortlich dafür waren, dass nicht mehr getan
werden konnte.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Zahlen waren doch alle bekannt! Das ist ein Armutszeugnis!)


– Frau Künast, Ihr Kollege hat ein paar Positionen vor-
gestellt. Lassen Sie doch einfach zu, dass jemand ant-
wortet.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gewöhnen Sie sich einfach daran, dass ich im Parlament Zwischenrufe machen darf!)


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(C (D ie haben offensichtlich ein massives Problem damit, ort zu sitzen, wo Sie sitzen. Das verstehe ich. Aber lasen Sie mich ihm doch wenigstens antworten. Das ist ine Frage der Fairness. (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Seit wann darf man denn von der Regierungsbank aus kritisieren, Frau Präsidentin?)


Ich nenne Ihnen dazu ein paar Zahlen, Herr Kollege
ell. Allein im ERP-Förderkreditprogramm des Jahres
005 standen unter den Umweltschutzprogrammen bis
um Monat Oktober 2005 rund 1 Milliarde Euro zur Ver-
ügung. Im gleichen Zeitraum dieses Jahres sind unter
ieser Bundesregierung 1,7 Milliarden Euro dafür aus-
egeben worden. Das können wir so fortführen. Es ist
chlicht und ergreifend eine Tatsache – wir reden hier,
ie Sie auch, über Haushaltsmittel –, dass wir wesent-

ich mehr Geld für den Klimaschutz zur Verfügung stel-
en.

Sie können sagen, das reiche Ihnen nicht, aber tun Sie
n Ihren Pressemitteilungen doch nicht so – da finden
ich Beschimpfungen, die wir sprachlich von Ihnen
onst gar nicht gewöhnt sind –, als würde hier überhaupt
ichts passieren. Sie machen Menschen, die sich um den
limaschutz kümmern, auch dadurch mutlos, dass Sie
icht bereit sind, zu akzeptieren, dass hier eine Menge
assiert ist, dass sich die Anstrengung lohnt, dass sich
ürgerinitiativen bilden, dass in den Parteien debattiert
ird, dass wir eine öffentliche Diskussion haben und
ass das Wirkung zeigt, auch in der Regierungspolitik,
uch in der Politik der großen Koalition.

Sie sollten die Menschen also nicht mutlos machen,
ondern ihnen eher sagen: Wir dürfen bei den Anstren-
ungen im Klimaschutz nicht nachlassen und müssen
eitermachen. Sie sollten nicht alles das, was hier in
eutschland schon passiert ist, kaputtreden.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Zweitens. Ich sage Ihnen noch einmal, was Sie beim
arktanreizprogramm für Wärme aus regenerativen
uellen zugelassen haben. Am Ende sind 2005
31 Millionen Euro für Wärme aus erneuerbaren Ener-
ien ausgegeben worden. Wenn der Haushaltsausschuss
o beschließt, wie die Koalitionsfraktionen das beantragt
aben – ich gehe davon aus, dass das geschieht –, wer-
en es nun 214 Millionen Euro. Das ist eine Differenz
on 83 Millionen Euro. Es ist nicht ganz wenig, was da
ur Verfügung gestellt wird. Wir werden vermutlich
ehr als doppelt so viele Anträge wie im Vorjahr fördern

önnen.

Sie sollten einmal sagen: Das ist eine gute Sache, vie-
en Dank; das habt ihr gut gemacht, wir haben es nicht so
ut hinbekommen, weil die Sozis – vielleicht – nicht
itmachen wollten. Wenn das Ihre Auffassung ist, kön-

en Sie das doch ruhig sagen.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1606317900

Herr Minister, auch Ihre drei Minuten für die Beant-

ortung sind zu Ende.






(A) )



(B) )

Sigmar Gabriel, Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit:

Frau Präsidentin, letzter Satz: Zur Frage des Emis-
sionshandels sage ich Ihnen das, was auch der Kollege
Kauch vorgebracht hat; da bin ich seiner Auffassung. Sie
können zwar die Augen davor verschließen, aber es wird
Nationen in der Welt geben, –


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1606318000

Herr Minister!

Sigmar Gabriel, Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit:

– die Steinkohle nutzen. Dafür müssen wir Technolo-
gien mit höheren Wirkungsgraden und CO2-Abschei-
dung entwickeln; –


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1606318100

Herr Minister!

Sigmar Gabriel, Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit:

– sonst zerstören sie das Klima.

Vielen Dank, Frau Präsidentin, für Ihre Geduld.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1606318200

Das Wort hat die Kollegin Eva Bulling-Schröter,

Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Eva-Maria Bulling-Schröter (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1606318300

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Klimaschutz rechnet sich – diese Nachricht ist nicht
wirklich neu. Der Bericht von Nicholas Stern lässt an
Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig und auch keinen
Zweifel daran, dass verhinderter Klimaschutz irgend-
wann Volkswirtschaften erdrosseln kann. Falls es noch
ein paar langfristig denkende Manager in Deutschland
geben sollte, dann sollte dieser Bericht diese Herren, wie
ich meine, eigentlich beunruhigen. Schließlich tritt die
Klimaschutzpolitik in der Bundesrepublik seit Jahren auf
der Stelle, abgesehen vom EEG und vom Wärmesanie-
rungsprogramm. Ich will damit nicht sagen, dass nichts
passiert ist. Aber wenn Sie sich unseren Antrag an-
schauen, stellen Sie fest, dass wir die Ziele wesentlich
höher gesteckt haben. Ich denke, es könnte noch wesent-
lich mehr passieren. Das würde im Übrigen auch Ar-
beitsplätze schaffen. In diesem Bereich wünschen wir
uns jedenfalls mehr.


(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms)


Wo hakt es denn? Denken wir an die Verkehrspolitik
oder an das Desaster beim Emissionshandel – wieder
einmal. Hier muss noch mehr passieren, übrigens auch
dann, wenn das dazu führte, dass sich Klimaschutz nicht
rechnete; denn Nichtstun zerstört die Lebensgrundlagen
von Millionen Menschen in anderen Teilen der Welt.

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(C (D laus Töpfer – ich denke, er ist nicht Mitglied unserer artei – (Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Sie müssen schon wissen, wer zu Ihrer Partei gehört!)


ennt so etwas „ökologischen Rassismus“.

Die Bundesregierung will mehr Klimaschutz; dies hat
ie jedenfalls vielfach erklärt. Das wird sie sicherlich auf
er ab Montag in Nairobi stattfindenden Klimakonfe-
enz auch wieder erklären. Doch wer international punk-
en will, sollte auch daheim seine Hausaufgaben machen
Herr Göppel hat das schon ausgeführt –; denn so etwas
tärkt die Verhandlungsposition.

Im Zusammenhang mit Nairobi müssen wir natürlich
uch über die Vorbereitung der neuen Verpflichtungspe-
iode ab 2012 reden. Hier wäre es hilfreich, wenn Sie,
err Minister, für das Ministersegment vom Bundestag

n der nächsten Woche ein wegweisendes Mandat für
ine ambitionierte Klimapolitik daheim bekämen. Das
ürde für Sie von Nutzen sein.


(Josef Göppel [CDU/CSU]: Das bekommt er!)


Ambitionierte Klimapolitik kann für Deutschland al-
erdings nicht bedeuten, bis 2020 lediglich 30 Prozent
eniger Treibhausgase als 1990 ausstoßen zu wollen.


(Beifall bei der LINKEN)


as ist vielleicht für die Europäische Union ein an-
pruchsvolles Ziel, nicht aber für uns. Schließlich ist der
undesrepublik fast die Hälfte der bisherigen Einsparun-
en durch den Zusammenbruch der energieintensiven
stdeutschen Industrie in den Schoß gefallen. Den ande-
en europäischen Staaten dürfte das nicht entgangen
ein.

Die logische Kette ist doch so: Anspruchsvolle Ziele
m Kiotoprozess durchzusetzen kann nur gelingen, wenn
uropa eine vernünftige Vorgabe macht. Weil die Bun-
esrepublik mit der kommenden Übernahme der EU-
atspräsidentschaft eine besondere Rolle in der EU-De-

egation spielt, haben Sie, Herr Minister, tatsächlich die
hance, hier etwas voranzutreiben. Dafür braucht es je-
och eine Verpflichtung Deutschlands, eine Reduktion
n Höhe von mindestens 40 Prozent zu erreichen, so wie
ir es in unserem Antrag fordern. Dies erleichtert es den

nderen Staaten Europas, sich auf das gemeinsame Ziel
iner Verringerung um 30 Prozent einzulassen.

Eine solche Verpflichtung erfordert einen grundlegen-
en Wandel in der Klimapolitik der Bundesrepublik. So
ann es nicht sein, dass der Emissionshandel zwar als
auptinstrument der deutschen Klimapolitik gepriesen
ird, aber es in der konkreten Ausgestaltung so aussieht,
ass jeder Kohleverstromer bei Neuinvestitionen be-
ommt, was er will und angeblich auch braucht. Das darf
infach nicht sein.


(Beifall bei der LINKEN)


ie sollen so die Preise wirken? Für einen Wechsel bei
en Brennstoffen hin zu emissionsärmeren Technologien
ibt es da wenig Anreize. Zudem – das haben wir ja be-
eits in unserem Emissionshandelsantrag im Frühsom-






(A) )



(B) )


Eva Bulling-Schröter
mer gefordert – müssen die Zertifikate versteigert wer-
den und dürfen eben nicht verschenkt werden; denn wer
den Energieversorgern zusätzliche Milliardengewinne
zuschustert – wir sprechen, nicht zu vergessen, über
5 Milliarden Euro –, kann auf die Lenkungswirkung von
Marktpreisen beim Emissionshandel lange warten. Wir
hoffen, dass Sie, Herr Umweltminister, Ihre Position än-
dern und nunmehr wenigstens die Versteigerung jener
10 Prozent der Zertifikate zulassen.

Noch einmal zum Thema „soziale Preise“, wie Sie es
nennen. Hier sind wir natürlich anderer Meinung als die
FDP. Wir haben Anträge eingebracht. Darin fordern wir
unter anderem, dass die Gewinne in Höhe von 5 Mil-
liarden Euro abgeschöpft werden. Außerdem wollen wir,
dass sozial Schwache unterstützt werden, weil die Ener-
giepreise so hoch sind. Wir wollen eben nicht, dass in
diesem Jahr zum ersten Mal Menschen in ihren kalten
Wohnungen sitzen, weil sie die Preise nicht bezahlen
können. Sie sollten sich überlegen, was Sie hier tun. Das
ist nicht ökologisch und vor allem nicht sozial.


(Beifall bei der LINKEN)


Doch noch einmal zurück zu Nairobi. Der Klima-
wandel ist mittlerweile Realität. Millionen Menschen
leiden bereits unter den Folgen der globalen Erwärmung.
Deutschland muss daher in Nairobi die zugesagten Mit-
tel für den UN-Fonds zur Anpassung an den Klimawan-
del verdoppeln. Zudem würden schon ein paar Hundert-
tausend Euro es vielen Ländern ermöglichen, mit am
Verhandlungstisch zu sitzen. Wir – und ich denke, auch
Sie – wollen diesen Menschen die gleichen Chancen ge-
ben. Die Zahlungen in den Fonds für die Unterstützung
der Teilnahme von Verhandlern aus den ärmsten Län-
dern der Welt müssen also deutlich erhöht werden, damit
auch von dort Fachleute und Dolmetscher anreisen kön-
nen. Das ist unsere Art von Solidarität.

Wir haben nur eine Welt; das muss uns immer be-
wusst sein. Schützen wir sie! Darum stimmen Sie unse-
rem Antrag zu!


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1606318400

Das Wort hat jetzt der Kollege Frank Schwabe von

der SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Frank Schwabe (SPD):
Rede ID: ID1606318500

Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! Ich bin

sehr dankbar, dass wir diese Debatte heute hier so führen
können. Eigentlich wollte ich an dieser Stelle sagen, dass
ich auch dankbar bin für die recht hohe Übereinstim-
mung, die ich in den heute vorliegenden Anträgen ge-
funden habe. Ich habe allerdings den Eindruck, dass die
Rhetorik hier und der Kern der Anträge ein bisschen
voneinander abweichen und dass entweder der eine oder
die andere aus der Opposition den Koalitionsantrag


(Josef Göppel [CDU/CSU]: Nicht gelesen!)


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(C (D icht richtig gelesen hat oder dass Sie nicht richtig glauen wollen, was in dem Antrag steht. ch glaube, es ist ein sehr guter Antrag. Ich sage das ausrücklich an die Unionsfraktion: Es ist ein Antrag, mit em wir die Vorreiterrolle, die wir europaweit und welteit einnehmen und einnehmen wollen, noch einmal eutlich unterstreichen. Gerade ist von einigen wieder deutlich formuliert orden, dass wir uns in Deutschland zum 40-Prozentiel bekennen sollten. Wir bekennen uns in unserem An rag zu diesem Ziel. Wir beziehen uns nämlich auf die orderung der Energie-Enquete-Kommission und haben ie uns zu Eigen gemacht. Das steht in dem Antrag; lesen ie es bitte nach. Wir sagen: Wenn Europa die Emissioen bis 2020 um 30 Prozent reduziert, dann sind wir beeit, sie um 40 Prozent zu reduzieren. Ich glaube, das ist ine gute Position, die die Vorreiterrolle unterstreicht und em Minister und auch der Kanzlerin Rückendeckung ür die internationalen Verhandlungen gibt. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Wir erleben in der Tat gerade eine neue Dimension in
er internationalen Klimaschutzdebatte, weil es eben
icht nur – das wäre schon Grund genug – um ökologi-
che Aspekte geht, sondern viel stärker – der Stern-Be-
icht ist angesprochen worden – auch um ökonomische
nd soziale Auswirkungen. Ich will noch einmal unter-
tützen, was der Minister gesagt hat: Wir müssen darauf
chten, dass wir nicht einen gewissen Fatalismus in die
ebatte bringen. Wir müssen uns sehr ambitionierte
iele setzen; aber wir müssen aufpassen, dass wir den
enschen keine Angst machen. Wir müssen ihnen deut-

ich machen, dass das, was wir vorhaben, auch erreich-
ar ist.

Was wir im Bereich des Klimaschutzes vorhaben,
eht an die wirtschaftlichen Grundlagen; das ist richtig.
ber es gibt Möglichkeiten, unsere Wirtschafts- und Le-
ensweise entsprechend zu verändern, sodass die hohe
ebensqualität gewahrt bleibt. Es ist unsere Aufgabe
in Deutschland und in Europa –, ein Stück weit einen
eg aufzuzeigen, wie man unter dem Gesichtspunkt des
limaschutzes Entwicklungen organisieren kann. Die
ntscheidungen, die zu treffen sind, haben unsere Gene-

ationen zu treffen, die, die auch hier im Deutschen Bun-
estag versammelt sind; denn alle sind sich einig, dass
ir noch zehn bis 15 Jahre Zeit haben, einen anderen
eg einzuschlagen.

Die Rolle Deutschlands dabei ist eine zentrale; das
ird uns bei Gesprächen mit internationalen Partnern

mmer wieder gesagt. Es ist nicht so, dass wir das welt-
eite Klimaproblem durch die Reduktion der Emissio-
en in Deutschland lösen könnten; das ist schon richtig.
ber wir haben die Vorreiterrolle. Es gibt einen Domi-
oeffekt. Wenn wir wollen, dass China, Indien und an-
ere Schwellen- und Entwicklungsländer mit dazu kom-
en, dann muss es uns gelingen, die USA ins Protokoll

inzubeziehen. Um das zu erreichen, muss es uns gelin-
en, Europas Vorreiterrolle zu stabilisieren. Dazu ist es






(A) )



(B) )


Frank Schwabe
notwendig, dass sich Deutschland ambitioniert verhält.
Deswegen ist es notwendig, dass wir uns zum 40-Pro-
zent-Ziel bekennen.

Der Minister hat eine ganze Menge zu der sehr span-
nenden Debatte und Auseinandersetzung mit den Grü-
nen gesagt. Deshalb muss ich das an dieser Stelle abkür-
zen. Ich will nur noch einmal ausdrücklich betonen, dass
ich diese Debatte und die Anträge gut finde. Ich kann
viele meiner Positionen darin wiederfinden.

Eine Bemerkung zur Debatte um den NAP. Man muss
zumindest zur Kenntnis nehmen, dass der NAP II besser
ist als der NAP I.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Das sagen uns auch die Fachleute, die die Grünen bera-
ten. Die Forderungen, die vonseiten der FDP gestellt
werden, sind sehr interessant. Ich frage mich aber, ob die
FDP auch nur die Hälfte dieser sehr mutigen Positionen
vertreten würde, wenn sie in der Regierung wäre.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Noch mehr! Testen Sie es doch!)


Ich glaube, das ist nicht der Fall.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Geben Sie uns doch eine Chance! Lassen Sie sich überraschen!)


Man muss schon darauf achten, aus welcher Position
Forderungen, manchmal populistische Forderungen, ge-
stellt werden. Das soll aber nicht heißen – auch das will
ich betonen –, dass es keine Debatten im Rahmen des
ZuG geben soll. Wir werden eine entsprechende Diskus-
sion führen.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1606318600

Das Wort hat jetzt der Kollege Andreas Jung von der

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Andreas Jung (CDU):
Rede ID: ID1606318700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es

sind im Laufe der Debatte schon etliche Klimakonferen-
zen genannt worden. Dazu gehört natürlich die Konfe-
renz von Kioto. Josef Göppel hat auf seine Teilnahme an
den Konferenzen von Montreal und Buenos Aires hinge-
wiesen.

Die erste Konferenz, die der Ausgangspunkt für diese
Entwicklung gewesen ist, war die Konferenz von Rio
im Jahre 1992, also vor 14 Jahren. Dort ist es zum ersten
Mal gelungen, einen weltweiten umweltpolitischen Kon-
sens herzustellen und für die Erreichung der Ziele Nach-
haltigkeit, Klimaschutz und Umweltentwicklung einen
konkreten Handlungsrahmen vorzugeben. Die Teilneh-
mer an dieser Konferenz sagten – ich habe heute noch
mit meinem Vorgänger als Abgeordneter für den Wahl-
kreis Konstanz, Hans-Peter Repnik, gesprochen, der der

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(C (D tellvertretende Leiter der deutschen Delegation war –, eeindruckender als die Fakten und die konkreten Erebnisse sei etwas Unsichtbares gewesen, nämlich die rnsthaftigkeit und die Überzeugung, mit der alle Teilehmer ans Werk gegangen sind. Man hat das damals en Geist von Rio genannt. Mit diesem Geist wurden inge möglich, die für lange Zeit unerreichbar schienen. Ich glaube, an diesen Geist müssen wir in Nairobi annüpfen. Ich bin der Überzeugung: Die Chance dafür ist o groß wie schon lange nicht mehr; denn es gibt – auch as ist schon gesagt worden – ein neues Bewusstsein auf iesem Gebiet. Die neuen Studien, die über die ökologichen Entwicklungen Auskunft geben, aber auch die tudien, die die ökonomische Tragweite des Klimawanels zeigen, führen in breiten Bevölkerungsschichten nd in vielen Ländern der Welt zu der Erkenntnis: Es uss gehandelt werden. – Ich glaube, das muss der Aus angspunkt sein. Was haben wir in den letzten 14 Jahren erreicht? Es ab sicherlich Fortschritte; wir sind Schritt für Schritt orangekommen. Trotzdem muss auch heute gelten: Es üssen Dinge möglich werden, die bisher unmöglich chienen; denn eines ist noch nicht gelungen: der Durchruch. Wenn man die Zahlen nüchtern betrachtet, dann ann man feststellen, dass es einen Anstieg der Treibausgasemissionen gibt und dass sich die Temperaturerärmung beschleunigt. Jetzt ist die Zeit, zu handeln. Wir üssen den Rückenwind nutzen, indem wir die Erkennt isse, die wir in der Zeit nach Rio gesammelt haben, vererten. Welches sind diese Erkenntnisse? Heute ist öllig unbestritten – das war lange Zeit unter Wissenchaftlern ein Streitpunkt –: Erstens. Es gibt einen Kliawandel. Zweitens. Dieser Klimawandel ist von Men chen gemacht. Drittens. Dieser Klimawandel spielt sich icht weit weg von uns ab. Es sind nicht nur die Südseenseln und andere ferne Regionen betroffen. Der Klimaandel ist bei uns angekommen. Ich kann das sehr direkt verfolgen. Für meine Heimat, ie Bodenseeregion, gibt es neue Studien, die belegen, ass diese Region besonders betroffen sein wird. Es wird eue Tierund Pflanzenarten geben, die das Ökosystem efährden. Landwirte und speziell Obstbauern werden uf neue Sorten, die dürreresistenter sind, umsteigen üssen, wenn der Klimawandel fortschreitet. Auch die ochwassergefahr wird drastisch steigen. All das zeigt uns: Wir müssen jetzt handeln; die Zeit rängt. Wenn wir das Zwei-Grad-Ziel erreichen wollen das ist schon genannt worden –, nämlich keine Erwärung, die höher liegt als 2 Grad gegenüber dem vorin ustriellen Niveau, dann schließt sich das Zeitfenster in ehn bis 15 Jahren. Deshalb müssen wir handeln, bevor s zu spät ist. Ich finde es daher ausgesprochen gut, dass ir uns in unserem Koalitionsantrag, der – da stimme ch dem Kollegen Schwabe zu – ausgesprochen ambitioiert ist, dazu bekennen, dass dieses Ziel international erbindlich werden muss. Andreas Jung Aus all diesen Gründen kommt der Konferenz von Nairobi eine entscheidende Bedeutung zu. Wir müssen den Grundstein für ein anspruchsvolles und ehrgeiziges Klimaregime für die Zeit nach 2012 legen. Auch hier müssen wir sagen: Die Zeit drängt. Wir müssen jetzt handeln, damit dies rechtzeitig gelingt. Ich halte es für ausgesprochen wichtig, dass die Bundesregierung den Klimaschutz im Rahmen der Präsidentschaften in der G 8 und im Europäischen Rat als herausragendes Thema bezeichnet. Auch dazu bekennen wir uns in dem Antrag. Ich begrüße ausdrücklich, dass sich sowohl die Bundeskanzlerin als auch Minister Gabriel immer dazu bekannt haben. Herr Kollege Kauch, es ist sicherlich ein netter Versuch, es so darzustellen, als wäre Blair der Treiber und Merkel die Getriebene. Minister Gabriel hat das Notwendige dazu gesagt. Im Übrigen kann es mich nicht wirklich überzeugen, wenn Sie in Ehrfurcht darauf verweisen, dass Tony Blair zu Schwarzenegger gefahren sei, um ihn von der Notwendigkeit des Klimaschutzes zu überzeugen. Ich denke, wenn wir etwas erreichen wollen, dann wird man wohl zu Bush fahren müssen, und das wird Angela Merkel tun. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Renate Künast [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Der hat doch gar keine Mehrheit mehr!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)





(A) )


(B) )


Die entscheidende Aufgabe für die Zeit nach 2012
wird es sein, Lösungen für diese Fragen zu finden: Wie
gelingt es, die USA und Schwellen- und Entwicklungs-
länder in diesen Prozess einzubeziehen? Wie gelingt es,
diejenigen zum Mitmachen zu bewegen, die bisher au-
ßen vor stehen? – Dabei kommt den USA als größtem
Emittenten, auch mit dem weltweit höchsten Pro-Kopf-
Ausstoß an Treibhausgasen die Schlüsselrolle zu. Es
muss gelingen, deutlich zu machen, dass es hier viel-
leicht um die entscheidende Herausforderung des
21. Jahrhunderts geht, und zwar ökologisch, ökonomisch
und humanitär betrachtet. Meine persönliche Auffassung
ist die: Es muss vermittelt werden, dass kein Staat der
Welt auf Dauer als globale Führungsmacht akzeptiert
werden kann, der sich in der Frage des Klimaschutzes
verweigert.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich meine, das ist die Aufgabe des Klimaschutzprozes-
ses unter deutscher Präsidentschaft.

Der zweite Schritt ist, Schwellen- und Entwick-
lungsländer einzubeziehen. Ich nenne hier China, In-
dien, Brasilien, Mexiko, Südafrika und andere Länder,
die wirtschaftlich aufschließen. Wir müssen diese Län-
der in Sachen Umweltschutz an Bord holen; sonst wird
es nicht gelingen, den Anstieg der Treibhausgasemissio-
nen aufzuhalten. Aber, ich bekenne mich hier ausdrück-
lich dazu und ich bin dankbar, dass wir dies in unserem
gemeinsamen Antrag ebenfalls getan haben: Andere zu
überzeugen und mit ins Boot zu holen wird nicht gelin-
gen, wenn wir uns selber auf Erreichtem ausruhen und

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(C (D agen: Wir waren in der Vergangenheit gut. Wir waren ielleicht Vorreiter, jetzt aber sind die anderen dran. Deshalb ist es richtig, wenn wir fordern, dass die Euopäische Union ihre Zielvorgabe einer 30-prozentigen eduktion der Treibhausgasemissionen bis 2020 einalten muss. Dann aber müssen wir selber bereit sein, ehr zu erreichen. Wir bekennen uns in unserem Antrag anz ausdrücklich zu unseren Enquete-Kommissionen u den Themen Energie und Klima, die zu dem Schluss ekommen sind, dass wir in Deutschland erheblich über ie Vorgabe der EU hinausgehen müssen. Als Hausnumer wurde ein Prozentsatz genannt, der von allen Red ern hier als richtig empfunden wurde: eine Reduktion er Treibhausgasemissionen um 40 Prozent. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie des Abg. Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


ch glaube, in diese Richtung muss es gehen. Wir müs-
en Vorreiter bleiben. Wir wissen, dass der Weg dahin
icht einfach sein wird; wir müssen uns anstrengen.

Ich beziehe mich dabei auf die Maßnahmen im In-
and, die Josef Göppel genannt hat, auf die Effizienzre-
olution. Hier haben wir sicherlich viel geleistet; Minis-
er Gabriel, Josef Göppel und andere haben darauf
ingewiesen. Wir müssen aber noch mehr machen. Ich
laube, wir sind hier auf einem guten Weg. Ich wünsche
ir, dass wir uns in Deutschland, aber auch im internatio-

alen Prozess auf das zurückbesinnen, was ich zu Be-
inn genannt habe: den Geist, der Unmögliches möglich
acht. Darauf zähle ich.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie des Abg. Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1606318800

Als letztem Redner zu diesem Tagesordnungspunkt

rteile ich dem Kollegen Marco Bülow von der SPD-
raktion das Wort.


(Beifall bei der SPD)



Marco Bülow (SPD):
Rede ID: ID1606318900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ehr geehrte Damen und Herren! Ich will mit einem
uszug aus einer französischen Kindergeschichte begin-
en, die zeigt, wie die Situation im Augenblick ist:

In einem Gartenteich wächst eine Lilie, die jeden
Tag auf die doppelte Größe wächst. Innerhalb von
dreißig Tagen kann die Lilie den ganzen Teich be-
decken und alles andere Leben in dem Wasser ersti-
cken. Aber ehe sie nicht mindestens die Hälfte der
Wasseroberfläche einnimmt, erscheint ihr Wachs-
tum nicht beängstigend; es gibt ja noch genügend
Platz, und niemand denkt daran, sie zurückzu-
schneiden, auch nicht am 29. Tag; noch ist ja die
Hälfte des Teiches frei. Aber schon am nächsten
Tag ist kein Wasser mehr zu sehen.






(A) )



(B) )


Marco Bülow
Ich glaube, das verdeutlicht die Situation, die derzeit in
Bezug auf den Klimawandel besteht. Viele denken, wir
haben noch genug Zeit und noch sind die Auswirkungen
nicht so schlimm, dass man in dieser Welt nicht mehr le-
ben kann. Deswegen glauben wir, dies gehe so weiter.
Ich weiß zwar, dass das Gott sei Dank nicht mehr alle
glauben; das zeigen die vorliegenden ambitionierten An-
träge. Aber wir haben diese Diskussion auch auf interna-
tionaler Ebene zu bestehen.

Täglich gibt es neue Meldungen und Studien, die be-
stätigen, wie schlimm die Situation ist. Es gibt eine
wachsende Erkenntnis. Jetzt ist es höchste Zeit, diese
wachsende Erkenntnis auf nationaler und internatio-
naler Ebene in konkrete Handlung umzusetzen. Das
muss an vorderster Stelle stehen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich bin sehr froh – das ist deutlich gemacht worden –,
feststellen zu können, dass wir an manchen Stellen vo-
rangekommen sind. Ich meine das Gebäudesanierungs-
programm und das Marktanreizprogramm. Ich glaube,
dass das der richtige Weg ist und dass weitere Pro-
gramme in anderen Bereichen folgen müssen. Aber wir
müssen auch auf internationaler Ebene vorankommen;
denn wir wissen, dass wir nur so eine Chance haben.

Herr Kauch, Sie haben hier zwar großes Engagement
an den Tag gelegt; ich nehme es Ihnen auch ab. Aber
nehmen wir einmal an – Gott sei Dank ist es nicht so ge-
kommen –, Westerwelle wäre Außenminister geworden.
Ich sehe schon, wie er als Erstes in die USA gereist wäre
und für den Klimaschutz gekämpft hätte. Das wäre si-
cherlich ein Außenminister gewesen, der alles in die
Waagschale geworfen hätte, damit wir in Deutschland
den Klimaschutz vorantreiben können. Ehrlich gesagt,
ich kann dies kaum glauben und wahrscheinlich glauben
es die meisten draußen auch nicht.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Aber es ist ja schön, wenn die FDP uns ein bisschen
treibt. Ich habe nichts dagegen.

Es gibt immer noch Dinosaurier, die es zu überzeugen
gilt. Einer wurde genannt – Bush –, aber es gibt noch
mehr. Deswegen geht es jetzt nicht darum, dass er nicht
mehr den Einfluss hat, den er noch vor den Kongress-
wahlen hatte. Es gibt aber nicht nur Dinosaurier, sondern
auch Faultiere, und zwar diejenigen, die wissen, dass ein
Klimawandel kommt, dies aber verschweigen oder ver-
drängen wollen. Auch diese müssen wir überzeugen
oder, falls dies nicht gelingt, zumindest an den Rand
drängen und unser Engagement in den Mittelpunkt stel-
len.

Die Debatte, die wir hier führen, ist keine Umweltde-
batte mehr, auch wenn sie im Umweltbereich geführt
wird. Es handelt sich längst um eine ökonomische und
soziale Debatte. In diesen Mittelpunkt müssen wir sie

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(C (D tellen; denn die ökonomischen Auswirkungen sind rappant. Sie werden uns einholen. Die Wirtschaft wird unter hohen Energiepreisen und en Katastrophen, die in einzelnen Bereichen über uns ereinbrechen werden, zu leiden haben. Sie wird zahlen üssen. Nicht nur die Versicherer, sondern mittlerweile uch immer mehr Beratungsagenturen – man sieht daan, wie wichtig dieses Thema wird – warnen vor dem limawandel und weisen darauf hin, wie sich die Situa ion entwickeln wird, wenn wir heute investieren. eutschland und Europa müssen nicht nur eine Füh ungsrolle übernehmen, weil es wichtig ist, die anderen taaten mitzuziehen, sondern auch deswegen, weil sich ies ökonomisch auszahlen wird. Denn diejenigen, die m Rahmen der Klimadebatte vorangehen werden, weren diejenigen sein, die die Vorteile einheimsen. Diejeige Volkswirtschaft, die sich auf den Klimawandel eintellt und nicht nur die entsprechende Technologie erkauft, wird die wenigsten Auswirkungen ökonomicher Art zu erwarten haben. Wir müssen deshalb die Vorreiterrolle übernehmen nd vor dem 29. Tag am Gartenteich handeln, sodass wir en 30. Tag noch erleben und dieser Gartenteich sowohl ilien hat als auch Fische in ihm herumschwimmen und ir ökonomisch weiter handlungsfähig bleiben. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1606319000

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf
en Drucksachen 16/3026 und 16/3051 an die in der Ta-
esordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.
ie Vorlage auf Drucksache 16/3283 zu Tagesordnungs-
unkt 8 a soll zur federführenden Beratung an den Aus-
chuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
nd zur Mitberatung an den Auswärtigen Ausschuss,
en Ausschuss für Wirtschaft und Technologie, den Aus-
chuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung sowie an
en Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
ntwicklung überwiesen werden. Sind Sie damit einver-
tanden? – Das ist der Fall. Dann sind die Überweisun-
en so beschlossen.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus-
chusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-
eit, zur Drucksache 16/898. Der Ausschuss empfiehlt
nter Nr. 1 seiner Beschlussempfehlung die Ablehnung
es Antrags der Fraktion der FDP auf Drucksache 16/
42 mit dem Titel „Klimaschutz-Offensive 2006“. Wer
timmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegenstim-
en? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist

ngenommen mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen
nd der Linken bei Enthaltung des Bündnisses 90/
ie Grünen und Gegenstimmen der FDP-Fraktion.

Unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt
er Ausschuss die Ablehnung des Antrags der Fraktion






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms
des Bündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache 16/59
mit dem Titel „Den Klimawandel wirksam bekämpfen –
Deutschland muss Vorreiter bleiben“. Wer stimmt für
diese Beschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Ent-
haltungen? – Die Beschlussempfehlung ist angenommen
mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die
Stimmen der Fraktionen Die Linke und des
Bündnisses 90/Die Grünen bei Enthaltung der FDP-
Fraktion.

Beschlussempfehlung des Finanzausschusses auf
Drucksache 16/3197 zu dem Antrag der Fraktion des
Bündnisses 90/Die Grünen mit dem Titel „Kfz-Steuer
klimafreundlich reformieren – CO2-Ausstoß und Ver-
brauch als Bemessungsgrundlage“. Der Ausschuss emp-
fiehlt, den Antrag auf Drucksache 16/2073 abzulehnen.
Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegen-
stimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung
ist angenommen mit den Stimmen der Koalitionsfraktio-
nen und der Fraktion der FDP bei Gegenstimmen des
Bündnisses 90/Die Grünen und Enthaltung der Fraktion
Die Linke.

Zusatzpunkt 5. Abstimmung über den Antrag der Frak-
tionen der CDU/CSU und der SPD auf Drucksache
16/3293 mit dem Titel „Die Zeit nach dem Kyoto-Proto-
koll gestalten – entschieden dem Klimawandel entge-
gentreten“. Wer stimmt für diesen Antrag? – Gegenstim-
men? – Enthaltungen? – Der Antrag ist angenommen mit
den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stim-
men der Fraktionen Die Linke und des Bündnisses 90/
Die Grünen bei Enthaltung der FDP-Fraktion.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 9 auf:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Erleichterung von Planungsvorhaben für
die Innenentwicklung der Städte

– Drucksachen 16/2496, 16/2932 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

(15. Ausschuss)


– Drucksache 16/3308 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Heidrun Bluhm

Es liegt ein Entschließungsantrag der Fraktion des
Bündnisses 90/Die Grünen vor.

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und bitte diejenigen, die
an der Aussprache nicht teilnehmen wollen, den Saal zu
verlassen, damit die anderen den Ausführungen folgen
können. – Als erstem Redner erteile ich dem Parlamen-
tarischen Staatssekretär Achim Großmann für die Bun-
desregierung das Wort.


(Beifall bei der SPD)


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(C (D A Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und ollegen! Der Gesetzentwurf, über den wir heute ent cheiden, ist ein wichtiger Beitrag zur Stärkung der tädte als Wirtschaftsstandorte und als Orte des Wohens, des Lebens und des Arbeitens. Insbesondere in den tädten und Gemeinden konzentrieren sich die Herausorderungen, die sich aus dem wirtschaftlichen und deografischen Wandel ergeben. Die Siedlungsentwick ung muss sich deshalb wieder stärker auf die nnenstädte, auf die Wiederherstellung und Sicherung unktionsfähiger, urbaner Stadtzentren und Stadtquariere konzentrieren. uch der Arbeitsmarkt profitiert von einer weiteren Ereichterung von Investitionen. Dieses Gesetz ist für die Planung in den rund 3 000 Städten und Gemeinden in unserem Land von roßer Bedeutung. Die Planungspraxis wird durch die euen Regelungen spürbar erleichtert und vor allen Dinen beschleunigt. Investitionen werden zunehmend in ie Innenstädte gelenkt. Die Formel für das Städtebauecht lautet künftig: schnelle und konzentrierte Verfahren ei Investitionsvorhaben zur Stärkung der Innenentwickung, Verfahren nach den allgemeinen Anforderungen nd mit förmlicher Umweltprüfung dagegen insbesonere bei Vorhaben auf der grünen Wiese. Das vereinfacht nvestitionen innerhalb der Städte und Gemeinden und ermeidet Flächenverbrauch – und das ist gut so. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Achim Großmann (SPD):
Rede ID: ID1606319100

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Kernpunkt ist, dass es jetzt ein Verfahren zur
eschleunigten Bebauungsplanung gibt. Dafür sorgen
ine konzentrierte Öffentlichkeits- und Behördenbeteili-
ung, der Verzicht auf eine förmliche Umweltprüfung
it umfangreichen Formalien und die Möglichkeit, ge-

ebenenfalls auch ohne vorhergehende Prüfung, Ände-
ungen des Flächennutzungsplanes vorzunehmen.

Was die Berücksichtigung der Belange der Umwelt
ngeht: Es bleibt dabei, dass die Umweltauswirkungen
ines Vorhabens zu berücksichtigen sind. Außerdem ist
s wohl unbestritten, dass es der Umwelt nutzt, wenn wir
m Innen- und nicht im Außenbereich bauen.

Es gibt weitere Verbesserungen durch dieses Gesetz:
ie Schaffung und Sicherung der für die verbraucher-
ahe Versorgung bedeutsamen zentralen Versorgungs-
ereiche; das ist auch im Interesse einer Stärkung der
nnenstädte. Darüber hinaus soll die Sicherung und Ent-
icklung der zentralen Versorgungsbereiche jetzt aus-
rücklich in den bei der planerischen Abwägung zu be-
ücksichtigenden Belangekatalog aufgenommen werden.
as ist übrigens ein Ergebnis des Praxistests, auf den ich
leich noch zu sprechen komme. Der Abschluss von Sa-
ierungsverfahren wird erleichtert und beschleunigt. Die
raktikabilität des Vorhaben- und Erschließungsplans
ird zur Stärkung der Innenentwicklung erhöht. Im Inte-

esse der Rechtssicherheit werden schließlich die Fristen
ur Geltendmachung von Fehlern der Bebauungspläne






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Achim Großmann
und die Fristen für Normenkontrollverfahren generell
auf ein Jahr verkürzt.

In den Ausschussberatungen ist eine allgemeine Öff-
nungsklausel für Business-Improvement-Districts hin-
zugekommen. Grundlage der BIDs, wie man sie abge-
kürzt nennt, sind Eigeninitiative und Selbstverpflichtung
der Grundeigentümer und Gewerbetreibenden mit dem
Ziel, den lokalen Standort aufzuwerten. In einigen Bun-
desländern bestehen hierzu bereits gesetzliche Regelun-
gen. Wir stellen im Städtebaurecht des Bundes klar, dass
solchen Aktivitäten der Landesgesetzgeber nichts entge-
gensteht.

Ich möchte mich angesichts meiner Stimmlage – Sie
hören schon: Ich krächze ein wenig – ein bisschen kürzer
fassen. Wir haben uns schon in der ersten Lesung sehr
sachbezogen unterhalten. Ich bedanke mich bei allen, die
mitgearbeitet haben, bei Frau Weis und Herrn Götz.
Aber auch Herr Döring, Herr Hettlich und Frau Bluhm
haben sich redlich Mühe gegeben. Wir haben in vielen
Fällen Konsens hergestellt. Auch wenn wir heute keinen
einstimmigen Beschluss bekommen werden, glaube ich,
es hat sich gelohnt. Ich bedanke mich natürlich auch bei
den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern meines Hauses
und ganz besonders bei den Städten Bocholt, Bochum,
Forst, Freising, Leipzig und Reutlingen, die im Rahmen
des vom Deutschen Institut für Urbanistik betreuten Pra-
xistests einen sehr wichtigen Beitrag geleistet haben.

Die kommunalen Spitzenverbände haben dieses Ge-
setz ausdrücklich begrüßt. Auch Anregungen von ihnen
und vonseiten der Länder sind in das Gesetzgebungsver-
fahren eingeflossen.

Ich muss noch erläutern, warum meine Anwesenheit
auf der Regierungsbank nur noch Minuten dauern kann:
Als ich zum Rednerpult gekommen bin, habe ich gehört,
dass ausgerechnet jetzt – nachdem ich ungefähr sieben
Stunden gewartet habe – im Haushaltsausschuss der Ein-
zelplan 12 aufgerufen wird. Das heißt, andere Stellen
des Parlaments sind der Meinung, ich solle schnell he-
rüberkommen. Hier sitzen aber auch Staatssekretär
Lütke Daldrup, der sehr intensiv an diesem Verfahren
mitgearbeitet hat, und die Mitarbeiterinnen und Mitar-
beiter unseres Hauses. Sie können also sicher sein, dass
wir Anregungen und Kritik, aber hoffentlich auch Lob
von Ihnen sehr wohl zur Kenntnis nehmen werden.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1606319200

Herr Staatssekretär, es bleibt zu erwähnen, dass das

Plenum auch vor dem hohen Haushaltsausschuss Vor-
rang hat. Wenn Sie hier vonnöten sind, können Sie natür-
lich nicht in den Haushaltsausschuss gehen.


(Ute Kumpf [SPD]: Dann gibts kein Geld!)


Das Wort hat jetzt der Kollege Patrick Döring von der
FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)


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(C (D Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu ächst möchte ich, ich denke, im Namen aller Kollegen es Hauses, sagen: Herr Kollege Großmann, nach einer twas längeren Auszeit sind Sie wieder voll im Gefecht nd halbwegs auf dem Damm. Gute Besserung weiterin! Schön, dass Sie wieder mit uns streiten und diskuieren können, auch im Haushaltsausschuss dann. (Beifall bei Abgeordneten der FDP, der CDU/ CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)

Patrick Döring (FDP):
Rede ID: ID1606319300

Wenn man Bauen und Planen im Innenbereich einer
tadt oder einer Gemeinde beschleunigen und verbessern
ill, muss man den Innenbereich gegenüber dem Au-
enbereich privilegieren. Das wird mit diesem Gesetz für
lanungsvorhaben bis 20 000 Quadratmeter und, in ei-
em zweiten Schritt, bis 70 000 Quadratmeter möglich.
as ist gut für die betroffenen Kommunen. Deshalb fin-
et dieses Gesetz die Unterstützung der FDP-Fraktion.
ir haben in den Diskussionen und in der Berichterstat-

errunde einige Nachbesserungen erreichen können, ins-
esondere was die zentralen Versorgungsbereiche be-
rifft.

Damit können auch hierfür zusätzliche beschleunigte
lanungen vorgenommen werden. Das ist ein gutes Si-
nal für all diejenigen, die wissen, dass Menschen sich nur
ann in den Innenbereichen unserer Kommunen ansie-
eln, wenn sie nicht auf die grüne Wiese fahren müssen,
m eine Kiste Wasser oder ein Pfund Butter zu kaufen,
ondern diese Versorgung auch in ihrer unmittelbaren
ähe sicherstellen können.


