Protokoll:
16032

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 16

  • date_rangeSitzungsnummer: 32

  • date_rangeDatum: 6. April 2006

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: None Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 22:14 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 16/32 und (Drucksachen 16/794, 16/1004, 16/1078) b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales zu dem Antrag der Abgeordneten Volker Schneider (Saarbrücken), Klaus Ernst, Katja Kipping, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN: 1-Euro-Jobs aus der Berechnungsgrundlage für die Rentenanpassung herausnehmen (Drucksachen 16/826, 16/1078) . . . . . . . . c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales zu der Unterrichtung durch die Bundesregie- rung: Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Verbesserung der Portabilität von Zusatzrentenansprüchen (inkl. Gutachten des Sozialbeirats zum Ren- tenversicherungsbericht 2005 und zum Alterssicherungsbericht 2005 (Drucksache 16/905) . . . . . . . . . . . . . . . . f) Unterrichtung durch die Bundesregie- rung: Ergänzender Bericht der Bundesregierung zum Rentenversi- cherungsbericht 2005 (Alterssiche- rungsbericht 2005) und Gutachten des Sozialbeirats zum Ren- tenversicherungsbericht 2005 und zum Alterssicherungsbericht 2005 (Drucksache 16/906) . . . . . . . . . . . . . . . . g) Unterrichtung durch die Bundesregie- 2588 C 2588 D 2589 A 2589 B Deutscher B Stenografisch 32. Sitz Berlin, Donnerstag, d I n h a l Wahl des Abgeordneten Dirk Becker als Schriftführer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Absetzung der Tagesordnungspunkte 25 a und b Begrüßung des Präsidenten der Assemblée nationale, Herrn Debré . . . . . . . . . . . . . . . . . . Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeord- neten Jörg Rohde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 3: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Weitergeltung der aktuellen Rentenwerte ab 1. Juli 2006 d e 2587 A 2587 B 2588 C 2608 B 2621 D 13686/05 ADD 1) KOM (2005) 507 endg.; Ratsdok. 13686/05 (Drucksachen 16/150 Nr. 2.265, 16/1155) 2588 D undestag er Bericht ung en 6. April 2006 t : ) Antrag der Abgeordneten Dr. Heinrich L. Kolb, Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Keine Renten- versicherungspflicht für geschäftsfüh- rende Alleingesellschafter einer GmbH (Drucksache 16/966) . . . . . . . . . . . . . . . . ) Unterrichtung durch die Bundesregie- rung: Bericht der Bundesregierung über die gesetzliche Rentenversicherung, ins- besondere über die Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben, der Nach- haltigkeitsrücklage sowie des jeweils erforderlichen Beitragssatzes in den künftigen 15 Kalenderjahren (Renten- versicherungsbericht 2005) 2589 A rung: Nationaler Strategiebericht Alterssicherung 2005 (Drucksache 15/5571) . . . . . . . . . . . . . . . 2589 C II Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 2006 h) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung über die gesetzliche Rentenversicherung, insbe- sondere über die Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben, der Nachhal- tigkeitsrücklage sowie des jeweils erfor- derlichen Beitragssatzes in den künftigen 15 Kalenderjahren gemäß § 154 SGB VI (Rentenversicherungsbericht 2004) und Gutachten des Sozialbeirats zum Ren- tenversicherungsbericht 2004 (Drucksache 15/4498) . . . . . . . . . . . . . . . . Franz Müntefering, Bundesminister BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ralf Brauksiepe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Irmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Peter Friedrich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . . . Anton Schaaf (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Anton Schaaf (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Michael Fuchs (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 4: Antrag der Fraktion der LINKEN: Für Selbstbestimmung und soziale Sicherheit – Strategie zur Überwindung von Hartz IV (Drucksache 16/997) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Antrag der Abgeordneten Brigitte Pothmer, Markus Kurth, Irmingard Schewe-Gerigk, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Hartz IV weiterentwickeln – Existenzsichernd, indi- viduell, passgenau (Drucksache 16/1124) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Katja Kipping (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Gerald Weiß (Groß-Gerau) (CDU/CSU) . . . . D G K G B K J A P R T a b c d 2589 C 2589 D 2591 D 2594 A 2596 B 2598 A 2599 C 2600 D 2601 D 2602 B 2603 D 2604 C 2605 D 2606 A 2606 A 2606 D 2607 C 2609 A 2609 A 2609 B 2611 A r. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . erd Andres, Parl. Staatssekretär BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Katja Kipping (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . atja Kipping (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . erd Andres, Parl. Staatssekretär BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . rigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Diether Dehm (DIE LINKE) . . . . . . . . Dr. Barbara Hendricks (SPD) . . . . . . . . . . arl Richard Schiewerling (CDU/CSU) . . . . Katja Kipping (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . örg Rohde (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ngelika Krüger-Leißner (SPD) . . . . . . . . . . aul Lehrieder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . olf Stöckel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 32: ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Artikel-10- Gesetzes (Drucksache 16/509) . . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Umsetzung der Richtlinie 2004/ 25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 be- treffend Übernahmeangebote (Über- nahmerichtlinie-Umsetzungsgesetz) (Drucksache 16/1003) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Vertrag vom 27. Mai 2005 zwischen dem Königreich Belgien, der Bundesrepublik Deutschland, dem Königreich Spanien, der Französischen Republik, dem Großherzogtum Luxem- burg, dem Königreich der Niederlande und der Republik Österreich über die Vertiefung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, insbesondere zur Bekämpfung des Terrorismus, der grenzüberschreitenden Kriminalität und der illegalen Migration (Drucksache 16/1108) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Umsetzung des Vertrags vom 2612 D 2613 D 2614 C 2616 C 2617 A 2617 B 2618 B 2618 C 2619 C 2620 B 2621 D 2622 D 2623 D 2625 A 2626 D 2628 D 2628 D 2628 D Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 2006 III 27. Mai 2005 zwischen dem Königreich Belgien, der Bundesrepublik Deutsch- land, dem Königreich Spanien, der Französischen Republik, dem Großher- zogtum Luxemburg, dem Königreich der Niederlande und der Republik Österreich über die Vertiefung der grenzüberschreitenden Zusammenar- beit, insbesondere zur Bekämpfung des Terrorismus, der grenzüberschreiten- den Kriminalität und der illegalen Migration (Drucksache 16/1109) . . . . . . . . . . . . . . . . e) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Agrarstatis- tikgesetzes und des Rinderregistrie- rungsdurchführungsgesetzes (Drucksache 16/1023) . . . . . . . . . . . . . . . . f) Antrag der Abgeordneten Rainder Steenblock, Winfried Hermann, Peter Hettlich, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Notschleppkonzept an gestiegene Herausforderungen anpassen (Drucksache 16/685) . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 3: a) Antrag der Abgeordneten Heike Hänsel, Dr. Diether Dehm, Wolfgang Gehrcke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN: Die Beziehungen zwischen EU und Lateinamerika solidarisch gestalten – Kein Freihandelsabkom- men EU-Mercosur (Drucksache 16/1126) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Sibylle Laurischk, Otto Fricke, Ina Lenke, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Zwangsheirat wirksam bekämp- fen – Opfer stärken und schützen – Gleichstellung durch Integration und Bildung fördern (Drucksache 16/1156) . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 33: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des patentrechtlichen Einspruchsverfah- rens und des Patentkostengesetzes (Drucksachen 16/735, 16/1153) . . . . . . . . b) Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Internationalen Übereinkommen von 2001 über die zivilrechtliche Haftung für Bunkerölverschmutzungsschäden (Drucksachen 16/736, 16/1154) . . . . . . . . c d e f Z a b c 2629 A 2629 A 2629 B 2629 B 2629 C 2629 C 2630 A ) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Öl- schadengesetzes und anderer schiff- fahrtsrechtlicher Vorschriften (Drucksachen 16/737, 16/1160) . . . . . . . . ) Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 8. Dezember 2004 über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lett- land, der Republik Litauen, der Repu- blik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowe- nien und der Slowakischen Republik zu dem Übereinkommen über die Beseiti- gung der Doppelbesteuerung im Falle von Gewinnberichtigungen zwischen verbundenen Unternehmen (Drucksachen 16/914, 16/1143) . . . . . . . . ) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 2. März 2005 zwischen der Bundesrepu- blik Deutschland und der Republik Jemen zur Vermeidung der Doppelbe- steuerung von Luftfahrtunternehmen auf dem Gebiet der Steuern vom Ein- kommen und vom Vermögen (Drucksachen 16/915, 16/1144) . . . . . . . . ) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Berei- nigung des Lastenausgleichsrechts (Drucksachen 16/916, 16/955, 16/1145) usatztagesordnungspunkt 4: ) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Vor- schriften über die Luftaufsicht und die Luftfahrtdateien (Drucksachen 16/958, 16/1159) . . . . . . . . ) Beschlussempfehlung des Rechtsaus- schusses: Übersicht 2 über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfas- sungsgericht (Drucksache 16/1141) . . . . . . . . . . . . . . . ) – j) Beschlussempfehlungen des Petitionsaus- schusses: Sammelübersichten 28, 29, 30, 31, 32, 33, 34 und 35 zu Petitionen (Drucksachen 16/1132, 16/1133, 16/1134, 16/1135, 16/1136, 16/1137, 16/1138, 16/1139) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2630 A 2630 C 2630 C 2631 A 2631 A 2631 C 2631 C IV Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 2006 Zusatztagesordnungspunkt 5: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Bei- trag des Energiegipfels zur Energieversor- gungssicherheit und zur Verringerung der Gefahren durch Atomkraft und Klima- wandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (zur Geschäftsordnung) . . Ute Kumpf (SPD) (zur Geschäftsordnung) . . Hartmut Schauerte, Parl. Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gudrun Kopp (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Müller, Parl. Staatssekretär BMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Kurt Hill (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Franz Obermeier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rolf Hempelmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Katherina Reiche (Potsdam) (CDU/CSU) . . . Frank Schwabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Philipp Mißfelder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Dr. Rainer Tabillion (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Christoph Pries (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 5: a) Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN: Einsetzung eines Parla- mentarischen Beirats für nachhaltige Entwicklung (Drucksache 16/1131) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unterrichtung durch den Parlamentari- schen Beirat für nachhaltige Entwicklung: Bericht des Parlamentarischen Beirats für nachhaltige Entwicklung (Berichtszeitraum: 11. März 2004 bis 29. Juni 2005) (Drucksache 15/5942) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Günter Krings (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Michael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Matthias Miersch (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Lutz Heilmann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D H T Z r z g ( D C M D P R T A L w B d g ( S P A S E C T Z d G t ( M C J D K P C 2632 B 2632 C 2633 C 2633 D 2634 B 2636 A 2637 A 2639 B 2640 A 2641 B 2642 C 2643 C 2644 C 2645 D 2647 A 2648 B 2649 A 2649 A 2649 B 2651 A 2652 B 2653 C 2654 C r. Andreas Scheuer (CDU/CSU) . . . . . . . . . einz Schmitt (Landau) (SPD) . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 6: weite und dritte Beratung des vom Bundes- at eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes ur Änderung des Buchpreisbindungs- esetzes Drucksachen 16/238, 16/1118) . . . . . . . . . . . orothee Bär (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . hristoph Waitz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . onika Griefahn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE) . . . . . riska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ita Pawelski (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 7: ntrag der Abgeordneten Dr. Reinhard oske, Hans-Josef Fell, Sylvia Kotting-Uhl, eiterer Abgeordneter und der Fraktion des ÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Nie wie- er Tschernobyl – Zukunftssichere Ener- ieversorgung ohne Atomkraft Drucksache 16/860) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . hilipp Mißfelder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . ngelika Brunkhorst (FDP) . . . . . . . . . . . . . . igmar Gabriel, Bundesminister BMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . va Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . hristoph Pries (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 8: weite und dritte Beratung des von der Bun- esregierung eingebrachten Entwurfs eines esetzes über die Deutsche Nationalbiblio- hek (DNBG) Drucksachen 16/322, 16/896) . . . . . . . . . . . . onika Grütters (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . hristoph Waitz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . örg Tauss (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE) . . . . . ai Boris Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . hilipp Mißfelder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . hristoph Pries (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2656 A 2657 A 2658 B 2658 C 2659 D 2660 D 2662 C 2663 B 2664 B 2665 C 2665 C 2666 C 2668 C 2670 A 2671 A 2672 A 2673 A 2673 A 2674 A 2675 A 2676 A 2677 A 2678 B 2679 A Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 2006 V Tagesordnungspunkt 9: a) Antrag der Abgeordneten Gudrun Kopp, Dr. Karl Addicks, Christian Ahrendt, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Ordnungspolitischer Kompass für die deutsche Energiepolitik (Drucksache 16/589) . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Hans-Kurt Hill, Dr. Gesine Lötzsch, Eva Bulling-Schröter, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN: Die zukünftige Ener- gieversorgung sozial und ökologisch gestalten (Drucksache 16/1082) . . . . . . . . . . . . . . . . Gudrun Kopp (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . Hans-Kurt Hill (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Rolf Hempelmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gudrun Kopp (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 10: Erste Beratung des vom Bundesrat einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherung von Werkunternehmeransprü- chen und zur verbesserten Durchsetzung von Forderungen (Forderungssicherungs- gesetz – FoSiG) (Drucksache 16/511) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Peter Danckert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Mechthild Dyckmans (FDP) . . . . . . . . . . . . . Geert Mackenroth, Staatsminister (Sachsen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sabine Zimmermann (DIE LINKE) . . . . . . . . Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dirk Manzewski (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Christoph Strässer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 11: Antrag der Abgeordneten Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine, Werner Dreibus, Petra Pau und der Fraktion der LINKEN: Gegen die Schließung von 45 Standorten bei der Deutschen Telekom AG (Drucksache 16/845) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Petra Pau (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . Jochen-Konrad Fromme (CDU/CSU) . . . . . . Martin Zeil (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M T B d d 2 ( R E A K R W G H T A E w B d f d ( B D D D F T E e N e s ( R D N H D 2680 B 2680 B 2680 C 2681 C 2683 C 2684 B 2685 D 2686 B 2687 C 2687 C 2688 B 2689 C 2691 B 2692 B 2693 A 2693 D 2694 C 2694 D 2695 D 2697 C Petra Pau (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . artin Dörmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 12: eschlussempfehlung und Bericht des Vertei- igungsausschusses zu der Unterrichtung urch den Wehrbeauftragten: Jahresbericht 004 (46. Bericht) Drucksachen 15/5000, 16/909) . . . . . . . . . . . einhold Robbe, Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestages . . . . . . . . . . . . lke Hoff (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nita Schäfer (Saalstadt) (CDU/CSU) . . . . . atrin Kunert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . olf Kramer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . infried Nachtwei (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ert Winkelmeier (fraktionslos) . . . . . . . . . . edi Wegener (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 13: ntrag der Abgeordneten Birgitt Bender, lisabeth Scharfenberg, Dr. Harald Terpe, eiterer Abgeordneter und der Fraktion des ÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Dem Soli- arsystem eine stabile Grundlage geben – ür eine nachhaltige Finanzierungsreform er Krankenversicherung Drucksache 16/950) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . irgitt Bender (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Karl Lauterbach (SPD) . . . . . . . . . . . . . . aniel Bahr (Münster) (FDP) . . . . . . . . . . . . r. Rolf Koschorrek (CDU/CSU) . . . . . . . . . rank Spieth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 14: rste Beratung des von der Bundesregierung ingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur euregelung der Besteuerung von Energie- rzeugnissen und zur Änderung des Strom- teuergesetzes Drucksache 16/1172) . . . . . . . . . . . . . . . . . . einhard Schultz (Everswinkel) (SPD) . . . . . r. Hermann Otto Solms (FDP) . . . . . . . . . . . orbert Schindler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . ans-Kurt Hill (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . r. Reinhard Loske (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2697 D 2698 C 2700 B 2700 C 2701 D 2702 D 2704 B 2705 B 2706 B 2707 B 2708 A 2708 D 2708 D 2709 C 2711 A 2712 C 2715 A 2715 D 2716 A 2717 C 2718 C 2720 C 2721 B VI Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 2006 Tagesordnungspunkt 15: Antrag der Abgeordneten Cornelia Pieper, Uwe Barth, Miriam Gruß, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der FDP: Vorausset- zungen für Entwicklung, Bau und Betrieb einer Europäischen Spallations-Neutronen- quelle in Deutschland schaffen – Deutsche Bewerbung vorantreiben (Drucksache 16/386) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 16: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Fünften Geset- zes zur Änderung des Urheberrechtsgeset- zes (Drucksache 16/1107) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Alfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Günter Krings (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE) . . . . . . Dirk Manzewski (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 17: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- wärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Ab- geordneten Dr. Norman Paech, Wolfgang Gehrcke, Monika Knoche, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der LINKEN: Weiter verhandeln – kein Militäreinsatz gegen den Iran (Drucksachen 16/452, 16/962) . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 6: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- wärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Ab- geordneten Jürgen Trittin, Winfried Nachtwei, Thilo Hoppe, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN: Für ein friedliches Vorgehen im Kon- flikt über das iranische Atomprogramm – Demokratische Entwicklung unterstützen (Drucksachen 16/651, 16/1157) . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 18: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung der Europäischen Genossen- schaft und zur Änderung des Genossen- schaftsrechts (Drucksache 16/1025) . . . . . . . . . . . . . . . . . . T a b i Z B s V o D P F z z N ( B F H D E T a 2722 C 2722 D 2723 A 2723 C 2724 B 2726 A 2726 D 2727 D 2727 D 2728 B agesordnungspunkt 19: ) Antrag der Abgeordneten Bärbel Höhn, Ulrike Höfken, Cornelia Behm, Undine Kurth (Quedlinburg) und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Ver- bot der Käfighaltung für Legehennen ab 2007 beibehalten (Drucksache 16/839) . . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Eva Bulling- Schröter, Dr. Kirsten Tackmann, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der LINKEN: Ar- beitsplätze durch artgerechte Legehen- nenhaltung in Deutschland sichern – Verbot der Käfighaltung ab 2007 durchsetzen (Drucksache 16/1128) . . . . . . . . . . . . . . . n Verbindung mit usatztagesordnungspunkt 7: eschlussempfehlung und Bericht des Aus- chusses für Ernährung, Landwirtschaft und erbraucherschutz zu dem Antrag der Abge- rdneten Hans-Michael Goldmann, r. Christel Happach-Kasan, Dr. Edmund eter Geisen, weiterer Abgeordneter und der raktion der FDP: Keine Wettbewerbsver- errungen für Landwirte durch die Umset- ung der EU-Richtlinie zur Haltung von utztieren in nationales Recht Drucksachen 16/590, 16/1142) . . . . . . . . . . . ärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD) . . . . . . . . . ranz-Josef Holzenkamp (CDU/CSU) . . . . . Ulrike Höfken (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ans-Michael Goldmann (FDP) . . . . . . . . . . Julia Klöckner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . r. Wilhelm Priesmeier (SPD) . . . . . . . . . . . . va Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . Georg Schirmbeck (CDU/CSU) . . . . . . . . agesordnungspunkt 20: ) Antrag der Abgeordneten Gisela Piltz, Dr. Karl Addicks, Christian Ahrendt, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Gegen rechtsstaatsfreie Räume – Sicherheitsüberprüfungen im Rahmen 2728 C 2728 C 2728 D 2729 A 2729 C 2730 C 2731 A 2732 D 2733 C 2735 B 2736 D 2737 C Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 2006 VII von Akkreditierungsverfahren bedür- fen einer Rechtsgrundlage (Drucksache 16/577) . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Silke Stokar von Neuforn, Volker Beck (Köln), Monika Lazar, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Kein Generalverdacht bei den Sicherheitsüberprüfungen zur Fuß- ballweltmeisterschaft 2006 (Drucksache 16/686) . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 21: Antrag der Abgeordneten Ekin Deligöz, Josef Philip Winkler, Marieluise Beck (Bremen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Kinder- rechte in Deutschland vorbehaltlos umset- zen – Erklärung zur UN-Kinderrechtskon- vention zurücknehmen (Drucksache 16/1064) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ina Lenke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Katharina Landgraf (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Miriam Gruß (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marlene Rupprecht (Tuchenbach) (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Antrags: Gegen die Schließung von 45 Stand- orten bei der Deutschen Telekom AG (Tages- ordnungspunkt 11) Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Voraussetzungen für Entwick- lung, Bau und Betrieb einer Europäischen Spallations-Neutronenquelle in Deutschland schaffen – Deutsche Bewerbung vorantreiben (Tagesordnungspunkt 15) A T C K A Z E r n J A Z d – – ( n K D H D J A Z d d Ä o G K M U M A 2738 C 2738 C 2738 D 2739 A 2739 C 2740 C 2742 A 2743 A 2744 C 2745 A 2745 C xel E. Fischer (Karlsruhe-Land) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . homas Oppermann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . ornelia Pieper (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . rista Sager (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 4 u Protokoll gegebene Rede zur Beratung des ntwurfs eines Fünften Gesetzes zur Ände- ung des Urheberrechtsgesetzes (Tagesord- ungspunkt 16) erzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 5 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung er Anträge: Weiter verhandeln – kein Militäreinsatz gegen den Iran Für ein friedliches Vorgehen im Konflikt über das iranische Atomprogramm – De- mokratische Entwicklung unterstützen Tagesordnungspunkt 17 und Zusatztagesord- ungspunkt 5) arl-Theodor Freiherr zu Guttenberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Rolf Mützenich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . arald Leibrecht (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . r. Norman Paech (DIE LINKE) . . . . . . . . . . ürgen Trittin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 6 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung er Europäischen Genossenschaft und zur nderung des Genossenschaftsrechts (Tages- rdnungspunkt 18) eorg Fahrenschon (CDU/CSU) . . . . . . . . . . laus Uwe Benneter (SPD) . . . . . . . . . . . . . . echthild Dyckmans (FDP) . . . . . . . . . . . . . lla Lötzer (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . argareta Wolf (Frankfurt) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . lfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2746 B 2748 A 2749 A 2749 D 2750 C 2751 B 2752 B 2753 B 2754 A 2754 C 2755 B 2756 D 2757 D 2759 A 2759 D 2761 B VIII Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 2006 Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – Gegen rechtsstaatsfreie Räume – Sicher- heitsüberprüfungen im Rahmen von Akkreditierungsverfahren bedürfen einer Rechtsgrundlage – Kein Generalverdacht bei den Sicherheits- überprüfungen zur Fußballweltmeister- schaft 2006 (Tagesordnungspunkt 20 a und b) Beatrix Philipp (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Gunkel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Gisela Piltz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . Silke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Antrags: Kinderrechte in Deutschland vorbe- haltlos umsetzen – Erklärung zur UN-Kinder- rechtskonvention zurücknehmen (Tagesord- nungspunkt 21) Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 2762 A 2763 D 2765 A 2766 A 2766 C 2767 C Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 2006 2587 (A) ) (B) ) 32. Sitz Berlin, Donnerstag, d Beginn: 9.0
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    Anlage 8 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 2006 2745 (A) ) (B) ) für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung des Europarates und Umschulung neue Perspektiven für Mitarbeiterinnen Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten * A D k d f n t b d M w t m s g a t p f u k P m R s n n l n d d g r m k h n l E t s C K s T Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Arnold, Rainer SPD 06.04.2006 Bülow, Marco SPD 06.04.2006 Glos, Michael CDU/CSU 06.04.2006 Dr. Götzer, Wolfgang CDU/CSU 06.04.2006 Griese, Kerstin SPD 06.04.2006 Heinen, Ursula CDU/CSU 06.04.2006 Heller, Uda Carmen Freia CDU/CSU 06.04.2006 Hilsberg, Stephan SPD 06.04.2006 Homburger, Birgit FDP 06.04.2006 Kortmann, Karin SPD 06.04.2006 Leutert, Michael DIE LINKE 06.04.2006 Michelbach, Hans CDU/CSU 06.04.2006 Müller (Köln), Kerstin BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 06.04.2006 Dr. Müller, Gerd CDU/CSU 06.04.2006 Otto (Frankfurt), Hans- Joachim FDP 06.04.2006 Parr, Detlef FDP 06.04.2006 Schäffler, Frank FDP 06.04.2006 Schummer, Uwe CDU/CSU 06.04.2006 Steenblock, Rainder BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 06.04.2006* Wöhrl, Dagmar CDU/CSU 06.04.2006 (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht nlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Antrags: Gegen die Schließung von 45 Standorten der Deutschen Telekom AG (Tagesordnungspunkt 11) Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): ie Einführung von Wettbewerb bei der Telekommuni- ation hat die Voraussetzung für das Entstehen von Hun- erttausenden neuen Arbeitsplätzen im Bereich der In- ormations- und Kommunikationsdienstleistungen, der euen Medien und des E-Commerce geschaffen. Wir un- erstützen diesen Prozess und fordern faire Wettbewerbs- edingungen für große und kleine Unternehmen. Wer wie die PDS Staatsunternehmen erhalten will, er verwehrt kleinen und mittleren Unternehmen den arktzugang und verhindert so das Entstehen wettbe- erbsfähiger Arbeitsplätze. Die Deutsche Telekom AG als früheres Monopolun- ernehmen hat einen schwierigen Anpassungsprozess zu eistern. Sie muss unter Wettbewerbsbedingungen be- tehen und sich auf neuen Märkten positionieren. Natur- emäß muss sie Marktanteile an neue Wettbewerber bgeben. Per saldo sind bei den Telekommunikationsun- ernehmen seit der Liberalisierung 1998 neue Arbeits- lätze entstanden. Der Bund sollte seine Anteile kontinuierlich verkau- en und die Mittel aus dieser Privatisierung in Bildung nd Forschung investieren. Nur so können für die Zu- unft Arbeitsplätze in Deutschland gehalten werden. Die DS will an Staatsunternehmen festhalten und meint, it Staatsunternehmen die Probleme strukturschwacher egionen lösen zu können. Diese Versuche sind bereits ehr oft gescheitert. Wir wollen strukturschwache Regio- en mit Zukunftsinvestitionen und nicht mit Staatsunter- ehmen unterstützen. Unter anderem durch schwere Versäumnisse und Feh- er des Managements ist es der Deutschen Telekom AG icht gelungen, sich so auf dem Markt zu behaupten, ass sie ohne Personalabbau auskommt. Wer aber will, ass auch bei der Telekommunikation Wettbewerb reift, der kann nicht ausschließen, dass auch bei frühe- en Monopolunternehmen Personal abgebaut werden uss. Andernfalls könnte auch bei den Wettbewerbern ein Personal aufgebaut werden. Der Antrag der PDS at mit der Realität nichts zu tun. Der Bund hält nur och eine Minderheitsbeteiligung an der Deutschen Te- ekom. Richtig ist, dass die Deutsche Telekom AG im invernehmen mit dem Betriebsrat die Zahl der Callcen- er von 91 auf 58 reduziert. Die Mitarbeiter in den zu chließenden Callcentern erhalten Angebote, in anderen allcentern zu arbeiten. Es gibt keine betriebsbedingten ündigungen. Wir fordern die DTAG auf, für Härtefälle oziale Lösungen zu suchen. Wir fordern die Deutsche elekom auf, wo immer möglich durch Qualifizierung 2746 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 2006 (A) ) (B) ) und Mitarbeiter zu schaffen, deren Beschäftigung weg- fällt. Netto werden im Konzern 19 000 Stellen abgebaut, dabei werden 27 000 Stellen abgebaut, während 8 000 Stellen neu aufgebaut werden. Wir halten auch nichts davon, der Deutschen Telekom AG in neuen Bereichen Monopolstellungen zu gewäh- ren. Bisweilen erweckt die DTAG ja den Eindruck, dann auf Arbeitsplatzabbau verzichten zu können. Der Abbau von Arbeitsplätzen bei Wettbewerbern wäre das Ergeb- nis. EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes hat in einem Brief an die Bundesregierung festgestellt, das der Entwurf zur Novelle des Telekommunikationsgesetzes nicht mit dem europäischen Telekommunikationsrecht übereinstimmt und ein Vertragsverletzungsverfahren nach sich ziehen wird. Die Bundesregierung will die DTAG für den Aufbau des VDSL-Breitbandes von der Zugangs- und Preisregulierung durch die Bundesnetz- agentur ausnehmen. Das würde der Deutschen Telekom AG gestatten, ihre marktbeherrschende Stellung in einen weiteren Bereich auszudehnen, denn Wettbewerber hät- ten nicht die Möglichkeit, diese innovativen Dienste an- zubieten. Der Regulierungsverzicht erhöht die Preise für Verbraucherinnen und Verbraucher, innovative Anbieter von Diensten und erschwert den Marktzugang für Wett- bewerber. Durch dieses Vorgehen werden Unternehmen wie zum Beispiel Arcor oder iesy benachteiligt, um Marktchancen bei im neu entstehenden Triple-Play- Markt – Fernsehen, Internet und Telefonie über eine Lei- tung – beraubt. Wir sind für faire Wettbewerbsbedingungen für alle Unternehmen. Wir treten für soziale Schutzrechte für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein, die in allen Unternehmen gleichermaßen gelten. Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Voraussetzungen für Entwicklung, Bau und Betrieb einer Europäi- schen Spallations-Neutronenquelle in Deutsch- land schaffen – Deutsche Bewerbung vorantrei- ben (Tagesordnungspunkt 15) Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land) (CDU/CSU): Wir alle wissen: Deutschland hat das Zeug, technologische Spitzenleistungen in der wissensbasierten Wirtschaft zu erbringen. Deshalb fangen wir jetzt damit an, ideolo- gischen Ballast von sieben Jahren rot-grüner Bundesre- gierung abzuwerfen. Die Entwicklung der letzten Mo- nate unter kompetenter Führung der erfolgreichen Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel macht mir Mut, dass es gelingen wird, viele Dinge in Deutschland wie- der vom Kopf auf die Füße zu stellen. Das betrifft insbe- sondere auch die Haltung der Bundesregierung zur Kernenergie bzw. zur Kernforschung, wo es gilt, sieben Jahre Stillstand und Rückschritt wieder wettzumachen. Unsere hoch geschätzte Bundesforschungsministerin Dr. Annette Schavan hat hierzu Perspektiven aufgezeigt und schnell und kompetent gehandelt. e d j W S d w u G s u s i n k n r s – n r r z F n f e s E d S m t G h s s h d s t E l s a k P r d t s u s t (C (D Hier haben sich bereits nach wenigen Monaten die rsten Erfolge eingestellt. Es ist eine gute Entwicklung, ass die Entsorgung spaltbaren Materials durch die üngsten Gerichtsurteile neue Perspektiven erhalten hat. enn die Verfahren zur Nutzung von Gorleben und des chachtes Konrad jetzt zügig weiter vorangetrieben wer- en, haben wir demnächst einen sicheren Entsorgungs- eg für unser spaltbares Material. Damit war der Kampf nseres geschätzten ehemaligen Kollegen Kurt-Dieter rill erfolgreich – auch wenn das manchem hier nicht chmecken mag. Wir von der Union bekennen uns klar zu Forschung nd technologischer Entwicklung und wollen eine kon- istente innovationsförderliche Politik auch und gerade m Bereich der Kerntechnik betreiben. Deshalb hat die eue unionsgeführte Bundesregierung, haben Bundes- anzlerin Dr. Angela Merkel und Bundesforschungsmi- isterin wichtige und klare Akzente im Forschungsbe- eich gesetzt. Das neu aufgelegte Investitionsprogramm tärkt die Spitzentechnologie und gibt eine Perspektive endlich – für eine angemessene und verlässliche Fi- anzierung unserer zukunftsweisenden Forschungsein- ichtungen. Im Bereich der Kernforschung geht es in der Tat da- um, wesentliche Versäumnisse der Vergangenheit aus- ugleichen. Deutschland muss auf diesem wichtigen orschungsfeld verlorene Kompetenzen wiedergewin- en. Wir wollen in der Kernforschung unseren Beitrag ür einen fruchtbaren und ertragreichen gemeinsamen uropäischen Forschungsraum leisten. Es ist doch offen- ichtlich, dass ohne starken Beitrag Deutschlands uropa im Wettlauf mit anderen dynamisch aufstreben- en Regionen nur schwer bzw. nicht mithalten kann, wie taatssekretär Rachel zu Recht unterstrichen hat. Die Ergebnisse dieser Forschung müssen für die hei- ische Anwendung und den wissenschaftlichen Aus- ausch ebenso wie für einen nutzbringenden Export von ütern und Dienstleistungen genutzt werden. Hierauf aben Staatssekretärin Dagmar Wöhrl und unser Wirt- chaftsexperte Laurenz Meyer immer wieder hingewie- en. Das derzeit im deutschen Forschungsbereich vor- andene Wissen muss erhalten werden. Die Weitergabe es Know-hows an die folgende Generation von Wissen- chaftlern ist zu garantieren. Insofern begrüße ich ausdrücklich den Geist, der hin- er dem Antrag der FDP-Fraktion zum Betrieb einer uropäischen Spallations-Neutronenquelle in Deutsch- and steht. Wir müssen unsere Kräfte nutzen, ideologi- chen Ballast abwerfen, wo er uns unnötig bremst, und uch die Kernforschung so ausrichten, dass sie uns zu- ünftig möglichst gut nutzbare Ergebnisse bringt. erspektivisch erwähne ich die zukunftsträchtigen Be- eiche der Kernfusion und der Transmutation im Bereich er Energieforschung ebenso wie den Bereich der Neu- ronenforschung und der Schwerionenforschung. Wir ind uns doch einig: Hier werden die Grundlagen gelegt nd die Technologien entwickelt, die in der Zukunft eine ichere, wirtschaftliche, kostengünstige und umweltver- rägliche Energieversorgung garantieren. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 2006 2747 (A) ) (B) ) Angesichts dieser Vielfalt an Forschungsfeldern und Forschungsanlagen stellt sich die Frage, in welchem Be- reich die Forschungsinfrastruktur sinnvoll weiterentwi- ckelt werden kann und soll. Wir können das Geld nur einmal ausgeben. Begrenzte Mittel sollen dabei einen möglichst großen Nutzen erbringen. Jetzt steht – mit dem Antrag der FDP – die Frage im Raum: Brauchen wir derzeit eine neue Spallationsquelle in Deutschland? Der Wissenschaftsrat hat diese Frage geprüft mit dem Ergebnis, dass wir sie nicht dringlich brauchen. In der Tat ist die Versorgung der Forschung mit Neutronen in Deutschland im Moment gut und er- heblich besser als in anderen europäischen Ländern. Erst 2004 ist in Garching eine neue Neutronenquelle in Be- trieb genommen worden. Der Wissenschaft in Deutschland stehen Forschungs- reaktoren zur Verfügung in Grenoble mit der weltweit intensivsten Neutronenquelle am ILL, an dem Deutsch- land zu einem Drittel beteiligt ist, in München die zweit- stärkste Quelle FRM II mit der modernsten Instrumen- tierung, die seit 2005 im Nutzerbetrieb ist, in Berlin, der BER 2 am Hahn-Meitner-Institut, HMI, in Geesthacht der FRG-1 bei der GKSS. Außerdem gibt es noch For- schungsmöglichkeiten am internationalen VIK in Dubna, Russland, und an anderen europäischen Anla- gen. Der Wissenschaftsrat sah zum Beispiel für die Struk- turforschung ein größeres wissenschaftliches Potenzial in der Synchrotronstrahlung und der neuen, innovativen Technik des Freie-Elektronen-Lasers FEL. Mit FEL kann zum Beispiel eine enorme Verbesserung der Quali- tät von Röntgenstrahlung erreicht werden. Wir öffnen damit das Fenster zu völlig neuen Forschungsgebieten. Dieses Projekt soll jetzt in Hamburg als europäische Ein- richtung verwirklicht werden. Was wir derzeit bei der Neutronenforschung als Deut- sche dringlicher brauchen als neue Quellen, sind moder- nere Instrumente, um vorhandene Neutronenquellen im Dienste der Wissenschaft für Untersuchungen besser zu nutzen. Hier sind wir auf einem guten Weg: Das For- schungszentrum Jülich errichtet an der Spallationsquelle SNS in den USA ein Instrument, zu dem deutsche For- scher Zugang erhalten werden. Der neue Forschungs- reaktor FRM II in München mit einer Außenstelle des Forschungszentrums Jülich und Instrumenten anderer HGF-Einrichtungen wird eine sehr moderne Instrumen- tierung bieten, sodass es möglich sein wird, nach dem Reaktor in Jülich 2006 auch den Reaktor in Geesthacht bis Ende des Jahrzehnts außer Betrieb zu nehmen. Selbst wenn keine neue Neutronenquelle gebaut würde, stün- den nach 2020 deutschen Forschern zumindest der FRM II und aus derzeitiger Sicht auch noch der Reaktor in Grenoble zur Verfügung. Aus Sicht unserer europäischen Partner stellt sich die Situation anders dar. Als bedeutende nationale Quellen existieren sonst nur noch der Forschungsreaktor LLB in Frankreich und eine kleinere Spallationsquelle ISIS in Großbritannien. Daher gibt es derzeit in mehreren euro- päischen Ländern Bemühungen um den Bau von Spalla- tionsquellen. Die Vision der Neutronenforscher ist i i s R a n s w f t E u s 7 n b D B d d A M B g G f h w m d d a G H s v s S t 6 d n s v B s e n P w w z w P E D (C (D nsgesamt eine Multi-Megawatt-Spallationsquelle, die nternational führend ist, nicht eine kleinere Anlage. Das Europäische Strategieforum für Forschungsinfra- trukturen ESFRI arbeitet derzeit an einer europäischen oadmap für Forschungsinfrastrukturen. ESFRI hat uch eine Expertengruppe für die Forschung mit Neutro- en eingesetzt. In diese Expertengruppe ist auch der Vor- chlag aus Sachsen-Anhalt eingebracht worden. ESFRI ird sich aber ausdrücklich nicht mit Standortfragen be- assen, sondern Projekte nach wissenschaftlichen und echnischen Kriterien beurteilen. Außerdem werden in SFRI keine Entscheidungen zu Großgeräten getroffen nd keine Budgets verteilt. Dies ist Aufgabe der interes- ierten Regierungen. Durch die Pläne der EU, sich im . Rahmenprogramm an der Finanzierung des Baus euer und des Ausbaus existierender Großgeräte zu eteiligen, sind viele Erwartungen geweckt worden. erzeit wird eine etwaige Beteiligung der EU an den aukosten neuer Großgeräte von maximal 20 Prozent iskutiert. Angesichts des begrenzten Budgets wird auch ies nur in wenigen Fällen erreichbar sein. Es sind keine bsichten der Kommission bekannt, sich in besonderem aße an der Finanzierung einer ESS zu beteiligen. Eine eteiligung der EU an den bereits beschlossenen Groß- eräten XFEL und FAIR ist vorrangig. Die Finanzierung der ESS wird – wie bei den anderen roßgeräten der naturwissenschaftlichen Grundlagen- orschung – zwischen den interessierten Ländern ausge- andelt, wobei vom Sitzland ein besonderer Beitrag er- artet wird. Bei einem Standort der ESS in Deutschland it seiner großen Nutzergemeinde sind dies wohl min- estens 50 Prozent. Im Koalitionsvertrag ist vereinbart, en Bau der beschlossenen Großgeräte XFEL und FAIR uf eine sichere finanzielle Basis zu stellen. Ein weiteres roßgerät würde einen erheblichen Zusatzbedarf im aushalt des BMBF bedeuten. Auch der Standort wird nicht von der EU entschieden, ondern zwischen den an der ESS interessierten Ländern erhandelt. Eine Standortbewerbung bei der Kommis- ion ist daher gegenstandslos. Für XFEL und FAIR mit tandorten in Deutschland erwarten wir bereits eine Be- eiligung unserer europäischen Partner von über 00 Millionen Euro. Es ist daher nicht wahrscheinlich, ass sich diese Länder für ein weiteres Großgerät mit ei- em Standort in Deutschland einsetzen würden, insbe- ondere wenn es eigene Standortinteressen gibt. Es ist ielmehr damit zu rechnen, dass sie das BMBF auf eine eteiligung an ihren Projekten ansprechen werden. Der Antrag der FDP suggeriert, dass die EU eine we- entliche Rolle bei der Finanzierung und der Standort- ntscheidung einer ESS spielen wird. Dies ist jedoch icht der Fall. Der Standort muss unter den interessierten artnern verhandelt werden. Das Sitzland wird einen esentlichen Finanzierungsanteil tragen müssen. Ein eiterer deutscher Standortvorschlag würde erhebliche usätzliche Mittel im BMBF-Haushält erfordern und ahrscheinlich auch nicht von unseren europäischen artnern unterstützt. Der Wissenschaftsrat hat 2002 die SS nicht befürwortet und andere Prioritäten gesetzt. en Wissenschaftsrat mit einer erneuten Begutachtung 2748 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 2006 (A) ) (B) ) zu beauftragen, sollte nur erwogen werden, wenn es Fi- nanzierungschancen für diesen Vorschlag gibt. Zum jet- zigen Zeitpunkt wird davon abgeraten. Vor diesem Hintergrund sollten wir nach 2010 eine Strategie für die langfristige Versorgung der Forschung mit Neutronen entwickeln. Deutschland ist bisher seiner Verantwortung für die Weiterentwicklung der Neutro- nenforschung nachgekommen und wird es auch zukünf- tig. Deshalb müssen wir in fünf Jahren mit dem Anlauf für den nächsten Quantensprung für die Forschung nach 2020 in der Spallationsforschung beginnen. Dann – und nicht heute – könnten wir beim Bau einer Spallations- quelle der nächsten Generation auf die Erfahrungen aus den USA und aus Japan bei der Lösung der schwierigen technischen Aufgaben zurückgreifen. Erst dann stellt sich auch die Standortfrage, wobei wir innerhalb Deutschlands auf reichhaltige Erfahrungen an vielfälti- gen kerntechnischen Forschungsstandorten, wie zum Beispiel Darmstadt, Hamburg, Berlin, Garching, Greifs- wald, Jülich oder Karlsruhe zurückgreifen können. Frau Pieper ist mit ihren Kollegen herzlich eingeladen, sich in die Entwicklung dieser Strategie einzubringen. Thomas Oppermann (SPD): Wie im FDP-Antrag zutreffend ausgeführt wird, stellte der Bericht des Me- gascience-Forum der OECD von 1999 über die Zukunft der Neutronenquellen fest, dass in einer globalen Sicht die zum damaligen Zeitpunkt installierte Kapazität an Neutronenquellen zwischen 2010 und 2020 auf ein Drit- tel abnehmen werde. Die Arbeitsgruppe empfahl daher, in jeder der drei Weltregionen Asien/Pazifik, Nordame- rika und Europa innerhalb von 20 Jahren fortgeschrittene Neutronenquellen zu installieren. Die USA und Japan haben aufgrund ihres Bedarfs an neuen Quellen bereits mit dem Bau von Spallations-Neutronenquellen begon- nen. Aus deutscher Sicht gibt es jedoch einen anderen Zeithorizont, da die Versorgung der Forschung mit Neu- tronen in Deutschland erheblich besser ist als in allen an- deren europäischen Ländern. Erst 2004 ist mit dem FRM II eine neue Neutronenquelle in Betrieb genom- men worden. Der Wissenschaft in Deutschland steht heute eine Vielzahl an Forschungsreaktoren zur Verfü- gung. So in Grenoble am ILL, an dem Deutschland zu einem Drittel beteiligt ist; in München mit der Quelle FRM II, die „frisch“ im Nutzerbetrieb ist; immer noch in Berlin mit dem BER 2 am Hahn-Meitner-Institut und auch noch in Geesthacht mit dem FRG-1 bei der GKSS. Der neue Forschungsreaktor FRM II in München mit einer Außenstelle des Forschungszentrums Jülich und Instrumenten anderer HGF-Einrichtungen wird eine sehr moderne Instrumentierung bieten, sodass es möglich sein wird, nach dem Reaktor in Jülich 2006 auch den Re- aktor in Geesthacht bis Ende des Jahrzehnts außer Be- trieb zu nehmen. Den Vorschlag zum Bau einer ESS hatte das BMBF zusammen mit acht weiteren Vorschlägen der Wissen- schaft für neue Großgeräte der naturwissenschaftlichen Grundlagenforschung dem Wissenschaftsrat vorgelegt. In seinen Empfehlungen vom November 2002 hat der W p d t f d T k g n B s H s a W a f c S r s d s R a n s w f t E u s m z d b D G f h w m d d a G H s v s t u E L (C (D issenschaftsrat die ESS in die dritte Gruppe eingrup- iert, das heißt sie zur Förderung nicht empfohlen und ie Möglichkeit einer erneuten Vorlage zur Begutach- ung eröffnet. Der Wissenschaftsrat sah für die Struktur- orschung ein größeres wissenschaftliches Potenzial in er Synchrotronstrahlung und der neuen, innovativen echnik der Freie-Elektronen-Laser. Mit dieser Technik ann eine enorme Verbesserung der Qualität von Rönt- enstrahlung erreicht und damit das Fenster zu völlig euen Forschungsgebieten aufgestoßen werden. Die undesregierung hat sich dieser Empfehlung ange- chlossen und 2003 den Bau des Röntgenlasers XFEL in amburg als europäische Einrichtung beschlossen. Nach 2020 werden den deutschen Neutronenfor- chern zumindest der FRM II und aus derzeitiger Sicht uch noch der Reaktor am ILL zur Verfügung stehen. egen der langen Vorlaufzeit muss aus deutscher Sicht ber nach 2010 eine europäische Strategie für die lang- ristige Versorgung der Forschung mit Neutronen entwi- kelt werden. Zu dieser Zeit könnte beim Bau einer pallationsquelle der nächsten Generation auf die Erfah- ungen aus den USA und aus Japan bei der Lösung der chwierigen technischen Aufgaben zurückgegriffen wer- en. Das Europäische Strategieforum für Forschungsinfra- trukturen arbeitet derzeit an einer europäischen oadmap für Forschungsinfrastrukturen. ESFRI hat uch eine Expertengruppe für die Forschung mit Neutro- en eingesetzt. In diese Expertengruppe ist auch der Vor- chlag aus Sachsen-Anhalt eingebracht worden. ESFRI ird sich aber ausdrücklich nicht mit Standortfragen be- assen, sondern Projekte nach wissenschaftlichen und echnischen Kriterien beurteilen. Außerdem werden in SFRI keine Entscheidungen zu Großgeräten getroffen nd keine Budgets verteilt. Dies ist Aufgabe der interes- ierten Regierungen. Derzeit sind im Übrigen keine Absichten der Kom- ission bekannt, sich in besonderem Maße an der Finan- ierung einer ESS zu beteiligen. Für das BMBF ist zu- em eine Beteiligung der EU an den bereits eschlossenen Großgeräten XFEL und FAIR vorrangig. ie Finanzierung der ESS wird – wie bei den anderen roßgeräten der naturwissenschaftlichen Grundlagen- orschung – zwischen den interessierten Ländern ausge- andelt, wobei vom Sitzland ein besonderer Beitrag er- artet wird. Bei einem Standort der ESS in Deutschland it seiner großen Nutzergemeinde sind dies wohl min- estens 50 Prozent. Im Koalitionsvertrag ist vereinbart, en Bau der beschlossenen Großgeräte XFEL und FAIR uf eine sichere finanzielle Basis zu stellen. Ein weiteres roßgerät würde einen erheblichen Zusatzbedarf im aushalt des BMBF bedeuten. Auch der Standort wird nicht von der EU entschieden, ondern zwischen den an der ESS interessierten Ländern erhandelt. Eine Standortbewerbung bei der Kommis- ion ist daher sinnlos. Für XFEL und FAIR mit Standor- en in Deutschland erwarten wir bereits eine Beteiligung nserer europäischen Partner von über 600 Millionen uro. Es ist daher nicht wahrscheinlich, dass sich diese änder für ein weiteres Großgerät mit einem Standort in Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 2006 2749 (A) ) (B) ) Deutschland einsetzen würden, insbesondere wenn es ei- gene Standortinteressen gibt. Es ist vielmehr damit zu rechnen, dass sie das BMBF auf eine Beteiligung an ih- ren Projekten ansprechen werden. Unter diesen Voraussetzungen erscheint eine Mitför- derung durch die europäischen Partner der ESS an einem deutschen Standort, egal ob West oder Ost, derzeit nicht sehr realistisch. Deshalb stellt sich die Frage, ob sich die Mühe lohnt, ein derartiges Ziel anzustreben. Darüber können wir im Ausschuss aber gern ausführlich diskutie- ren und sorgfältig beraten. Cornelia Pieper (FDP): Das Thema ist nicht neu und doch hoch aktuell, hoch aktuell, weil es darum geht, auf der einen Seite ein Versprechen der Bundesregierung einzulösen, und eine Großforschungseinrichtung mit in- ternationaler Strahlkraft in den neuen Bundesländern an- zusiedeln – bislang konnten wir noch nicht in Erfahrung bringen, woran die Bundesregierung dabei denkt – und auf der anderen Seite, um im Zentrum Europas den For- schern eine leistungsfähige Neutronenquelle zur Verfü- gung zu stellen, die Deutschland zugleich interessant für die Weltelite der Wissenschaft macht. Das sieht allerdings nicht nur die FDP-Bundestags- fraktion so. Die OECD begründete die Notwendigkeit des Baus und Betriebs von Neutronenquellen im Mega- watt-Bereich in den drei Weltregionen Asien, Nordame- rika und Europa schon 1998. Deutschland hat sich 1999 dieser Auffassung angeschlossen. Die USA sind dem Vorschlag bereits gefolgt, und – wen wundert’s – deutsche Forscher haben bereits ei- gene Geräte zur Nutzung dieser leistungsfähigen Neutro- nenquelle entwickelt und gebaut. Sie werden künftig ein Strahlungsrohr und Strahlungszeiten für ihre wissen- schaftlichen Experimente an der SNS in Oak Ridge, USA, nutzen können. Die deutsche Position zu einer Europäischen Neutro- nen-Spallationsquelle hat uns Frau Bundesministerin Schavan gestern im Ausschuss mit glockenheller Stimme verkündet: Wenn Brüssel das Projekt in das 7. EU-Forschungsrahmenprogramm aufnimmt, erfolgt auch ein deutscher Beitrag! Welcher das ist, blieb ihr Ge- heimnis. Wir sind jedoch nicht allein in Europa. Ich weiß, dass inzwischen Tony Blair, Großbritannien, den Auftrag er- teilt hat, eine Standortbewerbung Englands zu prüfen. Aus Jülich ist unter vorgehaltener Hand zu hören, dass man eine Standortbewerbung Englands sogar unterstüt- zen solle. Zu den weiteren Bewerbern zählen neben Schweden übrigens auch Ungarn und Spanien. Dieses Katz-und-Maus-Spiel muss ein Ende haben. Deutschland sollte sich um den Standort für die ESS be- werben. In Europa wird derzeit über 20 förderwürdige Großforschungseinrichtungen bzw. Großgeräte verhan- delt. Insgesamt sieben sollen über das 7. EU-FRP geför- dert werden. Ob die ESS dabei ist, ist noch unklar. Im Rahmen des spezifischen Programms „Kapazitä- ten“ des 7. EU-FRP sollen in der Zeit zwischen 2007 u s F b g a D W t e t w n r d K l A u b u b u B n s d ü s b n m S m s F f n d h s w E l d z E n s i e b (C (D nd 2013 in Europa neue Forschungsinfrastrukturen ge- chaffen werden. Das Europäische Strategieforum für orschungsinfrastrukturen, ESFRI, hat der Kommission ereits eine Liste der Möglichkeiten für benötigte neue, roßmaßstäbliche Infrastrukturen vorgeschlagen, in die uch die ESS an sechster Stelle aufgeführt ist. Die ESS ist sicher nicht das einzige Projekt, was in eutschland auf der Grundlage der Empfehlungen des issenschaftsrats mit europäischen und nationalen Mit- eln gefördert und gebaut wird. Die ESS könnte aber das rste Großgerät sein, das auch eine nennenswerte Inves- ition in den neuen Bundesländern bedeutet. Bislang urden hier nur 24,5 Millionen Euro für das Hochmag- etfeldlabor in Rossendorf bereitgestellt. Ein Linsenge- icht im Vergleich zu den langfristigen Investitionen für ie anderen Großgeräte in Hamburg, Darmstadt und öln in Höhe von rund 1,5 Milliarden Euro. Der mitteldeutsche Raum verfügt zusammen mit Ber- in durchaus über das wissenschaftliche Potenzial, diese ufgaben auch zu stemmen. Im Hahn-Meitner-Institut nd an den Universitäten Berlin, Leipzig und Halle ar- eiten exzellente Wissenschaftler, die durchaus willens nd in der Lage sind, ihr Wissen und ihre Erfahrungen ei der Projektentwicklung und später auch beim Bau nd Betrieb einzubringen. Nicht zuletzt werden auch die undesländer Sachsen- Anhalt und Sachsen einen nen- enswerten Beitrag leisten. Die erforderlichen Flächen ind bereits reserviert. Und noch etwas: Natürlich muss er wissenschaftliche Antrag durch das ESS-Council berarbeitet werden. Der Wissenschaftsrat jedenfalls hat eine Bereitschaft erklärt, einen neuen Antrag zu bear- eiten und zu bewerten. Einer Neuevaluation steht also ichts im Wege. Ich appelliere an Sie und die Bundesregierung: Neh- en Sie das Thema nicht auf die leichte Schulter. Setzen ie in Brüssel ein Signal, das der stärksten Wirtschafts- acht in Europa Ehre macht. Krista Sager (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir timmen sicher darin überein, dass Hochschulen und orschungseinrichtungen wichtige Kristallisationspunkte ür die Regionalentwicklung und damit auch ein Hoff- ungsträger für Wirtschaft und Beschäftigung gerade in en neuen Bundesländern sind. Dafür gibt es schon eute viele positive Beispiele. Diese Cluster zu stärken, ollte weiterhin eine gemeinsame Strategie sein. Ich arne aber davor, aus parteipolitischen Gründen falsche rwartungen zu wecken, gerade in den neuen Bundes- ändern. Es macht keinen Sinn, bisherige nationale Entschei- ungen über Forschungsprioritäten zu ignorieren oder so u tun, als hätten sie keine Konsequenzen für weitere ntwicklungen. Eine Entscheidung, die man zwar bedauern mag, aber icht ausblenden kann, ist es gewesen, mit dem For- chungsreaktor FRM II 2004 eine neue Neutronenquelle n Deutschland in Betrieb zu nehmen. Uns Grünen wäre ine Spallationsquelle als Neutronenquelle natürlich lie- er gewesen als ein Forschungsreaktor, vor allen Dingen 2750 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 2006 (A) ) (B) ) wenn man sieht, wie die Folgen der Kernforschung uns heute teuer zu stehen kommen und Handlungsspiel- räume für die Zukunft beschneiden. Eine andere Entscheidung, zu der man aber heute ste- hen sollte, ist die Entscheidung des Wissenschaftsrats 2002 über Großforschungsprojekte: Der Wissenschafts- rat hat eindeutig das größere Potenzial für die internatio- nale und europäische Forschungsgemeinschaft im so ge- nannten TESLA-Projekt gesehen. Das heißt zum einen in der Synchrotronstrahlung und dem Linear-Collider- Projekt und zum anderen im Freie-Elektronen-Röntgen- laser. Die Spallations-Neutronenquelle wurde nicht zur Förderung vorgeschlagen. Dass mich als Hamburgerin und ehemalige Wissenschaftssenatorin diese Entschei- dung sehr gefreut hat, liegt auf der Hand. Diese Prioritä- tensetzung hat uns aber auch in der internationalen For- schungsgemeinschaft weit nach vorn gebracht und sich dadurch als richtig herausgestellt. Dass Projekt Röntgen- laser XFEL ist heute bereits ein europäisches Projekt mit vielen europäischen Partnern und in der Vorbereitung weit fortgeschritten. Ohne die Entscheidung und das na- tionale Engagement der damaligen Bundesregierung wäre dies nicht möglich gewesen. Der Linear-Collider rangiert auf der europäischen Strategieebene inzwischen unter den globalen Projekten. Es geht also um eine Infra- struktur für eine weltweite Forschungsgemeinschaft. Es trifft zu, dass eine europäische Spallations-Neutro- nenquelle inzwischen vom europäischen Strategieforum für Forschungsinfrastruktur in eine Möglichkeitsliste von 23 Projekten aufgenommen worden ist. Dies sind Projekte, für die eine Unterstützung nicht nur, aber auch aus dem 7. Forschungsrahmenprogramm gegebenenfalls in Betracht kommen könnte. Eine Absichtserklärung ist dies nicht. Bestenfalls könnte daraus die Möglichkeit für die jeweiligen Projektbetreiber erwachsen, leichter an Darlehen heranzukommen. Klar ist aber, das Geld müsste im Wesentlichen woanders herkommen. Mit dem Röntgenlaser XFEL und mit FAIR haben wir zwei Großforschungsprojekte von europäischer Dimen- sion, die in Deutschland realisiert werden sollen. Wir können aber nicht erwarten, dass alle Großforschungsin- frastrukturprojekte unabhängig von ihrem nationalen Realisierungsgrad in Deutschland angesiedelt werden. Sinn einer gemeinsamen europäischen Roadmap für Forschungsinfrastruktur ist doch gerade eine sinnvolle Kooperations- und Arbeitsteilung. Dann müssen wir aber auch zur Kenntnis nehmen, dass in anderen Län- dern die Vorhaben für eine europäische Spallations-Neu- tronenquelle deutlich stärker vorangeschritten sind, was die Einbindung europäischer Partner und das nationale Engagement angeht. Für Deutschland, aber nicht nur für Deutschland gilt, dass nationale Anstrengungen auf eu- ropäischer Ebene Früchte tragen, aber das die europäi- sche Ebene nicht der Weg ist, nationale Prioritäten aus- zuhebeln oder im Nachhinein zu korrigieren. Wir sollten dafür werben, dass alle mit einer europäi- schen Forschungsinfrastrukturpolitik am Ende mehr er- reichen als jeder für sich. Wir sollten nicht so tun, als könne man vom europäischen Wunderbaum alles Mögli- che herunterschütteln, wenn man nur die politischen Är- m l d e h s B p s a w g A d ü K s m o G u W a D d e v 4 A e E v n s t s g g S d l v M K e k g w ß g (C (D el weit genug aufkrempelt. Sonst ist der weitere Ver- auf leicht absehbar. Entweder Sie müssen behaupten, ie Regierung habe auf der europäische Ebene zu wenig rreicht, weil zu wenig geschüttelt, oder Sie müssten be- aupten, die EU-Bürokraten seien mal wieder nicht ein- ichtig genug gewesen. Beides trägt nicht dazu bei, den lick für den realen Mehrwert einer gemeinsamen euro- äischen Politik auch in den neuen Bundesländern zu chärfen. Dass die Parteipolitik manchmal dazu neigt, uf Kosten Europas zu Hause falsche Erwartungen zu ecken, das gibt am Ende erfahrungsgemäß niemand erne zu. nlage 4 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Entwurfs eines Fünften Geset- zes zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes (Tagesordnungspunkt 16) Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Mit em vorliegenden Gesetzentwurf soll die EU-Richtlinie ber das Folgerecht des Urhebers des Originals eines unstwerkes umgesetzt werden. Grundsätzlich unter- tützen wir selbstverständlich Maßnahmen zur Binnen- arktharmonisierung. Dennoch stellt sich uns die Frage, b die Regierung mit dem vorliegenden Entwurf ihre estaltungsmöglichkeiten zugunsten der Künstlerinnen nd Künstler bei der Umsetzung tatsächlich ausschöpft. Natürlich ist es gut, Künstler auch in Zukunft an den ertsteigerungen ihrer Werke zu beteiligen, wenn diese uf dem Kunstmarkt mit Gewinn weiterverkauft werden. e facto bedeutet die nun vorgesehene Regelung aller- ings eine Verschlechterung für die Künstler: Der bisher inheitliche Anspruch von 5 Prozent wird nun abhängig om Kaufpreis degressiv gestaffelt – von 0,25 bis Prozent bei einem Höchstbetrag von 12 500 Euro. uch im niedrigen Bereich von 1 000 bis 50 000 Euro ntstehen durch die Absenkung auf 4 Prozent spürbare inkommenseinbußen. Zudem wird der Schwellenwert on bisher 50 auf 1 000 Euro hoch gesetzt. Junge und och nicht arrivierte Künstler, die darauf angewiesen ind, viele kleine Arbeiten – zum Beispiel kostengüns- ige Editionen – zu verkaufen, werden somit in Zukunft eltener oder gar nicht mehr an den Weiterveräußerun- en ihrer Werke beteiligt sein. Auch viele Drucke, Foto- rafien bzw. Lichtbildwerke werden mit dem neuen chwellenwert vom Folgerecht ausgeschlossen. Die durch die geplante Gesetzesänderung entstehen- en Einkommenseinbußen der Künstlerinnen und Künst- er stehen in deutlichem Widerspruch zum Koalitions- ertrag der großen Koalition. Dort heißt es wörtlich: „Im ittelpunkt der Kulturpolitik steht die Förderung von unst und Künstlern.“ Die durch das geplante Gesetz ntstehende problematische Situation für viele Künstler aschiert die Bundesregierung mit optimistischen Pro- nosen im Erläuterungsteil des Gesetzentwurfes. Dort ird beschwichtigend behauptet, die Einkommenseinbu- en durch die neue Regelung könnten dadurch aufgefan- en werden, dass deutsche Künstler nach der Harmoni- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 2006 2751 (A) ) (B) ) sierung Einkünfte durch das Folgerecht in Ländern erzielen könnten, die bisher kein Folgerecht kannten. Außerdem werde Deutschland nun für den Kunsthandel attraktiver, da bisher bestehende Wettbewerbsverzerrun- gen wegfielen. Dabei handelt es sich wohl um nicht viel mehr als vage Hoffnungen, Wir fragen deshalb die Bundesregie- rung: Auf welcher Datengrundlage und auf welcher Analyse des internationalen Kunstmarkts beruhen diese Voraussagen? Schließlich handelt es sich beim Kunst- markt um einen der kompliziertesten Märkte überhaupt. Deshalb wäre es redlich, in der Kunstszene keine fal- schen Erwartungen zu wecken. Im Übrigen möchte ich darauf hinweisen, dass die USA mit New York als wich- tigstem Ort des internationalen Kunsthandels nach wie vor kein Folgerecht haben. Es ist also schon mal nicht davon auszugehen, dass Deutschland für US-amerikani- sche Händler attraktiver wird. In Europa fehlt bisher nur in den Niederlanden, in Portugal, England und Öster- reich ein Folgerecht. Glauben Sie denn wirklich, dass die massiven Einkommenseinbußen in Deutschland durch die rechtliche Harmonisierung in diesen Ländern ausge- glichen werden können? Damit ist wohl kaum zu rech- nen! Wir wünschen uns für die weiteren Beratungen die- ses Gesetzentwurfes, dass mit solideren und seriöseren Prognosen gearbeitet wird. Die vielen bildenden Künst- lerinnen und Künstler in unserem Land haben das ver- dient – nicht zuletzt, weil sich viele von ihnen schon jetzt in einem permanenten ökonomischen Überlebens- kampf befinden. Anlage 5 zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – Weiter verhandeln – kein Militäreinsatz ge- gen den Iran – Für ein friedliches Vorgehen im Konflikt über das iranische Atomprogramm – Demo- kratische Entwicklung unterstützen (Tagesordnungspunkt 17, Zusatztagesordnungs- punkt 6) Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg (CDU/ CSU): Die derzeitige Geschlossenheit der Sechs ist ein klares Zeichen an den Iran, seinen Verpflichtungen ge- genüber der internationalen Gemeinschaft endlich nach- zukommen. Es unterstreicht ihren Willen, den Konflikt auf diplomatischem Wege lösen zu wollen. Unserem In- teresse an einer friedlichen Lösung dieser Krise ist nur mit tatsächlicher und anhaltender Einigkeit gedient, die in Ergänzung zu der präsidentiellen Erklärung des UN- Sicherheitsrats zu sehen ist. Es liegt nun einzig an Tehe- ran, weiterführende Schritte abzuwenden. Welches Ziel verfolgen nun die vorliegenden An- träge? Die sechs Außenminister haben vergangene Wo- che deutlich gemacht, dass sie den Iran an den Verhand- lungstisch zurückholen wollen – gleichzeitig spricht insbesondere Die Linke fast ausschließlich von Militär- s l n s v I d K t e T s F g s a v m s a k d e I t a b s d s g p v d r d w s u k D g d l t z e L s t r v a r t n r (C (D chlägen. Ein außerordentlich hilfreicher Ansatz, der in etzter Konsequenz die Glaubwürdigkeit der internatio- alen Gemeinschaft bezüglich ihrer Verhandlungsbereit- chaft untergräbt. De facto erleben wir doch gerade ein orbildliches multilaterales Vorgehen gegenüber dem ran im Rahmen der Vereinten Nationen. Daneben existieren Resolutionen der IAEO, denen er Iran nicht nachgekommen ist. Offenbar reichte die reativität der Verfasser der Anträge nicht aus, die mul- ilateralen Prozesse, die ansonsten nicht vehement genug ingefordert werden können, als logisch notwendige extbausteine einzubauen. Als intellektueller Zwischen- chritt wäre wenigstens die Kenntnisnahme, im besten alle die Anerkennung dieser Vorgehensweisen zu be- rüßen. Auch würde es der Substanz der Anträge nicht chaden, die Forderungen der IAEO und damit die Re- lität zu akzeptieren, wonach es im Kern um ein Fehl- erhalten des Iran geht. Der Boden der Tatsachen ver- ag in der Regel mehr Stabilität zu verleihen als das chwankende Fundament hypothetischer Vorwürfe. Es liegt nun am Iran, zu beweisen, dass er ebenfalls n einer friedlichen und diplomatischen Lösung des Nu- learkonflikts interessiert ist und die Situation, wie in en letzten Monaten wiederholt geschehen, nicht erneut skalieren lässt. Lediglich zur Klarstellung: Es ist der ran, der bisher die Krise immer und immer wieder wei- er verschärft hat. Es ist demzufolge verantwortungslos, ndere als das iranische Regime als das eigentliche Pro- lem in der Krise auszumachen. Die Linke sowie be- timmte Teile der Grünen sollten zur Kenntnis nehmen, ass die Bedrohung nicht von den Vereinigten Staaten, ondern von den nuklearen Aktivitäten Teherans aus- eht. Die USA unterstützen seit über einem Jahr den di- lomatischen Ansatz der EU 3, wohingegen der Iran im ergangenen August noch nicht einmal bereit war, über as EU-3-Angebot überhaupt Gespräche zu führen. Wir müssen uns nunmehr darauf konzentrieren, Tehe- an zur Einhaltung seiner Vertragsverpflichtungen unter em UN-Regime des Nichtverbreitungsvertrages zu be- egen, statt gebetsmühlenartig populistisch vor Militär- chlägen zu warnen. Wer die Vorzeichen der Bedrohung mkehrt, verharmlost die Gefahr, die von iranischen Nu- learwaffen auch für unsere Sicherheit ausgehen würde. iese Gefahr wird von der Linken kaum zur Kenntnis enommen. Ich glaube, Die Linke will nicht den Ein- ruck erwecken, dass Ihr die iranischen Interessen näher ägen als unsere eigene Sicherheit. Niemand bestreitet, dass der Iran laut Nichtverbrei- ungsvertrag das Recht hat, die Nuklearenergie friedlich u nutzen. Andererseits hat die IAEO – wohlgemerkt: in multilaterales Organ der Vereinten Nationen, was der inken wohl erst zu verdeutlichen ist – wiederholt fest- tellen müssen, dass der Iran die Zweifel, die die interna- ionale Gemeinschaft bezüglich des rein friedlichen Cha- akters des iranischen Nuklearprogramms auf der Basis erschiedener Berichte der IAEO berechtigterweise hat, ufgrund seiner unzureichenden Kooperation nie ausge- äumt hat. Im Gegenteil: Iran hat durch das Überschrei- en diverser roter Linien in den vergangenen Monaten, icht zuletzt mit der Wiederaufnahme der Urananreiche- ung – trotz des Pariser Abkommens –, unsere Sorge 2752 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 2006 (A) ) (B) ) bezüglich eines militärischen iranischen Nuklearpro- gramms wachsen lassen, nicht zu sprechen von den wei- terhin unerträglichen und aggressiven Äußerungen des iranischen Präsidenten gegenüber Israel. Um es noch einmal zu verdeutlichen: Das iranische Atomprogramm erfüllt uns deshalb mit berechtigter Sorge, da das gesamte Programm bis 2002 geheim ge- halten wurde. Die IAEO hat darüber hinaus seither wie- derholt feststellen müssen, dass der Iran nicht ausrei- chend kooperiert. Hätte der Iran nichts zu verbergen, was dem Geist des NW, auf den sich die Linke so gern beruft, widersprechen würde, wäre es mit Sicherheit nicht zu den Äußerungen der IAEO gekommen. Zudem: Würde der Iran die Nuklearenergie lediglich zivil nutzen wollen, hätte er dies offen und transparent tun können, nachdem der NW ihm genau dies zugesteht. Dann aber ist zu fragen, weshalb Teheran das Programm solange verheimlicht hat und weiterhin nicht zufriedenstellend mit der IAEO bzw. den Vereinten Nationen kooperiert. Die internationale Gemeinschaft und wir alle – was eigentlich auch alle Parteien in diesem Hause mit ein- schließen sollte – müssen weiterhin geschlossen verdeut- lichen, dass wir eine nukleare Bewaffnung des irani- schen Regimes nicht hinnehmen werden. Es liegt nunmehr an Teheran, weiterführende Schritte, wie etwa wirtschaftliche Sanktionsmaßnahmen, abzuwenden. Die Befassung des Sicherheitsrats mit dem iranischen Nukle- arprogramm bedeutet nicht das Ende der Diplomatie, sondern zeigt im Gegenteil, dass die internationale Ge- meinschaft weiter auf diesen Weg setzt. Das iranische Regime sollte demzufolge die Entschlossenheit der in- ternationalen Gemeinschaft nicht herausfordern. Die russische und chinesische Bereitschaft, sich weiter eng mit den EU 3 und den USA abzustimmen, demonstriert, dass auch Moskau und Peking die nukleare Bewaffnung Irans nicht zulassen werden. Erfüllt der Iran innerhalb der gesetzten Frist die von der IAEO geforderten Maßnahmen, sollten auch die USA eine aktivere Rolle im Verhandlungsprozeß einneh- men. Washington sollte signalisieren, dass es zu einer Verbesserung der diplomatischen und wirtschaftlichen Beziehungen zum Iran bereit ist, falls Teheran sich dem friedlichen Charakter seines Nuklearprogramms nach- weislich und dauerhaft voll verpflichtet fühlt. Äußerungen, wie die von Oskar Lafontaine, die Iran- Atompolitik des Westens sei völlig verlogen, unterwan- dern offensichtlich zielgerichtet die Bemühungen der in- ternationalen Gemeinschaft zu einer friedlichen Lösung auf dem Verhandlungsweg. Darüber hinaus sind derar- tige Verlautbarungen weder von Stilempfinden geprägt noch im Hinblick auf diplomatische Umgangsformen unter wesentlicher Beachtung der Kinderstube zustanden gekommen. Die Linke ist dringend aufgerufen, sich in- tellektuell und in der Opposition selbst zu ordnen, bevor sie sich der Weltordnung zuwendet. Dr. Rolf Mützenich (SPD): Als wir vor wenigen Wochen über die beiden vorliegenden Anträge hier de- battierten, erweckte der Redner der Fraktion Die Linke, Herr Lafontaine, den Eindruck, dass demnächst mit Mi- l h r z h i m s a s k z s e d v h n t e m d Z I r u d h d z u G c w s e b u K d z A e S m g a h t a s A s (C (D itärschlägen gegen den Iran zu rechnen sei. Er wieder- olte auch den Vorwurf, dass die Bundesregierung in ih- er Haltung gegenüber der iranischen Atomkrise erstritten sei. Beide Mutmaßungen waren nichts als altlose Unterstellungen natürlich weil sie vorwiegend nnenpolitisch motiviert waren. Das zeigt auch, wie Sie it dem Thema umgehen: Sie verunsichern die Men- chen, Sie senden missverständliche Signale an die Ver- ntwortlichen im Iran und Sie schwächen die gemein- ame Haltung in der iranischen Atomkrise. Und dann ündigen Sie auch noch an, demnächst in den Iran reisen u wollen, um dort zu vermitteln. Vorweg: Jede Diskussion mit den politischen Ent- cheidungsträgern im Iran ist sinnvoll. Der Dialog ist ine Bedingung, um die Krise friedlich zu lösen. Aller- ings ist es genauso wichtig, entschieden und unmiss- erständlich aufzutreten. Deshalb stellen Sie bitte in Te- eran klar: Erstens. Die Internationale Atomenergiebehörde kann och immer nicht bestätigen, dass die iranischen Aktivi- äten allein nicht militärischen Zielen dienen. Iran muss ndlich intensiv und offen mit den Inspekteuren zusam- enarbeiten. Zweitens. Voraussetzung der Vertrauensbildung ist ie Suspendierung der Urananreicherung zum jetzigen eitpunkt. Drittens. Die ständige Leugnung des Holocausts, die nfragestellung des Existenzrechts Israels und die militä- ischen Drohungen gegen das Land sind inakzeptabel nd zutiefst inhuman. Das sollten Sie als Vertreter des eutschen Parlaments in Teheran deutlich machen. Was ist seit unserer letzten Debatte geschehen? Das erausragende Ereignis ist die einstimmige Feststellung es Sicherheitsrats der Vereinten Nationen, dass der Iran u einer konstruktiven Zusammenarbeit zurückkehren nd vertrauensbildende Schritte unternehmen muss. leichzeitig unterstreicht dieser das Recht der friedli- hen Nutzung der Kernenergie. Dieser Beschluss ist ichtig und richtig. Er ist ein Kompromiss, was denn onst? Aber er wurde von dem Gremium entwickelt und ntschieden, dass für den internationalen Frieden eine esondere Verantwortung trägt. Es ist gelungen – trotz nterschiedlicher Interessen –, durch Kooperation und ompromisse das gemeinsame und übergeordnete Ziel er internationalen Gemeinschaft nicht aus den Augen u verlieren: die friedliche Lösung der iranischen tomkrise. Deutschland hat dabei eine wichtige und rfolgreiche Rolle gespielt. Dass dies ohne formellen tatus gelungen ist, unterstreicht die neuen Verhaltens- öglichkeiten in der internationalen Politik. Klar ist: In den kommenden Wochen muss Überzeu- ungsarbeit geleistet werden, gegenüber dem Iran, aber uch gegenüber anderen wichtigen Akteuren. Dazu ge- ören in erster Linie die USA. Wir Sozialdemokraten eilen die Hoffnung des deutschen Außenministers, dass uch die Verantwortlichen in Washington ihre Ge- prächskanäle gegenüber dem Iran für die Beilegung der tomkrise nutzen. Ohne die Anerkennung der irani- chen Sicherheitsinteressen, ohne die Herstellung gere- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 2006 2753 (A) ) (B) ) gelter Beziehungen und die Wiederaufnahme wirtschaft- licher Kontakte wird es keine langfristige und belastbare Lösung geben. Kollegen aus der CDU und CSU, Herr von und zu Guttenberg und Herr Polenz, sowie Vertreter aus der SPD, unser früherer Kollege Dietmar Nietan und ich, hatten bereits vor mehr als zwei Jahren eine Initiative mit Repräsentanten des US-Kongresses und wissen- schaftlichen Einrichtungen in Washington begonnen, um ein amerikanisches Engagement für die Lösung des Iran- konflikts zu initiieren. Damals verstärkte sich für mich der Eindruck, dass die amerikanische Regierung über keine schlüssige Iranpolitik verfügt. Diese ist vielmehr überlagert von gefühlsbetonten, teilweise irrationalen Haltungen und Handlungen. Gleiches gilt auch für die Akteure in Teheran. Allerdings sollten wir auch in Europa, vor allem in Deutschland, Acht geben, dass sich die Politik gegen- über Iran nicht nur auf die Bearbeitung der Atomkrise reduziert. Unsere Iranpolitik muss natürlich auch den dramatischen Wandel in den vergangenen Jahrzehnten beachten: Dazu gehören aus regionaler Sicht der achtjäh- rige Iran-Irak-Krieg, die Entwicklung in Afghanistan und im Irak, die Auflösung der Sowjetunion mit ihren Folgen für die Nachbarstaaten des Irans, die Nuklearisie- rung des indisch-pakistanischen Verhältnisses ein- schließlich der jüngsten indisch-amerikanischen Verab- redungen und die Nachfrage nach Energieressourcen. Aus innenpolitischer Sicht gehören dazu die Übernahme politischer Verantwortung durch eine neue politische Elite, die Verstetigung der religiösen Gruppen im politi- schen und wirtschaftlichen Prozess, das endgültige Scheitern eines Exports der islamischen Revolution und der dramatische innergesellschaftliche Wandel. Was wir also leisten müssen, ist eine umfassende Iranpolitik: Selbstverständlich brauchen wir – wie es die Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen ausführt – einen Dialog mit der Zivilgesellschaft. Aber das reicht nicht: Wir müssen auch mit den Verantwortlichen in Teheran sprechen. Wir müssen Kooperationsangebote unterbrei- ten, Hilfen und Angebote zugunsten einer wirtschaftli- chen, sozialen und kulturellen Beziehung zwischen Eu- ropa und Iran anbieten. Und vor allem: Wir müssen darauf dringen, dass der Iran eine verantwortliche, fried- liche und transparente Politik im Mittleren und Nahen Osten gestaltet. Das wäre zu unser aller Nutzen. Harald Leibrecht (FDP): Der Atomstreit mit dem Iran ist an den UN-Sicherheitsrat überwiesen worden. Die iranische Führung hat es monatelang bewusst ver- säumt, der IAEA die vollständigen Pläne ihres Atompro- gramms offen zu legen. Jahrelang haben die Iraner die Internationale Atomenergiebehörde – und somit die ge- samte Staatengemeinschaft – über ihr Programm ge- täuscht. Die Überweisung an den Sicherheitsrat ist somit richtig und nur konsequent. Doch diese Entscheidung ist nicht das Ende der Di- plomatie. Es müssen weiterhin alle diplomatischen Be- mühungen ausgeschöpft werden, bevor es zu weiteren Schritten oder gar irgendwelchen Sanktionen kommt. W a s e l D f f d R d g g b D a Z G t M l n d Ü r m d s g t n ü P t n m V W w s d s z S d s b h m n d s d (C (D as wir jetzt dringend benötigen, sind positive Signale us Teheran. Die wiederholten Hasstiraden des irani- chen Präsidenten gegen das israelische Volk müssen wir rnst nehmen. Was passiert denn, wenn der Iran tatsächlich sein mi- itärisches Engagement verstärkt und den unsäglichen rohungen seines Präsidenten gegenüber Israel Taten olgen lässt? In solch einem Fall müssen wir handlungs- ähig sein. Mit ihrem derzeitigen Militärmanöver und en Tests von Tarnkappenraketen, die inzwischen eine eichweite von bis zu 2 000 Kilometern haben, macht ie iranische Führung deutlich, dass ihre Waffenpro- ramme nicht nur auf die Selbstverteidigung der Landes- renzen ausgerichtet sind. Iranische Raketen könnten ald schon Europa und auch Deutschland erreichen. ies alles sind deutliche Zeichen aus dem Iran, die nicht uf die alleinige Nutzung des Atomprogramms für zivile wecke schließen lassen. Es liegt jetzt am Iran, uns vom egenteil zu überzeugen. Doch wie sieht nun der rich- ige Umgang mit der iranischen Führung aus? Welche aßnahmen können ergriffen werden, um einer Radika- isierung des iranischen Volkes entgegenzuwirken – ei- em Volk, das mehrheitlich seinem hetzerischen Präsi- enten und dessen atomaren Plänen aus voller berzeugung folgt? Um es jedoch klar und deutlich zu sagen: Eine militä- ische Option steht nicht zur Debatte. Der Sicherheitsrat uss alle diplomatischen Alternativen ausschöpfen, um ie iranische Regierung umzustimmen und zu einer voll- tändigen Offenlegung ihres Atomprogramms zu bewe- en. Hierbei wird es in erster Linie darum gehen Ver- rauen und Glaubwürdigkeit zu schaffen. Wenn es doch nichts zu verbergen gibt, verstehe ich icht, warum Teheran der IAEA nicht alle Informationen ber sein Atomprogramm gibt. Eine Offenlegung der läne wäre eine echte vertrauensbildende Maßnahme. Aber auch wir müssen überlegen, wie wir das Ver- rauen des iranischen Volkes und seiner Führung gewin- en können. Wir müssen uns enger mit den USA abstim- en. Bislang scheint es, als stünde die EU im erhandlungsprozess nur für so genannte Carrotts, und ashington ausschließlich für die Sticks. Eine glaub- ürdige, abgestimmte transatlantische Verhandlungs- trategie muss Sticks und Carrotts so kombinieren, dass ie transatlantischen Partner nicht gegeneinander ausge- pielt werden können. Die USA haben das Gesprächsangebot aus Teheran ur Situation im Irak angenommen – ein wichtiger erster chritt, den wir sehr begrüßen. Denn in einer Situation er Gesprächslosigkeit, der absoluten Funkstille, lässt ich Vertrauen ganz sicher nicht herstellen. Die USA ha- en mit Nordkorea über Kim Jong Ils atomare Pläne ver- andelt. Es wäre sicher hilfreich, wenn sie sich jetzt auch it der iranischen Führung im direkten Gespräch ausei- ander setzen würden. Die Bemühungen der EU-3 in den Verhandlungen mit em Iran, die auch eng mit den USA und Russland abge- timmt waren, waren sehr wichtig. Nur so konnte man em Iran im August 2005 ein Angebot für ein Langzeit- 2754 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 2006 (A) ) (B) ) abkommen unterbreiten. Leider hat der Iran alles abge- lehnt und zeigte sich wenig kooperativ. Darum ist es nur logisch, dass diese Sache jetzt an den Sicherheitsrat überwiesen wurde. Die fünf Vetomächte des Sicherheits- rates und Deutschland handeln richtig, wenn sie nun den Iran auffordern, sein Projekt zur Urananreicherung in- nerhalb von 30 Tagen zu stoppen. Jetzt ist Teheran am Zug. Ich möchte hier aber auch ein weiteres, zentrales Pro- blem ansprechen, wenn wir über eine atomwaffenfreie Welt reden wollen. Wie glaubwürdig kann ein Atomwaf- fensperrvertrag sein, bei dem einzelne Länder Atomwaf- fen besitzen dürfen und andere nicht? Eine Eskalation im Nahen und Mittleren Osten kann letzten Endes nur ver- hindert werden, wenn die atomare Abrüstung in der Re- gion und auch weltweit von allen Seiten vorangetrieben wird. Das braucht Mut, Glaubwürdigkeit und neue Ini- tiativen für die Abrüstung, auch von uns. Dr. Norman Paech (DIE LINKE): Vor Ihnen liegen zwei Anträge mit dem gleichen Ziel. Es geht darum, die Gefahr einer militärischen Intervention im Streit um das iranische Atomprogramm zu bannen. Ein Ziel, in dem – soweit ich sehe – wir alle übereinstimmen. In der letz- ten Zeit habe ich kaum eine Stimme aus irgendeiner Par- tei in diesem Haus vernommen, die eine Drohung mit militärischen Sanktionen gegenüber dem Iran überhaupt noch für sinnvoll gehalten hat. Im Gegenteil, die Ein- sicht hat immer mehr Platz gegriffen, dass Verhandlun- gen – zweiseitige oder multilaterale – der einzige realis- tische Weg sind, der aus der Sackgasse herausfuhren kann. Ja, man könnte sogar fragen, ob die Angst vor der Kriegsgefahr nicht gänzlich übertrieben ist? Die jüngste Resolution des UNO-Sicherheitsrats spricht überhaupt nicht mehr von Sanktionen. Sind die beiden Anträge vielleicht schon überholt? Ich furchte: nein. Die US- Administration hat ihre Pläne, im Iran einen Regime- wechsel vorzunehmen, immer noch nicht aufgegeben. Die USA sind nach wie vor zu einer Eskalation bereit, und die könnte schon bald eintreten. Denn eines ist in der Zwischenzeit mehr als deutlich geworden: Der Iran wird nicht auf das Recht zur eigenständigen Urananrei- cherung verzichten. Darin sind sich iranische wie inter- nationale Kritiker der iranischen Entwicklung inzwi- schen einig. Wer das nicht akzeptieren will – was bleibt ihm anderes als die Rückkehr zur Drohung? Deshalb plädieren wir für einen realistischen Umgang mit dem Anspruch des Iran auf Urananreicherung, zu zivilen Zwecken wohl bemerkt, so wie er auch völkerrechtlich durch den Atomwaffensperrvertrag legitimiert ist. Der jüngste russische Vorschlag zielt auf die Zulas- sung einer Urananreicherung auf niedriger Stufe allein zu Forschungszwecken unter strenger Kontrolle der Atomenergiebehörde. Ein ähnlicher Vorschlag liegt von der International Crisis Group vor. Die Iraner selbst ha- ben vorgeschlagen, die Urananreicherung auf ihrem Ter- ritorium einem internationalen Firmenkonsortium unter ebenfalls strenger Kontrolle der Atomenergiebehörde zu übergeben. Warum haben die USA beide Vorschläge ab- gelehnt? Geht es ihnen vielleicht gar nicht so sehr um d f W h B s i h l s g d e F k s n K k S s s d d i g e F n r l z v r h s h n d A e m z – t K B s m i e D k S (C (D ie Atomwaffen als vielmehr um die Beseitigung eines ür sie unerträglichen Regimes? Wenn man diesem Verdacht nicht folgt, bleibt nur der eg der Verhandlungen unter Verzicht auf jegliche Dro- ung mit militärischer Gewalt. Wir begrüßen, dass der undesaußenminister dies bei seinem Besuch in Wa- hington auch öffentlich gefordert hat und ermutigen hn, trotz der jüngst erteilten Abfuhr, in diesem Bemü- en nicht nachzulassen. Wir fordern in unserem Antrag ja nicht nur Verhand- ungen und Gewaltverzicht. Wir fordern auch die irani- che Regierung auf, ihre undiskutablen Drohungen ge- enüber Israel einzustellen, und wir fordern alle Staaten es Nahen und Mittleren Ostens auf, an der Einrichtung iner atomwaffenfreien Zone mitzuwirken. Dies sind orderungen, die sie alle hier im Haus unterschreiben önnen. Wenn Sie sich jedoch an dem Absender des Antrags toßen, empfehlen wir Ihnen, den Antrag von Bünd- is 90/Die Grünen zu unterstützen. Denn er fordert im ern dasselbe wie wir. Er hat leider einen Fehler: Er ann der Verlockung von politischen oder ökonomischen anktionen nicht widerstehen. Diese lehnen wir ent- chieden ab. Doch sind wir uns in der Abwehr militäri- cher Mittel wenigstens in diesem Fall einig und können eshalb auch diesem Antrag zustimmen. Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Seit er Wahl des iranischen Präsidenten Ahmadinedschad m Juni 2005 hat sich der Konflikt um das Atompro- ramm des Iran verschärft: Der Bruch der Pariser Ver- inbarung zwischen Iran und den E-3/EU – Deutschland, rankreich und Großbritannien – mit der Wiederauf- ahme der Urankonversion in Isfahan und die Weige- ung, eine tragfähige Vereinbarung mit der internationa- en Gemeinschaft auszuhandeln, geben großen Anlass ur Sorge. Auch die neuerliche scharfe Unterdrückung on Medien und Zivilgesellschaft im Iran sind alarmie- end. Ebenso inakzeptabel sind die wiederholten Dro- ungen des iranischen Präsidenten gegen Israel und eine Leugnung des Holocausts. Diese Entwicklung se- en wir mit großer Sorge und betonen die interfraktio- ell geteilte deutsche Verpflichtung zur Unterstützung es Existenzrechts Israels. Dennoch muss klar sein, dass die Androhung bzw. nwendung von Gewalt gegen das iranische Regime ein normes Eskalationsrisiko bergen würde. Deshalb öchte ich betonen, dass es keine Alternative zu einer ivilen Beilegung des Konflikts gibt: Verhandlungen und falls diese erfolglos bleiben – nicht militärische Sank- ionen sind der einzige Weg, um doch noch zu einer ompromisslösung zu kommen. Die Uneinigkeit in der undesregierung und zweideutige Aussagen zu gewalt- amen Maßnahmen sind nicht ausreichend. Vielmehr uss die Bundesregierung gemeinsam mit den Partnern n der EU, mit den USA, mit Russland und China dafür intreten, einen Militäreinsatz eindeutig auszuschließen. irekte Gespräche der USA mit der iranischen Führung önnen hilfreich sein, um eine Lösung zu finden. Es kann aber nicht sein, dass auch nicht militärische anktionen ausgeschlossen werden, wie dies die Bun- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 2006 2755 (A) ) (B) ) destagsfraktion der PDS fordert: Gezielte nicht militäri- sche Sanktionen stellen die einzigen Erfolg versprechen- den Instrumente bei Scheitern einer Verhandlungslösung dar. Die Überweisung an den Sicherheitsrat der Verein- ten Nationen ist richtig, um die iranische Führung zur Wiederaufnahme der Verhandlungen zu bewegen. Wer die Option von Sanktionen leichtfertig aus der Hand gibt, verschlechtert die Verhandlungsposition im Atom- streit mit Iran. Wir treten deshalb für die Entwicklung ei- nes Katalogs von geeigneten abgestuften Sanktionsmaß- nahmen ein. Eine kommerzielle Urananreicherung muss unterblei- ben, bis das internationale Vertrauen in die friedliche Nutzung des iranischen Atomprogramms wieder herge- stellt ist und alle Bedingungen der VN und der IAEO er- füllt werden. Dabei sind in den Bereichen Urananreiche- rung, Brennstoffproduktion, Wiederaufbereitung und Abfallbeseitigung multinationale Lösungen sinnvoll, wie sie jüngst der Generalsekretär der IAEO, al-Baradei, bei seinem Besuch in Deutschland vorgeschlagen hat. Wir sind der Meinung, dass die Bundesregierung auch auf vielen anderen Ebenen Aktivitäten unterneh- men sollte, wie es unser Antrag vorsieht: Die Bundesre- gierung sollte gemeinsam mit ihren Partnern in der EU darauf drängen, dass der Menschenrechtsdialog zwi- schen der EU und dem Iran umgehend fortgesetzt wird. Die Menschenrechtsverletzungen der iranischen Füh- rung und der Druck auf die demokratische Opposition sind in den letzten Monaten enorm gestiegen. Ein konse- quenter Einsatz für die Freilassung politischer Gefange- ner, die Achtung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und politische Betätigung ist auf allen politischen Ebe- nen notwendig. Neben politischem Druck auf die iranische Führung muss vor allem die iranische Zivilgesellschaft intensiver unterstützt werden. Anders als in vielen anderen Län- dern der Region ist die Zivilgesellschaft in Iran erstaun- lich breit und vielfältig, sie hat aber auch besonders un- ter der innenpolitischen Verschärfung der letzten Monate gelitten. Die Bundesregierung muss intensiv die beste- henden Kontakte pflegen und ausweiten. Zudem ist sie aufgerufen, mit konkreten Projekten, zum Bespiel im Medienbereich, die bedrängte Zivilgesellschaft und die demokratische Entwicklung im Iran zu stärken. Nur mit diesen zivilen Maßnahmen ist eine Beilegung der aktuel- len Krise und eine langfristige Stärkung der demokrati- schen Elemente im Iran möglich. Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung der Europäischen Genossenschaft und zur Änderung des Genossenschaftsrechts (Tagesordnungspunkt 18) Georg Fahrenschon (CDU/CSU): Bundespräsi- dent Roman Herzog hat 1998 ausgeführt: „Genossen- schaften sind keine liebenswerten Reminiszenzen an ein p s n w u h d g d g U E n a f w s r a e z w W n M s n s w 1 t U z G s s g n G t a a k e s 4 n m b w (C (D aar interessante Männer des vergangenen Jahrhunderts, ondern der Genossenschaftsgedanke ist heute so funkel- agelneu wie vor 150 Jahren. Man müsste ihn erfinden, enn er nicht bereits erfunden wäre.“ Der Einschätzung nseres Alt-Bundespräsidenten muss man sich auch eute voll und ganz anschließen. Genossenschaften sind ein bedeutender Pfeiler der eutschen Wirtschaft und werden gerade wegen ihrer re- ionalen Verankerung in Zeiten einer immer umfassen- er werdenden Globalisierung und einer ständig anstei- enden weltweiten Marktkonzentration immer wichtiger. nter diesem Bewusstsein debattieren wir heute Abend. Mit der Einbringung des Gesetzes zur Einführung der uropäischen Genossenschaft und zur Änderung des Ge- ossenschaftsrechts soll das inzwischen über 100 Jahre lte Genossenschaftsrecht modernisiert und an die An- orderungen des internationalen Wettbewerbs angepasst erden. Ziel dabei ist es, die genossenschaftliche Idee zu tärken und ihre Attraktivität weiter zu erhöhen. Genossenschaften sind in Deutschland in allen Sekto- en des wirtschaftlichen Lebens verbreitet. 60 Prozent ller Handwerker, 65 Prozent aller selbstständigen Steu- rberater, 70 Prozent aller Einzelhandelskaufleute, 90 Pro- ent aller Bäcker und Metzger und praktisch jeder Land- irt ist Mitglied einer oder mehrerer Genossenschaften. ohnungsbaugenossenschaften umfassen rund 3 Millio- en Mitglieder und bewirtschaften etwa 10 Prozent der ietwohnungen in Deutschland. Und, last, but not least, stellen die Volks- und Raiffei- enbanken mit rund 30 Millionen Kunden, 15,5 Millio- en Mitgliedern, 168 000 Mitarbeitern, 15 000 Bank- tellen und einem Marktanteil von 17 Prozent einen ichtigen Faktor in der deutschen Kreditwirtschaft dar. Bekanntlich wurden die Genossenschaften Mitte des 9. Jahrhunderts als wirtschaftliche Selbsthilfeeinrich- ungen gegründet. Als es infolge der gesellschaftlichen mwälzungen durch Industrialisierung und Landflucht u Engpässen bei der Versorgung mit Wohnungen und ütern des täglichen Bedarfs kam, schlossen sich Men- chen zu Wohnungs- und Konsumgenossenschaften zu- ammen und verteilten die Güter gerecht auf ihre Mit- lieder. Auch die Kreditgenossenschaften funktionierten ach diesem Prinzip. Dahinter stand – und steht – der rundgedanke, dass es für ein einzelnes Mitglied Vor- eile bringt, wenn bestimmte wirtschaftliche Funktionen uf eine speziell dafür geschaffene Wirtschaftseinheit usgelagert werden, die am Markt mehr Durchsetzungs- raft hat als das Individuum selbst. Das Motto seit jener Zeit war und ist: „Alle für einen – iner für alle“. Dies gilt sowohl in einer großen Genos- enschaft wie der DATEV in Nürnberg mit rund 0 000 Mitgliedern, wie auch in einer der kleinsten Ge- ossenschaften wie der Sennereigenossenschaft Unter- aiselstein im Allgäu mit nur elf Mitgliedern. Dieser Grundgedanke soll durch den heute einge- rachten Gesetzentwurf weiter gestärkt und ausgebaut erden. 2756 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 2006 (A) ) (B) ) Beispielhaft möchte ich hier drei Schwerpunkte nen- nen: Erstens. Aus Sicht der Neugründungen und kleinen Genossenschaften sind dabei folgende Punkte besonders hervorzuheben: Künftig sollen statt bisher sieben bereits drei Personen eine eingetragene Genossenschaft gründen können. Damit würde nach dem Motto: „Alle für einen – einer für alle“ der Einstieg in eine Genossenschaft er- leichtert, Kooperationen von drei Handwerkern, Land- wirten oder Genossenschaftsbanken ermöglicht und Sy- nergien und Energien gebündelt. Außerdem wird vorgesehen, dass bei eingetragenen Genossenschaften mit bis zu 20 Mitgliedern nicht mehr zwei Vorstands- und drei Aufsichtsratsmitglieder ge- wählt werden müssen, sondern es soll nunmehr ein Vor- stand genügen und auf den Aufsichtsrat kann völlig ver- zichtet werden. Damit kann Bürokratie abgebaut und können die Rahmenbedingungen vor allem für kleine Genossenschaften verbessert werden. Zweitens. Für Genossenschaften wiederum, die nach den internationalen Rechnungslegungsstandards IAS bi- lanzieren wollen, soll die Möglichkeit eröffnet werden, ihre Satzung so auszugestalten, dass die Geschäftsgutha- ben weiterhin als Eigenkapital ausgewiesen werden kön- nen. Drittens. Für grenzüberschreitende Kooperationen, deren Mitglieder ihren Sitz in mindestens zwei EU-Staa- ten haben, soll schließlich eine neue Rechtsform ge- schaffen werden: die so genannte Europäische Genos- senschaft oder Societas Cooperativa Europaea (SCE). All diese Neuregelungen sollen zu einer flexibleren Anpassung an das wirtschaftliche Umfeld der genossen- schaftlichen Betätigung führen, ohne die Besonderheiten der Rechtsform der eingetragenen Genossenschaft zu zerstören. Vor diesem Hintergrund wird der Gesetzentwurf im weiteren Verfahren allerdings auch noch einmal genau zu durchleuchten sein. Ich möchte hier nur zwei Bei- spiele herausgreifen: Nach der Vorschrift des neuen § 43 Abs. 7 des Ge- setzentwurfs ist eine Generalversammlung zur Be- schlussfassung über die Abschaffung der Vertreterver- sammlung unverzüglich einzuberufen, wenn die von mindestens 10 Prozent der Mitglieder oder mindestens 500 Mitgliedern beantragt wird. Dies bedeutet für eine Genossenschaft wie die bereits angeführte DATEV mit über 40 000 Mitgliedern, dass also lediglich 0,8 Prozent genügen, um einen entsprechenden Antrag zu stellen und damit eine derartige Mammutveranstaltung vorbe- reiten und durchführen zu müssen. Nicht nur wegen der zahlenmäßigen Dimension, sondern insbesondere wegen der Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit des Vor- stands und auf das Zusammenspiel zwischen dem Vor- stand und den Mitgliedern der Genossenschaft, ist eine solche Regelung nicht zielführend, denn sie verleitet ge- rade zu einem Missbrauch des Antragsrechts und geht weit über einen – sonst wichtigen und grundsätzlich an- zuerkennenden – Minderheitenschutz hinaus. § G s w d r h m r g M e s u c t s s g t v C s i R w E d b d e p d b d D e O s G Z d U w i g d d t r G (C (D Das Gleiche gilt für die geplante Neuregelung des 45 Abs. 1 Genossenschaftsgesetz. Demnach muss die eneralversammlung oder die Vertreterversammlung, oweit diese besteht, unverzüglich einberufen werden, enn mindestens ein Zehntel der Mitglieder oder min- estens 150 Mitglieder die Einberufung unter Anfüh- ung des Zwecks und der Gründe verlangen. Ich möchte ier ein Beispiel einer genossenschaftlichen Bank aus einem Wahlkreis mit rund 18 000 Mitgliedern anfüh- en. Bei dieser Bank würden angesichts der vorgeschla- enen absoluten Zahl von 150 weniger als 1 Prozent der itgliedern genügen, um eine Vertreterversammlung inberufen zu lassen. Dies würde zu immensem organi- atorischen Aufwand und erheblichen Kosten führen – nd ebenfalls eine nicht zu vertretende ständige Unsi- herheit ins gesamte genossenschaftliche Lager tragen. CDU und CSU werden sich deshalb in den parlamen- arischen Beratungen dafür einsetzen, eine bessere Lö- ung in Bezug auf den neuen Abs. 7 § 43 in Genossen- chaftsgesetz zu finden. Grundsätzlich ist der vorgelegte Gesetzentwurf zu be- rüßen und positiv zu bewerten. Er stärkt die genossen- ypischen Prinzipien der Selbstverwaltung und Selbst- erantwortung. Im weiteren Verfahren wird die CDU/ SU-Bundestagsfraktion darüber wachen, dass der be- onderen Stellung der Genossenschaften in Deutschland m Sinne unseres geschätzten Alt-Bundespräsidenten oman Herzog auch in Zukunft Rechnung getragen ird. Klaus Uwe Benneter (SPD): Die Einführung der uropäischen Genossenschaft sowie die Reform des eutschen Genossenschaftsrechts sind sinnvolle Vorha- en, die wir gerne und zügig umsetzen wollen. Innerhalb er EU gibt es bereits seit Ende 2004 die Möglichkeit ine europäische Aktiengesellschaft – nämlich die Euro- äische Gesellschaft – zu betreiben. Es ist erfreulich, ass es nun künftig in Europa auch die Möglichkeit ge- en wird, eine Europäische Genossenschaft zu gründen, ie über die nationalen Grenzen hinaus agieren kann. enn in einem zusammenwachsenden Europa besteht in praktischer Bedarf an beiden gesellschaftsrechtlichen rganisationsformen. Genossenschafter formulieren es so: Die Aktienge- ellschaft möchte viel Geld einsammeln, um aus viel eld noch mehr Geld zu machen. Naturgemäß ist dieses iel für viele Menschen in Europa erstrebenswert und eshalb ist es vernünftig, dass international agierende nternehmen hierfür einen europäischen Rechtsrahmen ählen können. Die Genossenschaft möchte mit Dienstleistungen für hre Mitglieder einen gemeinsamen Förderzweck verfol- en. Auch hierfür gibt es innerhalb Europas einen Be- arf, der die nationalen Grenzen überschreiten kann. Ich enke hier an Handelsgenossenschaften, an Vermark- ungsgenossenschaften etwa im landwirtschaftlichen Be- eich, an Energieerzeugungsgenossenschaften und an enossenschaftsbanken. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 2006 2757 (A) ) (B) ) Für die Europäische Genossenschaft liegt eine detail- lierte EG-Verordnung vor, die ab 18. August in den Mit- gliedstaaten unmittelbar gelten wird. Unsere Aufgabe ist es, hierzu sinnvolle Ausführungsbestimmungen zu tref- fen. In den weiteren Beratungen werden wir uns vor allem mit der Frage des Sitzes der Europäischen Genossen- schaft befassen, Denn die Europäische Genossenschaft darf selbstverständlich nicht dazu missbraucht werden, dem Abtauchen der Genossenschaft vor den Gläubigern bei drohender Insolvenz Vorschub zu leisten. Deshalb ist bereits in der EG-Verordnung klar geregelt, dass der Sitz der Europäischen Genossenschaft in dem Mitgliedstaat liegt, in dem sich die Hauptverwaltung befindet. Sitzver- legungen sind nur nach vorheriger Prüfung durch das Registergericht möglich. Geprüft wird insbesondere, ob die Interessen der Gläubiger, aber auch des Fiskus ange- messen geschützt sind. In diesem Zusammenhang wer- den wir uns mit der Anregung des Bundesrates auseinan- der setzen, wonach Sitz und Hauptverwaltung am selben Ort liegen sollten. Unser vorrangiges Ziel jedoch ist größtmögliche Gestaltungsfreiheit, damit Deutschland ein attraktiver Standort für künftige europäische Genos- senschaften wird. Auch im nationalen Genossenschaftsrecht wollen wir die Genossenschaftsregeln für die heutigen Nutzer, aber auch für künftige mögliche Nutzer dieser Gesellschafts- form attraktiver gestalten. Wir sind überzeugt, dass die Genossenschaft weiter- hin gebraucht wird. Denn in Genossenschaften können die Mitglieder die Prinzipien der Selbsthilfe und der Selbstverwaltung, aber auch der genossenschaftlichen Solidarität besonders erfolgreich zu ihrem jeweils eige- nen Nutzen umsetzen. Die Genossenschaft als Rechtsform war zu Beginn der Industrialisierung eine Idee von Sozialreformern – von engagierten Menschen aus dem sozialdemokrati- schen, dem christlichen und dem liberalen Lager. Die Idee war segensreich – und sie ist es bis heute. Genos- senschaften agieren im Wohnungswesen, im Handel, in der Landwirtschaft; die Genossenschaft ist eine Rechts- form für Handwerker, die sich zusammenschließen, für das Bankenwesen wie auch für Arbeitsloseninitiativen. Genossenschaften können Zeitung machen – wie die „taz“ – sie können Schulen betreiben und im Januar die- ses Jahres lief das Biomasseheizkraftwerk im Bioener- giedorf Jühnde an, das von einer Betreibergenossen- schaft mit 180 Genossen betrieben wird. Die Genossenschaften in Deutschland sind recht stabil und wenig anfällig für Insolvenzen. Allerdings müssen wir feststellen, dass die Genossen- schaftszahlen zurückgehen – und zwar seit Jahren. Heute haben wir in Deutschland jährlich mehr Löschungen als Neueintragungen und insgesamt sind die Genossen- schaften weniger geworden – waren es 1998 noch fast 10 000 Genossenschaften, sind es heute weniger als 8 000 Genossenschaften. Diese Entwicklung hängt da- mit zusammen, dass die Genossenschaft in der Grün- dung recht aufwendig ist; so ist beispielsweise bei der Anmeldung zur Eintragung ein Gründungsgutachten des P B s d v v P d E g n B s v t v B g s s g w d d e g f l d t A v s s s s k U p w A n a d E u p b w k d d t f v t S (C (D rüfungsverbandes beizubringen. Auch im laufenden etrieb ist die Genossenschaft aufwendig. Alle Genos- enschaften unterliegen bisher jährlich oder zweijährlich er Jahresabschlussprüfung durch den Genossenschafts- erband. Alle diese Prüfungen sind vor allem mit Kosten erbunden. Deshalb ist es ein Ziel des Gesetzentwurfs, rüfpflichten – soweit vertretbar – abzubauen. Nach em Entwurf soll bei einer Bilanzsumme bis 2 Millionen uro keine Jahresabschlussprüfung mehr gesetzlich vor- eschrieben sein. Aus den Reihen der Prüfverbände ver- ehmen wir, dass eine Grenzziehung bei 350 000 Euro ilanzsumme besser sei. Aus den Reihen der Genossen- chaften – gerade der kleineren Genossenschaften – wird orgeschlagen, beim Abbau der Prüfpflichten noch wei- er zu gehen und die genossenschaftlichen Prüfpflichten ergleichbar dem GmbH-Recht erst ab 4 Millionen Euro ilanzsumme beginnen zu lassen. Das werden wir uns enau anschauen. Nach meiner Auffassung brauchen wir ehr gute Gründe, wenn wir weiterhin die Genossen- chaft gegenüber der kleinen Kapitalgesellschaft un- leich behandeln und ihr einen größeren Prüfungsauf- and abverlangen. Auch an anderer Stelle sehe ich noch Beratungsbe- arf. Viele Schreiben haben uns erreicht die sich mit em vorgesehenen Recht der Mitglieder auf Einberufung iner Generalversammlung befassen. Die Bedenken ge- en ein zu kleines Mitgliederquorum für das Einberu- ungsverlangen sind nachvollziehbar. Ich bin zuversicht- ich, dass wir sachgerechte Lösungen finden werden, mit enen auch Genossenschaften leben können, die Zehn- ausende oder gar Hunderttausende Mitglieder haben. m Ende unserer Beratungen wird ein erneuertes und on unnötigem Ballast befreites Genossenschaftsrecht tehen. Mechthild Dyckmans (FDP): Europa wächst zu- ammen – heute debattieren wir erneut, welche Voraus- etzungen wir für dieses Zusammenwachsen selbst chaffen müssen. Der uns von der Bundesregierung sehr urzfristig vorgelegte Gesetzentwurf dient nicht nur der msetzung von EU-Vorgaben zur Einführung der Euro- äischen Genossenschaft. Mit dem zu beratenden Ent- urf soll nach dem Willen der Bundesregierung auch die ttraktivität der deutschen Rechtsform der eingetrage- en Genossenschaft erhöht werden. Zunächst möchte ich einige Worte zum Zeitablauf der nstehenden Beratungen sagen: Für das In-Kraft-Treten es Gesetzentwurfs ist durch die Umsetzungsfristen der U der 18. August 2006 vorgesehen. Die Verordnung nd die korrespondierende Richtlinie, die für die Euro- äische Genossenschaft und deren Regelungen der Ar- eitnehmerbeteiligung den rechtlichen Rahmen setzen, urden vom Rat der EU bereits am 22. Juli 2003 ver- ündet. Sie traten am 21. August 2003 in Kraft. Trotz- em benötigte die Bundesregierung circa 32 Monate, um en Entwurf vorzulegen. Und nun sind für die parlamen- arischen Beratungen noch vier Monate mit gerade mal ünf Sitzungswochen übrig. Ich hoffe, dass Sie – meine erehrten Kolleginnen und Kollegen – zu sehr konstruk- iven und weltoffenen Beratungen bereit sind, um die tolperfallen dieses Gesetzentwurfs auszubessern! 2758 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 2006 (A) ) (B) ) Nun komme ich zum Inhalt des Gesetzes. Wie bereits erwähnt, sind zwei große Themenkomplexe zu bespre- chen: einmal die Einführung der Europäischen Genos- senschaft und zum Zweiten die Novelle des deutschen Genossenschaftsgesetzes – denn so soll das „Gesetz be- treffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften“ künftig genannt werden. Zunächst einige Worte zum ersten Themenkomplex: Die Europäische Genossenschaft soll unter anderem dazu dienen, Anreize für ausländische Investitionen zu setzen. Ob dies gelingt, wird die Zukunft zeigen. Durch die für die Europäische Genossenschaften geschaffene Möglichkeit, für die Unternehmensverfassung zwischen dem monistischen und dem dualistischen System zu un- terscheiden, erhalten Gründungs- und Verschmelzungs- willige die Wahl zwischen dem Modell mit Aufsichtsrat und Vorstand und dem Modell, das eher dem angelsäch- sischen Board-System – hier nun Verwaltungsrat ge- nannt – gleicht. Dadurch könnte grundsätzlich ein größe- res Vertrauen entstehen, da einigen ausländischen Investoren das monistische System bekannter ist. Umso mehr erstaunt es, dass dieser Anreiz durch die Regelungen zur Mitbestimmung im selben Federstrich wieder zunichte gemacht wird. Denn die deutsche Mit- bestimmung soll unverändert auf die Europäische Ge- nossenschaft übertragen werden. Nach den Vorgaben der EU soll die Gründung einer Europäischen Genossen- schaft nicht zu einer Beseitigung oder Einschränkung der Beteiligung von Arbeitnehmern in Organen der Ge- nossenschaft führen. Diesem Gebot der EU fühlen wir Liberale uns verpflichtet. Die Bundesregierung plant je- doch eine Ausweitung der Mitbestimmung. Zur Verdeut- lichung des Zusammenhangs: Bei der Übernahme der deutschen Mitbestimmung in das dualistische System gibt es keine erwähnenswerte Veränderung bezüglich der Beteiligung der Arbeitnehmer. Die Übernahme der Mit- bestimmung in das monistische System bedeutet jedoch eine ernorme Ausdehnung der Mitbestimmung auf die Leitung des unternehmerischen Geschäfts. Ist bisher nach deutschen Gesetzen die Mitbestimmung auf das Organ eines Unternehmens beschränkt, welches kontrol- lierend und überwachend tätig ist – nämlich den Auf- sichtsrat –, bleibt das Leitungsorgan mitbestimmungs- frei. Im monistische System haben wir aber „nur“ den Verwaltungsrat. Dieser erfüllt neben den Aufgaben der Überwachung und Kontrolle auch die Aufgabe der Lei- tung des Unternehmens. Damit plant die Bundesregie- rung, die Mitbestimmung bis in das Leitungsorgan der Europäischen Genossenschaft auszudehnen. Meine Da- men und Herren von der CDU/CSU: Dies haben Sie vor anderthalb Jahren bei der Einführung der Europäischen Aktiengesellschaft noch zusammen mit uns heftigst be- kämpft! Und wer die Hoffnung hatte, die Bundesregierung würde daraus lernen, dass die Europäische Aktiengesell- schaft gerade wegen dieser Mitbestimmungsregelungen nicht zu einem Investitionsschlager geworden ist, wird wohl heute wieder eines Besseren belehrt. Wer sich von den Schwierigkeiten der Gründung einer Europäischen Aktiengesellschaft überzeugen möchte, dem empfehle ich an dieser Stelle einen Artikel der „FAZ“ von gestern m p l s s d n G k E v d s d a r s d k p r f u s k s M z v g w D t i G d l d k m g g s G b b t z f n M (C (D it dem Titel „Die Europa AG ist eine Mutprobe“, der räzise die Schwierigkeiten bei der Umwandlung der Al- ianz in eine Societas Europaea beschreibt. Zurück zur Europäischen Genossenschaft: Die deut- che Mitbestimmung ist kein Exportschlager; wenn wir ie auf Leitungsfunktionen ausdehnen, wird dies auslän- ische Investoren abschrecken, nicht aber zu Investitio- en ermuntern. Wer Arbeitsplätze durch die Europäische enossenschaft schaffen will, wird sich mit uns Gedan- en darüber machen müssen, wie wir eine solche von der U nicht geforderte Ausweitung der Mitbestimmung erhindern! Ich komme nun zu den geplanten Änderungen des eutschen Genossenschaftsgesetzes. Genossenschaften ind ein liberales Modell – sie verkörpern die Prinzipien er Selbsthilfe, der Selbstverwaltung und der Selbstver- ntwortung. Wir Liberalen haben daher ein großes Inte- esse daran, die Attraktivität der Rechtsform der Genos- enschaft zu erhöhen. Daher begrüßen wir ausdrücklich ie Erweiterung des Förderungszwecks auf soziale und ulturelle Zwecke. In der ersten Lesung möchte ich nur einige Kritik- unkte zu dem Entwurf ansprechen: Über die Schwellenwerte zur Einberufung der Gene- alversammlung zur Beschlussfassung über die Abschaf- ung der Vertreterversammlung in § 43 a Abs. 7 GenG nd zur unverzüglichen Einberufung zur Generalver- ammlung in § 45 GenG müssen wir dringend reden. Es ann nicht sein, dass zum Beispiel bei einer Genossen- chaft mit 40 000 Mitgliedern bereits 0,38 Prozent der itglieder die Einberufung der Generalversammlung er- wingen können – dies entspricht den im Gesetzentwurf orgesehenen 150 Mitgliedern. Und eine 40 000 Mit- lieder starke Genossenschaft zählt nicht einmal ansatz- eise zu einer der größten Genossenschaften in eutschland – die größten Genossenschaften haben un- er Umständen mehrere hunderttausend Mitglieder! Ein anderer Punkt, der uns Liberale kritisch stimmt, st die Streichung von fünf Worten in § 31 Abs. l Satz 2 enG. Hatte bisher ein Mitglied einer Genossenschaft as Recht, eine Abschrift der Mitgliederliste „hinsicht- ich der ihn betreffenden Eintragungen“ zu erhalten, soll as Mitglied nun eine vollständige Abschrift erhalten önnen. Bereits aus datenschutzrechtlichen Gründen uss man dies kritisch beurteilen. Denn in dieser Mit- liederliste sind nicht nur die Namen der Mitglieder auf- eführt, sondern zum Beispiel auch die Anzahl der Ge- chäftsanteile. Hier wird in den Beratungen das rundrecht auf informationelle Selbstbestimmung zu eachten sein. Die Mehrstimmrechtsregelung in § 43 Abs. 3 GenG edarf der Überarbeitung. So ist die Erweiterung für Un- ernehmergenossenschaften zu begrüßen; nicht nachvoll- iehbar ist dagegen, warum die bestehenden Regelungen ür Nicht-Unternehmergenossenschaften oder Zentralge- ossenschaften gestrichen werden sollen. Auch über die Anfechtungsbefugnis außen stehender itglieder (§ 51 Abs. 2 Satz 3 GenG) und die Grenzen Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 2006 2759 (A) ) (B) ) für die Befreiung von der Jahresabschlussprüfung (§ 53 Abs. 3 GenG) werden wir reden müssen. Sie sehen, es gibt viel zu tun, damit aus diesem Ge- setzentwurf noch ein rundum gutes, innovatives und zielführendes Gesetz wird! Ulla Lötzer (DIE LINKE): Die Bundesregierung schlägt Änderungen des Genossenschaftsrechts vor. Und tatsächlich: Im Titel kommt es noch vor, das Wort Ge- nossen. Ansonsten wird das Wort durch den Gesetzent- wurf abgeschafft – rund 90-mal wird es explizit durch das Wort Mitglieder ersetzt. Genossen haben nach Mei- nung der Bundesregierung offenbar nichts mehr zu su- chen in ihren Genossenschaften. Das ist mehr als eine Formalie. Das Streichen der Ge- nossen offenbart nämlich, was die Regierung unter Mo- dernisierung des Genossenschaftsrechts eigentlich ver- steht: Die Genossenschaften sollen kompatibel werden mit dem globalisierten Kapitalismus. Es geht der Regie- rung weniger um die Stärkung des Genossenschaftsge- dankens, um Solidarität und innerbetriebliche Demokra- tie. Es geht ihr zu allererst um die Wettbewerbsfähigkeit von Genossenschaften in Konkurrenz zu anderen Rechtsformen. Und diese Wettbewerbsfähigkeit soll durch eine schleichende Angleichung des Genossen- schaftsrechts an die Regeln für Kapitalgesellschaften ge- schaffen werden. Damit schließt sich die Regierung der Europäischen Kommission an, die schon 2004 forderte, die Vorschrif- ten für Genossenschaften müssten „auch ihren Bedürf- nissen im Wettbewerb mit anderen Unternehmen einer modernen Marktwirtschaft“ gerecht werden. Aber die wachsende Ähnlichkeit von Genossenschaften und Ak- tiengesellschaften zeigt sich nicht nur bei der – mit dem vorliegenden Gesetzentwurf ja auch eingeführten – neuen Rechtsform der Europäischen Genossenschaft. Auch die Genossenschaften nach deutschem Recht er- halten zukünftig Merkmale, die dem ursprünglichen Charakter des Genossenschaftswesens zuwiderlaufen, insbesondere: die Öffnung für investierende Mitglieder. In § 8 Abs. 2 des neuen Genossenschaftsgesetzes soll es zukünftig heißen: „Die Satzung kann bestimmen, dass Personen, die für die Nutzung oder Produktion der Güter und die Nutzung oder Erbringung der Dienste der Ge- nossenschaft nicht infrage kommen, als investierende Mitglieder zugelassen werden können.“ Damit wird der Verwandlung von Genossenschaften in profitorientierte Unternehmen Tür und Tor geöffnet. Sicherlich, die Einführung von investierenden Mit- gliedern ist eine Kannvorschrift. Auch sollen verschie- dene Einschränkungen dafür sorgen, dass Investoren die Entscheidungsfindung innerhalb der Genossenschaft nicht zu sehr beeinflussen können. Dennoch: Wer wird verhindern, dass finanzstarke Investoren den Genossin- nen und Genossen ihren Willen aufzwingen oder durch vermeintlichen betriebswirtschaftlichen Sachverstand schmackhaft machen? Alleine die Bezeichnung „Inves- tierende Mitglieder“ zeigt schon, worum es diesen Mit- gliedern vor allem gehen wird: um eine ordentliche Divi- d e r w d s n s j u k n a K s s d V g t t t a b o u r m s u s S n d s m G r r Z v v P w G l d R d O m r (C (D ende. Damit besteht die akute Gefahr, dass der igentliche Zweck von Genossenschaften – die Förde- ung der nutzenden Mitglieder – einem neuen Zweck eichen muss: dem Wachstum des angelegten Kapitals er investierenden Mitglieder. Genossenschaftsanteile ichern den Genossinnen und Genossen dann mitunter icht mehr eine angemessene Wohnraumversorgung, ondern allenfalls eine marktübliche Verzinsung. Gerade etzt sind Finanzinvestoren landauf, landab unterwegs, m die kommunalen Wohnungsbaugesellschaften zu aufen. Jetzt sollen den Heuschrecken auch noch die Ge- ossenschaften angeboten werden? Wo bleibt ihre Kritik n der Heuschreckenplage, verehrte Kolleginnen und ollegen der SPD? Und vor allem: Wo bleiben die Kon- equenzen? Diese Änderung lehnen wir ab. Auch in der Landwirtschaft gilt es, das Genossen- chaftsmodell zu bewahren, das insbesondere in Ost- eutschland stark verankert ist. Dieses Modell ist den eränderungen durch die Agrarpolitik der EU und WTO ut gewachsen. Eine Öffnung für nicht nutzende Inves- oren oder gar die Einführung eines an die Höhe der Be- eiligung gekoppelten Mehrstimmrechts, wie es von in- eressierter Seite gefordert wird, wäre kontraproduktiv. Sicherlich, Einzelpunkte des Gesetzentwurfs sind uch zu begrüßen, etwa dass künftig nur drei anstatt sie- en Mitglieder eine Genossenschaft gründen können der die Erweiterung des Zwecks von Genossenschaften m soziale und kulturelle Ziele. Auch dass Mehrstimm- echte zukünftig nur bei Unternehmensgenossenschaften öglich sind, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Wir wollen, dass der Genossenschaftsgedanke insge- amt weiter gestärkt wird. Innerbetriebliche Demokratie nd gleichberechtigte Kooperation in Genossenschaften ind Werte, die wir verteidigen. Statt diese Werte im inne der Konkurrenzfähigkeit abzubauen, müssen Ge- ossenschaften endlich angemessen gefördert werden, amit die Genossenschaft auch zukünftig eine Genos- enschaft bleibt und nicht zu einer „Shareholderschaft“ utiert. Margareta Wolf (Frankfurt) (BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN): Der vorliegende Gesetzentwurf zur Einfüh- ung der Europäischen Genossenschaft und zur Ände- ung des Genossenschaftsrechts erfährt grundsätzlich die ustimmung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Das orliegende Regelwerk ist gleichsam ein Schritt nach orne für die bestehenden Genossenschaften und im rinzip eine Existenzgründerinitiative wie auch ein ichtiger Beitrag im Sinne des Corporate-Governance- edankens der e. G. Die Novellierung des Genossenschaftsgesetzes ist seit angem von der Genossenschaftspraxis gefordert wor- en. Sie ist gleichzeitig eine Modernisierung und eine ückbesinnung auf den genossenschaftlichen Grundge- anken. Die genossenschaftliche Rechtsform wird als rganisationsform für die gemeinschaftliche Selbsthilfe it den Neuerungen des deutschen Genossenschafts- echts gestärkt. 2760 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 2006 (A) ) (B) ) Es werden gerade für Existenzgründer und -gründe- rinnen neue Möglichkeiten über eine neue Rechtsform geschaffen. Die geplanten Änderungen im Genossen- schaftsrecht – „eingetragene Genossenschaft“, e. G. – lassen für Firmengründer zukünftig eine interessante weitere Alternative bei der Wahl der Rechtsform entste- hen. Das ist einer der wichtigsten Neuerungen und das gilt es zu unterstreichen und zu unterstützen. Es ist gut, den Genossenschaftsgedanken zu stärken. Genossenschaften hatten und haben eine besondere Be- deutung als Instrument der Selbsthilfe. In letzter Zeit werden verstärkt soziale Betriebe als Initiativen von Ar- beitslosen in Form von Genossenschaften gegründet. Die Eckpfeiler des Genossenschaftsprinzips, wie zum Beispiel Dezentralität, Selbsthilfe, Selbstorganisation und demokratische Selbstverwaltung finden ihre Ent- sprechung auch in der Wirtschaft. Diese Prinzipien ha- ben eine große Bedeutung für Bündnis 90/Die Grünen. Genossenschaften sind die geeignete Rechtsform, um unternehmerisches Handeln und soziale Verantwortung zu verbinden. Im Einzelnen bewerte ich die Gesetzesänderungen in folgenden Bereichen wie folgt: Die Gründung von Ge- nossenschaften soll erleichtert und die allgemeinen Rah- menbedingungen gerade für kleine Genossenschaften sollen verbessern werden. Zum Beispiel wird die Min- destmitgliederzahl von sieben auf drei gesenkt. Die Rechtsform der Genossenschaft wird auch für soziale oder kulturelle Zwecke geöffnet. Besonders wichtig für kleine Genossenschaften ist die Ausnahme von der Prü- fung des Jahresabschlusses bei Genossenschaften mit ei- ner Bilanzsumme bis zwei Millionen Euro. Bemerkenswert ist außerdem, dass die Genossen- schaft künftig auch soziale Förderzwecke verfolgen kann. Bisher war die deutsche Genossenschaft wirt- schaftlichen Zwecken vorbehalten. Bisher waren hier unter anderem die Prüfungspflichten sehr umfangreich und kostspielig. Das führte dazu, dass die vielen Grup- pen, wie zum Beispiel Weltläden, Schulen und Arbeits- loseninitiativen, diese Rechtsform nicht für ihre Organi- sation gewählt haben. Mit der Novellierung bieten wir diesen Organisationen und Einrichtungen die Möglich- keit, anstatt eines Vereins eine Genossenschaft zu grün- den. Die Prüfungspflichten von kleinen Genossenschaf- ten – Jahresbilanz von 2 Millionen Euro – werden reduziert. Wir begrüßen diese Reduzierung. Damit wird insbesondere den Neugründungen von Genossenschaf- ten ein Weg geebnet und die Gründungsvoraussetzungen werden erleichtert. Die Kompensation der Einnahmever- luste der Prüfungsverbände kann durch Übernahme der operativen Buchführung kompensiert werden. Für die Regelung der Prüfung ist entscheidend, ob und in welchem Maße die Rechtsform der Genossen- schaft sich tatsächlich für Neugründungen aus kleineren Personenzusammenschlüssen eignet. Es ist entschei- dend, dass aus der Sicht der Rechtsformnutzer den Grün- derinnen und Gründern wegen unverhältnismäßiger Kostenbelastungen keine Diskriminierung gegenüber anderen Rechtsformen wie zum Beispiel der GmbH ent- steht. Gerade in den ersten Jahren ist eine Belastung mit z g E d l m w t P p d H g l B G P g G s S r l t i n d i g h b r s F w w c M S z r d B i r k ( u r ( h j g d n (C (D usätzlichen Kosten nicht vertretbar. Kosten für Prüfun- en, die in keiner Relation zu dem oft nicht sehr hohen igenkapital stehen, wirken sich für Neugründungen an- ernfalls kontraproduktiv aus. Dass Genossenschaften mit einer Bilanzsumme bis zu Million Euro keine Prüfung des Jahresabschlusses ehr brauchen, ist die richtige Richtung. Wünschens- ert wäre es gewesen, dass die kleinen Genossenschaf- en wie alle anderen Unternehmensrechtsformen nur den rüfungsvorschriften des HGB unterliegen. Kleine Ka- italgesellschaften gelten demnach als solche, die min- estens zwei der drei Merkmale gemäß § 267 Abs. l GB nicht überschreiten, das heißt, bei denen nicht leichzeitig der Umsatz über 8 030 000 Euro, die Bi- anzsumme nicht über 4 015 000 Euro und die Zahl der eschäftigten unter 50 liegt. Genossenschaften in dieser rößenordnung unterliegen weiterhin einer zweijährigen rüfung von Vermögenslage, Geschäftsführung und Mit- liederliste durch den Verband. Ideen aus der im Aktienrecht geführten Corporate- overnance-Diskussion werden auf den Genossen- chaftsbereich übertragen. Dazu gehört zum Beispiel die tärkung der Rolle des Aufsichtsrats oder die Verbesse- ung der Informationsversorgung und der Einflussmög- ichkeiten der Mitglieder, insbesondere wenn eine Ver- reterversammlung besteht. Die Stärkung der Informationsrechte der Mitglieder st ein weiterer wichtiger Schritt, den Corporate-Gover- ance-Gedanken in die Genossenschaften zu tragen und ort zu verankern. Das Recht, das jedes Mitglied erhält, n der Generalversammlung Einblick in das zusammen- efasste Prüfergebnis zu nehmen, sollte auch bei Beste- en einer Vertreterversammlung Gültigkeit haben. Das Genossenschaftsrecht kann zum Schrittmacher ei der Etablierung moderner Kommunikationsstruktu- en werden. „Die Satzung kann zulassen, dass Be- chlüsse der Mitglieder schriftlich oder in elektronischer orm gefasst werden“. Das besagt der Regierungsent- urf des neuen § 43 Abs. 7 GenG. In der Begründung ird ausgeführt: Die Satzung „muss durch ein entspre- hendes Regelwerk sicherstellen, dass die Rechte alter itglieder gewahrt und die Ordnungsmäßigkeit der timmabgabe gewährleistet ist. Unter diesen Vorausset- ungen ist auch die Durchführung einer virtuellen Gene- alversammlung per Internet denkbar; in der Praxis wird ies aber derzeit nur in seltenen Ausnahmefällen, zum eispiel bei einer Genossenschaft aus dem IT-Bereich, n Betracht kommen“. Im Aktienrecht wurde in den letzten Jahren viel er- eicht (Dokumentation): Wenn die Satzung das vorsieht, ann elektronische Bevollmächtigung stattfinden § 134 III 2 AktG), die Hauptversammlung kann in Ton nd Bild übertragen werden (§ 118 III AktG), Aufsichts- atsmitglieder können per Videozuschaltung teilnehmen §118 II 2 AktG). Aber eine Abwicklung der Angelegen- eit nur im virtuellen Raum ist wohl nicht möglich. Das etzt zur Reform anstehende Recht der Genossenschaft eht da einen wesentlichen Schritt weiter. Ich begrüße as und bin gespannt auf die Entwicklungen in den Ge- ossenschaften. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 2006 2761 (A) ) (B) ) Der Gesetzentwurf erleichtert die Kapitalbeschaffung und -erhaltung bei Genossenschaften, zum Beispiel in- dem eine Sachgründung zugelassen wird, ein Mindest- kapital eingeführt werden kann und in dem rein investie- rende Mitglieder zugelassen werden können. Die neuen Regularien bieten Anreize für genossen- schaftliche Neugründungen. Diese können und müssen flankiert werden, indem hier in den ersten fünf Jahren Unterstützungen gegeben werden. Dadurch kann sicher- gestellt werden, dass die geringe Insolvenzzahl bei Ge- nossenschaften weiterhin durch qualifizierte Beratung zu erreichen ist. Wir brauchen Gleichbehandlung von Ge- nossenschaften gegenüber anderen Unternehmensfor- men, was zum Beispiel die Vergabe von Förderkrediten angeht. Genossenschaften sollten bei der Förderung zum Beispiel durch öffentliche Kredite der bundeseigenen KfW gegenüber anderen Rechtsformen kleiner und mitt- lerer Unternehmen nicht benachteiligt werden. Schließlich ist das altehrwürdige Genossenschaftsge- setz auch sprachlich zu modernisieren. Zum Beispiel wird die Bezeichnung „der Genosse“ durch die ge- schlechtsneutrale und schon jetzt in der Praxis gebräuch- liche Bezeichnung „Mitglied der Genossenschaft“ er- setzt. Diese Modernisierung auch und gerade im Sprachgebrauch kann ich nachhaltig unterstützen. Der Gesetzentwurf enthält darüber hinaus die erfor- derlichen Regelungen für eine neue, supranationale Rechtsform: die Europäische Genossenschaft. Grund- lage sind zwei EU-Rechtsakte vom Sommer 2003: eine Verordnung, die unmittelbar in den Mitgliedstaaten gilt, und eine Richtlinie über die Beteiligung der Arbeitneh- mer, die bis August 2006 in nationales Recht umzuset- zen ist. Durch attraktive Ausführungsvorschriften im deutschen Recht soll ein Anreiz geboten werden, dass eine neu gegründete Europäische Genossenschaft ihren Sitz in Deutschland nimmt. Wir erhalten damit eine neue supranationale Rechtsform: die Europäische Genossen- schaft. Bündnis 90/Die Grünen werden darauf achten, dass die Europäische Genossenschaft in der Praxis nicht dafür genutzt wird, Mitbestimmungsrechte auszuhebeln. Abschließend und zusammenfassend will ich festhal- ten, dass die Erleichterung der Prüfungspflichten für kleine Genossenschaften zu begrüßen ist, weil sie die Gründungsvoraussetzungen für Genossenschaften er- leichtert. Die Minderheitenrechte zu stärken ist ein fol- gerichtiger Schritt. Die Funktionsfähigkeit großer Wirt- schaftsgenossenschaften wie zum Beispiel Volks- und Raiffeisenbank wird gewährleistet. Alfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin der Justiz: Ihnen liegt heute zur 1. Lesung der Entwurf eines Gesetzes zur Einführung der Europäischen Genossenschaft und zur Änderung des Genossenschaftsrechts vor. Mit diesem Gesetz werden die deutschen Rechtsvorschriften für eine neue Rechts- form geschaffen: für die Europäische Genossenschaft. Diese neue Rechtsform soll Genossenschaften in der EU die grenzüberschreitende Betätigung erleichtern. Zur Einführung der Europäischen Genossenschaft muss der deutsche Gesetzgeber bis August 2006 Ausführungsvor- s u g S n s i e s d b v n r s d B w w g m g C s d f d t h K n e s s n d w g t f n u n h s m – S d f a l r e A w G v G (C (D chriften zu der entsprechenden EU-Verordnung erlassen nd die begleitende Richtlinie zur Arbeitnehmerbeteili- ung in deutsches Recht umsetzen. Meine Damen und Herren – der rechtspolitische chwerpunkt des Entwurfs liegt allerdings woanders, ämlich bei den Änderungen des deutschen Genossen- chaftsgesetzes. Ziel ist es, das Genossenschaftsrecht nsgesamt moderner und attraktiver zu machen. Hier geht s insbesondere darum, die Gründung von Genossen- chaften zu erleichtern und die allgemeinen Rahmenbe- ingungen gerade für kleine Genossenschaften zu ver- essern. So wird zum Beispiel die Mindestmitgliederzahl on sieben auf drei abgesenkt. Die Rechtsform der Ge- ossenschaft wird geöffnet auch für soziale oder kultu- elle Zwecke. Besonders wichtig für kleine Genossen- chaften ist die vorgesehene Ausnahme von der Prüfung es Jahresabschlusses bei Genossenschaften mit einer ilanzsumme bis zwei Millionen Euro. Diese Grenze ird teils als zu hoch, teils als zu niedrig kritisiert. Wir erden, wie vom Bundesrat erbeten, prüfen, ob die Ab- renzung nach der Bilanzsumme durch weitere Größen- erkmale ergänzt werden sollte. Weitere wichtige Änderungen betreffen die Übertra- ung von Elementen aus der im Aktienrecht geführten orporate Governance-Diskussion auf den Genossen- chaftsbereich. Dazu gehört zum Beispiel die Stärkung er Rolle des Aufsichtsrats oder die Verbesserung der In- ormationsversorgung und der Einflussmöglichkeiten er Mitglieder, insbesondere bei Bestehen einer Vertre- erversammlung. Die hierbei vorgeschlagenen Minder- eitenrechte für Mitglieder sind teilweise auf heftige ritik gestoßen, weil ein rechtsmissbräuchliches Aus- utzen dieser Rechte befürchtet wird. Ich möchte hier zu iner sachlichen Diskussion aufrufen. Die Genossen- chaft gehört den Genossen – bzw. den Mitgliedern, wie ie zukünftig heißen werden – und deshalb halte ich es ach wie vor für einen sinnvollen Ansatz, die Rechte erjenigen, um deren Anteile es geht, zu stärken – auch enn Vorstände und Vertreter das vielleicht nicht so erne sehen. Ich bin offen dafür, dass hier auch nach Al- ernativen gesucht wird. Denn es muss klar sein: die In- ormations- und Teilhaberechte der Mitglieder dürfen icht zu einer missbräuchlichen Verwendung verleiten nd nicht zu unangemessenen Belastungen für die Ge- ossenschaft führen. Lassen Sie uns gemeinsam darauf inwirken, dass die Attraktivität der Genossenschaft ge- tärkt wird und diese mehr in die öffentliche Wahrneh- ung rückt. Denn gerade heute kann die Genossenschaft bei der sich regelmäßig unternehmerische Initiative, elbsthilfe und soziale Orientierung miteinander verbin- en – für viele kleine Unternehmen die richtige Rechts- orm sein. Zu Unrecht wird die Genossenschaft oft als ltmodische, „verstaubte“ Rechtsform empfunden, und eider ist die Anzahl der Genossenschaften seit Jahren ückläufig. Ich wünsche mir daher, dass dieser Gesetz- ntwurf deutlich macht: die Genossenschaft ist eine den nsprüchen des modernen Wirtschaftslebens gerecht erdende Unternehmensform. Und ich hoffe, dass der esetzentwurf dazu beiträgt, dass bei Neugründungen on Unternehmen künftig vermehrt die Rechtsform der enossenschaft gewählt wird. 2762 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 2006 (A) ) (B) ) Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – Gegen rechtsstaatsfreie Räume – Sicher- heitsüberprüfungen im Rahmen von Akkre- ditierungsverfahren bedürfen einer Rechts- grundlage – Kein Generalverdacht bei den Sicherheits- überprüfungen zur Fußballweltmeister- schaft 2006 (Tagesordnungspunkt 20 a und b) Beatrix Philipp (CDU/CSU): Die Fußball-WM 2006 ist ein Ereignis, auf das sich die Welt, zumindest die „Fußballwelt“, besonders freut. „Zu Gast bei Freunden“ – ein Motto, das bereits eine positive Stimmung assoziiert: Freundschaftlich soll es zugehen, Gäste sollen sich wohl fühlen, und als Gastge- ber müssen wir alles tun, damit die Gäste sich auch wohl fühlen können. Aber neben der Freude ist mit diesem Großereignis auch eine ungeheuere Verantwortung verbunden, die die FIFA und auch wir als gastgebendes Land zu überneh- men haben. Um dieses Großereignis gegen alle denkbaren – und möglichst auch gegen alle fast undenkbaren – Gefahren abzusichern, laufen im organisatorischen und besonders im sicherheitspolitischen Bereich seit langem die Vorbe- reitungen auf Hochtouren. Dabei muss im Bereich der Sicherheitsmaßnahmen ein Maximum an Vorkehrungen getroffen werden und zugleich ein Minimum an Belästigungen für die Gäste gewährleistet sein. Und dennoch wissen alle, dass es wahrscheinlich un- vermeidlich sein wird, dass es zu Einschränkungen oder auch Behinderungen kommen kann. Kurz: Alle werden auf viel Verständnis bauen müssen und auf das Wissen, dass es keine Alternativen gibt, wenn die Verantwortli- chen das Gefühl haben wollen, alles Menschenmögliche getan zu haben. Wer die Verantwortung trägt, wird erst aufatmen kön- nen, wenn die WM ohne große Zwischenfälle zu Ende gegangen ist. Jeder, der sich ein wenig mit dieser Problematik be- fasst hat, wird wissen, dass die Fußball-WM ein Ereignis ist, das mit bisherigen – und vielleicht auch zukünfti- gen – nicht zu vergleichen ist: Es sind die Millionen von Menschen, die kommen, es sind die Veranstaltungsorte – die Stadien –, es sind die An- und Abfahrten, die Zu- und Abgänge, die einer besonderen Aufmerksamkeit un- ter Sicherheitsaspekten bedürfen. Diese Szenarien sind uns aber geläufig und überschaubar. Dies trifft aber überhaupt nicht zu für jede größere Menschenansammlung, die erfahrungsgemäß vor unzäh- ligen Großbildleinwänden beim – wie es so schön heißt „ t a m s u M b M s z w s a S ü d a g S M – r d s g d v z e u F K u l (C (D public viewing“ – anzutreffen ist und die vielen Spon- antreffen, von denen man ausgehen muss. Das bedeutet, dass wenig planbar und sehr flexibel uf solche Menschenansammlungen reagiert werden uss. Da, wo es Auflagen gibt, wie zum Beispiel am Breit- cheidplatz, trifft man sehr schnell auf Unverständnis nd heftige Reaktionen, wie man der heutigen Berliner orgenpost entnehmen kann. Die Zahl der notwendigen Sicherheitskräfte wird alles isher Dagewesene in den Schatten stellen. Und nur so – und nicht anders – war die ständige ahnung unseres Innenministers Dr. Schäuble zu ver- tehen, dass man auch an die Grenzen der eigenen Kapa- ität stoßen und daher der Einsatz der Bundeswehr not- endig werden könnte. Aber dieses Thema ist, wie man o schön sagt, „durch“. Alle werden viel Verständnis ufbringen müssen! Wir befassen uns heute mit einem Teilaspekt dieser icherheitsvorkehrungen, nämlich mit der Sicherheits- berprüfung aller, die in irgendeiner Funktion Zutritt zu en Veranstaltungsorten haben wollen. Darunter fallen lle ehrenamtlichen Helfer und Helferinnen der Hilfsor- anisationen, die hauptberuflichen Sicherheitskräfte, die ervicekräfte in der Gastronomie, die Mitarbeiter und itarbeiterinnen der Reinigungsfirmen und schließlich last, but not least – geht es auch um das Akkreditie- ungsverfahren von Journalisten und Journalistinnen, as kritisiert wird. Es geht also nicht um die „Glücklichen“, die im Be- itz einer Eintrittskarte sind. Bei den Funktionsträgern handelt es sich um die nicht eringe Anzahl von 220 000 bis 250 000, von denen je- er Einzelne sicherheitsüberprüft wird. Dazu muss jeder orab eine freiwillige Einwilligungserklärung unter- eichnen, in der er sich mit einer Sicherheitsüberprüfung inverstanden erklärt hat. Dieser Einwilligung muss eine mfassende Information vorausgehen. Zitat: „Nach dem Bundesdatenschutzgesetz (§ 4 Abs. 1 und § 4 a Abs. 1) bzw. den entsprechenden landes- rechtlichen Vorschriften ist die Erhebung und Ver- arbeitung personenbezogener Daten unter anderem dann zulässig, wenn der Betroffene seine Einwilli- gung erklärt hat. Vor der Erklärung der Einwilligung ist der Betrof- fene über die Datenverwendung umfassend aufzu- klären. Eine solche „informierte Einwilligungs- erklärung stellt die rechtliche Grundlage für die Erhebung und Verarbeitung der personenbezogenen Daten im Rahmen des Akkreditierungsverfahrens für die FIFA Fußball-WM 2006 dar.“ Dieser Auffassung der Bundesregierung, die sie im ebruar 2006 bereits schriftlich in der Beantwortung der leinen Anfrage zum Ausdruck brachte, schließen wir ns vollinhaltlich an, ebenso den Antworten auf die vie- en Fragen, die dort gestellt wurden. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 2006 2763 (A) ) (B) ) Den Anforderungen des Datenschutzgesetzes ist die FIFA in sehr umfassender Weise nachgekommen. Inso- fern ist überhaupt nicht nachvollziehbar, – um es vor- sichtig auszudrücken – wenn im Antrag der FDP von „rechtsfreien Räumen“ und im Antrag der Grünen von „Generalverdacht bei der Sicherheitsüberprüfung“ ge- sprochen wird. Wie gesagt, in einer eigens für die WM herausgege- benen Datenschutzinformation der FIFA wird auf sechs Seiten peinlichst genau darüber informiert, dass die er- hobenen personenbezogenen Daten elektronisch erfasst werden, dass sie spätestens im September 2006 gelöscht werden und ausschließlich dafür verarbeitet und genutzt werden, um über die Erteilung des Zutrittsrechtes und dessen Umfang zu entscheiden und die Einhaltung der entsprechenden Beschränkungen zu kontrollieren. Auch da, wo sich der Deutsche Fußballbund externer Dienstleister bedient, wird die Einhaltung des Daten- schutzes vertraglich sichergestellt. Die Datenschutz- rechte – insbesondere Auskunfts- und Berichtigungs- rechte – sind ebenso gewahrt, wie die bis ins Detail gehenden Informationen über die Verarbeitung der Da- ten, die Zusammenarbeit mit den Landeskriminalämtern, dem Bundeskriminalamt, der Bundespolizei, dem Bun- desamt für Verfassungsschutz und dem Bundesnachrich- tendienst, soweit es sich um ausländische Staatsangehö- rige mit Wohnsitz im Ausland handelt. Jeder findet in dieser Information der FIFA den Inhalt der Zuverlässigkeitsprüfung, die Auflistung der Daten, die zur Prüfung herangezogen werden, die Kriterien, die für die Entscheidung maßgeblich sind und die Angaben zum Verfahren bei etwaigen Bedenken. Mehr Transparenz während eines solchen Akkreditie- rungsverfahrens bei einer Größenordnung von circa 250 000 Menschen ist nicht denkbar. Es ist selbstverständlich auch der Weg beschrieben, der gegangen werden kann, wenn die Akkreditierung nicht erfolgen sollte. In den vielen vorbereitenden Sitzungen ist über die Frage, ob nicht der Kreis der zu Überprüfenden kleiner sein könnte, genauso gesprochen worden, wie über die Gründe, die zu einer Ablehnung der Akkreditierung füh- ren. Das sind in der Hauptsache schwere Verstöße im strafrechtlichen Bereich. Diese Verstöße müssen aber eine Sicherheitsgefahr für das konkrete Ereignis Fuß- ball-WM bergen, das heißt es erfolgt in jedem einzelnen Fall eine Einzelabwägung! Sehr schwerwiegend und mit hohem Gefährdungspo- tenzial werden zum Beispiel solche Personen gewertet, die im extremistischen Propagandabereich auffällig ge- worden sind. Das ist eines der wenigen Kriterien, das re- lativ sicher zu einem negativen Votum über die betrof- fene Person führen wird, und das ist meiner Meinung nach nachvollziehbar. Ziel ist also eine effiziente Gefahrenabwehr, soweit dies nach menschlichem Ermessen überhaupt möglich ist. d d t r a S t v R z P e t t J g n s m m D A t s b F i w r w l s s k ü a d z v d t D c S G s d r u (C (D Wir müssen also abwägen zwischen dem Schutzgut er öffentlichen Sicherheit, das bei einem Großereignis ieser Art per se gefährdet ist, und etwaigen Grundrech- en einzelner Betroffener, die durch das Akkreditie- ungsverfahren von der Teilnahme im Sicherheitsbereich usgeschlossen werden. Bei einer Veranstaltung wie der WM ist für uns der chutzpflicht des Staates – bei aller Abwägung – absolu- er Vorrang einzuräumen. In den beiden Anträgen ist immer wieder die Rede on einer Verletzung der Persönlichkeitsrechte, des echts auf informationelle Selbstbestimmung und nicht uletzt der Berufs- und – im Falle der Journalisten – der ressefreiheit und von möglichen Nachteilen, die dann ntstünden, wenn jemand seine Zustimmung nicht er- eilt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein verantwor- ungsvoll arbeitender Journalist oder eine ebensolche ournalistin es nicht einsieht, dass das Bemühen um rößtmögliche Sicherheitsbedingungen für die WM es otwendig macht, dass sie die Einwilligung zur Erfas- ung und Verwendung ihrer persönlichen Daten geben üssen, um berichten zu können oder zu dürfen. Wenn wir einen Vergleich zum politischen Journalis- us, zum Beispiel für die Berichterstattung aus dem eutschen Bundestag ziehen möchten: Auch hier sind kkreditierungsverfahren gang und gäbe und automa- isch mit der Entscheidung für die Arbeit in einem derart icherheitsrelevanten Raum verknüpft. Auch daran hat isher niemand Anstoß genommen. Bleibt also noch die rage, ob der Bezug auf den § 4 und § 4 a ausreichend st. Unabhängig davon, dass wir diese Frage bejahen, ie ich bereits ausgeführt habe, würde mich interessie- en, welche Vorteile man sich davon versprechen würde, enn nun ein Gesetzgebungsverfahren in die Wege ge- eitet würde, wie dies den Antragstellern wohl vor- chwebt. Im Endergebnis, also bei den Rechtsfolgen und insbe- ondere bei der Betroffenheit etwaiger Grundrechte ommt es nämlich nicht darauf an, ob die Sicherheits- berprüfung aufgrund einer gesetzlichen Grundlage oder ufgrund der Einwilligung der Betroffenen erfolgt. Aber arüber sprechen wir dann noch im Ausschuss. Der Überweisung in den Ausschuss stimmen wir also u. Wolfgang Gunkel (SPD): Die vorliegenden Anträge on FDP und Bündnis 90/Die Grünen befassen sich mit en Sicherheitsüberprüfungen im Rahmen von Akkredi- ierungsverfahren zur Fußballweltmeisterschaft 2006. ie Antragsteller kritisieren die unzureichende rechtli- he Grundlage und die praktische Ausgestaltung dieser icherheitsüberprüfungen und fordern insbesondere, für roßveranstaltungen dieser Art eine ausreichende ge- etzliche Grundlage zu schaffen, sicherzustellen, dass ie betroffenen Personen über das Überprüfungsverfah- en – Ziel, beteiligte Dienststellen, Datengrundlage – nd auch über das Ergebnis unterrichtet werden und 2764 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 2006 (A) ) (B) ) sicherzustellen, dass sich die Betroffenen an eine zen- trale Beschwerdestelle wenden können. Was findet nun im Einzelnen Eingang in die Sicher- heitsüberlegungen der Veranstalter der WM und der ein- zelnen Sicherheitsbehörden? Im Rahmen des so genann- ten Akkreditierungsverfahrens werden bei der Fußball- WM 2006 alle Medienvertreter, Mannschaften, Hilfs- und Servicedienste usw. vorab einer Zuverlässigkeits- überprüfung unterzogen. Ziel ist es, Gefährdungen bzw. Störungen der Veranstaltungen von vornherein auszu- schließen. Betroffen sind circa 250 000 Personen, deren personenbezogene Daten mit polizeilichen Datenbestän- den sowie mit den Erkenntnissen der Verfassungsschutz- behörden und des Bundesnachrichtendienstes abgegli- chen werden. Grundlage hierfür bildet gemäß § 4 und 4 a BDSG die Einwilligung der betreffenden Personen. Diesem richtigen und notwendigen Verfahren stimmt die SPD-Fraktion grundsätzlich zu, jedoch sind zu eini- gen Verfahrensabläufen Anmerkungen zu machen. Nach Ansicht des Bundesministeriums des Innern ist die Durchführung der Sicherheitsüberprüfungen zum Schutz der so genannten Akkreditierungszonen in den Stadien erforderlich, in denen sich die Personen ohne weitere Kontrollen frei bewegen können. Als Grundlage für die Sicherheitsüberprüfung im Rahmen des so genannten Akkreditierungsverfahrens reicht nach Ansicht der Bun- desregierung die so genannte informierte Einwilligungs- erklärung aus. Dies findet auch die Zustimmung des für das Organisationskomitee zuständigen Datenschutzbe- auftragten beim Regierungspräsidenten Darmstadt. Ferner sei nunmehr geklärt, dass sich betroffene Perso- nen in Rechtsschutzangelegenheiten an das Landeskri- minalamt ihres Wohnsitzes bzw. bei Wohnsitz im Aus- land an das BKA und darüber hinaus auch an den Bundesbeauftragten für Datenschutz und Informations- freiheit wenden könnten, soweit die teilweise Antwort auf eine Kleine Anfrage der Fraktion des Bündnisses 90/ Die Grünen, Drucksache 16/248. Ganz wesentlich anders sieht der Bundesdatenschutz- beauftragte diese Sache. Er hält es für fragwürdig, ob eine derartig breit angelegte Überprüfungsaktion auf Ba- sis einer Einwilligung – also ohne konkrete gesetzliche Grundlagen – erfolgen kann, zumal bereits an der tat- sächlichen Freiwilligkeit Zweifel bestünden, denn ge- rade Berufsgruppen wie beispielsweise Journalisten oder auch Anbieter von Waren können dann nicht mehr tätig werden, wenn sie eine Vorabüberprüfung ablehnen, das heißt bei Nichteinwilligung erfolgt keine Akkreditie- rung. Insofern ist die Einwilligung unter Umständen wohl nicht ganz freiwillig. Zudem fehle gemäß BfDI in den Verfassungsschutzgesetzen des Bundes und der Länder sowie im Gesetz über den Bundesnachrichtendienst eine Aufgabenzuweisung für die Mitwirkung der Nachrich- tendienste an Zuverlässigkeitsprüfungen der vorliegen- den Art. Der hier angeführte Kritikpunkt ist deshalb besonders wichtig, weil neben den Straftätern/Strafdatendateien, den Staatsschutzdateien und der Datei „Gewalttäter Sport“ als so genannte Verbunddateien noch zusätzlich N t B T d n i e n G h d A t K d w w c e t s r c a m Z S f m n (C (D ADIS, das Nachrichtendienstliche Informationssys- em der Verfassungsschutzbehörden, herangezogen wird. ei Ausländern werden Dateien über internationalen errorismus und organisierte Kriminalität mit eingebun- en. Hier wird deutlich, dass gerade derjenige, der im In- ern der Bundesrepublik Deutschland nationalen bzw. nternationalen Terrorismus sinnvoll bekämpfen will, ine solch konzentrierte Aktion der Sicherheitsbehörden ur unterstützen kann, allerdings aus rechtsstaatlichen ründen nur auf Basis einer gesetzlichen Grundlage, ier die Aufgabenzuweisung im BND-Gesetz sowie in en Verfassungsschutzgesetzen. Weiterhin bemängelt der BfDI, dass eine vorherige nhörung des Betroffenen nicht vorgesehen sei und Be- roffene nur indirekt – häufig über den Arbeitgeber – enntnis von möglicherweise sicherheitsrelevanten Be- enken erhalten, wenn die Akkreditierung abgelehnt ird. Kritisiert wird weiter, dass ungeklärt sei, ob und ie die Betroffenen ihre Datenschutzrechte geltend ma- hen bzw. gerichtlichen Rechtsschutz gegen das Votum iner Sicherheitsbehörde erlangen könnten. Dazu heißt es in der Datenschutzinformation der „Ab- eilung Akkreditierung“ zur FIFA WM 2006: Lehnt das Organisationskomitee Ihre Akkreditie- rung wegen Zuverlässigkeitsbedenken der Sicher- heitsbehörden ab, haben Sie (nicht jedoch Ihr Ar- beitgeber) die Möglichkeit, sich wegen der Gründe an das Landeskriminalamt Ihres Wohnsitzlandes bzw. – soweit Sie Ihren Wohnsitz im Ausland haben – an das BKA zu wenden. Dort können Sie auch Ihre Einwände geltend machen. Ihre Eingabe wird sodann ggf. an die ablehnende(n) Sicherheits- behörde(n) weitergeleitet. Ihre Einwände werden geprüft und die Empfehlung an das Organisations- komitee gegebenenfalls korrigiert. Soweit Ihrer Eingabe nicht abgeholfen wird, erhalten Sie einen entsprechenden Bescheid. Ihre sonstigen Daten- schutzrechte (insb. Auskunft- und Berichtigungs- rechte), können Sie – soweit es um die Datenver- arbeitung bei den Sicherheitsbehörden geht – in entsprechender Weise geltend machen. Sie können sich zur Ausübung Ihrer Datenschutzrechte auch an die jeweils zuständige Landesdatenschutzbehörde bzw. an den Bundesbeauftragten für den Daten- schutz und die Informationsfreiheit wenden. Das dargestellte Verfahren dürfte nach meiner Auffas- ung ausreichend sein. Jedoch bleibt die Erlangung ge- ichtlichen Rechtsschutzes unklar, zumal diese rechtli- he Hilfe ohnehin zu spät käme. Wie es dem allgemeinen Standard entsprechend in mtlich üblichen Sicherheitsüberprüfungsverfahren ge- acht wird, zeigt das Beispiel der Luftverkehrs- uverlässigkeitsüberprüfungsverordnung (LuftVZÜV). o ist gemäß § 6 Abs. 3 dieser Verordnung der Betrof- ene über das Ergebnis und bei Ablehnung auch über die aßgeblichen Gründe zu unterrichten, die ihm durch ei- en schriftlichen, mit Rechtsbehelfsbelehrung versehe- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 2006 2765 (A) ) (B) ) nen Bescheid mitgeteilt werden. Dagegen kann er dann gerichtlich vorgehen. Zusammenfassend kann man feststellen, dass FDP und Bündnis 90/Die Grünen mit ihren Anträgen im We- sentlichen die Bedenken des BfDI aufgreifen. Im Zen- trum der Kritik steht nicht die Durchführung der Zuver- lässigkeitsprüfungen, sondern eine unzureichende gesetzliche Grundlage, eine unzureichende Unterrich- tung der Betroffenen und die Frage des Rechtsschutzes. Meinen Ausführungen können Sie entnehmen, dass ich die Bedenken in einigen Punkten teile, in anderen nicht. Deshalb stimmt die SPD-Fraktion den Anträgen nicht zu, sondern empfiehlt, den Sachverhalt einer gründli- chen Erörterung im Innenausschuss zu unterziehen. Da- nach wird man das erzielte Ergebnis neu beurteilen müs- sen. Gisela Piltz (FDP): Es ist keine Frage, dass bei be- sonderen Veranstaltungen besondere Sicherheitsregeln gelten. Wir mussten in der jüngsten Vergangenheit fest- stellen, dass sich die Gefahren längst nicht nur auf staat- liche Ziele beschränken. Wie die Bombenanschläge in Madrid und London gezeigt haben, leben wir in einer Zeit, in der mit terroristischen Angriffen gerechnet wer- den muss, welche allein mit dem Ziel ausgeführt werden, möglichst viele zivile Opfer zu treffen. Bei einer derart erhöhten Gefahrenprognose ist es eine Angelegenheit der Vernunft, gerade auch Großereignisse, bei denen viele Menschen zusammenkommen, ausreichend vor Anschlägen zu schützen. Dazu kann auch die Einrich- tung von Sicherheitszonen um die Veranstaltungsorte zählen. Wenn die Großveranstaltung – wie bei der Fuß- ball-WM – von privaten Veranstaltern durchgeführt wird, müssen auch diese die Möglichkeit haben, das von den Zutrittsberechtigten zu den Sicherheitszonen ausge- hende Gefahrenpotenzial durch Akkreditierungen zu vermindern. Schließlich speichern wir von jedem Besu- cher der Fußball-WM die Personalausweisnummer. Da kann es nicht sein, dass der Würstchenverkäufer im Sta- dion nicht überprüft wird. Die Frage ist allerdings, wie und auf welcher Rechtsgrundlage. Die Akkreditierung durch Private findet bereits statt. Das Organisationskomitee Fußball-WM 2006 – OK WM 2006 – hat alle Medienvertreter, Mannschaften, Hilfs- und Servicedienste usw. vorab einer Zuverlässig- keitsüberprüfung unterzogen. Betroffen sind circa 250 000 Personen, deren personenbezogene Daten nicht nur mit polizeilichen Datenbeständen, sondern auch mit den Erkenntnissen der Verfassungsschutzbehörden und des Bundesnachrichtendienstes abgeglichen werden. In- halt der Mitteilungen der Behörden sind damit nicht wie beim polizeilichen Führungszeugnis rechtskräftige Straf- taten, welche zu einer Vorstrafe im Sinne des Strafrechts führen und von denen der Betroffene naturgemäß auch weiß, sondern darüber hinaus auch reine Verdachtsmo- mente, nicht strafbare extremistische Aktivitäten oder auch nur die Zuordnung zu einem solchen Umfeld. Denn in den Dateien des Verfassungsschutzes geht es ja nicht nur um strafbare Verhaltensweisen, sondern auch um b d l f n O r z e f u i U u k b d B b Z Ü k Z h n „ s s d G g a S t s s w s F A G d S z c b B d r s Z p V m d d r b (C (D loße Annahmen, zum Beispiel um die Annahme be- enklicher politischer Bestrebungen, die zehn Jahre und änger gespeichert werden können, ohne dass der Betrof- ene etwas davon weiß. Daher kann er sich also auch icht wehren. Diese Bedenken werden dem K WM 2006 und auch dem Arbeitgeber ohne Anhö- ung des Betroffenen mitgeteilt und führen in der Regel u einem negativen Votum, welches für den Betroffenen rnste Auswirkungen für seinen Arbeitsplatz und damit ür den Erwerb seines Lebensunterhalts haben kann – nd das ohne die Möglichkeit, zu erfahren, warum das so st. Im Ergebnis bedeutet das, dass der Betroffene, seine mgebung und seine Firma plötzlich erfahren, dass er nter einem Verdacht steht, den er selbst nicht einmal annte und der doch seine ganze Existenz in Gefahr ringen kann. Als Rechtsgrundlage für die Überprüfung wird von em OK WM 2006 eine „informierte“ Einwilligung vom etroffenen eingeholt. Die Information des Betroffenen esteht dabei in der Beschreibung des Verfahrens der uverlässigkeitsüberprüfung, Inhalt und Grundlagen der berprüfung erfährt der Betroffene nicht. Die Freiwillig- eit der Abgabe einer Einwilligung des Betroffenen zur uverlässigkeitsüberprüfung muss dabei im Zusammen- ang mit seinem existenziellen Interesse am Erhalt sei- es Arbeitsplatzes gesehen werden. Das halten wir ohne echte“ Rechtsgrundlage für mehr als bedenklich. Ange- ichts der Vorbildfunktion dieses Großereignisses be- teht die Möglichkeit, dass dieses Verfahren zur Akkre- itierung auch bei anderen privat veranstalteten roßereignissen und gegebenenfalls auch bei weit gerin- eren Anlässen durchgeführt werden soll. Denn auch für ndere Veranstaltungen besteht das Bedürfnis nach chutz und Abschottung. So werden auch für Tätigkei- en in Wachschutzunternehmen und bei Ähnlichem chon heute anhand von polizeilichen Führungszeugnis- en Überprüfungen durchgeführt. Hier muss festgestellt erden, unter welchen Voraussetzungen die Abfrage der taatlichen Stellen gegebenenfalls über das polizeiliche ührungszeugnis hinaus ausgeweitet werden darf. Es ist daher an der Zeit, die Grundlagen für dieses kkreditierungsverfahren in einer Abwägung zwischen efahrenprävention auf der einen Seite und Eingriff in ie Persönlichkeitsrechte des Einzelnen auf der anderen eite gesetzlich zu regeln. Dabei muss – wie sonst spe- iell im Arbeitsrecht – auch die wirtschaftlich schwä- here Position des von der Überprüfung betroffenen Ar- eitnehmers im Auge behalten werden. Für vom etroffenen freiwillig veranlasste Überprüfungen sollten aher zum Schutz des Betroffenen klare Grenzen des echtlich zulässigen Umfangs definiert werden. Insbe- ondere dürfen nicht bloße Verdachtsmomente oder die ugehörigkeit zu einer legalen gesellschaftlichen oder olitischen Gruppierung von staatlichen Stellen an die eranstalter und Arbeitgeber mitgeteilt werden. Zudem üssen dem Betroffenen die erteilten Auskünfte sowie eren Datengrundlagen zugänglich gemacht werden und iese Auskunftsansprüche des Betroffenen müssen echtlich durchsetzbar ausgestaltet sein. Nur so lässt sich egonnener Wildwuchs auf dem Gebiet der Zuverlässig- 2766 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 2006 (A) ) (B) ) keitsüberprüfungen beenden und lassen sich rechtsstaat- liche Grundsätze verwirklichen. Ulla Jelpke (DIE LINKE): Wenn die Welt als Gast zu Freunden kommt, wie das offizielle Motto der Fußball- WM lautet, dann hat sie es mit einem Gastgeber zu tun, der voller Misstrauen ist und seine Gäste wie Schwerver- brecher behandelt. Zwar werden drei Millionen Euro für eine so genannte Freundlichkeitskampagne ausgegeben, diese Schönheitskosmetik kann über den unfreundlichen Umgang aber nicht hinwegtäuschen, den die Bundesre- gierung mit den Bürgerinnen und Bürgern pflegt. Rund eine Viertelmillionen Menschen werden einer rigiden Si- cherheitskontrolle unterzogen. Bevor jemand eine Brat- wurst verkaufen, eine Toilette reinigen oder ein Taxi fah- ren darf, werden erst einmal der Verfassungsschutz, das Bundeskriminalamt und die Länderpolizeien auf ihn an- gesetzt. Wir von der Linksfraktion wissen wohl besser als alle anderen hier im Saal, wie ausufernd die Sammelwut der Repressionsbehörden ist. Wir brauchen keine große Fan- tasie, um uns vorzustellen, dass jemand, der vor zig Jah- ren mal an einer Anti-Atomkraft-Demo oder unschuldig in einem Polizeikessel gewesen ist, beim Verfassungs- schutz als Gewalttäter und „Extremist“ geführt wird. Wer will ausschließen, dass er nun deswegen nicht zur WM darf? Es gibt ja keinerlei Rechtsgrundlage für dieses Verfahren. Die Betroffenen haben keine Chance, die Ergebnisse dieser Überprüfung nachzuvollziehen oder rechtlich dagegen vorzugehen. Hier zeigt sich, jen- seits aller Imagekampagnen, die hässliche Seite des Si- cherheitsstaates! Zu behaupten, wie es die Bundesregierung tut, die be- troffenen Personen willigten freiwillig in diese Schnüf- felmethoden ein, ist doch ein schlechter Witz. Welche Alternative hat denn jemand, der von Arbeitslosigkeit bedroht ist? Welche Chance, „Nein“ zur Überprüfung zu sagen, hat jemand, dem das Jobcenter im Nacken sitzt, jemand, der vom Armutsgeld, dem Arbeitslosengeld 2 lebt und auf einen Zuverdienst dringend angewiesen ist? Was hier mit den Lohnabhängigen geschieht, ist die schiere Nötigung und nichts anderes! Offenbar leben die gutbetuchten Herrschaften in der Bundesregierung und der FIFA in einer Parallelgesell- schaft und können sich nicht vorstellen, wie es um die Lebensrealität von Millionen Erwerbstätigen bestellt ist. Aber auch den Kolleginnen und Kollegen von FDP und Grünen, die hier diese Anträge eingebracht haben, will ich einmal sagen: An diesem Zustand der Ausgelie- fertheit und Alternativlosigkeit der Lohnabhängigen än- dern Sie mit Ihren Anträgen gar nichts. Sie begnügen sich damit, einem Skandal eine Rechtsgrundlage geben zu wollen, anstatt den Skandal selbst anzugehen. So absurd dieser ganze Sicherheitswahn anmutet, so perfide ist die Absicht dahinter. Es handelt sich nicht nur um eine Beschäftigungstherapie für offenbar unausge- lastete Behörden. Es handelt sich vielmehr um einen gi- gantischen Feldversuch in Sachen Kontrolle, Schnüffelei u z r k h w i s t w a w B d r w h G s D F n n n F I f s o d g R g s d d d c g o D d s ü w f g g d n r k w (C (D nd Repression, in dem Hunderttausende von Menschen u Versuchskaninchen werden. Denn das penible und undemokratische Akkreditie- ungsverfahren ist eingebettet in einen Sicherheitsdis- urs, der die Grundrechte einschränken will. Dazu ge- ört, dass die Grenzkontrollen im Schengen-Raum ieder hochgefahren werden; dazu gehört, dass Fans aus slamischen Ländern wie selbstverständlich besonders treng geprüft werden. Dazu gehört auch, dass die priva- en Veranstalter von public viewings dazu angehalten erden, sämtliche Zuschauer auf Video festzuhalten – lso genau das, was zahlreiche Innenminister gerne tun ürden, aber noch nicht dürfen. Dazu gehören auch die estrebungen, die Bundeswehr im Inland einzusetzen. Der Sicherheitsfanatismus der Bundesregierung, vor em die Linksfraktion schon seit Monaten warnt, er- eicht wieder einmal einen Höhepunkt. Und wie immer, enn die Regierung von Sicherheit redet, bleiben Frei- eitsrechte auf der Strecke. Silke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN): Die Welt zu Gast bei Freunden – unter die- em Motto findet die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in eutschland statt. Eigentlich müsste ich ja sagen: FIFA ußball-WM 2006. Ich lasse mir aber von Herrn Platter icht vorschreiben, wie ich das sportliche Ereignis zu ennen habe; wenigstens im Bundestag gilt hoffentlich och das Recht der freien Rede. Wir alle freuen uns auf ußball. Im Mittelpunkt steht der Sport, nicht die FIFA. ch gewinne mehr und mehr den Eindruck, dass der Staat ür diese vier Fußballwochen in eine Art Ausnahmezu- tand gerät, mit der FIFA als oberstem Verfassungs- rgan. Auch wir wollen sichere Spiele. Wir sind allerdings er Überzeugung, dass die Sicherheit im Rahmen der eltenden Verfassung und auf der Grundlage klarer echtsgrundlagen gewährleistet werden kann. Die abge- ebenen Sicherheitsgarantien beinhalten nicht die Aus- etzung der Bürgerrechte. Das von dem OK der FIFA urchgeführte Akkreditierungsverfahren stellt gerade iejenigen, die für den reibungslosen Ablauf in den Sta- ien sorgen, unter einen Generalverdacht. Wer ohne Ti- ket eine Zugangsberechtigung ins Stadium will, ganz leich, ob als Nationalspieler, Polizist, Helfer, Journalist der Würstchenverkäufer, wird sicherheitsüberprüft. ies betrifft über 250 000 Menschen. Ich hoffe nicht, ass die leidige deutsche Torwartfrage jetzt vom Verfas- ungsschutz entschieden wird. Wir hätten uns hier eine differenzierte Sicherheits- berprüfung auf einer klaren rechtlichen Grundlage ge- ünscht. Die Datenschutzbeauftragten haben ihre Kritik rühzeitig deutlich gemacht. Eine „informierte Einwilli- ungserklärung“ ist für uns keine hinreichende Rechts- rundlage. Wir wissen auch, dass in den meisten Fällen ie Datenschutzerklärung der FIFA weder ausgehändigt och erläutert wurde. Von einer umfassenden Aufklä- ung vor Unterzeichnung der Einwilligungserklärung ann in den überwiegenden Fällen nicht ausgegangen erden. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 2006 2767 (A) ) (B) ) Lassen Sie mich an dieser Stelle einen Satz zum An- trag der FDP sagen. Wir unterstützen Ihr Ansinnen, dass Zuverlässigkeitsüberprüfungen auf einer klaren gesetzli- chen Grundlage stehen müssen. Angesichts der Zeitab- läufe – die Akkreditierungsverfahren sind fast abge- schlossen, es sind nur noch wenige Wochen bis zum Beginn der WM – halten wir ein Gesetzesverfahren nicht mehr für machbar. Wir sollten uns allerdings darauf ver- ständigen, dass für zukünftige Ereignisse Zuverlässig- keitsüberprüfungen nicht mehr auf der Grundlage von freiwilligen Erklärungen erfolgen dürfen. Wie für Si- cherheitsüberprüfungen ist auch für Zuverlässigkeits- überprüfungen eine Rechtsgrundlage mit klaren daten- schutzrechtlichen Regelungen zu schaffen. Ich bedaure an dieser Stelle, dass die SPD-Fraktion unter Rot-Grün ein Datenschutzaudit-Gesetz blockiert und verweigert hat. Der Prüfsiegel eines Datenschutzaudit auf dem gan- zen WM-Verfahren, vom Ticketverkauf bis zur Zuver- lässigkeitsüberprüfung, hätte ich mir gewünscht. Viele Diskussionen und viel Ärger wären allen Betroffenen und Beteiligten erspart geblieben. Wir haben in unserem Antrag „Kein Generalverdacht bei den Sicherheitsüberprüfungen zur Fußballweltmeis- terschaft“ eine bestimmte Berufsgruppe herausgegriffen, bei der die Probleme der Akkreditierungspraxis beson- ders deutlich werden. Es geht um diejenigen, die beruf- lich über die Fußball-Weltmeisterschaft berichten. Sie werden durchleuchtet und müssen sich einer umfängli- chen Überprüfung ihrer Zuverlässigkeit durch BKA und Verfassungsschutz unterziehen. Tun sie das nicht, kön- nen sie ihren Beruf nicht ausüben. Im schlimmsten Fall müssen sie mit einem Verlust ihres Arbeitsplatzes rech- nen. Von einem „freiwilligen“ Einverständnis kann ge- rade hier nicht gesprochen werden. Das ist in meinen Augen eher Nötigung zum Verzicht auf Datenschutz- rechte. Die Praxis der Akkreditierung von Journalistinnen und Journalisten wirft darüber hinaus auch für die Pres- sefreiheit wichtige Fragen auf. Die Betroffenen sind nicht allein über ihre Berufsausübung verfassungsrecht- lich geschützt. Auch die Pressefreiheit ist ein hohes Grundrechtsgut und keine wohlfeile Verfügungsmasse. Zu Recht gibt es durchgreifende Vorbehalte, wenn die Sicherheitsbehörden Überprüfungen vornehmen und Daten sammeln, ohne dass dafür eine ausreichende gesetzliche Grundlage vorliegt. Der Staat darf nicht so freihändig in die Pressefreiheit eingreifen. In einer aus- führlichen Stellungnahme hat das Unabhängige Daten- schutzzentrum Schleswig-Holstein im Detail die ganze Fragwürdigkeit der geltenden Praxis dargestellt. Ganz besonders heikel ist dabei, dass bei der Durchleuchtung des Einzelnen durch die Verfassungsschutzbehörde auch so genannte Propagandaaktivitäten zur Ablehnung der Akkreditierung führen können. Bedenken bestehen auch gegen den mangelhaften Rechtsschutz der Betroffenen. Es wird leider immer mehr Mode, gerade auf internationaler Ebene, schwarze Listen anzulegen. Wer dort verewigt ist, hat gravierende Nachteile, ohne sich bei einem irrtümlichen Eintrag wirksam zur Wehr setzen zu können. d f d B u d d t s A t g l w D c V k t c G W v l d N t r V t s r a l u H U i d n B f f n d (C (D Wir fordern in unserem Antrag den Bundestag auf, as von der FIFA vorgenommene Akkreditierungsver- ahren zu missbilligen. Die Bundesregierung soll ferner afür Sorge tragen, dass die Behörden gegenüber den etroffenen wenigstens für mehr Transparenz sorgen nd dass die Betroffenen sich an eine zentrale Beschwer- estelle wenden können. Diese Aufgabe kann umgehend em Bundesbeauftragten für Datenschutz und Informa- ionsfreiheit übertragen werden. Die Aufgabe des Daten- chutzes zur Fußball-WM war ein unnötiges Eigentor. nlage 8 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Antrags: Kinderrechte in Deutschland vorbehaltlos umsetzen – Erklä- rung zur UN-Kinderrechtskonvention zurück- nehmen (Tagesordnungspunkt 21) Ulla Jelpke (DIE LINKE): Die im Antrag der Frak- ion der Grünen geforderte Rücknahme des Vorbehalts egen die UN-Kinderrechtskonvention ist längst überfäl- ig. Dieser Vorbehalt steht in seinem vierten Punkt einem esentlichen Element von Menschenrechten entgegen: iese gelten immer für alle Menschen gleich, egal wel- her Hautfarbe, Religion oder Staatsangehörigkeit. Der orbehalt formuliert dagegen an dieser Stelle, nichts önne das Recht der Bundesrepublik beschränken, „Un- erschiede zwischen Inländern und Ausländern“ zu ma- hen. Dies ist der Rückfall in das 19. Jahrhundert, als rundrechte nur den Staatsbürgern zuerkannt wurden. ir halten dagegen daran fest: Die Nichtdiskriminierung on eigenen und fremden Staatsangehörigen ist wesent- icher Kern der Menschenrechte. Sie ist das Herzstück es menschenrechtlichen Schutzsystems. Dass diese ichtdiskriminierung ausgerechnet für Kinder nicht gel- en soll, ist ein Skandal. Abgesehen von dieser allgemeinen Feststellung inte- essiert hier jedoch vor allem: Was ist die Folge dieses orbehalts, was ist die Folge der insgesamt mangelhaf- en Umsetzung der Kinderrechtskonvention? Zunächst: Die Konvention definiert als „alle“ Men- chen vor Vollendung des 18. Lebensjahres. Im Asyl- echt und im Aufenthaltsrecht gelten Minderjährige aber b Vollendung des 16. Lebensjahres als voll verhand- ungsfähig; sie werden wie Erwachsene behandelt. Für nbegleitete Minderjährige bedeutet dies eine besondere ärte. Mit Vollendung des 16. Lebensjahres endet die nterbringung im Rahmen der Jugendhilfe. Jugendliche n einer schwierigen Phase ihrer Entwicklung werden in ie üblichen Flüchtlingsheime gesteckt, wo sie nicht den otwendigen Raum zur Entwicklung, erst recht keine ezugspersonen oder angemessene Betreuung erfahren. Auch das Verfahren zur Altersfeststellung selbst ist ragwürdig. Die Behörden wenden oft Methoden an, die ür die Betroffenen höchst entwürdigend und medizi- isch äußerst fragwürdig sind. Diese Praxis muss been- et werden. 2768 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 2006 (A) (C) (B) (D) Nach einer Erhebung des Bundesinnenministeriums vom Mai 2005 befanden sich viel mehr Minderjährige in Abschiebehaft, als bis dahin angenommen. Allein 100 waren es 2002 bis 2004 durchschnittlich in Berlin. In NRW befanden sie sich im Durchschnitt zwei Monate in Abschiebehaft. Länder wie Bayern und Baden-Württem- berg machten erst gar keine Angaben. Was haben Kinder und Jugendliche in einem Knast zu suchen, deren einzi- ges „Vergehen“ es war, in der Hoffnung auf den Schutz ihrer Rechte in die Bundesrepublik zu fliehen? Auch in vielen anderen Gesetzen ist abzulesen, dass der Gesetzgeber Flüchtlingsabwehr und Abschreckung über das Kindeswohl gestellt hat. Wir kritisieren schon seit Jahren die verminderten Sozialleistungen für Asyl- bewerber und Flüchtlinge, die Unterbringung in Sam- melunterkünften, die Residenzpflicht, die völlig unzurei- chende Gesundheitsversorgung, das Flughafenverfahren, die Bedingungen der Abschiebehaft. Dies alles trifft Kinder und Jugendliche noch härter als Erwachsene. Dennoch hat keine Regierung seit In-Kraft-Treten der Konvention Anstalten gemacht, hier zumindest für Flüchtlingskinder Erleichterungen zu schaffen. Flücht- lingskinder sind darüber hinaus noch weiteren Beschrän- kungen unterworfen: In einigen Bundesländern wird ih- nen das Recht auf Schulbesuch versagt. 16 bis 17- Jährige erhalten keinen Vormund, der ihre Interessen vertreten kann; sie gelten ja schon als „erwachsen“. Das alles verletzt den in der Konvention festgelegten Vorrang des Kindeswohls in allen Gesetzgebungs- und Verwal- tungsmaßnahmen. Um die Kinderrechtskonvention Zweck und Ziel nach tatsächlich umzusetzen, muss es ein völliges Umdenken geben. Der Schutzgedanke des SGB VIII muss Vorrang vor den aufenthaltsrechtlichen Regelungen haben. Für Gesetzgeber und Behörden darf es keine Rolle spielen, ob ein Kind „Inländer“ oder „Ausländer“ ist. Darüber hinaus fordern wir einige konkrete Schritte, die im Rah- men der anstehenden Änderung des Aufenthaltsrechts erfolgen können. Für unbegleitet ankommende minder- jährige Flüchtlinge muss es ein bundesweit einheitliches „Clearingverfahren“ geben, wie Fachverbände schon länger fordern. Im Clearingverfahren soll geklärt wer- den, wie dem Wohl des Kindes am besten gedient ist. An dieser Stelle können wir von den Bundesländern lernen, in denen es ein solches Clearingverfahren bereits gibt. Außerdem muss es endlich Abschiebeschutz für Minder- jährige aus Staaten geben, in denen ihnen die Zwangsre- krutierung als „Kindersoldaten“ droht. 32. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 6. April 2006 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7 Anlage 8
Gesamtes Protokol
Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1603200000

