Gesamtes Protokol
Guten Tag, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Sit-
zung ist eröffnet.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf:
Befragung der Bundesregierung
Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Ka-
binettssitzung mitgeteilt: Entwurf eines Steuerände-
rungsgesetzes 2007.
Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Bericht
hat der Bundesminister der Finanzen, Peer Steinbrück.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Vielen Dank, Herr Präsident. – Ich darf Ihnen berich-ten, dass das Bundeskabinett heute ein weiteres Steu-eränderungsgesetz verabschiedet hat. Auch dieses Ge-setz entspringt dem Bemühen, einen spürbaren Beitragzur Stabilisierung der Einnahmesituation, der Steuerba-sis der Bundesrepublik Deutschland zu leisten, was vordem Hintergrund der schwierigen Lage der öffentlichenHaushalte dringend notwendig ist. Es besteht die Not-wendigkeit, den Bundeshaushalt zu konsolidieren. Mitdiesem Gesetz wollen wir aber gleichzeitig zur Vereinfa-chung des Steuersystems beitragen. Außerdem wollenwir durch eine ganze Reihe von Veränderungen dasvbkelweKdIgfgirkt1tspmfRedetStreitpotenzial im Verwaltungsvollzug begrenzen.Ich will Ihnen in der notwendigerweise kurzen Zeitdie wichtigsten Veränderungen vorstellen:Die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmerwerden nur noch dann als Betriebsausgaben bzw. Wer-bungskosten berücksichtigt, wenn das Arbeitszimmerden Mittelpunkt der gesamten beruflichen bzw. betriebli-chen Tätigkeit bildet. Das ist zwar bereits Gegenstandder geltenden Steuerrechtsetzung. Derzeit können da-rüber hinaus aber bis zu einer Höhe von circa 1 250 EuroAufwendungen als Werbungskosten geltend gemachtwerden, wenn sie im Einzelnen nachweisbar sind unddas Arbeitszimmer zu mehr als 50 Prozent bbzw. betrieblichen Zwecken dient.Die zweite wichtige Regelung betrifft dgrenze für die Gewährung von Kindergeld. Sie
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2844 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 34. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 10. Mai 2006
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 34. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 10. Mai 2006 2845
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede von: Unbekanntinfo_outline
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2846 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 34. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 10. Mai 2006
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Herr Minister, ich möchte an das anknüpfen, was Herr
Koppelin Sie gerade gefragt hat. Wir haben heute der
Presse entnommen, dass man in Ihrem Hause davon aus-
geht, dass die Mehrausgaben infolge der Langzeitar-
beitslosigkeit auf 5 Milliarden Euro steigen werden. Das
hieße, dass Sie einen Haushalt mit einer Neuverschul-
dung von 40 Milliarden Euro vorlegen müssten. Inwie-
weit können Sie diese Meldung der „FTD“ bestätigen?
Ich habe noch eine Frage, die unmittelbar damit zu-
sammenhängt. In welchem Verhältnis werden die Ein-
nahmen, die Sie durch die Reichensteuer erzielen, zu den
volkswirtschaftlichen Folgen, gerade was den Bereich
der Geringqualifizierten angeht, stehen? Wird die Erhö-
hung der Mehrwertsteuer um 3 Prozentpunkte nicht zu
einem Rückgang der Beschäftigung im Handwerk und
zu einer Ausweitung der Schwarzarbeit führen, somit
auch negative Auswirkungen auf die Sozialkassen haben
und letztlich wegen der gestiegenen Zahl der Langzeitar-
beitslosen eine höhere Belastung des Bundes bedeuten?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Frau Wolf, ich werde inzwischen täglich mit Zahlenkonfrontiert, zu denen ich nicht Stellung nehmen kann.Viele dieser Zahlen, die teilweise durch Indiskretion andie Presse gelangt sind, sind Horrorzahlen oder stellenlediglich Zwischenstände dar; ich nenne sie „Wasser-stände“. Ich habe es mir abgewöhnt, solche Zahlen zukommentieren, weil ich gerne auf der Basis gesicherterZahlen operiere.Beispielsweise zur Entwicklung der Einnahmen indiesem Jahr, worüber öffentlich viel spekuliert wird,kann ich Ihnen noch keine gesicherten Zahlen nennen.Einige haben sich als Steuerschätzer einen Namen ge-macht und sind bereits im März mit Zahlen an die Öf-fentlichkeit getreten, die den Eindruck vermittelt haben,als ob ich Goldtaler, die vom strahlenden Himmel herab-fiFedgmmenguAbhddellshnLggiamcWwfDdhsvDBFRMeGwdmkuwaBdmg
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 34. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 10. Mai 2006 2847
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede von: Unbekanntinfo_outline
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2848 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 34. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 10. Mai 2006
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Herr Minister, ich habe noch eine Frage zur Reichen-
steuer – vielleicht habe ich das nicht mitbekommen –:
Was passiert mit den Gewinnen der Unternehmen, die
nicht reinvestiert werden? Fallen sie auch unter die Rei-
chensteuer oder ist die gewerbliche Wirtschaft generell
davon ausgenommen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das hat mit der Reichensteuer nichts zu tun. Sie be-
ziehen sich auf eine Bemerkung, die ich vorauseilend
bezogen auf das Konzept einer Unternehmensteuerre-
form gemacht habe, nämlich auf die Frage, wie wir mit
einbehaltenen und ausgeschütteten Gewinnen umgehen.
Diese Frage beantworte ich Ihnen gerne, wenn unser
Konzept steht.
Bezogen auf die Reichensteuer gilt, dass Einkünfte
aus Gewerbe sowie aus freiberuflicher und forst- und
landwirtschaftlicher Tätigkeit von diesem dreiprozenti-
gen „Balkon“ ausgeschlossen sind, um verfassungs-
rechtliche Probleme zu vermeiden.
Die nächste Frage hat der Kollege Volker Wissing.
Herr Minister, können Sie ausschließen, dass es im
Rahmen der geplanten Gesundheitsreform zu weiteren
Steuererhöhungen kommt?
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 34. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 10. Mai 2006 2849
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Herr Staatssekretär, hat die Arbeitsgruppe einen kon-
kreten Ablaufplan vereinbart, dem Sie sich unterordnen
werden?
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Herr Kollege Winkler, wir reden hier nicht von Unter-
oder Überordnung. Es wird wahrscheinlich so sein, dass
die Arbeitsgruppe zügig, aber ohne übertriebene Hast
ihre Vorschläge vorlegen wird. Im Anschluss daran hat
die Bundesregierung darüber zu entscheiden, ob gesetz-
geberischer Handlungsbedarf besteht. Dann ist es selbst-
verständlich Aufgabe der Bundesregierung, einen ent-
sprechenden Gesetzentwurf vorzulegen.
Eine weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Winkler.
Danke, Herr Präsident. – In welchem rechtlichen und
konzeptionellen Verhältnis sollen die Einbürgerungs-
kurse, die beschlossen worden sind, zu den bereits statt-
findenden Orientierungskursen, wie sie im Aufenthalts-
gesetz vorgesehen sind, stehen?
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Ich habe die Frage, ob Sie in der Konferenz bereits
arüber gesprochen haben, ob einbürgerungswillige Per-
onen an der Finanzierung dieser Kurse beteiligt werden
ollen und, wenn ja, in welchem Umfang dies geschehen
oll und welche Position die Bundesregierung dazu ver-
ritt.
P
Es gab zu dieser Frage eine gewisse Berichterstattung
n den Medien. Endgültige Entscheidungen werden aber
rst dann getroffen, wenn die Arbeitsgruppe ihre Vor-
chläge vorgelegt hat.
Haben Sie eine weitere Zusatzfrage?
Nein.
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2850 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 34. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 10. Mai 2006
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Die beiden dringlichen Fragen des Kollegen Volker
Beck sollen auf seinen Wunsch hin schriftlich beantwor-
tet werden. Wir kommen damit zu den Fragen, die in der
üblichen Reihenfolge beantwortet werden, und zwar zu-
nächst zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums
für Gesundheit.
Die Frage 1 des Abgeordneten Uwe Schummer wird
schriftlich beantwortet.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesmi-
nisteriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-
heit. Die Frage 2 der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl
soll ebenfalls schriftlich beantwortet werden.
Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums für Bildung und Forschung. Zur Beant-
wortung der Fragen steht der Parlamentarische Staatsse-
kretär Andreas Storm zur Verfügung.
Wir kommen zu Frage 3 der Kollegin Cornelia
Hirsch:
Wann wird die neu eingerichtete Arbeitsgruppe zum
Hochschulpakt erste Ergebnisse vorlegen und in welcher
Form wird die Bundesregierung das Parlament in die laufen-
den Beratungen einbeziehen?
Frau Hirsch ist anwesend. – Bitte schön, Herr Staats-
sekretär.
A
Frau Kollegin Hirsch, Ich beantworte Ihre Frage wie
folgt: Ebenso wie in der Vergangenheit wird die Bundes-
regierung das Parlament über politische Ergebnisse von
Bund-Länder-Verhandlungen selbstverständlich unter-
richten. Ablauf und Zeitplan der Verhandlungen werden
derzeit zwischen Bund und Ländern konkretisiert und
sind daher noch nicht festgelegt.
Ihre Zusatzfrage, Frau Hirsch. – Bitte.
In der Pressemitteilung vom BMBF gab es aber
durchaus schon einige Ankündigungen. Man hat sich un-
ter anderem darauf verständigt, ein nachfrageorientiertes
Angebot an Studienplätzen sichern zu wollen. Ich
möchte in diesem Zusammenhang gezielt nachfragen,
inwieweit es Diskussionen darüber gegeben hat, ob sich
das Vorhaben nur auf ausreichende Kapazitäten im Rah-
men des sechssemestrigen Bachelorstudiums beziehen
soll oder ob es auch darum gehen soll, ein volles Stu-
dium sicherzustellen, was auch den Zugang zum Master-
studium umfasst.
A
Frau Abgeordnete Hirsch, man hat sich bei der Bund-
Länder-Tagung am 2. Mai auf vier Schwerpunkte ver-
ständigt, nämlich erstens auf die Schaffung des von Ih-
nen angesprochenen nachfragegerechten Angebots an
Studienplätzen in den nächsten Jahren vor dem Hinter-
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Frau Kollegin Hirsch, ich beantworte Ihre Frage wie
folgt: Ziel ist, das eingeschränkte Berufswahlspektrum
von jungen Frauen zu erweitern, die Rahmenbedingun-
gen zur Vereinbarkeit von Familienpflichten und Ausbil-
dung zu verbessern sowie die Genderkompetenz von
ausbildendem Personal zu fördern. Die Bundesregierung
hat zahlreiche Maßnahmen insbesondere in Zusammen-
arbeit mit der Wirtschaft initiiert, um jungen Frauen in
technischen und in naturwissenschaftlichen Berufen
neue Chancen zu eröffnen. Als Beispiel nenne ich den
vor kurzem stattgefundenen Girls’ Day, bei dem sich
mehr als 500 000 Mädchen der Klassen 5 bis 10 in Un-
ternehmen und Forschungseinrichtungen über frauenun-
typische Berufe informieren konnten, das Projekt „idee-
it“, bei dem sich Mädchen in unterschiedlichen Veran-
staltungen Zugang zu IT-Berufen verschaffen können,
oder „Job Lab“, ein Computerspiel, das als Entschei-
dungshilfe bei der Berufsfindung dient. Die Novelle zum
Berufsbildungsgesetz berücksichtigt die Situation von
Erziehenden und jungen Menschen, die pflegebedürftige
Angehörige betreuen. Ausbildung ist in diesem Zusam-
menhang nunmehr auch in einer Teilzeitform möglich.
