Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet. Ich begrüße Sie alle herzlich.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf:
Befragung der Bundesregierung
Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Ka-
binettssitzung mitgeteilt: Jahresbericht der Bundes-
regierung zum Stand der Deutschen Einheit 2006.
Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Bericht
– es gibt offensichtlich dringenden Fragebedarf, schon
bevor ich dem Staatssekretär das Wort erteilt habe; das
wird ihn sicherlich zusätzlich motivieren – hat der Parla-
mentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Ver-
kehr, Bau und Stadtentwicklung, Ulrich Kasparick. Bitte
schön.
U
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!Zunächst herzlichen Dank, dass Sie mir gestatten, diesenBericht vorzutragen. Üblicherweise macht das der Bun-desminister selbst. Er ist aber bei der Trauerfeier für dieOpfer des Transrapidunglücks. Wir bitten dafür um Ver-iSmiBüwwLZdr6HWslBdotLRedetständnis.Das Kabinett hat heute den Bericht der Bundesregie-rung zum Stand der Deutschen Einheit zustimmend zurKenntnis genommen. Er bezieht sich auf das Jahr 2005.Es handelt sich um den ersten Bericht der großen Koali-tion zu diesem wichtigen Thema. Wir haben uns darumbemüht, in dem Bericht keine Schönfärberei zu betrei-ben, sondern die Dinge beim Namen zu nennen. Im Be-richt zum Stand der Deutschen Einheit finden Sie des-halb die beiden wichtigen Trends, die die Situation inden neuen Bundesländern kennzeichnen. Auf der einenSeite wurden in wichtigen Bereichen, zu denen ichgleich nähere Ausführungen machen werde, deutlicheFortschritte gemacht. Gleichzeitig gibt es aubeitsmarkt nach wie vor erhebliche Problemedere infolge des stärker werdenden demoWandels.
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denn die Gesundheitsversorgung in Deutschland ist auch
in der Fläche gut.
Allerdings haben Sie dieses Problem zu Recht ange-
sprochen. Der Ärztemangel stellt insbesondere im länd-
lichen Raum eine sehr große Herausforderung dar. Des-
wegen – das wissen Sie – führen wir seit längerem
Gespräche sowohl mit den Krankenkassen als auch mit
den zuständigen Ärzteverbänden. Es gibt für diese He-
rausforderung keine einfache Lösung. Mit einem Bun-
desprogramm – ich weiß nicht, was Sie sich darunter
konkret vorstellen –, das auf Gehaltszuschüsse oder der-
gleichen hinauslaufen könnte, wäre es nicht getan.
Wanderungsprozesse von Fachleuten sind in ganz
Europa zu verzeichnen. Das müssen wir zur Kenntnis
nehmen. Allerdings lassen sich auf diese Entwicklungen
keine einfachen Antworten finden. Der Bund wird mit
den Ländern im Gespräch bleiben und alle Möglichkei-
ten, die ihm zur Verfügung stehen, nutzen, um seinen
Beitrag zur Lösung dieses Problems zu leisten. Aber Sie
sollten bei diesem Thema keine schnellen und einfachen
Antworten erwarten.
Nächste Fragestellung, Frau Wicklein, bitte.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr
Staatssekretär, Sie haben vorhin ausgeführt, wie wichtig
Auslandsinvestitionen für Ostdeutschland sind. Meine
Frage lautet: Wie ist die aktuelle Entwicklung einzu-
schätzen und welche Rolle spielt bei der Anwerbung
ausländischer Investoren das IIC?
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Frau Kollegin Wicklein, wir haben uns entschieden,
die zwei Organisationen zur Anwerbung von Auslands-
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Da haben Sie Recht.
Das ist offenkundig. – Bevor die Kollegin Gleicke die
ächste Frage stellt, möchte ich darauf aufmerksam ma-
hen, dass die noch angemeldeten Fragen in den verblei-
enden neun Minuten nur dann abgewickelt werden kön-
en, wenn sowohl die Fragen als auch die Antworten
twas knapper ausfallen als bisher und nicht durch unnö-
igen Beifall Zeit in Anspruch genommen wird.
Schönen Dank, Herr Präsident. – Sehr geehrter Herrtaatssekretär, im Solidarpakt II sind 156 Milliardenuro Zuwendungen enthalten, die als Finanzhilfen desundes an die Länder zugesagt worden sind. Angesichtser Tatsache, dass die Abwanderung von jungen Men-chen nur dadurch zu verhindern ist, dass Perspektivenn Ostdeutschland geschaffen werden, und der Zuzugunger Fachkräfte aus den anderen Teilen der Bundes-
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Iris Gleickerepublik Deutschland organisiert wird, möchte ich Sieerstens fragen: Wie bewerten Sie, dass manche Bundes-länder wie Thüringen die zur Verfügung gestellten GA-Mittel nicht vollständig ausschöpfen? Zweitens. Mitwelchen konkreten Maßnahmen soll Ostdeutschland inder Phase des Solidarpakts II bis 2019 noch geholfenwerden?U
Ich mache aus meinem Herzen keine Mördergrube:
Ich bin der Auffassung, dass wir diese Mittel, über die
wir zurzeit mit den Ländern Gespräche führen, auf den
Bereich Forschung und Entwicklung fokussieren sollten.
Denn 15 Jahre deutsche Einheit sind ein wunderbares
Lehrbeispiel dafür, welche Maßnahmen erfolgreich wa-
ren. An den Standorten, an denen man sich insbesondere
darum bemüht hat, die Industrieforschung bzw. For-
schung und Entwicklung voranzubringen, sind Arbeits-
plätze entstanden. Deswegen bin ich sehr gespannt, wie
das Gespräch zwischen Bund und Ländern ausgeht.
Erst kürzlich wurde bei einem Treffen mit den Vertre-
tern der Länder das Gespräch über die Verwendung der
Mittel des Korbs II auf den Oktober vertagt. Ich kann
verstehen, dass die Länder diese Gespräche nutzen wol-
len, um höhere Zuwendungen für ihre Länderhaushalte
zu erreichen. Das ist durchaus verständlich. Spannend ist
aber die Frage, ob wir den politischen Mut aufbringen,
die vorhandenen Mittel auf die Bereiche zu fokussieren,
von denen wir wissen, dass sie erfolgreich sind.
Dass einzelne Länder wie Thüringen beim Einsatz
dieser Mittel anders vorgehen als andere Bundesländer,
muss ihnen zunächst einmal selbst überlassen bleiben.
Ich empfehle in solchen Fällen, nach den Gründen zu
fragen. Im Gegensatz zu anderen Regionen verzeichnet
Thüringen ein Wachstum im zweistelligen Prozentbe-
reich. Das könnte miteinander zusammenhängen.
Kollege Günther.
Herr Staatssekretär, der Jahresbericht zum Stand der
Deutschen Einheit ist immer sehr umfangreich und dient
in letzter Zeit als gute Analyse. Sie haben sieben The-
menbereiche angesprochen. Ich frage Sie konkret: Will
das Ministerium in Zukunft auch die in den letzten Jah-
ren formulierten Anregungen wie Modellregionen und
Förderstrategien endlich in einer Hand bündeln und als
verantwortliches Ministerium in einer entsprechenden
Initiative dafür sorgen, dass sich nicht weiter alle Minis-
terien beim Aufbau Ost verzetteln, sondern dass er von
einer Stelle aus vorangetrieben wird?
U
Vielen Dank für Ihre Frage; denn sie gibt mir noch
einmal Gelegenheit, über die strukturelle Verantwortung
innerhalb der Bundesregierung zu sprechen. Wie Sie
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ibt es nun Schwierigkeiten, das Nötige zu tun. Ich erin-
ere daran, dass ich der Föderalismusreform nicht zuge-
timmt habe. Aber das ist jetzt nicht das Thema. Das ent-
cheidende Thema ist vielmehr – das wurde an mancher
telle schon deutlich –, dass die Bundesregierung trotz-
em Möglichkeiten sieht, die Innovationskraft der ost-
eutschen Wirtschaft zu stärken. Können Sie hierzu ein
aar Beispiele nennen?
Ich möchte an einer Stelle konkret werden. Sie spra-
hen von einem geplanten Programm, mit dem die Zu-
ammenarbeit von Hochschulen sowie kleineren und
ittleren Unternehmen verstärkt werden soll. Ist es nicht
innvoll, in dieses Duo regionale und kommunale Kör-
erschaften einzubeziehen? Denn nach meiner Meinung
st eine Verflechtung von kommunalen Körperschaften,
leinen und mittleren Betrieben sowie der Wissenschaft
nabdingbar, um eine ländliche Region zielgerichtet zu
ördern.
U
Ich kann das nur bestätigen. Mein Petitum ist: 15 Jahreeutsche Einheit, lasst uns aus den eigenen Erfahrungen
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Parl. Staatssekretär Ulrich Kasparicklernen! Die eigenen Erfahrungen zeigen: Wenn man sichbei Bundesförderprogrammen, kombiniert mit Landes-förderprogrammen, auf regionale Ansätze konzentriert,dann kommt man voran. Eine sektorale Förderung istnicht zielführend. Wir brauchen vielmehr eine regionaleKooperation. Wenn man sich beispielsweise die Förder-ansätze im BMBF im Rahmen von „Unternehmen Re-gion“ mit fünf Teilprogrammen anschaut, dann stellt manfest, dass es sich ausschließlich um regionale Ansätzehandelt. Alle Programme, wie beispielsweise Inno-Wattoder die „Integrierte ländliche Entwicklung“ im Bundes-landwirtschaftsministerium, haben den Fokus auf der re-gionalen Zusammenarbeit. Wir sehen, dass die Projektevorankommen, bei denen genau das passiert, was Sie an-sprechen, bei denen sich also die Forschung mit der re-gionalen Politik und den Bundesförderinstrumenten ver-bündet.Ich möchte noch ein Kriterium hinzufügen. Wir mer-ken, dass die Projekte, insbesondere diejenigen, die vomBund gefördert werden, erfolgreich sind, die sich vonvornherein auf Qualität konzentrieren. Ein regionalerZusammenschluss ist noch kein Wert an sich. Vielmehrkommt es erst dann zu einer selbsttragenden wirtschaftli-chen Entwicklung, wenn man sich in der Produkt- oderder Verfahrensentwicklung von vornherein dem interna-tionalen Wettbewerb stellt. Mein Eindruck ist, dass dieNetzwerke in den neuen Bundesländern noch nicht opti-mal sind. Hier gibt es noch Verbesserungsmöglichkeiten.Um diesen Prozess wollen wir uns kümmern. Wir wer-ben damit: Geld vom Bund gibt es, wenn ihr euch zu-sammentut und auf internationale Standards achtet.
Vielen Dank für die Botschaft.
Frau Hirsch.
Danke schön, Herr Staatssekretär. – Sie sind zu Recht
auf die hohe Jugendarbeitslosigkeit und die Probleme
auf dem Ausbildungsstellenmarkt eingegangen. Die von
Ihnen vorgetragenen Lösungsvorschläge sind aber, wie
ich finde, sehr dürftig. Die Chance junger Menschen im
Osten Deutschlands auf einen betrieblichen Ausbil-
dungsplatz ist ungefähr nur halb so groß wie im Westen.
Aber Sie sagen lediglich, Sie wollten das Ausbildungs-
platzprogramm Ost – das ist zweifelsohne ein richtiges
und sinnvolles Programm; es reicht aber bei weitem
nicht aus – fortsetzen. Ich bitte Sie daher, darzulegen,
welche konkreten Ansatzpunkte Sie haben und was Sie
vorhaben, um die miserable Ausbildungssituation im
Osten Deutschlands zu verbessern.