(Beifall bei der FDP)


Wer vitale Städte haben will, der muss vermeiden,
ass die Städte ausfransen. Den Ausfransungstendenzen
ird mit diesem Gesetz begegnet. Das ist gut und auch
as unterstützen wir. Deshalb ist der Bürokratieabbau,
ie Verfahrensverschlankung, die hier vorgeschlagen
ird, ein richtiger Schritt. Es war bemerkenswert, dass
ie Kommunen, die das in dem Planspiel vorbereitet ha-
en, das weitestgehend unterstützen.

Ich will nicht verhehlen, dass wir als Freie Demokra-
en uns an einer Stelle noch mehr gewünscht hätten.
rsprünglich hatte die Bundesregierung vorgesehen,
ithilfe einer so genannten Genehmigungsfiktion Bau-

nträge, die aufgrund eines beschleunigt erstellten B-Pla-
es gestellt werden, nach Ablauf einer Frist als geneh-
igt anzusehen, wenn die Kommune nicht widerspricht.
s war nicht verwunderlich, dass die Kommunen diese
egelung im Planspiel nicht schön fanden. Bauverwal-

ungen finden es in der Regel nicht gut, wenn sie nicht
ehr genehmigen müssen und etwas automatisch geneh-
igt wird. Das liegt in der Natur der Sache. Da denken

ie auch in Stellenkegeln.

Ich glaube aber, dass wir die Idee der Genehmigungs-
iktion auch bei anderen Themen noch einmal stärker
ufgreifen sollten. Lassen Sie uns gemeinsam überlegen,
b wir es im Rahmen des Bürokratieabbaus nicht auch in
iesem Bereich schaffen können, bei Anträgen, die auf
er Grundlage geltenden Rechts gestellt werden, zu






(A) )



(B) )


Patrick Döring
einer automatischen Genehmigung zu kommen. Ich
denke, das wäre ein Bürokratieabbau, der den Namen
auch verdient hätte.


(Beifall bei der FDP)


Dieser eine Aspekt, der sich nicht durchsetzen ließ,
weil die Beteiligten noch nicht so weit sind, führt aber
nicht dazu, dass wir das Gesetz ablehnen. Wir werden es
unterstützen. Von dieser Stelle aus sage ich auch ganz
deutlich: Die Städte und Gemeinden, die Kommunen,
sind jetzt am Zug. Sie müssen beschleunigt planen wol-
len. Ich wäre dankbar, wenn wir in vielleicht zwei oder
drei Jahren einen Bericht von der Bundesregierung er-
halten könnten, aus dem hervorgeht, wie oft dieses be-
schleunigte Planen im Innenbereich der Städte Anwen-
dung gefunden hat, ob es Schwerpunkte in gewissen
Kommunen gibt


(Vor den Abgeordnetenbänken fliegt ein Insekt)


– die Motte fühlt sich hier bei uns auch ganz wohl –


(Heiterkeit bei Abgeordneten aller Fraktionen)


und ob diejenigen, die beschleunigt geplant haben, bei
der Umsetzung wichtiger infrastruktureller Vorhaben in
ihrer Stadt am Ende tatsächlich auch den Beschleuni-
gungseffekt erzielt haben, den wir uns von diesem Ge-
setz versprechen. Vielleicht ist das dann ein weiterer
Einstieg, um auch andere Maßnahmen des Bürokratieab-
baus im Baubereich anzugehen. – So weit zu dem Gesetz
zur Erleichterung von Planungsvorhaben für die Innen-
entwicklung der Städte.

Theodor Heuss hat einmal gesagt: Ohne starke Städte
ist kein Staat zu machen.


(Stephan Hilsberg [SPD]: Recht hat er!)


Wir haben uns an diesem Wort orientiert. Recht hat er.
Deshalb geht es in diesem Bereich weitestgehend Hand
in Hand weiter.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1606319400

Das Wort hat jetzt der Kollege Peter Götz von der

CDU/CSU-Fraktion.


Peter Götz (CDU):
Rede ID: ID1606319500

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe

Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute in zweiter
und dritter Lesung abschließend über das Gesetz zur Er-
leichterung von Planungsvorhaben für die Innenentwick-
lung der Städte und entscheiden nachher darüber. Damit
haben wir ein weiteres wichtiges Ziel dieser Koalition
erreicht.

Im Koalitionsvertrag steht unter der Überschrift
„Stadtentwicklung als Zukunftsaufgabe“ unter anderem
– ich zitiere –:

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(C (D Zur Verminderung der Flächeninanspruchnahme und zur Beschleunigung wichtiger Planungsvorhaben, vor allem in den Bereichen Arbeitsplätze, Wohnbedarf und Infrastrukturausstattung, werden wir das Bauund Planungsrecht für entsprechende Vorhaben zur Stärkung der Innenentwicklung vereinfachen und beschleunigen. Wir werden die gesetzlichen Rahmenbedingungen erhalten und wenn nötig ausbauen, um die Innenstädte als Einzelhandelsstandorte zu erhalten sowie um die lokale Ökonomie und die Nutzungsvielfalt zu stärken. eute können wir Vollzug melden. Wir haben unser Ziel ereits im ersten Regierungsjahr dieser Koalition ereicht. Lassen Sie mich Ihnen, den Kolleginnen und Kolleen in diesem Hause, im Namen meiner Fraktion Danke agen. Auch danke ich den Planspielgemeinden. Sie haen durch ihre Mitwirkung einen maßgeblichen Anteil n der zügigen Beratung und an der Qualität dieses Geetzentwurfes. So war es möglich, frühzeitig und in ener Zusammenarbeit mit den Kommunen Probleme zu ösen und Defizite auszuräumen. Uns allen empfehle ich, ie im Bauund Planungsrecht seit Jahrzehnten beährte Tradition der vorbereitenden Planspiele auch in ukunft fortzuführen. Schließlich danke ich auch Ihnen, err Staatssekretär Großmann – schön, dass Sie noch ier sind –, Ihrem Kollegen, Herrn Lütke Daldrup, und en Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Ihres Hauses für ie sehr konstruktive Zusammenarbeit bei den verschieenen Beratungen bis zum heutigen Tage. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Wir schaffen mit diesem Gesetz neue Handlungs-
pielräume für die Länder, für die Kommunen und für
rivate Investoren. Wir schützen durch Stärkung der
nnenentwicklung den Außenbereich und damit Natur
nd Umwelt. Wir bauen massiv Bürokratie ab. Wir er-
eichtern Investitionen, vor allem wenn es um die Schaf-
ung von Arbeitsplätzen und innerstädtischem Wohn-
aum oder um die Infrastrukturausstattung geht. Wir
tärken die Urbanität der Städte und Gemeinden. Und
ir geben den Kommunen neue Instrumente an die
and, damit sie sich mit ihren Planungen verstärkt und

eichter als bisher auf die Innenstädte konzentrieren und
amit Flächen außerhalb der Siedlungen schonen kön-
en.

Wir alle wissen: Es ist wesentlich einfacher, auf der
rünen Wiese ein neues Baugebiet auszuweisen, als im
nnenbereich zusammen mit sehr vielen anderen Betei-
igten Planungen anzugehen. Deshalb war und ist es
ichtig, dass wir es den Gemeinden künftig ermöglichen,
ür die Innenentwicklung Bebauungspläne zu schaffen,
ie in einem vereinfachten und beschleunigten Verfahren
ufgestellt werden können. Schnelle, unbürokratische
erfahren im innerstädtischen Bereich müssen in Zu-
unft im Wettbewerb mit Bebauungsplanverfahren auf
er grünen Wiese die Gewinner von Investitionsent-
cheidungen sein.






(A) )



(B) )


Peter Götz

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


So verbessern wir die Möglichkeit zur schnellen
Schaffung von Arbeitsplätzen und schützen gleichzeitig
die Umwelt. Deshalb ist es verantwortbar und richtig,
dass wir bei der Innenentwicklung auf eine formelle Um-
weltverträglichkeitsprüfung mit dem damit verbundenen
aufwendigen Verfahren einschließlich der Erstellung ei-
nes Umweltberichts verzichten, zumal europarechtlich
dazu keinerlei Notwendigkeit besteht. Es ist auch richtig,
bei innerörtlichen Projekten unter bestimmten Vorausset-
zungen auf einen naturschutzrechtlichen Ausgleich zu
verzichten. Ein naturschutzrechtlicher Ausgleich macht
im Außenbereich Sinn. Aber innerörtlich ist diese Forde-
rung schwer nachvollziehbar.

Wir sollten alles tun, um unsere Innenstädte und Orts-
kerne zu stärken. Vor dem Hintergrund der demografi-
schen Entwicklung müssen wir uns mehr denn je auf die
Belebung der innerörtlichen Brachflächen – ob Indus-
trie-, Bahn-, Post- oder Konversionsbrachen – konzen-
trieren. Wir wollen, dass eine Renaissance pro Innen-
stadt entsteht. Innenentwicklung und Nachverdichtung
durch kleinteilige Ergänzungen im Siedlungsbestand
bieten erhebliche Kostenvorteile gegenüber Siedlungs-
entwicklungen und sind ökologisch und ökonomisch
sinnvoller.

Die Kunst besteht darin, Antworten auf die folgenden
Fragen zu finden: Wie können wir ohne Geld des Steuer-
zahlers die Innenstädte, aber auch Stadtteilzentren und
Dörfer als Orte sozialer und kultureller Begegnungen
stärken und so die Lebensqualität der dort lebenden
Menschen erhöhen? Wie schaffen wir eine nachhaltige
Investitionspolitik, durch die die Ökonomie und die
Ökologie der Stadtentwicklung miteinander vereint wer-
den?

Ich will einen weiteren Aspekt ansprechen – der Herr
Staatssekretär hat dieses Thema auch angerissen –: Wir
haben lange darüber diskutiert, wie wir private Initiati-
ven bei der Stadtentwicklung rechtlich einbinden. Pri-
vate Initiativen entstehen in Deutschland vermehrt, ob
zur Errichtung von Kinderspielplätzen, Gewerbeparks
oder Wohnungen. Diesem aus dem angelsächsischen
Raum kommenden berechtigten Anliegen, das in der
Fachwelt unter dem schönen Namen „Business-Impro-
vement-Districts“ bekannt ist, wollen wir Rechnung tra-
gen.

Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass wir im
Baugesetzbuch keine detaillierten Regelungen treffen
sollten, die einheitlich von Flensburg bis Berchtesgaden
gelten. Die Ansichten zu diesem Thema und die damit
verbundenen Ansprüche sind zu differenziert und unter-
schiedlich. Ganz im Sinne des Föderalismus und im
Geiste der Föderalismusreform wird die Ausgestaltung
des neuen § 171 f des Baugesetzbuches daher Aufgabe
der Länder werden.

Der Vorschlag ist ein Angebot an die Kommunen und
Investoren, einvernehmlich Lösungen zu finden. Wir
schaffen die Option. Ob und wie die Länder und Kom-
munen damit umgehen, ist ihre Sache. Damit wird unser

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(C (D iel erreicht, dass Bürgerschaft und Immobilienwirtchaft in die städtebaulichen Entscheidungen der Komunen stärker einbezogen werden können. Lassen Sie mich noch einige Punkte ansprechen, die ns wichtig sind. Wir haben eine weitere Anregung aus em durchgeführten Praxistest aufgegriffen und die Eraltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche eu als Belang der Bauleitplanung benannt. Die Verbeserung einer verbrauchernahen Versorgung ist vor allem ür ältere Menschen von Bedeutung. Wir schaffen für die Kommunen wesentliche Erleicherungen beim Abschluss und der Abrechnung von anierungsverfahren. Vereinfachte Abrechnungsrege ungen befreien die Städte und Gemeinden von überflüsiger Bürokratie. Die im bestehenden Recht vorhandene flicht der Gemeinden, ihre Flächennutzungspläne alle 5 Jahre überprüfen zu lassen, wird ersatzlos gestrichen. Wir sind der festen Überzeugung, dass die Kommuen sehr wohl in der Lage sind, eigenverantwortlich zu eurteilen, ob und wann sich ihre Stadtentwicklung verndert. Sie können das mit Sicherheit besser beurteilen ls wir von Berlin aus. Dazu bedarf es keiner gesetzlihen Regelung und Gängelung. Mit der Streichung der Überprüfungspflicht für Flähennutzungspläne werden den Kommunen unnötige osten erspart. Gleichzeitig wird auch hier überflüssige ürokratie abgebaut. Lassen Sie mich abschließend feststellen: Wir schafen heute ein Gesetz für eine moderne Stadtentwicklung, as im Sinne der Subsidiarität den Ländern und Kommuen vielfältige Möglichkeiten eröffnet, unserem Anpruch „Vorfahrt für Arbeit“ gerecht wird, neuen privaen Initiativen der Bürgerinnen und Bürger und der mmobilienwirtschaft eine rechtliche Basis schafft und leichzeitig neue Perspektiven für die Innenentwicklung nserer Städte und Gemeinden eröffnet. Wir schaffen ein Gesetz, das Natur und Umwelt chützt und damit auch einen Beitrag zum Klimaschutz wir haben vorhin eine Debatte zu diesem Thema ge ührt – leistet, Verfahren vereinfacht und beschleunigt, ürokratie vor allem in den Rathäusern abbaut und dait Zeit und Steuergelder spart. Wir leisten damit nach nserer Auffassung einen wichtigen Zukunftsbeitrag im inblick auf den wirtschaftlichen und demografischen andel in unserer Gesellschaft. ie Städte und Gemeinden haben es in der Hand, den roßen Instrumentenkasten, den das Baugesetzbuch bieet, zu nutzen und das Instrument herauszugreifen, das ür ihren Patienten Innenstadt am besten geeignet ercheint. Die erste Beratung des Gesetzentwurfs fand vor eininhalb Monaten statt. Wir haben es geschafft, unseren hrgeizig gesteckten Zeitplan einzuhalten, innerhalb weiger Wochen die parlamentarischen Beratungen abzuchließen und ein gutes Gesetz auf den Weg zu bringen. s kann nach der erwarteten Zustimmung des Bundesra es am 1. Januar kommenden Jahres in Kraft treten. Ich Peter Götz bin sicher, dass die Kommunen die neuen Möglichkeiten, die wir heute beschließen, sehr schnell aufgreifen werden, Herr Kollege Döring, damit in Deutschland zügig investiert werden kann, neue Arbeitsplätze entstehen und die Qualität unserer Innenstädte weiter verbessert wird. Ich danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)





(A) )


(B) )



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1606319600

Das Wort hat jetzt die Kollegin Heidrun Bluhm von

der Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Heidrun Bluhm (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1606319700

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Stellen Sie

sich einmal vor, Sie wohnen in einer Stadt und schauen
von Ihrem Balkon auf einen begrünten Platz und viel-
leicht sogar auf einen See. Plötzlich kommt ein Investor,
der dort ein Einkaufszentrum bauen, Handel ansiedeln,
Arbeitsplätze und Umsätze schaffen will. Damit er das
Vorhaben durchführt, wird ihm ein schnelleres Verfahren
ermöglicht und er wird von der Verpflichtung zum Grün-
ausgleich in der Innenstadt befreit. Dann verändert sich
nicht nur Ihre Aussicht aus dem Fenster, sondern Ihre
Immobilie ist vielleicht nur noch die Hälfte wert.

Wenn wir also selbst betroffen sind, sehen wir vieles
egoistisch. Wenn Sie dann im Planverfahren der Verwal-
tung Ihre Bedenken schriftlich mitteilen, müssen Sie
feststellen, dass diese in dem beschleunigten Verfahren
kein Gewicht haben.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1606319800

Frau Kollegin Bluhm, erlauben Sie eine Zwischen-

frage des Kollegen Döring?


Heidrun Bluhm (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1606319900

Bitte.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1606320000

Bitte schön, Herr Döring.


Patrick Döring (FDP):
Rede ID: ID1606320100

Frau Kollegin Bluhm, was halten Sie von dem Fall

aus der Landeshauptstadt Hannover, in dem es nach ei-
ner Bebauung, einer Versiegelung eines zentralen städti-
schen Platzes, zum Abbruch von 14 Kilometern geteer-
tem Radweg im Stadtwald kommt? Halten Sie einen
solchen Grünausgleich tatsächlich für das Mittel der
Wahl, um die Erfüllung der von Ihnen zu Recht ange-
sprochenen Belange sicherzustellen?


Heidrun Bluhm (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1606320200

Im gegebenen Fall gibt man der Natur eine Aus-

gleichsfläche im außerhalb der Stadt gelegenen Speck-
gürtel zurück. Die Erfüllung von Umweltbelangen darf
nicht als lokaler oder regionaler, sondern muss als globa-

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(C (D er Prozess betrachtet werden. Insofern bin ich in jedem all dafür, dass dann, wenn an einer Stelle Flächen veriegelt werden, an anderer Stelle Flächen entsiegelt weren. Darauf, ob sie so weit entfernt sein müssen wie in em von Ihnen geschilderten Fall, komme ich gleich in einer Rede zurück. Nur so viel: In der Innenstadt muss rün erhalten bleiben. Das Gesetz wird aber letztendlich azu führen, dass es irgendwann keinen Baum mehr in er Stadt gibt, es sei denn, wir pflanzen uns welche auf ie Dachterrasse. (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Peter Hettlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Patrick Döring [FDP]: Das ist falsch!)


Mit dem Gesetz, das als Entwurf vorliegt, wird die
emokratische Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger so-
ie vor allem der Naturschutzverbände und anderer Trä-
er öffentlicher Belange wesentlich eingeschränkt. In-
erstädtische Grünzüge und Freiräume sind wichtige
lemente der Wohn- und Wohnumfeldqualität, Herr Dö-

ing, und bedürfen erfahrungsgemäß des besonderen
chutzes vor konkurrierenden Ansprüchen. Auch die In-
enentwicklung hat ihre Grenzen, nämlich dann, wenn
ebensqualität auf der Strecke bleibt, wenn Verdichtung
nd Vernichtung von Natur und Umwelt stattfinden und
amit Erstickung droht.

In den Kommunen, in denen es aktuelle Umweltka-
aster gibt, kann auch ein „normales“ Planverfahren zü-
ig realisiert werden. Durch die mangelhafte Berück-
ichtigung der Umweltbelange wird in der Praxis nicht
in Beschleunigungseffekt, sondern ein Verzögerungsef-
ekt eintreten; denn der Gesetzentwurf widerspricht dem
esetz zur Anpassung des Baugesetzbuches an EU-
ichtlinien. Erst 2004 wurde die Umweltprüfung in
eutschland auf das Niveau der europäischen Norm an-
ehoben. Heute, zwei Jahre später, schaffen wir diese
eilweise wieder ab. Der EuGH stellt heraus, dass die
estsetzung von Schwellenwerten gerade nicht auf der
rundlage von Grundstücksgrößen geschehen darf.
uch wenn es noch keine Urteile dazu gibt, ist nach In-
raft-Treten des Gesetzes genau damit verstärkt zu rech-
en. Dann ist jede Verfahrensbeschleunigung dahin.

Zielführend wäre die bessere Ausnutzung bestehen-
er Spielräume im Verfahren selbst oder die Aufhebung
er Trennung bei der Beteiligung von Öffentlichkeit und
rägern öffentlicher Belange. Dann ließe sich eine wirk-

iche Verfahrensbeschleunigung ohne Preisgabe inhaltli-
her Standards erreichen.


(Beifall bei der LINKEN)


er Naturschutzbund fasst in seiner Stellungnahme zum
esetzentwurf – aus meiner Sicht: kurz und richtig – zu-

ammen:

Das geplante Gesetz wird seine Zielsetzung kaum
erreichen, weil sich die damit angestrebten so ge-
nannten Verfahrensbeschleunigungen regelmäßig
als Verfahrensbremsen erweisen. Denn gerade um-
fangreichere Vorhaben der Innenentwicklung sto-
ßen in der Öffentlichkeit auf ein reges Beteiligungs-
interesse. Eine wie von der Bundesregierung jetzt
vorgesehene rudimentäre Beteiligung der Öffent-






(A) )



(B) )


Heidrun Bluhm
lichkeit würde den politischen Unmut weiter beför-
dern.

Meine Redezeit erlaubt leider nicht, Herrn Großmann
ausführlich für die Zusammenarbeit zu loben. Aber eines
möchte ich an dieser Stelle noch sagen: Herr Döring,
wenn Sie so hocherfreut über dieses Gesetz sind und es
befürworten, dann macht das uns noch skeptischer.


(Stephan Hilsberg [SPD]: Das ist kein Sachargument! – Patrick Döring [FDP]: Jeder braucht ein Feindbild! Damit kann ich leben!)


Mein Fazit: Das Gesetz ist nicht geeignet, Entbüro-
kratisierung und nachhaltige Stadtentwicklung in Ein-
klang zu bringen, den Flächenverbrauch zu reduzieren
und die Verfahren zur Festsetzung von Bebauungsplänen
zu beschleunigen. Das Gesetz schränkt demokratische
Mitbestimmung und Teilhabe der Bürgerinnen und Bür-
ger zugunsten innerstädtischer Verdichtung ohne Um-
weltausgleich weiter ein. Aus diesen Gründen habe ich
meiner Fraktion empfohlen, dem Gesetzentwurf nicht
zuzustimmen.

Danke schön.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1606320300

Das Wort hat jetzt der Kollege Peter Hettlich vom

Bündnis 90/Die Grünen.


Peter Hettlich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1606320400

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Der demografische Wandel wird einen erheb-
lichen Einfluss auf unsere Siedlungsstrukturen haben.
Wenn man sich die Prognosen beispielsweise vom BBR
anschaut, dann sieht man, dass sich darüber hinaus ein
Widerspruch auftut. Wir werden weniger Menschen und
wir werden trotzdem mehr Siedlungsflächen in An-
spruch nehmen. Siedlungsflächen bedeuten zusätzliche
Verkehrsflächen. Damit wären wir bei dem Thema, über
das im Rahmen des vorherigen Tagesordnungspunktes
diskutiert wurde, dem Klimaschutz.

Wir Grüne hatten vor drei Wochen eine Veranstaltung
zum ökologischen Bauen. Unsere Experten aus verschie-
denen Instituten haben deutlich gemacht, dass die klima-
schädlichen Entwicklungen, die sich daraus ergeben
können, möglicherweise alle Bemühungen, die wir im
Augenblick bei der energetischen Gebäudesanierung
machen, konterkarieren. Deswegen ist es dringend not-
wendig, den Flächenverbrauch zu reduzieren und ge-
zielte Maßnahmen zu ergreifen, die dem entgegenwir-
ken.

Die Strategie, die Innenentwicklung der Städte zu för-
dern, ist grundsätzlich richtig. Da stimmen wir mit allen
überein. Wir sind aber der Meinung, dass die Maßnah-
men, insbesondere die Novellierung des Baugesetzbu-
ches, die gerade einmal zwei Jahre nach der letzten No-
vellierung stattfindet, untauglich sind und damit dieses
Ziel nicht erreicht wird. Wir sind auch der Meinung,
dass diese Gesetzesänderung zusätzlich zu einer Verun-

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(C (D icherung der betroffenen Kommunen führt; denn die ehauptung, die Kommunen könnten selber entscheien, ob sie nach dem beschleunigten Verfahren vorgehen ollen oder nicht, trifft nicht zu. (Patrick Döring [FDP]: Das ist keine Behauptung, das steht im Gesetz!)


ir wissen, dass dies nicht greift, weil viele Kommunen
n einem mörderischen Wettbewerb mit anderen Kom-

unen stehen. Die Kannibalisierungstendenzen gerade
n diesem Bereich sind weithin bekannt. Deswegen ver-
essern wir ihre Situation durch diese Gesetzgebung
icht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich will auch noch eines zu den Kollegen der ehema-
igen Koalition sagen. Liebe Kollegen, Sie räumen eine

enge der Positionen, die wir in den letzten sieben Jah-
en gemeinsam eingenommen haben. Ich finde es sehr
edauerlich, dass Sie immer wieder davon sprechen,
ass Umweltschutz in diesem Bereich ein Hemmnis ist,
nd dass Umweltverbände als Bedrohung der wirtschaft-
ichen Entwicklung angesehen werden.


(Stephan Hilsberg [SPD]: Das machen wir doch gar nicht!)


ir haben beim Gesetz zur Beschleunigung von Pla-
ungsverfahren für Infrastrukturvorhaben genau dieses
roblem diskutiert. Die Beschneidung von Beteiligungs-
echten ist aus meiner Sicht ein ganz gravierendes

anko des komischen Stils, der sich jetzt Bahn bricht.
eute Abend werden wir noch über das Öffentlichkeits-
eteiligungsgesetz diskutieren. Ich möchte gerne wissen,
ie Sie erklären, wie Sie das, was wir hier beschließen,
it der Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie der EU

ompatibel machen wollen. Darauf bin ich wirklich ge-
pannt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wesentliche Kritikpunkte unserer Fraktion an dem
esetz betreffen das Verfahren. Viele Verbände haben
ns geschrieben, dass es absurd sei, dass im Juli die letz-
en Überleitungsfristen endeten, aber jetzt schon wieder
in neues Gesetz auf den Weg gebracht werde. Wir im
erkehrsausschuss haben die letzten Änderungen einen
alben Tag vor den Beratungen bekommen. Das zeigt,
ass offensichtlich hinter den Kulissen eine ganze
enge Druck geherrscht hat, bestimmte Dinge zu än-

ern. In einem ordnungsgemäßen Verfahren hätten wir
afür genügend Zeit haben müssen.

Es hat zwar einige begrüßenswerte Änderungen gege-
en, aber der zentrale Kritikpunkt ist die Abschaffung
er Umweltverträglichkeitsprüfung und die Abschaffung
es Umweltberichts in § 13 a. Die Kollegin Bluhm hat
as sehr deutlich gemacht. Wir haben das erst vor zwei
ahren in das Baugesetzbuch eingeführt. Jetzt nehmen
ir es wieder heraus. Das ist aus unserer Sicht ein echter
chwachpunkt dieses Gesetzes. Deswegen werden wir
em Gesetz nicht zustimmen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Peter Hettlich
Wir haben in den Berichterstattergesprächen aus-
drücklich nachgefragt, wie man auf die Schwellenwerte
gekommen ist. Man hat versucht, das aus dem Umwelt-
verträglichkeitsprüfungsgesetz herzuleiten. Wir haben
uns das noch einmal angeschaut. Wir können nur fest-
stellen: Größe ist nicht das alleinige Kriterium. Es geht
auch um die qualitative Seite bei der Inanspruchnahme
von Flächen. Dem wird mit diesem Gesetz überhaupt
nicht Rechnung getragen. Das Gesetz verstößt nach un-
serer Sicht gegen das Umweltrechtsbehelfsgesetz. Wir
werden sehr gespannt darauf sein, was die Rechtspre-
chung dazu sagen wird. Wir finden, dass dieses Gesetz
keine Rechtssicherheit für die Kommunen schafft und
möglicherweise kein Beschleunigungs-, sondern eher
ein Verlangsamungsgesetz ist. Deswegen werden wir
diesem Gesetz nicht zustimmen.

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1606320500

Als letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt

hat die Kollegin Petra Weis von der SPD-Fraktion das
Wort.


(Beifall bei der SPD)



Petra Weis (SPD):
Rede ID: ID1606320600

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten

Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Der heute von uns zu beschließende Gesetzentwurf zur
Erleichterung von Planungen für die Innenentwicklung
der Städte ist nicht nur Bestandteil des Koalitionsvertra-
ges, sondern auch des Programms der Bundesregierung
zum Bürokratieabbau. Ich glaube, die Kollegen Götz
und Döring hatten schon darauf hingewiesen. Das allein
würde diesem Gesetzentwurf, zumindest aus der Sicht
einer Koalitionsparlamentarierin, schon seine eigene Le-
gitimation verleihen. Mir ist aber viel wichtiger, zu beto-
nen, dass wir mit diesem Gesetz einen weiteren Schritt
auf dem Weg zu einer nachhaltigen Stadtentwicklung
gehen, und zwar deswegen, weil wir unserem obersten
Ziel näher kommen, den Städten und Gemeinden bei der
Bewältigung des strukturellen Wandels, in dem sich fast
alle von ihnen in der einen oder anderen Weise befinden,
zu helfen.

Es geht uns darum, den Städten und Gemeinden da-
rüber hinaus ein weiteres Stück Verantwortung für ihre
eigene Entwicklung zu geben. Aber im Gegensatz zu
meinem Vorredner bin ich aufgrund meines anthropolo-
gischen Optimismus’ der Auffassung, dass die Kollegin-
nen und Kollegen vor Ort mit dieser Verantwortung auch
sorgfältig umgehen werden.

Gerade vor dem Hintergrund der demografischen Ent-
wicklung müssen wir dem Grundsatz „Innenentwick-
lung vor Außenentwicklung“ absolute Priorität bei-
messen. Es sind vor allen Dingen die älteren Menschen,
die freiwillig oder unfreiwillig allein Lebenden und nicht
zuletzt die jungen Familien, die auf ein adäquates Wohn-
raumangebot und eine umfassende Infrastruktur in den
Zentren – nicht nur der großen Städte – angewiesen sind.

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(C (D it diesem Gesetz haben wir nicht nur die Sicherung der entralität und damit auch der Urbanität unserer Städte m Blick. Durch die zügige Nutzung von Brachflächen nd ungenutztem Bauland im Sinne einer Nachverdichung tragen wir auch zur Reduzierung des Flächenverrauchs bei. Das ist eine ganz wichtige Zielsetzung. Nicht zu vergessen ist der dritte gewünschte Aspekt, er den beiden anderen in seiner Bedeutung natürlich in ichts nachsteht. Es geht um die Schaffung und Sicheung von Arbeitsplätzen durch Investitionen. Wenn wir, liebe Kolleginnen und Kollegen, mit dem esetz die Möglichkeit flexiblerer und damit im Endef ekt auch zügigerer Planungsund Genehmigungsverahren schaffen, dann tun wir das im ureigenen Interesse er Städte und Gemeinden. Diese wiederum müssen die hnen übertragenen Möglichkeiten in der Zukunft verntwortungsvoll nutzen. Sie – die Städte und Gemeinden – müssen natürlich in frühzeitiges Gespür für mögliche Konflikte entwikeln und müssen versuchen, einen Ausgleich der unterchiedlichen Interessen herzustellen. Das müssen sie geade angesichts beschleunigter Verfahrensschritte, die ch aber nachdrücklich unterstütze. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben die Zeit eit der ersten Lesung des Gesetzentwurfes dafür geutzt, uns mit den Ergebnissen des Praxistests durch as Deutsche Institut für Urbanistik auseinanderzuseten. Wir haben zahlreiche Korrekturwünsche der am Test eteiligten Städte, die das Gesetz als solches übrigens nisono begrüßt haben, in den Gesetzentwurf integriert. asselbe gilt natürlich für die vielfältigen Anregungen es Bundesrats und der kommunalen Spitzenverbände. Wir haben darüber hinaus – das ist schon angesprohen worden – Regelungen aufgenommen, wie beipielsweise die Möglichkeit für die Länder, rechtliche egelungen für die Einrichtung so genannter HIDs oder IDs zu erlassen. Diese Öffnungsklausel hilft hoffent ich, an die innerstädtischen Grundstückseigentümer zu ppellieren, ihr Engagement vor dem Hintergrund einer ar nicht mehr so selbstverständlichen Wertsteigerung hrer Grundstücke und Immobilien in innerstädtischen roblemlagen tatsächlich zu verstärken. Jetzt habe ich noch gar nicht davon gesprochen, dass s neben dem rechtlichen Handlungsbedarf vor allen ingen die in den Innenstädten lebenden Menschen elbst sind, die ihren Städten neuen Glanz verleihen weren. Die kommenden Jahre werden zeigen, ob die Städte nd Gemeinden mit diesem Angebot, das wir ihnen hierit unterbreiten, sorgsam umgehen werden und ob die ielsetzung des Gesetzes, die wir bei allen Unterschieen in der Bewertung und gleich im Abstimmungsveralten miteinander teilen, tatsächlich erreicht werden ird. Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund der atsache, dass die neuen Planungsinstrumente, die wir en Städten und Gemeinden nun an die Hand geben, ein usätzliches Angebot neben den vorhandenen Verfahren Petra Weis darstellen. Diejenigen Städte und Gemeinden, die vor entsprechenden Herausforderungen stehen, werden es mit entsprechender Verantwortung nutzen. Bei den anderen wird es nach dem Motto laufen: Alles wie gehabt. Ich bin daher wie schon in meinem Redebeitrag im September durchaus zuversichtlich, dass sich das Gesetz als praxistauglich im Sinne der Erfinderinnen und Erfinder erweisen wird. Ich darf mich dem Dank an alle Beteiligten, an unser Haus und an die Kolleginnen und Kollegen Berichterstatterinnen und Berichterstatter in den Fraktionen anschließen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir in den kommenden Jahren einen sorgsamen Blick auf die Umsetzung des Gesetzes haben werden. Ich bin mir aber auch sicher, dass wir damit der nachhaltigen Stadtentwicklung deutlichen Vorschub leisten. Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)





(A) )


(B) )



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1606320700

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun-
desregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Erleich-
terung von Planungsvorhaben für die Innenentwicklung
der Städte, Drucksachen 16/2496 und 16/2932. Der Aus-
schuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung empfiehlt
in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/3308,
den Gesetzentwurf in der Ausschussfassung anzuneh-
men. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der
Ausschussfassung zustimmen wollen, um ihr Handzei-
chen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? Der Gesetzent-
wurf ist in zweiter Beratung mit den Stimmen der Koali-
tionsfraktionen und der Fraktion der FDP bei
Gegenstimmen von den Fraktionen Die Linke und des
Bündnisses 90/Die Grünen angenommen.

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf
ist mit dem gleichen Mehrheitsverhältnis wie zuvor an-
genommen.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der
Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache
16/3330. Wer stimmt für diesen Entschließungsantrag? –
Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Entschließungs-
antrag ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und
der FDP-Fraktion bei Zustimmung der Fraktionen Die
Linke und des Bündnisses 90/Die Grünen abgelehnt.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 10 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Wirtschaft und Tech-
nologie (9. Ausschuss)


– zu dem Antrag der Abgeordneten Martin Zeil,
Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der FDP

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(C (D ERP-Vermögen ungeschmälert für Mittelstandsförderung erhalten – zu dem Antrag der Abgeordneten Hans-Josef Fell, Matthias Berninger, Anja Hajduk, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN ERP-Sondervermögen in seiner Vermögenssubstanz erhalten – Drucksachen 16/382, 16/548, 16/1018 – Berichterstattung: Abgeordnete Sabine Zimmermann Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre einen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Reder dem Parlamentarischen Staatssekretär Hartmut chauerte für die Bundesregierung das Wort. H Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Heren! Wir reden heute im Rahmen einer Debatte über Anräge der Grünen und der FDP über das ERP-Vermögen. ch möchte daran erinnern, wie das European Recovery rogram überhaupt entstanden ist. 1949 gab es ein Entchuldungsabkommen über bis dahin von den Amerianern erbrachte Hilfsleistungen für das zerstörte eutschland. Dieses Entschuldungsabkommen ist so ge egelt worden, dass Deutschland einen Grundstock an ermögen bilden musste, statt Rückzahlungen zu tätien. Mit diesem Vermögen wurde Wirtschaftsförderung etrieben. Interessant ist, dass das damalige Vermögen nach eutigen Preisen einen Wert von etwa 3,5 Milliarden uro gehabt hätte. Heute hat es einen Wert von etwa 2,5 Milliarden Euro. Es ist also im Laufe der Jahre geachsen. Der Inflationsprozess wurde ausgeglichen, das eißt, seine Substanz ist erhalten worden. Ich möchte in diesem Zusammenhang eine zweite istorische Bemerkung machen. Dieses Vermögen war unächst für ganz andere Zwecke – Förderung von rundstoffindustrien, Energieversorgung – gedacht. Erst 996 wurde durch Erträge dieses Vermögens erstmals ie Innovationsförderung von kleinen und mittelständichen Unternehmen betrieben. Erst 1997 wurde durch rträge dieses Vermögens erstmals Eigenkapitalhilfe geahlt. In den Folgejahren ist es immer stärker zum zenralen Instrument der Finanzierung des Mittelstanes geworden. Uns eint die Sorge: Was wird daraus? ie können wir es möglichst für diejenigen Zwecke er alten, denen wir es gewidmet sehen wollen? Dieses Vermögen selbst – auch das muss hinzugefügt erden – ist nie angetastet worden; vielmehr hat man mmer nur die Zinserträge verwendet, um Förderproramme zu verbilligen. Dieses Vermögen war also angeegt. Die Erträge aus diesem Vermögen wurden genutzt, m Kredite zu verbilligen. Dabei kommt ein ganz inte P Damit wurden jährlich Kredite in Höhe von etwa 3 bis 4 Milliarden Euro finanziert. Der Gesamtwert des an mittelständische und Umwelttechnologien verwendende Unternehmen geliehenen Vermögens dürfte sich zurzeit auf etwa 18 Milliarden Euro belaufen. Das ist schon eine beachtenswerte Größe. FDP und Grüne haben zu diesem Programm Anträge vorgelegt. Mit diesen Anträgen werden im Wesentlichen Positionen bezogen, die von der Union und von der SPD, aber auch vom Bundeswirtschaftsminister und von der Regierung für wichtig gehalten werden. Es geht um die Erhaltung des Sondervermögens, um das Fördervolumen, um die Selbstständigkeit des Vermögens und um Effizienzgewinne. Ein allzu großer Widerspruch scheint nicht zu bestehen. Ich hoffe, dass wir mithilfe der aktuellen Entwicklungen eine gewisse Grundübereinstimmung erzielen. Wir hatten sie in der Vergangenheit und können sie möglicherweise auch in der Zukunft haben. Was ist passiert? Wir haben uns entschieden, hier nicht drum herumzureden, sondern einmal den aktuellen Stand zu liefern, den wir jetzt auch in der Regierungsverhandlung haben; das verlangt der Respekt vor dem Hohen Hause. Das alles ist noch nicht fertig; wir sind mitten in dem Prozess. Die Öffentlichkeit ist zum Teil informiert. Ein paar Dinge bedürfen noch der Feinabstimmung. Ich gehe auch aus dieser Runde gleich noch in eine weitere Abstimmung. Insofern gibt es eine Reihe von Dingen, die noch unter einem gewissen Vorbehalt stehen. Das ist also noch nicht ganz fertig. Im Übrigen gibt es dann einen parlamentarischen Prozess, in dem wir miteinander intensiv beraten müssen, was wir denn für vernünftig halten. Ich will einmal einige Eckpunkte vortragen: Erstens. Das ERP-Sondervermögen bleibt nach der Einbringung in die KfW als zweckgebundenes Sondervermögen ausschließlich der Mittelstandsförderung gewidmet. Dieser Grundsatz bleibt. Zweitens. Die Ausgestaltung der Förderung erfolgt wie bisher durch ein ERP-Wirtschaftsplangesetz in der Zuständigkeit des BMWi und natürlich in der Zuständigkeit des Parlaments – wie bisher, ungeschmälert, nicht reduziert. Sie wissen, dass wir in der Koalitionsvereinbarung und in den Genshagener Beschlüssen verabredet haben, dass 2 Milliarden Euro aus diesem ERP-Vermögen zur Haushaltskonsolidierung herausgenommen werden sollen und dass etwa 14 Milliarden Euro – aus Forderungen aus Krediten und den Gegenfinanzierungsverbindlichkeiten, die sich in etwa die Waage halten – ebenfalls zur Liquiditätsverbesserung an den Bundeshaushalt abfließen sollen. Vor diesem Hintergrund haben wir versucht, eine Vereinbarung zu erzielen. Wir haben Gutachter damit beauftragt, das einmal zu berechnen und zu ermitteln, wie das gehen kann. Das alles wissen Sie. Wir sind nun zu folgendem Ergebnis gekommen: Wir nehmen die 2 Milliarden Euro, wie im Koalitionsvertrag vereinbart – nichts anderes wird eine große Koalition v z H l m e m d D e s p h d a s a n d c S l g Z S i F d G n K u d V a G h V d k V j s c d R w w f M u e (C (D erabreden –, heraus und stellen sie dem Finanzminister ur Haushaltskonsolidierung zur Verfügung. Dann gab es lange die Frage: Können wir trotz der erausnahme dieser 2 Milliarden Euro, also der Schmä erung des Sondervermögens, durch intelligentere, optiierte, effizientere Anlagestrategien dennoch die Zinsen rwirtschaften, die notwendig sind, um das Fördervoluen beizubehalten? Wir haben zunächst gedacht, dass as möglich ist. Aber das ist ausgesprochen schwierig. enn wir hätten, wenn wir dieses Zinsvolumen hätten rreichen wollen, möglicherweise Unsicherheit, also Riiko, in Kauf nehmen müssen. Sie kennen den alten kaitalistischen oder marktwirtschaftlichen Grundsatz: Je öher der Ertrag sein soll, desto größer ist das Risiko, as man in Kauf nehmen muss. – Wenn wir die Zinsen us diesen 2 Milliarden Euro hätten zusätzlich erwirtchaften wollen, hätten wir riskantere Anlagestrategien ls bisher nicht ausschließen können. Deswegen sind wir zu dem Ergebnis gekommen, eien anderen Weg zu suchen. Der Weg ist gefunden woren: Die 2 Milliarden Euro, die wir zu Haushaltszweken an den Finanzminister abgeben, werden dem ERPondervermögen wieder zugeführt, und zwar durch Auf ösung von Rücklagen und dadurch, dass Rückstellunen von ihrem Risiko befreit werden, sodass wir auch in ukunft von einem ungeschmälerten Umfang des ERPondervermögens ausgehen können. Dieses ungeschmälerte Vermögen wird angelegt. Es st ja auch in der Vergangenheit angelegt worden. Die rage ist, wie wir es anlegen. Wir hätten es, wie gesagt, en allgemeinen wettbewerblichen Anlagestrategien von lobalplayern oder großen Banken überantworten könen. Wir haben uns aber dazu entschieden, es in die fW einzubringen, mit einer Hälfte ins Eigenkapital nd mit der anderen Hälfte ins Nachrangkapital. Aus iesem Eigenkapital und Nachrangkapital erwächst die erpflichtung, mindestens 590 Millionen Euro pro Jahr n Zinsen zu erzielen. Das ist auch der Ertrag, den die utachter ermittelt hatten. Wenn man die Inflationsrate erausrechnet, ist das der Ertrag, den wir auch in der ergangenheit im Jahr durchschnittlich erzielt haben, soass wir auf das gleiche Zinsvolumen zurückgreifen önnen, um weiterhin Mittelstandsförderung wie in der ergangenheit betreiben zu können. Das ist eine wichtige Voraussetzung für dieses Proekt. Damit erreichen wir sogar – das ist ein ganz interesanter Aspekt –, dass wir das Problem bei den Gesprähen mit den Amerikanern über die Frage: „Was passiert enn mit dem Vermögen?“ relativ leicht lösen können. Wir können den Amerikanern nämlich mit Fug und echt sagen: Das Vermögen ist nicht geschmälert; das, as sich ändert, ist die Anlagestrategie. Bereits bisher ar ein Teil des Vermögens in der KfW angelegt; dort ielen auch die Erträge an. Ein weiterer Teil war auf dem arkt angelegt. Nun haben wir uns entschieden, auch m Doppeleffekte zu erreichen, diesen zweiten Teil benfalls im Vermögen der KfW anzulegen und die Er Parl. Staatssekretär Hartmut Schauerte träge daraus weiterhin ungeschmälert der Mittelstandsund Wirtschaftsförderung zufließen zu lassen. Das bedeutet, dass das Sondervermögen erhalten bleibt und dass die Zuständigkeiten für das Sondervermögen erhalten bleiben, es aber nicht mehr so disponibel wie in der Vergangenheit ist, wo man einfach an die Substanz gehen konnte, um ein Sonderprogramm zu fahren. Jetzt ist es durch den Eigenkapitalcharakter stärker geschützt. Das stellt zum einen eine Erschwernis dar, aber zum anderen auch eine Verbesserung bezüglich der Substanzerhaltung. Wir verlieren bei dieser Operation etwas Freiheit bei der Gestaltung, aber gewinnen an Stabilität. Deswegen glaube ich, dass man dieses Vorhaben vertreten und diesen Weg gehen kann. Wenn sich die Dinge weiter in diese Richtung verfestigen, wie ich es zum gegenwärtigen Zeitpunkt besten Wissens und Gewissens vortrage, lade ich Sie alle herzlich ein, gemeinsam zu überlegen, wie wir die parlamentarische Begleitung ausgestalten, und über die Zukunftsperspektiven der Kreditanstalt für Wiederaufbau und darüber zu reden, was es für die Politik der KfW bedeutet, einen so großen Batzen zusätzlich an Kapital zu bekommen. All das muss geklärt werden. Gemeinsame Aufgabe ist jetzt, all das zu klären, sowohl zwischen den beteiligten Häusern wie auch im parlamentarischen Beratungsverfahren. Ich glaube, gemeinsam können wir das schaffen. Es geht schließlich um einen wichtigen Baustein der Mittelstandsfinanzierung in Deutschland. Diesen möchten wir auch für die Zukunft ungeschmälert sichern. Herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Hartmut Schauerte (CDU):
Rede ID: ID1606320800




(A) )


(B) )

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1606320900

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)





(A) )


(B) )



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1606321000

Das Wort hat jetzt der Kollege Martin Zeil von der

FDP-Fraktion.


