Protokoll:
16052

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 16

  • date_rangeSitzungsnummer: 52

  • date_rangeDatum: 22. September 2006

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: None Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 15:24 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 16/52 Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Günter Gloser, Staatsminister AA . . . . . . . . . Michael Link (Heilbronn) (FDP) . . . . . . . . . . Peter Hintze, Parl. Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Axel Schäfer (Bochum) (SPD) . . . . . . . . . . . . Dr. Diether Dehm (DIE LINKE) . . . . . . . . Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Thomas Silberhorn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 23: Antrag der Abgeordneten Hans-Kurt Hill, Eva Bulling-Schröter, Lutz Heilmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN: Rolf Hempelmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Hans-Kurt Hill (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 24: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Vertragsarztrechts und an- derer Gesetze (Vertragsarztrechtsände- rungsgesetz – VÄndG) (Drucksache 16/2474) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marion Caspers-Merk, Parl. Staats- 5059 B 5061 A 5062 C 5063 D 5065 C 5066 C 5066 D 5067 B 5080 A 5082 B 5083 B 5084 A 5085 B Deutscher B Stenografisch 52. Sitz Berlin, Freitag, den 22 I n h a l Absetzung des Tagesordnungspunktes 28 . . . Tagesordnungspunkt 22: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, der SPD, der FDP, der LINKEN und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN: Annahme einer Vereinbarung zwischen dem Deutschen Bundestag und der Bundesregierung über die Zusammenarbeit in Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 16/2620) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Roth (Heringen) (SPD) . . . . . . . . . . . Markus Löning (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Stübgen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Alexander Ulrich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . O D G M B D H D 5053 A 5053 B 5053 B 5055 A 5055 D 5057 D Energiepreiskontrolle sicherstellen (Drucksache 16/2505) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5068 D undestag er Bericht ung . September 2006 t : skar Lafontaine (DIE LINKE) . . . . . . . . . . agmar Wöhrl, Parl. Staats- sekretärin BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . udrun Kopp (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . anfred Zöllmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Oskar Lafontaine (DIE LINKE) . . . . . . . . Ulrich Maurer (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . ärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . ans-Kurt Hill (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . r. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . 5069 A 5070 C 5071 D 5073 B 5073 D 5075 B 5075 D 5076 B 5077 C 5079 C 5079 D sekretärin BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Konrad Schily (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . 5085 C 5086 B II Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Freitag, den 22. September 2006 Dr. Hans Georg Faust (CDU/CSU) . . . . . . . . Frank Spieth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eike Hovermann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 25: Bericht des Ausschusses für Bildung, For- schung und Technikfolgenabschätzung gemäß § 56 a der Geschäftsordnung: Technikfolgen- abschätzung (TA) – TA-Projekt: Zukunfts- trends im Tourismus (Drucksache 16/478) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marlene Mortler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . kommunaler Gesellschaften transparent gestalten (Drucksache 16/395) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Max Stadler (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Eckpunkte für eine gerechte Re- form der Erbschaft- und Schenkungsteuer (Tagesordnungspunkt 26) . . . . . . . . . . . . . . . . 5087 A 5088 C 5089 B 5090 A 5090 D 5091 A 5097 C 5097 C 5098 D 5099 A 5099 D Jens Ackermann (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Renate Gradistanac (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Undine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 26: Antrag der Abgeordneten Christine Scheel, Birgitt Bender, Ekin Deligöz, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN: Eckpunkte für eine gerechte Reform der Erbschaft- und Schenkungsteuer (Drucksache 16/2076) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 27: Antrag der Abgeordneten Gisela Piltz, Dr. Max Stadler, Patrick Döring, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Ge- gen Geheimniskrämerei – Entscheidungen C F C D C A Z d E t ( D K K J 5092 C 5094 A 5095 C 5096 B 5097 A hristian Freiherr von Stetten (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . lorian Pronold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . arl-Ludwig Thiele (FDP) . . . . . . . . . . . . . . r. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . hristine Scheel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 3 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Antrags: Gegen Geheimniskrämerei – ntscheidungen kommunaler Gesellschaften ransparent gestalten Tagesordnungspunkt 27) . . . . . . . . . . . . . . . . r. Günter Krings (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . laus Uwe Benneter (SPD) . . . . . . . . . . . . . . atrin Kunert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . erzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5099 D 5100 C 5101 B 5102 A 5102 D 5103 C 5103 D 5104 D 5105 C 5106 B Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Freitag, den 22. September 2006 5053 (A) ) (B) ) 52. Sitz Berlin, Freitag, den 22 Beginn: 11.0
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    Anlage 3 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Freitag, den 22. September 2006 5099 (A) ) (B) ) lich im Bundestag nicht umgesetzt wurde, weil dieLaurenz dest verstanden – hat diese Initiative, auch wenn sie an den Gesprächen im Kanzleramt nicht beteiligt war, eben- falls positiv gesehen. Es ist kein Staatsgeheimnis, dass das Gesetz nachträg- Merten, Ulrike SPD 22.09.2006 Meyer (Hamm), CDU/CSU 22.09.2006 Anlage 1 Liste der entschuldigt A 1 G J M e d z n n z u Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Andreae, Kerstin BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 22.09.2006 Bär, Dorothee CDU/CSU 22.09.2006 Bareiss, Thomas CDU/CSU 22.09.2006 Barth, Uwe FDP 22.09.2006 Bellmann, Veronika CDU/CSU 22.09.2006 Dr. Berg, Axel SPD 22.09.2006 Bluhm, Heidrun DIE LINKE 22.09.2006 Burchardt, Ulla SPD 22.09.2006 Dyckmans, Mechthild FDP 22.09.2006 Eichel, Hans SPD 22.09.2006 Dr. Eid, Uschi BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 22.09.2006 Ernst, Klaus DIE LINKE 22.09.2006 Freitag, Dagmar SPD 22.09.2006 Dr. Friedrich (Hof), Hans-Peter CDU/CSU 22.09.2006 Griefahn, Monika SPD 22.09.2006 Hettlich, Peter BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 22.09.2006 Hilsberg, Stephan SPD 22.09.2006 Hinz (Essen), Petra SPD 22.09.2006 Hübner, Klaas SPD 22.09.2006 Leutheusser- Schnarrenberger, Sabine FDP 22.09.2006 Lötzer, Ulla DIE LINKE 22.09.2006 Meckel, Markus SPD 22.09.2006 N N P R D S D S V D W Z A (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht en Abgeordneten nlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Eckpunkte für eine gerechte Reform der Erbschaft- und Schen- kungsteuer (Tagesordnungspunkt 26) Christian Freiherr von Stetten (CDU/CSU): Am 7. März 2005 haben der damalige Bundeskanzler erhard Schröder, sein stellvertretender Regierungschef oschka Fischer sowie die CDU-Vorsitzende Angela erkel und der CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber bei iner gemeinsamen Sitzung zum Jobgipfel beschlossen, ie geltende Erbschaftsteuergesetzgebung dahin gehend u ändern, dass bei einem Betriebsübergang auf die ächste Generation die Erbschaftsteuer für das betriebs- otwendige Vermögen zunächst gestundet und nach ehn Jahren völlig entfallen soll. Es gab einen großen parteiübergreifenden Konsens, nd die FDP – so hatte ich Herrn Thiele damals zumin- ešković, Wolfgang DIE LINKE 22.09.2006 itzsche, Henry CDU/CSU 22.09.2006 olenz, Ruprecht CDU/CSU 22.09.2006 upprecht (Tuchenbach), Marlene SPD 22.09.2006 r. Schäuble, Wolfgang CDU/CSU 22.09.2006 chily, Otto SPD 22.09.2006 r. Schwanholz, Martin SPD 22.09.2006 tiegler, Ludwig SPD 22.09.2006 aatz, Arnold CDU/CSU 22.09.2006 r. Westerwelle, Guido FDP 22.09.2006 immer (Neuss), Willy CDU/CSU 22.09.2006 ypries, Brigitte SPD 22.09.2006 bgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich 5100 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Freitag, den 22. September 2006 (A) ) (B) ) damaligen rot-grünen Regierungsfraktionen eine ge- wisse Unlust an der Bearbeitung dieses Themas hatten. Es mögen auch ideologische Gründe eine Rolle gespielt haben, jedenfalls wurde trotz großer Ankündigung das Gesetz in der letzten Legislaturperiode nicht geändert und diese für unsere Familienunternehmen so dringend notwendige Entlastung nicht umgesetzt. Nach dem Regierungswechsel im Herbst 2005 haben die neuen Koalitionspartner diese Initiative erneut aufge- griffen und im Koalitionsvertrag die Umsetzung bis zum 1. Januar 2007 festgeschrieben. Daran fühlen wir uns ge- bunden und das Finanzministerium hat die Einbringung eines entsprechenden Gesetzentwurfes für die nächsten Wochen angekündigt. Heute beraten wir in erster Lesung einen Antrag der grünen Bundestagsfraktion zu einem ähnlichen Thema. Zunächst ist es ist erfreulich, dass auch Sie hier einen Handlungsbedarf sehen. Es gibt allerdings einen großen Unterschied zwischen dem, was die Regierung auf den Weg bringen will, und dem, was Sie heute vorgelegt ha- ben. Die Regierung will die betroffenen Bürger entlasten und Sie wollen durch eine verbreiterte Bemessungs- grundlage die Bürger mit zusätzlichen Steuern belasten. In Ihrem Antrag heißt es wörtlich – und mit Genehmi- gung des Präsidenten zitiere ich aus dem eingebrachten Antrag der grünen Bundestagsfraktion –: Die verbreiterte Bemessungsgrundlage bewirkt hö- here Belastungen. Und weiter heißt es: Die Steuermehreinnahmen sollen die Bundesländer für verstärkte Bildungsinvestitionen und den Aus- bau der Kinderbetreuung einsetzen. Es wird also wieder einmal deutlich, dass Sie die Bür- ger durch höhere Steuern belasten und nicht entlasten wollen. Wann lernen Sie endlich, dass bei Unterneh- mensübergängen nicht der Neid im Vordergrund stehen darf, sondern der Erhalt des Unternehmens und seiner Gesellschafter in Deutschland? Nur wenn die Unternehmer auch zukünftig in Deutschland ihren Lebensmittelpunkt haben, wird un- sere Gesellschaft von ihren beruflichen Erfolgen und ih- rem sozialen Engagement profitieren. Wer allerdings die großen Personengesellschaften aus Deutschland vertrei- ben will, der sollte ihre Vorschläge zur Verbreiterung der Bemessungsgrundlage aufnehmen. Im Einzelfall würde dies zu einer Verdoppelung der Erbschaftsteuerbelastung führen. Das kann nicht der richtige Weg sein. Zahlreiche betroffene Bürger würden unser Land vor dem Erbfall verlassen und sich in den Nachbarländern steuerlich ver- anlagen lassen. In zahlreichen Nachbarländern hat der Gesetzgeber die Erbschaftsteuer sogar vollständig abge- schafft. Meine Fraktion will weiterhin die Erbschaftsteuer für das gesamte betriebsnotwendige Vermögen zunächst dem Erben stunden. Wenn er die Firma verkauft, wenn er also das versilbert, was seine Vorfahren mühsam auf- gebaut haben, dann wird er auch weiterhin ganz normal Erbschaftsteuer zahlen müssen. Wenn er sich aber ent- s n d r n m ü h v w v B k f d R l e g v d i d G z t d N m g j s d b z h b k t l g g s n v w z i s w d d s (C (D cheidet, in das Unternehmen einzusteigen und das fi- anzielle Risiko und die Mitarbeiter zu übernehmen, ann werden wir ihm für jedes Jahr der Betriebsfortfüh- ung 10 Prozent in der Erbschaftsteuer erlassen. So kann ach zehn Jahren das gesamte betriebsnotwendige Ver- ögen erbschaftsteuerfrei auf die nächste Generation bergehen. Damit bleibt das Kapital im Unternehmen er- alten und steht für zusätzliche Investitionen und Inno- ationen zur Verfügung. Den entsprechenden Gesetzent- urf wird die Bundesregierung in den nächsten Wochen orlegen. Und dann hoffe ich, dass die Fraktion des ündnisses 90/Die Grünen – so wie damals ihr Vize- anzler Joschka Fischer – die Notwendigkeit einer um- assenden Entlastung erkennt. Florian Pronold (SPD): In einem Punkt muss ich en Kolleginnen und Kollegen der Grünen-Fraktion echt geben: Ererbtes und geschenktes Vermögen stellt eistungsloses Einkommen dar, das einen stärkeren steu- rlichen Zugriff der Allgemeinheit rechtfertigt. Dabei ilt es natürlich insbesondere, die Weitergabe hoher Pri- atvermögen konsequenter und höher zu besteuern, als as bisher der Fall ist. In der Tat ist die Vermögensbesteuerung bei uns im nternationalen Vergleich mit weniger als einem Prozent es Bruttoinlandsprodukts extrem niedrig. Länder wie roßbritannien und die USA bitten die Vermögensbesit- er in erheblich größerem Maße zur Kasse, als wir das un. Hier besteht – insbesondere, seit die Regierung Kohl ie Vermögensteuer hat auslaufen lassen – deutlicher achholbedarf. In den nächsten Jahrzehnten werden im- ense Reichtümer zwischen den Generationen weiterge- eben, der größte Teil der Bevölkerung wird dabei edoch leer ausgehen. Es muss gelingen, einen angemes- enen Anteil dieser Mittel zu mobilisieren, um vor allem ie Finanzierung des Bildungswesens deutlich zu ver- essern. Die SPD hat sich auf verschiedenen Parteitagen u dieser Aufgabe bekannt, sie bleibt auch für die anste- enden Reformen der Erbschaftsteuer aktuell. Etwas verwundert bin ich darüber, dass die Grünen ei den Sonderregelungen für Betriebsvermögen relativ onkret werden, bei der höheren Besteuerung der priva- en Erbschaften aber sehr vage bleiben. Ich hoffe, das iegt nicht daran, dass ein guter Teil ihrer Klientel zu den lücklichen Millionenerben gehört. Eine Reform der Erbschaftsteuer und des Bewertungs- esetzes ist überfällig. Die Koalition hat sich bemüht, sie o schnell wie möglich auf den Weg zu bringen. Nachdem un aber die lange erwartete Entscheidung des Bundes- erfassungsgerichts noch für dieses Jahr angekündigt ist, ürde es wenig Sinn machen, vorher noch neue Regeln u beschließen. Das würde ja heißen, dass wir eventuell m nächsten Jahr gezwungen wären, das gerade verab- chiedete Gesetz nochmals zu korrigieren. Das Ergebnis äre weniger Rechtssicherheit und mehr Bürokratie. Deshalb plädiere ich dafür: Lassen Sie uns das Urteil er Verfassungsrichter abwarten und dann die Reform er Erbschaftsteuer zügig umsetzen. Bei diesem Zeitplan ollte es gelingen, das neue Recht zum 1. Januar in Kraft Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Freitag, den 22. September 2006 5101 (A) ) (B) ) treten zu lassen, selbst wenn das Verfahren erst im nächsten Jahr abgeschlossen werden kann. Die nötigen Vorarbeiten hat die Koalition geleistet. Das gilt auch für den Punkt der Weitergabe von Be- triebsvermögen. Wie Sie wissen, haben wir schon heute eine außerordentliche Privilegierung von Betriebsver- mögen im Erbschaftsteuerrecht. Wir haben uns nun geei- nigt, das noch einmal zu verbessern. Der Kompromiss sieht vor, die Erbschaftsteuer für produktives Betriebs- vermögen nach zehn Jahren völlig zu erlassen, wenn die Arbeitsplätze im Betrieb erhalten werden. Dabei sind zwei Dinge wichtig: Zum einen müssen wir zuverlässig verhindern, dass vererbtes Privatvermö- gen in Betriebsvermögen umgewidmet wird und sich Millionenerben damit ein Steuerschlupfloch schaffen. Hierfür ist bereits eine ganze Reihe von Vorkehrungen ausgearbeitet worden, die das steuerlich anerkannte pro- duktive Betriebsvermögen eng begrenzen. Zum anderen darf es dieses Steuergeschenk nur ge- ben, wenn der vollständige Erhalt der Arbeitsplätze für mindestens zehn Jahre sichergestellt wird. Nur dann hat diese Regelung eine Berechtigung und nur dann kann sie vor dem Verfassungsgericht bestehen. Es ist schon erstaunlich, dass dieser vernünftige Kom- promiss nun gerade von denen infrage gestellt wird, die seit Jahren nach dieser Sonderregelung verlangen. Die Unternehmensverbände haben uns immer gesagt, dass die Erbschaftsteuer den Bestand von Arbeitsplätzen ge- fährdet. Der Beweis dafür steht allerdings bis heute aus. Jetzt sind wir bereit, ihnen die Erbschaftsteuer zu erlas- sen, wenn sie die Arbeitsplätze sichern. Dass nun die Ar- beitsplatzklausel kritisiert wird, macht die ganze Argu- mentation der Verbände unglaubwürdig. Noch erstaunlicher ist es, wenn Regierungsmitglieder den erreichten Kompromiss infrage stellen. Um es klar zu sagen: Wer eine Regelung zur Betriebsübergabe ohne Arbeitsplatzklausel will, verschenkt die Steuergelder der Arbeitnehmer an reiche Firmenerben. Das wird es mit der SPD nicht geben. Die CSU ist seit Jahren die vehe- mente Vorkämpferin einer Erleichterung der Betriebs- übergabe. Sich jetzt nicht an den Kompromiss zu halten, ist das typische Doppelspiel der CSU. Das wird diesmal keinen Erfolg haben. Ich denke, es gibt keinen Anlass für den vorliegenden Antrag. Die Koalition hat eine vernünftige Vereinbarung getroffen. Sobald das Verfassungsgericht entschieden hat, müssen wir sie zügig umsetzen. Carl-Ludwig Thiele (FDP): Dieser Antrag der Grü- nen zeigt ganz deutlich die Politik der Grünen auf: Es sollen höhere Steuereinnahmen für den Staat durch die Erbschaft- und Schenkungsteuer erzielt werden. Es wer- den auch gleich gute Zwecke angegeben, für die dieses zusätzlich einzunehmende Geld auch gleich wieder aus- gegeben werden kann. Der Antrag übersieht allerdings, dass gerade aufgrund der deutschen Besteuerung und insbesondere der derzei- tigen erbschaftsteuerlichen Belastung viele Bürger und g S s Ö d f S G D E D H B D b r S d d s D K d k f l G s s G B t d n a s d m d k e B z g h t B D b m m l d t M u b (C (D erade Mittelständler und Unternehmensinhaber den teuerstandort Deutschland verlassen und ihren Wohn- itz im benachbarten europäischen Ausland, nämlich in sterreich oder der Schweiz, angesiedelt haben. Hier- urch entgehen schon jetzt dem deutschen Fiskus Jahr ür Jahr zig Millionen, wenn nicht Milliarden Euro an teuereinnahmen. Steuerbürger, die aus steuerlichen ründen Deutschland verlassen haben, zahlen eben in eutschland weder eine Schenkungsteuer, noch eine rbschaftsteuer, noch eine Lohn- und Einkommensteuer. iese Gelder sind für den deutschen Fiskus verloren. ierzu gibt es auch sehr prominente Beispiele aus dem ereich des Sportes. Nicht umsonst wirbt Österreich in eutschland für den Steuerstandort Österreich und hat edauerlicherweise damit Erfolg. In dieser Situation gehen die Grünen daher und erklä- en, dass die Bemessungsgrundlage verbreitert und das teueraufkommen aus der Erbschaftsteuer erhöht wer- en soll. Sie zeigen damit, dass sie den Ernst der Lage es Standorts Deutschland nicht verstanden haben. Ein olcher Vorschlag ist widersinnig. Wir dürfen aus eutschland nicht weiter die Leistungsträger mit ihrem apital hinaustreiben. Wir müssen attraktiver werden, amit Kapital und Leistungsträger nach Deutschland ommen. Begründet wird diese Haltung der Grünen neben dem iskalischen Interesse damit, dass die derzeitige Rege- ung nicht verfassungsgemäß sei, weil Geldvermögen, rund- und Immobilienvermögen, land- und forstwirt- chaftliches Vermögen und Betriebsvermögen derzeit ehr unterschiedlich bewertet werden. Es ist auch den rünen nicht verwehrt, sich mit dem derzeitig geltenden ewertungsgesetz auseinanderzusetzen. In dem Bewer- ungsgesetz hat der Gesetzgeber seinerzeit sehr deutlich ifferenziert zwischen Gleichem und Ungleichem; denn ach Art. 3 GG muss Gleiches gleich und Ungleiches uch ungleich behandelt werden. Er ist damit einer Ent- cheidung des Bundesverfassungsgerichts gefolgt, dass ie unterschiedliche Bewertung der verschiedenen Ver- ögensarten geradezu verlangt hatte. Aus gutem Grund hat der Gesetzgeber berücksichtigt, ass Betriebsvermögen einer stärkeren Sozialpflichtig- eit unterliegt als sonstiges Vermögen. Hieraus folgt ine privilegierte Behandlung bei der Bewertung von etriebsvermögen. Betriebsvermögen ist die Vorausset- ung dafür, dass es überhaupt Betriebe und Arbeitsplätze ibt. Wenn hier die Bemessungsgrundlage deutlich er- öht werden soll, so kommt dieses einer stärkeren Belas- ung des Mittelstandes, insbesondere der Inhaber von etrieben und letztlich auch deren Beschäftigten gleich. adurch wird insbesondere in mittelständischen Betrie- en in einem Erbfall die Fortführung eines Unterneh- ens gefährdet. Häufig fehlt der Kopf eines Unterneh- ens, zudem müssen die Erben Kapital – welches nicht iquide in der Firma vorhanden ist – dadurch aufbringen, ass Teile des Betriebes veräußert werden oder der Be- rieb mit Fremdkapital belastet werden muss. Jede dieser aßnahmen verschlechtert die Situation eines Betriebes nd gefährdet damit die in dem Betrieb vorhandenen Ar- eitsplätze. 5102 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Freitag, den 22. September 2006 (A) ) (B) ) Es ist auch widersinnig, eine Vereinfachung des Be- wertungsgesetzes erreichen zu wollen, wenn parallel eine Komplizierung des Erbschaftsteuerrechtes vorge- nommen werden soll. Die derzeit beim Bundesverfassungsgericht vorlie- gende Klage ist seinerzeit unter Rot-Grün von dem SPD- geführten Finanzministerium für unzulässig und unbe- gründet erklärt worden. Deshalb hat die Bundesregie- rung seinerzeit beantragt, die Klage abzuweisen. Die FDP wird die von den Grünen geforderte steuerli- che Mehrbelastung insbesondere des Betriebsvermögens nicht unterstützen. Die Neiddebatte in unserem Land ist eben auch bei den Grünen angekommen. Volkswirt- schaftlich ist es aber Unfug, durch eine verschärfte steu- erliche Belastung von Erbschaften weiter Kapital aus Deutschland zu vertreiben. Deshalb wird die FDP dem Antrag der Grünen nicht zustimmen. Dr. Barbara Höll (DIE LINKE): In den Jahren 2011 bis 2015 werden nach Berechnungen der Dresdner Bank circa 1,3 Billionen Euro vererbt werden. Bereits jetzt werden jährlich mindestens 50 Milliarden Euro an Erben übertragen. Die Erb- und Schenkungssummen werden in den nächsten Jahren weiter steigen; eine erfreuliche Tat- sache für die Erbinnen und Erben, die von diesem leis- tungslosen Einkommen profitieren können. Die Mehr- heit der Erben und Beschenkten muss sich jedoch mit sehr bescheidenen Summen zufrieden geben: In den Jah- ren 2001 und 2002 erhielten 60 Prozent aller Haushalte eine Erbschaft von weniger als 51 000 Euro und circa 30 Prozent sogar weniger als 13 000 Euro. Die insgesamt riesige Gesamterbmasse ist also sehr ungleich verteilt und wird nicht dazu beitragen, Vertei- lungsgerechtigkeit zu befördern. Im Gegenteil. Wenige werden noch reicher und vermögender. Der Abstand zu den Haushalten mit geringem Einkommen vergrößert sich auch in Zukunft. Arm bleibt also arm und reich wird noch reicher. Dies haben nicht zuletzt Untersuchungen im Rahmen des zweiten Armuts- und Reichtumsberichts der rot-grünen Bundesregierung in 2005 ergeben. Die Ungleichheit der Lebensverhältnisse in unserer Gesell- schaft wird sich weiter vertiefen und das soziale Gefüge belasten. Im internationalen Vergleich sind unsere Ver- teilungs- und Besitzverhältnisse verkrustet und ohne Dy- namik. Die Erbschaftsteuer ändert daran leider bis dato nichts, obwohl gerade dieser Steuer eine fiskalische und verteilende Funktion zugewiesen wird. Der vorliegende Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen geht jedoch an diesem Kernproblem vorbei. Es wird darin zwar mehr Verteilungsgerechtigkeit gefor- dert, offen bleibt jedoch, wie eine derart ungleiche Ver- teilung durch eine Erbschaftsteuerreform aufgebrochen werden kann. Die im Antrag formulierten Forderungen zum Bewertungsrecht sind wichtig. Nicht zuletzt garan- tiert die Gleichbehandlung aller Vermögensarten eine verfassungsgemäße Besteuerung. Eine grundlegende Reform darf sich jedoch darauf nicht beschränken: Es stellt sich auch die Frage, warum eingetragene Partnerschaften und Ehegemeinschaften steuerlich ge- g b s f g l t v V B G V S h f a f g u v l w d u s N U d s s B z B i u f E G S E m s g f o w a g m l s h (C (D enüber anderen Formen des Zusammenlebens beim Er- en und Beschenken bevorzugt bleiben. Die Fraktion Die Linke ist für eine Reform der Erb- chaft- und Schenkungsteuer, weil durch eine solche Re- orm mehr Verteilungsgerechtigkeit möglich wäre. Eine erechte Erbschaftsbesteuerung muss die Gleichbehand- ung aller der Steuer zugrunde liegenden Vermögensvor- eile umfassen. Das schließt eine weitere steuerliche Be- orzugung von Grundbesitz und Betriebsvermögens aus. oraussetzung hierfür ist eine realitäts- und marktnahe ewertung dieser Vermögensarten. Wir fordern die leichbehandlung aller Erben: Dies kann nur durch eine ereinheitlichung der Steuerklassen, Freibeträge und teuertarife realisiert werden. Die Erbschaftsteuer existiert, weil sie über wichtige aushaltspolitische und verteilungspolitische Funktionen ür das Gemeinwesen verfügt. Sie nicht zu nutzen und ngesichts der bevorstehenden „Erbenwelle“ nicht zu re- ormieren, bedeutet den freiwilligen Verzicht auf drin- end notwendige Einnahmen für die öffentliche Hand nd auf gebotene Verteilungsgerechtigkeit. Laut DIW sind durch eine gerechtere Besteuerung on Erbschaften und Schenkungen jährlich 6 bis 9 Mil- iarden Euro an fiskalischen Einnahmen realisierbar. Das aren bis 2 bis 5 Milliarden Euro Mehreinnahmen für ie Bundesländer. Die milliardenschweren Erbschaften nd Schenkungen können einen Beitrag zur haushälteri- chen Stabilität und Verteilungsgerechtigkeit leisten. utzen wir diese Chance. Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): nser Antrag mit Eckpunkten für eine gerechte Reform er Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer soll die chwarz-rote Koalition antreiben, endlich die Erbschaft- teuerreform im Kabinett zu verabschieden und in den undestag einzubringen, um das verwirrende Chaos wischen Union und SPD und mit den verschiedenen undesländern zu beenden. Die Erbschaftsteuerreform st nicht zu vererben an eine nächste Legislaturperiode nd sie kann auch nicht ausgesessen werden. Die schwarz-rote Koalition hat sich in vielen Politik- eldern darauf verständigt, nicht zu entscheiden, sondern ntscheidungen in der Sache zu verschieben. Bei der esundheitsreform steht die Koalition bereits vor dem chlichtungsfall für den Koalitionsausschuss. Bei der rbschaftsteuer geht der Verschiebebahnhof nicht, weil it Ende des Jahres die Regelungen des Bewertungsge- etzes wegen Befristung auslaufen. Ohne neues Gesetz ibt es Steuerausfälle bei den Erbschaftsteuereinnahmen ür die Bundesländer. Niemand kann dies wollen! Eine erneute Verlängerung des Bewertungsgesetzes, hne dass eine verfassungsgemäße Änderung der Be- ertungsgrundsätze für unterschiedliche Vermögens- rten wie Grund-, Immobilien- und Betriebsvermögen eregelt wird, kommt für uns nicht infrage. Eine gleich- äßige Besteuerung von Geldvermögen und Immobi- ienvermögen muss endlich gewährleistet werden. Steuern parende Gestaltungen müssen ein Ende finden. Es geht ierbei um Steuergerechtigkeit für die Berechnung der Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Freitag, den 22. September 2006 5103 (A) ) (B) ) Bemessungsgrundlage der Erbschaft- und Schenkung- steuer. Unliebsame politische Entscheidungen dürfen seitens der großen Koalition nicht länger in die Verant- wortung des Verfassungsgerichts delegiert werden. Es ist ureigene Aufgabe der Politik und damit des Parlaments, in der Sache zu entscheiden. Auch die Regelung zur Unternehmensnachfolge im Rahmen des Erbschaftsteuerrechts erlaubt keinen weite- ren Aufschub. Kleine und mittlere Unternehmen brau- chen eine sichere Perspektive für die Regelung der Fir- mennachfolge. Es geht um die Sicherung und den Erhalt von vielen Arbeitsplätzen im Mittelstand. Die Regelung zur Unternehmensnachfolge muss den Erhalt der Ar- beitsplätze nachweisen. Sonst wird die Koalition der Sozialpflichtigkeit des Eigentums nicht gerecht. Die Erbschaft- und Schenkungsteuer hat derzeit ein jährliches Volumen von rund 4 Milliarden Euro. Sie kann allein von ihrem Volumen her nicht mit den großen Aufkommen aus der Mehrwert- oder Einkommensteuer von jeweils rund 140 Milliarden Euro verglichen wer- den. Sie ist eine reine Ländersteuer, sie steht aber im Mittelpunkt von Gerechtigkeitsfragen und wichtigen Ge- rechtigkeitsempfindungen in der Gesellschaft. Die Chancengleichheit für die nächste Generation bildet den Bezugspunkt. Eine zunehmende ungleiche Vermögens- verteilung kann mithilfe der Erbschaftsteuer zugunsten von gerechteren Startchancen für alle Kinder korrigiert werden. Auch die Bildungsausgaben sind Ländersache. Mehr Investitionen in Schule, Ausbildung und Universi- täten fallen nicht vom Himmel, sondern müssen vom Gemeinwesen mit Steuern finanziert werden. Das jährliche Erbschaftsvolumen nimmt stetig zu. 2,5 Billionen Euro werden die Deutschen in den nächs- ten zehn Jahren vererben laut „Wirtschaftswoche“ vom 31. Juli 2006. Deshalb stellen sich verstärkt soziale Gerechtigkeitsfragen. Aus der Erbschaftsteueraufkom- mensstatistik 2002 ergibt sich, dass bei einem steuer- pflichtigen Erbschaftsvolumen von 19,3 Milliarden Euro 5,82 Milliarden Euro auf das Grundvermögen, 1,5 Mil- liarden Euro auf Betriebsvermögen und 0,08 Milliarden Euro auf land- und forstwirtschaftliche Vermögen entfie- len. 11,86 Milliarden Euro betrug die Kategorie Sonsti- ges Vermögen, darunter fällt das Geld- und Wertpapier- vermögen. Bisher gehen die verschiedenen Vermögensarten un- gleichmäßig in die Bemessungsgrundlage der Erbschaft- steuer ein. Immobilien werden nur mit Werten erfasst, die oft bis zu 50 Prozent unter Marktniveau liegen. Auch Grundstücke werden mit nicht aktuellen Bodenrichtwer- ten erfasst. Wir wollen, dass Geld-, Grund- und Immobi- lienvermögen sowie Betriebsvermögen endlich gleich- mäßig in die Besteuerungsgrundlage eingehen. Dazu brauchen wir nicht auf eine Entscheidung des Bundes- verfassungsgerichts zu warten, um eine verfassungsge- mäße Erfassung aller Vermögensarten zu gewährleisten. Damit würde vielen Steuer sparenden Gestaltungen mit- tels Vermögensumschichtungen der Boden entzogen. Wir wollen, dass Begünstigungen in Gestalt von Freibe- trägen offen und transparent ausgewiesen werden. Für das Betriebsvermögen von kleinen und mittleren Betrie- b E w r z l d m w h e k k d s m c i p n r A F o w d d m f V m a e h n d h f R i m d f s (C (D en soll durch einen hohen Freibetrag von 2 Millionen uro der Erwerb im Erbschaftsfall sofort steuerbefreit erden, um die Unternehmensnachfolge, die Fortfüh- ung des Betriebes und die Sicherung der Arbeitsplätze u gewährleisten. Omas Häuschen bleibt selbstverständ- ich steuerbefreit. Die persönlichen Freibeträge sollen in er Höhe so bleiben, wie sie sind. Die steuerliche Diskri- inierung der eingetragenen Lebenspartnerschaften ollen wir beenden. Große Erbschaften und Schenkungen sollen einen hö- eren Beitrag für unser Gemeinwesen erbringen, so wie s auch in anderen Ländern üblich ist. Wir wollen für leine Vermögen die Steuersätze senken, um die Wir- ung der verbreiterten Bemessungsgrundlage abzufe- ern, und für große Vermögen anheben. Im Ergebnis ollen breitere Schultern eine höhere Last für das Ge- einwohl tragen. Jedes Kind soll gleiche Bildungschan- en erhalten, dazu ist die Umverteilung von Vermögen m Rahmen des Erbschaftsfalls ein angemessener Zeit- unkt. Die große Koalition soll sich um diese Fragen icht drücken, sondern unverzüglich entscheiden und ih- en Gesetzentwurf vorlegen. nlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Gegen Geheimnis- krämerei – Entscheidungen kommunaler Ge- sellschaften transparent gestalten (Tagesord- nungspunkt 27) Dr. Günter Krings (CDU/CSU): Das Anliegen der DP berührt einen wichtigen Punkt. Bürger einer Stadt der Gemeinde wollen nicht nur über das Geschehen, elches sich direkt im Rathaus abspielt, informiert wer- en, sondern auch über die Tätigkeit von Unternehmen, ie der öffentlichen Hand gehören. Das ist auch das gute Recht des Bürgers. Schließlich üsste er im Zweifel auch mit seinen Steuergeldern da- ür einstehen, wenn es in diesen Unternehmungen zu erlusten kommt. Als überzeugte Entbürokratisierer und Deregulierer, eine verehrte Kollegen von der FDP, sollten wir uns ber auch bei Ihrem Antrag die Frage stellen, ob hier ine Gesetzesänderung wirklich notwendig ist. Denn wir alten es ja mit Montesquieu und wissen: „Wenn es nicht otwendig ist, ein Gesetz zu machen, dann ist es notwen- ig, keines zu machen.“ Viele Kreise, Städte und Gemeinden in unserem Land aben sich für kommunale Unternehmen in der Rechts- orm einer GmbH entschieden, weil sie eine flexible echtsform mit vielen Gestaltungsmöglichkeiten für hre kommunale Aufgabenerfüllung suchten. Und zu- indest in puncto Transparenzregelung erhalten sie iese Gestaltungsfreiheit auch. Die Satzung einer GmbH kann die Mitglieder eines akultativen Aufsichtsrats weitgehend von der Ver- chwiegenheitspflicht des § 93 Abs. 1 AktienG befreien. 5104 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Freitag, den 22. September 2006 (A) ) (B) ) Ihre Forderung nach einer gesetzlichen Eingrenzung der Verschwiegenheitspflicht ist bereits in § 52 Abs. 1 GmbHG geregelt. Sie stützen den von Ihnen angenommenen Hand- lungsbedarf insbesondere auf die Entscheidung eines bayerischen Verwaltungsgerichts. Sie zitieren eine Pas- sage am Schluss dieses Urteils in Ihrem Antragstext zwar richtig. Einen Handlungsauftrag an den Gesetzge- ber kann ich dieser Stelle allerdings beim besten Willen nicht entnehmen. Im Gegenteil: Das Verwaltungsgericht stellt in einer zentralen Passage seines Urteils – die Sie geflissentlich ignorieren – ausdrücklich klar: „Zum an- deren hat das Bundesgesetz in § 52 Abs. 1 GmbHG eine flexible Regelung geschaffen, in der auch kommunalge- setzliche Erwägungen, und hier insbesondere das Öffent- lichkeitsprinzip, berücksichtigt werden können.“ Dieser klaren Feststellung des Gerichts ist nichts hinzuzufügen. Bei aller gemeinsamen Begeisterung für die Transpa- renz in kommunalen Gesellschaften sollten wir doch Acht geben, dass wir nicht Mauern an Stellen durchbre- chen, wo der Gesetzgeber schon längst Fenster einge- baut hat. Was wir aber nicht gebrauchen können und nicht wol- len, ist ein Sonder-GmbH-Recht für Kommunen. Der Reiz der GmbH liegt aus der Sicht vieler Städte und Kreise ja gerade darin, dass sie in dieser Rechtsform ih- ren Vertragspartnern in der freien Wirtschaft gleichsam gesellschaftsrechtlich auf Augenhöhe gegenübertreten können. Und es mutet schon etwas merkwürdig an, wenn gerade diejenigen, die zu den glühendsten Verfechtern der Ausgründung kommunaler Unternehmen in private Rechtsformen gehören, nun offenbar Zweifel bekom- men, ob diese Privatrechtsform wirklich so geeignet ist. Selbst für die Fälle, wo das GmbH-Recht für die Zwe- cke eines kommunalen Unternehmens nicht geeignet sein sollte, müssen wir uns vor einer weiteren Befrach- tung und Verkomplizierung unseres Gesellschaftsrechts durch eine neue Unterform der GmbH hüten. Statt das unternehmerische Rad für die Kommunen neu zu erfin- den, sollten wir einfach zur Kenntnis nehmen, dass das öffentliche Recht längst eine kommunale Unterneh- mensform in Gestalt der Anstalt öffentlichen Rechts be- reithält. Alle mit der Gründung von GmbHs verfolgten Ziele wie größere Flexibilität, einfache Kreditbeschaffung am Markt, schnellere Entscheidungswege, steuerliche Vor- teile, günstigere Kostensituation, können mit dieser seit Jahrzehnten eingeführten Rechtsform ebenso gut oder gar noch besser erreicht werden. Und jetzt kommt das Beste: Hier kann der Landesge- setzgeber sogar in noch viel höherem Maße, als der FDP das offenbar vorschwebt, Transparenz und Informations- pflichten anordnen. Nun mag es ja sein, dass Ihnen als Antragsteller die Optionen, die das GmbH-Recht für die Eingrenzung der Verschwiegenheitspflichten des Aufsichtsrats vorsieht, nicht ausreichen. Wer mehr will, wird den Kommunen diese Transparenz wohl schon vorschreiben müssen. Solche Informationspflichten und Transparenzgebote für k s d z d m n t K L i d b s u c g g g u g I n w b n m l h t b G d H I m L v m w i s n s B t n g w d r r l A (C (D ommunale Gesellschaften wären aber keine gesell- chaftsrechtliche Regelung mehr, sondern hätten einen ezidiert kommunalverfassungsrechtlichen Regelungs- weck. Das Kommunalverfassungsrecht ist aber Sache es Landesgesetzgebers. Das, was Sie laut Überschrift it Ihrem Antrag erreichen wollen, kann gesetzlich also ur in den Landtagen geregelt werden. Wir, die CDU/CSU-Bundestagsfraktion, haben Ver- rauen in das verantwortungsbewusste Handeln der reistage sowie der Stadt- und Gemeinderäte in unserem and. Diese werden in aller Regel die Transparenz für hre Kommunalunternehmen nicht als Bedrohung, son- ern als Ausdruck einer bürgernahen Kommunalpolitik egreifen. Wir wollen uns nicht anmaßen, besser zu wis- en als die Entscheidungsträger vor Ort, wie Transparenz nd Offenheit zu sichern ist. Ich will Ihnen als Antragsteller aber sehr gerne zusi- hern: Sollte es Ihnen im Laufe der weiteren Beratungen elingen, tatsächliche Defizite im Bundesrecht aufzuzei- en, also Punkte, in denen das Bundesrecht die Offenle- ung von Unternehmensinformationen unzumutbar und nangemessen behindert, werden wir gerne über einen esetzgeberischen Handlungsbedarf nachdenken. Aus hrem Antragstext kann ich solche Defizite allerdings och nicht erkennen. Hier müssten Sie dann schon ein enig mehr in die Tiefe gehen. Wir als Unionsfraktion – das möchte ich abschließend etonen – sehen vor allem keinen Grund, den Kommu- en und ihrem Willen, Transparenz herzustellen, zu isstrauen. Aber so ganz werde ich den Verdacht nicht os, dass die FDP in dieser Hinsicht gewisse Vorbehalte at. Wie sonst wäre es zu erklären, dass Sie in Ihrem An- rag ausdrücklich nur von transparenten Entscheidungen ei „kommunalen Unternehmen“ sprechen? Wenn das esellschaftsrecht angeblich diese Transparenz verhin- ert, warum fordern Sie dann keine Änderung auch im inblick auf Gesellschaften des Bundes und der Länder? st Transparenz etwa weniger wichtig, wenn statt kom- unaler Gebühren Steuergelder des Bundes oder der änder in eine GmbH investiert werden? Oder handeln on Bundestag oder Landtagen benannte Aufsichtsrats- itglieder Ihres Erachtens per se verantwortungsbe- usster als kommunale Aufsichtsräte? Zumindest diese Schieflage zulasten der Kommunen n Deutschland sollten sie schnellstens aus Ihrem Antrag treichen. Klaus Uwe Benneter (SPD): Sehr geehrte Kollegin- en und Kollegen von der FDP! Ich bin doch sehr er- taunt, dass ausgerechnet Sie, die Sie stets noch mehr ürokratieabbau und noch mehr Effizienz in der Verwal- ung fordern, nun den Deutschen Bundestag am Freitag- achmittag in diesem überflüssigen Umfang beschäfti- en. Wenn Sie doch bereits alle Antworten selbst haben, arum stellen Sie dann eine Große Anfrage an die Bun- esregierung zu genau diesem Themenkomplex? Es geht um das Verhältnis zwischen dem kommunal- echtlichen Öffentlichkeitsprinzip und den gesellschafts- echtlichen Verschwiegenheitspflichten, die in den Fäl- en relevant wird, in denen Kommunen öffentliche ufgaben auf privatrechtliche Organisationsformen Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Freitag, den 22. September 2006 5105 (A) ) (B) ) übertragen. Diese Frage ist nicht neu und in der Fachlite- ratur bereits ausführlich behandelt. In den §§ 394 und395 AktG finden sich Sonderrege- lungen, die den Konflikt zwischen Berichtspflichten des Aufsichtsrates gegenüber einer Gebietskörperschaft und seiner Verschwiegenheitspflicht aufzulösen suchen. Wenn man diese bestehenden Vorschriften richtig aus- füllt und anwendet, kommt man bereits zu befriedigen- den Ergebnissen. Es ist nicht ersichtlich, warum darüber hinaus gesetzgeberischer Handlungsbedarf bestehen soll. Grundsätzlich besteht eine Schweigepflicht der ein- zelnen Aufsichtsratsmitglieder auch in privatrechtlich organisierten Unternehmen in überwiegend öffentlicher Trägerschaft. Falls keine ausdrückliche Berichtspflicht vorliegt, haben nur die Aufsichtsratsmitglieder selbst darüber zu entscheiden, ob Informationen weitergegeben werden sollen. Es ist allerdings durch zwingendes Geset- zesrecht nicht von vornherein ausgeschlossen, dass ein Aufsichtsrat als Kollektivgremium beschließt, nicht ge- heimhaltungsbedürftige Beratungsgegenstände und Be- ratungsabläufe einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Daher ist es nur folgerichtig und angemes- sen, diese Fragen der Literatur und der Rechtsprechung und deren Rechtsfortentwicklung zu überlassen und nicht sofort an eine gesetzliche Regelung zu denken. Ge- rade Sie, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der FDP, sträuben sich doch sonst immer gegen angebliche oder tatsächliche gesetzliche Überregulierungen. Es bleibt den Kommunen doch unbenommen, bei der Entsendung von Aufsichtsräten die Frage der Berichter- stattung gegenüber der Öffentlichkeit vor deren Bestel- lung mit diesen Personen abzuklären. Aktueller gesetzgeberischer Handlungsbedarf ist nicht gegeben. Für eine gute Corporate-Governance der Unter- nehmen in alleinigem oder mehrheitlich öffentlichem Besitz könnte gegebenenfalls ein Kodex für öffentliche Unternehmen ähnlich dem Corporate-Governance-Ko- dex für börsennotierte Unternehmen entwickelt werden. Gegen eine gesetzliche Regelung speziell für öffentliche Unternehmen spricht aber die Gefahr einer möglichen Benachteiligung anderer Anteilsinhaber, soweit die öf- fentliche Hand nur einen Teil der Anteile selbst hält. Für die GmbH mit Aufsichtsrat ist die praktische Be- deutung der Verschwiegenheitspflichten durch die nach GmbH-Recht jedem Gesellschafter zustehenden Aus- kunfts- und Einsichtsrechte ohnehin gemindert. Für den fakultativen Aufsichtsrat einer GmbH kann der Gesell- schaftsvertrag die Auskunftspflichten regeln. Wenn Sie schon unbedingt gesetzgeberisches Han- deln fordern, so ist jedenfalls der Bundestag nicht der richtige Ort. Allenfalls auf Landesebene und im Rahmen der Kommunalverfassungen könnte Handlungsbedarf sinnvollerweise angemeldet werden. Dort sollte geprüft werden, ob für die oben genannten Berichtspflichten ge- setzliche Grundlagen geschaffen werden sollten, soweit noch nicht geschehen. Hier im Bundestag, verehrter Herr Kollege Stadler, ist Ihnen in dieser Sache nicht zu helfen. a t s d A d U l c u s r h n D Ü v s d d w A k g i v U s F m T l d t t a K U f n z h w f s d p i m s g n z d r n (C (D Katrin Kunert (DIE LINKE): Erstens: Kompliment n die FDP, sie hält ein Super-Plädoyer gegen die Priva- isierung von Aufgaben der öffentlichen Daseinsvor- orge. Alle in ihrem Antrag aufgeführten Probleme wür- en sich heute nicht so drastisch darstellen, wenn die ufgaben der Daseinsvorsorge kommunal erbracht wür- en. Es steht auch in der Begründung des Regensburger rteils, dass mit zunehmender Privatisierung die öffent- ich-rechtlichen Bindungen ausgehebelt werden können. Eine zweite Vorbemerkung: Würde man das Mitspra- he- und Entscheidungsrecht der Bürgerinnen und Bürger nd der Kommune als Vertretungskörperschaft wirklich tärken wollen, wäre zunächst an eine Rekommunalisie- ung von Aufgaben der Daseinsvorsorge zu denken. Das aben inzwischen auch die Kommunen erkannt. In sei- er Presseerklärung vom März dieses Jahres begrüßt der eutsche Städte- und Gemeindebund ausdrücklich die berlegungen einiger Städte und Gemeinden, bisher pri- at erbrachte Leistungen der öffentlichen Daseinsvor- orge wieder zu kommunalisieren. Die neue Vorsitzende es Ausschusses für Finanzen und Kommunalwirtschaft es Städte- und Gemeindebundes, Frau Ursula Pepper, ies darauf hin, dass eine Rekommunalisierung von ufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge dazu dienen önne, kommunale Gestaltungsmöglichkeiten zurückzu- ewinnen. Die Stadt Ahrensburg in Schleswig-Holstein, n der Frau Pepper BM ist, hat sich entschieden, die Gas- ersorgung in der Stadt nicht mehr von einem privaten nternehmen, sondern von einer kommunalen Gesell- chaft durchführen zu lassen. Und wenn Sie sich in der DP-Fraktion Gedanken über die Transparenz bei kom- unalen Unternehmen machen, frage ich, wie Sie mit ransparenz bei echten Privatisierungen umgehen wol- en. Tatsache ist, dass bereits heute immer mehr Aufgaben er öffentlichen Daseinsvorsorge durch kommunale Un- ernehmen erbracht werden; zu 75 Prozent sind dies Un- ernehmen in der Rechtsform der GmbH. Tatsache ist uch, dass aus den unterschiedlichsten Gründen die ommunen immer mehr an Einfluss auf ihre eigenen nternehmen verlieren. Eine Ursache dafür ist, dass Öf- entlichkeit und die Wahrung der Interessen der Unter- ehmen nicht unter einen Hut zu bringen sind. Kommunale Mandatsträger in den Aufsichtsräten sind ur Verschwiegenheit verpflichtet. Diese Verschwiegen- eitspflicht kann dann zu Interessenskonflikten führen, enn sie sich ihrer Gemeinde gegenüber verpflichtet ühlen, über Angelegenheiten des Unternehmens von be- onderer Bedeutung berichten zu müssen. Es ist nicht efiniert, in welchem Maße eine Verschwiegenheits- flicht der kommunalen Vertreter in den Aufsichtsräten m Interesse des Gemeinwohls – im Interesse der Kom- une und damit der Bürgerinnen und Bürger – einge- chränkt werden kann. Dies ist in den Gemeindeordnun- en der Länder sehr unterschiedlich geregelt. Es ist ämlich ein Aushandlungsprozess, der von Kommune u Kommune unterschiedlich ausgehen kann, also nach em Motto: einmal mehr und einmal weniger Transpa- enz. Die Leidtragenden sind in jedem Fall die Bürgerin- en und Bürger. Bestes Beispiel sind Unternehmen im (A) ) (B) ) Verkehrs- oder Versorgungsbereich, die nicht bereit sind, ihre Tarif- bzw. Preiskalkulation offen zu legen. Hier gibt es also tatsächlichen Handlungsbedarf. Das sehen wir nicht anders. Es müssen bundesweite einheitli- che Standards in Bezug auf die Einschränkung der Ver- schwiegenheitspflicht im Interesse des Gemeinwohls vorgegeben werden. Dies kann nicht im Belieben der Länder oder einer Kommune oder gar des Bürgermeis- ters liegen. Insofern stimmen wir dem Grundanliegen Ih- res Antrages zu. Allerdings geht uns der Antrag nicht weit genug. Erstens. Geht es Ihnen in der FDP um eine deutliche Erhöhung der Transparenz von Entscheidungen nur kommunaler Unternehmen. Und Ihre gewünschte Neu- regelung soll sich ausschließlich auf kommunale GmbH und AG beziehen, die zu 100 Prozent kommunal sind. Das derzeit geltende GmbH- und AG-Recht bezieht sich aber ausdrücklich auf alle Unternehmen, das heißt mit jedem Gesellschafter, unabhängig von der Höhe der Be- teiligung wird ein umfassendes Informationsrecht ge- genüber dem Unternehmen eingeräumt. Es stellt sich die Frage, was Sie mit dieser Einengung wirklich wollen. Zweitens werden in Ihrem Antrag Unternehmen, an denen Bund und Länder beteiligt sind, vollkommen aus- geblendet. Wir meinen, auch diese Beteiligungen müs- sen in die Diskussion um mehr Transparenz einbezogen werden. Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der Anlass, der dem heutigen Antrag der FDP-Fraktion zu- grunde liegt, mutet – lassen Sie mich das mal etwas sa- lopp formulieren – etwas „sehr dünne“ an. Da hatte das Verwaltungsgericht Regensburg über die Zulassung ei- nes ÖDP-Bürgerbegehrens zu entscheiden, in dem die Transparenz kommunaler Unternehmen in Passau the- matisiert werden sollte. In seiner Entscheidung urteilte das Gericht, das Bürgerbegehren sei zulässig, da es kei- nen Widerspruch zum geltenden GmbH-Recht darstelle, wenn in dem Begehren mehr Transparenz bei kommuna- len Unternehmen gefordert werde. Dass dieser Einzelfall aus Bayern, inklusive der bür- gerbegehrenfreundlichen Entscheidung des Verwal- tungsgerichts, Anlass für eine parlamentarische Initia- tive der FDP wird, finde ich schon bemerkenswert. Wahrscheinlich ist dies aber dem Umstand geschuldet, dass der Kollege Stadler im Doppelpack Passauer Abge- ordneter und Stadtrat in Passau ist und daher die Aktivi- täten der dort beheimateten ÖDP besonders beobachtet. Auch ich, lieber Kollege Stadler, bin ja bekanntlich aus Bayern. Von daher ist mir die marktschreierische und populistische Arbeit der ÖDP bekannt, insbesondere ihre rhetorische Empörung, mit markigen Sprüchen gegen die so genannte Geheimniskrämerei in Rathäusern zu wettern. Ich denke nicht, dass wir uns dies hier in Berlin zu Eigen machen sollten. Doch lassen Sie mich nun zur Sache selbst kommen. Wir Grünen stehen für eine der Transparenz verpflichte- ten Politik. Die Bürgerinnen und Bürger sollen staatli- ches Handeln nachvollziehen und damit auch kontrollie- r I T m m h t p k g i m t M n G n h V P t S g z z S u j R l t d m g ü l D K a m w g s K U W s U m p w T d m d S (C (D en können. Mit dem unter Rot-Grün in Kraft getretenen nformationsfreiheitsgesetz haben wir diesem Anspruch aten folgen lassen. Anders übrigens als Sie, meine Da- en und Herren von der FDP, die Sie dem Gesetz da- als Ihr Ja verweigert haben. Vor diesem Hintergrund alten wir auch den Ansatz für richtig, kommunalpoli- isch relevante Entscheidungen transparent und über- rüfbar zu gestalten. Dies muss, im Grundsatz, auch für ommunale wirtschaftliche Betätigungen gelten. In der Tat ist es in den Kommunen inzwischen gän- ige Praxis, Aufgaben der kommunalen Daseinfürsorge n privatrechtlichen Unternehmensformen wahrzuneh- en, da die Kommunen so wirtschaftlicher und effizien- er agieren können. Städtische Kliniken, Stadtwerke oder essen als GmbH – alles Beispiele, wie viele Kommu- en in Deutschland in der Unternehmensform einer mbH wirtschaftlich erfolgreich agieren. Diese Entwicklung bedeutet in der Tat ein Span- ungsverhältnis zwischen dem das Kommunalrecht be- errschenden Öffentlichkeitsprinzip einerseits und den ertraulichkeits- und Verschwiegenheitspflichten des rivatrechts andererseits. Die Kommunen sind bei ihrer äglichen Arbeit immer wieder damit konfrontiert, dieses pannungsverhältnis im Einzelfall auszuloten, abzu- renzen und auszugestalten. Auch das im FDP-Antrag itierte VG Regensburg spricht davon, dass die Grenz- iehung zwischen den verschiedenen Interessen und chutzprinzipien im Einzelfall austariert werden müsse nd nicht ein für allemal festzulegen sei. Das Urteil sagt edoch auch, dass die einschlägigen Normen des GmbH- echts, insbesondere § 52 GmbHG, den hierfür erforder- ichen Regelungsspielraum eröffneten. Vor diesem Hin- ergrund finde ich die Empörung, mit der die FDP gegen ie „Geheimniskrämerei“ in den Kommunen wettert, ehr Theaterdonner für die Galerie denn sachlich be- ründet. Was durchaus nicht bedeutet, dass man nicht ber eine weitere Ausgestaltung von Transparenzrege- ungen nachdenken könnte. Doch ich möchte an dieser Stelle eines klar sagen: iese Debatte darf nicht zu einer Schlechterstellung für ommunal-GmbHs führen. Das GmbH-Recht gilt für lle Gesellschaften mit beschränkter Haftung gleicher- aßen und dieser Grundsatz sollte auch nicht angetastet erden. Nur dann, wenn „gleiches Recht für Gleiche“ ilt, ist ein fairer, freier Wettbewerb gesichert, für den ich ja die FDP sonst immer so vehement stark macht. ommunale Gesellschaften haben – wie jedes andere nternehmen auch – das Recht, am wirtschaftlichen ettbewerb teilzunehmen. Dann müssen sie auch den- elben Regularien unterstellt werden, wie jedes andere nternehmen auch. Würden kommunale Unternehmen it Sonderkonditionen belastet, wären sie gegenüber rivaten Konkurrenten – die aus Sicht der FDP vorzugs- ürdig seien – am Markt benachteiligt. Die allgemeine Forderung im FDP-Antrag, „so viel ransparenz wie möglich“ herzustellen, vermag nicht arüber hinwegzutäuschen, das konkretisiert werden uss, wie weit „das Mögliche“ gehen soll. Hier bleibt ie FDP jede Antwort schuldig. Die Debatte ist an dieser telle folglich nicht zu Ende, sondern sie beginnt erst. 5106 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Freitag, den 22. September 2006 91, 1 0, T 52. Sitzung Berlin, Freitag, den 22. September 2006 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3
Gesamtes Protokol
Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605200000