U
Da gibt es mehrere Ansatzpunkte. Gerade beim
Thema Ausbildungsmarkt ist mir persönlich wichtig,
dass man die Zuständigkeiten genau beachtet: Was kann
der Bund tun, was können die Länder machen, was kön-
nen die Kammern tun, was können die Arbeitgeberver-
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ernehmen haben und b) zu wenig Unternehmen haben,
ie Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen. An der
telle kann der Staat im Grunde nur indirekt helfen, in-
em er diejenigen finanziert, die eine überbetriebliche
usbildung bekommen.
Die für die Regierungsbefragung eigentlich zur Ver-
ügung stehende Zeit ist nun erschöpft. Ich beabsichtige,
ie notierten Fragen des Kollegen Barth und der Kolle-
innen Wicklein, Lötzsch und Enkelmann noch aufzuru-
en, zumal die für die mündliche Beantwortung verblei-
enden Fragen für die Fragestunde eine überschaubare
age erkennen lassen. – Ich sehe, Sie sind mit dieser
orgehensweise einverstanden. Habe ich irgendeine
ortmeldung übersehen? – Nein.
Die nächste Frage hat der Kollege Barth.
Vielen Dank, Herr Präsident! – Herr Staatssekretär,ir erwarten an den Hochschulen in den nächsten Jahrenine deutliche Erhöhung der Studierendenzahlen, die,umindest nach jetziger Abschätzung, im Wesentlichenie westdeutschen Hochschulen betrifft. Die Hochschul-aktmittel – die Föderalismusreform ist eben angespro-hen und aus meiner Sicht richtig gewürdigt worden –,
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Uwe Barthmüssen einvernehmlich mit den Ländern verteilt wer-den. Mit welche Plänen bzw. Konzepten will Ihr Hausmit Blick auf den Aufbau Ost dafür sorgen, dass die At-traktivität der ostdeutschen Hochschulstandorte vermit-telt wird? Wie wollen Sie verhindern, dass in den west-deutschen Ländern öffentliche Mittel – auch die Mittelaus dem Hochschulpakt sind letzten Endes öffentlicheMittel – zum Ausbau von Kapazitäten verwendet wer-den, während in den ostdeutschen Ländern Kapazitäts-überhänge bestehen?U
Ich will eine kurze Antwort versuchen. Erstens. Die
Universitäten spielen bei der wirtschaftlichen Entwick-
lung im internationalen Wettbewerb eine ganz zentrale
Rolle, weshalb die Bundesregierung zusätzlich 6 Mil-
liarden Euro für diesen Bereich zur Verfügung stellt. Wir
müssen Forschung und Entwicklung in Gesamtdeutsch-
land nach vorne bringen, weil wir im internationalen
Wettbewerb stehen.
Zweitens. Was bedeutet das für die neuen Bundeslän-
der? Wir haben jetzt mit großen Mehrheiten in beiden
Kammern entschieden, dass für dieses Thema zuneh-
mend die Bundesländer die Verantwortung übernehmen.
Das bedeutet, dass die Bundesländer jetzt zu einer Prio-
ritätendebatte gezwungen werden und sie sich entschei-
den müssen, wofür sie ihre knappen Ressourcen einset-
zen. Wir vonseiten des Bundes werben sehr dafür, sich
um den Bereich Forschung und Entwicklung besonders
zu kümmern, weil wir sehen, dass daraus Erfolge resul-
tieren. Ob das in jedem Bundesland tatsächlich realisiert
wird, muss man sehen. Allmählich spricht sich herum,
was die Entscheidung der Föderalismuskommission be-
deutet.
Wir können als Koordinationsministerium für die
neuen Länder nicht direkt eingreifen; das wissen Sie.
Das Bundesforschungsministerium hilft den Hochschul-
standorten sehr aktiv. Die Frage ist: Was kann der Bund
dazu beitragen, dass die ostdeutschen Universitäten bei
der Exzellenzinitiative besser als beim ersten Call ab-
schneiden?
Unser Petitum ist, auch da stärker zu kooperieren. Wir
stellen uns vor, dass beispielsweise die Universitäten
Halle und Leipzig mit der Universität Dresden zusam-
menarbeiten. Dann müsste es doch eigentlich gelingen,
im Exzellenzwettbewerb stärker als in der Vergangenheit
in Erscheinung zu treten. Ich glaube, da sind noch nicht
alle Ressourcen ausgeschöpft.
Was allerdings die Finanzierung der Hochschulen, im
Speziellen der Universitäten, anbetrifft, sind die Länder
jetzt besonders gefordert. Wir werben sehr dafür, dass
sich die Länder darum kümmern.
Frau Kollegin Lötzsch, bitte.
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Fragen zu weiteren Themen der Kabinettssitzungder andere Fragen an die Bundesregierung sind miricht angezeigt worden.Damit schließe ich die Befragung der Bundesregie-ung.Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf:Beratung des Antrags der BundesregierungFortsetzung der Beteiligung deutscher Streit-kräfte an der Friedensmission der VereintenNationen im Sudan auf Grundlageder Resolution 1709 des Sicherheits-rates der Vereinten Nationen vom 22. Septem-ber 2006– Drucksache 16/2700 –Überweisungsvorschlag:Auswärtiger Ausschuss
RechtsausschussVerteidigungsausschussAusschuss für Menschenrechte und Humanitäre HilfeAusschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit undEntwicklungHaushaltsausschuss gemäß § 96 GOEine Aussprache ist dazu heute nicht vorgesehen.Wir kommen daher gleich zur Abstimmung über denberweisungsvorschlag. Interfraktionell wird Überwei-ung dieses Antrags auf der Drucksache 16/2700 an dien der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorge-chlagen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist offen-undig der Fall. Dann ist die Überweisung so beschlos-en.Ich rufe den Tagesordnungspunkt 3 auf:Fragestunde– Drucksache 16/2670 –Die Reihenfolge der Geschäftsbereiche ist Ihnen mit-eteilt worden.
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Präsident Dr. Norbert LammertWir kommen zunächst zum Geschäftsbereich desAuswärtigen Amtes. Zur Beantwortung steht der Staats-minister Günter Gloser zur Verfügung.Zunächst rufe ich die Frage 1 des Kollegen JanMücke auf:Welche Vorbehalte nach dem Wiener Übereinkommenüber das Recht der Verträge hätte die BundesrepublikDeutschland bei ihrem Beitritt zum Übereinkommen zumSchutz des Kultur- und Naturerbes der Welt völkerrechtlichwirksam erklären können, um der kommunalen Selbstverwal-tung den notwendigen Entscheidungsspielraum im Rahmender Ziele des Übereinkommens zu sichern?
Ich beantworte Ihre Frage wie folgt, Herr Kollege
Mücke: Das UNESCO-Übereinkommen zum Schutz des
Kultur- und Naturerbes der Welt von 1972 ist nach sei-
nem Art. 33 für die Bundesrepublik Deutschland am
23. November 1976 in Kraft getreten. Bei der Hinterle-
gung der Ratifikationsurkunde hat die Bundesregierung
erklärt, dass die Bundesrepublik Deutschland nicht an
die Bestimmung des Art. 16 Abs. 1 gebunden ist. Was
sagt diese Bestimmung? Diese Bestimmung verpflichtet
die Vertragsstaaten unbeschadet etwaiger zusätzlicher
freiwilliger Beiträge zur regelmäßigen Zahlung von Bei-
trägen in einen Fonds für das Erbe der Welt. Zur Abgabe
einer solchen Erklärung werden die Vertragsparteien des
Übereinkommens durch den Art. 16 Abs. 2 des Überein-
kommens ausdrücklich ermächtigt. Weitere Erklärungen
hat die Bundesrepublik Deutschland nicht abgegeben.
Vorbehalte zu völkerrechtlichen Verträgen sind ge-
mäß Art. 19 des Wiener Übereinkommens über das
Recht der Verträge unzulässig, erstens wenn der Vertrag
den Vorbehalt verbietet, zweitens wenn der Vertrag nur
bestimmte Vorbehalte erlaubt – dazu gehört der infrage
stehende Vorbehalt allerdings nicht – oder drittens wenn
der Vorbehalt mit Ziel und Zweck des Vertrages nicht
vereinbar ist. Ansonsten sind Vorbehalte zulässig.
Zusatzfrage.
Herr Staatsminister, es ist durchaus üblich, dass bei
solchen UNESCO-Konventionen weitere Vorbehalte ge-
macht werden. Mir ist ein ähnlicher Fall zu einer ande-
ren UNESCO-Konvention bekannt, zu der die Vereinig-
ten Staaten von Amerika und Dänemark Vorbehalte
formuliert haben.
Ich möchte noch einmal auf den Wortlaut meiner
Frage hinweisen: Welche Vorbehalte im Zusammenhang
mit der kommunalen Selbstverwaltung und der Siche-
rung von Entscheidungsmöglichkeiten wären nach die-
sem Übereinkommen möglich gewesen?
Unabhängig davon, ob man einen solchen Vorbehalt
hätte machen können, gilt: Ein Vorbehalt kann zum Bei-
spiel bei Hinterlegung der Ratifizierungsurkunde, nicht
aber nachträglich abgegeben werden. Wir alle wissen,
dass die Ratifikation schon vor einigen Jahren erfolgt ist.
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
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5122 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 53. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 27. September 2006
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Vielleicht kann das auch noch einmal schriftlich
echselseitig bestätigt werden.
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Sie ist mir bekannt und sie hat mich dazu gebracht,
uf die Fragwürdigkeit jetzt geplanter Gebührenerhö-
ungen hinzuweisen.
Mindestens über die Informationsquellen besteht eineemeinsame Einschätzung.Weitere Fragen habe ich nicht gesehen. Ich bedankeich beim Kollegen Neumann.Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundes-inisteriums der Finanzen. Die eingereichten Fragen 11is 17 werden schriftlich beantwortet.Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundes-inisteriums für Wirtschaft und Technologie. Zur Be-ntwortung steht der Parlamentarische Staatssekretärartmut Schauerte zur Verfügung.Die Frage 18 wird schriftlich beantwortet.Wir kommen damit zu den Fragen 19 und 20. – Ichehe gerade, dass der Kollege Hill nicht anwesend ist. Esird somit verfahren, wie in der Geschäftsordnung vor-esehen.Herr Kollege Schauerte, ich bedauere, dass Sie die si-her exzellent vorbereiteten Antworten nicht vor demlenum vortragen können.
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Präsident Dr. Norbert Lammert
Die Fragen 21 bis 26 aus dem Geschäftsbereich desBundesministeriums für Gesundheit werden schriftlichbeantwortet.Nun kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundes-ministeriums für Arbeit und Soziales. Die Fragen 27 und28 wurden zurückgezogen und die Fragen 29 bis 31 wer-den schriftlich beantwortet.Wir sind damit am Ende der Fragestunde.Ich unterbreche die Sitzung bis zum Beginn der Aktu-ellen Stunde um 15.40 Uhr.
Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.
Ich rufe den Zusatzpunkt 1 auf:
Aktuelle Stunde
auf Verlangen der Fraktion der FDP
Bisherige Ergebnisse der Koalition zu einer
Reform für ein leistungsfähiges Gesundheits-
wesen
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege
Daniel Bahr für die Fraktion der FDP.
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-legen! Die Frau Bundeskanzlerin hat am Freitag der letz-ten Woche erklärt, sie sei zuversichtlich, dass dieses Pro-jekt der Koalition – gemeint ist die Gesundheitsreform –zu einem guten Ende geführt wird. Angesichts der Äuße-rungen der letzten Wochen hat man nicht mehr den Ein-druck, dass die Bundesregierung wirklich daran arbeitet,eine leistungsfähige Gesundheitsreform auf den Weg zubringen, die die Zukunftsprobleme unseres Gesundheits-wesens löst. Ihnen, meine Damen und Herren von derKoalition, geht es doch nur noch darum, Ihr Gesicht zuwahren und möglichst glimpflich aus dem Gesundheits-streit herauszukommen.