Um den Gender-Mainstreaming-Prozess in der beruf-
lichen Bildung voranzubringen, hat die Bundesregierung
Projekte zur Unterstützung von Multiplikatorinnen und
Multiplikatoren gefördert. Dort entwickelte Lehr- und
Lernmedien für Ausbilderinnen und Ausbilder zeigen,
wie Gender-Mainstreaming und eine geschlechterorien-
tierte Didaktik in pädagogisches Handeln umgesetzt
werden können. Dieser Gender-Mainstreaming-Prozess
in der beruflichen Bildung lässt sich allerdings nicht po-
litisch verordnen. Die Berufswahlfreiheit ist schließlich
verfassungsrechtlich mit Grundrechtsstatus verankert.
Insofern sind nachhaltige Veränderungen im Berufs-
wahlverhalten und das Aufbrechen geschlechtsspezifi-
scher Präferenzen in der Berufswahl nicht alleine durch
den Staat zu erreichen, sondern nur durch die Einbin-
dung aller relevanten Beteiligten sowie durch eine
breite, frühzeitige und geschlechtsoffen angelegte Be-
rufsberatung und Berufsorientierung.
Ihre erste Zusatzfrage, Frau Hirsch.
Wenn Sie so viel Wert darauf legen, alle einzubezie-
hen und umfassend darüber zu diskutieren, wie die Situ-
ation verbessert werden könnte, dann stellt sich umso
dringender die Frage, warum das Thema „geschlechts-
spezifische Diskriminierung“ nicht explizit als Tages-
ordnungspunkt auf die Agenda des neu eingerichteten
Innovationskreises für Berufliche Bildung gesetzt wor-
den ist. Es wäre doch eine ausgezeichnete Gelegenheit
gewesen, die von Ihnen angesprochene Diskussion dort
zu führen und zu schauen, welche strukturellen Weiter-
entwicklungen notwendig sind, um die bestehende Dis-
kriminierung zu beseitigen.
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2852 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 34. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 10. Mai 2006
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Nun sagen Sie, die Haltung der Bundesregierung sei
nicht einheitlich. Wie kann denn ein Bundesminister ein
solches Magazin veröffentlichen? Ich wiederhole: Die-
ses Magazin ist Teil der Öffentlichkeitsarbeit der Bun-
desregierung. Kann es sein, dass dieses Magazin nur ein
Teil der Öffentlichkeitsarbeit eines Teils der Bundes-
regierung ist? Oder wie darf ich es deuten, dass so viel
Geld in eine Broschüre gesteckt wird, die eine Mittei-
lung der Bundesregierung sein soll? Anders gefragt: Hat
Ihr Bundesminister überhaupt keinen Einfluss in dieser
Regierung?
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Herr Abgeordneter, ich finde, die von Ihnen zitierte
Broschüre, die mir persönlich nicht bekannt ist, ist ein
schöner Beleg für die unterschiedlichen Auffassungen,
die in der Bundesregierung in dieser Frage herrschen.
Der Bundeswirtschaftsminister hat seinerseits seine Auf-
fassung dargelegt. Wenn ich es richtig sehe, kommt
diese der Ihren näher als die eben zitierte des Herrn Bun-
desumweltministers. Es gibt keine einheitliche Auffas-
sung der Bundesregierung zu dieser Frage.
Zweite Nachfrage, bitte.
Es ist zwar sehr freundlich von Ihnen, dass Sie das so
offen darlegen; man muss aber als Mitglied des Parla-
ments erwarten können, dass die Bundesregierung zu ei-
ner Entscheidung kommt. Können Sie andeuten, wer
sich von den beiden Bundesministern durchsetzen wird?
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2854 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 34. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 10. Mai 2006
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 34. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 10. Mai 2006 2855
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Die Fragen 15 und 16 der Kollegin Marieluise Beckollen schriftlich beantwortet werden. Das Gleiche giltür die Fragen 17 und 18 von Paul Schäfer.Vielen Dank, Herr Staatsminister.Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bun-esministeriums des Innern. Zur Beantwortung steht derarlamentarische Staatssekretär Peter Altmaier zur Ver-ügung.Die Fragen 19 und 20 des Kollegen Wolfgangieland und die Frage 21 des Kollegen Hans-Christiantröbele sollen ebenfalls schriftlich beantwortet werden.Wir kommen zur Frage 22 der Kollegin Veronikaellmann:Welche Erkenntnisse haben die Verfassungsschutzbehör-den über die beiden Organisationen „Initiativgemeinschaftzum Schutz der sozialen Rechte ehemaliger Angehöriger be-waffneter Organe und der Zollverwaltung der DDR“, ISOR,und „Gesellschaft zur rechtlichen und humanitären Unterstüt-zung“, GRH, und ist bekannt, welche Politiker – aktuelle undehemalige Bundes- und Landtagsabgeordnete, Bundes- undLandesminister bzw. Staatssekretäre – schon vor einer der bei-den Organisationen Vorträge hielten bzw. an deren Veranstal-tungen teilnahmen?
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2856 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 34. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 10. Mai 2006
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Frau Kollegin Bellmann, ich beantworte Ihre Frage
wie folgt: Es ist eine gesetzliche Aufgabe des Verfas-
sungsschutzes, Personen und Organisationen zu beob-
achten, bei denen tatsächlich Anhaltspunkte für verfas-
sungsfeindliche Bestrebungen vorliegen. Allerdings ist
es nach einer langen und gefestigten Tradition auch so,
dass die Bundesregierung über die im jährlichen Verfas-
sungsschutzbericht bereits ohnehin enthaltenen Aussa-
gen hinaus keine öffentlichen Angaben über Beobach-
tungsobjekte des Bundesamtes für Verfassungsschutz
macht. Insofern bedaure ich, Ihnen keine weiteren Aus-
künfte geben zu können.
Nachfrage? – Bitte.
Ich habe eine Nachfrage. Es ist bekannt, dass ehema-
lige Stasi-Mitarbeiter oder dem DDR-Regime sehr nahe
stehende Personen, die sich organisiert haben, von „poli-
tischer Willkür“ und von „Siegerjustiz“ sprechen, die sie
bekämpfen wollen. Diese Personen werten in alter Ma-
nier Zeitungen und Internetinhalte aus. Nach Besuchen
von Schulklassen in der Gedenkstätte Hohenschönhau-
sen versenden sie sogar Briefe an die Schulleiter, in de-
nen sie beispielsweise von dem „Gruselkabinett des
Herrn Dr. Knabe“ sprechen. Das kann man nur als Ge-
schichtsklitterung bezeichnen. Hat die Bundesregierung
Erkenntnisse darüber, dass eine solche Praxis auch bei
Besuchen von Schulklassen in anderen Gedenkstätten
stattgefunden hat?
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Ich kann nur wiederholen, dass im Hinblick auf die
Beobachtungstätigkeit des Verfassungsschutzes an die-
ser Stelle leider keine Aussagen möglich sind. Im Übri-
gen sind die von Ihnen angesprochenen Fragen Gegen-
stand der politischen Auseinandersetzung und müssen
daher auf dem politischen Feld bearbeitet werden.
Es gibt keine Nachfrage mehr. Danke schön, Herr
Staatssekretär.
Wir kommen jetzt zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums der Finanzen. Zur Beantwortung steht der
Parlamentarische Staatssekretär Karl Diller zur Verfü-
gung.
Wir kommen zur Frage 23 der Kollegin Veronika
Bellmann:
Wie steht die Bundesregierung dem Vorschlag des Präsi-
denten der EU-Kommission, José Manuel Barroso, gegen-
über, zur künftigen Finanzierung der Aufgaben der Europäi-
schen Union eine so genannte EU-Steuer einzuführen, und
wie schätzt die Bundesregierung das entsprechende Mei-
nungsbild der Regierungen in den anderen Mitgliedstaaten
ein?
Bitte schön, Herr Staatssekretär.
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2858 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 34. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 10. Mai 2006
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Bezüglich Ihrer Frage, wann es eine Umverteilungvon oben nach unten gibt, verweise ich auf die unter-schiedlichen Instrumente: Im Wesentlichen sind das dieVermögen- und die Erbschaftsteuer. Zur Erbschaftsteuererwarten wir eine Gerichtsentscheidung. Alle politischenKräfte sind sich darüber einig, dass erst einmal abgewar-tet werden soll, was das höchste Gericht bezüglich derErbschaftsteuer entscheidet, und dass daraus gegebenen-falls gesetzgeberische Konsequenzen zu ziehen sind.In den vorherigen Wahlperioden gab es immer dasAngebot der damaligen Mehrheiten an die Länder: Wennihr wieder eine verfassungsfeste Form der Vermögen-steuer haben möchtet, dann signalisiert uns das und dannführen wir diese ein. Denn beide von mir jetzt genanntenSteuerquellen, Erbschaftsteuer und Vermögensteuer,sind Steuern, bei denen der Bund zwar die Gesetzgebungmitzugestalten hat, deren Ertrag aber ausschließlich denLändern zugute kommt. Die Ländermehrheit hat gesagt,dass sie keine neue Vermögensteuer will, und es gilt dasWort der Ländermehrheit.
Wir kommen zu einer Frage des Kollegen Matthias
Berninger.
Herr Staatssekretär Diller, wenn ich Ihnen so zuhöre,
dann stelle ich mir eine ganze Reihe von Fragen. Zum
einen haben Sie jetzt bestätigt, dass Sie mit der so ge-
nannten Reichensteuer nicht viel mehr einnehmen wol-
len, als Sie schon mit der Sektsteuer einnehmen. Sie ha-
ben auf die Frage der Kollegin Scheel, ob es bei den
127 Millionen Euro bleiben wird oder man doch in den
Milliardenbereich kommen wird, geantwortet, das sei
noch offen. Gehe ich recht in der Annahme, dass die
Bundesregierung das ursprüngliche Ziel der Unterneh-
mensteuerreform, die Personengesellschaften einerseits
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Herr Staatssekretär Diller, in einem Punkt wollen wir
ns aber, glaube ich, nicht überraschen lassen. Die Bun-
eskanzlerin hat bereits angekündigt, dass die Bundes-
egierung bzw. die große Koalition die Gewerbesteuer
treichen wird. Mich würde interessieren, wie Ihr Haus,
as ja dafür zuständig ist, die Kompensation für die
ommunen ausgestalten will.