Die Sitzung ist eröffnet.

Ich begrüße Sie alle sehr herzlich zu unseren heutigen
Beratungen.

Bevor wir in die Tagesordnung einsteigen, erbitte ich
Ihre Aufmerksamkeit für einige kurze Mitteilungen.

Die Kollegin Mechthild Rawert hat ihr Amt als
Schriftführerin niedergelegt. Als Nachfolger schlägt die
Fraktion der SPD den Kollegen Dirk Becker vor. Sind
Sie damit einverstanden? – Ich sehe, das ist offenkundig
der Fall. Dann ist der Kollege Becker zum Schriftführer
gewählt.

Interfraktionell ist vereinbart worden, die verbundene
Tagesordnung um die in der Zusatzpunktliste aufge-
führten Punkte zu erweitern:

ZP 1 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der FDP:
Bundespolitische Folgerungen aus den Vorgängen an der
Rütli-Hauptschule in Berlin

(siehe 31. Sitzung)


ZP 2 Beratung des Antrags der Abgeordneten Brigitte Pothmer,
Markus Kurth, Irmingard Schewe-Gerigk, weiterer Abgeord-
neter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Hartz IV weiterentwickeln – Existenzsichernd, individu-
ell, passgenau

Redet
– Drucksache 16/1124 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Kultur und Medien
Haushaltsausschuss


(Ergänzung zu TOP 32)

a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Heike Hänsel,

Dr. Diether Dehm, Wolfgang Gehrcke, weiterer Abgeord-
neter und der Fraktion der LINKEN
Die Beziehungen zwischen EU und Lateinamerika so-
lidarisch gestalten – Kein Freihandelsabkommen EU-
Mercosur
– Drucksache 16/1126 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarb
Entwicklung

(C (D ung en 6. April 2006 0 Uhr b)

Laurischk, Otto Fricke, Ina Lenke, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der FDP
Zwangsheirat wirksam bekämpfen – Opfer stärken
und schützen – Gleichstellung durch Integration und
Bildung fördern
– Drucksache 16/1156 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (f)

Auswärtiger Ausschuss
Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung


(Ergänzung zu TOP 33)

a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung

eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung
der Vorschriften über die Luftaufsicht und die Luft-
fahrtdateien
– Drucksache 16/958 –
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für
Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (15. Ausschuss)

– Drucksache 16/1159 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Dorothee Menzner

ext
b) Beratung der Beschlussempfehlung des Rechtsausschus-
ses (6. Ausschuss)

Übersicht 2
über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten
Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht
– Drucksache 16/1141 –

c) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsaus-
schusses (2. Ausschuss)

Sammelübersicht 28 zu Petitionen
– Drucksache 16/1132 –

d) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsaus-
schusses (2. Ausschuss)

Sammelübersicht 29 zu Petitionen
– Drucksache 16/1133 –

ng der Beschlussempfehlung des Petitionsaus-
es (2. Ausschuss)

elübersicht 30 zu Petitionen

cksache 16/1134 –

eit und

e) Beratu
schuss
Samm
– Dru






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt
f) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsaus-
schusses (2. Ausschuss)

Sammelübersicht 31 zu Petitionen
– Drucksache 16/1135 –

g) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsaus-
schusses (2. Ausschuss)

Sammelübersicht 32 zu Petitionen
– Drucksache 16/1136 –

h) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsaus-
schusses (2. Ausschuss)

Sammelübersicht 33 zu Petitionen
– Drucksache 16/1137 –

i) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsaus-
schusses (2. Ausschuss)

Sammelübersicht 34 zu Petitionen
– Drucksache 16/1138 –

j) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsaus-
schusses (2. Ausschuss)

Sammelübersicht 35 zu Petitionen
– Drucksache 16/1139 –

ZP 5 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion des BÜNDNIS-
SES 90/DIE GRÜNEN:
Beitrag des Energiegipfels zur Energieversorgungssicher-
heit und zur Verringerung der Gefahren durch Atomkraft
und Klimawandel

ZP 6 Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Aus-
wärtigen Ausschusses (3. Ausschuss) zu dem Antrag der Ab-
geordneten Jürgen Trittin, Winfried Nachtwei, Thilo Hoppe,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNIS-
SES 90/DIE GRÜNEN
Für ein friedliches Vorgehen im Konflikt über das irani-
sche Atomprogramm – Demokratische Entwicklung un-
terstützen
– Drucksachen 16/651, 16/1157 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Joachim Hörster
Dr. Rolf Mützenich
Dr. Werner Hoyer
Wolfgang Gehrcke
Jürgen Trittin

ZP 7 Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Aus-
schusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucher-
schutz (10. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten
Hans-Michael Goldmann, Dr. Christel Happach-Kasan,
Dr. Edmund Peter Geisen, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der FDP
Keine Wettbewerbsverzerrungen für Landwirte durch die
Umsetzung der EU-Richtlinie zur Haltung von Nutztieren
in nationales Recht
– Drucksachen 16/590, 16/1142 –
Berichterstattung:
Abgeordente Dr. Peter Jahr
Dr. Wilhelm Priesmeier
Hans-Michael Goldmann
Dr. Kirsten Tackmann
Bärbel Höhn

ZP 8 Beratung des Antrags der Abgeordneten Cornelia Hirsch,
Dr. Petra Sitte, Volker Schneider (Saarbrücken), weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion der LINKEN
Anforderungen an die Gestaltung eines europäischen und
eines nationalen Qualifikationsrahmens
– Drucksache 16/1127 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

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(C (D ZP 9 Beratung des Antrags der Abgeordneten Irmingard ScheweGerigk, Josef Philip Winkler, Monika Lazar, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Menschenhandel bekämpfen – Opferrechte weiter ausbauen – Drucksache 16/1125 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Auswärtiger Ausschuss Innenausschuss Rechtsausschuss Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Von der Frist für den Beginn der Beratungen soll – soeit erforderlich – abgewichen werden. Die Tagesordnungspunkte 25 a und b sollen abgesetzt erden. Es wird allein über den Antrag der Fraktion des ündnisses 90/Die Grünen – Tagesordnungspunkt 25 c – eraten. Außerdem soll der Tagesordnungspunkt 34 – daei handelt es sich um die Abstimmung über die Bechlussempfehlung zum Antrag auf Einsetzung eines ntersuchungsausschusses – unmittelbar im Anschluss n die Wahl einer Vizepräsidentin aufgerufen werden. ind Sie mit diesen Vereinbarungen einverstanden? – Ich öre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Wir kommen nun zur Tagesordnung. Ich rufe die agesordnungspunkte 3 a bis 3 h auf: a)

gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
über die Weitergeltung der aktuellen Renten-
werte ab 1. Juli 2006

– Drucksachen 16/794, 16/1004 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss)


– Drucksache 16/1078 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Anton Schaaf

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Arbeit und Soziales

(11. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten

Volker Schneider (Saarbrücken), Klaus Ernst,
Katja Kipping, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der LINKEN

1-Euro-Jobs aus der Berechnungsgrundlage
für die Rentenanpassung herausnehmen

– Drucksachen 16/826, 16/1078 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Anton Schaaf

c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Arbeit und Soziales

(11. Ausschuss) zu der Unterrichtung durch die

Bundesregierung

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen
Parlaments und des Rates zur Verbesserung
der Portabilität von Zusatzrentenansprüchen

(inkl. 13686/05 ADD 1)


KOM (2005) 507 endg.; Ratsdok. 13686/05






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt
– Drucksachen 16/150 Nr. 2.265, 16/1155 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Peter Weiß (Emmendingen)


d) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Heinrich L. Kolb, Jens Ackermann, Dr. Karl
Addicks, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der FDP

Keine Rentenversicherungspflicht für ge-
schäftsführende Alleingesellschafter einer
GmbH

– Drucksache 16/966 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

e) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesre-
gierung

Bericht der Bundesregierung über die gesetzli-
che Rentenversicherung, insbesondere über
die Entwicklung der Einnahmen und Ausga-
ben, der Nachhaltigkeitsrücklage sowie des je-
weils erforderlichen Beitragssatzes in den

(Rentenversicherungsbericht 2005)


und

Gutachten des Sozialbeirats zum Rentenversi-
cherungsbericht 2005 und zum Alterssiche-
rungsbericht 2005

– Drucksache 16/905 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit
Haushaltsausschuss

f) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesre-
gierung

Ergänzender Bericht der Bundesregierung

(Alterssicherungsbericht 2005)


und

Gutachten des Sozialbeirats zum Rentenversi-
cherungsbericht 2005 und zum Alterssiche-
rungsbericht 2005

– Drucksache 16/906 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit
Haushaltsausschuss

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gierung

Nationaler Strategiebericht Alterssicherung
2005

– Drucksache 15/5571 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit
Haushaltsausschuss

h) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesre-
gierung

Bericht der Bundesregierung über die gesetzli-
che Rentenversicherung, insbesondere über
die Entwicklung der Einnahmen und Ausga-
ben, der Nachhaltigkeitsrücklage sowie des je-
weils erforderlichen Beitragssatzes in den
künftigen 15 Kalenderjahren gemäß § 154
SGB VI (Rentenversicherungsbericht 2004)


und

Gutachten des Sozialbeirats zum Rentenversi-
cherungsbericht 2004

– Drucksache 15/4498 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit
Haushaltsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
ie Aussprache eineinviertel Stunden vorgesehen. – Ich
öre dazu keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlos-
en.

Ich eröffne die Aussprache und erteile für die Bundes-
egierung dem Bundesminister für Arbeit und Sozialord-
ung, Herrn Franz Müntefering, das Wort.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Franz Müntefering, Bundesminister für Arbeit und
oziales:

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
ie Menschen müssen und sollen Vertrauen in die sozia-

en Sicherungssysteme haben. Deshalb haben wir in die-
en Tagen entschieden, dass die Alleingeschäftsführer
on GmbHs, die keine Beschäftigten haben, nicht ren-
enversicherungspflichtig werden. Das war eine wich-
ige, nötige und schnelle Entscheidung.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ihr solltet den FDP-Anträgen öfter folgen, Herr Minister!)


s gab ein einsames Urteil des Bundessozialgerichts
azu und es gab bei über 500 000 davon Betroffenen
roße Sorgen. Sie müssen nicht einzahlen und sie müssen






(A) )



(B) )


Bundesminister Franz Müntefering
vor allen Dingen auch nicht nachzahlen. Das haben wir
schnell miteinander klargestellt.

Zentrale Themen heute sind der Rentenversiche-
rungsbericht und der Alterssicherungsbericht. Damit
verbunden sind natürlich auch die Entscheidungen zu
dem speziellen Gesetz über die Weitergeltung der aktu-
ellen Rentenwerte ab 1. Juli 2006. Dazu will ich zu-
nächst ein paar Worte sagen.

Dieses Gesetz über die Weitergeltung der aktuel-
len Rentenwerte ab 1. Juli 2006 ist von uns veranlasst
und auf den Weg gebracht worden, weil lange Zeit un-
klar war, ob zum 1. Juli 2006 eine Kürzung der Renten
gemäß der geltenden gesetzlichen Regelung erforderlich
werden würde. Mit dieser Initiative haben wir klarge-
stellt: Die große Koalition will, dass die Renten nicht ge-
kürzt werden – nicht in diesem Jahr und auch in den
kommenden Jahren nicht. Es war aber lange Zeit nicht
ganz klar, wie die Grundvoraussetzungen für die Ent-
scheidung sein würden.

Ihnen ist bekannt, dass sich die Erhöhung der Renten
nach der Entwicklung der Einkommen der aktiv Be-
schäftigten richtet. Das Ergebnis ist nun, dass wir inzwi-
schen wissen, dass die Zunahme der anpassungsrelevan-
ten Einkommen der aktiv Beschäftigten im Westen
0,2 Prozent beträgt, während es im Osten minus 0,4 Pro-
zent sind. Wir wissen auch, dass die Renten nicht ganz
so stark erhöht werden, wie die Einkommen steigen,
sondern dass sich die Erhöhung um die Riester-Treppe
und um den Nachhaltigkeitsfaktor reduziert. Das sind
etwa 1,1 Prozent. Wenn man dies abgezogen hätte, dann
hätte es auf beiden Seiten eine Kürzung gegeben. Aber
es gibt drei Schutzklauseln: Die Rente darf wegen der
Riester-Treppe nicht sinken; die Rente darf wegen des
Nachhaltigkeitsfaktors nicht geringer werden; die Rente
darf sich in den neuen Bundesländern nicht schlechter
als in den alten Bundesländern entwickeln. Das heißt un-
ter dem Strich: Es bleibt bei null. Die Tatsache, dass wir
dies mit einem Gesetz regeln und dafür keine Verord-
nung erlassen – das wäre sonst der Fall gewesen –, hat
auch den positiven Nebeneffekt, dass die Deutsche Ren-
tenversicherung Bund nicht 20 Millionen Bescheide an
die Rentnerinnen und Rentner verschicken muss, son-
dern dass mit dem vorliegenden Gesetz die Situation ge-
regelt wird und damit Rechtsverbindlichkeit eintritt.

Aus den Erkenntnissen der letzten Wochen ziehen wir
folgende Konsequenz: Wir werden dafür sorgen – die
nötigen Vorbereitungen dazu laufen –, dass die 1-Euro-
Jobs in Zukunft nicht mehr in die Lohnentwicklung ein-
gerechnet werden.


(Beifall bei der SPD)


Diese haben die Berechnungsgrundlage in erheblichem
Maße verzerrt. Wir möchten, dass die 1-Euro-Jobs in
Zukunft nicht mehr in den Schnitt der Lohnentwicklung
einbezogen werden.

Bei dem Rentenversicherungsbericht und dem Alters-
sicherungsbericht hat es Vorlauf gegeben. Der Alterssi-
cherungsbericht – ihn gibt es in jeder Legislaturperiode
nur einmal – macht deutlich: Angesichts der demografi-

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(C (D chen Entwicklung in unserem Land besteht Handlungsedarf. Dazu gehört ganz entscheidend, dafür zu sorgen, ass die älter werdende Generation nicht so früh aus dem rwerbsleben gedrängt wird oder dass sie in den Fällen, n denen sie ausgeschieden ist, wieder in das Erwerbsleen einsteigen kann. Auf dem letzten Treffen des EU-Ministerrats ist unter inweis auf die Lissabonstrategie vereinbart worden, zu rreichen, dass bis zum Jahre 2010 50 Prozent der 5-Jährigen und Älteren in Europa in Beschäftigung ind. Davon sind wir in Deutschland noch weit entfernt. 2 Prozent der 55-Jährigen und Älteren sind berufstätig, 8 Prozent nicht. Das hängt damit zusammen, dass 0 Prozent der Unternehmen in Deutschland niemanden eschäftigen, der älter als 50 Jahre ist. Diese Tendenz ist chlecht. Diese Mentalität hat dazu geführt, dass in eutschland – nicht in allen Unternehmen, aber in vie en; manche sind auch vorbildlich – 55-Jährige und Älere als nicht mehr zu gebrauchen angesehen werden. as ist falsch. Diese Generation kann noch etwas und sie ird auch gebraucht. Wir in dieser Koalition wollen da ür sorgen, dass sich diese Erkenntnis durchsetzt und ass die Chancen dieser Generation auf dem Arbeitsarkt besser werden. Deshalb haben wir die Initiative 0 plus gestartet. as geht nicht schnell und einfach. Aber diese Schritte ollen wir gehen. Damit verbunden wird das faktische Anheben des enteneintrittsalters. Es liegt heute im Schnitt, wenn an die Erwerbsminderungsrente hinzunimmt, bei 0 Jahren und mehr, das heißt bei 39 Lebensarbeitsjahen. Mit 21 Jahren steigt man in den Beruf ein und mit 0 Jahren und einem bisschen scheidet man aus. Da wir änger leben – das ist gut; wir hoffen, Sie alle sind bei uter Gesundheit mit dabei; das ist das Schöne an der emografischen Entwicklung –, bedeutet das aber auch, ass wir deutlich länger Rente zahlen müssen als noch or Jahrzehnten. Daraus wiederum resultiert angesichts er aktuellen Bevölkerungsstruktur, dass sich die Zahl er beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, ezogen auf die Rentnerinnen und Rentner, immer weier verschiebt. Das Verhältnis betrug einmal 8 : 1; in den 50er-Jahren amen auf einen Rentner acht Beschäftigte. Heute berägt das Verhältnis etwa 1 : 3,2 bis 3,5; also 3,5 Bechäftigte auf eine Rentnerin oder einen Rentner. Im ahre 2030/40 wird das Verhältnis bei etwa 2 : 1 liegen. wei Arbeitnehmer müssen also Steuern oder Sozialvericherungsbeiträge zahlen, um einen Rentner zu finanieren. Das zeigt die Notwendigkeit, diese Gesellschaft arüber zu informieren. Wir müssen klar machen, dass ir hier etwas tun müssen. Das Erste, das getan werden uss, ist, mit der Initiative 50 plus dafür zu sorgen, dass ie Menschen mit 50 Jahren und mehr nicht aus dem Job edrängt werden, sondern dass sie länger arbeiten könen und sie dann, wenn sie keinen Job mehr haben, wie Bundesminister Franz Müntefering der eine altersgerechte Arbeit aufnehmen können. Das wollen wir erreichen. Wir werden die hier vorbildlichen Betriebe auszeichnen. Immer mehr haben längst begriffen, dass ein vernünftiger Altersmix im Betrieb wichtig ist. Die Alten laufen nicht mehr so schnell wie die Jungen; aber ihr Erfahrungswissen ist ein hohes Gut. Damit verbunden wird die Entscheidung – in diesem Herbst wird das gesetzlich fixiert –, dass das Renteneintrittsalter von 65 Jahren auf 67 Jahre steigt. Damit ist das Alter gemeint, von dem an die Rente ohne Abschläge bezogen wird. Es gibt kein festes Renteneintrittsalter und damit keine Fixierung auf einen bestimmten Tag, an dem jemand aus seinem Job ausscheiden muss; das kann er früher oder später tun. Dies ist bereits heute so geregelt. Es gibt einen Korridor zwischen 60 und 65, in dem jemand aus dem Erwerbsleben ausscheiden kann. Wenn er dies mit 60 mit einem Abschlag in Höhe von 0,3 Prozent im Monat tut, entspricht das 18 Prozent bezogen auf die fünf Jahre bis 65. Der Korridor von 60 bis 65 wird sich bis zum Jahr 2029 auf 63 bis 67 verschieben. Dabei werden diejenigen, die auf 45 Rentenversicherungsjahre kommen, ihre Rente unverändert mit 65 ohne Abschlag bekommen. Die anderen werden bis zum Alter von 67 Jahren zu arbeiten haben oder vorher mit einem Abschlag in Rente gehen können, wie es auch heute üblich ist. Es ist keine leichte Entscheidung; aber wir sind der Meinung, dass dies rechtzeitig deutlich gemacht werden muss, damit sich die Menschen in ihrer persönlichen Biografie – und übrigens auch die Tarifparteien – rechtzeitig darauf einstellen und entsprechende Entscheidungen treffen können. Eines ist sicher: Die gesetzliche Rentenversicherung bleibt das Kernstück der Alterssicherung in diesem Land. Bei allen Einsparungen macht sie auch weiterhin einen beträchtlichen Anteil der Alterssicherung aus. Aber sie muss um zusätzliche private Vorsorge ergänzt werden. Diese besteht insbesondere aus den beiden Säulen betriebliche Altersvorsorge und Riesterrente. In beiden Bereichen ist ein starker Zuwachs zu verzeichnen. Inzwischen sind mit steigender Tendenz insgesamt 15,7 Millionen Menschen – einschließlich der Beschäftigten im öffentlichen Dienst – an einer Form der betrieblichen Altersvorsorge beteiligt. Ich begrüße sehr, dass die Tarifparteien sehr darauf bedacht sind; denn wir haben in diesem Bereich eine Chance, etwas zu erreichen, was auf anderem Wege nicht so einfach ist: nämlich dass auch diejenigen mit niedrigem Einkommen in die betriebliche Vorsorge mit einbezogen werden. Denn bei der Riesterrente, von der inzwischen schon 5,6 Millionen Menschen Gebrauch machen, gibt es das Problem, dass sich diejenigen aus unteren Einkommensgruppen zu stark zurückhalten. Wir müssen ihnen Hilfe geben und dafür werben. Es muss in Deutschland selbstverständlich sein – sowohl innerhalb der Familien als auch in der Gesellschaft insgesamt –, in jungen Jahren, also frühzeitig, damit zu beginnen, sich ü s i I w s a h d u s w z u I l b s s p a w w n d m Q e c e t g n d f G n h h u d Q F D (C (D ber die gesetzliche Rentenversicherung hinaus über zuätzliche private Vorsorgeinstrumente zu versichern. Das st auch möglich. Wir werden dafür sorgen, dass der nsolvenzschutz für Betriebsrenten noch verbessert ird. Dies wird zusätzliche Sicherheit schaffen. Ich möchte mich abschließend auf eine Kabinettsentcheidung beziehen, die wir gestern getroffen haben, uch wenn sie nicht unmittelbar mit dem Thema zu tun at. Seitens der Bundesregierung wurde ein 6-Milliaren-Euro-Programm für Forschung, Entwicklung nd Innovation beschlossen, die in den nächsten Jahren ehr gezielt gefördert werden sollen. Dabei soll versucht erden, die Wirtschaft mit einzubeziehen und deutlich u machen, dass wir diesen Weg einschlagen müssen, m ein Wohlstandsland zu bleiben. Wer eine dauerhafte Alterssicherung will, muss ein nteresse daran haben, dass der Wohlstand in Deutschand mindestens auf dem derzeitigen Niveau erhalten leibt. Wenn er im Jahr 2030 dem heutigen Stand entpricht, dann werden die Alten und die Jungen in Wohltand leben können. Dann muss man allenfalls über ein aar Prozentpunkte streiten. Wenn der Wohlstand zurückgeht, dann wird es – was uch immer wir gegenwärtig in die Gesetze aufnehmen – eniger zu verteilen geben. Wenn man aber Wohlstand ill, dann muss man berücksichtigen, dass wir heute eien gehörigen Teil der Investitionen in die Wirtschaft, in ie Herzen und Köpfe der jungen Menschen investieren üssen. Was wir in Vorschule, Schule, Ausbildung, ualifizierung und Weiterbildung investieren, bildet die ntscheidende Grundlage für eine vernünftige Alterssiherung auch in der Zukunft. Das ist das Wichtigste, was s in diesem Land zu tun gibt. Es ist nicht immer leicht, entsprechend zu argumenieren, weil man im Grunde denen, die heute auf Leistunen hoffen, die sie auch verdient haben und die wir ihen geben möchten, sagen muss, dass ein gehöriger Teil essen für andere Zwecke genutzt werden muss, um daür zu sorgen, dass die Rente auch für die kommenden enerationen noch sicher ist. Der Rentenniveausatz sagt wenig aus, wenn man icht sicher ist, dass der gleiche Wohlstand, den wir eute haben, auch in die Zukunft transportiert wird. Desalb verbindet sich an dieser Stelle das Thema „Rente nd Zukunft der Alterssicherung“ in der eben geschilerten Weise mit dem Thema „Bildung, Ausbildung und ualifizierung“. Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit. Das Wort hat nun der Kollege Dr. Heinrich Kolb, DP-Fraktion. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! ie Altersvorsorge ist ein ebenso wichtiges wie sensibles Dr. Heinrich L. Kolb politisches Feld. Die Menschen in unserem Land erwarten zu Recht – und sie vertrauen darauf –, dass sie nach einem langen Arbeitsleben eine ausreichende Versorgung im Alter aus den drei Säulen gesetzliche Rentenversicherung sowie private und betriebliche Vorsorge haben. Ich glaube, wir sind uns in diesem Hause einig, dass die gesetzliche Rentenversicherung weiterhin den Kern der Altersvorsorge bilden wird. Wichtig ist dabei Verlässlichkeit. Deswegen möchte ich Ihnen, Herr Minister Müntefering, für Ihre Ankündigung danken, der Forderung im FDP-Antrag auf Bundestagsdrucksache 16/966 zu folgen und Geschäftsführer einer GmbH, die zugleich Gesellschafter sind, von der Rentenversicherungspflicht freizustellen. Damit bewegen Sie sich nach einigem Zögern nun doch bei einem Problem, das für zahlreiche mittelständische Unternehmer zu einem K.-o.-Kriterium hätte werden können. Sie sind an dieser Stelle nicht der Versuchung erlegen – das ist zu begrüßen –, Kasse zu machen, und das wohl auch deswegen nicht, weil ganz offensichtlich die zu erwartenden Mehreinnahmen in einem krassen Missverhältnis zu dem erwartenden volkswirtschaftlichen Schaden gestanden hätten. Vielen Dank dafür. Die heutige umfassende Diskussion über die Rente sollte man mit einer nüchternen Bestandsaufnahme beginnen. Die Lage der Rentenkasse ist kritisch. Das ist, Herr Minister, kein Schlechtreden, sondern es ist ein notwendiger realistischer Blick auf die Verhältnisse. Wir haben seit Jahren aufgrund einer schleppenden konjunkturellen Entwicklung und eines schon dramatisch zu nennenden Verlustes an sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung ein jährliches Defizit der gesetzlichen Rentenversicherung in einer Größenordnung von 4 Milliarden bis 5 Milliarden Euro. Das hat im Ergebnis dazu geführt, dass trotz des Zuschusses aus den Einnahmen der Ökosteuer an die Rentenversicherung, der Anhebung des Beitragssatzes in der Rentenversicherung auf 19,5 Prozent, der Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze, bislang zwei Nullrunden für die Rentner – so wie es aussieht, kommt noch eine dritte hinzu –, des Verkaufs der Gagfah, also des Immobilienvermögens der Rentenversicherung, sowie der Verbeitragung der Direktversicherung und der Zusatzversorgung – was die Betroffenen 2 Milliarden Euro jährlich kostet – am Ende des letzten Jahres die Nachhaltigkeitsrücklage – früher nannte man sie Schwankungsreserve; seitdem sie nachhaltig sein soll, ist sie beileibe nicht mehr so tragfähig wie vorher – mit gerade einmal 1,8 Milliarden Euro den unteren Sollwert von 3 Milliarden Euro nicht erreicht hat. Nur durch Inanspruchnahme der Bundesgarantie konnte unterjährig die Auszahlung der Renten gesichert werden. Ein ebenso einmaliger wie bemerkenswerter Vorgang! Angesichts dessen muss man eines festhalten, Herr Müntefering: Ohne eine Wende am Arbeitsmarkt, ohne den Aufbau neuer sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse und ohne eine Zunahme der Zahl der Beitragszahler wird die Zukunft der Rente un s p a u g a s d z g k b s v w L P m 2 g z k e l t l b d R w l R s g i t z d B h s s s d w t (C (D icher bleiben und werden Spielräume für nennenswerte ositive Rentenanpassungen nicht entstehen. Aufgabe und Leitlinie der Politik muss es daher sein, lles zu tun, was eine Wende zum Besseren begünstigt, nd alles zu unterlassen, was eine positive Entwicklung efährdet. Deswegen ist es fatal, wenn Sie, wie geplant, m 1. Januar des kommenden Jahres die Mehrwertteuer um 3 Prozentpunkte anheben; denn das wird eine eutliche Dämpfung der konjunkturellen Entwicklung ur Folge haben. Statt mit entschiedenen Reformen die Voraussetzunen für mehr Wachstum und Arbeitsplätze zu schaffen, urieren Sie an den Symptomen. Eine – allerdings sehr egrenzte – Entlastung erfährt die Rentenkasse in dieem Jahr durch das Vorziehen der Fälligkeit der Sozialersicherungsbeiträge. Faktisch 13 Monatsbeiträge erden im laufenden Jahr 9,6 Milliarden Euro mehr an iquidität in die Rentenkasse spülen. Aber um welchen reis, Herr Minister! Der Wirtschaft und vor allem den ittelständischen Betrieben werden in der Summe 0 Milliarden Euro Liquidität entzogen. Das ist ein igantisches Konjunkturdämpfungsprogramm, das das arte Pflänzchen Aufschwung massiv bedroht. Hinzu ommen ein erheblicher Umstellungsaufwand sowie ein benfalls erheblicher laufender Aufwand für die monatichen Vorabschätzungen der Beitragsschuld, der die Unernehmen selbst dann noch drücken wird, wenn der Entastungseffekt dieser Maßnahme längst nicht mehr esteht. Ich sage Ihnen voraus: Die Koalition schießt sich an ieser Stelle in das eigene Bein. Genauso wenig wie die echnung der Vorgängerregierung bei der Tabaksteuer ird diese Kalkulation aufgehen. Das Vorziehen der Fäl igkeit kostet Arbeitsplätze und wird die Probleme der entenversicherung verschärfen. Sie handeln so kurz ichtig wie ein Bauer, der in einer Hungersnot das Saatut zum Brotbacken verwendet. Eine nachhaltige Politik st das jedenfalls nicht. Ohnehin haben Sie die nächste Anhebung des Beiragssatzes in der Rentenversicherung auf 19,9 Proent am 1. Januar 2007 beschlossen. Das soll 4 Milliaren Euro zusätzlich bringen. Aber selbst dann muss – im undeshaushalt 2008 – mit 600 Millionen Euro ausgeolfen werden, um erkennbare Löcher in der Rentenvericherung zu schließen. Eine geordnete Rentenpolitik ieht anders aus. Nun versuchen Sie, Herr Müntefering, den aus der bechriebenen Entwicklung entstandenen Vertrauensschaen zu begrenzen, indem Sie vollmundig ankündigen, es erde wenigstens in dieser Legislaturperiode keine Ren enkürzungen geben. (Peter Weiß [Emmendingen] CDU/CSU: Das ist doch gut!)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1603200100
Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1603200200




(A) )


(B) )


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)







(A) )



(B) )


Dr. Heinrich L. Kolb
Das mag gut gemeint sein; aber es ist sachlich falsch.
Was glauben Sie denn, wie die Rentner in diesem Lande
es empfinden müssen, wenn die Rente nicht erhöht wird,
sie aber ab dem 1. Januar 2007 eine um 3 Prozent höhere
Mehrwertsteuer zahlen müssen? Von der in Aussicht ge-
stellten Senkung der Arbeitslosenversicherungsbei-
träge profitieren diese Menschen ja überhaupt nicht
mehr. Ich kann Ihnen sehr deutlich sagen: Diese Men-
schen empfinden das als eine Dreistigkeit; sie empfinden
es als eine weitere deutliche Kürzung ihrer verfügbaren
Renten. Es ist unehrlich, zu behaupten, es gebe keine
Rentenkürzung, wenn man sie in Wahrheit doch längst in
Koalitionsrunden beschlossen hat.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Es ist auch nicht das erste Mal, dass dies geschieht.
Schon zweimal haben die Rentner Nullrunden hinneh-
men müssen und wurden gleichzeitig zusätzlich belastet:
mit dem vollen Pflegeversicherungsbeitrag, mit dem Zu-
satzbeitrag zur Krankenversicherung und mit der Verbei-
tragung der Zusatzversorgung/Direktversicherung. Herr
Müntefering, es kann vor diesem Hintergrund nicht
wirklich verwundern, dass das Vertrauen der Rentner in
Ihre Politik nachhaltig gestört ist.

Weil das so ist, macht es keinen Sinn, sozusagen zur
Bestärkung einer behaupteten Nichtkürzungsabsicht das
heute hier vorliegende Gesetz über die Weitergeltung der
aktuellen Rentenwerte zu beschließen. Hier soll den
Rentnern ein X für ein U vorgemacht werden. Die
schmerzliche dritte Nullrunde in Folge soll den Betroffe-
nen jetzt sogar noch als Erfolg und als Wohltat verkauft
werden. Ich sage sehr deutlich: Eine Absenkung der
Renten nach der Rentenformel ist 2006 auch ohne dieses
Gesetz nicht zu befürchten. Auch die Regierung selber
ging nie von einer negativen Lohnentwicklung aus, wie
sich im Rentenversicherungsbericht zeigt. Die nun vor-
liegenden offiziellen Zahlen bestätigen das.

Es ist daher heute das erste Mal, seit ich diesem Ho-
hen Haus angehöre – das sind jetzt immerhin schon
15 Jahre –, dass der Bundestag ein Gesetz beschließen
soll, dessen Regelungsgegenstand zum Zeitpunkt der
zweiten und dritten Lesung weggefallen ist. Ich finde
das – ich sage es deutlich, Herr Müntefering – unzumut-
bar. Hier soll Regierungshandeln vorgetäuscht werden,
wo Regierungsversagen festzustellen ist.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Wie auch der Sozialbeirat fordere ich Sie auf, dieses Ge-
setz zurückzuziehen, weil es inhaltsleer ist. Es ist ein
Nullum. Das „Handelsblatt“ hat vollkommen zutreffend
geschrieben: „Koalition führt Rentner hinters Licht.“
Die Regierung verhindert öffentlichkeitswirksam eine
Rentenkürzung, die ohnehin nicht gekommen wäre. –
Dem ist nichts hinzuzufügen.