Martin Zeil (FDP):
Rede ID: ID1606321100

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Heute hat

dieses Parlament die Gelegenheit, den Anschlag des Fi-
nanzministers auf ein bewährtes Förderinstrument des
Mittelstandes abzuwehren. Herr Schauerte hat ja etwas
zurückhaltend den Streit zwischen seinem Ministerium
und dem Finanzministerium um die so genannte Neuord-
nung wiedergegeben. Seit gestern kennen wir ja zumin-
dest anhand von Agenturmeldungen die Umrisse der
daraufhin erzielten Einigung. Trotz aller Formulierungs-
kunst konnten Sie mich, Herr Schauerte, nicht überzeu-
gen. Ich fürchte, es wird so sein wie oft bei dieser Regie-
rung: Es kommt noch schlimmer als befürchtet.


(Beifall bei der FDP)


Wir sollten einmal festhalten, was Sie gesagt haben,
Herr Schauerte: Es bleibt bei der Abführung von
2 Milliarden Euro aus dem Treuhandvermögen des Mit-
telstandes; diese wird also nicht zurückgenommen. Sie
handeln dann im Grunde nach der Devise: Der Appetit
kommt beim Essen. Das übrige Vermögen wird nämlich
der KfW als Eigen- und Nachrangkapital übertragen.

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(C (D azu haben Sie zwar nicht sehr viel gesagt, aber es wird eutlich, dass das im Grunde das Ende der Trennung es ERP-Sondervermögens von dem Vermögen des undes ist, wie es seit 1953 durch das Gesetz über die erwaltung des ERP-Sondervermögens vorgesehen war. uch alle Koalitionskosmetik kann darüber nicht hinegtäuschen. Auf dem Papier mag es ja so sein, dass das irtschaftsministerium weiterhin für die Ausgestaltung er Förderung zuständig ist. Rechtlich und faktisch wird ber künftig die KfW das Sagen haben. Derjenige nämich, in dessen Bilanz das Vermögen steht, hat künftig as Sagen. Die Zielrichtung dieser Geldverschiebung hat mit ittelstandsförderung nicht mehr sehr viel zu tun. Das st ja in den Meldungen auch angedeutet worden. Sie ollen die Staatsbank KfW zum einen in die Lage ver etzen, Bundesanteile an ehemaligen Bundesunternehen wie der Telekom zu übernehmen, also Akte der cheinprivatisierung zu setzen, zum anderen soll eine ögliche Beteiligung an EADS vorbereitet werden. (Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist Quatsch!)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)


as ist Staatswirtschaft statt Marktwirtschaft, und das
uch noch mit dem Geld des Mittelstandes.


(Beifall bei der FDP)


Ebenso bemerkenswert ist: Ausgerechnet ein Minister
er Heuschreckenbekämpfungspartei SPD will 14,4 Mil-
iarden Euro Forderungen des ERP am Kapitalmarkt
latzieren. Das ist turbokapitalistische Bilanzakrobatik
ulasten des Mittelstandes, meine Damen und Herren.


(Beifall bei der FDP – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Gott sei Dank ist es schon spät am Abend!)


Der Wirtschaftsminister hat sich erneut als mittel-
tandspolitischer Leichtmatrose erwiesen. Wenn es da-
auf ankommt, gibt er klein bei; viel Wind und wenig
nergie.


(Beifall bei der FDP)


Im Übrigen, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist es
eder zwingend noch außenpolitisch ratsam, wenn
eutschland so tut, als könnte es seine Haushaltspro-
leme nur mit fremder Leute Geld lösen. Sie haben sich
a selber überboten im Schulterklopfen, wie gut die
aushaltslage ist. Aus haushalterischer Sicht ist es doch
berhaupt nicht zwingend, zu einer solchen Konstruk-
ion zu greifen. Außenpolitisch gesehen ist Ihre Vorge-
ensweise mindestens peinlich und, wenn man an das
eihilferecht denkt, europarechtlich möglicherweise
uch gar nicht wirksam. Dazu haben Sie noch gar nichts
esagt.

Sie haben zwar betont, dass Sie mit den Amerika-
ern Gespräche über das ERP-Vermögen geführt haben;
ber man kann nur ahnen – ich erinnere an den Brief des
otschafters –, was die amerikanische Seite dazu sagen






(A) )



(B) )


Martin Zeil
wird, wenn aus der verharmlosenden Neuordnung nun
doch eine Komplettauflösung wird. Der Beschluss der
Regierung ist im Übrigen auch eine Missachtung der
einstimmigen Entschließungen des ERP-Unterausschus-
ses.

Meine Damen und Herren von der Koalition, mit der
faktischen Auflösung des Sondervermögens, mit der Ab-
führung der 2 Milliarden Euro, der Aufgabe der bewähr-
ten Verwaltung des Vermögens und möglicherweise
– das war noch nicht ganz klar – der parlamentarischen
Kontrolle wird eines der ältesten Instrumente der Mittel-
standsförderung zerschlagen. Was Sie an dessen Stelle
setzen wollen, bleibt nebulös. Eine Verbesserung für den
Mittelstand bedeutet dies sicher nicht.

Ich appelliere an dieses Parlament, unseren Antrag
anzunehmen. Sorgen Sie dafür, dass das Sondervermö-
gen nicht angegriffen wird und uns außenpolitische
Peinlichkeiten erspart bleiben!


(Beifall bei der FDP)


Es ist ja schon schlimm genug, meine Damen und Her-
ren von der Koalition, wenn Sie das Geld von Steuer-
und Beitragszahlern als beliebige Verfügungsmasse be-
trachten, anstatt es an sie zurückzugeben. Aber hier, bei
der Plünderung des Treuhandvermögens des Mittelstan-
des, sollten Sie von der Fortsetzung dieses staatswirt-
schaftlichen Ansatzes absehen. Heute ist die letzte
Chance vor den Haushaltsberatungen, dies zu verhin-
dern.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1606321200

Das Wort hat jetzt der Kollege Christian Lange von

der SPD-Fraktion.


Christian Lange (SPD):
Rede ID: ID1606321300

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten

Damen und Herren! Ich bin Ihnen, Herr Staatssekretär,
dankbar, dass wir uns nicht bei den Anträgen der Oppo-
sition aufhalten, sondern dass Sie die Chance ergriffen
haben, hier gleich den Zwischenstand der Verhandlun-
gen frank und frei zu schildern, wenngleich ich trotzdem
sagen möchte, dass wir in der SPD-Fraktion uns alle,
denke ich, ein anderes Vorgehen gewünscht hätten.


(Martin Zeil [FDP]: Wir auch!)


Denn es ist ohne Zweifel so, dass wir, getrieben durch
die Tickermeldungen von gestern, jetzt hier einen Zwi-
schenstand zu erörtern haben, der vielleicht Wirklichkeit
wird, vielleicht aber auch nicht. Die Schuld an diesem
Vorgehen freilich liegt weniger bei der Regierung – so
hoffe ich mal; wer auch immer das durchgestochen ha-
ben mag.

Meine Damen und Herren, wie ist die Ausgangslage?
Die Koalitionsfraktionen hatten sich erstens darauf ver-
ständig, das ERP-Programm zu erhalten und zugleich
2 Milliarden Euro an den Bundeshaushalt abzuführen.
Von daher, Herr Zeil, kann keine Rede davon sein, dass
wir jetzt überraschenderweise 2 Milliarden Euro von
dem Programm abzwacken würden. Das war von vorn-

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(C (D erein klar; Haushaltskonsolidierung in Höhe von Milliarden Euro war unser Ziel und das setzen wir jetzt m. Zweitens. Im Unterschied zu Ihnen habe ich bereits in einer ersten Rede, die ich in diesem Zusammenhang ehalten habe, zu Ihrem Antrag gesagt, dass wir als Soialdemokraten die haushalterische Zuordnung des ERPermögens nicht für den zentralen Punkt halten, sondern ür uns ist der zentrale Punkt, wie die Mittel verwandt erden: Werden sie der Mittelstandsförderung zugeführt der nicht? Das ist für uns das Kriterium; das sage ich usdrücklich. Deshalb meine ich, dass „Zerschlagung on Mittelstandsförderung“ hier etwas zu starker Tobak st. So viel muss doch der Gerechtigkeit halber gesagt erden. Drittens. Ich habe mir die Ergebnisse des ERP-Unterusschusses und den Beschluss angeschaut. Da ist in der at die zentrale Anforderung, dass die Förderkraft des ondervermögens ungeschmälert erhalten bleibt. Das st das, worauf sich auch das Parlament verständigt hat, uch Sie und alle hier; das war einstimmig. Jetzt stellt sich die Frage, ob diese Vorhaben unter nwendung des Modells, das hier vorgestellt worden ist, elingt. Ich will nicht verschweigen, dass auch ich noch ie eine oder andere Frage dazu habe. Zum Ersten werden 2 Milliarden Euro aus dem ERPondervermögen an den Bundeshaushalt abgeführt. Als ompensation hierfür überträgt das Bundesfinanzminis erium Rücklagen in Höhe von rund 1 Milliarde Euro auf as ERP-Sondervermögen. Zugleich werden risikofreie ückstellungen in Höhe von 1 Milliarde Euro beim RP-Sondervermögen aktiviert. Zum Zweiten übernimmt der Bund Forderungen und erbindlichkeiten des ERP-Sondervermögens in Höhe on 14,4 Milliarden Euro. Die eine Hälfte des disponilen ERP-Sondervermögens in Höhe von 9,3 Milliarden uro wird der KfW als Eigenkapital, die andere Hälfte ls Nachrangkapital zur Verfügung gestellt. Die KfW erwendet das ERP-Sondervermögen so – das ist das iel dieses Vorgehens –, dass die Substanz und die Er ragskraft des Vermögens erhalten bleiben. Wenn dies so st – ich sage ausdrücklich: wenn dies so ist –, dann wird ie Hürde USA in der Tat genommen. Denn die Beürchtung der Vereinigten Staaten von Amerika war, ass dies möglicherweise nicht der Fall sein könnte. Wir werden im parlamentarischen Verfahren darauf u achten haben, ob das wirklich so eintritt. Wir alle sind ns einig – dazu gibt es einen einstimmigen Beschluss –, ass wir darauf achten müssen. Für mich ist eine wichige Frage, ob es gelingt, den Einfluss des Deutschen undestages auf das Vermögen sicherzustellen, wenn ieses Geld zur KfW gewandert ist. Das ist für mich ein anz zentraler Punkt. Ich sage Ihnen, Herr Staatssekreär, dass wir darauf achten werden. Denn wir wollen, ass der parlamentarische Einfluss nach wie vor erhalten leibt. Wenn die Mittelstandsförderung ungeschmälert erhalen bleibt und wenn unser Einfluss sichergestellt ist – ich age Ihnen ausdrücklich, dass ich das augenblicklich Christian Lange noch nicht abschließend beurteilen kann –, dann können wir einem solchen Kompromiss zustimmen. In diesem Sinne herzlichen Dank für die Diskussion und die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)





(A) )


(B) )



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1606321400

Das Wort hat jetzt die Kollegin Sabine Zimmermann

von der Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Sabine Zimmermann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1606321500

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe

Kolleginnen und Kollegen! Diese Bundesregierung hat
sich auf die Fahne geschrieben, den Haushalt zu sanieren
und den Mittelstand zu fördern. Hätten Sie sich auf die
Fahne geschrieben, den Sozialstaat auszubauen: Kein
Mensch würde Ihnen glauben. Hätten Sie gesagt, wir
machen eine Politik für die Rentnerinnen und Rentner in
diesem Land: Kein Mensch würde Ihnen glauben. Denn
die Mehrheit der Menschen weiß inzwischen, dass jede
Reform der Bundesregierung einen Griff ins Portemon-
naie für jeden Einzelnen bedeutet. Das gilt auch für die
Neuordnung des ERP-Sondervermögens.

Wie sieht es aber nun mit der Haushaltssanierung und
der Mittelstandsförderung aus? Wenn wir uns den Um-
gang mit dem ERP-Sondervermögen ansehen, wissen
wir, wie es um die zentralen Ziele der Bundesregierung
bestellt ist. Die Regierung plant, das ERP-Sondervermö-
gen, das für die direkte Wirtschaftsförderung speziell
kleiner und mittlerer Unternehmen bestimmt ist, für ei-
nen haushaltspolitischen Taschenspielertrick zu miss-
brauchen, damit die Neuverschuldung des Bundes besser
aussieht, als sie tatsächlich ist.

Das Bundeswirtschaftsministerium behauptet, das ERP-
Sondervermögen und die parlamentarische Kontrolle
darüber könnten bei dieser Operation erhalten werden.
Wenn das stimmen würde, hätten wir es also mit einer rei-
nen Verschleierungsaktion bezüglich der Neuverschul-
dung zu tun. Dann sollte man eigentlich ehrlicherweise
auf sie verzichten.

Es ist jedoch nicht so einfach, das Sondervermögen
formal zur Haushaltssanierung einzusetzen, es gleichzei-
tig in seiner Substanz zu erhalten und die parlamentari-
sche Kontrolle zu sichern, die auch Herr Zeil und Herr
Lange angesprochen haben. Es scheint sogar so kompli-
ziert zu sein, dass die Regierung einer Aufforderung des
ERP-Unterausschusses, bis zum 8. September ein Kon-
zept vorzulegen, bis heute noch nicht nachgekommen
ist. Die Links-Fraktion befürchtet daher, dass genau das
passieren wird, was der gesunde Menschenverstand nahe
legt, nämlich: Das ERP-Sondervermögen wird nicht nur
auf dem Papier, sondern tatsächlich zur Haushaltssanie-
rung eingesetzt.

Genau darauf läuft auch die Einigung zwischen den
Ministern Glos und Steinbrück hinaus. Das war heute
auch in den Medien zu lesen. Der Finanzminister sagt

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(C (D ern, Deutschland dürfe nicht länger von der Substanz eben. Seine Art der Haushaltskonsolidierung ist es aber, erade diese Substanz zu verscherbeln. Der Umgang mit em ERP-Vermögen ist ein Beispiel dafür. Minister teinbrücks Finanzplanung sieht vor, dass die Verschulungsziele in den nächsten Jahren durch Einmalerlöse, lso durch Privatisierungen, erreicht werden sollen. rivatisierungen bringen aber nur kurzfristige Einnahen, die mit dauerhaften Einnahmeausfällen bezahlt erden. Ich denke, das weiß jeder hier im Saal. Das ist us unserer Sicht keine Haushaltskonsolidierung. Privatisierungen sind nicht nur langfristig ein Verlusteschäft, sie kosten auch wirtschaftspolitische Handungsmöglichkeiten. Deswegen muss das ERP-Sonderermögen in seiner bisherigen Form erhalten bleiben. Es st unfassbar, dass Sie jetzt das ERP-Sondervermögen lündern wollen und gleichzeitig die Besteuerung von apitalgesellschaften senken. Das zeigt, worum es Ihnen irklich geht. Ich komme zum Schluss. Haushaltssanierung und ittelstandsförderung sind bei Ihnen nur Worthülsen, ie einzig dazu dienen, eine Politik zulasten der Arbeitehmerinnen und Arbeitnehmer und zugunsten des roßkapitals zu rechtfertigen. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. Als letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt at die Kollegin Christine Scheel vom Bündnis 90/ ie Grünen das Wort. Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! ach dem vorangegangenen Redebeitrag möchte ich ieder auf den Kern des Themas kommen. Herr Staats ekretär Schauerte hat die historischen Hintergründe geannt. Er hat auch darauf hingewiesen, welche Entwickung das ERP-Sondervermögen genommen hat. Das ist ine sehr positive Entwicklung. Wir sehen, dass allein m Jahr 2006 über 4 Milliarden Euro bereitgestellt weren. Das ist ein großer Erfolg für unsere mittelständichen und kleinen innovativen Unternehmen in der Bunesrepublik. Wir wissen auch, dass das ERP-Sondervermögen mit as wichtigste Instrument der Innovations-, der Mitteltandsund zunehmend auch der Umwelttechnologieförerung geworden ist. Der Bundestag ist seit Jahrzehnten er Hüter dieses Vermögens. Deswegen meinen wir, ass auch jetzt bei dieser Auseinandersetzung der Mut es ganzen Hauses gefragt ist, sich hier klar aufzustellen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1606321600
Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1606321700

Wir haben gehört, dass die Ziele des Substanzerhal-
ungsgebots, des Erhalts der Förderkraft und der fort-
ährenden Verfügungsgewalt des Bundestags wohl mit

hren Zielen übereinstimmen. Zumindest hat das in






(A) )



(B) )


Christine Scheel
Ihrem Redebeitrag so geklungen. Wir haben auch gese-
hen, dass sich der Unterausschuss sehr einmütig hinter
das alternativ vom Bundeswirtschaftsministerium vorge-
schlagene Modell gestellt hat, sodass diese drei genann-
ten Ziele auch umgesetzt werden. Darüber haben wir
hier schon diskutiert.

Bundeswirtschaftsminister Glos hat sich erst kürzlich
– ich glaube, in den letzten ein, zwei Tagen – gegen
Haushaltstricksereien ausgesprochen. Er hat in diesem
Zusammenhang interessanterweise das ERP-Sonderver-
mögen als besonders schutzwürdig hervorgehoben. Des-
halb waren wir ganz zuversichtlich und dachten: Gut,
das läuft in die richtige Richtung. Jetzt gibt es diese an-
gebliche Einigung, die bei genauerem Hinsehen aber
verschiedene Fragen aufwirft. Ich möchte drei Fragen
ansprechen:

Erstens. Bleibt die Vermögenssubstanz erhalten? Im
Eckpunktepapier steht, dass der Substanzverlust nur
durch eine Rücklagenübertragung in Höhe von 1 Milli-
arde Euro kompensiert werden soll. Die Auflösung von
Rückstellungen ist nur eine Kompensation, wenn dem
ERP gleichzeitig Lasten in dieser Höhe abgenommen
werden. Herr Staatssekretär, ohne Entlastung des ERP
werden die USA dieser Substanzentnahme ganz sicher
widersprechen. Davon ist wohl auszugehen.

Zweitens. Bleibt die Förderkraft des ERP erhalten?
Hierzu sagen die unabhängigen Gutachter der Bundesre-
gierung, dass nur bei einer Anlage auf dem Kapitalmarkt
und einer Mindestverzinsung von 590 Millionen Euro
im Jahr die Förderkraft des ERP-Sondervermögens er-
halten bleibt. Aber diese 590 Millionen Euro stehen
nicht mehr in Ihrem Konsenspapier.


(Hartmut Schauerte, Parl. Staatssekretär: Aber ich habe sie genannt!)


– Sie haben sie zwar genannt; aber sie stehen nicht mehr
im Konsenspapier. Sie wurden auch nicht an die Presse
weitergegeben. Das heißt, wir haben auch hier, was die
Summe der Mittelstandsförderung anbelangt, viele Fra-
gezeichen.

Drittens. Wer hat die Verfügungsgewalt über das
Vermögen? Das ist mit der wichtigste Punkt. Ein Teil des
Vermögens geht als Eigenkapital an die KfW. Das KfW-
Gesetz regelt eindeutig, dass der KfW-Vorstand die allei-
nige Verfügungsgewalt über das KfW-Eigenkapital hat.


(Martin Zeil [FDP]: Genauso ist es!)


Durch den Einbringungsvertrag und möglichst auch
durch eine Änderung des KfW-Gesetzes muss sicherge-
stellt werden, dass das Verfügungsrecht des KfW-Vor-
standes nicht für das ERP-Kapital gelten darf. Das steht
noch aus. Auch hier gibt es also viele offene Fragen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Auch ich meine, dass die Spekulationen, die im Zu-
sammenhang mit der Telekom-Aktie angestellt worden
sind, Quatsch sind. Die KfW kann das Ganze aus eige-
nen Mitteln bestreiten; diese Argumentation braucht
man nicht heranzuziehen. Aber die Spekulation, die im
Zusammenhang mit dem ERP-Eigenkapital und der
EADS-Beteiligung angestellt wurde, ist nicht ganz abzu-

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(C (D eisen. Sie steht im Raum. Ich hoffe nur, dass wir hier ald Klarheit bekommen. Meine sehr verehrten Damen und Herren von den oalitionsfraktionen, es gibt eine Reihe offener Fragen. ir sehen, dass sich Herr Glos zum Thema Haushalt lar aufgestellt hat. Er brüllt ja neuerdings ein bisschen ie ein Bär nd wird hier und da ein bisschen gestoppt. Aber wenn s passieren sollte, dass er die Verfügungsgewalt verliert nd die Förderkraft beschnitten wird, dann wird ihm – so ann man nur sagen – das Fell über die Ohren gezogen. ch hoffe, wir verhindern das gemeinsam. Danke schön. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)


(Martin Zeil [FDP]: Problembär!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1606321800

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus-
chusses für Wirtschaft und Technologie auf Druck-
ache 16/1018. Der Ausschuss empfiehlt unter Nr. 1 sei-
er Beschlussempfehlung die Ablehnung des Antrags
er Fraktion der FDP auf Drucksache 16/382 mit dem
itel „ERP-Vermögen ungeschmälert für Mittelstands-
örderung erhalten“. Wer stimmt für diese Beschluss-
mpfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? –
ie Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der Koa-

itionsfraktionen gegen die Stimmen der Oppositions-
raktionen angenommen.

Unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt der
usschuss die Ablehnung des Antrags der Fraktion des
ündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache 16/548 mit
em Titel „ERP-Sondervermögen in seiner Vermögens-
ubstanz erhalten“. Wer stimmt für diese Beschlussemp-
ehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? –
uch diese Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen
er Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Opposi-
ionsfraktionen angenommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 11 auf:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Ein-
führung der Europäischen Gesellschaft und
zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vor-
schriften (SEStEG)


– Drucksachen 16/2710, 16/2934 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzaus-
schusses (7. Ausschuss)


– Drucksachen 16/3315, 16/3369 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Peter Rzepka
Lothar Binding (Heidelberg)

Dr. Volker Wissing
Dr. Gerhard Schick






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms
Es liegt ein Entschließungsantrag der Fraktion der
FDP vor. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist
für die Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich
höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.


(Unruhe)


– Darf ich die Kollegen, die der Debatte nicht folgen
wollen, bitten, den Saal zu verlassen oder die Plätze ein-
zunehmen. – Danke schön.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erster Red-
nerin das Wort der Parlamentarischen Staatssekretärin
Dr. Barbara Hendricks für die Bundesregierung.

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Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1606321900


Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das zur Be-
schlussfassung anstehende Gesetz über steuerliche Be-
gleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Ge-
sellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher
Vorschriften, in der Kurzform „SEStEG“ genannt – auch
das versteht man eigentlich nicht; aber es ist zumindest
kürzer – passt das deutsche Steuerrecht an neuere EU-
rechtliche Entwicklungen im Gesellschaftsrecht und im
Steuerrecht an. Die Fusionsrichtlinie wird umfassend in
nationales Recht umgesetzt, die so genannte Wegzugsbe-
steuerung für natürliche Personen an die aktuelle Recht-
sprechung des Europäischen Gerichtshofs angepasst und
die Europäische Gesellschaft, SE, und die Europäische
Genossenschaft, SCE, werden im deutschen Steuerrecht
verankert.

Dieses Gesetz leistet einen wichtigen Beitrag zur Si-
cherung des Wirtschaftsstandorts Deutschland. Es erhöht
seine Attraktivität.

Deutschland verfolgt diese Linie offensiv, indem es
erstmals EU-weit grenzüberschreitende Umwandlun-
gen ermöglicht und die EU-Fusionsrichtlinie komplett
umsetzt. Die Unternehmen können so ohne steuerliche
Hemmnisse die Rechtsform von Kapitalgesellschaften
annehmen und sich ganz nach ihren betriebswirtschaftli-
chen Bedürfnissen grenzüberschreitend strukturieren.
Vor allem die Neukonzeption des Einbringungsteils des
Umwandlungssteuergesetzes, der die Umwandlung von
Personengesellschaften in Kapitalgesellschaften regelt,
eröffnet den Steuerpflichtigen diese Möglichkeiten.
Aber auch zahlreiche andere Umwandlungsformen sind
nunmehr ohne Rücksicht auf die Staatsgrenzen möglich.

Besonders zu erwähnen ist – ich verweise auf die Be-
schlussempfehlung des Finanzausschusses –, dass die
steuerneutrale Sacheinbringung von inländischem Ver-
mögen, die Einbringung von Anteilen an Kapitalgesell-
schaften aus Drittstaaten und die Einbringung in Perso-
nengesellschaften nicht davon abhängig gemacht werden,
ob an den Unternehmen nicht in der EU ansässige Perso-
nen beteiligt sind.

Die Beseitigung steuerlicher Hemmnisse ist aber da-
mit verbunden, dass Deutschland von den ihm zustehen-
den Besteuerungsrechten klar und eindeutig in angemes-
senem Umfang Gebrauch macht. In diesem Gesetz

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(C (D ommt das klassische do ut des, Geben und Nehmen, um Tragen. Mit dieser Sicherung deutscher Besteuerungsrechte nterstützt das Gesetz das Anliegen der Unternehmenteuerreform, dass Unternehmen ihre in Deutschland erirtschafteten Gewinne auch hier versteuern. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


erade im Hinblick auf die erweiterten Möglichkeiten
ur grenzüberschreitenden Umwandlung muss sicherge-
tellt werden, dass in Deutschland geschaffene Werte
uch in Deutschland versteuert werden. Deshalb werden
ie Regelungen zur Entstrickung in diesem Gesetzent-
urf systematisch zusammengefasst und fortentwickelt.

Zur effektiven Sicherung unserer Besteuerungsrechte
ieht der Regierungsentwurf in Fällen der Verlagerung
on Vermögen ins Ausland grundsätzlich eine sofortige
esteuerung der stillen Reserven vor. Etwas anderes
äre zu gestaltungsanfällig und kaum administrierbar. In
ällen, in denen Wirtschaftsgüter in eine Betriebsstätte

nnerhalb der Europäischen Union verbracht werden,
ird die Besteuerung allerdings auf fünf Jahre zeitlich
estreckt, und zwar mittels der so genannten Ausgleichs-
ostenmethode.

Nach eingehender Diskussion empfiehlt der Finanz-
usschuss auch, die im Regierungsentwurf vorgesehene

issbrauchsklausel zu streichen. In der Expertenanhö-
ung wurde die Streichung unter Hinweis auf den allge-
ein bekannten § 42 der Abgabenordnung gefordert. Al-

erdings ist die Überzeugungskraft dieses Arguments
isher leider sehr begrenzt; denn wir alle wissen, wie der
undesfinanzhof zu § 42 der Abgabenordnung steht.
ir jedenfalls ist kein Fall aus dem Unternehmensteuer-

echt bekannt, in dem unser oberstes Finanzgericht diese
orschrift zur Anwendung gebracht hätte. Ich möchte
eshalb nochmals mit Nachdruck darauf hinweisen, dass
s auch ohne den § 26 des Umwandlungssteuergesetzes
icht Sinn des Umwandlungssteuerrechts ist, ausschließ-
ich steuerlich motivierte Umwandlungen zu fördern.
iese Vorgänge haben nichts mit einer betriebswirt-

chaftlich sinnvollen Neustrukturierung von Unterneh-
en zu tun.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Es bleibt zu hoffen, dass dieses deutliche Signal des
esetzgebers verstanden wird und dem § 42 der Abga-
enordnung zukünftig ein gebührender Platz in unserer
echtsordnung zuteil wird.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1606322000

Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Volker Wissing

on der FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)







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Dr. Volker Wissing (FDP):
Rede ID: ID1606322100

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Gehen wir ins Offene, sehen wir die Chance des Ri-
sikos. Wecken wir die Kraft der Freiheit …

– so die Worte der Bundeskanzlerin zum Tag der Deut-
schen Einheit. Die Bundeskanzlerin wird damit zur
Kronzeugin gegen diesen Gesetzentwurf. Mit Ihrem Ge-
setzentwurf wollen Sie nämlich genau das Gegenteil er-
reichen: Sie versuchen, Investoren in Deutschland fest-
zuhalten. Das hat nichts, aber auch rein gar nichts mit
„Mehr Freiheit wagen“ oder „Ins Offene gehen“ zu tun.

Ihre Politik ist Ausdruck einer Verzagtheit und – das
ist besonders bedauerlich – Ausdruck eines fehlenden
Vertrauens in den Standort Deutschland. Niemand hier
im Hohen Haus findet es begrüßenswert, wenn Unter-
nehmen Wirtschaftsgüter ins Ausland verlagern. Es ist
gut, dass die Bundesregierung dieses Thema ernst
nimmt. Um das Problem zu lösen, schlagen Sie aber ei-
nen völlig falschen Weg ein. Sie fragen nicht, welches
die Ursachen für das Problem sind. Sie fragen nicht, wa-
rum Unternehmen Betriebsstätten im Ausland unterstüt-
zen und Wirtschaftsgüter ins Ausland verlagern.

Sie beschränken sich darauf, die Unternehmen in ih-
rer Flexibilität einzuschränken. Sie bekämpfen damit
nicht die Ursachen. Sie agieren nicht, sondern reagieren
nur.


(Beifall bei der FDP)


Im Grunde genommen, Frau Staatssekretärin
Hendricks, verhalten Sie sich wie ein Hotelier, der fest-
stellt, dass ihm die Kunden davonlaufen, und auf die
glorreiche Idee kommt, einfach die Zimmer abzusperren.
Das ist eine Politik, von der kein positives Signal aus-
geht. Mit dieser Politik werden Sie keine neuen Investo-
ren für unser Land begeistern. Wo sollen die positiven
Anreize für die Wirtschaft sein, die von diesem Gesetz
ausgehen? Glauben Sie wirklich, dass Deutschland so
schlecht ist, dass Sie die Unternehmen hier anketten
müssen? Ist es nicht Ihre Aufgabe, dafür zu sorgen, dass
unser Standort von den Rahmenbedingungen her so at-
traktiv ausgestaltet wird, dass Unternehmen gerne zu uns
kommen? Verstehen Sie Deutschland nicht als offenes
Land, als Wirtschaftsnation, die selbstbewusst Investo-
ren anwerben kann? Brauchen wir wirklich Steuer-
schranken, Steuermauern?

Das Problem ist doch vor allem, dass die Rahmenbe-
dingungen in unserem Land nicht stimmen. Sie spre-
chen von Chancen, die man über Risiken stellen sollte,
von der Kraft der Freiheit, die es zu wecken gilt; so et-
was hören wir immer wieder von Frau Merkel. Man
fragt sich, wie diese Finanzpolitik dazu passen kann.


(Beifall bei der FDP)


Sie machen sich mit diesem Gesetzentwurf einen schlan-
ken Fuß, Sie ignorieren die Ursachen und behandeln nur
Symptome. Sie werden damit nichts erreichen. Wenn Sie
versuchen, Unternehmen hier festzuhalten, ist die Kon-
sequenz, dass Neuinvestoren diesen Standort künftig
meiden werden. Was daran verantwortliche Politik sein
soll, Politik zur Stärkung der Unternehmenslandschaft in

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(C (D eutschland und vor allen Dingen zur Schaffung neuer rbeitsplätze in unserem Land, diese Erklärung bleiben ie schuldig. Die Einschränkung der Verlustvorträge spricht doch ine deutliche Sprache: Wer keine Verluste akzeptiert, er akzeptiert auch keine Risiken. Und wer keine Risien akzeptiert, hat auf Dauer keine Chancen. So einfach st das, so deutlich wurde das auch in der Anhörung ausesprochen und so deutlich kann man auf den Punkt ringen, warum dieser Gesetzentwurf traurig stimmt. Frau Merkel hat einmal gesagt: Sehen wir doch die hancen vor dem Risiko! Ich frage Sie, meine Damen nd Herren von der großen Koalition: Wenn Ihre Kanzerin Ihnen eine solche Vorgabe macht, warum handeln ie nicht danach? Warum wagen Sie nicht mehr Freieit? Warum führen Sie unser Land nicht ins Offene? Das Gleiche gilt für die Streckung der Besteuerung on verlagerten Wirtschaftsgütern auf fünf Jahre. (Zuruf von der FDP: Das war eine Katastrophe!)


(Beifall bei der FDP)


m ursprünglichen Entwurf der Regierung war es noch
atastrophaler. Sie haben das etwas verbessert. Die Bera-
ungen im Finanzausschuss waren an dieser Stelle durch-
us sinnvoll und hilfreich.


(Eduard Oswald [CDU/CSU]: Endlich einmal ein Kompliment!)


ur, am Ende ist immer noch nichts Gutes herausge-
ommen. Wir alle reden von Bürokratieabbau und hal-
en das hoch. Doch jetzt machen Sie eine Ausnahme,
ine Sonderregelung: Über fünf Jahre hinweg soll ver-
olgt werden, was mit dem Bagger geschieht, der in eine
etriebsstätte ins Ausland verbracht worden ist. Was das
it Vereinfachung, mit Bürokratieabbau zu tun hat, das
üssen Sie uns erklären! Eine solche Regelung schränkt

ie Flexibilität der Unternehmen ein. Dabei geht es den
nternehmen schon nicht gut. Es wird ihnen mit diesem
esetz noch schlechter gehen.


(Beifall bei der FDP)


Dieses Gesetz ist für den Wirtschaftsstandort
eutschland, der an einer erheblichen Fehlausrichtung

eidet, insgesamt ein falsches Signal. Was falsch ist, wird
icht dadurch besser, dass man es auf fünf Jahre verteilt.
ch kann Sie nur auffordern: Gehen Sie ins Offene! Se-
en Sie die Chancen vor dem Risiko und wagen Sie
ehr Freiheit! Überarbeiten Sie Ihren Gesetzentwurf!
egen Sie etwas vor, was dem Selbstbewusstsein der
eutschen und ihrem Vertrauen in den Wirtschaftsstand-
rt gerecht wird! Wir können stolz sein auf das, was
eutschland leisten kann, und haben es nicht nötig, In-
estoren einzusperren, Schranken aufzubauen. Das ist
icht das, was die FDP unter Deutschland versteht, und
icht das, was Sie als Bundesregierung als Bild von
eutschland zeichnen sollten.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP)







(A) )



(B) )


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1606322200

Das Wort hat jetzt der Kollege Peter Rzepka von der

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Peter Rzepka (CDU):
Rede ID: ID1606322300

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Der Bundestag berät heute in zweiter und dritter
Lesung das Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen
zur Einführung der Europäischen Gesellschaft. Damit
werden der steuerliche Rahmen für die Europäische Ge-
sellschaft und die Europäische Genossenschaft geschaf-
fen und die Richtlinie des Rates vom Februar 2005 über
das gemeinsame Steuersystem für Fusionen, Spaltungen,
die Einbringung von Unternehmensteilen und den Aus-
tausch von Anteilen, die Gesellschaften verschiedener
Mitgliedstaaten betreffen, in nationales Recht umgesetzt.

Mit dem Gesetz wollen wir steuerliche Hemmnisse
für grenzüberschreitende Umstrukturierungen von
Unternehmen beseitigen und die Möglichkeiten zur
freien Wahl der Rechtsform verbessern. Künftig sollen
europaweit die gleichen Grundsätze für inländische und
für grenzüberschreitende Umstrukturierungen von Un-
ternehmen gelten. Außerdem wollen wir die steuerlichen
Regelungen für die Einbringung von Betrieben, Teilbe-
trieben und Anteilen neu gestalten. Der Gesetzentwurf
soll ein weiterer Schritt zur Herstellung des gemeinsa-
men Marktes in der Europäischen Union sein. Auch das
Steuerrecht muss den fortschreitenden internationalen
wirtschaftlichen Verflechtungen Rechnung tragen.

Vor allem geht es uns aber um die Stärkung des
Standortes Deutschland für Investitionen, Wirtschafts-
wachstum und Arbeitsplätze.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD Dabei verkennen wir nicht, dass es notwendig ist, die deutschen Besteuerungsrechte und das deutsche Steueraufkommen zu sichern; denn durch EU-weite Umstrukturierungen und die Verlagerung von Vermögenswerten über die Grenze kann der Zugriff des deutschen Fiskus auf das Steuersubstrat erschwert oder sogar unmöglich gemacht werden. Zielsetzung für uns in der Union war es aber auch, die Normen so auszugestalten, dass wir die europäischen Vorgaben umsetzen, ohne die Unternehmen mit zusätzlichen Steuern zu belasten; denn vor dem Hintergrund der vergleichsweise hohen nominalen und effektiven Steuerbelastung der deutschen Unternehmen schwächen Steuererhöhungen den Standort. Außerdem stehen sie im Gegensatz zu dem Ziel der geplanten Unternehmensteuerreform, die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft zu stärken. In der Anhörung der Sachverständigen am 18. Oktober 2006 sind wesentliche Regelungen des Gesetzentwurfes der Bundesregierung auf nahezu einhellige Kritik gestoßen. Die Union hat aus dieser Kritik Konsequenzen gezogen und gemeinsam mit dem Koalitionspartner den Entwurf in wesentlichen Punkten geändert. R i l m d s f d r c t d i w m T s n d d d a i s e h s g g t V r G n g t g U n w z H I d M M s z b h (C (D So haben wir erstens die Sofortversteuerung stiller eserven bei Zuordnung von Wirtschaftsgütern zu einer m Ausland gelegenen Betriebsstätte aus dem ursprüngichen Entwurf gestrichen. Das hätte bei den Unternehen einen sofortigen Liquiditätsabfluss bedeutet, ohne ass diesen durch Abschreibungen der verbrachten Wirtchaftsgüter oder durch Veräußerungen Liquidität zugelossen wäre. Stattdessen werden wir in solchen Fällen er Entstrickung die über einen Zeitraum von fünf Jahen gestreckte Besteuerung der stillen Reserven ermöglihen. Das ist eine wesentliche Erleichterung für die Unernehmen. Zweitens konnten wir eine massive Schlechterstellung eutscher Personengesellschaften mit Gesellschaftern n Drittstaaten verhindern. Sie waren aufgrund des Umandlungssteuergesetzes bislang in der Lage, Unternehensteile unterhalb der Obergesellschaft steuerneutral in ochterkapitalgesellschaften oder Tochterpersonengeellschaften einzubringen. Diese Möglichkeit sollte ihen gemäß dem ursprünglichen Gesetzentwurf selbst ann genommen werden, wenn deutsches Steuersubstrat urch den Umwandlungsvorgang in keiner Weise gefähret worden wäre. Aufgrund unserer Initiative wird es ber bei der bisherigen Rechtslage bleiben. Herr Kollege Wissing, ich wünschte mir, dass Sie sich n Ihrer Rede und vor allen Dingen auch im Finanzauschuss etwas intensiver mit diesen Verbesserungen ausinander gesetzt hätten und dass Sie, wie wir das getan aben, durch Eigeninitiative mehr Beiträge zur Verbeserung des Gesetzentwurfs in den Finanzausschuss einebracht hätten. (Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Volker Wissing [FDP]: Anträge wurden gestellt!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU)


Drittens konnten wir durchsetzen, dass bei Einbrin-
ungsvorgängen Zuzahlungen bzw. sonstige Gegenleis-
ungen bis zur Höhe der Buchwerte steuerlich nicht als
eräußerung behandelt werden. Die geplante Veräuße-

ungsfiktion hätte bedeutet, dass es zu einer anteiligen
ewinnrealisierung gekommen wäre. Dies wäre insofern
icht sachgerecht gewesen, als sich nicht jeder Einbrin-
ungsvorgang mit der Gewährung von Gesellschaftsan-
eilen an der aufnehmenden Gesellschaft vollständig aus-
leichen lässt.

Viertens haben wir erreicht, dass die Regelungen des
mwandlungssteuergesetzes auf Fälle der Hinzurech-
ungsbesteuerung nach dem Außensteuergesetz ange-
endet werden, allerdings mit Ausnahme der Verschmel-

ung so genannter passiver Gesellschaften. Eine
inzurechnungsbesteuerung findet nicht statt, wenn in

nlandsfällen das Umwandlungssteuerrecht gelten würde.

Fünftens entfällt – Frau Staatssekretärin Hendricks hat
as schon erwähnt – die Einführung einer allgemeinen
issbrauchsklausel in das Umwandlungssteuergesetz.
it § 42 der Abgabenordnung haben wir bereits ein In-

trumentarium zur Bekämpfung von Missbrauchsfällen
ur Hand. Die Einfügung eines weiteren Missbrauchstat-
estandes mit zahlreichen unbestimmten Rechtsbegriffen
ätte das Risiko bei notwendigen Umstrukturierungen






(A) )



(B) )


Peter Rzepka
erhöht und damit den Zielsetzungen des Gesetzentwurfes
geschadet.

Trotz des Erreichten finden sich auch jetzt noch Rege-
lungen im Gesetzentwurf, die besser unterblieben wären:
Verlustvorträge sollen bei Vermögensübertragungen
und Verschmelzungen zwischen Kapitalgesellschaften
nicht übergehen können, auch nicht bei Inlandsfällen.
Dies stellt eine Verschlechterung und in der Praxis eine
erhebliche Behinderung dar. In der öffentlichen Anhö-
rung zum SEStEG – Herr Kollege Wissing, Sie haben
darauf hingewiesen – haben mehrere Experten bestätigt,
dass die erfolgreiche Umstrukturierung und Restruktu-
rierung eines Unternehmens in der Krise davon abhängig
sein kann, ob die Möglichkeit besteht, einen Verlust zu
nutzen.