Zweitens habe ich der Presse mit Interesse entnom-
en, dass Sie über die Einführung einer Abgeltung-
teuer zum 1. Januar 2008 nachdenken. Angesichts der
inanzsituation des Bundes drängt sich die Frage auf:
arum zum 1. Januar 2008?
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Der Koalitionsvertrag sieht eine hebesatz- und wirt-chaftskraftorientierte Steuereinnahme der Kommunenon ihren gewerblichen Betrieben vor. Dabei bleibt es.
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2860 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 34. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 10. Mai 2006
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Parl. Staatssekretär Karl DillerWelche Ausgestaltung die Gewerbesteuer im Rahmender Unternehmensteuerreform künftig haben wird, istebenfalls Gegenstand der Beratungen. Sie wissen ja,dass ein bestimmtes Forum einen Vorschlag unterbreitethat, der eine totale Umgestaltung in Richtung einer Vier-Säulen-Steuer vorsieht, wobei nach Vorstellung diesesForums wieder eine Lohnsummensteuer und anderesmehr als Alternative zur Gewerbesteuer eingeführt wer-den sollen. Selbst der designierte rheinland-pfälzischeFinanzminister wirbt für ein solches Vorgehen. Auch erwill weg von der Gewerbesteuer. Es gibt also verschie-dene Überlegungen in diese Richtung. Aber wir sindnoch nicht weit genug, um schon jetzt andeuten zu kön-nen, welcher Vorschlag letztlich in den Deutschen Bun-destag eingebracht wird. Deswegen bitte ich Sie um et-was mehr Geduld.Nun zum zweiten Stichwort, das Sie angesprochenhaben: der Abgeltungsteuer. Hier gilt das Gleiche: DieAbgeltungsteuer ist eine der Überlegungen, die erörtertwerden. Beschlüsse sind aber noch nicht gefasst.
Dann kommen wir zur letzten Frage des Kollegen
Volker Schneider.
Herr Staatssekretär, Sie haben gerade die Probleme
angesprochen, die bei einer Umverteilung von oben nach
unten auftauchen. Meine Frage lautet: Warum gehen Sie
nicht den einfachsten Weg, den Spitzensteuersatz wieder
auf 45 Prozent anzuheben? Das würde nach meinen In-
formationen sofort 3,3 Milliarden Euro einbringen.
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Das ist ein völlig anderes Thema. Wenn man den
Spitzensteuersatz anhebt – und zwar für alle und nicht
erst ab einem Einkommen von, wie wir vorschlagen,
mehr als 250 000 Euro im Jahr für Ledige und mehr als
500 000 Euro pro Jahr für Verheiratete –, dann hat das
natürlich Folgewirkungen auf den gesamten Tarifver-
lauf, von denen auch andere Schichten betroffen sind.
Insofern handelt es sich hierbei um eine Rückbesin-
nung auf die Konzeption einer Steuerreform, die die frü-
here Koalition dem Deutschen Bundestag vorgeschlagen
hatte. In dieser Konzeption war vorgesehen, den Spit-
zensteuersatz von 53,9 Prozent – in dieser Höhe haben
wir ihn im Jahre 1998 vorgefunden – auf 45 Prozent zu
senken. Dagegen hat es im Bundesrat Widerstand gege-
ben. Daraufhin wurde ein Vermittlungsverfahren durch-
geführt. Auf Vorschlag der rheinland-pfälzischen Lan-
desregierung ist dann der Kompromiss zustande
gekommen, den Spitzensteuersatz auf 42 Prozent zu sen-
ken. Daran halten wir fest, weil es bei den Bundesrats-
mehrheiten keine Veränderungen gegeben hat.
Vielen Dank.
Wir kommen dann zur Frage 27 der Kollegin
Christine Scheel:
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Wir sind der Überzeugung, dass wir mit dem jetzigenesetzentwurf in der Lage sind, dem Deutschen Bundes-ag eine verfassungskonforme Regelung vorzuschlagen.Bezüglich der Bekämpfung der Schwarzarbeit ist zuagen: Sicherlich ist es ein Problem, wenn der Handwer-er auf seine Kalkulation nicht mehr 16 Prozent, sondern
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 34. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 10. Mai 2006 2861
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Parl. Staatssekretär Karl Diller19 Prozent aufschlagen muss; das ist ein Happen. DieExportwirtschaft ist von der Mehrwertsteuererhöhungnicht betroffen; deshalb brauchen wir uns um den Exportkeine Gedanken zu machen. Es bleibt die Frage, in wel-chem Umfang die Erhöhung der Mehrwertsteuer überdie Preise an den Kunden weitergegeben werden kannund in welchem Umfang der Betrieb sie selbst verkraftenmuss, sodass es zu einer Verminderung seines Gewinnskommt – und damit für die öffentliche Hand zu einerVerminderung des Ertrags. Deswegen erwarten wir voneiner Erhöhung der Umsatzsteuer um 1 Prozentpunkt zu-nächst nur 6,5 Milliarden Euro und erst nach ein paarJahren die vollen 8 Milliarden Euro.Nur, was sind die Alternativen? Wenn Sie das gleicheVolumen im Bundeshaushalt auf der Ausgabenseite er-wirtschaften wollten, müssten Sie zu Maßnahmen grei-fen, die in ihrer Wirkung für bestimmte Bevölkerungs-gruppen sogar viel schwerwiegender wären. Deswegensage ich – auch mit Blick auf das, was Frau KolleginDr. Höll vorhin gesagt hat –: Die Anhebung der Mehr-wertsteuer betrifft nur den Regelsatz. Mieten sind mehr-wertsteuerfrei und der ganze Nahrungsmittelbereichunterliegt dem ermäßigten Mehrwertsteuersatz. Die Be-lastungen für die Budgets der Schichten mit niedrigenund mittleren Einkommen halten sich also in Grenzen.Eine Alternative wäre eine Kürzung des jährlichenZuschusses zur Rentenversicherung; dieser ist mit78 Milliarden Euro der größte Ausgabenblock im Bun-deshaushalt. Wenn Sie da 8 Milliarden Euro herausope-rieren wollten, bedeutete das eine massive Rentenkür-zung oder – wenn Sie das wie ich für unverträglichhalten – eine massive Beitragssatzsteigerung. Wenn Sieauch diese für unverträglich halten, müssen Sie nach an-deren Instrumenten suchen. So könnten wir beide jetztHaushaltsposten für Haushaltsposten durchgehen, wiewir das früher auch mit Ihren Haushaltspolitikern durch-gegangen sind. Wir haben dabei graue Haare bekom-men, weil wir auf der Ausgabenseite kaum noch etwasgefunden haben. Noch einmal: Die Operation ist sicher-lich belastend, aber alternativlos.
Zweite Nachfrage, bitte.
Ich habe noch
blonde Haare; ich habe das alles also irgendwie ganz gut
überstanden.
Sie haben ausgeführt, dass es aufgrund der Struktur und
der Situation des Haushalts keine Möglichkeit gebe, den
Haushalt anders als durch die Erhöhung der Mehrwert-
steuer und die anderen beschlossenen Erhöhungen zu
konsolidieren. Warum werden nicht endlich bestimmte
steuerpolitische Regelungen angegangen, die für unser
Land, für unsere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
und für die Arbeitsplätze kontraproduktiv sind? Ich
meine die steuerliche Begünstigung von Betriebsverla-
gerungen und die exorbitant hohen Rückstellungen in
der Atombranche, obwohl die Energiekonzerne sehr
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Frau Scheel, Sie haben zwei Nachfragen gestellt. Eine
eitere Nachfrage kann ich Ihnen leider nicht gewähren.
Nun hat sich der Kollege Volker Beck zur Geschäfts-
rdnung zu Wort gemeldet. Bitte schön.
Trotz des sachlichen und ruhigen Vortrags des Staats-
ekretärs Diller konnte nicht verdeckt werden, dass es
ei der Bundesregierung ein ziemliches Steuerchaos
ibt. Das haben auch die Ausführungen des Ministers
orhin zum Steueränderungsgesetz 2007 deutlich ge-
acht. Das zeigen aber auch die Diskussion um die
ehrwertsteuererhöhung, durch die allen Bürgern weni-
er Geld in der Tasche bleibt, sowie die avisierte Entlas-
ung der Unternehmen bei der Unternehmensteuerre-
orm.
Deshalb beantrage ich nach Anlage 5 Nr. 1 unserer
eschäftsordnung eine Aktuelle Stunde zu diesem
hema. Ich bin der Meinung, dass das Haus die Mög-
ichkeit haben muss, darüber zu sprechen.
Vielen Dank.Sie beantragen also für die Fraktion Bündnis 90/Dierünen, dass wir aus der Beantwortung der Fragen he-aus eine Aktuelle Stunde ableiten. Das entsprichtr. 1 b der Richtlinien für eine Aktuelle Stunde. Ent-prechend einer interfraktionellen Vereinbarung be-timme ich, dass wir die Aktuelle Stunde um 15.30 Uhrurchführen. Die ursprünglich für heute vorgesehene,
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Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solmsvon der Fraktion der FDP verlangte Aktuelle Stundewird auf morgen verschoben.Wir kommen vorher aber noch zu den Fragen, dienoch nicht beantwortet worden sind. Das sind die Fragen28 bis 35. Diese Fragen sollen schriftlich beantwortetwerden.Damit sind wir am Ende des Tagesordnungspunk-tes 2.Ich unterbreche die Sitzung bis 15.30 Uhr.
Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.
Ich rufe Zusatzpunkt 2 auf:
Aktuelle Stunde
auf Verlangen der Fraktion des BÜNDNISSES 90/
DIE GRÜNEN zur Antwort der Bundesregierung
auf die Fragen 26 und 27
Steuerpolitik der Bundesregierung
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege
Fritz Kuhn, Bündnis 90/Die Grünen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Wir haben diese Aktuelle Stunde beantragt, weil nichtnur wir den Eindruck haben, dass bei der Bundesregie-rung das steuerpolitische Chaos ausgebrochen ist.
Sie sehen dies erstens an der Diskussion über dieMehrwertsteuererhöhung. Sie haben die Erhöhung um3 Prozentpunkte zu einem Zeitpunkt konzipiert, als Sieselbst nicht daran geglaubt haben, wie gut sich die wirt-schaftlichen Verhältnisse entwickeln.
Ich kann nur sagen: Den Binnenmarkt während des jetztGott sei Dank vorhandenen Aufschwungs mit21 Milliarden Euro systematisch zu schwächen, ist ein-fach ein ökonomischer Unsinn, den Sie von der Haus-haltsseite her – das sagen viele Experten – gar nichtbrauchen würden.
Deswegen sage ich: Souveränität der großen Koalitionwürde bedeuten, dass Fehlplanungen korrigiert werden.Dazu fordern wir Sie in dieser Debatte auf.