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

Sitzung ist eröffnet.

Interfraktionell ist vereinbart worden, Punkt 28 – Be-
ratung des Antrags der Fraktion Die Linke mit dem Titel
„Für die unbeschränkte Geltung der Menschenrechte in
Deutschland“ – von der Tagesordnung abzusetzen. Sind
Sie mit dieser Vereinbarung einverstanden? – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 22 auf:

Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/
CSU, der SPD, der FDP, der LINKEN und des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

Annahme einer Vereinbarung zwischen dem
Deutschen Bundestag und der Bundesregie-
rung über die Zusammenarbeit in Angelegen-
heiten der Europäischen Union

– Drucksache 16/2620 –

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache eineinviertel Stunden vorgesehen. – Ich
höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Kollegen
Michael Roth, SPD-Fraktion, das Wort.

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Redet

Michael Roth (SPD):
Rede ID: ID1605200100

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Man ist ja fast versucht, jeden der anwesenden Kollegen
per Handschlag und mit Namen zu begrüßen.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605200200

Das geht dann aber von Ihrer Redezeit ab.


Michael Roth (SPD):
Rede ID: ID1605200300

Deswegen erspare ich mir das, Herr Präsident. – Ich

glaube nicht, dass dies der Bedeutung der heutigen De-
batte gerecht wird. Bundestag und Bunde
schließen heute nämlich eine Vereinbarung üb
sammenarbeit in Angelegenheiten der Eu
Union, wie es etwas nüchtern heißt. Es geht da

(C (D ung . September 2006 0 Uhr eniger um rein organisatorische und technische Fragen er europapolitischen Kooperation zwischen Parlament nd Regierung. Vielmehr wagen wir mit dieser Vereinarung mehr Parlamentarismus und Demokratie. Der undestag kann zukünftig das Gesicht Europas stärker estalten als jemals zuvor. Diese Vereinbarung ist längst berfällig. (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir alle, die sich mit Europa beschäftigen, spüren:
ie Idee eines vereinigten Europas hat in den vergan-
enen Jahren an Strahlkraft verloren, und zwar nicht nur
ei den Bürgerinnen und Bürgern, den Medien und vie-
en Organisationen, sondern auch bei uns: In allen Frak-
ionen ist das Unbehagen gegenüber der europäischen
ntegration gewachsen. Viele von uns schimpfen über
en Bürokratiekoloss in Brüssel. Nicht wenige schütteln
en Kopf über die vermeintlich weltfremde europäische
esetzgebungsmaschinerie. Immer mehr Kolleginnen
nd Kollegen bedauern den sinkenden Einfluss nationa-
en Handelns. Viele sehen keine Spielräume mehr für ei-
ene Akzente und Ideen, wenn es gilt, Richtlinien in na-
ionales Recht umzusetzen. In den Augen einiger von
ns ist die EU nur noch ein Büttel der Globalisierung
nd nicht mehr das Instrument, um Globalisierung de-

ext
mokratisch und sozial zu gestalten.

Das ist eine ziemlich deprimierende Zustandsbe-
schreibung. Ich halte diese Beschreibung aber für falsch.
Auch wir Abgeordnete des Deutschen Bundestages sind
Europa. Wir sind Teil der europäischen Gesetzgebung.
Wir vertreten die Bürgerinnen und Bürger Deutschlands,
die auch Bürgerinnen und Bürger der Europäischen
Union sind. Auch wir tragen in hohem Maße für dieses
Europa Verantwortung. Daher müssen wir Europa parla-
mentarisieren. Wir müssen unser Parlament europäisie-
ren.

Auf diesem Weg sind wir mit der Vereinbarung ge-
großen Schritt vorangekommen.

ei der SPD, der CDU/CSU und der
FDP)
sregierung
er die Zu-

ropäischen
bei jedoch

meinsam einen


(Beifall b Michael Roth Auch das ist im parlamentarischen Alltag selten. Aber es ist folgerichtig. Wenn Parlamentsrechte unmittelbar berührt sind, dann sollten die traditionellen Linien zwischen der Opposition einerseits und der Koalitionsmehrheit andererseits verschwimmen. Ich danke daher ausdrücklich den Kollegen Rainder Steenblock, Markus Löning, Alexander Ulrich, Thomas Silberhorn, Michael Stübgen und Axel Schäfer. Ich danke auch den Vertretern der Bundesregierung, Staatsminister Günter Gloser und Staatssekretär Peter Hintze, die für die Bundesregierung die Verhandlungen führten. Bei ihnen hat man das parlamentarische Herz noch sehr stark schlagen gehört; auch das hat sicherlich zum Erfolg der Beratungen beigetragen. (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP – Zuruf von der CDU/CSU: Das dürfen Sie jetzt nicht so betonen, sonst kriegen sie dort Probleme!)





(A) )


(B) )


Dank gilt aber auch unseren Mitarbeiterinnen und Mitar-
beitern, die im Hintergrund engagiert und hoch kompe-
tent zum Erfolg beitrugen.

Der europäische Gesetzgebungsprozess ist bislang
stark von der Exekutive geprägt; im Rat sitzen Ministe-
rinnen und Minister. Unser Auftrag ist es, innerstaatlich
deren Handeln zu kontrollieren und Einfluss auf die Ge-
setzgebung zu nehmen. Zukünftig werden die Informa-
tionsrechte des Bundestages erheblich ausgeweitet.
Alle Bundestagsabgeordneten haben Zugang zu allen
Dokumenten und Berichten der EU-Kommission, des
Rates und der Bundesregierung. Endlich befinden wir
uns mit dem Bundesrat auf einer Augenhöhe. Die im
Verhältnis zum Bundestag bedenklich starke Position der
Länderregierungen, zugrunde gelegt im Art. 23 Grund-
gesetz, war, ist und bleibt für uns ein Ärgernis. Daran hat
auch die Föderalismusreform substanziell nicht viel ge-
ändert.


(Dr. Werner Hoyer [FDP]: Leider, leider!)


Im Bereich der originären Bundeszuständigkeiten
– Außen-, Sicherheits-, Verteidigungs- und Handelspoli-
tik – verfügen wir zukünftig über mehr Informationsrechte
als der Bundesrat. Stellungnahmen des Bundestages wer-
den verbindliche Grundlage für die Verhandlungen der
Bundesregierung im Rat. Abweichen kann die Bundes-
regierung nur dann, wenn sie es mit außen- oder integra-
tionspolitischen Gründen zu rechtfertigen vermag. Die
Bundesregierung ist verpflichtet, Rechenschaft gegen-
über dem Bundestag abzulegen. Bei grundlegenden eu-
ropäischen Weichenstellungen – Eröffnung von Bei-
trittsverhandlungen, Vertragsänderungsverfahren – muss
sich die Bundesregierung um ein Einvernehmen mit dem
Bundestag bemühen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das gefällt nicht al-
len. Einige Kommentatoren sprechen von neuer Blo-
ckade in der Europapolitik. Ein vermessener Vorwurf!
Kann man von Blockaden sprechen, wenn der Bundes-
tag zu einer besseren Gesetzgebung beizutragen ver-
sucht? Kann man von Blockaden sprechen, wenn wir
nicht erst bei der Umsetzung von Richtlinien in nationa-
les Recht, sondern schon bei deren Erarbeitung Einfluss

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(C (D u nehmen versuchen? Kann man von Blockaden sprehen, wenn Abgeordnete die Europapolitik des Bundes uf ein breiteres Fundament stellen? Parlamente sind ein überflüssiges Beiwerk, kein Sahnehäubchen, sonern das Fundament unserer Demokratie. Die Beratungen über die Dienstleistungsrichtlinie zeien auf eindrucksvolle Weise, wie frühzeitige und umassende Mitwirkung von Abgeordneten zu besserer echtsetzung führen kann. Lassen wir diesem Beispiel eitere folgen! (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir übernehmen zukünftig verstärkt Verantwortung,
iebe Kolleginnen und Kollegen. Die Schutzbehauptung
inzelner von uns, man habe nichts gewusst und nichts
ehört, gilt nicht länger. Diese Verantwortung verpflich-
et uns zu größerem Einsatz, größerer Aufmerksamkeit,
rößerer Sorgfalt und größerer Wertschätzung gegenüber
en Europapolitikerinnen und -politikern im ganzen
ause.

Europa darf auch nicht länger nur Angelegenheit der
itglieder des Europaausschusses sein. Wir brauchen

en Sachverstand aller Fachpolitikerinnen und -politi-
er. Außerdem müssen dieser Vereinbarung weitere
chritte folgen: mehr europapolitische Kompetenz in der
undestagsverwaltung und in unseren Fraktionen, Än-
erungen der Geschäftsordnung, die die Zusammenar-
eit zwischen Fachausschüssen und EU-Ausschuss ver-
indlicher regeln, sowie ein Verbindungsbüro des
undestages in Brüssel, nicht in Konkurrenz, sondern in
artnerschaft zu unserer ständigen Vertretung der Bun-
esrepublik. Dies sollten wir selbstbewusst nach außen
ertreten; schließlich folgen wir damit dem Beispiel fast
ller nationalen Parlamente in der Europäischen Union.

Wir brauchen eine noch engere Kooperation mit
em Europäischen Parlament in der Gesetzgebung.
ir alle wissen, wie schwierig es ist, einen kontinuierli-

hen Kontakt zu unseren Kolleginnen und Kollegen im
uropäischen Parlament zu halten. Dennoch ist dies not-
endig, um die Rechtsetzung zu verbessern. Außerdem
rauchen wir hier im Bundestag regelmäßigere Plenar-
ebatten zu aktuellen europapolitischen Projekten.

Wir brauchen schlussendlich eine EU-Verfassung.
ir brauchen eine europäische Verfassung, weil sie Eu-

opa handlungsfähiger und demokratischer macht und
eil sie den nationalen Parlamenten weitere Mitwir-
ungsrechte eröffnet.

Niemand von uns sollte sich der Illusion hingeben,
ass auf einen Schlag alles besser wird. Aber es gilt nun
ie großartige Chance zu nutzen, die uns die zur Diskus-
ion stehende Vereinbarung eröffnet. Auch wenn es
eute nicht danach aussehen mag – wir beraten ja in
berschaubarer Runde –, könnte diese Vereinbarung
urchaus einen bedeutenden Platz im Geschichtsbuch
es Parlamentarismus in Europa finden. Allein, es liegt
n unserer Hand.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.






(A) )



(B) )


Michael Roth (Heringen)


(Beifall im ganzen Hause)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605200400

Ich erteile das Wort Kollegen Markus Löning, FDP-

Fraktion.


Markus Löning (FDP):
Rede ID: ID1605200500

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe

Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mir als ersten Satz
aufgeschrieben – so ähnlich hat es auch der Kollege
Roth gerade formuliert –: Das wurde Zeit. Seit 1993
existiert eine solche Vereinbarung zwischen Bundesrat
und Bundesregierung. Zwar möchte ich mich dem be-
rechtigten Lob meiner Vorredner aus vollem Herzen an-
schließen und hinzufügen, dass wir, die Opposition, von
den Koalitionsfraktionen und den Mitgliedern der Bun-
desregierung, die das verhandelt haben, sehr fair behan-
delt wurden. Dafür gebührt ihnen unser Dank, insbeson-
dere den Herren mit den zwei Herzen in der Brust, Herrn
Gloser und Herrn Hintze.


(Beifall im ganzen Hause)


Dennoch möchte ich kritisch fragen – diese Frage
stellt sich für mich leicht, weil ich dem Bundestag erst
seit 2002 angehöre –, was mit den Kollegen eigentlich
los gewesen ist, die seit 1993 dabei sind und die gewusst
haben, dass der Bundesrat und die Bundesregierung eine
solche Vereinbarung beschlossen haben. Welches Selbst-
verständnis hatte der Deutsche Bundestag in den letzten
Jahren? Wir, die Abgeordneten, sollten uns also nicht
nur lobend äußern, sondern auch deutlich machen, dass
so etwas nicht wieder passieren darf. Der Bundestag
braucht in Zukunft deutlich mehr Selbstbewusstsein.
Das ist auch das richtige Stichwort im Hinblick auf diese
Vereinbarung.

In der Substanz stimmen wir alle der Vereinbarung
zu. Nun muss diese Vereinbarung aber auch umgesetzt
werden. Dabei wird es verstärkt darauf ankommen, dass
nicht nur wir als Fachabgeordnete, die Europapolitiker,
uns damit beschäftigen, sondern dass auch in den Fach-
bereichen und den Fachausschüssen – egal ob es nun die
Bereiche Arbeit, Inneres, Justiz oder Finanzen sind; ich
begrüße es deshalb außerordentlich, dass die Bundesre-
gierung mit einer ganzen Reihe von Fachministern ver-
treten ist – an den europapolitischen Vorlagen zu einem
Zeitpunkt gearbeitet wird, zu dem wir noch Einfluss
nehmen können. Wir müssen unsere Arbeitsweise um-
strukturieren und früher in die Prozesse eingreifen. Ich
appelliere insbesondere an die Koalitionsabgeordneten:
Haben Sie die Traute, der Bundesregierung zu sagen, in
welche Richtung sie marschieren soll! Es wird darauf
ankommen, liebe Kolleginnen und Kollegen von den
Koalitionsfraktionen, dass Sie der Bundesregierung ge-
gebenenfalls die Leviten lesen und sagen: Wir, die Parla-
mentarier, bestehen darauf, dass es behandelt wird und
dass ein bestimmter Beschluss gefasst wird. – Sie kön-
nen sich darauf verlassen, dass wir, die Opposition, das
auf jeden Fall machen werden.


(Beifall bei der FDP)


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(C (D Die große Chance der Vereinbarung besteht in zwei ingen. Zum einen wird das Demokratiedefizit in Eu opa ein Stück weit abgebaut. Wir haben immer beklagt, ass Europa zu undemokratisch ist und dass die Parlaentarier zu wenige Mitspracherechte haben. Das än ern wir mit dieser Vereinbarung. Die Parlamentarier önnen wieder mitreden, und zwar dann, wenn sie die ntscheidungen noch beeinflussen können. Zum anderen versetzt uns die Vereinbarung in die age – das halte ich für fast noch wichtiger –, Debatten n Europa, die bislang mehr oder weniger unter Auschluss der nationalen Öffentlichkeit geführt werden, in en Fokus der nationalen Öffentlichkeit zu rücken. Wir önnen Europaangelegenheiten im Deutschen Bundesag thematisieren und so die Aufmerksamkeit der deutchen Bürger und der deutschen Medien darauf lenken. ir können hier Europaangelegenheiten, über die bisang in Brüssel hinter verschlossenen Türen beraten urde, thematisieren, und zwar zu einem Zeitpunkt, zu em wir noch Einfluss ausüben können. Wir tragen eine große Verantwortung, das auch zu un. Nur wenn für die Bürger deutlich wird, dass wir zu inem Zeitpunkt mitreden können, zu dem noch ein Einreifen möglich ist, werden wir in der Lage sein, die Euopamüdigkeit der Bürger zu bekämpfen und den Bürern zu zeigen, dass man bei Europa mitreden kann. an kann es vielleicht auf folgenden Nenner bringen: Es ird unsere Aufgabe sein, anhand dieser Vereinbarung n den nächsten Jahren das Raumschiff Brüssel dazu zu ringen, öfter hier in Berlin auf dem harten Boden der ealität zu landen und sich hier mit den Tatsachen vor rt auseinander zu setzen. Ich glaube, das ist eine nicht u unterschätzende Aufgabe, die in den nächsten Jahren uf uns zukommt. Vielen Dank. (Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605200600

Ich erteile das Wort Kollegen Michael Stübgen, CDU/

SU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Michael Stübgen (CDU):
Rede ID: ID1605200700

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Man kann mit
lick auf die nicht übermäßige Präsenz vielleicht auch

ormulieren, dass unsere Kolleginnen und Kollegen, die
etzt nicht hier sind, ein derartig fundamentales Ver-
rauen in uns haben, dass sie wissen, dass wir das ver-
ünftig und richtig hinbekommen, und sie sich den
ichtigen tagespolitischen Aktivitäten widmen können.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, die sind auf dem Weg nach Hause! Es ist Freitag!)


Wenn wir diese Zusammenarbeitsvereinbarung, über
ie wir jetzt beraten und die Gegenstand unseres Antrags






(A) )



(B) )


Michael Stübgen
ist, verabschieden und wenn sie in Kraft tritt, ist das eine
entscheidende Wegmarke in einem ungefähr 15 Jahre
währenden Prozess. Wir haben in Deutschland und in Eu-
ropa mit der Ratifizierung des Maastrichter Vertrages
1992 endgültig die Wende von Außenpolitik in Europa zu
europäischer Innenpolitik eingeleitet. Während des Zeit-
raums der Ratifizierung des Maastrichter Vertrages hat
sich der Bundesrat richtigerweise – darauf ist schon hin-
gewiesen worden – umfassende Informations- und Mit-
wirkungsrechte bei der europäischen Rechtsetzung
gesichert. Der Bundestag hat sich damals bei der Ratifi-
zierung des Maastrichter Vertrages – ich war damals nicht
nur dabei, sondern auch Berichterstatter – deutlich weni-
ger Informationsrechte und faktisch keine Mitwirkungs-
rechte gesichert.

Man könnte lange darüber spekulieren, warum das so
ist und warum es fast 15 Jahre gedauert hat, bis wir eine
Zusammenarbeitsvereinbarung, die der des Bundesrates
gleichwertig ist, abschließen konnten. Auf jeden Fall
war es so, dass dieses Thema in den Ausschüssen des
Bundestages immer wieder beraten worden ist. Das ge-
schah aber nach dem klassischen Schnittmuster, das wir
bei vielen wichtigen Themen kennen. So haben SPD-
Fraktion und Grüne dieses Thema immer wieder aufge-
griffen, aber sie haben 1999 gänzlich den Mut verloren,
nachdrückliche Forderungen zu stellen. Ich muss zuge-
ben, dass auch CDU/CSU und FDP diesen Mut, etwas
zu fordern, erst 1999 gewonnen haben. Es ist nun einmal
einfacher, aus der Opposition heraus Forderungen zu
stellen, als wenn man Verantwortung in der Regierungs-
koalition trägt. Ich sage das deshalb, weil ich unterstrei-
chen möchte, von welch besonderer Bedeutung die Tat-
sache ist, dass dieser Zusammenarbeitsvereinbarung, die
wir heute beschließen, von allen Fraktionen dieses Hau-
ses zugestimmt worden ist. Ich glaube, das ist ganz ent-
scheidend für die Qualität dieser Vereinbarung.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Wir werden mit dieser Vereinbarung neue Wege in
der Europapolitik und der Befassung mit Europapolitik
in diesem Bundestag gehen. Wir werden in Zukunft ein
allumfassendes Informationsrecht für alle europäi-
schen Belange haben. Wir werden alle Dokumente und
Berichte der Gemeinschaftsorgane, der Kommission und
ihrer Dienststellen, des Rates und seiner Arbeitsgruppen,
und auch die Dokumente der ständigen Vertretung in
Brüssel zu allen europäischen Aktivitäten bekommen.
Wir werden sie sehr frühzeitig bekommen, nämlich nach
spätestens zehn Tagen. Sofern es sich um Rechtset-
zungsakte handelt – das ist ein Punkt, der mir bei den
Verhandlungen besonders wichtig war –, werden wir in-
nerhalb dieser zehn Tage von der Bundesregierung eine
umfassende Folgenabschätzung, eine Prüfung der
Rechtsgrundlage und eine Subsidiaritätsprüfung bekom-
men. Das ist deshalb wichtig, weil wir im Gegensatz
zum Bundesrat nicht die Expertise haben, das alles in
unserem Haus mit unseren Referenten und Ausschuss-
sekretariaten prüfen zu können. Wir werden in Zukunft
die Möglichkeit haben, auf die Expertise der Bundesre-
gierung und ihrer Europaexperten zurückzugreifen. Es

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(C (D st wichtig, dass wir uns auch in diesem Fall umfassend nformieren können. Es wird in einem zweiten Kernbereich eine entscheiende Weichenstellung geben. Es geht um unsere Mitirkungsrechte. Jeder weiß, dass in Art. 23 Grundge etz Mitwirkungsrechte für den Deutschen Bundestag efiniert sind. Jeder von uns weiß auch, wie sie in den etzten 15 Jahren angewandt oder eher nicht angewandt orden sind. Wir schaffen mit dieser Vereinbarung nun ernbereiche, in denen der Deutsche Bundestag stärker ls bisher und eindeutiger als bisher bei der europäischen echtsetzung mitwirken kann. Ich will kurz auf drei ernbereiche eingehen. Wenn der Deutsche Bundestag in Zukunft nach rt. 23 des Grundgesetzes einen Beschluss zu einem uropäischen Rechtsetzungsvorhaben fasst, dann wird ieser Beschluss von der Bundesregierung nicht nur zu erücksichtigen sein, wie das bisher der Fall ist, sondern ieser Beschluss wird für die Bundesregierung eine verindliche Grundlage für ihre Verhandlungen bei den euopäischen Räten sein. Wir führen in diesem Zusammenang ein neues Instrument ein, das auf unsere eschlussfassung folgt. Wenn die Bundesregierung bei hren Beratungen in den europäischen Räten die wesentichen Grundlagen unseres Beschlusses nicht umsetzen ann, was natürlich vorkommen kann, dann wird sie eien Parlamentsvorbehalt einlegen und sich bemühen, or der endgültigen Beschlussfassung im Europäischen at Einvernehmen mit dem Bundestag herzustellen. Das eißt, wir werden in jedem Fall die Möglichkeit haben, ns mit den neuen Rahmenbedingungen hier im Bundesag zu befassen und uns eine eigene Meinung zu bilden. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Bei einem anderen Schwerpunkt geht es um, wie ich
s nenne, politisch schwerwiegende Rechtsetzungsvor-
aben der Europäischen Union. Ein Beispiel ist die so
enannte Passerelle. Das heißt, der Europäische Rat
ann einstimmig beschließen, dass in bestimmten Poli-
ikbereichen der Europäischen Union nicht mehr Ein-
timmigkeit erforderlich ist, sondern die Mehrheitsent-
cheidung genügt. Solche Entscheidungen sind politisch
eutlich brisanter, als auch ich mir das vor 15 Jahren
och vorgestellt habe, als dieses Verfahren eingeführt
urde. Es geht dabei nämlich darum, dass die Bundesre-
ublik Deutschland die Möglichkeit verliert, und zwar
ndgültig, in diesen Politikbereichen durch ein Veto ir-
endeine europäische Rechtsetzung, die dann ja auch für
eutschland verbindlich ist, aufzuhalten.

Die Bundesregierung hatte auf der Grundlage der alten
usammenarbeitsvereinbarung bisher die Auffassung,
ass es für diese Vorhaben keine besondere Information
es Bundestages und auch kein Mitentscheidungsrecht
es Bundestages gebe, weil nämlich alle diese Möglich-
eiten schon bei der Ratifizierung von europäischen Ver-
rägen ziemlich genau festgelegt worden seien, allerdings
auschal. Wir legen in dieser Vereinbarung nun fest, dass
s sich dann, wenn solche Vorhaben beraten werden, um
orhaben im Sinne dieser Vereinbarung handelt. Das






(A) )



(B) )


Michael Stübgen
heißt, wir werden allumfassende Informationsrechte und
die vollen Mitwirkungsrechte haben. Es wird eine öffent-
liche Debatte dazu geben, sodass auch die Bürger von
solch entscheidenden Vorhaben mehr erfahren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)


In einem weiteren Bereich geht es darum, dass die
Europäische Union bestimmte Beschlüsse fasst, der Eu-
ropäische Rat zum Beispiel Beitrittsverhandlungen mit
einem assoziierten Land oder Vertragsveränderungs-
verhandlungen aufnimmt. Wir alle wissen, dass eine
solche Entscheidung im Vorhinein viel wichtiger ist als
letztlich die Ratifizierung, bei der wir nur noch Ja oder
Nein sagen können und faktisch – jedenfalls in der Ko-
alition – eigentlich gar nicht mehr Nein sagen können.
Entscheidend ist, dass wir vor solchen Beschlüssen da-
mit befasst werden.

Hierzu wird geregelt, dass die Bundesregierung in
Zukunft vor Beginn von Beitritts- oder Vertragsverände-
rungsverhandlungen versucht, Einvernehmen mit dem
Bundestag herzustellen. Auch hierzu werden wir eine
öffentliche Debatte haben. Hierüber können wir uns
ebenfalls eine Meinung bilden. Sowohl die Bundesregie-
rung als auch wir werden der Öffentlichkeit gegenüber
Rechenschaft darüber ablegen müssen und können, wa-
rum wir uns für oder gegen solche Entscheidungen aus-
sprechen.

Diese Zusammenarbeitsvereinbarung wird fundamen-
tale Auswirkungen auf unsere tägliche Arbeit, auf die
Arbeit eines jeden Kollegen haben. Es wird sich zum
Beispiel die Menge an Informationen, die uns zur Ver-
fügung stehen, sehr stark verändern. Wir werden in Zu-
kunft eine Informationsflut bekommen, die mir manch-
mal schon Angst macht. Vor allen Dingen wird für uns
wichtig sein, dass wir in der Lage sind, die wirklich
wichtigen und entscheidenden Informationen rechtzeitig
herauszufiltern und mit ihnen zu arbeiten, um Einfluss
auf die europäische Rechtsetzung nehmen zu können.