Als Grund für die Versagung der Nutzung von Ver-
lustvorträgen wurde angeführt, dass nur so die so ge-
nannte Hineinverschmelzung europäischer bzw. auslän-
discher Verluste nach Deutschland verhindert werden
könne. Ich hingegen meine, dass dies in Anlehnung an
die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs auch
dadurch hätte geregelt werden können, dass solche Ver-
lustvorträge nicht im Inland, sondern nur in ausländi-
schen Betriebsstätten genutzt werden dürfen. Auch in
Art. 6 der steuerlichen Fusionsrichtlinie wird lediglich
verlangt, dass der Verlustvortrag im Rahmen der Besteu-
erung der verbleibenden Betriebsstätte zu berücksichti-
gen ist.

Die bei Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in
eine andere Kapitalgesellschaft anfallenden Übernahme-
gewinne und Übernahmeverluste sollen grundsätzlich
steuerlich unberücksichtigt bleiben. Allerdings werden,
sofern Übernahmegewinne anfallen, 5 Prozent dieser
Gewinne für die übernehmende Körperschaft steuer-
pflichtig. Bei Weiterausschüttung wird erneut besteuert,
sodass es sogar zu Doppelbesteuerungen kommen kann,
die grundsätzlich vermieden werden sollten. Darüber hi-
naus ist die Einlagenrückgewähr aus Drittstaatengesell-
schaften als Dividende zu besteuern, was aus meiner
Sicht nicht nachvollziehbar ist.

Der vorliegende Gesetzentwurf ist trotz dieser Mängel
ein weiterer Schritt zur Herstellung des Binnenmarktes
der Europäischen Union und zur Stärkung des Standortes
Deutschland im Sinne von Investitionen, Wirtschafts-
wachstum und Arbeitsplätzen. Der ursprünglich vorge-
legte Gesetzentwurf ist durch die Koalitionsfraktionen
im Finanzausschuss deutlich verbessert worden.

In Anbetracht des Erreichten und vor dem Hinter-
grund der Notwendigkeit von Kompromissen in einer
Koalition bitte ich Sie deshalb um Ihre Zustimmung zu
diesem Gesetzentwurf. Weitere Verbesserungen zur Aus-
weitung der Regelungen über die EU hinaus mit der
Folge der Stärkung unserer im internationalen Wettbe-
werb stehenden Unternehmen bleiben dessen ungeachtet
auf der Tagesordnung der Steuerpolitik.

Abschließend möchte ich mich bei den Kolleginnen
und Kollegen, insbesondere beim Berichterstatter der
SPD, Herrn Lothar Binding, für das sachorientierte und
wirklich gute Klima in den Verhandlungen bedanken.

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(C (D ein Dank gilt auch den Fachleuten des Bundesfinanzinisteriums für die konstruktive und sachliche Beglei ung dieses Gesetzgebungsprozesses. Ich danke Ihnen. Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Axel Troost von er Fraktion Die Linke. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem ntwurf eines Gesetzes über steuerliche Maßnahmen zur inführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änerung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften hat das inanzministerium ordentliche Arbeit geleistet. Das ist irklich ein Schritt in die richtige Richtung. as muss man, wie ich meine, auch dann sagen, wenn an in der Opposition ist. In Zukunft wird es für Unternehmen schwerer, durch erlagerungen und Fusionen die Zahlung von Steuern zu mgehen, und das ist auch gut so. Aber leider bleiben ie mit Ihrer Politik auf halbem Wege stehen. Vieles von em, was Sie jetzt im Zusammenhang mit Verlagerunen innerhalb Europas vorschlagen, muss konsequent zu nde gebracht werden. Vieles davon muss auch in natioales Steuerrecht umgesetzt werden. Vieles davon würde u mehr Steuergerechtigkeit führen. Ich will nur zwei Beispiele nennen: Ein Unternehmen wird innerhalb Europas in einen taat mit niedrigeren Unternehmensteuersätzen verlaert. islang konnte das Unternehmen die stillen Reserven itnehmen und am neuen Unternehmenssitz zu den iedrigeren Steuersätzen versteuern. Das geht in Zukunft icht mehr. In Zukunft müssen Unternehmen stille Reerven vor einer Verlagerung aufdecken und versteuern. amit werden die stillen Reserven dort besteuert, wo sie ntstanden sind. Das ist ohne Frage eine sinnvolle Ändeung. Aber warum machen Sie eine solche Besteuerung er stillen Reserven nicht zur Regel, und zwar auch für nternehmen, die in Deutschland bleiben? Es wäre zum Beispiel durch eine Reform des Bewerungsgesetzes möglich, stille Reserven erst gar nicht enttehen zu lassen. Allein die stillen Reserven, die in den mmobilien der Unternehmen versteckt sind, würden ittelfristig 10 Milliarden Euro jährlich mehr in die assen bringen. Warum haben Sie nicht den Mut, das nzugehen? Warum verzichten Sie auf diese Steuerein Dr. Axel Troost nahmen, statt sie im Rahmen der Unternehmensteuerreform zu erschließen? Ein zweites Beispiel. In Zukunft ist es unmöglich, dass bei einer Fusion ein Unternehmen die Verlustvorträge des anderen übernimmt und so langfristig Steuern spart. Dieses Verbot ist sinnvoll, weil Fusionen oft wegen dieses Steuervorteils stattgefunden haben. Das war eine Strategie, um systematisch Steuern zu minimieren. Aber warum schränken wir die Möglichkeiten für Verlustvorträge und Verlustrückträge nicht grundsätzlich ein, sondern nur bei Fusionen? Auch das würde Milliarden in die Kassen bringen. Ich will in diesem Zusammenhang nur eine Zahl anführen, die allerdings schon etwas älter ist – sie geht auf unsere Kleine Anfrage zu diesem Thema zurück –: Ende 2001 hatten die Kapitalgesellschaften Verluste in Höhe von fast 400 Milliarden Euro zu verzeichnen, die die Unternehmen in die nächsten Jahre mitnehmen mussten. Das sind 400 Milliarden Euro weniger, die versteuert werden. Lassen Sie uns dieses Steuergeschenk in Milliardenhöhe angehen. (Beifall bei der LINKEN – Dr. Volker Wissing [FDP]: Dann vernichten Sie massenweise Unternehmen und die Arbeitsplätze gleich mit! Das ist der unsozialste Vorschlag, den wir je gehört haben!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1606322400

(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Axel Troost (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1606322500

(Beifall des Abg. Ortwin Runde [SPD])


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


(Vorsitz: Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt)





(A) )


(B) )


Lassen Sie uns nicht auf halbem Weg stehen bleiben.
Lassen Sie uns Verlustrückträge grundsätzlich abschaf-
fen und Verlustvorträge wie in den meisten anderen eu-
ropäischen Ländern auf maximal fünf bis sechs Jahre
begrenzen. Das alles würde Mehreinnahmen in Milliar-
denhöhe bringen, liebe Kolleginnen und Kollegen von
der CDU/CSU und der SPD.

Wir stimmen dem Gesetzentwurf zu und hoffen, dass
er ein Ansporn für die anstehende Unternehmensteuerre-
form ist. Wir hoffen, dass Sie viele der Grundsätze, die
zur Reduzierung der Steuervermeidung und Steuerhin-
terziehung führen, in nationales Recht umsetzen und da-
für sorgen, dass die Unternehmensteuerreform möglichst
aufkommensneutral erfolgt, um weitere Verluste zu ver-
meiden.

Danke schön.


(Beifall bei der LINKEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1606322600

Nächster Redner ist der Kollege Dr. Gerhard Schick

für die Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen.


Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1606322700

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die

Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen wird diesem
Gesetzentwurf zustimmen. Wir glauben, dass er ein
wichtiger Schritt zur Europatauglichkeit unseres Steu-
ersystems ist, und er steht im Einklang mit unserer allge-
meinen steuerpolitischen Position. Denn wir halten es
für sehr wichtig, die steuerlichen Grundlagen des Bin-
nenmarktes so auszugestalten, dass keine weiteren Hür-

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(C (D en entstehen, damit die Unternehmen den Binnenmarkt atsächlich nutzen können. Es ist zu begrüßen, dass wir die Einführung der Euroäischen Gesellschaft und der Europäischen Genossenchaft auch steuerrechtlich begleiten. Selbstverständlich ollen nicht alle Tore geöffnet werden; es geht zunächst arum, dass die in Deutschland entstandenen Werte auch n Deutschland besteuert werden können. Deswegen ist s richtig, dass im Falle eines Rechtsträgerwechsels oder ann, wenn Vermögen aus einem Betrieb abgezogen ird, die Aufdeckung und damit die Besteuerung der tillen Reserven sichergestellt wird. Wir reagieren mit dem Gesetzentwurf auf das Urteil es Europäischen Gerichtshofs, in dem die französische egzugsbesteuerung als nicht europarechtskonform beertet wurde. Die deutsche Wegzugsbesteuerung war mmer etwas anders ausgestaltet. Aber es ist sinnvoll, ies in diesem Zusammenhang richtig zu regeln. Wir seten außerdem die geänderte EU-Fusionsrichtlinie um nd bringen so unser Steuerrecht europarechtlich voran. Ich finde, der Entwurf ist insgesamt ausgewogen. err Wissing, ich hätte mir gewünscht – es wäre schön, enn Sie zuhören würden –, ass Sie die Abwägungen in der Diskussion über den esetzentwurf zur Kenntnis nehmen. Ich glaube jeden alls, dass dem Gesetz einige schwierige Abwägungen wischen der Administrierbarkeit und dem Europarecht ugrunde liegen. Wir haben über die Abwägungen in der inen oder anderen Weise entschieden. In der Anhörung urde deutlich, dass es schwierige Entscheidungspro esse sind. Angesichts dessen man kann nicht einfach agen, dass hier Unternehmen angekettet werden. Vielehr muss man entsprechend den Abwägungen berück ichtigen, welche Alternativen vorhanden sind. Man ann sich sicherlich anders entscheiden. Aber man sollte icht so tun, als handele es sich hier um ein „Ankettgeetz“. Ich finde, Sie sind in Ihrer Rede der Qualität des esetzentwurfs und des Diskussionsprozesses nicht ge echt geworden. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der SPD)


(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Peinlich!)


Ich möchte noch zwei Punkte ansprechen, die für uns
ichtig sind und die wir im Ausschuss thematisiert ha-
en. Der erste Punkt war, dass Personengesellschaften
mstrukturierungen auch mit Gesellschaften aus Dritt-

ändern auf einfache Weise vornehmen können. Uns war
ichtig, dass der europäische Binnenmarkt auch für die
ittelständische Wirtschaft erschlossen wird. – Dazu

atten wir einen Antrag eingebracht. Wie Sie wissen, hat
ich dieser im Verfahren erledigt, weil wir uns einig wa-
en.

Beim zweiten Punkt, nämlich der Missbrauchsbe-
ämpfung, waren wir uns nicht einig; Frau Staatssekre-

ärin hat diesen Punkt bereits angesprochen. In der An-
örung gab es nämlich nicht nur ein, sondern zwei
ositionen. Die einen haben die Streichung des § 26
mwandlungssteuergesetz, der auf Art. 11 der EU-Fu-






(A) )



(B) )


Dr. Gerhard Schick
sionsrichtlinie basiert, gefordert. Die anderen verlangten
hingegen eine präzisere Fassung dieses Paragrafen. Ich
glaube, es hätte durchaus die Möglichkeit gegeben, eine
Präzisierung vorzunehmen und eine Sicherung gegen
Missbrauch einzuführen; denn aus dem Urteil des Euro-
päischen Gerichtshofs zu Cadbury Schweppes ist nicht
eindeutig abzuleiten, ob diese Regelung unbedingt ge-
strichen werden muss. Es ist sicherlich extrem wichtig,
wirtschaftlich motivierte Umstrukturierungen zu erleich-
tern; das wollen wir. Aber wir dürfen der Steuergestal-
tung nicht gleichzeitig Tür und Tor öffnen. Wir hätten
uns eine Präzisierung gewünscht, die auf überzeugende
Weise Rechtsklarheit schafft und § 42 der Abgabenord-
nung noch eine ergänzende Spezialnorm hinzufügt. Sie
sind einen anderen Weg gegangen.

Da das Gesetz insgesamt ein wichtiger Schritt hin zu
einem europatauglichen Steuersystem ist, stimmen wir
trotz dieses Kritikpunktes zu.

Danke.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1606322800

Als letztem Redner in dieser Debatte erteile ich nun

das Wort dem Kollegen Lothar Binding für die SPD-
Fraktion.


Lothar Binding (SPD):
Rede ID: ID1606322900

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen

und Kollegen! Da wir es mit einem relativ komplizierten
Gesetz zu tun haben, möchte ich mich dem Dank von
Herrn Rzepka für die sehr gute Kooperation anschließen.
Ich glaube, man sieht am Ergebnis, dass hier sachorien-
tiert diskutiert wurde. Das ist nicht ganz selbstverständ-
lich, insbesondere wenn man bedenkt, dass wir in sechs
bis acht Punkten nicht einer Meinung waren. Trotzdem
haben wir nun einen für beide Seiten mehr oder weniger
erträglichen Kompromiss erzielt. Ich möchte außerdem
dem Bundesfinanzministerium danken, insbesondere
den Herren Möhlenbrock, Rennings und Scheuerle und
last, but not least Frau Staatssekretärin Hendricks. Nach
meiner Meinung hat uns das Bundesfinanzministerium
sehr gut unterstützt. Das war sicherlich keine einfache
Aufgabe. Zudem möchte ich mich bei Joachim Poß für
eine Bemerkung bedanken. Er hat gesagt, die Über-
schrift der Rede, die Herr Wissing gehalten hat, könnte
etwa „Freiheit für Steuerhinterzieher“ lauten. Das Be-
sondere war dabei die Physiognomie von Herrn Wissing:
Er hat so wissend gelächelt; vielleicht dachte er, dass da-
ran etwas Wahres ist.


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD – Eduard Oswald [CDU/CSU]: Was lernen wir daraus: hier im Plenum nicht mehr lächeln!)


Herr Troost, Ihre Idee einer kontinuierlichen Besteue-
rung der stillen Reserven ist sicherlich verlockend.
Aber man darf nicht vergessen, was das für die Liquidi-
tät der Unternehmen und die Bewertung der Grundstü-
cke bedeutet und – last, but not least – welchen Verwal-

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(C (D ungsaufwand das zur Folge hat, wenn man das ontinuierlich macht. Das muss man in den Blick nehen, um zu erkennen, dass Ihr Vorschlag theoretisch ielleicht nicht schlecht ist, aber in der praktischen Anendung sicher auf große Schwierigkeiten stößt. Zum Stichwort Anketten möchte ich nur Folgendes agen: Herr Wissing, das SEStEG ist meines Erachtens as glatte Gegenteil dessen, was Sie sagen; denn das EStEG ermöglicht es, das europäisch und weltweit perierende Unternehmen zum ersten Mal auch steuerich europäisch denken können. Kein Unternehmen uss mehr ökonomisch sinnvolle Zusammenschlüsse araufhin prüfen, ob es Steuern bezahlen muss oder icht. Ich nenne ein ganz konkretes Beispiel. Die Hanysparte eines Unternehmens – bei dem ich gelernt abe – hätte vielleicht gar nicht verkauft werden müssen, enn die entsprechende Möglichkeit in Europa, die wir etzt mit dem SEStEG schaffen, damals schon bestanden ätte. Die Sparte nach Korea oder Japan zu verkaufen, st etwas anderes, als einen Zusammenschluss in Europa u organisieren, der dazu führt, dass ein Unternehmen ntsteht, das aufgrund seiner Größe auf dem internatioalen Markt konkurrenzfähig ist. (Abg. Dr. Volker Wissing [FDP] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


Seien Sie so nett und fragen Sie, wenn ich fertig bin?
ch bin jetzt gerade so schön im Fluss. Ich bin Schwim-
er; Sie wissen, dass das deshalb für mich kein Problem

st.


(Zuruf des Abg. Hans Michelbach [CDU/CSU])


Mit Bauklötzen kann ich auch gut umgehen, ebenso
it einem Zollstock. Hier sind Handwerker unter sich.

Es ist ganz wichtig, zu wissen, dass das SEStEG diese
öglichkeiten in Europa eröffnet. Wir haben ein gutes
eispiel: Allianz hat eine Holding-SE gegründet. Sie
issen, dass das zumindest die Sicherheit gibt, vor einer
bernahme in einer ganz anderen Weise geschützt zu

ein, als wenn es diese Möglichkeit nicht gäbe. Dass die
llianz das machen konnte, hängt mit der speziellen Si-

uation, in der sie sich befindet, zusammen; aber künftig
aben diese Möglichkeit auch viele andere. Eine bessere
erbung kann es für den Standort Deutschland im Mo-
ent nicht geben. Wir tun mit diesem Gesetz einen gro-

en Schritt zu einer Rechtskonformität in Europa,
ber die sich letztendlich auch die Gerichtsbarkeit freut,
eil die Klageanfälligkeit sinken wird.

Es ist wichtig, das zu erwähnen, weil damit deutlich
ird, in welchen Rahmenbedingungen wir uns über-
aupt bewegen. Wir bewegen uns auf dem Boden der
ier Grundfreiheiten, nämlich der Kapitalverkehrsfrei-
eit, der Warenverkehrsfreiheit, der Dienstleistungsfrei-
eit und der Niederlassungsfreiheit. Das sind Freiheiten
ür international agierende Unternehmen. Aber die Frei-
eit des deutschen Staates, europaweit Steuern zu erhe-
en, gibt es nicht. Wir erkennen hier also eine Asymme-
rie. Auf diese Asymmetrie reagiert dieses Gesetz auf
ine sehr konstruktive Weise. Es sorgt für faire Besteue-
ung, aber lässt europäische Gestaltungen zu. Das ist
och immer unser Dilemma: dass sich unsere Gesetzge-






(A) )



(B) )


Lothar Binding (Heidelberg)

bung im Wesentlichen auf deutsches Staatsgebiet be-
schränkt, die Konzerne aber international agieren kön-
nen! Deshalb ist dieses Gesetz so wertvoll. Es hat genau
für dieses Dilemma einen Lösungsvorschlag entwickelt.
Ich glaube, das war sehr gut.

Der Öffnung des Umwandlungsteuerrechts für den
europäischen Raum musste natürlich die Sicherung deut-
scher Steueransprüche gegenüberstehen; denn wir ma-
chen auch Politik für unsere Gesellschaft. Die Unterneh-
men, die in Europa Gewinne erzielen und in Deutschland
ansässig sind, machen die Gewinne auf der Basis der Be-
dingungen, die in Deutschland herrschen, und sie ma-
chen sie deshalb, weil sie in unserer Gesellschaft Rück-
halt haben. Ich gratuliere jedem Unternehmen, das gute
Gewinne macht, und ich glaube, dass ein faires Unter-
nehmen gern Steuern zahlt, um die günstigen Bedingun-
gen für sich in Deutschland zu sichern. Deshalb ist das
SEStEG eine sehr gute Basis für die Zukunft. Wenn es
uns im zweiten Schritt noch gelingt, das Gesetz zu globa-
lisieren, dann wird es sehr viel einfacher. Darüber müs-
sen wir mit den Ländern reden. Das Bundesministerium
und der Bundestag wollten eine Globalisierung. Leider
sind die Länder diesen Schritt noch nicht mitgegangen.
Ich bin aber guter Hoffnung, dass wir sie überzeugen.

Schönen Dank und alles Gute.


(Beifall bei der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1606323000

Herr Kollege, Sie haben zwar Ihre Rede schon been-

det, aber wenn Sie die vorher angemeldete Zwischenfrage
noch gestatten, dann kann sie jetzt gestellt werden. –
Bitte, Herr Dr. Wissing.


Dr. Volker Wissing (FDP):
Rede ID: ID1606323100

Herr Kollege Binding, teilen Sie meine Auffassung,

dass es nichts mit Steuerhinterziehung zu tun hat, wenn
Unternehmen Verluste vortragen können, und teilen Sie
meine Auffassung, dass dieses Gesetz die Flexibilität
und Mobilität von Unternehmen verringert und nicht er-
höht?


Lothar Binding (SPD):
Rede ID: ID1606323200

Sie haben völlig Recht. Deshalb ist der Verlustvortrag

extra erwähnt worden. Das Besondere ist aber, dass man
den Verlustvortrag auch grenzüberschreitend nutzen
kann, indem man Zwischenwerte bildet, sodass der hö-
here Wert eines grenzüberschreitenden Guts in der auf-
nehmenden Bilanz zu höheren Abschreibungen führt
und damit der Verlustvortrag sehr wohl genutzt werden
kann. Das zeigt wiederum, dass das Gesetz einfach ge-
nial ist.


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1606323300

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den von der
Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf über
steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Euro-
päischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuer-

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(C (D echtlicher Vorschriften auf den Drucksachen 16/2710 nd 16/2934. Der Finanzausschuss empfiehlt in seiner eschlussempfehlung auf Drucksache 16/3315, den Ge etzentwurf in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der usschussfassung zustimmen wollen, um das Handzei hen. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Dann st der Gesetzentwurf in zweiter Beratung mit den Stim en der Koalitionsfraktionen und der Fraktionen des ündnisses 90/Die Grünen und der Linken bei Gegen timmen der FDP angenommen. Wir kommen zur Dritten Beratung nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimen wollen, sich zu erheben. – Wer stimmt dagegen? – nthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist mit den gleichen ehrheitsverhältnissen angenommen. Wir kommen zur Abstimmung über den Entschlieungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 6/3362 rag? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Dann ist der ntschließungsantrag mit den Stimmen der Koalitions raktionen und den Stimmen der Fraktionen Die Linke nd des Bündnisses 90/Die Grünen bei Gegenstimmen er Fraktion der FDP abgelehnt. Damit kommen wir zum Tagesordnungspunkt 12: Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Petra Pau, Sevim Dagdelen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN Entwicklung der extremen Rechten und die Maßnahmen der Bundesregierung – Drucksache 16/1009 – Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die raktion Die Linke fünf Minuten erhalten soll. – Ich öre dazu keinen Widerspruch. – Dann ist das so bechlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile als erster Rederin in dieser Debatte der Kollegin Ulla Jelpke von der raktion Die Linke das Wort. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Werte olleginnen und Kollegen! Diese Bundesregierung uss leider zum Jagen getragen werden, wenn es um die ekämpfung des Neofaschismus geht. Die erschrekende Konzeptionslosigkeit nicht nur dieser Regierung rägt ihren Teil dazu bei, dass Neofaschisten in Deutschand sich leider pudelwohl fühlen können. Die gestern vorgelegte Studie der Friedrich-Eberttiftung belegt das mit erschreckenden Fakten: 8,6 Proent der Deutschen haben ein geschlossenes rechtsextrees Weltbild. 15 Prozent sehnen sich nach einem Ulla Jelpke Führer. 15,8 Prozent der Westund 6,1 Prozent der Ostdeutschen zeigen einen manifesten Antisemitismus. Die Zustimmung zu rassistischen Meinungen geht darüber noch weit hinaus: Sie liegt laut Studie bei 44 Prozent bei den Ostund bei 35 Prozent bei den Westdeutschen. Es ist traurig genug, dass erst die Wahlerfolge der NPD in Mecklenburg-Vorpommern zur Weiterfinanzierung der Strukturprojekte gegen Rechts geführt haben. Aber die Millionen sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Sie sollen eine Entwicklung aufhalten, die mit dem massiven Sozialkahlschlag nach 1990 in Ostdeutschland begann. (Sebastian Edathy [SPD]: Gab es denn vorher keinen Rechtsextremismus?)


(Beifall bei der LINKEN)

Ulla Jelpke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1606323400




(A) )


(B) )


Denn genau diese Politik haben Neonazis genutzt. Wo
Jugendklubs und andere soziale Projekte geschlossen
wurden, hat die NPD ihre Chancen gewittert, um ihre
menschenverachtende Ideologie unter die Leute zu brin-
gen.

Wir richten vierteljährlich eine kleine Anfrage an die
Bundesregierung und fragen danach, wie viele Hassmu-
sikkonzerte und Nazigroßveranstaltungen stattgefunden
haben. Die erste Antwort liegt uns vor. Allein im zweiten
Quartal dieses Jahres – das muss man sich einmal vor-
stellen – haben 40 Großveranstaltungen stattgefunden.
Der VS verschweigt uns darüber hinaus noch einige
Zahlen, weil er nicht bekannt machen will, dass er mög-
licherweise Informanten dort hat.

Überhaupt zeigt ein Blick in den Verfassungsschutz-
bericht, wie verharmlost und bagatellisiert wird. Insbe-
sondere nach dem gescheiterten Verbotsverfahren ge-
gen die NPD wurden Schily und sein Ministerium nicht
müde, zu betonen, dass die NPD dennoch geschwächt
worden sei – eine fatale Fehleinschätzung. Dass die
NPD zunehmend zur ersten Wahl junger Menschen ge-
worden ist und sich längst eine Stammwählerschaft auf-
gebaut hat, spiegelt sich weder in einem Bericht eines
der Landesämter für Verfassungsschutz noch im Bericht
des Bundesamtes für Verfassungsschutz wider.

Umso dringlicher ist es, fundierte Analysen – wie die
Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung –, wissenschaftli-
chen Sachverstand und Erfahrungen aus der antifaschis-
tischen Praxis heranzuziehen, um endlich politische Ge-
samtstrategien gegen Neofaschisten und ihre Politik zu
entwickeln.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Ein geeigneter Nährboden für die Neonazis sind lei-
der auch die Ansichten und Haltungen in der so genann-
ten Mitte der Gesellschaft. Ich zitiere aus der oben ge-
nannten Rechtsextremismusstudie:

Wir haben festgestellt, dass der Begriff „Rechts-
extremismus“ irreführend ist, weil er das Problem
als ein Randphänomen beschreibt. Rechtsextremis-
mus ist aber ein politisches Problem in der Mitte
der Gesellschaft. Das kann nicht ausdrücklich ge-
nug betont werden.

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(C (D Dazu nur einige Beispiele aus den letzten Wochen: In der Zuwanderungsdebatte blieb die Äußerung von eckstein „Wir brauchen mehr Ausländer, die uns nüten, und weniger, die uns ausnützen“ in der Union weitehend unwidersprochen. In der Zeitschrift „Die Bundeswehr“ des Bundeswehrerbandes wurden – gerade in der letzten Ausgabe – ücher des Ex-KSK-Generals Günzel beworben, der von einen Soldaten „Disziplin wie in der Waffen-SS“ geforert und Martin Hohmann nach seinen antisemitischen ußerungen unterstützt hat. In den letzten Wochen haben die Äußerungen verchiedener Unionsinnenminister gezielt den Eindruck ereckt, dass Flüchtlinge nur nach Deutschland kommen, m Sozialleistungen zu beziehen und zu schmarotzen. Man könnte diese Liste noch endlos fortsetzen. Ich ill aber vor allem auf Folgendes hinweisen: Wenn Juendliche ein rechtsradikales Weltbild für normal halten, ann hat das auch mit diesen geistigen Brandstiftungen us der so genannten Mitte der Gesellschaft zu tun. (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


ll das gehört endlich einmal gründlich aufgerollt. Mit
nserer Großen Anfrage, deren Beantwortung durch die
undesregierung offensichtlich lange Zeit braucht – wir
aben sie vor fast einem Dreivierteljahr eingebracht,
ber sie soll erst im März beantwortet werden; deswegen
ühren wir zwischenzeitlich diese Debatte –, wollen wir
ntworten erzwingen, um das bisherige Versagen der
olitik im Kampf gegen Neofaschismus zu thematisieren
nd darauf hinzuwirken, dass weitere Maßnahmen zu
einer Bekämpfung entwickelt werden.

Danke schön.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1606323500

Das Wort hat nun der Parlamentarische Staatssekretär

eter Altmaier für die Bundesregierung.

P
Peter Altmaier (CDU):
Rede ID: ID1606323600

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Bun-

esregierung nimmt Wahlerfolge rechtsextremer Parteien
nd extremistische Tendenzen jeder Art sehr ernst. Sie ist
ntschlossen, einen wirksamen Beitrag zu ihrer Bekämp-
ung zu leisten.

Frau Kollegin Jelpke, Sie haben die Große Anfrage
ngesprochen. Wir haben angekündigt, dass sie, wie es
ich gehört, nach einem überschaubaren Zeitraum beant-
ortet wird. Seit März 2006 haben wir insgesamt zwölf
leine Anfragen zu diesem Thema, davon allein elf von
er Linken,


(Beifall der Abg. Ulla Jelpke [DIE LINKE])


it 184 Fragen beantwortet. Die jetzige Große Anfrage
mfasst 286 Fragen, mit Unterfragen sind es 380. Wir






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Peter Altmaier
werden unser Bestes tun, um auch diese Fragen zu be-
antworten. Aber Sie dürfen nicht der Illusion unterlie-
gen, dass man den Rechtsextremismus in Deutschland
nur mit Kleinen und Großen Anfragen bekämpfen kann.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wenn wir eine wirksame Strategie gegen den Rechts-
extremismus und gegen den Extremismus insgesamt ent-
wickeln wollen, dann brauchen wir ein vernünftiges und
ausgewogenes Konzept repressiver und präventiver
Maßnahmen. Beispielsweise ist es so, dass in deutschen
Fußballstadien nicht nur Gewalt stattfindet, sondern
auch rechtsextreme und zum Teil antisemitische Parolen
gerufen werden. Daher muss der Rechtsstaat seinen
Strafanspruch auch in den Fußballstadien durchsetzen.
Deshalb sind wir sehr dankbar dafür, dass der Deutsche
Fußball-Bund gemeinsam mit dem Bundesinnenministe-
rium dieses Problem jetzt angeht und konkrete Maßnah-
men ergreift.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Wir haben bereits im Jahr 2005 wichtige Änderungen
des Straf- und Versammlungsrechts beschlossen, die
auch in Kraft getreten sind und die Möglichkeiten der
Behörden verbessern, rechtsextremistische Versammlun-
gen zu verbieten. Wir werden die Beobachtung dieser
Organisationen durch den Verfassungsschutz unvermin-
dert fortführen und durch die Strafverfolgungsbehörden
einen hohen Verfolgungsdruck aufrechterhalten.

Wenn es richtig ist, dass wir auch repressive Maß-
nahmen brauchen, dann würde ich mir insbesondere auf
Ihrer Seite des Hauses, meine Damen und Herren von
der Linken, aber auch von manchen Kolleginnen und
Kollegen vom Bündnis 90/Die Grünen mehr Offenheit
wünschen, wenn es darum geht, der Polizei und den
Nachrichtendiensten die Mittel an die Hand zu geben,
die sie zur wirksamen Bekämpfung extremistischer Ten-
denzen auch tatsächlich brauchen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Darüber hinaus brauchen wir auch Prävention. Wir
müssen mit diesen Themen sensibel umgehen. Deshalb
ist es richtig, dass die Innenminister von Bund und Län-
dern bereits zu Beginn dieses Jahres eine breit angelegte
Aufklärungskampagne über den Rechtsextremismus be-
schlossen haben. Wir werden in den Schulen mit einem
Medienpaket, das den Titel „Wölfe im Schafspelz“ trägt,
darüber informieren. Wir werden vonseiten des Innenmi-
nisteriums in einem ganz konkreten Programm mit sehr
genauen und spezifischen Maßnahmen, etwa über das
Technische Hilfswerk, in den neuen Bundesländern ins-
besondere dort, wo junge Menschen dem Werben und
der Ideologie der NPD und anderer derartiger Parteien
ausgesetzt sind, dafür sorgen, dass es gerade im Bereich
der Jugendarbeit Angebote gibt, die jungen Menschen
eine Perspektive bieten, sich auch jenseits rechtsextre-
mer Organisationen zu betätigen. Wir werden mit dem
THW, mit der Bundespolizei und mit den Strukturen vor

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(C (D rt in den Ländern und in den Kommunen dafür sorgen, ass solche Angebote entstehen. Herr Staatssekretär, gestatten Sie eine Zwischenfrage er Kollegin Dagdelen? P Bitte sehr. Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Staatssekretär ltmaier, natürlich muss der Extremismus mit Taten beämpft werden. Aber stimmen Sie mit mir nicht auch dain überein, ass es der Sache dienlich ist, wenn Gewalttaten mit echtsextremistischem Hintergrund ins Licht der Öffentichkeit gerückt werden, indem Anfragen an die Bundesegierung gestellt und von dieser beantwortet werden? Eine zweite Frage: Sie sagen, Sie hätten Kampagnen egen Rechtsextremismus und unternähmen viel. Es gab n Durban in Afrika 2001 eine Weltkonferenz, auf der ie Bundesregierung – damals übrigens noch rot-grün – (Reinhard Grindel [CDU/CSU], zum BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gewandt: Versagen auf der ganzen Linie!)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1606323700
Peter Altmaier (CDU):
Rede ID: ID1606323800
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1606323900

(Zurufe von der CDU/CSU: Nein!)


ersprochen hat, einen nationalen Aktionsplan gegen
assismus vorzulegen und umzusetzen. Auf eine Kleine
nfrage der Linksfraktion ist von der Bundesregierung
eantwortet worden, dass man es nicht geschafft habe,
inen nationalen Aktionsplan zu entwerfen, weil es so
chwierig sei, alle Ressorts mit einzubinden. Daraufhin
at der Interkulturelle Rat 2003 einen Vorschlag für ei-
en Aktionsplan vorgelegt – als Hilfestellung für die da-
alige rot-grüne Bundesregierung.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1606324000

Frau Kollegin, ich darf Sie bitten, sich kurz zu fassen.

ie sind fertig?


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1606324100

Ich möchte fragen, ob es zu den Handlungen der Bun-

esregierung gegen Rechtsextremismus gehört, dass die-
er nationale Aktionsplan gegen Rassismus, der schon
001 versprochen wurde, 2006 noch immer nicht auf
em Tisch liegt.

P
Peter Altmaier (CDU):
Rede ID: ID1606324200

Frau Kollegin Dagdelen, ich halte es für eine Selbst-

erständlichkeit, dass wir extremistische Vorfälle offen
nsprechen und auch in der Öffentlichkeit thematisieren.
ber das müssen wir mit Verantwortung und Augenmaß

un.

Ich erinnere mich daran, in welch aufgeregter Atmo-
phäre vor der Fußballweltmeisterschaft über angebliche






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Peter Altmaier
No-go-Areas in den neuen Bundesländern gesprochen
worden ist.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: So ist das!)


Dann hatten wir einen friedlichen Verlauf der Fußball-
WM und auch seither ist dieses Thema in der öffentli-
chen Debatte nicht mehr aufgetaucht.

Ich glaube, dass man Rechtsextremismus nicht da-
durch bekämpft, dass man künstlich eine aufgeheizte
Debatte erzeugt, die dann eher solchen Tendenzen Vor-
schub leistet, als einen wirksamen Beitrag zu ihrer Behe-
bung leistet.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1606324300

Herr Kollege, gestatten Sie eine weitere Zwischen-

frage der Kollegin Jelpke?


(Sevim Dagdelen [DIE LINKE]: Meine ist noch gar nicht beantwortet!)


P
Peter Altmaier (CDU):
Rede ID: ID1606324400


Ja.


Ulla Jelpke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1606324500

Herr Staatssekretär, auf Ihre Ausführungen zu den

Kleinen Anfragen will ich gar nicht eingehen. Es ist un-
ser gutes Recht als Fraktion in diesem Parlament, Anfra-
gen zu stellen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Frage!)


Ich glaube, das war auch sehr nützlich, insbesondere was
die beständige Veröffentlichung von Gewalt- und Straf-
taten von Neofaschisten angeht.

Meine Frage bezieht sich auf das NPD-Verbot. Sie
wissen, dass das NPD-Verbotsverfahren gescheitert ist,
weil Ihr Ministerium nicht bereit war, die V-Leute aus
der NPD abzuziehen.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1606324600

Frau Kollegin, würden Sie sich auf die Frage konzen-

trieren.


Ulla Jelpke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1606324700

Sind Sie bereit, diesbezügliche Schritte zu unterneh-

men? Zwei Verfassungsrichter haben gesagt, dass man,
wenn die Bundesregierung ihre V-Leute abzieht, ein
neues Verfahren durchführen könne. Sind Sie dazu be-
reit?


(Zuruf des Abg. Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


– Wieso? Das ist doch bekannt.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1606324800

Herr Staatssekretär, Sie haben das Wort zur Antwort.

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(C (D P Frau Kollegin Jelpke, zum einen war das damals nicht ein Ministerium, sondern es handelte sich um das Inenministerium der Bundesrepublik Deutschland. Wir haben mit dem besagten Verfahren mit Sicherheit einen Beitrag dazu geleistet, der NPD wirksam entgeenzutreten. Deshalb gilt – diese Haltung wird vom undesinnenministerium und von der großen Mehrzahl er Innenminister und Innenministerinnen der Länder eteilt –, dass wir solche Maßnahmen so lange nicht erreifen, bis sichergestellt ist, dass sie auch zum Erfolg ühren. Ich glaube, auch das gehört zu einem verantwortichen Umgang mit diesem Problem. Meine Damen und Herren, ich frage mich schon, wie s kommt, dass die PDS bzw. die Linkspartei so engaiert diese Themen anspricht, aber in den wenigen Länern, wo sie mitregiert, die Situation vor Ort um keinen eut besser ist als in anderen Regionen unseres Landes. (Widerspruch bei der LINKEN – Helmut Brandt [CDU/CSU]: Im Gegenteil! Da kommen die her!)

Peter Altmaier (CDU):
Rede ID: ID1606324900

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ch würde mir wünschen, dass jeder in seinem Bereich
as tut, was notwendig ist, damit ein gemeinsames Vor-
ehen von Bund, Ländern und Kommunen möglich
ird. Das sind wir diesem Problem und seiner Bedeu-

ung schuldig.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1606325000

Nächster Redner ist der Kollege Ernst Burgbacher für

ie FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Ernst Burgbacher (FDP):
Rede ID: ID1606325100

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Wir reden über ein ernstes Problem, nämlich
arüber, dass der Rechtsextremismus offenbar zunimmt.
ir kennen die Wahlergebnisse. Wir kennen auch an-

ere Zahlen. So stellt etwa der Verfassungsschutzbericht
ür das Jahr 2005 fest, dass die Zahl der Gewalttaten um
ber 23 Prozent angestiegen ist. Wir reden also über et-
as, was wir ernst zu nehmen haben. Ich bezweifele

ber, ob solche populistischen Aktionen wie heute ir-
endeinen Beitrag zur Lösung des Problems leisten.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Am 20. September dieses Jahres fand hier eine Aktu-
lle Stunde zu genau demselben Thema statt. Diese war
icherlich auch gerechtfertigt. Jetzt liegt eine Große An-
rage der Linken vor, deren Beantwortung noch nicht er-
olgt ist. Ich frage mich, was die heutige Debatte bringen
oll. Wenn sie irgendwelche neuen Ansätze aufzeigt,
enn sie irgendwo mehr Klarheit bringt, dann wäre sie






(A) )



(B) )


Ernst Burgbacher
angemessen. Ich kann aber Ihren Reden keinen einzigen
Punkt entnehmen, der uns weiterbringen würde.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Ich sage noch einmal deutlich: Die FDP hat es be-
grüßt, dass die Bundesregierung nun endlich die Mittel
für Programme gegen Rechtsextremismus erhöht hat.
Wir haben das immer gefordert. Das ist auch gut so. Wir
wissen aber auch, dass der Staat hier nicht alleine han-
deln kann, sondern wir eine ganze Menge privater Initia-
tiven brauchen. Wir müssen allerdings auch überprüfen,
was dort getan wird. Ohne die privaten Initiativen vor
Ort wird das Problem sicherlich nicht zu lösen sein. Des-
halb begrüßen wir diese ausdrücklich.

Wir sagen aber genauso – diesen Bereich haben auch
Sie, Herr Staatssekretär Altmaier, angesprochen –, wir
brauchen eine deutliche Präsenz des Staates, wenn Ge-
walt bekämpft werden soll. Wir wissen, dass die Präsenz
von Polizei vor Ort vieles im Ansatz verhindern kann.
Deshalb gilt auch hier: Wir müssen alles tun, damit eine
hohe Polizeipräsenz vor Ort gewährleistet werden kann.
Hierfür die Mittel herunterzufahren, wäre auch ange-
sichts dieses Problems sträflich.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Nun ist, meine Damen und Herren, die Studie der
Friedrich-Ebert-Stiftung, die gestern veröffentlicht wurde,
schon angesprochen worden. Ich will auf einige wenige
Punkte aus dieser Studie eingehen. Ich glaube aber, nie-
mand von uns ist heute in der Lage, Antworten zu geben.
Interessant finde ich die Studie aber schon. Da heißt es
zum Beispiel:

Die Rechtsextremen fühlen sich weniger akzeptiert
und in ihrer Umgebung weniger wohl und sicher.
Des Weiteren schätzen sie ihre eigene subjektive
wirtschaftliche Situation schlechter ein …

Zudem schätzten Rechtsextreme im Vergleich zu Nicht-
rechtsextremen die aktuelle wirtschaftliche Situation
Deutschlands als schlechter ein.

Wenn wir uns das vor Augen führen, stellen wir fest,
dass Lösungsansätze ganz woanders liegen müssen. Wir
müssen alles versuchen, dass die wirtschaftliche Situa-
tion in diesem Lande wieder so wird, dass die Arbeitslo-
sigkeit sinkt und insbesondere dass die Menschen, auch
die jungen Menschen, wieder eine Perspektive für sich
selbst sehen, dass sie sehen, dass sie selbst etwas in die
Hand nehmen können und die Chance haben, aus ihrer
momentanen Situation wieder herauszukommen. Das ist
das Allerwichtigste und da gibt es eine Menge zu tun,
was wir augenblicklich in diesem Land leider nicht tun.


(Beifall bei der FDP)


Ein Zweites sind die Lebensumstände. Ich erinnere
an das Ergebnis der Studie: „Die Rechtsextremen fühlen
sich weniger akzeptiert“. Wovon hängt es denn eigent-
lich ab, ob ich mich akzeptiert fühle? Es hängt sehr stark
vom Arbeitsplatz ab, aber in hohem Maße auch davon,
ob ich einen Familienverbund um mich herum habe, ob
ich in einem Bildungssystem groß geworden bin, das mir

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(C (D icht nur Wissen einpfropft, sondern auch Selbstbeusstsein vermittelt. Das sind doch die Fragen, die wir heute stellen müsen: Was ist mit unserem Bildungssystem? Wo sind die esellschaftlichen Strukturen, die den Menschen erlauen, sich selbst zu verwirklichen und zu fühlen, dass sie ieder akzeptiert werden? Offenbar sind das entscheiende Punkte. Es ist sicher richtig, es hängt nicht nur von den wirtchaftlichen Gegebenheiten ab. Das zeigt die Studie der riedrich-Ebert-Stiftung, das wussten wir aber auch chon vorher. Es ist viel zu plump, zu sagen, dort, wo die irtschaftlichen Verhältnisse ganz schlecht sind, ist der echtsextremismus hoch. Aber ganz wesentlich sind die ragen – ich fasse zusammen –: Wo sind die Strukturen o in Ordnung, dass junge Menschen sich geborgen und kzeptiert fühlen? Wo sind die Strukturen im Bildungsystem so, dass junge Menschen Werte vermittelt beommen, mit denen sie lebenstüchtig werden? Außerem müssen die wirtschaftlichen Voraussetzungen den enschen eine Perspektive geben, die es ihnen erlaubt, n die eigene Zukunft zu glauben. Wenn wir in diese ichtung weitergehen, dann machen wir einen wirk ichen Schritt, Rechtsextremismus zu bekämpfen. Herzlichen Dank. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1606325200

Nun erteile ich das Wort der Kollegin Gabriele

ograscher für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Gabriele Fograscher (SPD):
Rede ID: ID1606325300

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

echtsextremismus unserer Zeit hat viele Erscheinungs-
ormen. Neben den Parteien NPD, DVU und den Reps
xistiert eine Vielzahl von Organisationen, Zusammen-
chlüssen und Kameradschaften. Sie agieren in den
nterschiedlichsten Bereichen des politischen und ge-
ellschaftlichen Lebens. Was sie eint, sind eine Ideologie
er Fremdenfeindlichkeit, des Rassismus, des Antisemi-
ismus, des Geschichtsrevisionismus und eine generelle
emokratiekritik. Ihr Ziel ist es, Demokratie zu über-
inden. Dabei schrecken sie vor Gewalt nicht zurück.
as belegen die aktuellen Zahlen, die heute schon
enannt worden sind: 15 361 rechtsextremistische Straf-
aten im Jahr 2005; das ist ein Anstieg um 27 Prozent.