Der zweite Punkt, an dem Sie das sehen, ist die Unter-nehmensteuerreform. Herr Finanzminister, ich finde, esmuss Klarheit über den Zeitpunkt her. Dieses Hü undHott, mal da, mal dort, jetzt geht es doch schneller odervielleicht auch nicht verunsichert die gesamte wirt-schaftspolitische Szene und die Unternehmen. Ich sageflhefZIskgWbvhtdvsgsdmzPazdRfkltjnmisscnDmo
ch finde, dass Sie hierzu einmal ein klares Wort sagenollten. Zum Chaos gehört nämlich auch die kommuni-ative Verunsicherung, die Sie und die große Koalitionegenüber den deutschen Unternehmen in den letztenochen bewirkt haben.
Der dritte Punkt ist die Reichensteuer. Hier haben Sieei den Koalitionsverhandlungen, die zum Koalitions-ertrag geführt haben, offensichtlich nicht vernünftigingeschaut. Alle Verfassungsprobleme, die in den letz-en beiden Wochen diskutiert worden sind, gab es schonamals. Man hätte genau hinschauen und die Abfolgeerabreden müssen, die nach Auffassung der Grüneninnvoll wäre.
Zuerst muss es eine klare Unternehmensteuerreformeben, die auch darauf ausgerichtet ist, dass die Verfas-ungsprobleme gelöst werden. Das heißt im Klartext,ass wir in Deutschland endlich einmal in der Lage seinüssen, die private Einkommensteuer anzuheben oderu verändern, ohne dass die Unternehmensteuer für dieersonengesellschaften tangiert wird. Das ist doch daslte Problem unseres Steuerrechts. Deswegen hätten Sieuerst eine Unternehmensteuerreform und dann alles an-ere, was daraus folgt, vereinbaren müssen, sei es eineeichensteuer, sei es eine erneute Diskussion – diese be-ürworten wir – über die Frage, ob wir mit einem Ein-ommensteuersatz von 42 Prozent wirklich richtigiegen oder ob wir zur Finanzierung der Bildungsinvesti-ionen noch ein Stück höher gehen sollten.
Aber beides haben Sie nicht getan. Deswegen sind Sieetzt im Chaos gelandet; das hier festzustellen kann ichiemandem von Ihnen ersparen. Sie wollen einfach ein-al ausprobieren, ob diese Regelung verfassungsgemäßst. Das ist eine Geringschätzung der deutschen Verfas-ung. Wenn die Politik damit anfängt, dann kann ich nuragen: Gute Nacht!Der Finanzminister hat festgelegt, dass von der Rei-hensteuer unter anderem die Selbstständigen ausge-ommen werden.
ass Sie dann für das Jahr 2007 nur noch mit Einnah-en von 127 Millionen Euro kalkulieren – das ist eineptimistische Schätzung, weil die dann Betroffenen
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 34. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 10. Mai 2006 2863
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Fritz Kuhnsicherlich eine gewisse Mobilität bei den Anlageformenfinden werden –, ist wirklich ein Witz.Ich sage der SPD: Ich verstehe nicht, dass Sie sich dasso einfach machen. Sie wollen die Reichensteuer – daskann ich nachvollziehen – auch als Ausgleich für die so-zial schädliche Mehrwertsteuererhöhung von 3 Prozent-punkten, die nicht in vollem Umfang zur Senkung derLohnnebenkosten eingesetzt wird. Trotz allem haben Siewohl gedacht, dass Sie das alles schon irgendwie ver-kaufen werden. Jetzt aber bekommen Sie eine Reichen-steuer im Bonsaiformat, also unterhalb der Wirkungs-grenze.
Glauben Sie, dass Sie das den Mitgliedern Ihrer Parteioder der Öffentlichkeit als Kompensat für die Erhöhungder Mehrwertsteuer verkaufen können? Das glauben Siedoch selber nicht. Die interne Diskussion in der SPD-Fraktion gibt mir da Recht.Deswegen sage ich Ihnen: Lassen Sie diese Placebo-nummer. Machen Sie eine handwerklich ordentlicheSteuerpolitik und beginnen Sie mit einer Unternehmen-steuerreform. Dann kann man die Frage stellen: Wiekann man durch die Einkommensteuer oder auch durchdie Reichensteuer einen vernünftigen Ausgleich und so-ziale Gerechtigkeit herstellen?
Der vierte Punkt für das steuerpolitische Chaos ist na-türlich die Besteuerung von Biokraftstoffen. Das, wasSie da machen, Herr Finanzminister, halten wir für völ-lig falsch. Vor allem kleine und mittelständische Be-triebe haben hinsichtlich der Biokraftstoffe Investitionenin die Infrastruktur getätigt. Durch die Besteuerung ge-fährden Sie deren Existenz. Im Klartext: Wegen Beimi-schungszwangs erhöhen Sie den Kraftstoffpreis zum1. Januar 2007 um 3 Cent. Durch die Erhöhung derMehrwertsteuer wird dieser noch einmal um 3 Cent teu-rer.Der CDU sage ich: Die Erhöhung durch die Öko-steuer betrug damals im Schnitt 6 Pfennig. Durch IhreMaßnahmen wird der Aufschlag auf Sprit doppelt soteuer. Ich frage mich nun: Wo sind Frau Merkel und dieKrawallmacher beim Thema Ökosteuer, die wenigstenszur Senkung der Lohnnebenkosten verwendet wurde?
Sie aber schlagen doppelt so viel drauf und glauben, dasswir Ihnen das im Herbst durchgehen lassen. Sie werdensich wundern, welche Diskussionen über Ihre großkoali-tionäre Politik an den Zapfsäulen der Tankstellen ent-facht werden. Da wünsche ich Ihnen schon jetzt vielSpaß.Vielen Dank.
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Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen underren! Herr Kuhn, nur weil Sie behaupten, es bestündein Steuerchaos, muss das noch lange kein Fakt sein. Esird auch dadurch nicht richtiger, dass Sie ständig dasort „Chaos“ im Munde führen. Die große Koalition hatas, was sie im Koalitionsvertrag vereinbart hat, Schrittür Schritt ziemlich sauber und transparent umgesetzt.
Selbst das, was sich heute im Steueränderungsgesetzindet, ist nicht neu, sondern das haben wir alles verab-edet. Wir haben sehr schnell gehandelt und die entspre-henden steuerpolitischen Gesetzesvorhaben auf deneg gebracht. Einiges haben wir bereits verabschiedet.enauso kalkulierbar werden wir weiterhin sein.Sie haben uns leichtfüßig dazu aufgefordert, eine Un-ernehmensteuerreform zu machen. Ich habe den Ein-ruck, Sie unterschätzen die Komplexität einer solchenperation. Jedenfalls vermitteln Sie das in Ihrer Rede.
llein schon Ihre Forderung nach Aufkommens- undechtsformneutralität beweist das. Wissen Sie, wiechwer es sein dürfte, Rechtsformneutralität herzustel-en? Wissen Sie, dass etwa 80 bis 85 Prozent der Einzel-nternehmer und der Personengesellschaften bereitseute einer Effektivbesteuerung von unter 20 Prozentnterliegen? Wissen Sie, was es für die Rechtsformneu-ralität bedeutet, wenn die Definitivbesteuerung von Ka-italgesellschaften unter 38,6 Prozent fällt?Eine Senkung der Nominalsätze – gerade bei den Ka-italgesellschaften müssen wir das tun, weil wir uns inuropa, egal ob uns das passt oder nicht, in einem Steu-rwettbewerb befinden; wir können die nationalen Gren-en schließlich nicht mehr dichtmachen – führt zu einemerlust an Steuersubstrat. Deshalb muss man bei der Be-essungsgrundlage etwas anderes machen. Aber wannetzt die volle Wirksamkeit der Maßnahmen zur Erwei-erung der Steuerbemessungsgrundlage ein? Ist dasleich im ersten Jahr der Fall? Ich vermute, nein.
as heißt, man muss bezogen auf die Aufkommensneu-ralität sehr viel vorsichtiger operieren, als Sie es meinesrachtens getan haben.Ich stehe zur Einführung der Reichensteuer, und zwarum jetzigen Zeitpunkt. Ich wehre mich gegen den Vor-urf, dass dies eine Neidsteuer, ein Placebo oder einymbolakt sein soll.
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Bundesminister Peer SteinbrückIch glaube, dass es angesichts der Zumutungen, die un-sere steuerpolitischen Beschlüsse für viele Menschen be-wirken, richtig ist, auch die oberen Einkommensgruppenihrer jeweiligen Leistungsfähigkeit entsprechend stärkerzur Finanzierung öffentlicher Aufgaben heranzuziehen.
Ich wiederhole mich zwar, aber ich wundere michüber manche Erregung, und zwar weniger bei Ihnen alsauf den Seiten des Parlaments, die bis 1998 für einenSpitzensteuersatz von 53 Prozent verantwortlich gewe-sen sind, sich aber jetzt über die Anhebung des Steuer-satzes von 42 auf 45 Prozent so erregen, dass man umihren Gesundheitszustand fürchten muss. Das ist in die-sem Zusammenhang unverhältnismäßig. Von diesemVorhaben ist bezogen auf private Einkünfte ein ver-schwindend geringer Prozentsatz betroffen. Ich machekein Hehl daraus, dass ich in den Koalitionsverhandlun-gen dafür war, die Einkommensgrenzen zu senken, undzwar auf 125 000 für Ledige bzw. 250 000 Euro für Ver-heiratete. Aber man hat das Ergebnis von Koalitionsver-handlungen zu akzeptieren und mitzutragen. Das wirdauch geschehen.Im Übrigen werden Sie – das sage ich mit Blick aufdas, was bei dem Vorhaben herauskommt – von keinemMitglied der Bundesregierung erwarten können, dass essehenden Auges eine Verfassungsrechtsproblematik inKauf nimmt. Das sagen auch meine eigenen Partei-freunde. Das können Sie den zuständigen Ministern bzw.der Bundesregierung insgesamt nicht aufbürden. Uns istklar geworden, dass wir allein die gewerblichen Ein-künfte nicht ausschließen können. Dies würde mit denunternehmerischen Einkünften insgesamt – also auch de-nen, die von Land- und Forstwirten bzw. von Freiberuf-lern erzielt werden – kollidieren. Um diese Lücke zuschließen, haben wir uns jetzt auf die unternehmerischenEinkünfte insgesamt bezogen, denen aber auch ein be-stimmtes unternehmerisches Risiko zuzuordnen ist, wasdie Gewährleistung von Wachstum, Umsatz und Be-schäftigung angeht. Wir glauben, dass wir mit diesemWeg richtig liegen. Wir wollen nicht darauf verzichten.Was die Mehrwertsteuer betrifft, werden wir unter-schiedlicher Auffassung bleiben. Ich will mich nichtwiederholen, zumal ich Herrn Westerwelle bereits ebenauf einer Veranstaltung begegnet bin, die zwar kein Ren-kontre war, aber bei der die unterschiedlichen Meinun-gen aufeinander geprallt sind. Ich glaube, Sie überschät-zen die Möglichkeiten, den Haushalt allein durchSparmaßnahmen zu konsolidieren. Die beiden Opposi-tionsparteien geben nie Auskunft darüber – die dritte erstrecht nicht –, wie eine alternative Strategie weitererHaushaltskürzungen auf Wachstum und Beschäftigungwirken würde, und zwar negativ. Gerade dann, wenn esum Einsparungen bei Transfereinkommen geht, was sichgerade bei den Bevölkerungsgruppen unmittelbar nega-tiv auf die inländische Nachfrage auswirken würde, de-ren Sparquote bei null liegt – ich denke dabei an dieRentnerinnen und Rentner –, wird das nie in Ihren Infor-mationen berücksichtigt. Auch dass auf der Einnahme-sdfnldBn–DSdkhsgwdpzmHaahcHgmsbKZamdMhsfLC
Aber selbstverständlich! Bevor Sie die Parolen eineremonstration in den Bundestag hineintragen, solltenie sich schlau machen, was wirklich beschlossen wor-en ist!