Herr Stoiber hat gedroht: Wenn dieses Projekt schei-tert, ist die Regierung am Ende. Herr Struck hat MitteSeptember dieses Jahres erklärt: Die Gesundheitsreformist der Lackmustest dieser Koalition; sie muss gelingen,damit die Koalition bis 2009 hält. Der CDU-General-sekretär hat vorgestern im „Morgenmagazin“ gesagt:Wir stehen Millimeter vor einer Lösung. Sein Kollegevon der CSU hat auf diese Äußerung reagiert, indem ersagte: Wir sind Kilometer voneinander entfernt. – Alldas hat zur Folge, dass die Bürgerinnen und Bürger zuRecht nicht mehr den Eindruck haben, dass es Ihnen inder Gesundheitspolitik wirklich um die Sache geht.VsthdSbKHtaHnSNkdbSBbirsmFnwBsszvS
ielmehr glauben sie, dass Sie nicht mehr in der Lageind, Eckpunkte einer Reform zu erarbeiten, die wirklichragfähige Lösungen für die Probleme unseres Gesund-eitswesens darstellen. Man hat in der Tat das Gefühl,ass die Koalition eine Truppe ist, die nicht mehr an derache arbeitet, sondern nur noch daran, im Amt zu blei-en.
Was waren das für große Erwartungen, die dieseoalition geweckt hat?
err Scholz hat im April 2006 gesagt: Die große Koali-ion muss mit der Gesundheitsreform ihr Meisterstückbliefern.
err Seehofer sagte: Die Gesundheitsreform muss nichtur Monate, sondern eine ganze Generation tragen. Frauchmidt, die Bundesministerin für Gesundheit, hat imovember 2005 angekündigt, die gesetzlichen Kranken-assen auch im kommenden Jahr zu Beitragssenkungenrängen zu wollen.
Schon in Ihrem Koalitionsvertrag haben Sie verein-art, einen Beitrag dazu leisten zu wollen – dazu habenie sich verpflichtet –, dass die Lohnzusatzkosten imereich des Gesundheitswesens zumindest stabil blei-en, wenn nicht sogar sinken.
Was hat die große Koalition nach der Kanzlerrundem Juli dieses Jahres, an der sieben Leute beteiligt wa-en, als Erstes angekündigt? Dass die Beiträge zur ge-etzlichen Krankenversicherung im nächsten Jahr umindestens 0,5 Prozentpunkte steigen werden!
rau Bundeskanzlerin hat damals erklärt: Mehr wird esicht.Angesichts der Ankündigungen der Krankenkassenissen wir mittlerweile, dass sich die Bürgerinnen undürger im nächsten Jahr auf weit stärkere Beitrags-atzerhöhungen einstellen müssen. Die Beitragssätzeteigen auf ein Rekordniveau von mindestens 14,9 Pro-ent. So hohe Beitragssätze zur gesetzlichen Kranken-ersicherung kannten wir in Deutschland bisher nicht.ie sind dafür verantwortlich, weil Sie Entscheidungen
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 53. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 27. September 2006 5125
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Daniel Bahr
getroffen haben, die dazu führen, dass die Krankenkas-sen ihre Beitragssätze im nächsten Jahr so massiv erhö-hen müssen.
– Frau Ferner, nicht wir haben die Mehrwertsteuererhö-hung beschlossen, durch die die Krankenkassen imnächsten Jahr um 800 Millionen Euro belastet werden.
Nicht wir haben den Zuschuss des Bundes aus dem Ta-baksteueraufkommen infrage gestellt, was bedeutet, dassim nächsten Jahr diese 4,2 Milliarden Euro den gesetzli-chen Krankenkassen eben nicht zugeführt würden.
Sie, Frau Ferner, die SPD und die Kolleginnen und Kol-legen von der CDU/CSU haben Entscheidungen getrof-fen, die dazu führen, dass die Beitragssätze im nächstenJahr deutlich steigen.Ihr Vorschlag, einen Gesundheitsfonds aufzulegen,heißt doch nichts anderes, als einen von der Politik fest-gelegten Beitragssatz einzuführen. Demnächst soll alsodie Bundesgesundheitsministerin über die Höhe einesbundesweit einheitlichen Beitragssatzes entscheiden.
Wissen Sie, wozu dies führen wird, erst recht wenn vor-her noch die Krankenkassen entschuldet werden? Dasswir in den nächsten beiden Jahren Beitragssätze vondeutlich über 15 Prozent erleben werden. Das zeigt, dassSie von der großen Koalition nicht einmal Ihre eigenenMaßstäbe, die Maßstäbe, die Sie sich gesetzt haben, ein-halten. Dabei haben Sie im Koalitionsvertrag verspro-chen, die Lohnzusatzkosten zu stabilisieren und sie zusenken. Das wird durch Ihre eigenen Vorschläge Maku-latur! Für die Patienten wird das Gesundheitswesen im-mer teurer, aber bei weitem nicht besser.
Sie nennen Ihr Gesetz „Wettbewerbsstärkungsge-setz“. Bedeutet es mehr Wettbewerb, wenn die Politikentscheidet, wie hoch der Beitragssatz ist, wenn dasGeld, das dann bundesweit eingezogen wird, den Kran-kenkassen quasi zugeteilt wird? Nein, meine Damen undHerren, das ist dann ein Gesundheitswesen, in dem dieBeitragsautonomie der Krankenkassen aufgehoben wird,in dem der Zusammenhang zwischen Beitrag und Leis-tung verloren geht, ein Gesundheitssystem der Zuteilungvon Staates, von Bundesregierungs Gnaden. Das hatnichts mit Wettbewerb zu tun, sondern das ist der Weg inein staatliches und zentralistisches Gesundheitswesen.Die Folgen eines staatlichen und zentralistischen Ge-sundheitswesens sind Mangelverwaltung und Wartelis-ten. Die krassesten Unterschiede einer Zweiklassenme-dusshlnWKhSvStlbIdbdSsBzscgdnwNSA
ie werden sich wundern; ich werde es an ganz konkre-en Punkten klar machen.Zunächst einmal zum Beitragseinzug. Noch in deretzten Woche sind Sie durch die Lande gezogen und ha-en von einem „bürokratischen Monster“ gesprochen.hr Vorwurf geht ins Leere;
enn es kommt folgende Regelung: Der Beitragseinzugleibt bei den Krankenkassen, wie bisher. Wo also solla mehr Bürokratie sein?
ie behaupten etwas, obwohl Sie wissen, dass nichttimmt, was Sie sagen.Zum nächsten Punkt. Da die Kassen wie bisher dieeiträge einziehen, erübrigt sich eine Doppelstrukturum Einzug einer zusätzlichen Prämie. Auch Ihre Aus-age, die Umsetzung unserer Vorschläge würde eine sol-he Doppelstruktur erfordern, ist also falsch. Die Arbeit-eber können künftig sogar an eine Stelle überweisen;as ist eine Vereinfachung gegenüber bisher.Sie sagen, der Wettbewerb werde eingeschränkt. Zu-ächst einmal: Wenn Sie einen ehrlichen Wettbewerbollen, müssen Sie vorher Chancengleichheit herstellen.ur dann ist Wettbewerb möglich.
ie können nicht eine Kasse, bei der sehr vielerbeitslose und sehr viele Ältere versichert sind, in den
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Wolfgang ZöllerWettbewerb treten lassen mit einer Kasse, bei der nurJunge, Gesunde versichert sind. Wettbewerb setzt Chan-cengleichheit voraus.
Sie werden sehen, dass der Wettbewerb der Kassen mitunserem Gesundheitsreformgesetz sogar gestärkt wird:Künftig wird wesentlich weniger auf der Bundesebenegemeinsam und einheitlich entschieden, als das heutemit den sieben Spitzenverbänden der Fall ist.
Es wird einen Spitzenverband geben, der ein ganz be-grenztes Aufgabenfeld bekommt und zudem wettbe-werbsneutral ist.
Teile der Aufgaben, die jetzt die sieben Spitzenverbändeauf Bundesebene wahrnehmen, werden heruntergebro-chen auf die Landesebene. Dort gibt es keine Spitzenver-bände, dort bleibt es bei den bestehenden Strukturen, da-mit eben noch mehr Wettbewerb möglich ist.
Sie werden sehen, es wird nicht so, wie Sie sagen. Mitdiesem Gesetz wird nicht weniger Wettbewerb, sondernmehr Wettbewerb ermöglicht. Nur stichpunktartig: Wirwerden Hausarzttarife, wir werden Kostenerstattungs-tarife ermöglichen. Da müsste die FDP eigentlich Lo-beshymnen singen!
Wir werden Selbstbehalttarife für alle Versicherten er-möglichen, nicht nur, wie bisher, für die besser verdie-nenden Versicherten. Wir werden den Kassen ermögli-chen, Vertragsverhandlungen mit Arzneimittelherstellernzu führen. Wir werden integrierte Versorgungsverträgeabschließen und erstmals auch die Pflegeversicherungmit einbinden. Das heißt, der Versicherte wird in denMittelpunkt gestellt und nicht wie bisher dort behandelt,wo vom Budget noch etwas übrig ist. Auch das ist einwesentlicher Vorteil, der zu einer besseren Versorgungder Versicherten führt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Leutedraußen, die uns zuhören, stellen sich meistens drei Fra-gen:Erstens. Wird es für mich teurer?
Zweitens. Gehen sie mit meinen Beiträgen wirtschaftlichund sparsam um?
Drittens. Bekomme ich noch alles oder was wird gestri-chen?–neDnZrLpudkwvZldklsLFuHwDdDn
Sie können noch so sehr dazwischenrufen, ich sage Ih-en die drei Antworten:Zur ersten Frage: Ohne die Gesundheitsreform wirds wesentlich teurer.
ie Gesundheitsreform ist notwendig, damit es nichtoch teurer wird.
udem schaffen wir mit diesem Gesetz erstmals die Vo-aussetzungen dafür, dass die Finanzierung nicht an dieohnkosten, sondern an die Leistungsfähigkeit gekop-elt wird.Zur zweiten Frage, ob wir mit den Beiträgen sparsammgehen. Sie werden merken: Je mehr Wettbewerb inem System ist, desto mehr Wirtschaftlichkeitsreservenönnen erschlossen werden. Es wird mit diesem Gesetzesentlich mehr Strukturelemente geben, als das jemalsorher bei einer Gesundheitsreform der Fall war.
ur Sparsamkeit gehört natürlich auch, dass alle Betei-igten – angefangen bei den Krankenkassen bis hin zuen Ärzten – den Missbrauch der Versichertenkarten be-ämpfen müssen.Zur dritten Frage: Die Versicherten bzw. Bürger wol-en hören, ob sie mehr oder weniger bekommen. Ich bineit 1990 dabei. Dies ist die erste Reform, bei der keineeistungen für die Versicherten gestrichen werden.Vielen Dank.