Aber nicht nur die Straftaten belegen ein Anwachsen
es Rechtsextremismus. Es sind die fremdenfeind-

ichen Übergriffe, die Aufmärsche neonazistischer Orga-
isationen, die Wahlerfolge der rechtsextremen Parteien,
ine Vielzahl von Konzerten, Internetseiten, eine Flut
on Schriften, CDs mit rechter Musik und Symbolen.
ll das sind sichtbare Aspekte dieses Phänomens.

Dabei verfolgt die NPD eine gezielte Strategie. Sie
ersucht in den ländlichen Räumen in Vereinen, Bürger-
nitiativen und Kommunalparlamenten Einfluss zu ge-






(A) )



(B) )


Gabriele Fograscher
winnen und das gesellschaftliche Klima zu bestimmen.
Leider gelingt ihr das auch.

Der Einfluss junger Rechtsextremer in der Partei
ist gewachsen. Das schlägt sich auch in der neuen
programmatischen Ausrichtung nieder. Während sich
die NPD früher als konservativ-antikommunistische
Partei sah, versteht sie sich heute als revolutionär-antika-
pitalistisch. Ihr Ziel ist es, nicht eine Partei unter vielen,
sondern eine grundsätzliche Alternative und übergrei-
fende Bewegung zu sein, die vor allem die Alltagskultur
durchdringt.

Rechtsextremismus ist keine Randerscheinung, son-
dern ein massives gesellschaftliches Problem. Weder wir
als Abgeordnete noch die Bürgerinnen und Bürger dür-
fen wegschauen. Wir müssen handeln, die Zivilgesell-
schaft stärken, Demokratie leben und Respekt gegenüber
anderen zeigen.

Immer wieder wird behauptet, Linksextremismus und
islamistischer Extremismus würden unsere Demokratie
und unser Land in gleichem Maße gefährden. Doch
diese Aussage ist falsch. Denn die Zahlen, die die
Grundlage für unsere Politik bilden, sprechen eine ein-
deutige Sprache: 15 361 rechtsextremistisch motivierten
Straftaten stehen 2 305 linksextremistisch und 644 isla-
mistisch motivierte Straftaten gegenüber. Damit ist für
mich eindeutig, dass der Rechtsextremismus das größte
Problem darstellt, dem wir uns stellen müssen.

Rechtsextremismus ist ein Problem in der Mitte der
Gesellschaft. Er ist kein Jugendproblem allein. Rechte
Einstellungen sind in allen Altersgruppen, in allen
Bundesländern und in allen gesellschaftlichen Gruppen
vorhanden. Die gestern veröffentlichte Studie der Fried-
rich-Ebert-Stiftung belegt, dass jeder zehnte Deutsche
rechten Einstellungen und vor allem ausgesprochen aus-
länderfeindlichen und antisemitistischen Aussagen zu-
stimmt. Das ist besorgniserregend.

Der Herr Staatssekretär hat vorhin schon auf die Maß-
nahmen hingewiesen, die wir ergriffen haben. Wir brau-
chen die repressiven Maßnahmen im Zusammenhang
mit dem Versammlungsrecht, das wir in der letzten
Legislaturperiode beschlossen haben. Die Möglichkei-
ten, Versammlungsverbote auszusprechen, sind erweitert
worden. Damals hatte sich die PDS verweigert und dem
Gesetz nicht zugestimmt. Wer sich aber über den Rechts-
extremismus empört, der muss ihn auch mit rechtsstaat-
lichen Mitteln bekämpfen.

Die Maßnahmen zeigen Wirkung. Das Verwaltungs-
gericht Bayreuth hat im Juli 2005 auf Grundlage des
neuen Versammlungsrechts den Aufmarsch zum Ge-
denken an Rudolf Heß in Wunsiedel verboten. Auch
am heutigen Tag ist der in München angemeldete
Aufmarsch der Rechten aus Anlass der Einweihung der
Synagoge verhindert worden. Allerdings – auch das ist
Realität in unserem Land – können die Feierlichkeiten in
München nur unter sehr großen Sicherheitsvorkehrun-
gen stattfinden.

Auch das Strafrecht wurde geändert, um der Verherr-
lichung der NS-Gewalt- und Willkürherrschaft besser
entgegentreten zu können. In diesem Zusammenhang

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(C (D öchte ich mein Unverständnis gegenüber der Staatsnwaltschaft Stuttgart und dem Stuttgarter Oberlandesericht zum Ausdruck bringen. Hier wurden Menschen ngeklagt, die eindeutig ihre antifaschistische Einstelung zum Beispiel durch das Tragen von Buttons mit urchgestrichenen Hakenkreuzen zeigen. Falls das Ureil rechtskräftig werden sollte, muss eine Klarstellung urch ein Gesetz erfolgen. Die Bundesjustizministerin at dies auch angekündigt. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Repressive Maßnahmen allein reichen nicht aus.
elbst wenn es uns gelänge, die NPD zu verbieten, müs-
en wir trotzdem die politische Auseinandersetzung mit
em rechten Gedankengut führen. Die Bundesprogram-
e, die 2001 durch die rot-grüne Bundesregierung ins
eben gerufen wurden, haben Erfolge erzielt. Es wurden
500 Projekte mit insgesamt 192 Millionen Euro geför-
ert. Ziel dieser Projekte war es, die Zivilgesellschaft zu
tärken, Opfern rechtsextremer Gewalt zu helfen und
etzwerke zu schaffen.

Es ist gut und richtig, dass die Bundesregierung diese
rogramme gegen Rechts weiterführt und weiterentwi-
kelt. Es stehen 2007 wiederum 19 Millionen Euro dafür
ur Verfügung.

Ich will hier noch einmal unseren Berichterstattern
erstin Griese und Frank Schmidt dafür danken, dass es
elungen ist, weitere 5 Millionen Euro in dem Pro-
ramm zu verankern, um die Mobilen Beratungsteams
nd die Opferberatungen weiterführen und auch auf das
undesgebiet ausdehnen zu können.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Auch im Bereich der Bundeszentrale für politische
ildung kommt es im kommenden Jahr zu keiner Kür-
ung der Mittel. Auch die Arbeit des „Bündnis für De-
okratie und Toleranz – gegen Extremismus und Ge-
alt“, das im Jahr 2000 vom BMI und vom BMJ
egründet wurde, ist finanziell abgesichert. Mit dem
eutigen Beschluss des Haushaltsausschusses werden
ie Mittel in Höhe von 700 000 Euro auch hier auf
Million Euro aufgestockt. Auch das ist ein gutes Si-

nal. Ich will hier unserer Berichterstatterin Bettina
agedorn ganz herzlich für ihren Einsatz danken.


(Beifall bei der SPD)


as Bündnis sammelt und bündelt derzeit circa 1 300
ruppen und Initiativen. Es zeichnet vorbildliche Pro-

ekte aus und empfiehlt diese zur Nachahmung. Wenn
ie bei der Verleihung des Victor-Klemperer-Preises für
emokratie und Toleranz anwesend waren, dann wissen
ie, dass es Mut macht, wenn man sieht, was junge
eute in den Schulen und in den Initiativen auf die Füße
tellen, um sich für Toleranz und Demokratie einzuset-
en.

Allerdings kann der Bund mit seinen Möglichkeiten
ie Aufgabe nicht allein schultern. Bundesländer und
ommunen müssen sich stärker engagieren. Hier spielt
icht nur die Bildung eine wesentliche Rolle, sondern






(A) )



(B) )


Gabriele Fograscher
auch die Unterstützung von lokalen Initiativen in den
Kommunen. Hier haben wir ein Problem, denn viele
Kommunen schauen immer noch weg und wollen das
Problem nicht wahrhaben. Zum Teil behindern sie auch
Projekte und Initiativen vor Ort. Deshalb brauchen wir
im neuen Programm auch die Möglichkeit, dass örtliche
Initiativen ohne Zustimmung der Kommunen Mittel be-
antragen können, um ihre Arbeit fortführen zu können.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es ist und bleibt notwendig, dass sich der Bundestag
immer wieder mit dem Thema Rechtsextremismus
auseinander setzt. Am 20. November haben wir eine Anhö-
rung zu diesem Thema. Dazu liegen Anträge der Opposi-
tionsparteien vor. Ich appelliere in diesem Zusammen-
hang auch an den Koalitionspartner, dass es uns bis dahin
gelingt, einen gemeinsamen Antrag zu formulieren. Das
Thema ist uns zu wichtig, als dass die große Koalition
dabei sprachlos bleiben kann.


(Beifall bei der SPD)


Ich komme zum Schluss. Die aktuelle Umfrage ist
heute schon mehrfach zitiert worden. Ich glaube, wir alle
müssen sie noch einmal genauer lesen und studieren und
auch unsere Schlüsse daraus ziehen. Eine aktuelle Um-
frage von Infratest dimap zeigt, dass die Zustimmung
zur Demokratie sinkt.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1606325400

Frau Kollegin, ich muss Sie bitten, zum Schluss zu

kommen.


Gabriele Fograscher (SPD):
Rede ID: ID1606325500

Im Osten sind nur noch 32 Prozent der Bevölkerung

mit der Demokratie zufrieden. Im Westen sind die Werte
etwas höher. Auch diese Zahlen müssen für uns Demo-
kratinnen und Demokraten Anlass sein, im Werben um
die Demokratie und im Kampf gegen den Rechtsextre-
mismus nicht nachzulassen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1606325600

Die nächste Rednerin ist die Kollegin Monika Lazar

für die Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen.


Monika Lazar (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1606325700

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Die Große Anfrage der Linksfraktion spricht an, was
auch wir Grünen seit langem immer wieder betonen:
Rechtsextremismus wirkt heute in viele Bereiche der
Gesellschaft hinein. Dies wird auch durch die aktuelle
Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung bestätigt. Die Bun-
desregierung sollte deshalb diese umfangreiche Anfrage
nicht als lästige Fleißarbeit betrachten, sondern für eine
inhaltliche Auseinandersetzung nutzen.

Das Klischee eines typischen Rechtsextremisten: jung,
männlich, ungebildet, der wieder „normal“ wird, wenn er
Freundin und Kinder hat, stimmt so nicht. Zunehmend
kommt es zur Gründung „nationaler Familien“, in de-

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(C (D en die rechtsextremen Einstellungen weiter gelebt und n die Kindererziehung eingebracht werden. Auch Frauen ngagieren sich zunehmend in rechten Parteien und ruppierungen. Es gibt mittlerweile viele, die im Rassisus, Antisemitismus und Nationalismus Selbstverwirkli hung suchen und sich zunehmend organisieren. Nicht nur die Grenzen zwischen den Geschlechtern erden durchlässiger. Auch Ländergrenzen verwischen mmer mehr. Die Strukturen vernetzen sich international. ber auch in der näheren Umgebung kann jeder Ein elne genügend Probleme erkennen. Einige Beispiele dazu: Am vergangenen Wochenende ird die Journalistin Andrea Röpke in Brandenburg in inem Supermarkt von Rechtsextremen angegriffen; ber niemand half ihr bzw. steht für Zeugenaussagen beeit. In Parey wird Mitte Oktober ein Schüler mit einem ntisemitischen Schild um den Hals von Mitschülern ber den Schulhof geschickt. In Pretzien wird Mitte Juni ei einer so genannten Sonnenwendfeier das „Tagebuch er Anne Frank“ verbrannt und niemand der Anwesenen findet etwas dabei. In Ratingen kann ein Rentner ine Woche lang eine selbst gebastelte Hakenkreuzfahne on seinem Balkon hängen lassen, bevor Anwohner die olizei verständigen. Selbst die Polizei ist vor rechtsextremen Angriffen icht mehr sicher, wie der Vorfall am letzten Wochenende n Gerwisch, wo einem Polizisten die Nase gebrochen urde, oder der Übergriff aus dem Naziladen „Werwolf“ n Wismar, bei dem die Polizei mit Baseballschlägern beroht wurde, zeigt. Auch bei Fußballspielen kommt es mmer wieder zu rassistischen und antisemitischen Hetzarolen und Übergriffen in und um die Stadien. Es ist beunruhigend, wie oft rechtsextreme, rassistiche und antisemitische Ideologie in den Köpfen scheinar ganz normaler Menschen zu finden ist. Die Ergebisse von Studien und Umfragen sind meist ernüchternd; ie Ergebnisse der aktuell vorliegenden Studie wurden eute schon mehrfach erwähnt. Solche Einstellungen ind aber sozialer und politischer Zündstoff. Die Frage ist nun: Wie können wir dieser gefährlichen ntwicklung entgegenwirken? Zum einen brauchen wir chadensbegrenzung. Das heißt, wir müssen verhinern, dass sich das Problem ausweitet. um Zweiten brauchen wir – das ist die eigentliche Aufabe, wenn wir langfristig Erfolg haben wollen – präentive Ansätze. Wir müssen deshalb Initiativen stären, die sich für mehr Demokratie vor Ort einsetzen. Das eue Bundesprogramm soll dazu beitragen. Leider hat es inen entscheidenden Fehler: Es verwehrt lokalen freien rägern, Anträge auf Bundesförderung zu stellen. Vielehr müssen sie bei den Kommunen betteln gehen. Die ommunen sind meist überfordert und selbst Teil des roblems. Wir fordern daher von der großen Koalition in gleichberechtigtes Antragsrecht für freie Träger und ommunen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Monika Lazar
Ein wichtiger Baustein der Prävention ist eine Bil-
dungspolitik, die, angefangen von der Kita bis hin zur
Erwachsenenbildung, auf die Vermittlung demokrati-
scher Kompetenzen setzt. Basis dafür ist ein Menschen-
bild, das von Anerkennung, Toleranz und Gleichberech-
tigung geprägt ist.

Viele Jugendliche geraten über Angebote im vorpoli-
tischen Raum in die Neonaziszene. Hier sind die Länder
und Kommunen in der Pflicht, Orte zu schaffen und zu
erhalten, die jungen Menschen gemeinschaftliches En-
gagement ermöglichen. Die Mittel für Jugend-, Sozial-
und Kulturarbeit dürfen nicht weiter gekürzt werden. Sie
sind eine Investition in die demokratische Zukunft unse-
res Landes.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Wir dürfen uns nicht damit herausreden, dass der Bund
nicht zuständig ist; denn hier ist jeder gesellschaftliche
Bereich gefragt.

Aber auch jeder Einzelne in seinem Alltag ist verant-
wortlich. Für uns Politikerinnen und Politiker gilt das
ebenso. Wir müssen die Sorgen der Leute ernst nehmen
und uns glaubwürdig um deren Probleme kümmern.
Wenn die demokratische Politik das nicht schafft, dann
tun das andere.

Ich wünsche mir, dass wir der Bevölkerung ein gutes
Beispiel geben und in diesem Punkt einen gemeinsamen
demokratischen Konsens finden.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1606325800

Nun erteile ich das Wort dem Kollegen Gert Winkel-

meier.


(Beifall bei der LINKEN)



Gert Winkelmeier (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1606325900

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Wie notwendig die Debatte zum Rechtsextremismus ist
und wie notwendig es ist, dass die Bundesregierung
Maßnahmen ergreift, zeigen die Zahlen, die gestern ver-
öffentlicht wurden; meine Kollegin Ulla Jelpke hat be-
reits darauf hingewiesen. Wenn wir heute in der Bevöl-
kerung eine gestiegene Akzeptanz der NPD und anderer
faschistischer Parteien feststellen, dann hat das sehr viel
mit der Politik des Sozialabbaus dieser und früherer
Bundesregierungen zu tun.

Erinnern möchte ich deshalb an eine verpasste
Chance aus dem Jahre 2003. Das damalige NPD-Ver-
botsverfahren ist kläglich gescheitert, weil die Richter
nicht mehr erkennen konnten, ob die NPD von ihren ei-
genen Leuten oder von staatlich bezahlten V-Männern
des Verfassungsschutzes geführt wurde.


(Sebastian Edathy [SPD]: Na, na, na! So war das nicht!)


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(C (D uf Führungsebenen der NPD arbeiteten diese V-Leute etzkampagnen gegen Minderheiten und die demokrati che Verfasstheit dieses Staates aus. Das ist der eigentlihe Skandal des damals gescheiterten Verbotsverfahens. Dieses Scheitern hatte böse politische Folgen. Die PD ist aus dem Verfahren gestärkt herausgekommen, at mehr Mitglieder, Wähler und Mandate als vor der inleitung des Verfahrens. Die NPD kann heute unange ochten als Speerspitze den organisierten Rechtsextreismus führen. Es ist sogar so, dass das gescheiterte erfahren der NPD eine gewisse Legitimierung gebracht at und dadurch Distanz zu bürgerlichen Kreisen abgeaut wurde. Das Bundesverfassungsgericht hat mit der Verfahrensinstellung ein vernichtendes Urteil über die V-Mannraxis der Geheimdienste gefällt. Es hat die Messlatte ür ein erneutes NPD-Verbotsverfahren keinesfalls unndlich hoch gelegt. Es hat lediglich zu Recht verlangt, ass diese V-Leute an verantwortlicher Stelle abgeschalet werden. (Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Silke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der LINKEN)


enn dieser Formfehler der unzulässigen Beweisfüh-
ung gegen die NPD mittels Zitaten aus Dokumenten
nd Äußerungen, die die V-Leute selbst verfasst haben,
eseitigt wird, dann steht einem neuen Verbotsverfahren
ichts mehr im Wege.

Leider waren bis jetzt weder der Bundesinnenminister
och seine Länderkollegen bereit, diese Konsequenzen zu
iehen. Es ist also ein Versäumnis der Regierung, dass das
erfahren bis heute noch nicht wieder auf die politische
agesordnung gesetzt werden konnte. Herr Altmaier,
uch Ihre Worte ändern daran nichts.

Die vielen Gewalt- und Straftaten, die von Neonazis
äglich verübt werden, sind parteipolitisch motiviert und
erden unter anderem von der NPD und ihr nahe stehen-
en Organisationen organisiert. Diese Tatsache findet
ich in der Losung „Faschismus ist keine Meinung, son-
ern ein Verbrechen!“ wieder.


(Beifall bei der LINKEN)


erbrechen müssen verfolgt und geahndet werden. Des-
alb muss das Nachdenken über ein NPD-Verbot und
elbstverständlich auch über ein Verbot der Bildung et-
aiger Nachfolgeorganisationen erneut beginnen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1606326000

Letzte Rednerin in dieser Debatte ist nun die Kollegin

ristina Köhler für die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Dr. Kristina Köhler (CDU):
Rede ID: ID1606326100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Rassismus und Nationalismus widersprechen unserer
freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Sie haben in
Deutschland keinen Platz. Die Bekämpfung des men-
schenfeindlichen Rechtsextremismus ist deshalb eine
unserer zentralen innen- und gesellschaftspolitischen
Aufgaben. Daran besteht kein Zweifel.

Seien wir aber ehrlich: So einig wir uns über das Ziel
sind, so umstritten ist der Weg dorthin. Für die CDU/
CSU gilt bei der Auseinandersetzung mit dem Rechts-
extremismus eine Prämisse: Gegen blinden Hass muss
man sehenden Auges kämpfen. Was meine ich damit?
„Sehenden Auges“ heißt zunächst einmal, die Realität in
den Blick zu nehmen. Frau Kollegen Fograscher, Sie
sprachen eben die etwa 15 000 rechtsextremistischen
Straftaten an, die es laut Verfassungsschutzbericht 2005
gab, und leiteten daraus die These ab, dass der Rechts-
extremismus wesentlich gefährlicher ist als der Links-
extremismus und der Islamismus. Sie müssen aber schon
genauer hinschauen: Von diesen 15 000 Straftaten sind
nur 6 Prozent Gewalttaten. Der Rest sind vor allen Din-
gen Propagandadelikte, zum Beispiel Hakenkreuz-
schmierereien.


(Sebastian Edathy [SPD]: Ich finde 1 000 Gewalttaten reichlich viel, Frau Kollegin!)


– Herr Edathy, damit will ich auf keinen Fall sagen, falls
Sie das befürchten, dass Propagandadelikte weniger
schlimm sind. Wenn Sie vergleichen, müssen Sie aber
zur Kenntnis nehmen, dass es auf der linksextremisti-
schen Seite derartige Propagandadelikte überhaupt nicht
gibt. So etwas wie „Deutschland verrecke!“ steht in
Deutschland nicht unter Strafe. Deswegen können Sie
die Zahlen nicht einfach vergleichen. Sie vergleichen
sonst Äpfel mit Birnen.

Wenn Sie vergleichen, müssen Sie schon das Gleiche
miteinander vergleichen, zum Beispiel die Gewalttaten
selbst. Dann finden Sie: 958 rechtsextremen Gewalttaten
im Jahr 2005 standen 896 linksextreme Gewalttaten ge-
genüber.


(Zurufe von der LINKEN – Sebastian Edathy [SPD]: Was soll diese Aufrechnung, Frau Köhler? Ich verstehe das nicht!)


Da können Sie doch nicht zu der Conclusio kommen,
dass der Rechtsextremismus das deutlich gefährlichere
Phänomen ist. Beide Phänomene sind gefährlich, beide
widersprechen unserer freiheitlich-demokratischen
Grundordnung, gegen beide müssen wir vorgehen!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Aus den Zahlen geht hervor, dass seit 2002 die Zahl
der fremdenfeindlichen Gewalttaten gesunken ist – das
können wir einmal positiv feststellen –, auch wenn sie
immer noch auf einem erschreckend hohen Niveau ist.
Interessant ist, dass ein Drittel der rechtsextremistischen
Gewalttaten mit Auseinandersetzungen mit Linksextre-
misten zusammenhängt.


(Lachen bei der LINKEN)


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(C (D ieses gegenseitige Sichhochschaukeln von rechtsund inksextremistischen Gewalttaten, ein Anstieg um 11 Prozent seit 2002, müssen wir in den Blick nehmen, enn wir uns sehenden Auges mit diesem Phänomen useinander setzen wollen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Ulla Jelpke [DIE LINKE]: Das nennt man Bagatellisieren!)


Sehenden Auges zu handeln, heißt aber auch, dass wir
icht ständig ein und denselben Fehler machen dürfen,
ämlich die freiheitlich-demokratische Grundordnung
nd die Menschen in diesem Lande schwachreden und
en Extremismus stark.


(Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber so ist es!)


as versucht etwa die Linkspartei, wie wir erkennen,
enn wir uns den Text ihrer Großen Anfrage durchlesen.
ie versucht, den Begriff „rechtsextrem“ so weit auszu-
ehnen, dass ein Großteil der Menschen in diesem
ande auf das Übelste verunglimpft wird. Von den Grü-
en bis zur CDU gibt die Linkspartei in ihrem Text allen
ie Schuld am Anwachsen des Rechtsextremismus,


(Sebastian Edathy [SPD]: Ich denke, er wächst gar nicht!)


ie Mehrheitsbevölkerung in Deutschland sei voll von
essentiments, Rechtsextremismus sei in der Mitte der
esellschaft zu finden.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Petra Pau)


Das beginnt bereits bei der Terminologie. Frau Kolle-
in Jelpke, Sie haben eben wieder vom „Kampf gegen
echts“ gesprochen.


(Ulla Jelpke [DIE LINKE]: Rechts sind die Brandstifter!)


s geht hier aber nicht um einen „Kampf gegen rechts“,
s geht hier um den Kampf gegen Rechtsextremismus.


(Volker Schneider LINKE]: Das ist peinlich und billig! Das ist Stammtischniveau, wenn nicht sogar noch darunter! – Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Traurig, traurig!)


enn rechts ist alles, was nicht links ist. Ich bin nicht
inks und auch die CDU/CSU-Fraktion ist nicht links.
ie wollen uns in diesen Kampf mit einbeziehen. Wegen
ieses linkspopulistischen Getöses warnen wir davor,
en Weg gegen den Rechtsextremismus mit linksradika-
en oder gar linksextremistischen Gruppierungen zusam-

en zu beschreiten. Denn sie haben oft gar nicht den
echtsextremismus im Fokus, sondern die bürgerliche
itte.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1606326200

Frau Kollegin Köhler, gestatten Sie eine Zwischen-

rage?


(Zuruf von der CDU/CSU: Sag Nein!)







(A) )



(B) )


Dr. Kristina Köhler (CDU):
Rede ID: ID1606326300

Gerne. Von wem denn?


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1606326400

Von der Kollegin Jelpke.


Dr. Kristina Köhler (CDU):
Rede ID: ID1606326500

Ja, gut.


Ulla Jelpke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1606326600

Frau Köhler, ist Ihnen bekannt, dass es in der letzten

Legislaturperiode einen gemeinsamen Antrag von allen
Fraktionen außer CDU/CSU gab, mit dem Maßnahmen
gegen den Rechtsextremismus beschlossen wurden, ge-
gen solche Verbände, gegen solches Gedankengut usw.?
Ist Ihnen bekannt, dass sich Ihre Fraktion an diesem An-
trag nicht beteiligt hat?


Dr. Kristina Köhler (CDU):
Rede ID: ID1606326700

Frau Kollegin, wir haben uns an diesem Antrag nicht

beteiligt, weil bei diesem Antrag wieder genau das ge-
schehen ist, was ich eben angeprangert habe, dass näm-
lich einseitig der Rechtsextremismus herausgegriffen
wird,


(Sebastian Edathy [SPD]: Nein, es wurde die Problemlage analysiert!)


anstatt gegen jeden Extremismus vorzugehen: Rechts-
extremismus, Linksextremismus und Islamismus, alles drei
gefährliche, menschenfeindliche Phänomene, die gegen un-
sere freiheitlich-demokratische Grundordnung stehen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Sebastian Edathy [SPD]: Es ist unglaublich, was Sie für eine relativierende Rede halten! – Gegenruf von der CDU/CSU: Sie tut weh, die Wahrheit! – Sebastian Edathy [SPD]: Unerträglich!)


Oft wird nicht nur die bürgerliche politische Mitte ange-
griffen, sondern auch unsere freiheitlich-demokratische
Grundordnung als solche.

Frau Kollegin Jelpke, da Sie mir gerade eine Frage
gestellt haben, möchte ich mit Folgendem schließen: Sie
haben in einer Rundmail vom 19. Oktober Ihre Ableh-
nung der Bitte um Unterstützung gegen den antisemiti-
schen al-Quds-Tag wie folgt begründet: Erstens. In
Deutschland sei es mit den Frauenrechten auch nicht viel
anders als im Iran. Zweitens. Nicht jeder Mensch sehne
sich nach Demokratie und Menschenrechten. Und
drittens – ich zitiere wörtlich –: Es gibt, um einen weite-
ren Kritikpunkt zu nennen, keine Universalität der Men-
schenrechte.

Liebe Abgeordnete der Linken, die Rechtsextremen
werden sich freuen, so etwas zu hören. Wir tun das aber
nicht. Wir werden den Rechtsextremismus und dessen
kranke Ideologie bekämpfen, indem wir unsere Demo-
kratie stärken – sei es mit Ihnen oder ohne Sie.


(Beifall bei der CDU/CSU – Ulla Jelpke [DIE LINKE]: Die Zitate sind gefälscht, die Sie hier vorgetragen haben!)


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(C (D Ich schließe die Aussprache. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 13 auf: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Jahressteuergesetzes 2007 – Drucksachen 16/2712, 16/3036 – Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses – Drucksachen 16/3325, 16/3368 – Berichterstattung: Abgeordnete Olav Gutting Gabriele Frechen Carl-Ludwig Thiele Christine Scheel Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung – Drucksache 16/3326 – Berichterstattung: Abgeordnete Jochen-Konrad Fromme Carsten Schneider Otto Fricke Dr. Gesine Lötzsch Anja Hajduk Es liegt je ein Entschließungsantrag der Fraktion der DP und der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen or. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre azu keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Für die SPD-Fraktion hat ie Kollegin Gabriele Frechen das Wort. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und ollegen! Wir beraten heute abschließend über das ahressteuergesetz 2007. 30 Minuten werden wir über ie Ergebnisse von stundenlangen Beratungen, (Eduard Oswald [CDU/CSU]: Tagelangen, wochenlangen!)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1606326800

(Beifall bei der SPD)

Gabriele Frechen (SPD):
Rede ID: ID1606326900

nhörungen, Gesprächen der Berichterstatter und Be-
prechungen der Obleute debattieren. Als kleinen Schritt
ann man das Gesetz sicherlich nicht bezeichnen; denn
s umfasst immerhin elf Steuergesetze, sieben Verord-
ungen und das Baugesetzbuch.

Wir greifen mit diesem Gesetzentwurf sowohl re-
aktionelle und klarstellende Änderungen als auch Än-
erungen und Anpassungen auf, die aufgrund der
uGH-Rechtsprechung, der BFH-Rechtsprechung und
er Empfehlungen des Rechungsprüfungsausschusses
mzusetzen sind.






(A) )



(B) )


Gabriele Frechen
Steuerpflichtige und deren Vertreter fordern seit vie-
len Jahren, zeitig ein Jahressteuergesetz zu erlassen,
in dem alle anstehenden Änderungen vorgenommen
werden, statt viele einzelne Änderungen in Raten vorzu-
nehmen. Liebe Kollegin Dr. Höll, deshalb ist der Begriff
„Omnibusgesetz“ auch überhaupt kein Schimpfwort für
dieses Gesetz, sondern in Wirklichkeit eine sehr zutref-
fende Bezeichnung für ein sehr arbeitsintensives Gesetz.

Die Ausschussberatungen und die Anzahl der Ände-
rungsanträge der Oppositionsfraktionen haben gezeigt,
dass der Gesetzentwurf in großen Teilen unstrittig ist.


(Frank Schäffler [FDP]: Nein!)


– Bei so wenigen Änderungsanträgen ist das wohl so.


(Frank Schäffler [FDP]: Sie haben unsere Anträge nicht gelesen!)


Zum Teil waren wir uns sogar bei Vorschriften einig, die
wir aus diesem Gesetzentwurf wieder herausgenommen
haben. Hierzu gehören das Prüfungsrecht bei Jahres-
steuerbescheinigungen, der Abgabezeitraum für zusam-
menfassende Meldungen der Umsatzsteuer, die Verände-
rung der Regelungen über die elektronische Signatur und
die Behandlung von Steuern im vorläufigen Insolvenz-
verfahren. Dieses Thema ist für uns allerdings noch
nicht vom Tisch.

Gemeinsam mit den Rechtspolitikern werden wir er-
örtern, ob sich das Insolvenzrecht so entwickelt, wie
sich der Gesetzgeber das vorgestellt hat. Vor allem die
hohe Anzahl der so genannten schwachen Insolvenz-
verwalter und die daraus resultierenden Folgen für die
Einnahmen des Staates und der Sozialversicherungs-
systeme müssen nach unserem Dafürhalten dringend
evaluiert werden.

Der eine oder andere Oppositionskollege wird auch
hier wieder die alte Platte von den Steuererhöhungen
auflegen.


(Dr. Karl Addicks [FDP]: Zu Recht!)


Glauben Sie ihnen kein Wort.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Steuereinnahmen wird es durch dieses Gesetz nicht ge-
ben.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Warum das denn nicht?)


– Sie können gleich das Tableau mit den Mehreinnah-
men vorstellen, wenn Sie welche finden, Herr Kollege.

Auf einige wenige Änderungen möchte ich kurz ein-
gehen. Durch die Systemumstellung bei der Körper-
schaftsteuer konnte es vereinzelt zu Doppelbesteuerun-
gen kommen. Diese doppelte Belastung durch die
Körperschaftsteuer und die Einkommensteuer heben wir
mit diesem Gesetz auf. Zu den materiellen Änderungen
gehört die Verbesserung der Absetzbarkeit von Renten-
versicherungsbeiträgen für die Basisrente. Wir folgen
damit unserem Weg, Menschen dabei zu helfen, steuer-
lich entlastet zu werden und Vorsorge für ihr eigenes

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(C (D lter zu treffen. Gleichzeitig erweitern wir den Kreis der nbieter begünstigter Produkte. Mit diesem Gesetz wird darüber hinaus der Einstieg n die nachgelagerte Besteuerung umlagefinanzierter ersorgungssysteme vollzogen. Damit wird die Gleichehandlung mit der kapitalgedeckten betrieblichen ltersvorsorge erreicht. Zuwendungen an Geschäfts reunde können künftig pauschal mit 30 Prozent versteurt werden, was zu einer deutlichen Vereinfachung fühen wird. Diese Forderung wurde von Verbänden an uns erangetragen. Ich erinnere hier beispielhaft an die VIParten bei der Fußball-WM. Mit diesem Gesetz wirken wir auch Steuervereidungsstrategien entgegen. So wird durch die inführung einer neuen Regelung die Abwicklung von estimmten Aktiengeschäften, in der Regel von Leererkäufen, verhindert, amit keine Kapitalertragsteuer mehr bescheinigt wird, ie nicht abgeführt wurde, Herr Kollege. Eine Änderung des Umsatzsteuergesetzes betrifft die nwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes auf be timmte Zweckbetriebe. Die Erfahrung hat gezeigt: Das st für die Vereine, die Wohlfahrtsverbände und die Interationsbetriebe bedeutend. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


(Frank Schäffler [FDP]: Verfassungswidrig!)


achen Sie die Arbeit dieser Menschen bitte nicht lä-
herlich.

Die Erfahrung hat auch gezeigt, dass die Anwendung
es ermäßigten Steuersatzes in sehr wenigen Fällen für
nerwünschte Gestaltungsmodelle genutzt wurde. Wir
ind uns mit den Wohlfahrtsverbänden einig, dass die
chwarzen Schafe aussortiert werden müssen. Der Sinn
nd Zweck eines Zweckbetriebs besteht nicht darin,
teuervorteile zu erhalten, sondern in der Arbeit für die
enschen und mit den Menschen, die diese Hilfe brau-

hen.

Ich bin sicher, dass wir mit dieser Gesetzesänderung
nd dem dazugehörigen BMF-Schreiben unserem ge-
einsamen Anliegen, die gute und wertvolle Arbeit von
ohlfahrtsverbänden, Hilfsorganisationen, Integrations-

rojekten und Arbeitsloseninitiativen durch die Anwen-
ung des ermäßigten Steuersatzes zu unterstützen,
erecht werden und dass wir die wenigen, die wir aus-
ortieren wollen, wirklich treffen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Der letzte Punkt, auf den ich eingehen möchte, ist
ie rückwirkende Verhinderung neu kreierter Steuer-
tundungsmodelle. Wenn wir darauf nicht reagieren,
ostet uns das allein in diesem Jahr 700 Millionen Euro.


(Frank Schäffler [FDP]: Ja, ja, ja!)







(A) )



(B) )


Gabriele Frechen
Frei nach dem Motto „Ein Geschäft wird erst dann ein
Geschäft, wenn man dem Finanzamt nachweisen kann,
dass es keines war“ wurden solche Modelle teilweise bis
zum April 2006 aufgelegt. Wir haben als Gesetzgeber
Ende 2005 unmissverständlich klargemacht, dass wir
hier keinen Spaß verstehen.


(Beifall bei der SPD)


Das Schließen von Steuerschlupflöchern gehört für uns
zum Programm. Jeder, der nach diesem Zeitpunkt ein
neues Modell gestrickt oder in ein solches investiert hat,
wusste genau, worauf er sich einlässt.


(Frank Schäffler [FDP]: Und was war vorher?)


Das Bundesverfassungsgericht erkennt die unechte
Rückwirkung als verfassungskonform an, wenn es dabei
nicht um eine Rücknahme staatlicher Verhaltensanreize
geht, sondern wie hier um die steuerliche Erfassung von
Sachverhalten, die auf Steuervermeidung oder Steuer-
umgehung angelegt sind.


(Frank Schäffler [FDP]: Vertrauen schafft das aber nicht!)


– Herr Kollege, Sie nehmen mir das Wort aus dem
Mund: Der Vertrauensschutz kann nicht angeführt wer-
den. Alle Anleger wurden auf die Gefahr der Rückwir-
kung hingewiesen. Für alle Anleger wurde für diesen
Fall die Rückabwicklung vereinbart.

Künftig wollen wir lieber vorbeugen als rückwirken.
Deshalb haben wir die Bundesregierung beauftragt, zu
prüfen, wie es uns durch die Einführung einer Pflicht zur
Anzeige solcher Modelle, die es auch in anderen Län-
dern, zum Beispiel im Vereinigten Königreich, gibt,
ermöglicht werden kann, besser zu agieren. Trotzdem
– hier bin ich mir ganz sicher – wird es auch in Zukunft
Fälle geben, in denen wir nicht agieren können, sondern
reagieren müssen. Das erinnert ein bisschen an den Wett-
lauf zwischen Hase und Igel. Doch auch wenn die bei-
den Meckis noch so sympathisch sind, darf man nicht
vergessen: Sie haben das Rennen nur deshalb gewonnen,
weil sie mit unfairen Tricks gearbeitet haben. Das soll
bitte nur im Märchen so sein.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Frank Schäffler [FDP]: Das ist ein schönes Bild!)


Ich bedanke mich ausdrücklich bei allen Kolleginnen
und Kollegen für die konstruktive, lebhafte Diskussion,
die wir im Rahmen der Beratungen dieses Gesetzentwur-
fes geführt haben. Natürlich bedanke ich mich auch bei
den helfenden Köpfen im Ministerium für ihren Sach-
verstand, den sie uns immer sehr wohlwollend zur Ver-
fügung gestellt haben.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Die wollen das Gesetz ja auch haben!)


– Herr Thiele, wir wollen dieses Gesetz.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Nein! Nicht alle!)


Haben Sie immer noch nicht verstanden, dass das Parla-
ment der Gesetzgeber ist? Ich muss das in jeder meiner

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(C (D eden wiederholen. Irgendwann werden aber auch Sie as lernen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Mark Twain hat einmal gesagt:

Gesetzeslücken lassen sich durch beständigen Ge-
brauch beträchtlich erweitern.

ersuchen wir doch gemeinsam, möglichst lückenlose
esetze zu machen!

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1606327000

Der Kollege Carl-Ludwig Thiele hat für die FDP-

raktion das Wort.


Carl-Ludwig Thiele (FDP):
Rede ID: ID1606327100

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten

olleginnen und Kollegen! Zunächst möchte ich Ihnen,
rau Frechen, auch von unserer Seite herzlichen Dank
ür die gute Zusammenarbeit aussprechen,


(Eduard Oswald [CDU/CSU]: Das geht ja schon gut los!)


ie wir, glaube ich, im Finanzausschuss haben, auch
enn es Kontroversen in der Sache gibt und die eine
der andere möglicherweise unbedachte Bemerkung ein-
elner Kollegen fällt, die aber mitunter wieder relativiert
der zurückgenommen wird, wie wir es gerade in der
etzten Sitzung des Finanzausschusses erleben durften.

Mit dem vorliegenden Entwurf eines Jahressteuerge-
etzes sollen mehr als 230 Änderungen in 19 unter-
chiedlichen Gesetzen beschlossen werden. Es ist ein
iesenpaket, das wir zu wälzen hatten. Das erinnert
ich an das Omnibusgesetz, das ich von früher kenne.
anach heißt es auf den Fluren der Verwaltung: Der
mnibus fährt. Wer will noch einsteigen? Wer hat noch

nteresse an einem bestimmten Punkt, der in den Gesetz-
ntwurf aufgenommen werden soll? – Damit hat der Ge-
etzgeber nach wie vor Probleme.

Ich habe Zweifel, Frau Kollegin Frechen, ob jede die-
er Regelungen zwingend erforderlich ist. Denn wir hat-
en im letzten Jahr kein Jahressteuergesetz und es gab
och weitere Jahre ohne ein solches Gesetz. In keinem
er Folgejahre ist Deutschland untergegangen. Es gab
eiter Steuern. Die Steuern wurden weiter eingetrieben
nd es gab auch weiter ein Steuerrecht. Insofern sollten
ir uns mit Rücksicht auf die Deregulierungsbemühun-
en fragen, ob tatsächlich alles geregelt werden soll.


(Beifall bei der FDP)


Ich möchte kurz auf das Verfahren eingehen. Wir
alten es für schwierig – insbesondere für die Opposition
st es eine Zumutung –, wenn wir erst Dienstagabend die
mdrucke zu den komplexen Sachverhalten bekommen,
ie am Mittwoch erörtert werden sollen. Lassen Sie uns
och versuchen, den Zeitplan so zu gestalten, dass die
eratung in Ruhe erfolgen kann, statt ihn so auszurich-






(A) )



(B) )


Carl-Ludwig Thiele
ten, wie es vom BMF vorgegeben wird. Die Änderungs-
anträge der FDP lagen Ihnen Montagmorgen vor. Es
wäre schön, wenn das umgekehrt auch der Fall wäre.


(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Ich komme zur Sache. Der Entwurf eines Jahressteu-
ergesetzes 2007 ist aus meiner Sicht kein Beitrag zur
Vereinfachung des Steuerrechts; vielmehr bringt er viele
neue komplizierte Regelungen mit sich. Er ist kein Bei-
trag zur Entlastung der Bürger; denn mit diesem Gesetz
wird in vielen Fällen die steuerliche Rechtsprechung des
Bundesfinanzhofes zulasten der Bürger ausgehebelt. Er
ist auch kein Beitrag zu einem planbaren und verlässli-
chen Steuerrecht.


(Frank Schäffler [FDP]: So ist es!)


Denn bestimmte steuerliche Fälle werden rückwirkend
ab dem 1. Januar 2006 außer Kraft gesetzt.


(Frank Schäffler [FDP]: Willkürlich!)


Auch wenn wir über manche Punkte streiten und in
anderen Punkten einig sind, meine ich, dass das Steuer-
recht alles in allem planbar und verlässlich sein sollte.
Das wurde von der Union zu Oppositionszeiten auch
eingefordert. Dagegen wurde allerdings zum wiederhol-
ten Male verstoßen, auch wenn ich persönlich aner-
kenne, dass zwei Kollegen der Union damit Probleme
hatten und unserem Änderungsantrag zugestimmt haben.


(Frank Schäffler [FDP]: Das stimmt! Das muss man sagen!)