(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Nach alledem kann das Vorgehen der Bundesregie-
rung bei der Aufstellung des Rentenversicherungsbe-

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(C (D ichtes nicht mehr wirklich überraschen. Ich will hier gar icht mehr auf die zeitlichen Aspekte eingehen, sondern ich ganz auf den Inhalt konzentrieren. Dessen Bewer ung lautet: Um den Korridor des Rentenversicheungs-Nachhaltigkeitsgesetzes mit seinen Niveauund eitragszielen einhalten zu können, wird die Entwick ung der Jahre bis 2019 – also der mittelfristige ereich – systematisch überschätzt. Der Sozialbeirat hat ier von sehr ambitionierten Annahmen gesprochen. Herr Müntefering – er hört jetzt nicht zu; aber er wird s hoffentlich nachlesen –, ich finde es in der Tat sehr utig, wenn im Durchschnitt dieses Zeitraums 2007 bis 019 ein Lohnwachstum von 2,5 Prozent angenommen ird, wo wir doch im Schnitt der letzten zehn Jahre ge ade einmal 1 Prozent Wachstum der Löhne und Gehäler hatten, wenn im Durchschnitt dieses Zeitraums 2007 is 2019 eine Beschäftigungszunahme von jährlich ,6 Prozent unterstellt wird, wo wir im Schnitt der letzen fünf Jahre einen Rückgang um durchschnittlich ,6 Prozent per annum hatten, und wenn im Durchchnitt dieses Zeitraums ein Wachstum des Bruttoinandsproduktes angenommen wird, wo wir im Durchchnitt der letzten fünf Jahre nur 0,8 Prozent, im urchschnitt der letzten zehn Jahre gerade einmal ,4 Prozent hatten. Mit konkreter Politik unterlegt wuren diese sehr positiven Annahmen über die Wirtschaftsntwicklung bisher nicht. Es regiert allein das Prinzip offnung. Es ist mehr als fraglich, ob alles das Realität erden kann, was Sie hier niedergeschrieben haben. ber Papier ist bekanntermaßen geduldig. Doch nur mit diesen „mutigen“ Annahmen, der angeündigten Anhebung des Renteneintrittsalters auf 7 Jahre und dem angekündigten Nachholfaktor – ob das lles so kommt, wird man sehen müssen – wird es überaupt möglich sein, im Korridor des Rentenversicheungs-Nachhaltigkeitsgesetzes zu bleiben. Das zeigt: uch mittelfristig ist die gesetzliche Rentenversicherung uf Kante genäht. Es muss schon einiges richtig gut lauen, damit die Naht hält. Gerade weil das so ist, dürfen die betriebliche und die rivate Vorsorge nicht vernachlässigt werden, sondern üssen weiter ausgebaut werden. Der Sozialbeirat hat in einem Gutachten daher zu Recht gefordert, dass die bgabenfreie Entgeltumwandlung nicht 2008 ausläuft. ie Regierung plant aber genau dies. Wir, die FDP-Bunestagsfraktion, fordern die Verlängerung der sozialababenfreien Entgeltumwandlung über das Jahr 2008 hiaus, weil sie sich bewährt hat. Die Rente wird in diesem Haus sicher auch in Zuunft ein wichtiges Thema sein. Entscheidend ist, dass an mit einer nüchternen Bestandsaufnahme der Ver ältnisse beginnt. Die Regierung hat bisher versagt, weil ie am Arbeitsmarkt keine Weichenstellung zugunsten on mehr Beschäftigung und mehr Beitragszahlern vorenommen hat. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Das Wort hat nun der Kollege Dr. Ralf Brauksiepe, CDU/CSU-Fraktion. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute abschließend über den Entwurf eines Gesetzes über die Weitergeltung der aktuellen Rentenwerte ab 1. Juli 2006. Die Bundesregierung hat diesen Entwurf vor zwei Monaten auf den Weg gebracht, um frühzeitig klarzustellen: Es wird für die Rentner in diesem Jahr keine Rentenkürzung geben, so wie wir es im Koalitionsvertrag festgelegt haben. Die große Koalition hält, was sie verspricht. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)





(A) )


(B) )

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1603200300
Dr. Ralf Brauksiepe (CDU):
Rede ID: ID1603200400

Wir haben dieses Gesetz vorsichtshalber in der Tat
frühzeitig eingebracht. Wir stehen für Vertrauen und für
Verlässlichkeit. Wir werden die beitragsfinanzierte ge-
setzliche Rentenversicherung als wichtigste Säule der
Alterssicherung in Deutschland erhalten. Die Rentner
können sich darauf verlassen, dass sie ihre Altersbezüge
weiter erhalten.

Das bedeutet nicht – das wissen auch alle hier im
Hause –, dass wir etwa die gesetzliche Rentenversiche-
rung unter Naturschutz stellen wollen. Es gehört zur
Wahrheit, festzustellen, dass die heute Jungen den Le-
bensstandard durch die gesetzliche Rente allein im Alter
nicht sichern können. Für sie ist eine kapitalgedeckte
Ergänzung der gesetzlichen Rente durch betriebliche
und private Altersvorsorge unerlässlich.

Umgekehrt gilt aber auch, dass sich die heutigen Ren-
tenbezieher trotz langjähriger Beitragszahlung nicht nur
mit Rentenansprüchen in Höhe des Sozialhilfeniveaus
begnügen müssen. Die finanziellen Lasten der Alterung
müssen zwischen den Generationen fair und gerecht ver-
teilt werden. Genau das ist die Maxime, die Richtschnur
aller Entscheidungen der großen Koalition in der Ren-
tenpolitik. Diese Entscheidung ist richtig.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir haben dies mit einem rentenpolitischen Maßnah-
menpaket verbunden. Vor vier Wochen haben wir dieses
Paket mit der Vorlage des Rentenversicherungsberichts
2005 mit Zahlen untermauert. Wir beschreiten mit die-
sem Zahlenwerk den Weg in die Realität. Lassen Sie
mich dies an einem Beispiel deutlich machen: Im letzten
Rentenversicherungsbericht der rot-grünen Bundesregie-
rung ging man noch davon aus, dass die Renten bis zum
Jahr 2018 um gut 30 Prozent steigen. Schön wärs gewe-
sen. Nach unserem Bericht liegt der vergleichbare Wert
bei 17 Prozent. Das ist zwar weniger, aber es ist ein rea-
listischer Wert. Die Zeit der Schönfärberei ist vorbei.
Die große Koalition geht mit realistischen Zahlen an die
Lösung dieser Probleme heran.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Zuhören, Genossen! Damit seid Ihr gemeint!)


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(C (D Wahr ist natürlich auch: Wir werden den Rentenvericherungsbeitrag im nächsten Jahr von heute 19,5 Proent auf 19,9 Prozent anheben. Ich habe noch keinen seiösen Vorschlag gehört, wie wir darauf verzichten önnen. Ich will daran erinnern: Wir werden gleichzeitig en Beitrag zur Arbeitslosenversicherung um 2 Proentpunkte senken. Das bedeutet: Unter dem Strich weren Arbeitnehmer und Arbeitgeber bei den Sozialabgaen entlastet. Im nächsten Jahr sinkt der Gesamtsozialersicherungsbeitrag auf unter 40 Prozent. Das ist das rste Mal seit dem Jahr 1995. Das ist ein beachtlicher Erolg der Konsolidierungspolitik dieser großen Koalition. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Gleichzeitig werden wir – auch das geht aus den Be-
ichten hervor und ist politisch klar geäußert worden –
ie Anhebung der Regelaltersgrenze auf 67 Jahre be-
chließen. Auch dazu gibt es, wie wir wissen, keine seri-
se Alternative. Klar ist auch: Das muss mit besonderen
nstrengungen für die Verbesserung der Beschäfti-
ungschancen Älterer einhergehen. Diesen Weg wer-
en wir beschreiten. Wir legen hier ein Gesamtkonzept
or.

Es hätte die Möglichkeit bestanden, dass auch die Op-
osition hier einmal ihr Konzept darlegt.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wir müssen so viel kritisieren an Ihrer Politik und wir haben so wenig Redezeit!)


tattdessen betreiben die Oppositionsfraktionen nichts
ls Rosinenpickerei. Es ist klar: Die Linken stellen den
ntrag, die 1-Euro-Jobs bei der Rentenberechnung nicht

u berücksichtigen. Dieser Antrag ist völlig überflüssig,
eil die 1-Euro-Jobs in die Rentenberechnung bisher gar
icht einfließen.


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Der Mann hat keine Ahnung!)


ir werden sie auch in Zukunft nicht einbeziehen. Das
st politisch klar.

Nun wundert es mich nicht, wenn ein solcher Antrag
on den Linken kommt, aber ich muss schon sagen, Herr
ollege Kolb: Ich mache mir Sorgen um die FDP und
m die Seriosität Ihrer Politik.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Zurufe vom BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Oh! – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Butter bei die Fische!)


ie beantragen hier allen Ernstes, wir sollten unseren
esetzentwurf über die Weitergeltung der aktuellen
entenwerte zurückziehen. Was ich hier in Händen
alte, Herr Kollege Kolb, ist die erste von 17 Seiten der
erordnung der vorigen Bundesregierung aus dem letz-

en Jahr, in der festgelegt wurde, dass es im Jahr 2005
eine Rentenerhöhung gibt. Dies wollen Sie durch die-
es Papier hier ersetzen und das soll dann, wie der
inister schon gesagt hat, 20 Millionen Mal verschickt
erden, um das den Leuten mitzuteilen. Das ist Ihr Bei-

rag zum Bürokratieabbau. Es kann doch wohl wirklich






(A) )



(B) )


Dr. Ralf Brauksiepe
nicht Ihr Ernst sein, Herr Kollege Kolb, dass Sie uns das
hier auch noch als seriöse Alternative verkaufen wollen.
Ich verstehe es wirklich nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Herr Kollege Kolb, wir haben vor zwei Tagen Profes-
sor Ruland verabschiedet. Ich habe bei der Gelegenheit
einmal mit Norbert Blüm gesprochen und ihn gefragt:
Wie war das denn eigentlich mit dem Herrn Kolb, der ja
einmal Staatssekretär war? Ich habe gedacht, er würde
mir sagen: Der war immer gegen CDA-Politik, ein ganz
schwieriger Fall. – Das hat Norbert Blüm aber gar nicht
zum Ausdruck gebracht, sondern er hat gesagt: Mit dem
Herrn Kolb konnte man sehr gut zusammen regieren.
Das war ein sehr guter Mann.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Sehr gut! – Zurufe von der FDP)


Herr Kolb, Sie können es doch eigentlich. Von daher
bitte ich Sie wirklich: Gehen Sie von diesem unseriösen
Kurs ab! Wir brauchen in diesem Land eine seriöse libe-
rale Opposition, die seriöse Anträge stellt und nicht sol-
che, die Sie, meine Damen und Herren, nur stellen kön-
nen, weil Sie wissen, dass Ablehnung gesichert ist.
Gehen Sie von diesem Weg ab, liebe Kolleginnen und
Kollegen!


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Wir halten fest: Blüm lobt Kolb!)


Ähnliches gilt für Ihren Antrag zur Rentenversiche-
rungspflicht für geschäftsführende Alleingesellschaf-
ter. Den haben Sie nicht eingebracht, weil Ablehnung
gesichert war. Den haben Sie am 15. März vorgelegt, als
Erfüllung schon gesichert war, lieber Herr Kolb.


(Heiterkeit bei der CDU/CSU – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wie wir es machen, ist es verkehrt!)


Hierbei geht es in der Tat um ein ernstes Problem. Ich
bin dem Kollegen Max Straubinger aus unserer Fraktion
dankbar. In den regelmäßigen Gesprächen, die wir in der
Koalition haben, hat er als Erster dieses Thema ange-
sprochen und darauf gedrungen, dafür eine Lösung zu
finden.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Guter Mann!)


Ich kann erfreut feststellen: Unsere sozialdemokrati-
schen Partner


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Freunde! Die sozialdemokratischen Freunde!)


sind für unsere guten Argumente meistens offen, so auch
in diesem Fall. Deshalb sind sie unseren Argumenten ge-
folgt. Wir haben uns vor Wochen auf diese Regelung
verständigt. Nachdem das politisch klar war, haben Sie
diesen Antrag gestellt in dem Wissen, dass das sowieso
passiert. Das ist keine seriöse Oppositionspolitik, liebe
Kolleginnen und Kollegen!


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


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(C (D Weil ich gerade dabei war, wollte ich eigentlich auch och etwas Unfreundliches zu den Grünen sagen, (Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Gib uns noch mehr!)


usste aber feststellen: Wir beraten die Tagesordnungs-
unkte 3 a bis h, aber Sie von den Grünen haben leider
berhaupt nichts vorgelegt. Es liegt kein Gesetzentwurf,
ein Antrag, nicht einmal ein Entschließungsantrag von
hrer Fraktion vor.


(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Rente interessiert die nicht!)


s ist wirklich sehr bedauerlich, dass es von Ihnen kei-
en Beitrag zu dieser Debatte gibt. Deswegen muss ich
ie heute leider aussparen. Vielleicht kommt von Ihnen

n der Zukunft wieder etwas, wenn Sie mit Ihren inter-
en Problemen fertig sind.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich komme zu dem Konzept der Rentenpolitik der
roßen Koalition zurück.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Zu den Freunden in der großen Koalition!)


ir werden die Maßnahmen sinnvoll aufeinander aufge-
aut fortführen. Im nächsten Jahr wird es eine moderate
rhöhung des Rentenbeitragssatzes geben. Wir werden
ie in diesen Jahren nicht durchgeführten Rentenkürzun-
en durch den Einbau eines Nachholfaktors in der Ren-
enanpassungsformel nachholen, weil die Jungen auf
auer nicht allein die Lasten tragen können.


(Beifall der Abg. Julia Klöckner [CDU/CSU])


ielmehr muss jede Generation ihren Beitrag leisten.
arum werden wir das so machen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Alle diese Maßnahmen gehen mit einem moderat stei-
enden Bundeszuschuss an die Rentenkasse einher.
enn man sich die Mühe macht, die Zahlen aus dem
undeshaushaltsplanentwurf 2006 mit denen der letzten

ahre zu vergleichen, wird man feststellen: Der Anstieg
es Bundeszuschusses ist heute deutlich geringer als in
er Vergangenheit. Zur Ehrlichkeit gehört dazu, auch zu
agen: Ohne eine solche moderate Steigerung geht es
icht. Neben den Beitragszahlern und den Rentnern
uss auch der Steuerzahler seinen Beitrag zum Erhalt

es Systems der gesetzlichen Rentenversicherung leis-
en.

Man muss kein Prophet sein, um vorauszusagen, dass
ns das Thema Rente in der gesamten Wahlperiode be-
leiten wird. Das gilt für die gesetzliche Rente genauso
ie für die kapitalgedeckte Altersvorsorge.

Lassen Sie mich, weil das angesprochen worden ist,
och ein Wort zur sozialabgabenfreien Entgeltum-
andlung bei der betrieblichen Altersvorsorge sagen.
s ist doch völlig klar, dass man es, wenn man in Zeiten
on 5 Millionen Arbeitslosen, leeren Rentenkassen und
iner geringen Quote von Menschen – etwa jeder siebte






(A) )



(B) )


Dr. Ralf Brauksiepe
bis achte –, die die Riester-Förderung in Anspruch neh-
men, die Regierungsgeschäfte übernimmt, mit Ziel-
konflikten zu tun hat. Aber ich finde, es ist selbstver-
ständlich, dass man bei den Dispositionen, die man trifft,
von der geltenden Rechtslage ausgeht. Die Rechtslage
ist ganz klar die, dass diese sozialabgabenfreie Entgelt-
umwandlung, die die Sozialkassen an anderer Stelle eine
Menge Geld kostet, im Jahr 2008 ausläuft. Jeder, der
seine Dispositionen verantwortlich trifft, wird erst ein-
mal von dieser bestehenden Rechtslage ausgehen.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Werden Sie das ändern?)


Wir haben uns gleichwohl vorgenommen, vor dem
Hintergrund der positiven Entwicklung seit dem In-
Kraft-Treten des Alterseinkünftegesetzes im vergange-
nen Jahr bis zum nächsten Jahr zu prüfen, wie die Ent-
wicklung weiter verläuft. Im Jahr 2007 werden wir dann
entscheiden, welche Maßnahmen wir zur weiteren För-
derung der betrieblichen und privaten Altersvorsorge
ergreifen. Damit ist im Jahr 2006 das zu diesem Thema
gesagt, was dazu zu sagen ist.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Schieben, schieben, schieben! Alles Wiedervorlage!)


Wir werden die Entscheidungen vor dem Hintergrund
der Erkenntnisse, die wir bis zum nächsten Jahr gewon-
nen haben, verantwortlich treffen.

Damit wird insgesamt deutlich, liebe Kolleginnen und
Kollegen: CDU/CSU und SPD stellen sich den Proble-
men in der Rentenversicherung. Wir haben beim Thema
Rente wichtige Entscheidungen getroffen. Wir betreiben
keine Rosinenpickerei wie die Opposition, sondern wir
haben ein in sich geschlossenes, wenn auch nicht popu-
läres Konzept, das es nunmehr in Gesetzesform zu gie-
ßen gilt. Das haben wir uns für die Zukunft vorgenom-
men. Jeder ist herzlich eingeladen, dabei konstruktiv
mitzuwirken.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Aber keiner muss! Man muss nicht jeden Quatsch mitmachen!)


Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1603200500

Ich erteile das Wort dem Kollegen Klaus Ernst von

der Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Der Oberpopulist!)



Klaus Ernst (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1603200600

Guten Morgen, Frau Präsidentin! Meine Damen und

Herren! Man soll ja positiv denken. Ich möchte das
heute einmal versuchen, auch wenn es mir angesichts
des Rentenberichts der Bundesregierung äußerst schwer
fällt. Aber das Positive zuerst: Man nimmt richtiger-
weise künftig die 1-Euro-Jobs aus der Berechnung des
Rentenwertes heraus.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D as ist wichtig und gut. Es freut mich, dass Sie unsere nregung aufgenommen haben. Zum Zweiten. Es geht um ein Gesetz über die Weitereltung der aktuellen Rentenwerte, das die Bundesregieung eingebracht hat. Jetzt hören wir, dass dieses Gesetz igentlich überhaupt nicht notwendig sei, eil die Renten gar nicht sinken würden, da nämlich die ohnerhöhung offensichtlich doch noch so hoch sei, ass es für eine Nullrunde reiche und keine Rentensenung vorgenommen werde. Jetzt frage ich mich natürich: Warum macht die Bundesregierung ein Gesetz, das igentlich überflüssig ist? Wenn man sich diesem Gedanken nähern will, dann st es hilfreich, ab und zu im „Handelsblatt“ zu blättern. ort heißt es: Da liegt nicht nur der Verdacht nahe, dass sich die Politik mit einer Shownummer brüsten will. Ganz nebenbei spart sie sich per Gesetz auch die Information der Ruheständler über die Entwicklung ihrer Bezüge, auf die diese eigentlich ein Anrecht haben. Meine Damen und Herren, ich glaube, es geht sogar och um ein bisschen mehr. Jeder weiß, dass diese Bunesregierung den Rentnern in unerträglicher Weise an ie Wäsche geht. eder weiß, dass die gesetzlichen Maßnahmen, die gelant sind, zu massiven Einschnitten bei den Rentnern ühren würden. Wenn man jetzt ein Gesetz veröffenticht, über das die Presse schreiben kann, dass die Bunesregierung diejenige ist, die die Rente eigentlich ichert, dann deutet das darauf hin, dass sich die Bundesegierung damit möglicherweise einen Imagevorteil verchaffen will. Das ist ein Etikettenschwindel genau wie or der Bundestagswahl, Herr Müntefering. So betreiben ie hier in diesem Hause Politik. Nun kommen wir zum eigentlichen Punkt, nämlich um Rentenversicherungsbericht. Alte und neue Bunesregierung haben seit Jahren ihre Finger in den Geldörsen der Rentner. Da wird das Sicherungsniveau auf 6,3 Prozent reduziert. Es gibt von 2005 bis 2009 fakisch Nullrunden. Herr Müntefering, eigentlich sind es eine Nullrunden. Denn Sie wissen ganz genau, dass wir leichzeitig Inflation und dass wir gleichzeitig eine ehrwertsteuererhöhung haben. Wenn man dies über ier Jahre summiert, dann ergibt sich in den nächsten ier Jahren real eine Rentenkürzung von mindestens Prozent. enn Sie glauben, dass das sozialdemokratische Politik st, dann glauben Sie auch, dass Zitronenfalter Zitronen alten, Herr Müntefering. Klaus Ernst Wenn Sie gleichzeitig auch noch den Bundeszuschuss senken, wenn Sie gleichzeitig die Heraufsetzung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre einführen wollen, dann kann ich nur sagen, dass das mit einer vernünftigen Sozialpolitik überhaupt nichts mehr zu tun hat. Die Schwankungsreserve ist inzwischen aufgebraucht; sie ist eigentlich gleich null. Reden Sie also nicht mehr von Schwankungsreserve! Was nicht mehr vorhanden ist, kann doch auch nicht mehr schwanken. Das ist doch weg, meine Herren und Damen. Auch dieser Etikettenschwindel wird von der Bundesregierung betrieben. Sie denken darüber nach, wie Sie in dem Ausmaß, in dem die Renten in diesem Lande aufgrund Ihrer Berechnungsmethoden sinken, die Diäten für die Abgeordneten nach einer anderen Berechnungsmethode erhöhen könnten. (Beifall des Abg. Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE])


(Lachen bei der CDU/CSU und der SPD)


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: So ist es!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der LINKEN)


Das würde dazu führen, dass ein Abgeordneter 1,3 Pro-
zent mehr Diäten bekommen soll. Das kann zwar uns als
Abgeordnete freuen. Aber draußen versteht das kein
Mensch mehr.


(Beifall bei der LINKEN)


Hier wird eine Politik betrieben, die immer andere be-
trifft, aber die eigenen Taschen füllt. Das ist verwerflich
und nicht zu akzeptieren, Kolleginnen und Kollegen.


(Beifall bei der LINKEN)


Herr Müntefering, bei Ihren Berechnungen bauen Sie
auf Sand. Die Zahl der Arbeitslosen, so lese ich in Ihrem
Bericht, soll von 2005 bis 2009 um 650 000 sinken. Wie
wollen Sie dies, bitte schön, erreichen? Die Vorschläge,
wie Sie die Arbeitslosigkeit reduzieren wollen, bleiben
Sie schuldig. Jeder weiß, dass Ihre Politik eher dazu füh-
ren wird, dass die Arbeitslosigkeit weiter zunimmt.
Diese Milchmädchenrechnung, die Sie hier aufmachen,
glaubt Ihnen doch keiner mehr. Woher nehmen Sie bei-
spielsweise Ihre Annahme, dass die Entgelte ab 2010
statt um 3 Prozent immer noch um 2,5 Prozent steigen
sollen? Ich habe den Eindruck, Sie haben sich zum Kaf-
feesatzlesen getroffen und dann Ihren Bericht veröffent-
licht.

Mit Ihrer Politik zerstören Sie die Grundlagen dieses
Sozialstaats. Sozialstaat ist nämlich nicht nur Armen-
küche, Sozialstaat ist nicht nur die Verteilung von Sup-
pen an Bedürftige. Sozialstaat hat auch etwas mit Orga-
nisation zu tun. Wenn man eine Versicherung hat, dann
entsteht ein Rechtsanspruch auf eine bestimmte Leistung
dadurch, indem man einzahlt. Sie haben aber letztend-
lich vor, dieses Niveau so weit nach unten zu drücken,
dass jeder, der irgendwann in seinem Leben ein
Hartz-IV-Empfänger wurde und nicht privat vorsorgen
konnte, an die Armutsgrenze gedrückt wird. Das ist
keine Sozialpolitik, sondern eine gezielte Verarmung
künftiger Generationen.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D Um es noch einmal deutlich zu machen, will ich jeanden zitieren, der zumindest in der CDU noch be annt sein müsste, auch wenn es einigen von Ihnen chwer fällt, sich an ihn zu erinnern. Er hat nämlich geagt: Wenn Armutsvermeidung zur Hauptaufgabe des Sozialstaates wird, verwandelt sich dieser in eine Bedürfnisprüfungsanstalt, weil er – bevor er Hilfe leistet – ständig fragen muss: „Bist du reich, bist du arm?“ as war Ihr Herr Blüm, der das gesagt hat. o er Recht hat, hat er Recht, auch wenn Sie ihn heute, ie Herrn Kirchhof, am liebsten wegsperren würden. So st doch die Realität. Die Rente hat schon jetzt ein Niveau erreicht, von em viele nicht mehr vernünftig leben können. Sie mahen Politik nicht für die Menschen, sondern offensichtich für Zahlen. Ihr oberstes Ziel ist die Beitragssatztabilität. Aber Sie vergessen dabei, wie es den Leuten eht, die von ihrer Rente letztendlich leben müssen. (Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Von den Arbeitnehmern reden Sie nicht!)


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Aha!)


(Beifall bei der LINKEN)


Ihr Ziel ist übrigens – das ist der nächste Etiketten-
chwindel – nicht Beitragssatzstabilität. Sie können es
och so oft behaupten: Das glaubt Ihnen kein Mensch
ehr. Denn die einzige Gruppe, für die der Beitragssatz

atsächlich stabil bleibt, sind die Unternehmen. Aber für
ie Arbeitnehmer bleibt der Beitragssatz nicht stabil,
enn sie privat vorsorgen müssen.


(Beifall bei der LINKEN)


rivate Vorsorge bedeutet, dass zwar die Arbeitgeberbei-
räge auf unterem Niveau eingefroren werden, dass aber
leichzeitig die Arbeitnehmer durch ihre private Zusatz-
ersicherung, die sie abschließen müssen, weniger in der
asche haben als vorher. Beitragssatzstabilität findet nur
ür die Arbeitgeber statt, aber nicht für die Bevölkerung
nd nicht für die Versicherten. Deshalb sage ich: Wenn
ie das so machen, ist das, was Sie der Bevölkerung sug-
erieren, Etikettenschwindel. Sie entlasten die Arbeitge-
er, ohne dass es einen Effekt hat.

Ich sage Ihnen: Die eigentliche Ursache für die Pro-
leme in der Rentenversicherung liegt darin, dass die
öhne in diesem Lande nicht mehr steigen. Sie steigen
nter anderem deshalb nicht, weil Sie durch Ihre Politik
azu beigetragen haben, dass die Gewerkschaften in ei-
er Art und Weise geschwächt werden, dass Lohnerhö-
ungen kaum noch durchsetzbar sind. Ein Arbeitslosen-
eld-II-Empfänger weiß, was er bekommt. Diejenigen,
ie noch keine Arbeitslosengeld-II-Empfänger sind, die
och in Arbeit sind, wissen, was ihnen blühen würde,
enn sie Arbeitslosengeld II bekommen würden. Des-
alb ist es natürlich so, dass die Widerstandskraft in den
etrieben bzw. bei den Beschäftigten gesunken ist. Des-
alb haben wir Nullrunden und letztendlich auch ein
roblem in der Rentenversicherung. Weil es inzwischen






(A) )



(B) )


Klaus Ernst
6 Millionen Menschen gibt, die mit prekären Arbeitsver-
hältnissen, mit Billigjobs abgespeist werden, wird unzu-
reichend in die Sozialkassen eingezahlt. Wenn Sie das
ändern, würden Sie das Übel tatsächlich an der Wurzel
packen und nicht permanent die kleinen Leute schröp-
fen, Herr Müntefering.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich komme damit zum Schluss. Sie haben gesagt: Die
Menschen sollen Vertrauen haben. Herr Müntefering,
worin denn? Ihrer Politik zu vertrauen ist so, als würde
man den Würger von Boston um eine Halsmassage bit-
ten. Das wäre genau dasselbe.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Veronika Bellmann [CDU/CSU]: So ein Schwachsinn!)


Wer Ihnen traut, hat künftig dafür zu sorgen, dass er ir-
gendwie über die Runden kommt. Mit der Rente wird es
jedenfalls bei dieser Politik der Bundesregierung nicht
mehr klappen. Die Rente wird von dieser Regierung ka-
puttgemacht.


(Beifall bei der LINKEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1603200700

Das Wort hat nun die Kollegin Irmingard Schewe-

Gerigk.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Herr Kollege Ernst, ich beneide Sie: Es ist schön, wenn
man ein so einfaches Weltbild hat, wie Sie es haben. Da
kann man sich zufrieden zurücklehnen.


(Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Wir diskutieren heute über eine Reihe rentenpoliti-
scher Vorhaben. Ich beginne mit dem Entwurf eines Ge-
setzes zur Weitergeltung der aktuellen Rentenwerte. Ziel
dieses Gesetzentwurfes war es, mögliche Rentenkür-
zungen aufgrund niedriger Lohnsteigerungen zu vermei-
den. Dieses Ziel hat meine Fraktion voll und ganz unter-
stützt. Da das Ministerium selbst jetzt aber bestätigt,
dass es aufgrund der Lohnentwicklung nicht zu einer
Rentenkürzung kommen wird, ist dieser Gesetzentwurf
absolut überflüssig.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Man kann es auch anders ausdrücken: Stell dir vor, die
Regierung macht ein Gesetz und keiner braucht es.

Herr Minister Müntefering, man sollte die Sauerlän-
der nicht unterschätzen: Sie sind ein Fuchs. Sie haben
vor den Landtagswahlen den Robin Hood der Rentner
und Rentnerinnen gespielt und ihnen gesagt, dass Sie
Rentenkürzungen per Gesetz ausschließen. Die Men-
schen sind froh und akzeptieren scheinbar dankbar eine
neue Nullrunde. Doch nun, da Sie wissen, dass die Ren-
ten nicht gekürzt werden müssen, fordere ich Sie auf:
Ziehen Sie den Gesetzentwurf zurück!

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(C (D achen Sie keine Symbolpolitik mit einem Gesetz, das iemals zur Anwendung kommen wird! (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)


(Beifall des Abg. Dr. Heinrich L. Kolb [FDP])


Ich komme zum nächsten Punkt, zu den Rentenversi-
herungsberichten 2004 und 2005. Was die Menschen
ei der sozialen Sicherung und gerade bei der Rente
ringend brauchen, sind Vertrauen und Verlässlichkeit.
ch glaube, dass Ihre Annahmen bezüglich der Lohnent-
icklung und des Wirtschaftswachstums viel zu opti-
istisch sind. Ich erinnere an die Fehlprognosen von

995. – Herr Kollege Brauksiepe, 1995 gab es leider
och keine rot-grüne Bundesregierung.


(Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Da waren die Zahlen auch noch gut!)


Natürlich wünsche auch ich mir, dass die Gewerk-
chaften endlich wieder bessere Tarifabschlüsse durch-
etzen können; denn das ist gut für die Beschäftigten, die
innennachfrage und letztendlich auch für die Renten.
ber ein Rentenversicherungsbericht ist nun einmal kein
unschkatalog. Wir brauchen eine realistische Vorschau

uf die nächsten 15 Jahre.

Die gesetzliche Rente hat in den letzten Jahren durch-
us schmerzhafte Reformen durchlebt. Niveausenkun-
en und der Nachhaltigkeitsfaktor sind in diesem Zu-
ammenhang nur zwei Stichworte. Aber dadurch ist sie
ukunftsfähig geworden. Durch sie werden die meisten
enschen vor Armut geschützt. Sie wird aber nicht aus-

eichen, um den Lebensstandard im Alter zu sichern. Pri-
ate und betriebliche Vorsorge tut zusätzlich Not.

Der ehemalige Geschäftsführer des Verbandes Deut-
cher Rentenversicherungsträger, Franz Ruland, der
Rentenpapst“, hat am 3. April dieses Jahres in einem
nterview mit der „FAZ“ die Einschätzung vertreten:

Was im Rentensystem kürzbar war, ist gekürzt wor-
den.

Ich schließe mich dieser Einschätzung explizit an und
rweitere sie um die Bemerkung: Innerhalb des bisheri-
en Umlagesystems der gesetzlichen Rentenversiche-
ung sind alle Reformen durchgeführt worden, die ver-
retbar sind. Die schrittweise Heraufsetzung des
enteneintrittsalters, die noch zu verabschieden ist,

chließe ich in diese Bemerkung ausdrücklich ein. Herr
inister, wir unterstützen Sie bei der Heraufsetzung des
enteneintrittsalters; denn das ist eine logische Konse-
uenz des längeren Lebens. Heute beziehen die Men-
chen 17 Jahre lang Rente, 1960 waren es zehn Jahre
eniger. Ich fordere Sie aber auf, bei der Umsetzung
icht zu stümpern.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die Erhöhung des Renteneintrittsalters und die Be-
chäftigung Älterer in den Unternehmen sind wie ein
espann. Beides muss parallel und im gleichen Tempo

aufen; ansonsten geht es schief. Hier ist die Wirtschaft
n der Verantwortung. Ohne Arbeitsplätze für Ältere ist






(A) )



(B) )


Irmingard Schewe-Gerigk
die Rente mit 67 eine Rentenkürzung und das lehnen wir
ab.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es wird gern verschwiegen, aber wir haben ein struk-
turelles Problem bei den Einnahmen der Rentenversi-
cherung. Diese Schwierigkeit ist nicht kurzfristiger Na-
tur. Sie wird in den nächsten Jahren andauern, wenn wir
nicht an den Ursachen ansetzen. An dieser Stelle ist die
große Koalition blind; denn sie ignoriert die Analyse
namhafter Experten. Bereits im Gutachten zum Renten-
versicherungsbericht 2004 hat der Sozialbeirat auf die
Probleme bei der Entwicklung der Beitragseinnahmen
aufmerksam gemacht. Er hat die Diskrepanz zwischen
dem gestiegenen Bruttoinlandsprodukt und sinkenden
Einnahmen der Rentenversicherung benannt. Die Ursa-
chen liegen auf der Hand: gedämpfte Lohnentwicklung,
weniger sozialversicherungspflichtige Erwerbstätige,
weniger Pflichtversicherte, mehr Selbstständige, mehr
geringfügig Beschäftigte und mehr Arbeitslose mit ei-
nem niedrigeren Beitrag. Doch obwohl CDU/CSU und
SPD das Gutachten bekannt war, haben sie keine adä-
quaten Konsequenzen daraus gezogen, sondern die
Schlussfolgerung im Koalitionsvertrag ins Gegenteil
verkehrt. Im Gutachten zum Rentenversicherungsbericht
2005 bewertet der Sozialbeirat die Annahmen zur kurz-
und mittelfristigen Beschäftigungs- und Entgeltentwick-
lung an mehreren Stellen als ambitioniert. Offensichtlich
wollte sich der Sozialbeirat diplomatisch ausdrücken
und die positiven Konjunkturerwartungen nicht dämp-
fen.

Schauen Sie aber in die neueste Studie „Prognos
Deutschland Report 2030“. Darin steht, dass in den
nächsten 25 Jahren mit einem massiven Rückgang von
Arbeitsplätzen im traditionellen Industriebereich zu
rechnen ist. Daneben wird von einer starken Zunahme
der Zahl der Selbstständigen gerechnet. Aufgrund der
letzten Jahre wissen wir, dass Selbstständigkeit in vielen
Fällen eine selbst gewählte Notlösung ist, um der Ar-
beitslosigkeit zu entgehen. Sorge bereiten uns vor allem
jene Selbstständige, die nicht in der Lage sind, sich aus-
reichend sozial abzusichern.

Herr Minister Müntefering, in der Haushaltsdebatte
der letzten Woche haben wir Ihnen vorgeworfen, dass
Sie den Bundeshaushalt zulasten der Versicherten sanie-
ren, zum Beispiel durch die Erhöhung der Sozialabga-
ben für Minijobs. Ihr Sozialbeirat wird da sehr viel
deutlicher – ich zitiere –: „Die Erhöhung von Sozialbei-
trägen mit dem ausdrücklichen Ziel, den Bundeshaushalt
zu entlasten, ist verfassungsrechtlich problematisch.“


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Als Beispiel für diesen verfassungsrechtlich bedenkli-
chen Eingriff in die Finanzierungsgrundlagen der Ren-
tenversicherung wird im Gutachten die Halbierung des
Mindestbeitrags von 78 auf 40 Euro für Langzeitarbeits-
lose kritisiert. Während jede Existenzgründerin und
jeder freiwillig Versicherte den Mindestbeitrag von
78 Euro entrichten muss, macht der Bund in seinem ei-
genen Gestaltungsbereich selbstherrlich Ausnahmen. Ich
empfinde das als Politik nach Gutsherrenart.

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(C (D Ich komme zu den Betriebsrenten. Wer ein Gesamtentenniveau erreichen will, das den Lebensstandard sihert, muss rechtzeitig auch privat und betrieblich vororgen. Gerade durch die Entgeltumwandlung hat sich ie Betriebsrente enorm etabliert. Wir begrüßen daher en Entwurf der europäischen Richtlinie zur Portabiliät von Zusatzrentenansprüchen. (Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Das hat aber mit Entgeltumwandlung nichts zu tun!)


Ich komme gleich darauf, Herr Kollege. – Moderne
rbeitsmärkte fordern auch mobile Beschäftigte. Des-
alb muss die betriebliche Altersvorsorge flexibler wer-
en. Sie darf nicht als Finanzierungsmasse der Arbeitge-
er verwendet werden und muss stärker vor Insolvenz
eschützt werden.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1603200800

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

ollegen Weiß?


(BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN)

Herr Kollege Weiß, es ist mir eine Freude.


Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1603200900

Frau Kollegin Schewe-Gerigk, es ist mir eine Freude,

ass ich Ihnen heute Morgen eine Freude machen kann.


(Heiterkeit)


Sie haben soeben ausgeführt, dass die Grünen die Be-
riebsrenten in Deutschland stärken und weiter ausbauen
ollen – was, wie ich glaube, die Zustimmung des gan-

en Hauses findet – und dass die Entgeltumwandlung
ine sehr gute Grundlage bildet. Das ist vollkommen
ichtig. Dann haben Sie aber einen Schlenker zu der
uropäischen Richtlinie zur Portabilität von Zusatzren-
enansprüchen gemacht. Ich weiß nicht, wie das zusam-

enpassen soll, Frau Kollegin Schewe-Gerigk. Alle Ex-
erten des Betriebsrentensystems in Deutschland sagen
ns: Wenn wir diese EU-Richtlinie, so wie sie ist, akzep-
ieren würden, würde dadurch das System der Betriebs-
enten in Deutschland keinen Aufschwung erleben, son-
ern zusammenbrechen. Viele Betriebe würden sich aus
em Betriebsrentensystem verabschieden. Die Zusatz-
ersorgung für Angehörige des öffentlichen Dienstes
äre am Ende. Deswegen kann ich nicht verstehen, wie
as zusammenpassen soll. Erklären Sie uns einmal, wie
iese EU-Richtlinie mit ihren negativen Auswirkungen
ür das Betriebsrentensystem zu Ihrer Aussage passen
oll, dass Sie die Betriebsrenten fördern wollen!


(BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN)

Wir haben gesagt, dass wir die Entgeltumwandlung

icht weiter sozialversicherungsmäßig und steuerlich
ördern wollen. Denn in dem betreffenden Gesetz wurde
ine Laufzeit bis 2008 beschlossen. Dazu kommt, dass
iese Maßnahme die Sozialkassen ziemlich plündert. Sie






(A) )



(B) )


Irmingard Schewe-Gerigk
war als Anschubfinanzierung vorgesehen und dieses Ziel
hat sie erreicht.

Bei der EU-Richtlinie handelt es sich doch ganz ein-
deutig darum, dass diejenigen, die mobil sind, junge
Menschen, nicht erst ab einem Alter von 30 Jahren, son-
dern bereits ab 21 Jahren geschützt werden sollen. Es
gibt junge Leute, die ins Ausland gehen und ihre Renten-
ansprüche mitnehmen wollen. Sie möchten ferner, dass
das nicht erst nach einer Betriebszugehörigkeit von fünf
Jahren möglich sein soll, sondern bereits nach zwei Jah-
ren. Das ist doch eine wichtige Sache. Ich finde, eine
Maßnahme, die steuerlich begünstigt ist und von der die
Arbeitnehmer auch etwas haben, gehört in das Eigentum
der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, wenn solche
Zusagen vorliegen. Es ist absolut richtig, dass diese An-
sprüche mitgenommen werden können und sie den Ar-
beitnehmerinnen und Arbeitnehmern auch zustehen.
Aber ich werde darauf gleich in meiner Rede noch inten-
siver eingehen, Herr Kollege.

Ich habe dank Ihrer Zwischenfrage meine Redezeit
noch etwas verlängern können.

Wir wollen aber auch, dass Arbeitnehmer und Arbeit-
nehmerinnen die betriebliche Altersvorsorge bei einem
Wechsel des Arbeitgebers generell und uneingeschränkt
weiterführen können. Bereits bestehende Ansprüche für
ausscheidende Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen
müssen dynamisiert werden, damit sie sich nicht mit der
Zeit entwerten.

Was tut die Regierung? Jetzt komme ich auf die Stel-
lungnahme der Bundesregierung zu dieser EU-Richt-
linie zurück; wir haben es gestern im Ausschuss disku-
tiert. Da sagt die große Koalition: Eigentlich wollen wir
uns von der EU gar nichts sagen lassen.


(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Richtig!)


Ich dachte immer, wir seien ein Mitgliedsland der Euro-
päischen Union. Aber Sie meinen: Eigentlich hat die EU
in diesen Dingen nichts zu sagen. Die Stellungnahme der
Bundesregierung ist sehr einseitig an den Interessen der
Arbeitgeber ausgerichtet. Auch wir wollen, dass die be-
triebliche Altersvorsorge für die Arbeitgeberinnen und
Arbeitgeber interessant bleibt. Aber aus lauter Arbeitge-
berfreundlichkeit die Flexibilisierung der betrieblichen
Altersvorsorge gleich ganz abzulehnen, das wäre unseres
Erachtens ein kapitaler Fehler. Damit schaden Sie der
betrieblichen Altersvorsorge.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Es ist gerade umgekehrt!)


Ich komme zum Schluss. Betrachte ich die Rentenpo-
litik der großen Koalition – wir haben darüber ja in den
letzten Wochen und Monaten viel gehört und hier disku-
tiert –, dann kann ich nur sagen: Der Zickzackkurs geht
weiter. Sie machen jeden Tag neue Vorschläge, die Sie
dann wieder zurücknehmen; ich nenne nur: die Erhö-
hung des Bundeszuschusses im nächsten Jahr mit
600 Millionen Euro, die Reduzierung der Rentenbeiträge
ab dem Jahre 2014 – wo Sie genau wissen, dass da ge-

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(C (D ade die Babyboomer in Rente gehen – und viele andere inge, etwa die Ausnahmeregelung bei der abschlag reien Rente, bei der Sie sagen: Die Dachdecker müssen igentlich schon früher in Rente. Im Rentenversicheungsbericht findet man davon überhaupt nichts wieder. ann wenden Sie sich den Betriebsrenten zu und sagen: ier wollen wir Einschnitte vornehmen. – Am nächsten ag ist das alles wieder nicht richtig. Es ist ein Hin und er und da fällt auf: Von der Kanzlerin ist in diesem Zu ammenhang überhaupt nichts zu hören. Haben Sie von er Kanzlerin mal etwas zur Rentenpolitik gehört, zu em wichtigsten Thema, das wir derzeit diskutieren? (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Nein! – Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Jede Menge!)


Herr Müntefering, manchmal tun Sie mir ja auch et-
as Leid; denn Ihre Fraktion hat sich in dieser Frage
ollkommen weggeduckt. Ich finde, das ist keine verant-
ortliche Politik. Hier müssen Sie endlich den Men-

chen verlässliche Konzepte vorlegen, damit sie sich
arauf einstellen können. Denn gerade diejenigen, die
urz vor der Rente stehen oder die schon im Rentenbe-
ug sind, können doch in ihrem Leben nichts mehr ver-
ndern; sie sind auf Verlässlichkeit angewiesen. Sie wol-
en im Alter eine auskömmliche Rente und ein Leben in

ürde haben.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1603201000

Jetzt hat das Wort der Kollege Peter Friedrich für die

PD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Peter Friedrich (SPD):
Rede ID: ID1603201100

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

erren! Wir diskutieren heute über die Weitergeltung
er aktuellen Rentenwerte und den Rentenversiche-
ungsbericht 2005. In der Debatte wurde die Generatio-
engerechtigkeit mehrfach angesprochen. Ich bin dank-
ar, dass ich als jüngerer Abgeordneter die Möglichkeit
abe, für meine Fraktion ein paar Anmerkungen dazu zu
achen.

Erste Anmerkung. Es ist das Verdienst und die Ver-
ntwortung einer realistischen Reformpolitik, dass die
ewältigung der demografischen Entwicklung nicht im
onflikt zwischen den Generationen stattfindet. Ein
rieg der Generationen findet in Deutschland nicht statt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


ie Bürgerinnen und Bürger aller Generationen sind zu
inem solidarischen Beitrag bereit.


(Vorsitz: Vizepräsident Wolfgang Thierse)


Wir haben Korrekturmechanismen in das System ein-
ebaut, die der veränderten Altersstruktur der Bevölke-
ung Rechnung tragen. Diese würden kurzfristig zu Ren-
ensenkungen führen. Malen Sie sich einmal aus, was
as für die Menschen bedeuten würde: Das hätte einen






(A) )



(B) )


Peter Friedrich
gravierenden Vertrauensverlust in die gesetzliche Rente
zur Folge, den kein Mensch ernsthaft wollen kann; es sei
denn – das ist der einzige Grund, diesen Vertrauensver-
lust in Kauf zu nehmen –, er hofft darauf, dass Alterssi-
cherung ein rein privates, persönliches Risiko wird.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das will niemand!)


Wer aber glaubt, Generationengerechtigkeit durch we-
niger Solidarität zu erreichen, der irrt, Herr Kolb.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Deshalb ist der Entwurf eines Gesetzes über die Weiter-
geltung der aktuellen Rentenwerte richtig.

Die Anstrengungen, die wir jetzt im Bereich Rente
unternehmen, müssen von Reformen der anderen großen
solidarischen Sicherungssysteme flankiert werden. Wir
stehen gegenüber den Menschen in der Verantwortung,
ihnen eine längere reale Lebensarbeitszeit zu ermögli-
chen. Das gilt – das wurde schon angesprochen – für das
Ende des Erwerbslebens, das heißt, dass die Menschen
das Renteneintrittsalter tatsächlich im Erwerb stehend
erleben müssen. Das gilt aber auch für den Anfang des
Erwerbslebens. Die Gesamtarbeitszeit der Menschen
muss zunehmen.

Wir müssen auch die Auswirkungen der Demografie
auf die anderen Sicherungssysteme berücksichtigen. Des-
halb diskutieren wir momentan über die Frage, wie die
Gesundheitsreform weitergehen kann. Wer glaubt – wie
das mehrfach in die Diskussion geworfen wurde –, man
könne eine Reform auf höhere Zu- und Aufzahlungen
gründen, der irrt. Das hieße nämlich nichts anderes, als
dass wir von den Rentnerinnen und Rentnern an der Apo-
theke das zurückfordern, was wir ihnen vorher gegeben
haben. Das hieße, die Kranken müssten mit den Gesun-
den solidarisch sein. Auch das können wir nicht wollen.

Zweite Anmerkung. Bei der Rentenfrage muss man
nicht über zwei, sondern über drei betroffene Generatio-
nen sprechen. Wir diskutieren viel und emsig über die
Beitragszahler und die Leistungsempfänger. Generatio-
nengerechtigkeit ist aber mehr als eine reine Zahlungs-
bilanz. Es geht auch um die Frage, in welchem Zustand
sich die Solidargemeinschaft befindet, in die zukünftige
Beitragszahler hineingeboren werden, in der sie auf-
wachsen. Daher sind für die zukünftige Struktur der
Rente folgende Fragen von Bedeutung: Wie schaffen wir
nachhaltiges Wachstum? Wie schaffen wir eine dauer-
hafte Steigerung der Qualität unseres Bildungssystems?
Wie schaffen wir die Integration zugewanderter Bürge-
rinnen und Bürger? Wie ist der Wohlstand zwischen den
Generationen und innerhalb einer Generation verteilt?


(Beifall bei der SPD)


Herr Ernst, in Ihrer Rede spielten all diese Themen
keine Rolle. Deshalb möchte ich mir einen Hinweis
nicht verkneifen: Wer in der Debatte immer wieder be-
tont, man müsse den Wohlhabenden endlich einmal an
den Kragen, um das finanzieren zu können – in dieser
Verbalität tragen Sie das vor –, und gleichzeitig Vor-
schläge zur Vermögensteuer auf den Tisch legt, die eine

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(C (D esteuerung ab 300 000 Euro vorsehen, der sollte einer isenbahnerwitwe, die sich zum Beispiel in Radolfzell m Bodensee – meinem Wahlkreis – zusammen mit ihem Mann in Eigenarbeit ein Häuschen gebaut hat, erlären, was das für sie bedeuten würde. Die Häuser haen einen Wert, der weit über diesen Beträgen liegt. ollen Sie tatsächlich über die Vermögensteuer von die er Frau Solidarbeiträge einfordern? as steht tatsächlich in Ihrem Konzept. Sie sollten einal schauen, wen Sie damit eigentlich treffen und wel he Leute Sie für die Wohlhabenden dieses Landes halen. Kollege Friedrich, gestatten Sie eine Zwischenfrage es Kollegen Ernst? Ja. Herr Friedrich, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu neh en, dass bei unseren Vorschlägen zur Vermögensteuer in Häuschen im Wert von 300 000 Euro unter den Freietrag fallen würde? (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Was ist denn so ein Häuschen in Stuttgart wert?)


(Widerspruch bei Abgeordneten der LINKEN)


(Beifall der SPD und der CDU/CSU)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1603201200
Peter Friedrich (SPD):
Rede ID: ID1603201300
Klaus Ernst (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1603201400


Peter Friedrich (SPD):
Rede ID: ID1603201500

Herr Ernst, ich nehme das zur Kenntnis. Allerdings

telle ich Ihnen anheim, zur Kenntnis zu nehmen, dass
ie in meinem Wahlkreis für 300 000 Euro wahrschein-

ich kein Häuschen finden werden. Das ist das Problem.
ie Leute sehen ihr Eigenheim als Altersvorsorge an. Es

st für sie mehr als nur in Haus. Trotzdem wollen Sie
so steht es in Ihrem Konzept – da heran.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Meine dritte Anmerkung: Der wichtigste Beitrag zu
iner erfolgreichen Rentenpolitik in Zukunft ist eine er-
olgreiche Familienpolitik. Natürlich können wir nicht
innen weniger Jahre die Ergebnisse einer seit Jahrzehn-
en laufenden gesellschaftlichen Entwicklung korrigie-
en. Aber so zu tun, als sei Demografie gottgegeben und
in Naturgesetz, bedeutet, sich vor der politischen Auf-
abe zu drücken. Deutschland braucht mehr Kinder. Es
ommt häufig der Einwand, diese Kinder müssten dann
a auch Arbeit haben und Beiträge zahlen, um der Rente
berhaupt zu nutzen. Der Einwand ist natürlich richtig.
ber es heißt, den ersten Schritt vor dem zweiten zu tun.
inder sind mehr als nur persönliches Glück. Sie sind

uch ein Wachstumsimpuls für die Gesellschaft und für
ie Wirtschaft eines Landes. Damit wir mehr Kinder be-
ommen, brauchen wir in Zukunft für die Menschen die
erlässlichkeit, dass die Betreuung der Kinder gewähr-

eistet ist und dass Beruf und Familie dauerhaft mit-
inander vereinbar sind.






(A) )



(B) )


Peter Friedrich

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Vierte Anmerkung: Ebenso wie Geld eine zentrale
Ressource für die Rente ist, ist Vertrauen eine zentrale
Ressource für die Rente. Deswegen ist meine Bitte an
alle hier im Haus, insbesondere an die, die an den Rän-
dern sitzen: Hören Sie auf, bei den Menschen bezüglich
der Rente Ängste zu schüren. Hören Sie damit auf! Hö-
ren Sie auf der einen Seite damit auf, den Beitragszah-
lern Angst zu machen, sie würden überfordert, und hören
Sie auf der anderen Seite auf, ihnen Altersarmut einzure-
den und den Systemkollaps zu propagieren.


(Zuruf von der LINKEN)


Dies beschreibt nicht die Realität der Rente in Deutsch-
land. Sie wissen ganz genau, dass wir bei der Altersar-
mut so gut dastehen wie noch nie zuvor.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Wenn Sie dies nicht berücksichtigen, machen Sie den
Menschen Angst. Sie treiben sie aus einem solidarischen
Sicherungssystem. Mit dieser Propaganda verringern Sie
die Solidarität in unserer Gesellschaft.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Deswegen ist es gut, dass die große Koalition für die,
die darauf angewiesen sind, dass ein solidarisches Siche-
rungssystem existiert und für sie da ist, wenn sie es brau-
chen, eine verlässliche Grundlage schafft und sich nicht
aus populistischen Gründen vor der Verantwortung
drückt.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1603201600

Kollege Friedrich, dies war Ihre erste Rede im Deut-

schen Bundestag. Herzliche Gratulation und alle guten
Wünsche für Ihre weitere Arbeit!


(Beifall)


Ich erteile nun das Wort dem Kollegen Peter Weiß,
CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1603201700

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Wir führen ja manchmal eine eher kurzatmige Renten-
debatte über viele Einzelfragen. Die Oppositionsredner
verstehen es meisterhaft – zumindest versuchen sie es –,
noch ein paar zusätzliche Kampfschauplätze aufzuma-
chen


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Danke! Danke!)


und sich an Einzelpunkten festzuklammern. Man fragt
sich: Was soll das Ganze, was Sie hier vorführen, eigent-
lich? „Bild“ und „Super Illu“ machen das auch. Sie spre-

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(C (D hen von einer Schrumpfrente und machen den Leuten chlichtweg Angst, was ihre Sicherheit im Alter betrifft. Ich finde, dass solche Debattenbeiträge, die den igentlichen Kern des Themas vermeiden, nur dafür soren, dass Rentnerinnen und Rentner wie auch Arbeitehmerinnen und Arbeitnehmer zusätzlich verunsichert erden. Aber die Menschen in unserem Land wollen eine hysterischen Schlagzeilen, sondern sie wollen wisen, wie es um ihre Altersversorgung wirklich bestellt st. Das wird im Rentenversicherungsbericht und im Alerssicherungsbericht der Bundesregierung in aller Klareit dargelegt. Darüber sollten wir miteinander reden. Deswegen steht im Koalitionsvertrag: Mit der großen oalition wird es selbst dann, wenn sich die Löhne chlecht entwickeln, keine Rentenkürzung geben. Übriens wird es, Herr Kolb, auch keine Rentenkürzung urch die Hintertür geben. Sie haben ja nicht über diese egislaturperiode gesprochen, sondern über die verganene Regierung; Ihre Rede war sehr rückwärtsgewandt. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Damals war der Minister Fraktionsvorsitzender!)


ie Bürgerinnen und Bürger in diesem Land können
ich darauf verlassen, dass wir dieses Versprechen einlö-
en. Ein Gesetz, wie wir es heute beschließen, ist die
tärkste Form der Einlösung unseres Versprechens. Es
ibt mit Schwarz-Rot keine Rentenkürzung. Das ist
akt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Bei all diesem Gerede, das nichts anderes als Verun-
icherung schafft, muss man einfach noch einmal klar
nd deutlich sagen: Grundsätzlich gilt für die Rente zu-
llererst die Mathematik. Wer Adam Riese außer Kraft
etzen will, wird bei der Rente eine Bauchlandung erle-
en.

Die Veränderungen im Altersaufbau unserer Gesell-
chaft, die Zunahme der Zahl älterer Mitbürgerinnen und
itbürger und die steigende Lebenserwartung, zwingen

ns dazu, mit unserer umlagefinanzierten Rentenversi-
herung auf diese Herausforderung zu antworten, aller-
ings nicht mit Wehgeschrei, sondern mit einem
usgleichsmechanismus, der für eine solidarische
enerationengerechtigkeit sorgt. Darum geht es bei

er gesetzlichen Rentenversicherung.

Das war auch schon das Kennzeichen aller bisherigen
entenreformen, angefangen von Norbert Blüm im

ahr 1992. Wären diese Reformen nicht durchgeführt
orden, würde der Beitragssatz zur Rentenversicherung,
en die jungen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in
nserem Land im Jahr 2030 voraussichtlich zahlen
üssten, zwischen 36 und 41 Prozent liegen. Das würde

ür die jungen Leute das endgültige Aus der Solidarität
edeuten. Genau das wollen die Linken:


(Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Ui! Ui!)


en Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Deutsch-
and noch mehr Geld von ihrem sauer verdienten Lohn
egnehmen.






(A) )



(B) )


Peter Weiß (Emmendingen)


(Lachen bei der LINKEN)


Das, was die Linken wollen, bedeutet unter dem Strich:
Alle werden gleich arm gemacht.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: So ein Blödsinn!)


Um eine solidarische Generationengerechtigkeit her-
zustellen, müssen wir konsequenterweise auch die
Regelaltersgrenze schrittweise auf 67 Jahre erhöhen.
Im Rentenversicherungsbericht wird deutlich, dass es
gelingen kann – das ist unser Wille –, den Beitragssatz
zur gesetzlichen Rentenversicherung bis zum Jahr 2030
unter 22 Prozent zu halten. Ein Beitragssatz von 22 Pro-
zent ist wesentlich geringer als ein Beitragssatz von
36 bis 41 Prozent. Das könnte die junge Generation noch
tragen.

Am Dienstag dieser Woche ist der „Papst“ der deut-
schen Rentenversicherung, Professor Ruland, offiziell in
den Ruhestand verabschiedet worden. In einem Inter-
view mit der „FAZ“ vom 3. April dieses Jahres hat er
noch einmal trotz des bestehenden Reformbedarfs die
große Anpassungsfähigkeit und die Krisenfestigkeit des
Umlagesystems hervorgehoben.

Man kann, so glaube ich, heute in der Tat feststellen:
Die gesetzliche Rentenversicherung bleibt auch in Zu-
kunft das wesentliche und prägende Element der Alters-
vorsorge in Deutschland. Aber die Botschaft an die Ar-
beitnehmerinnen und Arbeitnehmer und vor allem an die
junge Generation muss lauten: Die gesetzliche Renten-
versicherung allein reicht zur Sicherung des Lebensstan-
dards im Alter nicht mehr aus. Sie muss zwingend um
die betriebliche und die private, kapitalgedeckte Alters-
vorsorge ergänzt werden, wenn man nicht in Altersarmut
geraten will.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Deshalb ist die politisch spannende und zentrale Auf-
gabe, die vor uns liegt, eigentlich nicht so sehr die Frage,
wie es mit der gesetzlichen Rente aussieht, sondern:
Schaffen wir es, dafür zu sorgen, dass möglichst jeder
Arbeitnehmer eine betriebliche und eine private Alters-
vorsorge aufbaut?


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das muss man sich aber auch leisten können, Herr Weiß! – Zuruf von der LINKEN: Und was ist mit den Hartz-IV-Beziehern? Wie soll das denn gehen?)


Die Finanzwirtschaft vermeldet, dass mittlerweile
5,6 Millionen Riesterverträge abgeschlossen wurden.
Das ist schön. Aber das sind noch immer viel zu wenige.
Deswegen müssen wir uns bemühen, die Attraktivität
der privaten Altersvorsorge zu steigern. Wir tun das, in-
dem wir noch in diesem Jahr ein Gesetz beschließen
werden, durch das selbst genutztes Wohneigentum in die
Förderung der Riesterrente aufgenommen wird. Da-
rüber hinaus werden wir den Betrag, mit dem der Staat
Familien mit Kindern fördert, deutlich erhöhen.

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(C (D An dieser Stelle will ich noch Folgendes erwähnen: s ist bereits heute möglich, dass eine Familie mit zwei indern, die einen jährlichen Eigenbetrag von 64 Euro n eine Riesterrente einzahlt, zusätzlich 336 Euro vom taat geschenkt bekommt. Ich finde, das ist ein großzüiges Angebot des Staates, um die Menschen zur privaen Altersvorsorge zu motivieren. Das wollen wir als roße Koalition sogar noch verbessern. Deswegen bin ch überzeugt: Wenn wir nicht schlecht über das Thema ltersvorsorge reden, sondern den Leuten erklären, was n diesem Land möglich ist, dann werden wir es schafen, dass in ausreichendem Maße private und betriebiche Altersvorsorge betrieben werden, sodass das Geamtversorgungsniveau der Menschen im Alter nicht inkt, sondern zumindest so hoch bleibt, wie es gegenärtig ist. Der Alterssicherungsbericht der Bundesregie ung zeigt: Wenn es uns gelingt, die Kombination aus esetzlicher Rente, betrieblicher Altersvorsorge und iesterrente für alle so attraktiv zu machen, dass sie sie utzen, steigt das Alterseinkommen in Zukunft sogar. eswegen sage ich: Wir brauchen kein Untergangsge chrei, wie es hier zum Teil aufgeführt wird, sondern lanbarkeit und Verlässlichkeit – dann bleibt Altersarut in Deutschland auch in Zukunft ein Fremdwort. Vielen Dank! Ich erteile das Wort Kollegen Anton Schaaf, SPD raktion. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe chon bei der letzten rentenpolitischen Debatte in diesem ause gesagt: Wir haben es mit einer Gemengelage zu un: zwischen gnadenlosem Populismus auf der einen eite nd gnadenloser Klientelpolitik auf der anderen Seite. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Realismus, Herr Schaaf!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1603201800

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Anton Schaaf (SPD):
Rede ID: ID1603201900

(Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Na, na, na!)


uf der linken Seite dieses Hauses hat sich nicht viel ge-
ndert, auf der rechten Seite ist allerdings gnadenloser
opulismus hinzugekommen; das muss man in aller
eutlichkeit feststellen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Dr. Heinrich L. Kolb [FDP])


Herr Kolb, ich bin gerne bereit, den Nachweis anzutre-
en. Sie haben gerade gesagt, wir würden den Rentnerin-
en und Rentnern mit verschiedensten Instrumenten
assiv in die Tasche greifen,


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ja, sicher!)


lso real Rentenkürzungen vornehmen. Ich gebe unum-
unden zu, dass es in den letzten Jahren zusätzliche






(A) )



(B) )


Anton Schaaf
Belastungen für die Rentnerinnen und Rentner gegeben
hat – als ihr Solidarbeitrag zum Erhalt der sozialen Si-
cherungssysteme,


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Na also!)


insbesondere bei der Gesundheitsvorsorge – und dass die
Mehrwertsteuererhöhung nicht kompensiert werden
kann.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Na also!)


Das gestehe ich Ihnen zu.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Aber jetzt will ich den Menschen draußen im Lande
mal sagen, was Sie vorschlagen: Die FDP schlägt vor,
den Rentenversicherungsbeitrag nicht von 19,5 Prozent
auf 19,9 Prozent zu erhöhen, sondern ihn sogar abzusen-
ken: auf 19 Prozent.


(Zuruf von der SPD: Hört! Hört!)


Im Klartext geht es um 5 bzw. 9 Milliarden Euro. Sie sa-
gen aber nicht, wer das finanzieren soll. Das heißt, es
geht um Kürzungen bei den Rentnerinnen und Rentnern.
So steht es in Ihrem Konzept: reale Kürzungen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Unser Konzept sieht anders aus! Was Sie da in der Hand halten, ist eine Fälschung!)


Das wollen wir den Menschen nicht zumuten. Und Sie
werfen uns vor, dass wir den Rentnerinnen und Rentnern
in die Tasche greifen! Das ist unlauter, um das ganz
deutlich zu sagen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Herr Kolb, in all Ihren Papieren betonen Sie, dass die
gesetzliche Rentenversicherung auch in Zukunft die zen-
trale Säule der Altersversorgung sein wird. Dieser Über-
zeugung bin auch ich, und wir müssen alles dafür tun,
damit das auch in Zukunft so bleibt. Aber dann liest man
in einem mir vorliegenden Papier der Jungen Liberalen
– die hoffentlich nie in die Verantwortung kommen –,
dass die Julis die umlagefinanzierte Versicherung ab-
schaffen wollen. Das ist die Realität in der FDP. Und Sie
stellen sich hier hin und klagen laut über das, was die
Vorgängerregierung getan hat und die große Koalition
tut, um die sozialen Sicherungssysteme zukunftsfest zu
machen!


(Beifall bei der SPD)


Das ist die Gemengelage.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1603202000

Herr Kollege Schaaf, gestatten Sie eine Zwischen-

frage des Kollegen Kolb?


Anton Schaaf (SPD):
Rede ID: ID1603202100

Aber selbstverständlich.

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(C (D Herr Kollege Schaaf, würden Sie mir zustimmen, ass Sie jetzt demselben Denkfehler unterliegen wie in er letzten Legislaturperiode bei der Tabaksteuererhöung, als Sie die Steuersätze erhöht haben und dann erleen mussten, dass unter dem Strich sogar geringere Einahmen erzielt werden? Können Sie sich vorstellen, dass iedrigere Rentenbeiträge zu mehr sozialversicherungsflichtiger Beschäftigung und damit zu mehr Beitragszahrn führen können und dass das am Ende der wirksamere eg ist, um die Rentenkasse und die Rentenzahlungen u stabilisieren? Mit Ihrer Politik der permanenten Mehrbelastung der enschen durch permanente Beitragserhöhungen be chreiten Sie den falschen Weg: Sie haben mit Ihrer Poliik den massiven Verlust von anderthalb Millionen Areitsplätzen in fünf Jahren zu verantworten; das sage ich esonders an Sie als SPD-Kollegen gerichtet. Höhere eiträge sind der falsche Weg. Beitragssenkungen und er Aufbau von Beschäftigung, das ist die Lösung des roblems. Da sollten Sie mir doch eigentlich zustimmen, der? Herr Kolb, wir haben diese Diskussion an anderer telle schon geführt. Ich sage Ihnen noch einmal: Der iderspruch liegt bei Ihnen. Auch ich war der Meinung, ass man die Mehrwertsteuer nicht erhöhen sollte. ber man kann das tun, wenn damit die Lohnnebenkosen gesenkt werden. Genau da widersprechen Sie sich och, wenn Sie jetzt fordern, dass die Mehrwertsteuer icht erhöht wird. Also, wir haben uns auf den Weg gemacht und einen chwierigen Kompromiss gefunden: um die Lohnnebenosten abzusenken, um die Beitragszahlerinnen und Beiragszahler zu entlasten und übrigens auch – das sage ich n die FDP gerichtet –, damit private Vorsorge überhaupt öglich wird. Was private Vorsorge angeht, argumentie en Sie ja gerne, die Arbeitslosengeld-II-Empfänger häten bei der Riesterrente ja gar keine Chance und desween drohe Altersarmut. Da liegen Sie aber falsch. Die rohende Altersarmut resultiert daraus, dass die Menchen keine Arbeit haben, und nicht daraus, dass sie icht privat vorsorgen können. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1603202200

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Anton Schaaf (SPD):
Rede ID: ID1603202300

(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Aha!)


nser Interesse muss also zunächst einmal darin liegen,
ass die Menschen in Brot und Arbeit kommen. Das ist
och die entscheidende Frage. Die Argumentation auf
hrer Seite würde ich also noch einmal sehr deutlich
berprüfen.

Herr Kolb, lassen Sie mich noch etwas zur Sozialab-
abenfreiheit bei der Entgeltumwandlung sagen.
uch das ist natürlich ein Punkt, über den man diskutie-

en kann. Ich weise nur darauf hin: Wenn uns die Ein-
ahmen aus diesem Bereich in der gesetzlichen Renten-






(A) )



(B) )


Anton Schaaf
versicherung fehlen, dann trifft das im Nachgang im
Wesentlichen die, die nicht privat vorsorgen konnten.
Das ist eine ganz einfache Geschichte. Diese Einnahmen
werden im sozialen Sicherungssystem, in der Rentenver-
sicherung, fehlen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Bei den Interessen der Hartz-IV-Empfänger seid ihr nicht so zimperlich!)


Von daher muss man sehr genau hinschauen, was man an
der Stelle tun will.

Noch einmal an die linke Seite des Hauses gerichtet:
Ich halte es für eine Verkürzung der Diskussion, wenn
man sagt, die Anhebung des Renteneintrittsalters auf
67 Jahre bedeute eine massive Rentenkürzung. Wenn
man sich die Historie der gesetzlichen Rentenversiche-
rung anschaut, dann erkennt man, dass es eine giganti-
sche Steigerung bei der Rente gab. Als wir die gesetzli-
che Rentenversicherung eingeführt haben, betrug die
durchschnittliche Bezugsdauer der Rente acht Jahre;
mittlerweile sind wir bei 18 Jahren. Wenn man das eine
so nicht fassen möchte, dann kann man es aus meiner
Sicht andersherum auch nicht fassen. Wir reden hier aus
meiner Sicht nicht über eine Rentenkürzung, sondern
darüber, dass die Lebensarbeitszeit länger sein muss als
bisher, damit die sozialen Sicherungssysteme auf Dauer
erhalten werden können.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1603202400

Kollege Schaaf, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Ernst?


Anton Schaaf (SPD):
Rede ID: ID1603202500

Nein, danke.

Lassen Sie mich noch drei inhaltliche Punkte sagen.

Erstens. Wir haben gesagt, dass mit der Gesetzesini-
tiative zur Anhebung des Renteneintrittsalters auf
67 Jahre ein Programm für die Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer über 50 Jahre einhergehen muss. Es kann
nicht sein, dass viele Betriebe in unserem Lande ältere
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor dem Hinter-
grund, dass sie relativ teuer und eventuell nicht mehr so
leistungsfähig sind, entlassen und das Problem in die
Verantwortung der Allgemeinheit stellen. Für die Be-
schäftigung der älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeit-
nehmer tragen auch die Unternehmer in diesem Land
ihre Verantwortung.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Es kann nicht sein, dass die Unternehmen im Lande nach
Ingeneurinnen und Ingenieuren rufen, während gleich-
zeitig 20 000 Ingenieure arbeitslos sind. Die Verantwor-
tung für Qualifizierung und Weiterbildung liegt hier bei
den Unternehmen, nicht bei der Allgemeinheit. Diese
Verantwortung muss man noch einmal in aller Deutlich-
keit zuweisen.


(Beifall bei der SPD)


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(C (D Der zweite Punkt ist die Altersteilzeit. Wenn wir einen, dass die Menschen später in Rente gehen sollen, ann sollten wir allerdings auch über flexible Modelle afür miteinander diskutieren können. Wir wissen ja, ass die Förderung der Altersteilzeit 2009 ausläuft. Wir ollten uns noch einmal Gedanken darüber machen. Ich alte es eigentlich für unsinnig, dass es zwei große Brühe im Leben gibt, nämlich einmal den, wenn wir von er Schule in den Beruf gehen, und einmal den, wenn ir aus dem Beruf in die Rente gehen. Wir sollten diese bergänge flexibler gestalten und Möglichkeiten dafür uchen, dass die Menschen flexibler mit diesen Überängen umgehen können, damit es keine Brüche mehr ind. (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Aber nicht zulasten der Beitragszahler, Herr Schaaf!)


Der dritte und letzte Punkt, den ich noch ansprechen
öchte, ist die Frage der Erwerbsminderung. Wenn
ir sagen, dass die Menschen länger arbeiten sollen,
ann müssen wir sicherlich auch individualisierte Instru-
ente für diejenigen haben, die nicht mehr oder nicht so

ange arbeiten können. Deswegen bitte ich, in den De-
atten, die wir jetzt zu führen haben, insbesondere auch
och einmal die Frage der Erwerbsminderung auf die
genda zu nehmen. Eine Überlegung wäre zum Bei-

piel, das Alter, ab dem die Möglichkeit eines abschlags-
reien Zugangs besteht, nicht gleichzeitig mit dem Ren-
eneintrittsalter auf 67 Jahre zu erhöhen, sondern es bei
3 Jahren zu belassen. Ich denke, das ist ein überlegens-
erter Ansatz.

Meine Damen und Herren, ich will mit einem Satz
chließen, der da lautet: Auch in Zukunft ist die Rente si-
her – sicher die zentrale Säule der Altersvorsorge. Wir
ozialdemokraten werden uns darum bemühen.

Danke schön.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1603202600

Das Wort zu einer Kurzintervention erteile ich dem

ollegen Klaus Ernst.


(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Du lieber Gott! – Wolfgang Meckelburg [CDU/ CSU]: Er kann es nicht lassen!)



Klaus Ernst (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1603202700

Herr Schaaf, ich möchte Ihnen nur zur Kenntnis ge-

en – ich gehe davon aus, dass Sie das nicht wussten –,
ass das Leben eines Gerüstbauers in der Bundes-
epublik im Durchschnitt nach 64 Jahren endet. Wenn
er Plan der Bundesregierung, ihn bis 67 Jahre arbeiten
nd erst dann in Rente gehen zu lassen, zur Umsetzung
elangt, wird er drei Jahre vor Rentenbezug ableben. –
as nur als Hinweis!


(Beifall bei der LINKEN – Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Sie kennen das System überhaupt nicht! Das war ein tolles Beispiel!)







(A) )



(B) )


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1603202800

Kollege Schaaf.


Anton Schaaf (SPD):
Rede ID: ID1603202900

Das ist genau das, was ich mit „gnadenlosem Populis-

mus“ meine. Man kann damit zwar auf die erste Seite
der „Bild“-Zeitung kommen, aber mit Sicherheit keine
seriöse Debatte führen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1603203000

Ich erteile das Wort dem Kollegen Michael Fuchs,

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Jetzt kommt der Vorschlag zum Bürokratieabbau in der Sozialversicherung!)



Dr. Michael Fuchs (CDU):
Rede ID: ID1603203100

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Ernst, ich
kann nur sagen: Man kann Sie nicht ernst nehmen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ihrem Namen machen Sie überhaupt keine Ehre.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Dann wollen wir mal bei Ihnen gucken, Herr Fuchs!)


Ihre Rede hatte mit dem, was heute Thema ist, nichts zu
tun.

Gerade Ihrer Partei verdanken wir doch einen Groß-
teil der Misere in unserem Land.


(Zurufe von der LINKEN: Oh! – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Na ja!)


Es ist die SED gewesen, die Vorgängerpartei der PDS,
die im gesamten Osten, einem großen Teil unseres Lan-
des, den Karren in den Dreck gefahren hat. Wir sind
nunmehr bemüht, dies mit den Gesetzen, die wir ma-
chen, zu korrigieren.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Es ist Ihnen Gott sei Dank nicht gelungen, in den alten
Bundesländern Fuß zu fassen. Ihre Partei ist bei den letz-
ten Landtagswahlen kläglich gescheitert. Das wird so
weitergehen, weil man Sie weiterhin nicht ernst nehmen
kann. Das, was Sie hier machen, ist Klamauk; nichts an-
deres.

Lieber Herr Kollege Kolb, von Ihnen hätte ich aller-
dings etwas anderes erwartet.


(Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Genau!)


Ich war von Ihrer Rede ziemlich entsetzt. Kennen Sie ei-
gentlich das Märchen von dem berühmten Wettlauf zwi-
schen Hase und Igel?


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das kenne ich!)


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(C (D ir kommt es langsam so vor, als sei die FDP der Hase, er erratisch über das politische Feld in Berlin rennt und icht weiß, wohin. Dabei drückt er sich in die Furche nd fällt in die Stacheln des Igels. Ich will Ihnen genau rklären, warum. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ich bin gespannt!)


ch bin ein wenig enttäuscht darüber, dass Sie immer
ieder Anträge stellen, die sich im Prinzip schon von

elbst erledigt haben.


(Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: So ist es! – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wo ist denn Ihr Gesetzentwurf? Stimmen Sie unserem Antrag zu?)


Halten wir einmal Folgendes fest: Unser Bundes-
rbeitsminister hat hervorragende Arbeit geleistet. Wir
aben ihn vor drei Wochen angeschrieben und ihn gebe-
en, klarzustellen, dass die Geschäftsführer einer „Regel-
mbH“ keine Scheinselbstständigen sind. Noch bevor

hr Antrag vorlag, hatte er – das konnten Sie in der Zei-
ung nachlesen – reagiert. Sie brauchen keine Sorge zu
aben, dass diese Regierung schläft. Sie brauchen uns
uch nicht zu helfen. Wir handeln schnell. Dafür bin ich
em Bundesarbeitsminister ausgesprochen dankbar.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1603203200

Herr Kollege Fuchs, gestatten Sie eine Zwischenfrage

es Kollegen Kolb?


Dr. Michael Fuchs (CDU):
Rede ID: ID1603203300

Darauf freue ich mich.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1603203400

Bitte schön.


Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1603203500

Heißt das, Herr Kollege Fuchs, dass Sie unserem An-

rag heute zustimmen werden? Wenn Sie das nicht tun,
rage ich Sie: Wo ist denn Ihr Antrag, mit dem das
roblem, wonach GmbH-Gesellschafter durch Sozial-
ersicherungsbeiträge in fünfstelliger Größenordnung
edrückt werden können, gelöst wird? Solange Sie nur
avon reden, ist es notwendig und richtig, dass die FDP
ie mit konkreten Anträgen und auch Gesetzentwürfen

reibt. Davon werden wir uns auch in Zukunft nicht ab-
ringen lassen, Herr Fuchs.


(Beifall bei der FDP – Dr. Norbert Röttgen [CDU/ CSU]: Das können Sie gar nicht!)



Dr. Michael Fuchs (CDU):
Rede ID: ID1603203600

Es ist Ihr gutes Recht, Herr Kollege Kolb, dass Sie

ersuchen, uns zu treiben. Aber gehen Sie bitte davon
us, dass wir das gar nicht nötig haben; denn wir reagie-
en schon vorher.






(A) )



(B) )


Dr. Michael Fuchs

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wo ist denn Ihr Antrag?)


Diese Treibjagd werden Sie genauso verlieren, wie Sie
auch jetzt mit Ihrem populistischen Ansatz verlieren
werden. Der Bundesarbeitsminister hat bereits klarge-
stellt, dass eine solche Regelung – wie von Ihnen be-
fürchtet – für die GmbH-Geschäftsführer nicht gelten
wird.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wo ist denn die Umsetzung?)


– Erst einmal reicht eine solche Klarstellung. Anschlie-
ßend werden wir im Sozialgesetzbuch – Herr Bundesar-
beitsminister, ich denke, das sehe ich richtig – die ent-
sprechenden Änderungen vornehmen. Dafür brauchen
wir Ihre Hilfe nicht.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ich sehe mich bestätigt!)


Wir halten es für dringend notwendig, dass die Selbst-
ständigen geschützt werden und sie die Chance haben,
eine private Altersvorsorge abzuschließen.


(Jörg van Essen [FDP]: Ich bin entsetzt! Keine Umsetzung!)


Das ist für uns selbstverständlich. Das sieht die Regie-
rung ganz genauso.

Das Beispiel zeigt, dass die Regierung gerade die As-
pekte der mittelständischen Unternehmen – im Wesentli-
chen betrifft es die Mittelständler – im Auge hat. Deren
Probleme nehmen wir ernst und wir werden ihnen auf
diese Art und Weise schnell und ordnungsgemäß helfen.
Es ist nun einmal so: Vor Gericht und auf hoher See ist
man in Gottes Hand. Das Urteil des Bundessozialge-
richts betrifft aber einen Einzelfall – auch von den Ren-
tenversicherungsträgern wird das so gesehen – und wird
nicht dazu führen, dass sofort etwas passieren muss.

Aber jetzt zum eigentlichen Thema. Wir sind schon
so weit, dass wir 32,5 Prozent unseres Bruttoinlandspro-
dukts für Soziales ausgeben.

Die Sozialleistungsquote beträgt mittlerweile
32,5 Prozent und ist damit unglaublich hoch. Der Zu-
schuss zur Rentenversicherung aus dem Bundeshaushalt
beträgt 77,4 Milliarden Euro. Das ist gut so. Wir müssen
das Rentensystem auf diese Weise stabilisieren. Wir wis-
sen aber auch, dass das hohe Belastungen für den Bund
bedeutet. Deswegen ist es richtig, dass der Bundesar-
beitsminister – auch hierfür möchte ich ihn loben – ge-
sagt hat, wir steigen mit der Rente ab 67 in den Umbau
der Rente ein. Das war notwendig. Wenn Sie meinen,
Herr Ernst, hier mit Populismus, wie Sie ihn eben bewie-
sen haben, Klamauk treiben zu können, dann geht das an
der ernsten Problematik dieses Themas völlig vorbei.

Ich finde es traurig, dass es darüber keinen Konsens
gibt. Wir können doch nicht so tun, als wäre die demo-
grafische Entwicklung an diesem Land komplett vor-
beigegangen. Sie hat sich nun einmal so ergeben. Der
Kollege Schaaf hat völlig Recht, dass früher bei Renten-

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(C (D eginn die Lebenserwartung noch maximal acht Jahre etragen hat, während es heute durchschnittlich 18 Jahre ind. Dass das nicht auf die gleiche Weise finanziert weren kann, ist selbstverständlich. Es kommt heute vor, ass jemand mit 29 oder gar 30 Jahren nach dem Stuium endlich ins Berufsleben einsteigt und mit 52 in rührente geht. Da kann man ja kaum noch von verchiedenen Gruppen reden. Herr Kollege. Wie wollen wir die Rentenversicherung finanzieren, enn sich die Lebensarbeitszeit so verkürzt hat? Das ist och nur über eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit öglich. Ich denke, es ist völlig richtig, dass wir an die er Stelle angesetzt haben. Herr Kollege Fuchs, gestatten Sie eine Zwischenfrage es Kollegen Seifert von der Linksfraktion? Gerne. Lieber Herr Kollege, Sie sprechen – wie auch der orredner schon – zum wiederholten Mal davon, dass ich die Rentenbezugsdauer insgesamt erhöht hat. Ich ehe davon aus, dass Sie sich darüber genauso freuen ie ich und einige andere im Hause auch. (Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Ich hoffe, dass ich das selbst habe!)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1603203700
Dr. Michael Fuchs (CDU):
Rede ID: ID1603203800

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1603203900
Dr. Michael Fuchs (CDU):
Rede ID: ID1603204000
Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1603204100

Aber warum reden Sie nie davon, dass sich in dersel-
en Zeit die Produktivität in unserem Lande viel stärker
rhöht hat als die Rentenbezugsdauer insgesamt und
ass die Produktivität der entscheidende Faktor ist?
ntscheidend ist doch nicht, wie viele Rentner zu finan-
ieren sind, sondern wie viel Produktivität in diesem
and besteht, um den Mehrwert zu erzeugen, damit wir
uch den Rentnerinnen und Rentner angemessene Leis-
ungen bieten können. Warum äußern Sie sich dazu gar
icht? Warum blenden Sie das völlig aus und bezeichnen
ns als Populisten?


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Michael Fuchs (CDU):
Rede ID: ID1603204200

Ohne diese Produktivität wären wir nicht in der Lage,

ie Renten zu finanzieren. Nur aus diesem Grund kön-
en wir sie noch finanzieren. Wir haben doch eben vom
undesarbeitsminister gehört, welche Entwicklung sich
rgeben hat, nämlich dass sich die Finanzierung der
entner auf viel weniger Köpfe verteilt als früher. Das

ollten wir zur Kenntnis nehmen. Das spielt doch auch
eim Produktivitätszuwachs eine Rolle.


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Dr. Michael Fuchs
Dennoch müssen wir bei den Lohnzusatzkosten vor-
ankommen. Mittlerweile zahlen nur noch 26,2 Millionen
Menschen in die Sozialversicherungssysteme ein, denen
aber 72 Millionen Leistungsempfänger gegenüberste-
hen. Hierbei ist es die zentrale Aufgabe unserer Politik,
dafür zu sorgen, dass es weniger Leistungsempfänger
und mehr Einzahler in die Sozialversicherungssysteme
gibt. Nur dann, wenn wir es hinbekommen, zusätzliche
sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse zu
schaffen, werden wir auch in der Zukunft in der Lage
sein, die gesamten Systeme zu finanzieren. Deswegen
muss sich unsere Politik daran orientieren.

Ich erinnere in diesem Zusammenhang an unseren
Koalitionsvertrag, in dem klar und deutlich steht:

Der Abbau der Arbeitslosigkeit ist zentrale Ver-
pflichtung unserer Regierungspolitik. Wir wollen
mehr Menschen die Chance auf Arbeit geben.

Deswegen ist es auch richtig, dass wir nächstes Jahr ge-
meinsam erste Ansätze verfolgen, die Lohnzusatzkosten
zu senken. Deswegen ist es richtig, im nächsten Jahr die
Beiträge zur Arbeitslosenversicherung um 2 Prozent-
punkte zu senken. Wir müssen auch alle anderen zusätz-
lichen Wege beschreiten, um dieses System zu verbes-
sern. Dazu hätte ich gerne konkrete Vorschläge, aber sie
dürfen nicht populistisch sein. Denn wir können uns
weitere Kürzungen nicht leisten. Deswegen werden wir
daran arbeiten und gemeinsame Vorschläge vorlegen.

Wir müssen auch über das Thema Altersarbeitszeit
sprechen. Ich finde es völlig richtig, was der Minister
eben gesagt hat, nämlich dass wir älteren Menschen
Chancen bieten müssen, im Arbeitsleben zu bleiben oder
wieder hineinzukommen. Dazu müssen sämtliche Rege-
lungen – zum Vorruhestand etc. – auf den Prüfstand. Es
ist auch eine Aufgabe der Tarifpolitik, dafür zu sorgen,
dass Menschen nicht so schnell frühverrentet werden.
Das darf nicht mehr möglich sein. Regelungen zur Früh-
verrentung wie die 58er-Regelung müssen schnell abge-
schafft werden. Ansonsten werden wir unser gemeinsa-
mes Ziel nicht erreichen, das System zu erhalten.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1603204300

Ich schließe die Aussprache.

Bevor wir zur Abstimmung kommen, habe ich das
Vergnügen, sehr angenehme Gäste zu begrüßen. Auf der
Ehrentribüne haben soeben die Mitglieder des Präsi-
diums der Assemblée nationale Platz genommen. Herr
Präsident Debré, ich begrüße Sie und Ihre Delegation
sehr herzlich im Namen aller Kolleginnen und Kollegen
des Deutschen Bundestages.


(Beifall)


Wir freuen uns sehr, dass Sie unserer Einladung zur
diesjährigen gemeinsamen Präsidiumssitzung und zu der
Verleihung des zweiten Deutsch-Französischen Parla-
mentspreises in Berlin gefolgt sind. Die beiden Präsidien
haben soeben, einer bewährten Tradition folgend, in ei-

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(C (D er gemeinsamen Sitzung die hervorragenden bilateralen ontakte unserer beiden Parlamente und die intensive usammenarbeit – auch bei europäischen Themen – errtern und vertiefen können. Herr Präsident Debré, liebe Kolleginnen und Kolleen der Assemblée nationale, es freut uns, dass Sie trotz es dichten Programms heute Gelegenheit finden, unseer Debatte kurz beizuwohnen. Wie ich weiß, werden Sie nd auch einige deutsche Kolleginnen und Kollegen leich zur Verleihung des zweiten Deutsch-Franzöischen Parlamentspreises erwartet. Wir wünschen Ihnen noch einen angenehmen Aufentalt in Berlin. Herzlichen Dank für Ihr Kommen. Wir kommen nun zur Abstimmung über den von der undesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes ber die Weitergeltung der aktuellen Rentenwerte ab . Juli 2006. Das sind die Drucksachen 16/794 und 6/1004. Der Ausschuss für Arbeit und Soziales empiehlt unter Buchstabe a seiner Beschlussempfehlung auf rucksache 16/1078, den Gesetzentwurf anzunehmen. ch bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen ollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – timmenthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit in weiter Beratung mit den Stimmen von CDU/CSU und PD gegen die Stimmen der drei anderen Fraktionen anenommen. Dritte Beratung nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – er stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzenturf ist mit den gleichen Mehrheitsverhältnissen wie in er zweiten Beratung angenommen worden. Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 3 b. Der Auschuss empfiehlt unter Buchstabe b seiner Beschlussmpfehlung auf Drucksache 16/1078 die Ablehnung des ntrags der Fraktion Die Linke auf der Drucksache 6/826 mit dem Titel „1-Euro-Jobs aus der Berechungsgrundlage für die Rentenanpassung herausnehen“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – er stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Beschluss mpfehlung ist mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD nd FDP gegen die Stimmen der Linkspartei und des ündnisses 90/Die Grünen angenommen. (Zuruf der Abg. Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE])


(Beifall)


Tagesordnungspunkt 3 c. Wir kommen zur Abstim-
ung über die Beschlussempfehlung des Ausschusses

ür Arbeit und Soziales zu der Unterrichtung durch die
undesregierung über einen Vorschlag für eine Richtli-
ie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Ver-
esserung der Portabilität von Zusatzrentenansprüchen,
rucksache 16/1155. Der Ausschuss empfiehlt unter
r. 1 seiner Beschlussempfehlung, die Unterrichtung zur
enntnis zu nehmen. Wer stimmt für diese Beschluss-

mpfehlung? – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Die Be-
chlussempfehlung ist mit den Stimmen des Hauses ge-






(A) )



(B) )


Vizepräsident Wolfgang Thierse
gen die Stimmen der Fraktion des Bündnisses 90/Die
Grünen angenommen.

Unter Nr. 2 empfiehlt der Ausschuss, eine Entschlie-
ßung anzunehmen. Wer stimmt für diese Beschlussemp-
fehlung? – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Die Be-
schlussempfehlung ist mit den Stimmen von CDU/CSU
und SPD gegen die Stimmen der FDP, der Linken und
der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen angenom-
men.

Tagesordnungspunkt 3 d bis h. Interfraktionell wird
Überweisung der Vorlagen auf den Drucksachen 16/966,
16/905, 16/906, 15/5571 und 15/4498 an die in der Ta-
gesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.
Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann
ist die Überweisung so beschlossen.

Ich rufe nunmehr den Tagesordnungspunkt 4 sowie
Zusatzpunkt 2 auf:

4 Beratung des Antrags der Fraktion der LINKEN

Für Selbstbestimmung und soziale Sicherheit –
Strategie zur Überwindung von Hartz IV

– Drucksache 16/997 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Kultur und Medien
Haushaltsausschuss

ZP 2 Beratung des Antrags der Abgeordneten Brigitte
Pothmer, Markus Kurth, Irmingard Schewe-
Gerigk, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

Hartz IV weiterentwickeln – Existenzsichernd,
individuell, passgenau

– Drucksache 16/1124 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Kultur und Medien
Haushaltsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache 1 ¼ Stunden vorgesehen. – Ich höre kei-
nen Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile Kollegin Katja
Kipping, Fraktion Die Linke, das Wort.


(Beifall bei der LINKEN)



Katja Kipping (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1603204400

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe

hier eine kleine Broschüre, die den Titel „Hartz IV –
Menschen in Arbeit bringen“ trägt. Im Dezember 2004
diente sie zur Information. Inzwischen taugt diese Bro-
schüre nur noch für die Märchenstunde. Denn von
„Menschen in Arbeit bringen“ kann leider nicht allzu
viel die Rede sein. Man muss sich nur die aktuellen Ver-
lautbarungen der Bundesagentur anhören, um deutlich

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(C (D itzubekommen: Die Realität spricht eine andere Sprahe. o war in den aktuellen Mitteilungen der Bundesagentur u lesen, nach dem Saisonbereinigungsverfahren erechne sich für März eine Zunahme der Arbeitslosenzahl m 30 000. Erwerbslose erleben immer weniger wirkliche Hilfe ei der Suche nach einem Job, sondern leider zunehend Demütigungen. In meinem Wahlkreis hat mich eulich ein über 50-jähriger Mann angesprochen, der ein Leben lang gewohnt war, von seiner Hände Arbeit u leben, und zwar im Baubereich. Ihm hatte man nun inen 1-Euro-Job gegeben. Seine Tätigkeit bestand dain, Unkraut zu jäten, allerdings im Winter. Was haben ie 1-Euro-Jobber gemacht? Sie haben – mir wurden iese Bilder gezeigt – erst den Schnee weggeschippt, um ann zu versuchen, in dem gefrorenen Boden Unkraut zu äten. eine Damen und Herren, noch vor einigen Jahren hätte an gedacht, das seien Geschichten aus Absurdistan, as seien Geschichten aus der Kategorie Schildbürgertreiche. Aber nein, das ist leider die traurige Realität mit artz IV. Hier muss sich etwas ändern. Doch nicht nur die Erwerbslosen gehören zu den Verierern von Hartz IV. Wohlfahrtsverbände haben errechet, dass die Zahl der Kinder, die in Armut leben, mit artz IV um 500 000 zugenommen hat. Frauen erleben ine zivilisatorische Rückwärtsrolle. Neulich erst bei eier Montagsdemo in Weißenfels hat mich eine Frau anesprochen. Sie war es immer gewohnt, auf eigenen Beien zu stehen. Nun ist sie arbeitslos und hat das Pech, ass ihr Mann nur wenige Euro über der Bemessungsrenze verdient und sie keinerlei Anspruch auf eigene eistungen hat. Sie muss nun zu ihrem Mann gehen und ie Hand aufhalten. (Rolf Stöckel [SPD]: Das ist bedarfsorientierte Grundsicherung!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Oje!)


(Beifall bei der LINKEN)


as ist für sie eine unzumutbare Demütigung.


(Beifall bei der LINKEN)


Aber auch die Beschäftigten gehören zu den Verlie-
ern von Hartz IV. Die Erpressbarkeit hat zugenom-
en.


(Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Das stimmt doch gar nicht!)


ielleicht ist auch Ihnen der Bericht einer Arbeitsge-
ichtsdirektorin zu Ohren gekommen, die beispielsweise
on einem dreifachen Vater berichtet hat, der ohne Wi-
erspruch von heute auf morgen eine Lohnreduzierung
m 20 Prozent akzeptiert hat. Diese Arbeitsgerichtsdi-
ektorin meinte, es sei die Existenzangst, die Leute dazu
winge, auf ihre Rechte zu verzichten.


(Beifall bei der LINKEN)







(A) )



(B) )


Katja Kipping
Die Liste der Verlierer geht weiter. Handwerk und
Handel klagen über fehlende Binnenkaufkraft. In mei-
nem Wahlkreis


(Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Sie haben gar keinen Wahlkreis!)


gibt es in einer früher florierenden Ladenstraße immer
mehr leere Schaufenster, weil wieder einmal ein Frisör
Pleite gemacht hat, weil die Leute sich die Produkte und
Dienstleistungen nicht mehr leisten können.

Das Fazit ist: Kinder, Frauen, Handwerker, Beschäf-
tigte und Erwerbslose gehören zu den Verlierern von
Hartz IV. Es ist höchste Zeit, dass sich hier etwas ändert.


(Beifall bei der LINKEN)


Hartz IV folgt grundsätzlich der falschen Ideologie.
Das können kosmetische Schönheitskorrekturen nicht
ändern. Wir meinen also: Hartz IV muss grundsätzlich
überwunden werden. Das Arbeitslosengeld II in seiner
jetzigen Form muss dabei durch eine soziale Grund-
sicherung ersetzt werden, die repressionsfrei erfolgt, die
diesen Namen verdient und die gesellschaftliche Teil-
habe wirklich ermöglicht.


(Beifall bei der LINKEN)


Die 1-Euro-Jobs müssen durch sozialversicherungs-
pflichtige Arbeitsverhältnisse ersetzt werden. Das Motto
könnte lauten: Ordentliche Schulsozialarbeiter statt viel
zu kurze und schlecht bezahlte 1-Euro-Jobs.


(Beifall bei der LINKEN – Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Stellt doch euer Vermögen zur Verfügung!)


Auch die Bezugsdauer beim Arbeitslosengeld I muss
länger werden. Wir schlagen hier vor: Für jedes Jahr
Beitragszahlung hat man Anspruch auf einen Monat Ar-
beitslosengeld I. Natürlich gibt es da auch für uns eine
Mindestfrist.


(Beifall bei der LINKEN)


Das Konstrukt der Bedarfsgemeinschaft sollte im
21. Jahrhundert endlich überwunden werden. Die gegen-
seitige finanzielle Inhaftnahme innerhalb einer Familie
erhöht nur die Anzahl der negativen Aspekte, nämlich
ökonomische Abhängigkeit. Wir meinen, es ist Zeit, ei-
nen Individualanspruch einzuführen.


(Beifall bei der LINKEN – Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Solidarischer Zusammenhalt einer Familie, Frau Kipping! So etwas kennen Sie nicht!)


Wir meinen auch: Schutz vor Wohnungslosigkeit
muss gewährleistet werden. Uns allen wird immer schön
warm ums Herz, wenn wir in der Weihnachtszeit Be-
richte im Fernsehen darüber sehen, wie Obdachlosen ge-
holfen wird. Aber Wohnungslosigkeit, die sich durch
Hartz IV wahrscheinlich verschärfen wird, ist eben nicht
nur zu Weihnachten ein Problem, sondern das ganze Jahr
über. Deswegen sagen wir: Das Menschenrecht auf
Wohnen muss gewahrt werden.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D Um das zu finanzieren, ist natürlich eine Neuausrichung in der Steuerpolitik notwendig. Die Großzügigkeit egenüber Vermögenden und Unternehmen mit Gewinen können wir uns tatsächlich nicht mehr leisten. er also Augen hat, um zu sehen, und Ohren, um zu höen, der kann feststellen: Hartz IV muss gekippt werden. Nun kann ich verstehen, dass es Ihnen, meine Damen nd Herren von der SPD, schwer fällt; es ist immerhin inmal Ihr Referenzprojekt gewesen. Es gibt einige Proleme, vor denen auch Sie die Augen nicht verschließen önnen. Meine Damen und Herren von der SPD, es gibt inige Verbesserungen, die müssten Sie mit uns jetzt ndlich gemeinsam in Angriff nehmen können. Ich empehle Ihnen die aktuellen Untersuchungen der Caritas zur ektüre. Diese Untersuchungen besagen: Der Krankenersicherungsschutz ist das Mindeste, was für jeden Ererbslosen gewährleistet sein muss. (Rolf Stöckel [SPD]: Genau das haben wir eingeführt!)


(Beifall bei der LINKEN)


Die heutige Situation sieht so aus, dass Frauen, die in
iner eheähnlichen Gemeinschaft leben – das betrifft
uch Männer; aber in den meisten Fällen sind doch eher
ie Frauen betroffen, weil die Männer mehr verdienen –
nd die das Pech haben, dass das Einkommen ihrer Part-
er nur wenige Euro über der Beitragsbemessungsgrenze
iegt, keinerlei Anspruch auf eine gesetzliche Kranken-
ersicherung haben. Versuchen Sie einmal als Frau über
0, sich bei einer privaten Krankenversicherung zu ver-
ichern! Dafür sind Beträge nötig, die ein Arbeitsloser
icht aufbringen kann.


(Beifall bei der LINKEN)


Auch Ihnen muss doch verständlich sein, dass es nicht
ngeht, dass das Pflegegeld und die EU-Renten für Be-
inderte bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes II
erücksichtigt werden.


(Rolf Stöckel [SPD]: Das ist bei einer bedarfsorientierten Grundsicherung aber so!)


Vor einer Sache kann man die Augen nicht verschlie-
en: Widersprüche gegen belastende Bescheide müssen
ndlich eine aufschiebende Wirkung haben. Das ist
um einen ein Gebot des Rechtsstaates. Wir sehen doch,
ass es bei der Bearbeitung der Widersprüche tatsächlich
norme Probleme gibt. Ich habe neulich in einer Runde
on Erwerbslosen gesagt: Ja, ich weiß, auf die Bearbei-
ung mancher Widersprüche wartet man schon seit sechs

onaten. Da bin ich ausgelacht worden und die Leute
aben gesagt: Wir warten leider schon seit einem Jahr
arauf, dass unser Widerspruch bearbeitet wird.


(Rolf Stöckel [SPD]: Aber es bleibt keiner ohne Hilfe!)


Das ist schöne Theorie, was Sie sagen. Die Praxis sieht
eider anders aus.

Wir haben uns in den einzelnen Kommunen umge-
ört. Fast überall ist bisher erst jeder zweite Widerspruch
earbeitet worden. Die Tatsache, dass von den bearbeite-






(A) )



(B) )


Katja Kipping
ten Widersprüchen mindestens jedem dritten Wider-
spruch stattgegeben worden ist, zeigt doch, dass es not-
wendig ist, dafür zu sorgen, dass Widersprüche eine
aufschiebende Wirkung haben.


(Beifall bei der LINKEN)


Ansonsten werden Menschen Leistungen unrechtmäßig
vorenthalten. Wir reden dabei nicht von Menschen, die
ein Polster haben, sondern von Menschen, die ohnehin
schon wenig haben.

Die Probleme, die Menschen mit Hartz IV haben,
sind so ernst, dass wir als Gesetzgeber reagieren müssen.
Wir können es uns nicht mehr leisten, uns einfach mit
Märchenstunden zu begnügen.

Meine Damen und Herren, wenn Sie unserem Antrag
aus Prinzipienreiterei nicht zustimmen wollen, so neh-
men Sie unseren Antrag wenigstens zum Anlass, um
über die dringend notwendigen Veränderungen bezüg-
lich Hartz IV mit uns gemeinsam zu beraten.

Besten Dank.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1603204500

Ich erteile das Wort Kollegen Gerald Weiß, CDU/

CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Gerald Weiß (Groß-Gerau) (CDU/CSU):
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Man muss eigentlich nicht um Worte streiten,
Frau Kipping, aber manchmal lohnt es sich schon, um
Begriffe zu streiten. Wir reden hier nicht über Hartz IV
– das ist Ihr Kampfbegriff –; wir reden über das
Sozialgesetzbuch II und die Grundsicherung für Arbeit-
suchende. Das und nicht Hartz IV ist das Thema.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Katja Kipping [DIE LINKE]: Das steht auf einem Buch der Bundesregierung!)


Von Ihnen, Frau Kipping und Genossen, brauchen wir
auch keine Belehrung des Inhalts, dass wir die Reform
auf dem Sektor des Sozialgesetzbuches II fortsetzen
müssen. Wir haben das mit einem ersten Änderungsge-
setz zum Sozialgesetzbuch II zur Beseitigung schwerer
Fehlanreize in diesem Gesetz bereits begonnen. Das war
die erste Reformstufe. Jetzt kommt die zweite Reform-
stufe – die Grundlagen dafür hat der Minister gestern im
Ausschuss dargelegt –, ein Optimierungsgesetz für das
Sozialgesetzbuch II, für die Grundsicherung, mit dem
wesentliche weitere wichtige Reformschritte umgesetzt
werden sollen. Wir brauchen weder Ihre Belehrungen
noch Ihre Rezepte, Frau Kipping.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Natürlich wäre es das Beste, wir könnten das
Arbeitslosengeld II abschaffen. Das würde nämlich be-
deuten, dass es uns gelungen wäre, die Langzeitarbeits-
losigkeit in Deutschland zu überwinden.

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(C (D (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Rolf Stöckel [SPD])


ber solange es nicht so ist, brauchen wir Hilfen für die
etroffenen Langzeitarbeitslosen, für die betroffenen
enschen. Hilfe muss vor allem natürlich darin beste-

en – das ist richtig –, Brücken zur Arbeit und zur wirt-
chaftlichen und sozialen Selbstständigkeit, zur Autono-
ie des Einzelnen zu bauen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Klaus Uwe Benneter [SPD] und des Abg. Rolf Stöckel [SPD])


Ihr Gesellschaftsbild, Ihr Weltbild ist ein völlig ande-
es. Sie wollen die Menschen in monetärer Abhängigkeit
om Staat, von der Gemeinschaft halten. Statt die Kräfte
es Einzelnen und die Kräfte seiner Familie zu fördern,


(Katja Kipping [DIE LINKE]: Eine Unterstellung!)


as Ihre Verantwortung ist, wollen Sie das Kollektiv he-
anziehen. Das ist eine ganz falsche Vorstellung; jeden-
alls haben wir eine deutlich andere Vorstellung von der
ubsidiarität unserer Staats- und Gesellschaftsordnung.

Wie Sie sich von der Knappheit der Ressourcen lösen,
ie Sie die Kanne der Großzügigkeit ausgießen und
ohltaten mit nicht vorhandenem Geld austeilen wollen,

as nötigt schon Bewunderung ab. So kann man keine
erantwortliche Politik machen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Rolf Stöckel [SPD])


Man muss die Begrenztheit der Ressourcen im
uge behalten und man muss die knappen Mittel zielge-

ichtet einsetzen. Minister Müntefering hat es gestern er-
äutert. Eine Politik, die die Grundsicherung effektiver
nd effizienter gestaltet, wird auch sinnvolle Einsparun-
en möglich machen. Die beiden Reformschritte der Ko-
lition werden in diesem Jahr Ersparnisse in Höhe von
00 bis 400 Millionen Euro und im nächsten Jahr in
öhe von 1,2 Milliarden Euro ermöglichen. Das sind
elder, die wir sinnvoller, an der richtigen Stelle, und ef-

ektiv einsetzen müssen. Wir müssen den Sozialstaat
ielgerichteter ausgestalten. Das ist der Sinn der Re-
orm, die wir uns vorgenommen haben.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Mit dem SGB II ist Neuland betreten worden. Es ist
ine große und auch komplizierte Reform. Hilfe aus ei-
em Guss für alle Langzeitarbeitslosen, das ist ein richti-
er Ansatz. Wenn man sich jetzt in der Praxis ansehen
uss, dass es Fehlentwicklungen und Fehlanreize gibt,

ann muss doch die Konsequenz sein: Das SGB II muss
ozusagen ein lernendes System sein.


(Beifall des Abg. Paul Lehrieder [CDU/CSU] und des Abg. Rolf Stöckel [SPD])


enn es das nicht ist, muss es ein lernendes System wer-
en.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Gerald Weiß (Groß-Gerau)

Das heißt, es gilt, aus der Praxis zu lernen und
Folgerungen aus den Fehlentwicklungen zu ziehen. Ich
sagte schon: Den ersten Schritt haben wir mit dem
SGB-II-Änderungsgesetz getan.