Das Wort hat die Kollegin Dr. Martina Bunge für die
raktion Die Linke.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnennd Kollegen! Die große Koalition ist angetreten, dieerausforderungen der Zukunft anzupacken und zu be-ältigen.
ie Gesundheitsreform wurde als eine solche Herausfor-erung, wenn nicht als die wesentliche bezeichnet.Doch wie sieht die aktuelle Situation aus?
er Zustand wurde in der letzten Woche durch eine re-ommierte Zeitung meines Erachtens sehr zutreffend
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Dr. Martina Bungecharakterisiert: Rasender Stillstand im Berlin der großenKoalition. – Nicht nur die Gesundheitsreform ist imMoment in der Krise, sondern die gesamten Kompetenz-zuweisungen im föderalen System werden hinterfragtund infrage gestellt. In den Medien jagen sich die Ideenmittlerweile nicht nur täglich, sondern stündlich. Nach-dem sich mehrere Ministerpräsidenten eingemischt hat-ten, wird von Spitzenpolitikern jetzt diskutiert, wer wannetwas sagen darf.Ich möchte hier einmal betonen: Wir, die Parlamenta-rier – der Gesetzgeber –, sind immer noch außen vor.Herr Zöller, deshalb mussten wir eine Aktuelle Stundebeantragen.
Die Fraktion Die Linke hat ihren Antrag nur um derZeitökonomie willen zurückgezogen.
Wir wollen in dieser Stunde, die eigentlich die Stundedes Parlaments ist, neues Offizielles von der Bundesre-gierung erfahren.Die Vorschläge zur Gesundheitsreform ernten breiteProteste. Warum? – Ich denke, sie ernten deshalb breiteProteste, weil die Akteure im und um das Gesundheits-system, die Patienten und die Versicherten außen vorbleiben. Nehmen wir den Ärzteprotest in der letzten Wo-che. Sie haben versprochen, mit der Umstellung der Ver-gütung von Punktwerten auf Eurobeträge werde es zu ei-ner Angleichung zwischen Ost und West kommen. Wenndie Ärztinnen und Ärzte in den neuen Bundesländern indie noch nicht existierenden Gesetzentwürfe schauenund dort lesen, dass die Eurobeträge nach der regionalenWirtschaftskraft festgelegt werden, dann fangen sie anzu rechnen. Bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt ergibtsich beispielsweise für Mecklenburg-Vorpommern nurein Wert von 67 Prozent des Bundesdurchschnitts. WennSie vielleicht nachher sagen, Frau Ministerin, das seifalsch interpretiert – ich muss leider vor Ihnen spre-chen –, dann kann ich nur sagen: Das Schlimme ist, dasswir nicht miteinander reden. Deshalb kommt es zu sol-chen Verunsicherungen.Eines ist doch klar: Wenn der Knackpunkt, der nachMedienmeldungen noch nicht geklärt ist und erst nächsteWoche angegangen werden soll, nämlich der Finanzaus-gleich zwischen den finanzstarken Südländern und denfinanzschwächeren Nord- und Ostländern,
und wenn der Risikostrukturausgleich in der morbidi-tätsorientierten Form nicht bald kommt, dann wird dasVermutete Wirklichkeit werden müssen, weil ansonsteneinfach das Geld nicht ausreicht.ßwdohsF1–wdzsDrdwssEgDlISnSsgDU
Der Zusatzbeitrag ist der zweite Knackpunkt. Dierage ist: Einigen Sie sich auf eine Deckelung vonProzent des Haushaltseinkommens
was ja schon eine Belastung bedeuten würde – und,enn ja, wird es dabei auch zukünftig bleiben? Sollenie Versicherten tatsächlich glauben, diese 1-Pro-ent-Regelung bleibt ewig bestehen, wo doch dieser Zu-atzbeitrag das einzige Ventil im Gesundheitsfonds ist?iesen Vertrauensvorschuss haben Sie nicht mehr.Die Bevölkerung steht hinter einer solidarischen, pa-itätisch finanzierten Krankenversicherung. Daher findetie Idee der Bürgerversicherung breiten Anklang. Auchir, Die Linke, verfolgen diesen Ansatz. Die Bürgerver-icherung reflektiert die Veränderungen in der Gesell-chaft und der Arbeitswelt: Beiträge für alle und auf alleinkommen. Das ist für eine bedarfsgerechte Versor-ung ohne Zuzahlung auch in der Zukunft ausreichend.ahinter steht die Mehrheit der Wählerinnen und Wäh-er, denen wir verpflichtet sind.
Daher fordern wir als Fraktion Die Linke: Packen Siehre missglückte Reform ein! Sichern Sie für 2007 dentatus quo im Gesundheitssystem und beginnen Sie ei-en gesellschaftlichen Diskurs!
chauen Sie sich die Niederlande an. Dort ist ein gesell-chaftlicher Konsens gesucht und gefunden worden.
Zum Schluss noch ein Zitat. Albert Einstein hat 1929esagt:Die Probleme, die es in der Welt gibt, sind nicht mitder gleichen Denkweise zu lösen, die sie erzeugthaben.aran sollten wir denken.
Das Wort hat die Bundesministerin für Gesundheit,lla Schmidt.
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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Mir kam gerade der Gedanke, dass das, was Sie, FrauKollegin Bunge, zum Schluss gesagt haben, ein gutesMotto für die Arbeit der PDS wäre. Das zu befolgen täteIhnen sehr gut.
Kommen wir zum heutigen Thema. Dafür, dass esdoch angeblich keine Beratungsgrundlage gibt und dassauch im Arbeitsentwurf nichts festgelegt sei, gibt es indieser Republik sehr lautes Geschrei.
Das verwundert nicht, wenn man sich einmal anschaut,woher die Debatten kommen.
Sie werden von Besitzstandswahrern angestoßen, dieglauben, dass Reformen auf den Weg gebracht werdenkönnen, deren Motto lautet: Wasch mir den Pelz, abermach mich nicht nass.
Das wird hiermit nicht geschehen.Ich kann Sie aber beruhigen:
Die Koalition wird die notwendigen Entscheidungentreffen. Wir werden im Oktober im Kabinett beraten.
Dann haben wir ausreichend Zeit, den gesellschaftlichenDiskurs, aber auch die Debatten im Deutschen Bundes-tag
– unter anderem in Anhörungen mit den Verbänden undall den anderen Betroffenen – zu führen, sodass das Ge-setz zum 1. April 2007 in Kraft treten kann.
Dass wir hier nicht zu übereinstimmenden Auffassun-gen kommen, ist klar.Sie als FDP wollen, dass das Gesundheitswesen pri-vatisiert wird und dass Menschen mit geringem Einkom-men allenfalls eine staatlich garantierte Basisversorgungerhalten. Das unterscheidet sich fundamental von denZielen, auf denen die Koalition eine Reform aufbaut.
Diese Ziele sind: Erstens sorgen wir mit dieser Re-form dafür, dass jeder und jede eine gute medizinischeVersorgung erhält, und zwar unabhängig vom Einkom-men, Wohnort – auch das ist heutzutage ein Thema –und Alter.deKsebiggwahüfasadEtRkABdzIbcnhsVoGw
Zweitens. Mit dieser Reform wollen wir erreichen,ass Patienten und Versicherte mehr Wahlmöglichkeitenrhalten. Sie sollen auch weiterhin den Arzt und dasrankenhaus frei wählen können; darüber hinaus sollenie aber auch die Wahlfreiheit gegenüber Krankenkassenrhalten, die bei ihren Tarifen kosten- und gesundheits-ewusstes Verhalten belohnen.Drittens. Eine bedeutende Neuerung dieser Reformst, dass die Wahlfreiheit für jeden Bürger und jede Bür-erin in diesem Land mit dem Rechtsanspruch einher-eht, in eine Krankenversicherung aufgenommen zuerden, und zwar nicht nur in eine gesetzliche, sondernuch in eine private Krankenversicherung.
Meine Damen und Herren von der Opposition, Siealten das System der privaten Krankenversicherung fürberlegen. Mir sind aber erst letzte Woche wieder Zwei-el gekommen,
ls ich Folgendes lesen musste: Wenn die Koalition tat-ächlich wolle, dass eine private Krankenversicherunguch zur Aufnahme kranker Menschen verpflichtet wird,ann würden die Beiträge um 70 Prozent steigen.
ine solche Aussage spricht nicht dafür, dass dieses Sys-em überlegen ist; sie spricht vielmehr dafür, das weitereeformen notwendig sind. Denn die gesetzliche Kran-enkasse versichert seit ihrem Bestehen Menschen ohnensehen des Risikos, ohne dass von einer Erhöhung dereiträge um 70 Prozent die Rede ist.
Viertens. Wir wollen mit der Reform erreichen, dassas System und die Gesundheit für die Menschen be-ahlbar bleiben.
m Unterschied zu Ihnen verfolgen wir den Weg, dassreitere Schultern mehr tragen als schmale, wobei wir si-herstellen, dass der Einzelne durch unsere Reformenicht überfordert wird.
Wir sind mit einem hohen Anspruch an die Reformenerangegangen, weil wir, wie es der Kollege Zöllerchon formuliert hat, sicherstellen wollen, dass nicht dieersicherten oder die Kranken über höhere Zuzahlungender Leistungsausschlüsse die Last zu tragen haben. Imegenteil: Wir erweitern die Leistungen, wo dies not-endig ist und wo es sich aus der bisherigen Entwick-
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Bundesministerin Ulla Schmidtlung ergibt. Wir erweitern die Leistungen für ältere undschwerstkranke Menschen wie auch für Väter, Mütterund Kinder, weil wir das für notwendig halten.Wir wollen auch, dass die Bevölkerung insgesamt bisins hohe Alter gut versorgt ist. Deswegen befassen sich450 der 500 Seiten, die der Arbeitsentwurf umfasst, mitder Frage, wie das Geld der Versicherten im Gesund-heitssystem zielgenau für die Versorgung kranker Men-schen eingesetzt werden kann. Darin unterscheiden wiruns.Das sind die Grundlagen, die wir mit dieser Reformauf den Weg bringen. Es wird eine gute Reform.
Im Rahmen der Gesamtreform – über die wir einegroße Debatte führen, Frau Kollegin Bender – bringenwir vier große eigenständige Gesetze auf den Weg. Wirführen die umfassendste Strukturreform der letzten25 Jahre durch.
Wir führen darüber hinaus eine große Organisationsre-form und eine Finanzreform durch und wir reformierendie private Krankenversicherung.Bei den Strukturen geht es vor allen Dingen darum,wie wir ambulante und stationäre Versorgung besser ver-zahnen können. Deshalb fördern wir weiterhin die inte-grierte Versorgung und wir bauen sie aus, indem wir diePflege und die nicht ärztlichen Berufe einbeziehen. Wirwerden die Chronikerversorgung verbessern, indem wirsie besser auf die Patienten, insbesondere auf ältereMenschen, ausrichten. Wir werden die medizinischenVersorgungszentren weiter fördern. Wir werden dieKrankenhäuser für die ambulante Versorgung vonSchwerstkranken oder Menschen mit seltenen Erkran-kungen öffnen; denn wir sind der Meinung, dass auchein gesetzlich Krankenversicherter das Recht haben soll,sich von Spezialisten im Krankenhaus ambulant behan-deln zu lassen. Das darf nicht alleine ein Vorrecht derPrivatversicherten in diesem Land bleiben.
Wir leiten zudem strukturelle Maßnahmen ein, wie dieKosten-Nutzen-Bewertung bei Arzneimitteln und dasVier-Augen-Prinzip bei der Verordnung besonderer Arz-neimittel und eine Änderung des ärztlichen Honorarsys-tems.Bei der Organisationsreform wollen wir das starreSystem von Krankenkassen und Spitzenverbänden ent-schlacken und entbürokratisieren. Ich sage ganz deut-lich: Für den Wettbewerb brauchen wir keine 250 Kran-kenkassen. Die sollen sich zusammenschließen. Wirbrauchen auch keine sieben Spitzenverbände. Vielmehrwollen wir einen Spitzenverband haben.