Ich möchte noch auf einige Punkte eingehen. Es soll
eine neue Gebühr für Steuerpflichtige eingeführt wer-
den, die in komplexen Sachverhalten eine verbindliche
Auskunft des Finanzamtes einholen möchten. Das halte
ich für ziemlich abenteuerlich. Der Staat besteuert den
Bürger. Der Bürger ist verpflichtet, seine Steuererklä-
rung abzugeben. Wenn er dann aufgrund dieser Ver-
pflichtung gegenüber dem Fiskus, der auch an Rechtssi-
cherheit interessiert ist, ein Interesse daran hat, einen
Sachverhalt verbindlich klären zu können, soll ihm mit
dem Gesetzentwurf eine Gebühr berechnet werden. Das
halte ich für einen Fehler. Denn er wird zusätzlich belas-
tet, obwohl es ihm nur um Rechtssicherheit für sich und
den Fiskus geht.


(Beifall bei der FDP)


Insofern halte ich es dem Steuerbürger gegenüber für
eine Frechheit, eine solche Gebühr zu erheben. Aber wie
schon beim Wegfall der Abzugsfähigkeit der Steuerbera-
tungskosten als Sonderausgaben zeigt die schwarz-rote
Koalition noch einmal, welchen Stellenwert der Steuer-
bürger für sie hat.

Bei der Besteuerung von Sachzuwendungen war
eine Regelung vorgesehen, nach der der Zuwendende die
Sachzuwendung mit 45 Prozent versteuern sollte. Dieser
Steuersatz ist zwar auf 30 Prozent abgesenkt worden
– das ist zu begrüßen –, aber zu den 30 Prozent ist anzu-
merken, dass ein Unternehmen die Geschenke wegen
der Nichtabzugsfähigkeit aus dem Ertrag erwirtschaften

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(C (D uss und deshalb faktisch ein viel höherer Steuersatz arauf lastet. Wir haben dann nachgefragt, wie mit dem Miles-andore-Programm der Lufthansa verfahren wird. Seitens es Finanzministeriums wurde uns von Frau Staatssekreärin Dr. Hendricks mitgeteilt, dass die Sachzuwendung it 2,25 Prozent versteuert wird. Das war der Grund, arum wir diesen Punkt ausklammern und separat be rachten wollten. Wir wollten klären, warum bei der Zuendung durch die Lufthansa ein Steuersatz von 2,25 Pro ent gilt und der Steuersatz für andere 30 Prozent eträgt. Das wird noch zu klären sein. Ich harre der Erlärung und der Aufklärung. Ich vermute, dass das nicht o einfach wird. Da wir auf unsere Fragen nach den Ungereimtheiten eine abschließenden Antworten erhalten haben, stimen wir dem Gesetzentwurf nicht zu. Wir bedanken uns leichwohl für die Beratungen und werden uns weiterhin genauso wie bei diesem Gesetzentwurf – konstruktiv inbringen. Herzlichen Dank. Für die Unionsfraktion hat der Kollege Olav Gutting as Wort. Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und erren! Beim Jahressteuergesetz 2007 sprechen wir von inem so genannten Omnibusgesetz mit über 200 Ändeungen. Dabei werden fast alle zentralen Steuergesetze erührt. „Omnibus“ heißt auf Lateinisch „für alle“. Es ist lso für jeden etwas dabei. mnibus ist nicht negativ zu sehen. Es handelt sich chließlich um ein sinnvolles Transportmittel, zumindest ort, wo es keine Schienen gibt. Überwiegend sind die Änderungen klarstellend oder edaktionell. Manch einer hält nun diese Änderungen nd Anpassungen für eine Verkomplizierung des Steurrechts. Dem ist aber nicht so. Die Anpassung von Geetzen an die Realität ist schlicht notwendig; denn die elt dreht sich weiter. So werden immer wieder Korrek uren, Klarstellungen und Änderungen unserer Gesetze otwendig sein. Dass die vielen kleinen Änderungen im esetzentwurf schwer zu lesen sind, gebe ich gerne zu. as ist bei der Steuergesetzgebung leider meistens der all. Wer aber nun aus Frust über die Komplexität des esetzes und die viele Arbeit, die wir damit in den Bera ungen hatten, die notwendigen Änderungen als hektiche Nachbesserungsversuche geißelt, der handelt popuistisch und verkennt schlicht die Realität. Der Gesetzentwurf hat sich während der Beratungen n einigen zentralen Bereichen im Vergleich zur Ur Olav Gutting sprungsfassung verändert und verbessert. Ich darf an dieser Stelle den Koberichterstattern aus meiner Fraktion, aber auch unseren Kollegen aus den Koalitionsfraktionen genauso wie allen anderen für die konstruktiven Beratungen ein herzliches Dankeschön sagen. Wir haben es geschafft, beispielsweise § 5 Abs. 4 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung aus dem Gesetzentwurf herauszunehmen. Hier ging es um die Pflicht zur Aufbewahrung von Unterlagen bei Rentenanwartschaften. Es ist ein guter Schritt, diesen Paragrafen zu streichen; denn dies ist ein Beitrag zu weniger Bürokratie und hilft insbesondere, zusätzliche administrative Belastungen zu vermeiden. Beim Prüfungsrecht hinsichtlich der Jahresbescheinigungen bei den Banken haben wir darauf geachtet, dass das Bankgeheimnis nicht ausgehöhlt wird. Es ist festgehalten, dass dieses Prüfungsrecht lediglich die Systemprüfung umfasst. Dies wird zusätzlich durch ein BMF-Schreiben sichergestellt. Die Banken und insbesondere ihre Kunden müssen also in diesem Zusammenhang keine individuelle Überprüfung der jeweiligen Jahresbescheinigung bei der Bank befürchten. Von der Wirtschaft wurde ständig eine Möglichkeit zur Pauschalierung der Einkommensteuer bei Geschenken gefordert. In der Tat bestand hier Handlungsbedarf. Ein Bedürfnis nach einer vereinfachten Pauschalierung gibt es nicht erst seit der Fußballweltmeisterschaft im eigenen Land, als diese Problematik bei der Besteuerung von VIP-Logentickets einem breiteren Publikum offenbar wurde. Vielmehr gibt es dieses Bedürfnis schon länger. Uns war es wichtig, die nun angebotene gesetzliche Pauschalierung der Einkommensteuer in diesem Bereich praxistauglich zu machen. Das ist vollumfänglich gelungen. Mit dem pauschalierten Steuersatz in Höhe von 30 Prozent haben wir es geschafft, die richtige Balance zwischen angemessener Besteuerung auf der einen Seite und der notwendigen Anreizfunktion auf der anderen Seite zu finden. Mit dem Steuersatz in Höhe von 30 Prozent wird es zukünftig mehr Unternehmen geben, die die Geschenke für die Beschenkten gleich mitversteuern. Damit bauen wir quasi eine Brücke in die Steuerlegalität; denn aus der Lebenserfahrung wissen wir, dass viele Beschenkte die Zuwendungen – zumeist aus Unwissenheit über die Steuerpflicht – in der Steuererklärung nicht aufführen. Ich bin überzeugt, dass diese Regelung unter dem Strich zu mehr Steuerehrlichkeit, einer erheblichen Vereinfachung für die Unternehmen und gleichzeitig zu Steuermehreinnahmen führt. Für Schenkende und Beschenkte bietet diese Regelung zudem mehr Rechtssicherheit. Mehr Rechtssicherheit wollen wir auch im Zusammenhang mit der immer wieder auftauchenden Diskussion über verschiedene unerwünschte Steuergestal t d b m L s z d h a s g w D w b f n w l w t r d H c d V p s t z s h n r s n b D s z W t n h M (C (D ungsmodelle. Mit dem Jahressteuergesetz 2007 wird ie letzte Lücke im Zusammenhang mit den Steuersparzw. Steuerstundungsmodellen beim § 15 b des Einkomensteuergesetzes geschlossen. (Frank Schäffler [FDP]: Das glaube ich nicht! Das habt ihr schon beim letzten Mal gesagt!)


(Beifall bei der FDP)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1606327200

(Beifall bei der CDU/CSU)

Olav Gutting (CDU):
Rede ID: ID1606327300

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


eider ist es so, dass der Gesetzgeber – wir haben das
chon vorhin von der Kollegin gehört – wie im Wettlauf
wischen Hase und Igel den Entwicklungen im Bereich
ieser aggressiven Steuergestaltungsmodelle hinterher-
echelt. Ein Blick über die Grenzen zeigt, dass einige
ndere Staaten deshalb eine Anzeigepflicht bei Steuerge-
taltungsmodellen eingeführt haben. Durch diese Anzei-
epflicht soll die Verwaltung über missbräuchliche uner-
ünschte Gestaltungen im Vorfeld unterrichtet werden.
amit wären dann der Gesetzgeber und die Steuerver-
altung frühzeitig in der Lage, gegebenenfalls gesetzge-
erische oder verwaltungsmäßige Maßnahmen zu tref-
en.

Natürlich sehe ich auch in diesem Bereich das Span-
ungsverhältnis zwischen einer festen Zusage der Ver-
altung auf der einen Seite und der Politik und dem Par-

ament auf der anderen Seite, die handlungsfähig bleiben
ollen. Es kann nicht sein, dass eine Zusage der Verwal-

ung hinsichtlich eines Steuersparmodells einen Zeitho-
izont von mehreren Jahrzehnten hat und die Politik für
iese lange Zeit an diese Zusage gebunden ist. Die
andlungsfähigkeit des Gesetzgebers muss auch hier si-

hergestellt bleiben. Der Finanzausschuss hat deshalb
ie Bundesregierung gebeten, bis Mitte des Jahres 2007
orschläge zur Einführung einer gesetzlichen Anzeige-
flicht bei Steuergestaltungsmodellen vorzulegen. Wir
ind gespannt, was da kommt. Wenn es gelingt, eine ver-
retbare Anzeigepflicht bei Steuergestaltungsmodellen
u erreichen, dann wäre das ein echtes Novum im deut-
chen Steuerrecht. Die Folge wäre ein weiterer Schritt
in zu mehr Steuergerechtigkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Mehr Steuergerechtigkeit ist ein Ziel, das wir alle
icht aus den Augen verlieren dürfen; denn Steuerge-
echtigkeit und ein planbares verlässliches Steuerrecht
ind ein wesentlicher Wettbewerbsfaktor im internatio-
alen Ringen um Investitionen.


(Eduard Oswald [CDU/CSU]: Sehr gut!)


Nach einem Jahr Regierung Angela Merkel kann man
ereits erkennen, dass wir auf einem guten Weg sind.
ie Steuereinnahmen ziehen kräftig an, die Neuver-

chuldung wird erheblich gesenkt und der Arbeitsmarkt
eigt eine erfreuliche Belebung.


(Eduard Oswald [CDU/CSU]: Tue Gutes und sprich darüber!)


ir stehen ein Jahr nach Amtsantritt der großen Koali-
ion zwar immer noch ganz am Anfang einer sicherlich
och langen Wegstrecke; aber so viel Lob darf sein: Wir
aben einen guten Anfang gemacht und das sollte uns
ut für mehr machen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)







(A) )



(B) )


Olav Gutting
Das deutsche Steuerrecht muss mutig entrümpelt wer-
den, Schritt für Schritt. Es wäre wirklich ein Meilen-
stein, wenn es gelänge, das Steuerrecht so zu vereinfa-
chen, dass es jedem normalen Steuerbürger möglich
wäre, ohne große Hilfsmittel seine Steuererklärung ei-
genhändig zu Papier zu bringen.


(Zuruf von der FDP: Das ist ein Wunschtraum!)


Das geht aber nicht mit Nichtstun. Die notwendigen Än-
derungen, Korrekturen und Anpassungen, die wir jetzt
mit dem Jahressteuergesetz 2007 vorgenommen haben,
bedeuten keinesfalls eine Verkomplizierung des Steuer-
rechts.


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Doch!)


Im Gegenteil: Wir erhalten mehr Klarheit in vielen Berei-
chen und in einigen Bereichen sogar eine Vereinfachung.
Ich habe schon vorhin das Beispiel der Pauschalierung
der Einkommensteuer bei den Geschenken genannt. Ge-
ben wir deshalb dem Omnibus Jahressteuergesetz 2007
freie Fahrt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1606327400

Für die Fraktion Die Linke hat die Kollegin

Dr. Barbara Höll das Wort.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Barbara Höll (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1606327500

Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Zu später Stunde eine fast harmonische De-
batte! Aber, Herr Kollege Gutting, dieses Selbstlob war
doch ein bisschen zu viel.


(Eduard Oswald [CDU/CSU]: Weil uns sonst niemand lobt, müssen wir uns selber loben!)


Wenn wir über das Jahressteuergesetz sprechen, dann
müssen Sie sich an dem messen lassen, was Sie in Ihrem
Koalitionsvertrag vereinbart haben, nämlich – ich zitie-
re – „das deutsche Steuerrecht zu vereinfachen und inter-
national wettbewerbsfähig zu gestalten“. Diesem An-
spruch tun Sie mit diesem Gesetz keinesfalls Genüge.


(Eduard Oswald [CDU/CSU]: Daran arbeiten wir Tag und Nacht!)


Liebe Kollegin Frechen, es ist ein Omnibusgesetz. Dage-
gen ist nichts zu sagen, wenn in dem Omnibus alle Pas-
sagiere – so wie Sie es vorhin angesprochen haben – ein
Schild tragen, auf dem steht: In diesem Omnibus reisen
redaktionelle Änderungen und Anpassungen. Wenn aber
in dem Omnibus auf einmal blinde Passagiere auftau-
chen, die substanzielle Änderungen im Steuerrecht bein-
halten, dann wird es gefährlich. Das sind die Dinge, auf
die die Opposition sehr aufmerksam geschaut hat. Wir
sind – sicherlich gemeinsam – froh, dass es auf unser
Wirken hin gelungen ist, diese Dinge aus dem Gesetz he-
rauszubekommen und die blinden Passagiere wieder aus
dem Omnibus hinausbefördert zu haben.

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(C (D Ich möchte nur das Insolvenzrecht ansprechen. Das st ein kompliziertes Thema. Mit der Änderung des Inolvenzrechtes im Jahre 1999 wurde der Versuch unterommen, ein modernes Insolvenzrecht zu installieren, elches vor allem gewährleistet, dass Unternehmen im alle der Insolvenz eine Chance haben, weiter zu existieen. Auf einmal tauchte in dem Gesetz eine Änderung er Abgabenordnung auf, durch die der Fiskus ein Vorriffsrecht erhalten sollte, zu dem alle Experten sagen, ass es dazu führen würde, dass Unternehmen eine weentlich schlechtere Chance hätten, überhaupt zu überleen. Da wird es dann wirklich gefährlich. In diesem Sinne sind wir wirklich sehr froh, dass es ns durch unsere Arbeit im Rechtsausschuss und im Fianzausschuss gelungen ist, dass das herausgenommen urde und wir in Ruhe und ehrlich über diesen Punkt iskutieren können. Ich nehme an, Frau Scheel wird nachher noch die Verängerung des Bewertungsgesetzes ansprechen, die im eferentenentwurf überhaupt nicht enthalten war und ann im Gesetz auftauchte. (Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber klar!)


a fragte man sich schon, woher das auf einmal kam.
as sind Dinge, die in ihren Folgen noch nicht ganz klar

bzusehen sind, gerade im Hinblick auf das Bewertungs-
esetz. So sollten wir hier nicht arbeiten.

Wir sind aber froh, dass es gelungen ist, zum Beispiel
uch noch die Pauschalbesteuerung von Sanierungs-
eldern im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge he-
auszunehmen. Auch das ist etwas, bei dem es dank der
uten Arbeit und der Einsicht der Kolleginnen und Kol-
egen der Koalition gelungen ist, gegenüber dem Gesetz-
ntwurf etwas zu verändern. Das ist ein beredtes Bei-
piel dafür, dass auch Oppositionspolitikerinnen und
ppositionspolitiker durch ihre Arbeit etwas bewirken
önnen.

Bei der vorgeschlagenen Regelung zur Besteuerung
er Geschenke ist es auch gelungen, gegenüber dem ur-
prünglichen Entwurf eine Änderung herbeizuführen.

ir haben eben nicht mehr die pauschale Besteuerung in
öhe von 45 Prozent, sondern nur noch in Höhe von
0 Prozent.

Damit ist es Ihnen insgesamt gelungen, ein Gesetz
orzulegen, welches redaktionelle Änderungen und An-
assungen beinhaltet, aber bei weitem nicht dazu führen
ird, dass das Steuerrecht tatsächlich vereinfacht wird.
b die Regelung zur Rückwirkung zum 1. Januar dieses

ahres tatsächlich Bestand haben wird, wird zu sehen
ein.

Wir stehen zu dem Gesetz nicht in völliger Ableh-
ung. Das ist der Unterschied zur FDP.


(Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Gott sei Dank!)


ir werden uns enthalten, da mit diesen vorgeschlage-
en Regelungen dem selbst gestellten Anspruch von
ransparenz und Vereinfachung nicht Genüge getan






(A) )



(B) )


Dr. Barbara Höll
wurde und einige Dinge in ihrer Wirkung doch recht
zweifelhaft sind. Deshalb gibt es von unserer Seite ein
Enthaltung.


(Georg Fahrenschon [CDU/CSU]: Mitfahren ohne zu zahlen!)


Die Art der Beratung – abgesehen von dem späten
Einreichen der Änderungsanträge Ihrerseits – könnte
vielleicht für die Zukunft ein Beispiel dafür sein, dass es
möglich ist, auf den Sachverstand aller Kolleginnen und
Kollegen zu hören.

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der LINKEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1606327600

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Frau

Kollegin Christine Scheel das Wort.


Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1606327700

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Herr Gutting, ich habe schon ein gewisses Verständnis
dafür, dass man hier einen solchen Selbstbeweihräuche-
rungsakt vollziehen muss, um sich ein wenig aufzu-
bauen, wenn man gleichzeitig weiß, dass der Anspruch,
den man formuliert, mit der Realität überhaupt nichts zu
tun hat.


(Eduard Oswald [CDU/CSU]: Nein! Das war eine exzellente Rede des Kollegen Gutting!)


Deshalb muss man einmal fragen, was im Koalitions-
vertrag steht. Frau Kollegin Höll hat bereits darauf hin-
gewiesen, dass darin die Priorität der Steuervereinfa-
chung in den Vordergrund gestellt worden ist. Es hat eine
Übereinstimmung zwischen den beiden Koalitionsfrak-
tionen gegeben, dass man mehr Transparenz, Effizienz
und Gerechtigkeit erreichen möchte. Man sieht dann
aber doch, dass das schöne Worte sind, die Realität aber
ganz anders aussieht.

Man muss auch Folgendes sehen: Seit diese Koalition
gemeinsam Gesetze verabschiedet, ist von Vereinfa-
chung nicht mehr die Rede. Für mich ist es keine Ver-
einfachung, wenn man lediglich die Höhe eines Pau-
schalbetrages ändert. Pauschalen sind gut. Wenn man
einen Pauschalbetrag von 40 Prozent auf 25 Prozent ab-
senkt, dann ist das nicht automatisch eine Vereinfa-
chung, sondern eine Änderung im Gesetz und sonst gar
nichts.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich bitte darum, auf dem Boden zu bleiben und nicht mit
solchen Argumenten zu kommen.

Wir meinen, dass sich das Jahressteuergesetz in diese
Entwicklung – eine zunehmende Anzahl an Verkompli-
zierungen – einreiht. Ihre steuerpolitischen Entscheidun-
gen in verschiedenen Bereichen waren von Anfang an
verfehlt. Diese Entwicklung hält an: Sie nehmen weitere
Verschlimmbesserungen vor. Man sieht das an Ihren aus-
gefeilten Formulierungen, beispielsweise was die He-
rausnahme der Kosten für die Fahrt zur Arbeit anbe-
langt. Ihre Entscheidung war, dass diese Kosten nicht

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(C (D ehr den Werbungskosten zugerechnet werden. Dann haen Sie festgestellt, dass man den Flugreisenden – Stichort „Sammelbeförderungen“ – so nicht gerecht wird. araufhin wurde die Entscheidung getroffen, dass diese osten doch weiterhin den Werbungskosten zuzurechnen eien. Es ist einfach absurd. Wie Sie selbst wissen, ist die hochkomplizierte Entastung bei Gewinneinkünften im Zusammenhang mit er Reichensteuer absolut gaga. Wir haben hier immer ieder gesagt: Außer einem hochkomplizierten Gesetz leibt fast nichts. Erreicht wird dadurch fast gar nichts. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Frank Schäffler [FDP]: Da hat sie Recht! – Dr. Karl Addicks [FDP]: Leider wahr!)


Im Paragrafenwirrwarr gibt es – auch das muss man
inmal sagen – noch einige hochproblematische Rege-
ungen, die sehr weit reichende Auswirkungen für die
teuerpflichtigen haben.

Das Insolvenzverfahren ist angesprochen worden.
uch wir sind der Auffassung, dass Sanierungschancen
on Betrieben, denen die Insolvenz droht, erheblich ge-
indert und dass Arbeitsplätze gefährdet würden. Wir

aben diesen Ansatz abgelehnt. Ich bin sehr froh, dass
ie lernfähig sind und dass Sie in der Lage sind, auf Vor-
chläge der Opposition einzugehen. Glücklicherweise ist
ieser Plan gestrichen worden.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1606327800

Kollegin Scheel, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

ollegen Olaf Scholz?


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Ihres früheren Koalitionsfreundes!)



Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1606327900

Ja.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1606328000

Herr Scholz, bitte.


Olaf Scholz (SPD):
Rede ID: ID1606328100

Liebe Frau Kollegin, ich möchte nur eine kurze Frage

tellen: Ist die Auffassung, die zusätzliche Besteuerung
on Personen mit einem Einkommen von mehr als
50 000 Euro bzw. bei Verheirateten 500 000 Euro in
öhe von 3 Prozent sei „gaga“, Ihre Position oder die Ih-

er Partei?


Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1606328200

Herr Kollege Scholz, wir haben das von Anfang an

ls eine Maßnahme begriffen, die den Menschen sugges-
iv vermitteln soll, man erreiche damit eine gerechte Be-
teuerung der Reichen in diesem Land. Sie machen
eichtum an einem – wohlgemerkt – zu versteuernden
inkommen in Höhe von 250 000 Euro bzw. bei Verhei-

ateten 500 000 Euro fest. Das Bruttoeinkommen dieser
ersonen liegt ja wesentlich höher.

Dann haben Sie festgestellt: Wir wollen die Unterneh-
en und die Selbstständigen mit dieser Steuer gar nicht






(A) )



(B) )


Christine Scheel
belasten. Also werden Einkünfte aus Land- und Forst-
wirtschaft, aus Gewerbebetrieben, aus selbstständiger
Tätigkeit oder bestimmte im Ausland erzielte Einkünfte
gar nicht berücksichtigt. Das heißt, diese Besteuerung be-
trifft lediglich einige wenige Personen, die ein sehr hohes
Einkommen haben, zum Beispiel weil sie für bestimmte
größere Unternehmen in diesem Land arbeiten. Diese
Personen können ihr zu versteuerndes Einkommen aller-
dings über Unternehmensbeteiligungen so weit reduzie-
ren, dass sie die Einkommensgrenze von 250 000 Euro
mit Sicherheit unterschreiten.


(Georg Fahrenschon [CDU/CSU]: Steuerseminar!)


Das heißt, übrig bleiben etwa ein Dutzend Bürger in
diesem Land, die diese Steuer zahlen müssen. Man sug-
geriert, Gerechtigkeit geschaffen zu haben, obwohl in
Wirklichkeit nur einige wenige betroffen sind. Das sieht
man auch bei den Steuereinnahmen. Sie werden in den
nächsten Jahren erleben, wer zusätzlich zu dieser Perso-
nengruppe gehören wird.


(Georg Fahrenschon [CDU/CSU]: Sind Sie jetzt dafür oder dagegen?)


Wir prognostizieren Ihnen, dass von dieser Regelung
sehr viele aufgrund Ihrer Formulierung dieses Paragra-
fen nicht betroffen sind. Ich kann Ihnen sagen – auch Sie
wissen das –: Alle Personen, auf die Sie es abgesehen
haben, haben schlaue Steuerberater. Ihre Maßnahme ist
Augenwischerei und keine professionelle Steuerpolitik.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1606328300

Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?


(Zuruf des Abg. Olaf Scholz [SPD])


Dialoge gibt es hier nicht, Kollege Scholz. Die Kollegin
Scheel muss Ihre Zwischenfrage erst einmal gestatten.
Wenn das geschehen ist, erteile ich Ihnen das Wort.


Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1606328400

Ich kann mir vorstellen, was er noch sagen will.


(Heiterkeit)


– Olaf Scholz, ist ja in Ordnung.

Die Position unserer Partei ist die – das ist richtig –,
dass diejenigen mit starken Schultern auch stärker zum
Gemeinwohl beitragen sollen.


(Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Das machen die doch heute schon, Frau Kollegin!)


Aber mit einer solch halbseidenen Steuergesetzgebung
wollen wir nichts zu tun haben. Deswegen hat meine
Fraktion diesen Vorschlag auch geschlossen abgelehnt.
Aus!


(Zurufe von der CDU/CSU: Basta!)


Wir haben im Finanzausschuss auch über das Thema
Integrationsprojekte intensiv diskutiert. Ich bin sehr
froh darüber, dass es noch zu einer Veränderung in der

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(C (D rage des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes für die Interationsprojekte gekommen ist. Ich weiß jetzt noch icht, wie das Anwendungsschreiben des Finanzministeiums aussehen wird. (Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Das wird gut werden, Frau Kollegin!)


ch hoffe, dass es keine bösen Überraschungen enthält.
ch bin zuversichtlich, dass Sie das hinbekommen. Ich
ehe davon aus, dass das vernünftig gelöst wird. Wir
erden uns das dann anschauen.

Zur Frage der Bewertungsvorschriften. Die Bewer-
ungsvorschriften bei Erbschaften und Schenkungen sind
eit langem verfassungswidrig. Wir haben uns sehr da-
über geärgert, dass das Thema „Entfristung des Bewer-
ungsgesetzes“ nicht einmal im Inhaltsverzeichnis des
ahressteuergesetzes aufgetaucht ist.


(Florian Pronold [SPD]: Das stimmt nicht!)


s stand unter Anpassungen, die sich auf das Baugesetz-
uch bezogen haben. Man hat also versucht, das irgend-
ie unterzujubeln. Von der politischen Dimension her

teckt jedoch Etliches darin. Wir hoffen, dass Sie im
ächsten Jahr eine solche Bewertung vorlegen, was Im-
obilien und Sachvermögen anbelangt, damit wir eine

erfassungskonforme Lösung bekommen.

Letzter Punkt, Frau Präsidentin; ein Gedanke noch.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1606328500

Ein Satz noch.


Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1606328600

Ich bin der Meinung, dass wir als Grüne, was die

teuergestaltungsmodelle anbelangt, durchaus etwas er-
eicht haben. Wir haben den Vorschlag gemacht: Küm-
ert euch darum, dass einmal geschaut wird, wie man in

er Perspektive dieses Problem löst, damit das heute
chon öfter beschriebene Hase-und-Igel-Spiel ein Ende
at und Sicherheit erreicht wird, sowohl für diejenigen,
ie die Fonds auflegen, als auch für diejenigen, die da
insteigen. Wir brauchen Rechtssicherheit in diesem
and. Wir brauchen Vertrauen in den Finanzplatz, ge-

ade in der Steuergesetzgebung.

Deswegen ist es gut, dass Sie signalisiert haben, et-
as zu tun. Die Grünen fordern einen grundlegenden
ulturwandel in dieser Frage.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1606328700

Frau Kollegin, der Kollege Scholz ist nicht so lieb,

etzt noch eine Zwischenfrage zu stellen.


(Eduard Oswald [CDU/CSU]: Da sehen Sie, wie schwer es ist, die Frau Kollegin zu bremsen!)



Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1606328800

Ich hoffe, dass die große Koalition sich diesem An-

innen anschließen kann und wir in der Zukunft eine Fi-
anz- und Steuerpolitik haben, auf die sich die Men-
chen verlassen können.






(A) )



(B) )


Christine Scheel
Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1606328900

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun-
desregierung eingebrachten Entwurf eines Jahressteuer-
gesetzes 2007, Drucksachen 16/2712 und 16/3036. Der
Finanzausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh-
lung auf Drucksache 16/3325, den Gesetzentwurf in der
Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die
dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen
wollen, um das Handzeichen. – Die Gegenstimmen! –
Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist in zweiter Bera-
tung mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen
die Stimmen der FDP und des Bündnisses 90/Die Grü-
nen bei Enthaltung der Fraktion Die Linke angenom-
men.

Wir kommen zur

dritten Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Wer
stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf
ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die
Stimmen der FDP-Fraktion und der Fraktion des Bünd-
nisses 90/Die Grünen bei Enthaltung der Fraktion Die
Linke angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über die Entschlie-
ßungsanträge. Wer stimmt für den Entschließungsantrag
der Fraktion der FDP auf Drucksache 16/3367? – Die
Gegenstimmen! – Enthaltungen? – Der Entschließungs-
antrag ist gegen die Stimmen der Fraktionen der FDP
und des Bündnisses 90/Die Grünen abgelehnt. Der Voll-
ständigkeit halber füge ich hinzu: Die Fraktion Die
Linke hat sich enthalten.

Wer stimmt für den Entschließungsantrag der Fraktion
des Bündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache 16/3363? –
Die Gegenprobe! – Enthaltungen? – Der Entschließungs-
antrag ist abgelehnt.

Ich rufe die Zusatzpunkte 6 a und 6 b auf:

a) – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeord-
neten Ulla Jelpke, Sevim Dagdelen, Petra Pau
und der Fraktion der LINKEN eingebrachten Ent-
wurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung
des Aufenthaltsgesetzes und anderer Gesetze

– Drucksache 16/369 –

– Zweite und dritte Beratung des von den Abgeord-
neten Josef Philip Winkler, Volker Beck (Köln),
Wolfgang Wieland, Claudia Roth (Augsburg) und
der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ-
NEN eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Ge-
setzes zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes

(Altfall-Regelung)


– Drucksache 16/218 –

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(C (D Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses – Drucksache 16/2563 – Berichterstattung: Abgeordnete Reinhard Grindel Rüdiger Veit Hartfrid Wolff Dr. Max Stadler Ulla Jelpke Josef Philip Winkler b)

richts des Innenausschusses (4. Ausschuss) zu dem
Antrag der Abgeordneten Josef Philip Winkler,
Volker Beck (Köln), Britta Haßelmann, weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/
DIE GRÜNEN

Kettenduldungen abschaffen

– Drucksachen 16/687, 16/2563 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Reinhard Grindel
Rüdiger Veit
Hartfrid Wolff (Rems-Murr)

Dr. Max Stadler
Ulla Jelpke
Josef Philip Winkler

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
azu keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Für die Unionsfraktion
at der Kollege Reinhard Grindel das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Reinhard Grindel (CDU):
Rede ID: ID1606329000

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

assen Sie mich mit einem Gedanken beginnen, der im
usammenhang mit Fragen des Bleiberechts leicht über-
ehen wird. Am Beginn jeder Bleiberechtsregelung steht
ine unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten nicht un-
roblematische Botschaft. Ausländern, die als abge-
ehnte Asylbewerber oder ehemalige Bürgerkriegs-
lüchtlinge ihrer Pflicht zur Ausreise nachgekommen
ind und unter schwierigsten Bedingungen, etwa auf
em Balkan, ihre Existenz wieder aufgebaut haben, die
icht durch Tricks und Täuschungen ihre Abschiebung
erhindert haben, sagen wir im Grunde genommen: Ei-
entlich wart ihr dumm; ihr hättet nur lange genug euren
ufenthalt in Deutschland herauszögern müssen, dann
ättet ihr jetzt eine Bleibeperspektive.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Manche können ja auch nicht abgeschoben werden!)


Insofern kann schon aus Gründen der Einheitlichkeit
nserer Rechtsordnung eine Bleiberechtsregelung nur
ür besonders schwerwiegende Fälle infrage kommen,
ei denen vor allem aus humanitären Gründen eine






(A) )



(B) )


Reinhard Grindel
Rückführung ins Heimatland nicht vertretbar erscheint.
Es geht hier also um schwierige Abwägungsprozesse.

Von solchen rechtsstaatlich gebotenen Abwägungs-
prozessen ist in den Anträgen der Opposition nichts zu
lesen. Die Grünen und die Linke wollen im Grunde viel-
mehr, dass jeder Ausländer ein Bleiberecht erhält, der es
geschafft hat, sich fünf Jahre rechtmäßig in Deutschland
aufzuhalten. Ich sage in aller Deutlichkeit: Das ist nichts
anderes als ungesteuerte Zuwanderung durch die Hinter-
tür. Dahinter steht verstaubtes und vor allen Dingen
gescheitertes Multikultidenken. Das hat mit einer mo-
dernen Integrationspolitik nichts zu tun. Deshalb lehnen
wir die Einführung eines solchen nahezu schrankenlosen
Bleiberechts ab, meine Damen und Herren.


(Beifall bei der CDU/CSU – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn das nicht verstaubt ist!)


Bemerkenswert an Ihren Anträgen ist vor allem, was
nicht drinsteht, zum Beispiel, welche Bedingungen Sie,
lieber Kollege Winkler, an Ausländer nicht stellen, bevor
sie sich auf ein Bleiberecht berufen können. Sie verlan-
gen nicht, dass Ausländer hinreichende Deutschkennt-
nisse besitzen. Sie verlangen nicht, dass die Ausländer
ihre Kinder auf die Schule schicken und die Kinder diese
erfolgreich besuchen. Sie verlangen nicht, dass sie über
ausreichenden Wohnraum verfügen.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Als Geduldeter hat man keinen Anspruch darauf!)


Sie schließen nicht einmal ein Bleiberecht bei solchen
Ausländern aus, die schwere Straftaten begangen haben
oder Bezüge zu extremistischen Organisationen aufweisen.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt nicht!)


Mit anderen Worten: Ihnen ist es völlig egal, ob die
Ausländer, denen Sie ein Bleiberecht geben wollen, in
Deutschland integriert sind oder ob sie in einer völlig ab-
geschotteten Parallelwelt leben oder ob sie vielleicht so-
gar eine Gefahr für unsere Sicherheit darstellen. Das ist
völlig verantwortungslose Politik.


(Beifall bei der CDU/CSU – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da vermischen Sie aber einiges!)


Der Antrag der Fraktion Die Linke beschränkt sich
noch nicht einmal auf eine Altfallregelung. Sie von der
Linken verzichten völlig auf einen Stichtag, zu dem sich
der Ausländer eine bestimmte Anzahl von Jahren in un-
serem Land aufgehalten haben muss. Sie wollen eine
dauerhafte gesetzliche Bleiberechtsregelung.


(Ulla Jelpke [DIE LINKE]: Zu Recht!)


– Da Sie gerade „Zu Recht!“ dazwischengerufen haben,
können wir Ihnen nur sagen – vielleicht denken Sie ein-
mal darüber nach –: Die Beispiele von Spanien, Portugal
oder auch Italien zeigen doch, dass solche Regelungen
einen gefährlichen Sogeffekt entwickeln.

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(C (D Wer die unerträglichen Bilder von Flüchtlingen vor en Küsten Spaniens und Italiens betrachtet, der kommt och zu einer klaren Schlussfolgerung: Wir müssen luchtursachen bekämpfen, aber wir dürfen nicht falsche nreize schaffen, die dazu führen, dass sich Flüchtlinge, ftmals missbraucht von Schleppern und Schleusern, auf en Weg in unser Land machen, weil sie glauben, hier uf Dauer bleiben zu können. Mit einer solchen Art von leiberechtsregelung senden Sie doch völlig falsche Sinale aus. Ein Bleiberecht – ich sage das mit Bedacht – kann es och nur in solchen Fällen geben, in denen schwerwieende humanitäre Gründe dafür sprechen, eigentlich usreisepflichtigen Ausländern eine Aufenthaltsperspekive in Deutschland zu geben. Voraussetzung für ein leiberecht muss eine Verwurzelung in unserem Land ein, die aus Gründen entstanden ist, die der betroffene usländer eben gerade nicht selbst zu verantworten hat. ie Einräumung eines Bleiberechts ist allenfalls denkbar ei langjährig in Deutschland aufhältigen Ausländern, enen die Rückkehr in ihre eigentliche Heimat verwehrt ar. Es ist vor allem dann denkbar, wenn diese Ausläner Kinder haben, die hier schon lange leben oder sogar eboren sind, die keinerlei Perspektive in ihrem eigentichen Heimatland haben, die aber eine gute Perspektive n unserem Land besitzen. Dagegen verlangen die Grünen und die Linke noch icht einmal, dass die Ausländer, die in den Genuss des leiberechts kommen wollen, eine Beschäftigung nacheisen müssen. Ich sage Ihnen in aller Deutlichkeit: Ein leiberecht kann es nicht geben, wenn dies zu einer Zuanderung in die Sozialsysteme führt. (Beifall bei der CDU/CSU – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sind doch vernagelt! Die sind doch schon da!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


in Bleiberecht kann es nur für Ausländer geben, die einer
auerhaften Beschäftigung nachgehen und eben nicht die
ozialkassen belasten.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die meisten haben gar keine Arbeitserlaubnis!)


Wir wollen auch nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen,
ass Ausländer ein Bleiberecht bekommen, die ihren
angfristigen Aufenthalt vorsätzlich selbst verschuldet
aben, durch Täuschung über ihre Identität oder Behin-
erung bei Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung. Es
ann nicht sein, dass wir diejenigen auch noch mit einem
leiberecht belohnen, die beharrlich gegen unsere
echtsordnung verstoßen haben, und das auch noch auf
osten von Sozialleistungen, die manchmal höher sind

ls reguläre Einkommen von rechtschaffenen Arbeitneh-
ern in unserem Land. Wir müssen auch daran denken,

ass wir mit einer Bleiberechtsregelung die Aufnahmebe-
eitschaft und Aufnahmefähigkeit unserer Bürger nicht
berfordern.


(Beifall bei der CDU/CSU – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die 200 000, von denen die Hälfte Kinder sind?)







(A) )



(B) )


Reinhard Grindel
Falsch ist es auch, Herr Kollege Winkler, wenn die Grü-
nen mit ihrem Antrag zum Thema Kettenduldungen den
Eindruck erwecken, als ob diese mit dem Zuwanderungs-
gesetz generell abgeschafft werden sollten. Gemäß § 25
Abs. 5 des Aufenthaltsgesetzes kann Ausländern aus
humanitären Gründen eine Aufenthaltserlaubnis dann
erteilt werden, wenn ihre Ausreise auf absehbare Zeit
„aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich
ist“. Hier geht es also um ein Aufenthaltsrecht für
Geduldete, die unser Land nicht verlassen können, und
nicht für solche, die unser Land nicht verlassen wollen.
Es kommt also auf objektive Gründe für die Frage der
Unmöglichkeit der Ausreise und nicht auf den subjekti-
ven Gesichtspunkt der Unzumutbarkeit der Ausreise an.
Diese Interpretation des § 25 Abs. 5 ist, wie Sie wissen,
durch das Bundesverwaltungsgericht bestätigt worden.

Falsch ist es auch, wenn die Grünen in ihrem Antrag
behaupten, die bisherige Anwendung dieses § 25 Abs. 5
habe nur in wenigen Einzelfällen zur Erteilung von Auf-
enthaltserlaubnissen geführt. In Wahrheit sind nach dem
Evaluierungsbericht des Bundesinnenministeriums in
über 25 000 Fällen entsprechende Aufenthaltserlaub-
nisse erteilt worden. Die tatsächliche Zahl liegt wegen
statistischer Unvollständigkeiten noch höher. Der Zweck
der Vorschrift ist also durchaus erfüllt.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist aber ein Antrag vom Dezember letzten Jahres!)


Würde man bei § 25 Abs. 5 den Gesichtspunkt der
subjektiven Zumutbarkeit mit aufnehmen, dann – das ist
unsere Sorge als CDU/CSU – hätte man auch hier ein
Bleiberecht durch die Hintertür und könnte somit auf die
anderen Vorschriften, die hier beantragt wurden, eigent-
lich gleich verzichten. Dann sollte man so ehrlich sein
und sagen, wir wollen eine Regelung, bei der jeder blei-
ben kann, der will; wir schalten jede objektive Prüfung
aus. Das wollen wir als CDU/CSU aber nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Sie wissen, die Koalitionsfraktionen und die Innenmi-
nister der Länder beraten über die Frage, ob wir zu einer
Bleiberechtsregelung kommen wollen, die ihren Namen
auch tatsächlich verdient,


(Rüdiger Veit [SPD]: Genau!)


und, wenn ja, wie diese dann ausgestaltet sein sollte. Es
wird zur Stunde verhandelt. Deshalb ist meine herzliche
Bitte, dass Sie dafür Verständnis haben, dass wir – ich
habe es Ihnen gesagt – uns schon vor Ende der Debatte
– zumindest gilt das für mich und den Kollegen Veit, wie
ich denke – auf den Weg machen. Es ist für einen guten
Zweck, Kollege Winkler.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das werden wir noch sehen!)


Beschimpfungen nehme ich dann gerne aus dem Proto-
koll entgegen.

Wenn überhaupt – auch das sage ich mit Bedacht –,
dann müssen wir eine Bleiberechtsregelung schaffen, die

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(C (D ntegration fördert und nicht zu einer ungesteuerten uwanderung führt, eine Regelung, die eine Perspektive ür die Menschen auf dem Arbeitsmarkt eröffnet und die icht in die Sozialkassen führt. Für CDU und CSU ommt nur eine Bleiberechtsregelung in Betracht, die umanität und Rechtsstaatlichkeit miteinander verbindet. ch darf Ihnen versichern: Daran arbeiten wir in der Koalion sehr zielorientiert und vor allem verantwortungsewusst jeden Tag, auch heute. Herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Olaf Scholz [SPD])


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1606329100

Das Wort hat der Kollege Hartfrid Wolff für die FDP-

raktion.


(Beifall bei der FDP)


Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP):
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dass die

undesregierung das Bleiberecht laut Presseberichten
un offenbar reformieren will – die IMK berät intensiv
arüber –, ist ein längst überfälliger Schritt. Ich begrüße
hn ausdrücklich.


(Beifall des Abg. Rüdiger Veit [SPD])


Lieber Herr Kollege Grindel, ich bin mir nicht ganz
icher, ob Sie immer die gleichen Vorlagen wie ich
elesen haben. Wir haben in diesem Hause die Bundes-
egierung immer wieder aufgefordert, sich endlich an die
ösung des Problems zu machen. Schon beim Zuwande-

ungskompromiss bestand eigentlich Einvernehmen, die
ettenduldungen abzuschaffen.


(Rüdiger Veit [SPD]: Das stimmt!)


s wird Zeit, dass das Gezerre – zuletzt leider die Blo-
kadehaltung von Arbeitsminister Müntefering; Herr
eit, reden Sie noch einmal mit ihm – ein Ende findet.


(Rüdiger Veit [SPD]: Nein!)


Der FDP-Entwurf zum Zuwanderungsgesetz enthielt
ereits eine Regelung, die mit den vorliegenden Gesetz-
ntwürfen vergleichbar ist. Wir sind uns in vielen Punk-
en einig: Wenn bei lange geduldeten, gut integrierten
usländern eine Abschiebung nicht mehr vertretbar ist,
uss dieser Tatsache durch eine vernünftige und un-

ürokratische Regelung Rechnung getragen werden.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Die Integrationsbereitschaft von Migranten hängt von
hrer persönlichen Perspektive in Deutschland ab. Wenn
in gesicherter Aufenthaltsstatus fehlt, wird selbst bei einer
ngeren Aufenthaltsdauer die Motivation für Integrations-
emühungen erschwert.