Jetzt kommt die zweite Reformstufe. Da brauchen wir
weder Peitschenknallen noch Stinkbomben von der Op-
position. Wir werden auch diese zweite Reformstufe bis
zum Sommer umsetzen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


In der Erkenntnis, dass Reformbedarf besteht, gibt es
Übereinstimmung. Das ist aber ein Minimalkonsens.
Schon darüber, wie sich dieser Reformbedarf definiert,
gibt es ganz erhebliche Divergenzen, Frau Kipping, zwi-
schen Ihnen, aber auch den Grünen und uns. Die Linke
will zum Beispiel die Sanktionen praktisch abschaffen,
denen jemand unterworfen ist, der eine angebotene Ar-
beit nicht annimmt. Wenn Sie das machen, dann machen
Sie ein ganz wichtiges Steuerungsmittel gegen unge-
rechtfertigte Inanspruchnahme des Sozialstaates kaputt.
Wir brauchen dieses Steuerungsmittel. Wir müssen för-
dern und fordern. Das Fördern steht am Anfang.


(Zurufe von der LINKEN: Wo?)


Dieses Steuerungsmittel trifft die Minderheit der Unge-
rechten. Wer eine angebotene Beschäftigung ablehnt, der
muss auch gerechten Sanktionen unterworfen sein.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Rolf Stöckel [SPD])


Wir können keine Ausbeutung zulassen, indem wir
knappe Steuermittel, für die die Unternehmer, die Selbst-
ständigen und die Arbeitnehmer arbeiten müssen und für
die auch die kommenden Generationen über die Staats-
verschuldung einstehen müssen, bedenkenlos ausschüt-
ten.


(Beifall des Abg. Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/ CSU] und des Abg. Rolf Stöckel [SPD] – Jörg van Essen [FDP]: Völlig richtig!)


Da haben wir ein wesentlich anderes Menschen- und Ge-
sellschaftsbild.

Wir müssen in dem genannten Optimierungsgesetz
im Grunde vier Ziele realisieren: erstens größere Ziel-
genauigkeit bei den Leistungen, zweitens notwendige
Klarstellungen in der Verwaltungspraxis, wo es heute
Rechtsunklarheiten gibt, drittens bessere Vorbeugung
gegen den Leistungsmissbrauch und viertens Verwal-
tungsvereinfachung. Das sind die vier Kernziele, um die
sich die Reformen, die wir uns vorgenommen haben,
ranken müssen.

Ich sehe nur zum Teil – ich habe heute meinen höfli-
chen Tag – übereinstimmende Ansätze in den Anträgen
der Linken und der Grünen und uns. Der Handlungsbe-
darf tritt deutlich zutage, zum Beispiel bei den eheähn-
lichen Gemeinschaften. Wir sind dafür, dass die Partner
in einer solchen Verantwortungsgemeinschaft weiter für-
einander einstehen. Aber wir wissen doch, welch ein
Kontrollaufwand nötig ist und welche Probleme bei-
spielsweise im Zusammenhang mit der Frage erwach-
sen, ob es sich tatsächlich um eine eheähnliche Gemein-

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(C (D chaft handelt oder nicht. Den Weg, das zu klären, üssen wir vereinfachen. Das wäre ein Aspekt. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Ähnliches gilt für den Aspekt der Vermögensbeiträge.
ie Koalition hat sich vorgenommen, die Schonbeträge

ür die Alterssicherung anzuheben. Selbst wenn wir im
egenzug die Freibeträge für das übrige Vermögen sen-
en müssten, wäre es ein sinnvoller Schritt, Altersver-
ögen in einem machbaren Rahmen als Schonvermögen

reizustellen, wobei wir uns allerdings nicht so weit von
en Finanzierungsgrundlagen emanzipieren können, wie
s die Caritas vorschlägt. Sie fordert einen Betrag ein,
en man nicht realisieren kann. Aber der Vorschlag geht
n die richtige Richtung.

Lassen Sie uns über diesen qualitativen Reformbedarf
eden und entsprechend handeln. Dann werden wir unse-
en Dienst an den Menschen erfüllen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1603204600

Ich erteile das Wort Kollegen Heinrich Kolb, FDP-

raktion.


(Beifall bei der FDP – Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Hoffentlich wird es jetzt besser als eben!)



Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1603204700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich

uss zunächst einmal feststellen – ich befinde mich da
icher in Übereinstimmung mit dem Kollegen
rauksiepe –, dass die Idee von Fordern und Fördern,
ie hinter dem Sozialgesetzbuch II steht, ein absolut
ichtiger und notwendiger Ansatz ist.


(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Richtig!)


ber das SGB II hat, wie wir heute feststellen müssen,
och zahlreiche Konstruktionsfehler. Es sollten ja eine
chnellere Vermittlung in Beschäftigung, eine bessere
etreuung von Arbeitslosen und eine deutliche Kosten-

enkung erreicht werden. Aber keines dieser gesteckten
iele konnte bisher realisiert werden.


(Jörg van Essen [FDP]: Sehr richtig!)


as lag nicht daran, dass wir etwa zu wenig Geld in die
and genommen hätten. Denn im Haushaltsentwurf,
ber den zurzeit beraten wird, werden in diesem Jahr
0 Milliarden Euro – darunter fallen direkte Transfers,
as Wohngeld, der Wohngeldzuschuss des Bundes und
ie Mittel für die arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen –
n Ansatz gebracht. Das zeigt, am Geld kann es sicher-
ich nicht liegen.

Wir haben gestern gelesen und auch vom Minister im
usschuss gehört, dass derzeit eine dramatische Ent-
icklung zu beobachten ist. Die Wohnungskosten für
mpfänger von Arbeitslosengeld II liegen im ersten






(A) )



(B) )


Dr. Heinrich L. Kolb
Quartal 2006 um 25 Prozent über den Kosten im ver-
gleichbaren Vorjahreszeitraum. Die vorläufige Zahl der
Bedarfsgemeinschaften, die ALG II beziehen, stieg im
März auf 3,92 Millionen. Das sind 600 000 mehr als im
Januar 2005. Wenn sich diese Entwicklung verfestigt,
dann wird es erneut ein böses Erwachen mit Blick auf
den Haushaltsvollzug geben.

Es besteht kein Zweifel: Die handwerkliche Umset-
zung von Hartz IV war mangelhaft. Es gab vielfältigen
Wildwuchs und auch Mitnahmeeffekte. Ich nenne bei-
spielsweise den rapiden Anstieg der Zahl der Ein-Perso-
nen-Bedarfsgemeinschaften. Auch der gleichzeitige
deutliche Anstieg der Zahl der erwerbsfähigen Hilfebe-
dürftigen unter 25 Jahren seit Beginn des letzten Jahres
ist weder Zufall noch gottgegeben, sondern er entstand
aufgrund von Fehlanreizen. Hier hätte schnellstens ge-
gengesteuert werden müssen. Sie sind unserem Vor-
schlag aber nicht gefolgt, auch jetzt noch im Rahmen der
alle sechs Monate stattfindenden Überprüfung der An-
spruchsvoraussetzungen zu prüfen, ob die Ein-Personen-
Bedarfsgemeinschaften nach Möglichkeit wieder in die
Familie eingegliedert werden können.

Frau Kipping, Sie schreiben in Ihrem Antrag, dass
von Telefonbefragungen abzusehen sei. Ich will einmal
festhalten, dass bei den zwischen Juli und September
2005 stattgefundenen Telefonbefragungen 45 Prozent
der Arbeitslosengeld-II-Empfänger nicht erreicht wer-
den konnten. Teilweise lag das an falschen Telefonnum-
mern. Bei 10 bis 30 Prozent der erfolgreich durchgeführ-
ten Telefonate ergab sich ein weiterer Klärungsbedarf.
Aber – jetzt kommt es – bei den seit Januar 2006 durch-
geführten Telefonbefragungen hat sich bei 4,1 Prozent
der Fälle eine Änderung beim Status der Arbeitslosigkeit
ergeben, bei den unter 25-Jährigen sogar in 9,8 Prozent
der Fälle. Frau Kipping, das zeigt doch, dass die von der
FDP geforderte Meldepflicht keine Schikane, sondern
ein Instrument gegen massiven Missbrauch ist.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Ich denke auch, Frau Kipping, das Prinzip des For-
derns und Förderns wird von der breiten Mehrheit der
Bevölkerung nicht infrage gestellt. Das Gleiche gilt auch
für das Solidarprinzip. Wer die solidarische Hilfe der
Gemeinschaft in Anspruch nehmen möchte, der muss
auch bereit sein, zumutbare Arbeit und Qualifikations-
angebote anzunehmen.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Rolf Stöckel [SPD] – Katja Kipping [DIE LINKE]: Unkrautjäten im Winter!)


Ich sage sehr deutlich: Der von Ihnen vorgelegte An-
trag ist schädlich. Dadurch schaffen Sie keine zusätzli-
chen Arbeitsplätze, sondern gefährden vorhandene sozi-
alversicherungspflichtige Beschäftigung.


(Jörg Rohde [FDP]: Genau so ist es!)


Der Antrag geht von falschen Voraussetzungen aus. Ar-
beitsplätze werden nämlich von Unternehmen geschaf-
fen und nicht aufgrund von Anträgen oder Beschlüssen
des Deutschen Bundestages.

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(C (D (Jörg van Essen [FDP]: Altes sozialistisches Denken, das das Land in den Ruin geführt hat!)


enn man damit das Problem der Arbeitslosigkeit lösen
önnte, hätte sich dafür sicher schon eine Mehrheit ge-
unden.

Die Politik ist verantwortlich dafür, Rahmenbedin-
ungen zu schaffen, die es den Unternehmen ermögli-
hen, zu investieren und sozialversicherungspflichtige
eschäftigung zu schaffen. Nur eine gut funktionierende
irtschaft sorgt dafür, dass die sozialen Sicherungssys-

eme überhaupt unterhalten werden können.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


as haben wir auch bei der Debatte über den vorange-
angenen Tagesordnungspunkt sehr deutlich gesagt.

Wir wollen – ich sage auch: wir müssen – die Men-
chen zurück in sozialversicherungspflichtige Beschäf-
igung bringen. Das ist das Ziel jeder Arbeits- und
ozialpolitik. Dazu braucht man eben auch einen funk-

ionierenden Niedriglohnsektor, in dem die Anreize zur
ufnahme einer Beschäftigung im ersten Arbeitsmarkt
esetzt werden.

Ihre Forderung, die Grundsicherung auf 420 Euro zu
rhöhen, ist angesichts der Summen, die schon heute für
as Arbeitslosengeld II aufgewendet werden, absurd.
benso fatal ist auch die Forderung nach Einführung ei-
es Mindestlohns. Ich sage Ihnen noch einmal sehr deut-
ich: Gesetzliche Mindestlöhne führen zur Verdrängung
on Arbeitsplätzen, insbesondere im Bereich der gerin-
er Qualifizierten.


(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms)


Man könnte noch viel zu diesem Antrag sagen, der
in ganzes Sammelsurium von Maßnahmen enthält.
chon der darin enthaltene Ansatz ist verkehrt. Dieser
ntrag wird in den Beratungen wahrscheinlich nicht in

ine vernünftige Form zu bringen sein. Wir werden
leichwohl im Ausschuss über ihn beraten. Aber man
uss hier eine Ablehnung am Ende wohl schon in Aus-

icht stellen.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1603204800

Das Wort hat jetzt der Parlamentarische Staatssekretär

erd Andres.


(Beifall bei der SPD)


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Dr. h.c. Gerd Andres (SPD):
Rede ID: ID1603204900


Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Liebe Kolleginnen und Kollegen auf der linken
eite,


(Klaus Brandner [SPD]: Das ist die rote Karte!)







(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Gerd Andres
ich hätte es gut gefunden, wenn die Verfasser des vorlie-
genden Antrages die Broschüre „Hartz IV – Menschen
in Arbeit bringen“ nicht nur erwähnt, sondern sie auch
gelesen hätten.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wer Ihren Antrag nämlich liest – ich habe ihn gelesen
und ihn mit vielen Anmerkungen versehen; ich finde,
man sollte ihn sich wirklich aufheben –, stellt fest, dass
er an vielen Stellen fachlich falsch und schlecht ist.


(Zuruf von der LINKEN: Das ist eine Unterstellung!)


Er unterschlägt an einer ganzen Reihe von Stellen ge-
setzliche Regelungen. Er ist nach einem „Wünsch-dir-
was-Populismus“ gestrickt. Wenn ich ihn aus finanzpoli-
tischer Perspektive betrachte, komme ich zu dem Ergeb-
nis: Er ist verheerend.


(Zuruf von der LINKEN: Das müssen Sie beweisen!)


– Ich kann Ihnen das gerne beweisen. Ich sage Ihnen:
Wenn man die Leistungsverbesserungen, die Sie vor-
schlagen, also Verbesserungen beim Kindergeld und
Ähnliches, zusammenzählt, kommt man überschlägig
auf eine Summe von 35 Milliarden Euro. Wer sagt, das
sei bei der gegenwärtigen Haushaltslage einigermaßen
seriös – Sie haben gestern den Haushalt beraten –,


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Große Steuerreform! Ein Minus von 60 Milliarden Einnahmen!)


blendet die Leute. Sie können zwar ab und zu Ihren
Weltökonomen Lafontaine von der Kette lassen; der er-
klärt dann, wie man das alles macht. Aber wie man Ar-
beit schafft – verehrte Frau Kipping, Sie haben ja gesagt,
es werde keine Arbeit geschaffen –, steht nicht in Ihrem
Antrag.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die Erfahrung, die wir über viele Jahre gemacht ha-
ben, ist: Wir haben den Leuten zu viel Geld gezahlt und
sie zu wenig gefordert. Die Erfahrung, die wir mit der
Sozialhilfe gemacht haben, war: Wir haben den Leuten
die Sozialhilfe gezahlt und sie aus dem Arbeitsmarkt
ausgegrenzt.


(Beifall bei der SPD)


In einem Konzept eines aktivierenden Sozialstaates
muss man sich Gedanken darüber machen, wie die Ba-
lance von Transferleistungen, Arbeitsanreizen, Anstren-
gungen, Menschen in Arbeit zu bringen und sie bei der
Arbeitssuche zu unterstützen, vernünftig geregelt wer-
den kann.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1603205000

Herr Andres, erlauben Sie eine Zwischenfrage der

Kollegin Kipping?

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(C (D G Gerne, Herr Präsident. Bitte, Frau Kipping. Herr Andres, da Sie so großen Wert auf das Prinzip es Förderns legen, möchte ich Sie fragen, ob Sie nicht umindest einen Aspekt unseres Antrages bestätigen önnen. Es handelt sich um Folgendes: Das Problem ist, ass Personen, die erwerbslos werden, aber keinen Anpruch auf eine geldliche Leistung haben, weil ihr Parter zu viel Geld verdient, in der Praxis leider keinerlei rbeitsförderung mehr nach SGB III erfahren. Wir ordern die Bundesregierung auf, ihre Dienstaufsicht ahrzunehmen und dafür Sorge zu tragen, dass auch ersonen, die erst einmal keine Kosten verursachen, in en Genuss von Arbeitsförderungsmaßnahmen komen. Ist das nicht ein Punkt, zu dem Sie sagen müssten: Ja, das hätten wir als Bundesregierung längst tun müsen. Danke, dass Sie uns darauf hingewiesen haben!“? (Beifall bei der LINKEN – Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Dr. h.c. Gerd Andres (SPD):
Rede ID: ID1603205100
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1603205200
Katja Kipping (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1603205300

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Dr. h.c. Gerd Andres (SPD):
Rede ID: ID1603205400


Frau Kipping, darf ich Ihnen in aller Freundlichkeit
twas sagen? Sie werden es nicht glauben: Die Bundes-
egierung teilt Ihre Position und hat sie, lange bevor Sie
ie formuliert haben, eingenommen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Es geht im SGB II darum, festzustellen, ob jemand
edürftig ist. Es geht darum, ihn so schnell wie möglich
us dem Bedarf herauszubringen. In dem von Ihnen ge-
childerten Fall, wenn also jemand Arbeit hatte, dann ar-
eitslos wird und er aufgrund des Partnereinkommens
der deswegen, weil die Bedarfsgemeinschaft gut ausge-
tattet ist, keine Leistung bekommt, hat er dennoch ein
nrecht darauf, beraten zu werden, bei der Arbeitssuche
nterstützt zu werden und bestimmte Maßnahmen
urchzuführen. Das steht sogar im Gesetz, verehrte Frau
ipping. Wir brauchen nicht Sie dazu, um das festzustel-

en.


(Beifall bei der SPD – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wird aber leider nicht umgesetzt! – Abg. Katja Kipping [DIE LINKE] meldet sich zu einer weiteren Zwischenfrage)


Vielleicht könnten Sie sich ein bisschen später noch
inmal melden. Ich gestehe Ihnen gerne eine oder fünf
wischenfragen zu; denn es macht Spaß, sich auszutau-
chen und zu diskutieren.

Um in meiner Rede fortzufahren: Ich möchte nicht
issverstanden werden: Da, wo es um inhaltliche Kritik






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Gerd Andres
und um Verbesserungen geht, ist diese Kritik nicht nur
berechtigt, sondern sogar erwünscht.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Dass wir Defizite bei der Umsetzung des Systems und
dabei haben, Menschen in Arbeit zu bringen, muss uns
keiner sagen. Da müssen wir viel besser werden; das ist
eine völlig klare Sache. Sie müssen mir aber einmal er-
klären, wie man, indem man überall die Leistungen ver-
bessert, die Menschen unterstützen will, wieder erwerbs-
tätig sein zu wollen.

Wenn man sich Ihren Antrag ansieht, muss man Ihnen
folgenden Vorwurf machen: Sie blenden völlig aus – das
ist eine schiefe Darstellung, die Sie gerne gewählt
haben –, dass die Transferleistung der Grundsicherung
für Arbeitsuchende im Jahr 2005 höher war, als sie es
nach altem Recht gewesen wäre. Dieses Kunststück
müssen Sie mir einmal erklären: Der Staat wendet sehr
viel mehr Mittel auf und Sie sagen, alles sei viel schlech-
ter geworden. Wenn das frühere Hilfesystem fortgeführt
worden wäre, würde es heute vielen Menschen schlech-
ter gehen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Zu Ihrem konkreten Beispiel bezogen auf die Kran-
kenversicherung: Die Menschen, die nach altem Recht
im Sozialhilfesystem waren, waren nicht in die Renten-
versicherung einbezogen. Manche waren nur über die
Familienversicherung mit krankenversichert oder über
die Krankenhilfe nach dem SGB. Was haben wir ge-
macht? Mit dem neuen System haben wir die betroffe-
nen Menschen in die sozialen Sicherungssysteme ein-
bezogen.

Sie gehen übrigens auch darüber hinweg, dass wir
Anfang dieses Jahres die Regelleistung für Arbeitslose
im Osten auf 345 Euro angehoben haben. Das interes-
siert Sie anscheinend nicht mehr. Sie ignorieren auch,
dass wir die Freibeträge für Erwerbseinkommen erst vor
einem guten halben Jahr erhöht haben. Sie schieben völ-
lig beiseite, dass es großzügige Freibetragsregelungen
gibt – ich könnte Ihnen das alles vorrechnen –, ein-
schließlich Hauseigentum, Wohneigentum und einem
Pkw für jeden Betroffenen. Es gibt viele Modellfälle; Sie
können sie gerne nachrechnen.

Ich habe ein weiteres Problem, Frau Kipping. Es ist
richtig, zu sagen: Wir wollen die Menschen fördern, aber
wir müssen sie auch fordern. – Es führt überhaupt kein
Weg daran vorbei, die Menschen auch zu fordern. Bei
der Zahlung von Transferleistungen gibt es aber immer
ein Problem. Dies wird deutlich, wenn man denjenigen,
der sich im Transferleistungssystem befindet, mit dem
vergleicht, der arbeiten geht. Es geht um das Lohn-
abstandsgebot. Wir haben zum 1. Oktober des vergan-
genen Jahres die Zuverdienstmöglichkeiten bei Minijobs
verbessert. Wer also einen Minijob hat, darf höhere Be-
träge behalten. Das hat gemäß unserem System die ver-
rückte Folge, dass in Deutschland angeblich die Armut
steigt. Ich kann Ihnen das erklären: Wenn Sie die Zuver-
dienstmöglichkeiten verbessern, weiten Sie gleichzeitig
den Kreis der Personen aus, die in das Leistungssystem
fallen.

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(C (D Ich möchte Ihnen das an einem Beispiel verdeutlihen: Ein verheirateter Arbeitslosengeld-II-Bezieher mit wei Kindern im Alter von acht und zwölf Jahren beommt für die monatlichen Kosten für Unterkunft und eizung zusätzlich 542 Euro. Nebenbei hat er einen inijob für 400 Euro; davon darf er – das habe ich vor in erläutert – 160 Euro anrechnungsfrei behalten. Diese amilie kommt auf ein durchschnittliches Einkommen on 1 737 Euro. Wenn er einen Midijob hätte, also zwichen 400 und 800 Euro hinzuverdienen würde, betrüge as Familieneinkommen sogar 1 817 Euro. Netto. – Im Vergleich dazu erhält ein gering qualifiierter verheirateter Alleinverdiener mit zwei Kindern m Alter von acht und zwölf Jahren, der als Hilfsarbeiter m produzierenden Gewerbe arbeitet, einschließlich Kinergeld und Wohngeld durchschnittlich 2 108 Euro. Er at damit durchschnittlich nur etwa 290 Euro mehr zur erfügung als ein verheirateter Arbeitslosengeld-II-Beieher mit Midijob. Bei einer Erhöhung der Regelleistung, wie von Ihnen orgeschlagen, auf 420 Euro, würden uns die Wohlahrtsverbände, die Sie eben benannt haben, schreiben, ass die Zahl der Bedürftigen und Armen noch weiter estiegen ist. Ich weiß auch gar nicht, warum Sie sich da urückhalten. Warum fordern Sie nicht gleich 450 oder 00 Euro? Ihr ganzer Antrag verfolgt diese Philosophie. as Spannende daran ist, dass, wenn man dies umsetzen ürde, die Zahl der Bedürftigen und Armen in unserem and immer weiter steigt. Sie müssen also umgekehrt erlären, warum der Arbeitnehmer für rund 200 Euro mehr och arbeiten gehen soll. (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Netto!)


Es gibt doch praktische Beispiele dafür. Die Men-
chen, die diese Leistungen mit ihren Steuern finanzie-
en, stellen doch die Frage, warum sie eigentlich arbeiten
ehen, wenn jemand auf dem Flur gegenüber ALG II be-
ommt und durch die Familienförderung faktisch das
leiche herausbekommt. Das müssen Sie diesen Men-

chen einmal erklären.

Wenn Sie das machen, haben Sie das zusätzliche Pro-
lem, ein Problem, mit dem wir uns gerade herumschla-
en: Je höher die Leistungen sind, die Sie gewähren,
mso mehr Menschen haben Anspruch auf diese Leis-
ungen. Das heißt, der Hilfsarbeiter, den ich gerade ge-
annt habe, erhält dann auch noch ergänzende Leistun-
en nach dem SGB II. Denn wenn das unter
erücksichtigung der Tatsache, dass es sich um eine Be-
arfsgemeinschaft handelt, berechnet wird, kann sich
öglicherweise ein Anspruch auf ergänzende Leistun-

en ergeben.

Ich komme jetzt zu einer weiteren Position, Frau
ipping. Ich sage ganz offen: Darüber werden wir uns

treiten; Sie werden auch keine Chance haben, das hier
ehrheitlich durchzusetzen. Das ist das Beruhigende






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Gerd Andres
dabei. Sie sagen, man müsse das alles jetzt repressions-
frei ausgestalten.


(Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Solidarität bei den Linken!)


Ja, mein Gott! Sie wollen ferner die Bedarfsgemein-
schaften auflösen und es soll einen individuellen An-
spruch geben. Das ist ja ganz wunderbar, wenn man sich
das anschaut. Ich halte das alles für Ammenmärchen. Es
ist gnadenloser Populismus, den Sie hier abziehen. Das
Gleiche gilt für die praktischen Beispiele, die Sie brin-
gen. Auch das ist gnadenloser Populismus.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Dass es Unsinn ist, jemanden bei gefrorenem Boden Un-
kraut jäten zu lassen, müssen Sie im Bundestag nicht er-
zählen.


(Zuruf der Abg. Katja Kipping [DIE LINKE])


Wenn Sie mir diesen Fall geben, dann wird das ganz
schnell – ruck, zuck! – abgestellt. Das sage ich Ihnen.


(Zurufe von der LINKEN)


Dass Sie aber solche Einzelfälle anführen, um den Un-
sinn zu begründen, den Sie in Ihrem Antrag zusammen-
geschrieben haben, das müssen Sie uns, glaube ich, nicht
antun.

Ich bitte um Entschuldigung, meine sehr verehrten
Damen und Herren. Ich habe nur noch ganz wenig Rede-
zeit und bin bis jetzt nicht dazu gekommen, mich mit
dem Antrag der Grünen näher auseinander zu setzen. Es
gibt ja auch Menschen, mit denen wir über viele Jahre
zusammengearbeitet haben. Dieser Antrag hebt sich in
seiner Qualität wohltuend von dem Antrag der Linken
ab.


(Lachen des Abg. Paul Lehrieder [CDU/CSU] – Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Er ist aber nicht gut genug!)


Darin sind eine Reihe von Vorschlägen enthalten, die ich
sehr spannend finde, insbesondere wenn es um die Be-
treuung geht. Es gibt aber auch Positionen, zu denen die
Bundesregierung sagt: Da werden wir Ihnen nicht fol-
gen. – Das wundert niemanden. Wir sind gegenwärtig in
einem Prozess, das SGB II weiter zu optimieren. Das
werden wir in den nächsten Wochen tun. Bei einer solch
großen Reform ist es unvermeidlich, dass man nach-
steuert. Ich sage noch einmal ganz in Ruhe und voller
Stolz – das sage ich; ich war daran nämlich beteiligt –:
Die steuerfinanzierte Arbeitslosenhilfe und die steuerfi-
nanzierte Sozialhilfe zu einem neuen System zusammen-
zufassen, dem die Vorstellung des aktivierenden Sozial-
staats zugrunde liegt, ist des Schweißes aller Edlen wert
gewesen. Es ist ein großes Verdienst, dass wir das, mit
Ausnahme der FDP und des ganz linken Flügels, durch-
setzen konnten, hier und im Bundesrat.


(Beifall bei der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wir hatten noch bessere Vorschläge! Dann wäre nicht so viel Missbrauch gewesen!)


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(C (D ass die Liberalen und die Vertreter des ganz linken Flüels hier gefehlt haben, macht mich nicht traurig. Denn s gibt eine breite Mehrheit hier im Parlament, die eine olche Entwicklung für richtig und notwendig hält. Wir achen bei diesem Prozess weiter. Wir werden einzelne unkte optimieren und es weiter vorantreiben. Ich laube, dass wir, auch im europäischen Vergleich, den ichtigen Weg eingeschlagen haben. Herzlichen Dank. Zu einer Kurzintervention erteile ich der Kollegin atja Kipping das Wort. (Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Die hat doch vorhin gerade geredet!)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1603205500


Katja Kipping (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1603205600

Herr Andres, ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie

och einmal auf das Problem der Working Poor, also der
enschen, die wirklich von früh bis spät arbeiten und

rotzdem in Armut leben, hingewiesen haben. Für mich
st das allerdings kein Argument dafür, die Sozialleistun-
en zu kürzen; vielmehr ist es eher ein Argument, das
ns in unserer Absicht bekräftigen sollte, endlich einen
esetzlich garantierten Mindestlohn einzuführen.


(Beifall bei der LINKEN – Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Dann würden Sie noch mehr Arbeitslosigkeit kriegen!)


In einem Punkt gebe ich Ihnen Recht: Die Berech-
ung der Armut, wenn sie allein prozentual und relativ
rfolgt, kann zu gewissen statistischen Effekten führen,
ie nicht unproblematisch sind. Nun ist aber die Art und
eise, wie Armut berechnet wird, nicht von der Links-

artei erfunden worden; vielmehr ist sie von der Wissen-
chaft, von der EU-Kommission und auch von der
ECD so festgelegt worden.


(Beifall bei der LINKEN)


ch finde, wir sollten die Probleme, die Sie zu Recht ge-
annt haben, zum Anlass nehmen, uns darüber zu ver-
tändigen, inwieweit man sich bei der Berechnung des
egelsatzes allein auf die relativen, prozentualen Zahlen

tützen sollte oder ob man nicht lieber einen Warenkorb,
n dem das Mindeste von dem enthalten sein müsste, was

enschen brauchen, damit sie am gesellschaftlichen Le-
en teilhaben können, als Grundlage der Berechnung
immt.


(Beifall bei der LINKEN – Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Ja, wollt ihr einen Rückschritt im Sozialhilferecht? Wir waren doch froh, dass der Warenkorb wegkam! – Rolf Stöckel [SPD]: Das ist Paternalismus!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1603205700

Herr Kollege Andres, zur Erwiderung.






(A) )



(B) )

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Dr. h.c. Gerd Andres (SPD):
Rede ID: ID1603205800


Frau Kipping, herzlichen Dank. – Ich will Ihnen nur
sagen: Über Armut reden wir im Rahmen einer anderen
Debatte. Ich glaube nämlich, dass wir das System, wie
wir es im SGB II vorgesehen haben, vorzeigen können.
Dieses System ist bedarfsgerecht; es unterstellt, dass Be-
dürftigkeit vorliegt und dass es ein solidarisches Einste-
hen füreinander in der Bedarfsgemeinschaft gibt. All das
sind Prinzipien – Sie beschreiben sie in Ihrem Antrag –,
an denen wir festhalten.

Der gesetzliche Mindestlohn ist ein anderes Problem.
Spannend sind nicht die Fragen ob oder ob nicht und wie
man das konstruiert; spannend ist doch die Frage der
Höhe. Die Umsetzung Ihres wunderbaren Vorschlags
von der Pfändungsfreigrenze würde bedeuten, dass ich
den ganzen Leistungsapparat des SGB II auf diese Höhe
schrauben müsste. Ob die Pfändungsfreigrenze vernünf-
tig ist, lasse ich völlig außen vor.

Sie merken, ich habe sehr viel Spaß an einer fachli-
chen, sachlichen und vernünftigen Debatte. Das ist über-
haupt kein Problem; die können wir gerne führen. Sie
muss aber fachlich und sachlich fundiert sein. – Das eine
hat mit dem anderen nichts zu tun. Man kann nicht ein-
fach Äpfel mit Birnen vergleichen. Beim gesetzlichen
Mindestlohn und der Leistungshöhe nach dem SGB II
muss ich immer beachten, dass es einen Anreiz geben
muss, aus dem System heraus in Arbeit zu gehen. In die-
sem Land haben wir unglaublich viel Arbeit, die gegen-
wärtig nicht gemacht wird. Eine Aufgabe dieses Hauses,
des Gesetzgebers, ist es, dafür zu sorgen, dass die in
Deutschland vorhandene Arbeit, die zurzeit nicht von le-
gal in Deutschland lebenden Menschen gemacht wird, in
Zukunft von diesen erledigt wird. Auch das ist ein Pro-
blem, dem wir uns stellen müssen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1603205900

Das Wort hat jetzt die Kollegin Brigitte Pothmer von

Bündnis 90/Die Grünen.


Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603206000

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vielleicht

hilft es der Debatte, wenn wir uns in Erinnerung rufen,
was das eigentliche Ziel der Arbeitsmarktreform in der
letzten Legislaturperiode war – Herr Andres hat das zum
Teil angerissen –: Ziel war es, ein Transfersystem, das
die Lebensstandardsicherung in den Mittelpunkt stellt,
abzuschaffen, weil es diesen Anspruch bei wachsender
Massenarbeitslosigkeit nicht mehr erfüllen konnte, die
Wiedereingliederung in den ersten Arbeitsmarkt aber
trotzdem nur am Rande als Aufgabe begriff. Dieses
Transfersystem sollte abgeschafft werden, weil es die
Langzeitarbeitslosigkeit zementiert hat. Es ging darum,
die Chancen von Langzeitarbeitslosen, Zugang in den
ersten Arbeitsmarkt durch umfangreiche Betreuung,
passgenaue Hilfsangebote und eine effektive Vermitt-
lung zu finden, zu verbessern.


(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: So ist es!)


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(C (D as war und ist ein richtiges Ziel, das auch in dieser Leislaturperiode verfolgt werden sollte. Die Umsetzung ist in vielerlei Hinsicht mangelhaft. as will ich gar nicht bestreiten. (Beifall des Abg. Volker Schneider [Saarbrücken] [DIE LINKE])


ie Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe
it dem Ziel der Schaffung einer Grundsicherung war

ber ein erster, richtiger Schritt. Wir haben die entmün-
igende Sozialhilfe abgeschafft und den entwürdigenden
erschiebebahnhof zwischen Sozial- und Arbeitslosen-
ilfe abgeschafft.

Frau Kipping, es muss noch einmal in Erinnerung ge-
ufen werden, dass die Sozialhilfeträger in der Vergan-
enheit Langzeitarbeitslose in großem Umfang in ir-
endwelche Maßnahmen geschleust haben, um sie bei
er Bundesanstalt für Arbeit abzugeben. Das war teuer
nd für die Betroffenen verdammt schlecht und entwür-
igend.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sozialhilfeempfänger haben jetzt erstmals einen Zu-
ang zu den Instrumenten der Bundesanstalt für Arbeit
nd damit einen Zugang zur Vermittlung in Arbeit und
usbildung.


(Zuruf von der LINKEN: Das hatten sie auch vorher!)


enn man Sie so hört, vor allem, wenn man Ihren An-
rag liest, könnte man den Eindruck gewinnen, das alles
ei ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Ihr Frak-
ionsvorsitzender Oskar Lafontaine hat im Wahlkampf
ogar von „Schandgesetzen“ geredet. Ich finde das in je-
er Hinsicht instinktlos.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der SPD)


Sie rufen „Hartz IV muss weg! Hartz IV muss über-
unden werden!“. Die Frage ist, was dabei herauskom-
en soll. Wohin wollen Sie eigentlich? Vorwärts in die
ergangenheit? Den Eindruck habe ich, wenn ich Ihren
ntrag lese. Sie versprechen den Menschen eine Erhö-
ung der Transferleistungen in einer Größenordnung
das entspricht auch unseren Berechnungen – von unge-

ähr 35 Milliarden Euro.

Sie machen falsche Versprechungen und versuchen
amit, ihnen den Verzicht auf einen Arbeitsplatz
chmackhaft zu machen. Das ist die falsche Politik.

Sie haben im Wahlkampf Plakate geklebt, auf denen
tand: „Nichts ist mächtiger als eine Idee, deren Zeit ge-
ommen ist.“ – Frau Kipping, ich sage Ihnen mit Blick
uf die Forderungen, die Sie hier heute erheben: Nichts
st hilfloser als eine Idee, die nicht mehr in die Zeit passt,
eil sie keiner bezahlen kann, aber vor allen Dingen

uch, weil sie an den Problemen vorbeigeht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP – Zuruf von der LINKEN: Das passt in die Zeit!)







(A) )



(B) )


Brigitte Pothmer
Sie spielen, wie ich finde, immer gern ein bisschen
Klassenkampf. Offen gestanden: Es ist höchste Zeit,
dass Sie Ihre politischen Ideale einmal mit den gesell-
schaftlichen Realitäten im Jahr 2006 abgleichen. Die
Gesellschaft ist heute ein bisschen komplexer, als Karl
Marx sie noch beschrieben hat. Die „taz“ hat das im letz-
ten Jahr sehr anschaulich dargestellt. Die Frage war
nämlich: Wer ist denn heute das Kapital? Dies wurde am
Beispiel Daimler-Chrysler verdeutlicht: 6,9 Prozent ge-
hören der Deutschen Bank, 7,2 Prozent dem Emirat Ku-
wait und der Rest ist Streubesitz. 25 Prozent davon wer-
den von Privatinvestoren gehalten und 60,9 Prozent von
institutionellen Investoren. Frau Kipping, wer ist da jetzt
der Boss? Dann noch einmal von der anderen Seite ge-
fragt: Was bedeutet das für die Bürgerinnen und Bürger?
Die Bürger in einem entwickelten Kapitalismus befinden
sich in einem vielfältigen Rollenkonflikt. Als Kunden
profitieren sie von dem gnadenlosen Wettbewerb. Als
Anleger freuen sie sich über Kurssprünge und hohe
Dividenden. Doch als Angestellte sind sie Opfer dieser
Verhaltensmuster, denen sie selbst unterliegen. Das be-
deutet stagnierende Löhne und kann auch bedeuten, dass
ihre Jobs bedroht sind.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1603206100

Frau Kollegin Pothmer, erlauben Sie eine Zwischen-

frage des Kollegen Dehm?


Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603206200

Ja.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1603206300

Bitte schön.


Dr. Jörg-Diether Dehm-Desoi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1603206400

Schon die SPD-Kollegen haben von mir, als ich noch

in dem Verein war, folgende Frage gehört. Auch Ihnen
stelle ich jetzt diese Frage, weil Sie die Deutsche Bank
als an Daimler-Chrysler Beteiligte erwähnt und gesagt
haben, dass unsere Politik nicht mehr in die Zeit passt,
da sie nicht finanzierbar sei: Wie erklären Sie dann, dass
– auch unter der Ägide von Rot-Grün – die Deutsche
Bank 16 Jahre lang keine Großbetriebsprüfung hatte und
keinen Cent Körperschaftsteuer gezahlt hat? Wären
diese beiden Instrumente nicht eine Möglichkeit – übri-
gens auch mit einem ähnlichen Ergebnis für Daimler-
Chrysler –, um sehr viel für die Finanzierung unseres
Sozialstaates zu tun?


(Beifall bei der LINKEN – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mindestgewinnbesteuerung! Das haben wir gemacht!)



Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603206500

Die Steuerpolitik unter Rot-Grün habe ich nicht in je-

dem Punkt für richtig gehalten. Das haben wir im Übri-
gen immer sehr deutlich formuliert. Aber Ihre einfachen
Muster, die sich in Ihren Anträgen widerspiegeln, wer-
den der gesellschaftlichen Realität nicht gerecht. Das
sind ranzige Weisheiten, mit denen Sie hier immer wie-

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(C (D er auftauchen. Sie machen es sich verdammt noch mal u einfach! Frau Kollegin, erlauben Sie eine weitere Zwischen rage der Frau Kollegin Dr. Hendricks? (Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU], zu der Abg. Dr. Barbara Hendricks [SPD] gewandt: Waren Sie für die rot-grüne Steuerpolitik?)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1603206600


Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603206700

Ja.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1603206800

Bitte.


Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1603206900

Frau Kollegin, sind Sie bereit, den Herrn Kollegen

ehm darauf hinzuweisen, dass nach den in der Bundes-
epublik Deutschland geltenden Bedingungen Konzerne
ahtlos im Anschluss, also etwa alle vier Jahre, für die
ergangenen vier Jahre geprüft werden und dass dazu
elbstverständlich auch ein Bankkonzern gehört?


Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603207000

Ich glaube, das hat der Kollege Dehm jetzt gehört, als

ie es uns allen hier noch einmal deutlich dargestellt ha-
en.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der FDP)


Wissen Sie, was ich für das eigentliche Problem
alte? Das eigentliche Problem ist, finde ich, dass Sie es
it Ihrer Politik dieser Regierung so einfach machen,
eil Sie Ihre Forderungen nicht belegen, weil sie nicht

inanzierbar sind und weil sie deswegen so einfach vom
isch zu wischen sind. Dabei braucht diese große Koali-

ion eine Opposition, die ihr Feuer unter dem Hintern
acht.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Denn diese Koalition ist dabei, auf ihre ganz eigene
rt Hartz IV zu überwinden. Meine Damen und Herren
on Union und SPD, ich darf Ihnen vielleicht noch ein-
al in Erinnerung rufen: Das Motto von Hartz IV war

Fordern und Fördern“.


(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Richtig!)


s scheint aber so, dass Sie das Prinzip des Förderns
icht mehr so richtig in Erinnerung haben.


(Rolf Stöckel [SPD]: Das ist eine Frage der Umsetzung vor Ort!)


eit Ihrem Amtsantritt wollen die Zumutungen, mit de-
en Sie die Hartz-IV-Empfänger überziehen, kein Ende
ehmen. Mir scheint, Sie folgen nach einer Druckkessel-
heorie der Vorstellung: Je mehr Forderungen an die Ar-
eitslosen gestellt werden und je höher der Leidensdruck






(A) )



(B) )


Brigitte Pothmer
ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die
Menschen in Arbeit kommen. Ich sage Ihnen: Das trägt
nicht gerade zur Motivation bei, einen Arbeitsplatz an-
zunehmen. Das provoziert vielmehr die Abkehr der Be-
troffenen von der Gesellschaft.

Mit Ihren elendigen und durch keine Zahlen belegten
Missbrauchsdebatten schüren Sie, wie ich finde, zu-
nehmend ein Klima des Misstrauens und der Stigmati-
sierung. Dies tun Sie nur, um Rückenwind für die
Durchführung von Leistungskürzungen, die Sie schon
angedeutet haben, zu bekommen. Das ist wirklich ein
schäbiges Vorgehen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Aus diesem Grunde haben wir uns entschlossen, ei-
nen eigenen Antrag zur Weiterentwicklung von Hartz IV
einzubringen. Aus unserer Sicht enthielt der Hartz-IV-
Kompromiss, der ja im Wesentlichen ein großkoalitionä-
rer war, von Anfang an erhebliche Zumutungen. Aber
ich sage deutlich: Wir haben diese Zumutungen mitge-
tragen, weil wir der Auffassung waren und im Übrigen
nach wie vor sind, dass Leistungszahlungen mit dem
Ziel der Integration in den ersten Arbeitsmarkt ver-
bunden sein müssen. Allerdings sind wir auch der Mei-
nung, dass sowohl bei den Regelungen zu unterschiedli-
chen Personengruppen als auch auf einzelnen Feldern
der Arbeitsmarktpolitik nachjustiert werden muss.

Ich will nur einige Punkte unseres Antrags nennen: Es
geht auch uns um eine Entkopplung des Hilfebezugs
vom Partnereinkommen; hier muss im Interesse der
Frauen eine bessere Regelung gefunden werden. Wir
halten es vor dem Hintergrund der Entwicklung der ge-
setzlichen Rentenversicherung für dringend notwendig,
das Altersvorsorgevermögen besser zu schützen. Wir
wollen vor allen Dingen die Integration in den ersten Ar-
beitsmarkt verbessern, indem wir Langzeitarbeitslosen
ermöglichen, ihre gesamten Transferleistungen in ein
Beschäftigungsverhältnis einzubringen. Wir wollen also
Arbeit statt Arbeitslosigkeit finanzieren. Und wir wol-
len, dass mindestens geduldeten Ausländerinnen und
Ausländern endlich Zugang zu Eingliederungsleistungen
eingeräumt wird.

Meine Damen und Herren, Hartz IV schafft keine Ar-
beitsplätze. Das haben zumindest wir Grüne auch nie be-
hauptet. Hartz IV konzentriert sich auf die bessere Ver-
mittlung und Integration von Arbeitslosen. Dass dies in
einer Situation, in der es massenhaft an Arbeitsplätzen
fehlt, nur begrenzt eine Hilfe ist, gebe ich gerne zu. Aber
es wird nicht leichter, wenn Sie zu alten Konzepten zu-
rückkehren, die sich bei der Bekämpfung der Massen-
arbeitslosigkeit seit Jahrzehnten als untauglich erwiesen
haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Lenin soll ja immer als erste und entscheidende Frage
formuliert haben: „Wem nützt das?“ Ich sage Ihnen: Ihr
Antrag nützt weder den Arbeitslosen noch der Bekämp-
fung der Arbeitslosigkeit.

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(C (D Ich danke Ihnen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1603207100

Das Wort hat jetzt der Kollege Karl Schiewerling von

er CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Klaus Brandner [SPD])



Karl Schiewerling (CDU):
Rede ID: ID1603207200

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der An-

rag der Fraktion der Linken ist im Wesentlichen nichts
nderes als eine Zusammenstellung von Positionen, die
m Parlament auch in der Vergangenheit keine Mehrheit
efunden haben – und das aus gutem Grund. Sie wollen
as Arbeitslosengeld II und viele andere Leistungen,
um Beispiel das Sozialgeld, anheben. Doch dazu, wie
ie das finanzieren wollen, äußern Sie sich in Ihrem An-

rag mit keinem Wort; die Größenordnung, um die es da-
ei geht, hat Herr Andres vorhin erwähnt. Geld auszuge-
en, ist einfach. Es zu erwirtschaften und es dann
erecht zu verteilen, ist allerdings schwer. Ich sage Ih-
en: Ihre Position ist populistisch und unredlich.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Der Druck auf dem Arbeitsmarkt, den Sie gleich zu
eginn in Ihrem Antrag beschreiben, ist keine Folge der
inführung der Grundsicherung, sondern unter anderem
ine Konsequenz der gesamtkonjunkturellen Entwick-
ung. Wir wären international nicht so wettbewerbsfähig,
ie wir es sind, hätten wir nicht hoch qualifizierte Inge-
ieure, Meister und Facharbeiter. Allerdings – das ist
ichtig –: Menschen ohne berufliche Qualifikation haben
s schwer. Einen Qualifikationsdruck nach unten, wie
ie ihn beschreiben, kann ich nicht erkennen.

In Ihrem neun Seiten umfassenden Antrag gehen Sie
it keinem einzigen Wort auf das Fordern und Fördern

er Menschen ein. Sie zeigen auch keinen Weg auf, wie
ie Bezieher von Leistungen nach dem SGB II in Be-
chäftigung bringen wollen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


as ist aber der Kern des SGB II.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


ie behaupten in der Präambel Ihres Antrags, dass das
rbeitslosengeld II keine soziale Grundsicherung sei.
iese Behauptung ist schlichtweg falsch: Das Arbeits-

osengeld II ist eine soziale Grundsicherung, allerdings
st es keine Hängematte, sondern ein gespanntes Netz.

it dem Optimierungsgesetz wollen wir dieses Netz
berprüfen und weiter straffen, damit es seinen Zweck
ls Grundsicherung erfüllen kann.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)







(A) )



(B) )


Karl Richard Schiewerling
Mit dem Prinzip des Forderns und Förderns sind
wir auf dem richtigen Weg. Dieses Grundprinzip des
SGB II trägt dazu bei, dass Menschen ohne Arbeit gefor-
dert werden, ihren Lebensunterhalt möglichst rasch wie-
der aus eigener Kraft zu bestreiten. Schließlich wollen
wir Menschen in Arbeit bringen und sie somit aus dem
Bezug staatlicher Leistungen herausholen. Von diesem
Ziel steht nichts in Ihrem Antrag; Sie machen dazu kei-
nen einzigen Vorschlag. Sie wollen die Menschen im
Bezug von Transferleistungen nach dem SGB II belas-
sen, ja Sie bestärken sie noch, indem Sie noch mehr
Geld draufpacken wollen. Das entspricht übrigens Ihrem
Staatsverständnis, demzufolge der Staat für alles und je-
dermann verantwortlich ist. Das aber führt zu Abhängig-
keit und Unfreiheit und letztendlich dahin, dass der Staat
finanziell an seine Grenzen stößt – was wir überdeutlich
erleben.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Abg. Katja Kipping [DIE LINKE] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


Wohlgemerkt – damit ich nicht missverstanden werde –:
Wir brauchen einen starken Staat, der die Schwachen
schützt. Aber wir brauchen keinen Staat, der die Men-
schen entmündigt. Zur Freiheit gehört natürlich der
Schutz, aber auch die Verantwortung eines jeden Einzel-
nen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1603207300

Herr Kollege Schiewerling, erlauben Sie eine Zwi-

schenfrage der Kollegin Kipping?


(Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Die ist ja unersättlich heute!)



Karl Schiewerling (CDU):
Rede ID: ID1603207400

Ja.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1603207500

Bitte schön, Frau Kipping.


Katja Kipping (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1603207600

Da hier wiederholt behauptet wird, wir würden uns in

unserem Antrag überhaupt nicht mit dem Bereich Ar-
beitsmarktpolitik auseinander setzen, möchte ich Sie
einfach fragen, ob Sie unseren Antrag überhaupt bis zur
Seite 5 gelesen haben.


(Zuruf von der CDU/CSU: Im Gegensatz zu euch lesen wir was!)


Dann müsste Ihnen aufgefallen sein, dass wir einen
Punkt 5 in unserem Antrag haben, der da heißt:

Die Arbeitsförderung ist durch zukunftsweisende
Lösungen zu verändern.

Dazu fordern wir die Schaffung eines öffentlich geförder-
ten Beschäftigungssektors und wir machen ganz konkrete
Vorschläge, wie man 1-Euro-Jobs in reguläre sozialversi-
cherungspflichtige Arbeitsverhältnisse umwandeln kann,
und wir schlagen weitere arbeitsmarktpolitische Maßnah-
men vor.

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(C (D Frau Kollegin, ich habe nicht nur Ihre ersten fünf Sei en gelesen, sondern alle neun. Ähnliche Allgemeinlätze, wie Sie sie eben benannt haben, durchziehen den esamten Antrag. (Katja Kipping [DIE LINKE]: Das ist ein Konzept!)


(Beifall bei der LINKEN)

Karl Schiewerling (CDU):
Rede ID: ID1603207700

Wollen Sie zuhören? – Sie wissen ganz genau, dass zu-
ätzliche Arbeitsplätze im öffentlichen Sektor und die
mwandlung von 1-Euro-Jobs – auch dies sind Jobs, die

m öffentlichen Sektor angesiedelt sind – angesichts der
esamtsituation, in der wir uns befinden, keine Lösung
nserer Arbeitsplatzprobleme sind.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wenn jemand eine vom steuerzahlenden Bürger – ich
alte das für einen wichtigen Punkt – finanzierte Grund-
icherung erhält, dann kann man von ihm verlangen,
ass er eine Gegenleistung erbringt und sich anstrengt;
as hat etwas mit Freiheit und Würde zu tun. Das steht
m Unterschied zu Ihrem Verständnis: Sie lehnen diese
nforderungen an die Hilfebedürftigen ab. Sie schrei-
en:

Niemand soll zur Ausübung einer Beschäftigung
gezwungen werden, die für ihn kein existenzsi-
cherndes Einkommen schafft …

iese Position halte ich rundweg für unsozial: Denn Sie
issachten die Krankenschwester, den Polizisten, die
riseuse, den Landwirt, alle, die einer Erwerbsarbeit
achgehen und Steuern aufbringen, um nach Ihrer Defi-
ition dem Arbeitslosengeld-II-Empfänger die Freiheit
u geben, darüber zu entscheiden, ob er arbeiten will
der nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Zuruf von der CDU/CSU: Ungeheuerlich!)


it Ihrem Staatsverständnis dienen Sie nicht dem
enschen. „Sozial“ kann nicht daran gemessen werden,
ie hoch die Transferleistungen sind.


(Beifall des Abg. Rolf Stöckel [SPD])


ür uns ist sozial – das sage ich sehr deutlich –, wenn der
inzelne mit all seinen Fähigkeiten und Möglichkeiten
it seiner eigenen Hände und seines eigenen Kopfes Ar-

eit den Lebensunterhalt für sich und seine Familie ver-
ienen kann. Wenn das nicht ausreicht, dann hat er ein
nrecht auf Unterstützung. Ich sage das so deutlich:
ersonalität, Subsidiarität und Solidarität sind aus
nserer Sicht die entscheidenden Grundlagen unserer
erfassung: Jeder leistet seinen Teil. Sie sagen, dass nie-
and einen 1-Euro-Job – sie sind übrigens durchaus be-

ehrt –, der bis zu 160 Euro im Monat zusätzlich bringt,
nnehmen müsse. Dies entspricht nicht der notwendigen
itwirkung und auch nicht der Stärkung der Eigeninitia-

ive und der Selbstverantwortung.






(A) )



(B) )


Karl Richard Schiewerling
Nichtsdestotrotz habe ich in dem Antrag der Linken
auch etwas Sinnvolles entdeckt.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Oh!)


– Ja. – So heißt es in Ihrem Text: „Die Freibeträge für
Altersvorsorge sind … anzuheben“. – Das ist eine prima
Idee. Das haben wir auch schon im Koalitionsvertrag so
festgehalten und das werden wir auch umsetzen. Sie
können sich dem dann ja anschließen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Meine Damen und Herren, wir wollen das SGB II op-
timieren, das heißt: weniger Verwaltung, gezielter Ein-
satz der Mittel und eine Verbesserung der Eingliederung.
Ich gestehe zu: Hier kann noch mehr geschehen. Davon
steht in Ihrem Papier aber noch nichts.

Ich glaube übrigens auch, dass wir darüber reden
müssen, wie wir präventiv gerade auch den Jugendli-
chen in Bedarfsgemeinschaften, die einer Familie an-
gehören, die sich in der dritten Generation im Sozialhil-
febezug befindet, helfen können, aus dieser Situation
auszubrechen und neue Wege zu finden. Ich halte das für
eine wichtige neue Herausforderung, vor der wir stehen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Dafür müssen im SGB II aber die notwendigen An-
reize für Arbeitslose geschaffen werden, eine reguläre
Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt anzustre-
ben. Arbeit muss sich lohnen. Das Institut für Weltwirt-
schaft in Kiel hat festgestellt:

Kritische Lohnabstände, die eine Vollzeitbeschäfti-
gung auf dem ersten Arbeitsmarkt unattraktiv er-
scheinen lassen, bestehen insbesondere bei ALG-II-
Beziehern, die eine geringe Qualifikation aufwei-
sen, Kinder haben und deren Partner nicht erwerbs-
tätig sind. Verstärkt werden diese Anreizprobleme,
wenn ein potenzieller Arbeitsplatz im Dienstleis-
tungssektor … liegt.

Momentan erzielen 34 Prozent der Erwerbstätigen in
den neuen Bundesländern einen monatlichen Brutto-
lohn von unter 1 600 Euro. Sie zahlen Steuern und fi-
nanzieren so einen Mehrpersonenhaushalt, der sich im
Leistungsbezug des SGB II befindet und gegebenenfalls
Anspruch auf passive Leistungen in Höhe von
1 600 Euro bis 2 000 Euro hat. Dass hier ein eigener An-
reiz zum Arbeiten fehlt, ist wohl klar. Ich verkenne aller-
dings auch nicht, dass es Regionen in Deutschland gibt,
in denen die wirtschaftliche Situation insgesamt durch-
aus problematisch ist und wo sich dies auch auf die Ar-
beitsplätze auswirkt.

Wir müssen auch der Frage nachgehen – das ist ein
wichtiges Anliegen –, was wir mit den Menschen tun,
die aufgrund ihrer persönlichen Voraussetzungen nicht
weiter qualifizierbar sind. Auch sie sollen ihren Beitrag
leisten können. Es müssen Möglichkeiten geschaffen
werden, dass auch die Menschen, die nicht mehr weiter
qualifizierbar sind oder leichte Behinderungen haben,
für sich selbst sorgen können. Das ist nicht nur eine
staatliche Aufgabe, hier sind auch die Wirtschaft und die
Tarifpartner gefordert. Genau an dieser Stelle wird die

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(C (D iskussion um den wie auch immer zu gestaltenden ombilohn einsetzen. Meine Damen und Herren, mit dem Antrag der Linen, der nun vor uns liegt, wollen sich die Linken mal ieder als Schutzpatrone der ALG-II-Empfänger prä entieren und sie streuen den Menschen doch nichts aneres als Sand in die Augen. Herr Kollege Schiewerling, erlauben Sie eine Zwi chenfrage? Nein, ich bin jetzt gleich fertig. Keine Zwischenfrage. Nicht die Grundsicherung macht arm, sondern die Ar eitslosigkeit. Wer die Menschen in ihrer Situation beässt und sie nicht fordert, der entmutigt sie. Wir brauhen aber Mut und keinen Sozialneid. Herzlichen Dank. Ich erteile jetzt dem Kollegen Jörg Rohde von der DP-Fraktion das Wort und nutze die Gelegenheit, Ihen, Herr Rohde, im Namen des Hauses zu Ihrem heutien 40. Geburtstag zu gratulieren. Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her en! 15 Monate nach In-Kraft-Treten von Hartz IV steen wir heute in diesem Hause vor dem Scherbenhaufen ot-grüner Arbeitsmarktpolitik. Die Hartz-Gesetze, die or einigen Jahren wortreich als moderne Dienstleistunen am Arbeitsmarkt ins Rennen geschickt wurden, haen sich als Totalausfall erwiesen: Sie haben keine Areitsplätze geschaffen, die Arbeitslosigkeit nicht gesenkt nd bis heute auch nicht zu einer besseren Qualifizieung Arbeitsuchender geführt. 5 Millionen Arbeitslose arten nicht auf Hartz-Reformen, sondern auf Arbeitslätze und den Wirtschaftsaufschwung – bisher leider ergeblich. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1603207800
Karl Schiewerling (CDU):
Rede ID: ID1603207900
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1603208000
Karl Schiewerling (CDU):
Rede ID: ID1603208100

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1603208200

(Beifall)

Jörg Rohde (FDP):
Rede ID: ID1603208300

Nach wie vor bestehen doppelte Strukturen für die
erwaltung von Arbeitslosen. Das daraus folgende
ompetenzwirrwarr, die Zeitverzögerung durch nicht ab-
estimmte Software und die mangelnde Transparenz
eim Datenaustausch haben die Situation der Arbeitslo-
en keinesfalls verbessert. Zusätzlich prallen hier zwei
öllig unterschiedliche Verwaltungskulturen aufeinander.
nstatt aber deshalb heute Vorschläge vorzulegen, wie
ie Konstruktionsfehler der Hartz-Gesetze zu korrigieren






(A) )



(B) )


Jörg Rohde
sind, richtet sich die Linke in der Arbeitslosigkeit ein und
will aus Hartz IV eine soziale Vollversorgung machen.
Höhere Leistungen, keine Missbrauchskontrollen und
keine Anreize zur Arbeitsaufnahme – dafür ist das
Arbeitslosengeld II nicht gedacht.

Primäres Ziel von Hartz IV ist die individuelle Über-
windung des Bezuges von ALG II durch den einzelnen
Arbeitssuchenden hin zur Wiedereingliederung in den
Arbeitsmarkt. Insoweit ist die Überschrift des Antrags
der Linken „Strategie zur Überwindung von Hartz IV“
durchaus berechtigt. Eine Überwindung von Hartz IV in
eine dauerhafte soziale Absicherung ohne das vorran-
gige Ziel der Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt
wäre aber völlig kontraproduktiv.


(Beifall bei der FDP)


Der Grundsatz von Fordern und Fördern ist rich-
tig. Aber in beiden Punkten ist die alte rot-grüne Bun-
desregierung auf halbem Wege stehen geblieben. Die
Kontrolle des Leistungsmissbrauchs lässt zu wün-
schen übrig. Mein Kollege Heinrich Kolb hat bereits auf
die erschreckenden Ergebnisse der Telefonumfrage hin-
gewiesen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Oh ja!)


Auch der automatisierte Datenabgleich ist mit Hartz IV
für die Stellen vor Ort nicht einfacher, sondern aufwen-
diger geworden und Missbrauch damit leichter. Ohne
Fordern ist Hartz IV kein Anreiz zur Arbeitsaufnahme.

Beim Fördern sieht es nicht besser aus. Am besten
funktioniert dieses Instrument bei der Ausnahme, näm-
lich bei den Optionskommunen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: So ist es!)


Herr Staatssekretär Andres, die FDP hat damals nicht
zugestimmt, weil es bei der Umsetzung bessere Alterna-
tiven gibt.


(Beifall bei der FDP – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wir hätten das mit den Kommunen flächendeckend gemacht!)


Die Stadt Erlangen in meinem Wahlkreis macht es
vor. Hier werden bereits über 50-Jährige, welche auf
dem allgemeinen Arbeitsmarkt als kaum vermittelbar
gebrandmarkt sind, erfolgreich in Arbeit vermittelt. Das
erfahrene und motivierte Team vor Ort in Erlangen hat
zum Beispiel mit dem lokalen Projekt „Fifty up“ zu-
sätzliche Fördermittel aus dem Hause von Herrn
Müntefering erhalten und an einem bundesweiten Wett-
bewerb erfolgreich teilgenommen.

Aber auch aus den 68 anderen Optionskommunen ist
viel Positives zu vernehmen. Das zeigt, dass besonders
die Kommunen in der Lage sind, der Situation der
Langzeitarbeitslosen gerecht zu werden. Sie haben be-
wiesen, dass sie bei der Arbeitsvermittlung flexible
Wege gehen können. Die Kommunen sind näher an den
Problemen der Betroffenen und können eher passgenaue
und flexible Wege für eine Integration in den Arbeits-
markt entwickeln als die zentralistisch organisierte Bun-
desagentur für Arbeit. Die FDP-Fraktion fordert daher
weiterhin, dass die Verantwortung für die Vermittlung

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(C (D nd Integration von Arbeitslosen allein den Kommunen bertragen wird. Dies erfordert jedoch eine Grundgesetzänderung zur inanziellen Absicherung der Kommunen bei Überahme der Betreuung der Langzeitarbeitslosen. Hierzu ar Rot-Grün nicht bereit. Auch bei Schwarz-Rot sind ierfür keinerlei Anzeichen zu erkennen. Vor ziemlich enau zwei Jahren haben FDP und CDU/CSU in einem emeinsamen Bundestagsantrag gefordert, (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das waren noch Zeiten!)


(Beifall bei der FDP)


as kommunale Optionsgesetz so umzugestalten, dass
uch die optierenden Kreise und kreisfreien Städte tat-
ächlich Träger der Arbeitsvermittlung sind und die Auf-
aben nach dem SGB II in Eigenverantwortung erfüllen
önnen.


(Beifall des Abg. Dr. Heinrich L. Kolb [FDP])



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1603208400

Herr Kollege Rohde, erlauben Sie eine Zwischenfrage

es Kollegen Kurth?


Jörg Rohde (FDP):
Rede ID: ID1603208500

Ja.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1603208600

Bitte schön, Herr Kurth.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Erst einmal gratulieren, Herr Kurth!)



Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603208700

Den Hinweis, dass ich Herrn Rohde gratulieren soll,

ätte ich nicht gebraucht. Natürlich gratuliere ich Herrn
ohde.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)



Jörg Rohde (FDP):
Rede ID: ID1603208800

Danke schön.


Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603208900

Lieber Kollege Rohde, Sie fordern, dass den Kommu-

en die Durchführung der Leistungen aus dem SGB II,
ulgo Hartz IV, und die Eingliederung in den Arbeits-
arkt vollständig übertragen werden. In diesem Zusam-
enhang haben Sie auch die Optionskommunen ge-

annt.

Nun sind Sie auch behindertenpolitischer Sprecher
hrer Fraktion. Ist Ihnen bekannt, dass die optierenden
ommunen in geradezu sträflicher Weise in den ersten

echs Monaten des Jahres 2005 die Integration von
enschen mit Behinderungen verweigert haben, ob-
ohl sie dazu eindeutig einen rechtlichen Auftrag hat-

en? Ist Ihnen bekannt, dass die damalige rot-grüne Bun-
esregierung vor den Fakten kapitulieren und diese
ufgabe an die Bundesagentur für Arbeit zurückgeben






(A) )



(B) )


Markus Kurth
musste – diese macht sie auch nicht so gut, wie sie sie
machen sollte –, weil sich die Kommunen einfach ge-
weigert haben, für Menschen mit Behinderung Angebote
bereitzustellen? Wie kann man vor diesem Hintergrund
behaupten, dass die Kommunen besser befähigt wären,
diese Leistungen alleine durchzuführen?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)



Jörg Rohde (FDP):
Rede ID: ID1603209000

Herr Kollege Kurth, uns allen ist bekannt, dass es da-

mals große Probleme bei der Einführung von Hartz IV
gegeben hat. Das bezieht sich auf alle Bereiche, nicht
nur speziell auf den Bereich der Menschen mit Behinde-
rungen.


(Klaus Brandner [SPD]: Wir reden von jetzt!)


Ich kann eben nur aus meiner Optionskommune in Er-
langen berichten, dass dort sehr wohl Maßnahmen ge-
troffen worden sind, um die Integration von Behinderten
in den Arbeitsmarkt zu fördern. Ich habe mich dort per-
sönlich vergewissert. Vielleicht kann das nicht auf alle
68 Optionskommunen ausgedehnt werden – an dieser
Stelle können wir gerne noch nacharbeiten –, aber
grundsätzlich halte ich es für besser, vor Ort anzusetzen,
weil dort auch die Behinderten bekannter sind als bei ei-
ner zentralen Bundesagentur, die von außen eingreifen
möchte. Ich komme später noch einmal auf diesen Punkt
zurück.

Ich appelliere an die Union, sich an die damals vorge-
legten Anträge zu erinnern. Ich denke, wir werden beim
Leistungssystem noch stärker auf die Grundsätze der So-
zialhilfe zurückkommen müssen. Fehlsteuerungen müs-
sen beseitigt und die Leistungen auf die wirklich Bedürf-
tigen konzentriert werden.


(Beifall des Abg. Dr. Heinrich L. Kolb [FDP])


Vor allem jugendliche Arbeitslose haben das Gesetz aus-
genutzt und sind auf Kosten der Allgemeinheit bei ihren
Eltern ausgezogen. Für die Zukunft wurde diesem Miss-
brauch nun ein Riegel vorgeschoben. Von einer Haus-
haltssanierung auf Kosten arbeitsloser Jugendlicher, wie
es die Grünen nennen, kann aber nicht die Rede sein.

Als behindertenpolitischer Sprecher der FDP möchte
ich ausdrücklich auf einen Punkt des Antrags der Grünen
eingehen. In Punkt 9 Ihres Antrages fordern Sie eine
bessere Verzahnung von SGB II und SGB IX, um die
Vermittlung von arbeitslosen Menschen mit Behinderun-
gen in Arbeit zu optimieren. In diesem Punkt stimme ich
Ihnen ausdrücklich zu.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


In Mittelfranken – aber nicht nur dort – ist infolge ei-
ner Änderung des SGB IX die bis dahin ausgesprochene
erfolgreiche Vermittlung von Schwerbehinderten ins
Stocken geraten.


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Also doch!)


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(C (D nsbesondere vor dem Hintergrund einer überproportioal steigenden Arbeitslosigkeit unter Schwerbehinderten uss hier schnell gehandelt werden. Zu Ihrem Zwischenruf: In Mittelfranken gibt es eine ptionskommune neben vielen anderen; es geht vor al em um die Argen. Das ganze Problem ergibt sich aus em SGB IX; es liegt nicht an den Personen, die es vor rt ausführen müssen. Ich kann mir gut vorstellen, dass uch mein Kollege Hubert Hüppe von der CDU, der beeits im Mai letzten Jahres in einer Kleinen Anfrage auf robleme bei der Vermittlung behinderter Arbeitsloser ingewiesen hat, nun als Mitglied der Regierungskoaliion schnell Korrekturen einfordern wird. Ich fasse zusammen: Wenn die Gesetze Hartz I bis IV o umgesetzt worden wären, wie ursprünglich einmal on Peter Hartz geplant, dann wären wir den Zielen eier arbeitsmarktpolitischen Reform sicherlich näher geommen. Es gibt großen Reformbedarf bei der Arbeitsarktpolitik. Aber die beiden Anträge der Fraktionen er Linken und der Grünen gehen größtenteils in die falche Richtung. (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt nur bei einem!)


eswegen muss man beide Anträge ablehnen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1603209100

Das Wort hat die Kollegin Angelika Krüger-Leißner

on der SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Angelika Krüger-Leißner (SPD):
Rede ID: ID1603209200

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Seit gut einem Jahr ist die Arbeitsmarktreform
um SGB II in Kraft. Ganz folgerichtig haben wir es mit
chwierigkeiten sowohl in der Akzeptanz und der Um-
etzung als auch hinsichtlich der spürbaren Wirksamkeit
u tun. Darum ist es grundsätzlich zu begrüßen, dass es
eitere Vorschläge neben denen der Regierungskoalition
ibt, den Prozess der Umsetzung des SGB II zu optimie-
en.

Dass der Schritt der Zusammenlegung von Arbeits-
osenhilfe und Sozialhilfe zur neuen Grundsicherung
ichtig war, bestreitet heute kaum noch jemand. Unsere
ielsetzung orientierte sich an den Bedürfnissen von er-
erbsfähigen arbeitslosen Menschen. Es ist für mich
ach wie vor richtig, daran festzuhalten, die Zugangs-
hancen von Langzeitarbeitslosen in Beschäftigung
urch passgenaue individuelle Vermittlung und Ange-
ote zu verstärken, ihren Verbleib in Arbeitslosigkeit zu
erringern und ihnen eine die Existenz sichernde Grund-
icherung zu bieten. An dieser Zielsetzung müssen wir
eden Vorschlag messen, der vorgelegt wird.

Wenn wir als richtig erkannt haben, dass wir gleiche
hancen für alle Arbeitslosen und eine schnelle und
achhaltige Integration in den Arbeitsmarkt erreichen






(A) )



(B) )


Angelika Krüger-Leißner
wollen und dass wir Menschen von Betroffenen zu Be-
teiligten an einem System machen, sie also aktivieren
und ihre Eigenverantwortung stärken wollen, dann
können wir nur den bereits eingeschlagenen Kurs weiter-
verfolgen, einschließlich aller notwendigen Weiterent-
wicklungen, die wir aber entschlossen angehen müssen.
In dieser Phase befinden wir uns gerade.

Heute liegen zwei Anträge vor, die wir meines Erach-
tens unterschiedlich gewichten müssen. Der Antrag der
Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen sollte uns auch
weiterhin beschäftigen. Ich finde, dass er wichtige und
richtige Ansätze enthält. Das Streiten um gute Lösungen
in den nächsten Wochen wird sich, glaube ich, lohnen.

Lassen Sie mich aber einige Ausführungen zu dem
Antrag der Fraktion Die Linke machen. Ich glaube, die-
ser Antrag bringt uns mit seinen Vorschlägen in keiner
Weise voran. Vielmehr soll mit ihm der eingeleitete Pro-
zess zurückgedreht werden. Ich habe große Zweifel, ob
die Antragsteller die Dimension der vor uns liegenden
Probleme in ihrer Gesamtheit überhaupt erfasst haben.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Er liest sich wie ein Wunschzettel, fernab jeder Realität
in unserem Land, kurzum: eine soziale Utopie. Dabei
gebe ich zu, dass sich seit einem Jahr für viele Menschen
Gravierendes verändert hat. Manche Einschnitte sind
schwer zu verkraften. Auf die neue Situation musste sich
jeder erst einstellen.

Ich hätte mir gewünscht, dass wir – genauso wie an-
dere Länder – rechtzeitig auf die veränderte Wirt-
schafts- und Arbeitsmarktlage reagiert hätten. Dann
wäre vieles leichter geworden. Aber wir haben geschla-
fen oder wir hatten nicht den Mut dazu. Letztendlich tra-
gen wir alle die Verantwortung dafür. Andere Länder ha-
ben in den 90er-Jahren – ähnlich wie wir – Reformen auf
den Weg gebracht. Ich erinnere nur an Dänemark. 1993
hat die sozial-liberale Regierung Reformen durchge-
führt, die sie allerdings mehrmals nachbessern musste.
Auch diese Regierung stand unter sehr hohem Druck.
Ich erinnere nur daran, dass sie 2001 abgewählt wurde.
Das kann passieren. Wenn wir uns aber heute die Erfolge
des Förderns und Forderns vor Augen führen, können
wir eines erkennen: Die Arbeitslosigkeit in Dänemark ist
von 11 auf 5 Prozent gesunken. Die Dänen sind ganz be-
sonders erfolgreich bei der Integration gering qualifizier-
ter Menschen auf dem Arbeitsmarkt und beim Abbau der
Jugendarbeitslosigkeit. Genau das muss auch unser Ziel
sein.

Wir müssen uns mit der Umsetzung der Hartz-Ge-
setze beschäftigen, sie analysieren und, wo nötig, än-
dern. Aber Sie werden mir, glaube ich, zustimmen, dass
der uns vorliegende Antrag der Fraktion Die Linke nicht
geeignet ist, Langzeitarbeitslosigkeit abzubauen. Liebe
Kolleginnen und Kollegen von der Linksfraktion, Ihre
Strategie zur Überwindung von Hartz IV besteht darin,
die Menschen zu verunsichern, wieder einmal Schwarz-
malerei zu betreiben und irreale Hoffnungen zu wecken.
Sie beginnen schon mit einer falschen Behauptung,
wenn Sie sagen, Hartz IV sei Armut per Gesetz. Ich erin-
nere an die Worte von Staatssekretär Andres. Er hat sehr

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(C (D enau ausgeführt, dass es vielen in dem neuen System ar nicht schlechter geht. Natürlich hat derjenige Einchnitte hinzunehmen, der vorher eine hohe Arbeitsloenhilfe bekommen hat. Wir haben das nie bezweifelt nd offen ausgesprochen. Aber für die Vielzahl der ehealigen Sozialhilfeempfänger, die in den letzten Jahren ar keine Chance auf Arbeitsvermittlung bekommen haen, hat sich die Situation verbessert. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Nach der neuen Grundsicherung kommt eine Familie
it zwei Kindern auf einen Grundsicherungsbetrag ein-

chließlich Wohnungskosten in Höhe von 1 759 Euro
etto im Monat. Das ist sicherlich nicht viel Geld. Aber
as ist weiß Gott nicht Armut per Gesetz. Viele Men-
chen in unserem Land arbeiten für viel weniger. Wenn
ch mir Ihre Vorschläge genauer anschauen, dann stelle
ch fest, dass Sie eigentlich gar keine Überwindung von
artz IV wollen. Sie wollen vielmehr eine unendliche
ufstockung bei Hartz IV. Das mag zunächst einmal
ünschenswert erscheinen. Aber wer die Rechnung be-

ahlen soll, die hier aufgemacht wird, bleibt offen.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner)


Wenn man sich nur drei Ihrer Vorschläge genauer an-
chaut – die Erhöhung der Regelleistung auf 420 Euro,
ie Erhöhung der Freibeträge für Vermögen und die Er-
öhung des Kindergeldes, den dicksten Brocken in Ih-
em Antrag –, dann stellt man fest, dass die Mehrkosten
nter dem Strich 26 Milliarden Euro betragen. Das wird
infach so dahingeworfen, ohne zu überprüfen, ob das
berhaupt umsetzbar ist. Das spielt bei Ihnen ohnehin
eine Rolle. Diese Kosten müssten andere in diesem
and mit ihrem Arbeitseinkommen bezahlen. Das sind
osten einer sozialen Utopie, die gar nicht mehr aktivie-

en will. Genau dieser Punkt in Ihrem Antrag macht
ich richtig wütend. Arbeit kommt in Ihren Vorschlägen

aum noch vor. Ihre vorgebliche Strategie handelt vom
eg zu einer Vollkaskogesellschaft. Beschäftigung ist

weitrangig. Das ist der Geist Ihres Antrages.

Wir können gut erkennen, dass die Linke zurück zu
em Verschiebebahnhof will, den wir früher in der So-
ialhilfe hatten,


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


un aber für alle Arbeitslosen, damit wir uns in Zukunft
loß nicht weiter mit ihren Problemen beschäftigen müs-
en.

Es gibt einen Punkt, bei dem wir übereinstimmen: Bei
er Umsetzung des SGB II gibt es viel zu verbessern.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1603209300

Frau Kollegin, denken Sie an Ihre Redezeit!


Angelika Krüger-Leißner (SPD):
Rede ID: ID1603209400

Danke, Frau Präsidentin. – Vor allen Dingen müssen

ir Verbesserungen für die Menschen erreichen, die Ar-
eit als Teil ihrer gesellschaftlichen Partizipation sehen.






(A) )



(B) )


Angelika Krüger-Leißner
Für sie müssen wir mehr tun. Ihnen fühle ich mich ver-
pflichtet. Lassen Sie uns das in den nächsten Monaten
tun! Lassen wir uns nicht durch solche utopischen An-
träge wie von der Fraktion Die Linke aufhalten!


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1603209500

Das Wort hat der Kollege Paul Lehrieder, CDU/CSU-

Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Paul Lehrieder (CSU):
Rede ID: ID1603209600

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen

und Herren! Als Hartz IV an den Start ging, waren große
Erwartungen an ein derartig großes Reformvorhaben ge-
knüpft.


(Zuruf von der LINKEN: Sie wurden enttäuscht!)


– Enttäuschung Ihrerseits ist nicht verwunderlich. Sie
sind öfter enttäuscht und werden auch öfter enttäuscht
werden. – Als es dann an Art und Umfang der Umset-
zung ging, wurden, wie fast zwangsläufig bei derartigen
Reformprojekten, viele enttäuscht – auch die Linken,
zum Glück. Hartz IV ist heute unverdientermaßen zum
Unwort geworden.

Arbeitslosen- und Sozialhilfe zusammenzulegen – ge-
nau darum ging es im Kern –, war unbedingt notwendig
und seit langem eine zentrale Forderung der Union. Des-
halb haben wir vor zwei Jahren dem Reformvorhaben
der damaligen Bundesregierung in Bundestag und Bun-
desrat zugestimmt. Wie Herr Staatssekretär Andres aus-
geführt hat, war es den Schweiß aller Edlen wert.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Ich habe die Formulierung sehr schön gefunden, weil Sie
auch uns als Edle bezeichnet haben.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Aber schwitzen ist trotzdem eine unangenehme Sache!)


Es war uns wichtig, den Schwerpunkt von der Zah-
lung des Lebensunterhalts auf die Wiedereingliederung
der erwerbsfähigen Hilfebezieher in den Arbeits-
markt zu verlagern. Oberstes Ziel musste sein, die Be-
troffenen wieder aus den Transfersystemen herauszufüh-
ren, sei es durch neue Hinzuverdienstmöglichkeiten, sei
es durch eine passgenaue Förderung bei der Wiederein-
gliederung in Arbeit, sei es durch eine intensivere Be-
treuung durch einen persönlichen Ansprechpartner.
Dazu gehören auch die unmissverständliche Androhung
und die Durchsetzung von Sanktionen, wenn der Hilfe-
bedürftige die notwendigen Eigenbemühungen nicht
leistet. Nicht umsonst heißt es „fordern und fördern“.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Das Arbeitslosengeld II steht für uns im Einklang mit
dem Auftrag, den das Grundgesetz dem Staat gegeben
hat: diejenigen zu unterstützen, die sich ohne eigenes

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(C (D erschulden nicht aus eigener Kraft helfen können. Das ibt aber keinem das Recht, auf Kosten der Gemeinchaft zu leben, wenn er eigentlich selbst arbeiten önnte. Es geht nicht darum, so viel Steuergeld wie öglich in die Transfersysteme zu pumpen, wie es die inksfraktion, ihrem Antrag nach zu schließen, gerne ä 35 Milliarden Euro würde die Durchführung hres Antrages kosten. Das sind traumtänzerische Zahlen hne solide Gegenfinanzierung. Ich hätte von der Linksartei zumindest eine unsolide Gegenfinanzierung erartet. (Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Nicht einmal das!)

Dr. h.c. Gerd Andres (SPD):
Rede ID: ID1603209700

Von einer soliden Gegenfinanzierung kann man bei ihr
hnehin nicht ausgehen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir haben in der vergangenen Woche einen Haushalt
it einer dramatischen Neuverschuldung von 38 Milliar-

en Euro im laufenden Jahr beschlossen.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1603209800

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

ollegen Dehm?


Paul Lehrieder (CSU):
Rede ID: ID1603209900

Ich würde liebend gern, aber die heutige Sitzung ist

ereits jetzt bis 23.55 Uhr geplant. In Anbetracht der ge-
ingen Qualität der zu erwartenden Zwischenfrage ver-
ichte ich darauf.


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)


Frau Kipping, hier auf der Tribüne ist eine große An-
ahl Jugendlicher. Wir zahlen bereits jetzt jeden Tag
00 Millionen Euro Zinsen. Ihr Weg wäre gewesen, die
erschuldung in dramatischer Weise weiter zu steigern.
ie Generation, die uns von den Tribünen zuschaut,
ätte keinerlei Bewegungsraum mehr, wenn wir Ihren
eg in die soziale Irre gingen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Wer theatralisch den Sozialstaat untergehen sieht und
artz IV am sozialen Kältepol verortet, sollte sich ein-
al den Einzelplan „Arbeit und Soziales“ des
undeshaushaltes 2006 ansehen. Wir geben derzeit
ehr als 51 Prozent der gesamten Haushaltsmittel für

oziale Leistungen aus. Allein für das Arbeitslosen-
eld II sind im Haushalt 2006 24,4 Milliarden Euro an-
esetzt. Für Eingliederungshilfen sind 6,5 Milliarden
uro und für Verwaltungskosten 3,5 Milliarden Euro
orgesehen. Darüber hinaus werden 267 Millionen Euro
ür Beschäftigungspakte zugunsten älterer Menschen
eranschlagt. 2006 beteiligt sich der Bund zudem mit
9,1 Prozent an den Unterkunftskosten. Die Kommunen
erden so um 2,3 Milliarden Euro jährlich im Vergleich

u dem vor dem 1. Januar 2005 geltenden Recht entlas-
et. Dieses Geld kann in die Betreuung vor Ort investiert
erden, zum Beispiel in Kinderkrippen. Sieht es so aus,
enn – so schreiben Sie es, liebe Kolleginnen und






(A) )



(B) )


Paul Lehrieder
Kollegen der Linksfraktion – „Kosten auf die Kommu-
nen abgewälzt werden“? Beileibe nicht!

Apropos Kommunen: Frau Kipping, Sie haben den
Prospekt „Hartz IV“ vorgezeigt und auf Ihren Wahlkreis
verwiesen. Ich habe mich kundig gemacht: Das Bundes-
tagshandbuch weist aus, dass Sie über die Landesliste
Sachsen in dieses Hohe Haus gewählt worden sind. Ich
gehe davon aus, dass Sie gleichwohl Verantwortung für
die Menschen Ihrer Region tragen wollen.

Ich will Ihnen ein Beispiel aus meinem Wahlkreis
nennen. Mein Wahlkreis Würzburg hat sich 2004 für das
so genannte Optionsmodell entschieden.


(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Sehr gut!)


Im Wahlkreis Erlangen des Kollegen Rohde war es ähn-
lich. Im Laufe des ersten Halbjahres 2005 wurden die
Fälle der Agentur für Arbeit sukzessive übernommen.
Das „Beratungs- und Eingliederungszentrum für Arbeit-
suchende des Landkreises Würzburg“ vermerkt für das
gesamte vergangene Jahr, dass trotz schwieriger Aus-
gangslage 511 Menschen in den ersten Arbeitsmarkt ver-
mittelt werden konnten, und das bei 1 300 Arbeitslosen
bzw. 2 230 Bedarfsgemeinschaften. Das ist eine Quote,
mit der wir uns nicht zu verstecken brauchen. Gegenüber
den Jahren 2003 und 2004 mit jeweils etwa 200 Vermit-
telten ist das ein deutlicher Erfolg.

Frau Kipping, legen Sie Ihren Laptop einmal zur
Seite! Vielleicht können Sie mir einmal etwas lauschen.


(Zuruf der Abg. Katja Kipping [DIE LINKE])


– Das befürchte ich. Alles, was realitätsbezogen ist, ist
für Sie uninteressant.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Besonders erfreulich ist in diesem Zusammenhang,
dass 26,4 Prozent der im vergangenen Jahr vermittelten
Arbeitnehmer unter 25 Jahre alt sind. Damit dürfte klar
werden, dass die Reformen allmählich zu greifen begin-
nen.

Bei alledem müssen wir in Rechnung stellen, dass es
sich erst um einen Anfang der Reformen der Arbeits-
markt- und Sozialgesetzgebung handelt. Viel muss noch
justiert werden. Genau in dieser Phase befinden wir uns
jetzt. Unter anderem mit der Angleichung der ALG-II-
Regelsätze in Ost und West auf 345 Euro wollen wir für
mehr Gerechtigkeit im Rahmen des Möglichen sorgen.
Hier sehen wir auch die Grenzen, die uns gesetzt sind.
Diese Angleichung wird bei Bund und Ländern mit
Mehrkosten von 260 Millionen Euro zu Buche schlagen.
Dadurch fehlt Geld an anderer Stelle. Da wir leider nicht
unbegrenzt Geld drucken können und es uns nicht leisten
können, über unsere Verhältnisse zu leben, müssen wir
in Verantwortung vor dem Steuerzahler die knappen so-
zialstaatlichen Mittel zielgenau einsetzen.

Ich erinnere an Folgendes: Beim ALG II handelt es
sich grundsätzlich um eine bedürftigkeitsabhängige
Leistung, die nur in der Höhe der tatsächlichen Hilfe-
bedürftigkeit gewährt wird. Sie muss das so genannte so-
ziokulturelle Existenzminimum sicherstellen. Es geht

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(C (D m Hilfe zur Selbsthilfe, die das uneffektiv gewordene oziale Netz in eine neue Balance bringen soll. Die überplanmäßigen Ausgaben von mehr als 1 Milliarden Euro, die uns einzelne Kostenblöcke des artz-IV-Gesetzes gebracht haben, können wir uns auf auer nicht leisten. Es geht um den effizienten Einsatz napper Mittel. Es geht nicht darum, denen zu helfen, ie das Geld nicht brauchen. Fehlanreize sind deshalb zu ekämpfen, und zwar im Interesse aller. Ein besonders prägnantes Beispiel der letzten Zeit ist er sprunghafte Anstieg der Zahl von Ein-Personen-Bearfsgemeinschaften unter 25-Jähriger. Diesen Anstieg onnten wir vor einigen Wochen in diesem Hohen Haus it großer Mehrheit – gegen die Linksfraktion – zum lück unterbinden. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Widerspruch bei der LINKEN)


Mit dem SGB-II-Optimierungsgesetz wird die Koali-
ion diese Linie fortführen. Sie hat sich zum Ziel gesetzt,
eue Akzente bei der Ausgestaltung des Schonvermö-
ens zugunsten der Altersvorsorge zu setzen und die De-
inition eheähnlicher Gemeinschaften zu überprüfen, die
uständigkeiten der Arbeitsgemeinschaften und optie-

enden Kommunen gesetzlich klarzustellen und einiges
ehr.

Wir befinden uns mitten im Reformprozess. Unser
iel ist es, Menschen in Arbeit zu bringen. Wir haben
egrenzte Mittel und sind kein Selbstbedienungsladen.
eben wir über unsere Verhältnisse, leiden am Ende die
anze Gesellschaft und insbesondere unsere Jugend.

Wer uns bei diesem schwierigen Vorhaben mit kon-
truktiven Vorschlägen unterstützen will, ist uns herzlich
illkommen. Wer die Bürger mit pathetischem Tonfall,
ärbeißigkeit und ideologischer Verblendung gegen ihre
igenen Interessen mobilisieren und notwendige Maß-
ahmen im Keim ersticken will, ist allerdings fehl am
latz. Hier würde man den Bock zum Gärtner machen.
ir sind froh, dass eine große Mehrheit der Vernünfti-

en die Anträge der Linkspartei zurückweist.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1603210000

Das Wort hat der Kollege Rolf Stöckel, SPD-Frak-

ion.


(Beifall bei der SPD)



Rolf Stöckel (SPD):
Rede ID: ID1603210100

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch

on mir herzliche Glückwünsche, Herr Rohde. Wir wis-
en jetzt, dass Sie 40 Jahre alt sind – das tut nicht weh;
ch kann mich noch daran erinnern, wie das bei mir da-

als war –, aber wir wissen leider sehr wenig über die
ptionskommunen,


(Jörg Rohde [FDP]: Oh!)







(A) )



(B) )


Rolf Stöckel
über die Qualität der Eingliederungsvereinbarungen, der
aktiven Arbeitsmarktangebote und der Qualifizierungs-
angebote in den Optionskommunen. Sie wissen das viel-
leicht in Bezug auf Erlangen. Wir wüssten gerne mehr.
Ich kann Ihnen nur berichten, dass die Arge bei mir im
Kreis Unna einen Spielraum hat, in dem sie auch eigen-
ständig Entscheidungen treffen kann, und dass die Praxis
dort auch nicht unbedingt schlechter ist als in Erlangen;
das Beispiel kenne ich zufällig auch.

Wir haben natürlich ein Interesse daran – das möchte
ich prinzipiell einmal sagen; deswegen spreche ich das
an –, dass die Verhältnisse, was die Qualität, die Sozial-
standards, die Qualifizierung und die Vermittlung an-
geht, in der Bundesrepublik Deutschland nicht zersplit-
tert werden, sondern dass es für eine eigenständige
Praxis in den Arbeitsgemeinschaften vor Ort einen ein-
heitlichen Rahmen gibt, sodass man die Einheitlichkeit
der Lebensverhältnisse für die Betroffenen auch insofern
sicherstellen kann. Das ist eine sozialdemokratische
Position, die wir auch weiterhin vertreten werden.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Paul Lehrieder [CDU/CSU] und des Abg. Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU])


„Hartz muss weg“ – so richtig ernst meint die PDS
das auch nicht. Wenn alle Punkte ihres Antrages – es
sind 40 Punkte, die ich hier nicht in sieben Minuten be-
werten kann; ich biete an, das einmal zu tun, wenn Sie
Interesse haben – erfüllt würden, hätte die PDS als
Transferleistungsgewerkschaft gar keine Daseinsberech-
tigung mehr.


(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Eben!)


Das ist auch der Grund dafür, dass sie hier im Parlament
sitzt.

Ich sage zu den Kollegen in der Koalition einmal: Das
gilt vielleicht auch für Herrn Rüttgers, der jetzt im Düs-
seldorfer Stadttor sitzt. Er konnte sich auch nicht klar
entscheiden, ob er sich zu dem Ergebnis des Vermitt-
lungsausschusses bekennt oder ob er dagegen demons-
triert. Da hat er so ähnliche Verhaltensweisen wie Herr
Böhmer an den Tag gelegt. Aber darum geht es nicht.

Wenn wir erreichen wollen, dass erwerbsfähige Men-
schen nicht mehr dauerhaft vom Arbeitsmarkt ausge-
grenzt werden – ohne Chancen auf persönliche Hilfen
und Förderung, auf Qualifizierung und auf Kinderbe-
treuung –, dann darf Hartz IV nicht weg. Es kann erst
dann weg, wenn die Langzeitarbeitslosigkeit – der Kol-
lege Weiß hat das zu Recht gesagt – erfolgreich be-
kämpft ist. Ich gehörte aufgrund eigener Erfahrung – ich
habe 15 Jahre in der Sozialverwaltung gearbeitet – kei-
nesfalls zu denen, die glaubten, die sagenhafte deutsche
Verwaltung brauchte nur einen Hebel umzulegen, dann
würde schon alles klappen. Niemand kann ernsthaft be-
haupten – das ist auch schon von mehreren Vorrednerin-
nen und Vorrednern gesagt worden –, dass die größte So-
zialreform der Bundesrepublik nach einem guten Jahr
Praxis bereits optimal läuft.

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(C (D Ich möchte die Gelegenheit wahrnehmen, mit einigen ythen aufzuräumen, die hier auch schon angesprochen orden sind. Eine Behauptung ist, dass die Leistungen, ämlich 345 Euro plus Übernahme der Mietund Heizosten, für Einzelpersonen nicht das menschenwürdige xistenzminimum absichern würden. Es gibt kein Land er Welt, in dem diese Leistungen höher sind und in dem ie Arbeitslosigkeit erfolgreicher bekämpft worden wäre (Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt aber so auch nicht! Dänemark zum Beispiel!)


der mehr Integration geleistet worden wäre dadurch,
ass diese Leistungen höher sind. Die Regelsätze wer-
en auf einer gesetzlichen Grundlage angepasst und
icht mehr nach einem paternalistischen Warenkorb, der
uch schon bei der damaligen Sozialhilfe nicht dazu bei-
etragen hat, dass es objektiver oder für die Betroffenen
esser gewesen wäre.

Das ist übrigens nicht nur besser für die ehemaligen
rwerbsfähigen Sozialhilfeempfänger oder für die ehe-
aligen Arbeitslosenhilfeempfänger, die ergänzende So-

ialhilfe bekommen haben; es ist auch besser für die
ommunen, denen über viele Jahre die Massenarbeitslo-

igkeit mit allen Konsequenzen sozusagen in die Kasse
eschoben worden ist. Sie sagen in Ihrem Antrag ja
uch, dass Sie die Kommunen entlasten wollen. Als je-
and, der aus dem Ruhrgebiet kommt, sage ich Ihnen:
itte nicht nur die Kommunen in Ostdeutschland entlas-

en. Das muss insbesondere für unsere Kommunen im
uhrgebiet auch gelten.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ist es linke Politik – das habe ich mich gefragt, als ich
en Antrag gelesen habe –, ist es menschenwürdig, wenn
enschen dauerhaft zur Passivität, zur Ausgrenzung

om Arbeitsmarkt und zur Abhängigkeit von staatlichen
ransferleistungen verdammt werden? Die klare Ant-
ort von uns Sozialdemokraten ist: Nein. Ich frage Sie:

st es linke Politik, wenn sich Großunternehmen auf
osten der Solidargemeinschaft, nämlich mithilfe hoher
nd langer Arbeitslosenhilfezahlungen, massenhaft von
hren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, aber auch
on ihrer sozialen Verantwortung verabschieden können,
ie das jahrelang passiert ist? Die klare Antwort von uns

autet: Das ist keine linke Politik.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Paul Lehrieder [CDU/CSU])


Es wird behauptet – das hat der Parlamentarische
taatssekretär Andres hier bereits aufgenommen –, dass
it der zunehmenden Zahl der Bedarfsgemeinschaften

nd der Kinder in Bedarfsgemeinschaften die Armut
teigt. Dieser Vorwurf, auch der Armutskonferenz in der
etzten Woche, ist absurd. Wenn Leistungen verbessert
erden – ich sage es hier noch einmal – und der Berech-

igtenkreis ausgeweitet wird, dann ist das ein Beweis da-
ür, dass die Armutsbekämpfung im deutschen Sozial-
taat weitgehend funktioniert.






(A) )



(B) )


Rolf Stöckel
Ich nenne Ihnen eine Zahl aus dem Armuts- und
Reichtumsbericht: Wenn es diese Leistungen nicht gäbe
– sowohl die beitragsfinanzierten als auch die steuerfi-
nanzierten Sozialleistungen einschließlich der Grund-
sicherung –, dann wären nicht 13,5 Prozent der Men-
schen vom Armutsrisiko bedroht – das sind vor allen
Dingen Ausländer, Alleinerziehende und Familien mit
mehr als zwei Kindern –, sondern 41 Prozent. Das heißt,
der Sozialstaat funktioniert bei der Armutsbekämpfung.
Er ist weiterzuentwickeln; denn er ist verbesserungswür-
dig.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Meine Damen und Herren, wir Sozialdemokraten ver-
teidigen auch die Rechtsansprüche der Betroffenen an
unseren Sozialstaat. Ein großer Teil der Kostensteige-
rungen ist nicht durch Missbrauch verursacht worden,
sondern resultiert aus der legalen Inanspruchnahme von
Rechten und gesetzlichen Regelungen. Wir Sozialdemo-
kraten wollen keinen Almosenstaat; wir wollen keine
Gesellschaft, in der letztendlich die Armenspeisungen
im Vordergrund stehen. Ich glaube, dass wir insofern
klar positioniert sind.

Deshalb sage ich auch ganz klar: Ich halte es für linke
Politik, wenn wir einen präventiven, aktivierenden
Sozialstaat des Förderns und Forderns entwickeln. Nach
Überzeugung der sozialen Wissenschaften und Praxis
– seit über 25 Jahren vollziehe ich das nach – ist dieses
Prinzip dem Prinzip des konservativen, nachsorgenden
und vor allem Problemlagen konservierenden Wohl-
fahrtsstaates weitaus überlegen. Das zeigen alle interna-
tionalen Vergleiche.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Mir ist es völlig unverständlich, warum PDS und
WASG, die sich Linke nennen, mit ihren Sozialstaatsvor-
stellungen so konservativ und weit entfernt von emanzi-
patorischen Ansätzen agitieren und so tun, als würden
sie damit auch noch die Interessen der Betroffenen am
besten vertreten.


(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Die sind so reaktionär, reaktionärer geht es nicht!)


Das Gegenteil ist der Fall, meine Damen und Herren.

Wem der Erhalt des Sozialstaats und nicht nur kurz-
sichtige populistische Parteitaktik am Herzen liegt, der
muss mithelfen, diesen Sozialstaat umzubauen


(Zuruf von der LINKEN: Aber nicht abbauen!)


und zukunftsfest zu machen. Das ist allein deshalb unab-
dingbar, weil soziale Ängste weit verbreitet sind und
weil es Vertrauensverluste gegenüber der Demokratie,
der Marktwirtschaft und dem Rechtsstaat gibt. Sie be-
schreiben das ja in Ihrem Antrag. Ich befürchte nur, dass
Sie die Lehren aus der Weimarer Republik, vor allen
Dingen aus dem Ende der Weimarer Republik nicht rich-
tig verstanden haben und das auch gar nicht wollen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


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(C (D Herr Kollege Stöckel, Sie müssen zum Ende kom en. Eine moderne linke Sozialpolitik, die einen wirklich manzipatorischen Anspruch hat, kann Sozialpolitik icht ohne eine nachhaltige, die Demografie und Globaisierung einbeziehende Wirtschaftsund Zukunftspoliik denken. Wir haben mit der Agenda 2010 die ersten eichenstellungen in die richtige Richtung vorgenomen und dafür viel Prügel eingesteckt. Ich versichere Ih en: Wir werden diesen Weg mit der großen Koalition rfolgreich weitergehen. Ich schließe die Aussprache. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf em Drucksachen 16/997 und 16/1124 an die in der Taesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. ie Vorlage auf Drucksache 16/997, Tagesordnungsunkt 4, soll zusätzlich an den Ausschuss für Kultur und edien sowie an den Haushaltsausschuss überwiesen erden. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. ann sind die Überweisungen so beschlossen. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 32 a bis 32 f sowie usatzpunkte 3 a und 3 b auf: 32 a)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1603210200
Rolf Stöckel (SPD):
Rede ID: ID1603210300

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1603210400
gebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur
Änderung des Artikel-10-Gesetzes

– Drucksache 16/509 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Rechtsausschuss

b) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umset-
zung der Richtlinie 2004/25/EG des Europäi-
schen Parlaments und des Rates vom
21. April 2004 betreffend Übernahmeangebote

(Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetz)


– Drucksache 16/1003 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

c) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem
Vertrag vom 27. Mai 2005 zwischen dem
Königreich Belgien, der Bundesrepublik
Deutschland, dem Königreich Spanien, der
Französischen Republik, dem Großherzog-
tum Luxemburg, dem Königreich der Nieder-
lande und der Republik Österreich über die
Vertiefung der grenzüberschreitenden Zusam-
menarbeit, insbesondere zur Bekämpfung des






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner
Terrorismus, der grenzüberschreitenden Kri-
minalität und der illegalen Migration

– Drucksache 16/1108 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Auswärtiger Ausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für Tourismus
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

d) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umset-
zung des Vertrags vom 27. Mai 2005 zwischen
dem Königreich Belgien, der Bundesrepublik
Deutschland, dem Königreich Spanien, der
Französischen Republik, dem Großherzog-
tum Luxemburg, dem Königreich der Nieder-
lande und der Republik Österreich über die
Vertiefung der grenzüberschreitenden Zusam-
menarbeit, insbesondere zur Bekämpfung des
Terrorismus, der grenzüberschreitenden Kri-
minalität und der illegalen Migration

– Drucksache 16/1109 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Auswärtiger Ausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für Tourismus
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

e) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände-
rung des Agrarstatistikgesetzes und des Rin-
derregistrierungsdurchführungsgesetzes

– Drucksache 16/1023 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (f)

Innenausschuss

f) Beratung des Antrags der Abgeordneten Rainder
Steenblock, Winfried Hermann, Peter Hettlich,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

Notschleppkonzept an gestiegene Herausfor-
derungen anpassen

– Drucksache 16/685 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

ZP 3 a)Beratung des Antrags der Abgeordneten Heike
Hänsel, Dr. Diether Dehm, Wolfgang Gehrcke,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LIN-
KEN

Die Beziehungen zwischen EU und Lateiname-
rika solidarisch gestalten – Kein Freihandels-
abkommen EU-Mercosur

– Drucksache 16/1126 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung

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(C (D b)

Laurischk, Otto Fricke, Ina Lenke, weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion der FDP

Zwangsheirat wirksam bekämpfen – Opfer
stärken und schützen – Gleichstellung durch
Integration und Bildung fördern

– Drucksache 16/1156 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (f)

Auswärtiger Ausschuss
Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung

Es handelt sich um Überweisungen im vereinfach-
en Verfahren ohne Debatte.

Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlagen an
ie in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zu
berweisen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der
all. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkt 33 a bis 33 f sowie
usatzpunkte 4 a bis 4 j auf. Es handelt sich um
eschlussfassungen zu Vorlagen, zu denen keine Aus-

prache vorgesehen ist.

Tagesordnungspunkt 33 a:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Änderung des patentrechtlichen Ein-
spruchsverfahrens und des Patentkostengeset-
zes

– Drucksache 16/735 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsaus-
schusses (6. Ausschuss)


– Drucksache 16/1153 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Günter Krings
Dirk Manzewski
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
Wolfgang Nešković
Jerzy Montag

Der Rechtsausschuss empfiehlt in seiner Beschluss-
mpfehlung auf Drucksache 16/1153, den Gesetzentwurf
nzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzent-
urf zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer

timmt dagegen? – Enthaltungen? – Mir ist das Abstim-
ungsverhalten der Fraktion der Linken nicht klar. –
er Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung mit den
timmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen, CDU/CSU
nd FDP bei Enthaltung der Fraktion der Linken ange-
ommen.

Dritte Beratung

nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner
Gegenprobe! – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist
damit mit demselben Stimmenverhältnis wie in der
zweiten Beratung angenommen.

Tagesordnungspunkt 33 b:

Zweite Beratung und Schlussabstimmung des
von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs
eines Gesetzes zu dem Internationalen Über-
einkommen von 2001 über die zivilrechtliche
Haftung für Bunkerölverschmutzungsschäden

– Drucksache 16/736 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsaus-
schusses (6. Ausschuss)


– Drucksache 16/1154 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Marco Wanderwitz
Dirk Manzewski
Mechthild Dyckmans
Wolfgang Nešković
Jerzy Montag

Der Rechtsausschuss empfiehlt auf Drucksache 16/1154,
den Gesetzentwurf anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die
dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzent-
wurf ist damit mit den Stimmen des ganzen Hauses an-
genommen.

Tagesordnungspunkt 33 c:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Änderung des Ölschadengesetzes und an-
derer schifffahrtsrechtlicher Vorschriften

– Drucksache 16/737 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsaus-
schusses (6. Ausschuss)


– Drucksache 16/1160 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Marco Wanderwitz
Dirk Manzewski
Mechthild Dyckmans
Wolfgang Nešković
Jerzy Montag

Der Rechtsausschuss empfiehlt in seiner Beschluss-
empfehlung auf Drucksache 16/1160, den Gesetzentwurf
anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzent-
wurf zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer
stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf
ist damit in zweiter Beratung mit den Stimmen des gan-
zen Hauses angenommen.

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzent-
wurf ist damit in dritter Beratung mit den Stimmen des
ganzen Hauses angenommen.