Ich sage es unumwunden: Wir brauchen, und zwar
möglichst bald, eine Datenbank für diese Informatio-
nen. Ich weiß, der Bundesrat hat viele Jahre an solch ei-
ner Datenbank gearbeitet. Es handelt sich dabei auch um
ein sehr komplexes und kompliziertes Verfahren. Ich
will dazu nur sagen: Ich wünsche mir, dass wir es schaf-
fen, gemeinsam mit dem Bundesrat kollegial solch eine
Datenbank zu nutzen. Symbolisch ist das auch sehr ver-
nünftig, weil wir beide ja die Verfassungsorgane sind,
die über europäische Rechtsetzung mitentscheiden kön-
nen.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und es wäre besser, das nicht Parlakom zu überlassen!)


Es wird aber auch etwas Positives passieren. Ich
glaube, fast jeder von Ihnen hat schon das frustrierende
Erlebnis gehabt, dass man Berichterstatter für einen
Richtlinienvorschlag der Europäischen Union geworden
ist, sich dann intensiv damit beschäftigte, aber dann,
wenn man aufs Datum schaute, oft merkte, dass die
Richtlinie zwei bis drei Jahre alt war und in den europäi-

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(C (D chen Gremien schon längst umgesetzt worden war. rotzdem wurde darüber beraten und man musste sich in ensiv damit beschäftigen. Zum Schluss konnte man nur och mutig „Kenntnisnahme“ empfehlen. Diese frustrieenden Erlebnisse werden der Vergangenheit angehören. Wir sind jetzt in der Lage, uns bei Rechtsetzungsvoraben zu einem sehr frühen Zeitpunkt in die Beratungen inzumischen. Wir werden in der Lage sein, europäische echtsetzung mitzugestalten. Wir müssen dies aber auch un. (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eben!)


enn wir uns in Zukunft nicht bewegen, wird sich auch
n der Art und Weise der Behandlung der Europapolitik
ichts ändern.

Das heißt, diese Zusammenarbeitsvereinbarung gibt
ns die Möglichkeit, Europapolitik mitzugestalten. Un-
ere Aufgabe ist es, dies dann auch zu tun. Wir werden
lso in Zukunft hoffentlich die Lust haben, europäische
olitik direkt mitzugestalten. Wir werden aber auch die
ast haben, dass sich das Ausmaß des Aufwands von je-
em Einzelnen von uns für die Beschäftigung mit euro-
äischer Politik massiv ausweiten wird.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605200800

Nun hat Kollege Alexander Ulrich, Fraktion Die

inke, das Wort.


(Beifall bei der LINKEN)



Alexander Ulrich (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605200900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
eine Vorredner haben darauf hingewiesen, dass die
nwesenheit der Abgeordneten bei diesem doch wichti-
en Thema sehr bescheiden ist. Es steckt vielleicht auch
ine gewisse Symbolik dahinter, dass mehr Zuschauer,
ie ich ganz herzlich begrüße, als Abgeordnete da sind.
s zeigt nämlich, dass scheinbar die Menschen in die-
em Land mehr Interesse an Europa haben, als der Bun-
estag bisher an den Tag gelegt hat. Das zeigt mir aber
uch – Herr Löning, auch Sie haben das ja kritisiert –,
arum es so lange gedauert hat, bis es zu dieser Verein-
arung gekommen ist.


(Markus Löning [FDP]: Weil wir beide nicht dabei waren!)


Wir beide waren nicht dabei; da gebe ich Ihnen Recht. –
s ist aber auch wichtig, festzuhalten, dass mit dieser
ereinbarung, die wir heute verabschieden, der Aufruf
n uns alle ergeht, sie mit Leben zu erfüllen. Wir haben
onatelang um diesen interfraktionellen Antrag gerun-

en, über ihn verhandelt und auch gestritten. Es kommt
etzt wirklich darauf an, wie die einzelnen Abgeordneten
iese erweiterten Rechte des Bundestages wahrneh-
en. Nur dann, wenn das geschieht, entfaltet diese Ver-

inbarung eine langfristige Wirkung.






(A) )



(B) )


Alexander Ulrich
Wir von der Fraktion Die Linke begrüßen die vorlie-
gende Vereinbarung zwischen Bundestag und Bundesre-
gierung zur Verbesserung der Europatauglichkeit dieses
Hauses. Es gibt jedoch – das ist angemerkt worden – be-
reits seit 1993 eine ähnliche Vereinbarung zwischen Bun-
desregierung und Länderregierungen. Der 15. Deutsche
Bundestag hatte bereits ein verstärktes Mitwirkungsrecht
in EU-Angelegenheiten angemahnt. Wahrscheinlich
musste jedoch erst die Linke in den Bundestag einziehen
– das ist jetzt etwas scherzhaft gemeint –, um den not-
wendigen Rückenwind für das Gelingen dieser Vereinba-
rung zu geben.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Den Scherz haben Sie jetzt aber auch selber gemerkt! – Volker Kauder [CDU/ CSU]: Was trübt sich beim Kranken? A)

Urin, b) die Gedanken!)

Es ist gut, dass es in den Verhandlungen nicht um Par-
tei- und Fraktionsinteressen ging, sondern uns die
Rechte des Bundestages so wichtig waren, dass ein inter-
fraktionelles Handeln möglich wurde.

Die Vereinbarung zwischen Bundestag und Bundesre-
gierung ist ein zentraler Baustein für eine stärkere Einbe-
ziehung des Bundestages in Fragen der Europapolitik.
Der Auftrag des Grundgesetzes, das gesetzgeberische
Handeln der Bundesregierung im Europäischen Rat zu
legitimieren, soll damit weitaus besser als bisher abgesi-
chert werden.

Es geht nicht darum – darin sind sich alle Fraktionen
einig –, neue Blockaden in der Europapolitik zu errich-
ten. Vielmehr geht es darum, die Europapolitik des Bun-
des auf eine breitere Grundlage zu stellen und innerstaat-
lich zu einer besseren Gesetzgebung der Europäischen
Union beizutragen.

Was ist das Neue an der Vereinbarung? Die Informa-
tionsrechte des Bundestages werden erheblich ausge-
weitet, das heißt, die bisherige Informationspraxis wird
um schriftliche Berichte, Bewertungen und Folgenab-
schätzungen ergänzt. Darüber hinaus geht eine Initiative
der Europäischen Kommission in dieselbe Richtung. Die
nationalen Parlamente sollen und müssen stärker in die
Konzipierung und Durchführung der EU-Politik einge-
bunden werden.


(Beifall bei der LINKEN)


Diese Einbeziehung des Bundestages ist wichtig und ein
Fortschritt, gerade in Anbetracht der deutschen Ratsprä-
sidentschaft, die auch eine Präsidentschaft des Bundes-
tags sein sollte.

Neu ist außerdem, dass die Stellungnahmen, die das
Parlament gemäß Art. 23 Grundgesetz abgeben kann,
verbindliche Grundlage für die Verhandlungen der Bun-
desregierung im Europäischen Rat sein werden. Die
Bundesregierung darf nur aus wichtigen außen- oder in-
tegrationspolitischen Gründen von den Stellungnahmen
abweichen. Der Bundestag wird somit zu einem neuen,
besseren politischen Akteur in der europäischen Gesetz-

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(C (D ebung und er wird bei Entscheidungen von grundlegener Bedeutung stärker einbezogen. Die Bundesregierung ist nun verpflichtet, sich vor der röffnung von Vertragsänderungsverfahren oder Beitrit en um Einvernehmen mit dem Parlament zu bemühen. uch wenn ich nicht glaube, dass die Regierungsfraktioen ihre erweiterten Rechte immer und tatsächlich nuten werden, wird sich die Fraktion Die Linke auch weierhin aktiv in die Gestaltung der Europapolitik inbringen. Um die Vorfeldbeobachtung in Brüssel zu gewährleisen, wird eine Vertretung des Bundestages in Brüssel rrichtet. Jede Fraktion wird Beschäftigte nach Brüssel ntsenden. Vielen Dank auch an die Haushälter für die usätzlichen finanziellen Mittel! Verglichen mit anderen Mitgliedstaaten reagiert eutschland auf die enorme Wichtigkeit der Europapoli ik aber sehr spät. Wir gehören zu den Nachzüglern: roßbritannien, Schweden und Finnland verfügen be eits seit Jahren über gut ausgebaute, effektive Struktuen in Brüssel. Ich möchte hier nur Dänemark erwähnen. ort wurden die Beteiligungsrechte des Parlaments be eits 1973 im Gesetz über den Beitritt zur EWG niederelegt. Die Union der 25 – bald 27 – Mitgliedstaaten uss handlungsfähig bleiben. Die Entfremdung der Bür erinnen und Bürger von Europa ist groß. Das zeigt sich icht nur in der Ablehnung des Verfassungsvertrages in rankreich und den Niederlanden. Fakt ist, Europa geht in die falsche Richtung: weniger riedlich, weniger sozial und ohne grundlegende Demoratisierung. Mehr als 60 Prozent der Gesetzesinitiativen aben ihren Ursprung in Brüssel. Dem deutschen Bürger erbleiben maximal 40 Prozent an demokratischer Einlussnahme. Das Bundesverfassungsgericht hat in seier berühmten Maastrichtentscheidung die besondere edeutung der Parlamente der Mitgliedstaaten für die emokratische Legitimation europäischer Politik hervorehoben – ich zitiere –: Nimmt ein Verbund demokratischer Staaten hoheitliche Aufgaben wahr und übt dazu hoheitliche Befugnisse aus, sind es zuvörderst die Staatsvölker der Mitgliedstaaten, die dies über die nationalen Parlamente demokratisch zu legitimieren haben. em wird der Bundestag bisher nicht gerecht. Vielmehr erden die Bürgerinnen und Bürger systematisch entündigt und sie büßen politische Macht und Möglich eiten ein. Gerade die sozialen Bedürfnisse der europäischen evölkerung werden ständig ignoriert. Als Beispiel enne ich bloß die Dienstleistungsrichtlinie, die dem Soialdumping Tür und Tor öffnen wird. Im Europa der 25 at sich ein dramatisches Gefälle im Wohlstandsund irtschaftlichen Entwicklungsniveau abgezeichnet. Ge ade einmal die Hälfte der neuen Mitgliedstaaten erzielt in Bruttoinlandsprodukt pro Kopf von mehr als 50 Proent des EU-15-Durchschnitts. Alexander Ulrich (Markus Löning [FDP]: Aber die holen kräftig auf!)


(Beifall bei der LINKEN)





(A) )


(B) )


Von einer Nachvollziehbarkeit der Entscheidungen
auf europäischer Ebene ist man, vom derzeitigen Stand
aus gesehen, sehr weit entfernt. Für die Bürgerinnen und
Bürger existiert sie praktisch nicht. Die EU braucht eine
demokratische und handlungsfähige Struktur, das bedeu-
tet, sie braucht nicht mehr undurchschaubare bürokrati-
sche Prozesse, sondern transparente, für jeden Bürger
nachvollziehbare Entscheidungen.

Neben der verbesserten Beteiligung des Bundestages
müssen wir bei wichtigen europäischen Fragen aber
auch die Bevölkerung einbeziehen.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir müssen beim Thema Europa mehr direkte Demokra-
tie wagen und die Bevölkerung zum Beispiel über eine
veränderte EU-Verfassung in einer Volksabstimmung
entscheiden lassen.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Markus Löning [FDP])


Ich begrüße ausdrücklich, dass heute in der „Financial
Times Deutschland“ steht: Merkel offen für geänderten
EU-Vertrag. Ich wünsche mir, dass auch die anderen
Fraktionen im Europaausschuss sagen: Dieser EU-Ver-
trag muss geändert werden; er muss dem Volk in einer
Volksabstimmung vorgelegt werden.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir, die Linke, fordern, die Politik der geschlossenen
Türen zu beenden. Wer die europäische Krise beenden
will, muss die Angst vor den Bürgerinnen und Bürgern
ablegen. Wir brauchen ein europäisches Bewusstsein
bei den Bürgerinnen und Bürgern.

Einen ersten kleinen Schritt in diese Richtung geht
der Deutsche Bundestag mit der heute zu beschließenden
Vereinbarung. Dies ist übrigens die erste und bisher ein-
zige interfraktionelle parlamentarische Initiative in die-
ser Legislaturperiode. Wir begrüßen diese Vereinbarung
ausdrücklich und bedanken uns für die konstruktive Zu-
sammenarbeit mit den beteiligten Kolleginnen und Kol-
legen aus den Fraktionen, in der Bundesregierung und
aus der Verwaltung.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605201000

Ich erteile das Wort Kollegen Rainder Steenblock,

Bündnis 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!
Heute ist ein guter Tag für die Demokratie in Deutsch-
land. Denn wann haben wir in diesem Hohen Hause
schon einmal die Gelegenheit, neue Rechte, die sich das

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(C (D arlament gegen die Exekutive erkämpft hat, zu feiern? as ist selten; ich weiß nicht, wie oft das in den letzten 0 bis 30 Jahren vorgekommen ist. Man kann die vorliegende Vereinbarung sicherlich icht hoch genug einschätzen. Sie ist ein Lehrstück daür, wie man demokratische Errungenschaften wie die ntscheidungs-, Beteiligungsund Informationsrechte ür die vom Volk direkt gewählten Abgeordneten veranern kann. Allerdings muss man ehrlicherweise zugeen, dass diese Vereinbarung nicht nur aus der Kraft des arlaments geboren wurde. Sie ist auch das Ergebnis eier historischen Konstellation, bei der alle Fraktionen ehr entschieden und engagiert in die gleiche Richtung earbeitet haben. Wie gesagt, die Situation, um zu dieser Vereinbarung u kommen, war günstig: Die Unionsfraktion hatte sich, ls sie noch in der Opposition war, in dieser Frage mit eiem Papier ausgesprochen weit aus dem Fenster gelehnt; as hätte sie in der Regierungsverantwortung nie geacht. Auch nach den Neuwahlen – die Entscheidung es damaligen Kanzlers für Neuwahlen haben wir nicht nbedingt begrüßt – war den vier Mitgliedern des Euroaausschusses, die an diesem Papier mitgearbeitet hatten nd die dann in die Regierung wechselten, dieses Papier och im Kopf. Diese Situation mussten wir nutzen und ir haben sie genutzt. Dafür möchte ich mich bei den hemaligen Mitgliedern des Europaausschusses und jetigen Regierungsmitgliedern Günter Gloser, Peter ltmaier, Peter Hintze und Gerd Müller bedanken. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und der LINKEN)


Nach meiner anderthalbjährigen Mitarbeit in der Fö-
eralismuskommission und nach meiner Mitarbeit an
ieser Vereinbarung weiß ich, wie schwer es ist, Rechte
on Volksvertretern zu verankern, und wie weit wir
chon auf dem Weg in eine Exekutivrepublik sind, in
er es Parlamentarier schwer haben, auf Augenhöhe mit
er Regierung zu sein.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP und der LINKEN)


assen Sie uns diesen Erfolg als Beispiel dafür nehmen,
ie wir unsere Rechte als Parlamentarier einfordern
önnen. Denn wir sind es, die vor den Bürgerinnen und
ürgern für die getroffenen Entscheidungen gerade zu

tehen haben.

Eine Bemerkung zur Ausstattung der Abgeordne-
en, über die wir in letzter Zeit häufig diskutiert haben.
ngesichts unserer Arbeit, die wir zu leisten haben, und

ngesichts der Informationspflichten, die durch diese
ereinbarung neu auf uns zukommen, müssen wir eine
ndere Mitarbeiterstruktur haben, um entscheidungsfä-
ig zu sein.

eshalb finde ich es richtig, wenn sich ein Parlament aus
einer Verantwortung heraus, begründete Entscheidun-
en zu fällen, die aufgrund von Sachkompetenz zustande
ommen, in der Öffentlichkeit auch in diesen Fragen






(A) )



(B) )


Rainder Steenblock
stark macht und sagt: Wir sind es, die hier die Entschei-
dungen fällen und die Regierung kontrollieren. Lassen
Sie uns da weitermachen!


(Beifall im ganzen Hause)


Die Einzelheiten der von uns getroffenen Vereinba-
rung will ich, da Sie diese schon von meinen vier Vor-
rednern gehört haben, nicht ein fünftes Mal erwähnen.
Ich möchte vielmehr an fünf Punkten deutlich machen,
was wir jetzt tun müssen, um diese Vereinbarung mit Le-
ben zu erfüllen.

Der erste Punkt ist: Wir müssen die Debattenkultur
europäisieren. Die Europäische Union legt jedes Jahr im
Frühjahr ein Strategieprogramm vor, in dem die langfris-
tigen Strategien der Europäischen Union aufgezeigt wer-
den. Ich bin sehr dafür, dass dieses Strategieprogramm
eine Grundlage unserer europapolitischen Arbeit wird
und wir jedes Jahr im Frühjahr, wenn dieses Strate-
gieprogramm der Europäischen Union veröffentlicht
wird, im Deutschen Bundestag eine Debatte dazu führen,
damit es nicht untergeht, sondern in den politischen
Raum der nationalen Parlamente gehoben wird. Das
halte ich für ein wichtiges Moment, um handlungsfähig
zu werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP und der LINKEN)


Der zweite Punkt betrifft das Legislativprogramm.
Das Legislativprogramm, also die Gesetzgebungsvorha-
ben der Europäischen Union, wird, ohne dass viele Fach-
kollegen es merken – das ist kein Vorwurf; ich kenne die
Arbeit in den Fachausschüssen gerade im Verkehrsbe-
reich und im Finanzbereich aus eigener Erfahrung; ich
weiß, wie man da mit Papier zugeschüttet wird –, immer
im Spätherbst veröffentlicht. Ich bin sehr dafür, dass wir
dieses Legislativprogramm ernsthaft durch alle Aus-
schüsse jagen und sich die Fachleute aller Ausschüsse zu
diesem Legislativprogramm der Europäischen Union
verhalten müssen, um dann nicht hinterher sagen zu kön-
nen: Wir haben diese Vorlagen viel zu spät erhalten. Wir
müssen uns selber disziplinieren, diese Vorlagen ernst
nehmen und rechtzeitig darüber diskutieren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP und der LINKEN)


Der dritte Punkt, den ich vorschlagen möchte und der
im Rahmen der Verhandlungen zwischen den Fraktionen
schon zur Diskussion gestellt worden ist, ist die Einfüh-
rung einer Europafragestunde. Das heißt, in bestimm-
ten Abständen, zum Beispiel jedes Vierteljahr, soll die
Regierung der Bundesrepublik Deutschland ganz kon-
zentriert zu europapolitischen Fragen befragt werden.
Ich glaube, das wäre eine Möglichkeit, die europapoliti-
schen Themen besser in unsere Arbeit zu integrieren und
mit der Bundesregierung ad hoc in einen Dialog zu tre-
ten. Der dritte Vorschlag, eine Europafragestunde einzu-
führen, ist gut praktikabel. Diesen Vorschlag sollten wir
zur Erhöhung unseres eigenen Informationsstandes ver-
nünftigerweise rasch umsetzen.

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(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP und der LINKEN)


Der vierte Punkt ist ein technischer, den wir klären
üssen. Ziel ist – das begrüße ich sehr –, dass in der

onkreten Arbeit in den Fachausschüssen mehr über
uropa und europäische Vorhaben diskutiert wird. Wir
üssen sehen, wie wir in den Fachausschüssen vorgehen

in einigen Ausschüssen gibt es schon Unterausschüsse
u europarechtlichen Fragen; ob das immer das beste
edium ist, um diese Fragen im Ausschuss zu behan-

eln, müssen die Fachausschüsse sicherlich selber ent-
cheiden; es ist auch darüber nachzudenken, ob feste
agesordnungspunkte zu europarechtlichen Fragen fest-
elegt werden –, um das, was wir hier erreicht haben,
icht versickern zu lassen. Denn das Schlimmste, was
assieren kann, ist – einige Kollegen haben das schon
ngesprochen –, dass wir zwar jetzt Rechte haben, wir
ber nach einem Jahr oder nach zwei Jahren, wenn ein
luger Journalist recherchiert haben wird, wie wir diese
ahrgenommen haben, aufgrund dieser öffentlichen Re-

herchen feststellen müssen, dass wir von unseren Rech-
en zu wenig Gebrauch gemacht haben.

Deshalb stehen wir in der Verpflichtung, die Europa-
rbeit insbesondere in die Ausschussarbeit zu implemen-
ieren. Wir müssen dabei die Arbeit des Europaausschus-
es als Koordinationsgremium und die konkrete Arbeit
n den Fachausschüssen neu justieren. Das ist ein ganz
raktischer Ansatz. Ich glaube, wenn wir keine gute
onstellation zwischen den Ausschüssen hinbekommen,

ondern Hakeleien einbauen, dann werden wir es eher
it Konkurrenzsituationen zu tun haben, als dass wir in

er Sache vorankommen.

Ein letzter Punkt; er ist vom Praktischen her der wich-
igste. Wir müssen unsere Bundestagsverwaltung in die
age versetzen, dass sie uns in die Lage versetzt, ver-
ünftige Arbeit zu machen.

Es wurden bereits viele Vorarbeiten geleistet, an de-
en auch die Fraktionen beteiligt waren. Herr Vizepräsi-
ent, Sie haben in Ihrer Zeit als Bundestagspräsident im
ahmen der Strukturierung der neuen Europaabteilung
iele Erfahrungen gemacht. Dieses Vorhaben begleiten
ie auch weiterhin.

Ich möchte mich an dieser Stelle sehr deutlich für
ine möglichst wenig ausdifferenzierte Verwaltungs-
truktur aussprechen. Es sollte vermieden werden – das
öchte ich deutlich sagen –, dass einzelne Einheiten der
erwaltung gegeneinander arbeiten können. Das ist zwar
ein großes, öffentliches Thema, aber eine Verwaltungs-
truktur, die mit internen Abgrenzungsproblemen oder
ompetenzrangeleien beschäftigt ist, kann uns in unse-

er Arbeit sehr stark behindern. In diesem Zusammen-
ang ist auch die Integration des Brüsseler Büros ein
ichtiger Punkt.

Ich sage das zum Abschluss, weil ich den Verhand-
ungsprozess mit Herzblut begleitet habe und davon
berzeugt bin, dass wir hierbei vorankommen müssen.
ieser Deutsche Bundestag hat diese Vereinbarung mei-
er Ansicht nach verdient, weil hier hoch kompetente






(A) )



(B) )


Rainder Steenblock
Leute sitzen, die darauf warten, an die entscheidenden
Schalthebel zu kommen, die inzwischen immer häufiger
auf europäischer Ebene angesiedelt sind.

Solange das Europäische Parlament nicht die Mög-
lichkeit hat, die demokratische Kontrolle in Gänze zu
realisieren – wir Grünen haben das immer gefordert –, so
lange müssen die nationalen Parlamente sehr viel mehr
Arbeit übernehmen. Ich hoffe, dass wir das zusammen
hinbekommen.

Diese Vereinbarung ist ein guter Ansatz zur Stärkung
von Parlamentsrechten und zur Stärkung der europäi-
schen Arbeit. Dieser Deutsche Bundestag kann dadurch
in Bezug auf die Lösung seiner Aufgaben zukunftsfähi-
ger werden. Ich wünsche uns allen viel Erfolg dabei.


(Beifall im ganzen Hause)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605201100

Als nächster Redner hat Staatsminister Günter Gloser

das Wort.


Günter Gloser (SPD):
Rede ID: ID1605201200

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Ungeachtet aller Erfolge in der Vergangenheit
befindet sich die Europäische Union – einige Redner ha-
ben das bereits ausgeführt – in einer schwierigen Lage.
An dieser Stelle wird immer an den Verfassungsprozess
und an die in Frankreich und den Niederlanden geschei-
terten Referenden erinnert. Niemand weiß genau, wie
wir den ins Stocken gekommenen Prozess wieder in
Gang setzen können. Wir wissen aber, dass wir ihn wie-
der in Gang setzen müssen. Die Akzeptanz der Europäi-
schen Union in der Bevölkerung hat gelitten. Wenn man
diesen Zustand mit „Europaskepsis“ umschreibt, ist das
vielleicht nicht ganz treffend; es gibt verschiedenen Fa-
cetten.

Wenige Monate vor dem 50. Jahrestag der Römischen
Verträge möchte ich aber – auch wenn ich einige kriti-
sche Bemerkungen gemacht habe – betonen, dass die
Europäische Union eine einmalige Erfolgsgeschichte ist
und andere uns darum beneiden, dass wir es geschafft
haben, eine solche Europäische Union auf friedlichem
Wege zu gründen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich möchte – in einigen Reden klang es so, als wäre
heute ein revolutionärer Tag – auf die Dinge eingehen,
die angesprochen worden sind. Die Menschen in Europa
haben gerade in den letzten Monaten verstanden, dass die
Europäische Union und die von ihr erlassenen Regelun-
gen sie unmittelbar betreffen. Das belegen die intensiven
Diskussionen über die bereits genannte Dienstleistungs-
richtlinie, die Gleichstellungsrichtlinie, die Hafenrichtli-
nie oder über ein so großes Projekt wie die Erweiterung
der Europäischen Union. Auch wenn die Debatten kon-
trovers geführt wurden und an der EU Kritik geübt wurde
– wer ist die EU? –, ist erfreulich, festzustellen, dass die
Menschen Europa wahrnehmen und über Europa disku-
tieren. Wir müssen uns aber fragen – mit „wir“ meine ich
die Bundesregierung und uns Parlamentarier –, ob wir

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(C (D icht manchmal die falschen Botschaften gesetzt haben, b wir nicht manche Gesetzgebungsinitiative durch eine ft sehr eingeschränkte Wahrnehmung diskreditiert haen. Ich glaube, hier müssen wir behutsam vorgehen, enn wir einen offenen Diskurs mit der Bevölkerung ollen. Dieses neue, wenn auch häufig kritische Interesse er Bürger ist gut für die Europäische Union; denn es rzeugt einen Rechtfertigungsdruck, dem sich die Orane der Europäischen Union, aber auch wir, die Regieung und das Parlament, stellen müssen. Wir müssen echtfertigen, warum wir einen Rechtsakt auf europäicher Ebene für notwendig halten. Wir müssen erklären, as das dem Bürger bringt. Wir müssen auch manchmal ermitteln, warum etwas im Interesse der Europäischen nion wichtig ist und warum man nicht nur an die Inte essen des eigenen Landes denken sollte. Das kritische Interesse der Bürger verschafft uns auch ie Chance, die konkreten Vorteile der Europäischen nion und der von ihr geschaffenen Rechtsakte zu veritteln. Die Gesetzgebung von Bund und Ländern – wir aben das vorhin gehört – wird in wachsendem Maße on Entscheidungen geprägt, die auf der Ebene der Euopäischen Union getroffen werden. Gemeinsam mit em Dreieck der europäischen Institutionen – Europäiches Parlament, Kommission und Rat in seiner gesetzebenden Funktion – bilden die nationalen Parlamente davon bin ich felsenfest überzeugt – das demokratische undament der europäischen Bürgerund Staatenunion. Nationale Parlamentarier müssen als Mitgestalter eies Gesetzgebungsprozesses begriffen werden, der imer häufiger von Brüssel aus angestoßen wird. Es ist orhin selbstkritisch bespiegelt worden, warum es so ange gedauert hat. Man muss an diesem Tag objektiv agen: Der Deutsche Bundestag verfügte bereits in der ergangenheit über einige Rechte, die aber nicht entprechend ausgestaltet waren. Aufgrund der Defizite gab s Nachholbedarf. Deshalb gab es die breite Diskussion ber Möglichkeiten zu mehr Beteiligung. Diese nun erielte Vereinbarung wird die Europapolitik des Bundes uf eine breitere Grundlage stellen und zur besseren Geetzgebung der Europäischen Union beitragen. Die Informationsund Beteiligungsrechte des Bunestages sollen durch diese neue Vereinbarung ausgeeitet werden. Alle von Ihnen angemahnten Dokumente nd Berichte zu europäischen Aktivitäten, sowohl die er Gemeinschaftsorgane Kommission und Rat als auch ie der Bundesregierung, insbesondere die der Ständigen ertretung bei der Europäischen Union, werden dem undestag umfassend vermittelt. Daneben wird eine eihe von Unterrichtungsformen, die bereits Praxis sind, erbessert. Ich denke, diese Vereinbarung ist ein zentraer Baustein für die verbesserte Europatauglichkeit des undestages. Aber gleichzeitig – das hat in den Verandlungen eine wesentliche Rolle gespielt – lässt diese ereinbarung der Bundesregierung den nötigen Spiel aum, den sie in den Verhandlungen in Brüssel braucht. enn man die Situation in der Anfangszeit mit der heu igen vergleicht, sieht man, dass sich vieles verändert at. Staatsminister Günter Gloser Ich bin der Überzeugung, dass diese Vereinbarung uns eine Chance bietet, die Legitimität europäischer Rechtssetzung in Deutschland zu erhöhen. Ich möchte an dieser Stelle meinen ausdrücklichen Dank sagen an diejenigen, die für die Fraktionen verhandelt haben, aber auch an diejenigen, die ihnen zugearbeitet haben, die auch uns in den Ressorts zugearbeitet haben. Das waren wichtige Beiträge. Ich danke auch dem Kollegen Peter Hintze, der mit mir für die Bundesregierung diese Verhandlungen geführt hat, und den anderen Kollegen in der Regierung, die uns im Hintergrund dabei unterstützt haben. Ich kann Ihnen versichern: Es bleibt bei dem einen Herz. Aber ich glaube, man braucht Kopf und Herz, um die Europapolitik voranzubringen. Ich finde es angesichts der Positionen, mit denen die Fraktionen in diese Debatte gegangen sind – Rainder Steenblock hat darauf hingewiesen –, bemerkenswert, dass wir einen, so denke ich, guten Kompromiss gefunden haben. Wir sollten aber nicht vergessen, dass der Verfassungsvertrag, den ich eingangs erwähnt habe, für die weitere Einbindung der nationalen Parlamente wichtig ist. Denn er ist ein wichtiger Schritt, um mehr und früher beteiligt zu werden. Die Stärkung des Subsidiaritätsprinzips war eine Intention der Bundesregierung. Sie war im Konvent wie auch auf der Regierungskonferenz ein besonderes deutsches Anliegen. Nicht zuletzt wegen der mit dem Vertrag in dieser Hinsicht erzielten Fortschritte setzt sich die Bundesregierung dafür ein, die im europäischen Verfassungsvertrag gefundenen Lösungen zu erhalten. Die Elemente des Verfassungsvertrages machen die Europäische Union – das ist immer kritisiert worden – gerade demokratischer. Sie machen sie handlungsfähiger, effizienter und transparenter. Genau damit erreichen wir das Ziel, Europa den Bürgerinnen und Bürgern näher zu bringen. Ich gehe gern darauf ein – das wird auch ein Thema der Präsidentschaft Deutschlands im nächsten Jahr sein –, dass wir nicht nur fragen müssen: Welche Folgen haben bestimmte Gesetzesinitiativen für den Bereich Wirtschaft, für kleine und mittlere Unternehmen? Genauso wichtig ist natürlich die Frage: Welche sozialen Folgen hat eine Initiative? Ich denke, das hat die Vergangenheit gezeigt. Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ohne dass man jetzt das Primärrecht ändern müsste, ist die Kommission ohnehin bereits vom Europäischen Rat aufgefordert worden, die nationalen Parlamente frühzeitig einzubeziehen. Wenn wir die Bürgerinnen und Bürger für Europa gewinnen möchten, sollte unser Ziel sein, dass sich jeder Europäer ganz selbstverständlich sowohl als Bürger seiner Stadt und seines Mitgliedstaats als auch als Bürger der Europäischen Union versteht. Ich bin – weil ich ja auch Parlamentarier bin – davon überzeugt, dass die nationalen Parlamente, vor allem der Bundestag, dazu einen wesentlichen Beitrag leisten können. Ich denke, dass diese Vereinbarung die entsprechenden Werkzeuge liefert. Ich finde es gut, dass wir die Vereinbarung wenige Wochen vor Beginn der deutschen Präsidentschaft in der Europäischen Union geschaffen haben; denn ich glaube, dass diese Präsidentschaft durch ein aktives Parlament begleitet werden muss. F H g N n h M B d n n e B g w m z u D w s s r H w m L n s 1 w d B w v f g f m d r V w (C (D Vielen Dank. Ich erteile das Wort Kollegen Michael Link, FDP raktion. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! err Staatsminister Gloser, ich würde nicht ganz so weit ehen, den heutigen Tag als revolutionär zu bezeichnen. atürlich ist das ein guter Tag. Wir gehen nicht nur eien Schritt in die richtige Richtung, sondern ich glaube, ier wurde die richtige Balance gefunden zwischen den itwirkungsrechten des Bundestages einerseits und der ewahrung der Kernbereiche exekutiven Handelns anererseits, die – das verstehen auch wir als Parlament – atürlich sein müssen. Es ist aber schon etwas anderes – das will ich einfach och einmal mit Blick auf die Öffentlichkeit sagen –, ob s, wie im Grundgesetz, das ja bestehen bleibt, heißt, die undesregierung berücksichtigt bei ihren Verhandlunen die Stellungnahmen des Bundestages, oder ob es, ie jetzt in unserer Vereinbarung, heißt, die Stellungnahen werden den Verhandlungen der Bundesregierung ugrunde gelegt. Das ist ein substanzieller Unterschied nd wir begrüßen die Formulierung in der Vereinbarung. as ist genau die richtige Balance. (Beifall bei der FDP und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)





(A) )


(B) )


(Beifall im ganzen Hause)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605201300

(Beifall bei der FDP)

Michael Link (FDP):
Rede ID: ID1605201400

Alle wichtigen Punkte sind hier bereits angesprochen
orden. Ich will deshalb ein Beispiel nennen. Oft be-

chworen wird ja das Demokratiedefizit in der Europäi-
chen Union. Meine These ist: In keinem anderen Be-
eich ist das Demokratiedefizit größer als beim EU-
aushalt. In keinem anderen Bereich haben wir gegen-
ärtig so wenig Mitwirkungsrechte der nationalen Parla-
ente. Wir werden es nächstes Jahr erleben. Denn im
aufe des nächsten Jahres soll uns die Ratifizierung des
euen Eigenmittelbeschlusses vorgelegt werden – ein
chwieriger Prozess –; der Beschluss soll aber bereits ab
. Januar 2007 gelten. Über welches Recht haben wir da
irklich noch substanziell mit zu entscheiden?

Umso wichtiger wird sein, dass wir im Vorhinein, vor
en Ratsverhandlungen – das sage ich besonders mit
lick auf die Kollegen im Haushaltsausschuss –, tätig
erden. Wenn wir uns einmal vor Augen führen, um wie
iel Geld es geht – jährlich über 22, 23 Milliarden Euro
ür Deutschland – und für wie lange wir uns mit dem Ei-
enmittelbeschluss völkerrechtlich verbindlich binden –
ür über sieben Jahre; das heißt, wir können danach nicht
ehr darüber entscheiden –, dann können wir feststellen,

ass es umso wichtiger ist, dass wir in Zukunft ein kla-
es, deutliches Mitspracherecht bei der Formulierung der
erhandlungsposition der Bundesregierung haben,
as dank dieser Vereinbarung der Fall ist.






(A) )



(B) )


Michael Link (Heilbronn)


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN)


Gleiches gilt übrigens auch für die – ich sage es ein-
mal salopp – Schattenhaushalte – Europäischer Ent-
wicklungsfonds, Globalisierungsfonds –, die jetzt anste-
hen. Dort ist das Demokratiedefizit vielleicht noch
größer als bei dem Haupthaushalt der EU; denn der wird
zumindest in der Öffentlichkeit besprochen. Beim Euro-
päischen Entwicklungsfonds mit einem immensen Be-
trag – gerade für die Bundesrepublik Deutschland geht
es da um sehr viel Geld; wir sind, für diejenigen, die es
noch nicht wissen, jetzt der größte Zahler im Europäi-
schen Entwicklungsfonds; wir haben die Franzosen
überholt, sie liegen jetzt etwas hinter uns – ist das Demo-
kratiedefizit noch größer. Dank der Vereinbarung kön-
nen wir aber genau bei diesem Punkt in Zukunft vonsei-
ten des Haushaltsausschusses und des Ausschusses für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ganz
konkret vor den Ratsverhandlungen eingreifen. Das ist
ein echter Fortschritt und deshalb ist das heute ein guter
Tag.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN)


Zeitgleich zu der Vereinbarung, die wir heute be-
schließen, läuft in der Europäischen Union – Staatsminis-
ter Gloser hat es angesprochen – der Prozess der Verstär-
kung und Verbesserung der Informierung der nationalen
Parlamente seitens der Kommission, Stichwort: Subsi-
diaritätsprüfung, Subsidiaritätskontrolle. Unser Peti-
tum – ich vermute, ich spreche da auch für viele Kollegen
aus anderen Fraktionen – ist, dass wir dann unverzüglich
Vorlagen bekommen. Wichtig ist aber auch, dass dann
geltendes Recht eingehalten wird, sprich: dass uns die
Vorlagen auch in deutscher Sprache, der dritten Ar-
beitssprache der Europäischen Kommission, zugestellt
werden. Hier muss die Bundesregierung dringend Druck
ausüben, dass das in Zukunft regelmäßig geschieht.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der CDU/ CSU und der SPD)


Wenn die Subsidiaritätsprüfung tatsächlich erfolgt,
wenn dieser Prozess einmal im Gange sein sollte, sei es
– hoffentlich – mit einem Verfassungsvertrag, sei es mit
einem gesonderten Protokoll, dann spätestens müssen
wir hier im Hause beschließen, wer bei uns federführend
für diese Subsidiaritätsprüfung zuständig ist.

Mein Petitum und das meiner Fraktion ist: Die Fach-
ausschüsse sollen für die Stellungnahmen zu themati-
schen EU-Vorlagen zuständig sein. Aber die Federfüh-
rung im Hinblick auf die Subsidiaritätsprüfung sollte
naturgemäß beim Europaausschuss liegen. Das ist ein
wichtiger Punkt. Hier muss der Europaausschuss eine
sehr wichtige Verantwortung für das Gesamtparlament
wahrnehmen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Zu guter Letzt – Herr Präsident, ich komme langsam
zum Schluss –: Es ist gut, dass wir neue Rechte bekom-
men haben. Wir müssen von ihnen aber auch Gebrauch

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(C (D achen können. Dazu gehört – Herr Steenblock und anere Kollegen haben das angesprochen – eine behutsame usweitung der Personalkapazitäten beim Parlament nd bei der Kommission. Wenn das im Übersetzerstab eschäftigte Personal etwas aufgestockt würde, damit ie Vorlagen auch in der dritten Arbeitssprache, in eutsch, abgefasst werden können, hätte ich nichts daegen. Das gilt – das mag Sie überraschen – übrigens auch ür die Bundesregierung. Unsere Zusammenarbeit im aushaltsausschuss mit den Kollegen der Europaabtei ung im BMF ist exzellent. Sie sind, was ihre Arbeitsbeastung angeht, am Limit. Wenn in Zukunft aufgrund der ereinbarung mit uns und angesichts des Informationsustausches zwischen Brüssel und den nationalen Parlaenten noch mehr Arbeit auf sie zukommt, dann können ie das irgendwann nicht mehr bewältigen. Wir müssen ns trotz aller Sparzwänge darüber im Klaren sein: Wir üssen die personellen Kapazitäten behutsam erweitern, amit wir das, was wir heute beschließen, mit Leben fülen können. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


In den ersten Jahren, in denen diese neue Vereinba-
ung angewandt wird, entscheidet sich, was sie wert ist.
un kommt es auf uns an. Heute ist der Bundestag euro-
apolitisch erwachsen geworden. Machen wir etwas da-
aus!


(Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605201500

Ich erteile das Wort dem Parlamentarischen Staatsse-

retär Peter Hintze.


(Beifall bei der CDU/CSU)


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Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1605201600

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

tell dir vor, es geht um Europa, und keiner geht hin.
ann kommt Europa zu dir und du darfst dich nicht be-

chweren, wenn dir eine Richtlinie nicht passt.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist wahr!)


as gilt nicht für die Anwesenden. In der Kirche ist es
war immer so, dass die Anwesenden für diejenigen, die
icht kommen, kritisiert werden. Aber ich glaube, dass
ie Zahl der hier Anwesenden entgegengesetzt propor-
ional zur Bedeutung dessen ist, worüber wir heute spre-
hen und was wir mit unserem Votum ausdrücklich un-
erstreichen werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


eute ist ein guter Tag für die Demokratie und ein guter
ag für das Parlament.