Was wir in diesem Bereich vorhaben, läuft auf einelare Unterstützung der Biokraftstoffe hinaus: Dazu ge-ört die steuerliche Freistellung mit Blick auf die Kraft-toffe der zweiten Generation bis 2015. Die Investitions-arantie bzw. die Absicherung der Investitionen bis 2009ird, wie beschlossen, vollständig gewahrt.Sie haben hinsichtlich des Biokraftstoffs durcheinan-er gebracht, dass es dabei um zwei unterschiedliche As-ekte geht. Der eine ist die Abschaffung der steuerlichenugunsten einer ordnungsrechtlichen Förderung. Dasacht einen Unterschied von 1,6 Milliarden Euro aus,err Kuhn. Die Bundesregierung auf der einen Seiteufzufordern, den Bundeshaushalt zu konsolidieren, aberuf der anderen Seite leichtfüßig über die Möglichkeitinwegzugehen, mit einer gleichzeitigen wirkungsglei-hen ordnungsrechtlichen Regelung Mehreinnahmen inöhe von 1,6 Milliarden Euro zu erzielen, ist nicht sehrlaubhaft.Der zweite Aspekt ist, dass wir EU-Recht anwendenüssen. Wir müssen nämlich aufgrund einer europäi-chen Energiesteuerrichtlinie von der Überkompensationzw. Überförderung wegkommen. Dies geht in einemurzbeitrag wie in dieser Debatte vielleicht auch auseitgründen verloren, aber es wäre trotzdem gut, nichtn Chimären und Halbwahrheiten festzuhalten. Deshalböchte ich Sie gerne sehr gezielt über das Thema Bio-iesel informieren.Unter dem Strich: Diese Bundesregierung wird dieaßnahmen, die sie in der Steuerpolitik für notwendigält, treffen, auch wenn sie unpopulär sind; denn wirind überzeugt, dass wir dies zur Konsolidierung der öf-entlichen Haushalte sowohl des Bundes als auch deränder und Kommunen brauchen.Herzlichen Dank.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Nächster Redner ist der Kollege Otto Bernhardt,DU/CSU-Fraktion.
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 34. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 10. Mai 2006 2865
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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die
große Koalition hat im Koalitionsvertrag klare Ziele für
die Finanzpolitik formuliert. Von Chaos kann hier keine
Rede sein. Wir sind zurzeit dabei, diese Ziele schritt-
weise zu erreichen. Es ist aber bei dem, was wir vorge-
funden haben, nicht einfach, gleichzeitig das Ziel der
Förderung der wirtschaftlichen Wachstumskräfte – die
Wirtschaft läuft zurzeit nicht schlecht – und das Ziel der
nachhaltigen Sanierung der öffentlichen Finanzen zu er-
reichen. Bei der Sanierung der öffentlichen Finanzen
gibt es zwei Instrumente; wir müssen beide einsetzen.
Das eine Instrument ist der Abbau von Subventionen.
Herr Kollege Kuhn, was wir, die große Koalition, hier in
den ersten sechs Monaten unserer Regierungszeit schon
geschafft haben, kann sich sehen lassen. Wir haben be-
reits einen Subventionsabbau mit einem Volumen von
20 Milliarden Euro beschlossen. Wir werden das fortset-
zen.
Ich stimme aber dem Minister zu: Der Subventions-
abbau und die Reduzierung der Ausgaben allein reichen
nicht aus, um die Ziele, die wir uns im Koalitionsvertrag
gesetzt haben, im Jahr 2007 zu erreichen. Wir wollen
2007 gleichzeitig die Maastrichtkriterien erfüllen – das
ist nicht so schwierig; dafür reicht eine Nettoneuver-
schuldung in Höhe von 30 Milliarden Euro aus – und die
Regelgrenze des Art. 115 des Grundgesetzes einhalten;
hier geht es um eine Größenordnung von nur circa
20 Milliarden Euro. Um dies zu erreichen, waren wir ge-
zwungen, eine entscheidende Steuer zu erhöhen. Wir
von der Union sind schon im Wahlkampf für eine Mehr-
wertsteuererhöhung eingetreten. Jeder, der die geplante
Mehrwertsteuererhöhung ablehnt, den bitte ich, aufzu-
zeigen, wo wir sonst 21 Milliarden Euro hernehmen sol-
len, die wir benötigen, um einen verfassungskonformen
Haushalt vorzulegen. Ich sage sehr deutlich: Diejenigen,
die uns heute kritisieren, wären die Ersten, die eine Ak-
tuelle Stunde beantragten und versuchten, uns hier vor-
zuführen, wenn wir die Maastrichtkriterien nicht erfüll-
ten und die Regelgrenze des Art. 115 des Grundgesetzes
nicht einhielten. Herr Kollege Kuhn, wenn wir die im
Koalitionsvertrag formulierten Ziele erreichen wollen,
dann brauchen wir – leider – die geplante Mehrwertsteu-
ererhöhung.
Ich sage ganz offen: Natürlich ist die so genannte Rei-
chensteuer für uns eine Kröte, die wir im Rahmen der
Koalitionsverhandlungen geschluckt haben. Nun stehen
wir dazu.
Herr Kuhn, Sie haben aber gesagt – das ist wahrschein-
lich nicht von allen verstanden worden –, man könne ge-
nerell den Spitzensteuersatz von 42 auf 45 Prozent erhö-
hen. Dieser gilt aber – im Gegensatz zur Reichensteuer –
schon für Einkommen ab 60 000 Euro. Das wäre eine
Steuererhöhung auf breiter Ebene. Das können wir uns
in Deutschland sicherlich nicht leisten.
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Das, was in Ihrem Entwurf fehlt, ist die Begründung,warum Sie die unterschiedliche Besteuerung vornehmenkönnen.
Sie können das in unserem Gesetzentwurf nachlesen. Siekönnen unsere Begründung übernehmen und brauchenuns noch nicht einmal etwas für das Copyright zu zah-len.
In Sachen Ehrlichkeit will ich Ihnen, Herr Steinbrück,Nachhilfeunterricht in Geschichte geben. Die alte christ-liche Koalition hatte 1997
– christlich-liberale Koalition, Entschuldigung, oder bes-ser gesagt: bürgerliche Koalition – eine Steuerreformdurchgeführt, die im Deutschen Bundestag eine Mehr-heit gefunden hat. Der Spitzensteuersatz lag nach diesemKonzept bei 39 Prozent. Wir haben jetzt sieben bis achtJahre verloren. Wir hätten unsere internationale Wettbe-werbsfähigkeit steigern können, wenn die linke Mehr-heit im Bundesrat unter dem ParteivorsitzendenLafontaine das damals nicht verhindert hätte.EknsdsvAKgsG1fWppZwrwLKgklctAwcönBeWdtHa–seg
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 34. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 10. Mai 2006 2867
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2868 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 34. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 10. Mai 2006
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Wir haben außerdem natürlich die Möglichkeit, die Ein-kommensteuer sozial gerecht zu gestalten, zum Beispielindem man das steuerfreie Existenzminimum weiter aus-dehnt, aber auch den Spitzensteuersatz wieder anhebt.Niemand schreibt uns vor, dass der bei 42 Prozent liegenmuss. Auch bei 53 Prozent ist die deutsche Wirtschaftnicht kaputtgegangenuDzbwtnmdgnAWpcSe–eFDenknksd1PleuC
nd sind die Menschen, die in dieser Bundesrepublikeutschland ein sehr hohes Einkommen haben, die Spit-enverdiener, nun weiß Gott nicht verarmt.Sie hängen der neoliberalen Politik weiter an. Sie sinderatungsresistent und nehmen die Wirklichkeit nichtahr.
Man muss es immer wieder betonen: Die Haushaltssi-uation, in der wir uns befinden, so schlecht sie ist, isticht gott- oder naturgegeben; sie ist von der Politik ge-acht. Das sollten sich alle die vor Augen führen, die inen letzten 16 Jahren hier die politische Verantwortungetragen haben.Was hat Rot-Grün für Steuergeschenke an die Unter-ehmen ausgereicht! Immer wieder haben wir gehört:rbeitsplätze entstehen; es wird investiert werden.urde investiert? Ja, zum Teil, aber nicht in Arbeits-lätze, sondern in Unternehmensübernahmen und Ähnli-hes. Viele Arbeitsplätze wurden sogar auf Kosten derteuerzahlerinnen und Steuerzahler vernichtet. Das istine Politik, die mit uns nicht zu machen ist.
Schauen Sie einfach einmal ein bisschen in die Presse das kann man nicht oft genug raten –: Deutschland istin Steuerparadies, im europaweiten Vergleich auf alleälle.
as kann man nachlesen. Schauen Sie auch einfach nochinmal in den Jahreswirtschaftsbericht! Im Ergebnisehmen Sie selbst an, dass sich in diesem Jahr die Ein-ommenssituation der Arbeitnehmerinnen und Arbeit-ehmer nur minimal verbessern wird, aber dass die Ein-ünfte aus Unternehmertätigkeit und Vermögen massivteigen werden, um über 7 Prozent, während bei den an-eren Einkommen nicht einmal eine Zunahme umProzent erwartet wird.
Das ist eine Politik, die nicht zur Lösung der sozialenrobleme führt, sondern im Gegenteil die soziale Schief-age hier in Deutschland verstärken wird und die Armutrhöhen wird. Das ist eine neoliberale Politik, die mitns nicht zu machen ist. Deshalb lehnen wir das ab.Ich danke Ihnen.
Das Wort hat der Kollege Georg Fahrenschon, CDU/SU-Fraktion.
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 34. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 10. Mai 2006 2869
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Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnenund Kollegen! Lieber Herr Kühn – –
– Sehen Sie: Das ist der freudsche Versprecher. Es istnämlich schon fast kühn, was Sie sich als Überschrift fürIhre Aktuelle Stunde ausgedacht haben.
Im Grunde ist das ein Ladenhüter. Sie hätten sich mit derFrage „Steuerchaos in der Regierung“ die letzten siebenJahre auseinander setzen müssen.