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(C (D Tagesordnungspunkt 33 d: Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 8. Dezember 2004 über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik zu dem Übereinkommen über die Beseitigung der Doppelbesteuerung im Falle von Gewinnberichtigungen zwischen verbundenen Unternehmen – Drucksache 16/914 – Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses – Drucksache 16/1143 – Berichterstattung: Abgeordneter Manfred Kolbe Der Finanzausschuss empfiehlt auf Drucksache 16/1143, en Gesetzentwurf anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die em Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – er stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzenturf ist damit mit den Stimmen des ganzen Hauses anenommen. Tagesordnungspunkt 33 e: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 2. März 2005 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Jemen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von Luftfahrtunternehmen auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen – Drucksache 16/915 – Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses – Drucksache 16/1144 – Berichterstattung: Abgeordneter Manfred Kolbe Der Finanzausschuss empfiehlt in seiner Beschlussmpfehlung auf Drucksache 16/1144, den Gesetzentwurf nzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzenturf zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer timmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf st damit in zweiter Beratung mit den Stimmen des ganen Hauses angenommen. Dritte Beratung nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – er stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzenturf ist damit mit den Stimmen des ganzen Hauses anenommen. Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner Tagesordnungspunkt 33 f: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Bereinigung des Lastenausgleichsrechts – Drucksachen 16/916, 16/955 – Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses – Drucksache 16/1145 – Berichterstattung: Abgeordneter Manfred Kolbe Der Finanzausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/1145, den Gesetzentwurf anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung mit den Stimmen des ganzen Hauses angenommen. Dritte Beratung und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit in dritter Beratung mit den Stimmen des ganzen Hauses angenommen. Zusatztagesordnungspunkt 4 a: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Vorschriften über die Luftaufsicht und die Luftfahrtdateien – Drucksache 16/958 – Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung – Drucksache 16/1159 – Berichterstattung: Abgeordnete Dorothee Menzner Der Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/1159, den Gesetzentwurf in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung mit den Stimmen der Fraktionen der Linken, der SPD, der CDU/CSU und der FDP bei Enthaltung der Grünen angenommen. Dritte Beratung und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit mit dem Stimmenverhältnis wie in der zweiten Beratung angenommen. g i m t t d t S t d d n t S (C (D Zusatztagesordnungspunkt 4 b: Beratung der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses Übersicht 2 über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht – Drucksache 16/1141 – Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Geenprobe! – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung st damit mit den Stimmen des ganzen Hauses angenom en. Wir kommen zu den Beschlussempfehlungen des Peitionsausschusses. Zusatztagesordnungspunkt 4 c: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 28 zu Petitionen – Drucksache 16/1132 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthalungen? – Die Sammelübersicht 28 ist mit den Stimmen es ganzen Hauses angenommen. Zusatztagesordnungspunkt 4 d: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 29 zu Petitionen – Drucksache 16/1133 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthalungen? – Die Sammelübersicht 29 ist ebenfalls mit den timmen des ganzen Hauses angenommen. Zusatztagesordnungspunkt 4 e: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 30 zu Petitionen – Drucksache 16/1134 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthalungen? – Die Sammelübersicht 30 ist mit den Stimmen er SPD, der CDU/CSU und der FDP bei Gegenstimmen er Fraktion Die Linke und Enthaltung der Grünen angeommen. Zusatztagesordnungspunkt 4 f: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 31 zu Petitionen – Drucksache 16/1135 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthalungen? – Die Sammelübersicht 31 ist damit mit den timmen des ganzen Hauses angenommen. Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner Zusatztagesordnungspunkt 4 g: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 32 zu Petitionen – Drucksache 16/1136 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Sammelübersicht 32 ist damit mit den Stimmen der SPD, der CDU/CSU und der FDP bei Gegenstimmen der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen und der Linken angenommen. Zusatztagesordnungspunkt 4 h: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 33 zu Petitionen – Drucksache 16/1137 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Sammelübersicht 33 ist mit den Stimmen der SPD, der CDU/CSU, der FDP und des Bündnisses 90/Die Grünen bei Enthaltung der Fraktion Die Linke angenommen. Zusatztagesordnungspunkt 4 i: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 34 zu Petitionen – Drucksache 16/1138 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Sammelübersicht 34 ist mit den Stimmen der SPD, des Bündnisses 90/Die Grünen und der CDU/ CSU bei Gegenstimmen der FDP und der Linken angenommen. Zusatztagesordnungspunkt 4 j: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 35 zu Petitionen – Drucksache 16/1139 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Sammelübersicht 35 ist mit den Stimmen der Koalition bei Gegenstimmen der Fraktionen der Linken, des Bündnisses 90/Die Grünen und der FDP angenommen. Ich rufe den Zusatztagesordnungspunkt 5 auf: Aktuelle Stunde Beitrag des Energiegipfels zur Energieversorgungssicherheit und zur Verringerung der Gefahren durch Atomkraft und Klimawandel Die Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen hat diese Aktuelle Stunde beantragt. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kollegin Renate Künast, Bündnis 90/Die Grünen. d E g m a w v E d k t b I S e d d a g t g s m a t d v E V D u i f b k w o W d b D b K B t (C (D Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich hätte er Koalition zu diesem Energiegipfel als prominentem reignis gerne Glückwunsch gezollt. Als ich ans Pult ing, hieß es: Jetzt bekommen wir bestimmt Lob. – Ich uss der Ehrlichkeit halber sagen: Lob bekommen Sie llenfalls für die mediale Inszenierung. Die Ergebnisse aren aber doch eher dünn, falls es neben der Gründung on Arbeitsgruppen überhaupt Ergebnisse gab. s war ein Gipfel der Aussparung, eine Art Spiegelbild es Minimalkonsenses innerhalb der Koalition. Man önnte auch sagen: Sie sind als Gipfelstürmer angetreen, aber irgendwo im märkischen Sand stecken geblieen. ch könnte auch sagen: Das war ganz im merkelschen inne. Der Gipfel hat eines gezeigt: viel Wind, aber wenig rneuerbare Energien. Die Gästeliste verwundert einen ann auch nicht. Vertreten waren die Besitzstandswahrer er Energiewirtschaft, die vier großen Monopolisten, ber wenige Verbraucher und überhaupt keine Umweltruppen. So macht man keinen der Zukunft zugewanden Energiegipfel. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Dr. Petra Sitte [DIE LINKE])





(A) )


(B) )


(15. Ausschuss)





(A) )


(B) )

Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603210500

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sie sind die energiewirtschaftlichen Fragen nicht an-
egangen. Dabei geht es um die Fragen: Wie kann un-
ere Energieversorgung langfristig sicher sein? Wie kann
an sie langfristig wirtschaftlich gestalten und nicht nur

m Tropf halten? Wie kann man sie nachhaltig gestal-
en? – Dazu ist gar nichts gesagt worden. Sie haben auch
ie Kernthemen des Energiebereichs vollkommen außen
or gelassen. Wie kann man eigentlich behaupten, einen
nergiegipfel zu veranstalten, wenn man nicht über den
erkehr diskutiert?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


as heißt doch: Sie haben das halbe Problem schlicht
nd einfach ignoriert. Der Löwenanteil unserer Erdöl-
mporte wird nämlich im wahrsten Sinne des Wortes ver-
ahren. Wir machen hier vollkommen unsinnig Ge-
rauch von einer limitierten und teuren Ressource. In
einem anderen Bereich sind wir so abhängig vom Erdöl
ie im Verkehr und Sie machen einen Energiegipfel,
hne über dieses Thema zu reden!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


enn sich an dieser Stelle nichts bewegt, bewegt sich
emnächst auch im Verkehr nichts mehr. Stattdessen ha-
en Sie auf diesem Gipfel ein gefährliches Spiel mit der
ebatte über den Ausstieg aus der Atomenergie getrie-
en. Der Dissens, den Sie so munter zwischen den
oalitionsfraktionen pflegen, stellt mittlerweile eine
lockade für Innovationen und dringend nötige Investi-

ionen in Deutschland, zum Beispiel im Mittelstand, dar.






(A) )



(B) )


Renate Künast

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich frage mich auch: Was ist jetzt eigentlich mit dem
Koalitionsvertrag? Gilt er nur ein bisschen oder nur bis
zu einem bestimmten Punkt? Das riecht mir verdammt
nach: Wir sind ein bisschen schwanger. – Genau so agie-
ren Sie bei diesem Thema. Im Ergebnis tun Sie nichts für
die Schaffung von Arbeitsplätzen und für Innovationen
in diesem Land. Mit Ihrem Gerede auf dem Gipfel haben
Sie allenfalls den Kraftwerksbetreibern geholfen, große
Profite zu machen. Sie haben aber mittelfristig nicht ein-
mal einem Verbraucher in diesem Land geholfen und
dazu beigetragen, dass er auf seiner nächsten Stromrech-
nung sieht, dass die Kosten sinken und nicht weiter stei-
gen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sie lassen sich durch vermeintliche Investitionszusa-
gen zu Zugeständnissen bringen. Was wir in Wahrheit
brauchen, ist eine Regierung, die sich nicht erpressen
lässt, gerade beim anstehenden Thema „Emissionshan-
del und Zertifikate“. Was Ihnen da an Geldern angeboten
wird, ist das statistische Mittelmaß dessen, was sie so-
wieso investieren müssen. Wir brauchen etwas anderes.
Wir brauchen einen Anschub, der zu Überkapazität und
neuen Akteuren auf dem Markt führt, damit Wettbewerb
entsteht, zugunsten einer anderen Zukunft und zuguns-
ten der Verbraucherhaushalte.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Man muss jetzt umsteuern; man darf das nicht wieder
vertagen. Man muss jetzt einsteigen beim Primat der
Energiepolitik in eine Zukunft der Einsparungen. Wir
wissen, dass die meisten Industriestaaten, wenn sie eine
gute Strategie verfolgen, mit der besten verfügbaren
Technologie problemlos 20 bis 30 Prozent des jetzigen
Energieverbrauchs einsparen könnten. Dann brauchen
Sie aber ehrgeizige Anforderungen, in Bezug auf den
Wärmeschutz bei Neubauten, Höchstverbrauchstandards
für Klima- und Lüftungsanlagen, und Sie brauchen Ver-
bote für Stand-by-Geräte in der Unterhaltungselektronik.
Wir können bis 2020 unseren Verbrauch quasi halbieren.

Der Energiegipfel hat uns eines gezeigt: Sie haben
keine Ziele; Sie arbeiten weiter für die großen Anbieter.
Ich sage Ihnen ganz klar: Wir werden dem ein grünes
weiterentwickeltes Energieszenario entgegensetzen.


(Martin Zeil [FDP]: Bitte keine Drohung!)


Daran werden wir Sie messen. Wir werden Sie beim
Emissionshandel –


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1603210600

Frau Kollegin, Ihre Redezeit ist zu Ende.


Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603210700

– ich bin beim letzten Wort – fragen: Wie vergeben

wir Zertifikate? Ich sage Ihnen eines: Die 10 Prozent
müssen wirklich versteigert werden. Wir dürfen eines
nicht tun: uns von den großen Wirtschaftsunternehmen –

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(C (D Frau Kollegin, Ihre Redezeit ist überschritten. – erpressen lassen. Danke. Herr Kollege Beck, zur Geschäftsordnung, bitte. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Keiner er für dieses Thema, Energie, zuständigen Minister ist ier anwesend. Ich verstehe ja, dass man sich angesichts es Outputs dieses Energiegipfels hier im Parlament icht stellen will. Ich habe Verständnis bei Herrn Glos: r ist in den USA; wenn er kommen sollte, wäre das ein isschen schwierig. Aber der Bundesumweltminister ist m Haushaltssausschuss. (Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Der Staatssekretär ist da!)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1603210800
Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603210900

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1603211000
Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603211100

ch meine, das geht nicht. Bei einem so wichtigen
hema muss die Bundesregierung auch durch Minister
ier im Plenum vertreten sein.


(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Nein, muss sie nicht!)


enn sie so nicht vertreten ist, ist das eine Missachtung
es Parlaments. Wir beantragen die Herbeizitierung des
undesumweltministers.


(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Davon kann doch überhaupt nicht die Rede sein! Das ist völlig albern! Der Staatssekretär ist anwesend!)


Es gehört sich, dass beim Thema Energiegipfel auch
er zuständige Minister hier spricht oder dass er, wenn er
ichts zu sagen hat, wenigstens hier anwesend ist und
ich eine solche zentrale Debatte des Parlaments anhört.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1603211200

Frau Kumpf, bitte.


Ute Kumpf (SPD):
Rede ID: ID1603211300

Herr Kollege Beck, ich glaube, Ihr Einwand und Ihr

ntrag sind eine Farce. Es ist ein sehr bekannter, sehr
usgewiesener Experte auf der Regierungsbank anwe-
end, der dieses Thema exzellent für uns vertreten wird.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer denn? – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Meinen Sie Herrn Neumann?)







(A) )



(B) )


Ute Kumpf
– Ich rede von unserem Kollegen Michael Müller, der
den Minister vertritt. Er ist ein ausgewiesener Fachmann


(Martin Zeil [FDP]: Für was?)


in der Angelegenheit.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Dass Minister Gabriel vor dem Haushaltsausschuss vor-
stellig werden muss, ist das höchste Recht und auch ein
parlamentarisches Recht des Haushaltsausschusses. Das
ist auch Ihnen sehr wohl bekannt. Ich denke, es ist genü-
gend Kompetenz auf der Regierungsbank vertreten.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wieso bezahlen wir überhaupt Minister, wenn wir sie nicht brauchen?)


Daher ist Ihr Antrag abzulehnen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1603211400

Ich lasse über den Geschäftsordnungsantrag des Kol-

legen Beck abstimmen. Wer für die Herbeizitierung des
Ministers ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Ge-
genprobe! – Letzteres war die Mehrheit. Deshalb, Herr
Kollege Beck, ist Ihr Antrag abgelehnt.

Das Wort hat der Parlamentarische Staatssekretär
Hartmut Schauerte.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich dachte, Herr Müller spricht! – Gegenruf von der CDU/ CSU: Zuhören!)


H
Hartmut Schauerte (CDU):
Rede ID: ID1603211500


Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und
Herren! Um es gleich vorweg zu sagen: Ich bin zweimal
dankbar, einmal dafür, dass die Bundeskanzlerin diesen
Energiegipfel organisiert und durchgeführt hat, und zum
Zweiten dafür, dass die Grünen diese Aktuelle Stunde
beantragt haben. Denn so können wir hier erklären, wo-
rum es wirklich geht.

Dieser Energiegipfel war absolut notwendig. Das ha-
ben alle Beteiligten auch so gesehen. Was die Beteiligten
angeht, Frau Künast: Es waren natürlich Vertreter der
Solarenergiewirtschaft, Klaus Töpfer und weitere Perso-
nen aus dem entsprechenden Bereich anwesend.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Klaus Töpfer ist ja keine deutsche NGO!)


Der Kreis war also intelligent und der Sache angemessen
zusammengesetzt. Ein Energiegipfel ist auch kein Klein-
Klein, kein Hin-und-Her und kein Springen von einem
Thema zu anderen. Denn er sollte ein strategischer Neu-
anfang sein. Schließlich haben wir seit vielen Jahren
nicht mehr über die Energiepolitik und die Lage der
Energiewirtschaft in Deutschland geredet,

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(C (D (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jedenfalls Sie nicht!)


edenfalls nicht umfassend und im Rahmen eines ge-
amtstrategischen Konzepts. Damit sollte auf diesem
nergiegipfel begonnen werden. Das ist unter volkswirt-
chaftlichen, internationalen und technologischen Ge-
ichtspunkten nötig. Das ist eine absolut runde Angele-
enheit.

Sie haben uns vorgeworfen, wir hätten nichts zum
erkehr gesagt. Ich will nur ein Beispiel nennen: Die
rennstoffzelle ist eine ganz wichtige technologische
ntwort auf die vor uns liegenden Herausforderungen.

ch kann mich nicht daran erinnern, dass Sie während Ih-
er Regierungszeit Entscheidendes für die Brennstoff-
elle geleistet hätten.


(Ulrich Kelber [SPD]: Natürlich! – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das nennt man retrograde Amnesie! Quatsch! Da protestiert schon die SPD!)


ir legen ein Forschungsprogramm mit einem Volumen
on 155 Millionen Euro und einer Laufzeit von drei Jah-
en auf. Eine so massive Forschungsförderung hat es in
iesem Bereich noch nicht gegeben. Wir begrüßen, dass
ir das gemeinsam beschließen können. Frau Künast,
nter Ihrer Regierungsverantwortung wurde ein solches
rogramm nicht aufgelegt.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wieso fahren die Autos jetzt schon mit Biodiesel?)


Eine Diskussion über die strategische Ausrichtung
nserer Energiepolitik ist notwendig. Sie kann einen
eitrag zur Verbesserung der Energieversorgungssicher-
eit anstoßen. In diesem Zusammenhang sind Fragen der
irtschaftlichkeit, der Umweltverträglichkeit, der inter-

ationalen Sicherheit und der Versorgungssicherheit zu
erücksichtigen. Es lohnt, über grundsätzliche Fragen zu
eden.

Frau Künast, in der Energiepolitik brauchen wir vor
llen Dingen Rationalität, ein Wissen über die Fakten
nd Zusammenhänge sowie möglichst wenig Ideologie.
on den ideologischen Ansätzen grüner Energiepolitik
aben wir uns auf diesem Gipfel verabschiedet. Das
ird Deutschland ausgesprochen gut tun.


(Beifall bei der CDU/CSU – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sind doch der Oberideologe! Ohne Sie wären wir schon viel weiter!)


it dem Statusbericht, den Bundesminister Glos zusam-
en mit Bundesminister Gabriel vorgelegt hat, haben
ir eine gute Grundlage für die Neuorientierung und die
ersachlichung der Energiepolitik gelegt.

Energiepolitische Entscheidungen müssen immer die
rei energiepolitischen Ziele im Blick haben: Wirtschaft-
ichkeit und Wettbewerbsfähigkeit, Versorgungssicher-
eit sowie Umweltverträglichkeit. Ich habe die Wirt-
chaftlichkeit bewusst an den Anfang gestellt. Gerade






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Hartmut Schauerte
auf diesem Gebiet wurden in der Vergangenheit schwere
Fehler gemacht.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Atomkraft!)


Der grüne Ansatz bei der Wirtschaftlichkeit, den die
Bürger heute teuer bezahlen, war: Energie kann ruhig
teuer sein; denn nur, wenn Energie teuer ist, gehen die
Bürger sparsam damit um. Das war ein Kern Ihrer Ener-
giepolitik, der natürlich enorme Auswirkungen auf die
Entwicklung der Energiepreise in Deutschland hatte.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Während Atomkraft noch in hundert Jahren kostet!)


Aufgrund der hohen Kosten für Energie in Deutsch-
land haben wir erhebliche wirtschafts- und arbeitsmarkt-
politische Probleme. Die Kosten für Energie in Deutsch-
land wurden von Ihnen aus ideologischen, aus so
genannten pädagogischen Gründen kraftvoll erhöht. Bei
der Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit des Energie-
preises – Sie haben den Energiepreis nicht mehr ernst
genommen – haben wir eine erhebliche Korrektur vorge-
nommen. Ich hoffe, dass sie sich mittelfristig auf den
Standort Deutschland im Wettbewerb der Nationen posi-
tiv auswirkt.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wir müssen in aller Sachlichkeit immer wieder analysie-
ren, ob die angestrebten Ziele auch tatsächlich erreicht
werden. Auch das soll ein Ergebnis der verstärkten Dis-
kussion über unsere energiepolitische Ausrichtung sein.

Der Energiegipfel ist als Auftakt einer Debatte über
die mittel- und langfristige Energiepolitik gedacht. Kein
laufendes Projekt wird gestoppt. Es gibt keinen Still-
stand. Insofern können wir uns die Zeit nehmen, gründ-
lich darüber nachzudenken. Alle Projekte, die sich jetzt
in der Pipeline befinden, werden weitergeführt. All das,
was im Energiewirtschaftsgesetz festgelegt ist – die not-
wendigen Neujustierungen, die Aufstellung der Netz-
agentur –, läuft unbeeinflusst weiter. Die Ergebnisse des
Energiegipfels zeigen langfristige Planungsansätze auf,
sie zeigen, wie wir uns energiepolitisch in der Zukunft
aufstellen sollten.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir werden – das haben Sie den Medien entnommen –
drei Arbeitskreise einrichten. Einer beschäftigt sich mit
den internationalen Aspekten, einer mit den nationalen
Aspekten und einer mit Forschung und Energieeffizienz.
Diese drei Arbeitskreise sollen Vorlagen erarbeiten.
Dann soll ein weiteres Spitzentreffen stattfinden. Ziel
dieses Prozesses ist die Erarbeitung eines Gesamtkon-
zeptes, das die Bundesregierung in der zweiten Hälfte
des Jahres 2007 vorlegen will. Diese Zeit nehmen wir
uns. In der Zwischenzeit wird das getan, was aktuell an-
liegt. Es herrscht also kein Stillstand. Wir arbeiten kon-
kret in den aktuellen Bezugsfeldern und erstellen gleich-
zeitig eine mittel- und langfristige Strategie.

Die praktische Energiepolitik geht weiter und die Er-
gebnisse und Erkenntnisse fließen in das Gesamtkonzept

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(C (D in. Mit einfließen sollen auch die Ergebnisse der deutchen EU-Ratspräsidentschaft und der G-8-Präsientschaft im Jahr 2007. Wir wollen das international ufstellen. Frau Merkel hat ja bekanntlich die Energieolitik als einen der drei Schwerpunkte der deutschen U-Ratspräsidentschaft genannt. Wir bereiten uns da auf vor und hoffen, daraus Erkenntnisse für die strategiche Ausrichtung der deutschen Energiepolitik zu geinnen. Wichtig ist natürlich der Energiemix, für den wir auch rkenntnisse gewinnen wollen. Wie können wir ihn optiieren? Dabei fallen als erstes die Kohle und die fossi en Brennstoffe ins Auge. Wir wollen neue Ansätze in echnik und Forschung entwickeln bis hin zum CO2reien Kraftwerk. Dafür nehmen wir richtig Geld in die and. Wir schließen nichts aus. Wir wollen möglichst reit auch unter dem Gesichtspunkt der Energiesichereit aufgestellt sein. Wir begrüßen ausdrücklich die beim Energiegipfel egebenen Zusagen der Energiewirtschaft zu umfangreihen Investitionen in Kraftwerke und Stromnetze. (Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Dr. Martina Krogmann [CDU/CSU])


rau Künast, das hat es in Ihrer Zeit auch schon einmal
egeben, aber sehr vage, unbestimmt und nicht belast-
ar. Man wollte 20 Milliarden Euro in ein Investitions-
rogramm investieren. Dieser Gipfel hat dazu geführt,
ass aus den 20 Milliarden Euro 30 Milliarden Euro ge-
orden sind. Er hat eine neue Sicherheit in die Gesprä-

he gebracht. Ich halte die Zusagen, die jetzt gemacht
orden sind, für belastbarer als das, was vorher hin und
ieder einmal erörtert worden ist. Wir sind also auch
ier ein gutes Stück weitergekommen.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das werden Sie alles noch merken!)


Ja, das wird sich zeigen. Haben Sie ein bisschen Ge-
uld! Das ist sicher eine Tugend, die Ihnen ziemlich ab-
eht. Üben Sie sie einmal ein bisschen.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sonst wäre ich nicht hier!)


ei uns geht Gründlichkeit vor Schnelligkeit. Bei Ihnen
ar und ist das offensichtlich immer noch umgekehrt.
ir wählen den anderen, den seriöseren Weg.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die erneuerbaren Energien sind wichtig. Das haben
ie Teilnehmer des Energiegipfels einhellig unterstri-
hen. Sie sind ein wichtiger und wachsender Teil des
nergiemixes. Lassen Sie mich dazu zum Abschluss
och ein paar Zahlen vortragen, weil ich glaube, dass sie
eeindruckend sind. So etwas hat es in der Energiefor-
chungspolitik bisher nicht gegeben. Für rationelle Ener-
ieumwandlung haben wir im Jahr 2005 104 Millionen
uro ausgegeben; für das Jahr 2009 planen wir 203 Mil-

ionen Euro ein. Das ist fast eine Verdoppelung und das
ind 36 Prozent der Finanzmittel, die wir für die Ener-
ieforschung und -optimierung ausgeben. Bei den erneu-
rbaren Energien gibt es ebenfalls eine Erhöhung von






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Hartmut Schauerte
135 Millionen Euro Ist in 2005 auf 154 Millionen Euro
in 2009. Wir sind also in diesen Bereichen gut drauf. In
keinem Bereich des Haushalts ist ein solcher Aufwuchs
zu verzeichnen wie in diesem forschungs- und energiere-
levanten Bereich. Ich meine, wir sind intelligent aufge-
stellt. Der Energiegipfel war gut. Wir bedanken uns für
die Gelegenheit, mit Ihnen hier im Plenum des Deut-
schen Bundestages eine Stunde darüber diskutieren zu
können.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1603211600

Das Wort hat die Kollegin Gudrun Kopp, FDP-Frak-

tion.


(Beifall bei der FDP)



Gudrun Kopp (FDP):
Rede ID: ID1603211700

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Herren und

Damen! „Gut drauf“ ist die Bundesregierung – Herr
Staatssekretär, das nehmen wir gern zur Kenntnis. Wahr-
scheinlich hat der Energiegipfel dazu beigetragen. In
Wahrheit aber war er ein selbsttherapeutischer Ge-
sprächskreis und ohnehin ein Milliardenpoker. Mehr hat
er nicht gebracht. Substanz kann ich wirklich nicht er-
kennen.


(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich muss Sie daran erinnern: Wir haben gestern im
Wirtschaftsausschuss versucht, auszuloten, wie sich die
33 bis 40 Milliarden Euro, die Sie an Investitionen im
Bereich der erneuerbaren Energien zugesagt haben, zu-
sammensetzen und woher sie kommen, also wie belast-
bar diese Summe ist. Sie konnten uns nicht erläutern,
wie sich diese Summe zusammensetzt. So klar scheint
den Regierungsteilnehmern also nicht zu sein, was ei-
gentlich passieren soll.


(Beifall bei der FDP)


Die notwendigen Investitionen in Kraftwerke und
Netze haben Sie angesprochen; sie sind in der Tat wich-
tig und richtig. Aber die Unternehmen investieren nur,
wenn sie wissen, wie die Rahmenbedingungen aussehen.
Auch hierzu haben Sie manche Fragen völlig offen ge-
lassen: Welche Vorgaben machen Sie mit Blick auf den
Nationalen Allokationsplan II? Was kommt hier auf uns
alle, auf die Verbraucher wie auf die Unternehmen, zu?
Diese Fragen haben Sie sträflich vernachlässigt.

In Vorbereitung dieses fulminanten Gipfels habe ich
Ihren Statusbericht gelesen. Darin stellen Sie die Frage:
Wird es für die auslaufende Stromerzeugung aus Kern-
energie qualitativ ausreichend und wirtschaftlich vertret-
bar Ersatz geben? Diese Frage haben Sie gestellt, ohne
bemerkt zu haben, dass Sie in diesem Zweierkanon den
dritten Aspekt, die Umweltverträglichkeit, völlig außer
Acht gelassen haben. Sie haben sich nicht gefragt, ob das
unter umweltpolitischen Gesichtspunkten passt. Ich

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(C (D inde, das ist entlarvend; denn daran wird deutlich, dass ie nicht genau genug hinschauen. In Ihrem Statusbericht gehen Sie davon aus, dass den Ausstieg aus der Kernenergie unterstellt – in circa ehn bis 13 Jahren der Fokus auf einer vermehrten Kohenutzung, auf einer Verdopplung des Gasverbrauchs nd auf einer Verdoppelung des Einsatzes erneuerbarer nergien liegen wird. Sie müssen natürlich auch die rage beantworten, wie Sie das Thema Klimaschutz ich habe es bereits angesprochen – in diesem Mix be ücksichtigen wollen. Was die erneuerbaren Energien etrifft, ist das okay. Auch wir wünschen uns in diesem ereich eine Förderung, und zwar nach einem differenierten Mengenziel, das wir festzulegen haben. Sie lasen das aber offen. Es fehlt ein energiepolitisches Gesamtkonzept, für essen Erarbeitung Sie sich jetzt noch fast zwei Jahre ang Zeit lassen wollen. ch finde, diese Zeit haben wir nicht mehr. Wir sind geeutelt von Arbeitslosigkeit, von höchsten Energiekosen und von Rahmenbedingungen, die weit entfernt sind on dem, was wir uns unter Wettbewerb und Markt vortellen. Daran hat natürlich auch die frühere rot-grüne undesregierung ihren Anteil. Die neue rot-schwarze egierung setzt diese Politik im Augenblick schlicht ort. Ich kann in diesem Bereich keine neuen Entwickungen feststellen. Die Fragen, um die es geht, liegen auf dem Tisch und ie Antworten sind nahe liegend. Aber Sie geben sie icht. Sie streiten sich untereinander und schieben sich egenseitig die Karten zu. Sie wollen nachdenken und trategische Überlegungen anstellen. Dabei müssten Sie ringend Antworten geben, und zwar solche, die Sie im onsens gefunden haben. Wir als FDP-Bundestagsfraktion haben in dieser Wohe ein energiepolitisches Grundsatzpapier verabschieet, das zukunftsweisend ist. Darin befassen wir uns mit er internationalen Energiepolitik, beleuchten den geamten Energiemix ohne ideologische Vorgaben, nd behandeln Umweltschutz, Wirtschaftlichkeit, Verorgungssicherheit und die Minderung von Importbhängigkeiten als gleichrangige Ziele. Wir stellen also eder bestimmte Ziele in den Vordergrund noch rücken ir andere Ziele in den Hintergrund. (Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Frau Kopp, davon hätte ich gerne ein handsigniertes Exemplar!)


(Ernst Burgbacher [FDP]: Sehr wahr! Leider!)


(Beifall bei der FDP)


(Zuruf von der SPD: Mensch! Donnerwetter!)


Ich empfehle Ihnen dringend, sich ausgiebig mit un-
erem energiepolitischen Grundsatzpapier zu befassen.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Katrin GöringEckardt)


enn, Herr Staatssekretär Schauerte, wir haben nicht die
eit, zwei weitere Jahre in Arbeitskreisen zu diskutieren.






(A) )



(B) )


Gudrun Kopp
Sie wissen ja: Wenn man nicht mehr weiter weiß, dann
gründet man einen Arbeitskreis. Sie gründen sogar drei
Arbeitskreise. Handeln Sie! Treffen Sie Ihre Entschei-
dungen! Wir brauchen energiepolitische Leitlinien, in
denen die Energiepolitik als das dargestellt wird, was sie
ist: als Standortpolitik.

Wirtschaftsminister Glos hat neulich gesagt,


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer? Glos? Wer ist das denn?)


die Energiepolitik sei nach seinem Verständnis die
Hauptschlagader der gesamten Wirtschaftspolitik.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Ja! In der Tat! Da hat er Recht!)


Wenn das so ist – auch wir sind dieser Meinung –, dann
handeln Sie bitte auch dementsprechend und verlieren
Sie sich nicht in endlosen Diskussionszirkeln.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603211800

Das Wort hat der Parlamentarische Staatssekretär

Michael Müller.

Mi
Michael Müller (SPD):
Rede ID: ID1603211900


Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die
Energiepolitik ist ein Schlüsselthema dieses Jahrhun-
derts, dessen Bedeutung weit über ökonomische Fragen
hinausreicht. Hierbei handelt es sich um den Schlüssel
zur Sicherung des Friedens in der Welt und zur Bewah-
rung der natürlichen Lebensgrundlagen. Weil das so ist,
ist es bei diesem Thema unangebracht, parteipolitische
Spielchen zu beginnen; dafür ist es viel zu ernst. Ich
halte nichts davon, aus umfangreichen Berichten einen
einzigen Satz herauszugreifen und daran die Kritik fest-
zumachen, Frau Kopp. Wenn Sie ehrlich gewesen wären,
hätten Sie ansprechen müssen, dass der Statusbericht
über lange Passagen den Klimaschutz zum Thema hatte.
Wenn das nicht Umweltpolitik ist, dann weiß ich nicht,
was Umweltpolitik ist.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dieses Thema ist nicht dazu geeignet, die Schlachten
von gestern zu schlagen. Es gibt eine Mahnung der
beiden großen Aufklärer Theodor Adorno und Max
Horkheimer, die immer wieder die Frage gestellt haben,
ob die europäische Gesellschaft noch die Kraft in sich
hat, Fortschritt und Entwicklung möglich zu machen.
Aus meiner Sicht ist ihre Mahnung, dass in jeder moder-
nen Gesellschaft immer auch der Keim des Rückschritts
steckt, richtig.

Es gibt kaum einen Bereich, in dem die Weichen so
neu gestellt werden müssen wie in der Energiepolitik.
Die Grundfrage in der Energiepolitik, die wir klären
müssen, ist: Welches Verständnis von Zeit haben wir? Es
gibt nämlich zwei völlig unterschiedliche politische

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(C (D trategien, je nach dem Verständnis von Zeit: Wenn wir n der Energiepolitik zu dem Ergebnis kommen, dass wir ns den aktuellen Zwängen anpassen müssen, kommen ir zu anderen Schlussfolgerungen, als wenn wir vor al em von den großen Zukunftsherausforderungen ausgeen und versuchen, frühzeitig Antworten zu geben. Ich lädiere für das Zweite, weil ich glaube, dass die Veränerungen, die in den nächsten Jahren auf uns zukommen, o gewaltig sind, dass kurzfristige Anpassungen wenig ringen werden. Wir müssen die Energiepolitik aus ökoogischen, aus ökonomischen und aus friedenspolitichen Gründen neu ordnen, sonst wird sie immer mehr ur Achillesferse der modernen Gesellschaft. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Lassen Sie mich das an drei Punkten deutlich ma-
hen: Erster Punkt. Im Augenblick nutzen 1,3 Milliarden
enschen ungefähr drei Viertel der kommerziellen

nergie und Rohstoffe. Nehmen wir an, dass Länder wie
hina, Indien und Brasilien – die bevölkerungsreichsten
chwellenländer – in 35 Jahren das Wohlstandsniveau er-
eichen, das heute Ungarn hat, dann bedeutet das eine Ver-
reifachung des Weltsozialprodukts. Wenn man gleichzei-
g andere Entwicklungen berücksichtigt – Wachstum der
ndustrieländer, der anderen Länder, Bevölkerungs-
achstum – ist es eine Verfünffachung. Es ist eine Illu-

ion, zu glauben, dass diese Herausforderung mit der
eutigen Energieversorgung lösbar ist – es ist schlicht
ine Illusion. Im Gegenteil: Die Länder, die auf diese
erausforderungen frühzeitig eine Antwort geben, wer-
en in der Zukunft am besten dastehen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die zweite große Herausforderung ist der Klimawan-
el. Wir wissen in der Zwischenzeit, dass die größten
eränderungen im Klimasystem nicht in den tropischen
nd subtropischen Breiten – obwohl es da schlimm ge-
ug ist –, sondern in den nordpolaren Regionen stattfin-
en; dort ist die Klimasensibilität am höchsten. Bei-
pielsweise beträgt die Erwärmung im Weltdurchschnitt
twa 0,7 Grad, aber über Grönland erreicht sie schon fast
Grad. Die Vereinten Nationen gehen davon aus, dass

ie Erwärmung bis zum Ende dieses Jahrhunderts im
urchschnitt 2,5 Grad beträgt. Das bedeutet in der Kon-

equenz: Über Grönland wird eine Erwärmung von mehr
ls 12 Grad zu befürchten sein. Was das wegen der Ver-
nderungen in den Meeressystemen bedeutet, kann man
ich gar nicht ausmalen!


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich glaube, wir brauchen doch den Gabriel!)


ie Konsequenz daraus kann nur ein Umbau des Ener-
iesystems sein; darüber ist intensiv zu reden. Das wie-
erum ist eine Frage unseres zeitlichen Verständnisses.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dritter Punkt: Die Zeit der billigen Energie ist vorbei.
s sind Leute wie James Schlesinger und Henry






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Michael Müller
Kissinger, die uns vor drohenden Ressourcenkriegen
warnen, wenn nicht vor allem die Industrieländer einen
anderen Umgang mit Energie pflegen. Das sind doch die
Herausforderungen der Zukunft, denen wir uns stellen
müssen!

Deshalb geht es um unser zeitliches Verständnis von
Energiepolitik. Ein Teil dieses Hauses kennt nur die An-
passung an aktuelle Zwänge. Aber das kann nicht die
Lösung sein. Energiepolitik muss heißen, die Infrastruk-
tur der Zukunft möglichst früh zu entwickeln. Energie
sparen: Effizienzsteigerung und erneuerbare Energien.
Das sind die Antworten, die von der großen Koalition
gemeinsam gegeben werden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich will auf einen interessanten Punkt hinweisen: Es
waren im Wesentlichen die Fraktionen von CDU/CSU
und SPD, die 1990 das große Klimaschutzziel 25 Pro-
zent weniger CO2-Ausstoß entwickelt haben.

Ich sage: Ganz egal, wie man die Koalition ein-
schätzt, sie ist verpflichtet, erfolgreich zu sein, weil das
schon aufgrund der Konstellation notwendig ist.


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, nein!)


– Ja, doch. Man sollte über den Tellerrand hinaus-
schauen. Für die Demokratie ist es wichtig, dass diese
Koalition erfolgreich ist. – Wenn wir es schaffen – ge-
rade in der Energiepolitik –, ein Zeichen nach vorne zu
setzen und eine Entwicklung einzuleiten, die überall in
der Welt vorbildlich ist, dann hat sich diese Koalition ge-
lohnt. Dafür setzen wir uns ein.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hätte die SPD ja schon vor Jahren merken können!)


– Liebe Renate Künast, dazu möchte ich einmal etwas
Deutliches sagen: Es ist ja schön und gut, dass sich die
Grünen immer um das Thema erneuerbare Energien ge-
kümmert haben – übrigens nicht allein –,


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das meine ich doch gar nicht!)


aber es wäre sehr viel schöner gewesen, wenn sich die
Grünen beispielsweise auch sehr viel mehr des Themas
Effizienz angenommen hätten. Hier war nämlich die
große Schwachstelle. Reden wir also darüber. Das wisst
ihr doch auch ganz genau.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Also bitte, was ist denn mit dem Emissionshandel?)


– Auch beim Emissionshandel hätten wir manche Wei-
chen anders stellen können.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Clement!)


Auch das weiß Jürgen Trittin besser, als er es hier sagt.


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(C (D (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mit eurem Werner Müller?)


Wenn ich darauf hinweisen darf: Er war in den letzten
rei Jahren nicht in der Regierung. – Lasst uns bitte nicht
ie Schlachten von gestern schlagen.


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was tut die Regierung? – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was macht ihr denn jetzt?)


Ich will, dass diese Zukunftsherausforderungen im
entrum stehen. Die Reaktion der Grünen scheint mir
her die zu sein, dass sie Angst haben, ein Thema zu ver-
ieren.


(Beifall der Abg. Dr. Martina Krogmann [CDU/CSU])


as scheint mir der Punkt zu sein. Das ist diesem Thema
icht angemessen. Lasst uns bitte gemeinsam in die Zu-
unft schauen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Ich glaube, dass es vor allem um vier zentrale Punkte
eht:

Erstens. Der Austausch von Energieträgern als Ener-
iepolitik ist nicht ausreichend. Die entscheidende Frage
st, unter welchen Rahmenbedingungen wir so schnell
ie möglich mehr einsparen sowie eine höhere Effizienz

chaffen und schneller erneuerbare Energien entwickeln
önnen.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sagt doch mal was zum Emissionshandel und zum Verkauf der Zertifikate!)


enau diese Fragen müssen ins Zentrum rücken und
icht der Austausch eines Energieträgers durch den an-
eren. Die Frage lautet: Wie können diese Ziele optimal
rreicht werden? Das geschieht nicht durch immer mehr
nergieeinsatz, sondern der intelligente Einsatz von
nergie ist die entscheidende Herausforderung.

Zweiter Punkt: unser Vorangehen beim Klimaschutz.
as ist die zentrale Zukunftsherausforderung. Die Welt

chaut dabei auf Europa. Was in Europa geschieht, wird
ie Welt prägen.

Dritter Punkt. Wir müssen die Energiepolitik immer
ehr als Energieaußenpolitik begreifen. An der Frage

es Energieeinsatzes wird sich die Sicherheit der Welt
ntscheiden. Auch hier ist entscheidend, was Europa tut.
er Gedanke, das technologisch starke Westeuropa mit
em Rohstoffriesen Russland im Sinne einer intelligen-
en Kooperation für die Welt zusammenzubringen, ist
ine große Vision, die wir voranbringen sollten. Ich
inde, auch hier war die Diskussion in den letzten Wo-
hen im Verhältnis zur großen Bedeutung dieses Themas
leinkariert. Ich glaube nicht, dass uns das voranbringt.


(Beifall bei der SPD – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zur Größe von Michael Müller!)







(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Michael Müller
Lassen Sie mich noch den vierten Punkt nennen. Wir
müssen auch den historischen Fehler überwinden, zu
meinen, dass sich die Stärke eines Landes vor allen Din-
gen an der Arbeitsproduktivität orientiert. Energie- und
Ressourcenproduktivität sind zentrale Wettbewerbsfak-
toren in der Zukunft. Dadurch wird der Fehler überwun-
den, dass bei einem schwächer werdenden Wachstum
immer mehr Menschen durch Technik ersetzt werden.
Wir schaffen eine Produktivität, durch die auch mehr Ar-
beit möglich wird.

Das sind vier Herausforderungen, die wir mit der
Energiepolitik verbinden. Lasst uns deshalb nach vorne
schauen. Wir führen nicht die Schlachten der Vergangen-
heit, sondern wir sehen vor allem die Herausforderungen
der Zukunft und wir wollen Antworten geben, die um-
weltverträglich, wettbewerbsfähig und kostengünstig
sind.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir wissen jetzt, was Regieren heißt! Wir dachten immer, Regieren heißt Antworten geben und nicht nur Fragen stellen! – Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war eine Nullemission! – Renate Künast [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Da muss man sich nur einmal die ganzen SPD-Bundesländer dazu ansehen!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603212000

Als Nächster hat der Kollege Hans-Kurt Hill von der

Linken das Wort.


(Beifall bei der LINKEN)



Hans-Kurt Hill (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1603212100

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegin-

nen und Kollegen! Der hinter uns liegende Winter wird
für uns alle teuer. Der Verbraucher zahlt bis zu 500 Euro
mehr für das Heizen und den Strom. Das ist für viele
Haushalte ein halbes Monatsgehalt. Und was tun die
Energiekonzerne? Bei immer weniger Mitarbeitern ver-
künden sie für das letzte Jahr natürlich Rekordgewinne.
EnBW und RWE haben insgesamt 14 000 Mitarbeiter
entlassen. Andere Konzerne veranstalten Übernahmen
mit riesigen Summen: 29,1 Milliarden Euro will Eon für
die spanische Endesa berappen. Bezahlt wird das Ganze
aus den Taschen der Verbraucher.


(Ulrich Kelber [SPD]: Und Verbraucherinnen!)


– Natürlich auch der Verbraucherinnen. – Weitere Bei-
spiele: 6 Milliarden Euro pro Jahr steckt das Stromoligo-
pol im Rahmen des Emissionshandels in die eigene Ta-
sche. 18 Milliarden Euro zahlen die Kunden jedes Jahr
allein für die Nutzung der Stromnetze; aber nur 2 Mil-
liarden Euro fließen davon in die Netze zurück. Alles in
allem kann man sagen: Die Energiekartelle ziehen den
Bürgerinnen und Bürgern ungeniert das Geld aus der Ta-
sche.

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(C (D Und was macht die Bundesregierung? Erstens. Sie eröht die Mehrwertsteuer um noch einmal 3 Prozentunkte. Zweitens. Sie lädt die Energiebosse zum Gipfel in, auf dass alles besser werde. Ich bin der Meinung, as ist den Menschen im Land nicht mehr zu vermitteln. Der Energiegipfel bei Bundeskanzlerin Merkel am ontag letzter Woche hat das Bild abgerundet. Man sitzt emeinsam im sicheren Boot und lässt die Verbraucheinnen und Verbraucher schwimmen. Mein Respekt gilt n dieser Stelle Edda Müller vom Verbraucherzentrale undesverband. Sie vertrat als Einzige die 39 Millionen rivaten Haushalte mit Bravour. achen wir uns nichts vor: Die Gästeliste spiegelt wier, wohin die Reise geht, nämlich zurück in die fossiltomare Steinzeit. Wenn die Kanzlerin keine andere nergiepolitik will, dann sollte sie uns das sagen und icht so einen Zirkus veranstalten. Die Investitionszusage der Konzernbosse ist unserer einung nach eine Mogelpackung. Die 30 Milliarden uro waren schon lange vor dem Energiegipfel fest eineplant, und zwar für die Ersetzung der maroden Koheblöcke bzw. für die Neubauten, die von Umweltminiser Gabriel über den Emissionshandel subventioniert erden. Hinzu kommt: Kein einziger Arbeitsplatz wird gechaffen. Die neuen Kraftwerke ersetzen zwar die alten reckschleudern, werden aber nur mit einem Viertel des ersonals betrieben. Das bestätigen sogar die RWE-Be riebsräte. Dass die Großen der Branche die Investitioen nur in Aussicht stellen, darf sicherlich als Drohkuisse für die Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken erstanden werden; denn da kann man richtig verdienen: 00 Millionen Euro zusätzliche Einnahmen pro Jahr bechert die Verlängerung der Laufzeit eines einzigen tomkraftwerkes. Die Branche der erneuerbaren Energien leistet als inzige einen echten Beitrag für eine zukünftige Enerieversorgung. Der Anteil von Energie aus Sonne, Wind, asser, Biomasse und Erdwärme soll in den nächsten 4 Jahren auf 20 Prozent steigen. Das bedeutet: Durch en steigenden Anteil dieser heimisch erzeugten Energie immt die Versorgungssicherheit zu. Mehr erneuerbare nergien entlasten die Geldbeutel der Verbraucher. Sie angen die hoch drehende Preisspirale bei Öl und Gas uf. Die CO2-Einsparung wird jährlich 270 Millionen onnen betragen. Bis 2020 werden 330 000 neue Areitsplätze entstehen. Es ist aber zu fragen, ob sich die erneuerbaren Enerien tatsächlich durchsetzen können. Zurzeit werden sie om Energiekartell behindert, sei es beim Anschluss ans etz, sei es durch unzureichenden Ausbau der Strom rassen, um zum Beispiel Windstrom einzuspeisen. Die DU/CSU stimmt in diesen Chor kräftig mit ein. Die rste Strophe des Liedes lautet, das EEG müsse abgechafft werden. Die zweite Strophe – wen wundert’s – Hans-Kurt Hill heißt, Atomkraftwerke müssten länger laufen. Eine derart ideologische Polemik hat nun wirklich nichts mit einer vernünftigen Energiepolitik zu tun. (Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)





(A) )


(B) )


Für eine bezahlbare, klimafreundliche und sichere
Energieversorgung müssen Sie schon etwas mehr tun:
erstens Energieeinsparung durch einen klaren ordnungs-
rechtlichen Rahmen, zweitens Umschalten auf erneuer-
bare Energien und drittens schnellstmöglicher Ausstieg
aus der gefährlichen Atomwirtschaft.

Unser Fazit: Die Energiewende fällt wegen Stillstands
aus und die Zeche zahlen die Bürgerinnen und Bürger.
Das ist der Gipfel!

Danke.


(Beifall bei der LINKEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603212200

Das Wort hat der Kollege Franz Obermeier, CDU/

CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Franz Obermeier (CSU):
Rede ID: ID1603212300

Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Ich

möchte nahtlos an die Rede des Parlamentarischen
Staatssekretärs Müller anschließen.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wird Herrn Müller besonders freuen! – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da sind ja die Richtigen zusammen!)


Denn er hat den Kern der gesamten Problematik exakt
getroffen, indem er die Analyse der globalen Herausfor-
derung der vergangenen Jahre noch einmal erläutert und
uns deutlich gemacht hat, was wir in Zukunft in Europa
am globalen Energiemarkt zu erwarten haben.

Im Kontrast dazu stand die Rede der Kollegin Künast,
die den Blick wieder auf eine rein nationale Diskussion
der Fragen verengt hat, die wir schon in den vergange-
nen Jahren mit fatalen Folgen für das Land aus einer na-
tionalen Betrachtungsweise hin- und hergewendet ha-
ben. Sie haben von einer Blockade gesprochen, Frau
Künast. Das stimmt, es gab eine Blockade Ihrerseits für
Investitionen in die richtige Richtung. Es gab aber unse-
rerseits keine Blockade bei den erneuerbaren Energien,
speziell bei der Windkraft.

Die Politik hinsichtlich der gesamten Energieversor-
gung in der Bundesrepublik Deutschland ist durch die
grüne Ideologie in eine völlig falsche Richtung gegan-
gen.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was? Sie führen unsere Politik doch weiter!)


Jetzt kommt es durch die Initiative der Bundeskanzlerin
Gott sei Dank zu einer Diskussion, die in erster Linie
von Ideologiefreiheit geprägt ist.

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(C (D (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie brauchen doch Herrn Müller, damit er Ihnen erzählt, was draußen los ist!)


iese ist auch dringend notwendig, um unsere Ziele zu
rreichen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Frau Künast, Sie haben die Verbraucher angespro-
hen. Was die Energiekosten für die Verbraucher angeht,
aren es doch die Grünen, denen die beim Endverbrau-

her anfallenden Kosten nicht hoch genug sein konnten.
iese Linie haben Sie immer verfolgt. Jetzt aber präsen-

ieren Sie sich als die großen Heilsbringer.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Gestatten Sie mir noch eine Bemerkung, Frau Künast.
ie haben den mangelnden Wettbewerb in Deutschland
ngesprochen. Warum haben Sie in den vergangenen
ahren nichts unternommen, um nach 1998 den Wettbe-
erb im Stromsektor zu erhalten? Er ist nämlich deshalb
icht erhalten geblieben, weil Sie die Gesetzgebung
icht entsprechend nachjustiert haben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war die SPD!)


Noch ein Punkt, Frau Künast: In der Tat – darin stim-
en wir zufällig überein – kann der Energieverbrauch in

er Bundesrepublik Deutschland halbiert werden. Darin
ebe ich Ihnen Recht. Aber das geht mit einer Deindus-
rialisierung und dem Abbau von Arbeitsplätzen in der
undesrepublik Deutschland einher. Dann haben Sie Ihr
iel erreicht. Ihre Politik scheint mir nämlich nach wie
or in eine Richtung zu führen, durch die Arbeitsplätze
erloren gehen und noch mehr profitable Industrieunter-
ehmen aus Deutschland vertrieben werden.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Was mit dem Energiegipfel eingeleitet wurde, deutet
inwandfrei in die richtige Richtung. Es ist längst ein
eneralkonzept für die Bundesrepublik Deutschland und
uropa mit Blick auf die globale Entwicklung überfällig.
eswegen sollten wir der Bundesregierung danken, dass

ie die Dinge jetzt in die Hand genommen hat.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die interessiert sich aber nicht dafür, was Sie hier erzählen! – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Welche Bundesregierung? Gucken Sie mal zur Regierungsbank! Sie haben gar keine Bundesregierung!)


Ich möchte noch auf einen weiteren Punkt hinweisen.
ei allen Entwicklungen der vergangenen Jahre war
icht alles falsch. Aber der ökologische Aspekt wurde
icht im gleichen Maße wie der ökonomische und der
oziale Aspekt berücksichtigt.

Vor dem Hintergrund der globalen Herausforderung


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die gab es aber schon vor zehn Jahren!)







(A) )



(B) )


Franz Obermeier
muss jetzt beispielsweise beim Zertifikatehandel zur
CO2-Minderung ein globaler Ansatz verfolgt werden.
Wir als CDU/CSU-Fraktion werden uns weiter für eine
effiziente CO2-Minderung dergestalt einsetzen, dass wir
unsere Mittel weltweit möglichst effizient zugunsten des
bestmöglichen Abbaus von Emissionen verwenden.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann sollten Sie die Zertifikate versteigern, Herr Obermeier! – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Weltweit Zertifikate versteigern!)


Die Blockade eines grünen Umweltministers, was JI und
CDM im Allgemeinen betrifft, gehört Gott sei Dank der
Vergangenheit an.

Ich bedanke mich bei der Bundeskanzlerin dafür,


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die ist doch gar nicht da!)


dass sie die Initiative ergriffen hat. Sie wird mit Sicher-
heit Erfolg haben, wenn wir im Laufe dieses Jahres bzw.
Anfang nächsten Jahres in die Diskussion eintreten wer-
den.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603212400

Für Bündnis 90/Die Grünen spricht der Kollege

Hans-Josef Fell.


Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603212500

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Herr Staatssekretär Müller, Sie wollen die He-
rausforderungen Klimaschutz und Versorgungssicherheit
in den Mittelpunkt stellen; das ist richtig. Aber bislang
reden Sie nur davon. Haben Sie noch nicht gemerkt, dass
Sie in der Regierung sind, dass Sie Antworten liefern
müssen und nicht nur Fragen stellen können?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Warum haben Sie die zentralen Fragen, die Sie zu Recht
gestellt haben, nicht in den Mittelpunkt des Energiegip-
fels gestellt? Das ist Ihr Versäumnis.


(Parl. Staatssekretär Hartmut Schauerte: Haben wir doch! Sie waren doch gar nicht dabei!)


Wir müssen Antworten geben, und zwar andere als
die auf dem Energiegipfel. Stattdessen schieben Sie uns,
den Grünen, die wir in der letzten Wahlperiode eine er-
folgreiche Energiepolitik gemacht haben, noch etwas in
die Schuhe, was nichts anderes als eine falsche Behaup-
tung ist. Sie sagen, wir hätten die Effizienz nicht gestei-
gert. Wer hat denn die von uns ständig gestellten
Anträge auf Erhöhung der Mittel für das Altbausanie-
rungsprogramm sowohl im Haushaltsausschuss als auch
im Plenum des Bundestages abgelehnt? Sie von der
SPD.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D ch bin gespannt, ob Sie in Zukunft den Anstieg der Geinne der Energiekonzerne durch kostenlose Emissions ertifikate endlich stoppen werden und den Mut haben, n ein Versteigerungsverfahren einzusteigen, anstatt wie isher die Zertifikate zu verschenken. Wir warten gepannt auf Ihre Antworten. Der Energiegipfel ist ein Gipfel der verpassten Chanen. Statt Antworten zu geben, haben Sie von der SPD n der klimaschädlichen Kohle und Sie von der Union an er problematischen Kernenergie festgehalten. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


o sind Ihre Antworten auf die gesellschaftlich relevan-
en Fragen, etwa wie man in Zukunft seine Wohnung be-
ahlbar beheizen kann – das ist für sozial Schwache in-
wischen zu einem zentralen Problem geworden – oder
ie man den vielen Menschen in den ländlichen Räumen
elfen kann, die bald nicht mehr die Kosten für die Au-
ofahrt zu ihrem Arbeitsplatz aufbringen können, weil
ie Rohölpreise ständig steigen? Wir haben keine Ant-
orten gehört.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


ie haben nur über Strom geredet, nicht aber über Heiz-
der Treibstoffe.

Oder die steigenden Strompreise: Alle wissen – die
patzen pfeifen es bereits von den Dächern –, dass der
urch die Energiekonzerne verhinderte Wettbewerb die
trompreise ständig weiter nach oben treibt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


ie sind auch hier Antworten schuldig geblieben und ha-
en weiterhin Konzernpolitik gemacht.

Oder wo geben Sie Antworten, wenn es um die stei-
enden Ausgaben und die fehlenden Einnahmen im
undeshaushalt geht? Wir haben nichts von Ihnen dazu
ehört, wie Sie die Kohlesubventionen reduzieren wol-
en, um den Haushalt zu sanieren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


ir haben von Ihnen nicht gehört, dass Sie endlich öko-
ogisch schädliche Subventionen abbauen wollen. Wo
ind denn Ihre Antworten auf die Fragen nach einer
lugbenzinbesteuerung, einer Schiffdieselbesteuerung
nd einer Besteuerung der Rückstellungen für die Atom-
raftwerke? Wenn Sie über fehlende Haushaltseinnah-
en sprechen, dann schlagen Sie plötzlich eine Besteue-

ung der Biokraftstoffe vor. Dabei sind diese Kraftstoffe
ine der großen Zukunftshoffnungen auf bezahlbare
nergiepreise für die Bürger und Gewährleistung der
ersorgungssicherheit durch heimische Energieträger.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Mit der von Ihnen geplanten Mehrwertsteuererhöhung
erden Sie stattdessen den Bürger mit etwa 120 Euro für
trom, Heizung und Treibstoffe pro Haushalt stärker






(A) )



(B) )


Hans-Josef Fell
belasten. Meine Damen und Herren von der großen Ko-
alition, das sind keine Antworten auf die gestiegenen
Energiepreise.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Außerdem sind Sie eine Antwort auf den Atomstreit
schuldig geblieben. Kanzlerin Merkel hat ihn einfach
weitertreiben lassen, obwohl im Koalitionsvertrag alles
klar festgelegt ist. Das ist ein großes Problem; denn
diese Hängepartie beim Atomausstieg wird weitergehen.
Sie wird ein Investitionshemmnis sein. Wir werden nach
2009 möglicherweise noch immer nicht wissen, wie es
weitergeht, ob die Branche der erneuerbaren Energien
ihr Versprechen halten kann, in den nächsten 15 Jahren
200 Milliarden Euro zu investieren.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Denn wenn Sie an der Atomenergie festhalten und es zu-
lassen, dass neue fossile Kraftwerke gebaut werden,
dann wird das Volumen für den Ausbau der erneuerbaren
Energien und die Nutzung von Effizienzmöglichkeiten
verringert. Dann wird zu viel Strom auf dem Markt sein
und Chancen für die Schaffung von Arbeitsplätzen und
für Investitionen werden nicht mehr gegeben sein.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Dagegen hängen Sie sich an die uralten Versprechun-
gen der Stromwirtschaft, die da 20 Milliarden Euro in
fossile Kraftwerke zu investieren verspricht. Das hatte
sie schon lange versprochen. Auch die 10 Milliarden
Euro für die Netze sind nichts Neues.

Kommen wir zum Schluss noch zur Forschung.
2 Milliarden Euro mehr wollen Sie für die Energiefor-
schung ausgeben. Ich bin gespannt, ob Sie dieses
Versprechen zwischen der ersten Beratung des Bundes-
haushaltes und der zweiten Beratung durch Änderungs-
anträge von Ihnen in den Ausschüssen und im Plenum
einhalten. Wenn nicht, dann wäre das ein leeres Verspre-
chen. Denn was jetzt im Haushalt steht, das wissen wir.
Wenn die 2 Milliarden Euro neues Geld sein sollen, dann
müssen sie auch auftauchen. Dabei müssen wir auch
wissen, wofür das Geld ausgegeben wird.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Heute wird in der „FAZ“ Bundesministerin Schavan
zitiert. Sie hat angekündigt, dass im Atombereich nicht
nur für Sicherheits- und Endlagerforschung bezahlt wer-
den soll, sondern auch für die Erforschung notwendiger
Energiegewinnung aus Kernkraftwerken. Damit ist die
Katze aus dem Sack: Sie wollen neue Atomkraftwerke in
diesem Staat. Das werden wir zu verhindern wissen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Klaus Uwe Benneter [SPD])



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603212600

Das Wort hat der Kollege Rolf Hempelmann, SPD-

Fraktion.


(Beifall bei der SPD)


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(C (D Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen! Liebe ollegen! Herr Fell, man muss irgendetwas haben, woegen man kämpfen kann. Deswegen haben Sie jetzt die är von den neuen Atomkraftwerken erfunden. Aber ir werden Ihnen das nicht durchgehen lassen. Weder ie CDU/CSU noch die SPD hat ein solches Ziel formuiert. Es steht auch nicht auf einer „hidden agenda“. Sie önnen sich gerne politische Gegner suchen. Aber jeenfalls an dieser Stelle ist das fehl am Platz. Meine Damen und Herren, die Grünen haben diese ktuelle Stunde zum Energiegipfel gefordert. Sie haben das ist aus den Wortbeiträgen deutlich geworden – roße Erwartungen an diesen Gipfel geknüpft, die jetzt ffenbar enttäuscht worden sind. Wir dürfen diese groen Erwartungen als Kompliment empfinden. Wir selbst aben so große Erwartungen, dass nämlich sofort, auf eien Schlag und an einem Tag Lösungen präsentiert weren, nie gehabt. (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich gestehe, wir haben uns getäuscht!)

Rolf Hempelmann (SPD):
Rede ID: ID1603212700

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


as war eine eher naive und insofern – ich unterstelle Ih-
en ja nicht Naivität – vorgeschobene Erwartung.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihnen etwas zuzutrauen, ist in der Tat naiv!)


s geht darum, einen Auftakt zu organisieren – das ist
elungen –, einen Prozess hin zu einem Energiepro-
ramm. Man muss eingestehen: Das haben wir beide zu-
ammen jedenfalls nicht zustande gebracht.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ieser Auftakt ist gelungen.

Eben ist behauptet worden, es seien nur die Energie-
ersorgungsunternehmen eingeladen worden. Das ist na-
ürlich völliger Unsinn. Genauso sind auch die energie-
erbrauchende Seite, die Wissenschaft und eigentlich
lle, die mit Energiewirtschaft oder -verbrauch oder
berhaupt mit der breiten Verbraucherschaft zu tun ha-
en, eingeladen worden. Ich glaube, das kann man
urchaus an den Ergebnissen und an den Diskussions-
hemen ablesen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


s ist eben nicht nur über Versorgungssicherheit gespro-
hen worden. Es ist auch über Umweltverträglichkeit
nd über Preiswürdigkeit gesprochen worden – wie ge-
agt, nicht mit unmittelbaren Ergebnissen bei allen The-
en.

Unsere Fraktion begrüßt die Investitionsankündigun-
en sowohl für den konventionellen Kraftwerkspark als
uch für die erneuerbaren Energien und für die Netze.
ch diffamiere das nicht, wie es einige Redner getan ha-
en. Es ist auch Unsinn, wenn Sie, Herr Fell, behaupten,
ass Investitionen in konventionelle Kraftwerke dazu
ührten, dass Investitionen in erneuerbare Energien un-






(A) )



(B) )


Rolf Hempelmann
terblieben. Immerhin sind für beide Bereiche Ankündi-
gungen auf dem Gipfel erfolgt. Sie werden nicht behaup-
ten, dass die Ankündigungen der Unternehmen im
Bereich erneuerbarer Energien unseriös gewesen seien.


(Beifall der Abg. Dr. Maria Flachsbarth [CDU/ CSU])


Diese Investitionsankündigungen sind schon deshalb zu
begrüßen, weil sie die Knappheit im Energie- und gerade
auch im Stromangebot verringern werden. In erster Linie
Knappheit verursacht hohe Preise und nichts anderes.

Jenseits dieser Investitionsankündigungen ist es not-
wendig, dass der Prozess hin zu einem Energiepro-
gramm jetzt auch unter Beteiligung der Fraktionen orga-
nisiert wird. Es wird Zeit, dass wir sozusagen mit an
Bord kommen. Außerdem ist wichtig, dass die Politik
die notwendigen Rahmenbedingungen schafft, damit
diese Investitionen keine Ankündigungen bleiben, son-
dern tatsächlich stattfinden.

Wir brauchen sehr bald ein Planungsbeschleuni-
gungsgesetz – es ist in Arbeit und wir werden es auch
vorlegen –, das diesen Namen verdient.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Wir brauchen zügig die Einigung zum NAP II – das ist
auch ein Stück weit Appell an die beiden Ministerien –,
damit wir als Parlament unseren Beitrag leisten können.
Nach der Sommerpause brauchen wir natürlich auch die
Verordnung zur Anreizregulierung; denn nur über mehr
Wettbewerb – das ist das Ziel der Anreizregulierung –
werden wir letztlich das Ziel erreichen, zu sinkenden
Strom- und Energiepreisen zu kommen.

Es ist wunderbar, ein Feindbild zu haben. Es ist wun-
derbar, immer auf den großen Unternehmen herumzuha-
cken. Zum Teil haben sich diese Unternehmen die Kritik
ehrlich erarbeitet. Manchmal trifft man durchaus die
richtigen dabei. Aber es ist eine grobe Vereinfachung, so
zu tun, als wenn allein die Beschimpfung der Großen
oder der eine oder der andere Nadelstich an der einen
oder an der anderen Stelle die Realität hoher Energie-
preise verändern würde. Wir werden sie nur durch mehr
Wettbewerb verändern.


(Beifall der Abg. Marie-Luise Dött [CDU/ CSU])


Da sind insbesondere die von uns gegründete Bundes-
netzagentur und natürlich auch die Politik in Form des
Verordnungsgebers Bundesregierung – die Federführung
liegt beim Wirtschaftsministerium – gefordert.

Ich bin optimistisch, dass wir die notwendigen
Schritte gehen. Ich verstehe die Ungeduld der Grünen,
die daraus resultiert, dass sie schnelle Ergebnisse wün-
schen. Aber auch wir haben eine gewisse Zeit für das
Energiewirtschaftsgesetz und für die Installation dieser
Behörde gebraucht. Jetzt sollten wir in der Lage sein, so
viele Monate zu warten, wie gebraucht werden, um
Wettbewerb zur Realität zu machen.

Vielen Dank.

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(C (D Als Nächstes spricht Katherina Reiche, CDU/CSU raktion. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603212800


Katherina Reiche (CDU):
Rede ID: ID1603212900

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
it dem Energiegipfel hat die Bundesregierung den

tartschuss zur Erarbeitung eines energiepolitischen Ge-
amtkonzepts gegeben. Das Ziel ist, eine bezahlbare,
ine sichere, eine wettbewerbsfähige und eine umwelt-
reundliche Energieversorgung bis zum Jahr 2020 si-
herzustellen.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das kann ja dauern! Jetzt wird bald mit der Erarbeitung begonnen! Der Beginn der Erarbeitung steht kurz bevor!)


ie Betonung liegt auf „bis zum Jahr 2020“. Das heißt,
ir planen weit über diese Legislaturperiode hinaus.

In meinen Augen war der Energiegipfel ein Erfolg;
enn es ist gelungen, in einen sachlichen Dialog über die
nergiepolitik in unserem Land einzusteigen.


(Marie-Luise Dött [CDU/CSU]: Das tut uns gut!)


err Fell, das ist das Gegenteil von dem, was zu Zeiten
hrer Regierungsbeteiligung passiert ist.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Alte Grabenkämpfe, also das Ausspielen eines Ener-
ieträgers gegen den anderen, das Ausspielen von Um-
elt gegen Wirtschaft, von Erzeuger gegen Verbraucher,
aben bei diesem Gipfel Gott sei Dank keine Rolle ge-
pielt. Ich finde, das ist ein gutes Zeichen und es ist eine
ute Grundlage für die weitere Arbeit.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Die Investitionszusagen, die auf dem Energiegipfel
emacht wurden, finde ich sehr begrüßenswert. Wie wir
issen, reichen Zusagen allein nicht aus. Diese Zusagen

mplizieren natürlich auch die Pflicht, Investitionen fol-
en zu lassen. Wir haben einen Investitionsstau zu ver-
eichnen, sowohl im Kraftwerksbereich als auch bei den
etzen. Der Kraftwerkspark in Deutschland ist ein we-
ig in die Jahre gekommen. Er muss modernisiert wer-
en. Wenn wir tatsächlich die effizientesten und
odernsten Kraftwerke entwickeln wollen, dann ist der

nstehende Erneuerungsbedarf nicht zu übersehen.

Aber es geht nicht nur darum, alte Kraftwerke zu er-
etzen, sondern auch darum, neue zu bauen. Wir brau-
hen zusätzliche Stromkapazitäten im Markt, damit die
reise bezahlbar bleiben und damit der dringend not-
endige Wettbewerb gestärkt wird.

Das Ganze ist aber keine Einbahnstraße. Wenn wir
on der Wirtschaft erwarten, dass sie investiert, dann er-
artet die Wirtschaft von uns zu Recht Verlässlichkeit,






(A) )



(B) )


Katherina Reiche (Potsdam)

also eine Energiepolitik, die es ihr gestattet, wettbe-
werbsfähig zu bleiben.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich freue mich, dass auf dem Energiegipfel Investi-
tionszusagen für die erneuerbaren Energien gemacht
wurden. Das ist ein ganz wichtiges Signal dafür, dass
sich die Förderung der erneuerbaren Energien für den
Wirtschaftsstandort Deutschland auszahlt. Bei den er-
neuerbaren Energien liegt – das ist heute mehrfach be-
tont worden – ein enormes Innovations-, Wachstums-
und Beschäftigungspotenzial. Sie werden uns mit Si-
cherheit helfen, unsere Importabhängigkeit langfristig zu
verringern. Sie leisten einen positiven Beitrag zum Kli-
maschutz.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Richtig ist aber auch, dass es noch weiterer Anstren-
gungen und technischer Fortschritte bedarf, weil die er-
neuerbaren Energien momentan noch nicht ohne Förde-
rung am Markt bestehen können. Deshalb müssen wir in
Forschung und Entwicklung mehr tun.

Herr Kollege Fell, es ist eine bemerkenswerte Zusage
der Bundesregierung, finde ich, in den Bereichen For-
schung und Innovation sowie Energieforschung 30 Pro-
zent mehr auszugeben.


(Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir wollen mal sehen, ob das realisiert wird! – Gegenruf von der SPD: Und für was!)


Wir reden hier immerhin von 2 Milliarden Euro bis
2009. Wenn das kein wichtiges und deutliches Signal ist,
Herr Kollege Fell, dann weiß ich nicht. In Ihrer Regie-
rungszeit zumindest haben wir auf solche Zusagen war-
ten müssen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir müssen in der Sicherheitsforschung und bei der
Energieeffizienz vorankommen. Wir müssen Ressourcen
und Energie intelligenter nutzen.

Herr Kollege Fell, ich möchte Sie noch ein weiteres
Mal ansprechen. Sie haben gesagt: Angela Merkel hat
den Streit über das Thema Kernkraft beiseite gelassen
und hat dieses Thema nicht aufgenommen. – Das ist
falsch. Sie hat sehr wohl darauf hingewiesen, dass das,
was im Koalitionsvertrag steht, gilt, nämlich dass es ei-
nen Dissens gibt.

Erlauben Sie mir den folgenden Hinweis: Wenn der
Kernenergieanteil an der Stromversorgung derzeit
30 Prozent beträgt, dann kann man schlechterdings nicht
ausblenden, dass es so ist, wie es ist, weil wir – da wie-
derhole ich, was ich am Anfang meiner Rede schon ge-
sagt habe – über die nächsten 25 Jahre reden müssen.

Wenn man die Strategie, die die Bundesregierung ver-
folgt, auf wenige Worte zusammendampfen müsste,
dann würde sie lauten: Es geht im Kern um fünf Dinge:
um Energiemärkte und Wettbewerb, um Erneuerung bei

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(C (D en Kernkraftwerken, um Effizienzsteigerung, um Enerieforschung und um erneuerbare Energien. Von Henry Ford soll der Ausspruch stammen: Zusamenkunft ist ein Anfang, Zusammenhalt ist ein Fort chritt und Zusammenarbeit ist der Erfolg. – Das möchte ie Koalition. Das wird diese Bundesregierung unter Beeis stellen. Vielen Dank. Als Nächstes hat das Wort der Kollege Frank chwabe, SPD-Fraktion. (Beifall bei der SPD sowie der Abg. MarieLuise Dött [CDU/CSU])


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603213000


Frank Schwabe (SPD):
Rede ID: ID1603213100

Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren!

iebe Kolleginnen und Kollegen! Der Ausstoß des
reibhausgases Kohlendioxid ist im letzten Jahr in
eutschland leicht zurückgegangen. Das ist gut so.
eltweit befindet sich die CO2-Konzentration aber auf

inem Rekordniveau. Nur 1987 und 1998 gab es einen
öheren Anstieg der CO2-Emissionen.

Das war vor dem Energiegipfel so. Das ist leider auch
ach dem Energiegipfel so. Dass es aber nicht so bleibt,
ar eines der Ziele des Energiegipfels. Deswegen ist es
ut, dass es den Energiegipfel gegeben hat.


(Beifall bei der SPD)


Dass die Grünen natürlich relativ krabitzig Kritik
ben, kann ich nachvollziehen; dass sie versuchen, im-
er wieder einen Keil zwischen die Regierungsfraktio-

en zu treiben, ist auch nachvollziehbar.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir sitzen als Keil dazwischen! – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gut, dass Sie es noch mal ansprechen!)


ber glauben Sie mir: Das werden wir mit einer gewis-
en Gelassenheit hinnehmen, weil wir wissen, für wel-
he Energiepolitik wir eigentlich stehen. Wir werden
uch dafür sorgen, dass ein großer Teil dieser Energiepo-
itik umgesetzt wird.

Die Bundesregierung will bis Ende 2007 ein energie-
olitisches Konzept für die Zeit bis 2020 vorlegen, das
das ist schon gesagt worden – Versorgungssicherheit,
ettbewerbsfähige Energiepreise und wirksamen Klima-

chutz miteinander verknüpft.

Im internationalen Klimaschutz gilt für Deutschland
die Notwendigkeit hat der Herr Staatssekretär vorhin

chon eindrucksvoll geschildert –, aber auch für die an-
eren großen Kiotoländer: Wenn wir wollen, dass die an-
eren folgen, müssen wir weiterhin mit gutem Beispiel
orangehen. Insbesondere für Deutschland gilt hierbei:
enn wir unserer Vorreiterrolle im internationalen Kli-
aschutz gerecht werden wollen, dann müssen wir uns

hrgeizige Ziele setzen.






(A) )



(B) )


Frank Schwabe

(Beifall bei der SPD)


Deshalb haben sich CDU, CSU und SPD bereits im
Koalitionsvertrag dazu verpflichtet, eine Reduktion der
CO2-Emissionen um mehr als 30 Prozent bis 2020 anzu-
streben, wenn sich denn die EU insgesamt zu einer Re-
duzierung um 30 Prozent verpflichtet. Dabei sollte uns
die von der Energie-Enquete-Kommission des Bundesta-
ges in der letzten Legislaturperiode geforderte Reduzie-
rung um 40 Prozent bis 2020 und um 80 Prozent bis
2050 als Wegmarke dienen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Auf dem Weg dahin brauchen wir einen Energiemix,
der klimaschonend, sicher und eben auch bezahlbar ist.
Dazu gehören erneuerbare Energien, eine höhere Ener-
gieeffizienz, eine stärkere Unabhängigkeit von Ener-
gieimporten, aber für eine bestimmte Zeit – Sie müssen
sonst die Frage beantworten, wie das anders gehen soll –
eben auch eine möglichst effiziente Nutzung der heimi-
schen Stein- und Braunkohle.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Marie-Luise Dött [CDU/CSU])


Dabei ist die geplante Erneuerung des Kraftwerksparks
sowohl wirtschaftlich als auch klimapolitisch sinnvoll.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Allerdings muss die Errichtung solcher neuen Kraft-
werke zwingend im Rahmen einer allgemeinen Effizi-
enz- und Einsparstrategie erfolgen.

Es ist, wie es ist. Die Atomenergie ist aus unserer
Sicht nicht notwendiger Teil eines modernen Energie-
mixes und sie wird auch nicht Teil des zukünftigen Ener-
giemixes sein, solange Sozialdemokratinnen und Sozial-
demokraten Regierungsverantwortung tragen. Da kann
ich die Grünen beruhigen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Allein schon wegen der notwendigen Erneuerung des
Kraftwerksparks macht der vereinbarte Ausstiegsfahr-
plan Sinn, weltweit gesehen erst recht. Ich finde es gera-
dezu rührend, wie die Chefs der großen Energieversor-
ger, vermeintlich aus Sorge um den Strompreis und den
Klimaschutz, für eine Verlängerung der Nutzung der
Atomenergie eintreten, wohl wissend, dass sie bei bei-
den Themen ganz andere Schlüssel in der Hand halten.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Angesichts des minimalen Anteils der Atomenergie am
weltweiten Energieaufkommen wird klar, dass die
Atomenergie jedenfalls die Klimaproblematik nicht ein-
mal im Ansatz lösen wird.


(Dr. Karl Addicks [FDP]: Steinkohle aber erst recht nicht!)


Apropos Strompreis – dazu ist gerade auch schon et-
was gesagt worden –: In diesem Jahr wird uns der Emis-
sionshandel in besonderer Weise beschäftigen. Er muss

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(C (D o effizient sein, dass wir das Kiotoziel der CO2-Senung bis 2012 um 21 Prozent erreichen. Es bleibt im ahmen des Emissionshandels ein dauerhaftes Ärgernis, ass der Emissionshandel dazu dient bzw. dazu genutzt ird, dass die großen Energieversorger sich zulasten von ürgerinnen und Bürgern sowie der Industrie die Ta chen füllen. Das marktwirtschaftliche Instrument des missionshandels muss im Bereich der Monopolstruktur er großen Energieversorger eigentlich zwangsläufig ersagen. Es bleibt also unser Auftrag, den Emissionsandel mittelfristig so zu gestalten, dass er dem Klimachutz dient und Mitnahmeeffekte der großen Energieersorger vermeidet. Verehrte Damen und Herren, beim Energiegipfel ging s um den zukünftigen Energiemix. Dabei ist die Gechichte der erneuerbaren Energien eine besondere Erolgsgeschichte. Das wird besonders deutlich, wenn man ich habe gestern im Umweltausschuss die Gelegenheit enutzt – noch einmal in den Protokollen von vor 0 Jahren nachliest, was damals bezüglich der Entwickung der erneuerbaren Energien prognostiziert wurde. Da aben nämlich viele gesagt, sie würden niemals arktreife erlangen. Jetzt sind wir nicht weit davon ent ernt. Dasselbe allerdings – da fand ich die Bemerkung in ichtung der Grünen richtig – muss uns auch bei der nergieeffizienz gelingen. Auch das muss eine Erfolgseschichte der Bundesrepublik Deutschland werden. (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Katherina Reiche [Potsdam] [CDU/CSU] – Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der SPD)


as ist nicht nur klimapolitisch, sondern in hohem Maße
uch wettbewerbspolitisch geboten. Ein Mehr an Ener-
ieeffizienz macht uns günstiger, unabhängiger und in-
ovativer. Gut, dass das jetzt eines der Schwerpunktthe-
en auf der Arbeitsebene ist.

Zusammengefasst: Der Energiegipfel war besser, als
anche erwartet haben, auch wenn sich einige ärgern.
un kommt es auf eine intensive Arbeit in den kommen-
en Monaten an. Die Voraussetzungen dafür sind jetzt
eschaffen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603213200

Für die CDU/CSU-Fraktion hat der Kollege Philipp
ißfelder das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Philipp Mißfelder (CDU):
Rede ID: ID1603213300

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen

nd Kollegen! Der Energiegipfel ist in zweierlei Hin-
icht ein großer Erfolg gewesen. Darauf möchte ich in
einen weiteren Ausführungen eingehen. Zunächst
öchte ich allerdings den Grünen ganz herzlich danken,






(A) )



(B) )


Philipp Mißfelder
dass wir diese Erfolge am heutigen Tage hier deutlich
machen können. Vielen Dank, dass Sie diese Aktuelle
Stunde beantragt haben


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Rainer Tabillion [SPD])


und sie nutzen, damit Sie lernen, wie wir die Energiepo-
litik der Zukunft gestalten wollen.

Der Energiegipfel ist nicht nur deshalb ein Erfolg,
weil er, wie von meinen Vorrednern ausgeführt, tatsäch-
liche Ergebnisse für die zukünftige Energiepolitik bringt,
sondern auch, weil er sozusagen den Anfang vom Ende
einer ideologiegeprägten Energiepolitik in unserem
Land darstellt. Das war am Montag der Fall.


(Beifall bei der CDU/CSU – Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer hier von Ideologie redet, hat keine Antwort auf Fragen!)


Die Entscheidung, einen Energiegipfel an den Beginn
der Legislaturperiode zu stellen, war richtig; denn es war
überfällig, der Energiepolitik in Deutschland wieder eine
verlässliche Basis zu geben und sich damit einer entideo-
logisierten Diskussion zu stellen, die wirklich sinnvoll
ist. Denn tatsächlich ist es das allgemeine Anliegen des
Hauses, auch in Zukunft Energiesicherheit zu gewähr-
leisten. Wir sind unserer Bundeskanzlerin Angela
Merkel dankbar, dass sie als eine ihrer ersten Maßnah-
men diesen Energiegipfel einberufen hat. Mit dieser Ini-
tiative hat die Bundeskanzlerin bereits am Beginn ihrer
Amtszeit klar gemacht, dass die Energiepolitik eines der
Hauptthemen der großen Koalition ist.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das entspricht im Übrigen auch der Lebenswirklichkeit
der Privathaushalte und der deutschen Wirtschaft. Des-
wegen war es so wichtig, dieses Thema auf die Tages-
ordnung zu setzen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Mit dem Energiegipfel wurde der Grundstein für ein
energiepolitisches Gesamtkonzept gelegt. Ein Ergebnis
des Energiegipfels ist die Einrichtung von Arbeitsgrup-
pen; der Herr Staatssekretär hat es vorhin ausgeführt.

Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass sich in
Deutschland die Stimmungslage der Bevölkerung verän-
dert. Die Sensibilität für das Thema Energiepolitik
wächst. Dies ist in erster Linie auf das Steigen der Ener-
giepreise zurückzuführen und zeigt sich in den Diskus-
sionen über dieses Thema innerhalb der Familien.

Dass sich etwas an der Stimmungslage verändert hat,
sieht man an den aktuellen Umfragen. Am Dienstag mel-
dete dpa, dass die Mehrheit der Deutschen inzwischen
eine Verlängerung der Laufzeiten für deutsche Kern-
kraftwerke befürwortet.


(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Jörg Tauss [SPD])



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(C (D Herr Tauss, ich bin Ihnen dankbar, dass Sie dazwichenrufen; denn genau an dieser Stelle hatte ich Ihren wischenruf in meiner Rede eingeplant. (Ulrich Kelber [SPD]: Aber wer hat denn die Studie in Auftrag gegeben?)


Der Fernsehsender N24 hat eine Emnid-Umfrage in
uftrag gegeben. Aber unabhängig von den politischen
onsequenzen, die man daraus ziehen kann, sieht man

n diesen Umfragewerten eindeutig, dass sich im Be-
usstsein der Bevölkerung etwas verändert hat. Deswe-
en muss die Politik Antworten auf diese wichtigen Fra-
en finden.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Die Ursachen für die steigenden Energiepreise in
eutschland – darüber haben wir schon diskutiert – sind

n erster Linie die schwindenden Reserven an herkömm-
ichen Energieträgern wie Öl, Kohle oder Gas.


(Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und Uran!)


eswegen ist es richtig, dass wir versuchen, auf Dauer
usgerichtete Antworten auf die drängenden Fragen zu
inden. Eine Frage ist, wie wir auf den Energiehunger
er aufstrebenden Wirtschaftsmächte China, Indien und
rasilien in Zukunft reagieren wollen und wie wir Ener-
iesicherheit für die nächsten Jahrzehnte gewährleisten
önnen. Dabei können und wollen wir uns aber auf
auer keinen deutschen Sonderweg leisten. Deswegen

st es richtig, dass der Energiegipfel Perspektiven bietet,
ie in Zukunft die Energiepolitik aussehen soll.


(Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn er sie denn geboten hätte!)


Am Ende jahrelanger ideologiebelasteter Diskussion
m Energiepolitik– vor allen Dingen die Grünen haben
ich auf diesem Feld betätigt – wird ein schlüssiges Kon-
ept stehen, das dazu führen wird, dass auch die Indus-
rie in unserem Land endlich verlässlichere Rahmenbe-
ingungen vorfinden wird.

Sie fragen in dem Titel der Aktuellen Stunde nach
em Beitrag des Gipfels zur Energieversorgungssicher-
eit. Diese Frage möchte ich Ihnen an dieser Stelle gerne
eantworten. Die Bundesregierung wird als Ergebnis des
nergiegipfels die Mittel für die Energieforschung deut-

ich aufstocken. So werden wir im Zeitraum von 2006
is 2009 etwa 2 Milliarden Euro in neue Energietechno-
ogien investieren.


(Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD])


ie erneuerbaren Energien auch in Zukunft wirtschaft-
ich sinnvoll zu stärken, ist einer der wichtigsten Punkte,
ie wir sehen.


(Beifall der Abg. Marie-Luise Dött [CDU/ CSU])


Der Energiegipfel war ein großer Erfolg. Die Arbeits-
ruppen werden jetzt ihre Arbeit aufnehmen. Wir sind
it dem Ergebnis vom Montag zufrieden und freuen

ns, dass wir heute so ausführlich darüber sprechen
onnten.






(A) )



(B) )


Philipp Mißfelder
Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603213400

Das Wort hat der Kollege Dr. Rainer Tabillion, SPD-

Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Rainer Tabillion (SPD):
Rede ID: ID1603213500

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Diese Ak-
tuelle Stunde ist ein guter Auftakt für die Beschäftigung
des Deutschen Bundestages mit energiepolitischen The-
men im Vorfeld der Erstellung eines energiepolitischen
Programms, das bis 2015 – oder besser noch: mindestens
20 Jahre – gelten soll.

Das Parlament war in den Gipfel nicht eingebunden.
Umso größer sollte unser Ehrgeiz sein, uns jetzt in die
Diskussion der kommenden Wochen einzubringen. Je-
der, der hier vorgetragen und seine Vorstellungen entwi-
ckelt hat, ist eingeladen, das auszugestalten, was auf
dem Gipfeltreffen angekündigt worden ist.


(Beifall bei der SPD)


Ich glaube, dass es in diesem Haus eine ausreichende
Grundübereinstimmung bei den energiepolitischen The-
men gibt, die in den nächsten vier Jahren im Zentrum der
Beschäftigung des Deutschen Bundestages stehen wer-
den. Das gilt insbesondere dafür, dass wir energiepoliti-
sche Rahmenbedingungen schaffen müssen, die weit
über die Legislaturperiode und weit über das, was wir
politisch mit der CDU/CSU vereinbart haben, hinausge-
hen. Das gilt insbesondere auch für die angekündigten
Milliardeninvestitionen in die Kraftwerks- und die Netz-
infrastruktur. Diese Investitionen, auf die wir alle schon
lange warten, werden nur dann fließen, wenn es keine
Hintertür für kurzfristige und ebenso kurzsichtige Profite
ohne Investitionen gibt.

In diesem Zusammenhang war es wichtig, dass Bun-
deskanzlerin Merkel auf dem Gipfel deutlich gemacht
hat, dass sie zur Vereinbarung zum Ausstieg aus der
Atomenergie steht.


(Beifall bei der SPD – Ulrich Kelber [SPD]: Im Gegensatz zu Herrn Mißfelder!)


Ich möchte in Richtung der Grünen deutlich machen: Es
gibt überhaupt keinen Anlass, daran zu zweifeln, dass
die SPD nicht am Ausstieg aus der Atomenergie festhält.
Sie sollten das Lager derjenigen, die die Atomenergie
ablehnen, nicht durch derartige Reden, wie sie heute ge-
halten worden sind, versuchen zu spalten.


(Beifall bei der SPD)


Lassen Sie mich einige Anmerkungen zu dem Prozess
machen, der jetzt beginnt und bis ins nächste Jahr andau-
ern wird. Ich glaube, dieses Projekt kann nur gelingen,
wenn wir diejenigen, die mit uns gehen sollen, als Part-
ner betrachten. Die großen Energieversorgungsunterneh-
men gehören ebenso dazu wie die Regionalversorger, die

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(C (D tadtwerke und andere Akteure. Man kann sie nicht auschließen. Sie sind wichtig, wenn wir uns energiepoliisch auf internationaler Ebene bewegen wollen und afür sorgen wollen, dass energieund unternehmenspoitische Entscheidungen noch in Deutschland fallen. eshalb sollten wir sie nicht als Gegner sehen, sondern ie mit ins Boot nehmen. Wir sollten aber darauf achten nd sie dazu zwingen, dass sie die Dinge, die sie tun, ransparent machen und dass sie sich ihrer gesellschaftsolitischen Verantwortung klar werden. Das Wichtigste ist Effizienz; das ist heute schon oft esagt worden. Es ist falsch, den Leuten vorzumachen, ie Preise für Energie könnten sinken. Das werden wir in en kommenden Jahren nicht erleben. Dazu sind die ohstoffpreise zu hoch. Sie werden sich deutlich nach ben entwickeln. Es sind nicht nur die Wettbewerbstrukturen hier im Land, die dazu beitragen, dass die nergie teurer wird. Insbesondere die Rohstoffpreise ind dafür verantwortlich. Deshalb werden wir die Enticklung nicht stoppen können. Effizienz ist umso wich iger, als wir über Effizienz dafür sorgen können, dass nsere Kosten, obwohl die Preise steigen, dadurch, dass ir aus den Energieträgern mehr herausholen und wenier in die Luft blasen, stabil bleiben oder sogar sinken. Deutschland ist Vorreiter beim Klimaschutz und bei er Entwicklung und Vermarktung der Technologie der rneuerbaren Energien. Wir sind auch Vorbild beim Einatz dieser Energiearten in unserem Land. Das wollen ir auch bleiben. Es ist in dem anstehenden Diskurs allerdings eine Heausforderung für uns, dafür zu sorgen, dass die volksirtschaftlichen Kosten, die dabei entstehen, begrenzt erden. Wir müssen im Rahmen der jetzt zu führenden nergiepolitischen Debatte die Instrumente hinterfragen, it denen wir fördern, und die Technologien, die wir ördern. Das kann nicht ausbleiben; das muss man imer kritisch sehen, etwa die Frage, welche Lehren aus em bisherigen Verlauf des Emissionshandels zu ziehen ind. Auch das muss man hinterfragen, wenn man eine eue Phase beginnt. Eine realistische Beurteilung der Potenziale ist benso wichtig wie eine Risikostreuung im Energiemix. enn wir bis 2020 das ambitionierte Ziel, 25 Prozent es Strombedarfs regenerativ zu decken – und bis 2050 ogar 50 Prozent oder mehr –, erreichen wollen, dann önnen wir die konventionell bereitgestellten Energiearen nicht ausblenden. Denn dann müssen wir noch imer 50 Prozent der Energie konventionell erzeugen. eshalb ist es völlig unrealistisch, gleichzeitig aus der tomenergie und der Kohle auszusteigen. (Beifall des Abg. Franz Obermeier [CDU/ CSU])


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)


a ich aus einem Kohleland komme und mich intensiv
nd lange mit diesen Fragen befasst habe und weiß, dass
eine andere Subvention für eine Energieart so sehr ge-






(A) )



(B) )


Dr. Rainer Tabillion
kürzt worden ist wie die für die Kohle, muss ich Ihnen
sagen, dass wir in Zukunft an dem Bodenschatz, den wir
unter unseren Füßen haben und der nach meiner Ein-
schätzung in den kommenden Jahrzehnten deutlich wert-
voller werden wird, in einer bestimmten Größenord-
nung, die wir vereinbaren müssen, festhalten müssen.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603213600

Herr Kollege, Sie müssen bitte zum Schluss kommen.


Dr. Rainer Tabillion (SPD):
Rede ID: ID1603213700

Ich glaube, Energieerzeugung aus Kohle in Verbin-

dung mit der Technik, die Kohle klimaunschädlich zu
verarbeiten und umzuwandeln – sie ist inzwischen vor-
handen –, ist verantwortbar.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603213800

Herr Kollege!


Dr. Rainer Tabillion (SPD):
Rede ID: ID1603213900

Deshalb möchte ich darum bitten, dass wir die Kohle

in Zukunft als Teil des Energiemixes betrachten, über
dessen Definition wir uns jetzt unterhalten. Das wäre ein
guter Einstieg dieses Hauses in die energiepolitische
Diskussion. Wir sollten uns daran beteiligen –


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603214000

Herr Kollege, Ihr letzter Satz geht jetzt schon über

fast zwei Minuten.


Dr. Rainer Tabillion (SPD):
Rede ID: ID1603214100

– und unser Wissen und unser Engagement einbrin-

gen, damit es ein gutes Programm wird.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603214200

Das Wort hat der Kollege Christoph Pries, SPD-Frak-

tion.


(Beifall bei der SPD)



Christoph Pries (SPD):
Rede ID: ID1603214300

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Die Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen hat diese
Aktuelle Stunde beantragt. Als zuständiger Bericht-
erstatter der SPD-Fraktion beschäftige ich mich mit Ihrer
Frage nach dem Beitrag des Energiegipfels zur Verringe-
rung der Gefahren durch Atomkraft.

Die Atomenergie ist noch genauso gefährlich bzw.
genauso sicher wie vor dem Gipfel. Die Positionen der
Beteiligten zur Atomenergie haben sich nicht verändert.
Die Vereinbarung zum Atomausstieg gilt weiterhin.


(Beifall bei der SPD)


Jetzt könnte ich schon zum Schluss kommen. Aber da
alle Kolleginnen und Kollegen der Koalition heute frohe

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(C (D otschaften verkünden dürfen, möchte ich natürlich icht zurückstehen. Zunächst hat die Koalition all diejenigen enttäuscht, ie gehofft hatten, der Streit über die Atomenergie ürde den Gipfel überschatten. Ganz im Gegenteil: Ein ipfelteilnehmer kam sogar zu dem Schluss, SPD und DU hätten beim Thema Atomenergie Einigkeit deonstriert. So weit würde ich vielleicht nicht gehen. Am ontag sind aber vor allem die Themen diskutiert wor en, die aus unserer Sicht für die Zukunft der Energieersorgung in Deutschland entscheidend sind. Für uns eißt das: Energieeffizienz, erneuerbare Energien, Ereuerung der Kraftwerke und Emissionshandel. Es gibt aber noch eine weitere positive Botschaft. Auf usdrückliche Nachfrage von Bundesumweltminister abriel haben die Energieversorgungsunternehmen ihre ertragstreue im Bereich des Atomausstiegs unterstrihen. Sie werden auch dann mit der Bundesregierung usammenarbeiten, wenn es beim Atomausstieg bleibt. ie SPD-Bundestagsfraktion begrüßt diese Ankündiung ausdrücklich. Zukünftiges Handeln werden wir an ieser Zusage messen. Für die SPD-Bundestagsfraktion ist klar: Eine Überragung von Reststrommengen von neuen Atomkrafterken auf alte Atomkraftwerke lehnen wir ab. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


(Heiterkeit bei der SPD)


ine solche Übertragung widerspricht dem Geist des
tomkonsenses. Sie widerspricht auch dem Geist des
oalitionsvertrages, der dem sicheren Betrieb der Atom-
raftwerke absolute Priorität einräumt.

Worum geht es bei der Forderung nach Verlängerung
er Restlaufzeiten? Ein Artikel in der „Financial Times
eutschland“ hat das am Montag ganz freimütig auf den
unkt gebracht:

Für die Antragsteller geht es um Milliarden. Die
Meiler sind längst abgeschrieben, die Betriebskos-
ten gering, und die Gewinnmargen wären sensa-
tionell, wenn die Reaktoren länger laufen dürften.

as Ziel von Unternehmen ist es, Gewinne zu machen.
as ist legitim. Schön wäre es allerdings, wenn die Ener-
ieversorger es in diesem Fall auch offen zugeben wür-
en.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Die Diskussion über die Laufzeiten der Atomkraft-
erke hat leider noch eine andere Folge. Sie vergiftet
as Klima für dringend benötigte Zukunftsinvestitionen
m Energiesektor.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wer

so hieß es gestern in der „Süddeutschen Zeitung“ –

wagt schon im großen Stil neue Kraftwerke, wenn
er nicht weiß, wie viele der riesigen Reaktoren am






(A) )



(B) )


Christoph Pries
Ende des Jahrzehnts noch billige Konkurrenz ma-
chen oder nicht?


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es wäre geradezu ein Befreiungsschlag für die Ener-
giepolitik in Deutschland, wenn die Betreiber unserer
Atomkraftwerke endlich aufhörten, ständig auf die
nächste Bundestagswahl zu starren. Erweisen Sie sich,
erweisen Sie uns und erweisen Sie vor allem unserem
Land einen Dienst. Begreifen Sie endlich – in parlamen-
tarischen Demokratien verhält es sich wie im Fußball –:
Egal, wie die Bundestagswahl 2009 ausgeht. Nach der
Wahl ist vor der Wahl.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603214400

Damit ist die Aktuelle Stunde beendet.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 5 a und 5 b auf:

a) Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/
CSU, der SPD, der FDP und des BÜNDNIS-
SES 90/DIE GRÜNEN

Einsetzung eines Parlamentarischen Beirats
für nachhaltige Entwicklung
– Drucksache 16/1131 –

b) Beratung der Unterrichtung durch den Parlamen-
tarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung

Bericht des Parlamentarischen Beirats für
nachhaltige Entwicklung

(Berichtszeitraum: 11. März 2004 bis 29. Juni 2005)


– Drucksache 15/5942 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung

Zwischen den Fraktionen ist verabredet, hierfür eine
Dreiviertelstunde Debatte vorzusehen. – Ich höre dazu
keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Als Erster hat das Wort
der Kollege Dr. Günter Krings, CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall der Abg. Katherina Reiche [Potsdam] [CDU/CSU])



Dr. Günter Krings (CDU):
Rede ID: ID1603214500

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren Kollegen! Dieses Haus will heute ein parlamen-
tarisches Gremium aus der 15. Wahlperiode erneut ein-
setzen, das den Titel „Parlamentarischer Beirat für nach-
haltige Entwicklung“ tragen soll. Dieses Gremium – das
sollten wir zu Beginn der Debatte freimütig bekennen –

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(C (D st ein Fremdkörper unter den Ausschüssen des Deutchen Bundestages. Es wird für diesen Beirat auch in der ktuellen Wahlperiode nicht einfach werden, die Anlieen einer nachhaltigen Entwicklung, der Generationenerechtigkeit und der politischen Zukunftsverantworung erfolgreich in das eingespielte Räderwerk des arlamentsbetriebes einzuspeisen. Nicht von ungefähr atten wir uns als Unionsfraktion vor etwas mehr als wei Jahren einen Zukunftsausschuss als Alternative zu iesem Beirat vorstellen können. Dieser seinerzeitige orschlag und der Nachhaltigkeitsbeirat, den wir heute insetzen wollen, haben allerdings ihre zentrale Aufgaenstellung gemeinsam: Sie schaffen ein Gremium im eutschen Bundestag, das sich explizit als Frühwarnein ichtung für politische Fehlentwicklungen versteht, das ie Interessen künftiger Generationen im Blick behält nd notfalls auch gegen die Interessen der jetzt Lebenen verteidigt. Der Bundestag hat über 20 Ausschüsse und zehn Unerausschüsse. Die Mitglieder der allermeisten von ihnen erstehen sich natürlich auch als eine politische Lobby ür ihr jeweiliges Themenfeld, für ihr Interessengebiet. llein den künftigen Generationen fehlt ein solcher arlamentarischer Fürsprecher. Die Zukunft ist jedenfalls ohne eine institutionaliierte Lobby im Parlament. Auf diesen Missstand wies ereits vor einem Vierteljahrhundert der deutsch-amerianische Philosoph Hans Jonas hin. Der in meiner Heiatstadt Mönchengladbach gebürtige Jonas schrieb in einem Epoche machenden Werk „Das Prinzip Verantortung“ schon 1979: Die „Zukunft“ aber ist in keinem Gremium vertreten; sie ist keine Kraft, die ihr Gewicht in die Waagschale werfen kann. Das Nichtexistente hat keine Lobby und die Ungeborenen sind machtlos. Somit hat die ihnen geschuldete Rechenschaft vorerst noch keine politische Realität im gegenwärtigen Entscheidungsprozess hinter sich, und wenn sie sie einfordern können, sind wir, die Schuldigen, nicht mehr da. Das Neue am Thema Nachhaltigkeit ist demnach die orderung nach Gerechtigkeit für kommende Generatioen, also für Menschen, die noch gar nicht existieren. Natürlich vermag ein parlamentarischer Beirat die esetzmäßigkeiten der demokratischen Repräsentation icht außer Kraft zu setzen. Mit dem Nachhaltigkeitsbeiat erhalten wir indes ein Instrument, mit dem wir die inwischen weithin anerkannten Ideen der Generationenerechtigkeit und der Nachhaltigkeit in den politischen ntscheidungsprozess wirksam einbringen können. Die rbeit des Nachhaltigkeitsbeirats ist – um noch einmal it Hans Jonas zu sprechen – damit zugleich ein Testfall ür die „Kraft der Ideen im politischen Körper“. Es wird uns aber nur gelingen, die Lücke der fehlenen Vertretung der Zukunft und der künftigen Generatioen in der Politik zu schließen, wenn wir die Themen des eirates nicht zu eng verstehen. Das hat bereits früh eine on der UN-Vollversammlung eingesetzte Kommission, Dr. Günter Krings die so genannte Brundtland-Kommission, deutlich gemacht. Laut ihrem Abschlussbericht aus dem Jahre 1987 ist eine Entwicklung dauerhaft bzw. nachhaltig, wenn sie, wie es in dem Bericht heißt, die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können. Es geht hiernach primär also nicht um die Bedürfnisse der Natur, sondern um die Bedürfnisse der Menschen, die, genau wie wir heute, auch in 30 oder 60 Jahren ihren Lebensstil wählen möchten und nicht die bloßen Objekte kurzsichtiger Entscheidungen von heute werden dürfen. Nachhaltigkeit berührt ganz wesentlich auch ökologische Fragestellungen. Fehlen den nachkommenden Generationen schon die natürlichen Ressourcen, so sind ihnen dadurch wesentliche Entfaltungsmöglichkeiten unwiderruflich genommen. Nachhaltigkeit bedeutet aber nicht nur, dass unser ökologisches Kapital nicht zulasten künftiger Generationen aufgezehrt werden darf, sondern verlangt ebenso den Erhalt des wirtschaftlichen und sozialen Kapitals. Der Begriff Nachhaltigkeit hat seit seiner Entstehung – übrigens in der Forstwirtschaft des 18. Jahrhunderts – eine erhebliche Erweiterung erfahren. Moderne Definitionen schließen eine stabile wirtschaftliche Entwicklung und eine generationengerechte Verteilung der Lebenschancen ausdrücklich in seine Anwendungsbereiche ein. So ist es längst Allgemeingut der Nachhaltigkeitsdebatte geworden, dass die Leistungsfähigkeit unserer Gesellschaft auch in Zukunft auf ein solides Wirtschaftswachstum angewiesen ist. Von diesem dreidimensionalen Begriff der Nachhaltigkeit muss sich auch der Parlamentarische Beirat für nachhaltige Entwicklung bei seiner Arbeit leiten lassen. Die wirtschaftliche, die soziale und die ökologische Dimension der Nachhaltigkeit gilt es miteinander in Einklang zu bringen. Für den Beirat ist das eine ebenso ambitionierte wie spannende Aufgabe, der wir uns gerne stellen. Der entscheidende Prüfstein für eine generationengerechte und damit nachhaltige Politik ist die Sanierung unserer maroden Staatshaushalte. Angesichts dramatisch schrumpfender Geburtenjahrgänge war die Schuldenpolitik der letzten Jahre und Jahrzehnte nicht länger nur finanzpolitisch unsolide, sondern hat zwischenzeitlich auch den Charakter eines moralischen Problems erhalten. Mit welchem Recht machen die vergleichsweise vielen von heute Schulden zulasten der wenigen von morgen? Wer die Zukunft offen und gestaltbar halten will, darf es nicht hinnehmen, dass der auf 1,4 Billionen Euro angewachsene Berg der Staatsschulden weiter wächst. Die neue Koalition unter Kanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Peer Steinbrück hat endlich ein Umdenken eingeleitet. Dessen Fortgang und seine Ergebnisse wird der Nachhaltigkeitsbeirat des Deutschen Bundestages sehr sorgfältig beobachten und beeinflussen. e n g e t t P P s w n n t B s u b s k v b Z t t d S d 9 d v D s a d S b g s S A u t h P d 2 v e N s (C (D Um die Sinnhaftigkeit dieses Beirats zu begreifen, ist s wichtig, festzuhalten, dass unsere Staatsschulden keieswegs gegen die Interessen der Bürger unseres Landes emacht worden sind. Der überwiegende Teil rührt aus iner Politik sozialer Transferleistungen, die mit der Beonung des Sozialstaatsprinzips zugleich einseitig die Ineressen der jetzt Lebenden favorisiert hat. Nachhaltige olitik verlangt im Zweifel den Mut zu unpopulärer olitik. Wer die Interessen nachrückender Generationen chützen will, muss im Einzelfall bereit sein, Gegenartsinteressen zurückzustellen. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ein ernstes Hindernis für generationengerechte und
achhaltige Politik stellen heute nicht nur die 1,4 Billio-
en Euro direkte Staatsschulden dar. Nach sehr vorsich-
igen Schätzungen kommt mindestens der doppelte
etrag hinzu, der als implizite Staatsschuld in unseren

ozialen Sicherungssystemen schlummert. Eine Renten-
nd eine Pflegeversicherung, die jeden Tag Ansprüche
egründen, die innerhalb des lohnabhängigen Umlage-
ystems niemals befriedigt werden können, sind daher
ein Beispiel für Nachhaltigkeit. Die Politik hat sich bis
or wenigen Jahren kaum darum gekümmert, wie Ar-
eitnehmer und Arbeitgeber mit diesen Ansprüchen in
ukunft zurechtkommen. Auch damit wurde das Gegen-

eil von Generationengerechtigkeit praktiziert. Genera-
ionengerecht und nachhaltig ist eine Sozialpolitik nur
ann, wenn sie auch für zukünftige Generationen soziale
icherheit gewährleistet.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Auch hier wartet also eine sehr wichtige Aufgabe auf
en Nachhaltigkeitsbeirat. Hätte es ihn bereits in den
0er-Jahren gegeben, wären die Chancen auf eine soli-
ere Finanzierung der damals neu eingeführten Pflege-
ersicherung aus meiner Sicht deutlich größer gewesen.
ie jüngsten Beschlüsse der Bundesregierung zur

chrittweisen Hebung des Renteneintrittsalters, aber
uch zur Förderung junger Familien weisen den Weg in
ie richtige Richtung.


(Beifall bei der CDU/CSU)


ie werden auch den Mitgliedern des Nachhaltigkeits-
eirats Mut machen, dass wir dem Ziel einer nachhalti-
en und generationengerechten Politik im Schulter-
chluss zwischen Parlament und Regierung Schritt für
chritt näher kommen.

Eines, liebe Kolleginnen und Kollegen, will ich zum
bschluss betonen: Es muss im gemeinsamen Interesse
nseres Hauses liegen, die Vorsorge für künftige Genera-
ionen als zentrale Politikaufgabe nirgendwo anders als
ier im Deutschen Bundestag zu verankern. So wie die
arlamente im 19. Jahrhundert das Budgetrecht gegen
ie Exekutive erkämpft haben, müssen sie jetzt, im
1. Jahrhundert, dafür Sorge tragen, dass in Fragen der
orsorgenden Umwelt-, Sozial- und Haushaltspolitik die
ntscheidenden Maßstäbe im Parlament gesetzt werden.
ur die direkt gewählte Vertretung unseres Volkes be-

itzt die notwendige Legitimationskraft, um von den






(A) )



(B) )


Dr. Günter Krings
jetzt Lebenden den Verzicht auf Konsum zugunsten
nachrückender Generationen verlangen zu können.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603214600

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss.


Dr. Günter Krings (CDU):
Rede ID: ID1603214700

Frau Präsidentin, ich wollte gerade meinen letzten

Satz beginnen. – Es ist daher sinnvoll und richtig, dass
es mit dem heute einzusetzenden Nachhaltigkeitsbeirat
nun endlich in der Mitte unseres Parlaments eine Lobby
für künftige Generationen geben wird.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603214800

Für die FDP-Fraktion spricht der Kollege Michael

Kauch.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)



Michael Kauch (FDP):
Rede ID: ID1603214900

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nach-

haltigkeit braucht eine institutionelle Verankerung in
diesem Parlament. Deshalb hat die FDP bereits in der
vergangenen Wahlperiode gemeinsam mit SPD und
Bündnis 90/Die Grünen die Einrichtung eines solchen
Parlamentarischen Beirats – damals gegen den Wider-
stand der Union – durchgesetzt. Wir begrüßen, dass die
Union ihre Haltung geändert hat und nun auch zu den
Antragstellern gehört.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Der Parlamentarische Beirat hat trotz seiner einge-
schränkten parlamentarischen Rechte in der vergange-
nen Wahlperiode sehr erfolgreich und konstruktiv ge-
arbeitet. Wir konnten uns fraktionsübergreifend – auch
über die Grenzen von Opposition und Regierung
hinweg – auf gemeinsame Ziele für die Zukunft einigen.
Das ist wichtig, weil die entscheidenden Zukunftsfragen
einen Zeithorizont haben, der weit über den üblichen
Wechsel der Regierungen in einer parlamentarischen
Demokratie hinausreicht.

Einen Grundkonsens herauszuarbeiten, ohne die Un-
terschiede im Detail zu verwischen, das war die Stärke
des Nachhaltigkeitsbeirates in der vergangenen Wahlpe-
riode. Ich möchte an dieser Stelle den Kolleginnen und
Kollegen aus dem letzten Beirat für die gute Zusammen-
arbeit ganz herzlich danken.