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Peter Hintze
Die Bundesregierung, getragen von der großen Koali-
tion, hat mit dem Bundestag eine große Kooperation in
allen Europafragen vereinbart, und das ist gut so. Kol-
lege Steenblock hat in seiner Rede, der ich mit Freude
zugehört habe, ein gewisses Erstaunen darüber zum
Ausdruck gebracht, dass die Unionsfraktion das, was sie
in der Opposition gesagt hat, in der Regierung tatsäch-
lich verwirklicht. Dieses Erstaunen dürfen Sie gerne ins
Land tragen. Das ist nämlich ein Grundsatz, der uns be-
stimmt: In der Opposition wie in der Regierung reden
wir gleich.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Lachen bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da ist er einmal gelobt worden und schon wird er übermütig! – Michael Roth [Heringen] [SPD]: Nicht ganz so übermütig, Herr Kollege! – Markus Löning [FDP]: Herr Hintze, daran werden wir Sie bei Gelegenheit erinnern! Warten Sie es ab!)


Es würde dem Parlament gut anstehen, wenn das gene-
rell so wäre.


(Markus Löning [FDP]: Herr Hintze, weiß das auch die Kanzlerin? – Heiterkeit)


– Absolut, Kollege Löning. Da Sie vorhin selbst gesagt
haben, dass Sie zwar noch jung, aber voller Freude dabei
sind, weise ich Sie darauf hin: Die Bundeskanzlerin hat
die Initiative der Opposition zur Stärkung der Mitwir-
kungsrechte des Parlaments vorangetrieben. Als Verant-
wortliche auf Unionsseite hat sie darauf gedrungen, dass
dieses Vorhaben in den Koalitionsvertrag aufgenommen
wird. Das haben wir im Parlament umgesetzt. Darauf
können wir gemeinsam stolz sein.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


In der Tat werden nicht zuletzt die Rechte der Oppo-
sition gestärkt. Das war damals unser Anliegen. Das ist
auch richtig. Regierungsfraktionen haben immer mehr
informelle Kontakte. Da es um eine sehr wichtige Frage
geht, wollten wir allerdings, dass das gesamte Parla-
ment, Regierung und Opposition, die Chance hat, an die-
sem europäischen Prozess mitzuwirken, und wir wollten
dafür sorgen, dass es über alle für seine Mitwirkung rele-
vanten Informationen verfügt. Denn es ist unbefriedi-
gend – das haben alle Redner gesagt –, wenn wir hier
ohnmächtig Richtlinien in nationales Recht umsetzen
müssen und nicht politisch beraten, wenn es in Brüssel
um die Erstellung, um die Weichenstellung, um die
Grundsätze dieser Richtlinien geht. Das wollen wir ge-
meinsam ändern.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Eben hat ein Redner von „Doppelherz“ gesprochen.
Ich glaube, damit meinte er nicht Gloser im Auswärtigen
Amt und Hintze im Wirtschaftsministerium, sondern da-
hinter steckte etwas die Sorge, dass nach Karl Marx das
Sein allzu sehr das Bewusstsein bestimmt – mit diesem
Vorwurf mussten wir ja die ganzen Verhandlungen über

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(C (D eben – und dass wir den Wechsel auf die Regierungsank nicht ohne Schaden für unser parlamentarisches erz verkraftet hätten. ch glaube, das Ergebnis beweist, dass wir unser parlaentarisches Herz auch auf der Regierungsbank behal en haben, auch wenn der eine oder andere Kollege – ein rominenter sitzt in Reihe eins vorne rechts – (Thomas Silberhorn [CDU/CSU]: Das werde ich noch erläutern!)


(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)


er Auffassung ist, man hätte noch mehr realisieren kön-
en, und auf andere Länder verweist.

Deshalb will ich gleich vorwegnehmen: Wir haben in
nserer Vereinbarung die Grenzen, die das Grundgesetz
ier setzt, wirklich parlamentsfreundlich – der FDP-Kol-
ge hat das eben in seinem Beitrag auch so ausgedrückt –,
is zum äußersten Rand, ausgefüllt. Die Wünsche, die
ir als Opposition geäußert haben, die über diesen Rand
inausgehen, hätten eine Änderung des Grundgesetzes
orausgesetzt. Möglicherweise wird diese Debatte ein-
al kommen; aber im Rahmen der verfassungsmäßigen
rdnung, die wir jetzt haben und innerhalb derer sich
nsere Vereinbarung zu bewegen hat, sind wir eng an
en Rand gegangen und haben eine parlamentsfreundli-
he, ja die parlamentsfreundlichste Regelung überhaupt
eschaffen.

Ich will noch etwas Inhaltliches ansprechen. Manche
erweisen auf Skandinavien, dort sei es noch besser, weil
as Parlament die Regierung fesseln, binden könne.
och wir wollten eine Regelung, die die Europafähigkeit
es Bundestages stärkt und gleichzeitig die Handlungsfä-
igkeit Deutschlands in Brüssel in vollem Umfange si-
hert. Das unterscheidet uns vielleicht. Deutschland hat
in großes Gewicht und eine große Verantwortung, dass
ir uns diese Handlungsfähigkeit erhalten. Es ist im eu-

opäischen Rechtsetzungsprozess unmöglich, gefesselt
m Tisch zu sitzen – so kann man keine Kompromisse
chließen, so kann man keine Lösungen finden.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die dänischen Kollegen!)


Ehemalige Minister nicken aus der ersten Reihe der
pposition. Ich freue mich, Herr Trittin, dass Sie diese
rkenntnis aus der Regierung in die Opposition mitge-
ommen haben; das ist sehr schön. Wir haben das Ganze
a auch gemeinsam vereinbart. Deswegen glaube ich,
ass wir insgesamt eine sehr kluge Regelung gefunden
aben.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ausgangspunkt des heutigen Tages war das Ja des
undestages zur europäischen Verfassung. Damals ha-
en wir mit breiter Mehrheit – alle Fraktionen, die hier
m Parlament vertreten waren – Ja zu ihr gesagt. Ich darf
erzlich bitten, sich nicht von einer Falschüberschrift in
er „Financial Times Deutschland“, die schon durch den
ext unmittelbar darunter nicht gedeckt ist, einreden zu






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Peter Hintze
lassen, wir hätten hier einen Kurswechsel vorgenom-
men. Der Deutsche Bundestag hat klar Ja zum europäi-
schen Verfassungsvertrag gesagt. Ich glaube, es steht uns
gut an, auch heute klar Ja zu diesem gemeinsamen Pro-
jekt zu sagen, liebe Kolleginnen und Kollegen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Da sagen wir Nein!)


Denn diese europäische Verfassung bringt, was so viele
Menschen sich wünschen: mehr Transparenz, mehr Effi-
zienz und auch mehr Demokratie in Europa.

Es stimmt: Die Skepsis ist auch gestiegen; eine Lang-
zeitstudie der Stiftung „Wissenschaft und Politik“ zeigt
das. Interessant ist: Die Zahl derer, die Ja zu Europa sa-
gen, ist gleich geblieben. Die Zahl derer, die Nein sagen,
ist gestiegen. Wo kommt das her? Es kommt aus dem
großen Bereich der Bürger, die sich bisher in permissiver
Enthaltung geübt haben, sich also wohlwollend nicht da-
rum gekümmert haben, weil sie meinten: Es wird schon
richtig sein, wie es läuft. – Bei ihnen besteht heute grö-
ßere Skepsis. Diese können wir nur überwinden, wenn
wir die europäischen Entscheidungsprozesse transparen-
ter machen. Denn wir brauchen eher mehr als weniger
Europa. Die Bürger wissen in ihrem Herzen auch, dass
die Europäische Union die einzig tragfähige Antwort auf
die Herausforderungen der Globalisierung ist.

Mit der Vereinbarung, die wir heute getroffen haben,
schreiben wir einen ganz kleinen Abschnitt im Buch der
europäischen Geschichte fort, nämlich den Abschnitt
über die Parlamentarisierung der Entscheidungspro-
zesse in der Europäischen Union. Das steht dem Bundes-
tag gut an. Ich bedanke mich bei allen, die daran mitge-
wirkt haben. Den Politikern ist gedankt worden. Ich will
nun auch den Mitarbeitern danken


(Michael Roth [Heringen] [SPD]: Denen habe ich auch gedankt!)


und pars pro toto Christoph Thum von der SPD nennen,
der Mitarbeiter der ersten Stunde war, damals, als schon
böse Schatten über der rot-grünen Regierung hingen, im
Mai des Jahres 2005.


(Heiterkeit bei der CDU/CSU)


Die SPD hat damals gedacht: Wer weiß, wofür das gut
ist, wir sollten uns jetzt schon einmal ein bisschen vorbe-
reiten. – Es sah damals ja so aus, dass Sie vielleicht in
der Opposition landen würden. Wir dachten: Wer weiß,
wofür das gut ist, wir wissen ja auch nicht, ob wir in die
Regierung kommen. – Wir haben dann gemeinsam etwas
Gutes daraus gemacht.

Das schöne griechische Wort Krise bedeutet ja im
Grunde Frage bzw. Anfrage. Wir haben die Frage positiv
beantwortet und etwas Gutes aus der Krise gemacht.
Lassen Sie uns das gemeinsam nutzen!

Schönen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Alexander Ulrich [DIE LINKE])


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(C (D Ich erteile Kollegen Axel Schäfer, SPD-Fraktion, das ort. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eu opapolitik ist auch Parteipolitik. Deshalb wird es gerade n der Diskussion, die wir jetzt zusammengefasst voranebracht haben, darauf ankommen, dass wir in Zukunft uch die parteipolitischen Unterschiede in der Europapoitik deutlich machen. Nur damit bringen wir Europa uch inhaltlich ein Stück voran. Gleichzeitig ist Europa unser gemeinsames Anliegen. eshalb war es so wichtig, dass es gelungen ist, sowohl ie Fraktionen der Regierungskoalition als auch alle raktionen der Opposition für diese Vereinbarung zu geinnen. Das ist in diesem Parlament nicht alltäglich und as kann auch gar nicht alltäglich sein. Weil es aber so twas Besonderes ist, sollten wir dieses Besondere hier uch einmal ganz besonders unterstreichen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605201700
Axel Schäfer (SPD):
Rede ID: ID1605201800

Es bleibt unsere Aufgabe, das Parlament gemeinsam
u europäisieren; denn eines ist auch wahr: Diese Ver-
inbarung ist nicht das Ergebnis der bereits vollzogenen
uropäisierung des Parlaments und der großen Fort-
chritte, die über 600 Abgeordnete und alle Ausschüsse
rreicht haben, sondern ein Stück weit das Ergebnis des-
en, dass der Europaausschuss als Leitwolf bzw. -wöl-
in vorangegangen ist. Auch das gehört dazu. Jetzt wird
s darauf ankommen, dass die anderen nicht nur ein Ru-
el sind, sondern dass es zu einer gemeinsamen Kraftan-
trengung all derjenigen kommt, die hier Verantwortung
ragen. Deshalb sollten wir das an dieser Stelle noch ein-
al ganz deutlich unterstreichen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das ist in der Praxis ja auch schon ein Stück weit ge-
ungen. Wir haben in einer wichtigen Frage gesagt, was
ir wollen, was wir also von der Regierung im Rat er-
arten. Um die Positionierung des Deutschen Bundesta-
es in Europafragen vor allen Dingen gegenüber der
undesregierung geht es ja. Ich erinnere hier an die
rundrechteagentur, die neu eingerichtet werden soll.
urch eine gemeinsame Position ist es uns gelungen, die
anzlerin und den Außenminister im Rat darauf festzu-

egen, dass diese Agentur nicht einfach durchgewunken
ird – mit einer Struktur, von der wir nicht sicher wis-

en, ob sie etwas bringt –, sondern dass an dieser Stelle
eiterhin kritisch gearbeitet wird, bevor die Umsetzung

rfolgt. Das ist ein Erfolg des Bundestages, zu dem es
ufgrund eines gewandelten Bewusstseins und einer ver-
esserten Handlungsfähigkeit gekommen ist.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Kolleginnen und Kollegen, es gehört auch zu den
ahrheiten dieser geschlossenen Vereinbarung, dass

ier eine Reihe von lang gedienten Kolleginnen und






(A) )



(B) )


Axel Schäfer (Bochum)

Kollegen am Ende gesagt haben, dass sie sich eigentlich
mehr hätten vorstellen können. Na ja, denen muss man
sagen, dass sie jetzt seit 25 oder 30 Jahren dabei sind
und wissen müssten, dass man es sich nicht so leicht ma-
chen kann. Andere haben – ebenfalls parteiübergreifend;
manche davon in großer Verantwortung – gesagt: Wenn
ich hier hätte entscheiden können, dann hätte ich euch,
dem Europaausschuss bzw. dem Parlament, bezüglich
der Europäisierung nicht so starke Rechte zugestanden. –
Auch dies zeigt, woran wir noch ein Stück mehr arbeiten
müssen. Das sollte uns eine zusätzliche Motivation für
die Überzeugungsarbeit sein; denn die Arbeit leisten wir
weiterhin hier. Auch wenn wir uns deutlicher in Rich-
tung Brüssel positionieren: Wir positionieren und kon-
trollieren vor allen Dingen die Bundesregierung und wir
wollen sie auch zu einer Reihe von Dingen verpflichten.
Ich glaube, das ist auch richtig so.

Was wir voranbringen wollen, ist eine Europäisie-
rung. Europäisierung bedeutet immer auch Parlamentari-
sierung und Parlamentarisierung geht nur mit Demokra-
tisierung. Die Kollegen von der Linksfraktion haben
angesprochen, dass zur Demokratisierung auch die di-
rekte Demokratie gehört. Ich bin sehr dafür und ich
glaube, es gibt auch hier in diesem Hause eine Mehrheit
dafür, dass wir in Konsequenz dieser Diskussion wieder
die Debatte darüber aufgreifen, wie wir über das Instru-
ment der Volksinitiative, des Volksbegehrens und des
Volksentscheids mehr direkte Demokratie in Ergänzung
der repräsentativen Demokratie einführen können.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


– Gerade weil ich jetzt Beifall von der ganz linken Seite
des Hauses bekomme, möchte ich deutlich machen, dass
ein wichtiger Impuls, dies umzusetzen, die europäische
Verfassung ist. Sie nimmt Elemente der direkten Demo-
kratie in ganz Europa auf. Man kann aber nicht mehr di-
rekte Demokratie in Deutschland fordern, wenn man
gleichzeitig eine europäische Verfassung mit mehr direk-
ter Demokratie ablehnt. Das passt nicht zusammen, liebe
Kolleginnen und Kollegen.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das Wichtigste aber ist: Lasst uns bei all den Diskus-
sionen über die Instrumente, die wir in Zukunft haben
werden und die wir verbessert nutzen wollen, immer
auch über die Inhalte reden. Unser Ziel ist es, in diesem
gemeinsamen Europa besser und erfolgreicher für den
Frieden einzutreten und mehr für soziale Gerechtigkeit
und die Schaffung von Arbeitsplätzen zu tun. Wir wollen
Bildung und Forschung voranbringen –


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605201900

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Dehm?


Axel Schäfer (SPD):
Rede ID: ID1605202000

– wenn ich den Satz beendet habe – und den Nationa-

lismus bekämpfen.

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(C (D Jetzt habe ich meinen Satz beendet. Bitte, Kollege ehm. Es scheint heute ein revolutionärer Tag zu sein, weil ich Konsense andeuten, die gar nicht absehbar waren. Grund unserer Ablehnung des Verfassungsvertrages aren nicht die plebiszitären Elemente. Können wir uns emeinsam darauf einigen, den Verfassungsvertrag, wie s jetzt auch Frau Merkel sagt – so die „Financial Times eutschland“ von heute –, gründlich zu ändern, die Artiel des Grundgesetzes, die in dem europäischen Verfasungsvertrag nicht genügend berücksichtigt sind, die ozialbindung des Eigentums und das Angriffskriegserbot, darin aufzunehmen und diese Verfassung dann nserer deutschen Bevölkerung zur Abstimmung zu stelen? Lieber Kollege Dehm, diese Verfassung wurde ge einsam von Abgeordneten und Regierungsvertretern uch dieses Parlaments sowie des Europäischen Parlaents und der Kommission auf der Basis einer Überein unft von 28 Ländern erreicht; das ist eine gute Grundage. Sie gilt es jetzt zu beschließen und umzusetzen. ir müssen also dafür werben, dafür Mehrheiten zu beommen. Ich möchte Sie an unserer Seite haben, wenn ir hier über mehr Demokratisierung durch das Grundesetz reden. Zunächst aber müssen Sie mit uns gemeinam für Mehrheiten für diese europäische Verfassung erben. Darin wollen wir Sie überzeugen; wir setzen be timmte Hoffnungen darauf. Kollege Schäfer, gestatten Sie noch eine Zwischen rage, diesmal des Kollegen Seifert, auch Fraktion Die inke? Ja, die gestatte ich. Lieber Herr Kollege Schäfer, ist Ihnen vielleicht ent angen, dass wir die europäische Verfassung nicht ween der plebiszitären Elemente, sondern wegen ihrer usrichtung auf Militarisierung, das heißt: den Zwang ur Aufrüstung, und wegen der ausdrücklichen Festleung auf ein neoliberales Wirtschaftskonzept abgelehnt aben? ses Klischee!)

Dr. Jörg-Diether Dehm-Desoi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605202100

(Beifall bei der LINKEN)

Axel Schäfer (SPD):
Rede ID: ID1605202200

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605202300
Axel Schäfer (SPD):
Rede ID: ID1605202400
Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605202500

(Zuruf von der CDU/CSU): Schon wieder die-



Axel Schäfer (SPD):
Rede ID: ID1605202600

Erstens. Es gibt in der europäischen Verfassung, die

ir gemeinsam wollen, überhaupt keine Festlegung auf
ufrüstung. Das muss man einfach einmal feststellen.






(A) )



(B) )


Axel Schäfer (Bochum)


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Zweitens. Wir sind für eine soziale Marktwirtschaft
und eine Sozialpflichtigkeit des Eigentums. Ich bin auch
sehr dafür, dass man den Kapitalismus kritisiert, wo er
bestimmte Auswüchse angenommen hat. Das allerdings
hat mit den Festlegungen in der europäischen Verfassung
nichts zu tun, lieber Kollege.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Ein Letztes: Wir wollen Europa weiter verbessern,
weil wir in allen Ländern gegen einen zum Teil wachsen-
den Nationalismus kämpfen. Das gehört zur gemeinsa-
men europäischen Identität. Unsere gemeinsame Identität
ist das Gegenbild zum Nationalismus. Das wichtigste
Interesse, das wir als Nationalstaaten haben – in Deutsch-
land wie in Frankreich, in Polen wie in Großbritannien
und allen anderen Ländern –, ist die europäische Eini-
gung. Mit dieser gemeinsamen Vereinbarung kommen
wir diesem Ziel einen großen Schritt näher. Ich danke al-
len, die daran mitgewirkt haben.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605202700

Ich erteile Kollegen Thomas Silberhorn, CDU/CSU-

Fraktion, das Wort.


Thomas Silberhorn (CSU):
Rede ID: ID1605202800

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich reihe

mich heute gerne ein in den fraktionsübergreifenden
Konsens in diesem Hause. Die Vereinbarung zwischen
Bundestag und Bundesregierung über die Zusammenar-
beit in EU-Angelegenheiten ist ein erkennbarer Fort-
schritt auf unserem Weg, europäischen Angelegenheiten
in Deutschland mehr Gewicht zu verleihen. Dieser Weg
führt über die Beteiligung des Deutschen Bundestages
zu unserem Ziel, mehr Verständnis und Akzeptanz für
europäische Politik zu gewinnen, aber auch dazu, die Le-
gitimationsbasis europäischer Entscheidungen zu stär-
ken, indem in jedem Mitgliedstaat die nationalen Parla-
mente intensiv damit befasst werden.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Die Vereinbarung, die wir heute beschließen, bringt
eine erhebliche Ausweitung der Unterrichtungspflich-
ten der Bundesregierung mit sich. Dass es mehr als fünf-
zig Jahre europäischer Integration bedurfte, um so weit
zu kommen, ist nicht unbedingt ein Ruhmesblatt. Aber
umso mehr freut es mich, dass wir es sind, die diesen
Fortschritt erreicht haben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Wir ziehen damit in Bezug auf die Unterrichtung des
Parlamentes mit dem Bundesrat gleich und können zu-
versichtlich sein, dass die Zeit der Vergangenheit ange-

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(C (D ört, als wir von den Länderregierungen oft besser unterichtet wurden als von der eigenen Bundesregierung. Allerdings trifft dieser Fortschritt, dass wir mit dem undesrat gleichziehen, nur auf die Unterrichtung zu. raglich ist, was künftig mit Stellungnahmen des Bunestages über die bloße Unterrichtung durch die Bundesegierung hinaus passiert. Immerhin haben wir die Bunesregierung dazu verpflichten können, dass sie künftig echenschaft darüber ablegen muss, inwieweit eine Stel ungnahme des Bundestages in den europäischen Greien umgesetzt werden konnte. Aber es bleibt dabei, ass Stellungnahmen des Bundestages von der Bundesegierung nicht beachtet, sondern nur zur Kenntnis geommen werden müssen. Kern des Problems ist Art. 23 es Grundgesetzes; das wurde bereits angesprochen. Ich will in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, ass es in einer Reihe von Mitgliedstaaten der Europäichen Union wesentlich weiter gehende Mitwirkungsechte gibt, als wir sie heute beschließen. Man muss azu nicht einmal auf die skandinavischen Staaten vereisen, lieber Kollege Hintze. Niemand von uns hat ge ordert, das skandinavische Modell in Deutschland einuführen. Warum wir uns allerdings nicht getraut haben, as österreichische Modell zu probieren, das dort seit ielen Jahren reibungslos funktioniert, konnte mir bisang niemand erklären. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Es bleibt also das Problem, dass Art. 23 des Grundge-
etzes unsere Handlungsmöglichkeiten etwas beschränkt.
uch nach der Föderalismusreform ist das die mit Ab-

tand unübersichtlichste Vorschrift des Grundgesetzes,
ie noch dazu in ihren praktischen Konsequenzen be-
cheidene Auswirkungen zeitigt. Ob und wann wir erneut
arüber diskutieren müssen, hängt nach meiner festen
berzeugung vom Verhalten der Bundesregierung ab.

Wir werden die Bundesregierung daran messen müs-
en, wie sie künftig mit unseren Stellungnahmen um-
eht, und müssen erwarten können, dass sich die Bun-
esregierung ernsthaft darum bemüht, unsere Positionen
n den europäischen Gremien tatsächlich umzusetzen.
azu ist es – dieser Hinweis sei mir gestattet – nicht im-
er erforderlich, im Ministerrat Mehrheiten zu organi-

ieren. Es gibt auch Gelegenheiten, wo es genügt, seine
osition zu markieren.

Ich darf daran erinnern, dass der Europaausschuss des
undestages eine einvernehmliche Haltung zur europäi-

chen Grundrechteagentur kommuniziert hat. Wir ha-
en das höflich – nicht in Form einer Stellungnahme,
ondern eines Briefwechsels – getan. Ich möchte aber
uch darum bitten, dass die Bundesregierung dieses Vo-
um sehr ernst nimmt. Wir werden genau darauf achten,
b sich die Bundesregierung unserer ablehnenden Hal-
ung anschließt, und zwar nicht, weil wir etwas gegen ei-
en effektiven Grundrechtsschutz hätten, sondern weil
ch persönlich davon überzeugt bin, dass es besser wäre,
en europäischen Menschenrechtsgerichtshof zu stärken,






(A) )



(B) )


Thomas Silberhorn
als eine neue Behörde zu gründen, in der Beamte schöne
Berichte schreiben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)


Ich wünsche mir, dass die Bundesregierung künftig
auch bei europäischen Vorlagen den Bundestag in einer
Form beteiligt, wie wir es von den nationalen Gesetzge-
bungsvorhaben gewohnt sind. Niemand hindert die Bun-
desregierung daran – zum Teil wird es schon praktiziert –,
Berichterstattergespräche zu organisieren. Es sollten alle
zuständigen Kollegen aus den Ausschüssen die Gelegen-
heit erhalten, mit den Beamten, die für die Bundesregie-
rung in Brüssel verhandeln, eine europäische Initiative
zu erörtern. Ich glaube, dass wir es mit einem solchen
Modell versuchen sollten. Ich sehe darin auch eine Gele-
genheit, den Parlamentarischen Staatssekretären diese
Aufgabe mit zu übertragen. Es gibt hin und wieder Dis-
kussionen über den Aufgabenbereich der Parlamentari-
schen Staatssekretäre. Es wäre für sie eine vornehme
Aufgabe, Berichterstattergespräche zu europäischen
Vorlagen zwischen Regierung und Ministerialbeamten
auf der einen Seite und den Mitgliedern dieses Hauses
auf der anderen Seite zu organisieren.


(Beifall bei Abgeordneten im ganzen Hause)


Auch der Deutsche Bundestag wird seine Arbeits-
weise ändern müssen. Wir müssen uns bei europäischen
Vorhaben auch am Fahrplan der Europäischen Union
orientieren. Wir müssen viel stärker als bisher Netz-
werke in die europäischen Institutionen hinein knüpfen,
aber auch zu unseren Kollegen aus den anderen Mit-
gliedstaaten. Außerdem wird es künftig viel stärker Auf-
gabe jedes einzelnen Abgeordneten sein – dies war es
auch bisher schon –, die europäischen Implikationen sei-
nes Fachbereiches zu berücksichtigen und tatsächlich
mit zu bearbeiten.

Durch die Vereinbarung, die wir heute beschließen,
werden wir auch ein Stück weit in Mitverantwortung für
das genommen, was die Bundesregierung in Brüssel mit
berät und mit beschließt. Ich plädiere dafür, dass wir uns
bei EU-Vorhaben auf die vorbereitenden Akte konzen-
trieren – auf Weißbücher, auf Grünbücher, auf das Jah-
resarbeitsprogramm der Kommission, auf die Legislativ-
pläne –, damit wir schon im Vorfeld über das orientiert
sind, was auf europäischer Ebene geplant ist, und recht-
zeitig eingreifen können. Allerdings werden wir, liebe
Kolleginnen und Kollegen, selbst wenn wir das tun, im-
mer dann, wenn es um eine förmliche Stellungnahme
des Bundestages geht, vor dem Problem stehen, dass die
Bundesregierung schon zwei, drei Jahre in Expertenrun-
den verhandelt und man uns dann vonseiten der Ministe-
rialbeamten vorhält: Jetzt kommt Ihr Abgeordneten? Wir
sitzen doch schon zwei Jahre daran!

Dazu gehört meines Erachtens auch die Bereitschaft
des Parlaments einschließlich der Regierungsfraktionen,
die Kontrollfunktion des Bundestages gegenüber der
Bundesregierung sehr ernsthaft wahrzunehmen und sich
bei Bedarf einzuschalten.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D Lassen Sie mich noch einen europäischen Aspekt anügen: Wir sind von der Europäischen Kommission eineladen, unsere Stellungnahmen auch direkt an die ommission zu richten. Ich wünsche mir, dass wir die ommission dazu verpflichten, uns auch wirklich zu ntworten, (Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


enn ich möchte doch, dass ein nationales Parlament,
as einen förmlichen Beschluss fasst, nicht wie ein x-be-
iebiger Lobbyverband behandelt wird.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und bei der LINKEN – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Pischetsrieder bekommt immer Antwort!)


ch glaube, dass wir die konkrete Chance haben, im
uge der Diskussion über den europäischen Verfas-
ungsvertrag auch noch einmal über den Frühwarnme-
hanismus zu diskutieren und ihn vielleicht zu vereinfa-
hen, aber auch, ihn um den Punkt zu ergänzen, dass die
ommission uns Antwort geben muss, wenn wir uns als
arlament an sie wenden.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall im ganzen Hause)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605202900

Ich schließe die Aussprache. – Wir kommen zur Ab-

timmung über den von den Fraktionen der CDU/CSU,
er SPD, der FDP, der Linken und des Bündnisses 90/
ie Grünen eingebrachten Antrag zur Annahme einer
ereinbarung zwischen dem Deutschen Bundestag und
er Bundesregierung über die Zusammenarbeit in Ange-
egenheiten der Europäischen Union. Wer stimmt für den
ntrag auf Drucksache 16/2620? – Wer stimmt dage-
en? – Enthaltungen? – Der Antrag ist einstimmig ange-
ommen.


(Beifall im ganzen Hause)


Ich rufe nunmehr Tagesordnungspunkt 23 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Hans-
Kurt Hill, Eva Bulling-Schröter, Lutz Heilmann,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LIN-
KEN

Energiepreiskontrolle sicherstellen

– Drucksache 16/2505 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
ie Aussprache eineinviertel Stunden vorgesehen. – Ich
öre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Meine Herren, ich würde Sie gerne veranlassen, dem
ommenden Redner die Chance zu geben, zum Pult zu
ommen und dann Gehör zu finden. – Ich eröffne die






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse
Aussprache und erteile Kollegen Oskar Lafontaine,
Fraktion Die Linke, das Wort.


(Beifall bei der LINKEN)



Oskar Lafontaine (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605203000

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Die Entwicklung der Energiepreise ist ein für die
Bevölkerung erstrangiges Thema. Die Energiepreise ha-
ben sich in den letzten Jahren enorm nach oben bewegt;
dabei denke ich natürlich auch an die Veränderungen
nach unten, die wir derzeit in einem Segment sehen.
Aber insgesamt kann gesagt werden, dass sich die Ener-
giepreise in den letzten Jahren sehr stark erhöht haben.

Es gibt den Satz, dass die Energiepreise für die Bevöl-
kerung eine ähnliche Bedeutung haben wie die Brot-
preise. Man muss diesen Vergleich nicht unbedingt über-
nehmen. Aber dass die Energiepreise für die soziale
Situation vieler Menschen in Deutschland eine große
Bedeutung haben, ist, glaube ich, in diesem Hause völlig
unstreitig.


(Beifall bei der LINKEN)


In diesem Zusammenhang erinnere ich insbesondere
an die Entwicklung der Löhne der großen Mehrheit der
Bevölkerung sowie an die Situation vieler Rentnerinnen
und Rentner. Die Reallöhne sind seit zehn Jahren prak-
tisch nicht mehr gestiegen. Auch in letzter Zeit hat sich
kaum etwas entscheidend verbessert. Ich erinnere des
Weiteren an die Situation derjenigen, die soziale Leis-
tungen empfangen, beispielsweise ALG-II-Empfänge-
rinnen und -Empfänger, der Alleinerziehenden sowie der
Rentnerinnen und Rentner mit geringem Einkommen,
die der Entwicklung der Energiepreise, insbesondere der
Strom- und Gaspreise, vielleicht noch viel hilfloser aus-
geliefert sind als der Durchschnittshaushalt. Wenn man
sich die Zahlen vor Augen führt, dann stellt man fest,
dass die Energiepreissteigerungen im letzten Jahr die
Privathaushalte mit 8 Milliarden Euro zusätzlich belastet
haben. Alles, was man bislang abschätzen kann, deutet
darauf hin, dass sich diese Entwicklung fortsetzen wird.

Mittlerweile geht es nicht mehr in erster Linie um
ökologische Belange. Vielmehr verschiebt sich der Ak-
zent zunehmend auf das Soziale.

Ich möchte darauf hinweisen, dass wir vor fast zehn
Jahren – deshalb habe ich meine Fraktion gebeten, heute
das Wort ergreifen zu dürfen – einen anderen Ansatz hat-
ten. Wir wollten über die Energiepreise den Energiever-
brauch steuern. Diese ökologische Abgaben- und Steu-
erreform wurde 1998 auf den Weg gebracht. Damals war
die Situation aber völlig anders. Die Energiepreise stag-
nierten eine gewisse Zeit und waren auf einem niedrige-
ren Niveau. Bereits 1998 – damals regierte Rot-Grün –,
als wir über den Ansatz beraten haben, über die Energie-
preise den Energieverbrauch zu steuern, habe ich intern
darauf hingewiesen, dass es wünschenswert wäre, Vor-
sorge für den Fall zu treffen, dass die Energiepreise
enorm steigen und in sozialer Hinsicht für eine ganze
Reihe von Haushalten zum Problem werden könnten.
Ich konnte mich damals mit diesem Anliegen nicht
durchsetzen. Es ging vor allen Dingen darum, den Ge-

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(C (D etzentwurf sehr zügig zu verabschieden. Gleichwohl laube ich, dass die intellektuelle Redlichkeit gebietet, arauf hinzuweisen, dass der damalige Ansatz, den nergieverbrauch über quasi staatlich verordnete Preisteigerungen zu steuern, ganz anders war, auch wenn es usnahmen, beispielsweise für die Industrie – darüber urde heftig diskutiert –, gab. Dann kam der Ansatz – er wurde hauptsächlich von er rechten Seite dieses Hauses befürwortet –, die Eneriepreise über eine so genannte Deregulierung zu steurn bzw. zu senken, damit sie international konkurrenzähig würden. Es gab sicherlich gute Argumente dafür. uf den ersten Blick ist der Ansatz, dass mehr Wettbeerb zu niedrigeren Preisen und zu günstigeren Angebo en für die Verbraucher führt, nicht ohne weiteres von er Hand zu weisen. Mittlerweile sieht man aber, dass ie Deregulierung nicht zu den gewünschten Ergebnisen geführt hat. Das müssen auch die Befürworter der eregulierung akzeptieren. Heute stellt sich die Frage, arum die Deregulierung nicht zu den gewünschten Erebnissen geführt hat. Man muss den Begriff „Dereguierung“ hinterfragen und sich klar machen, was damit emeint ist. Es gibt Leute, die Deregulierung mit einer esetzlosenwirtschaft, mit einer völlig deregulierten irtschaft gleichsetzen. Ich möchte in diesem Zusamenhang darauf hinweisen, dass dort, wo keine Gesetze irken, der Preisgestaltung und damit auch der Gewinnestaltung keine Grenzen gesetzt sind. Ich bin der Meiung, dass eine solche Situation im Energiesektor, insbeondere im Stromund Gasbereich, in Deutschland ingetreten ist. Daher ist es erfreulich, dass überall daüber nachgedacht wird, was zu tun ist, um die Preise ieder in den Griff zu bekommen. Ich will die Debatte auf keinen Fall kontrovers fühen; das brächte gar nichts. Vielmehr will ich begrüßen, ass überall nach Wegen gesucht wird, den Preisanstieg inzudämmen. So lese ich beispielsweise, dass das Wirtchaftsministerium über das Kartellrecht tätig werden ill. Es ist im Sinne der Verbraucher, wenn es gelingt, ittels des Kartellrechts eine Preissenkung vorzunehen. Ich habe mit Freude zur Kenntnis genommen darauf habe ich bereits in der letzten Haushaltsdebatte ingewiesen –, dass einige Bundesländer – unabhängig on der jeweiligen parteipolitischen Ausrichtung der andesregierung – daran denken, die Gültigkeitsdauer er Preisgenehmigung zu verlängern, die in der Hoffung auf die preissenkende Wirkung der Deregulierung ußer Kraft gesetzt worden ist. Aber wir können bislang icht feststellen, dass die Deregulierung gegriffen hat. Wir sind vielmehr in der Situation, dass die deutschen tromund Gaspreise mit an der Spitze in der Europäichen Union liegen. Das ist nicht nur eine soziale Frage, ondern auch eine ökonomische Frage und somit für die echte Seite dieses Hauses ein Anlass, etwas zu tun. Es st nicht nur die Stahlindustrie, die sich zur Wehr setzt, nd es ist nicht nur beispielsweise die schwedische Inustrie insgesamt, die sich dafür ausspricht, die Stromreise zu reregulieren und in diesem Sektor aus Wettbeerbsgründen wieder die öffentliche Verantwortung inzuführen, sondern es sind auch viele kleine Betriebe, Oskar Lafontaine die von dieser Preisentwicklung in erheblichem Umfang negativ betroffen sind. Es ist überhaupt keine Frage, dass hier etwas geschehen muss. Wir glauben nicht, dass die monopolartige Struktur kurzfristig verändert werden kann, bei allen Ansätzen, die ich hier vorgetragen habe. Wir glauben, dass die Länderregierungen Recht haben, die die Preisregulierung wieder einführen und die Höhe der Energiepreise wieder der öffentlichen Kontrolle unterwerfen wollen. Deshalb haben wir unseren Antrag vorgelegt. Dabei möchte ich durchaus aufgrund meiner eigenen Erfahrungen sagen, dass es nicht unbedingt so sein muss wie bisher, dass ein oder zwei Beamte in den Länderregierungen für die Energiepreisaufsicht zuständig sind. Dies führt nämlich zu einer sehr starken Nähe der zuständigen Beamten zu den jeweiligen Regionalunternehmen und dazu, dass die Energiepreisaufsicht nicht unbedingt in vollem Umfang funktioniert. Ich möchte sehr wohl dafür plädieren, dass man so etwas wie eine parlamentarische Kontrolle und eine Verbraucherkontrolle schafft, die beispielsweise in Großbritannien, wie in unserem Antrag ausgeführt, eingeführt worden ist und große Wirkung hat. Parlamentarische Kontrolle und Verbraucherkontrolle, das wäre mehr Demokratie im Sinne dessen, was wir seit vielen Jahren angeregt haben. Es kann auf jeden Fall nicht akzeptiert werden – das möchte ich hier noch einmal sagen –, dass die Energiewirtschaft sagt: Wenn ihr zu solch abstrusen Forderungen kommt, wieder verstärkt die Preise zu kontrollieren, dann investieren wir nicht mehr in Deutschland. – Das ist für mich ein Eklat und zeigt, dass sich dort teilweise monopolartige Strukturen herausgebildet haben, wobei die Monopole nicht mehr bereit sind, sich parlamentarischer Kontrolle zu unterwerfen. Aber genau das muss unser Anliegen sein. Wenn es ein Argument gibt, so vorzugehen, dann das Argument, dass Energieunternehmen in nicht zu überbietender Selbstherrlichkeit sagen: Das lassen wir uns nicht bieten. Wenn ihr das macht, dann investieren wir nur noch im Ausland. Im Übrigen glaube ich, dass sehr wohl Investitionen der Energiewirtschaft in die Modernisierung des Netzes angeregt werden müssten. Wir schlagen alternativ vor, die Netze in öffentliche Verantwortung zu überführen, weil das Ganze – siehe andere Länder – sonst überhaupt nicht funktioniert. Wir haben unseren Antrag vorgelegt, weil wir glauben, dass wir nicht länger tatenlos zusehen können. Wir greifen alle Ansätze auf, die hier vorgetragen worden sind. Entscheidend ist aber die Zeit. Die Zeit sollte uns veranlassen, einen Ansatz zu suchen, der möglichst schnell realisiert werden kann. Vielleicht ist der von m t d d E g U d w l d u r m H d s W g p d a w W g M g g r f k s N p B d d h V S b P k (C (D einer Fraktion vorgeschlagene Ansatz der Preiskonrolle der beste Ansatz; denn wenn wir einen Zugriff auf ie Preise haben, können wir Auswüchse und Abzocke, ie wir in der letzten Zeit erlebt haben, wirklich stoppen. in letzter Satz noch: Wenn Vorstandsmitglieder von reionalen Energieversorgern sagen, sie brauchten eine msatzrendite – ich bitte Sie, darüber einmal nachzuenken – von 15 Prozent – ich schaue jetzt einen an, der eiß, wen ich meine –, dann ist für das Parlament wirk ich die Zeit gekommen, einzugreifen; denn Umsatzreniten von 15 Prozent sind schlicht und einfach Abzocke nd Wucher. Ich erteile das Wort der Parlamentarischen Staatssek etärin Dagmar Wöhrl. D Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und erren! Ich glaube, wir werden heute eine Debatte über ie Energiepreise führen, in der wir nicht sehr viel Disens haben werden. Wir wissen, dass Energiepolitik irtschaftspolitik ist. Deswegen ist es für die Bundesreierung sehr wichtig, wettbewerbsfähige Energiereise zu bekommen. Wir wissen um die Problematik er steigenden Strompreise. Wir wissen, was diese vor llem für die stromintensive Industrie und ihre Wettbeerbsfähigkeit bedeuten. Das betrifft vor allem den ettbewerb mit den Industrien der Nachbarstaaten. Wir wissen, dass für die Bürger vor Ort die Schmerzrenze hinsichtlich der Preise erreicht ist. Ohne Zweifel sind wir bei der Regulierung im onopolbereich, beim Netz, im letzten Jahr gut voran ekommen. Inzwischen liegen die ersten Genehmiungsbescheide der Bundesnetzagentur und der Landesegulierungsbehörden vor. Wie wir gesehen haben, ühren sie überwiegend zu einer substanziellen Senung der Netzentgelte. Eines muss uns in diesem Zusammenhang aber klar ein: Auch wenn wir eine Senkung der beantragten etzentgelte erreichen, wird das hinsichtlich der Stromreise vor Ort nicht den gewünschten Erfolg bringen. ei der Kundengruppe der privaten Haushalte macht ies nämlich nur einen ganz geringen Anteil aus. Wenn wir hinsichtlich der Netzentgelte regulieren, ürfen wir aber nicht nur die Kostensenkung im Blick aben, sondern wir müssen auch beachten: Wir wollen ersorgungsqualität. Wir wollen Versorgungssicherheit. ichere Netze kosten nun einmal etwas. Sichere Netze ekommt man nicht umsonst. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605203100
Dagmar G. Wöhrl (CSU):
Rede ID: ID1605203200

Bei allen Diskussionen um die Beibehaltung von
reiskontrollen oder sogar die Einführung neuer Preis-
ontrollen sollten wir eines nicht aus dem Blick verlie-






(A) )



(B) )


P
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1605203300
Die effektivste Form der Preiskontrolle ist immer
noch ein funktionierender Wettbewerb.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Aber nicht im Monopol!)