(Rüdiger Veit [SPD]: Richtig!)







(A) )



(B) )


Hartfrid Wolff (Rems-Murr)

Wer Integration fördern will, muss die Perspektiven für
den Aufenthalt verbessern. Integrationsleistungen müs-
sen auch belohnt werden.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Rüdiger Veit [SPD])


Arbeit ist ein entscheidender Integrationsfaktor. Der
Zusammenhang von Arbeitserlaubnis und Aufenthalts-
recht muss deshalb eine besondere Aufmerksamkeit
finden. Arbeit ermöglicht den Zuwanderern, finanziell
auf eigenen Beinen zu stehen, und fördert dadurch das
Selbstwertgefühl nicht nur des Berufstätigen, sondern
auch seiner Familienangehörigen. Sie ermöglicht soziale
Kontakte und schafft Akzeptanz in der Bevölkerung.
Das ist im Interesse der gesamten Gesellschaft.


(Beifall bei der FDP)


Ohne gleichberechtigten Arbeitsmarktzugang können
Zuwanderer sich nicht aus ihrer ökonomischen Abhän-
gigkeit befreien. Erwerbstätigkeit ist die Grundlage für
wirtschaftliche Eigenständigkeit.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Sehr richtig!)


Deshalb ist es notwendig, dass eine Aufenthaltserlaubnis
vorgesehen wird, die automatisch auch die Aufnahme ei-
ner Erwerbstätigkeit ermöglicht.

Besonderer Handlungsbedarf besteht darin, eine ge-
sicherte Lebensperspektive für die in Deutschland auf-
gewachsenen Kinder und Jugendlichen zu schaffen. Für
ausländische Kinder und Jugendliche muss in Deutsch-
land der Zugang zum Bildungssystem bestehen. Es kann
nicht sein, dass Jugendliche, die in Deutschland eine
Schullaufbahn beginnen, diese nicht abschließen dürfen.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Sehr richtig!)


Wir sind in einigen Punkten gegenüber Einzelrege-
lungen in den vorliegenden Gesetzentwürfen zugegebe-
nermaßen durchaus skeptisch. So findet die von uns ge-
forderte Mitwirkungspflicht im Vorschlag der Grünen
keine Berücksichtigung. Es ist aber sehr wohl relevant,
dass geduldete Ausländer die Behörden nicht täuschen
oder behindern, was ihren aufenthaltsrechtlichen Status
anbelangt. Wir hatten in unserem Vorschlag auch einen
seit mindestens sechs Jahren ununterbrochenen Aufent-
halt in Deutschland als Bedingung vorgesehen. Schließ-
lich ist es berechtigt, auch die Frage nach der Perspek-
tive eines gesicherten Lebensunterhaltes zu stellen.

Die große Schwierigkeit einer sinnvollen Bleibe-
rechtsregelung besteht darin, einerseits den unhaltbaren
Zustand der Kettenduldungen abzuschaffen, andererseits
die Zuwanderung nach Deutschland so zu steuern, dass
diese auch nachhaltige Akzeptanz bei den Bürgerinnen
und Bürgern findet. Auch hier muss die Integration die
Leitlinie sein.

Eine klare, nachvollziehbare Anwendung unseres
Aufenthaltsrechtes ist Bedingung für eine Integration
und Akzeptanz von Migranten. Gerade in diesem
Zusammenhang müssen wir endlich auch beim Problem
der so genannten Altfälle den Tatsachen ehrlich ins Auge
schauen. Aus Sicht der FDP muss die tatsächliche Inte-
gration das entscheidende Kriterium sein, nachgewiesen
durch eigenständigen Lebensunterhalt, deutsche Sprach-

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(C (D ompetenz und Akzeptanz im persönlichen sozialen mfeld – auch außerhalb der Migrantengesellschaft. Kollege Wolff, gestatten Sie eine Zwischenfrage der ollegin Dagdelen? Hartfrid Wolff Gerne. Herr Kollege, gestern hieß es in einer Tickermel ung – auch Sie haben das gerade erwähnt –, dass eine leiberechtsregelung von Kriterien wie einem gesicher en Lebensunterhalt abhängig gemacht werden muss. ie sollen aber Flüchtlinge, die nach § 39 Abs. 2 Auf nthaltsgesetz oder nach § 11 Beschäftigungsverfahrenserordnung nur einen nachrangigen Zugang zum rbeitsmarkt haben, einen gesicherten Lebensunterhalt orweisen können, wenn sie einem faktischen Arbeitserbot unterliegen? Hartfrid Wolff Eine Antwort darauf ist schnell gegeben: Das ist einer er wesentlichen Punkte, die jetzt mit verhandelt werden üssen. Wir müssen zu einer Abschaffung dieser Rege ung kommen. Aus meiner Sicht brauchen wir eine verünftige Regelung für eine Arbeitsmöglichkeit. Ich komme zum Schluss. Die FDP stimmt den vorlieenden Anträgen – auch denen der Linken – zu. (Clemens Binninger [CDU/CSU]: Den Wink mit den Linken haben wir verstanden!)


(Beifall bei der FDP)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1606329200
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1606329300

ir möchten damit vor allem das klare Signal setzen,
ass die Bundesregierung schnellstmöglich handeln und
ndlich eine sinnvolle Bleiberechtsregelung einbringen
uss. Frau Staatsministerin Böhmer, ich gehe davon

us, dass dies bald der Fall sein wird. Ich hoffe dies je-
enfalls.

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1606329400

Für die SPD-Fraktion hat der Kollege Rüdiger Veit

as Wort.


Rüdiger Veit (SPD):
Rede ID: ID1606329500

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ch möchte mich zunächst sowohl bei der Kollegin Ulla
elpke als auch bei dem Kollegen Josef Winkler ent-
chuldigen. Dass wir wegen der bereits seit 20.30 Uhr
nter anderem zu diesem Thema laufenden Verhandlun-
en im Innenministerium den Saal verlassen müssen, be-
or Sie geredet haben, ist sicherlich eine extreme Aus-
ahme. Ich bitte um Verständnis.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir fragen ab, ob das im Protokoll nachgelesen wurde!)







(A) )



(B) )


Rüdiger Veit
– So wollen wir es halten.

Sie haben mit Ihrem Bestehen darauf, Ihre Anträge
heute zu beraten, zugleich den geeignetsten – weil aku-
testen – und den ungeeignetsten Augenblick gewählt,
weil wir als Koalitionspartner angesichts der in der Tat
sowohl auf Bundesebene als auch im Rahmen der Vorbe-
reitung der Innenministerkonferenz intensiv geführten
Verhandlungen über das, was dabei vielleicht heraus-
kommt, nur wenig mehr sagen können als das, was Sie
ohnehin in den Medien schon haben nachlesen können.
Nun hat mir, anders als ich es gedacht hatte, der Rede-
beitrag des Kollegen Grindel ein wenig die Möglichkeit
genommen, ganz einschränkungslos die konstruktive At-
mosphäre der geführten Verhandlungen sowohl mit den
Politikern auf Berliner Ebene als auch mit den Innenmi-
nistern zu loben. Deshalb will ich das ein wenig selekti-
ver tun und sagen: Ich bin dankbar dafür, dass sowohl
der Herr Innenminister Wolfgang Schäuble als auch sein
Staatssekretär und natürlich Frau Böhmer in sehr kolle-
gialer, sehr ehrlicher und sehr engagierter Weise an die-
ses Thema herangehen.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Katrin GöringEckardt)


Ich habe gesagt, dass Sie auch den denkbar geeignets-
ten Zeitpunkt gewählt haben; denn diese sehr schwierige
Problematik steht gerade im Fokus der Öffentlichkeit.
Sie steht nicht nur im Fokus der Politik, sondern auch im
Fokus der Nichtregierungsorganisationen und der Kir-
chen. Ich persönlich bin froh darüber, dass wir uns die-
sem Thema in dieser Klarheit und Deutlichkeit widmen.
Vielleicht kommen wir ja noch zu einem Ergebnis, das
von allen Fraktionen hier im Haus mehr oder weniger
begrüßt wird.

Worum geht es? Wir haben in Deutschland circa
180 000 geduldete Menschen, die ausreisepflichtig sind.
Die Zahl ist deshalb nicht genau, weil viele, die in der
Statistik geführt werden, Deutschland bereits verlassen
haben. Auf der anderen Seite ist den Registervor-
schriften und leider auch der Praxis eigen, dass häufig
nur das Familienoberhaupt als Geduldeter erscheint,
während alle Familienangehörigen nicht gezählt werden.
Sie können also davon ausgehen, dass bei diesen An-
gaben ehrlicherweise Schwankungen von plus/minus
20 000 Menschen in Rede stehen.

Nach der Statistik hatten wir es hier zum Ende des
Jahres 2005 mit 47 522 Kindern im Alter bis 15 Jahren
– sind fast 50 000 – und 11 183 Jugendlichen im Alter
zwischen 15 und 18 Jahren zu tun. Wir reden also auch
– das sollte die Herangehensweise an diese Problematik
befruchten – über die Perspektive und das Schicksal von
mindestens einer mittelgroßen deutschen Stadt voller
Kinder und Jugendlicher. Sie haben jetzt keine Perspek-
tive; sie sitzen mit ihren Eltern auf den Koffern. Sie kön-
nen nicht ohne weiteres eine Lehrstelle antreten. Mögli-
cherweise können sie ihren Schulabschluss nicht
vernünftig zu Ende bringen.

Warum ist es dazu gekommen? Wir hatten nach altem
Recht die in meinen Augen nicht einleuchtende Rege-
lung, dass jeder, der in Deutschland geboren wird, bzw.

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(C (D ie Eltern für einen heranwachsenden Jugendlichen Anräge auf Anerkennung als Flüchtling oder Asylberechigten stellen können, selbst wenn sie keinerlei Aussicht uf Erfolg haben. Das hat natürlich dazu geführt, dass amilien, wenn sie nicht auseinander gerissen wurden, o lange hier geblieben sind, bis alle Verfahren abgeareitet waren. Diesen auch nach meiner Ansicht eigentich unsinnigen Zustand haben wir mit In-Kraft-Treten es Zuwanderungsgesetzes am 1. Januar 2005 endlich eseitigt. Wir dürfen den Betreffenden jetzt aber bitte schön icht vorhalten, dass sie ein ihnen vorher von uns, nämich dem Gesetzgeber, eingeräumtes Recht missbraucht ätten. Nein, sie haben es richtigerweise und verantworungsvoll gebraucht, was man ihnen nicht vorwerfen arf. Es wäre eigentlich unsere Pflicht gewesen – da timme ich mit einigen Vorrednern überein –, im Rahen des Zuwanderungskompromisses eine Altfalloder bergangsregelung zu schaffen, um ein für alle Mal larzustellen: Wer aufgrund unseres Rechts so lange hier eblieben ist, hat die Chance und die Berechtigung, dass ein weiterer Verbleib und der seiner Familie in Deutschand geprüft wird. Dazu ist es leider nicht gekommen. Ich könnte Ihnen ie Ursachen nennen; ich will das aber jetzt bewusst icht tun, und dies nicht nur aus Gründen der Redezeit. icht immer ist die Verantwortung ganz klar zwischen en Parteien verteilt. Richtig ist auch, dass wir mit der Neufassung des § 25 es Aufenthaltsgesetzes das Elend der Kettenduldunen weitestgehend abschaffen wollten. Wir wollten daür sorgen, dass die betroffenen Menschen und ihre Failien in Deutschland eine klare Perspektive haben, hier rbeiten und ihre Familie ernähren und die Kinder die chulausbildung abschließen und dergleichen Dinge ehr tun können. (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dass sie Deutsch lernen können!)


as ist leider nicht in dem Maße gelungen, wie das der
esetzgeber gewollt hat. Auch die Ursachen hierfür sind
ielfältig.

Ich meine daher, dass es jetzt wirklich allerhöchste
eit ist, sich dieses Themas anzunehmen. Da gibt es im
rinzip unter anderem den Weg über einen Beschluss der
nnenministerkonferenz, die bekanntermaßen am Don-
erstag und Freitag nächster Woche tagt. Dazu sage ich:
ach all dem, was ich bisher darüber weiß, sind nach
em Prinzip „kleinster gemeinsamer Nenner“ die Siebe
o eng gestellt, dass kein großer Wurf mehr gelingen
ann, weil von vornherein klar ist: Die Mehrheit der Be-
roffenen wird sicherlich nicht einmal annähernd poten-
iell begünstigt werden können.

Wenn man sich jetzt vor Augen führt, dass selbst die
änderinnenminister von der Union und andere CDU/
SU-Kollegen sagen, dass wir von den über
00 000 Geduldeten allenfalls 10 Prozent oder, wenn
ir Glück haben – ich habe es noch wörtlich im Ohr –,
0 Prozent mittelfristig auf Dauer aus Deutschland ab-
chieben können, dann wird doch klar, dass wir uns die-






(A) )



(B) )


Rüdiger Veit
ses Problems endlich annehmen müssen, und zwar in ei-
ner Weise, dass dieser Schwebezustand, der für alle
Beteiligten unbefriedigend und vor allen Dingen unter
dem humanitären Gesichtspunkt in höchster Weise an-
greifbar ist, beseitigt wird.


(Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wenn jetzt beispielsweise Bischof Huber und Kardi-
nal Lehmann an die Innenminister appellieren, es müss-
ten Kriterien gefunden werden, die von den Betroffenen
auch erfüllt werden können, Staatsangehörige bestimm-
ter Länder dürften nicht ausgenommen werden und
ganze Familien dürften nicht deswegen abgeschoben
werden, weil sich vielleicht einzelne Teile dieser Familie
– und seien es die Eltern – falsch verhalten hätten, und
sie darüber hinaus fordern, über eine Änderung des § 25
Abs. 5 des Aufenthaltsgesetzes sei für die Zukunft mög-
lichst eine Beseitigung der Kettenduldungen zu errei-
chen, dann kann ich ihnen darin nur allumfänglich zu-
stimmen.

Ich will auf ein Problem zu sprechen kommen, das
Herr Wolff angesprochen hat; denn da gerät die Verant-
wortung durcheinander. – Herr Kollege Wolff, ich unter-
breche Sie ungerne in Ihrem Dialog mit dem Kollegen
Thiele; aber ich möchte versuchen, Ihnen eine Aufklä-
rung zu geben. – Es ist fälschlicherweise der Eindruck
erweckt worden, es sei der sozialdemokratische Arbeits-
minister, der einer großzügigen Bleiberechtsregelung
wegen seiner nicht verständlichen Hartherzigkeit entge-
genstehe. Das ist so nicht richtig. In jeder entsprechen-
den Altfallregelung der Vergangenheit wurde davon ge-
sprochen, dass die Betroffenen eine Aufenthaltserlaubnis
erhalten. Daraus folgt dann nach § 9 der Beschäfti-
gungsverfahrensverordnung automatisch ihr unbe-
schränkter Zugang zum Arbeitsmarkt. Jetzt waren es lei-
der die Länderinnenminister von der Union, die gesagt
haben: Wir wollen aber denjenigen, die heute noch keine
Arbeit haben, keine Aufenthaltserlaubnis für zwölf Mo-
nate geben.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Das waren auch die SPD-Innenminister!)


– Sprechen Sie mich bitte nicht auf die SPD-Innenminis-
ter und -Senatoren an!


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Stegner und Körting genauso!)


Dann müsste ich ein überparteilich unfreundliches Wort
sagen. Diese Andeutung soll ausreichen.


(Lachen bei der FDP)


Seit ungefähr zwölf Wochen sind wir dabei, festzule-
gen, dass die Duldung für zwölf Monate erst einmal aus-
reichen muss. In dieser Zeit sollen sich die Betroffenen
eine Arbeit suchen. Dafür brauchen sie dann eine Son-
derregelung des Arbeitsministers im Rahmen der
Beschäftigungsverfahrensverordnung. Das haben nicht
wir erfunden. Ich sage es noch einmal: Ich bin überhaupt
nicht begeistert. Denn derjenige, der aufgrund seiner Un-
terqualifikation sowieso Schwierigkeiten hat, auf dem

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(C (D eutschen Arbeitsmarkt einen Job zu finden, der hat naürlich noch größere Schwierigkeiten, wenn er seinem rbeitgeber nur eine Duldung und keine Aufenthaltser aubnis vorweisen kann. Das ist eine ganz große chwachstelle, die jetzt allerdings von allen Länderinenministern erkannt worden ist. (Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Wenigstens das haben wir geklärt!)


as ist ein großes Problem und das haben wir jetzt ge-
lärt. Aber zufrieden bin ich damit nicht.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Das müsst ihr aber intern klären!)


Ich bin auch mit einer ganzen Reihe anderer Regelun-
en, die vorgesehen sind, überhaupt nicht zufrieden. So
ind die Mindestverweildauern von sechs Jahren für Fa-
ilien und von acht Jahren für Alleinstehende viel zu

och.

Man sollte sich vor Augen führen, welche Situation
intreten kann, wenn man bei der Frage der Bestreitung
es Lebensunterhalts keine Ausnahmen zulässt: Ein
amilienvater, der hoch motiviert, fleißig und zu Über-
tunden bereit ist, aber keinen gut qualifizierten Job hat,
eil er einen solchen Job gar nicht bekommen kann, und
ielleicht nur 1 400 oder 1 500 Euro im Monat nach
ause bringt, ist gar nicht in der Lage, allein davon den
amilienunterhalt für sich und seine zwei, drei oder vier
inder zu bestreiten. Daraus folgt: Wenn die Regelung

atsächlich wirken soll, muss sichergestellt werden, dass
er Bezug ergänzender Hilfe zum Lebensunterhalt oder
on ALG II einen Verbleib in der Bundesrepublik nicht
efährdet.

Es gäbe noch sehr viel zu sagen. Es ist zu erwarten,
ass die Innenministerkonferenz die Siebe zu eng stellt;
eine Kritik daran habe ich verdeutlicht. Sie können si-

her sein: Die Sozialdemokraten werden sich redlich be-
ühen, den IMK-Beschluss zu beeinflussen, und sich
eiterhin bei der Klärung der Frage, wie man eine ver-
ünftige Altfall- und Bleiberechtsregelung gesetzlich fi-
ieren kann – das ist eine Alternative, die verschiedent-
ich angesprochen wurde –, engagieren. Damit wir das
leich tun können, begeben wir uns nun zum Kollegen
chäuble in den Sitzungssaal. Ich bitte um Verständnis.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1606329600

Herr Kollege!


Rüdiger Veit (SPD):
Rede ID: ID1606329700

Frau Präsidentin, ich bedanke mich für Ihre Geduld.


(Beifall bei der SPD und der FDP sowie des Abg. Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1606329800

Gern geschehen.

Ich rufe die Kollegin Ulla Jelpke von der Fraktion Die
inke auf.


(Beifall bei der LINKEN)







(A) )



(B) )


Ulla Jelpke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1606329900

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe

Kolleginnen und Kollegen! Ein weiteres Mal diskutieren
wir hier im Bundestag über Vorschläge zur Abschaffung
der Kettenduldungen. Spätestens die diskutierten Eck-
punkte für eine so genannte Bleiberechtsregelung – Kol-
lege Veit hat sie schon angesprochen – offenbaren, dass
es wohl ein weiteres Mal zu keiner Lösung kommt. Die
Hoffnungen von fast 200 000 betroffenen Flüchtlingen
und Migranten, von denen übrigens mehr als 50 000 seit
zehn Jahren oder länger in Deutschland leben, werden
wieder einmal bitter enttäuscht. Schon der Titel des Ta-
gesordnungspunktes der Innenministerkonferenz verrät
alles:

Bleiberecht für im Bundesgebiet wirtschaftlich und
sozial integrierte ausreisepflichtige ausländische
Staatsangehörige

Der bayerische Innenminister Beckstein hat schon an-
gekündigt, dass höchstens 50 000 unter diese Regelung
fallen werden. Diese Zahl ist meiner Meinung nach sehr
geschönt; auch Pro Asyl vertritt diese Meinung. Bisher
konnte nicht einmal die Bundesregierung die Anfrage,
wie viele Menschen mit Duldung eine Arbeitserlaubnis
besitzen, beantworten. Mit anderen Worten: Erst legt
man diesen Menschen alle möglichen Steine in den Weg
und erschwert damit ihre Integration; dann schiebt man
sie mit der Begründung, dass sie sich nicht integriert hät-
ten, ab. Was ist das für eine Logik?

Die Hardliner in der Union tun sich immer wieder mit
Äußerungen hervor, die an Zynismus nicht zu überbieten
sind. Kollege Grindel hat nicht nur im Ausschuss, son-
dern soeben auch hier gesagt, ein Bleiberecht müsse mit
erbrachten Integrationsleistungen erkauft werden. Doch
wie soll soziale Integration aussehen, wenn über Ar-
beitsverbote und eine Residenzpflicht der Weg in den
Arbeitsmarkt systematisch verbaut wird? Wie sollen
Sprachkenntnisse erworben werden, wenn es für viele
keine entsprechenden Angebote, sondern vor allen Din-
gen Ausgrenzung gibt? Ich frage Sie: Würden Sie sich in
eine Gesellschaft integrieren, deren führende Politiker
Sie immer wieder als Sozialschmarotzer, als Kriminelle
und als Bedrohung darstellen? – Das würden Sie doch
wohl nicht tun!

Es geht den Innenministern nicht wirklich um die Ab-
schaffung der Kettenduldung; von Bleiberecht kann gar
keine Rede sein. Es geht um eine Altfallregelung, zu der
viele der Betroffenen gar keinen Zugang haben. Sie be-
sitzen sogar noch die Frechheit, in Ergänzung zu einer
völlig inhumanen Regelung weitere Verschärfungen auf
den Weg zu bringen.

So soll die Abschiebepraxis weiter verschärft wer-
den: Gesetzlich legitimiert sollen Menschen demnächst
ohne Vorankündigung nachts von der Polizei aus den
Betten gezerrt und zum Flughafen verschleppt werden
können. – Die Befristung für den Bezug der eh schon re-
duzierten Sozialleistungen soll aufgehoben werden.
Demnach werden Menschen in diesem Land demnächst
zehn oder 15 Jahre lang mit Leistungen auskommen
müssen, die weit unter dem Existenzminimum liegen.

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(C (D Umso erstaunlicher ist, welche Integrationsleistungen igranten dennoch erbringen. Damit Sie von der Union ir folgen können, stelle ich Ihnen beispielhaft die Brü er Kalanawi vor – Sie können dies der „FAZ“ vom ienstag entnehmen –: Die beiden leben seit acht Jahren n Deutschland. Einer ist Schulsprecher an seinem Gymasium. Er wird durch die Altfallregelung der IMK falen. Er macht gerade sein Abitur und möchte danach edizin studieren. Da er seinen Lebensunterhalt nicht inanzieren kann, wird dieser Mensch von Ihnen abgechoben. Ein anderes Beispiel ist ein 18-jähriger Kosovo-Albaer, der mit sechs Jahren nach Deutschland kam. Er flegt seinen Vater, für den er gerichtlich bestellter Bereuer ist. Nun soll er in ein Land abgeschoben werden, essen Sprache er nicht spricht. Was für eine Politik mahen Sie? Das sind Menschen, die schon lange hier leen. Ich finde, das ist ein Skandal. (Beifall der Abgeordnete Petra Pau [DIE LINKE])



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1606330000

Frau Kollegin, Sie müssen bitte zum Schluss kom-

en.


Ulla Jelpke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1606330100

Diese Politik ist menschenunwürdig und inhuman.

ieses seit Jahren andauernde Geschachere der Innen-
inister muss meines Erachtens ein Ende haben.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


eswegen haben wir keine Altfallregelung vorgelegt,
ondern einen Gesetzentwurf, aufgrund dessen den Men-
chen, die mindestens fünf Jahre in Deutschland leben,
in Bleiberecht eingeräumt wird. Es bietet ihnen die
öglichkeit, sich hier mit ihren Familien wirklich nie-

erzulassen.

Danke schön.


(Beifall bei der LINKEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1606330200

Das Wort hat Josef Winkler für Bündnis 90/Die Grü-

en.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen!

a Herr Grindel schon gehen musste, will ich nicht alle
eine Falschinformationen einzeln aufgreifen.


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Wir nehmen die Kritik für ihn entgegen!)


uf eine, die mich besonders geärgert hat, will ich am
nfang meiner Rede aber doch kurz eingehen. Von un-

erer gesetzlichen Regelung sind – darauf habe ich schon
m Ausschuss hingewiesen – keine Ausländer betroffen,
ie schwerste Straftaten begangen haben.


(Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Richtig!)







(A) )



(B) )


Josef Philip Winkler
Das hat er hier am Rednerpult eben behauptet. Im Ge-
setzentwurf ist klar enthalten, dass Menschen, bei denen
Ausweisungstatbestände vorliegen, nicht unter diese Re-
gelung fallen. Das war ein Fall von Desinformation.


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Ich werde es ihm ausrichten! – Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Propaganda war das!)


Herr Grindel hat viele Fehler vorgetragen. Scheinbar
hat er nicht den Gesetzentwurf, sondern irgendeine Pres-
semitteilung von Otto Schily aus dem Jahre 1986 gele-
sen.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP – Hartfrid Wolff [RemsMurr] [FDP]: Da war er noch bei den Grünen!)


– Das weiß ich. Ich bin froh, dass Sie mir zuhören. Of-
fensichtlich kommen meine Scherze hier gut an.


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Was man von der Rede nicht behaupten kann!)


Das Vorgehen der Länderinnenminister ist bei weitem
nicht so amüsant wie die Stimmung in diesem Raum.
Offensichtlich überbieten sie sich gegenseitig darin, so
wenig Menschen wie möglich von der Bleiberechtsrege-
lung profitieren zu lassen. Das ist, wie ich finde, ein
Skandal.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Werte Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU,
es liegt schon eine gewisse Ulkigkeit darin, wenn ausge-
rechnet Sie dem Arbeitsminister Müntefering vorwerfen,
er wäre derjenige, der eine sinnvolle Regelung zum Blei-
berecht verhindere. Er fordert von Ihnen die Durchset-
zung der Regelung, die Minister Schäuble und andere
Innenminister von der Union in den zurückliegenden
Jahrzehnten praktiziert haben. Er sagt nämlich: Die Dul-
dung soll nicht verlängert werden – das ist auch nicht
sinnvoll, weil es sich nicht um einen rechtmäßigen Auf-
enthalt handelt –, vielmehr soll ein rechtmäßiger Auf-
enthaltsstatus mit gleichrangigem Arbeitsmarktzugang
gewährt werden. Was Sie Herrn Müntefering jetzt vor-
werfen, müssten Sie Herrn Schäuble nachträglich für das
vorwerfen, was er 1990 gemacht hat. Deswegen sage ich
in diesem Zusammenhang aus ganzem Herzen:
Müntefering, wir stehen an deiner Seite!


(Beifall des Abgeordnete Florian Pronold [SPD])


Kardinal Karl Lehmann und Bischof Huber haben
heute die Unionsparteien, insbesondere die Länderin-
nenminister, noch einmal mit Verve aufgefordert – das
ist eben schon gesagt worden; das ist richtig –, ihre Blo-
ckadehaltung aufzugeben. Sie haben in aller Schärfe da-
rauf hingewiesen, dass es hier um Menschenschicksale
geht. Es geht nicht darum, dass irgendwelche Verbrecher
nicht abgeschoben werden können.


(Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Richtig!)


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(C (D s sind meist Familien, es sind fast 100 000 Kinder und ugendliche. Da kann man nicht immer mit der Sozialissbrauchskeule kommen. Die Kinder und Jugendli hen können noch nicht arbeiten und die Eltern haben in er Regel keine Arbeitserlaubnis. Also bitte, hören Sie uf mit dieser Propaganda und machen Sie etwas für iese Menschen! (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abgeordnete Hartfrid Wolff [RemsMurr] [FDP])


Wir fordern, dass die Begünstigten keine Verlänge-
ung ihrer Duldung bekommen, sondern eine Aufent-
altserlaubnis. Wir finden, dass ein Bleiberecht nicht
avon abhängig gemacht werden soll, dass die Begüns-
igten dieser Regelung in einem dauerhaften Beschäfti-
ungsverhältnis stehen, wie es vonseiten einiger Uni-
nsinnenminister vorgetragen wird. Das macht keinen
inn. Sie wissen genau: Wenn man geduldet wird, hat
an Residenzpflicht, man darf seinen Landkreis bzw.
usländeramtsbezirk nicht verlassen. Es ist deshalb gar
icht möglich, als Fahrer bei einer Spedition zu arbeiten
der als Bauarbeiter. Frau Jelpke hat es bereits gesagt:
rst tut man alles, um Hürden aufzustellen, die eine Ar-
eitsaufnahme verhindern, und dann sagt man: Ihr habt
icht gearbeitet und bezieht Sozialleistungen. Jetzt
üsst ihr raus hier. – So geht es nicht, meine Damen und
erren.

Das Gleiche gilt für die Deutschkenntnisse. Als Ge-
uldeter hat man keinen Anspruch auf Deutschkurse.
ollen diese Leute von ihrem Geld – Sozialhilfesatz mi-
us ein Drittel minus 15 Jahre fehlende Erhöhungen –
ür 100 Euro aus eigener Tasche bei der Volkshoch-
chule einen Deutschkurs belegen? Wenn ich jeden Tag
on Abschiebung bedroht wäre und damit rechnen
üsste, dass die Polizei vor der Tür steht und mich nebst
indern in mein womöglich im Bürgerkrieg befindliches
eimatland abschiebt, hätte ich Besseres zu tun, als
ich zu integrieren, indem ich bei der Volkshochschule

inen Deutschkurs belege, den ich auch noch selbst be-
ahlen muss.

Ich komme zum Schluss. Was schon gar nicht geht,
st, dass man sagt: Ihr dürft bleiben, aber dann wird das
sylbewerberleistungsgesetz dauerhaft für euch gelten.
as heißt, ihr bekommt ein Drittel weniger als der letzte
ozialhilfeempfänger in diesem Land, und das lebens-

änglich. – So etwas, Herr Schäuble, machen wir nicht
it. Wenn Sie einer solchen Regelung zustimmen, finde

ch das überhaupt nicht christlich.

Sie wissen, wie die Lage im Irak ist. Herrn Beckstein
st es ja besonders wichtig, dafür zu sorgen, dass alle

enschen, die aus dem Irak kommen, generell von die-
er Regelung ausgeschlossen werden. Das haben heute
ie katholische und die evangelische Kirche


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1606330300

Herr Kollege, Sie müssen bitte zum Schluss kommen.






(A) )



(B) )


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


– ich bin beim letzten Satz – und der Hohe Kommis-
sar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge heftig abge-
lehnt. Wir schließen uns dem an.

Danke.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1606330400

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den von der Frak-
tion Die Linke eingebrachten Entwurf eines Zweiten Ge-
setzes zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes und ande-
rer Gesetze auf Drucksache 16/369. Der Innenausschuss
empfiehlt unter Nr. 1 seiner Beschlussempfehlung auf
Drucksache 16/2563, den Gesetzentwurf abzulehnen. Ich
bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wol-
len, um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltun-
gen? – Der Gesetzentwurf ist abgelehnt mit den Stimmen
der Koalition gegen die Stimmen der Fraktionen Die
Linke und der FDP bei Enthaltung von Bündnis 90/
Die Grünen. Damit entfällt nach unserer Geschäftsord-
nung die weitere Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung über den von der Frak-
tion des Bündnisses 90/Die Grünen eingebrachten Ent-
wurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Aufent-
haltsgesetzes (Altfall-Regelung) auf Drucksache 16/218.
Der Innenausschuss empfiehlt unter Nr. 2 seiner Be-
schlussempfehlung auf Drucksache 16/2563, den Ge-
setzentwurf abzulehnen. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das Handzeichen. –
Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist der Gesetz-
entwurf abgelehnt mit den Stimmen der CDU/CSU und
der SPD gegen die Stimmen der Fraktionen des Bünd-
nisses 90/Die Grünen, der FDP und der Linken. Nach
unserer Geschäftsordnung entfällt auch hier die weitere
Beratung.

Zusatzpunkt 6 b. Beschlussempfehlung des Innenaus-
schusses auf Drucksache 16/2563 zu dem Antrag der
Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen mit dem Titel
„Kettenduldungen abschaffen“. Der Innenausschuss
empfiehlt unter Nr. 3 seiner Beschlussempfehlung, den
Antrag auf Drucksache 16/687 abzulehnen. Wer stimmt
für diese Beschlussempfehlung? – Gegenstimmen? –
Enthaltungen? – Damit ist die Beschlussempfehlung mit
den Stimmen der Koalition gegen die Stimmen der Oppo-
sition angenommen.

Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 15 auf:

– Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Än-
derung kraftfahrzeugsteuerlicher Vorschrif-
ten auch hinsichtlich der Wohnmobilbesteue-
rung

– Drucksache 16/519 –

– Zweite und dritte Beratung des von den Abgeord-

(Bayreuth)


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(C (D ten und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes – Drucksache 16/473 – a)

schusses (7. Ausschuss)


– Drucksache 16/3314 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Patricia Lips
Florian Pronold
Frank Schäffler

b) Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss)

gemäß § 96 der Geschäftsordnung

– Drucksache 16/3316 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Jochen-Konrad Fromme
Carsten Schneider (Erfurt)

Otto Fricke
Dr. Gesine Lötzsch
Anja Hajduk

Hierfür ist zwischen den Fraktionen eine Debatte von
iner halben Stunde verabredet worden. – Dazu höre ich
einen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Als Erster hat der Kollege
lorian Pronold das Wort.


Florian Pronold (SPD):
Rede ID: ID1606330500

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Mit dem heutigen Beschluss beenden wir eine
ängepartie von eineinhalb Jahren für die Besitzerinnen
nd Besitzer von Wohnmobilen. Seit langem wissen die
etroffenen, dass es zu einer Änderung der Besteuerung
ommen wird. Es ist wichtig, dass sie jetzt Rechtssicher-
eit bekommen.


(Zuruf von der FDP: Die Leute wissen jetzt, dass sie mehr bezahlen müssen!)


Nach langen Debatten zwischen Bund und Ländern
aben wir einen tragfähigen Kompromiss gefunden,
uch wenn wir von der SPD-Fraktion uns anderes ge-
ünscht haben. Zu Beginn dieser Debatte haben wir und
brigens auch das damals noch SPD-regierte Land Nord-
hein-Westfalen Anträge eingebracht, mit denen wir auf
einerlei Steuererhöhungen für die Wohnmobilbesitzer
bgezielt haben.


(Martin Zeil [FDP]: Richtiger Weg!)


Als wir unter Rot-Grün einen Gesetzentwurf einge-
racht haben, um die Luxusgeländewagen höher zu be-
teuern, haben uns die Länder unter der Führung des
reistaates Bayern zugesagt, eine Ausnahmeregelung
u schaffen, damit es zu keiner höheren Besteuerung der
ohnmobile kommt.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Bedenke das Ende!)


u dieser Regelung kam es nicht. Damit gibt es seit ein-
inhalb Jahren ein gültiges Recht, das von den Ländern






(A) )



(B) )


Florian Pronold
nicht angewendet worden ist. Stattdessen wurden vorläu-
fige Steuerbescheide auf Basis des ganz alten Rechts er-
lassen. Das hat für die Verhandlungen hier zu einer sehr
schwierigen Situation geführt.

Gemessen an dem, was im Gesetz normiert ist, haben
wir es geschafft, eine Reduzierung der Steuerlast um
20 Millionen Euro zu vereinbaren. Gleichwohl kommt
es zu einer deutlichen Steuererhöhung für die Wohnmo-
bilbesitzer.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Das ist der Punkt!)


– Es ist schön, dass insbesondere die FDP das kritisiert.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Richtig!)


Warum? Das Land Nordrhein-Westfalen hat, als es noch
SPD-regiert war, im Bundesrat einen Antrag einge-
bracht, um diese zusätzliche Besteuerung zu verhindern.
Als die Regierung in Nordrhein-Westfalen gewechselt
hat – wenn mich nicht alles täuscht, sind Sie an der
neuen Regierung beteiligt –,


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Sie jedenfalls nicht!)


haben Sie umgeschwenkt und wollten die Besitzer von
Wohnmobilen zur Kasse bitten.


(Beifall bei der SPD)


Deswegen ist es besonders verlogen, wenn Sie sich hier
als Retter der Wohnmobilbesitzer aufspielen, während
Sie sich in Nordrhein-Westfalen als Raubritter betätigen.
Das muss man hier in aller Deutlichkeit sagen.


(Beifall bei der SPD)


Wir haben uns bemüht, auf Basis des Vorschlags des
ADAC eine vernünftige Lösung zu finden. Dies endete in
einem eigenen Wohnmobiltarif. Bei der Besteuerung
von Wohnmobilen bis zu 2,8 Tonnen wurde so eine deut-
liche Verbesserung erreicht; das kann man hier einmal
festhalten. Trotzdem bleibt es dabei – das kann man nicht
leugnen –, dass es durch die Komponenten Gewichts-
klasse und Schadstoffausstoß für viele Wohnmobilbesit-
zer zu Steuererhöhungen kommt, die wir so nicht wollten.
Im politischen Geschäft ist es aber oft so, dass man sich
zum Schluss auf einen Kompromiss einigen muss.

In diesem Zusammenhang kann man aber darauf hin-
weisen, dass es für die Betroffenen eine Möglichkeit
gibt, diesen Steuererhöhungen aus dem Weg zu gehen
– das ist von vielen auch schon angekündigt worden –,
indem man die Wohnmobile nur noch für den Zeitraum
anmeldet, in dem man sie nutzt. Dadurch werden die
Steuereinnahmen vielleicht nicht so hoch ausfallen, wie
es diejenigen erwarten, die diese Regelung miteinander
verhandelt haben.

Ich glaube trotz allem, dass die Eckpunkte des gefun-
denen Kompromisses richtig sind. Nun gibt es einen ein-
heitlichen Wohnmobiltarif, der auf die Kriterien Ge-
wicht und Schadstoffausstoß zielt. Damit schlagen wir
den richtigen Weg ein. Wir haben eine dauerhafte und
vernünftige Regelung gefunden, die auch vom ADAC
vorgeschlagen worden ist.


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(C (D (Abg. Frank Schäffler [FDP] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


Herr Schäffler, Sie können Ihre Frage gerne am Ende
einer Rede stellen.

Ich komme zum Schluss. Wir wollten eine bessere
egelung für die Wohnmobilbesitzer schaffen. Das war

n der Situation, in der wir uns befunden haben, nicht
öglich. Dass sich jetzt aber gerade die FDP zu Wort
eldet und sich als Retter aufspielt, wundert mich. Denn

s wäre schön gewesen, wenn sie in den Landesregierun-
en, an denen sie beteiligt ist, tatsächlich etwas in diese
ichtung unternommen hätte.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1606330600

Herr Kollege, ich nehme an, dass das nicht bereits

hre Antwort auf die noch zu stellende Zwischenfrage
ar, sondern dass Sie die Frage gern zulassen möchten.


Florian Pronold (SPD):
Rede ID: ID1606330700

Ich wollte heute eigentlich früher fertig werden.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Wenn man so anfängt, kann man nicht so schnell fertig werden! – Heiterkeit)


ber bitte schön.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1606330800

Bitte schön, Herr Kollege Schäffler.


Frank Schäffler (FDP):
Rede ID: ID1606330900

Kollege Pronold, Sie haben gesagt, dass es sich bei

er von Ihnen getroffenen Regelung um einen Kompro-
iss handelt. Wer hat diese Steuererhöhungen im Rah-
en Ihrer Diskussionen denn befürwortet?


Florian Pronold (SPD):
Rede ID: ID1606331000

Wie ich Ihnen geschildert habe, waren die Wohnmo-

ile in der bestehenden Rechtslage nicht ausgenommen.
ir haben versucht, das zu ändern. Darüber haben wir
it den Ländern lange Verhandlungen geführt. Wir ha-

en es geschafft, die ursprüngliche Größenordnung der
teuererhöhungen von 70 Millionen Euro auf 50 Millio-
en Euro zu reduzieren. Wir wollten zwar mehr errei-
hen, aber das ist uns nicht gelungen. Wenn uns die FDP
m Bundesrat unterstützt hätte, würden wir heute viel-
eicht über ein anderes Ergebnis reden.


(Beifall bei der SPD)


Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit und freue
ich auf die anstehenden Debatten.


(Beifall bei der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1606331100

Das Wort hat der Kollege Schäffler für die FDP-Frak-

ion.


(Beifall bei der FDP – Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Jetzt kommt endlich die Wahrheit auf den Tisch!)







(A) )



(B) )


Frank Schäffler (FDP):
Rede ID: ID1606331200

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Die FDP-Fraktion ist gegen die von der Koali-
tion vorgeschlagene drastische Steuererhöhung bei
Wohnmobilen. Wir haben deshalb bereits im Januar die-
ses Jahres den vorliegenden Gesetzentwurf eingebracht,
in dem klargestellt wird, dass es im Hinblick auf Wohn-
mobile bei der Besteuerung nach Gewicht bleibt. Das
war in diesem Hause immer unsere Haltung,


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Richtig!)


die wir schon in der letzten Wahlperiode in einem ent-
sprechenden Antrag deutlich gemacht haben. Dies ist im
Sinne des Vertrauensschutzes für die Bürger die einzig
sinnvolle Regelung.


(Beifall bei der FDP)


Ausgangspunkt war – das haben Sie richtigerweise
gesagt –, dass die Privilegien für schwere Geländewagen
abgeschafft werden sollten. Der rot-grüne Gesetzge-
bungsmurks hat allerdings dazu geführt, dass auch die
Besteuerung von Wohnmobilen in die Diskussion geriet.
Schwarz-Rot greift diesen Faden nun auf und will zu-
sätzliche Einnahmen in Höhe von 50 Millionen Euro
durch Steuererhöhungen für Wohnmobile erzielen.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Aber vernünftig gestaffelt, Herr Kollege!)


Dies tun Sie allerdings, wie üblich, nicht zu publi-
kumswirksamer Zeit, sondern kurz vor 22 Uhr. Aber
auch die späte Stunde wird Sie nicht von der Aufmerk-
samkeit der Wohnmobilisten verschonen. Wir alle haben
zahlreiche Zuschriften erhalten und die entsprechenden
Internetseiten gelesen. In den Schlagzeilen heißt es:
„Wir werden diesen Steuerwucher nicht mitmachen!“
oder: „Letzter Urlaub mit dem Wohnmobil?“. Diese Äu-
ßerungen – das wird Sie nicht wundern – stammen von
unserem Kollegen Florian Pronold.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Jetzt kommt es raus! – Weitere Zurufe von der FDP: So ist das also! Aha! – Ach nein!)


Er hat auch erklärt:

Ich hoffe, dass sich die Union im Bundestag von ih-
ren raffgierigen Kollegen Faltlhauser und Co. dis-
tanziert und mit uns gemeinsam die Wohnmobile
von Steuererhöhungen ausnimmt.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Bei den Jusos gab es ja schon immer eine Doppelstrategie! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU: Na, so etwas! – Das kann ich mir ja gar nicht vorstellen! – Das kann doch wohl nicht wahr sein!)


Dieses Zitat stammt vom 17. März 2006. Das ist also
noch gar nicht so lange her.

Ich will Florian Pronold noch einmal zitieren – dieses
Zitat liegt allerdings schon etwas länger zurück; es
stammt vom 8. Juli 2005 –:


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Das liegt aber wirklich lange zurück!)