(Beifall bei der FDP)


Ich erinnere an die gemeinsame Stellungnahme zum
Fortschrittsbericht 2004 der Bundesregierung. Hier
wurde vieles im Konsens beschlossen, so die gemein-
same Forderung nach einer regelmäßigen Erstellung von
Generationenbilanzen und die Einführung eines Nach-

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(C (D altigkeitschecks in der Gesetzesfolgenabschätzung. Wir aben in der vergangenen Wahlperiode darüber geredet. n dieser Wahlperiode kommt es darauf an, die Dinge im etail so voranzutreiben, dass wir sie hier im Parlament msetzen können. Aufgrund der Vorarbeiten, die in der letzten Wahleriode geleistet wurden, kann sich der Beirat nun direkt ort an die Arbeit machen, wo der letzte Beirat mit seier Arbeit aufhören musste, nämlich bei den geplanten nhörungen zu den Auswirkungen des demografischen andels auf die Infrastruktur und zum Thema Generati nenbilanzen. Denn was bedeutet eine immer älter werdende und ugleich regional unterschiedlich schrumpfende Bevölerung für die künftige Infrastruktur? Welche Straßen nd welche öffentlichen Gebäude werden zukünftig och oder anders gebraucht? Welche Wohnformen brauhen wir? Was muss sich qualitativ in der Verkehrsplaung ändern? Es stellt sich auch die Frage, ob bei Strom der Abwasser weiter flächendeckend in eine Netzinfratruktur investiert werden soll oder ob regional dezenrale Lösungen möglicherweise eine sinnvolle Alternaive sind. Darauf wollen wir mit den Experten in den Anörungen Antworten finden und dann dem Parlament ösungen vorschlagen. Wir brauchen regelmäßige offizielle Generationenilanzen für Deutschland, um ein besseres Bewusstsein ür die Auswirkungen des täglichen Handelns und langristiger Politik für kommende Generationen zu schafen. Generationenbilanzen verdeutlichen diese Auswirungen, indem sie auf der einen Seite die Leistungen nd auf der anderen Seite die Belastungen, die heutige olitik kommenden Generationen hinterlässt, ausweisen. ir wollen von den Experten hören, wie solche Genera ionenbilanzen konkret aussehen können und wer sie ertellen soll. Diese Themen sind essenzielle Zukunftsfragen und aben auch in der neuen Wahlperiode nicht an Bedeuung verloren. Die Bundesregierung wird noch in diesem ahr ihren Fortschrittsbericht 2006 zur Nachhaltigkeitstrategie vorlegen. Vier Jahre nach Verabschiedung der rsten Nachhaltigkeitsstrategie müssen einige Dinge rundsätzlich auf den Prüfstand gestellt werden, zum eispiel die Indikatoren für die Zielerreichung. Ein Beispiel: Der Indikator für die Zielerreichung bei er Inanspruchnahme von Flächen zu Siedlungsund erkehrszwecken konzentriert sich momentan, auf ganz eutschland berechnet, auf ein 30-Hektar-Reduktions iel. Das stellt aber nicht auf die tatsächlich genutzte läche ab, sondern auf die beplante Fläche. Das bedeu et, dass man bei der Renaturierung einer Industriebrahe den gemessenen Flächenverbrauch in keiner Weise enkt, wenn nicht auch der Bebauungsplan geändert ird. Ob das unter Gesichtspunkten ökologischer Nachaltigkeit sinnvoll ist, wage ich zu bezweifeln. Michael Kauch Deshalb müssen wir die Indikatoren auf ihre Zielsicherheit überprüfen. Dabei müssen beispielsweise der Flächenverbrauch, die Zerschneidung von Landschaft, die Versiegelung von Böden und die regionale Verteilung der Flächeninanspruchnahme zugrunde gelegt werden. Nehmen wir das Beispiel Kriminalität: Die Nachhaltigkeitsstrategie misst die Kriminalität in Deutschland heute anhand der Zahl der Wohnungseinbrüche. Ich erinnere mich nicht daran, dass wir in diesem Parlament in der letzten Zeit sehr viel über Wohnungseinbrüche diskutiert haben. Wir haben aber beispielsweise sehr viel über Jugendgewalt diskutiert. Warum also soll dieser Indikator nicht im Hinblick auf diesen zentralen Bereich des Zusammenhalts unserer Gesellschaft verändert werden? Diesen Fragen müssen wir uns gemeinsam stellen. Kollege Krings hat es angesprochen: Die maroden Staatsfinanzen sind einer der größten Angriffe auf die Generationengerechtigkeit. Die letzte Bundesregierung hat es abgelehnt, die Staatsfinanzen zu einem Schwerpunkt der Nachhaltigkeitsstrategie zu machen. Ich bin gespannt, ob Sie mit dem Fortschrittsbericht 2006 umsteuern und die finanzielle Nachhaltigkeit entsprechend den Ankündigungen des Kollegen Krings tatsächlich zu einem Schwerpunkt machen. Das wäre den kommenden Generationen zu wünschen. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)





(A) )


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Deutschland muss zukunftsfähiger und generationen-
gerechter werden. Dazu gehört der verantwortungsvolle
Umgang mit den natürlichen Ressourcen, aber auch mit
den finanziellen Ressourcen, also mit unseren Staats-
finanzen und Sozialsystemen. Wir brauchen ein Ver-
ständnis von Wohlstand und Lebensqualität, das sich an
langen Zeiträumen und nicht an Legislaturperioden von
vier Jahren orientiert.

In diesem Sinne freut sich die FDP-Bundestagsfrak-
tion auf die Debatten im Parlamentarischen Beirat für
nachhaltige Entwicklung. Wir hoffen, dass seine Aussa-
gen und Empfehlungen auch in der tatsächlichen Gesetz-
gebung ihren Nachhall finden.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603215000

Als Nächster erhält das Wort der Kollege Dr. Matthias

Miersch, SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Matthias Miersch (SPD):
Rede ID: ID1603215100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Es ist, glaube ich, ein sehr positives Signal, dass wir
nach den teilweise hitzigen Debatten, die wir heute Mor-
gen über die Rente und die Energiepolitik – und somit
auch über Fragen der Nachhaltigkeit – geführt haben,

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(C (D un fast alle der Meinung sind, dass die Einrichtung des arlamentarischen Beirats für nachhaltige Entwicklung ichtig ist. Mit der Bildung dieses Parlamentarischen Beirats seten wir einen Weg fort, der von der alten Bundesregieung begonnen worden ist. Bereits im Jahre 1992 hat ich die internationale Staatengemeinschaft auf der Konerenz der Vereinten Nationen in Rio de Janeiro zum eitbild der nachhaltigen Entwicklung bekannt. Im ahr 2002 hat die rot-grüne Bundesregierung unter dem itel „Perspektiven für Deutschland“ die nationale Stra egie für eine nachhaltige Entwicklung beschlossen. uch der Koalitionsvertrag zwischen SPD, CDU und SU sieht als Ziel und Maßstab des Regierungshandelns ie Förderung einer nachhaltigen Entwicklung auf natioaler, europäischer und internationaler Ebene vor. An der breiten Unterstützung für die Einrichtung des arlamentarischen Beirats wird deutlich, dass wir ein geeinsames Ziel verfolgen. Ich glaube, das, was meine orredner betont haben, ist richtig: Aus dieser Gemeinamkeit ergeben sich für dieses Gremium Chancen, soohl was die Form der Zusammenarbeit als auch was en Inhalt betrifft. Wir sitzen alle im selben Boot. Nun haben wir die öglichkeit, in diesem Gremium unabhängig von der lltagspolitik mittelund langfristige Politikansätze zu ntwickeln. Diesen gemeinschaftlichen Ansatz sollten ir in den Mittelpunkt der Arbeit rücken. Bei dieser Areit dürfen wir nicht – Herr Kauch hat das zu Recht anesprochen – auf bevorstehende Wahlen schielen. benso darf sie nicht von plötzlichen Ereignissen gerägt sein, auf die die Politik immer nur reagiert. Wir üssen in diesem Beirat vielmehr in eine aktive Rolle ommen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, unsere Arbeit muss
o angelegt sein, dass sie auch unter anderen Koalitions-
edingungen fortgesetzt werden kann und nicht von
nappen Mehrheiten abhängig ist; das ist zumindest un-
er Ziel. Deshalb muss unsere Arbeit darauf gerichtet
ein, die Beschlüsse nach Möglichkeit gemeinsam zu
ällen. Gleichzeitig darf der Begriff der Nachhaltigkeit
icht zur Worthülse gelangen – wie in manchem Werbe-
logan heute. Der Beirat ist insbesondere Anwalt nach-
olgender Generationen. Herr Kollege Krings, ich
timme Ihnen voll zu: Dieser Beirat muss auch unbe-
uem sein, er muss die nachfolgenden Generationen im
lick haben und kann sich nicht nur an gegenwärtigen

nteressen orientieren.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Mit der Einsetzung des Parlamentarischen Beirates
m Januar 2004 hat der Deutsche Bundestag erstmals ak-
iv in diesen Dialog eingegriffen. Ich möchte mich im
amen der SPD-Fraktion an dieser Stelle ganz herzlich
ei den Mitgliedern des letzten Beirates für ihre Arbeit






(A) )



(B) )


Dr. Matthias Miersch
bedanken. Diese Arbeit hat den Boden bereitet, auf dem
wir jetzt aufbauen können. Im Bericht des Beirates vom
7. September 2005 wird eine positive Bilanz gezogen,
aber gleichzeitig werden auch Schwächen benannt: zum
Beispiel die fehlende formale Beteiligung am Gesetzge-
bungsverfahren oder die geringe Anzahl der Beiratsmit-
glieder. Die Anzahl der Beiratsmitglieder ist erhöht wor-
den, sodass der Aufbau eines Berichterstattersystems
möglich ist. Die Stellung des Beirats hat sich dagegen
nicht wesentlich verändert. Ich meine, dass wir alle hier
gefordert sind: Der Beirat darf keine Alibiveranstaltung
werden. Die Verzahnung mit den Fachausschüssen ist
vorhanden. Es wird an uns als handelnden Personen lie-
gen, welche faktische Stellung der Beirat erhält.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Ich habe die Hoffnung, dass die große Bedeutung der
Nachhaltigkeit in diesem Haus allgemein anerkannt wird
und wir keine formale Absicherung dafür brauchen, da-
mit wir tatsächlich Gehör finden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Der letzte Beirat hatte sich vor der Ankündigung der
Neuwahlen vorgenommen, wichtige Themen vorzube-
reiten bzw. anzugehen, zum Beispiel die demografische
Entwicklung und ihre Auswirkungen auf die Infrastruk-
tur oder auch die Frage der Generationengerechtigkeit.
Die Vorbereitungen sind gemacht. Wir sind aufgerufen,
diese Themen nun aufzugreifen und ihre Behandlung
fortzusetzen.

Vier Aspekte sollten aus meiner Sicht Säulen unserer
zukünftigen Arbeit sein. Erstens: der interdisziplinäre
Ansatz. Wir haben in diesem Beirat die Chance, fächer-
übergreifend Nachhaltigkeitsprinzipien zu entwickeln
und zu vertreten. Gleichzeitig kann dadurch ein aus-
schussübergreifender Einfluss geltend gemacht werden;
Grenzen einzelner Ressorts können überwunden werden.

Zweitens. Wir können über den Tellerrand hinausbli-
cken und mit den Ländern und den Kommunen und auch
mit den Parlamenten anderer Staaten zusammenarbeiten.
Wir alle wissen: Zur Lösung elementarer Probleme sind
heute häufig globale Strategien gefragt, nicht nur im Um-
weltbereich. Die Arbeit des letzten Beirats hat gezeigt,
dass man voneinander lernen kann. So verweist der Beirat
zum Beispiel auf Schweden und Finnland, wo mit Gene-
rationenbilanzen – Herr Kauch hat es angesprochen – die
Belastungen und Leistungen für nachfolgende Genera-
tionen politikübergreifend dargestellt werden können und
so ein Nachhaltigkeitscheck eingeführt werden kann.

Dritte Säule: Teilhabe- und Kommunikationsplatt-
form. Der Dialog mit gesellschaftlichen und politischen
Initiativen außerhalb des Parlaments ist meines Erach-
tens eine weitere wichtige Säule, die wir nutzen sollten.

Viertens. Letztlich gilt es die Chancen der Nachhaltig-
keitsstrategie zu betonen. Es wird an uns liegen, immer
wieder darauf hinzuweisen, dass in einer Nachhaltigkeits-
strategie enorme Chancen liegen, dass Umweltvorsorge
und soziale Gerechtigkeit wichtige Voraussetzungen für

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(C (D nser Wachstum darstellen und Ökologie, Ökonomie und oziales keine Gegensätze sind. In allen drei Bereichen iegen Bausteine für eine zukunftsfähige Entwicklung uneres Staates. Auf dieser Grundlage sollten wir die Arbeit ufnehmen. Viel Arbeit liegt vor uns – wir freuen uns daauf. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603215200

Als Nächster hat das Wort der Kollege Lutz

eilmann, Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Lutz Heilmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1603215300

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen!

ber Nachhaltigkeit wird in diesem Haus viel gespro-
hen. Selbst die Bundesregierung behauptet ständig,
ass ihre Politik nachhaltig ist.

Was aber ist Nachhaltigkeit? Nachhaltigkeit ist ein
eitbild, eine regulative Idee. Daraus ergibt sich für un-
er Handeln eine prinzipielle Anweisung, dieses so zu
rganisieren, dass wir nicht auf Kosten der Natur, ande-
er Menschen, anderer Regionen oder anderer Genera-
ionen leben.


(Dr. Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Dann müsst ihr mal das eigene Wahlprogramm durchlesen!)


s geht also um eine faire Abwägung der ökologischen
nforderungen und der sozialen Gerechtigkeit mit den
irtschaftlichen Erfordernissen und deren gleichberech-

igte Berücksichtigung. Dazu gehört auch, die Teilhabe
on Bürgerinnen und Bürgern auszubauen. Die Demo-
ratisierung alltäglicher politischer Entscheidung ist un-
rennbar mit einer nachhaltigen Entwicklung verbunden.

Erfüllt die Mehrheit dieses Hauses mit ihrer Politik
iesen Anspruch? Ich meine: Wohl kaum. Liebe Kolle-
innen und Kollegen von der CDU/CSU, der SPD, der
DP und dem Bündnis 90/Die Grünen, Sie richten sich
it Ihrer Politik einseitig an den Interessen der Wirt-

chaft aus. Ökologische und soziale Belange bleiben zu-
eist auf der Strecke.


(Beifall bei der LINKEN)


eswegen ist die Bundesrepublik Deutschland interna-
ional schon lange kein Vorreiter im Umweltschutz mehr
nd nimmt die soziale Spaltung der Gesellschaft stetig
u. Ich nenne einige Beispiele:

Die geplante Aufweichung des Kündigungsschutzes
ührt dazu, dass immer mehr Menschen die Zukunft un-
icherer erleben werden. Durch die Agenda 2010 – ins-
esondere Hartz IV – werden noch mehr Menschen in
rmut gebracht.


(Dr. Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Jetzt haben wir es geschafft: Wir sind jetzt wieder bei Hartz IV!)







(A) )



(B) )


Lutz Heilmann
Durch die Kürzung der Renten – wir haben es heute Vor-
mittag diskutiert – wird vielen Menschen ein würdiges
Leben im Alter genommen. Der ohnehin windelweiche
Atomausstieg wird ständig infrage gestellt, obwohl die
Gefahren der Atomkraft nicht beherrschbar sind. Zur Er-
innerung: In diesen Tagen jährt sich die Katastrophe von
Tschernobyl zum 20. Mal. Ich frage Sie, liebe Kollegin-
nen und Kollegen von der CDU/CSU: Übernehmen Sie
die politische Verantwortung, wenn es in der Bundesre-
publik Deutschland zu einem GAU kommt? Herr
Mißfelder, Ihre Einlassung von eben schreibe ich ganz
einfach Ihrem jugendlichen Alter zu. Mit 22 Jahren un-
terlag auch ich noch solchen Irrtümern.


(Jörg Tauss [SPD]: Lesen Sie mal vernünftig nach! – Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Er ist 26 Jahre alt! – Dr. Andreas Scheuer [CDU/ CSU]: Er hat keinen Schülerausweis mehr!)


Durch die Föderalismusreform wird im Umwelt-
recht ein Kompetenzwirrwarr geschaffen, durch den der
Umweltschutz auf das Abstellgleis abgeschoben wird.
Der Naturschutz wird de facto auf dem Altar der Wirt-
schaft geopfert. Anstatt die Beteiligungsrechte auszu-
bauen, sollen diese durch das Planungsbeschleunigungs-
gesetz systematisch abgebaut werden. Die Bürgerinnen
und Bürger sowie die Verbände sind in ihren Augen an-
scheinend lästige Querulanten, die die Arbeit der Behör-
den behindern.

Das alles geschieht für die Steigerung der Unterneh-
mensgewinne, insbesondere der der großen Konzerne.
Die Linke wird daher auch in Zukunft für eine Politik
stehen, die die Bezeichnung „nachhaltig“ verdient. Auch
im Beirat für nachhaltige Entwicklung werden wir ein
Garant dafür sein, dass die soziale und die ökologische
Frage nicht wie so oft hinten herunterfallen.


(Beifall bei der LINKEN)


In Sonntagsreden einer nachhaltigen Entwicklung das
Wort zu reden und im Plenumsalltag das Gegenteil zu
tun, geht nicht zusammen. Darauf werde ich und wird
unsere Fraktion die Menschen aufmerksam machen.

Zum Beirat der letzten Legislaturperiode will ich nur
anmerken, dass der neue Beirat sowohl aufgrund der
zahlenmäßigen Aufstockung als auch durch das Aus-
scheiden der bisherigen Vorsitzenden wirklich ein völlig
neuer Beirat sein wird. Wir können aber nicht einfach da
weitermachen, wo Sie in der letzten Legislaturperiode
aufgehört haben. Ohne alles infrage stellen zu wollen,
beansprucht unsere Fraktion ein Mitspracherecht bei der
Auswahl der künftig zu behandelnden Themen.

Die Rechte, die Sie dem Beirat zugestehen wollen,
reichen nicht aus. Ich befürchte, dass der Beirat erneut
nur ein zahnloser Tiger sein wird. Einen neuen Debat-
tierklub ohne politischen Einfluss braucht dieses Land
allerdings nicht.


(Beifall der Abg. Eva Bulling-Schröter [DIE LINKE])


Unser Anspruch ist es, die Politik des Bundes zu beein-
flussen, damit sie wirklich nachhaltig wird.

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(C (D Im Übrigen finde ich es bedauerlich, dass Sie meinen, den vorliegenden Antrag ohne uns einbringen zu üssen. Dies ist umso enttäuschender, weil es doch das rinzip einer nachhaltigen Entwicklung ist, gemeinsam nd im Konsens aller Beteiligten nach Lösungen zu suhen. Diese gemeinsame Suche haben Sie bereits vor eginn unserer Arbeit schwer belastet. Trotz seiner be chränkten Rechte unterstützen wir die Schaffung eines arlamentarischen Gremiums, das sich über die nachhalige Entwicklung Gedanken macht. (Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Wie gütig! Immerhin!)


aher müssen Sie damit rechnen, dass auch die
Schweinebande“, wie uns kürzlich der Kollege Grindel
on der CDU/CSU nannte, dem Antrag zustimmen wird.


(Dr. Martina Krogmann [CDU/CSU]: Da haben Sie etwas verwechselt! – Jörg Tauss [SPD]: Das müssen wir aber mal richtig stellen!)


as ersparen wir Ihnen nicht.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der LINKEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603215400

Das Wort für Bündnis 90/Die Grünen hat der Kollege
infried Hermann.


Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603215500

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Ganz persönlich und für meine Fraktion möchte
ch sagen, dass wir uns freuen, heute den Parlamentari-
chen Beirat zum zweiten Mal im Deutschen Bundestag
raktionsübergreifend einzurichten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ich will mich ausdrücklich bei denen in der Koalition
edanken, die sich dafür eingesetzt haben; denn es war
icht selbstverständlich, dass dem Wunsch des Beirates
us der letzten Legislaturperiode nach Fortsetzung seiner
rbeit von der neuen Koalition Rechnung getragen wird
nd sich dafür wieder eine Mehrheit findet. Ich weiß,
ass einige von Ihnen in Ihren Fraktionen und insbeson-
ere bei Ihren Geschäftsführern dafür kämpfen mussten.
s war gut, dass Sie das getan haben; darüber freuen wir
ns. Ich sage das ganz ohne Häme, weil ich weiß, dass
ir in den zwei Legislaturperioden zuvor auch mit unse-

er rot-grünen Mehrheit durchaus Schwierigkeiten hat-
en, einen solchen Beirat einzurichten.

Warum eigentlich? Der Kollege Krings hat gesagt, ein
olcher Beirat sei in diesem Parlament ein Fremdkörper.
ch möchte ihn gerne leicht korrigieren und erklären: Er
ird von manchen Geschäftsführern und anderen tradi-

ionellen Parlamentariern als ein Fremdkörper empfun-
en.


(Dr. Martina Krogmann [CDU/CSU]: Unverschämte Unterstellung!)







(A) )



(B) )


Winfried Hermann
Das ist der Fehler. Auch im Parlament muss ein Be-
wusstsein dafür entstehen, dass wir im parlamentari-
schen Verfahren neue institutionelle Formen brauchen,
um die neuen großen Herausforderungen und Quer-
schnittsaufgaben neu und anders anzugehen.


(Beifall des Abg. Dr. Matthias Miersch [SPD])


– Danke schön.


(Heiterkeit bei der SPD)


Das haben wir hiermit angestrebt und erreicht.

Es wäre allerdings schön gewesen, wenn dem
Wunsch entsprochen worden wäre, dem Beirat mehr
Kompetenzen zu geben. Gerade die Vertreter der Jungen
Union haben sich für eine Art Zukunftsausschuss mit
erweiterten Kompetenzen stark gemacht, sodass man
auch die Gesetzgebung der anderen Ausschüsse hätte
kommentieren können. Bedauerlicherweise hat der Ge-
schäftsführer der CDU/CSU dies verhindert, sodass dies
nicht durchgesetzt werden konnte. Wir werden aber ge-
meinsam mit Ihnen dranbleiben; denn auf Dauer muss
dieser Beirat mehr sein und erweiterte Kompetenzen er-
halten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Der Beirat hat in der letzten Legislaturperiode – er
hatte nur knapp zwei Jahre Zeit – gezeigt, dass ein parla-
mentarischer Ort zur Beteiligung an der nationalen
Nachhaltigkeitsstrategie dringend notwendig ist. Zwar
heißt es gemeinhin, dass sich alle Ausschüsse mit Nach-
haltigkeit beschäftigen, und es wird gefragt, warum es
überhaupt noch einen Beirat geben muss. – Es hat sich
jedoch gezeigt: Wenn es keine institutionelle Veranke-
rung dieses Themas gibt, dann ist die Gefahr groß, dass
es unter den Tisch fällt.

Wir haben dafür gesorgt, dass in die Nachhaltigkeits-
strategie weitere Themen aufgenommen worden sind,
zum Beispiel die Energieversorgungsstruktur – das ha-
ben wir vorher debattiert –, neue Kraftstoffe, neue An-
triebssysteme. All das sind Initiativen des Beirats zur
Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung. Ein ande-
res Thema – das wurde lange unterschätzt – sind die
Potenziale älterer Menschen. Aber auch dieses Thema
ist in die Nachhaltigkeitsstrategie aufgenommen wor-
den. Dies war ebenfalls ein Impuls aus dem Beirat.

Wir haben also tatsächlich auf eine ganze Reihe von
inhaltlichen Punkten aufmerksam machen können. Was
mir auch wichtig ist: Wir haben gezeigt, dass es im Par-
lament möglich ist, einen inhaltlichen Diskurs zu führen
und sogar hart in der Sache zu streiten, ohne sich ständig
persönlich zu beleidigen. Wir haben darüber hinaus klar
gemacht, dass man bei Zukunftsfragen in einem frak-
tionsübergreifenden Konsens zu gemeinsamen Positio-
nen kommen kann. Kollege Kauch, Sie haben es gesagt:
Dabei kann man an der einen oder anderen Stelle auch
deutlich machen, dass es Unterschiede gibt. Das soll im
Beirat nicht vertuscht werden.


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(C (D Zu den neuen Themen. Wir haben vorgeschlagen das ist von verschiedenen Rednern und Rednerinnen ufgegriffen worden –, das Thema demografischer andel und Infrastruktur aufzugreifen, aber eben icht in klassischer Form, sondern im Sinne von Generaionenbilanzen, also eines sehr grundlegenden Ansatzes. Wenn Kollege Krings feststellt, die Parlamente hätten isher in der Haushaltsund Finanzpolitik zu selten an ie nachfolgenden Generationen gedacht, dann muss an auch fragen, ob bei der Infrastrukturplanung ichtig und grundlegend nachgedacht wurde. Zum Beipiel stellt sich die Frage, ob die Infrastruktur, die wir ns leisten, auch in zehn oder 20 Jahren noch bezahlbar nd zukunftsfähig ist. Auch solche Fragen werden wir ufgreifen müssen. Das gilt auch für die Indikatoren. Es gibt eine Reihe on Indikatoren, die sehr traditionell sind und wenig ber die Zukunftsfähigkeit unserer Politik aussagen. Ich alte es für notwendig, an dieser Stelle weiter zu diffeenzieren und zu debattieren. Das richte ich auch bewusst an den Kollegen der inkspartei, mit dem ich die Auffassung teile, dass man, enn man einen neuen diskursiven Politikansatz wagt, icht eine Fraktion ausgrenzen darf. Das muss mit dem eutigen Tag beendet sein. Was den Antrag angeht, haen wir das noch durchgehen lassen. Ab heute sind Sie ber in der Debatte mit dabei. Dann ist allerdings die Erwartung an Sie angemessen, ass Sie auch Ihre eigene Politik einem Nachhaltigkeitsheck unterziehen und nachfragen, ob Ihre Sozialpolitik achhaltigkeitstauglich ist. Auch das muss angegangen erden. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Sie sehen, es gibt eine Menge zu tun.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603215600

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss.


Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603215700

Wir haben uns einiges vorgenommen. Wir haben Vor-

chläge zu einem neuen Beirat vorgelegt. Die Grünen
erden sich konstruktiv an diesem Dialog beteiligen.
arüber hinaus muss aber auch klar sein, dass auf diesen
ialog eine praktische Politik folgt und dass in diesem
ause verstärkt nachhaltige Politik gemacht wird.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603215800

Als nächster Redner erhält das Wort der Kollege

r. Andreas Scheuer, CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Andreas Scheuer (CSU):
Rede ID: ID1603215900

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-

gen! Ich freue mich, dass ich es erleben darf, dass der
Kollege Hermann die Junge Union für einen Vorstoß
lobt. Ich bedanke mich ausdrücklich für diese Auszeich-
nung in diesem Hohen Haus.

Sie haben mir aber auch eine Steilvorlage für die
Fraktion Die Linke gegeben, Kollege Hermann. Bei der
Ausgrenzung kommt es ganz darauf an: Wenn sich die
Linke bei den Themen selbst ausgrenzt – das wurde bei
dieser Rede deutlich –, dann hoffen meine Kolleginnen
und Kollegen von CDU und CSU alle zusammen, dass
die Linksfraktion keine nachhaltige Erscheinung in die-
sem Hause sein wird. Es wird sich zeigen, ob Sie in die-
sem Beirat konstruktiv mitarbeiten werden.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ein Vorwurf an uns Politiker lautet immer wieder,
dass wir nur in Legislaturperioden bzw. in Vierjahres-
zeiträumen denken können. Ich denke, die Einsetzung
des Parlamentarischen Beirates ist ein Beweis dafür,
dass wir langfristig denken und über den Tellerrand hi-
nausschauen. In der nächsten Legislaturperiode wird
sich die Wichtigkeit dieses Beirats dadurch erweisen, ob
plötzlich alle Kollegen bei der Besetzung der Aus-
schüsse und Beiräte als erste Priorität diesem für die
nachhaltige Entwicklung so wichtigen Gremium beitre-
ten wollen. Ich denke, wir können in diesem Hohen
Haus zeigen, dass wir zukunftsfähige und zukunftsfeste
Politik machen.

Ich schließe mich der Formulierung der Jungen
Gruppe der CDU/CSU-Fraktion an, die den Beirat als
Zukunftsausschuss bezeichnet hat. Herr Kollege Kauch,
wir haben uns letztes Mal deswegen nicht beteiligen
können, weil wir einen anderen Weg wählen wollten. In-
sofern halte ich an dem Begriff „Zukunftsausschuss“
fest.

Der Begriff „Nachhaltigkeit“ ist häufig strapaziert
worden. Ich kann zwar mit dem philosophischen Ansatz
meines Kollegen Krings nicht mithalten,


(Heiterkeit bei der CDU/CSU – Dorothee Bär [CDU/CSU]: Das geht uns ähnlich!)


rufe aber trotzdem in Erinnerung, dass der Begriff der
Nachhaltigkeit 1713 von Carl von Carlowitz bezogen
auf den Waldbau und die Landwirtschaft eingeführt
wurde.


(Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Inzwischen gab es schon eine Diskussion! Es hat sich weiterentwickelt!)


Ich erinnere aber auch daran, dass in der Folgezeit in
der Vergangenheit unseres Landes viele nachhaltige po-
litische Entscheidungen getroffen wurden. Ich darf drei
Beispiele nennen. An erster Stelle ist die Nachhaltigkeit
der politischen Entscheidungen unter Bismarck mit der
Einführung der Sozialsysteme zu nennen. Wir sind
jetzt gefordert, die Sozialsysteme so zu reformieren, dass
sie zukunftsfest werden.

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(C (D Der zweite Punkt ist: Nach dem Zweiten Weltkrieg at Ludwig Erhard die Entscheidung für die soziale arktwirtschaft getroffen. Sie hat unser Land und un eren Standort geprägt. Nun steht vielleicht eine neue usrichtung der sozialen Marktwirtschaft an. Die Union at in den letzten Jahren auf diesem Gebiet schon sehr iel parteiprogrammatische Arbeit geleistet. Vielleicht önnen wir die neue Ausgestaltung der sozialen Marktirtschaft auch im Parlamentarischen Beirat thematisie en. Der dritte Punkt ist: Unter der Führung von Helmut ohl wurde die Entscheidung für ein vereintes eutschland getroffen. Das hat ebenfalls unser Land eprägt. Nun stehen wir an einer Wegscheide. Die Auswahl er Themen im Parlamentarischen Beirat wird für die estaltung der Zukunft durch politische Entscheidungen esentlich sein. Ich denke, es handelt sich hierbei um ine Querschnittsaufgabe. Wir, die Mitglieder des Paramentarischen Beirats, müssen uns die Frage stellen, wo chnittmengen bestehen. Das sollten wir in den ersten itzungen analysieren. Die Vorleistungen in der letzten egislaturperiode haben dazu schon einiges beigetragen. ch möchte in diesem Zusammenhang ein paar Beispiele ennen. Wir müssen uns – das wurde heute noch nicht ertieft; ich schließe mich grundsätzlich den Plänen, der hemenauswahl und den Analysen an – mit der gesellchaftspolitischen Frage nach der Abwanderung junger enschen in verschiedenen Regionen unseres Landes, or allem in den neuen Bundesländern, und mit der rage nach der Chancengerechtigkeit für junge Menchen beschäftigen. Wie muss das Leben ausgestaltet erden, wenn sich die Gesellschaft in den betroffenen egionen aufgrund der Tatsache verändert, dass nur och Ältere da sind? In diesem Zusammenhang geht es auch um Innovatioen im medizinischen Hochtechnologiebereich. Wie uss in Zukunft die Betreuung älterer Menschen ausse en, wenn es nicht mehr genügend junge Menschen ibt? Können wir die Abwanderung stoppen? Unsere ufgabe sollte sein, das zu analysieren. Es gibt sehr iele Sozialraumgutachten, die wir dabei verwenden önnen. Es werden auch einige Verkehrspolitiker Mitglieder es Beirates sein. Für sie sind insbesondere Fragen nach er Infrastruktur und der Mobilität von Bedeutung. icherlich werden wir andere Schwerpunkte setzen als ie Grünen. Wir brauchen aber eine Themenpalette, mit er alle leben können. Ich pflichte dem Kollegen von en Grünen bei, dass wir im Beirat die Themen frakionsübergreifend erörtern sollten. Ich hoffe, dass wir ntsprechende Beschlüsse fassen werden. Bildung, Forschung und Innovation sind Punkte, die ir besonders am Herzen liegen. Wer sich – wie ich ges ern – das T-Com-Einfamilienhaus in der Leipziger traße, das komplett auf Hightech umgestellt wurde, anchaut, der weiß, welche Fragen sich in diesem Bereich tellen. Wie sehen die neuen Lebensformen und die Ver Dr. Andreas Scheuer netzungen aus? Man wird sich auch fragen müssen, vor welchen neuen Herausforderungen man im Bereich Bauen und Wohnen steht. Hier wartet sehr viel Arbeit auf uns. Ein weiterer Punkt sind die Fragen betreffend die Integration. Hier werden die Differenzen zwischen den Fraktionen am größten sein. Wir werden uns anschauen müssen, welche Fehler gemacht wurden. Wir werden uns sicherlich mit den Grünen über das Scheitern der Multikultigesellschaft streiten. Aber ich bin überzeugt, dass wir zu Ergebnissen kommen werden, die sich sehen lassen können. Ich appelliere: Wir sollten fraktionsübergreifend versuchen, die Themen fein säuberlich zu gliedern und die Kollegen aus den einzelnen Fachbereichen mit guten Argumenten zu versorgen. Ich freue mich jedenfalls auf die Arbeit. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der CDU/CSU)





(A) )


(B) )



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603216000

Zum Abschluss dieser Debatte hat das Wort der Kol-

lege Heinz Schmitt, SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Heinz Schmitt (SPD):
Rede ID: ID1603216100

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Es ist natürlich nicht ganz einfach, als letzter
Redner einer Debatte, in der durchweg Konsens besteht,
etwas Neues zu sagen. Ich freue mich genauso wie
meine Vorredner darüber, dass es uns auch in der
16. Legislaturperiode gelungen ist, den Parlamentari-
schen Beirat für nachhaltige Entwicklung einzurichten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Lieber Kollege Scheuer, ich möchte die Debatte und
die Arbeit ohne Vorbehalte gegen die Linken und die
Grünen beginnen. Wir sollten uns an der Sache orientie-
ren, bar jeglicher Ideologien und Blicke zurück. Es sollte
ausschließlich um die Inhalte gehen. Egal wer sich kon-
struktiv beteiligt, wir sollten von vornherein die Zusam-
menarbeit und nicht die Abgrenzung zum Ziel haben.

Sie alle haben zu Recht darauf hingewiesen, dass
Nachhaltigkeit mehr als Ökologie und mehr als Klima-
politik ist. Sie haben darauf hingewiesen, dass nachhal-
tige Entwicklung im globalen Dorf wie auch hier bei uns
in Deutschland unverzichtbar ist. Es gibt heute keine Po-
litikbereiche mehr – wenn es überhaupt jemals welche
gab –, in denen man alleine vor sich hin wursteln konnte.
Die Aufgaben heißen Vernetzung, Abschätzung der Fol-
gen und Visionen für die Zukunft. Das alles gehört in ei-
ner verantwortungsvollen, also in einer nachhaltigen Po-
litik zusammen. Im Bereich der Medizin spricht man
sehr oft von ganzheitlicher Betrachtung. Wir brauchen
eine ganzheitliche Betrachtung der Erde und unserer
Aufgaben im Zusammenhang dessen, was wir zu beraten
und zu beschließen haben.

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(C (D In diesem Sinne wird dieser Beirat Stellung beziehen. r wird beraten, anregen, nachhaltige Entwicklung förern und vorantreiben. Wir brauchen den Erfahrungsustausch mit anderen Ländern und Volkswirtschaften. ir sollen und müssen Menschen und Organisationen itnehmen, die sich über die Politik hinaus für die nach altige Entwicklung engagieren. Der Beirat wird einen ichtigen Beitrag dazu leisten, nachhaltige Ziele im par amentarischen Geschehen zu verankern. Dabei ist der Beirat selbst, streng genommen, weniger achhaltig; denn wenn er erfolgreich arbeitet, wenn sich lso Politik grundsätzlich an den Leitlinien der nachhaligen Entwicklung ausrichtet, dann macht er sich – ich age es einmal positiv – selbst überflüssig. Aber ich enke, das wird noch eine Zeit lang dauern, bis wir so eit sind. Oftmals steht beim Thema „nachhaltige Entwickung“ das Ökologische noch im Vordergrund. Aber wir aben es heute schon mehrfach gehört: Nachhaltige Enticklung geht weit über Ökologie hinaus. Es geht um esellschaftliche, soziale und wirtschaftliche Belange. s geht auch um Bildung – das haben Sie gesagt, Herr cheuer – und um die Verbesserung unseres Schulsys ems. Es geht darum, mehr Arbeitsplätze für Jugendliche u schaffen. Es geht um eine erstklassige Forschung und ehre an Hochschulen, lebenslanges Lernen und die ualifizierung von älteren Arbeitnehmern. Es geht um oziales und Familie. Es geht in einer Gesellschaft, die mmer älter wird, um eine gute Gesundheitsund Altersorsorge. Es geht darum, junge Familien, die Kinder ünschen, zu unterstützen. Es geht um Gleichberechtiung und vor allen Dingen auch – ein aktuelles Thema – m Integration. s geht um Innovation in der Technik, um neue Arbeitslätze, um erneuerbare Energien. Es geht auch um die ohen Zuwachsraten bei nachhaltigen Produkten wie twa in der Landwirtschaft. Es geht um globale Verantwortung. Es geht um chonung der Ressourcen, von Energie, aber auch von nderen Rohstoffen, die zunehmend knapp werden. Es eht um den Erhalt der biologischen Vielfalt. Unser lick muss auch in andere Länder gehen, die andere, ber keineswegs schlechtere Wege für die eigene Enticklung finden müssen. Denn wollte die ganze Welt so eben, wie wir es heute in den Industriestaaten tun, räuchten wir vermutlich mehr als zwei Erden, um den edarf zu decken. Es geht also auch darum, Alternativen zu unserer dereitigen Lebensund Wirtschaftsweise zu finden und zu ntwickeln. Nachhaltige Entwicklung ist also auch heute chon eine pure Notwendigkeit, wenn wir nicht sehenen Auges in große Probleme geraten wollen. Wir müssen heute die Weichen dafür stellen, wie wir n Zukunft leben wollen. Noch können wir auf vielen ebieten beeinflussen, welches Gleis wir dabei befahren )


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)





(A) )


Heinz Schmitt (Landau)

wollen. Darin liegt der eigentliche Reiz unserer Arbeit,
der Arbeit des Beirates für nachhaltige Entwicklung.

Es geht also um große Chancen: wirtschaftliche
Chancen, gesellschaftliche Chancen, vielleicht auch kul-
turelle Chancen. Denn mancher ist zurzeit auf der Suche
nach neuen Werten, nach einer neuen Leitkultur. Nach-
haltigkeit im kulturellen Bereich bietet vielleicht große
Chancen und große Perspektiven.

Nachhaltige Entwicklung muss – das habe ich vorhin
gesagt – natürlich über Parteigrenzen hinweg eine Ant-
wort geben. Deshalb greife ich die Einrichtung des Bei-
rates in dieser Legislaturperiode als ein erfreuliches, ein
positives Signal auf, ein Signal, bei dem wir uns in die-
sem Hause grundsätzlich einig sind.

Ich freue mich auf Ihre Impulse, auf konstruktive An-
regungen, auf viel Arbeit mit den anderen parlamentari-
schen Gremien. Es wird an uns liegen, welches Gewicht
der Parlamentarische Beirat in Zukunft haben wird. Ich
hoffe, wir bekommen diese Stimme – unsere Stimme –
oft zu hören. Ich hoffe auf offene Ohren bei allen Kolle-
ginnen und Kollegen des Bundestages. Ich hoffe darauf,
dass wir alle noch skeptische Kolleginnen und Kollegen
mit unserer Arbeit in der Zukunft überzeugen können.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603216200

Damit ist die Aussprache beendet.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der
Fraktionen der CDU/CSU, der SPD, der FDP und des
Bündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache 16/1131 zur
Einsetzung eines Parlamentarischen Beirats für nachhal-
tige Entwicklung. Wer stimmt für diesen Antrag? – Ge-
genstimmen? – Enthaltungen? – Dieser Antrag ist damit
einstimmig angenommen.

Tagesordnungspunkt 5 b. Interfraktionell wird die
Überweisung der Vorlage auf Drucksache 15/5942 an
die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorge-
schlagen. – Ich sehe, dass Sie damit einverstanden sind.
Dann ist die Überweisung so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 6 auf:

Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Än-
derung des Buchpreisbindungsgesetzes

– Drucksache 16/238 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Kultur und Medien (22. Ausschuss)


– Drucksache 16/1118 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Dorothee Bär
Monika Griefahn
Christoph Waitz
Dr. Lukrezia Jochimsen
Katrin Göring-Eckardt

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(C (D Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Dazu höre ch keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und gebe das Wort der ollegin Dorothee Bär, CDU/CSU-Fraktion. Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und erren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte ich zu Beginn meiner Rede bei allen beteiligten Aus chüssen und bei allen Fraktionen für die sehr gute Zuammenarbeit bei der Änderung des Buchpreisbindungsesetzes bedanken. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Jörg Tauss [SPD]: Das ist nett!)


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dorothee Mantel (CSU):
Rede ID: ID1603216300

Ich möchte mich auch beim Kollegen Tauss persönlich
edanken. Auch wenn er nicht ganz so involviert war,
at er sich persönlich angesprochen gefühlt. Herr Tauss,
lso auch Ihnen herzlichen Dank!


(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Jörg Tauss [SPD]: Ich war unglaublich involviert!)


Die große Einigkeit in unserem Haus bei diesem
hema zeigt, wie wichtig und wie wertvoll uns allen eine
ochwertige Ausbildung unserer Kinder ist. Hochwertig
nd wertvoll sollen dabei weiterhin die Lehrmittel, in
iesem Fall die Bücher, sein. Dazu waren Änderungen
m bestehenden Buchpreisbindungsgesetz notwendig,
achdem in einigen Bundesländern das Büchergeld ein-
eführt worden war.

Die Fraktionen stimmen darin überein, dass eine Neu-
egelung sinnvoll ist und vor allem möglichst schnell
mgesetzt werden muss. Das ist vor allem deswegen
otwendig, weil das neue Schuljahr in einigen Bundes-
ändern bereits Mitte August beginnt und die Sammel-
abatte zum Schuljahresbeginn unabhängig von der Fi-
anzierungsart gewährleistet werden sollen.

Ich halte unsere Änderungen des Buchpreisbindungs-
esetzes für beispielgebend, weil durch die Änderung
es Gesetzes aufgrund des Büchergeldes einzelne Fra-
en geregelt werden, die in der Praxis zu Problemen
der zu Auslegungsschwierigkeiten geführt haben.

Auf der Regierungsbank ist es etwas unruhig.


(Monika Grütters [CDU/CSU]: Das liegt aber nur an Herrn Gabriel! – Peter Hintze, Parl. Staatssekretär: Es war so spannend!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603216400

Wir dachten uns, dass es so spannend war. Aber viel-

eicht können Sie diese Spannung noch ein bisschen für
ich behalten.


Dorothee Mantel (CSU):
Rede ID: ID1603216500

Ich glaube, dass die Regierung auch beim Buchpreis-

indungsgesetz noch etwas lernen kann.

(B)







(A) )



(B) )


Dorothee Bär

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Wir haben dem Gesetzentwurf aus der ersten Lesung
drei zentrale Punkte hinzugefügt: erstens die Verhinde-
rung des Missbrauchs bei rabattiertem Verkauf von Män-
gelexemplaren, zweitens die ungerechtfertigte Rabattie-
rung von Neuauflagen und drittens die Erweiterung der
Nachlassregelung für Schulbücher von Privatschulen.
Besonders auf den letzten Punkt wird meine Kollegin
Rita Pawelski nachher noch ausführlich eingehen.


(Dr. Martina Krogmann [CDU/CSU]: Da freuen wir uns schon!)


Insbesondere die Neuregelungen bei Rabatten auf
Neuauflagen und bei Mängelexemplaren halte ich für
sehr wichtig, weil dadurch vor allem kleine Buchhand-
lungen geschützt werden, die sich nicht an großen Ra-
battaktionen beteiligen können.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Jörg Tauss [SPD]: Sehen Sie! Das war unsere gemeinsame Idee!)


– Genau, Herr Tauss: Das war unsere Idee. Das haben
wir gemeinsam großartig zustande gebracht.


(Jörg Tauss [SPD]: Loben wir uns doch einmal!)


Es ist ganz besonders wichtig, die kleinen Buchhand-
lungen zu schützen. Sie garantieren uns doch eine Viel-
falt und eine besondere Auswahl an Büchern, die die
breit gefächerte Literaturszene in Deutschland ausmacht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Der Wert des Lesens und der Wert von Büchern, in
diesem Fall besonders von Schulbüchern, wird – auch
wenn ich es persönlich für schade halte – von einigen je-
doch erst dann erkannt, wenn sie dafür selbst zahlen
müssen. Diesem Verfall von Werten müssen wir gerade
in den Schulen entgegenwirken, in denen das Lesen von
Büchern nicht zur alltäglichen Arbeit gehört. Das zeigt
nicht nur die aktuelle Diskussion über die Rütli-Schule
hier in Berlin, sondern das ist auch in sehr vielen vorhe-
rigen Diskussionen erkennbar gewesen. Wir wollen die-
ses Problem aber auf keinen Fall hinnehmen, sondern
setzen uns damit auseinander, weil es uns wichtig ist,
dass das Lesen als Wert in unserer Gesellschaft mehr an-
erkannt wird und besser geschützt werden kann.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Dies gilt ganz besonders unter dem Aspekt, dass
Deutschland auch weiterhin, wie wir es ja wohl wollen,
als das Land der Dichter und Denker assoziiert wird.
Deshalb schützen wir die Autoren und die Verlage durch
die Buchpreisbindung und aktualisieren gemeinsam und
stetig dieses Gesetz.

Die Änderungen am Buchpreisbindungsgesetz sind
wieder ein Beispiel für das unkomplizierte und pragma-
tische Vorgehen. Ein Kollege hat vorhin gesagt: Die
zweite und dritte Lesung finden jetzt schon statt. Da wart

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(C (D hr aber recht schnell. – Dass wir das so schnell hinbeommen haben, war auf jeden Fall der großen Einigkeit eschuldet, die ich mir in diesem Hohen Hause öfter ünschen würde. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Jörg Tauss [SPD]: Das hätten Sie schon früher haben können! – Monika Griefahn [SPD]: Bei der Buchpreisbindung waren wir uns auch schon beim letzten Mal einig!)


Herr Tauss, Sie hätten es auch schon früher haben kön-
en. Aber jetzt ist es ja gut. Besser spät als nie.


(Beifall bei der CDU/CSU – Monika Griefahn [SPD]: Bei der Buchpreisbindung waren wir uns auch schon beim letzten Mal einig!)


Da waren Sie sich auch schon einig; okay.

Schutz von Literatur und erschwingliche Schulbücher
ür unsere Kinder liegen uns allen am Herzen. Deshalb
öchte ich Sie alle ganz herzlich um die Zustimmung zu

iesem Gesetzentwurf bitten und darf mit einem Wort
erhart Hauptmanns schließen:

Die Kultur der Menschheit besitzt nichts Ehrwürdi-
geres als das Buch, nichts Wunderbareres und
nichts, das wichtiger wäre.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie der Abg. Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603216600

Für die FDP-Fraktion spricht der Kollege Christoph

aitz.


(Jörg Tauss [SPD]: Aber jetzt keine Schärfe, Herr Waitz!)



Christoph Waitz (FDP):
Rede ID: ID1603216700

Schauen wir mal!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen
nd Herren! Rechtzeitig vor dem kommenden Schuljahr
oll die Änderung des Buchpreisbindungsgesetzes vom
undestag beschlossen werden. Hintergrund dieser Eile

st die Sorge einzelner Bundesländer, dass die Vorausset-
ungen für einen gesetzlichen Rabatt beim Kauf von
chulbüchern nicht mehr vorliegen könnten. Ursache
afür ist, dass in Bundesländern wie Bayern, Hamburg,
iedersachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt Eltern

ukünftig einen Anteil an dem Kaufpreis der Schulbü-
her leisten sollen, der den öffentlichen Anteil über-
teigt.


(Jörg Tauss [SPD], zur CDU/CSU gewandt: Lauter schwarze Länder! Da müssen wir was tun!)


Herr Tauss, da haben Sie eine schöne Aufgabe.

Dazu ist nicht viel zu sagen. Allein, es bleibt festzu-
tellen, dass die schleichende Aushöhlung der Lernmit-
lfreiheit in diesen Bundesländern fortschreitet. Trotzdem






(A) )



(B) )


Christoph Waitz
sehen wir von der FDP-Fraktion keinen Anlass, der vor-
gelegten Gesetzesänderung in diesem Punkt unsere
Zustimmung zu versagen. Die desolate Lage vieler Län-
derhaushalte ist vielmehr Grund genug, dieser Gesetzes-
änderung zuzustimmen, damit mit dem gesetzlichen Ra-
batt öffentliche Gelder eingespart und hoffentlich besser
investiert werden können.


(Beifall bei der FDP)


Gegenüber dem ursprünglichen Entwurf wurden jetzt
auch die freien Träger allgemein bildender Schulen in
die Rabattklausel aufgenommen. Ich begrüße das aus-
drücklich; denn freie Schulen erfüllen in Deutschland
eine ganz wesentliche Funktion: Sie ergänzen das Bil-
dungsangebot unseres öffentlichen Schulwesens. Aktuell
besuchen rund 800 000 Schüler freie Schulen, davon
390 000 Schüler eine Einrichtung in konfessioneller Trä-
gerschaft. Freie Schulen sind daher auch Ausdruck eines
Wahlrechts unserer Bürger. Sie können ihre Kinder mit
einem anderen inhaltlichen Schwerpunkt oder nach ei-
nem anderen pädagogischen Konzept unterrichten las-
sen. Damit stellt das Angebot der freien Schulen auch
den notwendigen Wettbewerb her, der der Qualitätsver-
besserung unserer öffentlichen Schulen nur förderlich
sein kann.

Ein weiterer Grund ist in den letzten Jahren für die El-
tern hinzugekommen. Viele Eltern wollen ihre Kinder in
Wohnortnähe einschulen und unterrichten lassen. Die
immer kleiner werdende Anzahl von Kindern in unserem
Land führt dazu, dass sich insbesondere die Flächenstaa-
ten aus der flächendeckenden Versorgung mit Schulen
verabschieden. Dies betrifft aktuell mehr Länder im Os-
ten Deutschlands, aber eine vergleichbare Entwicklung
ist auch in den westlichen Bundesländern absehbar. Das
bedeutet für die betroffenen Eltern, dass sie ihre Kinder
zum Teil über beträchtliche Entfernungen in die nächste
Schule bringen müssen oder ihren Kindern mit dem
Schulbus einen zeitlich erheblich längeren Schulweg zu-
muten müssen. Selbst wenn das Bildungsangebot an die-
sen Mittelpunktschulen nicht notwendigerweise schlech-
ter sein muss, so ergeben sich doch weitere Nachteile
durch erhöhte Schülerzahlen pro Klasse und eine gerin-
gere soziale Kontrolle in den Schulen.

Freie Träger für die von der Schließung bedrohten
Schulen sind eine realistische Alternative, die nur daran
krankt, dass die regionalen Schulämter diese Konkur-
renz fürchten und daher bei der Zulassung der Schulen in
freier Trägerschaft ausgesprochen zurückhaltend sind.


(Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Länder machen die Gesetze dafür!)


– Sie kommen gleich dran. – Für mich ist es daher ein
schönes Zeichen, wenn in dem neuen Buchpreisbin-
dungsgesetz öffentliche Schulen und Schulen in freier
Trägerschaft gleichberechtigt nebeneinander genannt
werden. Hoffentlich wird diese nötige Gleichbehandlung
der freien Schulen auch auf Länderebene durch die Regi-
onalschulämter umgesetzt.

Vier weitere Änderungen des Buchpreisbindungsge-
setzes werden vorgeschlagen. Auch jetzt weiß ich noch

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(C (D icht, wie damit die Motive der Bundesregierung, nämich Stärkung des Kulturgutes Buch und Erhaltung der ielfalt der Verlagsund Buchhandelslandschaft, umge etzt werden sollen. Aber wir begrüßen die Einführung der Kennzeichungspflicht für Mängelexemplare; denn der bislang eltende Wortlaut ermöglichte Spielräume zur Umgeung der Buchpreisbindung. Die neue Regelung dient azu, Missbrauch der Mängelexemplarregelung zu unerbinden. Wir begrüßen die Einführung einer Räumungsveraufsklausel, die die Liquidation einer Buchhandlung rleichtert. Der noch vorhandene Lagerbestand kann so uf einfache Art und Weise verkauft werden. Zukünftig sollen nach dem Gesetzentwurf Bücher on der Buchpreisbindung ausgenommen werden düren, deren Erscheinen länger als 18 Monate zurückliegt. s handelt sich hier um eine Kannregelung. Damit weren Situation vermieden, in denen sowohl eine preisgeundene als auch eine nicht preisgebundene Auflage eies Buches auf dem Markt erhältlich sein kann. Wir hoffen, dass mit dem geänderten Gesetzestext die rbeit in der Praxis einfacher wird – auch wenn wir dait das Kulturgut Buch vermutlich nicht stärken werden. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der FDP – Jörg Tauss [SPD]: Wir wollen es stärken!)


(Jörg Tauss [SPD]: Richtig!)


(Beifall bei der FDP)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603216800

Als Nächste hat die Kollegin Monika Griefahn, SPD-

raktion, das Wort.


Monika Griefahn (SPD):
Rede ID: ID1603216900

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-

egen! Ich denke, wir in Deutschland können stolz sein,
ass es uns in der Kultur- und Medienpolitik in den letz-
en Jahren immer wieder gelungen ist, starke Pfosten für
ie Kulturförderung einzuschlagen. Das Buchpreisbin-
ungsgesetz 2002 ist dabei ein wichtiger Baustein – Frau
är, wir hatten damals dieses Gesetz bereits einstimmig
ier im Bundestag verabschiedet –; denn wir haben da-
it eine einzigartige Vielfalt von Büchern und eine

roße Zahl von Buchhandlungen bewahrt. Das gibt es in
ielen Ländern nicht.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner)


n dem Film „E-Mail für Dich“ wurde – wer ihn gesehen
at, weiß das – der Verdrängungskampf großer Buch-
andlungsketten in den USA gegenüber kleinen, gedie-
enen Buchhandlungen, in denen man noch beraten
ird, sehr deutlich. Ich fand immer, der Film war eine
ute Empfehlung, wenn man deutlich machen wollte,
arum es sich lohnt, für das Buchpreisbindungsgesetz

inzutreten; man kann ihn noch heute empfehlen.






(A) )



(B) )


Monika Griefahn

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Frau Bär sagte es schon: Wenn wir uns als Volk der
Dichter und Denker bezeichnen lassen wollen, dann ist
es nur konsequent, kulturpolitisch auch die Vorausset-
zungen dafür zu schaffen. Ich glaube anders als Sie, Herr
Waitz, dass wir mit dem Buchpreisbindungsgesetz tat-
sächlich einen Teil dazu beitragen, das Buch als Kultur-
gut zu schützen. Das Buch kann als sinnlich wahrnehm-
bares, erlebbares Element, als haptischer Gegenstand
durch ein E-Buch nicht ersetzt werden.


(Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD] und des Abg. Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/ CSU])


Ein Buch zum Beispiel im Zug in die Hand zu nehmen
und zu lesen, vermittelt etwas anderes, als dies ein E-
Buch könnte.

Auch eine Buchhandlung auf dem Lande, wo ich
wohne, hat eine besondere Bedeutung.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Stimmt!)


Das ist auch ein Treffpunkt. Dort gibt es Lesungen, da
treffen sich Leute, da wird nebenbei auch beraten, die
Verkäuferinnen und Verkäufer geben die neuesten Emp-
fehlungen. Das gibt es nur in den flächendeckend ver-
teilten kleinen Buchhandlungen und nicht in den Kauf-
hausketten in den großen Städten oder bei einer
Bestellung über E-Bay oder Amazon. Deswegen sind sie
wichtig.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Zum ersten Mal kam die Buchpreisbindung auf den
Prüfstand der Europäischen Kommission, nachdem der
österreichische Handelskonzern Libro ein Beschwerde-
verfahren angestrengt hatte. Er war nämlich von einigen
deutschen Verlagen nicht mehr beliefert worden, nach-
dem er Bücher im Internet 20 Prozent unter dem offiziel-
len Preis angeboten hatte. Ich glaube, wir müssen uns an
diese Geschichte noch einmal erinnern, damit deutlich
wird, warum es sich lohnt, für das Buchpreisbindungsge-
setz zu kämpfen.

Wir haben das Buchpreisbindungsgesetz deshalb
2002 wie Frankreich, Österreich und die Schweiz verab-
schiedet. Wichtig ist, dass unter dieses Gesetz neben Bü-
chern auch Musiknoten, kartografische Produkte und
Produkte, die mit Büchern kombiniert sind, wie zum
Beispiel CD-ROMs und Lernkassetten, fallen. Das wis-
sen viele Leute nicht; aber auch das ist ein notwendiges
Element, gerade im Unterricht.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU])


Mein Kollege Tauss hat in der ersten Lesung auf die
wichtigen Ziele hingewiesen. Er hat mit eindrucksvollen
Zahlen unterstrichen, wie wichtig das Erreichen dieser
Ziele ist.

Wir wollen die große Vielfalt und die hohe Qualität
des Buchangebots in Deutschland sichern. Schauen Sie
einmal in andere Länder, in denen es kein Buchpreisbin-

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(C (D ungsgesetz gibt. Da bekommen Sie zwar unter Umstänen preiswerte Taschenbücher – im Paperbackformat, illig gedruckt –, aber es gibt keine aufwendig ausgestateten Bücher und – auch das muss man bedenken – keine issenschaftlichen Bücher zu erschwinglichen Preisen. iese Bücher können Sie unter Umständen in Amerika on Universitätsverlagen nur zu einem sehr hohen Preis aufen. Die Quersubventionierung geht nur bei Buchreisbindung. Auch deswegen ist sie so wichtig. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Wir wollen in kleinen und mittleren Orten in der Pro-
inz die Buchhandlungen erhalten. Auch dafür braucht
an die Buchpreisbindung. Wir wollen außerdem – auch

as wurde noch nicht gesagt – eine angemessene Vergü-
ung für die Urheber, für die Autorinnen und Autoren
owie die Übersetzer. Das geht aber nur, wenn man mit
inem Buch einen bestimmten Preis erzielt.


(Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD])


m anderen Fall würden die Honorare immer weiter sin-
en.

Das Schöne an der Buchpreisbindung ist, dass sie von
llen Seiten Zustimmung findet. Die Verleger, die Auto-
en und die Buchhändler sind der Ansicht, dass es richtig
st, Bücher nicht mit üblichen Handelswaren gleichzu-
etzen, sondern sie als Kulturgut zu schützen. Ich
laube, auf diesen wichtigen Punkt müssen wir hinwei-
en.

Ich möchte in diesem Zusammenhang ebenfalls da-
auf hinweisen, dass wir in der Koalitionsvereinbarung
en ermäßigten Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent für
ücher festgeschrieben haben.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Ein guter Vorschlag des Staatsministers!)


ch glaube, auch dieser Hinweis ist wichtig. Denn viele
issen nicht, dass Kultur und Medien für diese Regie-

ung eine wichtige Rolle spielen.

Für die Schulbuchfinanzierung ist wichtig, dass die
chulbücher gemeinsam angeschafft werden, damit wei-

erhin Rabatt gewährt werden kann. Bisher hieß es, dass
ammelrabatt für Schulbücher gewährt wird, wenn die
chulbücher „überwiegend von der öffentlichen Hand
inanziert werden“. Jetzt soll es möglich sein, dass die
rmäßigten Preise auch für die Eltern, die die Bücher
elber bezahlen müssen, gewährleistet sind. Diese wich-
ige Information, dass wir heute dieses Gesetz verab-
chieden, sollten die Kolleginnen und Kollegen in ihren
ahlkreisen weitergeben, damit in den Schulen die Bü-

her gemeinsam bestellt werden und so die Rabatte in
nspruch genommen werden können.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Da sollten wir noch ein Rundschreiben machen!)


Genau, das machen wir heute auch noch.






(A) )



(B) )


Monika Griefahn
Die Privatschulen, die nach den Schulgesetzen den
Status staatlicher Ersatzschulen haben, sollen diese
Möglichkeit ebenfalls haben. Das finde ich wichtig,
sonst wäre es nicht sinnvoll, dass sie staatlich anerkannt
sind.

Wir haben die Kennzeichnungspflicht bei Mängel-
exemplaren dahin gehend geändert, dass nur nicht ein-
wandfreie Bücher als Mängelexemplare mit Rabatt ver-
kauft werden können. Auch das ist ein Schutz für die
kleineren Buchhandlungen. Damit stellen wir eine flä-
chendeckende Versorgung sicher, was ebenfalls sehr
wichtig ist.

Im Räumungsverkauf ältere Titel anbieten zu können,
ist auch ein wichtiger Punkt. Häufig gab es die Situation,
dass für eine unveränderte Neuauflage die Buchpreisbin-
dung galt, während die Exemplare der alten Auflage ver-
ramscht wurden. Das kann nicht angehen. Wenn eine
Auflage unverändert bleibt, dann fallen auch die alten
Bücher unter die Buchpreisbindung. Auch das ist ein
wichtiger Punkt, um einen Missbrauch zu verhindern.

Dass die Buchpreisbindung für Ausgaben aufgehoben
wird, deren erstes Erscheinen länger als 18 Monate zu-
rückliegt, ist wichtig, damit die Buchhändler weiter pla-
nen können, wenn die Verleger ihre Bücher nicht mehr
zurücknehmen. Damit wird das Kulturgut Buch nicht ge-
fährdet. Aber es eröffnet die Möglichkeit, neue Titel auf-
zunehmen. Das alles sind wichtige Elemente.

Ich glaube, dass die Handelsketten, die einen starken
Verdrängungswettbewerb aufgrund der Masse der ver-
kauften Bücher ausüben, immer wieder darauf hingewie-
sen werden müssen, dass die Buchhandlungen in der
Fläche wichtig sind und dass der Wettbewerb nicht zu
einer Verdrängung dieser kleinen Buchhandlungen füh-
ren darf. Wir werden diese Entwicklung weiterhin be-
gleiten. Wenn Änderungen notwendig sind, werden wir
sie durchführen.

Wir wollen die breite Vielfalt. Eine Buchhandlung, in
der man sich trifft, in der man miteinander spricht und in
der man beim Bestellen eines Schulbuchs nebenbei noch
ein Buch für die Kinder kauft, stellt einen wichtigen kul-
turellen Beitrag dar, der vor Ort geleistet wird. Deswe-
gen kämpfe ich dafür, dass jede Buchhandlung in der
Fläche erhalten bleibt,


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Wir auch!)


genauso wie eine Bäckerei oder ein Lebensmittel-
geschäft.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Dr. Martina Krogmann [CDU/CSU]: Sehr gute Rede, Frau Griefahn!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1603217000

Das Wort hat die Kollegin Dr. Jochimsen, Fraktion

Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol egen! Es scheint im Moment die Stunde der gegenseitien Belobigungen zu sein. (Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Weitermachen! Nicht aufhören! – Rita Pawelski [CDU/CSU]: Loben Sie uns mal! Machen Sie das mal!)

Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1603217100

ie Fraktionen arbeiten wunderbar. Der Wert des Lesens
ird gewürdigt. Die kleinen Buchhandlungen werden
eschützt und gefördert. Es wird Sie nicht verwundern:
n diesem Zusammenhang kommt natürlich sofort auch
in Bekenntnis unserer Fraktion dazu, dass wir die
uchpreisbindung für ein unverzichtbares Instrument
alten, um das Kulturgut Buch allen zugänglich zu ma-
hen.


(Beifall bei der LINKEN)


m Wissen um den Wert der Bücher für die Bildung und
ie Entwicklung eines jeden Menschen und vor allem
er Heranwachsenden haben wir uns stets dafür einge-
etzt, Bücher aus der Logik des Marktradikalismus und
er Profitmaximierung herauszuhalten.


(Beifall bei der LINKEN)


Nun diskutieren wir heute im Grunde gar nicht über
en Wert und die Bedeutung der Buchpreisbindung,
uch wenn wir uns formalrechtlich mit einer Änderung
es Buchpreisbindungsgesetzes befassen. Wir haben uns
ielmehr mit einem bildungspolitischen Thema von
öchster Problematik auseinander zu setzen. Das ist bei
hnen nur in Nebensätzen erwähnt worden. Die Kollegin
on der CSU sprach nur allgemein von der Bücherrege-
ung und beschrieb gar nicht, was damit gemeint ist.


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Oh doch, das hat sie gesagt! Sie haben nur nicht zugehört! – Rita Pawelski [CDU/CSU]: Das hat sie doch gemacht!)


s geht um die um sich greifende Abschaffung der
ernmittelfreiheit in unserem Land.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Ich weiß, dass das in der Verantwortung der Länder
iegt. Bereits fünf Bundesländer haben die Regelung ein-
eführt, wonach sich die Schüler bzw. die Eltern an der
ezahlung der Schulbücher in einem Umfang von mehr
ls 50 Prozent beteiligen müssen. Dadurch ist die Sam-
elrabattklausel gefährdet und nur deswegen müssen
ir uns heute im Grunde genommen formalrechtlich mit
er Buchpreisbindungsproblematik befassen. Den Nach-
ass von 8 bis 15 Prozent für Schulbücher, die nun nicht

ehr überwiegend von der öffentlichen Hand finanziert
erden, wollen wir für Eltern und Schüler erhalten und

etten. Das ist richtig und deswegen setzen wir uns
ehrheitlich für den vorliegenden Gesetzentwurf ein.

Wir müssen aber auch darauf hinweisen, dass mit den
nsgesamt für den Kauf von Schulbüchern zur Verfügung
tehenden Mitteln in Zukunft immer weniger Bücher an-
eschafft werden können; es sei denn, die Eltern und die
chüler steigen finanziell ein. Wir werden zwar der Ge-






(A) )



(B) )


Dr. Lukrezia Jochimsen
setzesänderung zustimmen, damit der Preisnachlass bei
Schulbüchern ungeachtet der Höhe und des Umfangs der
privaten Mitfinanzierung erhalten bleibt. Den Eltern und
den Schülern wird jetzt ein geringer Sammelrabatt ge-
währt. Aber die Frage ist: Werden sie in Zukunft nicht
verstärkt an der Finanzierung der Bücher beteiligt wer-
den? Werden sie nicht verstärkt die Bücher selbst kaufen
müssen? Die Entwicklung, die diese Gesetzesänderung
notwendig macht, ist aus unserer Sicht hoch problema-
tisch, weswegen sich einige Mitglieder unserer Fraktion
bei diesem Gesetzesvorhaben enthalten werden.

Wenn heute bereits in fünf Bundesländern die Eltern
bzw. volljährige Schüler einen Teil der Kosten für die
Schulbücher selbst tragen müssen, dann hat das natürlich
Folgen. Diese Folgen sind: noch größere soziale
Ungleichheiten beim Zugang zur Bildung. Da kann
man dann noch so schöne Worte über den Wert des Bu-
ches und des Lesens verlieren. Dies heißt letztlich: eine
noch größere soziale Ungleichheit beim Zugang zur Bil-
dung. Das ist schon heute das Hauptproblem unseres
Bildungssystems. In allen internationalen Vergleichsstu-
dien werden wir davor gewarnt, den Weg der sozialen
Ungleichheit beim Zugang zur Bildung und zu Büchern
fortzusetzen.


(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Es wird keiner sozial benachteiligt! Es gibt eine Dritte-KindRegelung! Das stimmt alles nicht, was Sie sagen!)


– Die internationalen Studien zeigen auf, dass die Ver-
hältnisse in unserem Land auseinander gehen. Soziale
Bildungsdeterminanten sind dabei sehr wichtig.


(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Keiner muss unter sozialer Ungleichbehandlung leiden!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1603217200

Frau Kollegin Jochimsen, ich würde auf diese Zurufe

jetzt nicht reagieren; denn Sie haben Ihre Redezeit über-
schritten und müssen zum Ende kommen.


Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1603217300

Ich komme zum Schluss. – Eine sozial gerechte Bil-

dung kann nur bei umfassender und ausreichender Fi-
nanzierung durch die öffentliche Hand gewährleistet
werden. Die Privatisierung der Bildungskosten – mit
Sammelrabatt oder ohne – führt genau in die falsche
Richtung.

Danke sehr.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Uwe Küster [SPD]: Ausrufezeichen!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1603217400

Das Wort hat die Kollegin Priska Hinz, Bündnis 90/

Die Grünen.

Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es
herrschte schon bei der ersten Debatte über den Gesetz-

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(C (D ntwurf und auch heute ein großer Konsens darüber, elche Korrekturen notwendig sind, und über die Rege ungen, die getroffen werden sollen. Auch im federfühenden Kulturausschuss wurde den vom Bundesrat voreschlagenen und von der Bundesregierung ergänzten nderungen in großer Einigkeit zugestimmt. Heute ist wieder deutlich geworden, dass ein ausgerägtes Bewusstsein für Sinn und Zweck des Buchpreisindungsgesetzes besteht. Frau Jochimsen, es geht auch arum, die einzigartige Vielfalt der Verlagsund Buchandlungslandschaft in Deutschland zu erhalten und as Buchangebot für eine breite Öffentlichkeit zugängich zu halten. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der SPD)


Auch wir, die Grünen, bekennen uns ausdrücklich zu
er dem Buchpreisbindungsgesetz zugrunde liegenden
dee, wonach das Buch in erster Linie nicht Wirtschafts-
ut, sondern Kulturgut ist und wonach der Zugang zu
iesem Medium insbesondere auch in ländlichen Gebie-
en durch entsprechende Buchhandlungen gewährleistet
erden muss.


(Christoph Waitz [FDP]: Aber darum geht es doch gar nicht!)


Frau Griefahn, sogar in Großstädten besteht das Pro-
lem, dass große Buchhandlungen kleine Buchhandlun-
en verdrängen. Der Wettbewerb ist in vollem Gange.
it dem Buchpreisbindungsgesetz schaffen wir es im-
erhin, dass in ländlichen Regionen noch ein vielfälti-

es Angebot vorherrscht. Wir wollen das beibehalten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der Linken: Ihr wollt doch Wettbewerb!)


n diesem Sinne gilt es, den gleichberechtigten und brei-
en Zugang zu kultureller Bildung zu erhalten und damit
eseförderung zu betreiben.

Ich halte es für richtig, deutlich zu machen, wie wich-
ig Bücher sind, gerade weil sie Kinder ansprechen.

enn man daran denkt, wie Kinder Bilderbücher in die
and nehmen, dann erkennt man, dass ein Computer
Gott sei Dank – nicht mithalten kann. Deswegen ist es

otwendig, dass wir dieses Gesetz beibehalten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der SPD)


Allerdings werden nun Änderungen vorgenommen,
amit Rabatte bei Sammelbestellungen von Schul-
üchern auch dann möglich sind, wenn mehr als
0 Prozent der Schulbuchkosten von Eltern oder volljäh-
igen Schülern übernommen werden. Es ist leider Tatsa-
he, dass in vielen Bundesländern eine Eigenbeteiligung
ingeführt wird. Frau Jochimsen, wir im Bundestag kön-
en – so bedauerlich das auch ist – nichts daran ändern.
nabhängig von Ihrer politischen Haltung dazu sind

uch wir der Meinung, dass die Lehr- und Lernmittel-
reiheit ein hohes Gut ist. Wir sollten es deshalb den El-
ern vonseiten des Bundes nicht noch schwerer machen,
ondern ihnen das Leben erleichtern, indem wir diese






(A) )



(B) )


Priska Hinz (Herborn)

Rabattregelung ermöglichen. Deswegen stimmen wir
diesem Gesetzentwurf zu.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der SPD – Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Vernünftig!)


Bliebe die alte Regelung bestehen, könnten mit der glei-
chen Geldsumme noch weniger Bücher angeschafft wer-
den.

Wir halten es auch für richtig, dass die Privatschulen
in die neue Nachlassregelung einbezogen werden sollen,
weil die Kinder nicht mehr und nicht weniger als Kinder
an staatlichen Schulen wert sind.

Wir halten auch jene Punkte, die die Bundesregierung
in Ergänzung eingebracht hat, für richtig: die Einführung
einer Kennzeichnungspflicht für Mängelexemplare, den
Einbau einer Räumungsverkaufsklausel und die Klar-
stellung hinsichtlich der Buchpreisbindungsregel bei un-
verändertem Nachdruck eines Buches.

Wenn der Bundesrat und die Bundesregierung einmal
sinnvolle Vorschläge machen, dann stimmen wir als Op-
position gerne zu.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ja selten genug!)


Es wird wahrscheinlich nicht so oft vorkommen, aber
heute stimmen wir gerne zu.

Herzlichen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1603217500

Nächste Rednerin ist die Kollegin Rita Pawelski,

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Rita Pawelski (CDU):
Rede ID: ID1603217600

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Meine Damen und Herren! Bücher verursachen viele
Wirkungen: Sie bilden, sie regen zum Träumen und
Nachdenken an, sie polarisieren und stacheln auf, sie
können aber auch verbinden: Jung und Alt, Mann und
Frau, Ost und West und neuerdings auch Koalition und
Opposition.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Kluge Rede!)


Das haben die Beratungen des vorliegenden Gesetzent-
wurfes gezeigt. In seltener Harmonie und Einigkeit
haben wir uns auf das Wichtigste und Wesentlichste
geeinigt. Das Buchpreisbindungsgesetz wird den verän-
derten Rahmenbedingungen angepasst. Es wird eine ge-
setzliche Kennzeichnungspflicht für Mängelexemplare
geben; es wird eine spezielle Räumungsverkaufsklausel
eingeführt und es wird die Regelung zur Aufhebung der
Preisbindung klargestellt. Meine Kollegin Dorothee Bär
hat darüber schon ausführlich berichtet.

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(C (D Die zahlreichen Verlage und Buchhandlungen in unerem Land werden von diesen Maßnahmen profitieren. er missbräuchliche Handel mit Büchern wird erschwert nd der Buchmarkt weiter gestärkt. Das ist gut so. Noch esser ist, dass der Gesetzgeber schnell gehandelt hat, m Fehlentwicklungen abzuwehren. Besonders wichtig st aber: Mit dem Gesetz werden auch die Voraussetzunen der Rabattpflicht bei Sammelbestellungen preisgeundener Schulbücher geändert; das ist § 7 des Buchreisbindungsgesetzes. Das wurde notwendig, weil sich inige Bundesländer aus finanziellen Gründen von der ernmittelfreiheit verabschieden mussten; übrigens, rau Jochimsen, Berlin auch. Rot-Rot hat die Lernmit elfreiheit abgeschafft; auch hier in Berlin müssen Eltern twas zuzahlen. (Beifall bei der CDU/CSU – Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Eine zutreffende Bemerkung!)


Herr Tauss, auf Ihren Zwischenruf, falls er denn kom-
en sollte – er hat sich vorhin schon angedeutet –,
öchte ich sagen:


(Heiterkeit)


ch würde mit Ihnen gern über die niedersächsische
chulpolitik diskutieren, nicht über die Schulpolitik die-
er, der CDU-geführten Landesregierung, sondern die
er vorhergehenden Regierung.


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Gehen Sie in die Offensive!)


ein Kronzeuge, der ehemalige Ministerpräsident, sitzt
a hier auf der Regierungsbank. Er wird bestätigen kön-
en, was in diesem Bereich damals alles schief gelaufen
st.


(Monika Grütters [CDU/CSU]: Der hört nur leider nicht zu!)


Durch die wegfallenden Rabatte wären Eltern – das
urde eben schon sehr gut gesagt – zusätzlich belastet
orden, und das schon ab dem nächsten Schuljahr. Wir
aben das verhindert und das ist prima.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Neu ist: In den Genuss der Rabatte kommen jetzt
uch die allgemein bildenden Privatschulen, wenn sie
en Status staatlich genehmigter Ersatzschulen besitzen.


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Das ist auch gerecht so!)


uch ihnen müssen die Verkäufer Rabatte bei Sammel-
estellungen gewähren; in der Regel sind das zwischen
und 15 Prozent. Der Bundesverband Deutscher Privat-

chulen ist erfreut über die fraktionsübergreifende
ustimmung – endlich Politiker, die schnell agieren und
upacken. Das herzliche Dankeschön gebe ich an Sie
lle hiermit weiter.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)







(A) )



(B) )


Rita Pawelski
Meine Damen und Herren, unsere Schulen in freier
Trägerschaft leisten qualitativ hochwertige Arbeit und
sorgen für pädagogische Vielfalt und für Wettbewerb.
Sie sind bei den Eltern und, wie ich höre, auch bei den
Schülern sehr beliebt. Das zeigen die steigenden Schü-
lerzahlen. Es ist schon bemerkenswert, dass sie nach
dem Pisaschock deutlich nach oben gegangen sind: Um
11 Prozent sind die Schülerzahlen bei den Privatschulen
gestiegen.

Was sind Privatschulen? Oft wird gesagt: Das sind
Eliteschulen nur für Reiche. Das stimmt nicht. Es gibt
207 Hauptschulen in diesem Bereich, an denen über
25 000 Jugendliche unterrichtet werden. An diesen
Schulen – wir haben gerade in den letzten Tagen erfah-
ren, wie schlimm die Situation an manchen Hauptschu-
len ist – wird eine sehr gute, auch sehr gute integrative
Arbeit geleistet. Privatschulen sind integrierte Gesamt-
schulen; das sind Abendgymnasien, Kollegs; das sind
aber auch Waldorfschulen. An insgesamt 180 Waldorf-
schulen werden 75 000 Schülerinnen und Schüler unter-
richtet. Und: Privatschulen sind auch Konfessionsschu-
len, die eine sehr, sehr gute Arbeit leisten.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sie alle profitieren von der neuen Regelung und erhalten
Schulbücher künftig mit Rabatt.

Ich freue mich, dass wir diese Änderungen gemein-
sam und einvernehmlich durchgesetzt haben, und ich
hoffe, dass diese Einigkeit in diesem Hause kein einma-
liger Vorgang ist, sondern dass wir an anderen wichtigen
Stellen genauso gemeinsam arbeiten.

Vielen herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie der Abg. Angelika Brunkhorst [FDP] und der Abg. Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1603217700

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzent-
wurf des Bundesrates zur Änderung des Buchpreisbin-
dungsgesetzes auf Drucksache 16/238. Der Ausschuss
für Kultur und Medien empfiehlt in seiner Beschluss-
empfehlung auf Drucksache 16/1118, den Gesetzentwurf
in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejeni-
gen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zu-
stimmen wollen, um das Handzeichen. – Gegenprobe! –
Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter
Beratung mit den Stimmen des ganzen Hauses angenom-
men.

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Ge-
setzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Gegen-
probe! – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist mit den
Stimmen des ganzen Hauses angenommen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


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(C (D Ich rufe den Tagesordnungspunkt 7 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Reinhard Loske, Hans-Josef Fell, Sylvia Kotting-Uhl, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Nie wieder Tschernobyl – Zukunftssichere Energieversorgung ohne Atomkraft – Drucksache 16/860 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre einen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kollein Sylvia Kotting-Uhl, Bündnis 90/Die Grünen. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! estern hat sich der Umweltausschuss in einer öffentlihen Sitzung mit dem GAU in Tschernobyl vor 20 Jahen befasst. Gäste waren Wissenschaftler, Botschafter nd die ersten Vorsitzenden des damals installierten usschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktor icherheit. Wissenschaftler differieren trotz ihrer Faktenbezoenheit in ihren Aussagen und Einschätzungen genauso ie wir Politiker. So zelebrierten sie für uns gestern eine useinandersetzung über die Frage, von wie vielen oten man infolge des GAUs tatsächlich reden könnte. ch will heute als Erstes sagen, dass ich diesen Streit der tatistiker müßig und für die politische Bewertung überlüssig finde. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603217800

ie Dimension dessen, was dort passiert ist, macht sich
icht an der faktischen Anzahl der Toten fest. Für die
olitische Bewertung ist auch nicht relevant, ob die
enschen an den direkten Folgen der Strahlung gestor-

en sind, ob eine Krankheit, die sie sowieso schon hatten
der bekommen hätten, durch die Strahlung intensiviert
urde, oder ob sie Selbstmord begangen haben, weil sie
ie persönlichen oder gesellschaftlichen Veränderungen
icht verkraften konnten. All diesen Menschen wurde
hr Recht auf Leben durch eine von niemandem ge-
ollte, aber dennoch von Menschen gemachte Katastro-
he gravierend beschnitten. Die gesellschaftliche Di-
ension des Unfalls ist bis heute nicht fassbar. Der
irtschaftsattaché der deutschen Botschaft in Minsk,
olfgang Faust, hat dazu gestern gesagt, dass dort eine

anze soziokulturelle Tradition verschwunden ist.

Die für uns entscheidende Frage ist, welche Konse-
uenzen wir aus dem Unfall von Tschernobyl ziehen.
ieran scheiden sich die Geister in Wissenschaft wie
olitik. Für manche lautet die Konsequenz, gute






(A) )



(B) )


Sylvia Kotting-Uhl
deutsche Technologie so weit wie möglich zu exportie-
ren. Wir Grünen ziehen bekanntermaßen eine andere
Konsequenz. Wir halten es für richtig, dass mit Deutsch-
land ein hoch industrialisiertes Land zeigt, dass man auf
eine hoch entwickelte Technologie verzichten kann,
wenn man das ihr immanente Restrisiko für nicht hin-
nehmbar hält.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Das Restrisiko bleibt, auch wenn uns Wissenschaft-
ler heute erzählen, dass die nächste zu entwickelnde Ge-
neration von Atomkraftwerken – Zitat von gestern – „ka-
tastrophenfrei“ laufen kann. Es sind nicht unbedingt
dieselben Wissenschaftler wie die, die uns vor 20 Jahren
etwas von der Sicherheit der Anlagen außerhalb der da-
maligen Sowjetunion erzählt haben, aber es sind diesel-
ben Botschaften. Dagegen steht: Harrisburg 1979,
Tokaimura 1999, Paks 2003, Sellafield 2005. Auch bei
uns gab es eine Reihe gravierender Störfälle, bei denen
ein klein bisschen mehr menschliches Versagen zu gra-
vierenden Folgen hätte führen können.

Die Sicherheitslage hat sich seit 1986 nicht entschärft.
Der 11. September 2001 hat eine zusätzliche Dimension
eröffnet, die Proliferationsgefahr hat sich vergrößert.
Den Kollegen, die an dieser Stelle gern sagen, dann hät-
ten wir doch den Sofortausstieg fordern müssen – weil
sie wissen, dass wir dann gar keinen Ausstieg hätten –,
sage ich: Lieber verantworten wir, dass das Restrisiko
Schritt für Schritt verringert wird, als ein endloses Ver-
harren im Risiko.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Tschernobyl markiert auch 20 Jahre danach den wich-
tigsten Grund für den Ausstieg aus der Atomkraft. Er
ist nicht zu entkräften. Entkräften kann man dagegen alle
vermeintlich guten Gründe für die weitere Nutzung der
Atomkraft. Weder ist Atomstrom billig – ohne die bis
heute auf über 100 Milliarden Euro angewachsenen Sub-
ventionen wäre er unbezahlbar – noch kann er das Mittel
der Wahl gegen den Klimawandel sein. Bei 2,5 Prozent
Anteil am weltweiten Endenergieverbrauch müssten
Tausende neue AKW gebaut werden, um einen spürba-
ren Effekt zu erzielen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


So viel Begeisterung und Kapital für AKWs kann man
wirklich nicht erwarten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die Länder, die auf einen Energiemix mit viel Atom-
strom setzen, führen uns vor, dass durch den atom-
stromimmanenten Anreiz zur Stromverschwendung
Treibhausgase gar keine Chance haben, verringert zu
werden.

Zum letzten beliebten Argument: der Versorgungs-
sicherheit. Auch Uran ist endlich. Wirtschaftlich abbau-
bar steht es der Welt nicht länger zur Verfügung als
Erdöl und Erdgas.

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(C (D Der Weg zur zukunftsfähigen Energieversorgung sind ie erneuerbaren Energien und Effizienz. Das funktioiert, schafft Versorgungssicherheit und Arbeitsplätze, st auf Dauer billiger als jede andere Form der Energierzeugung und verringert globale Konfliktpotenziale. nd es ist der Auftrag, den uns Tschernobyl gibt. Lassen Sie uns diesen Auftrag in diesem Hohen Haus emeinsam weiterführen. Ihr Kummer darüber, liebe olleginnen und Kollegen von der SPD, dass Sie unse em Antrag heute nicht zustimmen dürfen, ist bekannt. leiben Sie in der Frage des Atomausstiegs standhaft, ann sehen wir Ihnen das heute nach. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Ulrich Kelber [SPD]: So wie bisher!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1603217900

Nächster Redner ist der Kollege Philipp Mißfelder,

DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Philipp Mißfelder (CDU):
Rede ID: ID1603218000

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

enn wir in diesen Tagen an den Unfall im sowjetischen
ernkraftwerk Tschernobyl erinnern, so wollen wir zu-
ächst einmal allen Opfern dieses Unfalls unser Mitge-
ühl aussprechen.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


Gestern im Ausschuss und heute in der Debatte wür-
igen wir gleichzeitig das umfangreiche bürgerschaft-
iche Engagement, das es gerade auch in Deutschland
ibt. Es ist in den vergangenen beiden Jahrzehnten sehr
iel geleistet worden, um den Betroffenen dieses Unfalls
ilfe zu leisten und den Menschen bei der Bewältigung
er Folgen zur Seite zu stehen. Dafür gebührt all denje-
igen Vereinen und Institutionen, die sich in diesem Be-
eich verdient gemacht haben, unser tiefer Dank. Des-
alb sage ich an dieser Stelle, dass unsere Fraktion an
er Seite derjenigen steht, die sich besonders in diesem
ereich engagiert haben.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Besonders stark ist das Engagement aus Deutschland.
ach wie vor werden Jahr für Jahr 10 000 Kinder vor al-

em aus Weißrussland von Gastfamilien zur Erholung
ach Deutschland eingeladen. Bundesweit existieren fast
000 Initiativen, die den Menschen in den betroffenen
ebieten bei der Minderung der Unfallfolgen helfen.
eitens meiner Fraktion hebe ich dieses Engagement
och einmal hervor.

Angesichts des Leids der Opfer, aber auch des En-
agements, das viele Menschen in unserem Land zeigen,
öchte ich allerdings meine Verwunderung darüber aus-

prechen – diese entstand, als ich den Antrag der Grünen
elesen habe, und auch, als ich Ihre Rede, Frau Kollegin,
erade gehört habe –, dass Sie den Jahrestag des Tscher-






(A) )



(B) )


Philipp Mißfelder
nobylunfalls zu einer aktuellen politischen Debatte nut-
zen. Das finde ich nicht in Ordnung.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist sehr verwunderlich!)


Denn am heutigen Tag haben wir im Zusammenhang mit
den Ergebnissen des Energiegipfels bereits über das
Thema Atomenergie gesprochen. Insofern sollte man
Gedenktage wirklich Gedenktage sein lassen und sie
nicht politisch – schon gar nicht parteipolitisch – instru-
mentalisieren. Das finde ich nicht in Ordnung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Der Antrag beschreibt in wenigen Sätzen die Kata-
strophe, um anschließend seitenweise die längst bekann-
ten Positionen Ihrer Partei zu formulieren.


(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So lange, bis Sie sie begreifen!)


Beschäftigen Sie sich an einem Gedenktag doch bitte mit
dem Thema und arbeiten Sie nicht am Thema vorbei.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Schon allein dieses Vorgehen macht es uns als Fraktion
nicht möglich, Ihrem Antrag zuzustimmen.


(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha! – Weiterer Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Da gibt es ja auch noch andere Gründe!)


– Allein das ist es.

Wir haben uns gestern im Ausschuss besonders enga-
giert. Sie haben gesehen, wie engagiert die Kollegen
meiner Fraktion in der Diskussion waren. Gestern haben
wir zu dem Thema deutlich Stellung bezogen und das
Gedenken gewahrt, das ich, wie gesagt, bei Ihnen so
nicht sehe.

Ich möchte auf Ihre Argumente eingehen. Zahlreiche
internationale Studien haben bis heute nachgewiesen,
dass es neben eindeutigen Mängeln an der Konstruktion
des Reaktors selbst in hohem Maße auch am Betriebs-
personal gelegen hat, das unzureichend über die Schwä-
chen des Reaktortyps informiert war.

Hinzu kam das mangelnde Sicherheitsbewusstsein
der Betriebsmannschaften. Sie hielten sich nicht an die
bewährte betriebliche und sicherheitsorientierte Verfah-
rensweise und wussten nicht, welches tatsächliche Risi-
kopotenzial vorhanden war.

Angesichts des Schicksals der Opfer möchte ich auch
auf die Bedingungen unter der sowjetischen Diktatur
hinweisen. Dieser Aspekt spielt für die Bewältigung der
Folgen dieser Katastrophe eine ganz entscheidende
Rolle. Jüngst hat ein Abgeordneter des weißrussischen
Parlaments die Tage nach dem Unfall aus Sicht eines di-
rekt Betroffenen geschildert. Die Politik der sowjeti-
schen Führer in Moskau, Kiew und Minsk ist voller
Feigheit gewesen, gepaart mit einer menschenverachten-

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(C (D en Gleichgültigkeit gegenüber den Leiden der Bewoher der Städte und Dörfer um den Unglücksreaktor heum. In den Wochen nach dem Unglück schrieben die sowetischen Zeitungen von feindlichen Machenschaften, ntisowjetischer Hetze und provokatorischen Gerüchten, ie die Feinde der Sowjetunion verbreiten würden. In ieser Situation wurden Schulklassen aus der DDR, also us Deutschland, nach Kiew geschickt, um die leer steenden Devisenhotels der ukrainischen Hauptstadt zu üllen. Ich muss wirklich sagen: Das war absolut verantortungslos. (Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist am Thema vorbei!)


n einem solchen Gedenktag muss man sich auch damit
eschäftigen, was das sowjetische Unrechtssystem vie-
en Menschen, auch aus Deutschland, zugemutet hat, ge-
ade in den Tagen des Tschernobylunglücks.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Harrisburg lag nicht in der Sowjetunion!)


Die Behörden waren vom Ausmaß des Unfalls völlig
berrascht. Ein großer Fehler war, dass die Hilfsmaß-
ahmen zentral aus Moskau gesteuert wurden. Sie wie-
en aus Unkenntnis der konkreten Gegebenheiten, aber
uch aus Ignoranz große Unzulänglichkeiten auf. Erst
6 Stunden nach der Explosion – das haben wir gestern
ehört – wurde als erste Maßnahme die Stadt Pripjat ge-
äumt; die übrige 30-Kilometer-Zone folgte erst nach
ehr als einer Woche. Für die Bekämpfung des Brandes
aren zunächst nur die 100 Betriebsfeuerwehrleute des
ernkraftwerkes sowie örtliche Feuerwehren vorgese-
en, sonst zunächst niemand.

Festzuhalten sind auch die eklatanten Mängel bei den
ingeleiteten Rettungsmaßnahmen. So wurden unge-
ignete Brandlöscher wie Blei von Hubschraubern in
en brennenden Reaktor geworfen. Kurz nach dem Un-
all in Tschernobyl schrieb der weißrussische Schriftstel-
er Adamowitsch einen Brief an Michail Gorbatschow;
on Gesprächen mit ähnlichem Inhalt wurde uns gestern
uch im Ausschuss berichtet. Darin forderte er den sow-
etischen Parteichef auf, endlich dafür zu sorgen, dass
inreichende Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung
rgriffen werden. Adamowitsch schrieb in seinem dama-
igen Brief: Es ist hier nicht bloß eine Anlage explodiert,
ondern der gesamte Komplex an Verantwortungslosig-
eit, Disziplinlosigkeit und Bürokratismus. – Auch die-
es Problem ist direkt nach dem Unglück entstanden.

Zu den Auswirkungen des Unfalls liegt seit Septem-
er letzten Jahres eine ausführliche Studie von mehr als
00 Wissenschaftlern vor, die gemeinsam von der Inter-
ationalen Atomenergie-Organisation, der Weltgesund-
eitsorganisation und dem Entwicklungsprogramm der
ereinten Nationen erarbeitet wurde. Die Zahl der To-
esfälle könnte sich demnach auf bis zu 4 000 belaufen.
is Mitte 2005 konnten jedoch nur weniger als 50 Todesfälle
irekt auf die Strahlung zurückgeführt werden. Bei ih-
en handelt es sich vor allem um Rettungsarbeiter, die
esonders hoher Strahlung ausgesetzt waren. Viele von






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(B) )


Philipp Mißfelder
ihnen starben innerhalb weniger Monate nach dem Un-
fall.

Besonders aufschlussreich an dieser Studie ist, dass
Fehlauffassungen und Mythen hinsichtlich der Strah-
lungsgefahr auch 20 Jahre nach dem Unfall bei der Be-
völkerung einen lähmenden Fatalismus verursachen.
Noch immer wissen die Menschen in den betroffenen
Gebieten zu wenig über die Konsequenzen des Unfalls.
Das zu ändern ist eine besondere Aufgabe Deutschlands
und der internationalen Staatengemeinschaft.


(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist denn mit Ihrer Gesundheitspolitik? Ich denke, wer krank ist, ist selbst schuld!)


20 Jahre nach dem Unfall scheint es grundsätzlich an-
gebracht, die Sicht auf die betroffene Region zu ändern.
Wir sollten ihre Bewohner nicht länger nur als Opfer be-
trachten, sondern ihnen die Möglichkeit aufzeigen, zu
Unabhängigkeit und Eigenständigkeit zu gelangen. Das
betrifft auch politische Debatten, die wir in anderen Zu-
sammenhängen führen.


(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, ja!)


Wie sind die Folgen der Tschernobylkatastrophe
für Deutschland zu bewerten? Festzuhalten ist, dass
eine radioaktive Wolke Substanzen bis nach Süd- und
Ostdeutschland verteilte. Allerdings wurden die zulässi-
gen Grenzwerte laut Aussage der Strahlenschutzkom-
mission – auch das haben wir gestern gehört – hierzu-
lande selbst im ersten Jahr nach dem Unfall nicht
überschritten. Seitdem nehmen sie kontinuierlich ab.
Das muss man ebenfalls zur Kenntnis nehmen; denn das
sind die Fakten.


(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, genau! Alles ist ganz harmlos! Her mit dem nächsten GAU!)


Aus dem Unglück von Tschernobyl müssen Deutsch-
land und die internationale Staatengemeinschaft zwei
wesentliche Lehren ziehen – das Entscheidende an die-
ser Debatte ist nämlich, nicht Ideologie zu betreiben und
Angst zu machen, sondern konsequent daran zu arbeiten,
die richtigen Lehren zu ziehen –: Zum einen können wir
anderen Ländern nicht vorschreiben, ob sie die Kern-
energie nutzen wollen oder nicht. Das ist eben so; daran
kann man nichts ändern, auch nicht, indem wir es hier
beschließen. Deshalb sollten Sie sich in dieser Frage Ihr
unangebrachtes Gefühl moralischer Überlegenheit abge-
wöhnen; für pragmatisch ausgerichtete Politik bringt das
nichts. Weil wir anderen Staaten hinsichtlich der Nut-
zung der Kernenergie nichts vorschreiben können, müs-
sen wir von denjenigen Staaten, die die Kernenergie
friedlich nutzen wollen, eine unabhängige und rechts-
staatliche Aufsicht der Anlagen einfordern. Dafür gibt
es Organisationen wie die IAEO, an die der Friedensno-
belpreis zu Recht gegangen ist.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das fanden nicht alle toll!)


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(C (D Zum anderen muss in Zukunft die Sicherheit bei der ernkraft Vorrang haben. Deshalb ist es richtig, dass eutschland sich daran beteiligt, auch zukünftig sichere ernkraftwerke weltweit zu garantieren. Es ist richtig, ass die Bundesrepublik Deutschland trotz Atomaustieg bei Euratom mitmacht und sich an der Forschung eteiligt, damit die Kernenergie weltweit noch sicherer ird. Dabei hat Deutschland technologisch immer eine orreiterrolle eingenommen und sollte dies auch zukünf ig tun. Vielen Dank. Nächste Rednerin ist die Kollegin Angelika runkhorst, FDP-Fraktion. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In der estern zu diesem Thema durchgeführten Sonderverantaltung im Umweltausschuss kamen Experten aus den ereichen der Medizin, der Strahlenforschung, der erntechnik, der nicht staatlichen Hilfsorganisationen nd der IAEA in der Beurteilung des Status quo, der zuünftigen Folgen und der noch bestehenden Risiken des nfalls in Tschernobyl zu überraschend unterschiedli hen Auffassungen und Bewertungen. Dazu muss ich saen: Die Diskussion über die Anzahl der Opfer führt olitisch nicht weiter: Denn jedes Opfer ist eines zu viel. (Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1603218100

(Beifall bei der FDP)

Angelika Brunkhorst (FDP):
Rede ID: ID1603218200

Der Antrag von Bündnis 90/Grüne stellt die Unfallur-
achen der Katastrophe von Tschernobyl klar dar: dass
s sich um einen ganz speziellen sowjetischen Reaktor-
yp handelte, den RBMK-Reaktor. Was der Antrag aller-
ings nicht transportiert, ist, dass die in der EU gängigen
chwerwasserreaktoren und Leichtwasserreaktoren über
ine ganz andere Sicherheitstechnik verfügen. Hier
ollte man Tschernobyl nicht dazu missbrauchen, ein un-
ealistisches Angstszenario aufzubauen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Aus der der FDP-Fraktion am gestrigen Tag zugelei-
eten Antwort der Bundesregierung auf unsere Kleine
nfrage „Bewertung und Auswirkungen des Reaktorun-

alls von Tschernobyl“ kann ich an dieser Stelle nur we-
ige Antworten der Bundesregierung wiedergeben. Da
eißt es unter anderem:

Diese Reaktoren verfügen über zahlreiche Ausle-
gungsmerkmale, die mit westeuropäischen Techno-
logie- und Sicherheitsstandards nicht vergleichbar
sind.



Die für den Unfall in Tschernobyl ursächlichen
Schwächen in der Auslegung des Reaktors und die






(A) )



(B) )


Angelika Brunkhorst
in der Vorgehensweise der Betriebsmannschaft of-
fenbar gewordene mangelhafte Sicherheitskultur
sind mit deutschen Standards nicht vergleichbar.



In den in Russland und Litauen in Betrieb befindli-
chen Kernkraftwerken mit RBMK-Reaktoren wur-
den zahlreiche sicherheitsverbessernde Maßnah-
men realisiert …



Die Bundesregierung misst der Sicherheit der
Atomkraftwerke in Deutschland höchste Priorität
bei. Im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung
wird dafür Sorge getragen, dass die deutschen
Atomkraftwerke auf dem höchstmöglichen Sicher-
heitsniveau betrieben werden.

Da sind wir ganz auf einer Linie.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Der Antrag der Grünen kommt über die Bekundung
der Betroffenheit anlässlich Tschernobyls zum eigentli-
chen Hauptmotiv: die Gefährlichkeit der Kernenergie zu
beschwören, so zu tun, als ob hinsichtlich der sicher-
heitstechnischen Modernisierung bestehender Anlagen
überhaupt nichts getan worden wäre. Das ist unverant-
wortlich und erfolgt wider besseres Wissen. Die friedli-
che Verwendung mittel- und hochangereicherten Urans
mit der Anhäufung waffenfähigen Plutoniums in einen
Topf zu werfen und daraufhin neue, unüberschaubare
Gefahrenpotenziale zu beschwören, ist nicht seriös. Es
ist Ideologie in Reinform!


(Beifall bei der FDP)


Sie scheuen weder eine Attacke auf die Internationale
Atomenergiebehörde – immerhin Inhaberin des Frie-
densnobelpreises – noch, das Horrorszenario der furcht-
baren Anschläge des 11. September 2001 für Ihre Zwe-
cke zu missbrauchen. Das ist Agitation.


(Beifall bei der FDP)


Stellen wir uns doch vielmehr den Realitäten. Welt-
weit wird die deutsche Reaktortechnik als die sicherste
überhaupt eingeschätzt. Unbenommen, dass andere
Kraftwerkstechnologien und auch die Technologien im
Hinblick auf die erneuerbaren Energien Potenziale ha-
ben und sich ihre Anteile am Energiemix erobern müs-
sen und sie auch erhalten werden, so muss man hier doch
einmal die Fakten benennen dürfen.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1603218300

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage der

Kollegin Kotting-Uhl?


Angelika Brunkhorst (FDP):
Rede ID: ID1603218400

Nein.

Mit dem Atomausstiegsgesetz steht Deutschland al-
lein in der Welt. Selbst Schweden und die Niederlande
sind aus ihrem Ausstieg wieder ausgestiegen. Schweden

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(C (D nd Kanada haben die Laufzeiten auf 60 Jahre erhöht. eltweit werden derzeit 444 Kernkraftwerke in 31 Län ern betrieben. (Ulrich Kelber [SPD]: Dann haben über 140 Länder keine Kernkraftwerke!)


3 Anlagen werden derzeit in zehn Ländern gebaut. Bis
020 sind 38 neue Kraftwerke in Planung. Hören Sie
etzt bitte gut zu: Sogar in der Ukraine und in Weißruss-
and erwägen die Regierungen, Kernkraftreaktoren zu
auen.


(René Röspel [SPD]: Weißrussland ist ein guter Zeuge! – Ulrich Kelber [SPD]: Seit 25 Jahren sind es immer die gleichen Planungen!)


Nehme ich den Auftrag, für Reaktorsicherheit zu
orgen, auf, dann ist es im Hinblick auf die internatio-
ale Situation wichtig – das ist der FDP ein besonderes
nliegen –, dass wir in Deutschland in Zukunft wieder
öglichst viele Kernphysiker und Ingenieure ausbilden,

ie dieses sicherheitstechnische Know-how zur Verfü-
ung stellen können.


(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn Sie so weise wären wie Professor Traube, hätten wir nichts dagegen!)


Ich will jetzt hier noch auf einige Ihrer Argumente
ingehen. Sie bestreiten die Wirtschaftlichkeit der Kern-
raft.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1603218500

Frau Kollegin, Sie können höchstens noch auf ein Ar-

ument eingehen; denn Ihre Redezeit ist abgelaufen.


Angelika Brunkhorst (FDP):
Rede ID: ID1603218600

Ja, das tue ich. – Dann komme ich gleich zum Schluss

nd sage, was wir für wichtig halten.

Es ist wichtig, die Reaktorsicherheit zu garantieren.
ir müssen die Menschen informieren und dürfen keine
ngst schüren. Wir wollen für alle Energieträger eine
ption einräumen und wir meinen, dass gerade Ihre Be-
enken ein Ausbremsen der Forschung im Sicherheits-
ereich zur Folge hatten. Damit haben Sie genau das ge-
ährdet, was Sie eigentlich wollen, nämlich nie wieder
schernobyl.


(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, wahrscheinlich sind wir am GAU schuld!)


lso bitte!


(Beifall bei der FDP – Ulrich Kelber [SPD]: Niemand will eine Mauer errichten!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1603218700

Das Wort hat der Minister für Umwelt, Naturschutz

nd Reaktorsicherheit, Sigmar Gabriel.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)







(A) )



(B) )

Sigmar Gabriel, Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit:

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der
Kollege Mißfelder hat gefragt, was man aus Tschernobyl
lernen könne. Ich glaube, eines kann man lernen, dass
uns nämlich eine Technologie Schwierigkeiten macht,
bei der die Technik und der Mensch immer funktionieren
müssen und bei der Fehler vor allen Dingen nicht bei
beiden – bei Technik und Mensch – zum gleichen Zeit-
punkt auftreten dürfen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Herr Mißfelder, ich glaube schon, dass man diese Erfah-
rung aus Tschernobyl ziehen darf.

Vielleicht mache ich mir bei meiner eigenen Fraktion
jetzt nur wenige Freunde, aber ich denke, dass es das
auch schon war, was man für die innerdeutsche
Debatte über Atomenergie aus Tschernobyl lernen
kann. Ich glaube nämlich nicht, dass wir viel weiter
kommen, wenn wir immer nur versuchen, unsere eigene
Energiepolitik anhand eines Reaktorunglücks, das vor
20 Jahren stattgefunden hat, zu definieren. Das wird im-
mer nur dazu führen, dass sich jeder die Argumente aus-
sucht, die ihm gerade in den Kram passen, und wird je-
denfalls nicht dazu führen, dass wir einen Schritt weiter
kommen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Deswegen bin ich sehr dafür, dass man diese prinzi-
pielle Lehre beachtet. Herr Kollege Mißfelder, diese
Lehre hat auf der linken Seite der Koalition eine prakti-
sche Konsequenz. Auf Ihrer Seite hat sie nicht diese
praktische Konsequenz. Ich glaube aber, dass uns die
Vorsicht, die man bei einem zu starken Sich-Verlassen
auf die Technik, den Menschen und vor allen Dingen auf
das Zusammenwirken beider haben sollte, vielleicht
doch zueinander bringen wird. Ansonsten halte ich eine
Menge davon, dass wir uns mit Tschernobyl im
Jahre 2006 auseinander setzen. Ich finde, das wäre der
angemessene Umgang gewesen, den ich in Ihrem Rede-
beitrag, Frau Kollegin Kotting-Uhl, ein wenig vermisst
habe.


(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir müssen Ihnen ja was übrig lassen!)