Die Frage für uns ist: Wie schaffen wir es, im Strom-
und auch im Gasbereich zu einer höheren Wettbe-
werbsintensität zu kommen? Druck auf die Preise wird
am besten dadurch gewährleistet, dass neue Anbieter in
den Markt eintreten.


(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der LINKEN: Woher sollen die kommen?)


Die Bürger sind mündig. Die Bürger werden durch ihr
Verhalten entscheiden. Sie haben zukünftig mehr Wahl-
freiheit. Danach wird sich die Preisobergrenze bestim-
men. Schon jetzt besteht die Möglichkeit, den Lieferan-
ten zu wechseln. Leider nehmen die Bürger sie noch
nicht so wahr. Es muss in diesem Zusammenhang viel-
leicht noch mehr Aufklärungsarbeit geleistet werden.
Heute Nachmittag liegen im Bundesrat Verordnungen
auf dem Tisch, in denen es noch einmal um Vereinbarun-
gen zum Lieferantenwechsel geht. Wir brauchen auch
für die Haushaltskunden vor Ort ein größeres Angebot
an Lieferanten. Das heißt, wir brauchen neue Erzeuger,
mehr Erzeuger, unabhängige Erzeuger.


(Hans-Kurt Hill [DIE LINKE]: 80 Prozent der Kernkraftwerke gehören den Monopolisten! Woher soll der Wettbewerb kommen?)


– Wenn Sie mich weiterreden lassen, gebe ich Ihnen die
Antwort darauf.

Wir haben ein Problem, die Marktzugangsbarrie-
ren. Die Frage ist: Wie erreichen wir es, für neue Anbie-
ter einen diskriminierungsfreien Zugang zu schaffen, so-
dass auch investiert wird? Ein Investor, der ein
Kraftwerk baut, muss nachher auch die Möglichkeit ha-
ben, sich an das Netz anzuschließen. Hier sind wir als
Gesetzgeber gefordert. Wir werden die Rechtsverord-
nung noch in diesem Jahr auf den Weg bringen, um mehr
Rechtssicherheit für einen solchen Kraftwerksbauer zu
schaffen. Wir brauchen in diesem Bereich grünes Licht
für neue Kraftwerksinvestitionen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Wir wissen, dass die meisten Maßnahmen, die schon
auf den Weg gebracht worden sind oder die im Ministe-
rium erst noch angedacht werden, nicht von heute auf
morgen wirken können. Es gibt zu wenig Anbieter. Auf
dem Gasmarkt erscheinen zurzeit überhaupt keine neuen
Anbieter. Wenn man sich auf der einen Seite die Groß-
handelspreise und auf der anderen Seite die Stromerzeu-
gungspreise anschaut, wird natürlich augenfällig – da
sind wir wieder einer Meinung –, dass es dazwischen ei-
nen sehr großen Abstand gibt. Die Frage ist also: Wie
verhindern wir, dass die wenigen Anbieter ihre dominie-
rende Marktstellung, die unstrittig vorhanden ist, ausnut-
zen?

Wir wollen dem Kartellamt befristet ein Instrumen-
tarium an die Hand geben – Sie haben es schon ange-

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(C (D prochen, Herr Lafontaine –, um die Missbrauchsauficht zukünftig effizienter zu gestalten. (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Manfred Zöllmer [SPD] und des Abg. HansKurt Hill [DIE LINKE])


it der Erleichterung beim Nachweis von Preismiss-
rauch und mit der Beweislastumkehr zuungunsten der
nergieversorgungsunternehmen geben wir dem Kartell-
mt ein gutes Instrumentarium an die Hand. Dieses
ollte nicht als staatliche Kontrolle angesehen werden,
ondern als effektives Instrumentarium.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich will noch einen weiteren Punkt ansprechen: Wir
rauchen dringend – das wird auch ein wichtiges Anlie-
en während unserer Ratspräsidentschaft sein – einen
erbesserten grenzüberschreitenden Stromaustausch.
ie EU-Kommission hat schon die ersten Maßnahmen

ingeleitet; allerdings muss die Integration des Energie-
ektors in den Binnenmarkt noch viel schneller vorange-
en. Zugleich sind wir selber gefordert, hier die gesetzli-
hen Möglichkeiten zu schaffen, damit die geplanten
nfrastrukturmaßnahmen in Zukunft schneller umgesetzt
erden können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie
ich zum Schluss zusammenfassend sagen: Wir haben

ine Reihe von Maßnahmen eingeleitet, von denen die
ndustrie – ich nenne als ein Beispiel die Härtefallrege-
ungen –, aber auch die privaten Verbraucher vor Ort
rofitieren werden. Wir prüfen darüber hinaus, ob in Zu-
unft gewisse Anlaufstellen für die Verbraucher geschaf-
en werden sollen. Die Engländer haben dafür ein schö-
es Wort: Consumer Watchdogs. Es handelt sich um
nlaufstellen für die Menschen vor Ort, wohin die Bür-
er mit ihren Sorgen und Beschwerden hinsichtlich ihrer
nergierechnung gehen können und sich Rat holen kön-
en.

All diese Maßnahmen, die wir planen, verfolgen ein
bergeordnetes Ziel, nämlich das Ziel der Schaffung ei-
er größeren Wettbewerbslandschaft, die uns allen eine
ichere und günstige Energieversorgung garantiert.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605203400

Ich erteile das Wort Kollegin Gudrun Kopp, FDP-

raktion.


(Beifall bei der FDP)



Gudrun Kopp (FDP):
Rede ID: ID1605203500

Herr Präsident! Sehr geehrte Herren und Damen! Der

ntrag der Linken fordert eine Preiskontrolle, und zwar
ine dauerhafte. Ich glaube, dabei geht es insbesondere
m die Frage, ob und wie viele Interventionsmechanis-
en der Staat in einer freien Marktwirtschaft etablieren

arf. Es stimmt nicht, dass wir zügellosen Wettbewerb
ropagieren. Nein, Herr Lafontaine, Sie wissen sehr ge-
au, dass wir einen durch Gesetze und Regeln geordneten






(A) )



(B) )


Gudrun Kopp
Wettbewerb in Deutschland und keinen zügellosen wün-
schen. Im Kern geht es bei Ihrem Antrag um die Frage:
Wettbewerb oder Sozialismus? Ich glaube, dass die Ant-
wort sehr leicht ist.


(Beifall bei der FDP – Lachen bei der SPD und der LINKEN)


Ich werde Ihnen ein Beispiel nennen: Herr Lafontaine
hat davon gesprochen, dass es im Energiebereich eine
dauerhafte Preiskontrolle geben solle und das Verfü-
gungsrecht über Energie so ähnlich wie das Recht auf
Brötchen anzusehen sei. Das ist genau der Punkt: Wenn
Sie wollen, dass im Energiebereich dauerhaft vom Staat
Preise vorgegeben werden sollen, dann müsste das auch
für das Grundnahrungsmittel Brot bzw. für Brötchen gel-
ten. Aber auch die Grundnahrungsmittel unterliegen bei
uns dem freien Wettbewerb.


(Hans-Kurt Hill [DIE LINKE]: Aber die kann man sich noch leisten! – Gegenruf des Abg. Rainer Brüderle [FDP]: Hören Sie einmal zu! Dann lernen Sie etwas!)


– Ja, und auch wir wollen, dass sich alle Menschen Ener-
gie leisten können. Das ist gar keine Frage. Dafür möch-
ten wir aber den Wettbewerb fördern.

Der Wettbewerb ist im Moment eingeschränkt; das ist
gar keine Frage. Es gibt eine Marktkonzentration und
wir sind hier nicht auf dem richtigen Weg. Deshalb ha-
ben wir auch Ja zu einer Regulierungsphase gesagt.
Diese musste sein und sie läuft ja im Augenblick. Sie ist
allerdings bis zum Sommer des kommenden Jahres be-
fristet. Bis dahin, wenn dieser Phase der nächste Schritt
folgt, nämlich die Anreizregulierung, ist unser An-
spruch, dafür zu sorgen, dass Markt und Wettbewerb
greifen und Kostensenkungen möglich werden.


(Hans-Kurt Hill [DIE LINKE]: Die Menschen müssen aber in diesem Winter heizen!)


Wir sind gegen staatliche Dauerinterventionen und für
einen freiheitlichen Ansatz.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Bundeswirtschaftsminister Glos hat gesagt: Wir müs-
sen uns die gesamte Kostenstruktur anschauen und müs-
sen überprüfen, an welcher Stelle Kosten- und Preis-
senkungen realisierbar sind. Das ist richtig. Allerdings
muss man an diesem Punkt sehen, dass 75 Prozent der
Tarifkundenpreise bereits festgelegt sind. Der eine Teil
dieser Kosten ist staatlich verursacht, wie Steuern und
Abgaben. Hinzu kommt staatlicherseits die Mehrwert-
steuererhöhung. Sie ist politisch gewollt, nämlich von
der Mehrheit dieses Hauses. Der andere Teil dieser Kos-
ten – etwa 30 Prozent der Tarifkundenpreise – ist regu-
liert: die Netzkosten. Es bleibt eine Marge von
25 Prozent. Einige meinen, wir müssten weiter an dieser
Schraube drehen.

Natürlich gibt es in diesem Bereich Oligopolgewinne.
Aber es ist wichtig, dass wir gerade dort Wettbewerb er-
möglichen, damit neue Anbieter überhaupt die Chance

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(C (D aben, denjenigen, die den Markt derzeit beherrschen sie haben sehr hohe Margen –, Konkurrenz zu machen. as wäre der richtige Ansatz. Ich kann Ihnen nur sagen: Es gibt sehr viele neue nergieanbieter, die verzweifelt sind, weil sie keine öglichkeit finden, in den Markt einzutreten. (Hans-Kurt Hill [DIE LINKE]: In die Netze zu kommen, das ist das zweite Problem!)


(Beifall bei der LINKEN)


Keine Frage; das ist völlig richtig. Wir müssen dieses
rundproblem lösen und einen diskriminierungsfreien
etzzugang gewährleisten. Wir sind im Moment auf
em Weg, dies zu tun.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Wir müssen uns die selbst verursachten Kosten, Steu-
rn und Abgaben anschauen. Da müssen wir ansetzen.
ch sage Ihnen eins, Frau Wöhrl: Wir als Liberale kön-
en zum Beispiel nicht verstehen, dass Sie nicht das ent-
prechende Instrument nutzen, um staatlich verursachte
osten zu senken. Warum befürworten Sie nicht, dass
enigstens 10 Prozent der CO2-Zertifikate versteigert
erden können, damit man mit den Erlösen zum Bei-

piel die Stromsteuer senken kann? Das wäre ein guter
nsatz.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


n diesem Punkt bewegen Sie sich aber leider nicht und
as finde ich sehr bedauerlich.

Minister Glos hat gesagt, er wolle das Kartellrecht
ahin gehend ändern, dass die Missbrauchsaufsicht er-
eichtert wird. Auch das scheint ein richtiger Weg zu
ein – auch wir möchten keinen Missbrauch –; wir ken-
en die genaue Ausformulierung noch nicht. Frau
öhrl, Teil zwei einer solchen Missbrauchsaufsicht
Teil eins betrifft das Recht – sollte eine entsprechende
ersonalausstattung des Bundeskartellamtes regeln.
hne sie wird es nicht möglich sein, die Missbrauchs-
ontrolle tatsächlich so durchzuführen, wie es eigentlich
ötig wäre. Daher möchte ich hier an die Bundesregie-
ung appellieren, das Personal zu verstärken. Im Übri-
en, es rechnet sich, weil das Bundeskartellamt Bußgel-
er einnimmt, wodurch Kosten gesenkt werden können.

Wichtig ist – das ist eben schon angesprochen wor-
en –, bei der strikten Regulierung die Grenzkuppelstel-
en in Europa zu bedenken. Diese Stellen sind eine Art
laschenhals. Wenn wir auf dem deutschen Markt neue
nbieter haben möchten – daran arbeiten wir sehr ver-

weifelt –, dann müssen wir Anreize für eine Beseiti-
ung dieser Engpässe schaffen.

Ich habe Ihnen eben gesagt, dass es wichtig ist, dass
er Staat die Stromkosten, für die er selbst verantwort-
ich ist – über 40 Prozent –, senkt. Ich möchte noch et-
as hinzufügen. Wir müssen uns natürlich fragen, wie
ir dafür sorgen können, dass Energie auch künftig kos-

engünstig ist. Ich kann Ihnen nicht vorenthalten, kritisch






(A) )



(B) )


Gudrun Kopp
anzumerken, dass eine Entscheidung über den künftigen
Energiemix dringend erforderlich ist. Die kostengünstige
und klimaschonende Stromproduktion aus Kernkraft
darf nicht einfach beendet werden.


(Widerspruch bei der SPD – Hans-Kurt Hill [DIE LINKE]: In Baden-Württemberg sind die Strompreise am höchsten!)


Wir müssen die Laufzeiten der Kernkraftwerke vielmehr
verlängern. Über diese Frage schwelt ein dauerhafter
Streit in der Koalition; das wissen wir. Dieser Streit
muss, wie meine Fraktion hofft, zugunsten eines breit
aufgestellten Energiemixes beendet werden.

Wir wollen, dass zukünftig in neueste Technologien
für Kohle- und Gaskraftwerke investiert wird. Dabei
muss auch der Klimaschutz berücksichtigt werden. Da-
für müssen wir Investitionsanreize schaffen. Das setzt
aber voraus, dass die Politik den notwendigen Rahmen
setzt. Ich sage es noch einmal, Frau Wöhrl: Es ist kata-
strophal, dass die Bundesregierung bis heute kein Ener-
gieprogramm vorgelegt hat.


(Beifall bei der FDP)


Der gesamte Rahmen muss abgesteckt werden: Wo-
hin wollen Sie? Welche Ziele haben Sie? Das Ener-
gieprogramm sollte nicht erst Ende 2007, also nach Ende
der deutschen EU-Ratspräsidentschaft vorgelegt werden,
sondern schon jetzt. Für den deutschen Energiemarkt ist
eine solche Orientierung absolut notwendig.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605203600

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage der

Kollegin Bulling-Schröter von der Linksfraktion?


Gudrun Kopp (FDP):
Rede ID: ID1605203700

Ja, gerne.


Eva-Maria Bulling-Schröter (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605203800

Danke schön, Frau Kollegin Kopp. – Sie haben über

eine zukünftige Verlängerung der Laufzeiten für AKWs
gesprochen. Ihre Fraktion wünscht sich das. Sie haben in
diesem Zusammenhang über Möglichkeiten gesprochen,
Energie günstiger zu produzieren. Ich denke, darin liegt
ein großer Widerspruch. Denn nach wie vor sind die
AKWs nicht oder nur zu einem kleinen Teil haftpflicht-
versichert. Sie wissen das sicher. Eine Enquete-Kommis-
sion hat die tatsächlichen Kosten berechnet. Diese liegen
sehr viel höher als der Anteil, der in den Strompreisen
für AKW-Strom enthalten ist.

Ich denke – auch Sie fordern das –, dass die Kosten in
die Preise einfließen müssen. Es sollte nicht so sein, dass
Gewinne privatisiert und Verluste sozialisiert werden. Ir-
gendwann müssen – das sagt auch Ihr umweltpolitischer
Sprecher Herr Kauch – diese Kosten in die Preise ein-
fließen. Wie stehen Sie dazu?


Gudrun Kopp (FDP):
Rede ID: ID1605203900

Frau Kollegin, es ist richtig, dass anfallende Kosten

einkalkuliert werden müssen. Das werden sie auch.
Denn die Kosten für die Versicherung werden von den

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(C (D nternehmen übernommen. Aber bei den kerntechnoloischen Anlagen gibt es eine Versicherungshöchstrenze. Diese Grenze, die es weltweit gibt, existiert auch ür andere Anlagen, beispielsweise für Chemieanlagen. ie Unternehmen müssen sich aufgrund des internatioalen Wettbewerbs im Hinblick auf vertragliche Vereinarungen so positionieren, dass ihre Wettbewerbsfähigeit gewährleistet ist. Versicherungsschutz besteht also nd die Kosten dafür sind entsprechend berücksichtigt. Zum Schluss habe ich eine Bitte an das Wirtschaftsinisterium. Ich finde es ganz erfreulich, dass Bundesirtschaftsminister Glos jetzt in die Offensive gegangen st und erklärt hat, dass er sich ganz massiv dafür einseten wird, am Standort Deutschland mehr Wettbewerb im nergiebereich zu ermöglichen. Störend ist allerdings, ass es innerhalb der Koalition einen Streit – dieser treit dringt auch nach außen – zwischen dem Bunesumweltminister und dem Bundeswirtschaftsminister ibt. Ich wünsche mir, dass es gelingt – auch die Kanzlein ist hierbei gefordert –, in Deutschland die Weichen in ichtung einer vernünftigen Wettbewerbspolitik zu stel en. Es darf nicht sein, dass beim Energiegipfel Herr abriel möglicherweise die Chance nutzt, immer mehr uständigkeiten für die deutsche Energiepolitik an sich u ziehen. Das würde in der Öffentlichkeit zu Irritatioen führen. Letztlich muss es auch möglich sein, endlich eine ntscheidung über den Standort eines Endlagers für tommüll zu treffen. Wir dürfen solche Entscheidungen icht weiter vor uns herschieben. Es gibt viel zu tun. Der Gipfel wird nicht viel bringen. ahrscheinlich wird er nicht mehr sein als eine Ge prächsrunde, die nicht wirklich zu Ergebnissen führen ird. Es sollte aber vor allen Dingen darum gehen, die nergieintensiven Unternehmen in Deutschland, die imerhin 600 000 Arbeitsplätze unterhalten, tatsächlich m Standort Deutschland zu halten, damit wir auch in ukunft diese Arbeitsplätze und unseren wirtschaftlihen Wohlstand – Frau Kollegin Kopp, Sie müssen bitte zum Schluss ommen. – im europäischen und internationalen Wettbewerb ewahren können. Vielen Dank. Für die SPD-Fraktion hat das Wort der Kollege anfred Zöllmer. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! or kurzem mussten die Verbraucherinnen und Verbrauher wieder einmal lesen, dass die Stromversorger zu Beinn des kommenden Jahres Preiserhöhungen angekündigt Manfred Zöllmer haben. Die Schmerzgrenze ist für die Verbraucherinnen und Verbraucher und die Wirtschaft längst überschritten. Blickt man in aktuelle Statistiken, so ist festzustellen, dass manche Anbieter in Deutschland die Strompreise seit dem Jahr 2000 um mehr als 50 Prozent angehoben haben. Auch Preiserhöhungen um 30 Prozent sind keine Seltenheit. Dabei reden wir nicht über marginale Belastungen oder über ein paar Euro mehr oder weniger pro Monat, die die Verbraucherinnen und Verbraucher gut tragen können. Millionen Haushalte in Deutschland bekommen durch die ständigen Energiepreiserhöhungen handfeste Probleme. Mehr als 5 Millionen Haushalte in Deutschland müssen laut Armutsbericht der Bundesregierung mit einem Nettoeinkommen zwischen 500 und 900 Euro monatlich auskommen. Weitere Preiserhöhungen sind da kaum verkraftbar. Zu Recht hat der Bund der Energieverbraucher darauf hingewiesen, dass nach der Miete die Energiekosten bei einem steigenden prozentualen Anteil zum zweitgrößten Ausgabeposten vieler Haushalte werden. Bei weiteren drastischen Erhöhungen sind die Energiekosten in naher Zukunft für viele Menschen in diesem Land kaum mehr zu tragen. Dabei stehen den Verbraucherinnen und Verbrauchern in Anbetracht der Marktsituation kaum Optionen zur Verfügung, an diesen finanziellen Belastungen etwas ändern zu können. Das, was an individueller Einsparmöglichkeit zur Verfügung steht, wird von vielen Verbraucherinnen und Verbrauchern bereits genutzt. Trotz aller neuen Geräte, die uns insbesondere die Kommunikationstechnologie ins Haus gebracht hat, ist der Verbrauch je Haushalt in den letzten zehn Jahren um etwa 8 Prozent gestiegen. Das eigentliche Problem liegt in der Tat an dem zu geringen Wettbewerb im Energiesektor, der den Verbraucherinnen und Verbrauchern kaum Wahlmöglichkeiten lässt. Derzeit werden 80 Prozent des Energiemarktes von nur vier Firmen dominiert. Wir haben es hier mit einem monopolistisch oder oligopolistisch strukturierten Markt zu tun. – Zu Ihren Forderungen komme ich gleich. (Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Wir können trotzdem klatschen!)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605204000
Gudrun Kopp (FDP):
Rede ID: ID1605204100

(Beifall bei der FDP)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605204200
Manfred Zöllmer (SPD):
Rede ID: ID1605204300




(A) )


(B) )


(Beifall bei der LINKEN)


– Das ist auch in Ordnung. Das ist die Situation.

Es gibt ein gutes Beispiel dafür, wie der Weg vom
Monopol hin zu einem Wettbewerbsmarkt erfolgreich
beschritten werden kann: Das ist der Telekommunika-
tionsmarkt. Bereits kurz nach Einführung des Wettbe-
werbs sind die Preise auf diesem Markt drastisch gefal-
len. Die Verbraucherinnen und Verbraucher zahlen heute
für ein inländisches Ferngespräch nur noch 5 Prozent
des Betrages, den man vor Jahren dafür zahlen musste.
Ich weiß, dass der Telekommunikationsmarkt und der
Gas- und Strommarkt nicht das Gleiche sind. Die Situa-
tion auf diesen Märkten ist unterschiedlich. Aber dieses
Beispiel zeigt: Durch eine gute Regulierung und mit zu-
nehmendem Wettbewerb werden auch die Verbrauche-

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(C (D innen und Verbraucher von sinkenden Preisen profitieen. Wer Verbraucherinteressen auf diesen Märkten im lickfeld hat, darf jedoch nicht nur auf den Preis chauen. Neben günstigen Preisen muss aus Verbrauhersicht auch die Versorgungssicherheit gewährleiset sein. Der deutsche Verbraucher sitzt pro Jahr im urchschnitt 23 Minuten wegen Stromausfalls im Duneln. Die Netzqualität in Deutschland muss auch in Zuunft so gut sein, dass der Inhalt von Tiefkühltruhen icht durch längere Stromausfälle verdorben wird und ie Menschen nicht längere Zeit im Dunkeln sitzen. Alein ein niedriger Preis kann uns nicht glücklich machen. ine gute Verbraucherpolitik muss günstige Preise und ersorgungssicherheit miteinander verbinden. Deshalb rauchen wir politische Rahmenbedingungen, die beides icherstellen. (Hans-Kurt Hill [DIE LINKE]: Zum Beispiel Emissionshandel! Versteigerungen!)


Es bleibt richtig, die Regulierung der Energienetze
urch die Bundesnetzagentur durchführen zu lassen. Al-
ein die Regulierungsentscheidungen der Bundesnetz-
gentur aus den letzten Tagen führten dazu, dass die
etzentgelte bei der EnBW Regional AG in Stuttgart

um 1. September um 14 Prozent gekürzt wurden und
ie Netzentgelte bei der Vattenfall Europe AG in Berlin
nd Hamburg um 15 Prozent gesenkt werden. Nach ei-
er Modellrechnung der Bundesnetzagentur können die
ürzungen einen durchschnittlichen Haushaltskunden in
tuttgart um rund 37 Euro entlasten. Für Berlin und
amburg werden die durchschnittlichen Einsparmög-

ichkeiten mit circa 31 Euro bzw. 47 Euro angegeben.
ichtig bleibt, dass die Unternehmen die Senkung der
etznutzungsgebühren an die Haushalte weitergeben.
as ist ein ganz entscheidender Punkt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Aber auch bei der Netzregulierung darf die Bundes-
etzagentur das Kind nicht mit dem Bade ausschütten.
leine Stadtwerke, deren Kosten schon heute unterhalb
er durchschnittlichen Kosten vergleichbarer Unterneh-
en liegen, dürfen nicht weiter geknebelt werden. Ich
eiß, wovon ich spreche.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


angfristig würden nur die großen Anbieter profitieren,
enn viele kleine Stadtwerke in ihrer ökonomischen
xistenz bedroht wären und am Markt nicht weiterma-
hen könnten.


(Hans-Kurt Hill [DIE LINKE]: Dann sollte man einmal einen kommunalen Finanzausgleich herstellen!)


Keine Sorge, wir kümmern uns um diese Problematik.
a können Sie sicher sein. Dieser Hinweis macht eines
eutlich: In diesem Zusammenhang gibt es keine einfa-
hen Lösungen. Das, was Sie mit Ihrem Antrag fordern,
ämlich eine Verlängerung der Preisgenehmigung, ist
chon gar keine einfache Lösung.






(A) )



(B) )


Manfred Zöllmer

(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Hoch kompliziert!)


Die nordrhein-westfälische Wirtschaftsministerin
Thoben hat die gleiche Forderung erhoben. Am Mitt-
woch, den 30. August, hat die „Financial Times
Deutschland“ unter der Überschrift „Stromriesen begrü-
ßen Preisaufsicht“ Folgendes geschrieben:

Die Forderung der nordrhein-westfälischen Wirt-
schaftsministerin Christa Thoben (CDU) nach einer
Verlängerung der staatlichen Aufsicht über den
Strompreis ist bei den Stromkonzernen inoffiziell
auf große Zustimmung gestoßen.

„Preisaufsicht ist klasse“, hieß es am Dienstag bei
den Versorgern hinter vorgehaltener Hand. „Sie ist
ein staatlich beglaubigtes Gütesiegel und schützt
uns vor Vorwürfen, dass wir unsere Preise unge-
bührlich anheben“, so ein Energie-Manager, der
nicht namentlich genannt werden wollte.


(Hans-Kurt Hill [DIE LINKE]: Warum hat er seinen Namen nicht genannt?)


Sie sehen also: Sie sind mit Ihrer Forderung auf dem
Holzweg. Eine Wiederbelebung der Bundestarifordnung
Elektrizität über das Auslaufen im nächsten Jahr hinaus
ist der falsche Weg.

Lieber Kollege Lafontaine, Sie haben eben ausge-
führt, dass man mit einer Verlängerung der Bundestarif-
ordnung Elektrizität in der Lage sei, die – so haben Sie
das genannt – „Abzocke“ wie in der Vergangenheit zu
verhindern. Diese Aussage ist Folge eines Trugschlus-
ses: Bisher gilt diese Genehmigungspflicht; die Pro-
bleme, über die wir sprechen, haben wir aber jetzt. Sie
machen einen Denkfehler. Sie sollten über Ihre Forde-
rung einmal nachdenken. Sie gaukeln den Verbrauche-
rinnen und Verbrauchern etwas vor, was Sie nicht errei-
chen können. Sinkende Preise erreichen wir nur durch
einen funktionierenden Wettbewerb. Dafür müssen wir
die Rahmenbedingungen verbessern.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605204400

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen

Lafontaine?


Manfred Zöllmer (SPD):
Rede ID: ID1605204500

Aber ja.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605204600

Bitte.


Oskar Lafontaine (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605204700

Ich wollte Sie nur fragen, ob Sie zur Kenntnis genom-

men haben, dass ich vorgetragen habe, dass die bisherige
Praxis nicht funktioniert. Das weiß ich, weil ich sie jah-
relang verantwortet habe. Daher habe ich vorgeschlagen,
eine parlamentarische Kontrolle vorzusehen. Haben Sie
ferner zur Kenntnis genommen, dass ich auf die erfolg-
reiche Praxis in Großbritannien verwiesen habe? Wenn
wir schon diskutieren, bitte ich darum, die Argumente,

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(C (D ie der andere anführt, aufzunehmen, sonst ist es nämich keine Debatte. Aber gerne, Herr Kollege Lafontaine. Ich gebe Ihnen ur den Hinweis, die Anträge Ihrer Fraktion vorher etas genauer zu lesen. Ich darf einmal Ihren Antrag zitie en. Dort heißt es auf der zweiten Seite: Der Deutsche Bundestag fordert deshalb die Bundesregierung auf, – die Preiskontrolle nach § 12 BOTElt über den 30. Juni 2007 hinaus beizubehalten … Das ist die Forderung Ihrer Fraktion. Dazu habe ich ich eben geäußert. (Oskar Lafontaine [DIE LINKE]: Sie haben mich angesprochen und gehört, was ich gesagt habe!)

Manfred Zöllmer (SPD):
Rede ID: ID1605204800

azu gilt das, was ich gesagt habe.


(Zuruf des Abg. Oskar Lafontaine [DIE LINKE])


Das ist, denke ich, völlig klar.

Im Zweifel hilft ein genauer Blick in den Antrag, den
ie selbst gestellt haben.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605204900

Kollege Zöllmer, der Kollege Maurer möchte Ihnen

it einer Zwischenfrage eine Verlängerung Ihrer Rede-
eit ermöglichen. Lassen Sie das zu?


Manfred Zöllmer (SPD):
Rede ID: ID1605205000

So viel Großzügigkeit bin ich gar nicht gewohnt.

ber er darf natürlich eine Zwischenfrage stellen.


Ulrich Maurer (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605205100

Herzlichen Dank, Herr Kollege. – Ich habe die

chlichte Frage an Sie, wie Sie die von Ihnen angekün-
igte Absenkung der Preise um 37 Euro für den durch-
chnittlichen Haushaltskunden im Gebiet der EnBW
urchsetzen werden.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist eine sehr gute Frage!)



Manfred Zöllmer (SPD):
Rede ID: ID1605205200

Die geltenden Gesetze versetzen die Bundesnetzagen-

ur in die Lage, die Netzentgelte entsprechend festzuset-
en.


(Ulrich Maurer [DIE LINKE]: Ja!)


as ist das eine. Auf der anderen Seite gibt es eine öffent-
iche Diskussion und einen sehr starken und sehr massi-
en Druck der Verbraucherinnen und Verbraucher in
ichtung Stromkonzerne. Ich kann das nur begrüßen. Ein
eispiel ist der Gassektor. Dort gab es viele tausend Kla-
en von Verbraucherinnen und Verbrauchern unter Bezug
uf die Billigkeitsklausel. Es kam zu sehr interessanten
erichtsurteilen, in denen vielen Verbraucherinnen und






(A) )



(B) )


Manfred Zöllmer
Verbrauchern Recht gegeben wurde. Das heißt, auch in
der jetzigen Situation gibt es für die Verbraucherinnen
und Verbraucher durchaus Möglichkeiten, sich gegen
eine unverschämte Abzocke – wenn es sie gibt – zu weh-
ren.

Zusätzlich – das ist ganz wichtig – brauchen wir eine
Stärkung des Wettbewerbs bei Erzeugung und Vertrieb
und damit einen diskriminierungsfreien Netzzugang
für neue Kraftwerke. Wir brauchen Investitionen in
neue Kraftwerke. Das ist aus Verbrauchersicht völlig un-
verzichtbar. Es gibt eine Reihe von Neubauprojekten.
Diese müssen vorangetrieben werden. Wir brauchen eine
Netzanschlussverordnung, die es möglich macht, zu ver-
besserten Angeboten zu kommen. Wir diskutieren im
Moment über ein Infrastrukturplanungsbeschleuni-
gungsgesetz. Auch hier müssen die Weichen so gestellt
werden, dass die Angebotsseite ihr Angebot erhöhen
kann.

Ich begrüße, was der Bundeswirtschaftsminister im
Zusammenhang mit der GWB-Novelle angekündigt hat.
Ich glaube, das ist der richtige Weg, um die Miss-
brauchsaufsicht zu verschärfen. Das ist die Alternative
zur Kontrolle. Sie muss verschärft werden. Wir brauchen
eine Beweislastumkehr und müssen das Wettbewerbs-
recht zeitgemäß mit dem notwendigen Biss versehen.
Das Ministerium ist hier auf einem sehr guten Weg.

Sie fordern im Übrigen in Ihrem Antrag einen Strom-
sozialtarif. Ich fand das sehr interessant. Warum fordern
Sie eigentlich Sozialpreise nur für Strom, warum nicht
auch für Benzin, Brötchen oder Jeans?


(Hans-Kurt Hill [DIE LINKE]: Sie werden Ihre Heizkostenrechnung zahlen können, aber die armen Haushalte können das nicht, und der Winter wird schlimm!)


Überlegen Sie doch einfach einmal, was Sie uns hier mit
Ihrem Antrag vorlegen. Das, was Sie hier dargestellt ha-
ben, ist nicht der richtige Weg. Wir müssen den Weg des
Wettbewerbs beschreiten. Er wird den Verbraucherinnen
und Verbrauchern auf Dauer sinkende Preise bescheren.
Das ist der richtige Weg.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605205300

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat die Kol-

legin Höhn das Wort.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605205400

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wir sprechen heute über ein reales Problem. Viele Haus-
halte sind in der Tat total erschrocken, wenn sie ihre
Strom- oder Gasrechnung bekommen. Es gibt viele
Haushalte, für die das eine enorme soziale Belastung ist.
Das betrifft übrigens nicht nur Privathaushalte, sondern
auch Gewerbebetriebe.

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(C (D ir haben hier jetzt über die privaten Haushalte gesprohen. Wir müssen aber auch über die kleinen und mitteltändischen Betriebe reden, für die die Energiekosten mmer dramatischer werden. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Joachim Pfeiffer [CDU/CSU]: Wer ist schuld daran? – Gudrun Kopp [FDP]: Selbstverständlich!)


(Gudrun Kopp [FDP]: Ja!)


Da Sie die Mehrwertsteuer erhöhen wollen, müssen
ir über Schuld nicht mehr reden. Durch die Erhöhung
er Mehrwertsteuer kommt auf einen Vierpersonenhaus-
alt eine Belastung von 100 Euro pro Jahr zu,


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN – Beifall bei der LINKEN)


nd zwar ohne dass Sie das Geld in die Sozialsysteme
tecken, wie wir es gemacht haben. An dieser Stelle
eien Sie also ganz still und tun Sie Buße.

Wir müssen, meine Damen und Herren, klar sehen:
as sind die Gründe dafür, dass die Preise steigen? Der

rste Grund ist in der Tat, dass Gas und Öl knapper wer-
en. Vor zwei Tagen hat die Börse gejubelt, dass der Öl-
reis etwas gesunken ist und das Öl nur noch 60 Dollar
ro Barrel gekostet hat. Aber man muss auch sehen, dass
as Barrel Ende 2001 20 Dollar gekostet hat, dass der
reis sich also mittlerweile verdreifacht hat. Das hängt
uch mit den knapper werdenden Ressourcen zusam-
en. Darauf kann man nur reagieren, indem man mehr

uf erneuerbare Energien, Energieeinsparung und Ener-
ieeffizienz setzt. Das ist ein ganz notwendiger und
ichtiger Schritt.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der LINKEN)


Der zweite Grund für die enorm gestiegenen Energie-
reise ist – das hat auch die Linke aufgegriffen –, dass
ie Energiekonzerne ihre Macht am Markt missbrau-
hen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


omentan werden die Verbraucherinnen und Verbrau-
her mit den hohen Energiepreisen wirklich abgezockt.
ir können es nicht mehr akzeptieren, dass auf der einen

eite die Energiepreise ins Unendliche steigen und auf
er anderen Seite die Gewinne der Energieunternehmen
n Milliardenhöhe steigen. Das darf man nicht akzeptie-
en, meine Damen und Herren; denn diese Unternehmen
achen Gewinne auf Kosten der Verbraucherinnen und
erbraucher.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Es ist richtig, auf Wettbewerb zu setzen; keine Frage.
ber genauso muss gefragt werden: Was machen wir, so-

ange es keinen Wettbewerb gibt? Da müssen wir uns die
inzelnen Punkte genau vornehmen. Einen dieser Punkte
aben Sie, Frau Kopp, doch angesprochen, nämlich die
missionszertifikate. Ich halte es für eine absolute Un-






(A) )



(B) )


Bärbel Höhn
verschämtheit, dass Unternehmen Emissionszertifikate,
die sie umsonst von der Bundesregierung bekommen, in
ihre Bilanzen und damit den Verbrauchern und Kunden
in Rechnung stellen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Wir reden hierbei über keine Kleinigkeit, sondern über
5 Milliarden Euro pro Jahr. Rechnen Sie einmal aus, was
das pro Kopf der Bevölkerung bedeutet: Jeder Mensch in
der Bundesrepublik Deutschland muss durchschnittlich
60 Euro pro Jahr bezahlen, nur weil die Unternehmen
Kosten in ihre Bilanzen stellen, die sie gar nicht haben.
Das ist eine absolute Unverschämtheit, mit der wir end-
lich Schluss machen müssen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Bei einem Vierpersonenhaushalt reden wir hier immer-
hin über 240 Euro pro Jahr. Wenn er um diese Kosten
entlastet werden könnte, wäre das eine Menge für jeden
Haushalt.

Es gibt in diesem Land mittlerweile eine Menge Ver-
braucherinnen und Verbraucher, die sich wehren. Eine
halbe Million Menschen klagt inzwischen dagegen, die
Gaspreiserhöhung, die ihnen ins Haus geschickt worden
ist, zahlen zu müssen. Das finde ich richtig, meine Da-
men und Herren. Wir sollten sie unterstützen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Diese halbe Million Menschen gewinnt übrigens jeden
Prozess. Warum? Weil die Richter anerkennen, dass wir
momentan keinen Wettbewerb haben und dass eine An-
gemessenheit dieser Preiserhöhungen, solange die Un-
ternehmen nicht darlegen, wie die Mehrkosten entstan-
den sind, nicht gegeben ist.

Deshalb müssen wir alles tun, um hier zu einer Ände-
rung zu kommen. Ich habe eben die Emissionszertifikate
angesprochen. Ich finde es gut, was die Bundesregierung
jetzt erwägt, nämlich die Missbrauchsaufsicht, die Ände-
rung des Kartellrechts. Es ist richtig, dahin zu kommen.
Genauso richtig ist aber, den Verbrauchern über das Ver-
bandsklagerecht mehr Möglichkeiten zu geben, für ihre
Rechte einzutreten und ihren Strom zu angemessenen
Preisen beziehen zu können.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der LINKEN)


Der entscheidende Punkt ist aber, dass wir endlich die
Trennung von Netz und Betrieb erreichen müssen.


(Beifall des Abg. Dr. Diether Dehm [DIE LINKE])


Was wir im Energiebereich haben, ist eine absolute Un-
verschämtheit. Vergleichbar wäre es, wenn ein Teil der
Autobahnen VW, ein Teil Opel und ein Teil Ford gehörte
und Daimler – vielleicht auch umgekehrt – hohe Kosten
zahlen müsste, wenn dessen Fahrzeuge auf diesen Auto-
bahnen fahren wollten. Das darf nicht sein.

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(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


ir müssen die Trennung von Netz und Betrieb hinbe-
ommen. Das gilt übrigens auch bei der Bahn. Wer will,
ass die Preise im Gleichgewicht bleiben, der muss für
ie Trennung von Netz und Betrieb sorgen.

Vielen Dank, meine Damen und Herren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN – Hans-Kurt Hill [DIE LINKE]: Wir müssen dafür sorgen, dass die Bahn staatlich bleibt!)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605205500

Für die Unionsfraktion spricht nun der Kollege

r. Joachim Pfeiffer.


Dr. Joachim Pfeiffer (CDU):
Rede ID: ID1605205600

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

erren! Ich glaube, es wäre ganz sinnvoll, in dieser De-
atte mit Fakten zu argumentieren und die Historie zu
eleuchten, bevor man das Kind mit dem Bade ausschüt-
et. Der Wettbewerb und die Liberalisierung, die im
ahre 1998 von der damaligen unionsgeführten Bundes-
egierung zusammen mit der FDP eingeleitet wurden,
aben dazu geführt, dass es bis heute zu Liberalisie-
ungs- und Rationalisierungseffekten in einer Größen-
rdnung von ungefähr 8,5 Milliarden Euro gekommen
st.


(Hans-Kurt Hill [DIE LINKE]: Bei wem?)


Im Erzeugungsbereich, in dem Überkapazitäten und
neffizienzen beseitigt wurden. – Im Gegenzug wurden
m selben Zeitraum zusätzliche staatliche Belastungen in
öhe von 12 Milliarden Euro induziert.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Liebe Frau Höhn, ich muss schon sagen: Es ist ziem-
ich populistisch und dummdreist, wenn Sie sich hier als
orkämpferin gegen hohe Strompreise darstellen, ob-
ohl Sie selbst zu verantworten haben, dass diese staat-

ich administrierte Belastung von 1998 bis 2005 von
Milliarden Euro auf 12 Milliarden Euro gestiegen ist.
as ist die Faktenlage.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605205700

Kollege Pfeiffer, gestatten Sie eine Zwischenfrage der

ollegin Höhn?