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ier wollen wir beginnen, zu sparen, damit wir nicht beien kranken Menschen sparen müssen.Wir wollen, Frau Bunge, zudem eine Finanzreform,ie daran ansetzt, dass die gesetzliche Krankenversiche-ung eine Solidargemeinschaft ist. Wir wollen, dass inesamtdeutschland die Menschen überall eine gute Ver-orgung haben und dass Krankenkassen, die viele älterend kranke Menschen als Mitglieder haben, das Geld ha-en, um die Versorgung sicherzustellen.Als Letztes: Wir werden die private Krankenversiche-ung nicht außen vor lassen. Auch sie muss sich demettbewerb stellen und sich an der Versorgung aller be-eiligen. Wir werden dafür sorgen, dass die privatenrankenkassen in Zukunft auch ältere, kranke oder be-inderte Menschen versichern. Das ist die große Auf-abe, die wir mit dieser Reform angehen.
as ist eine gute Reform.
Für die Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen
pricht nun die Kollegin Birgitt Bender.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dieorte hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.
ie Ministerin verkündet hier großartig: Wir werdenntscheidungen treffen. – Angesichts des Vorlaufs erin-ert mich das an eine Erzählung von Heinrich Böll, iner jemand von Anfang bis Ende sagt: Es wird etwas ge-chehen. Aber tatsächlich passiert nichts. Was ist dennislang passiert? Sie haben Eckpunkte vorgelegt, dieiemanden überzeugen, am wenigsten Sie selbst, meineamen und Herren von der Koalition. Sie haben Ar-eitsentwürfe vorgelegt, über die die Koalition so sehrtreitet, dass sie sich selbst zerlegt. Sie haben zwar nach-earbeitet und nachgebessert. Aber tatsächlich haben Sieur verschlimmbessert. Der ganze Theaterdonner solline gemeinsame Politikfähigkeit simulieren, die dieoalition ganz offensichtlich nicht hat.
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Birgitt BenderNun haben wir eben gehört, man sei auf etwas Neuesgekommen und alles sei furchtbar schön. Beispiel Bei-tragseinzug: Herr Kollege Zöller, ich lese wohl, der Bei-tragseinzug für alle Sozialversicherungszweige verbleibtwie bislang bei den Krankenkassen.
Anschließend müssen aber die Krankenkassen ihre Bei-träge an einen Gesundheitsfonds – daran wird ja festge-halten – abführen. Aus dem Fonds sollen die Kranken-kassen einen Einheitsbeitrag mit Zu- oder Abschlägenerhalten. Schon damit dürfte man gut beschäftigt sein.
Dann müssen die Krankenkassen gegebenenfalls einenZusatzbeitrag erheben. Dafür brauchen sie individuelleVersichertenkonten und entsprechende Mitarbeiter. Dazukann ich nur ironisch sagen: Die Koalition tut zweifellosetwas für zusätzliche Arbeitsplätze; denn diese werdendabei sicherlich entstehen.
Anders gesagt: Die Versicherten zahlen dann nicht nurZusatzbeiträge, sondern bezahlen auch den zusätzlichenVerwaltungsaufwand der Krankenkassen. Das wird sieteuer zu stehen kommen. Eine solche Reform verdientdiesen Namen nicht.
Dann hören wir, es sei Chancengleichheit im Wettbe-werb zwischen den Krankenkassen erforderlich. Wohlwahr! Aber bei diesem Thema haben Sie sich bislangnicht geeinigt. Sie haben doch noch gar keinen krank-heitsbezogenen Ausgleich zwischen den Krankenkassenerarbeitet. Genau diese Hausaufgabe liegt noch vor Ih-nen. Aber von einer Lösung ist bislang nichts zu sehen.Sie feiern sich dafür, dass es in Zukunft nur noch ei-nen Dachverband auf Bundesebene geben und dass aufLandesebene kein Einheitsverband installiert wird.Schön, aber es bleibt bei einem Einheitsdachverband derKassen auf Bundesebene, es bleibt bei einem Einheits-beitrag der Kassen, dieser Einheitsbeitrag wird staatlichverordnet – das ist gerade das Gegenteil von Wettbewerb –und er soll die Kosten der Krankenkassen ausdrücklichnicht decken. Also müssen die Kassen eine Kopfpau-schale erheben. Die haben Sie gemeinsam in die Weltgesetzt.Jetzt streiten Sie sich über die Überforderungsklauselin Höhe von 1 Prozent des Haushaltseinkommens. Dieeinen sagen, die Überforderungsklausel in Höhe von1 Prozent sei nicht praktikabel. Damit haben sie übrigensRecht. Die anderen sagen, etwas anderes sei nicht ver-handelbar. Da kann ich nur sagen: Guten Morgen, dashätten Sie bei der Installierung der Kopfpauschale schonmerken müssen.ErtoLrfesFHVnnhvmtctEPbewmvfouDnwmRgdP
s ist eigentlich kein Wunder, dass die Koalition ausge-echnet über die Überforderungsklausel so herzhaft strei-et; denn am meisten überfordert ist diese Koalition ganzffensichtlich selber. Wenn Sie noch ein Minimum anernfähigkeit haben, dann würde es Ihnen zur Ehre ge-eichen, wenn Sie wirklich noch einmal von vorne an-angen würden. Vielleicht schaffen Sie es irgendwann,ine überzeugende Reform hinzulegen, obwohl man dao seine Zweifel haben kann.
Der Kollege Heinz Lanfermann hat nun für die FDP-
raktion das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen underren! Wenn eine Regierung oder eine Koalition dasertrauen des Volkes verlieren will, dann muss sie sichur mit der Sprache und der Selbstdarstellung weit ge-ug von der Realität entfernen. Genau das haben wireute wieder erlebt. Die Frau Ministerin hat uns zwarieles gesagt, aber nichts zu den wirklich brisanten The-en, die heute auf der Tagesordnung stehen.
Man muss sich fragen: Was ist denn die Realität? Ers-ens ist Realität: Die Koalition hat eine Reform verspro-hen, mit der die Beiträge und damit die Lohnnebenkos-en gesenkt werden sollten. Beschlossen wurde alsrstes, dass die Beiträge um mindestens einen halbenrozentpunkt steigen. Ergebnis also: Versprochen, ge-rochen.
Zweitens ist Realität: Seit zehn Monaten erleben wirinen chaotischen Verhandlungsmarathon, der immereiter in die Sackgasse führt. Mal verhandeln sieben,al fünf, mal sind es 16, mal wird mit Ländervertreternerhandelt, mal ohne. Bevor dann die aggressiven Ge-ühle gleich zur Explosion führen, reden – dies sogarhne die CSU – nur noch zwei miteinander, Frau Merkelnd Herr Beck.
ann gibt es eine Quickie-Pressekonferenz, auf der auchicht ein Wort mit Substanz geäußert wurde. Aber manill jetzt Sachverstand hinzuziehen. Das wenigstens hörtan gerne.
ichten Sie sich nach dem Sachverständigen Rürup, derenannt worden ist. Der hat bereits vor Wochen gesagt,ieses Vorhaben ende in einem Fiasko. Sie können dieapierstapel in den Müll werfen; denn erstens über-
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Heinz Lanfermannnimmt für die Papiere nie jemand Verantwortung – essteht nie ein ordentlicher Absender darauf, wenn man esgenau nimmt – und zweitens hält sich niemand an denInhalt. Es wird alles wieder infrage gestellt. Ich weiß garnicht, wie Sie das miteinander aushalten. Es gibt keineVerlässlichkeit, kein Vertrauen und es gibt keine gemein-samen Ziele. Was gestern verabredet wurde, gilt heutenicht mehr. Das Wichtigste an der Einigung ist, dass mansich überhaupt einigt, ganz gleich, welcher Murks amEnde im Gesetzblatt steht.
Drittens ist Realität: Es gibt nur ganz wenige Men-schen in Deutschland, die das, was in den so genanntenEckpunkten als Gesundheitsreform bezeichnet wird,wollen. Wer will es denn? Es wollen die um die Machtihrer Parteien sich sorgenden Spitzenpolitiker derschwarz-roten Koalition, getrieben von Angst vor Ge-sichts- oder Bedeutungsverlust und vor allem getriebenvon der Angst vor Neuwahlen, die sich niemand von Ih-nen leisten kann.
Damit laufen Sie Gefahr, Ihre Partei über die Sache zustellen. Ich bin überzeugt: Wenn es in diesem Parlamenteine Abstimmung gäbe, in der alle Abgeordneten nurnach ihrem Sachurteil abstimmen würden, dann wäre dieAblehnung sogar noch größer als in der Bevölkerung,von der alle Umfragen sagen, dass mindestens 80 Pro-zent der Bürger diesen zusammengestoppelten Unfugablehnen.
Daher kommt die Debatte, Frau Ministerin; denn ei-nes ist doch wirklich bemerkenswert, und das sollte Ih-nen, liebe Kolleginnen und Kollegen in den Regierungs-fraktionen, wirklich zu denken geben. Seien Sie einmalganz ehrlich zu sich selbst: Können Sie sich wirklich er-innern, dass irgendein Gesetzesvorhaben in den letzten20 oder 30 Jahren so generell abgelehnt wurde wie dieseGesundheitsreform? Alle auch nur irgendwie Betroffe-nen sind dagegen – diese Menschen protestieren auch –:die Bürger, alle Patienten, die Ärzte – ob niedergelassen,ob im Krankenhaus, ob Fachärzte, wer auch immer –,die Apotheker, die gesetzlichen und die privaten Kran-kenkassen, die Krankenhäuser, die Hersteller von Medi-kamenten und Hilfsmitteln. Sie alle sind dagegen. FrauFerner, wenn Sie die Apotheker und die Ärzte schonnicht so ernst nehmen wollen, dann sollten Sie sich dochwenigstens von der AOK anrühren lassen.
Kennen Sie auch nur eine ernst zu nehmende Zeitung,einen ernst zu nehmenden Journalisten, der, wenn er da-rüber schreibt, diese Reform nicht kritisiert?
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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnennd Kollegen! Dass die FDP diese Aktuelle Stundeeute beantragt, das kann ich gut verstehen. An ihrertelle hätte ich es genauso gemacht; denn es ist die Auf-abe der Opposition, solch wichtige Themen ins Parla-ent zu bringen. Die Medien berichten täglich. Dieenschen fragen sich: Was ist denn los? Da will natür-ich auch die FDP endlich einmal etwas zu sagen haben.
as ist doch völlig klar.
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Annette Widmann-MauzAber Folgendes müssen Sie der Koalition durchauszugestehen.Erstens. Wir erarbeiten hinter verschlossenen Türenein gemeinsames Konzept. Das macht auch Sinn; dennman sollte nicht mit ungelegten Eiern an die Öffentlich-keit gehen.
Zweitens. Ein Gesetz sorgfältig vorzubereiten, bevordie Befassung im Parlament beginnt, ist ebenfalls rich-tig. Frau Ausschussvorsitzende, Sie sollten eigentlichwissen: Das Parlament kann sich erst befassen, wenn einGesetzentwurf dem Parlament zugeleitet ist. Das sindunsere Regeln. An die müssen Sie sich wahrscheinlichimmer noch gewöhnen. Aber es gehört zum Parlamenta-rismus dazu.
Außerdem haben wir gesagt: Sorgfalt geht vorSchnelligkeit. Wir akzeptieren keine Fristverkürzungenund wir wollen die volle Beratungszeit im Parlament inAnspruch nehmen. Ich finde, das ist nicht nur fair, son-dern es unterscheidet diese Koalition auch sehr deutlichvon der Koalition, die die Vorgängerregierung getragenhat. Damit hat in dieser Republik ein neuer Stil Einzuggehalten.