Man könnte den Eindruck haben, es ginge bei Tscher-
nobyl nur um die Frage, wie wir damit in der deutschen
Diskussion umgehen. In Wahrheit gibt es dort ein massi-
ves Problem. Meine Bitte ist, dass Regierung und Bun-
destagsfraktionen in den Ausschussberatungen gemein-
sam überlegen, was unser Beitrag dazu sein kann, die
schleppende Umsetzung der Sicherung des Sarko-
phages in Tschernobyl zu beschleunigen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das ist ein ernsthaftes Problem. Es steht nicht nur eine
frühere Gefährdung von Menschen durch die Reaktorka-

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(C (D astrophe im Raum, sondern auch eine aktuelle Gefährung von Menschen. (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das müssen wir bedenken. Die Bundesrepublik
eutschland hat sich mit 60 Millionen Euro an der Si-

herung beteiligt. Die Gesamtkosten liegen bei 800 Mil-
ionen Euro, aktuell bei über 400 Millionen Euro. Die
uftragsvergabe für Maßnahmen zur Ummantelung des
arkophags – das sind wichtige Schritte – verläuft
chleppend. Es sind Risse aufgetreten. Aus meiner Sicht
ird hier politisch hoch gepokert. Ich finde, der Deut-

che Bundestag und die Bundesregierung müssen ein In-
eresse daran haben, nicht nur Mittel bereitzustellen,
ondern auch dafür zu sorgen, dass die internationalen
erabredungen eingehalten werden, und zwar sowohl
on der Ukraine wie von der Russischen Föderation. Das
uss unsere Position sein. Das ist der aktuelle Umgang
it Tschernobyl.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Die Sicherung verläuft nicht so gut, wie wir uns das
orstellen. Meine Bitte ist, dass wir darauf in der Diskus-
ion über die Beschlussfassung im Deutschen Bundestag
as Schwergewicht legen. Schließlich wollen wir die
enschen dort nicht für die innerdeutsche Debatte miss-

rauchen, sondern wir wollen die Situation für die Men-
chen vor Ort verbessern. Das ist das humanitäre und
olitische Interesse der Bundesrepublik Deutschland.
arauf – das ist mein Vorschlag – sollten wir Wert legen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


ir haben genug Möglichkeiten, über Kernenergie im
usammenhang mit anderen Symbolthemen zu streiten.
ber hier müssen wir unsere Zusagen einlösen, nämlich
ie Bereitstellung humanitärer Hilfe und die Sicherung
er Lebenssituation.

Zum anderen möchte ich die heutige Diskussion nut-
en, um für die Bundesregierung zu erklären, dass wir
ns für die fast tausend Initiativen in Deutschland bedan-
en.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


is auf den heutigen Tag haben Tausende von Menschen
n Deutschland Patenschaften für Schulen und Kinder-
ärten in der Region übernommen, um ihnen zu helfen
nd ihnen zu zeigen, dass sie nicht alleine sind. Men-
chen, die zum Zeitpunkt der Reaktorkatastrophe in
schernobyl noch nicht geboren waren, haben Kinder in
en Urlaub eingeladen und für medizinische Hilfe vor
rt gesorgt. All das zeigt: Dieses Land ist bereit, über
0 Jahre ein gewaltiges ehrenamtliches Engagement auf
ie Beine zu stellen, das in seiner Wirkung noch viel
rößer ist als die Summe, die wir aus Steuergeldern be-
eitgestellt haben. Für diese Initiativen bedankt sich die
undesregierung ausdrücklich.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.






(A) )



(B) )


Bundesminister Sigmar Gabriel

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1603218800

Das Wort hat die Kollegin Eva Bulling-Schröter,

Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Eva-Maria Bulling-Schröter (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1603218900

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Der Name des ukrainischen Ortes Tschernobyl steht für
vieles. Er steht für die größte Reaktorkatastrophe der
Geschichte. Er ist gleichzeitig ein Symbol für den An-
fang des weltweiten Widerstands gegen die Atom-
kraft.

Tschernobyl symbolisiert aber auch die kritiklose
Technikgläubigkeit und die Vertuschungen, die nicht nur
für die Sowjetunion, sondern für den gesamten Ostblock
charakteristisch waren. Dass nicht sein sollte, was nicht
sein darf, war jedoch nicht nur im Kreml und im SED-
Zentralkomitee die Maxime. Auch bei bestimmten lin-
ken Organisationen im Westen, den Bruderparteien, war
dies die Richtschnur. Insofern mussten sich in den ver-
gangenen Jahren viele Mitglieder von PDS und Links-
partei, darunter auch ich, kritische Fragen stellen. Die
Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU müssten
dies aber auch tun; denn ich kann mich noch sehr gut er-
innern, wie damals auch bei uns vieles verschwiegen
wurde. Ich denke, das wird auch heute noch der Fall
sein.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht. Die Linke
hat aus den grundsätzlichen und unverantwortlichen Ri-
siken der Atomwirtschaft die einzig mögliche Konse-
quenz gezogen: Wir fordern den schnellstmöglichen
Ausstieg aus der Atomenergie.


(Beifall bei der LINKEN – Ulrich Kelber [SPD]: Wir auch!)


Die Zukunft muss ökologisch und sozial beherrschbaren
Energieformen gehören. Das sind Sonne, Wind, Wasser,
Biomasse und Geothermie statt Uran und Plutonium.

Die Argumente, die gegen die Atomkraft sprechen,
sind im Antrag der Grünen noch einmal aufgeführt. Bei-
spielsweise wird darauf hingewiesen, dass der Brenn-
stoff der AKWs nur noch 40 bis 60 Jahre reicht, dass die
Atomkraft nur einen sehr geringen Beitrag zum Klima-
schutz leistet und dass kein einziges deutsches AKW ei-
nem Terroranschlag wie dem auf die New Yorker Twin
Towers standhalten würde. Ich muss Sie von den Grünen
in diesem Zusammenhang fragen, welche Verantwor-
tung Sie haben. Es ist merkwürdig, dass die Grünen in
ihrem Antrag die Restlaufzeiten in Deutschland von über
20 Jahren als angemessen darstellen. Das ist für mich
sehr widersprüchlich. Sind wir nun gefährdet – dann
müssen die Atomkraftwerke schnell abgeschaltet wer-
den – oder nicht?


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D Gestatten Sie mir noch eine Anmerkung zum viel ziierten IAEO-Bericht. Das Dokument erschien unter em Titel „Tschernobyl – Das wahre Ausmaß des Unalls“. Als ich das Papier gelesen habe, war ich verblüfft nd zornig darüber, wie es die Atomlobby wieder einmal eschafft hat, die Wahrheit zu verbiegen. Hauptaussage vielleicht auch Motivation – des Berichts ist sinngeäß: Es war alles nicht so schlimm und wenn doch etas passiert ist, dann lag es an der dramatisierenden arstellung durch die Medien. Die habe nämlich zu eier psychischen Belastung der Bevölkerung vor Ort geührt, so die seltsame Logik. Die Autoren meinen tatsächlich, Armut, Lifestylerankheiten und psychische Probleme seien eine viel rößere Bedrohung für die betroffenen Gemeinden als ie Langzeitverstrahlung. (Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Das hat man Ihnen doch gestern im Ausschuss schon erklärt! Aber Sie haben es immer noch nicht verstanden!)


Hören Sie bitte zu! – Zudem zählt das Papier
000 Tote als Folge der Katastrophe. Der Bericht ist an

ieser Stelle eine freche Manipulation. Denn warum
ollte der ukrainische Staat sonst an die Angehörigen
on mehr als 17 000 verstorbenen Aufräumarbeitern
ntschädigung zahlen? Es geht dabei durchaus um Zah-

en. Ich finde das sehr interessant.


(Beifall bei der LINKEN und der SPD)


Die stellvertretende Ministerin der Ukraine für Kata-
trophenschutz, Tetyana Amosova, erklärte dementspre-
hend: „Wir können nicht verstehen, was das für Daten
ind.“ Lügen, Halbwahrheiten, Verdrehung von Tatsa-
hen und Unterschlagung von Informationen – das ist
er Stoff, mit dem die Atommafia gearbeitet hat und im-
er noch arbeitet.

Ich komme zum Schluss. Wir fahren Sonntag nach
schernobyl. Ich hätte mir sehr gewünscht, dass gerade
ie Partei, die das „C“ im Namen führt, sieht, was dort
assiert ist. Leider haben Sie sich nicht durchringen kön-
en, den Umweltausschuss zu begleiten. Ich werde per-
önlich den Kolleginnen und Kollegen und den Atom-
pfern vor Ort das Mitgefühl des Herrn Mißfelder
itteilen.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Das können Sie sich ersparen! Nehmen Sie Geld mit! Machen Sie Wiedergutmachung! Das andere können Sie sich sparen! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Unterlassen Sie das bitte!)


ie lernen nämlich nichts aus solchen Unfällen.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1603219000

Das Wort hat der Kollege Christoph Pries, SPD-Frak-

ion.


(Beifall bei der SPD)







(A) )



(B) )


Christoph Pries (SPD):
Rede ID: ID1603219100

Frau Präsidentin! Herr Minister Gabriel – lieber

Sigmar –, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte
mit einer kleinen Geschichte beginnen. Nikolai Kalugin
lebte mit seiner Familie in Pripjat unweit des Unglücks-
reaktors von Tschernobyl. Kurz nach der Katastrophe
wird die Familie evakuiert. Sie darf nichts mitnehmen.
Doch eine Sache kann Nikolai Kalugin nicht zurücklas-
sen: die Haustür seiner Wohnung. Es ist die Tür, auf der
nach alter Tradition die Toten aufgebahrt werden und auf
der seit Generationen Jahr für Jahr das Wachstum der
Kinder mit einer Einkerbung dokumentiert wird.

Nikolai Kalugin hat es geschafft. Mit Hilfe seines
Nachbarn hat er seine Tür an den Sicherheitskontrollen
vorbei aus der Stadt gebracht. Nikolai Kalugin hat seine
Tür noch gebraucht. Einkerbungen musste er nicht mehr
machen.

Ich kenne weder Nikolai Kalugin, noch weiß ich, ob
der Krebs, der seine sechsjährige Tochter getötet hat, mit
Sicherheit auf die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl
zurückzuführen ist. Für den Vater Nikolai Kalugin be-
steht daran kein Zweifel. Mir persönlich reicht das.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte
den Opfern der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl
im Namen der SPD-Bundestagsfraktion unser Mitgefühl
aussprechen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Gleichzeitig möchte ich von dieser Stelle auch den
weltweiten Einsatz zahlloser Organisationen und Initiati-
ven für die Opfer von Tschernobyl würdigen. Dieses
selbstlose Engagement seit nunmehr 20 Jahren verdient
unsere höchste Anerkennung.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Welche Bedeutung hat die Reaktorkatastrophe von
Tschernobyl heute noch? Sie hat noch immer gravie-
rende Auswirkungen für die unmittelbar betroffenen
Staaten, die Ukraine und Weißrussland. Im September
2005 haben die Vereinten Nationen einen Bericht über
die Folgen der Katastrophe von Tschernobyl vorgelegt.
Der Bericht entstand unter der Federführung der Inter-
nationalen Atomenergieorganisation. Er dürfte daher
selbst für glühende Befürworter der Atomenergie akzep-
tabel sein. Der Bericht kommt zu dem Ergebnis, dass
man mit insgesamt 4 000 Todesopfern rechnen muss,
dass bisher 4 000 Kinder an Schilddrüsenkrebs erkrankt
sind, dass 350 000 Menschen infolge der Katastrophe
ihre Heimat verloren haben, dass eine Fläche von mehr
als 200 000 Quadratkilometern kontaminiert wurde und
dass sich der Gesamtschaden der Katastrophe auf meh-
rere Hundert Milliarden US-Dollar beläuft. Dies sind
wohlgemerkt die Zahlen der Internationalen Atomener-
gieorganisation. Umweltorganisationen, Experten und
Hilfsorganisationen gehen bei ihren Schätzungen von

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(C (D eit höheren Opferzahlen aus. Sie kritisieren den Beicht als Verharmlosung. Und sonst? Welche Bedeutung hat Tschernobyl sonst och für uns? Ganz konkret ist die Bundesrepublik eutschland einer der größten Geldgeber bei der Sanie ung des baufälligen Sarkophags um den havarierten eaktorblock. Dessen Sanierung wird mehr als Milliarde US-Dollar verschlingen. Ganz konkret gibt as Bundesministerium für Umwelt Jahr für Jahr 0 000 Euro aus, um Wildbret anzukaufen, welches mit äsium 137 kontaminiert ist. Tschernobyl ist das Symol für die Folgen der Technologiegläubigkeit des 0. Jahrhunderts. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


schernobyl ist das Symbol für die Folgen einer Techno-
ogie, bei der es trotz der Einhaltung höchster Sicher-
eitsstandards keine Garantie für ihre Beherrschbarkeit
ibt.

Wir Sozialdemokraten haben daraus die Konsequen-
en gezogen. Die Arbeitsgruppe „Umwelt“ der SPD-
undestagsfraktion hat diese Konsequenzen in ihrer
schernobylresolution nochmals bekräftigt. Wir setzen
uf zukunftsfähige und sichere Technologien. Wir set-
en auf den Ausbau der erneuerbaren Energien.


(Beifall bei der SPD)


ir setzen auf Energieeffizienz und Energieeinspa-
ung. Atomenergie ist für uns – ebenso wie für die
ehrheit der Bevölkerung – ein Auslaufmodell.

Abschließend möchte ich noch den Fachkolleginnen
nd Fachkollegen von der Union für die sachliche Zu-
ammenarbeit in den letzten Wochen danken.


(Beifall bei der CDU/CSU)


ir standen kurz davor, nach 20 Jahren erstmals einen
emeinsamen Antrag zur Reaktorkatastrophe von
schernobyl auf den Weg zu bringen. Dass es nicht dazu
ekommen ist, bedauern wir sehr. Dass Ihrer Fraktions-
pitze letztlich der Mut gefehlt hat, unterstreicht nur
llzu deutlich, welche Bedeutung Tschernobyl heute
och hat, und zwar gerade für Sie.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1603219200

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 16/860 an die in der Tagesordnung aufge-

ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
erstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
o beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 8 auf:






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner
Zweite und dritte Beratung des von der Bundes-
regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
über die Deutsche Nationalbibliothek (DNBG)


– Drucksache 16/322 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Kultur und Medien (22. Ausschuss)


– Drucksache 16/896 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Monika Grütters
Jörg Tauss
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)

Dr. Lukrezia Jochimsen
Katrin Göring-Eckardt

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kolle-
gin Professor Monika Grütters, CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Monika Grütters (CDU):
Rede ID: ID1603219300

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Friedrich Schiller, unser großer Dichter, Stolz eines gan-
zen Volkes, beschwor dieses einst mit den Worten:

Zur Nation euch zu bilden, ihr hoffet es, Deutsche,
vergebens.

Deutschland ist eben zuallererst Kultur- und dann erst
eine politische Nation. Friedrich Schiller und Johann
Wolfgang von Goethe, die Begründer dieser Art Kultur-
nation, bezogen sich darauf, dass Deutschland damals
eben keine einige Nation war, sondern seine verschiede-
nen Stämme nur durch die Kultur als einem einigenden
Band zusammengehalten wurden. Deutschland ist bis
heute in besonderer Weise ein Land der Kultur. Wir sa-
gen nicht ohne Grund: das Land der Dichter und Denker.

Wie können wir Heutigen das schöner und treffender
ausdrücken als durch die Benennung einer National-
bibliothek? Denn der Gesetzentwurf über die Deutsche
Nationalbibliothek hat durchaus grundsätzlichen Cha-
rakter, der über die pragmatische Ausweitung des Sam-
melauftrags der Deutschen Bibliothek in Frankfurt am
Main und Leipzig hinausweist.

Hauptzweck der konstitutiven Neufassung des Geset-
zes über die Deutsche Bibliothek aus dem Jahre 1969 ist
die Ausweitung dieses Sammelauftrages auf digitale Pu-
blikationen. Das ist unstrittig und im Übrigen längst
überfällig.

Widerspruch aber hat sich in einigen Reihen der Op-
position nur bei der Änderung des Namens der Deut-
schen Bibliothek in Deutsche Nationalbibliothek geregt.
Ich frage vor allem Sie von der FDP, wovor Sie da ei-
gentlich Angst haben: vor der Frage nach der Nation, vor
der Frage nach unserem Selbstverständnis, das darin
zum Ausdruck kommt, oder vor der Konkurrenz einer
Deutschen Nationalbibliothek mit ihren großen Schwes-
tern im In- und Ausland?

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(C (D Schauen wir also erst einmal nach innen. Die Deutche Bibliothek, die wir künftig Deutsche Nationalbiliothek nennen, ist das Depot des deutschen Schriftums. Sie ist die zentrale Archivbibliothek und das ationalbi-bliografische Informationszentrum der Bunesrepublik Deutschland. Ihre Vorläufer aus Leipzig und rankfurt wurden im Zuge der Wiedervereinigung zuammengeführt. Sie alleine hat das Pflichtexemplarrecht ür ganz Deutschland und ist im Übrigen mit fast 2 Millionen Einheiten die größte Universalbibliothek eutschlands, die darüber hinaus ein vielfältiges Dienst eistungsangebot bereithält. Vorbehalte aus dem Bundesrat, der auf Antrag von ayern und Berlin gegen den Gesetzentwurf votierte, ründen sich auf die Loyalität dieser Länder mit ihren roßartigen und altehrwürdigen Bibliotheken. Selbstvertändlich anerkennen auch wir im Bundestag die Leisungen der Bayerischen und der Preußischen Staatsibliothek, die auf ihre Bestände von vor 1913, als die eutsche Bibliothek gegründet wurde, und auf die Ererbung der Literatur des Auslands verweisen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


ie ehemalige Preußische Staatsbibliothek in Berlin,
chon 1661 gegründet, zeichnet sich vor allem durch
hre Autografensammlung aus. Dort liegen zum Beispiel

ozarts „Zauberflöte“ und Beethovens „Neunte“. Die
och früher – 1558 – gegründete Bayerische Staatsbi-
liothek verfügt über eine beispiellose Handschriften-
ammlung und ist nach der British Library die zweit-
rößte Zeitschriftensammlung der ganzen Welt.

Eine Analogie zum Sammelauftrag der künftigen
eutschen Nationalbibliothek lässt sich bei allem Re-

pekt vor der Professionalität und jeweiligen Einzigar-
igkeit der Sammlungstraditionen in Bayern und Berlin
llerdings nicht begründen. Die Deutsche Nationalbi-
liothek ist die einzige, die mit der vollständigen Publi-
ation in und über Deutschland und übrigens der Her-
usgabe der Nationalbibliografie Kernaufgaben einer
ationalbibliothek erfüllt. Wir sind der Meinung, sie gilt

s daher auch den internationalen Partnern gegenüber
it Namen kenntlich zu machen.

Mit der Benennung zweier Parlamentarier für den
erwaltungsrat haben wir im Kulturausschuss übrigens
afür gesorgt, dass der Charakter der Bibliothek als na-
ionaler Einrichtung auch symbolhaft unterstrichen wird.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Finanziert wird die durch den erweiterten Sammel-
uftrag notwendige Budgeterhöhung übrigens durch
mschichtungen im Kulturhaushalt. Auch das, finde ich,

st ein gutes Zeichen.

Ob auf Papier oder im Netz, Bücher sind ein unver-
ichtbarer Bestandteil unserer kulturellen Identität.
ibliotheken sind weit mehr als bloße Büchersammel-

tellen. Sie sind vielmehr elementare Einrichtungen für
nformation und Wissen. Sie sind ein zentraler Baustein
ür Demokratie, weil sie den Zugang zur Literatur er-
öglichen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)







(A) )



(B) )


Monika Grütters
Der Begriff der Kulturnation erinnert uns gerade hier
an ein kostbares Erbe. Er fordert uns darüber hinaus zu
eigener Kreativität heraus. Mit der Deutschen National-
bibliothek setzt die Kulturnation Deutschland ein schö-
nes und würdiges Zeichen.

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1603219400

Das Wort hat der Kollege Christoph Waitz, FDP-

Fraktion.


(Beifall bei der FDP – Jörg Tauss [SPD]: Dass nur einer von euch über Bücher reden kann, ist ja unglaublich! Das fällt richtig auf!)



Christoph Waitz (FDP):
Rede ID: ID1603219500

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Symbolpolitik ist das
Schlagwort, mit dem sich die ersten Monate der Arbeit
der Bundesregierung am besten charakterisieren lassen.
Es ist eine Politik, die vor allem auf ihre äußere und öf-
fentliche Wirkung setzt, die Probleme aber nicht wirk-
lich grundlegend angeht. Es ist eine Politik, die im bes-
ten Falle verändert, aber keine dauerhafte Verbesserung
schafft.

Auch der vorliegende Entwurf eines Gesetzes über
die Deutsche Nationalbibliothek fällt in die Rubrik Sym-
bolpolitik.


(Beifall bei der FDP – Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Das sehen wir ganz anders! – Jörg Tauss [SPD]: Na, na!)


Das ist es, was die Bundesländer, die gesamte Presse-
landschaft, Herr Tauss, und vor allem die Bibliotheken
– auf die sollten wir hören – fast einhellig kritisieren.
Dabei fällt ein wenig unter den Tisch, dass der Gesetz-
entwurf ansonsten sehr viel Sinnvolles enthält.


(Beifall der Abg. Monika Grütters [CDU/ CSU])


Bei der Erweiterung des Sammlungsauftrages darf
man sich allerdings fragen, warum die Anpassung an das
digitale Zeitalter erst in den Jahren 2005 und 2006 erfol-
gen kann. Dieser eigentliche Bestandteil, die Substanz
dieses Gesetzentwurfs, ist zwischen den Fraktionen auch
nicht mehr streitig. Ich möchte mich aber auf das kon-
zentrieren, was wir als das entscheidende Problem dieses
Gesetzentwurfs ansehen: Die Deutsche Bibliothek ist
– bei aller Wertschätzung der unter diesem Namen ver-
einten Institutionen – nicht die Deutsche Nationalbiblio-
thek.


(Zuruf von der CDU/CSU: Doch!)


Wir Deutschen haben keine Nationalbibliothek.

Frau Professor Grütters, damit komme ich auf Ihre
Frage zu sprechen. Nach den Kriterien der UNESCO
setzt der Begriff Nationalbibliothek voraus, dass es sich
um die führende Groß- und Universalbibliothek eines
Landes handelt, die das wissenschaftliche Schrifttum

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(C (D eltweit sammelt, das nationale Schrifttum seit Beginn omplett sammelt, archiviert, bibliografiert und die alle esentlichen bibliothekspolitischen Aufgaben für das jeeilige Land durchführt. Alle Nationalbibliotheken des Auslands – die Östereichische, die Italienische oder Japanische –, also alle ibliotheken, die den Namen Nationalbibliothek tragen, ommen dieser Aufgabenstellung uneingeschränkt nach. Auf der anderen Seite gibt es bedeutende Bibliotheen wie die British Library oder die Library of Congress, ie das Attribut national überhaupt nicht nötig haben und rotzdem sehr gut arbeiten. Ich frage Sie, meine Damen nd Herren von der Koalition: Warum sollen gerade wir eutschen bei unserer föderalen Verfasstheit die Deut che Bibliothek, die hervorragend arbeitet, in Deutsche ationalbibliothek umbenennen, wenn sie diese Aufgaen gar nicht erfüllt? Die Aufwertung einer Bibliothek widerspricht zudem er gerade im digitalen Zeitalter zunehmenden Entwickung, dass viele Institutionen in ihrer Vernetzung ein groes funktionsfähiges Ganzes bilden. In der Computerelt ist man längst abgekehrt von monströsen roßrechnern und man erreicht dort eine wesentlich höere Kapazität durch viele vernetzte dezentrale Rechner. n seiner Stellungnahme spricht der Bundesrat genau iesen Punkt an – Frau Professor Grütters, Sie haben das ielleicht gelesen –, wenn er darauf hinweist, dass die eutsche Bibliothek gemeinsam mit der Bayerischen taatsbibliothek und der Staatsbibliothek zu Berlin zu eier virtuellen Nationalbibliothek zusammengeschlossen erden kann. Durch die Umbenennung erhebt die Deutsche Bibliohek zudem einen durch sie allein nicht einlösbaren Anpruch und beschränkt gleichzeitig die Sichtbarkeit der aktisch durch die Staatsbibliotheken in Berlin und Münhen wahrgenommenen nationalbibliothekarischen Aufaben. Wir sollten die von allen Seiten geäußerte Kritik nicht nberücksichtigt lassen. Die Namensänderung wird die isher gute Zusammenarbeit mit den bereits genannten taatsbibliotheken in München und Berlin zwangsläufig rschweren. (Jörg Tauss [SPD]: Jetzt häng das doch mal tiefer, mein Gott!)


(Beifall bei der FDP)


ie Umbenennung provoziert doch geradezu Abgren-
ungsaktivitäten der großen Staatsbibliotheken in Mün-
hen und Berlin, die um ein Vielfaches größer und älter
ind als die Deutsche Bücherei Leipzig und die Deutsche
ibliothek Frankfurt am Main. Was soll also eine solche
mbenennung, wenn keiner davon profitiert – sie produ-

iert keinen Mehrwert –, noch nicht einmal die Deutsche
ibliothek selbst?


(Monika Grütters [CDU/CSU]: Sehen Sie in einem kulturpolitischen Signal keinen Mehrwert?)







(A) )



(B) )


Christoph Waitz
Ich bin der festen Überzeugung, Frau Professor
Grütters, dass wir der Deutschen Bibliothek mit der
nicht zu tragenden Bürde, von nun an Nationalbibliothek
zu heißen, keinen Gefallen tun.


(Christoph Pries [SPD]: Ach was!)


Daher appelliere ich an Ihre Vernunft, Frau Professor

Bernd Neumann (CDU):
Rede ID: ID1603219600
Lassen Sie die-
sen Gesetzentwurf so nicht passieren! Stellen Sie nicht
die Fraktions- und Regierungsdisziplin über die Erkennt-
nis, dass die Umbenennung der Deutschen Bibliothek
widersinnig und nachteilig für die Bibliotheken in
Deutschland ist.

Haben Sie recht herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1603219700

Nächster Redner ist der Kollege Jörg Tauss, SPD-

Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1603219800

So viel Vorfreude hat es früher nicht gegeben; aber

das ist ja okay.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kolle-
gen! Lieber Kollege Waitz, Sie haben sich hier richtig
um das Namensthema bemüht. Ich möchte sagen: Rüs-
ten Sie jetzt einmal ein bisschen ab! Sie können davon
ausgehen: Die deutschen Bibliotheken sind nicht so
kleinkariert, wie Sie es ihnen unterstellen; sie werden
kooperieren.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Zu dem Namensthema wird mein Kollege Pries eini-
ges sagen. Ich möchte mich dem zweiten Kapitel zuwen-
den, das bei Ihnen nur nebenbei angesprochen wurde,
zunächst einmal aber meiner Freude Ausdruck verlei-
hen: Bücher haben heute einen tollen Stellenwert in die-
sem Parlament.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Monika Griefahn [SPD]: Das ist doch wunderbar!)


Nach der Buchpreisbindung haben wir jetzt zum zweiten
Mal ein Thema, bei dem es um Bücher geht, und das al-
les zu repräsentativen Zeiten und nicht zu nachtschlafen-
der Zeit.


(Beifall der Abg. Katherina Reiche [Potsdam] [CDU/CSU])


Ich freue mich sehr, dass wir es als Koalition ge-
schafft haben, an das Werk der letzten Legislaturperiode
anzuknüpfen. Wir diskutieren ja nicht erst seit gestern
über das Thema, das Gegenstand des Gesetzentwurfs ist.
Es geht nicht um ein Gesetz zur Änderung des Namens
– über die Namensgebung ist nur in diesem Zusammen-
hang diskutiert worden –, sondern es geht um den Ent-
wurf eines Gesetzes über die Deutsche Nationalbiblio-

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(C (D hek und damit über etwas, was wir bisher in Frankfurt atten; es geht aber darüber hinaus. Die Bibliothek in Frankfurt, lieber Kollege Pries, hat ls Nationalbibliothek fungiert und die Aufgaben wahrenommen, die andere Nationalbibliotheken ebenfalls ahrnehmen. ie wurde beauftragt, körperliche Medienwerke wie ücher und Tonträger – übrigens seit 1913 – zu sameln, zu erschließen, zu bewahren und für die Allgeeinheit nutzbar zu machen. Für digitale Publikatioen allerdings fehlte ein solcher Auftrag. Es fehlt also ine systematische Erschließung, Archivierung und utzbarmachung von Veröffentlichungen, die als Netzublikationen – anders als das beim Buch der Fall ist – einen körperlichen Träger haben. Es setzt die Bedeuung des Buches in keiner Weise herab, wenn wir sagen: ir brauchen natürlich auch ein Archiv der Gesellschaft ür Veröffentlichungen, die keinen körperlichen Träger aben. In der Regel ist Papier der körperliche Träger. In er Antike war es Papyrus oder wie auch immer. Das ist eute noch in Museen, auch hier in Berlin, in einer fasziierenden Vielfalt zu besichtigen. Aber im Gegensatz zur Archivierung auf Papyrus ist ie Archivierung von digitalen Daten bisher nichts, was ber Jahrhunderte und Jahrtausende hält; diese Daten ind schon nach wenigen Jahren und Jahrzehnten nicht ehr abrufbar. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass ir in unserer Wissensund Informationsgesellschaft Frau Präsidentin, wir sprechen immer von der Entfal ung einer Wissensund Informationsgesellschaft – inormationelle Kontinuität gewährleisten. Heute reden ir darüber, dass der Auftrag der Bibliothek, wie gesagt, n diesen Bereich hinein ausgedehnt wird. Nun haben Sie seitens der FDP kritisiert, dass dies reativ spät kommt. Ich stimme Ihnen in einem Punkt zu: s gab Leute, die schon einige Jahre früher dafür einge reten sind. Als ich 1994 in den Bundestag kam, habe ich it dem Kollegen Thierse zusammen einen Antrag auf en Weg gebracht – daran erinnere ich mich gut –, in em wir genau diese Themen angesprochen haben. (Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Sehr weitsichtig!)


(Christoph Pries [SPD]: Genau!)


er hat das damals unter Hohn und Gelächter abge-
ehnt? Unter anderem die Bundesregierung, die von Ih-
en mit getragen worden ist. Damals hat die FDP ihr
erz für die digitalen Medien noch nicht so recht ent-
eckt gehabt. Es ist ja okay, wenn dies heute anders ist.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns nicht
treiten, sondern diesen Gesetzentwurf gemeinsam be-
chließen! Es ist nicht so – wie gesagt wird –, dass sich
ie Bibliotheken kollektiv aufregen. Es gibt natürlich
ine Debatte über diese Frage, aber die gesamte Fach-
elt sagt, dass der Gesetzentwurf, den wir heute in zwei-

er und dritter Lesung verabschieden wollen, ein Gesetz-
ntwurf ist, der der Deutschen Bibliothek, wie sie bisher
eißt, und in Zukunft der Deutschen Nationalbibliothek
ukunftschancen einräumt, wie wir es wollen, wie es in






(A) )



(B) )


Jörg Tauss
anderen Staaten der Fall ist und wie es die UNESCO
auch gefordert hat. Aus diesem Grunde können und soll-
ten wir alle heute zustimmen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Das ist kein kampfentscheidender Gesetzentwurf, aber
er gewährleistet ein Stück Zukunft für die Bibliothek
und für die Erhaltung des kollektiven digitalen Gedächt-
nisses. Es geht um das gesamte archivarische Gedächtnis
unserer Gesellschaft.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1603219900

Das Wort hat die Kollegin Dr. Lukrezia Jochimsen,

Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1603220000

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wir hätten heute über einen guten Gesetzentwurf end-
gültig beraten können: den Ausbau der Bundesanstalt
„Die Deutsche Bibliothek“ zu einer digitalen Biblio-
thek der Zukunft. Denn es ist unbestreitbar wichtig und
notwendig, neben dem großen Fundus der Bücher und
Tonträger seit 1913, der in Frankfurt am Main und in
Leipzig gesammelt wird, nun auch digitales Kulturgut zu
bewahren und nutzbar zu machen. So weit, so gut.


(Jörg Tauss [SPD]: Da sind wir einig!)


Aber leider wird diese notwendige Zukunftsinvesti-
tion im Haushalt des Beauftragten der Bundesregierung
für Kultur und Medien nicht zusätzlich finanziert, wie
sich das für eine neue, vorher nicht zu leistende Aufgabe
gehört,


(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Das ist sehr destruktiv!)


sondern durch Einsparungen, wie es ausdrücklich im
Gesetzentwurf heißt, oder durch Umschichtungen, wie
uns bei der Beratung im Ausschuss für Kultur und Me-
dien versichert wurde. Einsparungen oder Umschichtun-
gen – was ist da der Unterschied? Was genau wird umge-
schichtet? Wo wird eingespart?

Wir vertreten den Standpunkt: Wenn Kultur Investi-
tion in die Zukunft ist, dann muss ein Kulturetat auch zu-
sätzliche Mittel für wichtige Zukunftsaufgaben haben.


(Beifall bei der LINKEN)


So weit, so schlecht.

Aber es kommt noch schlechter. Im Zuge ausgerech-
net dieser Modernisierung bekommt die Bundesanstalt
„Die Deutsche Bibliothek“ nun den altmodischen, pom-
pösen Namen „Deutsche Nationalbibliothek“.


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Das ist doch sehr gut! Was ist gegen Deutschland zu sagen?)


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(C (D ch halte das für eine irreführend großmäulige Bezeichung im Jahre 2006, eine völlig sinnlose Zumutung. (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Christoph Waitz [FDP] – Dorothee Bär [CDU/ CSU]: Sinnlos ist Ihre Rede!)


oll damit vielleicht so etwas wie eine deutschnationale
eitkulturdebatte angestoßen werden?


(Beifall bei der LINKEN)


n der Rede von Frau Professor Grütters wurde genau
as sehr stark an den Anfang dieser Debatte gestellt.


(Monika Grütters [CDU/CSU]: Wovor haben Sie Angst? Stellen Sie sich der Debatte doch mal!)


Seit der Einheit erfüllt die Deutsche Bibliothek – ich
age das noch einmal: nicht die Frankfurter oder die
eipziger, sondern die Deutsche Bibliothek –


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Durch Wiederholung wird das nicht besser!)


hren Auftrag für das ganze Land, zusammen mit der
reußischen und der Bayerischen Staatsbibliothek. Wa-
um also jetzt diese Umbenennung? Weder die Nutzer
och die Mitarbeiter haben das gefordert.


(Monika Grütters [CDU/CSU]: Das muss man manchmal auch unabhängig davon machen!)


as wird jetzt gemacht, weil die Idee in der vergangenen
egislaturperiode aufkam und nun umgesetzt werden
oll, ohne überzeugende Begründung. Hier ist keine ein-
ige überzeugende Begründung gefallen.


(Christoph Waitz [FDP]: Sehr richtig!)


Die Hinweise auf den internationalen Gebrauch stim-
en schlicht und ergreifend nicht. Denn die Namen der

roßen internationalen Bibliotheken sind – der Kollege
on der FDP hat das ja gesagt – entsprechend ihrer Ge-
chichte und ihrer Tradition ganz und gar unterschied-
ich. Was also sollen die deutschnationalen Bücher?

Dass dann im Gegensatz zum pompösen nationalen Ti-
el im Verwaltungsrat wenig nationale parlamentarische
epräsentanz aufscheint, ist ein weiterer kritischer Punkt.
on 13 Mitgliedern werden gerade zwei Personen vom
eutschen Bundestag entsandt – eine recht schlechte
uote.


(Jörg Tauss [SPD]: Wieso eine schlechte Quote? Von null auf zwei ist prozentual beachtlich!)


Ja, es hätte ein gutes Gesetz werden können: Die Um-
tellung auf das digitale Zeitalter der Bibliothek ist zu
egrüßen. Sie hätte es auch verdient, als wirkliche Zu-
unftsinvestition finanziert zu werden. Sie hätte bei ih-
em guten, eingeführten und durchaus der nationalen
ufgabe verpflichteten Namen bleiben und in ihrem
erwaltungsrat mehr Parlamentarier vertragen können.
un ist aus diesen letzten drei Punkten leider nichts ge-
orden. Das ist schade und der Grund, warum die Frak-

ion Die Linke den Gesetzentwurf ablehnen wird.






(A) )



(B) )


Dr. Lukrezia Jochimsen

(Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Damit müssen wir leben!)


Danke schön.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1603220100

Das Wort hat der Kollege Kai Gehring, Bündnis 90/

Die Grünen.


Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603220200

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Zunächst einmal möchte ich mich bei den Kolleginnen
und Kollegen der großen Koalition dafür bedanken, dass
sie den rot-grünen Gesetzentwurf zur Einrichtung der
Deutschen Nationalbibliothek so gut wie unverändert
eingebracht haben.

Frau Jochimsen, was Sie hier heute wieder geäußert
haben, finde ich wirklich sehr abenteuerlich. Dazu hat
meine Kollegin in der ersten Lesung eigentlich schon al-
les gesagt. Der Begriff Deutsche Nationalbibliothek hat
nichts mit Großmäuligkeit und Nationalismus zu tun,
sondern ist ein angemessener Begriff und eine Weiter-
entwicklung der Deutschen Bibliothek.


(Dr. Lukrezia Jochimsen [DIE LINKE]: Eine Weiterentwicklung?)


Auch bei der Bezeichnung deutsche Fußballnational-
mannschaft denkt doch niemand an Nationalismus. Der
Begriff Deutsche Nationalbibliothek wird sich in den
nächsten Jahren mit Sicherheit einbürgern.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der SPD – Jörg Tauss [SPD]: Das Argument hat sie abschließend überzeugt!)


Die Deutsche Bibliothek ist – das steht außer Frage –
die zentrale Archivbibliothek in Deutschland. Auch der
Einwand der FDP in der ersten Lesung – und auch heute
wieder –, die Bibliothek habe den neuen Namen Deut-
sche Nationalbibliothek deswegen nicht verdient, weil
ihre Bestände im Unterschied zu anderen Nationalbiblio-
theken in Europa nur bis 1913 reichen, kommt mir da
doch reichlich kleinkariert vor.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Die im heute zu beschließenden Gesetz vorgesehene
Erweiterung des Auftrags der Deutschen Bibliothek auf
die Bewahrung und Nutzung des digitalen Kulturerbes
für Literatur, Wissenschaft und Praxis ist mehr als über-
fällig.


(Monika Griefahn [SPD]: Ja!)


Wir leben im digitalen Zeitalter. Es wäre eine kulturpoli-
tische Katastrophe, wenn bedeutsame digital im Netz
publizierte Dokumente der Nachwelt nicht erhalten blie-
ben. Es ist zu begrüßen, wenn hier systematisch ein digi-
tales Archiv entsteht, das unser kulturelles Gedächtnis

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(C (D ür Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, aber vor llen Dingen auch für die breite Öffentlichkeit bewahrt. Gleichwohl sollten wir darauf achten, dass das traditioelle Buch unter diesem erweiterten Auftrag der Biblioek nicht leidet. Das Buch ist nach wie vor ein wichtiges edium. Das Publikumsinteresse bei den Buchmessen, ie Verkaufszahlen im deutschen Buchhandel und die utzungszahlen der vielen kleinen Bibliotheken in eutschland beweisen das. Außerdem ist uns Grünen wichtig, dass die zunehende Digitalisierung des Kulturerbes von Maßnahmen egleitet wird, welche die Medienkompetenz der Menchen erweitert. Gerade ältere Menschen müssen an omputertechniken oft erst herangeführt werden. Damit s einen gleichberechtigten Zugang zu Wissen und Kulur gibt, ist die systematische Förderung der Medienompetenz hier besonders wichtig. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jörg Tauss [SPD]: Vorsicht, die Älteren haben den Computer erfunden! – Gegenruf des Abg. Christoph Waitz [FDP]: Aber sie können ihn nicht bedienen!)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Aber die Jungen werden damit groß.

Lassen Sie mich noch ein paar Sätze zu den organisa-
orischen und finanziellen Aspekten der Deutschen Na-
ionalbibliothek sagen. Wir finden es erfreulich, dass der
undestag nun doch im Verwaltungsrat mit vertreten

ein soll.


(Beifall der Abg. Dorothee Bär [CDU/CSU])


ie bei vielen anderen Gremienbesetzungen werden
ber sicherlich nur wieder die beiden großen Fraktionen
ort vertreten sein.


(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Qualität setzt sich durch!)


ir wünschen uns für die Zukunft, dass auch die kleine-
en Fraktionen hier mehr beachtet werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Was die Finanzierung der durch den erweiterten
ammelauftrag der Deutschen Nationalbibliothek entste-
enden Mehrausgaben angeht, werden wir als Grüne na-
ürlich ganz genau hinschauen, wo die angekündigten
insparungen zur Gegenfinanzierung im Haushalt des
eauftragten für Kultur und Medien vorgenommen wer-
en.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir werden es in den Haushaltsberatungen für 2007
edenfalls nicht akzeptieren, wenn im Gegenzug bei
ichtigen Kulturförderungen gekürzt wird. Wir erwarten
ier ein klares Wort von der Bundesregierung, woher ge-
au das Geld dafür kommen soll.


(Monika Grütters [CDU/CSU]: Das wird durch Umschichtung des Kulturhaushaltes gemacht! Das ist immer klar gesagt worden!)







(A) )



(B) )


Kai Boris Gehring
– Nein, es ist noch nicht klar gesagt worden, woher das
Geld für 2007 ganz konkret kommen soll.


(Monika Grütters [CDU/CSU]: Doch!)


So wichtig und sinnvoll die Einrichtung der Deut-
schen Nationalbibliothek ist: Wir sollten trotzdem und
gerade deshalb die kleinen Bibliotheken in den Kom-
munen nicht vergessen. Ihr Erhalt ist wichtig im Sinne
eines gleichberechtigten Zugangs zu kultureller Bildung.
Dass trotz steigender Nutzerzahlen mehrere Hundert Bi-
bliotheken in diesem Land jährlich schließen müssen,
finden wir äußerst besorgniserregend.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Bevor es zu spät ist, brauchen wir dringend eine kon-
zertierte Aktion von Bund, Ländern und Kommunen für
die Zukunft unserer Bibliothekslandschaft und ihre
wichtige Rolle für die kulturelle Bildung. Ich fordere die
Bundesregierung auf, hier endlich aktiv zu werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1603220300

Das Wort hat der Kollege Philipp Mißfelder, CDU/

CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Doch nicht schon wieder! Dreimal hintereinander! Habt ihr keine anderen Redner?)



Philipp Mißfelder (CDU):
Rede ID: ID1603220400

Kollege Tauss, Sie kommen in meiner Rede auf jeden

Fall vor.

Ich möchte mit einer ernsthaften Bemerkung in Rich-
tung Linkspartei beginnen. Frau Jochimsen, mich wun-
dert nicht, dass Sie Probleme mit dem Begriff Nation ha-
ben. Denn die Linkspartei und die WASG haben bisher
noch nie den Eindruck gemacht, als ob sie mit Deutsch-
land oder mit unserer Nation auch nur im Geringsten et-
was zu tun haben möchten.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Aber das ist nicht Gegenstand meiner Rede.

Ich bin, wie Herr Kollege Tauss vorhin schon richti-
gerweise ausführte, für die Fragen der technischen Neue-
rungen, die in dem Gesetzentwurf in erster Linie behan-
delt werden, zuständig und spreche auch dazu.

Ich bin mir sicher, dass dieser Gesetzentwurf – Kol-
lege Gehring hat gerade richtigerweise gesagt, dass die-
ses Anliegen schon vorher auf den Weg gebracht worden
ist – ein wichtiger Beitrag dazu ist, im digitalen Wettbe-
werb aufzuholen. Wir sehen, was sich dort im privat-
wirtschaftlichen Bereich tut – ich nenne das Stichwort
Google – und welche neuen technologischen Planungen
auf die Internetwelt zukommen. Dies muss unsererseits,
seitens des Staates begleitet werden und auch im euro-
päischen Rahmen Berücksichtigung finden. Dazu sollte
die Bundesrepublik Deutschland einen Beitrag leisten,
und zwar aus folgendem Grund: Wir sollten im digitalen

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(C (D eitalter, wenn wir die technischen Möglichkeiten, die orhanden sind, tatsächlich nutzen, darauf hinwirken, nsere kulturelle Identität zu berücksichtigen und zu eralten. Das Wissen des digitalen Zeitalters müssen wir verügbar halten. Gleichzeitig müssen wir zur Kenntnis ehmen, dass sich zukünftig die Publikationsflut und die lüchtigkeit von Informationen erhöhen werden. Desalb ist die Frage der Medienkompetenz ein entscheiender Schlüssel, um den Zugang und die Teilhabe an er Wissensgesellschaft zu gewährleisten. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


azu wird die digitale Bibliothek ihren Beitrag leisten.

Kollege Tauss hat am 19. Januar dieses Jahres in der
rsten Lesung dieses Gesetzentwurfes bereits darauf hin-
ewiesen: Jeder kennt die Frage – und stellt sie sich
elbst –, wie das enorme Wissen, das tagtäglich von Uni-
ersitäten, Akademien, Verlagen oder auch von Privat-
ersonen in die digitalen Netze gestellt wird, auch für
ie nachfolgenden Generationen verfügbar gehalten
erden kann. Deswegen ist der Gesetzentwurf vollkom-
en richtig.

Eine Innovation von Speichermedien folgt auf die an-
ere. Systeme ändern sich; die Entwicklung auf diesem
ebiet bleibt rasant. Viele wichtige Erkenntnisse und
issenschaftliche Publikationen werden ohnehin nur
och digital und gar nicht mehr in Buchform veröffent-
icht. Ich glaube trotzdem – wir haben vorhin eine Dis-
ussion darüber geführt –, dass das Buch und der Druck
n sich auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen wer-
en. Es muss daher keinerlei Besorgnis, wie ich dies in
anchen Veröffentlichungen lese, geben, dass das Buch

urch die Digitalisierung in den Bibliotheksbereichen in
ukunft infrage gestellt wird. Dies wird es nicht. Die Di-
italisierung soll ausdrücklich nur eine ergänzende Funk-
on haben, um den Zugang von jedem Ort dauerhaft
öglich zu machen. Das ist der entscheidende Vorteil.
ie Bibliothek muss einen Beitrag dazu leisten, dass von

ast jedem Ort aus die Verfügbarkeit über eine Informa-
ion möglich ist.

Vorhin hatte ich die Frage der in diesem Zusammen-
ang gebotenen Europäisierung angesprochen. In
rankreich werden Initiativen ergriffen, den Bestrebun-
en einer von mir schon genannten Internetfirma entge-
enzutreten. Denn niemand weiß, wie sehr bei allem Op-
imismus, den ich der Internetwirtschaft gegenüber habe,
ie kulturelle Identität in Mitleidenschaft gezogen wird,
enn der Staat sich aus diesem Bereich komplett verab-

chiedet.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Deshalb glaube ich, dass unser Gesetzentwurf ein ent-
cheidender Beitrag sein kann, diesem Problem entge-
enzuwirken und diese Fragestellungen zu bearbeiten.
ir sollten uns um dieses Thema und nicht mehr um die

rage der Umbenennung kümmern. Dies ist gleich nach
er Abstimmung ohnehin entschieden und deswegen






(A) )



(B) )


Philipp Mißfelder
können wir uns getrost auf das konzentrieren, was tat-
sächlich wichtig ist, nämlich die neuen technologischen
Herausforderungen anzunehmen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1603220500

Nächster Redner ist der Kollege Christoph Pries,

SPD-Fraktion.


(Jörg Tauss [SPD]: Jetzt kommt die Sachaufklärung!)



Christoph Pries (SPD):
Rede ID: ID1603220600

Frau Präsidentin! Sehr geehrter Staatsminister

Neumann! Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich
sehr, dass wir heute gemäß dem Motto „Was lange
währt, wird endlich gut“ einen Schlussstrich unter die
Debatte ziehen können, die nicht erst seit Einbringung
des Entwurfes eines Gesetzes über die Deutsche Natio-
nalbibliothek in den Deutschen Bundestag, sondern be-
reits seit über 150 Jahren Geist und Gemüt bewegt.

Die Bibliothekswissenschaft hat zahlreiche vergebli-
che Anläufe dokumentiert, eine Nationalbibliothek in
Deutschland zu etablieren. Ein Beispiel: Karl Christian
Sigismund Bernhardi war 1843, fünf Jahre bevor er als
Abgeordneter in die Frankfurter Nationalversammlung
gewählt wurde, als Bibliothekar in Kassel beschäftigt. In
diesem Jahr kam es zu der Eingabe des Herrn Bernhardi
an die Preußische Akademie der Wissenschaften, diese
möge sich engagieren, den König von Preußen für den
Gedanken einer Deutschen Nationalbibliothek zu gewin-
nen.

Der Buchhandel solle je ein Exemplar eines jeden in
Deutschland erscheinenden Buchwerks dieser Biblio-
thek übergeben. Darauf aufbauend sollte die Bibliogra-
fie von Deutschland erstellt werden.

Die Vollständigkeit der Sammlung war Bernhardi be-
sonders wichtig. In seiner Eingabe heißt es:

Wenn nämlich auch in Deutschland, wie dieß in
Frankreich Gesetz ist, Ein Exemplar von Allem,
was gedruckt wird, ohne Ausnahme an eine deut-
sche Nationalbibliothek eingeliefert werden müßte,
so wäre das der Ort, wo jeder Gelehrte eine voll-
ständige Ergänzung der Bibliotheken finden
könnte, welche ihm in seiner nächsten Umgebung
zugänglich sind.

Schauen Sie nach Frankfurt! Dort sehen Sie genau
das, was sich Herr Bernhardi bereits vor 160 Jahren er-
träumte: eine Bibliothek, welche die Ansprüche erfüllt,
die an eine Nationalbibliothek zu stellen sind. Hier wer-
den sämtliche Publikationen aus und über Deutschland,
alle in Deutschland veröffentlichten ausländischen Pu-
blikationen sowie sämtliche deutschsprachige Literatur
des Auslands gesammelt. Auch erscheint hier mit der
Nationalbibliografie ein Verzeichnis, dem es vergönnt
ist, einen Namen zu tragen, der die Funktion bestens um-
schreibt. Die Einrichtung in Frankfurt, unter deren Dach
die Nationalbibliografie erscheint, hat die Funktion und

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(C (D en Charakter einer Nationalbibliothek. Warum sollte ihr ann ein entsprechender Name verwehrt bleiben? Die Eingabe von Herrn Bernhardi wurde damals abchlägig beschieden. Der Gutachter kam zu dem chluss: Wozu die übervollständige Anhäufung des Mittelmäßigen und Schlechten? it dieser Frage leitete er die Ablehnung der Eingabe urch die Akademie ein. Übrigens, Herr Waitz: Die Wurzeln Ihrer Partei lieen, wie Sie und Ihre Fraktionskollegen gern betonen, in enau dieser Zeit. Der spätere Nationalliberale ernhardi jedenfalls wusste sehr genau, dass eine Ein ichtung, die die Aufgaben einer Nationalbibliothek erüllt, den entsprechenden Namen tragen sollte. 132 Jahre ach dessen Tod sind die Fakten, die dafür sprechen, em Kind einen Namen zu geben, größer denn je. Ich öchte an dieser Stelle nicht die Argumente, die ich be eits bei der ersten Lesung des Gesetzentwurfs vorgetellt habe, wiederholen. Vielmehr möchte ich auf einige ndere Aspekte eingehen, die Ihnen verdeutlichen solen, dass die Umbenennung in „Deutsche Nationalbiliothek“ richtig ist. Betrachten wir einmal den jetzigen Namen: Die eutsche Bibliothek. Dieser Name wirft einige Fragen uf: Was soll der Artikel „die“ überhaupt aussagen? Soll ene Bezeichnung vielleicht darauf hinweisen, dass es ich bei dem Institut in Frankfurt quasi um die Bibliohek aller Bibliotheken in unserem Land handelt? Wenn a, würde dies stärker zu dem vom Bundesrat befürchteen Verlust der Bedeutung der Staatsbibliotheken in Berin und München beitragen, als es die Bezeichnung Deutsche Nationalbibliothek“ jemals könnte. Betrachten Sie einmal die Protokolle der ersten Lesung u diesem Gesetzentwurf. Sie werden feststellen, dass aum eine Rednerin und kaum ein Redner den richtigen amen der Einrichtung in Frankfurt benutzt hat. Das die“ wurde allzu gern weggelassen. Auch jene Abgeordete, welche sich gegen eine Umbenennung ausgesprohen haben, mussten erkennen, dass sich die korrekte amenswiedergabe nur schwerlich in einen rhetorisch inwandfreien Sprachgebrauch einpflegen lässt. (Johann-Henrich Krummacher [CDU/CSU]: Das ist richtig!)


In meinen Augen macht die bisherige Bezeichnung
einen Sinn und ist zudem irreführend. Lassen Sie uns
lso internationalen Gepflogenheiten folgen und der Bi-
liothek den Namen geben, der nicht nur ihrer Funktion,
ondern auch ihrer Bedeutung und internationalen Be-
rachtung entspricht.


(Christoph Waitz [FDP]: Deutsche Bibliothek!)


Ich begrüße im Übrigen ausdrücklich die Beschluss-
mpfehlung des Ausschusses für Kultur und Medien.
ukünftig entsendet der Bundestag zwei Mitglieder in
en Aufsichtsrat der Deutschen Nationalbibliothek.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)







(A) )



(B) )


Christoph Pries
Das unterstreicht den Charakter der Bibliothek als un-
sere Nationalbibliothek.

Im Grunde haben wir bereits eine Nationalbibliothek.
Lassen Sie uns endlich diese auch so bezeichnen!

Danke schön.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1603220700

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun-
desregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über
die Deutsche Nationalbibliothek, Drucksache 16/322.
Der Ausschuss für Kultur und Medien empfiehlt in sei-
ner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/896, den
Gesetzentwurf in der Ausschussfassung anzunehmen.
Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Aus-
schussfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. –
Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf
ist damit in zweiter Beratung mit den Stimmen der SPD,
des Bündnisses 90/Die Grünen, der CDU/CSU bei Ge-
genstimmen der FDP und der Fraktion der Linken ange-
nommen.

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzent-
wurf ist mit denselben Mehrheiten wie in zweiter Bera-
tung auch in dritter Beratung angenommen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 9 a und 9 b auf:

a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Gudrun
Kopp, Dr. Karl Addicks, Christian Ahrendt, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Ordnungspolitischer Kompass für die deut-
sche Energiepolitik

– Drucksache 16/589 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Auswärtiger Ausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Hans-
Kurt Hill, Dr. Gesine Lötzsch, Eva Bulling-
Schröter, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der LINKEN

Die zukünftige Energieversorgung sozial und
ökologisch gestalten

– Drucksache 16/1082 –

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(C (D Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Auswärtiger Ausschuss Finanzausschuss Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Verteidigungsausschuss Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre einen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kollein Gudrun Kopp. Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Herren und amen! Wir brauchen in Deutschland endlich eine enaissance der Ordnungspolitik im Energiebereich. ir führen jetzt zum zweiten Mal eine Energiedebatte an iesem Tag. (Rolf Hempelmann [SPD]: Dann können Sie Ihre Rede zu Protokoll geben!)


(Beifall bei der FDP)

Gudrun Kopp (FDP):
Rede ID: ID1603220800

as mag die Bedeutung der Energiepolitik auch noch
inmal unterstreichen. Wenn ich mehr Ordnungspolitik
m Energiebereich fordere, dann heißt das, dass im
ückblick in den letzten acht Jahren – das wurde zwar

chon von Rot-Grün begonnen, wird aber leider von der
ot-schwarzen Koalition fortgesetzt – der Pfad des Diri-
ismus und der Staatsgläubigkeit beschritten wurde und
eiter beschritten wird. Dagegen sprechen wir uns dezi-
iert aus.


(Beifall bei der FDP)


Beim Energiegipfel haben wir es gesehen: Die wich-
igen Fragen werden ausgespart: Wie sieht der künftige
nergiemix aus? Inwieweit wollen wir mehr Wettbe-
erb und Markt verwirklichen? Wie wird sich der Emis-

ionshandel gestalten? Es ist ja vorgesehen, dass etwa
0 Prozent der Zertifikate versteigert werden sollen. Wir
tellen uns vor, dass der Versteigerungserlös zum Bei-
piel zur Senkung der Stromsteuer eingesetzt werden
önnte, damit die Bürger und unsere Wirtschaft entlastet
erden. Wir fordern, dass auf diesem Weg der hohe

taatliche Anteil an den Strompreisen endlich gesenkt
ird. Er beträgt – das wissen Sie alle; wir haben übri-
ens die zweithöchsten Strompreise in der EU – 40 Pro-
ent. Der Staat muss sich an der Stelle zugunsten von
ehr Markt und Wettbewerb zurücknehmen.


(Beifall bei der FDP)


Wir haben in dem Antrag, den wir Ihnen heute vorle-
en und von dem wir hoffen, dass er auch für Sie die
eitlinien einer künftigen Energiepolitik beschreibt, drei
rundsätze niedergelegt, die wir Ihnen besonders mit

uf den Weg geben wollen.






(A) )



(B) )


Gudrun Kopp
Der erste Grundsatz lautet: Die soziale Marktwirt-
schaft, also die Bestimmung von Preisen, Verbrauch und
Investitionen durch Markt und Wettbewerb, soll auch in
der Energiepolitik endlich eine stärkere Bedeutung er-
halten.


(Beifall bei der FDP)


Zweiter Grundsatz: Die Eingriffe des Staates müssen
auf das notwendige Maß begrenzt und marktkonform
ausgestaltet werden.

Dritter Grundsatz: Subventionen dürfen nur aus-
nahmsweise gewährt werden; sie müssen zeitlich eng be-
fristet und degressiv sowie marktwirtschaftlich ausge-
staltet sein.

Von alldem, meine lieben Kollegen und Kolleginnen,
ist derzeit nichts zu spüren, im Gegenteil. Ich erwähne es
noch einmal ausdrücklich: Wenn wir Klimaschutz, Ver-
sorgungssicherheit, Bezahlbarkeit von Energie trotz des
immer weiter steigenden Energiehungers in der Welt ge-
währleisten wollen, dann brauchen wir auch in Zukunft
einen breiten Energiemix. Insbesondere an die CDU/
CSU-Fraktion gerichtet möchte ich sagen: Sorgen Sie da-
für, dass der Streit in der Koalition um die künftige Nut-
zung der Kernenergie endlich beendet wird! Ermögli-
chen Sie eine Verlängerung der Laufzeiten der
Kernkraftwerke! Denn auf diese Weise können wir für
Klimaschutz, Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit
von Energie sorgen.


(Beifall bei der FDP – Ulrich Kelber [SPD]: Und für die Verlängerung der Subventionierung!)


Denken Sie daran, dass auch in dem Statusbericht
der Bundesregierung mit Blick auf die Zukunft davon
ausgegangen wird, dass, neben den erneuerbaren Ener-
gien, Gas und Kohle vermehrt genutzt werden müssen.
Beim Gas soll sich der Bedarf in Zukunft sogar mehr als
verdoppeln.


(Ulrich Kelber [SPD]: Sagt wer?)


– Das steht im Statusbericht der Bundesregierung.
Schauen Sie nach.


(Ulrich Kelber [SPD]: Aber doch nicht das Doppelte von der Gesamtmenge, sondern das Doppelte in dem Sektor! Das müssen Sie doch einmal unterscheiden lernen!)


Das heißt, dass Sie den Klimaschutz und die Versor-
gungssicherheit hintanstellen und die Importabhängig-
keit unseres Landes – denken Sie an Gasprom, an Russ-
land – steigt.

Das wollen wir nicht. Wir möchten bei den Kohle-
kraftwerken neueste Technologien einsetzen und bei den
erneuerbaren Energien verstärkt in Forschung investie-
ren. Wir möchten, dass die Stromerzeugung aus Kern-
energie durch eine Verlängerung der Laufzeiten der
Kernkraftwerke möglich bleibt.


(Beifall bei der FDP – Ulrich Kelber [SPD]: Mit Subventionen oder ohne Subventionen?)


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(C (D All das ist notwendig, um den Standort Deutschland u versorgen. Energiepolitik ist Standortpolitik. Das ann man gar nicht oft genug wiederholen. Sie ist die ebensader unserer Wirtschaft. Herzlichen Dank. Das Wort hat der Kollege Dr. Joachim Pfeiffer, CDU/ SU-Fraktion. Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und erren! Liebe Kollegin Kopp, die FDP startet stark mit hrem Antrag, in dem sie einen ordnungspolitischen ompass fordert und mit dem sie marktwirtschaftliche ahmenbedingungen schaffen will. Das finde ich gut. as kann ich nachhaltig unterstreichen. ie klagen zu Recht an, dass wir die Gleichgewichtigkeit er Ziele Versorgungssicherheit, Umweltverträglichkeit, limaschutz sowie Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbs ähigkeit in der Vergangenheit zu sehr aus den Augen erloren, dass wir diese Bereiche nicht richtig austariert ätten. Auch darin stimme ich Ihnen zu. In Ihrem Antrag sind aus meiner Sicht aber leider eine konkreten Handlungsansätze erkennbar. Sie verlieen sich am Schluss Ihres Antrages leider in Allgemeinlätzen. Er endet mehr oder weniger – das muss ich Ihen schon sagen – als inhaltliche Nullnummer: Sie fordern, dass wir die Grundsätze der sozialen Marktwirtschaft, also die Bestimmung von Preisen, Verbrauch und Investitionen durch Markt und Wettbewerb … rhalten, dass sich staatliche Vorgaben … auf einen Ordnungsrahmen für energiewirtschaftliches Handeln beschränken, aber das Handeln anderen überlassen. (Gudrun Kopp [FDP]: Genau das fehlt, Herr Kollege!)


(Beifall bei der FDP)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1603220900

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. Joachim Pfeiffer (CDU):
Rede ID: ID1603221000

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


(Ulrich Kelber [SPD]: 1998!)


as sind Allgemeinplätze, denen wir alle hier im Haus
vielleicht mit Ausnahme der Kollegen von ganz links –

ustimmen. Wir sind – das will ich gleich hinzufügen –
uf dem Weg, diese Forderungen umzusetzen. Mit dem
nergiegipfel haben wir in dieser Woche den Startschuss
azu gegeben.

Der zweite Antrag wurde von der Fraktion DIE
INKE vorgelegt. Er geht nicht nur haarscharf an den
ealitäten vorbei, sondern meilenweit. Sie sprechen da-
on, dass unsere Energiepolitik internationale Konflikte
chürt. Im Gegensatz zur FDP schlagen Sie immerhin
nstrumente vor. Sie sind aus meiner Sicht allerdings
bstrus. Sie fordern die Verstaatlichung der Netze, so






(A) )



(B) )


Dr. Joachim Pfeiffer
genannte Bürgerenergienetze und andere Dinge mehr.
All das sind Instrumente aus der sozialistischen Motten-
kiste, die in der Vergangenheit nirgendwo auf der Welt
funk-tioniert haben. Deshalb brauchen wir uns mit die-
sem Antrag nicht weiter zu beschäftigen.

Was sind die Herausforderungen und wie wollen wir
sie angehen? In der Tat hat unsere Wirtschaft, und zwar
nicht nur die energieintensive Wirtschaft, Wettbewerbs-
fähigkeit eingebüßt. Diese Wettbewerbsfähigkeit müs-
sen wir dringend wieder erlangen. Das bedeutet, wir
müssen kurz- und mittelfristig handeln. Kurzfristige
Maßnahmen haben wir mit dem Energiewirtschaftsge-
setz eingeleitet. Frau Kopp, dieses Gesetz haben wir im
Vermittlungsausschuss zusammen mit der SPD und den
Grünen – auch das muss man einmal sagen – auf den
Weg gebracht. Mit der zurzeit in Entwicklung befindli-
chen Anreizregulierung werden wir einen Beitrag dazu
leisten, dass die vorhandenen Potenziale bei den
Netzentgelten gehoben werden. Diese Preissenkung ge-
reicht den energieintensiven Unternehmen zum Vorteil.


(Gudrun Kopp [FDP]: Guter Anfang!)


Darüber hinaus sind Ausnahmen bei der energieintensi-
ven Industrie möglich.

Es gibt hier die ersten Antragsteller. In diesem Zu-
sammenhang wurden die Netznutzungsentgelte schon
zwischen 30 und 50 Prozent reduziert. Hier wurde ein
konkreter Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit erreicht.


(Ulrich Kelber [SPD]: Das ist ein sehr gutes Gesetz aus der letzten Legislaturperiode!)


– Herr Kelber, dank unserer Vermittlungsbemühungen
ist es Ende Juni letzten Jahres in der Tat ein gutes Gesetz
geworden.


(Gudrun Kopp [FDP]: Immer großzügig sein!)


Ein weiterer Punkt: die Härtefallregelung im Erneuer-
bare-Energien-Gesetz. Im Koalitionsvertrag wurde die
Aufhebung der Deckelung bei 10 Prozent verabredet.
Das wird jetzt umgesetzt. Sie bringt der energieintensi-
ven Industrie für 2006 immerhin 80 Millionen Euro und
verbessert die Wettbewerbsfähigkeit direkt und nachhal-
tig.

Ein weiteres Instrument, mit dem wir kurzfristig han-
deln, ist das Energiesteuergesetz. Einige Branchen wer-
den weiterhin bzw. neu von der Stromsteuer und Mine-
ralölsteuer befreit. Auch das zielt direkt auf die
Wettbewerbsfähigkeit dieser Unternehmen ab.

Ein letzter und ganz entscheidender Punkt, mit dem
wir uns in den nächsten Wochen mit Sicherheit auch hier
im Parlament und in den Ausschüssen befassen werden,
wenngleich der NAP II Aufgabe der Regierung ist, ist
der Emissionshandel. Nicht umsonst haben wir den EU-
Kommissar für Umwelt eingeladen, im Mai zu einer ge-
meinsamen Sitzung des Wirtschafts- und des Umwelt-
ausschusses zu kommen. Der Emmissionshandel muss
zukünftig so ausgerichtet sein, dass die energieintensi-
ven Unternehmen im Wettbewerb nicht mehr benachtei-
ligt werden, dass wir die Einpreisung der Windfall-Pro-
fits zukünftig verhindern bzw. rückgängig machen

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(C (D ollten und so einen wichtigen Beitrag für die energieinensiven Unternehmen leisten. as alles sind Punkte, die ganz konkret nacheinander abearbeitet werden und dem Ziel der Förderung der Wettewerbsfähigkeit bzw. der Wiederherstellung der Wettewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft dienen. Was aber sind die langfristigen Herausforderungen? ie sind in der Tat nicht nur kurzoder mittelfristiger atur. Wir brauchen ein energiepolitisches Gesamtkon ept – das fordern wir schon lange ein; leider gab es das owohl in den letzten sieben Jahren unter Rot-Grün als uch in den 90er-Jahren unter Schwarz-Gelb nicht –, das ie Ziele Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit, Umeltschutz und Klimaverträglichkeit aufeinander ab timmt. Was sind die Herausforderungen? Auf der einen eite müssen wir alles für die Energieeinsparung und die rhöhung der Energieeffizienz tun. Ich glaube, da sind ir uns alle hier im Hause einig. Das EU-Grünbuch sieht hier ein Potenzial von bis zu 0 Prozent, was monetär betrachtet europaweit immerin 60 bis 65 Milliarden Euro pro Jahr bedeutet, die wir n diesem Bereich einsparen könnten, wenn wir über alle ektoren hinweg konsequent wären. Wir wollen dies und etzen das mit dem Gebäudesanierungsprogramm – das st ein Feld, über das in der Vergangenheit sehr viel gereet wurde, Herr Fell, auf dem aber viel zu wenig getan urde – in diesem Jahr erstmalig um, und zwar mit einer ervorragenden finanziellen Ausstattung und mit weiteen Anreizen, die nicht nur zinsverbilligend wirken, sonern die direkt im Zuschussbereich, also auch im Eigenumsbereich, ihre Wirkung entfalten. Dies wird mit eiteren Instrumenten ergänzt. Mit all diesen Bemühungen – der Steigerung der nergieeffizienz und den Einsparungen – werden wir, enn es optimal läuft, um 20 Prozent reduzieren könen. Das heißt, wir haben natürlich immer noch den Bearf an Strom, Energie und Wärme. Auch im Kraftstoffnd im Mobilitätsbereich, die selbstverständlich auch zu inem gesamtpolitischen Energiekonzept zählen, gibt es eitere Herausforderungen. Wir brauchen einen nachaltigen Energiemix. Dieser Energiemix – davon bin ich utiefst überzeugt – wird allen Energieträgen mit ihren pezifischen Vorund Nachteilen in Zukunft einen Platz ieten. Das betrifft die fossilen Brennstoffe, also zum Beipiel die Braunkohle und die Steinkohle. Ich nenne die tichworte CO2-Reduktion und CO2-freies Kraftwerk, as nun von der Vision in die Realisierungsphase geangt. Das betrifft auch den Gasbereich. Ich will nicht erkennen, dass ich froh bin, dass wir jetzt von dem Weg bstand nehmen, der von den Grünen, insbesondere von errn Trittin, in der letzten Legislaturperiode eingeleitet urde. Es schien der vermeintlich einfachste Weg, Inestitionen zu generieren und gleichzeitig eine Redukion des CO2-Ausstoßes zu erreichen. Das funktionierte ber nicht so. Es wird nötig sein, auch die Kernenergie m Energiemix zu behalten, Dr. Joachim Pfeiffer ob wir dies in Deutschland wollen oder nicht. Es ist sicher: Die Kernenergie wird für den Energiemix in Deutschland auch in Zukunft eine Rolle spielen. Ich sage Ihnen auch, warum: Wenn wir einen europäischen Markt, beim Gas den Ausbau der Grenzübergangsstellen, den Ausbau der Kuppelstellen und auf dem Strommarkt eine Preisbildung auf europäischer Ebene haben wollen, wird der Verbraucher in Deutschland – ob Endverbraucher oder Wirtschaft – zukünftig frei entscheiden können, woher er welchen Strom bezieht. Selbst dann, wenn wir uns, was ich nicht glaube, dafür entscheiden würden, in Deutschland langfristig auf die Kernenergie zu verzichten, würde sie über diesen Umweg für den Strommix in Deutschland auf jeden Fall eine Rolle spielen. Insofern wird die Diskussion der nächsten Wochen und Monate, wenn wir sie denn ernsthaft, rational und sachlich führen – mein Eindruck ist, dass wir das zum ersten Mal seit Jahren, beginnend mit dem Energiegipfel, schaffen können –, dazu führen, dass wir die Realitäten zur Kenntnis nehmen und uns an ihnen orientieren und dass wir uns bei der Stromerzeugung um eine breite Diversifikation bemühen. Zu den Hebungen und den Potenzialen konnte ich leider nichts mehr sagen. Herr Kollege. Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin. Ich bitte darum. Dabei geht es um die KWK und hinsichtlich der Kraftstoffe und der Mobilität um eine Strategie zur Ersetzung der bisherigen Kraftstoffe durch alternative Kraftstoffe. Deshalb sehe ich mit Freude den Diskussionen der nächsten Wochen und Monate entgegen, – Herr Kollege, Sie müssen zum Schluss kommen. – in denen mancher die Realitäten der Zeit erkennen wird. Ich komme für heute gerne zum Schluss, Frau Präsidentin. Vielen Dank. Das Wort hat der Kollege Hans-Kurt Hill, Fraktion Die Linke. u a A u u w b g n z g c k v H S j V w A K i F u m d 3 k B w n e g t u m a R k r n P b (C (D Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Liebe Kolleginnen nd Kollegen! Lieber Herr Kollege Pfeiffer, wenn etwas bstrus ist, dann ist es Ihr unbedingtes Festhalten an der tomindustrie und den gefährlichen Meilern, die es bei ns gibt. Das ist wirklich abstrus. (Beifall bei der LINKEN – Dr. Joachim Pfeiffer [CDU/CSU]: Hätten Sie mir doch nur zugehört!)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Gudrun Kopp [FDP]: Hört! Hört!)





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(Gudrun Kopp [FDP]: Aha!)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1603221100
Dr. Joachim Pfeiffer (CDU):
Rede ID: ID1603221200
Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1603221300
Dr. Joachim Pfeiffer (CDU):
Rede ID: ID1603221400
Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1603221500
Dr. Joachim Pfeiffer (CDU):
Rede ID: ID1603221600

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1603221700

(Beifall bei der LINKEN)

Hans-Kurt Hill (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1603221800

Die jetzige Energiepolitik der Bundesregierung ist
nsozial und den globalen Herausforderungen nicht ge-
achsen. Bundesregierung und Energiekonzerne glau-
en, man könne den nötigen Umbau ohne viel Bewe-
ung bewältigen. Das ist ein Irrtum. Die Aufgabe einer
achhaltigen Energieversorgung ist kein Wunschkon-
ert der Energiebosse. Es ist zwingend nötig, die Ener-
iepolitik den veränderten Bedingungen anzupassen.

Anhand von fünf Thesen möchte ich das verdeutli-
hen:

Erstens. Klimawandel und Ressourcenverfügbar-
eit geben den Ton an. Deutschland ist zu drei Vierteln
om Import fossiler und atomarer Energie abhängig. Der
unger nach diesen Rohstoffen wächst. Die Folge:
chon in 15 Jahren wird das knappe Öl über 100 Dollar

e Barrel kosten. Herr Pfeiffer, dann werden wir es mit
erteilungskämpfen zu tun haben. Warten wir einmal ab,
as dann geschehen wird.


(Dr. Joachim Pfeiffer [CDU/CSU]: Sagen Sie etwa, wir schüren internationale Konflikte?)


uch auf Kohle allein können wir nicht setzen. Denn der
limawandel ist in vollem Gange. Seine Hauptursache

st der massenhafte Verbrauch von Kohle und Öl. Die
olgen für Mensch und Umwelt erreichen uns schneller
nd in stärkerem Maße als bisher angenommen. Wir
üssen beim Klimaschutz einfach mehr tun.

Zweitens. Der Energieverbrauch muss halbiert wer-
en. Allein die Industrie kann den Stromverbrauch um
0 Prozent senken. Die Heizkosten im Gebäudebestand
önnten um bis zu 80 Prozent reduziert werden.


(Ulrich Kelber [SPD]: Hier machen wir doch etwas! Das müssen Sie jetzt aber zugeben!)


ei einer Halbierung des Energieverbrauchs können
ir sicherlich das Potenzial der erneuerbaren Energien
utzen, um die drängenden Ziele beim Klimaschutz zu
rreichen. Das wird nur mit einem klaren Ordnungsrecht
elingen. Dazu gehören das Verbot von Stand-by-Gerä-
en, die Pflicht zum Energiemanagement in der Industrie
nd klare Verbrauchsobergrenzen, die auch für die Auto-
obilindustrie gelten müssen.

Drittens. Energie muss bezahlbar bleiben. Die
ktuelle Preissteigerung ist nur teilweise den hohen
ohstoffkosten geschuldet. Sie ist auch auf Börsenspe-
ulationen und die Profitgier der Konzerne zurückzufüh-
en. Neben der Energieeinsparung ist der Ausbau der er-
euerbaren Energien der einzige Garant für stabile
reise. Ihre Kosten sinken, während sich die Preisspirale
ei Gas und Öl nach oben dreht. In wenigen Jahren






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(B) )


Hans-Kurt Hill
werden Wind, Sonne und Biomasse zum Teil billiger
sein als die fossilen Energien.

Viertens. Die Netze gehören in öffentliche Hand; das
ist eigentlich nichts Neues.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir haben mit der Bundesnetzagentur ein geeignetes
Instrument, wir müssen es nur entsprechend ausstatten,
dann wird es auch funktionieren. Die Netze müssen der
Allgemeinheit dienen und nicht dem Profit weniger.

Meine Damen und Herren von der FDP, 40 Prozent
der Stromrechnung der privaten Haushalte sind so ge-
nannte Netznutzungsentgelte.


(Gudrun Kopp [FDP]: Was?)


Die erneuerbaren Energien schlagen nur mit 2 Prozent
zu Buche.


(Gudrun Kopp [FDP]: Stimmt nicht! Das ist falsch!)


Fünftens. Die fossil-atomare Energiewirtschaft hat
keine Zukunft. Atomkraft senkt nicht die Preise, aus-
schließlich Spitzenlastkraftwerke bestimmen den Markt-
preis. Der Klimaschutzeffekt ist null. Laufen Atommeiler
länger, dürfen die Kohleblöcke mehr CO2 produzieren;
das macht der Emissionshandel möglich. Atomkraft
kann keine Brücke zur Einführung neuer Technologien
sein. Clean-Coal-Kraftwerke und Fusionsreaktoren sind
nur teure Theorien. – Es tut mir Leid, meine Stimme
macht nicht mehr mit.

Ich bedanke mich bei Ihnen.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1603221900

Herr Kollege, alles Gute für Ihre Stimme, damit Sie

demnächst wieder reden können.

Nächster Redner ist der Kollege Rolf Hempelmann,
SPD-Fraktion.


Rolf Hempelmann (SPD):
Rede ID: ID1603222000

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Das ist nun heute schon die vierte Debatte, die sich auf
die eine oder andere Art und Weise mit der Energiepoli-
tik beschäftigt. Wir haben offenbar einen Tag der Ener-
giepolitik, ja eigentlich sogar – wenn man an den Beginn
der Woche, an den Energiegipfel denkt – eine Woche der
Energiepolitik. Das ist gut so; es zeigt nur den Stellen-
wert des Politikfeldes, mit dem wir uns beschäftigen.

Am Ende eines solchen Debattentages – den haben
wir ja, was die Energiepolitik angeht, fast erreicht – kann
man eine ganz interessante Feststellung treffen: Die
Situation ist schon etwas seltsam. Auf der einen Seite
haben wir die Grünen, die initiativ wurden und eine
Aktuelle Stunde zum Thema Energiepolitik verlangten
und im Grunde genommen feststellen müssen, dass sie
fast überflüssig werden;

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(C (D (Heiterkeit bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haha!)


enn Rot-Schwarz – oder Schwarz-Rot – betreibt eine
nergiepolitik, die mindestens so grün ist wie die Ener-
iepolitik der sieben Jahre zuvor.


(Zuruf von der FDP: Und genauso wenig zielführend!)


as führt bei den Grünen natürlich zu ein wenig Nervo-
ität.

Auf der anderen Seite haben wir eine Fraktion, die ein
isschen die Rolle einnimmt, die man früher den Grünen
ugeschrieben hat. Wir haben gerade Herrn Hill gehört,
er meint, dass es ohne fossile und ohne Kernenergie
eht, mit anderen Worten: Strom gibt es, wenn der Wind
eht. Auch das kann der Weg nicht sein.

Unser Koalitionspartner schließlich hat sich mit uns
emeinsam auf den Weg gemacht, eine Energiepolitik zu
ormulieren, die zukunftsfähig ist und unser Land wei-
erbringen wird. Lieber Kollege Pfeiffer, ich hätte gerne
m Ende Ihrer Rede applaudiert, aber wir gewöhnen uns
a alle noch ein bisschen aneinander.


(Heiterkeit des Abg. Dr. Joachim Pfeiffer [CDU/CSU])


eswegen sei Ihnen verziehen, dass Sie am Ende doch
och einen kleinen Ausrutscher hatten, als Sie sozusagen
zum Kern“ gekommen sind, auf den Sie immer wieder
erne zurückkommen. Sie hatten halt das Pech, bei der
schernobyldebatte nicht dabei gewesen zu sein; mögli-
herweise hätten Sie sich sonst die Bemerkung zu die-
em Thema verkniffen.

Die FDP hat einen Antrag gestellt


(Gudrun Kopp [FDP]: Guter Antrag!)


nd bittet um einen ordnungspolitischen Kompass.
ann gibt es offenbar eine gewisse Orientierungslosig-
eit in Ihren Reihen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der FDP: Bei der Regierung!)


ie bitten uns, Ihnen da ein bisschen weiterzuhelfen und
rientierung zu geben. Dazu sind wir natürlich gerne be-

eit.


(Gudrun Kopp [FDP]: Das kann schief gehen!)


Die Linken wollen Energieversorgung sozial und
kologisch gestalten. Ich habe immer gedacht: Das ist
enau das, was wir jahrelang gemacht haben. Wir waren
ür das Soziale und für das Ökologische gemeinsam zu-
tändig und sind dafür gelegentlich von allen Seiten
oder fast allen – gelobt worden.

Wie dem auch sei, am Montag fand der Energiegipfel
tatt; wir haben heute darüber gesprochen. Ich denke,
ass hier durchaus ein Beitrag geleistet worden ist und in
en nächsten Monaten geleistet werden wird,


(Gudrun Kopp [FDP]: Welche Versprechung!)







(A) )



(B) )


Rolf Hempelmann
der dem Verlangen nach Orientierung bis ins Jahr 2020
tatsächlich nachkommt: mit einem Energiekonzept oder
Energieprogramm, das im Jahre 2007 das Ergebnis die-
ses Gipfelprozesses sein soll.

Wir haben heute Morgen gehört, dass bei den Gesprä-
chen auf diesem Gipfel insbesondere die Aspekte
Versorgungssicherheit, Preiswürdigkeit und Umweltver-
träglichkeit eine Rolle gespielt haben und dass die Er-
gebnisse – insbesondere die zugesagten Investitionen –
genau dieser Zieltrias entsprechen. Das ist gut so; das
wird von uns begrüßt. Als Parlamentarier sind wir aber
gebrannte Kinder und wollen mehr als diese Zusagen.
Wir möchten von den zuständigen Ministerien schwarz
auf weiß sehen, was im Einzelnen vereinbart worden ist,
um die Belastbarkeit der Zusagen selber einschätzen zu
können.


(Vorsitz: Präsident Dr. Norbert Lammert)


Es lohnt sich durchaus, nicht nur einen Blick nach
vorne, sondern auch einen Blick zurück zu werfen; denn
ich glaube, dass mit der Energiepolitik der letzten Jahre
die Kriterien erfüllt wurden, deren Realisierung uns
heute in diesen beiden Anträgen abverlangt wird. Zum
einen haben wir im letzten Jahr eine Ordnungspolitik
auf den Weg gebracht, die man durchaus mit dem Be-
griff Paradigmenwechsel umschreiben kann, und zwar
durch Einsatz der SPD, der CDU/CSU und der FDP.
Nachdem zunächst der Bundestag entschieden hatte, ha-
ben wir letztlich im Bundesrat eine Einigung über einen
neuen Ordnungsrahmen und ein neues Energie-
wirtschaftsgesetz erzielt, durch das eine Regulierungs-
behörde, nämlich die Bundesnetzagentur, beauftragt
worden ist, für mehr Wettbewerb bei den leitungsgebun-
denen Energien, also bei Strom und Gas, zu sorgen. Ich
denke, das war ein wichtiger Schritt. Wir sollten ihn
nicht kleinreden, aber auch nicht so tun, als müssten wir
heute damit beginnen, die Ordnungspolitik auf einen
neuen Weg zu bringen.

Richtig ist, dass die Bundesnetzagentur ihre Arbeit
gerade erst aufgenommen hat, sodass man sie noch nicht
beurteilen kann. Sie muss auch noch eine Anreizregulie-
rung konzipieren, die in eine entsprechende Verordnung
zu gießen ist und erst dann wirken kann. Wir alle erhof-
fen uns davon mehr Wettbewerb. Das ist in der Tat die
beste Möglichkeit, um zu sinkenden Netzentgelten und
auch zu sinkenden Energiepreisen, Strompreisen alle-
mal, zu kommen.

Wir haben in der letzten Legislaturperiode ein weite-
res wichtiges Projekt auf den Weg gebracht, nämlich den
Nationalen Allokationsplan. Dem folgt jetzt für die
zweite Handelsperiode der Nationale Allokationsplan II.
Es ist wichtig – das habe ich heute Morgen schon
betont –, dass sich die Häuser schnell einigen, damit wir
als Parlament diesen Prozess entsprechend begleiten
können. Wir müssen verschiedene Ziele gemeinsam er-
reichen; das ist keine einfache Geschichte. Auf der einen
Seite wollen wir, dass es zu Investitionen in die Kraft-
werke kommt. Dazu muss es im Allokationsplan be-
stimmte Rahmenbedingungen geben. Auf der anderen
Seite wollen wir, dass die Industrie nicht derart mit Kos-
ten belastet wird, dass wir sie letztlich aus dem Lande

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(C (D reiben. Das heißt, wir müssen Wege finden, dass die nternehmen durch die Einpreisung der Zertifikate nicht eradezu erdrosselt werden, wie es bisher geschehen ist. ier ist die Energiewirtschaft aufgefordert, an Lösungen itzuarbeiten. Einfache Lösungen gibt es jedenfalls icht. Im FDP-Antrag gibt es etwas, das bei mir ein Déjàu-Erlebnis ausgelöst hat. Wir haben ja bei vielen Podimsdiskussionen zum Thema Energiepolitik zusammenesessen, bei denen immer wieder gesagt wurde: Von en staatlich induzierten Mehrkosten von 40 Prozent üssen wir runter. – Ich will ein für allemal sagen, dass ber 34 Prozent dieser Kosten überhaupt nicht geredet erden kann. Das wissen Sie genauso gut wie jeder anere hier im Hause. Das sind nämlich Kosten, die Sie elbst anderswo ebenfalls vertreten. Für die Konzessinsabgaben beispielsweise, die an die Kommunen geahlt werden, werden Sie in Ihren Kommunen genauso treiten – jedenfalls werden Sie den Eindruck erwecken, ass Sie dafür streiten –, wie wir uns hier dafür einseten. Diese Gelder sind für Leistungen, die die Kommuen erbringen und auf die sie einen Anspruch haben. Es ann doch keiner ernsthaft erwarten, dass wir, was die msatzsteuer angeht, bei der Energie eine Ausnahme achen. (Gudrun Kopp [FDP]: Sie wollen sie noch erhöhen!)


ch denke, dass die Stromsteuer im Grundsatz nicht
irklich umstritten ist.


(Gudrun Kopp [FDP]: Doch!)


Es geht also um die relativ geringen Kosten, die durch
as Erneuerbare-Energien-Gesetz verursacht werden.
a streiten wir am Ende über Nuancen; denn auch das
rneuerbare-Energien-Gesetz wird jedenfalls verbaliter
on allen Fraktionen unterstützt.


(Gudrun Kopp [FDP]: Nein!)


eswegen hören Sie auf mit der Mär von den staatlich
nduzierten Kosten. Wir müssen mehr Wettbewerb in das
nergiegeschäft einziehen lassen. Das ist der beste Weg,
m die Kosten zu senken und zu niedrigeren Preisen zu
ommen. Diesen Weg werden wir weiter beschreiten.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD – Martin Zeil [FDP]: Weit weg von einfachen Menschen!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1603222100

Zum Schluss dieses Tagesordnungspunktes hat das

ort der Kollege Hans-Josef Fell, Bündnis 90/Die Grü-
en.


(Zuruf von der CDU/CSU: Jetzt kommt der Experte!)



Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603222200

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der De-

atte liegen zwei Anträge zugrunde, einer von der FDP
nd einer von der Linken. Lassen Sie mich mit dem
DP-Antrag anfangen.






(A) )



(B) )


Hans-Josef Fell
Frau Kopp,


(Gudrun Kopp [FDP]: Ja?)


Sie formulieren in Ihrem Antrag Leitlinien, die wir
durchaus für richtig halten. Beispielsweise schreiben Sie
in Ihrem Antrag:

Der Wettbewerb ist vor Absprachen, Kartellen und
Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung zu
schützen.

Wo waren Sie denn in den 40 Jahren Regierungsbeteili-
gung, in denen Sie stets die Wirtschaftsminister gestellt
haben und in denen sich in diesem Land im Energiesek-
tor eine Struktur aufbauen konnte, die von Monopolen,
Oligopolen, Absprachen, Kartellen und von marktbe-
herrschenden Stellungen dominiert ist?


(Gudrun Kopp [FDP]: Was?)


Ihre Wirtschaftspolitik hat doch dazu geführt, dass wir
genau das haben, was Sie in Ihrem Antrag ablehnen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich will die zweite Leitlinie Ihres Antrags zitieren:

Eingriffe des Staates – etwa zum Erreichen von
ökonomischen oder ökologischen Zielen – müssen
marktkonform sein …


(Gudrun Kopp [FDP]: Sagen Sie doch mal etwas zu Eon und Ruhrgas!)


Das unterstützen wir. Auch von Anreizen für ein wirt-
schaftlich vernünftiges Verhalten ist in Ihrem Antrag die
Rede; das unterstützen wir ebenfalls. Externe Kosten un-
ternehmerischen Handelns, auch solche, die in der Zu-
kunft anfallen, sind zu internalisieren, heißt es hier. Die
Instrumente müssen wettbewerbsorientiert und effizient
sein.

Die rot-grüne Bundesregierung hat seinerzeit damit
begonnen, die Monopole, die Sie geschaffen haben, ab-
zubauen, und zwar mit dem Erneuerbare-Energien-Ge-
setz, das neuen Akteuren überhaupt eine Chance gibt,
mit dem KWK-Gesetz und mit der Ökosteuer. Genau
diese Instrumente wollen Sie jedoch verhindern. Das ist
letztendlich der Grundgedanke Ihres Antrages.

Ich möchte das noch im Detail ausführen. Aber ich
sehe, Sie möchten eine Zwischenfrage stellen, Frau
Kopp, die ich gerne zulasse.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1603222300

Frau Kollegin Kopp.


Gudrun Kopp (FDP):
Rede ID: ID1603222400

Herr Fell, herzlichen Dank, dass Sie die Frage zulas-

sen. – Sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen,


(Dr. Rainer Wend [SPD]: Vorsicht!)


dass es der frühere Bundeswirtschaftsminister Rexrodt
war, der mit der Liberalisierung des Strommarktes be-
gonnen hat? Bis 1998 konnte durch diese Liberalisierung
ein Gewinn von 7,5 Milliarden Euro erwirtschaftet wer-
den, der kurz danach durch Ihre Regierungsbeteiligung

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(C (D icht nur aufgebraucht, sondern ins Gegenteil verkehrt urde. Von der Konzentration auf dem Energiemarkt urch die Erlaubnis der Fusion von Eon und Ruhrgas ill ich einmal schweigen. Bauen Sie hier bitte keinen opanz auf, den es so gar nicht gibt. Frau Kollegin Kopp, Sie haben sicherlich gehört, dass ch von 40 Jahren Regierungsbeteiligung der FDP und em jahrzehntelangen Aufbau dieser Strukturen gesprohen habe. (Gudrun Kopp [FDP]: Da habe ich noch gar nicht gelebt!)

Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603222500

ch will gerne zugestehen, dass am Ende mit der Libera-
isierung ein vernünftiger Versuch unternommen wurde.
ber weil Sie über Jahrzehnte hinweg eine Monopol-

truktur im Energiebereich zugelassen und nicht dage-
en gekämpft haben, ist es Rot-Grün schwer gefallen,
ie Liberalisierung zu Ende zu führen. Das Ergebnis Ih-
er jahrzehntelangen verfehlten Wirtschaftspolitik ist
ine starke Monopolisierung und Oligopolisierung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Lassen Sie mich auf Ihren Antrag im Detail eingehen.
ie wollen eine effiziente, marktkonforme und erfolgrei-
he Förderung auch von erneuerbaren Energien. Da-
über freuen wir uns; das ist ein richtiger Ansatz. Aber
ch frage Sie: Warum bekämpfen Sie, wie in diesem An-
rag, die effizienten Instrumente? Nur ein Beispiel: Die

indenergie hat in Großbritannien in den letzten Jahren
in Volumen von etwa 1 Gigawatt erreicht; in Deutsch-
and beträgt dieses Volumen 20 Gigawatt. Wissen Sie,
arum? In Großbritannien sind die Instrumente, die Sie

ür richtig halten – Quoten und Zertifikate –, angewandt
orden. Dadurch wurde diese Energieform ineffizient
nd in dem windreichen Land Großbritannien wurden
ur wenige Windanlagen gebaut. In Deutschland hinge-
en konnten auf diesem Markt neue Akteure Fuß fassen.


(Gudrun Kopp [FDP]: Koste es, was es wolle!)


Genau, kommen wir zu den Kosten. In Großbritannien
ostet die Kilowattstunde Windenergie etwa 13 Cent, in
eutschland im Durchschnitt etwa 8 Cent. Im Vergleich

st das Instrument in Deutschland eindeutig kostengüns-
iger.

Sie beklagen auch, dass die Strompreise insgesamt zu
och seien, und schieben dies den erneuerbaren Ener-
ien, der KWK und der Ökosteuer in die Schuhe. Dabei
erschweigen Sie, dass die EEG-Mehrkosten nur
Prozent des Strompreises ausmachen.


(Axel E. Fischer [Karlruhe-Land] [CDU/CSU]: Die Rechnung möchte ich mal sehen!)


ie stromintensive Industrie ist von diesen Mehrkos-
en sogar weitgehend entlastet.


(Martin Zeil [FDP]: Die armen Bürger müssen es zahlen!)


nsofern können Sie nicht von der falschen Behauptung
usgehen, dass 600 000 Arbeitsplätze gefährdet seien.






(A) )



(B) )


Hans-Josef Fell
Wie sieht es denn wirklich mit der Ökosteuer aus? Die
Unternehmen werden durch die Ökosteuer beim Arbeit-
geberanteil an den Rentenversicherungsbeiträgen und
bei den höheren Energiekosten entlastet. Die strominten-
sive Industrie hat durch die Ökosteuer keinen Nachteil
– wie Sie behaupten –, sondern einen Vorteil. Das ist
Wirtschaftsförderung, wie wir sie für richtig halten.

Ich gestehe Ihnen zu, dass die stromintensive Indus-
trie durch die steigenden Energiepreise gefährdet ist.
Aber das liegt, wie auch Sie festgestellt haben, an dem
Festhalten am Energiemix. Die Erdgas-, Erdöl-, Kohle-
und Uranpreise steigen weltweit an. Wenn wir bei die-
sem Energiemix bleiben, werden wir diese Arbeitsplätze
gefährden. Wir müssen also so bald wie möglich aus den
fossilen und atomaren Energien aussteigen, damit die
Arbeitsplätze gesichert werden. Das ist das Entschei-
dende.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Axel E. Fischer [Karlruhe-Land] [CDU/CSU]: Das glauben Sie selber nicht, was Sie erzählen!)


Sie haben gesagt, dass Sie andere Wettbewerbsinstru-
mente anstreben, beispielsweise um den Klimaschutz zu
verbessern. Lassen Sie uns einen Vergleich anstellen.
Die CO2-Vermeidungskosten durch die Windenergie lie-
gen bei 52 Euro pro Tonne CO2. Durch den Emissions-
handel betragen die CO2-Vermeidungskosten 1 160 Euro
je Tonne – und Sie sagen, wir müssten uns für dieses In-
strument stärker einsetzen. Helfen Sie lieber mit, dass
die Industrie endlich bei der Versteigerung der Zertifi-
kate im Emissionshandel mitmacht, damit die Kosten
gesenkt werden,


(Gudrun Kopp [FDP]: Das haben wir eben gesagt!)


statt Ihre Denkansätze weiterzuverfolgen.

Gestatten Sie mir noch eine Anmerkung zu den Lin-
ken. Sie fordern sozial gerechtere Strukturen auch in der
Energiewirtschaft. Das ist notwendig; das will ich gerne
zugestehen. Aber wenn die Einnahmen aus der Öko-
steuer mehrheitlich in die erneuerbaren Energien und in
die Energieeinsparung gelenkt würden, wie Sie es wol-
len, bedeutete das im Klartext – das steht zwar nicht in
Ihrem Antrag, aber das wäre die Folge – eine Anhebung
der Rentenversicherungsbeiträge für alle Bürgerinnen
und Bürger, die in Arbeit sind.


(Widerspruch bei der LINKEN)


Wie Sie das als sozial verträglich begründen wollen,
müssen Sie mir einmal erklären. Lesen Sie Ihren Antrag!
Darin ist noch vieles zu verbessern. In der vorliegenden
Fassung können wir ihn sicherlich nicht mittragen. Ich
bin auf die Debatte in den Ausschüssen gespannt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU/CSU: Schlechter Beitrag!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1603222600

Ich schließe die Aussprache.

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(C (D Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlagen uf den Drucksachen 16/589 und 16/1082 an die in der agesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlaen. – Ich stelle fest, Sie sind damit einverstanden. Dann ind die Überweisungen so beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 10 auf: Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherung von Werkunternehmeransprüchen und zur verbesserten Durchsetzung von Forderungen – Drucksache 16/511 – Überweisungsvorschlag: Rechtsausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Arbeit und Soziales Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre azu keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort erhält zunächst er Kollege Dr. Peter Danckert für die SPD-Fraktion. Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! ir unternehmen heute gemeinsam mit dem Bundesrat inen erneuten Versuch, im Interesse der Bauhandwerker nd Bauunternehmer die Zahlungsmoral zu verbessern. ch darf an das Bauhandwerkersicherungsgesetz aus dem ahr 1993 und das Gesetz zur Beschleunigung fälliger ahlungen aus dem Jahr 2000 erinnern. Zwischenzeit ich gab es eine Reihe von Gesetzentwürfen, die aber icht realisiert wurden. Heute unternehmen wir einen eiteren Versuch. Sie werden sehen, dass es auch in meiner Fraktion urchaus unterschiedliche Auffassungen bei der Frage ibt – ich verweise auf meinen Kollegen Dirk anzewski, der noch reden wird –, ob das Gesetz geeig et ist, dem Notstand abzuhelfen. Ich meine: Ja. Andere einen: Nein. Ich bin der Meinung, dass wir es zumin est versuchen sollten, an dieser Stelle etwas im Inteesse der Unternehmer zu erreichen. Es ist nicht zu leugen, dass es vielfach aufgrund unterschiedlicher Voränge zu Zahlungsausfällen kommt. Ob wir dies letztich durch das Gesetz beseitigen können, kann man ezweifeln. Aber ich finde, jeder Versuch ist lohnensert. Wir haben zwar schon ein breites Instrumentarium; as wird Herr Staatsminister Mackenroth sicherlich betätigen. Allerdings wird von diesem nur wenig Gerauch gemacht. Das liegt an den unterschiedlichen Poitionen von Auftraggeber und Auftragnehmer. Die öglichkeiten, die unsere gesetzlichen Regelungen vorehen, werden nicht genutzt, um überhaupt einen Aufrag zu bekommen. Das eigentliche Problem ist also, ass hier wirtschaftliche Ungleichheit herrscht und dass iele Handwerker die gesetzlichen Möglichkeiten nicht utzen. Dr. Peter Danckert Der Kollege Manzewski wird sicherlich andere Punkte ansprechen. Ich glaube aber, dass im Mittelpunkt des Gesetzgebungsverfahrens – es handelt sich ja um ein Artikelgesetz – die Änderung im Bereich der ZPO steht, die vorläufige Zahlungsanordnung. Sie soll es dem Kläger in einer bestimmten Prozesssituation ermöglichen, auf Antrag einen Titel zu erlangen, mit dem er die Vollstreckung betreiben kann. Das ist in § 302 a des Gesetzentwurfs sehr fein ziseliert. Es bedarf eines Antrages, einer mündlichen Verhandlung und einer Einschätzungsentscheidung durch das erkennende Gericht. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird es in den meisten Fällen zu einem für den Kläger positiven Endurteil kommen. Der Beschluss muss kurz begründet werden. Es gibt Hinweise darauf, dass die Gerichte möglicherweise zusätzlich belastet werden, weil Anwälte massenhaft von diesem Antragsrecht Gebrauch machen, um Schadenersatzansprüchen ihrer Auftraggeber sozusagen vorzubeugen. Ich sehe diese Gefahr nicht. Ich glaube, dass es sich um ein sehr pragmatisches Instrument handelt, von dem man in einer bestimmten Verfahrenssituation, wenn der Prozess beispielsweise durch die beklagte Seite verschleppt wird, Gebrauch macht. Dadurch wird das Gericht in die Lage versetzt, eine vorläufige Entscheidung zu treffen. Ich halte das für vernünftig und sachgerecht. Ob es alle Probleme löst, wird man erst sehen, wenn es in der Praxis ausprobiert wird. Ich finde, wir sollten diesen Versuch gemeinsam wagen. Heute ist die erste Lesung. Wir werden sehen, ob wir im Rahmen der weiteren Beratungen möglicherweise zu einzelnen Verbesserungen kommen. Ich bescheinige dem Bundesrat auf jeden Fall, dass sein Vorschlag eine vernünftige Gesetzesgrundlage im Interesse der Bauunternehmer bietet. Vielen Dank. Das Wort hat nun die Kollegin Mechthild Dyckmans, FDP-Fraktion. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der deut sche Mittelstand und insbesondere die deutschen Handwerker haben mit vielen Problemen zu kämpfen. Eines davon ist die mangelnde Zahlungsmoral. Diese ist nicht nur bei privaten Auftraggebern anzutreffen. Auch die öffentliche Hand geht hier häufig nicht mit gutem Beispiel voran. Wir debattieren heute über den Entwurf eines Forderungssicherungsgesetzes. Bereits der Titel weckt die Hoffnung, dass aufgrund der in diesem Entwurf vorgesehenen Gesetzesänderungen Unternehmer ihre Ansprüche sichern und ihre Forderungen leichter und besser durchsetzen. Wie Sie aber wissen, debattieren wir heute nicht z 1 w f b G B n H B s n b e t d a C h w d m D g f n s n g – D S t e g v s a e t (C (D um ersten Mal darüber. Bereits in der 14. und der 5. Wahlperiode verfielen entsprechende Gesetzentürfe der Diskontinuität. Das war nicht unbedingt Zu all, sondern lag an den vielen Bedenken, die in den Deatten überdeutlich geworden sind. Das Bundesjustizministerium macht sich nun einen esetzentwurf zu Eigen, der von den unionsregierten undesländern eingebracht wurde, und propagiert in eier Pressemitteilung von heute „Schneller Geld für andwerker“. Ich hätte eigentlich erwartet, dass die undesregierung ein eigenes Forderungssicherungsge etz vorlegt, achdem wir mehrmals darüber debattiert und die Proleme genau aufgezeigt haben. (Dr. Peter Danckert [SPD]: Das ist ja ein Bund-Länder-Projekt, Frau Kollegin!)


(Forderungssicherungsgesetz – FoSiG)

Dr. Peter Danckert (SPD):
Rede ID: ID1603222700




(A) )


(B) )


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1603222800

(Beifall bei der FDP)

Mechthild Dyckmans (FDP):
Rede ID: ID1603222900

(Beifall bei der FDP)


Meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der SPD,
rinnern Sie sich nicht mehr an Ihre Kritik aus der letz-
en Wahlperiode? Was hat sich eigentlich seitdem geän-
ert,


(Dr. Peter Danckert [SPD]: Wir haben gewählt! Der Bürger hat einen neuen Auftrag erteilt!)


ußer dass Sie jetzt in einer großen Koalition mit der
DU/CSU sind? Für die FDP-Bundestagsfraktion beste-
en die Bedenken aus der letzten Legislaturperiode nach
ie vor. Eine Gesetzesänderung erreicht nämlich nur
ann ihr Ziel, wenn sie wirtschaftlich sinnvoll, rechtlich
öglich und zielführend ist.


(Dr. Peter Danckert [SPD]: Das trifft hier alles zu!)


er heute vorliegende Entwurf darf nicht nur als Beruhi-
ungspille für Handwerker dienen.

Beispielhaft eingehen möchte ich heute auf die Ein-
ührung der so genannten vorläufigen Zahlungsanord-
ung; Sie haben sie schon erwähnt, Herr Kollege. Hier
oll ein neues Rechtsinstitut geschaffen werden, das
icht nur für Bauforderungen, sondern ganz allgemein
elten soll.

Ihr Anwendungsbereich umfasst

ich zitiere aus der Gesetzesbegründung –

alle Zahlungsansprüche einschließlich etwaiger Ne-
benforderungen, soweit nicht – wie etwa bei Unter-
haltsansprüchen … – Sonderregelungen eingreifen.

ieses Institut soll also im Bereich der Arzthaftung, bei
chadensersatzansprüchen nach Unfällen sowie bei Mie-

en und vielem anderen gelten. Abgesehen davon, dass
ine Praxisbefragung durch die einbringenden Landesre-
ierungen gerade nicht stattgefunden hat und die Sach-
erständigenanhörung im erweiterten Berichterstatterge-
präch in der letzten Legislaturperiode große Bedenken
n der Praxistauglichkeit dieser Regelung aufgezeigt hat,
s also sehr zweifelhaft ist, ob dieses Institut in der prak-
ischen Umsetzung halten kann, was es verspricht,






(A) )



(B) )


Mechthild Dyckmans
scheint mir ein Gesetz zur Sicherung von Werkunterneh-
meransprüchen nicht der geeignete Ort für die Einfüh-
rung eines völlig neuen Rechtsinstituts in die ZPO zu
sein.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Für den Erlass einer solchen Anordnung ist unter an-
derem notwendig – auch darauf haben Sie schon hinge-
wiesen, Herr Kollege –, dass der zuständige Richter eine
Erfolgsprognose über die Klage „nach bisherigem Sach-
und Streitstand“ abgibt. Im Gesetzentwurf ist von einer
„hohen Aussicht auf Erfolg“ die Rede. Hier wird eine
neue Begrifflichkeit eingeführt, die der ZPO bisher
fremd ist. In der Begründung ist zu lesen – das muss ich
Ihnen einfach vorlesen –,


(Dr. Peter Danckert [SPD]: Wir kennen die Begründung!)


was unter „hoher Aussicht auf Erfolg“ zu verstehen ist:

Das soll der Fall sein, wenn das Gericht sich zu den
einschlägigen tatsächlichen Fragen zwar noch keine
dem Beweismaß des § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO ge-
nügende Überzeugung gebildet hat, aber auf der
Grundlage eines fundierten Zwischenergebnisses
bereits eine Prognose über den Verfahrensausgang
treffen kann. Dieser Prognose hat das Gericht seine
Einschätzung zur Entscheidungserheblichkeit die-
ser Fragen, zum Maß der verbleibenden Unklarheit
und gegebenenfalls zum Beweiswert noch nicht
ausgeschöpfter Beweisangebote zu Grunde zu le-
gen. In diesem Sinne liegt eine „hohe Aussicht auf
Erfolg“ vor, wenn die Klage nach der geschilderten
prognostischen Würdigung Erfolg haben wird.


(Heiterkeit und Beifall bei der FDP – Dr. Peter Danckert [SPD]: Das ist doch hervorragend! – Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lyrik ist das!)