Dr. Joachim Pfeiffer (CDU):
Rede ID: ID1605205800

Sie hatte gerade Zeit für ihre Ausführungen. Nein.


(Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha! Weil Sie nicht argumentieren wollen!)


Was ist passiert? Die Staatsquote ist von 25 Prozent
uf derzeit über 40 Prozent gestiegen.


(Dr. Max Stadler [FDP]: Aha!)







(A) )



(B) )


Dr. Joachim Pfeiffer
Im Hinblick auf die Strompreise, die die Haushalte zu
zahlen haben – davon haben Sie gesprochen –, beträgt
die Staatsquote weit mehr als 40 Prozent. Das ist der do-
minierende Faktor.


(Gudrun Kopp [FDP]: Richtig! Plus Mehrwertsteuererhöhung!)


Das kann man nicht nur auf die Monopole oder Oli-
gopole, auf die ich gleich eingehe, schieben. Wir sollten
uns vielmehr an die eigene Nase fassen und überlegen,
welche Ursachen die hohen Strompreise wirklich haben.
An dieser Stelle können Sie sich nicht exkulpieren.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie trauen sich ja noch nicht einmal, Fragen zuzulassen!)


Ich nenne nur folgende Stichworte: Ökosteuer auf
Strom, Erneuerbare-Energien-Gesetz, Kraft-Wärme-
Kopplung, Konzessionsabgabe und Emissionshandel;
auch beim Emissionshandel zeigen sich inzwischen die
Auswirkungen der Regelungen, die Ihr Kollege Trittin
eingeführt hat.


(Beifall bei der CDU/CSU – Gudrun Kopp [FDP]: Die Mehrwertsteuererhöhung nicht vergessen! – Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lassen Sie mich doch meine Frage stellen, wenn Sie sich trauen, zu argumentieren!)


Die aktuelle Lage sieht also wie folgt aus: Über
40 Prozent sind staatlich induziert, weitere 35 Prozent
sind Netznutzungsentgelte.

Es besteht in der Tat ein natürliches Monopol. Die
Verbändevereinbarung hat nicht funktioniert. Der Son-
derweg, den wir auf europäischer Ebene beschritten ha-
ben, wurde nicht goutiert. Deshalb haben wir im letzten
Jahr mit der Novellierung des Energiewirtschaftsgeset-
zes die Grundlage geschaffen, dass durch eine Regulie-
rung dieses Monopolmarktes Wettbewerb initiiert und
simuliert wird, zunächst durch eine direkte Kostenregu-
lierung und ab dem Jahre 2008 durch eine Anreizregu-
lierung, die dazu führen wird, dass die Monopolrenditen
in diesem Bereich nicht mehr so stark wie bisher zum
Tragen kommen. Preisdämpfend sind in diesem Zusam-
menhang auch die Entscheidungen der Bundesnetzagen-
tur, die aus meiner Sicht einen wirklich guten Job macht.
Ihre Entscheidungen gehen in die richtige Richtung.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Zum Thema Wettbewerb. Es ist völlig richtig, dass es
nicht gelungen ist, die Stromerzeugungskapazitäten von
1998 bis heute im nötigen Umfang zu diversifizieren und
den Wettbewerb zu beleben. Gegenwärtig befinden sich
in diesem Wettbewerbsbereich immer noch, entweder di-
rekt oder indirekt, 80 bis 90 Prozent der Stromerzeugung
in der Hand der vier großen Unternehmen. Das kann
selbstverständlich zu Marktmissbrauch führen. Diese
Determinante macht weniger als 20 Prozent aus; beim
Rest handelt es sich zum Beispiel um Bereiche wie den
Vertrieb, in denen der Wettbewerb nicht funktioniert hat.

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(C (D Unser Schluss ist ein anderer als der des Antragstelers: Obwohl der Wettbewerb im Moment noch nicht ichtig funktioniert, wollen wir ihn nicht sofort wieder bschaffen und durch staatliche Reglementierungen eretzen, (Dr. Martina Krogmann [CDU/CSU]: Ein großer Fehler wäre das!)


ie dann das Gegenteil dessen, was wir wollen, bewirken
ürden. Wir wollen dafür sorgen, dass der Wettbewerb

unktioniert.


(Dr. Martina Krogmann [CDU/CSU]: Genau!)


Wie können wir es schaffen, dass der Wettbewerb
unktioniert? Die Frau Staatssekretärin hat es ausgeführt:
n der Tat besteht sofortiger Handlungsbedarf. Wir den-
en, dass eine marktkonforme, verbesserte Missbrauchs-
ontrolle – die Instrumente wurden genannt – der rich-
ige Ansatz ist,


(Beifall bei der CDU/CSU)


icht etwa die Verlängerung der Tarifpreisgenehmigung,
urch die wir im Erzeugungsbereich reglementierend in
ie Preisbildung eingreifen würden.

Damit aber nicht genug, es gibt noch andere Dinge,
ie wir tun können. Ich sage ganz klar: Für uns ist die
renze der Belastbarkeit erreicht, was die staatliche
eglementierung und die staatlichen Abgaben anbe-

angt. Daran müssen wir denken, wenn wir nächstes Jahr
n die Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes
ehen.


(Hans-Kurt Hill [DIE LINKE]: Darauf habe ich gewartet! Wie viel Prozent sind das? Sagen Sie doch mal die Zahl! Gerade einmal 5 Prozent!)


aran müssen wir denken, wenn wir an die Novellierung
es Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes gehen, daran müs-
en wir denken, wenn wir das Stromsteuergesetz weiter-
ntwickeln. Deshalb müssen wir darüber nachdenken, ob
ir beim Emissionshandel, beim NAP II, die richtigen

nstrumente zum Einsatz bringen; dort haben wir die
tellgrößen in der Hand. Der Staat hat seinen Beitrag zu

eisten, damit es bei den Energiepreisen mehr Wettbe-
erb gibt.

Wir müssen des Weiteren dafür sorgen – das kann
icht nur die Bundesnetzagentur machen, da sind auch
ir entsprechend gefordert –, dass der Markt bezüglich
andel und Liberalisierung funktioniert, und zwar nicht
ur auf Deutschland beschränkt. Wir brauchen einen
unktionierenden europäischen Markt für Strom und für
as. Für Strom haben wir eine Börse; sie muss mit wei-

erer Liquidität versorgt werden. Wir brauchen so etwas
uch für Gas. Im Oktober wird die Strombörse EEX
uch den Handel mit Gas aufnehmen, was mit Sicherheit
u höherer Transparenz führen wird.

Wir brauchen eine Verbesserung der Interkonnektoren
der Übergangsstellen, der Kuppelstellen – für Strom
zw. Gas ins europäische Ausland, damit der Wettbe-
erb auf dem Markt besser funktioniert und wir mehr
iquidität bekommen.






(A) )



(B) )


Dr. Joachim Pfeiffer
Die Bundesnetzagentur hat diese Woche in der Um-
setzung des Energiewirtschaftsgesetzes den wichtigen
Schritt getan, die Ausschreibungsbedingungen für die
Regelenergie in Form der Minutenreserve festzulegen.
Andere werden entsprechend folgen. Wir müssen hier
die Effizienzen stärken; auch das wird preisdämpfend
wirken.

Wir müssen vor allem darauf hinwirken, dass der
Netzzugang für neue Anbieter verbessert wird; da sind
wir im Erzeugungsbereich an der richtigen Stelle. Wir
müssen dafür sorgen, dass neue Anbieter in den Markt
eintreten. Das können dezentrale sein wie Stadtwerke,
die im Übrigen auch Angst haben um die Monopolren-
diten, die sie für die Nutzung ihrer Netze einstreichen.
Mir ist es egal, ob es ein privates oder ein öffentliches
Unternehmen ist, das die Monopolrendite verdient – eine
Monopolrendite ist nie der richtige Weg. Deshalb müs-
sen auch durch die Regulierung der Netznutzungsent-
gelte entsprechende Effizienzreserven gehoben werden.
Die Stadtwerke haben aber auch Chancen: durch die de-
zentrale Erzeugung von Strom, sei es durch erneuerbare
Energien oder durch konventionelle, sowie durch den
Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung. Auch ausländi-
sche Anbieter sind herzlich eingeladen, als Wettbewer-
ber einzusteigen. Das führt zu einer Intensivierung des
Wettbewerbs. Wir müssen sicherstellen, dass diesen
neuen Anbietern der Netzzugang ermöglicht wird.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605205900

Kollege Pfeiffer, gestatten Sie eine Zwischenfrage der

Kollegin Bulling-Schröter?


Dr. Joachim Pfeiffer (CDU):
Rede ID: ID1605206000

Nein. – Wir müssen den Netzzugang verbessern. Es

ist nicht akzeptabel, dass neue Anbieter über Jahre hin-
weg mit fragwürdigen Argumenten am Netzzugang ge-
hindert werden.


(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Souverän!)


Insofern will ich zusammenfassen: Es nützt nichts,
das Kind mit dem Bade auszuschütten und in blinden
Aktionismus zu verfallen, vielmehr brauchen wir ein dif-
ferenziertes Vorgehen. Wir müssen dort, wo wir handeln
können als Staat, das heißt, bei den Steuern und Abga-
ben und bei der Missbrauchsaufsicht, im Erzeugungsbe-
reich, unsere Hausaufgaben machen. Wir müssen die
Bedingungen des Marktes so gestalten, dass Wettbewer-
ber in den Markt eintreten können. Hinzu kommen muss
aber, dass die Kunden die Souveränität zeigen, den An-
bieter zu wechseln. Viel zu wenige wechseln ihren Gas-
oder Stromanbieter. Auch das führt zu einer Verschlep-
pung des Wettbewerbes.

Wenn diese Dinge auf die Schiene gebracht sind, wer-
den wir im Ergebnis nicht nur die Strom- und Gaspreise
stabilisieren können, sondern zudem Effizienzgewinne
erzielen. Wir werden für den Verbraucher etwas tun und
wir werden für die Wirtschaft etwas tun, indem wir die
Wettbewerbsfähigkeit erhöhen, aber bitte mit marktwirt-
schaftlichen Instrumenten und nicht mit staatlichem Di-
rigismus.

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(C (D Vielen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605206100

Das Wort zu einer Kurzintervention hat der Kollege

ill.


Hans-Kurt Hill (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605206200

Herr Dr. Pfeiffer, gestatten Sie mir kurz folgende An-

erkung: Sie haben eben ganz klar und deutlich gesagt,
ass Sie dagegen sind, die Staatsquote beim Strom-
reis weiter zu erhöhen. Sie erhöhen die Staatsquote al-

erdings dadurch, dass Sie die Mehrwertsteuer erhöhen.
as ist doch wohl richtig.

Da Sie eben die erneuerbaren Energien angesprochen
aben, möchte ich hiermit festhalten: Die Kosten für die
rneuerbaren Energien machen gerade einmal 5 Prozent
es Strompreises aus. Sie erhöhen die Mehrwertsteuer
ber um 3 Prozentpunkte. Ich finde, das muss hier in der
ffentlichkeit einmal ganz klar gesagt werden. Es wird
er Eindruck erweckt, als ob die erneuerbaren Energien
chuld daran tragen, dass die Strompreise so hoch sind.
as ist schlichtweg falsch. Das ist das falsche Signal.
ir brauchen die erneuerbaren Energien,


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


amit wir in Zukunft günstig Strom produzieren und uns
on Uran, Erdöl und Gas unabhängig machen können.

Danke.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605206300

Kollege Pfeiffer, möchten Sie reagieren?


Dr. Joachim Pfeiffer (CDU):
Rede ID: ID1605206400

Herr Kollege Hill, ich habe doch überhaupt nicht ge-

en die erneuerbaren Energien gesprochen. Hätten Sie
ir zugehört,


(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hören Sie sich selbst zu!)


ann wüssten Sie, dass ich gesagt habe, dass über
0 Prozent staatlich induziert sind. Hier sind die Öko-
teuer auf Strom, die im Wesentlichen unseren grünen
reunden zu verdanken ist,


(Dr. Rainer Wend [SPD]: Uns auch!)


ie KWK, die erneuerbaren Energien, die Konzessions-
bgabe und die Mehrwertsteuer zu nennen. Dies führt
azu, dass heute über 40 Prozent des Strompreises staat-
ich induziert sind. Das ist der Sachverhalt und das kön-
en wir auch nicht auf andere abwälzen.

Ich habe gesagt, dass für mich das Ende der Belast-
arkeit erreicht ist. Im Hinblick auf die vorhandenen
tellgrößen müssen wir darüber nachdenken, wie wir
ier zu Entlastungen kommen können und wie wir es auf






(A) )



(B) )


Dr. Joachim Pfeiffer
jeden Fall schaffen, die Kosten nicht weiter zu erhöhen.
Das habe ich gesagt und das ist überhaupt kein Wider-
spruch.


(Beifall bei der CDU/CSU – Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie erhöhen aber trotzdem! Zwischen Reden und Handeln ist ein Unterschied bei Ihnen! In Ungarn wird gerade einer entlassen, weil er lügt! Passen Sie auf, was Sie sagen!)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605206500

Für die SPD-Fraktion spricht nun der Kollege Rolf

Hempelmann.


Rolf Hempelmann (SPD):
Rede ID: ID1605206600

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kolle-

gen! Man sieht, dass diese Debatte die Gemüter bewegt.
Es ist ja auch ein wichtiges Thema und das Problem, das
dem Antrag und dieser Debatte zugrunde liegt, ist auch
nicht zu leugnen. Das ist übrigens ähnlich wie bei der
gestrigen Debatte zum FDP-Antrag, mit dem sie sich auf
das Bundeskartellamt bezog.

Wir befinden uns in der Tat in einer Situation ständig
steigender Energiepreise. Frau Höhn hat eben darauf
hingewiesen: Es ist nicht nur der Strompreis, sondern es
sind die Energiepreise. Offenbar ist es für uns leichter,
eine Kostensteigerung beim Benzin, Heizöl oder Gas zu
akzeptieren, weil hier die Entwicklung der Kosten für
die Primärenergie natürlich sehr viel stärker nachvoll-
ziehbar ist als beim Strom, wo dies nur indirekt der Fall
ist und es lediglich um einen Kostenbestandteil geht.

Ich will das jetzt aber nicht relativieren. Auch die Stei-
gerung der Strompreise um 30 Prozent seit 1998 – beim
Heizöl waren es zum Beispiel 200 Prozent – ist eine Be-
lastung für die privaten Haushalte und für das Gewerbe.
Es ist selbstverständlich, dass wir uns Gedanken darüber
machen müssen, wie wir auf diesem Gebiet erfolgreicher
werden, als wir es in der Vergangenheit waren.

Ich sage gleich vorweg: Nach meiner Auffassung
kann es nicht der richtige Weg sein, die staatliche Preis-
kontrolle auf Dauer beizubehalten, sondern der richtige
Weg kann nur sein, bei der Schaffung von mehr Wettbe-
werb zügig voranzuschreiten.

Wir sollten in diesem Zusammenhang übrigens nicht
so tun, als würden wir hier bei null anfangen. Das kann
weder im Interesse der FDP, die gestern einen Antrag ge-
stellt hat, noch der Grünen, die sich in dieser Debatte
durchaus unterstützend in Richtung des Antrages geäu-
ßert haben, noch im Interesse der Fraktionen der Regie-
rungskoalition sein; denn mit dem Energiewirtschaftsge-
setz haben wir im letzten Jahr gemeinsam einen ganz
wichtigen Schritt getan.

Ich glaube, man muss einmal festhalten, dass damit
letztlich alle vier im Vermittlungsausschuss die Basis da-
für geschaffen haben, dass wir zumindest in einem wich-
tigen Teilbereich, den wir nicht geringreden sollten,
nämlich im Bereich der Netze, Wettbewerb oder zu-
mindest wettbewerbsähnliche Situationen in einem na-
türlichen Monopol schaffen. Wir sind auf diesem Weg

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(C (D orangekommen. Die ersten Bescheide der Bundesnetzgentur liegen vor; einige Redner haben das heute erähnt. Es ist zu zum Teil drastischen Senkungen der etzentgelte gekommen, und zwar bei kleinen genauso ie bei großen Anbietern. Die Reaktionen zeigen, dass die Unternehmen einige chwierigkeiten haben, sich an diese neue Situation zu ewöhnen. Im Fall von Vattenfall ist es aber tatsächlich u Preissenkungen gekommen. Der jüngste Bericht der undesnetzagentur, den ich zur Lektüre empfehle, zeigt, ie sich die Senkungen der Netzentgelte auf die Stromreise der anderen, auch großen Anbieter auswirken. Da ibt es komplizierte Verrechnungen zu beachten. Lesen ie sich den Bericht einmal durch! Das würde auch die rage beantworten, die gerade gestellt wurde: Wie ist eientlich sichergestellt, dass sich diese Entwicklung am nde auch im Strompreis abbildet? Wir waren auf diesem Weg erfolgreich; es ist zu sinenden Netzentgelten gekommen. Wir erwarten nun von er Bundesnetzagentur, dass sie für alle Anbieter einen iskriminierungsfreien Netzzugang durchsetzt. Ich bin er festen Überzeugung, dass dies letztlich auch Auswirungen auf die Stromerzeugung haben wird. Ein diskriinierungsfreier Netzzugang bewirkt, dass ein Anbieter it einem günstigeren Angebot bis zum Endkunden urchdringen kann. Damit wird Druck auf die Konkurenz, also die anderen Anbieter, erzeugt. Das reicht natürlich bei weitem nicht. Die Parlamenarische Staatssekretärin beim Bundeswirtschaftsminiser hat bereits deutlich gemacht, dass wir darüber hinaus ine Kraftwerksanschlussverordnung benötigen. Wir tehen in der Situation – das haben wir uns auch geünscht –, dass es sehr viele Interessenten gibt, die in eutschland Kraftwerke bauen wollen; das sind große ie kleine, etablierte wie neue Anbieter. Der Gedanke er Nichtdiskriminierung beinhaltet, dass weder die alen noch die neuen, weder die großen noch die kleinen nbieter zu diskriminieren sind. Wir müssen uns vielehr wünschen, dass alle, die in Deutschland Krafterke bauen wollen, auch die Gelegenheit dazu bekomen. Wir sollten uns hier von der Vokabel „Überkapazität“ rennen, Herr Dr. Pfeiffer. Dieser Begriff stammt aus der eit vor der Liberalisierung und kommt eher aus dem ereich der Versorgungsunternehmen. Wir sollten ein nteresse daran haben, dass das Angebot am Markt höher st als die Nachfrage, weil das letztlich einen heilsamen ruck auch auf die Erzeugerpreise ausübt. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


nsofern ist es wichtig, die Rahmenbedingungen so zu
etzen, dass wir ein möglichst großes Angebot bekom-
en, also möglichst viele neue Kraftwerke.

Ein Instrument in diesem Zusammenhang ist die
raftwerksanschlussverordnung. Sie kann kurzfristig

ber nur sicherstellen, dass die vorhandenen Netzkapazi-
äten so auf die Anbieter, die mit neuen Kraftwerken auf
iesen Markt wollen, verteilt werden, dass dem Ge-
ichtspunkt der Nichtdiskriminierung Rechnung getra-






(A) )



(B) )


Rolf Hempelmann
gen wird, dass also zum Beispiel ein Unternehmen, des-
sen Schwestergesellschaft das örtliche Netz betreibt,
keinen entsprechenden Vorzug hat. Ich denke, dass wir
alle daran interessiert sind, diese Verordnung möglichst
schnell auf den Tisch zu bekommen, um hier vorwärts zu
kommen.

Ich glaube, dass mit dieser Verordnung noch etwas
geleistet werden muss: Die Bundesnetzagentur muss
mit einem zusätzlichen Instrumentarium ausgestattet
werden. Es muss sichergestellt sein – zum Teil ist das in
den Instrumenten enthalten –, dass sie da, wo sie Eng-
pässe feststellt, die ein Hindernis dafür sind, dass Anbie-
ter mit neuen Kraftwerken auf den Markt kommen, auch
die Möglichkeit hat, über eine Engpassbewirtschaftung
entsprechende Vorgaben zu machen. Aus den Erkennt-
nissen dieser Engpassbewirtschaftung muss sie dann Lö-
sungen zur Beseitigung der Engpässe herauskristallisie-
ren, und zwar in einer möglichst marktgerechten Form,
die keinen Investitionsdirigismus bedeutet. Wenn wir
das erreichen – wenn also das Netz sukzessive mit dem
Kraftwerkspark wächst –, dann haben wir die große
Chance, dass jede Kilowattstunde aus neu gebauten An-
lagen das Angebot nachhaltig vergrößert.

Wir haben nichts davon, wenn neue Kraftwerke ge-
baut werden, aber nur ein Teil davon ans Netz kommt
oder, falls sie alle ans Netz kommen, nicht in voller Ka-
pazität laufen können, weil Netzbarrieren – möglicher-
weise nicht nur im unmittelbaren Umfeld des Kraftwer-
kes, sondern insgesamt im deutschen oder europäischen
Netz – den Stromfluss behindern.


(Hans-Kurt Hill [DIE LINKE]: Sprechen Sie auch von Windkraft?)


– Ich spreche in der Tat auch von der Windkraft. Auch
ihr sollte ein diskriminierungsfreier Zugang gewährt
werden. Das gilt insgesamt für die erneuerbaren Ener-
gien genauso wie für alle anderen Komponenten im
Kraftwerksmix.

Wir waren beim Thema Kraftwerksanschlussverord-
nung. Wir müssen in diesem Zusammenhang auch se-
hen, dass sich die Welt verändert hat. Wir müssen die
neue Situation im Blick behalten, das heißt die Verände-
rungen, die sich durch das Unbundling – also die Ent-
flechtung bzw. die Trennung zwischen Netzbetreiber
und Kraftwerk – ergeben haben.

Wie war es früher? Früher waren innerhalb eines Ge-
bietsmonopols Netz und Kraftwerke in einer Hand. Der
Betreiber hat selbst geplant, wie er seinen Kraftwerk-
spark weiterentwickelt und was am Netz verändert wer-
den muss.

Diese Situation gibt es heute nicht mehr, zum einen
aufgrund der Entflechtung, zum anderen aus einem
zweiten Grund: Strom wird nicht mehr nur innerhalb ei-
ner bestimmten Region um das jeweilige Kraftwerk ge-
liefert, sondern auch deutschland- oder möglicherweise
sogar europaweit. Der Strom wird zudem an der Börse
gehandelt. Vor diesem Hintergrund müssen alle Instru-
mente, die wir entwickeln, letztlich zum einen börsen-
tauglich und zum anderen europatauglich sein. Auch in
diesem Zusammenhang muss man bezweifeln, ob eine

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(C (D ortsetzung der Preiskontrolle – wie von den Linken geordert – das richtige europaund börsentaugliche Intrument ist. Ich halte es für lohnenswerter, die Aufmerksamkeit uf die Vorschläge zur Verbesserung der Möglichkeiten es Bundeskartellamts zur Feststellung des Missbrauchs iner marktbeherrschenden Stellung zu richten, die aus em Bundeswirtschaftsministerium angekündigt worden ind. Es ist interessant, dass sich das Bundeskartellamt eit etwa einem Dreivierteljahr mit der Einpreisung kosenlos erhaltener Zertifikate befasst, ohne bisher zu eiem Ergebnis gekommen zu sein. Zwar haben Anhöungen stattgefunden und im Wirtschaftsausschuss urde zu dem Thema Bericht erstattet, aber das Bundesartellamt sieht sich offenbar nicht in der Lage, den issbrauch einer marktbeherrschenden Stellung jus iziabel festzustellen. Das kann unterschiedliche Gründe haben. Es kann aran liegen, dass es keinen Missbrauch einer marktbeerrschenden Stellung gibt. Das muss man jedenfalls unächst einmal objektiv als eine Möglichkeit berückichtigen. Es kann schließlich sein, dass dies im Emisionshandel systemimmanent vorgesehen ist. Wenn man ber davon ausgeht, dass Ansätze von Missbrauch erennbar sind, dann fehlt offenbar das Instrumentarium, ies den betreffenden Marktakteuren nachzuweisen. Wir arten darauf, dass uns das Bundeswirtschaftsministe ium entsprechende Regelungen vorlegt, durch die die issbrauchsaufsicht gestärkt wird. Allerdings meine auch ich – das wurde eben bereits esagt –, dass man das Kind nicht mit dem Bade auschütten sollte. Wir wollen nicht die Verlagerung der reisaufsicht von der einen auf die andere Behörde, ämlich auf das Bundeskartellamt. Die bloße Feststelung einer überhöhten Marge – das ist im Übrigen in echtlicher Hinsicht ein wenig konkreter Begriff – wird icherlich nicht ausreichen, um den Missbrauch einer arktbeherrschenden Stellung festzustellen. Meines Er chtens benötigen wir hier in der Tat zielführendere Vorchläge aus dem Wirtschaftsministerium. Ebenso müssen wir vermeiden, dass es am Ende einen ettlauf zwischen zwei Regulierungsbehörden gibt, wischen der Bundesnetzagentur auf der einen und dem undeskartellamt auf der anderen Seite. Die Zuständigeiten müssen aufeinander abgestimmt werden. Es muss eutlich werden, dass die Arbeit der einen Behörde, die ich immerhin mit einem Drittel des Strompreises beasst, mit der der anderen kompatibel ist. Es muss auch klar sein, dass es zwischen beiden Beörden keinen Wettlauf um den möglichst niedrigen reis, um den billigen Jakob geben darf – es ist nicht von er Hand zu weisen, dass auch so etwas passieren kann –; enn eines ist ebenfalls klar: Wir brauchen im Bereich es Stroms genauso wie in anderen Bereichen hohe Quaität. Hohe Qualität kostet etwas. Sie hat auch etwas mit nvestitionen zu tun. Deswegen muss die Bundesnetzgentur bei ihrem Tun diesen Aspekt ebenfalls immer it im Blick haben, aber eben auch das Bundeskartell mt, wenn es entsprechend ausgestattet ist. Rolf Hempelmann Wir wollen den Ausbau der Netze, wir wollen den Ausbau des Kraftwerkparks. Dazu bedarf es eines anständigen Investitionsklimas. Damit rede ich nicht denjenigen das Wort, die sozusagen wie der pawlowsche Hund reflexartig immer dann, wenn sich die Politik äußert, davon sprechen, sie stellten die Investitionen ein. Aber umgekehrt müssen Investitionen natürlich auch am Kapitalmarkt durchsetzbar sein. Dafür muss man Kredite aufnehmen können. Das hat etwas mit den in Zukunft zu erwartenden Strompreisen und der zu erwartenden Rendite zu tun. Deswegen muss sowohl die Arbeit der Bundesnetzagentur als auch die des Bundeskartellamts immer beides im Blick haben: einen fairen Preis genauso wie eine möglichst hohe Qualität. Dies zeigt, dass die Aufgabe durchaus anspruchsvoll ist und dass es sich verbietet, den Bürgerinnen und Bürgern vorzugaukeln, es gäbe einfache Lösungen. Diese einfachen Lösungen gibt es nicht. Es gibt auch nicht die schnelle Lösung, auch nicht in Form einer Preiskontrolle. Kollege Hempelmann, Sie müssen zum Schluss kom men. Lassen Sie uns deswegen die Arbeit der Bundesnetz agentur unterstützend begleiten und die Vorschläge des Bundeswirtschaftsministeriums, bezogen auf das Bundeskartellamt, möglichst bald zur Kenntnis nehmen. Darüber sollten wir dann sachgerecht diskutieren. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)





(A) )


(B) )

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605206700
Rolf Hempelmann (SPD):
Rede ID: ID1605206800


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605206900

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun der

Kollege Hans-Josef Fell das Wort.


Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605207000

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen

und Kollegen! Meine Damen und Herren! Der Antrag
der Linken und die heutige Debatte um die Energiepreis-
kontrolle kreisen um einen sehr wichtigen Teilaspekt für
Strom- und Gaspreise. Zu Recht wird auf das Missver-
hältnis zwischen explodierenden Gewinnen der vier gro-
ßen Konzerne und ihren zunehmenden Tarifsteigerungs-
wünschen hingewiesen.

Kollegin Höhn hat bereits auf viele Wettbewerbsmaß-
nahmen hingewiesen; ich will sie nicht wiederholen.
Auch im Antrag der Linken steht sicherlich viel Wichti-
ges. Aber ich weise auch darauf hin, dass derjenige, der
niedrigere Verbraucherpreise will und die Gewinne von
Großen schröpfen will, aufpassen muss, dass mit diesen
Maßnahmen nicht auch Stadtwerke und neue Energiean-
bieter getroffen werden. Hierauf müssen wir vorsorglich
achten.

Auch andere Vorschläge, beispielsweise die Tarifauf-
sicht der Länder zu verlängern, wie sie von Bundes-

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(C (D inister Glos vor kurzem vorgetragen wurden, greifen u kurz. Zum einen haben die Tarifaufsichten der Länder n den letzten Jahren die Preissteigerungen nicht verhinern können; so scharf scheint dieses Instrument doch icht zu sein. Übrigens ist bezeichnend, dass gerade Miisterpräsident Stoiber hierbei Bundesminister Glos in en Rücken fällt. Er hat in dieser Woche dessen Vorchläge abgelehnt und stattdessen eine Selbstverpflichung mit den Konzernen vereinbart. Das mag gut sein, ber wir wüssten schon gern, was die CSU wirklich will. Wer tatsächlich Verbraucherschutz und zukünftig beahlbare Energiepreise haben will, muss die Ursachen er Strompreissteigerung und der Energiepreissteigeung tiefgründiger hinterfragen. Begründet werden die ielen Strompreiserhöhungsanträge auch mit gestiegeen Beschaffungskosten. Tatsächlich sind seit 1999 die eltmarktpreise drastisch gestiegen. So hat sich der reis für Kohle auf über 60 US-Dollar je Tonne bereits erdoppelt und der Preis für ein Barrel Erdöl seit 1998 uf 60 US-Dollar verfünffacht. Der Preis für Erdgas ist n Europa seit 1999 verdreifacht worden; in Großbritanien und den USA, wo man sehr viel auf Erdgas setzt, at er sich sogar vervierfacht. Der Preis für Uran, Frau opp, hat sich seit 1999 ebenfalls verfünffacht; er be rägt jetzt 100 US-Dollar je Kilogramm. Wer zukünftig bezahlbare Energiepreise haben will, uss aus der Nutzung der fossilen und der atomaren nergien aussteigen. Dies ist die entscheidende Strateie. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Herr Pfeiffer, Sie haben gesagt, die beantragten
trompreiserhöhungen seien korrekt, weil ökologische
aßnahmen zu einem zunehmend höheren Strompreis

ührten. Darüber kann ich nur den Kopf schütteln. Wenn
ie Verbraucherinnen und Verbraucher endlich die vielen
ersönlichen Energieeinsparmöglichkeiten nutzten,
önnten sie ihre Stromrechnung drastisch senken.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Natürlich kommen durch die Förderung der erneuer-
aren Energien über die im EEG festgelegte Umlage
ehrkosten auf die Stromkunden zu. Aber zum einen

ind diese Mehrkosten sehr gering. Zum anderen sind sie
ereits gesunken, und zwar – hören Sie gut zu, Herr
r. Pfeiffer – von 0,54 Cent pro Kilowattstunde im Jahr
005 auf hochgerechnet 0,50 Cent in diesem Jahr, und
as trotz gestiegener Mengen eingespeisten Stroms. Wir
ehen allerdings – genauso wie die große Koalition – die
otwendigkeit, der Bundesnetzagentur die Möglichkeit

ur Kontrolle zu geben, damit keine überhöhten Ge-
inne mit der Umlage erzielt werden. Das ist in der No-
elle des EEG, die wir nächste Woche beschließen wer-
en, gut geregelt.

Die Behauptung der Konzerne in ihren Anträgen auf
trompreiserhöhung, dass Mehrkosten für erneuerbare
nergien aufgebracht werden müssten – hören Sie gut
u, Herr Dr. Pfeiffer –, fallen wie ein Kartenhaus zusam-
en. Das Hamburgische Welt-Wirtschafts-Archiv hat in






(A) )



(B) )


Hans-Josef Fell
einer Studie nachgewiesen, dass die Einspeisung von
Windstrom bereits die Stromkosten senkt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Nach Berechnungen des BWE auf der Basis dieser Stu-
die gibt es durch die Einspeisung von Windstrom Strom-
kosteneinsparungen in Höhe von 1 Milliarde Euro im
Jahr. In einer Eon-Studie wird sogar von dreimal so ho-
hen Einsparungen ausgegangen. Damit sind die Spar-
effekte, die sich insbesondere für die energieintensiven
Industriebetriebe positiv auswirken, höher als die Aus-
gaben für die Windenergieförderung nach dem EEG. Das
ganze Gerede von teueren erneuerbaren Energien ist also
falsch und entbehrt jeder Grundlage.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Übrigens beginnen solche Effekte bereits bei anderen
erneuerbaren Energien zu wirken. In diesem Sommer
war der angeblich so sündhaft teure Fotovoltaikstrom an
der Börse kurzzeitig billiger als der Strom aus Kernener-
gie.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605207100

Kollege Fell, die Auswertung dieser Studie müssen

wir leider auf später verschieben.


Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605207200

Ich komme zum Schluss.

Frau Kopp, Sie haben Recht: Wir müssen alles tun,
um die Strompreise zu senken. Helfen Sie mit, dass wir
vollständig auf erneuerbare Energien umsteigen und die
Energieeinsparpotenziale nutzen! Das ist in Zukunft die
entscheidende Möglichkeit, bezahlbare Energiepreise
– auch für die sozial Schwachen – herbeizuführen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605207300

Als letzter Redner in dieser Debatte hat der Kollege

Dr. Georg Nüßlein für die Unionsfraktion das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Georg Nüßlein (CSU):
Rede ID: ID1605207400

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen!

Meine Herren! Wir wollen mehr Wettbewerb im Strom-
bereich. Dem stehen die natürlichen Monopole im Netz-
bereich entgegen. Deshalb müssen wir eine Netzentgelt-
regulierung praktizieren, was wir momentan tun. Das
ist aber nicht, wie heute manchmal der Eindruck erweckt
wurde, das Ende eines Prozesses, sondern der Anfang,
die Voraussetzung für einen chancengleichen Zugang zu
den Netzen und damit für den von uns angestrebten
Wettbewerb.

Herr Kollege Fell, Sie haben in einem Punkt Recht:
Wir müssen bei diesem Prozess sehr genau darauf ach-

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(C (D en, dass effiziente Stadtwerke und Mittelständler nicht ürokratisch erwürgt werden. Schließlich brauchen wir och Teilnehmer, die an dem von uns angestrebten Wettewerb partizipieren. (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Ich bin dankbar für das, was Frau Staatssekretärin
öhrl in der heutigen Debatte gesagt hat. Weil sie den

ben beschriebenen Zusammenhang sieht, hat sie davor
ewarnt, zu erwarten, dass eine Netzentgeltregulierung
er se eine Strompreisverbilligung bringt. Vielmehr ist
ine solche Regulierung erst die Voraussetzung für mehr
ettbewerb und eine marktwirtschaftliche Entwicklung.

Wenn wir dabei sind, der Ehrlichkeit und Offenheit
ie Ehre zu geben, dann muss man das wiederholen, was
ier verschiedentlich angeklungen ist. Die Politik des
taates hat in entscheidender Weise zur Verteuerung der
trompreise beigetragen. Seit 1998 hat sich die Staatslast
erfünffacht. 40 Prozent der Stromrechnung unserer
aushalte sind staatliche Abgaben. Übrigens – auch
as räumen wir von der Union ein – entfällt der kleinste
eil davon auf die Förderung der erneuerbaren Energien.
s sind 2 Prozent, nicht 5 Prozent. Wenn Sie sich schon

ür das Thema einsetzen, dann bleiben Sie bei den richti-
en Zahlen. Dann wird manche Diskussion einfacher.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


An der Stelle – da lassen wir uns nichts in die Schuhe
chieben – ist der Koalitionsvertrag völlig klar. Wir ste-
en zu den erneuerbaren Energien und wir werden,
ie es im EEG steht, im Herbst 2007 überprüfen, wie
as im Detail aussieht. Vorher darüber zu diskutieren, ist
us meiner Sicht nicht richtig bzw. nicht angemessen,
uch nicht im Sinne der Investoren.

Sie fragen, was mit dem Rest geschieht. Ich sage der
hrlichkeit halber, dass der Rest im Staatshaushalt ver-
chwindet. Das mag der eine oder andere bedauern, aber
ie Realität ist so, wie sie ist. Der Staatshaushalt ist
chwierig. Wir sind noch nicht am Ende des Sanierungs-
rozesses. Wir haben zwar die Nettoneuverschuldung
albiert, aber wir sind noch nicht in der komfortablen
age, dass wir jetzt schon über neue Subventionen oder
ber Steuersenkungen reden können. Ich sage das den
elbst ernannten Verbraucherschützern – Frau Höhn ist
eider nicht mehr da –, die früher für die ideologisch be-
ingte Verteuerung eingetreten sind und jetzt in der De-
atte „Haltet den Dieb!“ rufen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Die Problematik für die Haushalte und für die Wirt-
chaft wurde aus meiner Sicht heute ausreichend erläu-
ert. Auf die Frage, was zu tun ist, erleben wir bei den
inken – aber nicht nur links, sondern insgesamt in
eutschland – einen beliebten Reflex, nämlich den Ruf:
er Staat muss das jetzt richten. Ich stelle eine Frage.
ir haben derzeit und noch bis zum 1. Juli 2007 eine

taatliche Kontrolle der Preise.


(Eva Bulling-Schröter [DIE LINKE]: Die Sie auslaufen lassen wollen!)







(A) )



(B) )


Dr. Georg Nüßlein
Was hat sich denn getan? Wir beklagen auf der einen
Seite den Anstieg der Strompreise und die staatliche
Kontrolle und Sie sagen, ein Mittel dagegen sei die Fort-
führung der staatlichen Kontrolle. Das kann doch nicht
sein. Das ist vollkommen unlogisch.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wenn wir die Preiskontrolle aufrechterhalten, dann ge-
hen auch die sonstigen Maßnahmen, über die wir heute
diskutiert haben, zum Beispiel die, die das Kartellrecht
und die von Ihnen angesprochene Billigkeitskontrolle
nach dem BGB betreffen, in weiten Teilen ins Leere,
weil die Preise staatlich genehmigt sind. Wo soll der
Missbrauch herkommen? Es gibt doch ein staatliches
Zertifikat für diese Preise.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605207500

Kollege Nüßlein, gestatten Sie eine Zwischenfrage

des Kollegen Hill?


Dr. Georg Nüßlein (CSU):
Rede ID: ID1605207600

Ja.


Hans-Kurt Hill (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605207700

Vielen Dank, Herr Kollege Nüßlein. – Es ist doch

festzustellen, dass sich der staatliche Anteil am Strom-
preis in den letzten zwei Jahren nicht erhöht hat. Das be-
deutet, dass der Wunsch nach Regulierung vonseiten der
Länder nicht daraus resultiert, dass sich die Staatsquote
erhöht hat, sondern daraus, dass die Gewinne der Kon-
zerne ins Unermessliche gestiegen sind und die Kunden
– sprich: die Haushalte – nicht mehr in der Lage sind, die
momentanen Preise zu bezahlen. Ich frage Sie: Wenn die
Staatsquote nicht gesunken ist, dann hat das doch bisher
funktioniert und wird vielleicht auch in der Zukunft
funktionieren?


Dr. Georg Nüßlein (CSU):
Rede ID: ID1605207800

Wenn Sie sich anschauen, dass sich insbesondere im

Emissionshandel Gewinne der Stromversorger durch die
Einrechnung von Opportunitätskosten ergeben, dann ha-
ben Sie in dem Punkt zwar Recht, aber die Maßnahme
ist die falsche. Wir müssen uns dann überlegen, wie wir
mit dem Emissionshandel umgehen. Ich sage Ihnen auch
ehrlich: Wer für das Instrument des Emissionshandels
eintritt, nämlich die Internalisierung externer Kosten, der
muss mit einem Preisanstieg rechnen. Darum geht es
letztendlich. Es wird gesagt: Die haben die Zertifikate
kostenlos bekommen. – Das ist richtig. Aber die Einprei-
sung gelingt nur auf Märkten, auf denen entsprechende
Preise letztlich auch durchsetzbar sind. In einem Markt,
in dem der Wettbewerb funktioniert, sähe die Situation
anders aus. Deshalb wollen wir Wettbewerb erreichen
und auf diese Art und Weise das Thema angehen. Wir
wollen nicht staatlich genehmigte Preise oder gar noch
staatlich genehmigte Gewinne einführen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wir wollen natürlich nicht so weit gehen, wie der
Kollege Lafontaine heute angeregt hat, und auch noch
die Netze verstaatlichen. Es wäre viel gewonnen, wenn

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(C (D ie, meine Damen und Herren, von diesen alten Kamelen abrücken würden. (Dr. Martina Krogmann [CDU/CSU]: Immer diese Staatsgläubigkeit!)


ie müssen doch sehen, dass der Sozialismus gescheitert
st. Wenn Sie mal so weit wären, könnten wir miteinan-
er vielleicht einen sinnvolleren Dialog führen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Gudrun Kopp [FDP])


Betrachten wir das Problem abschließend noch ein-
al von einer anderen Seite. Wenden wir uns der Rolle

es Staates zu. 40 Prozent des Preises sind staatlich be-
ingt. Das setzen ohnehin wir hier fest – übrigens zum
achteil der Verbraucherinnen und Verbraucher.


(Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist nicht zum Nachteil der Verbraucher!)


2 Prozent entfallen auf die Netzentgelte. Das läuft über
ie Regulierungsbehörde. Also sind schon gut 70 Pro-
ent staatlich festgelegt. Für den Rest, die Erzeugung,
aben wir eine Börse. Im Hinblick darauf kann man na-
ürlich sagen: Dort spielen die großen vier eine entspre-
hende Rolle; sie können sich parallel verhalten.


(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Was Sie sagen, ist reine Ideologie!)


Nein! – Die Realität sieht aber anders aus. Die Realität
ieht doch so aus: Es gibt 150 Marktteilnehmer dort. An
er Börse gibt es eine hohe Liquidität. Der Preis an die-
er Börse liegt im europäischen Mittel. Sie haben halt
eine Ahnung von Börse und Markt, Herr Kollege.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Es wäre völlig falsch, auf der einen Seite für Wettbe-
erb zu sorgen und auf der anderen Seite dann das, was
irklich Markt ausmacht, nämlich eine Börse, wieder

taatlich zu kontrollieren und die Ergebnisse zu revidie-
en. Das ist der falsche Ansatz.


(Beifall der Abg. Dr. Martina Krogmann [CDU/CSU])


Zum Vertrieb sage ich Ihnen: Man wird am Schluss
ine gewisse Marge brauchen, weil man sonst keine
ettbewerber findet. Wer soll denn in einen Markt ein-

reten, auf dem Preis und Kosten gleich hoch sind?


(Dr. Martina Krogmann [CDU/CSU]: Und es sich nicht lohnt!)


elche Motivation soll da vorhanden sein? Auch das ist
arktwirtschaft. Sie werden das nie lernen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Martina Krogmann [CDU/CSU]: Marktwirtschaft hat die PDS noch nie verstanden!)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605207900

Kollege Nüßlein, Sie haben offensichtlich eine sehr

nregende Wirkung in Bezug auf Zwischenfragen. Las-
en Sie noch eine Zwischenfrage des Kollegen Hill zu?






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Petra Pau

(Zurufe von der CDU/CSU: Nein! – Ute Kumpf [SPD]: Wir wollen nach Hause!)


– Das entscheidet der Redner.


Dr. Georg Nüßlein (CSU):
Rede ID: ID1605208000

Ich hätte es gern getan. Wir klären das anschließend.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Was wir statt Regulierung über das ohnehin gebotene
Maß hinaus brauchen, ist: Effizienzsteigerung, moderne
Technik, um den Verbrauch zu reduzieren, standortver-
trägliche Ausgestaltung des Emissionshandels. Darüber
müssen wir uns unterhalten. Auch über das Thema Ver-
steigerung kann man aus meiner Sicht diskutieren. Wir
brauchen einen wohl ausgewogenen Energiemix, bei
dem es von der Wirtschaftlichkeit auf der einen Seite bis
hin zur Umweltverträglichkeit auf der anderen Seite
geht, bei dem es von den erneuerbaren Energien auf der
einen Seite bis hin zur Kernkraft auf der anderen Seite
geht. Wir brauchen vor allem mehr Wettbewerb, euro-
päisch, national und getragen von den Verbraucherinnen
und Verbrauchern, die leider noch nicht in dem Maß be-
reit sind, ihre Anbieter zu wechseln. Nur 2 Prozent ha-
ben bisher von der Möglichkeit Gebrauch gemacht. Ich
würde mir wünschen, dass da Bewegung ins Spiel
kommt.

Abschließend: Der Kompromiss in Bayern, der über
den 1. Juli 2007 hinausreicht, hat deutlich gezeigt, dass
man einiges bewegen kann, und zwar nicht nur auf einer
gesetzlichen Basis, sondern auch in einem vernünftigen
Dialog. Den wünsche ich uns energiepolitisch intern ge-
nauso wie draußen mit den Anbietern.

Vielen herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Rolf Hempelmann [SPD]: Ein bisschen Folklore am Schluss musste sein!)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605208100

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 16/2505 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 24 auf:

Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände-
rung des Vertragsarztrechts und anderer Ge-

(Vertragsarztrechtsänderungsgesetz – VÄndG)


– Drucksache 16/2474 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit (f)

Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung

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(C (D Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Auch dazu öre ich keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlosen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Parlaentarische Staatssekretärin Marion Caspers-Merk. M Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! ir haben heute in Berlin die Situation, dass Ärzte und rztefunktionäre hier demonstrieren und gleichzeitig ir ein Gesetz beraten, das die Situation der ärztlichen ersorgung in Deutschland deutlich verbessern wird. Wir haben Vorschläge aufgegriffen, die schon lange m Raum standen, und diese in das Gesetzgebungsverahren eingebracht. Es ist leider so, dass im Bereich der esundheitspolitik Streitfragen stärker wahrgenommen erden als die Fragen, über die man sich einig ist. Wir ind uns in diesem Haus darüber einig, dass das ärztliche erufsrecht entschlackt, verändert und an neue Heraus orderungen angepasst werden muss. Wir sind uns in iesem Haus auch darüber einig, dass es Sinn macht, ass die ärztlichen Tätigkeitsfelder so neu gestaltet bzw. erändert werden, dass zum Beispiel Ärzte auch als Anestellte beruflich tätig sein können, dass Ärzte Zweitraxen eröffnen dürfen und dass mehr Flexibilität in das ystem der Niederlassungen gebracht wird. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Marion Caspers-Merk (SPD):
Rede ID: ID1605208200

Wir haben heute in Deutschland keine generelle Un-
erversorgung mit ärztlichen Leistungen, sondern wir ha-
en gleichzeitig Überversorgung und Unterversorgung.
o steht beispielsweise in Berlin ein Vertragsarzt für die
ehandlung von 531 Einwohnern zur Verfügung, in
randenburg dagegen muss ein Vertragsarzt 825 Patien-

innen und Patienten betreuen. Konkret heißt das: Eine
nterversorgung haben wir in den ostdeutschen Ländern

owie in den ländlichen Gebieten, mittlerweile im Wes-
en wie im Osten. Eine Überversorgung haben wir in fast
llen Universitätsstädten und in den Ballungszentren;
ier ist eine Maximalversorgung gegeben. Verantwort-
ich dafür ist zum einen das ärztliche Berufsrecht, das
lexible Lösungen eher verhindert hat, zum anderen
angelt es aber auch an finanziellen Anreizen. Dieses
roblem werden wir nach Verabschiedung des Vertrags-
rztrechtsänderungsgesetzes sehr beherzt angehen.

Wir werden nun das ärztliche Berufsrecht deutlich
ntschlacken. Wir wollen einen Internisten aus Schöne-
erg nicht zwingen, nach Rathenow umzuziehen.


(Dr. Margrit Spielmann [SPD]: Aber schön ist es dort!)


ber dieses Gesetz ermöglicht es ihm künftig, beispiels-
eise in Rathenow eine Zweitpraxis zu gründen. Es wird
afür sorgen, dass künftig Kooperationen möglich wer-
en, und es macht es für Ärzte leichter, andere Ärzte an-
ustellen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)







(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretärin Marion Caspers-Merk
Wir brauchen Berufsausübungsgemeinschaften zwi-
schen allen zur vertragsärztlichen Versorgung zugelasse-
nen Leistungserbringern. Dazu ist es Ärztinnen und Ärz-
ten in Zukunft gestattet, auch über die bisherige
Altersgrenze hinaus in von Unterversorgung bedrohten
Regionen zu praktizieren.

In einem weiteren Schritt wird die Koalition die ärzt-
liche Gebührenordnung reformieren. Danach wird es
künftig möglich sein, regionale Zu- und Abschläge zu
gewähren. Auch dies wird dazu beitragen, dass sich für
Ärztinnen und Ärzte in Zukunft die Niederlassung in
ländlichen Räumen wieder mehr lohnt.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Ein weiterer Aspekt ist mir besonders wichtig: Das
Gesetz beseitigt auch die bestehenden Einkommensun-
terschiede zwischen Ost und West, insbesondere in drei
Bereichen: bei den privatärztlichen und zahnärztlichen
Leistungen sowie bei freiberuflichen Hebammen.


(Beifall der Abg. Dr. Margrit Spielmann [SPD])


Es trägt somit ein Stück zu einem einheitlichen Einkom-
mensniveau in Deutschland bei und sorgt so für mehr
Gerechtigkeit. Angesichts der Herausforderungen der
Zukunft, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist es nämlich
notwendig, diese Unterschiede in der gesundheitli-
chen Versorgung zu beseitigen. Es kann nämlich, wenn
wir ein hohes Niveau bei der Versorgung haben wollen,
nicht angehen, dass wir solche sehr großen Unterschiede
weiterhin tolerieren.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Sie nicht zu tolerieren, ist, glaube ich, ein Stück Solidari-
tät, aber auch ein Stück Qualität. Es wird dazu führen,
dass wir ärztliche Leistungen für diejenigen Menschen,
die sie brauchen, auf jeden Fall wieder zugänglich ma-
chen.

Mit diesem Gesetz gehen wir in die richtige Richtung.
Ich wünsche mir sehr, dass bei allem Dissens und trotz
aller Diskussionen auch zur Kenntnis genommen wird,
dass diese Koalition handelt. Sie hat es in Bezug auf das
Vertragsarztrecht bereits getan. Vielleicht wird auch ein-
mal mehr über positive Aspekte im Gesundheitswesen
berichtet, auch wenn die Medien natürlich eher an der
Skandalisierung anderer Dinge interessiert sind. Lassen
Sie uns zu unserer eigentlichen Aufgabe zurückfinden:
Gesundheit für alle in der Bundesrepublik Deutschland.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605208300

Für die FDP-Fraktion spricht nun der Kollege

Dr. Konrad Schily.


Dr. Konrad Schily (FDP):
Rede ID: ID1605208400

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich

glaube, dass dieser Gesetzentwurf ein Schritt in die rich-
tige Richtung ist; aber ich habe meine Zweifel daran,
dass die darin enthaltenen zahlreichen Regelungen ziel-
führend sind.

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(C (D Auch angesichts der heute schon angesprochenen rzteproteste – dabei geht es wirklich um Grundsätzli hes, um Existenzen – sollen und wollen wir den Gedanen der Subsidiarität noch stärker in den Vordergrund rüken. Wir haben zahlenmäßig überversorgte und wir haben ahlenmäßig unterversorgte Gebiete. Aber ob das in der irklichkeit immer so ist, ob diese Gebiete also tatsäch ich unterversorgt oder überversorgt sind, das weiß man eider eben immer nur vor Ort. Ich bin immer noch Anänger in diesem Parlament: Ich habe mit Erstaunen geehen, dass dieser Gesetzentwurf 43 Seiten hat. (Ute Kumpf [SPD]: Der große Bruder kann es erklären!)


(Beifall bei der FDP)


icht alles ist für jemanden, der nur Arzt und kein Jurist
st, ganz verständlich. Wir sollten in der Ausschussarbeit
arauf hinwirken, möglichst viel Verantwortung vor Ort
nzusiedeln.

Ein Arzt kann mit 58 Jahren befähigt sein; er muss es
icht. Er kann auch mit 68 Jahren ausgesprochen befä-
igt sein; er muss es nicht. Ich kann eine solche Angele-
enheit nicht generell regeln. Das kann nur eine Verant-
ortungsgemeinschaft vor Ort. Deswegen muss man
on einer Regelung von oben Abstand nehmen, großzü-
ig sein und ein bisschen Freiheit wagen: Die Verant-
ortung sollte vor Ort getragen werden; dort sollte die
ualitätskontrolle stattfinden. Wir haben – noch – Kas-

enärztliche Vereinigungen. Die dort Beschäftigten müs-
en die Verantwortung übernehmen.


(Beifall bei der FDP)


Ich denke, es ist etwas Richtiges und Wichtiges ange-
toßen worden. Ich hoffe, dass dieses Gesetzeswerk ver-
chlankt wird, dass wir mit weniger Paragrafen und mit
eniger Verweisen auskommen, dass es so formuliert
ird, dass man es auch vor Ort verstehen kann und dass
an nicht in langen Auslegungsdebatten verharrt.

Ich weiß, dass die Kompetenten nicht immer begierig
ach der Verantwortung sind. Man delegiert gern zurück,
ässt es die anderen entscheiden und freut sich, wenn der
esetzgeber entschieden hat; schließlich war man es
ann nicht selbst, also die Personen vor Ort oder die ei-
ene Gruppe, sondern der Gesetzgeber. Der Gesetzgeber
ollte die Personen vor Ort darauf aufmerksam machen,
ass sie die Kompetenten sind und daher geeigneter
ind, die Verantwortung zu tragen. Insofern hoffe ich,
ass die Beratungen dieses Gesetzes eine Verschlankung
ewirken, die Subsidiarität fördern und daher die ärztli-
he Versorgung sichern und verbessern helfen. Ich freue
ich auf die Beratungen.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Dr. Harald Terpe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605208500

Für die Unionsfraktion spricht nun der Kollege

r. Hans Georg Faust.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Dr. Hans Georg Faust (CDU):
Rede ID: ID1605208600

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Vertragsarztrechtsänderungsgesetz – das klingt kompli-
ziert und trocken, es wird am Freitagnachmittag behan-
delt, dieses Thema ist nur etwas für Spezialisten.

Weit gefehlt! Dass sich heute in Berlin erneut Tau-
sende von Ärzten zum Protest versammeln, hat auch viel
mit dem zu tun, was wir endlich mit diesem Gesetz ver-
ändern. Wir sollten und wir werden die Sorgen und Nöte
der Ärzte ernst nehmen, genauso wie wir uns um eine
flächendeckende Versorgung durch Krankenhäuser und
um die Arbeits- und Rahmenbedingungen für die Kran-
kenkassen kümmern. Aber im Mittelpunkt unserer Be-
mühungen steht der Patient, der kranke Mensch.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)


Dieser wird in der gesundheitspolitischen Diskussion
nur allzu leicht vergessen.

Im Vertragsarztrechtsänderungsgesetz geht es ganz
entscheidend um den Patienten. In seiner Not wendet er
sich nicht an die Politik, nicht an die Krankenkasse und
auch nicht an die Verbraucherberatung. Nein, er wendet
sich in seiner Not an seinen Arzt. Die Arzt-Patienten-Be-
ziehung ist die wichtigste Beziehung in unserem Ge-
sundheitssystem und diese müssen wir schützen: schüt-
zen vor allzu starker Reglementierung durch die Politik,
schützen auch vor bürokratischen Eingriffen durch die
Krankenkassen, schützen aber auch dann, wenn diese
enge Beziehung materiell ausgenutzt wird.

Die Rahmenbedingungen für diese enge, sensible Be-
ziehung sind in Deutschland nach wie vor gut. Wir las-
sen sie uns auch nicht schlechtreden.


(Beifall der Abg. Dr. Martina Krogmann [CDU/CSU])


Insbesondere die Erreichbarkeit und der Zugang zu den
Leistungen des Gesundheitssystems werden in der Wis-
senschaft übereinstimmend gelobt. Wer über Wartezei-
ten in deutschen Arztpraxen klagt, sollte sich einmal die
Wartelisten im europäischen Ausland, insbesondere im
sozialen Skandinavien, anschauen.

Die medizinische, die ärztliche Versorgung ist auf ho-
hem Niveau. Zunehmend sind die Leistungen der Haus-
und Fachärzte qualitätsgesichert, und das Tag und Nacht.
Flächendeckend sind Vertragsärzte auch zu ungünstigen
Zeiten im Einsatz. Das Notarztsystem in Deutschland
sucht international seinesgleichen.

Wie steht es um den anderen Partner in der Arzt-
Patienten-Beziehung, den Arzt? Über 12 000 deutsche
Ärzte arbeiten nach teurer staatlicher Ausbildung im
Ausland; immer mehr ausscheidende Hausärzte, die
keine Praxisnachfolger finden; immer mehr junge Medi-
zinerinnen und Mediziner, die nicht in den eigentlichen
Arztberuf gehen: Das muss uns zum Nachdenken brin-
gen und zum Handeln zwingen.

Die Fragen der Vergütung sollen im Rahmen der an-
stehenden Gesundheitsreform gelöst werden. Hier müs-
sen wir von den Budgets weg und hin zu vereinbarten

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(C (D eistungsvolumina in Menge und Preis, die auch bei ehrleistungen Kostendeckung zulassen. o wenig wie der Arzt mit seiner Arbeitskraft und seiem Vermögen für Mehrleistungen haften darf, so wenig ürfen vermeidbare Leistungsausweitungen das Gesamtystem belasten. Hier sind wir aufgefordert, vernünftige ahmenbedingungen zu schaffen und zusammen mit der rzteschaft selbststeuernde Mechanismen zu entwi keln. Die Debatte darüber, ob Ärzte zu viel, zu wenig oder ichtig verdienen, halte ich für höchst überflüssig. Auch ie Erkenntnis darüber, dass das Durchschnittsjahreseinommen von Ärzten vor Steuern bei 80 000 Euro liegt, ilft uns hier nicht weiter. Es gibt die gut verdienenden pezialisten in modern ausgestatteten Gemeinschaftsraxen in Großstädten. Es gibt Ärztinnen und Ärzte in amiliärer Tradition in den alten Bundesländern, die die chuldenfreie Praxisimmobilie über Generationen weiergeben, einen treuen Patientenstamm haben und festtellen, dass ihr Einkommen zwar rückläufig, aber noch inreichend ist. Es gibt aber eine zunehmende Zahl von Ärzten, vorehmlich in den neuen Bundesländern, die sich bei der raxisniederlassung hoch verschuldet haben, die in den ünn besiedelten Gebieten im häufigen Bereitschaftsienst große Strecken fahren müssen, keinen Privatatienten in ihrer Kartei haben und denen beim Gedanen an ihre Altersversorgung schlecht wird. (Beifall des Abg. Dr. Harald Terpe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Annette WidmannMauz [CDU/CSU]: So ist es!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


nter den Ärzten, die heute in Berlin demonstrieren, fin-
en sich sicher alle Gruppen, am wenigsten aber die von
ir zuerst genannte.

Mit dem Vertragsarztrechtsänderungsgesetz lösen wir
ie Finanzprobleme der Ärzteschaft nicht. Wir gehen
ber – das ist bei Gesetzgebungsverfahren sicher unge-
öhnlich – Hand in Hand mit der Ärzteschaft eine ent-

cheidende Verbesserung der Rahmenbedingungen an.
nsbesondere der 107. Deutsche Ärztetag in Bremen hat
erufsrechtliche Grundlagen geliefert, die wir nun in
esetzesform gießen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


ndlich können Ärzte ohne Begrenzung andere Ärzte
nstellen, endlich können Ärzte neben ihrer Vertrags-
rzttätigkeit auch als angestellte Ärzte im Krankenhaus
rbeiten und endlich dürfen sie auch außerhalb ihres Sit-
es an weiteren Orten vertragsärztlich tätig sein.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


iese Möglichkeiten sind gar nicht hoch genug einzu-
chätzen.

Die von mir angesprochenen Versorgungsdefizite in
inzelnen Regionen Deutschlands sollen zum einen
urch zusätzliche Vergütungsanreize und zum anderen






(A) )



(B) )


Dr. Hans Georg Faust
durch die Aufhebung der Altersgrenze für Ärzte in un-
terversorgten Gebieten beseitigt werden.


(Beifall der Abg. Dr. Margrit Spielmann [SPD])


Wenn in einem eng umgrenzten Gebiet örtlich Versor-
gungsprobleme bestehen, obwohl regional eine ausrei-
chende Versorgung gegeben ist, dann kann in Zukunft
auch hierauf flexibel reagiert werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Zwei wichtige Punkte des Vertragsarztrechtsände-
rungsgesetzes möchte ich noch ansprechen. Der eine
Punkt ist die Verbesserung der Rechte der Patientenver-
treter in den Selbstverwaltungsgremien auf Bundes- und
Landesebene, wobei hier zusätzlich die Finanzierung der
Patientenbeteiligung verbessert wird. Der andere wich-
tige Punkt ist die Erleichterung bei der Einziehung der
Praxisgebühr. Das bisher aufwendige und teure Rechts-
verfahren wird so vereinfacht, wie es auch in anderen
Lebensbereichen bei säumigen Zahlern üblich ist.

Gerade die Erleichterung bei der Einziehung der Pra-
xisgebühr zeigt die Probleme auf, die Ärzte neben Hono-
rarsorgen und verkrusteten Strukturen noch haben: Das
sind die Probleme mit der Bürokratie. Da hilft das Ver-
tragsarztrechtsänderungsgesetz ein wenig weiter. Ich er-
hoffe mir aber vieles vom anstehenden Gesundheitsre-
formgesetz.

Nun kann man den Wert von Disease-Management-
Programmen sicher nicht am Dokumentationsaufwand
festmachen. Wenn aber nach der Statistik einer von fünf
ausgefüllten Bögen von den Krankenkassen wegen Do-
kumentationsmängeln zurückgewiesen wird, dann er-
höht sich der bürokratische Aufwand für die Ärzte
enorm. Weniger Bögen von weniger Krankenkassen, Zu-
rücksendungen nur bei Inplausibilitäten, mehr gesunder
Menschenverstand und weniger Behördenmentalität
würden aus meiner Sicht entscheidend weiterhelfen.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Alles in allem wird mit dem Vertragsarztrechtsände-
rungsgesetz berechtigten Forderungen der Ärzteschaft
Rechnung getragen. Mit der anstehenden Gesundheitsre-
form gehen wir die Ablösung der Budgets und die Erfül-
lung der Forderungen nach einer angemessenen Hono-
rierung in Euro und Cent an und verlieren die Sorgen
über eine überbordende Bürokratie nicht aus dem Blick.

Den in Berlin demonstrierenden ärztlichen Kollegen
möchte ich sagen: Wir haben Verständnis für ihre be-
rechtigten Anliegen. Das Verhältnis Arzt – Patient ist ein
hohes Gut und verdient jeden Schutz. Aber Gesundheits-
politik ist mehr als das Durchsetzen von Einzelinteres-
sen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sollte sich mal die Koalition hinter die Ohren schreiben!)


Neben dem Recht auf Demonstration auf dem Gendar-
menmarkt sehe ich als ärztlicher Kollege die deutschen

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(C (D rzte in der Pflicht, im Interesse ihrer Patienten den Diaog mit der Politik, mit uns, fortzusetzen. Nun spricht für die Fraktion Die Linke der Kollege rank Spieth. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr r. Faust, weiten Teilen Ihrer Aussagen kann ich zustimen. Den heute protestierenden Ärzten sollten wir ange ichts ihrer Bereitschaft, sich mit dem Gesundheitseformgesetz kritisch auseinander zu setzen, und der iskussion über die Frage, ob das Vertrauensverhältnis wischen Arzt und Patient und umgekehrt nicht allmähich zerstört wird, sagen, dass ihre Kritik berechtigt ist nd es in der Tat darauf ankommt, Positionen zu bezieen. Allerdings möchte ich an dieser Stelle auch darauf inweisen, dass sich der Bundesverband der Hausärzte n diesem Protest ausdrücklich nicht beteiligt, weil er agt: Wir als Hausärzte und als Ärzte insgesamt müssen ehr tun, als nur auf unsere Vergütung zu schauen. Wir ragen eine Gesamtverantwortung in diesem System. – eshalb möchte ich hier die Gelegenheit nutzen, den rzten zu sagen: Mehr Ethik und nicht nur Monetik! Das ehen viele Ärzte ebenso. Nun zum Vertragsarztrechtsänderungsgesetz. Mit dieem Gesetz der Bundesregierung soll eine Abmilderung rohender hausärztlicher Unterversorgung – um die eht es im Wesentlichen – erreicht werden. Frau Staatsekretärin, wir unterstützen dieses Anliegen. Wir untertützen zudem wesentliche Teile der Vorschläge, die in iesem Gesetz enthalten sind. Unsere Fragen zielen aber arüber hinaus. Wir haben im Rahmen der Selbstbefasung von Sachverständigen in Bezug auf die Unterverorgungsproblematik die Befürchtung gehört, dass das icht ausreicht. Diese Befürchtung teilen wir. Es geht in er Tat um die Frage, ob wir nur mithilfe von Anreizsysemen erreichen können, dass Ärzte sich künftig in trukturschwachen Regionen, zum Beispiel in der Eifel, m Thüringer Wald oder im Bayerischen Wald, niederassen. (Dr. Martina Bunge [DIE LINKE]: Im Ostseeraum!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605208700

(Beifall bei der LINKEN)

Frank Spieth (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605208800

Auch im Ostseeraum. Das Problem ist überall das glei-
he. Ich könnte Ihnen Beispiele aus Thüringen nennen,
o wir über Jahre hinweg mit ganz extremen Anreizsys-

emen versucht haben, Ärzte anzusiedeln, es aber nicht
eschafft haben.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Was sind denn extreme Anreizsysteme?)


Deshalb muss tatsächlich darüber nachgedacht wer-
en, ob wir neben den Anreiz- und Bonussystemen auch
alussysteme einführen. Ganz konkret heißt das, dass
ir in der Debatte über dieses Gesetz darüber nachden-






(A) )



(B) )


Frank Spieth
ken müssen, ob wir Abschläge erheben, wenn Ärzte in
Gebieten zugelassen werden, in denen Überversorgung
herrscht. Diese Mittel könnten in einem Fonds gesam-
melt werden, sodass wir mit diesen Geldern in den Ge-
bieten, in denen ein Mangel an Ärzten herrscht, eine
wirksame, zusätzliche Unterstützung leisten könnten.

Ein weiterer Punkt wird meine Kollegen von der FDP,
insbesondere Herrn Dr. Schily, nicht begeistern: Wir
müssen darüber nachdenken, ob wir Ärzten abverlangen,
sich zunächst in unterversorgten Gebieten für fünf Jahre
niederzulassen. Vielleicht müssen wir ein solches neues
Steuerungsinstrument einführen. Ich glaube, eine De-
batte darüber wäre des Schweißes der Edlen wert. Viele
Experten sagen, dass dies sehr vernünftig wäre.

Wir dürfen nicht nur liberalisieren, sondern müssen
auch regulierend in den Prozess eingreifen. Dadurch
wollen wir nicht zwangsläufig mehr Bürokratie auf-
bauen, sondern wir wollen im Sinne der Menschen han-
deln, die einen Anspruch auf ärztliche Versorgung ha-
ben.

Ich komme zum Schluss. Im Gesetzgebungsverfahren
werden wir darüber diskutieren, wie wir den Menschen,
die in den unterversorgten Gebieten tage- oder sogar wo-
chenlang auf eine hausärztliche Leistung warten, helfen
können. Im Namen meiner Fraktion biete ich dabei jede
Unterstützung an.


(Beifall bei der LINKEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605208900

Für die Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen hat

der Kollege Dr. Harald Terpe das Wort.


Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605209000

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich

möchte zu Beginn die Pauschalpolemik nach dem Motto
„Mehr Ethik statt Monetik“ zurückweisen. Das bin ich
meinen ärztlichen Kolleginnen und Kollegen einfach
schuldig.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Dem sperrigen Wort „Vertragsarztrechtsänderungsge-
setz“ ist nicht auf Anhieb anzumerken, dass es dabei um
Liberalisierung und Flexibilisierung geht. Wer wünschte
sich nicht eine Zunahme von Freiheit? Ich jedenfalls
kenne in meinem Bundesland Mecklenburg-Vorpom-
mern und in Brandenburg eine Reihe von Vertragsärzten,
die sich gerne von zunehmend erforderlicher Mehrarbeit
und existenzgefährdender Unterfinanzierung befreien
würden.

Ich denke – das ist schon gesagt worden –, dass der
Gesetzentwurf eine Reihe sinnvoller Regelungen ent-
hält. An einer entscheidenden Stelle versagt der Gesetz-
entwurf aber: Er geht nicht mit der Einführung einer leis-
tungsgerechten Vergütung einher; die ist leider auf
2009 verschoben worden. Ich denke, es wäre besser,
wenn das Hand in Hand ginge mit den gesetzlichen Re-
gelungen, die jetzt in Bezug auf die Liberalisierung ge-

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(C (D roffen werden. Natürlich ist es zu begrüßen, wenn esetzgeberisch auf inhaltlich begründete neue Versorungsformen und veränderte Bedingungen im Gesundeitswesen reagiert wird, zumal in diesem Fall durch die remien der ärztlichen Selbstverwaltung eine komfor able Vorarbeit geleistet wurde. Ich bezweifle aber, dass ie Idee, Filialpraxen in unbegrenzter Zahl und räumlich nbegrenzt zu betreiben, zielführend ist. Das ist eine Reelung, die noch über die Zweigpraxenregelung der elbstverwaltung hinausgeht. Die Versorgungslücke – tichwort: Hausarztmangel im Osten – wird sich meiner einung nach damit vermutlich nicht schließen lassen, ondern es könnte sich eher noch ein Einfallstor für vererrten oder unlauteren Wettbewerb ergeben. Prinzipiell kann ich die Kritik der Bundesärztekamer verstehen. Sie sagt, dass der Gesetzentwurf in der etzt vorliegenden Fassung mit der berufsrechtlichen Reelung, die in der Vergangenheit auch in die Landesgeetzgebung Einzug gehalten hat, noch nicht kompatibel st. Da ist sicherlich noch einiges zu tun. Es wird immer wieder argumentiert – auch im Zuammenhang mit dem vorliegenden Gesetzentwurf –, ass mehr Wettbewerb ins System soll. Aus ärztlicher icht ist der Wettbewerb um die beste Qualität zu präfeieren. Ich wage die These, dass das Vertragsarztsystem n marktwirtschaftlicher Hinsicht nur einem eingechränkten Wettbewerb unterliegen kann – das hängt mit en regionalen Unterschieden zusammen, die schon anesprochen wurden –, es sei denn, es werden Wettbeerbsverzerrungen in Kauf genommen. In diesem Zusammenhang muss über die Regelungen es Gesetzentwurfs zu den Medizinischen Versorungszentren noch diskutiert werden, insbesondere ber die Nachbesetzungsregelungen und die Unklarheien hinsichtlich der Finanzierung. Lassen Sie mich zum Abschluss noch darauf hinweien, dass ich persönlich kein Verständnis dafür habe, enn fast 16 Jahre nach der Vollendung der deutschen inheit immer noch an dem Grundsatz „Gleicher Lohn ür gleiche Arbeit“ gerüttelt wird. ch kann daher nicht nachvollziehen, warum Sie mit Ihem Gesetzentwurf die ostdeutschen Zahnärzte weiter enachteiligen wollen. In dieser Frage waren wir mit em Gesundheitsmodernisierungsgesetz schon weiter. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)


(Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Richtig!)


Sie sehen, es gibt bei diesem Gesetzentwurf reichlich
iskussionsbedarf.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605209100

Als letzter Redner in dieser Debatte hat der Kollege

ike Hovermann für die SPD-Fraktion das Wort.






(A) )



(B) )


Eike Hovermann (SPD):
Rede ID: ID1605209200

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen!

Als Erstes eine Replik auf Herrn Dr. Terpe und Herrn
Spieth. Ich glaube, wir sollten die unselige Diskussion
„Ethik statt Monetik“ fallen lassen. Es geht um ein aus-
gewogenes Verhältnis zwischen Ethik und Monetik.
Ethik ohne Monetik ist überhaupt nicht vorstellbar. Diese
unselige Debatte führen wir schon seit Jahrzehnten.

Herr Dr. Faust hat als Hintergrund dieses Gesetzes
den 107. Ärztetag erwähnt. Die bisherigen berufsrecht-
lichen Regelungen zu verändern, ist völlig richtig. Sehr
wesentlich war auf diesem Ärztekongress natürlich auch
die Debatte über den § 140, die integrierte Versorgung,
um die elendige Versäulung zwischen den Versorgungs-
ebenen endgültig zu überwinden. Darin liegen nämlich
erhebliche strukturelle Probleme. Wir werden sehen, ob
das gelingt.

Wir werden mit dem Gesetz sicherlich vieles errei-
chen. Das Gesetz ist uneingeschränkt zu begrüßen und in
seinem Vollzug natürlich immer wieder zu begleiten, weil
es sich, Herr Dr. Terpe, wie bei den DRGs um ein lernen-
des System handelt. Man muss einmal schauen, wenn das
Gesetz in die Realität umgesetzt worden ist, wie sich die
Realität entlang des Gesetzes entwickeln wird.

Sie haben mit Recht den KBV-Vorschlag aufgenom-
men, das Missverhältnis zwischen Unterversorgung und
Überversorgung durch Zu- und Abschläge zu regulie-
ren. Doch dafür, Herr Spieth, muss auch die Monetik
stimmen. Das heißt, wenn Sie ein Verhältnis zwischen
Abschlägen und Zuschlägen schaffen, muss man genü-
gend Spielräume haben, um das so zu gestalten, dass es
nicht zu einem Kampf zwischen denen, die einen Zu-
schlag erhalten, und denen, die einen Abschlag erhalten,
kommt.

Natürlich vereinfacht das Gesetz die Gründung von
Medizinischen Versorgungszentren. Laut Kassenärzt-
licher Bundesvereinigung – es liegt eine gute Sammlung
von Charts vor – hat es da erhebliches Wachstum gege-
ben. Noch ist das Verhältnis zwischen Gründungen im
ländlichen Bereich und denen in den Ballungszentren re-
lativ ausgewogen. Es wird allerdings auf die Fragen an-
kommen – hier komme ich auf Ethik und Monetik zu-
rück –, wo es in Zukunft Steigerungsraten geben wird, in
welcher Rechtsform dies stattfindet und wer Geld zur
Verfügung stellt. Denn das wird sehr teuer.

Herr Schily, um offen auf einen Punkt einzugehen,
der mich sehr interessiert hat: Man kann als Arzt sowohl
mit 58 als auch mit 68 Jahren befähigt sein; wahrschein-
lich gilt das für Politiker, Klempner und Tankstellenwär-
ter ebenso. Nur, wenn das Gesetz keine Rahmenrege-
lungen vorgibt, wer entscheidet dann eigentlich über die
Frage der Befähigung? Sonst heißt es möglicherweise:
Du musst jetzt raus aus deiner Praxis, du bist nicht befä-
higt. – Dazu muss es Klarstellungen geben, die, vermute
ich, von der KV nicht so gerne gegeben würden; deshalb
muss der Gesetzgeber sie liefern. Dergleichen muss in
das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz, kurz VÄG ge-
nannt, in Zukunft eingeflochten werden.

Vieles ist schon angesprochen worden; ich will das
nicht alles wiederholen. Ich weiß nicht, ob die Verlänge-

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(C (D ung der Anschubfinanzierung für die integrierte Versorung schon angesprochen worden ist. Das ist sinnvoll. atürlich steht hier, Herr Dr. Faust, der Patient im Mit elpunkt. Aber es muss wohl in Zukunft auch noch chärfere Regelungen in Bezug auf die Frage geben, was ine echte integrierte Versorgung ist und was eine Verorgung ist, die sich nur integriert nennt, aber nicht interiert gemacht wird. (Beifall des Abg. Dr. Hans Georg Faust [CDU/ CSU] und des Abg. Dr. Harald Terpe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


All diese Schritte, die mit diesem Gesetzentwurf in-
endiert sind, sind uneingeschränkt begrüßenswert.
leichwohl gilt zu bedenken, was der Jurist einen Ver-

assungswunsch nennt, der oft in einem Missverhältnis
ur Verfassungsrealität steht. – Die Präsidentin mahnt
chon. – Wir werden sehen, wie die Umsetzung, die von
er Finanzierung abhängt, vonstatten geht. Beim Fonds
ibt es, jenseits des heroischen und evidenzbasierten
ampfes um den Einbezug des „s“, noch viele wichtige
ragen, zum Beispiel bezüglich der 1-Prozent-Ober-
renze. Ich bin dennoch guten Mutes, dass wir im Laufe
er Diskussion über dieses Gesetz diese und andere Fra-
en beantworten werden. Ich bitte Sie zuzustimmen.

Vielen Dank fürs Zuhören und einen schönen Tag
och.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605209300

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent-
urfs auf Drucksache 16/2474 an die in der Tagesord-
ung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es
azu anderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall.
ann ist die Überweisung so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 25 auf:

Beratung des Berichts des Ausschusses für Bil-
dung, Forschung und Technikfolgenabschätzung

(18. Ausschuss) gemäß § 56 a der Geschäftsord-

nung

Technikfolgenabschätzung (TA)


TA-Projekt: Zukunftstrends im Tourismus

– Drucksache 16/478 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Tourismus (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Ausschuss für Kultur und Medien






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Petra Pau
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für
diese Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. Gibt es
dazu Widerspruch? – Ich höre keinen. Dann ist das so
beschlossen.

Die Kollegin Marlene Mortler hat für die Unionsfrak-
tion das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Marlene Mortler (CSU):
Rede ID: ID1605209400

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und

Herren! Dass es Tourismus gibt, dass wir in Urlaub fah-
ren, dass wir auf Geschäftsreisen unterwegs sind, ist für
viele Menschen in unserem Land selbstverständlich.
Welche Bedeutung der Tourismus hat, was wirklich da-
hintersteckt, ist allerdings den wenigsten Menschen be-
wusst. Deshalb bin ich froh und dankbar, dass wir als
Koalitionsfraktionen uns entschieden haben, diese De-
batte, auch wenn es Freitagnachmittag ist, zu führen und
über den Tourismus und die TAB-Studie, um die es
heute geht, zu sprechen.

Meine Damen und Herren, kein Geringerer als Zu-
kunftsforscher Opaschowski hat es auf den Punkt ge-
bracht. Er sagt: Die Freizeitwirtschaft ist so wichtig,
dass ich sie in der Rolle einer Leitökonomie sehe. – In
der Tat, die Wachstumsraten in der Freizeitwirtschaft
liegen weit über denen der Gesamtwirtschaft. Damit
wird die Freizeitwirtschaft die Lokomotive sein, die die
Wirtschaft des 21. Jahrhunderts antreibt.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Der Tourismus hat sich in den letzten zehn Jahren
weltweit rasant entwickelt. Während noch vor zehn Jah-
ren 540 Millionen Menschen unterwegs waren, sind es
heute bereits über 808 Millionen Menschen. Dieser Auf-
wärtstrend scheint ungebrochen. Der World Travel and
Tourism Council hat von einem Umsatz in der Reise-
branche von über 1,5 Billionen US-Dollar gesprochen.
Das heißt, jeder zehnte US-Dollar wird im Bereich Rei-
sen ausgegeben. Diese Zahlen machen die volkswirt-
schaftliche Bedeutung des Tourismus deutlich. Ich sehe
es als unsere Aufgabe der Zukunft an, da nicht nur mit-
zuspielen, sondern weiterhin in der Spitze zu sein und
den Stürmer zu spielen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Der Tourismusmarkt ist ein Wachstumsmarkt. Fast
alle europäischen Volkswirtschaften profitieren von ihm.
Allein in Europa gibt es in diesem Bereich 25 Millionen
Arbeitsplätze. Auf Deutschland heruntergebrochen ent-
spricht das 2,8 Millionen Menschen, die in diesem Be-
reich arbeiten. Das klingt nicht gerade weltbewegend.
Aber für mich ist die Tatsache entscheidend, dass Ar-
beitsplätze im Tourismus nicht exportierbar sind.

Lassen Sie mich im Zusammenhang mit der Situation
in Deutschland einen Blick in die Gegenwart bzw. in die
jüngste Vergangenheit werfen: Womit haben wir uns in
den letzten drei Monaten beschäftigt? Wir hatten ein
traumhaftes Incoming. Das heißt, es sind sehr viele Men-
schen aus dem Ausland zur Fußballweltmeisterschaft
nach Deutschland gekommen. Unser Ziel war, Deutsch-

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(C (D and als ein weltoffenes und gastfreundliches Land zu räsentieren. Ich danke an dieser Stelle allen, die dazu hren Beitrag geleistet haben. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Allen voran danke ich der Deutschen Zentrale für
ourismus, die eine sehr bedeutende Rolle spielte. Ge-
auso wichtig ist mir, darauf hinzuweisen, dass wir er-
eut 25 Millionen Euro in den Bundeshaushalt einge-
tellt haben, um im Ausland und im Inland weiterhin
achhaltig für unseren Tourismusstandort werben zu
önnen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass wir in diesem
ahr zum ersten Mal die Grenze von 52 Millionen Über-
achtungen überschreiten werden, allein was die interna-
ionalen Übernachtungen betrifft. Es ist auch keine
elbstverständlichkeit, dass das so bleibt. Deshalb war
as Motto der Fußball-WM „Die Welt zu Gast bei
reunden“ sehr wichtig.