Wenn Sie jetzt mit schädlichen Folgen für Konjunkturund Verbraucher argumentieren, ist das doppelt falsch.Das Verbrauchervertrauen in Deutschland steigt daserste Mal seit fünf Jahren wieder. Die Konjunktur ver-bessert sich erstmals seit fünf Jahren wieder. Sie liegennicht nur falsch vom Zeitpunkt her, sondern auch im in-haltlichen Teil Ihrer Überschrift. Sie hätten sich dieseAktuelle Stunde besser gespart.
Man muss festhalten: Sie haben nach sieben JahrenIhrer Regierungsverantwortung nichts anders als einenScherbenhaufen hinterlassen: Nullwachstum, Rekord-arbeitslosigkeit, Rekordverschuldung. Sie brauchen garnicht auf Ihren Koalitionspartner zu zeigen.
Sie waren mit dabei. Sie haben an dem Chaos in derSteuerpolitik der alten Bundesregierung mitgewirkt undin der Haushalts- und Finanzpolitik waren Sie schlichtund einfach sprachlos.
Sie haben in den sieben Jahren Ihrer Regierungsbeteili-gung nichts gegen die Verschuldung getan.Vor diesem Hintergrund kann man sich schon einmaldie Zeit nehmen, um zu fragen: Was hat die grüne Bun-destagsfraktion in den letzen sieben Jahren gefordert?Sie waren in der Frage der Erhöhung der Erbschaftsteuerdabei. Sie haben die Wiedereinführung der Vermögen-steuer gefordert. Sie haben die Einführung der Einkom-mensteuer für Deutsche, die im Ausland leben, gefor-dert. Damit haben Sie mal wieder die „Bild“-Zeitungs-Schlagzeilen beherrscht. Nicht zu vergessen: Im Juni2005 erklärte die Kollegin Anja Hajduk: Die grüne Bun-destagsfraktion hat ein eigenes haushalts- und finanz-politisches Konzept mit Erhöhung der Mehrwertsteuerbeschlossen. Das alles waren Teile Ihrer Beiträge zurPolitik in Deutschland in den letzten sieben Jahren.tBEDcBhAdleuzngnzdzsdAdgGwuRcuvkEdTCBEcpwbsvDdUnPsf
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2870 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 34. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 10. Mai 2006
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Nächste Rednerin ist die Kollegin Christine Scheel,
Bündnis 90/Die Grünen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Wenn Sie schon von „rückwärts gewandt“ reden, HerrFahrenschon, dann muss man an dieser Stelle auch kon-statieren, dass Sie eine rückwärts gewandte Rede gehal-ten haben. Sie leiden anscheinend an Gedächtnisverlust.Man darf nicht vergessen, was Rot-Grün – da muss ichdie Roten einmal mit hineinnehmen; wir haben ja ge-meinsam ein paar gute Dinge beschlossen –, vor allem insteuerlicher Hinsicht im Bereich Subventionsabbau, ein-gebracht hat, während Sie damals diejenigen waren, diedas blockiert haben. Sonst hätten wir heute nicht dieHaushaltsprobleme, die wir in Deutschland insgesamthaben. Das muss man an dieser Stelle auch einmal sa-gen.
Wenn man hört, dass Herr Minister Steinbrück undHerr Bernhardt sagen, das, was man im Koalitionsver-trag aufgeschrieben habe, werde jetzt sukzessive umge-setzt, dann muss man feststellen: Wenn schon ein Koali-tionsvertrag an wichtigen Stellen so unkonkret, vage undwirr formuliert ist wie Ihrer, kann man sicher auch nichterwarten, dass die Gesetzgebung besser ist. Genau soschaut es im Moment auch aus.
Wenn sich dann Vertreter der SPD hier hinstellen undsagen, sie täten das, was sie immer gesagt hätten, dannschüttelt es mich, und zwar ziemlich heftig, FlorianPronold.
Vonseiten der SPD wurde gesagt: keine Mehrwertsteuer-erhöhung. Die anderen haben gesagt: Mehrwertsteuer-erhöhung um 2 Prozentpunkte; die Einnahmen sollenkomplett zur Senkung der Sozialversicherungsbeiträgeverwendet werden. Herausgekommen sind 3 Prozent,die vorwiegend zur Sanierung des Haushalts eingesetztwerden sollen.
Was hat denn das mit den Strukturveränderungen zu tun,die man vorher angekündigt hat? Das ist doch eine reineAbzocke.Hinzu kommt, dass, vorwiegend über die bayerischenMedien, wie die SPD in Bayern das durch Herrn FlorianPronold gemacht hat, gestreut wird, dass die SPD diePuSndwkmdgäwsWKlSgikfpddDduZeddbBds
Man muss sich das einmal vorstellen: All die Punkte,ie jetzt umgesetzt werden sollen, sind das genaue Ge-enteil von dem, was Sie noch vor einigen Monaten ge-ußert haben. Man könnte also 100 gute Gründe nennen,arum beispielsweise die Einrichtung eines Lügenaus-chusses Sinn machen würde. Aber das ist uns zu doof.ir setzen uns mit Ihnen lieber inhaltlich auseinander.
Es heißt immer, es sei alternativlos, was vonseiten deroalition gemacht wird, weil es keine besseren Mög-ichkeiten gibt. Aber es gibt Alternativen.
ie sagen selbst, dass das, was Sie hier vorschlagen, zuroßen Teilen konjunkturschädlich und widersprüchlichst. Es wird bei denen abkassiert, die ihre gesamte Kauf-raft und auch ein gewisses Sparpotenzial brauchen, umür das Alter vorzusorgen. Wir alle wollen doch, dass dierivate Altersvorsorge gestärkt wird. Aber Sie wollenen Sparerfreibetrag halbieren und treffen damit genauie Menschen, die für das Alter vorsorgen.
ies hat mit Logik nichts mehr zu tun und ist aufgrunder verheerenden Wirkung ein Schuss nach hinten.
Außerdem wird gesagt, eine Mineralölsteuererhöhungm 6 Cent sei unumgänglich.
u den Biokraftstoffen muss man ganz klar sagen, dasss eine gute Entscheidung war, den Landwirten zu raten,ass sie ihre eigenen Energiewirte werden, dass sie eineezentrale Versorgung aufbauen und ihre Märkte aus-auen. Von der dezentralen Versorgung profitiert dieundesrepublik Deutschland insgesamt, weil wir da-urch weg vom Öl kommen. Aber was machen Sie? Wasich hier im Ansatz entwickelt, machen Sie auf einen
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 34. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 10. Mai 2006 2871
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Christine ScheelSchlag kaputt. Sie gefährden damit Arbeitsplätze undnehmen uns die Zukunft, was die Versorgung mit rege-nerativen Energien angeht.
Das ist eine rückwärts gewandte Politik, die nichts mitZukunftsfähigkeit zu tun hat.
Wenn man sich die anderen Punkte anschaut, bei-spielsweise das Placebo Reichensteuer, dann muss mansagen: Es werden nur Luftballons losgelassen; es handeltsich um ein gigantisches Ablenkungsmanöver. Alle re-den über die Reichensteuer, aber niemand von Ihnen re-det über die Kürzung der Pendlerpauschale und über dieZumutungen für die Kleinsparer. Ihr Konzept ist völliginkonsistent.
Sie hoffen, dass über die Weltmeisterschaft diese The-men aus der Öffentlichkeit verschwinden. Sie wollen indiesem Kontext die Gesetze zügig durchziehen. Siebrauchen sich aber nicht zu wundern, dass die Konjunk-tur diese Politik von gestern nicht mitmacht.Wir werden Ihre Politik nicht akzeptieren. Wir wer-den im Rahmen des Steuergesetzgebungsverfahrens un-sere Vorschläge auf den Tisch legen. Sie sind wesentlichbesser als Ihre.Danke.
Nächster Redner ist der Kollege Reinhard Schultz,
SPD-Fraktion.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe KolleginScheel, mit Blick auf die Weltmeisterschaft sollten wiruns überlegen, für die Debatten im Bundestag ein Do-pingverbot auszusprechen. Ich habe selten so etwas Auf-gekratztes wie Ihren heutigen Beitrag erlebt, der zudemnoch neben der Sache lag.
Sie wissen, dass ich von Natur aus kein Charmebolzenbin;
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Das weiß ich. Das bestreite ich nicht, auch wenn mans von außen nicht sieht. Ich habe es ja oft genug erfah-en.Sie haben eben angesprochen, dass die vom Eltern-eld Begünstigten dieses selber finanzieren. Das war einopulistischer Klimmzug, wie Sie ihn gerne machen.ir setzen klare Schwerpunkte, in diesem Falle auf dieamilienpolitik. Wir wollen, dass sich auch gut verdie-ende Paare, bei denen Frauen einen Beruf ausüben,hne Einbußen in ihrer finanziellen Existenz für einind entscheiden können. Das ist ein gesellschaftspoliti-cher Schwerpunkt, den die Gemeinschaft aller mitzu-inanzieren hat. Weil es eine gesellschaftliche Aufgabe
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2872 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 34. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 10. Mai 2006
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Reinhard Schultz
ist, müssen sie alle mitfinanzieren und nicht etwa nur diebetroffene Frau oder der betroffene Mann, die Nutznie-ßer des Elterngeldes sind. Insofern ist die Aussage, siefinanzierten es selber, richtig und falsch zugleich; dasmacht gerade den Populismus aus. GesellschaftlicheSchwerpunktaufgaben müssen von allen finanziert wer-den und nicht nur von einigen wenigen. Das gilt für dieFamilienpolitik genauso wie für viele andere wichtigeBereiche.Es ist geradezu witzig, wenn Sie, Herr Solms, aberauch Frau Scheel sagen, die Reichensteuer bringe nichts.Sie sei ein reines Placebo.
Über ein Placebo bräuchte man sich doch gar nicht auf-zuregen. Ich bin ganz froh darüber, dass nach Angabendes Finanzministeriums das Aufkommen aus dieserSteuer auf etwa 1,3 Milliarden Euro anwachsen wird.Das ist mehr als ein Furz auf der Gardinenstange, wennich diesen unparlamentarischen Ausdruck einmal ver-wenden darf. 1,3 Milliarden Euro sind eine echte Haus-nummer; das sollte man schon sagen. Insofern sollteman jenseits der Frage der Gerechtigkeit und der Belas-tung breiterer Schultern mit etwas höheren Steuern dieBedeutung dieser Steuer für den Haushalt nicht überse-hen.Eine große Rolle spielt auch die Frage der Biokraft-stoffe. Vor dem Brandenburger Tor hat ja heute eineDemonstration zu diesem Thema stattgefunden. Ich sageohne Häme: Es war eine gewaltige Demonstration mitgut 100 Leuten. Ungefähr genauso viele Dienstwagenvon Bioverbandsfunktionären waren zu sehen. Diesenhaben einige wenige interessierte Politiker, aber auchVerbandspolitiker und Leute, die beides sind, zugehört.Das war eine schöne, machtvolle und nach vorne tra-gende Veranstaltung, die auch gut in einem größerenWohnzimmer hätte stattfinden können.Warum war sie nicht ganz so machtvoll? Weil ein gro-ßer Teil derer, die auf Biokraftstoffe setzen, über dieLinie der Bundesregierung und der Koalition sehr frohsind, dass es einen breiten industriellen Weg mit einersteigenden Quote des Kraftstoffersatzes sowohl für Otto-motoren als auch für Dieselmotoren geben wird, an demviele partizipieren können, und dies eine industrielleStrategie ist und keine, die es erlaubt, irgendwo imLande, zum Beispiel an einer Apotheke, zu tanken, wiees noch der alte Benz gemacht hat. Insofern ist ein gro-ßer Teil der Szene sehr zufrieden, –
Herr Kollege, Ihre Redezeit ist zu Ende.