Manche Journalisten sprechen von einem Hühnerhau-fen. Dazu kann ich nur sagen: Die Hühner haben die Eierin Form der Eckpunkte gelegt. Wir lassen uns nicht ausder Ruhe bringen, wenn es darum geht, die Eier in Ruhezu Ende zu brüten, mögen auch noch so viele Gockelkrähen.
Ich sage hier jetzt nicht: Alles ist schon gut. Nein, esist noch nicht alles gut, aber wir kommen Stück fürStück voran und wir arbeiten die Eckpunkte in ein gutesGesetz um.Wir haben noch wichtige Fragen zu klären. Wir gin-gen mit den unterschiedlichsten Ausgangskonzepten dahinein und wir haben eine Erblast von Rot-Grün über-nommen, liebe Kollegin Bender,
die Sie völlig ignorieren. Beim Thema Bundeshaushaltwar für uns klar: Haushaltskonsolidierung hat die erstePriorität. Es sollte eigentlich auch eine grüne Partei be-schäftigen, dass in diesem Haus Nachhaltigkeit wiederEinzug hält.
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ir wollen, dass die Maastrichtkriterien eingehaltenerden und das gilt nicht nur für den Bundeshaushalt,ondern auch für die Sozialkassen.In der Koalition besteht Einigkeit darüber, Intranspa-enz und mangelndes Verantwortungsbewusstsein zu be-ämpfen. Wie will man denn Verantwortung tragen undntransparenz beheben, wenn man nicht über Preisepricht?
ass Ihr Blick nicht weiter geht als in den Fonds hineinnd nicht reicht, um zu sehen, dass am Ende dieses Sys-ems zum ersten Mal Preise stehen,
ie man im Wettbewerb vergleichen kann, das wundertich. Bei den Grünen wundert mich das nicht; denn fürie von den Grünen endet der Wettbewerb beim Schlag-ort; es geht nicht so weit, dass am Ende die Grundla-en dafür geschaffen werden.Wir schaffen Vertragsmöglichkeiten in allen Berei-hen. Dass die FDP dies natürlich stört,
nsbesondere wenn es um Apotheker geht, haben wir inhrer Rede wirklich deutlich hören können, Herranfermann.
Wir haben im AVWG – Sie haben erbittertsten Wider-tand dagegen geleistet – die Grundlage dafür geschaf-en, dass die Arzneimittelkosten im Juli und im Augustieses Jahres zurückgegangen sind. Was Sie hier im Par-ament abgeliefert haben, ist Verantwortungslosigkeit.
ir tragen dazu bei, dass die Kosten sinken. Nehmenie Ihre Verantwortung ernst und hören Sie mit diesemopulismus auf! Wir haben keine Angst vor den Kon-likten mit den Besitzstandswahrern.
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Annette Widmann-MauzDamit sind wir beim Stichwort Bürokratie. Zu dem,was Sie hier verbreiten – Sie sprechen von einem Mons-trum und malen das alles so aus –, kann ich nur sagen:Sie ignorieren völlig die Ergebnisse des gestrigen Tages.
Ein einfacher Beitragseinzug in den bestehenden Struk-turen ist gut. Durch die Zusammenarbeit und die Kon-zentration werden Synergieeffekte genutzt. Den vonIhnen aufgeblasenen Wasserspieltieren, „Monster“ ge-nannt, geht langsam die Luft aus, und das ist gut so.Lassen Sie mich auch das Stichwort Zentralisierungansprechen. Das ist ein wichtiger Bereich, in dem dieFDP agitiert. Was bleibt denn davon übrig? Ein Spitzen-verband statt sieben Spitzenverbänden,
mehr Kompetenz für die Kassen, als es bislang gibt, we-niger gemeinsam und einheitlich, mehr im Einzelwettbe-werb auf der Landesebene und in der einzelnen Kasse,
das ist unsere Politik, die sich an Fakten und nicht anSchlagworten orientiert.Sie wollen doch in Wahrheit nur das Scheitern dieserReform
und demonstrieren damit die eigene Unfähigkeit, als esdarum ging, in der letzten Koalition Konzepte durchzu-setzen, oder die Nichtfinanzierbarkeit Ihrer Vorschläge;denn sonst hätten Sie die schon längst als Gesetz im Par-lament einbringen können.
Wir wollen Lösungen. Wir wollen Antworten. Wirwollen uns an der Verantwortung, die in dieser Fragegroß ist, orientieren; denn das sind wir den Patientinnenund Patienten, das sind wir den Menschen schuldig.Herzlichen Dank.
Für die SPD-Fraktion spricht nun die Kollegin
Dr. Carola Reimann.
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ie fordern, dass die Reform einzelnen Bundesländernugute kommen soll. Diese Reform muss aber zum Zielaben, dass die Versicherten in ganz Deutschland profi-ieren. Deshalb wird es keine Bayernrabatte und aucheine Extrawürste geben.
Es wäre angemessen gewesen – da gebe ich dem Kol-egen Recht –, wenn die Herren heute hier anwesend wä-en und sich nicht immer nur quasi aus dem parlamenta-ischen Off über die Presse zu Wort melden würden.erwunderlich ist auch, dass sich einige nicht mehr da-an erinnern können, was Anfang Juli beschlossenurde.
ch empfehle die Lektüre des gemeinsamen Eckpunkte-apiers.Es reicht auch, wenn Sie sich einfach einmal die Aus-agen des CDU-Ministerpräsidenten Böhmer vom ver-angenen Wochenende anschauen:Die Ein-Prozent-Klausel ist beschlossen.nd:Wer sie jetzt infrage stellt, hat vorher offensichtlichnicht aufgepasst.azu kann ich nur sagen: Danke, Herr Böhmer, endlichpricht das auch einmal ein Vertreter der Länder aus.
ie Länder saßen ja mit am Tisch, als die Eckpunkteusgehandelt wurden. Man kann doch nicht einfach da-erkommen und von einem Kompromiss, den man be-chlossen hat, einzelne Punkte, die man soeben nochitgetragen hat, infrage stellen. Wenn wir damit anfan-en, dann fallen auch mir spontan einige Punkte ein.ann sind wir allerdings wieder so weit wie im Frühjahr.ahin will doch allen Ernstes keiner zurück.
Kolleginnen und Kollegen, die Reform besteht jaicht nur – das will ich klar sagen – aus der 1-Prozent-berforderungsklausel und aus dem Fonds.
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5134 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 53. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 27. September 2006
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Dr. Carola Reimann
Bei den allermeisten Vorhaben, gerade bei der umfassen-den Strukturreform – sie ist schon angesprochen wor-den –, sind wir mit den Eckpunkten ein gutes Stück vo-rangekommen. Diese Punkte sind innerhalb der Koali-tion völlig unumstritten. Ich bin sicher, wenn sie bekann-ter wären, wären sie auch in der Öffentlichkeit völligunumstritten. Beispiele hierfür sind die Fortsetzung undErweiterung der integrierten Versorgung,
die Weiterentwicklung der Chronikerprogramme, geradeum chronisch erkrankten Menschen in unserem Landezu helfen,
die weitere Öffnung der Krankenhäuser für spezialärzt-liche Behandlungen im ambulanten Bereich,
die Kosten-Nutzen-Bewertung für Arzneimittel sowieein neues Honorarsystem – auch von Ihnen immer wie-der gefordert – für niedergelassene Ärzte und vielesmehr.
Besonders hervorheben möchte ich die erweitertenVertragsmöglichkeiten, die für die Krankenkassen ge-schaffen werden. Herr Zöller hat schon den Tarifbereichangesprochen; dazu gehört aber zum Beispiel auch dieAusschreibung von Arzneimittelwirkstoffen und vonHilfsmitteln.
Damit wird Wettbewerb möglich; diesen wollen Sie,liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, doch sonstimmer.Auch beim Verhältnis von gesetzlicher und privaterKrankenversicherung haben wir einen Schritt in die rich-tige Richtung gemacht. Wir Sozialdemokraten wären daweitergegangen, aber wir stehen zu den Eckpunkten.
Die Portabilität der Altersrückstellungen steht ganz kon-kret in den Eckpunkten; sie steht sogar im Koalitions-vertrag. Ich frage mich: Wer kann allen Ernstes etwasdagegen haben, wenn auch Privatversicherte mit derMöglichkeit zur Mitnahme ihrer Altersrückstellung end-lich Wahlfreiheit zwischen verschiedenen Tarifen be-kommen und ihnen Wechselmöglichkeiten zwischen denUnternehmen eröffnet werden? Das müssten doch auchSie begrüßen.
Dazu gehört notwendigerweise dann auch der so ge-nannte Basistarif ohne Gesundheitsprüfung.
Kolleginnen und Kollegen von der FDP, Sie haben jadiese Aktuelle Stunde beantragt; deshalb noch ein WortzgOsgUSdDwiddwmgItslaAnSDDSHu
hnehin wundere ich mich ein wenig über die wider-prüchlichen Aussagen von Ihrer Seite in den letzten Ta-en. Da haben Sie sich wohl ein bisschen von dennionsministerpräsidenten inspirieren lassen.
ie fordern einmal die zügige Umsetzung, ein andermalas Einstampfen der Reform.
a müssen Sie sich jetzt endlich einmal entscheiden. Icheiß, dass man in der Opposition in der bequemen Lagest, viel fordern zu können, aber in sich logisch muss dasann auch sein.
Kolleginnen und Kollegen, entgegen dem Eindruck,en einige Ministerpräsidenten in den letzten Tagen er-eckten, sind wir uns in den Fachberatungen in deneisten Punkten, insbesondere bei denen, die die wichti-en Strukturreformen betreffen, einig geworden.
ch bin mir sicher, dass wir auch bei den strittigen Punk-en noch eine Einigung erzielen. Wir werden morgen un-ere Beratungen fortsetzen – wie bisher konstruktiv undösungsorientiert. Es wäre wünschenswert, wenn sichuch die Herren Ministerpräsidenten der Union an dieserrbeitsweise orientieren würden. Wir brauchen jetztämlich keine albernen Hahnenkämpfe, sondern seriöseacharbeit.
afür steht die Facharbeitsgruppe aus Union und SPD.as ist auch das, was die Versicherten von uns erwarten.Danke schön.
Für die Unionsfraktion spricht nun der Kollege Jens
pahn.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen underren! Unbestritten ist: Die Diskussion der letzten Tagend Wochen, auch die öffentliche Diskussion, war in der
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 53. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 27. September 2006 5135
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Jens SpahnSache nicht immer hilfreich und bringt uns nicht an allenStellen immer voran. Klar ist aber auch: Eine intensiveSachdiskussion mit einem Ringen um die richtigen Ar-gumente ist gerade bei einer Frage wie jener der Gesund-heitsreform, die so viele Menschen betrifft, notwendig.Ich habe mich – weil in den letzten Wochen, auch inden Medien, viel „ampel-geschwampelt“ und das Ganzevon der einen oder anderen Seite fokussiert wurde – an-gesichts dessen, was der Kollege Bahr hier gerade gesagthat und was einige andere Kollegen ausgeführt haben,allerdings gefragt, wie die Diskussion, auch in der Öf-fentlichkeit, aussehen würde, wenn es hier zu anderenMehrheitsverhältnissen kommen würde.
Man müsste einmal in einer Debatte herauszufinden ver-suchen, wie diese Ausführungen mit Leben erfüllt wer-den sollten.
Für jeden, der die Wahlprogramme von Union undSPD gelesen hat und der weiß, dass Gesundheitspolitikganz stark mit Programmatik, Menschenbild und Gesell-schaftsbild zu tun hat, musste von Anfang an klar sein,dass es bei diesem Thema natürlich Auseinandersetzun-gen und Diskussionen, auch innerhalb der Koalition undzwischen den Koalitionspartnern, gibt. Das ist normalund gehört dazu. Entscheidend wäre allerdings, dass alle– damit meine ich nicht nur die Ministerpräsidenten,Frau Kollegin Reimann –, die sich öffentlich dazu äu-ßern, intern genauso viel sagen. Wenn lediglich hier et-was gesagt wird, in den internen Diskussionen aber ehernicht so viel, ist das nur bedingt hilfreich.