Welche Schlussfolgerungen können wir heute ziehen?
s wurde professionell vorgegangen. Die DZT – ich
abe sie erwähnt – und viele andere waren daran betei-
igt. Die Fußball-WM hat dem Image unseres Landes ei-
en zusätzlichen Schub gegeben. Das hat, was die touris-
ische Nachfrage betrifft, eine Langzeitwirkung.


(Ute Kumpf [SPD]: Das wird sich noch zeigen!)


Im Rahmen der Fußballweltmeisterschaft haben über
0 Prozent der Menschen gesagt, dass sie Deutschland
eiterempfehlen wollen. Das ist, wie ich finde, eine tolle
ahl. Aber ich betone: Wir dürfen uns nicht auf diesen
orbeeren ausruhen. Wir müssen immer wieder überle-
en: Wo stehen wir und wo stehen die anderen? Gibt es
ei uns Defizite? Wo müssen wir hin und wo wollen wir
in? Denn der internationale Markt schläft nicht.

Es waren aber nicht nur die sportlichen Ereignisse,
ie unser Land vorangebracht haben. In der TAB-Studie
ird auch darauf hingewiesen, welche Vorteile die
U-Osterweiterung unserem Land bringt. Ich finde es

oll und bemerkenswert, dass die TAB-Studie, die DZT
nd eine Studie der Fachhochschule Worms zum glei-
hen Ergebnis kommen: Wenn wir unsere Chancen im
ourismus nutzen, wird Deutschland Reiseland Nummer
ins für die osteuropäischen Länder. Wir werden vonein-
nder profitieren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


s ist sicherlich die räumliche Nähe, die für uns spricht,
ber auch das gute Image, das wir uns in den letzten Mo-
aten aufgebaut haben. Nutzen wir also diese Möglich-
eiten!

Ein Manko besteht sicherlich bei der Verkehrsinfra-
truktur; hier gibt es Defizite. Wir müssen dringend un-
ere Hausaufgaben machen bei den Verkehrsverbindun-
en nach Osten, die wir in den Bundesverkehrswegeplan
ufgenommen haben. Aber auch die osteuropäischen






(A) )



(B) )


Marlene Mortler
Staaten müssen beherzt ihre Infrastruktur modernisieren
und erweitern. Ich bin persönlich fest überzeugt davon,
dass wir den stärkeren Tourismus, der sich hier entwi-
ckeln soll und auch wird, nicht alleine den Billigfliegern
überlassen können und überlassen sollten.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die Tourismusbranche befindet sich im Umbruch.
Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass sich bewährte
Geschäftsmodelle nicht mehr bewähren. Sie müssen auf
den Prüfstand, weil sich das Kundenverhalten geändert
hat. Wir müssen auch feststellen, dass die Nachfrage er-
heblich von der Qualität abhängt. Die Kundenzufrieden-
heit lässt sich dabei nicht einfach mit den vergebenen
Sternen gleichsetzen.

Ich habe vom Umbruch gesprochen, von der Entwick-
lung unserer Gesellschaft. Hier spielt die Demografie
eine wichtige Rolle. Den großen Einfluss des demogra-
fischen Wandels auf den Tourismus wollen wir am
25. Oktober in einer Anhörung näher beleuchten. Den
alten Menschen, meine Damen und Herren, gibt es nicht:
Die alten Menschen sind materiell, gesundheitlich, geis-
tig ganz unterschiedlich aufgestellt. Der eine hat einen
großen Geldbeutel, der andere einen kleinen. Aber alle
verbindet eines: die nach wie vor ungebrochene Reise-
lust. Für all diese unterschiedlichen Menschen brauchen
wir Antworten, innovative Ideen und Angebote.

Ich komme zum Schluss. Als dritten Komplex möchte
ich ganz eindringlich die Risiken und Krisen an-
sprechen. Risiken und Krisen sind von ungebrochener
Aktualität. Ich denke an die in Heathrow vereitelten An-
schläge, ich denke aber auch an neue Krankheiten, an
Epidemien, an die Zunahme von Naturkatastrophen und
extremen Wetterereignissen. Entscheidend ist, dass wir
die Menschen in unserem Lande ernst nehmen, wenn es
um die Sicherheit geht.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605209500

Kollegin Mortler, das war eigentlich ein sehr schöner

Schlusssatz. Ich bin ein geduldiger Mensch, aber – –


Marlene Mortler (CSU):
Rede ID: ID1605209600

Eine Befragung hat nämlich deutlich gemacht, dass

die Sicherheit für die Menschen inzwischen an erster
Stelle steht, sie kommt vor einem guten Preis-Leistungs-
Verhältnis.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Deshalb darf die Sicherheit nicht länger ein Tabuthema
sein. Wir müssen verstärkt auf die Möglichkeiten hin-
weisen, die das Auswärtige Amt mit seinen Reisewar-
nungen und Reisehinweisen bietet.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605209700

Kollegin Mortler, das ist jetzt wirklich absolut unkol-

legial.


(Zuruf von der SPD: Ja, das stimmt!)


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(C (D Wir müssen mit der Reisebranche verstärkt in einen ialog treten, um die Sicherheit der Reisen zu verbesern. (Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schauen Sie doch einmal auf die Uhr!)

Marlene Mortler (CSU):
Rede ID: ID1605209800

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605209900

Für die FDP-Fraktion hat der Kollege Jens

ckermann das Wort.


Jens Ackermann (FDP):
Rede ID: ID1605210000

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kolle-

en! Mit dem Bericht „TA-Projekt: Zukunftstrends im
ourismus“ werden die vielfältigen Chancen und He-
ausforderungen gezeigt, denen sich Deutschland im Be-
eich des Tourismus stellen muss. In dem Bericht wer-
en Trends genannt, die erfreulicherweise stark mit der
U-Erweiterung in Verbindung gebracht werden. Die
DP-Fraktion begrüßt diesen Fokus auf unsere östlichen
achbarn und die Chancen, die sich daraus ergeben.


(Beifall bei der FDP)


Seit dem Beitritt der neuen Mitgliedstaaten werden
ie Möglichkeiten für die deutsche Tourismusbranche
mmer offensichtlicher.


(Martin Zeil [FDP]: So ist es!)


um einen können die deutschen Reiseunternehmen
urch das steigende Interesse deutscher Touristen am
stlichen Europa stark profitieren, zum anderen bergen
ie neuen EU-Mitgliedsländer insbesondere im Bereich
er Geschäftsreisen und als Messestandort ein hohes
ourismuspotenzial für Deutschland selber. Das ist ein
eispiel für eine gute Entwicklung in Europa und ein
rgument gegen die nach wie vor vorhandene Skepsis
insichtlich der EU-Erweiterung.


(Dr. Konrad Schily [FDP]: Richtig! – Martin Zeil [FDP]: Ja!)


Der Bericht ist vom Januar 2006. Vieles, was in der
orausschau geschrieben wurde, ist nach wie vor aktu-
ll. Doch seitdem hat sich enorm viel getan – unter ande-
em seit der Fußballweltmeisterschaft, die der Touris-
usbranche viele neue Impulse geliefert hat.


(Martin Zeil [FDP]: Ja, aber der Regierung leider nicht!)


ir müssen aber darauf achten, dass diese Impulse, die
ie WM gebracht hat, auch nachhaltig sind, sodass wir
uch später noch davon profitieren können. Die WM war
in großer Erfolg und hat allen gezeigt, zu welchen Leis-
ungen unser Land nicht nur im Sport fähig ist,


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Jens Ackermann
dass Deutschland ohne falsche Bescheidenheit Welt-
meister der Herzen genannt werden kann und dass der
Slogan „Zu Gast bei Freunden“ die Atmosphäre im Land
gegenüber den Gästen und Touristen treffend auf den
Punkt gebracht hat.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


An dieser Stelle möchte ich im Namen der FDP-Frak-
tion der Gastronomie und der Hotellerie in Deutsch-
land für ihr Engagement und ihr beachtliches Ar-
beitspensum in den heißen Tagen des Juni danken; denn
jeder noch so kleine Schankbetrieb wurde zu einer ver-
längerten Fankurve in den unterschiedlichsten nationa-
len Farben und zu einer Visitenkarte Deutschlands.

Um die Stärkung des Tourismusstandorts Deutsch-
land, die durch die WM 2006 erreicht werden konnte,
dauerhaft zu sichern, müssen die Rahmenbedingungen
für den Tourismussektor verbessert werden.


(Martin Zeil [FDP]: Ladenschluss aufheben!)


Damit investieren wir in die wichtigste Dienstleistungs-
und Wachstumsbranche, die wir haben. Doch welche
Rahmenbedingungen meine ich? Insbesondere für die
Tourismusbranche sind Freiräume, in denen sich Unter-
nehmen entwickeln können, ganz wichtig; denn es sind
vor allem mittelständische Unternehmen, die vom Tou-
rismus leben.

Den Projektbericht vor Augen appelliere ich deshalb
an die Bundesregierung, es den Nachbarn in Europa
gleichzutun und einen reduzierten Mehrwertsteuer-
satz für die Bereiche Hotellerie und Gastronomie einzu-
führen.


(Lachen bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der SPD: In jeder Rede die Mehrwertsteuer!)


Es ist doch nur fair, den deutschen Gastronomen den
gleichen Satz anzubieten, der auch für die Mitbewerber
zehn, 20 Kilometer weiter hinter der Grenze gilt.


(Beifall bei der FDP – Renate Gradistanac [SPD]: Haben Sie den Bericht überhaupt gelesen?)


Ohnehin ist es für die gesamte Wirtschaft nicht von Vor-
teil, die Mehrwertsteuer im nächsten Jahr anzuheben.


(Beifall bei der FDP – Martin Zeil [FDP]: Das ist der größte Mist!)


Durch jede Erhöhung der Mehrwertsteuer wird der Kon-
sum gehemmt. Dies schadet letztlich vor allem der Gas-
tronomie.

Ich möchte aber auch noch einen anderen Punkt an-
sprechen – Kollegin Mortler hat es schon zum Ausdruck
gebracht –: Es geht um die Beschäftigungszahl. Meiner
Meinung nach könnten wir im Bereich des Tourismus
noch mehr Beschäftigung und Ausbildungsplätze als
bisher haben. Hier müssen wir uns aber auch um die
Rahmenbedingungen kümmern. Wenn wir vom Touris-
mus als wichtigem Zukunftstrend sprechen, dann muss
dies auch an den Beschäftigungszahlen deutlich werden.
Durch Mindestlöhne – egal, in welcher Form sie festge-
legt sind – werden die Arbeitsmarktprobleme nicht ge-

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(C (D öst, sondern noch viel mehr verschärft. Im Ergebnis ühren sie insbesondere im Bereich der Geringqualifiierten zu einer Verdrängung von Arbeitsplätzen und zu iner Abwanderung in die Schwarzarbeit. (Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Sie wollen wohl Hungerlöhne?)


as nutzt erst recht niemandem.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf von der SPD: Wer hat Ihnen denn das aufgeschrieben?)


Außerdem sollten die Ausbildungsmöglichkeiten für
ugendliche unter 18 Jahren verbessert werden, statt
tändig eine Ausbildungsplatzabgabe zu fordern.


(Renate Gradistanac [SPD]: Davon steht nichts im Bericht! Haben Sie den Bericht gelesen?)


ie viel attraktiver wäre die Einstellung eines Jugendli-
hen unter 18 Jahren, wenn im Bereich des Jugendar-
eitsschutzes die zulässige Arbeitszeit für Jugendliche
on 22 Uhr auf 23 Uhr ausgedehnt werden würde!


(Martin Zeil [FDP]: Ganz genau!)

ie Chancen für Haupt- und Realschüler auf einen Aus-
ildungsplatz im Tourismussektor würden steigen.


(Beifall bei der FDP – Annette Faße [SPD]: Thema verfehlt! Sie haben den Bericht, den wir heute diskutieren, nicht gelesen! – Weiterer Zuruf der Abg. Renate Gradistanac [SPD])


Frau Kollegin Gradistanac, ein junger Mensch, der von
esetzes wegen um 22 Uhr mit der Arbeit aufhören
uss, wartet doch auch auf einen Arbeitskollegen, der

m 23 Uhr Feierabend hat, um mit ihm dann in die Disco
u gehen und bis 4 Uhr morgens zu feiern.


(Zurufe von der SPD: Das ist seine Privatsache! – Ich mache nachts auch, was ich will!)


Natürlich ist das seine Privatsache. Aber es ist doch
nfair – –


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605210100

Herr Kollege Ackermann, diese Debatte müssten Sie

ußerhalb des Plenarsaals fortsetzen.


Jens Ackermann (FDP):
Rede ID: ID1605210200

Das mache ich. – Es geht mir um diejenigen, die ei-

en Ausbildungsplatz haben könnten, diesen aber nicht
ekommen, weil die Politik die Hürden so hoch ansetzt.


(Beifall bei der FDP)

Ein letzter Satz, Frau Präsidentin: Die Ausschussvor-

itzende hat bereits angesprochen, dass die Tourismus-
ranche sehr stark durch höhere Gewalten beeinflusst
ird, durch Klima und Wetter. Wir sollten nicht weitere
inflüsse durch staatliche Gewalt hinzukommen lassen,
nd zwar in unser aller Interesse.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP – Zurufe von der SPD: Thema verfehlt!)







(A) )



(B) )


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605210300

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe hier nicht

nur einen Knopf, um das Signal „Präsident“ einzuschal-
ten, das normalerweise anzeigt, dass die Redezeit abge-
laufen ist. Ich habe noch einen Knopf, den ich noch nie
benutzt habe. Ich hoffe immer noch, dass ich ihn auch
nie benutzen muss. Ich gebe aber zu: Heute strapazieren
Sie meine Geduld sehr.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Das Wort hat die Kollegin Renate Gradistanac für die
SPD-Fraktion.


Renate Gradistanac (SPD):
Rede ID: ID1605210400

Herzlichen Dank. – Frau Präsidentin! Meine sehr ver-

ehrten Damen und Herren! Ich freue mich sehr, dass wir
heute über das Thema „Zukunftstrends im Tourismus“
sprechen. Ich habe den Eindruck, manche haben über-
haupt nicht gewusst, was heute auf der Tagesordnung
steht.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Der TA-Bericht geht auf eine Initiative unseres Tou-
rismusausschusses zurück. Ich danke dem Büro für
Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag
für die hervorragende Arbeit, insbesondere Frau Scherz,
Herrn Petermann und Herrn Revermann.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Der Bericht ist in drei Schwerpunkte gegliedert: ers-
tens der demografische Wandel in Deutschland, zweitens
die EU-Osterweiterung und die Auswirkungen auf den
Tourismus und drittens Reisen angesichts von Krisen
und Risiken.

Die Tourismuswirtschaft gilt weltweit als Leitökono-
mie der Zukunft; das haben Sie richtig schön herausge-
stellt, Frau Mortler. Gerade deshalb ist es wichtig, dass
wir in Deutschland, in den Ländern und in den Touris-
musregionen relevante Entwicklungen rechtzeitig erken-
nen und uns darauf einstellen.


(Beifall bei der SPD)


Die Ergebnisse des Berichts liegen seit einiger Zeit
vor und wurden auch bei verschiedenen Gelegenheiten
diskutiert. Bei meinen Veranstaltungen im Schwarzwald,
in Bad Wildbad, und in Munderkingen, am Rande der
Schwäbischen Alb, stießen die Ergebnisse auf großes In-
teresse.


(Zuruf von der SPD: Nicht so viel Werbung!)


Das hat mich besonders gefreut, zeigt es doch, dass
die Mehrheit der Branche interessiert ist, sich auf die
Herausforderungen, aber auch auf die Chancen der Zu-
kunft vorzubereiten.


(Zustimmung bei der SPD)


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(C (D In meiner Rede möchte ich insbesondere auf den emografischen Wandel eingehen, weil wir von der PD-Arbeitsgruppe dieses Thema vorgeschlagen haben. ie Bevölkerungszahl schrumpft, die Gesellschaft altert. as lässt sich eindrücklich an den Statistiken, die im Be icht aufgeführt sind, ablesen. Ich möchte einige Zahlen ennen: 1994 waren 15,4 Prozent der Bevölkerung in eutschland über 65 Jahre, Ende 2004 waren es 8,6 Prozent. Im Jahr 2050 sollen 37 Prozent der Bevölerung über 60 Jahre sein. Die Reiselust der älteren Menschen wächst stetig. Uner allen Altersgruppen in Deutschland geben sie den öchsten Anteil ihres Einkommens für Reisen aus. Senirenhaushalte verwendeten im Jahr 2003 4,1 Prozent ihes Konsumbudgets für Pauschalreisen; der Durchschnitt ller Altersgruppen lag bei 2,7 Prozent. – Die so genannen Best-Ager, Jungsenioren im Alter von 50 bis 64 – auer Ihnen, Herr Ackermann, gehören wir wahrscheinlich lle dazu –, machen die meisten Urlaubsreisen. Die Touismusbranche wird sich daher auf das zunehmende Alter hrer Kundinnen und Kunden einstellen müssen. Nicht ur Marktforscher sind der Meinung, dass die Seniorinen und Senioren in absehbarer Zeit zum Wachstumsotor der Branche werden. Ältere Menschen wollen heutzutage keine Senioreneise buchen. Sie fühlen sich dazu zu gesund, vital, aktiv nd mobil. Es gilt, vermehrt touristische Angebote zu ntwickeln, die sich auf die Erwartungen der Seniorinen und Senioren einstellen. Das gilt sowohl für die ruppe der Älteren, die viel Geld ausgeben können, als uch für diejenigen, die gerne reisen, aber über ein kleieres Budget verfügen. Die Branche ist nach meiner eobachtung sensibilisiert. Das nächste Jahr ist zum „Europäischen Jahr der hancengleichheit für alle“ erklärt worden. Es stellt ich die Frage, was verbessert werden muss, um jeder ielgruppe gleiche Chancen zu ermöglichen. Das gilt nsbesondere für den barrierefreien Tourismus, bei dem s noch Nachholbedarf gibt. as wissen wir spätestens seit unserem Wettbewerb „Failienzeit ohne Barrieren“ aus dem Jahr 2003. Die Jury tieß damals auf ausgezeichnete Angebote, die exzellent rarbeitet waren. Es gab aber auch Fälle von erschreckener Unkenntnis. Wettbewerbe auf Bundesund Länderbene stellen positive Beispiele heraus, an denen sich anere orientieren sollten. Was die Haushaltsberatungen für das Jahr 2007 aneht, freuen wir uns, dass der barrierefreie Tourismus enannt wird. Wir wünschen uns aber mehr Mittel für iesen Bereich, um die Barrierefreiheit wirklich voranubringen. (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)


(Beifall im ganzen Hause)


Um bis ins höchste Alter fit zu bleiben, gewinnt die
rävention immer mehr an Bedeutung. Urlaub für die
esundheit und kombinierte Fitness- und Wellnessange-






(A) )



(B) )


Renate Gradistanac
bote sind zunehmend gefragt. Besonders medizinische
Wellnessangebote sind ein Wachstumsmarkt. Allerdings
muss das Fachpersonal hierfür hervorragend qualifiziert
sein.

Das Wandern, das lange Zeit als verstaubte Sportart
galt, erlangt eine ungeahnte Renaissance. Bei mir im
Schwarzwald gibt es den „Wanderhimmel Baiersbronn“.
Vielleicht haben Sie Lust, einmal zu kommen. Es ist ein
gelungenes Beispiel, wie das Wandern zu einem ganz-
heitlichen Erlebnis aus Fitness, Entspannung, Naturerle-
ben und Geselligkeit werden kann.

Lassen Sie mich ein zweites Beispiel aus dem
Schwarzwald nennen – ich bin aber überzeugt, dass Sie
ebenfalls unzählige Beispiele anführen könnten, liebe
Kolleginnen und Kollegen –: Ein Viersternehotel mit an-
geschlossener Landwirtschaft hat zum Schwarzwälder
Fuchsfest eingeladen. Die regionale Identität wird dort
bewusst gestärkt und herausgestellt. Auffallend war,
dass dort viele Großeltern mit ihren Enkelkindern waren.
Diese haben dort einen besonders schönen Tag erlebt.

Der zweite Schwerpunkt des Berichts bezieht sich auf
die EU-Osterweiterung, die die deutsche Tourismus-
wirtschaft vor Herausforderungen stellt. Davon war be-
reits die Rede. Sie bringt aber auch Chancen. Prognosen
kommen zu dem Ergebnis, dass die deutsche Tourismus-
wirtschaft aller Voraussicht nach mittelfristig zu den Ge-
winnern der EU-Osterweiterung zählen wird.

Reisen im Angesicht von Risiken und Krisen sind die
dritte Säule des Berichts. Darunter versteht man Gewalt,
Kriminalität, Terror, Gesundheitsrisiken, Naturkatastro-
phen und den Klimawandel. Der globale Klimawandel
wird weitere ernsthafte Folgen für Wetter und Natur ha-
ben. In dem Projekt „Klimawandel – Auswirkungen, Ri-
siken, Anpassung“ – kurz KLARA – sind die Folgen des
Klimawandels für Baden-Württemberg erforscht wor-
den.

Es ist im ureigenen Interesse der Tourismusbranche,
sich mit den Ergebnissen, auf die ich aus Zeitgründen
nicht näher eingehen kann, auseinander zu setzen. Wir
haben die Möglichkeit, in der von uns geplanten Anhö-
rung die einzelnen Punkte zu behandeln.

Klar ist: Bund, Länder und Tourismusbranche sind
gefordert. Der Bericht ist eine hervorragende Grundlage,
die durch die Anhörung ergänzt wird. Ich verbinde damit
die Erwartung, dass die Bundesregierung ein touristi-
sches Leitbild für Deutschland entwickelt.

Ich habe eine Minute meiner Redezeit eingespart.


(Heiterkeit bei der SPD und der CDU/CSU)


Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
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Herzlichen Dank. – Das Wort hat der Kollege Dr. Ilja

Seifert für die Fraktion Die Linke.

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(C (D Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol egen! Meine Damen und Herren auf den Besuchertribüen! Die Technikfolgenabschätzung über touristische rends bietet uns eine gute Möglichkeit, wichtige Punkte arzulegen, die wir für die Zukunft favorisieren wollen. ür die Linke erlaube ich mir, drei Punkte herauszugreien: erstens den sozialen Faktor, der mit dem Tourismus erbunden ist; zweitens den regionalen Gestaltungsfakor und drittens den arbeitsplatzintensiven Wirtschaftsaktor. Erstens ist hier hinsichtlich des sozialen Faktors chon sehr viel von Menschen gesprochen worden, die iel Geld haben, und solchen, die über weniger verfüen. Meines Erachtens müssen wir uns mehr auf diejenien konzentrieren, die weniger Geld haben, also zum eispiel darüber reden, was Empfängerinnen und Emp änger von Arbeitslosengeld II machen, die fast gar nicht erreisen können. Brauchen die etwa keine Erholung? ch denke, sie brauchen mehr Erholung als manche, die icht wissen, wohin mit ihrem Geld. (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Widerspruch bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605210600

lso müssen wir dafür sorgen, dass es entsprechende
öglichkeiten gibt und dass bei Ihnen, liebe Kollegin-

en und Kollegen von der CDU/CSU, nicht darüber phi-
osophiert wird, ob sie überhaupt Urlaub machen dürfen.

Ich halte es für sehr gut, dass für diese Menschen zum
eispiel in der Oberlausitz aufgrund der Zusammenar-
eit von DRK und der Tafel die Möglichkeit besteht,
0 Kilometer entfernt von ihrem Heimatort, zumindest
ür fünf Tage mit ihren Kindern für sehr wenig Geld Ur-
aub machen zu können. Solche Beispiele sind zu favori-
ieren und weiterzuentwickeln.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Zweitens geht es um den regionalen Gestaltungsfak-
or, den Tourismus bietet. Wenn wir alle darin überein-
timmen, dass Tourismus einer der Wirtschaftsfaktoren
er Zukunft ist, dann haben wir doch die Möglichkeit,
ier etwas zu gestalten. Niemand wird sich wundern,
enn ich an dieser Stelle auf die Barrierefreiheit zu

prechen komme. Es reicht eben nicht aus, immer mehr
nsellösungen zu haben. Wir brauchen Lösungen, die
rundsätzlich Barrierefreiheit bieten, und zwar nicht nur
ür Rollstuhlfahrerinnen und Rollstuhlfahrer, sondern
elbstverständlich auch für blinde und gehörlose Men-
chen. Es bringt Nutzen für alle, zum Beispiel auch für
ie, die nicht so gut zu Fuß sind oder – wie Kinder –
urze Beine haben, wenn wir dies zu einem in der gan-
en Region durchgängigen gestalterischen Prinzip ma-
hen. Das heißt nicht, dass ich die Alpen planieren will,
ondern nur, dass ich möchte, dass sie dort, wo es geht,
ür möglichst alle begehbar, berollbar und benutzbar
ind. Das Gleiche trifft natürlich für mein Zittauer Ge-
irge wie für jede andere Urlaubsregion in diesem Land
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Dr. Ilja Seifert
Drittens komme ich auf den Wirtschaftsfaktor Tou-
rismus und sein Potenzial zu sprechen, Arbeitsplätze zu
schaffen. Hier ist schon mehrfach angesprochen worden,
dass diese Arbeitsplätze erstens nicht exportiert werden
können und sie zweitens mehr werden.

Wenn wir das schon registrieren, dann bitte ich da-
rum, an dieser Stelle auch einmal den Menschen eine
Chance zu geben, die es ohnehin schwerer haben. Hier
treffen also Wirtschaftsfaktor und sozialer Faktor zusam-
men. Es gibt in der Gastronomie und in der Hotellerie in-
zwischen mehrere sehr gute Ausbildungsmöglichkeiten
für Menschen mit so genannten Lernschwierigkeiten.

Ich bitte darum, dass diesen Menschen anschließend
die Chance gegeben wird, in diesem Bereich auch wirk-
lich zu arbeiten. Sie können es, sie können es gut; man
muss ihnen nur die Möglichkeit dazu geben. Dazu müs-
sen sie nicht einsteinverdächtig sein und sich mit Atom-
physik beschäftigen; vielmehr reicht es aus, wenn sie
Teller ordentlich hin- und wieder wegtragen können,
wenn sie Betten ordentlich machen und die Zimmer or-
dentlich reinigen können. Das ist der Beruf, den sie er-
lernt haben, den sie gern ausüben möchten und in dem
sie Selbstbestätigung und dadurch Befriedigung finden
können.

Das sind Wirkungen des Tourismus, die wir brauchen.
Tourismus hat eine Zukunft. Lasst uns auf die sozialen
Aspekte besonders Rücksicht nehmen!

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der LINKEN und der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605210700

Das Wort hat die Kollegin Undine Kurth für die Frak-

tion Bündnis 90/Die Grünen.

Undine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Liebe Gäste auf der Zuschauertribüne, Sie alle haben si-
cherlich mitbekommen, dass wir hier über die Studie
„Zukunftstrends im Tourismus“, erstellt vom Büro für
Technikfolgenabschätzung, vom Januar dieses Jahres re-
den. Wir haben damit eine hervorragende wissenschaftli-
che Zuarbeit erhalten. Es gibt allen Grund, den Kollegin-
nen und Kollegen herzlich zu danken. Wir, die
Parlamentarier, können sehr stolz sein, über ein solches
Büro zu verfügen. Es ist übrigens weltweit einmalig.
Herzlichen Dank.


(Beifall im ganzen Hause)


Wir haben mehrfach gehört, wie gut und interessant
die Daten dieser Studie sind, dass es um verschiedene
Bereiche geht und dass es wichtig ist, sich auf die sich
abzeichnenden Entwicklungen einzustellen, weil Pla-
nung, insbesondere Infrastrukturplanungen, in jedem
Wirtschaftszweig Zeit benötigen und vorausschauend
sein müssen.

Ein wichtiges Thema ist – darauf wurde mehrfach
hingewiesen – der demografische Wandel. Überall und
allenthalben hören wir, dass wir alle zunehmend älter

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(C (D erden, dass wir aber im Alter nicht immobil sein wolen, sondern reisen möchten. Das belegen die Zahlen und ird hundertfach beschrieben. Nun frage ich Sie, wozu ir eine solche Studie haben, wenn wir uns nicht nach hr richten. Es ist zwar nett, dass die Zahlen vorliegen, nd wir haben allen Grund, dankbar zu sein. Nächstes ahr ist das Jahr der Chancengleichheit für alle. Es urde schon darauf hingewiesen, dass die Senioren aufrund des demografischen Wandels eine wichtige ruppe sind und wie wichtig die Barrierefreiheit ist. enn ich mir aber den vorgelegten Haushaltsentwurf nschaue, dann stelle ich fest: Dort steht zwar, wie wichig der barrierefreie Tourismus ist. Aber alle Titel, die amit zusammenhängen, sind entweder drastisch geürzt oder auf null zurückgefahren worden. Deshalb rage ich: Wozu nutzt die Studie, wenn wir uns in unseem Handeln nicht danach richten? (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE])


Im Einzelplan des Bundesministeriums für Bildung
nd Forschung ist eine Kürzung in Höhe von über
,2 Millionen Euro vorgenommen worden. Im letzten
ahr belief sich der Etat noch auf 2,5 Millionen Euro.
un stehen nur noch 328 000 Euro für Vorhaben betref-

end den barrierefreien Tourismus zur Verfügung. Das
edeutet, dass von ehemals 30 Vorhaben nur noch acht
inanziert werden können. Da die Studie aber belegt, wie
ichtig der barrierefreie Tourismus ist, ist eine solche
ürzung unverständlich, zumal die Studie vom Januar
ieses Jahres ist. Die Bundesregierung hatte also Zeit,
ich darauf einzustellen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE])


Sie haben zum Beispiel den Ansatz für die Innovations-
itiative „Barrierefreie Modellregion für den integrati-
en Tourismus“ – genau diese Art des Tourismus gilt als
ichtig – auf null zurückgefahren. Dafür ist also gar kein
eld mehr da. Im letzten Jahr waren es noch 1,8 Millio-
en Euro. Viele Projekte wurden abgeschlossen. Es gibt
un Forschungsergebnisse aus 26 Projekten, die nicht
usgewertet werden. Es ist zwar schön, dass wir sie ha-
en. Wir können uns immer darauf berufen und betonen,
ie wichtig diese Ergebnisse sind. Aber wir machen
icht weiter.


(Zurufe von der SPD: Das ist nicht alles unsere Sache! Das ist Ländersache!)


Wenn der Bund solche Ergebnisse generiert, dann müs-
en wir sie doch auswerten und die entsprechenden Pro-
ekte weiter unterstützen. Was haben wir denn davon,
enn wir das nicht tun?

Im Etat für das Bundesministerium für Gesundheit
urden zum Beispiel die Zuschüsse für das Reisemaga-

in „Grenzenlos“ komplett gestrichen. Die Mittel für die
ationale Koordinationsstelle Tourismus für Alle wur-
en von 120 000 Euro – das ist sowieso nicht viel; jede
ürzung tut hier doppelt weh – auf 100 000 Euro zusam-
engestrichen. Ich habe mir die Mühe gemacht, die Be-

roffenen anzurufen, und habe festgestellt, dass sie vor-






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(B) )


Undine Kurth (Quedlinburg)

her gar nicht gefragt wurden, welche Auswirkungen die
Kürzungen haben werden.

Die Studie wird zu Recht hoch gelobt; denn sie ist
wichtig. Wir können dafür dankbar sein. Aber sie nutzt
uns nur etwas, wenn wir uns mit ihren Ergebnissen aus-
einander setzen und unsere Entscheidungen danach fäl-
len.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605210800

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 16/478 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 26 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten
Christine Scheel, Birgitt Bender, Ekin Deligöz,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

Eckpunkte für eine gerechte Reform der Erb-
schaft- und Schenkungsteuer

– Drucksache 16/2076 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Haushaltsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung war für
die Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die
Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen fünf Minuten
erhalten sollte.

Diese Aussprache werden die Zuschauer und Zuhörer
auf der Tribüne nun nachlesen müssen, weil wir die
Rede des Kollegen von Stetten für die Unionsfraktion zu
Protokoll nehmen, ebenso die Rede von Florian Pronold
für die SPD-Fraktion, die Rede des Kollegen Carl-
Ludwig Thiele für die FDP-Fraktion, den Beitrag der
Kollegin Dr. Barbara Höll für die Fraktion Die Linke
und die Rede von Christine Scheel für die Fraktion des
Bündnisses 90/Die Grünen.1)

Damit ist die Aussprache geschlossen.

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 16/2076 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

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1) Anlage 2 2)

(C (D Ich rufe den Tagesordnungspunkt 27 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Gisela Piltz, Dr. Max Stadler, Patrick Döring, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Gegen Geheimniskrämerei – Entscheidungen kommunaler Gesellschaften transparent gestalten – Drucksache 16/395 – Überweisungsvorschlag: Rechtsausschuss Innenausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die raktion der FDP sechs Minuten erhalten soll. Wir nehen die Rede des Kollegen Dr. Günter Krings für die nionsfraktion zu Protokoll, ebenso die Rede des Kolleen Klaus Uwe Benneter für die SPD-Fraktion.2)


Die Debatte eröffnet der Kollege Dr. Max Stadler für
ie FDP-Fraktion.


Dr. Max Stadler (FDP):
Rede ID: ID1605210900

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

erren! Am Ende der heutigen Tagesordnung geht es um
in Thema, das auf der kommunalen Ebene viele Bürge-
innen und Bürger sehr stark bewegt, das aber bisher
och nicht so recht die Aufmerksamkeit des Deutschen
undestages gefunden hat, obwohl wir für die Lösung
es Problems zuständig sind. Deswegen möchte ich trotz
er fortgeschrittenen Stunde am Freitagnachmittag die
elegenheit nutzen, Sie mit der Thematik vertraut zu
achen, und vor allem die Kolleginnen und Kollegen

on der SPD und der CDU/CSU einladen, mit den Op-
ositionsfraktionen gemeinsam nach einer Lösung zu su-
hen.

Es geht, kurz gesagt, um Folgendes: Nach dem
mbH-Gesetz und nach dem Aktiengesetz tagen die
ufsichtsgremien, also die Aufsichtsräte, prinzipiell
icht öffentlich. Die Mitglieder der Aufsichtsräte sind
ur Verschwiegenheit über das, was in diesen Sitzungen
eschieht, verpflichtet. Das ist auch richtig, soweit es um
chte private Gesellschaften geht. Dafür sind diese Ge-
etze auch geschaffen. Nun hat sich in letzter Zeit die
endenz entwickelt, dass immer mehr kommunale Ein-
ichtungen, Dienststellen und Verwaltungsstellen eben-
alls in die Rechtsform der GmbH und in größeren Städ-
en sogar in die der Aktiengesellschaft überführt worden
ind. Dabei handelt es sich aber nicht etwa um eine echte
rivatisierung, sondern nur um eine Organisationsände-
ung, weil die Kommunen zugleich meistens zu 100 Pro-
ent Inhaber dieser Gesellschaften geworden sind.

Damit ändert sich in den Sitzungen der Aufsichtsgre-
ien scheinbar wenig. Es geht um kommunalpolitische
hemen, um Busfahrpläne, um Stromtarife, um die
rage, ob eine Stadt ein Hallenbad baut, und ähnliches
ehr, also um ganz normale kommunalpolitische Dis-

ussionen und Entscheidungen. Aber eines ändert sich

Anlage 3






(A) )



(B) )


Dr. Max Stadler
durch diese Organisationsform: Während das Kommu-
nalrecht die Öffentlichkeit solcher Sitzungen vorsieht,
schreibt, wie schon dargestellt, das Gesellschaftsrecht
gerade die Nichtöffentlichkeit vor. Damit fehlt ein Stück
Transparenz, es fehlt ein Stück demokratischer Diskus-
sionskultur und demokratischer Kontrolle. Das zeigt uns,
dass die Vorschriften, die für private Gesellschaften ge-
dacht sind, auf die kommunalen Gesellschaften nicht
passen.

Nun gibt es zwei höchstrichterliche Entscheidun-
gen aus diesem Jahr, die uns deutlich vorgeben, dass der
Grundsatz der Öffentlichkeit und Transparenz stärker zu
beachten ist. Die erste Entscheidung des Bayerischen
Verwaltungsgerichtshofs vom 8. Mai 2006 geht auf ei-
nen Rechtsstreit zurück, den eine Bürgerinitiative in Pas-
sau ausgelöst hat. Die Bürgerinitiative ist nämlich auf
die Idee gekommen, zu verlangen, dass wenigstens die
Tagesordnungen solcher Gremiensitzungen bekannt ge-
geben werden, damit die Bürgerinnen und Bürger zu-
mindest wissen, worum es geht. Der Bayerische Verwal-
tungsgerichtshof hat entschieden, dass diesem Begehren
aufgrund der überragenden Bedeutung des Grundsatzes
der Öffentlichkeit und Transparenz stattzugeben ist.

Aber der Verwaltungsgerichtshof konnte sich natür-
lich nicht über die bundesgesetzliche Regelung hinweg-
setzen, nach der die Sitzungen selbst nicht öffentlich
bleiben müssen. Damit fehlt das Kernstück der öffentli-
chen Debatte, nämlich die Teilhabe der Bürgerinnen und
Bürger an dem, was in diesen Sitzungen gesprochen und
entschieden wird. Dieses Problem müssen wir lösen.

Eine weitere Entscheidung, nämlich die des Bayeri-
schen Verfassungsgerichtshofs vom 26. Juli 2006, gibt
uns ebenfalls eine Richtschnur. Da ging es um das Pro-
blem, dass der Freistaat Bayern auf parlamentarische
Anfragen hin erklärt hat, er gebe keine Auskunft, und
dies damit begründet hat, dass die Anfragen wiederum
solche Gesellschaften betreffen, die in privater Rechts-
form betrieben werden, aber zu 100 Prozent staatlich
sind. Hierzu hat der Bayerische Verfassungsgerichtshof
gesagt: Egal wie die öffentliche Hand tätig wird, in wel-
cher Form, ob in den hergebrachten öffentlich-rechtli-
chen Formen oder in der Form privater Gesellschaften –
die demokratische Kontrolle muss sichergestellt sein.

Die FDP schlägt daher vor, dass wir diese Grundsätze
jetzt auf die Lösung unseres Problems übertragen. Ich
könnte mir beispielsweise vorstellen, dass wir im
GmbH-Gesetz und im Aktiengesetz eine Öffnungsklau-
sel einbauen, die es den Städten, Landkreisen und Ge-
meinden ermöglicht, diese Gremiensitzungen künftig
genauso öffentlich abzuhalten wie zum Beispiel eine
normale Stadtratsitzung. Natürlich wird es Teile geben,
bei denen es um Interna geht, die nicht öffentlich bleiben
müssen, aber im Grundsatz brauchen wir mehr Transpa-
renz.

Gleichzeitig müssen dann natürlich die Vorschriften
über die Verschwiegenheitspflicht der Aufsichtsräte ge-
lockert werden; das passt sonst nicht zusammen.

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(C (D Wir können uns nicht darauf zurückziehen, dass wir ie Lösung der weiteren Entwicklung in der Rechtsprehung überlassen; denn hier geht es um Bundesgesetze. s ist unsere Verantwortung, uns des Themas anzunehen. (Beifall des Abg. Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE])


Ich darf mit dem Hinweis darauf schließen, dass die
raktiker auf ein Tätigwerden des Deutschen Bundesta-
es warten. Der Passauer Oberbürgermeister Albert
ankl, der übrigens der CSU angehört, hat am 20. Sep-

ember der Bundesjustizministerin einen Brief geschrie-
en und darin den Gleichklang von Kommunalrecht, das
on der Öffentlichkeit von Sitzungen ausgeht, und Ge-
ellschaftsrecht für kommunale GmbHs angemahnt. Er
chreibt wörtlich – ich zitiere –:

Ich würde mich sehr freuen, wenn mein Schreiben,
das die Meinung vieler Kommunen widerspiegelt,
eine entsprechende Gesetzesänderung anstoßen
würde.


(Uwe Barth [FDP]: Bravo!)


Ich bitte Sie, unseren Antrag nicht reflexartig abzu-
ehnen, weil er von der Opposition kommt, und lade Sie
in, sich mit uns zu bemühen, dieses Problem, das, wie
esagt, viele Menschen in den Kommunen bewegt, im
eutschen Bundestag zu lösen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605211000

Wir haben die Rede der Kollegin Katrin Kunert für

ie Fraktion Die Linke und ebenso die Rede des Kolle-
en Jerzy Montag vom Bündnis 90/Die Grünen zu Pro-
okoll genommen.1)

Damit schließe ich die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 16/395 an die in der Tagesordnung aufge-

ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
erstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
o beschlossen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind damit am
chluss der heutigen Tagesordnung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
estages auf Mittwoch, den 27. September 2006, 13 Uhr,
in.

Ich wünsche Ihnen eine gute Heimreise – soweit not-
endig – und ein schönes Wochenende.

Die Sitzung ist geschlossen.