– außer vielleicht die eine oder andere wirtschaftliche
Existenz, die ihre wirtschaftlichen Möglichkeiten nur
der Tatsache verdankt, dass sie von Windfall-Profits
über Steuersubventionen profitieren konnte.
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Einen schönen Tag Frau Präsidentin! Meine Damennd Herren Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste dro-en auf den Zuschauerrängen! Reinhard Schultz, es wäreielleicht gut gewesen, wenn auch wir bei der Biode-onstration am Brandenburger Tor dabei gewesen wä-en. Denn es wurden einige berechtigte Sorgen vorgetra-en. Aber das ist heute nicht das große Thema.Großes Thema ist, was die Grünen jetzt versuchen.ie behaupten, es gebe ein totales Durcheinander.
Wenn dies so wäre, liebe Christine Scheel, dann wäreie Zustimmung zu den Grundaussagen zu unserer Re-ierungsarbeit im Koalitionsvertrag nicht so groß, wieie Landtagswahlergebnisse in den letzten Monaten be-tätigt haben.Meine Damen und Herren, ich will nicht vorrechnen,as die Kollegin Scheel in den vergangenen Periodenanchmal vor dem Finanzausschuss verkündet hat undie sie sich dann im Finanzausschuss bei Abstimmun-en verhalten hat. Es war viel Populismus dabei.
Wenn du willst, kannst du eine Zwischenfrage stellen.ann habe ich längere Redezeit.
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Herr Kollege, das geht nicht. Wir haben eine Aktuelle
Stunde.
Sie darf nicht wollen. Es ist in Ordnung.
Schauen wir in den Koalitionsvertrag, die Richt-
schnur unserer Zusammenarbeit! Dass die Union bei die-
ser Bundestagswahl nur 35,x Prozent erreicht hat, lag
daran, dass wir – jetzt rede ich als Unionsmann – zu ehr-
lich und zu offen in den Wahlkampf gegangen sind. Wir
haben verkündet: Wenn wir drankommen, gibt es Belas-
tungen und keine Freudentänze. Wir müssen uns an-
schicken, dieses Deutschland wieder nach vorne zu ent-
wickeln.
Ich könnte locker sagen: Man kann zur Musik nur mit
den Mädels tanzen, die da sind.
Die Regierungsfähigkeit ist eben mit den Sozialdemo-
kraten gegeben.
Jetzt komme ich – wieder im Ernst – auf den Steuer-
zuschlag für Vermögende und gut Verdienende. Ich will
nur in Erinnerung rufen, wie sehr die Steuersätze unter
Rot-Grün gesenkt wurden. Das kann nicht das Leitthema
in der jetzigen Auseinandersetzung sein. Die Solidarität
aller Staatsbürgerinnen und Staatsbürger gilt für die gut
Verdienenden genauso wie für die Klientel von Herrn
Müntefering, der in seinem Etat über 5 Milliarden Euro
einzusparen hat. Alle Schichten der Bevölkerung sind
dabei.
Noch einmal zu dem Durcheinander, das da angespro-
chen wurde.
Wir als Union haben die Eigenheimzulage geopfert.
– Das war ein großes Opfer, Herr Kuhn. – Diese ersten
Gesetze haben wir im Dezember schnell auf die Reihe
gebracht. Sie treffen draußen auf Zustimmung. Das gilt
auch für die Erhöhung der Mehrwertsteuer: ein Prozent-
punkt in die soziale Schiene, die anderen in den Staats-
haushalt. Das ist doch ein ehrlicher Umgang mit allen
draußen, die es betrifft.
Das strukturelle Defizit beträgt 40 Milliarden Euro.
20 Milliarden Euro decken wir durch Steuererhöhung.
Sie ist unangenehm und unpopulär, aber wir kündigen
sie lange genug vorher an. Wir haben uns wirtschaftspo-
litisch und staatspolitisch ausgesprochen klug verhalten;
jeder kann sich darauf einstellen.
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Diese Koalition ist angetreten, Deutschland wieder zu
rfolg zu führen, wenn auch unter Federführung von
undeskanzlerin Angela Merkel. Damit müssen auch
ie jetzt leben, nicht nur Männer in der Union, sondern
m ganzen Staat. Es läuft doch prima! Lassen Sie es uns
eschickt angehen. Wir lassen uns von Ihnen nicht in
ine Hektik hineintreiben, auch wenn Sie das mit dieser
ktuellen Stunde beabsichtigen. Auf dieses Glatteis ge-
en wir nicht.
Danke schön.
Das Wort hat Christian Lange, SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen underren! Verehrte Kollegen von den Grünen, ich kann Sieurchaus verstehen. Eingeklemmt zwischen der FDP mithren neoliberalen Konzepten auf der einen und der PDSuf der anderen Seite, ist es nicht ganz einfach, sich alsppositionsfraktion zu profilieren. Das sehe ich durch-us ein.Sie haben sich heute offensichtlich auf die Schlag-orte „Steuerchaos“ und „Attacke“ eingeschworen. Ich
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Christian Lange
sage Ihnen aber: Das, was die Wirtschaft braucht, sindVerlässlichkeit und Ruhe. Herr Bundesfinanzminister,ich bin Ihnen deshalb dankbar dafür, dass Sie denLockungen der Opposition, en passant eine Unterneh-mensteuerreform hinzulegen, womöglich noch in derAktuellen Stunde, nicht gefolgt sind,
sondern gesagt haben, dass Sie sich in Ihrem Ministe-rium damit beschäftigen und dieses Hohe Haus zu gege-bener Zeit darüber beraten wird. Dieses Vorgehen ist inder Tat eine Voraussetzung dafür, dass wir die Wirtschaftin Deutschland durch ein ständiges Hin und Her nicht zustark belasten.An die Adresse der Koalitionsfraktionen sage ich aberauch: Das Schlechtreden muss aufhören. Es hat mittler-weile aufgehört. Das ist ein Effekt der großen Koalition.Auch das ist ein positiver Beitrag; denn wir wissen – derSpruch stammt von Erhard; aber es ist trotzdemrichtig –, dass Psychologie ein ganz wichtiger Gesichts-punkt ist, wenn es darum geht, die Wirtschaft voranzu-bringen.
Zur Mehrwertsteuer. Es besteht kein Zweifel daran,dass ich als jemand, der sich um kleine und mittlere Un-ternehmen bemüht, nicht als Fan einer Mehrwertsteuer-erhöhung auftreten kann. Bis jetzt hat aber noch nie-mand eine Alternative, noch nicht einmal in Ansätzen,vorgelegt. Wir sollten bedenken, warum wir die Mehr-wertsteuer eigentlich erhöhen. Ein Aspekt ist mehrfacherwähnt worden: das Defizitkriterium. Dem stimme ichzu. Aus meiner Sicht gehört aber auch die Umstellungdes sozialen Sicherungssystems von einem abgaben-finanzierten auf ein steuerfinanziertes System dazu. Die-sen Ansatz halte ich für richtig. Das sollten wir an dieserStelle deutlich sagen.Ich bitte auch darum, differenziert auf das vermeint-liche Schreckgespenst Mehrwertsteuererhöhung zuschauen. Auf die kleinen und mittleren Handwerksunter-nehmen komme ich gleich noch zu sprechen. Die Ge-meinschaftsdiagnose der Wirtschaftsforschungsinstitutezur Lage der Weltwirtschaft und der deutschen Wirt-schaft im Frühjahr 2006 zeigt auf, dass es neben derMehrwertsteuer, die – darüber sind wir uns einig – in derTat dämpfend wirkt, andere Faktoren gibt, deren kon-junkturelle Bedeutung zumindest von den Instituten alswesentlich größer erachtet wird.
Ich will an dieser Stelle klar sagen, was das heißt: Esgibt Risiken. Sie sind – so steht es in dem Bericht – inder weltwirtschaftlichen Konjunktur begründet.So würde ein erneuter Preisschub beim Erdöl, aus-gelöst durch eine befürchtete Angebotsverknap-pung, die Konjunktur dämpfen. Kontraktive EffektegtBswAShtedsmfMo5Vtifn1SePdDsTdpmwI2RtRcn
uch das gehört zu einer seriösen Debatte – Herr Kuhn,ie sind in der Lage, eine solche zu führen; zumindestabe ich das in der Vergangenheit erlebt –, nicht nur At-acke und Krawall.
Jetzt möchte ich auf ein Argument eingehen, dasbenfalls von Ihrer Seite vorgebracht wurde, nämlichen Placeboeffekt. Da wundere ich mich; denn die Wirt-chaftsverbände, die die kleinen und mittleren Unterneh-en im Blick haben, bewerten die Reichensteuer keines-alls als Placebo. Ich teile diese Auffassung nicht. Deraßstab für die Reichensteuer liegt bei einer Größen-rdnung von 250 000 Euro bei Alleinverdienern und00 000 Euro bei Doppelverdienern. Ich wünsche denerbänden, die sich um Handwerks- und Mittelstandbe-riebe kümmern, dass die Personenunternehmen, die zuhren Mitgliedesverbänden gehören, diese Gewinne ein-ahren. Wir wissen doch, dass der Gewinn dieser Unter-ehmen vor Steuern im Durchschnitt bei 50 000 bis00 000 Euro liegt. Das heißt, sie sind meilenweit vompitzensteuersatz und Lichtjahre von der Reichensteuerntfernt. Deshalb ist es unseriös, auf der einen Seite denlaceboeffekt anzuführen und auf der anderen Seite miten Verbänden zu heulen. Das passt nicht zusammen.as ist keine logische Kritik.Ich bitte Sie von den Grünen einfach, zu einer kon-truktiven Auseinandersetzung zurückzukehren und dashema Mehrwertsteuer nicht auf den Wahlkampf zu re-uzieren, sondern die Effekte anzuschauen, die durchausroblematisch sind, sie zu gewichten im Zusammenhangit weiteren Komponenten, die eine Rolle spielen: welt-irtschaftliche Auseinandersetzungen, Erdölpreise undmmobilienpreise. Keiner weiß, wie sich das im Jahr007 auswirken wird. Ich bitte Sie auch, beim Themaeichensteuer zumindest die Gewinnsituation der Be-riebe des Mittelstandes, um die wir uns alle in hunderteden zu Recht Sorgen machen, ins richtige Licht zu rü-ken. Denn die sind von der Reichensteuer – leider –iemals betroffen.Herzlichen Dank.