Ich will nun auf das eine oder andere, was hier geradevom Kollegen Lanfermann angesprochen wurde, einge-hen. Die erwartbare Steigerung der Beitragssätze um0,5 Prozent im nächsten Jahr findet nicht statt, weil wirsie in einem Gesetz beschließen würden, sondern weildie Ausgabenentwicklung der gesetzlichen Krankenver-sicherung so ist, wie sie ist. Die Dynamik würde in je-dem Fall in diese Richtung gehen. Dazu, wie Sie auf dieKostenentwicklung im Gesundheitswesen reagierenwürden, habe ich von Ihnen heute kein einziges Wort ge-hört. Insofern ist das alles ziemlich populistisch, was andieser Stelle stattfindet.
Dann wurden einmal mehr die Umfragen in der Be-völkerung angeführt. 80 Prozent der Menschen würdeneinen Gesundheitsfonds grundsätzlich ablehnen. Ich be-haupte, 90 Prozent haben gar nicht gelesen, was in denEckpunkten steht.DnwmlRnwcaWazltDeBd„szwEwidmTwpRDls–dukFnw
as ist auch nicht transportiert worden, weder medialoch in der Diskussion. Es ist nicht fokussiert worden,as jenseits der 1-Prozent-Regelung – die vermutlichanch Außenstehender nicht versteht, obgleich sie wirk-ich wichtig ist – für das Funktionieren des Fonds mit dereform beschlossen würde: Es bleibt das Ziel, die Lohn-ebenkosten zu senken und die Dynamik der Kostenent-icklung in den nächsten Jahren nicht den Sozialversi-herungsbeiträgen aufzubürden, sondern da zu einernderen Finanzierung zu kommen. Es bleibt das Ziel,ettbewerb – wenn Sie sich die Eckpunkte einmal genaunschauen, dann müssten Sie eigentlich an vielen Stellenufrieden sein – zwischen den Krankenkassen zu ermög-ichen, bezogen auf unterschiedliche Tarife, Selbstbehalt-arife, Kostenerstattungstarife und vieles andere mehr.
as betrifft auch den Wettbewerb auf der Leistungs-rbringerseite, Ärzte, Apotheker – da gibt es ebenfallsewegung innerhalb der FDP, wie mir scheint, wenn ichie Kommentare von Otto Graf Lambsdorff in derWelt“ lese –, und in vielen anderen Bereichen.Ziel bleibt natürlich auch – da bitte ich, in der Diskus-ion, auch in der öffentlichen, jedem, der mit verhandelt,u unterstellen, dass er das nach bestem Wissen und Ge-issen macht –, jedem in Deutschland unabhängig voninkommen, Alter und Ansehen das medizinisch Not-endige zur Verfügung zu stellen. In diesem Sinne undn dieser Absicht führen wir die Diskussion. Man kannarüber streiten, wie man zu diesem Ziel gelangt. Aberan sollte in den öffentlichen Debatten dem andereneil nicht unterstellen, dass er das Ziel nicht erreichenolle.Abschließend möchte ich noch etwas sagen, was mirersönlich wichtig ist: Wir werden am Ende nicht eineeform machen, nur um eine Reform zu machen.
as Gesundheitssystem ist ein System, von dem 82 Mil-ionen Menschen, nämlich jeder Deutsche, betroffenind.Über dieses System wird sehr emotional diskutiertdas kennen wir alle aus unseren Wahlkreisen –, weilie Sorge besteht, ob man das medizinisch Notwendigend Mögliche auch wirklich zur Verfügung gestellt be-ommt, wenn man krank ist. Daher darf es auf diesemeld keine Reform um ihrer selbst willen geben, sondernur eine Reform, die am Ende in die richtige Richtungeist. Daran arbeiten wir gerade.
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Für die SPD-Fraktion spricht nun die Kollegin
Dr. Margrit Spielmann.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Meine Damen und Herren! Ich liebe Aktuelle Stunden,
weil man so viel, aber auch gar nichts sagen kann.
– Ich wollte gerade feststellen, dass ich meine fünf Mi-
nuten Redezeit dazu nutzen möchte, um sachlich – übri-
gens auch ganz wach und nicht müde, Herr Niebel – auf
einige Eckpunkte aufmerksam zu machen, die für mich
als Abgeordnete aus einem ostdeutschen Flächenland
besonders wichtig sind und die keine Peanuts sind. Auch
Herr Lanfermann – ich sehe ihn leider nicht –, der aus
dem gleichen Land kommt, weiß das.
– Er ist vielleicht müde.
Erster Punkt. Ich nehme zunächst zur Einführung des
Gesundheitsfonds Stellung mit Blick auf die ostdeut-
schen Länder. Der Gesundheitsfonds führt dazu, dass es
für die Kassen keinen Unterschied mehr macht, wie viel
der Versicherte verdient. Somit ist ein Rentner der Kasse
genauso viel wert wie ein freiwillig Versicherter. Er-
reicht wird das, wie wir wissen, durch den so genannten
100-prozentigen Finanzausgleich. Regional bedeutet
dies, dass die Solidarität wohlhabender Regionen mit
einkommensschwächeren Regionen gestärkt wird.
Faktisch wird davon – ich stelle das ganz sachlich
fest, Frau Kollegin Bunge – der Osten profitieren. Denn
das Ziel, das wir alle verfolgen, ist die Angleichung der
Lebensverhältnisse und das Überwinden von Sozialmau-
ern. Ich denke, das Erreichen dieses Ziels wird durch un-
ser Vorgehen unterstützt.
Der zweite Punkt. Der Risikostrukturausgleich soll im
Rahmen der Fondszuweisungsberechnung weiterentwi-
ckelt werden. Dies ist für den Osten ebenfalls von ent-
scheidender Bedeutung, Frau Kollegin Bunge. Er wird
nicht nur einfacher, sondern auch zielgenauer und ge-
rechter und er ist hoffentlich auch risikoadjustiert.
Unverschuldete Wettbewerbsnachteile einzelner Kas-
sen aufgrund vieler kranker und einkommensschwacher
Mitglieder, wie wir sie insbesondere im Osten vorfinden,
werden durch den Fonds beseitigt.
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Gut, wir hatten das alles schon einmal. Aber ich denke,
s ist ein wichtiger Ansatz.
Dann sind wir also unterschiedlicher Meinung, wer das
mt der Gemeindeschwester zuerst eingeführt hat.
Ich denke, die Eckpunkte weisen in die richtige Rich-
ung, weil wir wichtige medizinische Leistungen – das
öchte ich abschließend darstellen – neu in den Leis-
ungskatalog aufgenommen haben.
Ich möchte zum Beispiel die Erweiterung des Impf-
ataloges, die Verbesserung der Palliativmedizin und die
inführung von Mutter-Kind-Kuren – all das sind Leis-
ungen, die noch nicht genannt worden sind und in der
iskussion häufig untergehen – nennen.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Für die Unionsfraktion spricht nun der Kolleger. Rolf Koschorrek.
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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! LiebeKollegen! Wenn man in einer Debatte der Redner Num-mer vier der eigenen Fraktion ist, dann ist eigentlich al-les gesagt, nur noch nicht von einem selbst. Ich werdezusehen, dass ich ein paar Punkte beleuchte, die nochnicht angesprochen worden sind.
– Der besondere zahnärztliche Aspekt dieser Reformmuss vielleicht nicht erwähnt werden.Zur Generalkritik der Opposition ist natürlich einigeszu sagen. Wenn man die Debatten der letzten Wochenverfolgt hat, hat man ganz unterschiedliche Vorwürfe er-lebt. Noch vor wenigen Tagen wurde uns vorgeworfen,dass durch die Reform mindestens 20 000 Arbeitsplätzebei den Kassen verloren gehen. Heute wird beklagt, dasswir 10 000 neue Arbeitsplätze schaffen.
Dann kommt vom Kollegen Bahr die für den Bereich derKinderstube durchaus eingängige Idee, ähnlich wie beimMonopoly nach „Los“ zurückzugehen, 4 000 Euro zu-rückzuzahlen und noch einmal von vorn anzufangen.
– Stimmt, ich habe wirklich anderes zu tun.Das zu Ende gedacht, brauchten wir natürlich eine ge-waltige kollektive Amnesie. Denn all das, was in denletzten Wochen und Monaten gesagt worden ist, liegtnun einmal auf dem Tisch. Wir müssen dies abarbeiten
und nach vorne schauen; das nützt nun alles nicht. Wirsind mit dieser Reform auf dem guten Weg, einige Dingewirklich nach vorne zu bringen.Ich will auf solche Aspekte zu sprechen kommen, dienoch keine Erwähnung gefunden haben. Wir werden imBereich des Systems der ärztlichen Honorierung neueWege beschreiten. Wir werden vom Punktesystem weg-kommen. Wir wollen hin zu verständlicher pauschalier-ter Honorierung.
– Es wird sich nicht vermeiden lassen, dass über den ge-samten Kosten im Gesundheitswesen ein Deckelschwebt.
Das ist doch völlig unstrittig. Das wollen Sie doch nichtim Ernst bestreiten. Wir wollen aber insgesamt zu ver-lässlicheren Systemen kommen. Wir werden das aucherreichen.lUgwaldmsdCdnzbameEvdädgcggbgrvAwisWtMsneV
ie niedergelassenen Fachärzte seien zu teuer und zu-indest teilweise überflüssig, sind nicht Teil der Diskus-ion. Ich kann Ihnen versichern: Seitens der Union wer-en wir dafür sorgen, dass diese Ideen weiterhin keinehancen zur Umsetzung erhalten. Die Union ist sich miter Ärzteschaft einig, dass die Diskussion um die so ge-annte doppelte Facharztschiene völlig überflüssig ist.Was wir vielmehr brauchen, ist eine sinnvolle Vernet-ung des ambulanten und des stationären Bereiches, wo-ei der Patient zu dem Arzt geleitet wird, von dem ihmm besten geholfen wird. Auf gesetzgeberische Maßnah-en können wir dann durchaus verzichten.Die integrierte Versorgung wird ausgebaut. Es wirdine Verlängerung der Anschubfinanzierung und dieinbeziehung nicht ärztlicher Heilberufe geben. Die Prä-ention soll durch eine Bonus-Malus-Regelung nachem Vorbild – jetzt kommen wir doch dazu – des zahn-rztlichen Bonussystems gestärkt werden. Wir machenen Anfang zu einer teilweisen Steuerfinanzierung vonesamtgesellschaftlichen Aufgaben in der Krankenversi-herung.
Zentrale Aufgaben der Kassenärztlichen Vereinigun-en, die Sicherstellung der flächendeckenden Versor-ung und das Qualitätsmanagement, werden bestehenleiben. Die Krankenkassen erhalten eine wesentlichrößere Vertragsfreiheit. Sie können künftig Vereinba-ungen treffen, die über die heute gültigen Kollektiv-ereinbarungen deutlich hinausgehen.
lle Krankenkassen müssen Hausarzttarife anbieten,obei die Teilnahme für Ärzte und Patienten freiwilligst. Die Kassen können ihr Angebot gestalten und um be-ondere Tarife erweitern. Das gilt insbesondere fürahltarife, Chronikerprogramme und Selbstbehaltsys-eme. Auch wollen wir – das sollte die FDP freuen – dieöglichkeit der Kostenerstattung deutlich erweitern undie nicht mehr strafbewehrt lassen.