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(C (D Nach der Bundestagswahl wollen Faltlhauser und seine Kollegen dann bei den Wohnmobilen abkassieren – mit bis zu zehnmal höheren Steuern. In seinem steuerpolitischen Raubrittertum nimmt Faltlhauser dabei weder auf die Camper Rücksicht noch auf den Tourismus in Bayern. Die Wohnmobilbesitzer verbringen einen Sommer der Ungewissheit, im Herbst folgt dann das böse Erwachen. as müssen Sie sich heute vorhalten lassen. Wer sich ber Jahre populistisch als Verteidiger der Wohnmobilisen darstellt, der muss an dieser Stelle Farbe bekennen nd kann sich nicht in die Furche zurückziehen. (Beifall bei der FDP – Klaus Brähmig [CDU/ CSU]: Die FDP ist auch nicht unschuldig!)


(Heiterkeit und Beifall bei der FDP)


as lassen wir Ihnen auch nicht durchgehen.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1606331300

Sie unterbrechen schon Ihre Rede. Möchten Sie eine

wischenfrage von Herrn Pronold zulassen?


(Zuruf von der FDP: Herr Pronold will erklären, dass er uns zustimmt!)



Frank Schäffler (FDP):
Rede ID: ID1606331400

Ich habe noch einige Zitate. Insofern kann ich meine

ede noch ergänzen.


Florian Pronold (SPD):
Rede ID: ID1606331500

Gern. – Sind Sie erstens bereit, zur Kenntnis zu neh-

en, dass in dem ursprünglichen Gesetzentwurf, der
eute nicht mehr Gegenstand der Beratung ist, Erhöhun-
en der Kfz-Steuer für Wohnmobile bis zu 1 000 Prozent
orgesehen waren, dass sich dieser Rahmen deutlich
ermindert hat und dass wir eine gerechtere Besteuerung
inbekommen haben?


Frank Schäffler (FDP):
Rede ID: ID1606331600

Nein, das nehme ich nicht zur Kenntnis.


(Beifall bei der FDP)


enn Sie wollen mit dem Gesetzentwurf über
00 000 Wohnmobilisten mit einer Steuererhöhung von
is zu 150 Prozent belasten. Es hat für mich nichts mit
erechtigkeit zu tun, wenn jemand zwei Wochen im Jahr

ein Wohnmobil durch die Lande fährt und trotzdem
ünftig mehr als doppelt so hohe Steuern zahlen soll.
amit werden Sie die Betroffenen, von denen vielleicht
er eine oder andere zu Ihren Wählern gehört, nicht
berzeugen können. Ich glaube, dass Sie letztlich das
egenteil erreichen werden. Deshalb stimme ich Ihnen

n diesem Punkt nicht zu.

Lassen Sie mich noch ein Zitat von Ihnen bringen. Sie
aben schließlich danach gefragt. Ich zitiere:

Da die Kfz-Steuer eine reine Ländersteuer ist,
wurde im Bundesrat eine Arbeitsgruppe unter der
Federführung Bayerns gebildet, um eine Mehrbe-
lastung der Wohnmobile zu vermeiden.






(A) )



(B) )


Frank Schäffler
Sie haben des Weiteren festgestellt:

Die SPD bedauert sehr, dass die Steuererhöhung
nicht generell verhindert werden konnte.


(Beifall bei der SPD)


Diese Zitate müssen Sie sich heute vorwerfen lassen.
Sie müssen sich fragen, inwieweit Sie sich in dieser
Frage tatsächlich durchgesetzt haben.


(Beifall bei der FDP)


Sie belasten die Bürger mit zusätzlichen Steuern in Höhe
von 50 Millionen Euro. Das halte ich für skandalös.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1606331700

Herr Pronold, warten Sie immer noch auf die Antwort

Ihrer Frage?


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Er möchte noch das Wohnmobil zur Riester-Vorsorge machen!)


Ich möchte nicht, dass es in Vergessenheit gerät und sich
die Redezeit unendlich verlängert.


Florian Pronold (SPD):
Rede ID: ID1606331800

Ich wollte zweitens fragen, ob Sie bereit sind, zur

Kenntnis zu nehmen, dass die Kfz-Steuer für Wohnmo-
bile nicht in den Bundeshaushalt fließt, sondern zum
Beispiel auch den Länderregierungen von Hessen, Ba-
den-Württemberg und Nordrhein-Westfalen zugute
kommt, wo die FDP mitregiert.


(Zurufe von der FDP: In Hessen leider nicht!)


– Verzeihung.

Drittens frage ich Sie, ob Sie bereit sind, zur Kenntnis
zu nehmen, dass nach dem ursprünglichen Gesetzent-
wurf die von Ihnen ignorierten Steuererhöhungen bis zu
1 000 Prozent betragen hätten und dass wir mit dem vor-
liegenden Gesetzentwurf die Rechtslage für die Betrof-
fenen wesentlich verbessern, selbst wenn ich – wie Sie
zu Recht zitiert haben – damit nicht zufrieden bin, weil
ich keine Steuererhöhung wollte.


Frank Schäffler (FDP):
Rede ID: ID1606331900

Das gestehe ich Ihnen gerne zu und fordere Sie auf,

unserem Gesetzentwurf zuzustimmen. Wir wollen keine
Steuererhöhungen für Wohnmobile. Sie müssen nur un-
serem Gesetzentwurf zustimmen. Darüber wird heute
entschieden.


(Beifall bei der FDP)


Deshalb können Sie an dieser Stelle Ihre Meinung deut-
lich zum Ausdruck bringen.

Wie es inzwischen üblich geworden ist – das möchte
ich abschließend feststellen –, soll die Steuererhöhung
rückwirkend zum 1. Januar 2006 in Kraft treten. Sie
missbrauchen damit innerhalb eines Tages gleich bei
zwei Gesetzen, dem Jahressteuergesetz 2007 und dem
jetzt beratenen Gesetz, das Vertrauen der Bürger in die
bestehenden gesetzlichen Regelungen. Sie müssen sich
nicht wundern, wenn dadurch das Vertrauen in die Poli-
tik und ihre Entscheidungsträger weiter abnimmt.

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(C (D Ich darf mich bedanken. Das Wort hat die Kollegin Patricia Lips für die CDU/ SU. Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und erren! Nach der Stimmungslage in den letzten Minuten u urteilen, sind wir offensichtlich beim Highlight des eutigen Abends angekommen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der FDP)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1606332000

(Beifall bei der CDU/CSU)

Patricia Lips (CDU):
Rede ID: ID1606332100

estatten Sie mir, zu Beginn meiner Rede zwei Dinge zu
agen. Herr Pronold, es ist vielleicht nicht sachgemäß,
inen Kompromiss mit einer Schelte zu beginnen, um
on eigenen Ankündigungen abzulenken. Herr Schäffler,
bgesehen von den Zitaten, aus denen Ihre Rede zu zwei
ritteln bestand, enthielt Ihre Rede nur bedingt Substan-

ielles.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Die Diskussion, die wir heute zu Ende bringen, be-
ann bereits in der letzten Legislaturperiode. Seit gerau-
er Zeit entfiel der Begriff der Kombinationskraftwagen

ei der Kraftfahrzeugsteuer, ein Sammelbegriff insbe-
ondere für Geländewagen, Großraumlimousinen, viele
ndere Fahrzeugtypen und auch für Wohnmobile mit ei-
em zulässigen Gesamtgewicht von über 2,8 Tonnen;
as wurde vorhin angesprochen. Ich erinnere daran, dass
er Besitzer eines Geländewagens teilweise weniger
ahlte als ein Besitzer eines regulären PKWs älterer
auart. Darüber wurde vor etwa zwei Jahren diskutiert.
iese Kraftwagen unterlagen einer im Vergleich zu Per-

onenkraftwagen günstigeren Besteuerung, vergleichbar
it der von Lastkraftwagen. Teilweise wurde dort noch

inmal – je nach Gewicht – unterschieden, ob nun Emis-
ionen zusätzliche Berücksichtigung fanden oder nicht.

Die Auseinandersetzung über dieses Thema wurde
war noch von dem damaligen Umweltminister Trittin in
ang gesetzt, jedoch nicht beendet. Sie hinterließ Lü-

ken und sorgte für Verunsicherung der Betroffenen an
nderer Stelle. Was sich für Geländewagen eindeutig
nd eher unstrittig umsetzen ließ – sie dienen vornehm-
ich der Personenbeförderung –, sorgte im Bereich der

ohnmobile für erhebliche Unruhe, da gravierende
ehrbelastungen erwartet wurden. Im April dieses Jah-

es hatten wir die erste Debatte über dieses Thema im
lenum. Ich stellte bereits damals folgende Fragen:
ann ist ein Wohnmobil eigentlich ein PKW, wann ein

KW und vor allen Dingen warum diese Unterschei-
ung, wenn es sich doch objektiv und nach Ansicht der
alter selbst in beiden Fällen in Gebrauch und Charakter
m einen identischen Fahrzeugtyp handelt?


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: So ist es!)







(A) )



(B) )


Patricia Lips
Warum unterliegt nach bisher geltender Regelung ein
Halter eines Wohnmobils unterhalb einer bestimmten
Gewichtsgrenze einer anderen Steuerart als jemand, des-
sen Fahrzeug darüber liegt? Warum werden beim einen
Emissionen berücksichtigt, beim anderen nicht? Nach
steuerlicher Behandlung und streng nach Gesetzeslage
war dies zwar in den Steuersätzen geregelt. Aber eine
Antwort auf die Frage nach der Steuersystematik konnte
nicht gegeben werden.

Punkt eins: Es galt eine sachgerechte Anpassung so-
wohl im Vergleich mit anderen Fahrzeuggattungen als
auch innerhalb der Kategorie selber vorzunehmen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Es lag in der Tat ein Vorschlag vor, nach dem zunächst
die Kombinationsfahrzeuge, sofern sie objektiv und vor-
rangig der Personenbeförderung dienen, schrittweise in
eine PKW-Besteuerung überführt werden sollten, an de-
ren Ende jedoch – anders als bei PKW – für Wohnmo-
bile ein dauerhafter Abschlag vorzusehen ist. Halter von
Wohnmobilen wie Verbände befürchteten – wir alle ha-
ben entsprechende Schreiben bekommen – unzumutbare
Härten und brachten eigene Vorschläge ein. Bund und
Länder erarbeiteten daraufhin in den vergangenen Mo-
naten – die Kfz-Steuer ist eine Ländersteuer – ein neues
Konzept, das in den Grundzügen darauf basiert und das
heute zur Abstimmung steht. Lassen Sie mich an dieser
Stelle erwähnen, dass seit dieser Zeit allen bewusst ist,
dass die bisherigen Regeln nicht mehr gelten.

Damit komme ich zu Punkt zwei. Zu einem wichtigen
Aspekt, um zu einer größeren Transparenz zu gelangen,
und im Übrigen passend zu aktuellen Diskussionen an
anderer Stelle – ich erinnere an heute Nachmittag –
wurde das Stichwort „umweltpolitisches Lenkungsprin-
zip“, das heißt die stärkere Berücksichtigung nach
Schadstoffklassen auch bei Wohnmobilen. Dies wird,
Kollege Schäffler, im Übrigen auch von namhaften Ver-
bänden ausdrücklich unterstützt und vorgeschlagen. Wir
sind da nicht allein.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


In den vergangenen Jahren hat eine positive Entwick-
lung beim Schadstoffausstoß stattgefunden, die es ver-
stärkt zu berücksichtigen gilt. Gleichzeitig ist jedoch das
Spektrum der Gewichtsklassen sehr groß und eine Be-
rücksichtigung auch hier ausdrücklich gewünscht. Aber
die Diskussion bis zu diesem Punkt heute zeigt natürlich
auch, dass das deutsche Steuerrecht auch an dieser Stelle
vielfältig bleibt. Zum einen geschieht dies durch die
Vielfalt der Modelle und individuellen Lebensumstände
der Halter,


(Heinz Lanfermann [FDP]: Sehr liebenswürdig ausgedrückt!)


zum anderen durch das Bestreben, Wünsche und Anre-
gungen mit steuerlichen und haushaltspolitischen Not-
wendigkeiten in Einklang zu bringen. Gegebenenfalls
hat der eine oder andere Kollege in NRW dies so gese-
hen.

Das Ergebnis: Erstens. Es wird eine eigene Kategorie
für Wohnmobile geschaffen, unabhängig von den weite-

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(C (D en Kombinationsfahrzeugen. Bei aller zusätzlichen Diferenziertheit des Systems muss man diesem Weg zugute alten, dass durch diese Umstrukturierung eine verleichbare Darstellung innerhalb der Kategorie „Wohnobile“ gefunden werden konnte. Ein Vergleich mit an eren Fahrzeugtypen und damit eine an sich ngerechtfertigte Ungleichheit entfallen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Zweitens. Es wurde auch aus Gründen der Rechtssi-
herheit genau definiert, was eigentlich ein Wohnmobil
st, und zwar unter Berücksichtigung von Wohnanteil an
er Gesamtnutzfläche, Stehhöhe, Kochgelegenheit und
nderem mehr. Auch dieser Punkt sollte eigentlich un-
trittig sein.

Drittens – jetzt kommt der Kerngedanke –: Es wurden
bgestufte Kategorien nach Schadstoffklassen für alle
ohnmobile gebildet, nochmals unterteilt nach Ge-
ichtsgrößen. Ich möchte nicht verhehlen, dass außer

hrem Vorschlag noch ein Vorschlag der Grünen auf dem
isch liegt, einzig nach Schadstoffausstoß zu besteuern.
ier stellt sich aber nicht nur die Frage nach der Härte
eispielsweise bei älteren Modellen oder einem erzielba-
en Wiederverkaufswert. Das wirkliche Leben holt einen
pätestens an dieser Stelle wieder ein. Auch Sie müssten
ifferenzieren.

Über Ihren Vorschlag wurde bereits ausführlich ge-
prochen. Ich stelle aber die Frage, warum bei einer
ahrzeugkategorie bei Erwerb des Fahrzeugs nicht auch
ie Frage nach der Emission des Fahrzeugs gestellt wer-
en soll. Oder: Weshalb soll der Halter eines schweren
ahrzeugs neuerer Bauart in der Systematik und im Ver-
ältnis mehr zahlen als einer, der ein leichteres Fahrzeug
at, das jedoch einen höheren Schadstoffausstoß hat? Sie
ehen, dass Sie da nicht stringent sind. Es ist mit Sicher-
eit sehr populär, sich diesen Anstrich zu geben, aber
an darf nicht näher nachfragen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Im Ergebnis liegt die Jahressteuer für Wohnmobile
un über der für Lastkraftwagen und im Normalfall un-
erhalb der für Personenkraftwagen, in einer eigenen Ka-
egorie, differenziert nach Schadstoff und Gewicht. Es
ird Fahrzeuge geben, die aufgrund der früheren PKW-
esteuerung nun weniger zahlen,


(Frank Schäffler [FDP]: 200 000!)


s wird aber auch solche geben, die mehr zahlen, insbe-
ondere wenn sie nicht schadstoffreduziert sind. Wir
ollen es nicht verschweigen. Am Ende steht jedoch

uch hier eine Deckelung der Beträge, die nicht über-
chritten wird. Ich sage dies ausdrücklich. Es galt bei
iesem Punkt, das Spannungsfeld zwischen einer Belas-
ung auf der einen Seite und der umweltpolitischen
omponente auf der anderen Seite zu überbrücken.

Mit dem vorliegenden Kompromiss soll die eingangs
rwähnte Lücke endlich geschlossen und Klarheit ge-
chaffen werden. Wir sind uns bewusst, dass wir wie bei
ielen politischen Entscheidungen nicht überall auf Zu-
timmung stoßen werden.






(A) )



(B) )


Patricia Lips

(Frank Schäffler [FDP]: Mit Recht!)


Wir sind jedoch unter Berücksichtigung aller Belange,
der Vielfalt der Modelle und zahlreicher Gespräche der
Ansicht, in den vergangenen Monaten eine tragfähige
Lösung gefunden zu haben. Zugunsten dieses Kompro-
misses, der über eine breite Mehrheit in Bundestag und
Bundesrat verfügt, werden die anderen Diskussionsvor-
schläge der Vergangenheit zurückgestellt. Wir bitten
deshalb um Zustimmung.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1606332200

Das Wort hat die Kollegin Dr. Barbara Höll, Die

Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Barbara Höll (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1606332300

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wir werden dieses Gesetzesvorhaben nicht unterstützen.
Wir werden aber auch nicht den Vorschlag der FDP un-
terstützen. Richtig ist es, dass wir derzeit eine Gesetzes-
lücke haben, die geschlossen werden muss. Alle Fahr-
zeughalterinnen und -halter haben natürlich Anspruch
auf Rechtssicherheit. Richtig und wichtig ist es eben-
falls, in dem Gesetzgebungsverfahren auf Entwicklun-
gen zu reagieren. Es war doch interessant, dass von den
Haltern und Halterinnen der so genannten Pick-up-Fahr-
zeuge keine Proteste zu hören waren. Vielmehr wurde
von ihnen die Umstellung und Klarstellung akzeptiert,
dass ihre Fahrzeuge wie PKW behandelt werden. Es ist
ein richtiger und wichtiger Schritt, dass eine hubraum-
und emissionsbezogene Besteuerung erfolgt. Denn ge-
rade diese Pick-up-Fahrzeuge, die oftmals eine enorme
Gefährdung im Stadtverkehr darstellen, sind gleichzeitig
Spritfresser mit einem Verbrauch von 20 Litern auf
100 Kilometer im Stadtverkehr und ökologisch gesehen
das Schlechteste, was man einsetzen kann. Die Halterin-
nen und Halter dieser Fahrzeuge sind sich im Klaren da-
rüber, dass sie sich einen ökologisch schlechten Luxus
leisten.

Der Übergang allerdings von der reinen Besteuerung
nach dem Gewicht zur PKW-Besteuerung von Wohnmo-
bilen – auch in ihrer vorgeschlagenen abgeschwächten
Form – ist doch etwas anderes. Uns allen ist klar, dass
Wohnmobile oftmals sehr langlebige Konsumgüter sind
und dass sie gewährleisten, dass viele Familien noch auf
eine preiswerte Art und Weise Urlaub – Kurzurlaube
mehrmals im Jahr oder einen größeren – machen kön-
nen. Sie werden gehegt und gepflegt. Auf einmal sollen
sie wesentlich stärker besteuert werden.

Ich finde es nicht richtig, wenn die Bundesregierung
und die sie tragende Koalition jetzt von ihren eigenen
Bedenken abweichen, die sie noch in der Stellungnahme
ausgedrückt haben. Ich zitiere aus der Stellungnahme
der Bundesregierung:

Das Gesetz soll rückwirkend zum 1. Mai 2005 in
Kraft treten. Es erscheint fraglich, ob es sich – wie

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(C (D in der Begründung angegeben – um einen Fall der unechten Rückwirkung handelt. Wenn Sie sich schon selbst nicht sicher sind, ob es ine unechte Rückwirkung ist oder nicht – das ist als solhes schon eine vage Begründung, um eine solche Rückirkung zu rechtfertigen –, warum haben Sie dann nicht enigstens darauf gedrungen, dass der von Ihnen gefunene Kompromiss frühestens ab 1. Januar 2007 gelten ann? (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN und der FDP)


Eine Stichtagsregelung wäre eine wesentlich gerech-
ere Lösung gewesen. Es ist klar, dass es bei dem vorge-
chlagenen Verfahren für viele Fahrzeughalterinnen und
ahrzeughalter äußerst schwierig ist, eine wesentlich
öhere Steuerbelastung – und diese auch noch rückwir-
end – zu tragen und vielleicht zu versuchen, ihre Fahr-
euge nachzurüsten, damit sie in den Folgejahren nicht
benfalls noch hohe Steuern zahlen müssen.

Aus diesem Grunde halten wir den von Ihnen geprie-
enen Kompromiss für nicht richtig. Wir meinen aller-
ings auch – das richtet sich an die FDP –, dass Wohn-
obile in Zukunft – wie eigentlich alle anderen
ahrzeuge auch – so besteuert werden sollten, dass öko-

ogische Belange eine wesentliche stärkere Rolle spie-
en.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Aha!)


Dazu gehört eben eine emissions- und hubraumbezo-
ene Besteuerung. Es ist zu wenig, es einfach so belas-
en zu wollen, wie es ist. Man hätte für dieses Jahr die
eltende Regelung beibehalten können und müssen und
m nächsten Jahr – das wäre dann jetzt unsere Aufgabe
ewesen – eine Übergangsregelung, die tatsächlich in
iese Richtung zielt, vornehmen müssen.

Aus diesem Grunde werden wir sowohl den von Ih-
en verteidigten Kompromiss als auch den Entwurf der
DP ablehnen. Bei beiden ist die Zielrichtung verfehlt.
eide werden nur zu einer Mehrbelastung der Halterin-
en und Halter von Wohnmobilen führen. Das lehnen
ir ab.

Danke.


(Beifall bei der LINKEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1606332400

Das Wort für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat

ie Kollegin Christine Scheel.


Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1606332500

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
an muss an dieser Stelle vielleicht einmal klar machen,
orum es eigentlich gegangen ist: Es ging uns darum,
ass wir hier eine vernünftige Besteuerung von schwe-
en und umweltschädlichen Geländewagen auf den Weg
ringen. Nicht akzeptabel war nämlich, wie diese Fahr-
euge früher steuerlich veranlagt waren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Christine Scheel
Die Länder haben gesagt – da hat Kollege Pronold
völlig Recht –: Gut, wir regeln das. Bayern – es bemüht
sich schließlich immer, schnell und vorne dabei zu sein –
hat diese Steuer gar nicht erhoben. Die anderen Länder
haben ziemlich herumgeeiert. Jetzt sehen wir, dass der
Umgang mit der gesamten Frage Wohnmobilbesteue-
rung völlig aus dem Ruder gelaufen ist. Der Bundesrat
hat einen Vorschlag gemacht: Übergangsfristen und ein
Abschlag in Höhe von 20 Prozent ab dem Jahr 2011.
Dann hat die große Koalition gesagt: Das gefällt uns
auch nicht; wir wollen jetzt selbst eine Lösung finden. –
Das ist, wohlgemerkt, nach eineinhalb Jahren Diskus-
sion. Man hat eineinhalb Jahre lang diejenigen, die ein
Wohnmobil besitzen, in einem Schwebezustand belas-
sen. Sie wussten nicht, was auf sie überhaupt zukommt.
Die Aufregung im Land war groß.

Sie haben gesagt, es gebe hier in der Bundesrepublik
Deutschland 200 000 Besitzer und Besitzerinnen von
Wohnmobilen. Sehr viele von ihnen haben sich an uns
gewandt. Wir, die politische Seite, haben gesagt: Ihr seid
überhaupt nicht diejenigen, die davon betroffen sein sol-
len. Jetzt kommt die große Koalition – das ist der Ham-
mer in dieser Geschichte – und schlägt etwas vor, was
auch noch rückwirkend gelten soll. Man knöpft diesen
Menschen zum 1. Januar 2006 50 Millionen Euro ab.
Diese Gesetzgebung hat mit ökologischer Ausrichtung
nichts zu tun.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)


An dieser Stelle muss man wirklich einmal sagen: So
geht es nicht. Sie können von den Steuerbürgern und
Steuerbürgerinnen jetzt keine Nachzahlungen verlangen,
indem Sie dieses Gesetz so ausgestalten, wie Sie es aus-
gestaltet haben. Wir lehnen dieses Gesetz deswegen ab.

Wir haben heute bereits darüber diskutiert, wie wir
uns die künftige Kfz-Besteuerung vorstellen können.
Wir haben klar gesagt: Wir möchten, dass hier der
CO2-Ausstoß berücksichtigt wird. Die Ausgestaltung der
Kfz-Steuer muss verbessert werden. Dies ist ein Ziel Ih-
rer Koalitionsvereinbarung. Allerdings ist davon nicht
mehr viel zu merken. Ich kann nur sagen: Wenn man et-
was für das Klima tun möchte, dann muss man sich auch
dementsprechend verständigen. Aus unserer Sicht wäre
es sauberer gewesen, wenn die große Koalition gesagt
hätte: Die Kfz-Besteuerung wird nach neuen Kriterien
gestaltet, die für alle gelten. Das wäre vernünftiger ge-
wesen, als jetzt eine systematisch unsaubere Zwischen-
lösung zu finden. Das ist nicht in Ordnung, verärgert die
Menschen und wird nicht lange taugen.

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1606332600

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den vom Bundes-
rat eingebrachten Gesetzentwurf zur Änderung kraft-
fahrzeugsteuerlicher Vorschriften auch hinsichtlich der

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1)

2)

(C (D ohnmobilbesteuerung auf Drucksache 16/519. Hierzu ibt es mehrere Erklärungen zur Abstimmung nach § 31 nserer Geschäftsordnung.1)


Der Finanzausschuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner Be-
chlussempfehlung auf Drucksache 16/3314, den Ge-
etzentwurf in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich
itte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wol-
en, um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Ent-
altungen? – Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung
it den Stimmen der Koalition gegen die Stimmen der
pposition angenommen.

Dritte Beratung

nd Schlussabstimmung. Diejenigen, die dem Gesetz-
ntwurf zustimmen wollen, mögen sich bitte erheben. –
egenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist der Gesetz-

ntwurf auch in dritter Beratung angenommen.

Wir stimmen über den Gesetzentwurf der Fraktion der
DP zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes auf
rucksache 16/473 ab. Der Finanzausschuss empfiehlt
nter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung auf Druck-
ache 16/3314, den Gesetzentwurf abzulehnen. Ich bitte
iejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen,
m das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltun-
en? – Damit ist der Gesetzentwurf bei Zustimmung der
DP gegen die Stimmen des Hauses im Übrigen abge-

ehnt.

Nach unserer Geschäftsordnung entfällt damit die
eitere Beratung.

Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 16 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Horst
Meierhofer, Michael Kauch, Angelika Brunkhorst,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Fairen Wettbewerb in der Entsorgungswirt-
schaft ermöglichen – Steuerprivilegien öffent-
lich-rechtlicher Unternehmen abschaffen

– Drucksache 16/2657 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss fürWirtschaft und Technologie
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Interfraktionell war hierzu eine halbe Stunde Debatte
erabredet worden. Die Reden des Kollegen Flosbach,
er Kollegin Westrich sowie der Kollegen Meierhofer,
roost und Berninger sind zu Protokoll gegeben.2)

Von den Fraktionen wird Überweisung der Vorlage
uf Drucksache 16/2657 an die in der Tagesordnung auf-
eführten Ausschüsse vorgeschlagen, wobei die Vorlage
ederführend vom Finanzausschuss beraten werden soll. –
amit sind Sie einverstanden. Dann ist so beschlossen.

Anlagen 3 bis 5
Anlage 7






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
Ich rufe die Tagesordnungspunkte 17 a bis 17 c auf:

a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
über die Öffentlichkeitsbeteiligung in Um-
weltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie
2003/35/EG (Öffentlichkeitsbeteiligungsgesetz)


– Drucksachen 16/2494, 16/2933 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-
heit (16. Ausschuss)


– Drucksache 16/3311 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Andreas Jung (Konstanz)

Dr. Matthias Miersch
Horst Meierhofer
Lutz Heilmann
Sylvia Kotting-Uhl

b) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehel-
fen in Umweltangelegenheiten nach der EG-

(Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz)


– Drucksachen 16/2495, 16/2931 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-
heit (16. Ausschuss)


– Drucksache 16/3312 –

Berichterstattung:

Abgeordnete Andreas Jung (Konstanz)

Dr. Matthias Miersch
Horst Meierhofer
Lutz Heilmann
Sylvia Kotting-Uhl

c) Zweite Beratung und Schlussabstimmung des
von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs
eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom
25. Juni 1998 über den Zugang zu Informatio-
nen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Ent-
scheidungsverfahren und den Zugang zu Ge-

(AarhusÜbereinkommen)


– Drucksachen 16/2497, 16/2865 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-
heit (16. Ausschuss)


– Drucksache 16/3313 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Andreas Jung (Konstanz)

Dr. Matthias Miersch
Horst Meierhofer
Lutz Heilmann
Sylvia Kotting-Uhl

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1)

(C (D Zum Entwurf eines Öffentlichkeitsbeteiligungsgesetzes egen uns ein Änderungsantrag und ein Entschließungsanag der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen vor. Zum Entwurf eines Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes lieen ein Änderungsantrag der Fraktion des Bündnisses 90/ ie Grünen und ein Entschließungsantrag der Fraktion ie Linke vor. Zu diesem Punkt war ebenfalls eine halbe Stunde Deatte vereinbart. Die Kollegen Jung iersch, Meierhofer, Heilmann und die Kollegin Kot ing-Uhl geben ihre Reden zu Protokoll.1)


Wir kommen zur Abstimmung über den von der
undesregierung eingebrachten Gesetzentwurf eines
ffentlichkeitsbeteiligungsgesetzes auf den Druck-

achen 16/2494 und 16/2933. Der Ausschuss für Um-
elt, Naturschutz und Reaktorsicherheit empfiehlt in

einer Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/3311,
en Gesetzentwurf in der Ausschussfassung anzuneh-
en.

Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion des
ündnisses 90/Die Grünen auf der Drucksache 16/3364
or, über den wir zuerst abstimmen. Wer stimmt für die-
en Änderungsantrag? – Die Gegenstimmen? – Enthal-
ungen? – Damit ist der Änderungsantrag bei Zustim-
ung der Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen und
ie Linke bei Ablehnung durch das übrige Haus abge-

ehnt.

Ich bitte jetzt diejenigen, die dem Gesetzentwurf in
er Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Hand-
eichen. – Gegenstimmen? -Enthaltungen? – Damit ist
er Gesetzentwurf bei Zustimmung der Koalitionsfrak-
ionen gegen die Stimmen von Bündnis 90/Die Grünen
nd bei Enthaltung der Fraktionen Die Linke und der
DP angenommen.

Dritte Beratung

nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
egenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist der Gesetz-

ntwurf in dritter Beratung mit dem gleichen Ergebnis
ie vorher angenommen.

Abstimmung über den Entschließungsantrag von
ündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 16/3360. Wer

timmt für den Entschließungsantrag? – Die Gegen-
robe! – Enthaltungen? – Damit ist der Entschließungs-
ntrag bei Zustimmung der Fraktionen des Bünd-
isses 90/Die Grünen und Die Linke und Ablehnung
urch den Rest des Hauses abgelehnt.

Tagesordnungspunkt 17 b: Abstimmung über den von
er Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Um-
elt-Rechtsbehelfsgesetzes, Drucksachen 16/2495 und
6/2931. Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und
eaktorsicherheit empfiehlt in seiner Beschlussempfeh-

ung auf Drucksache 16/3312, den Gesetzentwurf in der
usschussfassung anzunehmen.

Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion des
ündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache 16/3365 vor,

Anlage 8






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
über den wir zuerst abstimmen. Wer stimmt für den Än-
derungsantrag? – Gegenstimmen! – Enthaltungen? – Da-
mit ist der Änderungsantrag bei Zustimmung der Frak-
tionen des Bündnisses 90/Die Grünen und Die Linke
und Ablehnung durch die übrigen Mitglieder des Hauses
abgelehnt.

Ich bitte jetzt diejenigen, die dem Gesetzentwurf in
der Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Hand-
zeichen. – Die Gegenstimmen! – Enthaltungen? – Damit
ist der Gesetzentwurf in zweiter Beratung bei Zustim-
mung der Koalition und Ablehnung durch die Opposi-
tion angenommen.

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist der Gesetz-
entwurf in dritter Beratung mit dem Ergebnis wie vorher
angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschlie-
ßungsantrag der Fraktion Die Linke auf Drucksache
16/3361. Wer stimmt für diesen Entschließungsantrag? –
Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Entschließungs-
antrag ist bei Zustimmung der Fraktionen Die Linke und
des Bündnisses 90/Die Grünen bei Ablehnung der übri-
gen Mitglieder des Hauses abgelehnt.

Tagesordnungspunkt 17 c: Abstimmung über den von
der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf zum
Aarhus-Übereinkommen, Drucksachen 16/2497 und
16/2865.

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-
sicherheit empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf
Drucksache 16/3313, den Gesetzentwurf anzunehmen.
Wir kommen gleich zur

zweiten Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Damit ist der
Gesetzentwurf mit den Stimmen des ganzen Hauses an-
genommen.

Ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt 18 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Heike
Hänsel, Ulla Lötzer, Dr. Diether Dehm, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN

Für solidarische und entwicklungspolitisch ko-
härente Wirtschaftspartnerschaftsabkommen

– Drucksache 16/3193 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss fürwirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung (f)

Ausschuss fürWirtschaft und Technologie
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Hier war eine halbe Stunde Debatte vorgesehen. Ihre
Reden zu Protokoll geben die Kollegen und Kolleginnen
Hübinger, Raabe, Königshaus, Hänsel und Koczy.1)

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1) Anlage 9 2)

(C (D Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf rucksache 16/3193 an die in der Tagesordnung aufge ührten Ausschüsse vorgeschlagen. – Damit sind Sie ofensichtlich einverstanden. Dann ist so beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 19 auf: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Statistik der Verdienste und Arbeitskosten – Drucksache 16/2918 – Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie (9. Ausschuss)


– Drucksache 16/3241(neu) –

Berichterstattung:
Abgeordnete Doris Barnett

Hier war ebenfalls eine halbe Stunde Debatte
orgesehen. Ihre Reden zu Protokoll gegeben haben die
olleginnen und Kollegen Fuchs, Barnett, Zeil, Zim-
ermann und Pothmer.2)

Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun-
esregierung eingebrachten Gesetzentwurf über die Sta-
istik der Verdienste und Arbeitskosten auf Drucksache
6/2918. Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
mpfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksa-
he 16/3241(neu), den Gesetzentwurf in der Ausschuss-
assung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Ge-
etzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen wollen,
m das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Enthal-
ungen? – Damit ist der Gesetzentwurf mit den Stimmen
er Koalitionsfraktionen und der Fraktion Die Linke bei
egenstimmen von Bündnis 90/Die Grünen und FDP

ngenommen.

Dritte Beratung

nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
er stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Damit ist der
esetzentwurf mit dem gleichen Ergebnis wie vorher

ngenommen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 20 a bis 20 c auf:

20 a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Kai
Gehring, Krista Sager, Priska Hinz (Herborn),
weiterer Abgeordneter und der Fraktion des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

Hochschulpakt 2020 zum Erfolg bringen –
Studienplätze bedarfsgerecht und zügig aus-
bauen

– Drucksache 16/3281 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss fürBildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Ausschuss fürWirtschaft und Technologie
Ausschuss fürFamilie, Senioren, Frauen und Jugend
Haushaltsausschuss

Anlage 10






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Uwe
Barth, Cornelia Pieper, Patrick Meinhardt, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Die Qualität der Hochschullehre sichern – den
Hochschulpakt 2020 erfolgreich abschließen
und weiterentwickeln

– Drucksache 16/3290 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss fürBildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung

c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Cornelia

(Saarbrükken)


Hochschulpakt 2020 – Kapazitätsausbau und
soziale Öffnung

– Drucksache 16/3278 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss fürBildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung

Hierfür war ebenfalls eine halbe Stunde Beratung vor-
gesehen. Ihre Reden zu Protokoll haben die Kolleginnen
und Kollegen Grütters, Rossmann, Barth, Hirsch und
Gehring.1)

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf
den Drucksachen 16/3290 und 16/3278 an den Aus-
schuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenab-
schätzung vorgeschlagen. Die Vorlage auf Drucksache
16/3281 zum Tagesordnungspunkt 20 a soll zur feder-
führenden Beratung an den Ausschuss für Bildung, For-
schung und Technikfolgenabschätzung und zur Mitbera-
tung an den Ausschuss für Wirtschaft und Technologie,
den Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
sowie an den Haushaltsausschuss überwiesen werden.
Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann
ist die Überweisung so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 21 auf:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes

(Personenstandsrechtsreformgesetz – PStRG)


– Drucksache 16/1831 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Innenaus-
schusses (4. Ausschuss)


– Drucksache 16/3309 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Stephan Mayer (Altötting)

Gabriele Fograscher
Gisela Piltz
Petra Pau
Silke Stokar von Neuforn

Hier war ebenfalls eine halbe Stunde Debatte
vorgesehen. Ihre Reden zu Protokoll gegeben haben die

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1) Anlage 11 2)

(C (D olleginnen und Kollegen Mayer ograscher, Piltz, Jelpke und Stokar von Neuforn.2)


Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun-
esregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Reform
es Personenstandsrechts auf Drucksache 16/1831. Der
nnenausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh-
ung auf Drucksache 16/3309, den Gesetzentwurf in der
usschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die
em Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen
ollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? –
nthaltungen? – Damit ist der Gesetzentwurf mit den
timmen der Koalition bei Gegenstimmen von Bünd-
is 90/Die Grünen und der Fraktion der Linken sowie
nthaltung der FDP in zweiter Beratung angenommen.

Dritte Beratung

nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
er stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Damit ist der
esetzentwurf in dritter Beratung mit dem gleichen
timmenergebnis wie zuvor angenommen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor ich den
ächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, teile ich Ihnen
it, dass sich die Fraktionen verständigt haben, den
agesordnungspunkt 22 – Eigentumsrechte und For-
chungsfreiheit schützen – Entschiedenes Vorgehen ge-
en Zerstörungen von Wertprüfungs- und Sortenversu-
hen sowie von Feldern mit gentechnisch veränderten
flanzen – von der heutigen Tagesordnung abzusetzen.
ind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann

st so beschlossen.

Ich rufe jetzt die Tagesordnungspunkte 25 a bis 25 c
uf:

25 a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Ingbert
Liebing, Marie-Luise Dött, Katherina Reiche

(Potsdam), weiterer Abgeordneter und der Frak-

tion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten
Marco Bülow, Dirk Becker, Petra Bierwirth, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion der SPD

REACH – den gemeinsamen Standpunkt wei-
ter verfolgen

– Drucksache 16/3295 –

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Sylvia
Kotting-Uhl, Bärbel Höhn, Cornelia Behm, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion des BÜND-
NISSES 90/DIE GRÜNEN

REACH – letzte Chance zur Verbesserung des
Umwelt- und Verbraucherschutzes im euro-
päischen Chemikalienrecht nutzen

– Drucksache 16/1888 –

c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Eva Bul-
ling-Schröter, Lutz Heilmann, Hans-Kurt Hill,

Anlage 12






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LIN-
KEN

REACH – Chance für eine fortschrittliche
Chemikalienpolitik nutzen

– Drucksache 16/3279 –

Hier haben die Kolleginnen und Kollegen Liebing,
Schmitt (Landau), Kauch, Bulling-Schröter und Kotting-
Uhl ihre Reden zu Protokoll gegeben. 1)

Wir kommen zu den Abstimmungen.

Tagesordnungspunkt 25 a: Abstimmung über den An-
trag der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD auf
Drucksache 16/3295 mit dem Titel „REACH – den ge-
meinsamen Standpunkt weiter verfolgen“. Wer stimmt
für diesen Antrag? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltun-
gen? – Der Antrag ist bei Zustimmung durch die Koali-
tion und die FDP und Ablehnung durch Bündnis 90/Die
Grünen und Die Linke angenommen.

Tagesordnungspunkt 25 b: Abstimmung über den An-
trag der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen auf
Drucksache 16/1888 mit dem Titel „REACH – letzte
Chance zur Verbesserung des Umwelt- und Verbraucher-
schutzes im europäischen Chemikalienrecht nutzen“.
Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt dagegen? –
Enthaltungen gibt es keine. Der Antrag ist bei Zustim-
mung der Fraktionen der Linken und des Bündnisses 90/
Die Grünen durch das übrige Haus abgelehnt.

Tagesordnungspunkt 25 c: Abstimmung über den An-
trag der Fraktion der Linken auf Drucksache 16/3279
mit dem Titel „REACH – Chance für eine fortschrittli-
che Chemikalienpolitik nutzen“. Wer stimmt für diesen
Antrag? – Wer stimmt dagegen? – Der Antrag ist mit
dem gleichen Stimmenergebnis wie der vorherige An-
trag abgelehnt.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 24 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Innenausschusses (4. Ausschuss) zu
dem Antrag der Abgeordneten Sevim Dagdelen,
Petra Pau, Ulla Jelpke, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der LINKEN

Bundesweiter Abschiebestopp für Flüchtlinge
aus Togo

– Drucksachen 16/2627, 16/3061 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Reinhard Grindel
Rüdiger Veit
Hartfrid Wolff (Rems-Murr)

Sevim Dagdelen
Josef Philip Winkler

Hier haben die Kolleginnen und Kollegen Grindel,
Veit, Wolff (Rems-Murr), Dagdelen und Winkler ihre
Reden zu Protokoll gegeben.2)

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1) Anlage 13
2) Anlage 14

3)

4)

(C (D Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Innenauschusses auf der Drucksache 16/3061 zu dem Antrag der raktion der Linken mit dem Titel „Bundesweiter Abchiebestopp für Flüchtlinge aus Togo“. Der Ausschuss mpfiehlt, den Antrag auf Drucksache 16/2627 abzulehen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Geenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist die Beschlussmpfehlung mit den Stimmen der Koalition und der FDP egen die Stimmen von Bündnis 90/Die Grünen und der inken angenommen. Ich rufe Tagesordnungspunkt 27 auf: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes – Drucksache 16/3064 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Arbeit und Soziales Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Gesundheit Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Hier haben die Kolleginnen und Kollegen onnemann, Kramme, Kolb, Dreibus, Pothmer und Anres ihre Reden zu Protokoll gegeben.3)


Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent-
urfs auf Drucksache 16/3064 an die in der Tagesord-
ung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. – Ich sehe
eine weiteren Vorschläge. Dann ist die Überweisung so
eschlossen.

Ich rufe den Zusatzpunkt 7 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Cornelia
Behm, Ulrike Höfken, Bärbel Höhn, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNIS-
SES 90/DIE GRÜNEN

Nachhaltige Ressourcennutzung durch Agro-
forstwirtschaft

– Drucksache 16/2794 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (f)

Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Haushaltsausschuss

Hier haben die Kolleginnen und Kollegen Heller,
otz, Happach-Kasan, Tackmann und Behm ihre Reden
u Protokoll gegeben.4)

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf
rucksache 16/2794 an die in der Tagesordnung aufge-

ührten Ausschüsse vorgeschlagen. – Damit sind Sie ein-
erstanden. Dann ist die Überweisung so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 28 auf:

Anlage 15
Anlage 16






(A) (C)



(B) (D)


Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt

Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Quali-
tät und Sicherheit von menschlichen Geweben
und Zellen (Gewebegesetz)


– Drucksache 16/3146 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung

Hier haben die Kolleginnen und Kollegen Hüppe,
Wodarg, Kauch, Spieth, Terpe und Schwanitz ihre Reden
zu Protokoll gegeben.1)

Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent-
wurfs auf Drucksache 16/3146 an die in der Tagesord-
nung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. – Dazu
gibt es keine weiteren Vorschläge. Dann ist so beschlos-
sen.

Wir sind damit am Schluss der heutigen Tagesord-
nung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
destages auf morgen, Freitag, den 10. November 2006,
9 Uhr, ein.

Genießen Sie die gewonnenen Einsichten und den
restlichen Abend.

Die Sitzung ist geschlossen.