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Das Wort hat der Kollege Leo Dautzenberg, CDU/
CSU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als ei-
ner der Redner, die am Schluss dieser Aktuellen Stunde
sprechen, muss ich wirklich fragen: Worin lag der Nähr-
wert der Aktuellen Stunde, Herr Kuhn und Vertreter der
Grünen?
Denn wir haben die Ausführungen vonseiten der Koali-
tionsfraktionen gehört, die Sie kritisieren, aber keine Al-
ternativen dazu, wie man es besser machen kann. Da
zieht auch die Ausrede nicht, dass das in einer Aktuellen
Stunde mit Fünfminutenbeiträgen nicht zu leisten sei.
Wenn man sich darauf konzentriert und entscheidende
Punkte angegeben hätte, wäre das durchaus möglich ge-
wesen. Von daher hat Kollege Schindler Recht, wenn er
sagt, dass wir uns durch dieses Getöse von der sachbezo-
genen Arbeit und der kontinuierlichen Umsetzung des
Koalitionsvertrages, den wir gemeinsam beschlossen ha-
ben und Schritt für Schritt zeitnah umsetzen werden,
nicht abbringen lassen.
Wir haben in unserer Koalitionsvereinbarung einen
Dreiklang aus Sanieren, Investieren und Reformieren.
Wir befinden uns jetzt in Teilbereichen der Finanzpolitik
und Finanzwirtschaft bei der Sanierung und auch in Ele-
menten des Investierens und des Reformierens.
Ich darf noch einmal in Erinnerung rufen, was diese
Koalition in diesen drei Bereichen schon auf den Weg
gebracht hat. Sie kennen das Koch/Steinbrück-Papier
mit dem so genannten Subventionsbericht. Wir haben
das Gesetz zur Beschränkung der Verlustverrechnung im
Zusammenhang mit Steuerstundungsmodellen am Ende
des letzten Jahres auf den Weg gebracht. Denken Sie an
das Gesetz zur Eindämmung missbräuchlicher Steuer-
gestaltungen! Zurzeit läuft die Beratung des Haushalts-
begleitgesetzes. Heute sind uns die Eckpunkte zum Steuer-
änderungsgesetz 2007 mitgeteilt worden. Darin sind
auch Elemente enthalten, über die wir schon seit Jahren
diskutieren und die im Grunde Steuersubventionstatbe-
stände darstellen. Jetzt werden diese Elemente refor-
miert und anders gestaltet,
angefangen, Kollege Thiele, bei der Fahrtkostenpau-
schale bis hin zu anderen Bereichen. Das wird Schritt für
Schritt umgesetzt.
Kollege Solms, bezüglich der Gewinneinkünfte haben
Sie den Zuschlag zur Einkommensteuer angesprochen.
Innerhalb der Koalition ist die Union der Auffassung,
dass man das weiterhin Zuschlag zur Einkommensteuer
nennen sollte. Wenn der Koalitionspartner es zur Beruhi-
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ann ich diesen Vorwurf, der von Ihrer Seite an meine
raktion und an die jetzige Koalition gerichtet wird,
icht gelten lassen.
Wir sollten gemeinsam und sachbezogen weiterarbei-
en. Sie sind herzlich eingeladen, in diesem Rahmen Ih-
en Beitrag zu leisten.
Vielen Dank.
Letzter Redner in dieser Aktuellen Stunde ist der Kol-ege Lothar Binding, SPD-Fraktion.
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2876 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 34. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 10. Mai 2006
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Sehr verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnenund Kollegen! Lieber Fritz, ich glaube, heute haben dieGrünen ihr Ziel verfehlt. Ich habe mitgeschrieben, wieoft im Zusammenhang mit dem Antrag der Grünen dasWort Chaos erwähnt wurde. Das war weniger als zehn-mal der Fall. Das ist eigentlich ein schwacher Reflex aufeinen so großen Antrag.
In der Vergangenheit wurden solche Anträge normaler-weise gestellt, um diesen Begriff möglichst oft mit dempolitischen Gegner und seiner schlechten Politik zu ver-knüpfen.
In einem ähnlichen Zusammenhang habe ich einmalals Antwort auf die Ausführungen von Steffen Kampetereine Rede gehalten. Vielleicht erinnert sich der eine oderandere, dass damals genau das sein Reflex auf die Politikder Regierung war. Damals machte Fritz Kuhn Zwi-schenrufe wie „Steuererhöhungen blockieren die Län-der!“ oder „Scheinheilig!“; das sollten wir noch einmalgenauer untersuchen. Christine Scheel hat sogar einen„Lügenausschuss“ erwähnt, der möglicherweise einge-setzt werden sollte. Sie sprach von einem „Ablenkungs-manöver“
und hat dafür sogar die Fußballweltmeisterschaft in An-spruch genommen.
Daran kann man die Diktion dieses Antrags erkennen.Dann versteht man auch, warum ich meine, dass er ver-fehlt ist.
Auch der Kollege Solms hat etwas Interessantes ge-sagt
– das stimmt –: Beim Elterngeld würden wir verschwei-gen, dass die Bürger – ich zitiere ihn wörtlich – „dasselbst bezahlen“. Ich frage Sie: Wie können wir das ver-schweigen? Es gibt in diesem Staat nichts, was nicht dieBürger bezahlen. Selbst wir werden von den Bürgern be-zahlt.
Alles, was in diesem Staat passiert, bezahlen letztendlichdie Bürger. Wenn man das nicht zur Kenntnis nimmt, istes natürlich leicht, zu sagen, dass etwas verschwiegenwird.stliWjIaSlnnDn–dhc–e–nnqasZhSdeKendtvdHsfMd
nsofern ist er ein Element dieses Kreislaufs. Der Quelleuf der einen Seite entspricht die Senke auf der andereneite und umgekehrt. Sie merken: Wenn wir einen Kreis-auf zugrunde legen, kann – ich gebe Ihnen Recht: Aus-ahmen bilden das Sparen und die Auslandsbezüge –ichts verloren gehen.
eshalb sollten Sie sich über den Wirtschaftskreislaufoch einmal Gedanken machen.Jetzt komme ich auf den Zuruf von Fritz Kuhn„Denk an deinen Wahlkampf!“ – zu sprechen. Daranenke ich auch. Bei meinen Wahlkampfveranstaltungenabe ich nämlich gesagt: Da wir eine Nachfrageschwä-he haben, dürfen wir die Mehrwertsteuer nicht erhöhen.
Das habe ich nicht getan. Ich habe das, was ich geraderwähnt habe, gesagt. So genau möchte ich schon sein.
Nein, diese Faltblätter habe ich in meinem Wahlkreisicht verteilt. Das wird auch Fritz Kuhn bestätigen kön-en. Ihr müsst die Dinge schon korrekt zuordnen.Selbstverständlich haben wir über andere Einnahme-uellen nachgedacht; denn jedem ist bekannt, wie wiruf europäischer Ebene platziert sind und dass wir un-ere Einnahmesituation verbessern müssen. In diesemusammenhang haben wir insbesondere an eine Erhö-ung der Einkommensteuer und an die Beseitigung vonteuerschlupflöchern gedacht. Dazu stehen wir. Aller-ings war hier kein Kompromiss zu erzielen. Deshalb ists mir wichtig, zu prüfen, ob die Aussage von Fritzuhn – dass wir die Einnahmen aus der Mehrwertsteuer-rhöhung angesichts der Haushaltssituation gar nicht be-ötigen – überhaupt stimmt. Fritz, wenn du das so sagst,ann hast du eine jahresbezogene, vielleicht sogar stich-agsbezogene Betrachtung von Wirtschaftspolitik undergisst die strukturellen Defizite, die aus Fehlentschei-ungen in der Vergangenheit resultieren und unserenaushalt auf viele Jahre voraus bestimmen. Wer dastrukturelle Defizit in unserem Haushalt maastrichtkon-orm gestalten will, muss sich – zum Beispiel über dieehrwertsteuer oder über andere Systeme; die könnt ihrann vorschlagen – kontinuierliche Einnahmen sichern.
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Lothar Binding
Deshalb glaube ich, dass wir bei einer Steuerquote von20 Prozent in diesem Staat
um eine Steuererhöhung dieser Art nicht herumkommen.Die Frage ist aber immer, was man mit den Steuerein-nahmen macht. Wir legen ein Konjunkturprogramm auf,das der Wirtschaft helfen soll. Wo wir gerade über die Nachfrageschwäche diskutie-ren: 80 Milliarden Euro von 190 Milliarden Euro fließenin den Rententopf; wir wissen, dass die Rentner einenwichtigen Teil der Nachfrageseite ausmachen. 40 Mil-liarden Euro fließen als Transferleistungen im Zusam-menhang mit Arbeitslosigkeit und Arbeit in den Markt.Natürlich haben die Menschen, denen wir Transferleis-tungen wie das Arbeitslosengeld II geben, ein Nachfra-gepotenzial. Noch etwas ganz Wichtiges: Wir haben dieGemeindefinanzen gestärkt, was bedeutet, dass vor Ort,unmittelbar bei den Bürgern, etwas ankommt. Ich glaube,das ist essenziell.Ein Wort zur Reichensteuer:
Die Reichensteuer ist eine Ergänzung all dessen. Mankann sagen, das Aufkommen ist marginal: im ersten Jahrnur ungefähr 130 Millionen Euro, im zweiten Jahr nuretwa 800 Millionen Euro. Wer das aber ins Verhältnissetzt dazu, wie hoch die veranlagte Einkommensteuernach Erstattungen ist, nämlich ungefähr 9 MilliardenEuro, der merkt, dass wir in diesem Sektor eine – wennich etwas aufrunden darf – 10-prozentige Anhebung ha-ben. Insofern ist die Reichensteuer eben nicht marginal.Außerdem ist es wichtig, dass die Botschaft ankommt:Die starken Schultern sollen mehr tragen.Diese Maßnahmen sind ein guter Anfang, den wir er-gänzen – ich will ein konkretes Beispiel nennen – durchdie Abschaffung der Möglichkeit, Filmfonds zur Steuer-ersparnis zu nutzen. Wenn wir auf diesem Weg weiterge-hen, können wir die Staatsfinanzen konsolidieren. Mit„Sanieren, investieren, reformieren“ sind wir auf einemguten Weg.
Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-
ordnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
destages auf morgen, Donnerstag, den 11. Mai 2006,
9 Uhr, ein.
Ich wünsche allen in diesem Hohen Hause – den Kol-
leginnen und Kollegen, den Mitarbeiterinnen und Mitar-
beitern, aber auch unseren Besuchern auf der Tribüne –
einen schönen Mittwochabend.
Die Sitzung ist geschlossen.