Bei der Festlegung der Erstattungshöchstpreise für in-ovative Arzneimittel wird die Kosten-Nutzen-Analyseine zentrale Rolle spielen. Sie ist keine zusätzlicheoraussetzung für die Zulassung neuer Arzneimittel.
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5138 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 53. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 27. September 2006
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Dr. Rolf KoschorrekEntscheidend ist: Neue Präparate können auch künftigverschrieben und erstattet werden, wenn noch keine Kos-ten-Nutzen-Bewertung vorliegt.Das sind nur einige Bereiche, wo wir zeigen, dass wirvorankommen wollen, dass wir die Systeme mit inno-vativen Ansätzen entbürokratisieren und für Arzt undPatienten neue Möglichkeiten schaffen, weiterhin über-prüfbare und gute Medizin leisten und in Anspruch neh-men zu können.Danke schön.
Für die SPD-Fraktion spricht nun der Kollege
Dr. Wolfgang Wodarg.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Ich möchte mich auf einen Punkt beschränken, der mirsehr wichtig ist. Wir haben ja schon viele Gesetze verab-schiedet und in diese Gesetze hineingeschrieben, was ei-gentlich geschehen müsste. Wir haben viel möglich ge-macht: die Integrationsversorgung, spezielle Modelle.Auch die Palliativ-Care könnte es schon längst geben;die Verträge dürften gemacht werden. Aber das ge-schieht nicht; sie werden nicht gemacht.Das ist ein großes Problem. Das heißt, es kommt nichtso sehr darauf an, dass das nur in den Gesetzen steht– dort steht schon sehr viel, zu viel –, sondern es kommtdarauf an, dass das Geschriebene gemacht wird. Deshalbmuss man sich fragen: Weshalb wurde einiges nicht ge-macht?
Es ist ziemlich eindeutig und in diesem Haus schonhäufig angesprochen worden, dass es sich für eine Kran-kenkasse nicht lohnt, sich für chronisch Kranke einzu-setzen, wenn die Krankenkasse, die den Auftrag hat, sol-che Strukturen vertraglich abzusichern, dafür nichtbelohnt wird.
Wir müssen Anreize installieren, wenn wir es mit all denDingen wirklich ernst meinen, die wir in das Gesetz jetzthineinschreiben wollen. Ohne Anreize werden sich dieKrankenkassen nicht um chronisch Kranke kümmern.Das ist für mich der Maßstab dieser Reform. Wir könnenuns nicht damit zufrieden geben, dass man sich auf einenText einigt.
Ich möchte den Risikostrukturausgleich noch einmalansprechen. Er ist für uns essenziell. Er ist von Anfangan mit vereinbart worden. Er ist notwendig, weil mit ihmdafür gesorgt werden soll, dass es Anreize gibt, sich umcmWwwwAd1KsbDsdsgEtgBWWnarVdstkssrirur
enn wir den Risikostrukturausgleich abschwächen,enn wir Lücken in dieser Konstruktion schaffen, dannerden diese Lücken mit Sicherheit genutzt werden; dasissen wir doch alle. Wir wissen, dass 80 Prozent derusgaben der gesetzlichen Krankenkassen, die wir unteren Grundsatz des Wettbewerbs gestellt haben, von0 Prozent der Versicherten verursacht werden. Einerankenkasse, die sich in dieser Frage besonders an-trengt, ohne dass ihr das honoriert wird, wird im Wett-ewerb einfach zugrunde gehen.
ie Krankenkassen sollen aber nicht zugrunde gehen;ie sollen gute Arbeit leisten. Deshalb müssen wir hierie Messlatte anlegen und das ernst nehmen.
Ich möchte mich gegen eines wehren: Es wird in die-em Hause der Wettbewerb glorifiziert und in unzulässi-er Weise vereinfacht.
s wird in einem Satz von dem Wettbewerb der Leis-ungserbringer und dem Wettbewerb der Krankenkassenesprochen. Was ist das für ein volkswirtschaftlicherlödsinn?
er so etwas macht, stellt sich wirklich in die Ecke.enn sich Personen in einer Solidargemeinschaft orga-isieren, so ist das vom Staat gewollt und von uns ver-ntwortet, damit keiner elend krepiert, wie das in ande-en Ländern der Fall ist.
ielmehr können wir stolz darauf sein, dass wir auchen Menschen helfen, die keine guten Kunden sind, weilie nämlich kein Geld haben.
Deshalb müssen wir den Wettbewerb der Kassen un-ereinander genauer betrachten. Eine private Kranken-asse, die natürlich das Kapital der Anleger vermehrenoll, gehorcht anderen Gesetzen als eine Solidargemein-chaft unter staatlichem Schutz.
Auch wenn in unseren Reihen das Wort von dem fai-en Wettbewerb zwischen privaten und Solidarkassenmmer wieder benutzt wird – ich kann mir das nicht soichtig vorstellen. Mir fehlen einfach die Dimensionen,m das vergleichen zu können. Ich halte es für irrefüh-end, diesen Ausdruck zu benutzen.
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Dr. Wolfgang WodargIch bin für einen wirklich starken Wettbewerb derLeistungserbringer; denn wir sind verpflichtet, aus demGeld der Versicherten alles herauszuholen, damit wir un-sere Kranken möglichst effizient versorgen können.
Dafür brauchen wir den Wettbewerb. Wir müssen denWettbewerb der Leistungserbringer verschärfen. Wiemacht man das denn in der Wirtschaft?
– Wie macht man das sonst?
Indem man sich zusammentut und Einkaufsgemein-schaften bildet. So macht das jeder Konzern. SchauenSie sich doch die großen Krankenhauskonzerne an.Glauben Sie, jedes Krankenhaus kauft einzeln ein undschließt einzeln Verträge ab? Nein, sie können nämlichganz andere Preise aushandeln, wenn sie sich zusam-mentun. Warum sollen die gesetzlichen Krankenkassendas nicht auch können?
Warum sollen die gesetzlichen Krankenversicherungennicht von uns dazu gebracht werden, gemeinsam alsNachfragemacht aufzutreten?Wer sagt, die Krankenkassen sollten im Wettbewerbgegeneinander arbeiten, der will die Solidargemeinschaftspalten, der hat ganz andere Dinge im Sinn.
– Hören Sie mit diesem dummen Begriff auf. Dieser Be-griff sagt doch überhaupt nichts aus. Es geht um politi-sche Ziele. Weil wir staatlicherseits in der Verantwor-tung stehen, sind wir verpflichtet, aus den Steuergeldern– Steuern erheben Sie genauso ungern wie wir – dasmeiste herauszuholen.
Wir sind verpflichtet, Ausschreibungen vorzunehmen.Es wird nicht so sein wie bei der Bundeswehr, wo jedeKompanie selbst ausschreibt.
Wir passen auf, dass wir das Geld zusammenhalten undauf eine vernünftige Art und Weise das Notwendige be-stellen. Das hat mit „Einheitskasse“ überhaupt nichts zutun. Wir wollen aus dem Geld der Versicherten nur allesherausholen, was wir herausholen können.
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Ich komme gleich dazu. Nur Geduld, lieber Herr Kol-ege.Wenn ich mir die Vorschläge aus Ihrem Wahlpro-ramm anschaue,
ann ich nur sagen: Gute Nacht, Deutschland! Mit Blickuf viele Patientinnen und Patienten in diesem Landann ich nur sagen: Gute Nacht!
Wir haben viele Verbesserungen im strukturellen Be-eich erreicht. Wir haben vieles erreicht, was man uns inieser Regierungskoalition überhaupt nicht zugetrautat.
Herr Niebel, Sie trauen vor allen Dingen sich selbst al-es zu, sonst würden Sie nicht so dazwischenrufen. – Ichill Ihnen eines sagen: Die hinzugekommenen Wettbe-erbselemente werden die Effizienz des Systems deut-ich steigern. Wenn Sie „Wettbewerb“ sagen, aberleichzeitig das Apothekermonopol und andere „Garten-äune“, die es in dieser Republik gibt, erhalten wollen,ann ist das unglaubwürdig.
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5140 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 53. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 27. September 2006
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Elke Ferner
Sie wollen den Wettbewerb nur dort, wo er Ihnen rechtist; dort, wo er notwendig wäre, verhindern Sie ihn aber.Das ist die Position der FDP.
die Gleichzeitigkeit des Fondsstartes und des Risiko-[FDP]: Warum glauben Ihnen die Krankenkas-sen das denn nicht?)– Schreien Sie doch nicht so dazwischen! Lassen Siesich doch von Ihrer Fraktion als Redner aufstellen oderbeantragen Sie noch eine Aktuelle Stunde. Die Regelnder Aktuellen Stunde sehen leider keine Zwischenfragenvor.Meiner Fraktion und mir wäre es lieber gewesen– auch das muss ich sagen –, wenn wir in der Frage„grundlegende Stabilisierung der Finanzierung undnachhaltige Finanzierung der GKV“ weitergekommenwären. Das ist aber nicht an den Kolleginnen und Kolle-gen im Haus gescheitert, weder an den Kolleginnen undKollegen der Unionsfraktion noch an denen unsererFraktion. Ein paar Landesfürsten haben leider plötzlichAngst vor der eigenen Courage bekommen.
In den letzten Tagen und Wochen wurden aus Kreisender Unionsministerpräsidenten Nachforderungen ge-stellt. Das betrifft ausgerechnet immer wieder den Punktsoziale Ausgewogenheit. Ich bin sehr dankbar, dass FrauMerkel heute klargestellt hat, dass sie dafür ist, dass nie-mand überlastet werden soll. Sie hat gesagt: Das Ganzemuss praktikabel sein. Der Auffassung sind auch wir. Siehat außerdem gesagt, dass die Krankenkassen mit älterenund schlecht verdienenden Mitgliedern nicht in die In-solvenz geführt werden dürfen. Damit sind wir sehr ein-verstanden. Ich bin mir sicher, dass wir auf dieser Basisdiesen einen Punkt auch noch zu einer Lösung führen.Nur kann ich nicht verstehen, dass der neue Gesund-heitsexperte Göhner dann heute verlautbart: Der Fondskommt nur, wenn die 1-Prozent-Regelung wegfällt. –Ich glaube, da gibt es noch ein bisschen Klärungsbedarf.
Für uns ist ganz klar – damit möchte ich auf den Kol-legen Wodarg zurückkommen –, dass beim Fondsstartfaire Wettbewerbsbedingungen vorhanden sein müssen.Auch Herr Kollege Zöller hat das zu Beginn seiner Redegesagt. Darüber werden wir morgen noch zu diskutierenhaben. Dazu gehört ein sehr zielgenauer Risikostruktur-ausgleich. Auch das müssen wir gewährleisten.sugEAhGSiKmczdigpd2
uf dieser Basis – da bin ich mir sicher – kommen wirier weiter.
Noch ein Wort zur FDP. Sie wollen ja gerne das ganzeesundheitswesen privatisieren.
ie wollen alles über private Versicherer machen. Wennch mir ansehe, welches Armutszeugnis die privatenrankenversicherer sich letzte Woche ausgestellt habenit der Aussage, wenn sie jetzt auch noch Kranke versi-hern müssten, dann müssten die Beiträge um 70 Pro-ent erhöht werden,
ann kann ich wirklich nur sagen, dass jeder gut beratenst, es sich vier Mal zu überlegen, ob er von der Solidar-emeinschaft der gesetzlichen Krankenversicherung zurrivaten Krankenversicherung wechselt.Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Damit ist die Aktuelle Stunde beendet.
Wir sind am Schluss unserer heutigen Tagesordnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
estages auf morgen, Donnerstag, den 28. September
006, 9 Uhr, ein.
Die Sitzung ist geschlossen.