Die Praxis wird mit diesem Gesetz sehr großen Erfolg
haben. Die Auslegungsschwierigkeiten sind schon pro-
grammiert.


(Beifall bei der FDP)


Zusammenfassend möchte ich sagen: Die FDP unter-
stützt jede Regelung, die nicht nur Hoffnung für die be-
troffenen Handwerker weckt, sondern wirkliche Hilfe
darstellt. Denn Hilfe ist dringend geboten; das sehen
auch wir von der FDP.


(Dr. Peter Danckert [SPD]: Dann müssen Sie dem Gesetzentwurf zustimmen! – Andrea Astrid Voßhoff [CDU/CSU]: Wo sind Ihre Vorschläge?)


Diese Regelungen aber scheinen nur ein Hoffnungs-
schimmer am Horizont zu sein. Sie bewirken nur, dass
die Ernüchterung bei dem Versuch, sie wirksam anzu-
wenden, umso größer sein wird.


(Beifall bei der FDP)


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(C (D Das Wort hat nun der Justizminister des Freistaates achsen, Geert Mackenroth. Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine sehr geehrten amen und Herren! Der Gesetzentwurf, den Sie heute in rster Lesung erörtern, wird bei manchen von Ihnen davon war eben schon die Rede – einen Déjà-vu-Ef ekt hervorrufen. In der Psychologie wird dieser Effekt uf eine Sinnestäuschung im Zustand großer Erschöpung, im Traum oder gar am Beginn einer Neurose zuückgeführt. Ich darf die Betroffenen beruhigen: Um ine Sinnestäuschung handelt es sich nicht. Das Fordeungssicherungsgesetz, das maßgeblich auf eine Initiaive Sachsens zurückgeht, nimmt heute bereits den driten Anlauf in diesem Hohen Hause. Frau Abgeordnete yckmans hat auf die Geschichte hingewiesen. Die hinter diesem Entwurf stehende Forderung nach aßnahmen zur Verbesserung der Zahlungsmoral insbe ondere zur Verbesserung der Situation von Bauhanderkern ist sogar noch viel älter und reicht weit ins etzte Jahrhundert zurück. Ich bin der Koalition und der euen Bundesregierung dafür dankbar, dass sie dieses ichtige Vorhaben in guter Zusammenarbeit, sozusagen m Team mit dem Bundesrat, unterstützt haben. Ich erbe dafür, dass auch Sie ihm Ihre Zustimmung geben. Im Laufe seiner langen Entstehungsgeschichte hat der ntwurf zahlreiche Änderungen erfahren, die vor allem uf die Arbeit einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe unter ederführung des BMJ zurückgehen. In seiner aktuellen assung enthält der Entwurf zunächst einmal kleine, ber durchaus wirksame Nachjustierungen am geltenden erkvertragsrecht. Beispielsweise schreiben wir im esetz fest, dass der Unternehmer auch nach Abnahme es Werks Sicherheit für seine Vergütung verlangen ann. Wir stellen klar, dass die Sicherheit auch dann zu eisten ist, wenn der Besteller Mängel rügt. Anders als islang soll die Stellung einer Sicherheit einklagbar sein. amit kann der Bauhandwerker in jedem Stadium der ertragsabwicklung schnell und effektiv Schutz vor eiem Zahlungsausfall seines Auftraggebers erlangen. Des Weiteren soll künftig der Generalunternehmer en Subunternehmer nicht nur bezahlen müssen, wenn er Generalunternehmer selbst Geld vom Bauherrn beommen hat, sondern auch, wenn der Bauherr das Werk es Subunternehmers abgenommen hat. Wenn der GU en Subunternehmer trotz dessen Bitte um Auskunft icht über die Abnahme informiert, wird der Werklohn ünftig trotzdem fällig. Ein weiterer Punkt. Was bei VOB-Verträgen längst blich ist, sollen nunmehr auch die BGB-Werkverträge orsehen, nämlich einen Anspruch des Bauhandwerkers uf Abschlagszahlungen. Damit wird sein Vorleistungsisiko deutlich verringert. (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Abschlagszahlungen gibt es doch schon längst!)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1603223000
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1603223100






(A) )



(B) )


Staatsminister Geert Mackenroth (Sachsen)

All dies sind Maßnahmen, die dazu beitragen, die In-
teressen beider Vertragspartner wieder mehr ins Gleich-
gewicht zu bringen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Peter Danckert [SPD])


Kernstück des Entwurfs ist die Einführung einer
vorläufigen Zahlungsanordnung. Schon im bereits an-
gesprochenen Beschluss vom 17. März 2000 hat der
Bundesrat ein prozessuales Instrument gefordert, wel-
ches dem Richter ermöglicht, „Handwerkern vorab ei-
nen Teil der eingeklagten Forderung trotz vorgebrachter
Mängelrügen zuzusprechen“.

Immer wieder müssen wir gerade bei Verträgen zwi-
schen General- und Subunternehmern beobachten, dass
und wie Auftraggeber auf den so genannten Justizkredit
spekulieren, um Zeit zu gewinnen oder nachträglich eine
geringere Vergütung durchzusetzen. Sie wenden gegen
die Vergütungsklage des Unternehmers Mängel ein, die
gar nicht oder nicht in diesem Umfang bestehen. Da-
durch verzögert sich der Prozess; denn das Gericht muss
diesem Vorbringen wegen der Verpflichtung zur Er-
schöpfung des Sach- und Streitstoffes und zur Erschöp-
fung der Beweisanträge in jedem Detail nachgehen. Das
kann sich – nicht zuletzt wegen der erforderlichen Sach-
verständigengutachten – über Monate, teilweise über
Jahre hinziehen; auch Richterinnen und Richter fürchten
diese so genannten Punktesachen sehr.

Kleinere Unternehmen mit geringer Eigenkapitalde-
ckung können gerade bei umfangreichen Gesamtforde-
rungen einen solchen Prozess oft nicht durchstehen. Um
überhaupt Geld zu bekommen, willigen sie trotz berech-
tigter Ansprüche vielfach zähneknirschend in einen Ver-
gleich ein, der deutlich geringere Zahlungen vorsieht.
Schlimmstenfalls müssen sie Insolvenz anmelden, weil
ihr Betrieb das Ausbleiben der einkalkulierten Zahlung
nicht verkraftet.

Um eine solche Prozessverschleppung zu verhindern
oder sie zumindest zu begrenzen, wird dem Kläger auf-
grund dieses Gesetzes eine zusätzliche prozessuale
Waffe in die Hand gegeben: die Möglichkeit, noch wäh-
rend des Prozesses die richterliche Anordnung einer vor-
läufigen Zahlung oder einer Teilzahlung zu erwirken,
wenn die Klage oder einzelne Teile davon hohe Aussicht
auf Erfolg haben und die Zahlungsanordnung nach Ab-
wägung der beiderseitigen Interessen zur Abwendung
besonderer Nachteile für den Kläger gerechtfertigt ist.

Dieser Begriff „hohe Aussicht auf Erfolg“ ist kein
dem Gesetz fremder Begriff. Wir haben ihn bei der Pro-
zesskostenhilfe implementiert und er ist jeden Tag von
den Gerichten anzuwenden.


(Mechthild Dyckmans [FDP]: Hinreichende Aussicht auf Erfolg!)


– Ob es nun hinreichende oder hohe Aussicht auf Erfolg
heißt, wird die Gerichte nicht umwerfen.


(Mechthild Dyckmans [FDP]: Das ist ein Unterschied!)


Das werden sie schon schaffen.

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(C (D edenfalls erhält der Handwerker damit die realistische hance, bereits vor Prozessende Geld für die Arbeiten u erhalten, die er ordnungsgemäß ausgeführt hat, Geld, elches er womöglich für die Sicherung der Existenz eines Betriebes und der damit verbundenen Arbeitslätze dringend benötigt. Ich bin überzeugt davon, dass sich die vorläufige ahlungsanordnung in der Praxis bewähren und von en beteiligten Kreisen wie auch von der Justiz angeommen werden wird. Die positiven Erfahrungen einier unserer Nachbarn – Frankreich, England – mit verleichbaren Regelungen geben zu dieser Überzeugung egründeten Anlass. Obwohl die schwierige Lage der Bauhandwerker usgangspunkt für diese Regelung war, dient sie doch icht einseitig den Interessen der Bauunternehmer, sonern kommt auch Verbrauchern zugute. Auf alle Zahungsklagen anwendbar, kann sie zum Beispiel auch Unallopfern in langwierigen Prozessen gegen die ersicherung des Schädigers schneller zu Schadenseratz oder Schmerzensgeld verhelfen. Das ist, wie ich inde, ein umfassender und guter Lösungsansatz. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Dem Entwurf des Bundesrates ist noch in der vergan-
enen Legislaturperiode vorgeworfen worden, an den ei-
entlichen Ursachen der mangelnden Zahlungsmoral
orbeizugehen. Die tatsächlichen Probleme, so hieß es
nd heißt es teilweise noch, seien vielmehr in der unzu-
eichenden Richterausstattung bei den Ländern und in
er Unkenntnis der Handwerker um ihre rechtlichen
öglichkeiten oder deren marktbedingte Nichtausnut-

ung zu sehen. Wer so argumentiert, macht es sich,
laube ich, zu einfach. An der Erkenntnis, dass derzeit
ein effektiver Schutz vor Prozessverschleppung be-
teht, führt meines Erachtens kein Weg vorbei; der Ab-
eordnete Dr. Danckert hat darauf hingewiesen. Dies ist
uch einhellige Auffassung der Experten in der genann-
en Bund-Länder-Arbeitsgruppe gewesen.

Dass die Richterschaft, wie ebenfalls angeführt wurde,
om Erlass vorläufiger Anordnungen absehen wird, weil
ie sich ohne ein ausführliches Sachverständigengutach-
en eine Einschätzung der Rechtslage nicht zutraut, be-
ürchte ich ebenfalls nicht. Ich traue den Richterinnen
nd Richtern zu, in einem solchen Fall – ebenso wie
onst im vorläufigen oder einstweiligen Rechtsschutz –


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Genau!)


uch ohne ein gerichtliches Gutachten eine solche Ent-
cheidung treffen zu können. Das ist Standard auf den
erichten und begegnet keinen Schwierigkeiten.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Allein der Ruf nach immer mehr Richtern hilft auch
ier nicht weiter, wenn ansonsten das bestehende prozes-
uale Verzögerungspotenzial unangetastet bleibt.






(A) )



(B) )


Staatsminister Geert Mackenroth (Sachsen)

Richtig ist allerdings – das gilt auch heute –, dass sich
Sachsen ebenso wie der Zentralverband des Deutschen
Handwerks für seine kleinen und mittelständischen Be-
triebe in Teilbereichen noch weiter gehende Lösungen
gewünscht hätte. Noch im ersten Entwurf aus dem
Jahr 2002 waren der verlängerte Eigentumsvorbehalt an
eingebauten Sachen oder die Ausschreibung des Schuld-
ners zur Fahndung enthalten.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dirk Manzewski [SPD]: Das ist von den Sachverständigen verrissen worden, ohne Ende! – Dr. Peter Danckert [SPD]: Das ist nun besonders schwierig!)


Wir hatten und haben jedoch zu akzeptieren, dass jen-
seits von allen juristisch-dogmatischen Fragen diese For-
derungen nicht durchsetzbar waren und auch derzeit of-
fenbar nicht ohne weiteres durchsetzbar sind. Mit dem
Kompromiss jetzt kann ich leben.

Umso wichtiger ist es daher, ein Forderungssiche-
rungsgesetz, wie es der Koalitionsvertrag fordert, alsbald
zu verabschieden und alles zu unterlassen, was die Um-
setzung des Verabredeten gefährden könnte.

Natürlich muss auch die jetzt vorgesehene Regelung
zu gegebener Zeit evaluiert, wieder überarbeitet und da-
raufhin überprüft werden, ob sie in der Realität im Ziel-
konflikt zwischen Verbraucher- und Handwerkerinteres-
sen die adäquaten und richtigen Lösungen bietet. Auch
in dieser Zielsetzung weiß ich mich mit unseren sächsi-
schen Handwerken – aber nicht nur mit diesen – einig.

Deutschland kann es sich in seiner jetzigen wirt-
schaftlichen Lage nicht leisten, dass Arbeitsplätze im
Handwerk und bei den mittelständischen Betrieben ver-
nichtet werden, nur deshalb, weil zahlungsunwillige
Auftraggeber ihren Verpflichtungen nicht nachkommen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Das Forderungssicherungsgesetz, das FoSiG, kann mit-
helfen, einige der jährlich etwa 38 000 Insolvenzen ab-
zuwenden und dringend benötigte Arbeitsplätze zu er-
halten. Es wird auch dazu beitragen, dass wir verloren
gegangenes Vertrauen in unseren Rechtsstaat zurückge-
winnen. Ich bitte Sie deswegen, den Gesetzentwurf des
Bundesrates im Fortgang der Beratungen tatkräftig vo-
ranzutreiben.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1603223200

Nächste Rednerin ist die Kollegin Sabine

Zimmermann, Fraktion Die Linke.


Sabine Zimmermann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1603223300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Meine Damen und Herren! Wir begrüßen die Initiative,
sich der Frage der Zahlungsmoral anzunehmen. Verspä-
tete oder ausbleibende Zahlungen an Handwerksbetriebe

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(C (D erden als erster Auslöser für Unternehmenspleiten geannt. Dies gilt vor allem für kleinere, aber auch mittlere etriebe, die nicht über genügend Eigenkapital verfügen, m eventuelle Zahlungsverzögerungen und -ausfälle zu erkraften. Aber nicht nur 2005, sondern bereits 2002 gab es ähniche Initiativen. Jedes Mal sind sie dann leider im Wahlahr untergegangen. Dabei ist das ein Problem von äuerster Brisanz. Allein in den letzten zwei Jahren gab es n Deutschland 77 000 Unternehmensinsolvenzen und amit verbunden einen entsprechenden Arbeitsplatzverust. Gerade weil das Problem eine solche Brisanz hat, uss jeder Vorschlag sorgfältig geprüft werden, ob dait wirklich Abhilfe geschaffen werden kann. Da muss an leider sagen: Es ist zu befürchten, dass dieser Ge etzentwurf sowohl in seiner Reichweite wie in seinen raktischen Konsequenzen unzureichend ist. (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Fürchten Sie sich nicht so!)


Das Hauptproblem für das einheimische Handwerk
leibt die lahmende Binnenkonjunktur. Hier gibt es we-
ig Hoffnung auf Besserung, wenn Sie an Ihrer Politik
er Haushaltskonsolidierung in dieser Form festhalten.


(Beifall bei der LINKEN – Michael GrosseBrömer [CDU/CSU]: Bloß keine Haushaltskonsolidierung!)


Sie, meine Damen und Herren von Union und SPD,
ollen hier ein Gesetz auf den Weg bringen, das bezüg-

ich eines dringenden Problems Abhilfe schaffen soll,
as Sie eigentlich selbst zu verantworten haben. Mehr
ls jeder dritte Handwerksbetrieb attestiert seinen öffent-
ichen Abnehmern eine Verschlechterung des Zahlungs-
erhaltens. Das hat eine Erhebung des Zentralverbandes
es Deutschen Handwerks gezeigt. Die Ursache für die
chlechte Zahlungsmoral der öffentlichen Hand ist
lar: Mit Steuersenkungen für das Großkapital hat die
lte rot-grüne Bundesregierung die öffentlichen Haus-
alte ruiniert und das müssen nun die kleinen Hand-
erksbetriebe ausbaden.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Karl Addicks [FDP]: Ist das ein Unsinn!)


Die Praxis zeigt doch, dass nur die wenigsten Hand-
erker sich trauen, zur Einforderung der Zahlung den
echtsweg zu beschreiten, sei es weil die Zeit oder das
eld fehlt oder weil sie befürchten, dass sie in Zukunft
en Auftraggeber verlieren werden. Angesichts der
olle, die die öffentliche Hand spielt, wundert es nicht,
elche Methoden manche gewerblichen Auftraggeber
raktizieren, indem Handwerksbetrieben zustehende
ahlungen verspätet oder mit Abschlägen geleistet wer-
en.

Das Problem besteht doch darin, dass es darum gehen
uss, kleine Betriebe mit wenig Eigenkapital vor Gene-

alunternehmern oder großen Bauträgern zu schützen,
ie vom Auftraggeber Geld erhalten haben, dieses aber
em Subunternehmen nicht weiterreichen. Das ist ein of-
enes Geheimnis; aber es wird nichts getan.






(A) )



(B) )


Sabine Zimmermann
In diesem Zusammenhang komme ich zur Frage des
Verbraucherschutzes. Der Regierung sollte die Kritik
der Verbraucherzentrale eigentlich bekannt sein. Trotz-
dem sieht sie hier keinen Handlungsbedarf, sodass der
Verbraucherschutz bei den Neuregelungen auf der Stre-
cke bleiben wird. Aber der private Häuslebauer hat ein
Anrecht darauf, entsprechende Mängel an Leistungen
geltend zu machen. Wir fürchten, mit diesem Gesetz
wird sich an der schlechten Zahlungsmoral nicht viel
verändern; aber der Verbraucherschutz wird unter die
Räder kommen.


(Dr. Peter Danckert [SPD]: Wo ist denn da der Zusammenhang?)


Sie könnten die privaten Verbraucher von den Rege-
lungen des Gesetzes ausnehmen. Bevor die alte Regie-
rung von Rot-Grün sich der Überarbeitung angenommen
hat, war das so vorgesehen gewesen. Ist die Bundesre-
gierung nicht nur an einer öffentlichkeitswirksamen Ak-
tion, sondern ernsthaft an einer Verbesserung der Lage
der kleinen Unternehmen und dem Schutz der Verbrau-
cher interessiert, kann sie nicht bei ihrer bisherigen Posi-
tion bleiben. Wir fordern Sie auf, einen Kurswechsel
vorzunehmen; sonst bleibt dieses Gesetz Makulatur.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1603223400

Für die Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen hat

nun der Kollege Montag das Wort.


Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603223500

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Forde-

rungssicherungsgesetz 2002, Forderungssicherungsge-
setz 2004, Forderungssicherungsgesetz 2006: Herr
Staatsminister Mackenroth, dies ist keine Fata Morgana.
Für mich ist das ein Zeichen der Unbelehrbarkeit derje-
nigen, die zum dritten Mal versuchen, mit untauglichen
Methoden ein tatsächlich vorhandenes Problem in den
Griff zu bekommen.


(Dr. Peter Danckert [SPD]: Das wird sich erst erweisen, Herr Montag!)


Auch der dritte Entwurf bietet wenig Brauchbares, eini-
ges Unnützes und viel Schädliches, Herr Kollege
Danckert.

Wir hatten zum identischen Gesetzentwurf schon in
der vorletzten Legislaturperiode eine Sachverständigen-
anhörung mit einem vernichtenden Ergebnis durchge-
führt. Beim letzten Mal haben wir es gar nicht mehr zu
einer Sachverständigenanhörung kommen lassen. Im
Rahmen eines erweiterten Berichterstattergesprächs ha-
ben wir einige Fachleute gehört. Das Ergebnis hinsicht-
lich der gemachten Vorschläge war ebenfalls vernich-
tend.

Die Beschreibung der Situation, dass es in der Bauin-
dustrie in einem großen Umfang Probleme gibt, ist rich-
tig. Aber die Schuldzuweisung, die Sie treffen, indem
Sie von fehlender Moral sprechen – Herr Staatsminister
Mackenroth sprach heute sogar von massenhafter Pro-

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(C (D essverschleppung, der zu begegnen sei –, ist, wie ich inde, völlig falsch. Mit diesen Vorschlägen wollen Sie as wohltemperierte Verhältnis im Werkvertragsrecht ulasten der einen Seite, nämlich zulasten der Verbrauher, verschieben. (Dr. Peter Danckert [SPD]: Das ist doch wohl nicht Ihr Ernst!)


Die Werkunternehmer sind eben zu einer Vorleistung
erpflichtet. Erst nach einer mängelfreien Ablieferung
hrer Leistung ist der Werklohn zu zahlen. Nach Ihren
orschlägen wird es dazu kommen, dass Verbraucher
einen Rechtsschutz mehr gegen Pfusch am Bau haben
erden. Im Übrigen: Als ich das letzte Mal zu diesem
hema hier eine Rede gehalten habe, hat mir der Kollege
tünker an dieser Stelle aufrichtig Beifall gezollt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Joachim Stünker [SPD]: Was habe ich gemacht? – Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: So ändern sich die Zeiten!)


Wir müssen uns nun den Gesetzentwurf einmal näher
nschauen. Der Vorschlag, § 641 Abs. 2 BGB in dieser
eise zu ändern, um den Subunternehmer besser zu stel-

en, ist brauchbar und richtig.


(Dr. Peter Danckert [SPD]: Gott sei Dank!)


er Vorschlag, § 632 a BGB in dieser Weise zu ändern,
st absolut unbrauchbar. Das zeigt sich schon daran, dass
esagt wird, es gebe das Recht auf Abschlagszahlung
icht und es müsse hier neu eingeführt werden. Das ist
och falsch. Natürlich gibt es die Möglichkeit der Ab-
chlagszahlung. Aber aus guten Gründen handelt es sich
m eine Abschlagszahlung für abtrennbare und klar defi-
ierte Teile des Werks. Sie wollen aber immer dann eine
eilleistung annehmen, wenn ein bestimmter Leistungs-

eil in einer nicht mehr entziehbaren Art und Weise über-
eben worden ist.


(Dr. Peter Danckert [SPD]: Da kann man sehen, auf welcher Seite Sie stehen!)


as führt zu absurden Ergebnissen. Sie sollten sich das
och einmal unter rechtlichen Gesichtspunkten überle-
en.

Unbrauchbar ist schließlich auch die Einfügung des
302 a ZPO. Es wird so gut wie keinen Richter geben,

er vor Entscheidungsreife eine solche Entscheidung
rifft. Wenn eine Entscheidungsreife gegeben ist, dann
ibt es ein Urteil und nicht irgendeine Zwischenent-
cheidung.


(Dr. Peter Danckert [SPD]: Woher wissen Sie das?)


Wenn Sie die Stellungnahme der Bundesregierung zu
em vorliegenden Gesetz lesen, die im Übrigen wort-
leich ist zu der Stellungnahme zu dem Gesetz vor zwei
ahren, dann werden Sie feststellen, dass die Bundesre-
ierung selbst davon gesprochen hat, dass die Schwie-
igkeiten mit diesem Gesetz nicht zu beheben sind und
ass es keinen Anlass gibt, an der Unzulänglichkeit der
ivilrechtlichen Vorschriften zu zweifeln.






(A) )



(B) )


Jerzy Montag
Deswegen meine dringende Bitte an Sie, meine Da-
men und Herren von der großen Koalition: Kein Pfusch
an der ZPO! Kein Pfusch am BGB!


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Und kein Pfusch am Bau!)


Legen Sie endlich ein Bauvertragsgesetz vor, in dem
auch, wie Sie es in Ihrer Koalitionsvereinbarung festge-
legt haben, Verbraucherschutzelemente berücksichtigt
werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1603223600

Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der

Kollege Dirk Manzewski, SPD-Fraktion.


Dirk Manzewski (SPD):
Rede ID: ID1603223700

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir debat-

tieren am heutigen Tag über den Entwurf des so genann-
ten Forderungssicherungsgesetzes des Bundesrates, mit
dem dieser meint, das Problem der Zahlungsmoral in
Deutschland wirksam bekämpfen zu können. Um es
gleich deutlich zu sagen: Ich teile diese Auffassung ganz
und gar nicht. Ich habe mich im letzten Jahr – es war un-
gefähr zur gleichen Jahreszeit – mit verschiedenen Un-
ternehmern getroffen, knapp über 30 Fälle konkret auf-
gearbeitet und überprüft, inwieweit in diesen Fällen das
Gesetz weitergeholfen hätte. In keinem einzigen dieser
Fälle wäre durch das hier diskutierte Gesetz geholfen
worden.

Man muss mit der Materie ehrlich umgehen: Was
kann ein Gesetz ausrichten, wenn den Betroffenen noch
nicht einmal die bislang bestehenden rechtlichen Mög-
lichkeiten bekannt sind oder wenn sie diese nicht geltend
machen, weil sie zum Beispiel auf Folgeaufträge hoffen?
Das sind die tatsächlichen Probleme, die hinter dem Pro-
blem der Zahlungsmoral stehen. Was kann ein Gesetz
ausrichten, wenn sich die Betroffenen – auch der Staats-
minister hat dieses Beispiel erwähnt – auf Nachverhand-
lungen einlassen und in diesem Zusammenhang auf ei-
nen Großteil ihrer Forderungen verzichten? Auf die
Justiz und den Gesetzgeber lässt sich dann zwar trefflich
im Nachhinein schimpfen; aber gleichwohl hat es sich
hierbei trotz gegebenenfalls wirtschaftlicher Zwänge
letztendlich um einen freiwilligen Akt gehandelt.

Mich ärgert, dass offensichtlich wieder einmal – das
ist ja nicht das erste Gesetz, das wir zu diesem Thema
verabschieden sollen – keine praxisorientierte Analyse
der Situation gemacht worden ist. Ob nun Handwerker-
frauen vor dem Brandenburger Tor oder die zahlreichen
Briefe von Betroffenen an uns: Man sollte sich einfach
einmal die Zeit nehmen, sich konkret mit diesen Fällen
zu beschäftigen und zu überprüfen, inwieweit durch Ge-
setze wie dem vorliegenden tatsächlich hätte weiterge-
holfen werden können. Ich habe da, wie gesagt, meine
Zweifel.

Ich hätte es auch für sinnvoll gehalten, wenn man un-
ser letztes Gesetzgebungsverfahren zum Thema Zah-
lungsmoral, das Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zah-
lungen, zuvor gründlich evaluiert hätte.

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(C (D (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)


ir persönlich fehlen nämlich immer noch gesicherte
rkenntnisse darüber, warum genau die so genannte
ertigstellungsbescheinigung, der zentrale Punkt des
amaligen Gesetzes, in der Praxis nicht den erhofften
rfolg gebracht hat. Stattdessen werden dann einfach
ieder einmal das BGB und die ZPO geändert, als wenn
as nichts wäre.

Nicht unerwähnt bleiben soll auch – auch das muss
an deutlich sagen –, dass, wenn nicht gezahlt wird,

ies nicht immer etwas mit fehlender Zahlungsmoral zu
un hat. Gerade im Bau ist das Thema „Pfusch am Bau“
u einem ernst zu nehmenden Problem geworden. Die
ründe hierfür sind leider vielfältig.

Das Gesetz hat aber weitere Schwächen. Das Kern-
tück des Gesetzentwurfes ist die vorläufige Zahlungs-
nordnung.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1603223800

Herr Kollege Manzewski, gestatten Sie eine Zwi-

chenfrage?


Dirk Manzewski (SPD):
Rede ID: ID1603223900

Ja, gerne.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1603224000

Bitte schön.


Christoph Strässer (SPD):
Rede ID: ID1603224100

Herr Kollege Manzewski, nach all dem, was hier auch

om Kollegen Danckert geäußert worden ist, habe ich
ie Frage, ob Sie uns mitteilen können, ob Sie die Auf-
assung des Kollegen Danckert teilen, dass die vorläu-
ige Zahlungsanordnung ein wichtiges und den Hand-
erkern hilfreiches Instrument darstellen kann.


Dirk Manzewski (SPD):
Rede ID: ID1603224200

Lieber Kollege Strässer, ich habe damit meine Pro-

leme.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


enn ich muss ganz deutlich sagen: Es ist festgelegt
orden, dass das Gericht aufgrund einer fundierten Pro-
nose schon vor Eintritt der Entscheidungsreife – darauf
urde schon hingewiesen – einen Zahlungsanspruch ti-

ulieren soll. Das ist vor allem für die Fälle angedacht, in
enen zum Beispiel durch eine noch notwendige Be-
eisaufnahme kein Ende des Verfahrens abzusehen ist.
er Herr Staatsminister hat auch diesen Fall angespro-

hen.

Man muss deutlich sagen: Das klingt zunächst einmal
icht schlecht. Nur, was sollen das für Fälle sein, in de-
en einerseits noch keine Entscheidungsreife vorliegt,
ohl aber andererseits eine hohe Erfolgsaussicht beste-
en soll? Welcher Richter wird eine hohe Erfolgsaus-
icht bei einer noch ausstehenden Beweisaufnahme beja-
en? Gerade weil sich der Richter unsicher fühlt, wird






(A) )



(B) )


Dirk Manzewski
auswärtiger Sachverstand durch einen Gutachter einge-
holt. Der Bundesrat meint nun, als Hilfestellung für eine
solch hohe Erfolgsaussicht könne zum Beispiel ein so
genanntes qualifiziertes Privatgutachten dienen, wenn
ein renommierter Wissenschaftler dieses Privatgutachten
gefertigt habe.


(Abg. Christoph Strässer [SPD] möchte wieder Platz nehmen)


– Ich bin noch nicht fertig.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1603224300

Herr Kollege, ich mache nur darauf aufmerksam, dass

bei einem ausgeschlafenen Präsidenten auf diese Weise
keine beliebige Verlängerungen der Redezeiten zu erwir-
ken sind.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dirk Manzewski (SPD):
Rede ID: ID1603224400

Ehrlich gesagt: Ich möchte den Richter sehen, der

sich davon beeindrucken lässt und nur deshalb eine Ent-
scheidung fällt. Wir alle wissen doch, wie problematisch
der Umgang mit Privatgutachten ist.

Eine hohe Erfolgsaussicht soll auch dann bestehen,
wenn zwar ein gerichtliches Gutachten vorliegt, aber
vielleicht gerade deshalb noch die Einholung eines wei-
teren Gutachtens notwendig ist. Lieber Herr Macken-
roth, gerade wenn ein Richter die Einholung eines weite-
ren Gutachtens für notwendig erachtet, wird er kaum
eine fundierte Prognose für eine vorläufige Zahlungsan-
ordnung treffen. Wie auch!

Wir haben – Kollege Montag hat es angesprochen – in
der letzten Legislaturperiode ein erweitertes Bericht-
erstattergespräch geführt. Wir haben den Deutschen
Richterbund, den Deutschen Anwaltverein, den Deut-
schen Sparkassen- und Giroverband und renommierte
Wissenschaftler, die sich mit dem Thema Baurecht be-
schäftigen, eingeladen. Seinerzeit haben alle unisono
dieses Gesetz abgelehnt. Es wurde sogar die Auffassung
vertreten, dass die Anwaltschaft, insbesondere, um nicht
in Regress genommen zu werden, regelmäßig eine vor-
läufige Zahlungsanordnung begehren wird. Dies würde
sich sogar kontraproduktiv auswirken, weil dann näm-
lich alle Verfahren länger laufen würden.

Ich äußere mich heute so kritisch, weil mich der Ge-
setzentwurf nicht überzeugt und ich die Befürchtung
habe, dass wir uns nach seiner Verabschiedung noch in
dieser Legislaturperiode über den nächsten Gesetzent-
wurf zum gleichen Thema unterhalten müssen.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Rücknahme des Gesetzes!)


Dass diese Befürchtung nicht völlig unbegründet ist, er-
gibt sich bereits aus der Stellungnahme des Bundesjus-
tizministeriums zum hier debattierten Gesetzgebungs-
verfahren.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig!)


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(C (D ort heißt es nämlich, dass die Bundesregierung die eitere Befassung der Bund-Länder-Arbeitsgruppe, die ich bereits in der vergangenen Legislaturperiode mit em Forderungssicherungsgesetz befasst hat, „mit dem weck einer weitergehenden Überprüfung des Bauver ragsrechts“ unterstützt. Das heißt, all das, was wir jetzt ier beschließen, ist für das BMJ offensichtlich schon akulatur. Ich glaube, mehr braucht man dazu nicht zu agen. Ich danke Ihnen. (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Mechthild Dyckmans [FDP])



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1603224500

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent-
urfs auf der Drucksache 16/511 an die in der Tagesord-
ung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es
azu andere Vorschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann
st das so beschlossen.

Wir kommen nun zum Tagesordnungspunkt 11:

Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine, Werner
Dreibus, Petra Pau und der Fraktion der LINKEN

Gegen die Schließung von 45 Standorten bei
der Deutschen Telekom AG

– Drucksache 16/845 –
Überweisungsvorschlag:
Haushaltsausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Arbeit und Soziales

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll auch
iese Debatte 30 Minuten dauern. – Dazu höre ich kei-
en Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort erhält die Kol-
egin Petra Pau für die Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1603224600

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir

eden über geplante Betriebsschließungen, über dro-
ende Entlassungen, über einen weiteren Arbeitsplatz-
bbau. Überwiegend geht es um ohnehin strukturschwa-
he Regionen. Vor allem wären Frauen davon besonders
etroffen. Es geht um Pläne eines Konzerns, der noch
or kurzem ein öffentliches Unternehmen war. Es geht
m ein Unternehmen, bei dem die Bundesregierung
och immer ein beträchtliches Mitspracherecht hat. Wir
eden über die Deutsche Telekom AG.

Der Konzern hat satte Gewinne erzielt. Trotzdem will
ie Konzernführung 32 000 Stellen streichen und bun-
esweit 45 Standorte schließen. Die Fraktion Die Linke
st der Meinung: Das ist ein Fall für den Bundestag;


(Beifall bei der LINKEN)







(A) )



(B) )


Petra Pau
es ist sogar ein dringender Fall. Deshalb haben wir einen
Antrag, der sich gegen die Schließung der 45 Standorte
richtet, gestellt.

Die Beschäftigten kämpfen verzweifelt um ihre Ar-
beitsplätze, um ihre Existenz und um ihre Zukunft. Ich
war bereits vor Wochen auf einer Kundgebung von Tele-
kom-Beschäftigten aus Brandenburg und Mecklenburg-
Vorpommern hier in Berlin. Es geht aber nicht nur um
den Nordosten oder um Berlin. Betroffen sind die Stand-
orte Lübeck, Flensburg, Stade, Bremerhaven, Heide,
Cottbus, Erfurt, Angermünde, Perleberg, Donauwörth,
Bamberg, Bayreuth, Hof, Ingolstadt, Landshut, Freising,
Erlangen, Deggendorf, Regensburg, Rosenheim, Gar-
misch-Partenkirchen, Berlin, Aschaffenburg, Braun-
schweig, Göttingen, Oldenburg, Bad Kreuznach, Darm-
stadt, Limburg, Hanau, Reutlingen, Kaiserslautern,
Offenburg, Weingarten, Calw, Schwäbisch Hall, Duis-
burg, Iserlohn und Wuppertal.

In den Medien nennt man so etwas einen Flächen-
brand. Ich finde, die Mitglieder des Bundestages, die aus
den Regionen dieser 36 Standorte kommen, dürfen das
nicht einfach hinnehmen.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir sollten parteiübergreifend intervenieren und dafür
kämpfen, dass nicht noch mehr Beschäftigte und vor al-
lem Frauen ins berufliche Aus getrieben werden.

Der zweite Teil unseres Antrages ist grundsätzlicher.
Er wendet sich dagegen, dass immer mehr öffentliche
Unternehmen privatisiert werden; denn dadurch verliert
die Politik, verlieren die Parlamente an Einfluss. Parla-
mente ohne Einfluss bedeuten immer auch eine Schwä-
chung der Demokratie.

Natürlich muss die öffentliche Hand nicht alles be-
wirtschaften, was nur irgend möglich ist. Das Land Ber-
lin zum Beispiel hat sich von der Königlichen Porzellan-
Manufaktur getrennt. Ich finde, das war vernünftig; denn
keiner Bürgerin und keinem Bürger kann plausibel er-
klärt werden, warum seine Steuern dafür herhalten müs-
sen, teure Edelprodukte zu subventionieren.

Es gibt aber auch lebenswichtige Grundbedürfnisse,
die man nicht dem freien Markt oder dem spekulativen
Spiel der Börsen überlassen darf;


(Beifall bei der LINKEN)


denn der freie Markt ohne Regeln ist sozial taub und die
Börse ist sozial blind.


(Dr. Karl Addicks [FDP]: Das stimmt doch gar nicht!)


Zu diesen Grundbedürfnissen gehören zum Beispiel Bil-
dung, Gesundheit, Wohnen, Mobilität und eben auch die
Kommunikation.


(Beifall bei der LINKEN)


Weil das so ist, darf die Politik ihren Einfluss bei diesen
Grundbedürfnissen nicht verkaufen und den Aktionären
überlassen.

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(C (D Es gibt aktuelle Beispiele, die belegen, wohin das ühren kann. In Berlin wurden noch zu Zeiten der großen oalition unter Federführung der CDU die Wasserbe riebe teilprivatisiert. Das war ein Geschäft, das spürbar ulasten der Bürgerinnen und Bürger ging. In Dresden urde jüngst der gesamte kommunale Wohnungsbestand erkauft. Dazu gibt es eine Kontroverse auch in meiner artei. (Dr. Karl Addicks [FDP]: Zu Zeiten der SED war der ganze Staat pleite!)


nzwischen planen weitere Städte – auch solche, in de-
en andere Parteien das Sagen haben – Ähnliches, um
en kommunalen Haushalt zu sanieren. Ich halte das für
urzsichtig – das sage ich durchaus auch den Kollegin-
en und Kollegen meiner Partei, die sich daran beteiligt
aben –; denn damit geben diese Kommunen zugleich
hren Einfluss, zum Beispiel auf die soziale Stadtent-
icklung, preis.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich finde, die Politik hat eine soziale Verantwortung.
m dieser gerecht zu werden, bedarf es öffentlicher Be-

riebe, die auch durch die Politik bestärkt werden.

Danke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1603224700

Nächster Redner ist der Kollege Jochen-Konrad

romme, CDU/CSU-Fraktion.


Jochen-Konrad Fromme (CDU):
Rede ID: ID1603224800

Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Dieser

ntrag ist ausgesprochen populistisch.


(Widerspruch bei der LINKEN)


atürlich ist jeder Arbeitsplatz, der in Deutschland ver-
chwindet, einer zu viel. Deshalb verdient dieser Vor-
ang auch große Aufmerksamkeit und wir müssen uns
arum kümmern. Aber so, wie der Antrag gestellt ist, ist
r völlig falsch angelegt, und zwar in beiden Teilen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


er zweite Teil ist eigentlich noch entlarvender und
chlimmer als der erste Teil.

Zunächst einmal muss man sich mit dem Unterneh-
en Telekom beschäftigen. Es ist eine Binsenweisheit,

ass die Telekommunikationsbranche eine Branche
st, in der der Umbruch praktisch stündlich stattfindet
nd in der stündlich Entwicklungen stattfinden, die eine
npassung der Betriebe erfordern.

Ich kann mich noch gut an die Zeiten erinnern, als wir
ie staatliche Post mit dem „Dampftelefon“ hatten, wo
an für jede Telefondose einen eigenen Antrag stellen

nd Gebühren zahlen musste. Nach der Privatisierung ist
elebung in die Landschaft gekommen und diese Bran-
he hat Arbeitsplätze aufgebaut.






(A) )


)

Jochen-Konrad Fromme

(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie schon einmal bei der Telekom einen Telefonantrag gestellt? Wissen Sie, wie lange das dauert?)


– Herr Ströbele, Sie haben auch noch nicht dazugelernt,
das ist doch völlig klar. –


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe die Erfahrung gemacht!)


Wenn es dann wegen des harten Wettbewerbs besonderer
Anpassungen bedarf – man muss natürlich wissen, dass
die Telekom Altlasten mitschleppt und vieles mit auf den
Weg bekommen hat, was Wettbewerber nicht haben –,
dann muss die Telekom in der Lage sein, sich anzupas-
sen.

Es ist richtig, dass in den nächsten drei Jahren Ar-
beitsplätze umgebaut werden sollen. Das ist eine be-
trübliche Entwicklung, weil wir dabei auch Arbeits-
plätze verlieren. Man muss dabei aber zweierlei sehen:

Erstens. Es ist mit den Betriebsräten vereinbart. Wa-
rum ist es mit den Betriebsräten vereinbart? – Weil die
doch auch wissen, dass, wenn man einen Betrieb so lau-
fen lässt, dass er nicht wettbewerbsfähig ist, am Ende
nichts mehr überbleibt. Da stellt sich doch die Frage, ob
es besser ist, wenn man sich anpasst und einige Arbeits-
plätze verliert, oder ob es besser ist, wenn man sich nicht
anpasst und alle verliert.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Nach der Betriebsvereinbarung der Telekom erfolgen bis
2008 keine betriebsbedingten Kündigungen. Das heißt,
dass die Umstellung sozialverträglich, im Einvernehmen
mit den Betriebsräten erfolgt.

Es werden Arbeitsplätze abgebaut, weil man die Call-
center – sie sind eigentlich eine Erfolgsgeschichte der
Telekommunikation; hier wurden in den letzten Jahr-
zehnten viele neue Arbeitsplätze geschaffen – anders
führen muss, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Wenn die
Wettbewerber größere, wirtschaftlichere Einheiten bil-
den, dann muss die Telekom nachziehen, weil sie sonst
keine Aufträge mehr bekommt. So einfach ist das. Au-
ßerdem geht es darum, die Qualität der Dienstleistungen
für die Kunden zu verbessern.


(Lachen bei der LINKEN – Volker Schneider [Saarbrücken] [DIE LINKE]: Die Qualität verbessern? Das ist der Gipfel!)


Den Mitarbeitern werden im Übrigen andere Arbeits-
plätze angeboten.


(Zurufe von der LINKEN)


– Natürlich ist es einfach, zu sagen, die dürfen nichts
verändern. Das kann sich aber nur eine Partei leisten, die
keine Verantwortung für die Arbeitsplätze von morgen
übernehmen muss.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die sollen kundenfreundlicher werden!)


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(C (D Ich sage es noch einmal: Umstrukturierung ist ein otwendiger Prozess. Wer sich der Umstrukturierung erschließt, hat am Ende gar nichts mehr. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber nicht zulasten der Verbraucher!)


Dass Sie, meine Damen und Herren von der Linken,
ichts hinzugelernt haben, zeigt der zweite Teil Ihres
ntrages. Es ist doch völlig klar: Gewinne spiegeln die
ituation von gestern wider und bilden über die Schaf-
ung von Kapital die Basis für die Arbeitsplätze von
orgen; denn ohne Kapital gibt es keine Arbeitsplätze.
atürlich ärgert es uns, wenn Betriebe Personal über das
irtschaftlich gebotene Maß abbauen.

An dieser Stelle aber können wir nicht eingreifen. Die
elekom ist ein privatisiertes Unternehmen. Die Ver-
ntwortung für das operative Geschäft liegt beim Vor-
tand. Dem Vorstand, auch einzelnen Vorstandsmitglie-
ern, können wir keine Weisungen erteilen. Deshalb ist
hr Antrag zum einen rechtlich unzulässig und zum an-
eren wirtschaftlich unsinnig, weil er zur Totalzerstö-
ung führen würde.


(Günter Baumann [CDU/CSU]: So ist das! – Martin Zeil [FDP]: Sehr richtig!)


Sie haben ja viel Erfahrung darin, wie man mit staat-
ich gesteuerten Betrieben umgeht. Das haben Sie eben
opulistisch dargestellt. Wir brauchen nur ein wenig in
ichtung Osten schauen, um zu sehen, wohin das führt.
ie Diskussion, die heute in der Presse geführt wird,

eigt doch, wie verwoben die Linkspartei mit dem alten
ystem ist, wie viele von damals Sie heute immer noch

n Ihren Reihen haben. Daran wird auch die vierte Na-
ensänderung nichts ändern. Sie bleiben unterwandert

nd infiltriert. Sie bleiben vom falschen Gedankengut
eseelt.


(Volker Schneider [Saarbrücken] [DIE LINKE]: Das ist nicht Populismus, das ist Stammtisch! – Weitere Zurufe von der LINKEN)


Auch ein Stammtisch hat manchmal Recht; denn die
enschen haben ein gesundes Gespür dafür, was falsch

nd was richtig ist.


(Zuruf von der LINKEN: Wir aber auch!)


ie Menschen begreifen, dass es besser ist, Arbeits-
lätze abzusichern.

Einige Unternehmen haben diesen Innovationspro-
ess nicht erfolgreich bestanden und befinden sich des-
alb in einer gefährlichen Schieflage. Schauen wir uns
och einmal Teile der Automobilindustrie an. Wer die
npassung nicht rechtzeitig geschafft hat, hat jetzt unter
ostengesichtspunkten große Schwierigkeiten. Am Ende
edeutet das möglicherweise, dass ganze Marken und
amit Tausende von Arbeitsplätzen verschwinden, die
icht hätten verschwinden müssen, wenn man sich recht-
eitig umgestellt, wenn man sich rechtzeitig wettbe-
erbsfähig aufgestellt hätte. Das ist der Punkt.

(B)







(A) )



(B) )


Jochen-Konrad Fromme
Im zweiten Teil Ihres Antrages zeigen Sie – dieser
Teil ist entlarvend –, dass Sie wieder in die Staatswirt-
schaft zurück wollen. Ich wiederhole, damit es auch der
Letzte begreift: Sie haben schon einmal einen großen
Teil dieses Landes in die Katastrophe geführt. Die armen
Menschen mussten das ausbaden. Ein Teil der Probleme,
die wir heute haben, sind doch dadurch bedingt, dass wir
uns jetzt damit befassen müssen, das Erbe von fast
50 Jahren Sozialismus aufzuräumen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der LINKEN: 40 Jahre waren es! – Weitere Zurufe von der LINKEN)


Das ist das Problem. Warum mussten wir denn fast die
ganze ehemalige DDR unter dem Gesichtspunkt des
Umweltschutzes sanieren? Weil Sie eine falsche, men-
schenfeindliche Wirtschaftspolitik betrieben haben. Das
ist doch die Wahrheit.


(Dr. Karl Addicks [FDP]: Da sitzen sie, die Altlasten! – Lachen und Zurufe von der LINKEN)


– Die Tatsache, dass Sie so reagieren, zeigt doch auch,
dass ich offensichtlich getroffen habe. Wenn Sie sich
nämlich nicht so getroffen fühlen würden, dann würden
Sie doch eine nüchterne Auseinandersetzung führen und
Argumente vorbringen, anstatt dazwischenzubrüllen. Sie
wollen vernebeln, was Sie angerichtet haben.

Ich sage es noch einmal: Ihr Antrag ist in beiden
Punkten abzulehnen.


(Zuruf von der LINKEN: Unglaublich!)


Ihre Politik ist rückwärts gewandt, Sie haben aus den Er-
fahrungen der Geschichte leider nichts gelernt. Frakti-
onsstärke haben Ihnen die Unzufriedenen beschert, die
Sie auf populistische Art und Weise eingesammelt ha-
ben. Leider haben die nicht genau hingesehen. Sie wer-
den ganz schnell merken, was sie an Ihnen haben. Des-
halb werden Sie nicht weiter zum Zuge kommen und bei
der nächsten Wahl die Quittung dafür erhalten.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir müssen uns marktwirtschaftlich so aufstellen,
dass unsere Unternehmen auf Dauer wettbewerbsfähig
sind. Nur dann gibt es überhaupt Arbeitsplätze und kön-
nen diese in ausreichendem Maße erhalten bleiben. Wir
müssen daran arbeiten, dass das besser wird; denn in den
letzten Jahren sind wir zu weit abgerutscht. Mit einer so
rückwärts gewandten Politik, wie sie in Ihrem Antrag
ausgedrückt wird, werden wir den heutigen Erfordernis-
sen – das ist der Hauptpunkt – nicht gerecht.


(Widerspruch bei der LINKEN)


Deshalb werden wir diesen Antrag ablehnen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1603224900

Das Wort hat nun der Kollege Martin Zeil für die

FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)


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(C (D Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten amen und Herren! Lassen Sie mich vorneweg eines saen: Von den beabsichtigten Schließungen sind auch 6 Standorte in meiner bayerischen Heimat betroffen. ir haben deshalb volles Verständnis für die Situation er betroffenen Mitarbeiter. Verlagerungen von Arbeitslätzen gerade aus strukturschwachen Gebieten können iemanden gleichgültig lassen. Der hier vorliegende Antrag ist aber leider typisch, rau Kollegin Pau, für die Politik der PDS-Linken hier m Hause. Er strotzt vor Halbwahrheiten, bietet keine urchführbaren Lösungen und – das ist vielleicht das chlimmste – er instrumentalisiert die Sorgen und Nöte er Menschen für eine kurzfristige Effekthascherei. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

Martin Zeil (FDP):
Rede ID: ID1603225000

Sie verschweigen zudem die Angebote der Telekom
n die betroffenen Mitarbeiter, Sie unterschlagen, dass
ich die Firma mit den Betriebsräten vor kurzem auf die
ünftigen Standorte abschließend geeinigt hat, und Sie
assen natürlich jegliche Auseinandersetzungen mit den
irtschaftlichen Argumenten vermissen.


(Petra Pau [DIE LINKE]: Ja, ja, ja!)


ber das wäre vielleicht von patentierten Marxisten zu
iel verlangt.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1603225100

Herr Kollege Zeil, darf die Kollegin Pau Ihnen eine

wischenfrage stellen?


Martin Zeil (FDP):
Rede ID: ID1603225200

Aber selbstverständlich.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1603225300

Herr Kollege, wollen Sie ernsthaft behaupten, dass

as Angebot an allein erziehende Frauen an den von
chließung betroffenen oder bedrohten Standorten, ei-
en 200 Kilometer oder auch nur 150 Kilometer vom
isherigen Standort entfernten Arbeitsplatz aufzuneh-
en, ein ernstes und faires Angebot ist, welches es den
rauen ermöglicht, sowohl ihren Pflichten in der Familie
achzukommen als auch ihren Arbeitsplatz zu behalten?


Martin Zeil (FDP):
Rede ID: ID1603225400

Frau Kollegin, ich will gar nicht bestreiten, dass es

ier im Einzelfall zu Härten kommen kann. Das ist gar
eine Frage. Aber insgesamt ist es so, dass durch diesen
mstrukturierungsprozess möglicherweise Arbeitsplätze

n anderer Stelle genau für diesen Personenkreis gesi-
hert werden können. Sie müssen sich vielleicht noch
ental daran gewöhnen, dass es sich hier um ein privati-

iertes Unternehmen und nicht mehr um ein Staatsunter-
ehmen handelt.


(Beifall bei der FDP – Petra Pau [DIE LINKE]: Das gehört zum Problem!)







(A) )



(B) )


Martin Zeil
Ihr Antrag gibt über den konkreten Anlass hinaus Ge-
legenheit, über grundlegende Fragen zu diskutieren.
Wollen wir soziale Marktwirtschaft oder wollen wir
Planwirtschaft? Sind Politiker oder Verwaltungen die
besseren Unternehmer? Wollen wir entscheiden, was der
bessere Standort, der beste Tarif und das beste neue Pro-
dukt sind? Da sagen wir als Liberale: Wer die soziale
Marktwirtschaft will, kann die letzte Frage nur ganz klar
mit Nein beantworten.


(Beifall bei der FDP)


Unsere Aufgabe ist es hingegen, Rahmenbedingun-
gen zu setzen, Frau Kollegin, die es den Unternehmen
ermöglichen, Arbeitsplätze zu erhalten und neue zu
schaffen. Die Rahmenbedingungen müssen, zum Bei-
spiel durch mehr Wettbewerb, auch dem Wohl der Ver-
braucher dienen. Hier vertreten wir als Fraktion nach
wie vor den klaren Kurs einer umfassenden marktwirt-
schaftlichen Erneuerung.

Diesem Kurs entspricht es auch, die Privatisierung im
Telekommunikationsbereich, die insgesamt, vor allem
aber auch aus der Sicht der Verbraucher, positiv zu be-
werten ist, fortzusetzen. Vergegenwärtigen Sie sich ein-
mal, insbesondere aus der Sicht der Verbraucher, dass
ein nationales Ferngespräch, für das die Post Mitte der
90er-Jahre 30 Cent pro Minute kassiert hat, heute beim
billigsten Anbieter gerade einmal 1 Cent pro Minute
kostet. Bei den zehn wichtigsten Auslandszielen betra-
gen die Entgelte nur noch 3 Prozent des Betrages, den
das damalige Staatsunternehmen berechnet hat.

In diesem Zusammenhang ist auch Folgendes wich-
tig: Ein Blick auf die Erwerbstätigenstatistik zeigt,
dass es 1995, in dem Jahr der Privatisierung der Tele-
kom, in der IT-Branche 630 000 Beschäftigte gab. Im
Jahr 2005 lag diese Zahl bei 750 000. Das ist eine Zu-
nahme um knapp 20 Prozent. Deswegen ist es falsch,
sich immer nur auf ein Unternehmen zu fokussieren.
Hier muss man eine Gesamtbetrachtung anstellen.


(Beifall bei der FDP)


Diese Fakten sprechen aus unserer Sicht für sich. Sie
sprechen aber auch dafür, dass wir grundsätzlich unsere
Linie fortsetzen müssen: Der Staat muss sich dort, wo er
keine zwingenden öffentlichen Aufgaben zu erfüllen hat,
aus der Wirtschaft zurückziehen und darf ihr keine Kon-
kurrenz machen.


(Zuruf von der FDP: Völlig richtig!)


Das heißt aber auch: Wenn ein Unternehmen privati-
siert und ein Markt liberalisiert wird, muss das konse-
quent geschehen. Dann darf es keine Ausnahmen und
keine halben Sachen geben. Dann muss wirklich für
Wettbewerb gesorgt werden. Deshalb werden wir Libe-
rale darauf drängen, dass die Umsatzsteuerbefreiung und
das Briefmonopol der Deutschen Post fallen und dass
wir mehr Wettbewerb auf der Schiene bekommen.


(Zuruf des Abg. Klaus Barthel [SPD])


– Herr Barthel, hören Sie gut zu; ich möchte abschlie-
ßend Helmut Schmidt zitieren.

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(C (D Helmut Schmidt hat einmal gesagt: „Märkte sind wie allschirme: Sie funktionieren nur, wenn sie offen sind.“ o einfach ist das. Die Rückkehr zur Staatswirtschaft, ie so viel Unheil angerichtet hat, lehnen wir Liberale benso ab wie Ihren Antrag. Martin Dörmann ist der nächste Redner für die SPD raktion. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In hrem Antrag fordert die Fraktion Die Linke die Bundesegierung auf, ihre Strategie zur Privatisierung öffentliher Unternehmen zu revidieren. Bevor ich auf das konrete Thema dieser Debatte, die Telekom, zu sprechen omme, möchte ich zunächst auf diesen allgemeineren unkt etwas näher eingehen. Er dokumentiert nämlich, ass die PDS wirtschaftspolitisch einen rückwärts geandten Kurs fährt. Wir sollten das Thema Privatisie ung differenziert und nicht ideologisch diskutieren. Es gibt Bereiche der Daseinsvorsorge, insbesondere uf kommunaler Ebene, in denen es unter vielerlei Geichtspunkten richtig sein kann, an öffentlichen Unterehmen festzuhalten, twa wenn es um die sichere Versorgung mit Wasser, die rganisation der Müllabfuhr, die Stärkung des öffentli hen Personennahverkehrs oder eine sozial orientierte ohnungsversorgung vor Ort geht. Auf diesen Feldern eht es um Güter und Dienstleistungen, für deren unmitelbares Zur-Verfügung-Stellen die öffentliche Hand in iner besonderen Verantwortung steht und bei denen die ommunale Selbstverwaltung gefragt ist. Hier handelt es ich um örtlich begrenzte Bereiche, die sich einem interationalen Wettbewerb nicht stellen müssen. Prinzipiell anders sieht es jedoch bei einigen Unterehmen aus, die sich bisher noch ganz oder teilweise im igentum des Bundes befinden und die in einem interna ionalen, heutzutage sogar oft in einem globalen Wettbeerb stehen. Hier muss sich der Staat in besonderer eise fragen, welche Aufgaben besser von ihm selbst nd welche besser von einem privatwirtschaftlich orgaisierten Unternehmen erfüllt werden können. Die Bundesregierung verfolgt seit vielen Jahren, unerstützt von unterschiedlichen Koalitionen im Parla ent, eine konsequente Privatisierungspolitik. Sie orintiert sich dabei an folgenden grundlegenden Zielen: rstens einer effizienten Aufgabenverteilung zwischen taat und Wirtschaft, zweitens der besseren Kapitalaustattung der Unternehmen, drittens – damit verbunden – en größeren Möglichkeiten für zukunftsweisende Inestitionen und viertens der Schaffung von mehr Marktrientierung und mehr Wettbewerbsfähigkeit. Dieser Weg war erfolgreich. Martin Dörmann Ehemalige Bundesunternehmen sind heute an inund ausländischen Börsen notiert und behaupten sich auf den Weltmärkten. Dazu zählen neben der Deutschen Telekom insbesondere Volkswagen, die Lufthansa, Eon und die Deutsche Post AG. Es gibt heute wohl kaum noch jemanden – von der PDS abgesehen –, der behaupten würde, die Privatisierung dieser Unternehmen sei falsch gewesen. Vielmehr haben diese Unternehmen von der Privatisierung profitiert und stehen heute im Markt alles in allem sehr gut da. Und genau darum geht es: die Bedürfnisse des Marktes und der Verbraucherinnen und Verbraucher im Auge zu behalten – und nicht in erster Linie die des Staatsapparates. Durch die Privatisierungspolitik profitiert gleichzeitig der Bundeshaushalt, insbesondere durch die Platzierung von Aktien auf dem Kapitalmarkt. Dieser Privatisierungskurs ist deshalb ordnungspolitisch richtig, wirtschaftlich sinnvoll und bringt haushaltspolitisch Entlastung. Angemerkt sei, dass hierdurch letztendlich zusätzliche Investitionen des Bundes ermöglicht werden, beispielsweise in Bildung, in Forschung und Entwicklung oder auch zum sozialen Ausgleich. Klar ist: Wer diesen Weg der Privatisierung geht, muss dafür in Kauf nehmen, dass er den Einfluss auf unternehmerisches Handeln verliert. Wenn die Unternehmen erfolgreich sind – was bei den bisherigen Privatisierungen der Fall ist –, muss dies jedoch kein Nachteil sein. Liebe Kolleginnen und Kollegen, kommen wir nun zu der im Antrag konkret angesprochenen Deutschen Telekom AG. Die Privatisierung der Telekom ist zu Recht mit einer Marktöffnung im Bereich der Telekommunikation verbunden gewesen; ihre Monopolstellung wurde bewusst beseitigt. Inzwischen werden die Arbeit der Regulierungsbehörde und die Erfolge dieser Marktöffnung allgemein anerkannt. Seit der Liberalisierung sind beispielsweise die Telefonkosten drastisch gesunken: Heute kann man bei bestimmten Anbietern für 1 Cent die Minute ein Ferngespräch führen oder – gegen einen gewissen Aufpreis, im Rahmen einer Flatrate – ohne Verbindungskosten telefonieren oder im Internet surfen. Das freut die Verbraucherinnen und Verbraucher, die für weniger Geld mehr Leistung erhalten. Konkurrenz und sinkende Preise haben für das betroffene Unternehmen nicht nur Vorteile. Gerade die Telekom hat sich einem besonders harten internationalen Wettbewerb zu stellen. Ein Unternehmen, das zuvor eine Monopolstellung hatte, verliert bei einer Marktöffnung zunächst zwangsläufig Marktanteile. Bis zu einem gewissen Grad ist das auch erwünscht, um Wettbewerb erst zu ermöglichen. Dies lässt sich in den Berichten der Bundesnetzagentur eindrucksvoll nachlesen: So hatte die Telekom an den Gesprächsminuten in Deutschland 1998 noch einen Anteil von 94 Prozent. 2005 waren es nur noch 48 Prozent. An dieser Stelle will ich auch ein Problem offen ansprechen, das zu Beginn der Privatisierung unterschätzt worden ist: Seinerzeit sind die meisten Experten davon ausgegangen, dass der Telekommunikationsmarkt eine dauerhafte Jobmaschine mit ständig wachsender Be s n M d J m w k A V l g n m d K g K T z B m e d k a W K u c D u b D B a n m 2 b m O T s k g g g s b U a r m t d (C (D chäftigtenzahl ist. Der technische Fortschritt ist jedoch och rasanter gewesen als erwartet, sodass weniger enschen für die neue Vielfalt von Diensten und Pro ukten benötigt werden als angenommen. Zum Ende des ahres 2004 waren im Telekommunikationsdienstearkt 225 000 Personen beschäftigt und damit nur unesentlich mehr als 1998. Die Erwartung, dass die Teleom selbst bei Verlust von Marktanteilen eher mehr rbeitskräfte braucht, hat sich leider nicht bewahrheitet. or diesem Hintergrund sind die aktuellen Pläne der Te ekom zu einem Personalabbau zu diskutieren. Es ist rundsätzlich problematisch, wenn man einzelne unterehmerische Entscheidungen kommentiert. Dennoch öchte ich für die SPD-Fraktion ausdrücklich zum Aus ruck bringen, dass wir hoffen und erwarten, dass sich onzernleitung und Gesamtbetriebsrat im Rahmen des eplanten Personalabbaus auf ein sozialverträgliches onzept einigen werden. Nun zu der konkret angesprochenen Entscheidung der elekom, Callcenterstandorte zu schließen. Ich möchte unächst einmal hervorheben, dass das Aktienrecht der undesregierung keine Möglichkeit gibt, eine Einzelaßnahme des Unternehmensvorstandes direkt zu be influssen – auch wenn der Bund Minderheitsanteile an er Deutschen Telekom hält; von daher läuft die konrete Forderung im Antrag der Linken ins Leere. Auch us diesem Grund wird die SPD-Fraktion ihn ablehnen. orum geht es in der Sache? Die Telekom verfolgt ein onzept der Zusammenlegung von Callcenterstandorten nd damit eine stärkere Zentralisierung dieses Bereihes, in dem insgesamt 15 000 Beschäftigte tätig sind. urch größere Belegschaften sollen Effizienzgewinne nd höhere Qualitätsstandards gesichert werden, wie es ei Konkurrenten zum Teil schon gemacht worden ist. ie von der Verlagerung ihres Standortes betroffenen eschäftigten erhalten allerdings das Angebot, an einem nderen Standort weiterbeschäftigt zu werden. Das ist atürlich insbesondere in ländlichen Gegenden probleatisch, in denen die Entfernung zum nächsten Standort 00 Kilometer oder sogar mehr beträgt; denn es sind insesondere viele Frauen mit Kindern betroffen, die woöglich auch noch in Teilzeit arbeiten. Ihnen ist ein rtswechsel mit der Familie oft faktisch nicht möglich. Aus diesem Grunde war das Callcenterkonzept der elekom zwischen der Konzernführung und dem Geamtbetriebsrat hoch umstritten. In der letzten Woche onnte aber – das haben Sie unterschlagen – eine Einiung zwischen beiden erzielt werden. Wie wir bereits ehört haben, ist danach nicht mehr, wie ursprünglich eplant, die Schließung von 45 Callcenterstandorten, ondern eben nur noch von 36 vorgesehen; 60 Standorte leiben erhalten. Ich sage deutlich: Unter den gegebenen mständen ist das gut für die Beschäftigten und sicher uch ein Erfolg der Verhandlungen des Gesamtbetriebsates und von Verdi. Ich begrüße das ausdrücklich auch im Namen vieler einer Kolleginnen und Kollegen in der SPD-Bundes agsfraktion, die sich um die Sorgen der Beschäftigten, ie ja berechtigt sind, gekümmert und viele Gespräche Martin Dörmann geführt haben. Unter den gegebenen Umständen sind wir froh, dass eine Einigung erfolgt ist. Sie ist im Interesse der Beschäftigten und des Unternehmens, sie stärkt die Konkurrenzfähigkeit der Telekom und sichert damit Arbeitsplätze langfristig. Wir nehmen dies als ein positives Signal auch für zukünftige Verhandlungsrunden der Tarifpartner. Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich zusammenfassen: Die SPD-Fraktion steht zum erfolgreichen Weg der Privatisierung. Weder Parlament noch Regierung können direkt in die Unternehmensstrategie privatisierter Unternehmen eingreifen und sollten das auch nicht. Dennoch gilt: Einen konstruktiven Weg unterstützen wir gerne auch politisch. Deutschland braucht Wettbewerb und eine starke Telekom als unseren globalen Player im Bereich der Telekommunikation und die Telekom braucht marktgerechte Lösungen, mit denen gleichzeitig die Belange der Beschäftigten angemessen berücksichtigt werden. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Der Kollege Matthias Berninger gibt seine Rede zu Protokoll1)


(Beifall bei der FDP)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1603225500

(Beifall bei der SPD)

Martin Dörmann (SPD):
Rede ID: ID1603225600

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)





(A) )


(B) )


(Beifall des Abg. Dieter Grasedieck [SPD])


(Beifall bei der SPD)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der SPD)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1603225700

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 16/845 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. – Dazu besteht of-
fenkundig Einvernehmen. Dann ist die Überweisung so
beschlossen.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 12:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

(12. Ausschuss)

auftragten

Jahresbericht 2004 (46. Bericht)


– Drucksachen 15/5000, 16/909 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Anita Schäfer (Saalstadt)

Hedi Wegener
Elke Hoff
Paul Schäfer (Köln)

Winfried Nachtwei

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll die
Aussprache eine halbe Stunde dauern. – Ich höre dazu
keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort erhält zunächst
der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages,
Reinhold Robbe.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU])


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d1) Anlage 2

(C (D Reinhold Robbe, Wehrbeauftragter des Deutschen undestages: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten amen und Herren! Dem Plenum liegt heute der noch on meinem Amtsvorgänger Willfried Penner erstellte ahresbericht für das Jahr 2004 zur abschließenden Beatung vor. Wie wir alle wissen, wurde der Bericht inwischen fortgeschrieben. Vor wenigen Wochen habe ich dem Präsidenten des eutschen Bundestages den Bericht für das zurücklieende Jahr, also für das Jahr 2005, vorgelegt. Daraus zu chließen, der heute zu beratende Bericht für das ahr 2004 sei bereits überholt, wäre allerdings verfehlt. ie Rahmenbedingungen für die Bundeswehr haben sich eineswegs verändert. Sie kennen alle wesentlichen tichworte in diesem Zusammenhang. Um nur die wich igsten zu nennen: Transformation, Einsatzbelastung und nterfinanzierung. Auch wenn die Beratungen des Haushalts für das lauende und das kommende Jahr noch nicht abgeschlossen ind, lässt sich schon jetzt sagen: Der Verteidigungsetat ird auf keinen Fall erhöht. Alle Probleme, die sich da aus für die Soldatinnen und Soldaten ergeben, sind im ahresbericht 2004 angesprochen worden. Ich nenne och einmal die wichtigsten: Unmut über ausbleibende eförderungen wegen fehlender Planstellen; Enttäu chung der altgedienten Portepeeunteroffiziere über ihre enachteiligung im Hinblick auf das Attraktivitätsproramm; Kritik an unzureichender Einsatzvorbereitung egen fehlenden Ausbildungsmaterials; kurzfristige eränderungen bei der Einsatzplanung; Defizite in der ersönlichen Ausstattung, auch mit Blick auf die Einätze; Infrastrukturmängel in den Kasernen, besonders in en alten Bundesländern; Belastungen des Sanitätsdienses durch Einsatzabstellungen und Handlungsbedarf im inblick auf eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und amilie. Diese Probleme sind nach wie vor aktuell. Sie waren m Jahr 2004 aktuell, sie sind im Jahre 2005 aktuell geesen und sie sind auch jetzt aktuell. Sie finden sich na urgemäß deshalb auch in dem jüngsten Bericht, dem ahresbericht 2005, wieder. Dahinter stehen in der Regel anz konkrete Sorgen und Nöte Einzelner, die von mir orgfältig geprüft werden, und zwar mit dem Ziel, Löungen für die angesprochenen Probleme zu finden. Was ie Bundeswehr zunehmend belastet, geht aber über den onkreten Einzelfall hinaus. Es ist die Summe der von en Rahmenbedingungen geprägten Mängel und Defiite, die bei den Soldatinnen und Soldaten Unzufriedeneit und auch Enttäuschung hervorrufen. Aus der Sicht der Soldaten klaffen seit der Neuausichtung der Streitkräfte Anspruch und Wirklichkeit in er Bundeswehr manchmal weit auseinander, beispielseise dann, wenn die Notwendigkeit der Beteiligung an nternationalen Einsätzen beschworen, der Truppe das afür notwendige Personal und Material aber nicht imer in ausreichendem Umfang zur Verfügung gestellt ird, oder wenn die Leistungen der Soldatinnen und oldaten vor dem Hintergrund der Transformation und er Einsätze in höchsten Tönen gelobt werden, dieselben Wehrbeauftragter Reinhold Robbe Soldatinnen und Soldaten aber immer weniger Geld im Portemonnaie haben und auch 15 Jahre nach der Wiedervereinigung die Armee der Einheit keineswegs einheitlich besoldet wird. Anspruch und Wirklichkeit stehen schließlich auch dort nicht miteinander im Einklang, wo Soldaten über Rahmenbedingungen und Ziele möglicher neuer Einsätze im Unklaren gelassen werden. In der so genannten Zentralen Dienstvorschrift 10/1 der Bundeswehr heißt es dazu in klaren Worten: Zu den Zielen der inneren Führung gehört es – ich zitiere –, unter Berücksichtigung ethischer Aspekte politische und rechtliche Begründungen für den soldatischen Dienst zu vermitteln und den Sinn des militärischen Auftrags einsichtig und verständlich zu machen. An diesem Grundsatz müssen sich militärische und politische Führung messen lassen. Aus Sicht vieler Soldaten werden sie diesem Anspruch aber nicht immer gerecht. Die Soldaten fragen stattdessen mich, welchen Sinn beispielsweise ein Einsatz im Kongo macht oder was von einer demokratischen Erneuerung Afghanistans zu halten ist, wenn dort Bürger wegen ihres Glaubensbekenntnisses mit der Todesstrafe bedroht werden. Ich verkenne nicht, dass über diese aktuellen und andere Fragen auch hier im Deutschen Bundestag durchaus konträr diskutiert wird. Aber findet diese Diskussion auch in der Truppe statt? Werden den Soldaten Antworten auf ihre berechtigten Fragen gegeben? Wenn ich Vorgesetzte darauf anspreche, erklären sie mir häufig, es fehle an offiziellen Stellungnahmen des Dienstherrn. Die Kritik ist berechtigt. Auf der anderen Seite: Kann ein Kompaniechef oder ein Kommandeur seinen Soldatinnen und Soldaten nur Rede und Antwort stehen, wenn er sich hinter einer offiziellen Stellungnahme seines Dienstherrn zurückziehen kann? Oder fehlt es an der generellen Bereitschaft, Diskussionen anzunehmen, auch wenn sie in der Sache nicht leicht zu führen sind? Bedeutung und Stellenwert der politischen Bildung und des lebenskundlichen Unterrichts für das Leitbild vom Staatsbürger in Uniform sind unstreitig. Neufassungen der Zentralen Dienstvorschrift 12/1 – das betrifft die politische Bildung und den lebenskundlichen Unterricht – stehen nach langer Vorarbeit kurz vor ihrem Erlass. Gleichwohl kommen interne Erhebungen des Führungsstabes der Streitkräfte zu dem Schluss, dass die politische Bildung und der lebenskundliche Unterricht vor dem Hintergrund der Auftragsdichte oftmals viel zu kurz kommen. Das deckt sich beispielsweise mit Aussagen von Einheitsführern, die mir berichten, dass ihre ursprünglich auf zwei Tage angesetzte politische Weiterbildung in Berlin mangels Zeit und ausreichender Mittel auf einen Tag zusammengestrichen wurde. So darf es – das finde ich jedenfalls – nicht sein. Anspruch und Wirklichkeit: Darum geht es. Sie wieder miteinander in Einklang zu bringen – finanziell wie ideell –, das ist die zentrale Aufgabe, der sich die Bun d n r r l b s E u m N n B b t n W 2 b i V 5 I 2 A n e e z m k K t s k s f A h (C (D esregierung und auch das deutsche Parlament aus meier Sicht verstärkt zuwenden müssen. Das wird mit der Aufforderung an die Bundesregieung zur Prüfung, Erwägung und Beachtung der im Jahesbericht des Wehrbeauftragten enthaltenen Empfehungen allein natürlich nicht zu schaffen sein. Dazu raucht es weiter gehende Anstrengungen. Eines ist aber icher: Von dem Erfolg dieser Bemühungen werden die insatzbereitschaft und die Motivation der Soldatinnen nd Soldaten künftig entscheidend abhängen. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)





(A) )


(B) )


(Beifall des Abg. Dr. Werner Hoyer [FDP])



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1603225800

Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile,

öchte ich gerne – sicherlich auch in Ihren aller
amen – dem Wehrbeauftragten und allen Mitarbeiterin-
en und Mitarbeitern der Behörde für die Vorlage des
erichts und insbesondere für die damit verbundene Ar-
eit herzlich danken.


(Beifall)


Das Wort hat nun die Kollegin Elke Hoff, FDP-Frak-
ion.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)



Elke Hoff (FDP):
Rede ID: ID1603225900

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegin-

en und Kollegen! Sehr geehrter Herr Wehrbeauftragter!
ir sprechen heute abschließend über den Jahresbericht

004 des Wehrbeauftragten. Der nächste Bericht liegt
ereits vor. Es ist gut, sehr geehrter Herr Robbe, dass Sie
n Ihrem ersten Bericht die klare und deutliche Art Ihres
orgängers fortsetzen.

Die Institution des Wehrbeauftragten hat auch im
0. Jahr ihres Bestehens nicht an Bedeutung verloren.
m Gegenteil: Der Anstieg des Eingabeaufkommens von
0 Prozent in den ersten Monaten des Jahres 2006 ist ein
larmsignal, dass bei unserer Bundeswehr weiterhin ei-
iges im Argen liegt. Die Kenntnis des neuen Berichts
rlaubt es bereits heute, sich weiterentwickelnde Fehl-
ntwicklungen festzustellen.

Viele Punkte im Jahresbericht 2004 entwickeln sich
u bedauernswerten Klassikern. Als Beispiel hierfür
öchte ich den Beförderungsstau, das Ausufern büro-

ratischer Einsatzhindernisse, den baulichen Zustand der
asernen und die Auswirkungen der permanenten Un-

erfinanzierung der Streitkräfte, die der Wehrbeauftragte
ehr treffend als ein permanentes Verwalten des Mangels
ritisiert, benennen.

In den Eingaben der Soldatinnen und Soldaten drückt
ich der ganze Unmut über eineinhalb Jahrzehnte Trans-
ormation aus. Die Transformation lebt aber von der
kzeptanz derjenigen, die sie tagtäglich zu vollziehen
aben. Wenn dieser Begriff mehr und mehr negativ






(A) )



(B) )


Elke Hoff
besetzt wird, kann man ihn irgendwann vergessen. Es
geht hier auch um Menschen und nicht nur um Planziele.

So sympathisch der Wunsch nach einer Atempause
im Transformationsprozess, wie er von Herrn Robbe ge-
äußert wurde, auch ist: Er ist unrealistisch. Wenn die
Bundeswehr bis 2010 auch nur annähernd das von ihr
angestrebte Personalstrukturmodell mit der neuen Auf-
gabenverteilung einführen möchte, wird der Transforma-
tionsdruck eher noch zunehmen.

Deshalb ist die Einsicht des Bundesverteidigungsmi-
nisters erfreulich, dass die Besonderheiten des Soldaten-
berufs auch ein eigenes Besoldungsrecht erfordern. Die
FDP fordert dies seit Jahren. Der Minister hat offenbar
erkannt, dass es einen Unterschied macht, ob der Soldat
in Faizabad oder in der Brüsseler EU-Bürokratie seinen
Dienst versieht.

Wenn Sie hoffentlich in Kürze damit beginnen, das
Besoldungsrecht in Ordnung zu bringen, dann sollten
Sie auch die Besoldungsunterschiede in Ost und West
auflösen. Die Integration einer betrieblichen Alterssiche-
rung insbesondere für die Soldaten auf Zeit würde eben-
falls zu diesen Reformanstrengungen passen. Ich bin mir
sicher, dass Sie hierfür eine breite parlamentarische
Mehrheit finden werden.

Bemerkenswert ist, wie deutlich sich der neue Wehr-
beauftragte in den letzten Wochen zu den zunehmenden
Belastungen durch neue Auslandseinsätze der Bundes-
wehr geäußert hat. Er sprach von einer Bundeswehr, die
bis zur Oberkante ausgelastet sei. Im Hinblick auf einen
möglichen Einsatz deutscher Soldaten im Kongo könne
er sich einen Einsatz, der über eine beobachtende Funk-
tion und den Einsatz von wenigen Spezialisten hinaus-
gehe, nicht vorstellen. Die Bundeswehr könne nicht alles
und sie sei auch nur sehr beschränkt über ihr derzeitiges
Engagement hinaus einsetzbar. Auch seien die Soldatin-
nen und Soldaten nur schwer davon zu überzeugen, dass
ein solcher Einsatz notwendig ist.

Ich freue mich, dass Sie diese deutlichen Worte ge-
funden haben, auch wenn ich der Ansicht bin, dass es
hierbei weniger um die Frage geht, ob die Bundeswehr
aufgrund ihrer militärischen Fähigkeiten einen Einsatz
im Kongo bewerkstelligen kann. Vielmehr geht es da-
rum, dass die Bundesregierung bis heute nicht plausibel
begründet hat, wodurch und inwiefern ein viermonatiger
Einsatz von 500 Soldaten im Kongo zu einer dauerhaf-
ten Stabilisierung Zentralafrikas führen wird. In einer
SWP-Studie vom Februar dieses Jahres werden die Wah-
len aus Sicht der zur Wahl stehenden Präsidentschafts-
kandidaten als „Fortsetzung des Krieges mit anderen
Mitteln“ bezeichnet. Gibt eine solche Einschätzung An-
lass zu den allgemeinen Beschwichtigungsversuchen
nach dem Motto „Alles wird gut“?

Unsere Soldatinnen und Soldaten haben sowohl bei
bestehenden Einsatzverpflichtungen als auch bei künfti-
gen einen Anspruch auf ein plausibles Gesamtkonzept
mit einer belastbaren Exitstrategie. Fehlt es an einem
solchen Konzept, ist ein Einsatz nicht vertretbar. Sowohl
in dem vorliegenden Bericht als auch in dem für das Jahr
2005 wird sehr deutlich, wie groß die Belastungen für

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(C (D ie Bundeswehr durch die bestehenden Einsatzverpflichungen sind. Dabei ist das größte Problem, dass häufig ie gleichen Soldatinnen und Soldaten in den Einsatz üssen, weil unsere Streitkräfte einfach zu wenige ein atzfähige Soldaten haben. Allmählich sollten die Lehen aus diesem Missstand gezogen werden, bevor über eitere Einsätze außerhalb der Bundesrepublik Deutsch and nachgedacht wird. Ich komme zum Ende. Wir haben keinen Grund, unere Bundeswehr schlecht zu reden. Wir alle können auf ie täglichen Leistungen unserer Soldatinnen und Soldaen stolz sein. (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD sowie des Abg. Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1603226000

Das wäre eigentlich ein schöner Schlusssatz gewesen,

rau Kollegin.


(Heiterkeit)



Elke Hoff (FDP):
Rede ID: ID1603226100

Sehr richtig. Aber Sie wissen, die Frauen haben im-

er das letzte Wort.


(Heiterkeit)


Wir müssen gemeinsam darauf achten, dass der Be-
icht des Wehrbeauftragten zu einer Blaupause oder
um einen Begriff des Generalinspekteurs zu gebrau-

hen – zu einem Living Document der Transformation
ird.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1603226200

Das Wort hat nun die Kollegin Anita Schäfer, CDU/

SU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Anita Schäfer (CDU):
Rede ID: ID1603226300

Meine Damen und Herren! In diesem Jahr blicken wir

uf 50 Jahre Wehrbeauftragter zurück. Diese Institution
at sich zum Schutz der Grundrechte der Soldaten voll-
uf bewährt. Sie gewinnt im Zeichen der Transformation
ls Frühwarnsystem an Bedeutung. Herr Wehrbeauftrag-
er, Sie haben vor kurzem Ihren ersten Jahresbericht vor-
elegt. Wie schon bei Ihrem Vorgänger zeichnet sich der
ericht durch Offenheit, Klarheit und Sachkenntnis aus.

hnen und Ihren Mitarbeitern danke ich im Namen mei-
er Fraktion für Ihre wichtige Arbeit. Sie können auf un-
ere Unterstützung zählen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie der Abg. Elke Hoff [FDP])


Der Umbau der Bundeswehr zu einer Einsatzarmee
st zwar sicherheitspolitisch begründet, aber mit einem
normen Veränderungsdruck verbunden. Umstrukturie-






(A) )



(B) )


Anita Schäfer (Saalstadt)

rung, Umstationierung und Neuausrichtung der Ausbil-
dung vollziehen sich gleichzeitig zu Planung, Vorberei-
tung und Durchführung internationaler Kriseneinsätze,
sozusagen eine Reparatur am laufenden Motor. Bislang
haben unsere Soldaten diesen Spagat gemeistert. Aber
der Bericht des Wehrbeauftragten 2004 enthält deutliche
Warnsignale. Wir müssen die Risiken der Transforma-
tion klar identifizieren und bei Bedarf korrigierend ein-
greifen.

Begründung, Planung und Durchführung von Aus-
landseinsätzen erfordern das besondere Augenmerk von
uns Parlamentariern. Es wäre fatal, wenn internationale
Kriseneinsätze der Bundeswehr als Routineangelegen-
heit wahrgenommen würden. Bundespräsident Horst
Köhler hat ein „freundliches Desinteresse“ der Gesell-
schaft an unseren Streitkräften konstatiert. Das ist ein
bedenklicher Vorgang, der mit dem Prinzip einer Parla-
mentsarmee unvereinbar ist. Zu Recht erwarten die Sol-
daten von uns Klarheit über den Sinn von Einsätzen. Sie
haben es angesprochen, Herr Wehrbeauftragter. Nur
wenn ausreichend Klarheit besteht, ist eine breite Zu-
stimmung im Parlament möglich. Diese ist für die Legi-
timation von Auslandseinsätzen unverzichtbar.

Im Mai steht die Abstimmung über einen Kongoein-
satz deutscher Soldaten an. Leider ist es in der politischen
Debatte noch nicht gelungen, den Sinn dieses Einsatzes
hinlänglich klarzumachen. Wir müssen die deutschen In-
teressen an einem verstärkten Afrikaengagement klar de-
finieren. Für mich kommt es auf folgende Punkte an:

Erstens. Der Staatenzerfall in Afrika ist ein gravieren-
des sicherheitspolitisches Problem. Neue Rückzugs-
räume für Terroristen können entstehen. Der Migrations-
druck nach Europa verschärft sich weiter. Ein Einsatz,
der zur Stabilisierung im Kongo beitragen kann, ist des-
wegen auch im deutschen Sicherheitsinteresse.

Zweitens. Afrika ist als Nachbarkontinent Europas
ein wichtiger Rohstofflieferant und künftiger Markt. Die
Ölzentren in Zentral- und Westafrika, die an die Demo-
kratische Republik Kongo angrenzen, werden für die
strategische Rohölversorgung des Westens zunehmend
wichtig. Das betrifft natürlich auch uns als wichtige eu-
ropäische Industrienation.

Drittens. Ein gesamteuropäisches Kontingent trägt
unter dem Gesichtspunkt des Multilateralismus zur Stär-
kung der Vereinten Nationen bei. Wir unterstützen durch
diese Politik die Transformation der EU auf dem Weg zu
einem globalen Akteur.

Nur wenn deutsche Interessen klar und einsichtig for-
muliert sind, nur wenn ein breiter sicherheitspolitischer
Konsens im Parlament besteht, können unsere Soldaten
mit innerer Überzeugung in einen Einsatz gehen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Auslandseinsätze
sind teuer. Allein im Haushaltsjahr 2005 schlugen sie im
Verteidigungsetat mit rund 884 Millionen Euro zu Bu-
che. Das Ungleichgewicht zwischen Auftrags- und Mit-
tellage der Bundeswehr ist längst nicht behoben. Umso
mehr brauchen wir endlich einen fairen Finanzierungs-
schlüssel für Auslandseinsätze.

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(C (D Mittlerweile liegen die Schätzungen der Kosten für en geplanten Kongoeinsatz bei über 60 Millionen Euro. ür mich als Mitglied des Verteidigungsausschusses ist icht einsichtig, diese Lasten einseitig dem Einzellan 14 aufzubürden. an kann als Außenoder Entwicklungspolitiker nicht insätze der Bundeswehr in Afrika fordern, die finanielle Bewältigung aber dem Verteidigungsminister berlassen. Hier müssen wir zu einer fairen Lastenteiung zwischen den Ressorts kommen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Martin Zeil [FDP])


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


ine einseitige Inanspruchnahme des Einzelplans 14
chadet der Planungssicherheit der Truppe. Denn diese
elder fehlen für verteidigungsinvestive Ausgaben. Wir
rauchen sie dringend für eine optimale Einsatzausstat-
ung der Bundeswehr.

Meine Damen und Herren, das Gros der laufenden
undeswehreinsätze sind Stabilisierungsmissionen. Sie
erden auch in Zukunft das Einsatzprofil der Truppe

ntscheidend prägen. Doch schon jetzt ist absehbar, dass
er Bundeswehr die Spezialisten ausgehen. Ich zitiere
us dem Bericht des Wehrbeauftragten 2004:

Immer wieder und verstärkt wiesen Soldaten darauf
hin, dass die Möglichkeiten der Spezialisten, na-
mentlich der Fernmelder, des Sanitätspersonals, der
Pioniere und auch von Logistikern erschöpft
seien …

ieser Trend bestätigt sich auch im Bericht des Wehrbe-
uftragten 2005. Hier werden explizit die Bereiche ope-
ative Information, Sanitätsdienst und Heeresflieger an-
eführt.

Wenn das gegenwärtige Einsatzniveau gehalten wer-
en soll, muss die Personalkonzeption der Bundeswehr
ntschieden gegensteuern. Hier zeigt sich im Übrigen,
ie unverzichtbar die Wehrpflicht für eine nachhaltige
ersonalplanung der Streitkräfte bleibt. Doch müssen
ir zusätzlich kreativ in eine gezielte Nachwuchswer-
ung und attraktive Karriereplanung investieren. Die ge-
annten Spezialisten sind das Rückgrat globaler Frie-
enssicherungseinsätze.

Meine Damen und Herren, gerade in Auslandseinsät-
en beginnt oft ein Nachdenken der Soldaten über Werte,
ber Sinn und Zweck des Lebens. Umso mehr benötigen
ie ein ethisch reflektiertes Berufsverständnis, das ih-
en in schwierigen Entscheidungssituationen weiterhilft.
ichtige Wegbegleiter im Einsatz sind die Militärseel-

orger, dies nicht nur im Einsatzgebiet selbst, sondern
uch in der Heimat, wo sie den Familien mit Rat und Tat
ur Seite stehen. Die Militärseelsorge muss deswegen
uch künftig elementarer Bestandteil der Einsatzplanung
ein.

Die katholische Bischofskonferenz hat jüngst in ihrer
enkschrift „Soldaten als Diener des Friedens“ die Be-
eutung der inneren Führung für Auslandseinsätze he-
ausgestellt:






(A) )



(B) )


Anita Schäfer (Saalstadt)

Die lebendige Weiterentwicklung des Konzepts der
Inneren Führung ist eine der entscheidenden Vo-
raussetzungen für die friedensethische Legitimität
der Streitkräfte.

Dies müsse, so betonen die Bischöfe zu Recht, auch un-
ter multinationalen Einsatzbedingungen Geltung haben.
Eine Erosion der inneren Führung in Konkurrenz zu
anderen militärischen Führungskulturen wäre für das
moralische und politische Selbstverständnis der Bundes-
wehr ein gravierender Bruch. Hier stehen der Wehrbe-
auftragte und wir Parlamentarier in einer besonderen
Sorgfalts- und Beobachtungspflicht.

Unsere Gesellschaft muss sich darüber im Klaren
sein, dass – wie der langjährige Generalinspekteur Klaus
Naumann formuliert hat – „der Soldat in letzter Konse-
quenz ein Kämpfer ist“. Diese Eigenschaft unterscheidet
ihn von allen anderen Berufen und schließt die Bereit-
schaft ein, sein eigenes Leben für den Dienst an seinem
Land einzusetzen. Das verpflichtet uns nicht nur, ele-
mentare Rechte und Schutzbedürfnisse unserer Soldaten
zu beachten. Es erfordert auch ein ehrendes Andenken
an diejenigen, die ihr Leben im Einsatz lassen mussten.

Ich begrüße sehr, dass Verteidigungsminister Dr. Jung
die Idee eines zentralen Denkmals in Berlin konsequent
verfolgt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Heinz-Peter Haustein [FDP])


Ich sehe darin einen wichtigen Beitrag, die gesellschaft-
liche Diskussion über den Sinn von Streitkräften und die
Bedeutung militärischer Friedenssicherung aktiv zu füh-
ren. Das sind wir unseren Soldaten schuldig; denn sie
sind es, die stellvertretend für uns alle die Risiken künf-
tiger Gefahrenabwehr tragen müssen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Heinz-Peter Haustein [FDP])



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1603226400

Das Wort hat nun die Kollegin Katrin Kunert, der ich,

bevor sie das Wort erhält, gerne zu ihrem heutigen Ge-
burtstag gratulieren möchte. Alles Gute!


(Beifall)



Katrin Kunert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1603226500

Danke schön, Herr Präsident. Das Alter lassen wir

weg. Das würde sowieso niemand glauben. – Sehr ge-
ehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Sehr geehrte Gäste! Die Bundeswehr ist heute an elf
Standorten im Auslandseinsatz. Die Soldatinnen und
Soldaten leisten unter schwierigsten Bedingungen ihren
Dienst und sie machen ihn gut. Derzeit werden wieder
Deiche gebaut und gesichert. Die Bundeswehr soll in
den Kongo geschickt werden und nach Auffassung des
Verteidigungsministers bei der Fußballweltmeister-
schaft zum Einsatz kommen. Ich könnte die Palette fort-
führen.

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(C (D Die Zeit, die sich das Parlament für die Behandlung er inneren Verfasstheit der Bundeswehr nimmt, steht ingegen in keinem Verhältnis zur gegenwärtig formuierten Anforderung an die Bundeswehr. as 50-jährige Bestehen des Verfassungsinstitutes ehrbeauftragter findet leider nicht in angemessener eise Würdigung. Warum sage ich das? Nur Deutschland verfügt über ie Institution Wehrbeauftragter. Darauf wurde mit Stolz ereits in der Debatte im Januar hingewiesen. Aber vorezogene Neuwahlen ließen den Bericht von 2004 in den intergrund geraten, obwohl Handlungsbedarf besteht. ie Zahl der von Soldatinnen und Soldaten gemachten ingaben stieg trotz sinkender Truppenstärke. Die Pa ette der aufgeführten Vergehen reicht von schlechter ezahlung über Missbrauch der Befehlsgewalt bis hin zu echtsextremismus und Diskriminierung. Diese Vergeen sind keine Einzelfälle und sie sollten uns zu der Erenntnis bringen, dass es eben nicht ausreicht, jährlich inen Mängelbericht entgegenzunehmen. Wichtig sind die Konsequenzen, die daraus gezogen erden müssen. Wir fordern ein Management, welches ontinuierlich, schnell und wirksam agiert. Versäumisse können nicht nachträglich geregelt werden, Präention muss im Vordergrund stehen. Der Bundestag muss seine Kontrolle noch effektiver nd umfassender ausüben. Die Möglichkeit der unangeeldeten Besuche vor Ort wird viel zu wenig genutzt. erade der Verteidigungsausschuss sollte die Arbeit des ehrbeauftragten unterstützen. Wir fordern ihn auch azu auf, mehr zu tun. Wir wollen ihn mehr in die Pflicht ehmen, mehrere Berichte mit den nötigen Schlussfolgeungen vorzulegen. Eine Aufzählung von Problemen der Eingaben reicht uns nicht aus. Dies haben wir auch ei den Beratungen dieses Berichtes im Verteidigungsusschuss klargestellt. So manche Anmerkung im vorlieenden Bericht und in der Beschlussempfehlung könnte chon etwas zackiger formuliert werden. Mir sei folgener Vergleich erlaubt – ich sitze in einem kommunalen arlament –: In kommunalen Vertretungen wird mit echnungsprüfungsberichten verbindlicher umgeganen, als es meinem Eindruck nach hier geschieht. Sehr geehrter Herr Robbe, Sie wissen, unsere Frakion hat eigene Vorstellungen zur Bundeswehr. Wir sind ür die Abschaffung der Wehrpflicht. Wir sind für die eduzierung der Truppenstärke auf 100 000 Soldatinnen nd Soldaten (Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Hatten wir schon einmal!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


nd wir sind gegen Auslandseinsätze.


(Beifall bei der LINKEN)


ber gehen Sie einmal davon aus, dass wir bei der
msetzung des Soldatenbeteiligungsgesetzes genau
inschauen werden. Unserer Unterstützung, Herr Robbe,
önnen Sie sich dabei sicher sein.






(A) )



(B) )


Katrin Kunert

(Beifall bei der LINKEN)


Ich finde es im Übrigen ungünstig, dass Sie alle heute
da in der letzten Reihe sitzen.

Die Rechte der Soldatinnen und Soldaten stehen
für uns im Mittelpunkt. Für uns verbietet sich jede Un-
gleichbehandlung. Wir erwarten von Ihnen, Herr Robbe,
dass Sie endlich die systematische Verletzung der ge-
setzlichen Vorgaben zur Wahrung der Wehrgerechtigkeit
aufgreifen. Im letzten Jahr haben nur weniger als
60 000 Wehrpflichtige ihren Grundwehrdienst geleistet.
Die Tendenz ist sinkend. Aber fast doppelt so viele leis-
teten einen Ersatzdienst, der damit längst zum Regel-
dienst geworden ist.

Herr Robbe, Sie nehmen heute zum zweiten Mal Kri-
tiken und Hinweise für einen Bericht entgegen, den Sie
nicht selbst geschrieben haben. Auch der Bericht 2005
– das wurde schon gesagt – liegt vor. Die vielen Pro-
bleme ziehen sich wie ein roter Faden durch diese Be-
richte. Ich habe es auch schon im Ausschuss gesagt: Wer
von dieser Armee viel verlangt, der muss sie bei den
Entscheidungen mitnehmen und muss sie verdammt
noch mal auch sehr gut vorbereiten.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Wir werden Sie sehr unterstützen. Wir erwarten von
Ihnen aber auch mehr Eigeninitiative. Die Überprüfung
des Ausbildungssystems und die kritische Überprüfung
der Militärgerichtsbarkeit sind von Ihren Vorgängern
bisher stiefmütterlich behandelt worden. Lassen Sie uns
mit diesen Themen beginnen! Ich wünsche uns eine gute
und konstruktive Zusammenarbeit.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1603226600

Ich erteile das Wort nun dem Kollegen Rolf Kramer

für die SPD-Fraktion.


Rolf Kramer (SPD):
Rede ID: ID1603226700

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Von dieser
Stelle an Frau Kunert noch einmal die herzlichsten
Glückwünsche zum Geburtstag! Allerdings muss ich Ih-
nen sagen, Frau Kollegin: Angesichts der deutschen Ge-
schichte und der deutschen Militärgeschichte bin ich
froh darüber, dass wir keine zackige Armee mehr haben
und auch keinen zackigen Wehrbeauftragten haben.

Auch in diesem Bericht geht der Wehrbeauftragte auf
die gesundheitliche Beeinträchtigung jener ehemaligen
Soldaten und Beamten der Bundeswehr und der Natio-
nalen Volksarmee ein, die während ihrer Tätigkeit ioni-
sierender Strahlung ausgesetzt waren. Ich will den
Schwerpunkt auf diesen Aspekt legen.

Bei vielen Betroffenen haben sich aufgrund der Strah-
leneinwirkung Krebserkrankungen entwickelt. Eine
große Anzahl der Erkrankten ist inzwischen verstorben.

Der Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundesta-
ges beschloss im Juni 2002 die Einsetzung der Radar-

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(C (D ommission, die sich mit dieser Problematik intensiv efasste. Nach Vorlage des Berichts der Radarkommision sagte die Bundeswehr zu, die Empfehlungen der ommission eins zu eins umzusetzen. Dieses Vorgehen urde vom Verteidigungsausschuss im September 2003 efürwortet. An dieser Stelle möchte ich mich insbesondere bei em damaligen Parlamentarischen Staatssekretär Walter olbow und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ür das außerordentliche Engagement bedanken. Der leiche Dank gilt den Angehörigen des Bundes zur Unerstützung Radargeschädigter, ohne deren Mitwirken ir nicht so weit gekommen wären. (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Insgesamt haben 2 633 Soldaten und Beamte aus der
undeswehr und der NVA einen Antrag auf Anerken-
ung einer Wehrdienstbeschädigung gestellt, von denen
nzwischen 575 positiv beschieden wurden.

Nachdem es aus Sicht des Bundes zur Unterstützung
adargeschädigter bei der Bearbeitung von Versor-
ungsfällen aufgrund unterschiedlicher Interpretationen
u unverständlichen Entscheidungen gekommen war,
ereinbarten das Verteidigungsministerium und der
und zur Unterstützung Radargeschädigter, solche Pro-
leme an einem runden Tisch zu beraten. Der runde
isch nahm seine Arbeit im Dezember 2004 auf. Dieses
ür die Bundesrepublik bisher einmalige Dialogverfah-
en ist positiv zu bewerten und hat in mehr als 17 Fällen
um Erfolg geführt.

Viele der negativ beschiedenen Antragsteller haben
nzwischen von ihrem Recht Gebrauch gemacht und den
lageweg beschritten.

Das Sozialgericht in Landshut bezieht sich in der
ürdigung einer Klage wegen der Radarstrahlenproble-
atik ausdrücklich auf die Empfehlungen der Radar-

ommission und schlägt deshalb einen Vergleich vor. In
iner Stellungnahme vom 9. Februar dieses Jahres führt
ie Wehrbereichsverwaltung West dazu aus:

Die 17 Mitglieder der (Radar-) Kommission gehör-
ten entsprechenden wissenschaftlichen Disziplinen
an.

ie ahnen, was jetzt kommt.

Ein Jurist war nicht beteiligt, so dass die Verfah-
rensvorschläge demnach nur für den technischen
und medizinischen Fachbereich erfolgten.

s kommt aber noch besser. In einer Schlussfolgerung
ommt die Wehrbereichsverwaltung zu dem Ergebnis:

Der (Radar-) Bericht hat keine rechtliche Verbind-
lichkeit.

Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist eine glatte
mkehr der bisherigen Verfahrensweise. Dem Leiden
er Betroffenen wird man damit in keiner Weise gerecht.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)







(A) )



(B)


Rolf Kramer
Zu fragen ist auch, ob die gemeinsame Erklärung des
Bundes zur Unterstützung Radargeschädigter und des
Verteidigungsministeriums sowie der eindeutige
Wunsch des Verteidigungsausschusses hier nicht in ihr
Gegenteil verkehrt werden.


(Walter Kolbow [SPD]: Richtig!)


Auch die eindeutige Position des Bundesgesund-
heitsministeriums im Rundschreiben vom 20. Oktober
2003 wird in ihr Gegenteil verkehrt. In dem Rundschrei-
ben heißt es:

Da in Folge der besonderen Sachlage die Exposi-
tion (z. B. konkrete Strahlendosis) im Einzelfall
nicht mehr ermittelbar ist, unterstellt das Bundes-
ministerium der Verteidigung … die Wahrschein-
lichkeit des ursächlichen Zusammenhangs
zwischen Strahlenexposition und bösartiger Erkran-
kung. Die Frage einer Kannversorgung stellt sich
deshalb in diesen Fällen nicht.

Es muss also versorgt werden. So weit und so eindeutig.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, man kann im Inte-
resse der Betroffenen nur hoffen, dass wir es hier mit
dem Übereifer von wenigen Beschäftigten der Wehrbe-
reichsverwaltung zu tun haben und nicht mit einer
Kehrtwendung in der Angelegenheit insgesamt. Die Ver-
antwortlichen bleiben aufgefordert, schnellstens zu der
ursprünglichen Verfahrensweise zurückzukehren.

Noch ein weiterer Aspekt verdient in diesem Zusam-
menhang Erwähnung. Wie der Wehrbeauftragte bin auch
ich der Meinung, dass man die Frage der Einrichtung
einer Stiftung noch einmal intensiv prüfen sollte – ob
speziell für die Strahlenopfer oder für Härtefälle im Be-
reich des Verteidigungsministeriums allgemein, ist eine
Frage der Zweckmäßigkeit. Ich denke, die Sachlage ist
es wert, geprüft zu werden.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1603226800

Das Wort erhält nun der Kollege Winfried Nachtwei,

Bündnis 90/Die Grünen.


Winfried Nachtwei (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603226900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der

Bericht des Wehrbeauftragten für das Jahr 2004 ist von
uns äußerst spät auf die Tagesordnung gesetzt worden.
Ich will die Gelegenheit nutzen, nach der Vorgabe des
neuen Wehrbeauftragten auch den Jahresbericht 2005
gebührend zu berücksichtigen.

Es ist schon festgestellt worden, dass dieser Bericht
– dieser Feststellung kann ich mich sehr anschließen;
das war auch ein Merkmal des vorherigen Wehrbeauf-
tragten und wird bei dem neuen noch deutlicher – eine
sehr klare, deutliche und ungeschminkte Sprache enthält,
die wir gerade bei dieser Institution sehr gebrauchen
können. Hilfreich ist auch, dass im Jahresbericht 2005 an
einzelnen Stellen Anmerkungen zur Dimension des Pro-

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(C (D lems zu finden sind, wo deutlich wird, dass es nicht um inzelfälle geht und dass es eine erhebliche Dunkelziffer ibt. Das ist hilfreich, um die Vorkommnisse entsprehend einordnen zu können. Insgesamt muss ich sagen, ass sich das, was im Vorjahr schon beunruhigend war, etzt verschärft hat. In diesem Jahr wird das Amt des Wehrbeauftragten 0 Jahre alt. Wir können feststellen, dass dieses Amt für ie Streitkräfte in Rechtsstaat und Demokratie ein euchtturm ist und für gelebte innere Führung (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


owie angemessene und menschenwürdige Arbeitsbe-
ingungen der Bundeswehrangehörigen unverzichtbar
st. Deshalb mein Dank nicht nur an diese Institution ins-
esamt, sondern auch an diejenigen Frauen und Männer,
ie dieses Amt immer sehr lebendig ausgefüllt haben
nd heute ausfüllen.

Einige Mängel waren in dem Bericht 2004 sehr deut-
ich angesprochen worden. Sie existieren, zum Teil ver-
tärkt, ebenso im Bericht des Jahres 2005. Dabei geht es
uch um Mängel, die von oberen Ebenen verursacht
ind, also nicht einfach nur um Fehlverhalten von Ein-
elnen. Ich möchte einige Mängel schlaglichtartig
nsprechen: die Situation der Infrastruktur, der Unter-
ünfte; immer wieder werden unhygienische Verhält-
isse angesprochen. Immer wieder gibt es auch Klagen
on Grundwehrdienstleistenden, dass sie die Erfahrung
achen, dass sie praktisch nicht gebraucht werden. Das

st verwunderlich angesichts der Tatsache, dass nur noch
0 Prozent der Wehrpflichtigen eines Jahrgangs ihren
rundwehrdienst ableisten – man muss sich einmal vor-

tellen, dass es für diese nicht genug zu tun gibt –, und
ngesichts der Tatsache, dass die große Koalition die of-
ensichtliche Fiktion von der Wehrpflicht durch voll-
undige Bekenntnisse zu dieser zu verklären versucht.


(Vorsitz: Vizepräsident Wolfgang Thierse)


Das dritte Dauerproblem ist schließlich die seit vielen
ahren völlig unzureichend umgesetzte Soldatenbeteili-
ung.

Es werden im Bericht vier Hauptsorgen genannt: stei-
ende Belastung durch Einsätze und Bereitschaften,
rhebliche Verunsicherung durch den Transformations-
rozess, reale Besoldungskürzungen und abnehmendes
ffentliches Interesse.

Auf zwei Punkte möchte ich noch kurz eingehen.

Es ist regelrecht alarmierend, dass ältere Unteroffi-
iere mit Portepee im so genannten Beförderungsstau
tecken. Es wird berichtet, dass die Verbitterung sehr
roß ist.

Der Wehrbeauftragte unterstützt die Forderung des
undespräsidenten, dass die überfällige, breit angelegte
ebatte über die Außen- und Sicherheitspolitik der
undesrepublik inklusive Bundeswehr endlich begon-
en wird. Diese Forderung ist sehr richtig und verdient
nser aller Unterstützung.
)






(A) )



(B) )


Winfried Nachtwei

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Wir müssen aber feststellen, dass diese Forderung
zwar schon seit Jahren erhoben wird, dass sie aber fol-
genlos geblieben ist. Warum ist das so? Die Betroffen-
heit nimmt ab; das liegt auf der Hand. Daneben gibt es
Berührungsängste, die bewirken, dass manches heiße
Eisen nicht angefasst wird. Außerdem ist die Neigung
zur Konsenspolitik gerade in Sachen Bundeswehr sehr
stark. Schließlich gibt es bei der Exekutive gerade in Be-
zug auf die internationale Politik – ich will Ihnen, Herr
Minister, das jetzt gar nicht unterstellen; ich kenne das
aus eigener rot-grüner Erfahrung – ein sehr großes Inte-
resse an Handlungsfreiheit. Das alles wirkt einer solchen
Grundsatzdebatte entgegen.

Herr Minister, Sie haben angekündigt, dass vor der
Sommerpause das Weißbuch vom Kabinett verabschie-
det werden und dass es danach eine breite Debatte geben
soll. Ich meine, dies ist eine Illusion. Denn vor der Som-
merpause gibt es ein paar Tage eine Medienreaktion auf
die Veröffentlichung des Weißbuchs und dann versandet
die Diskussion. Es wird so laufen wie 2003 bei der De-
batte über die Verteidigungspolitischen Richtlinien und
wie 2000 bei der Debatte über die Vorschläge der
Weizsäcker-Kommission.

Mein Vorschlag ist daher: Bringen Sie das Weißbuch
vor der Sommerpause sozusagen in erster Lesung durch
das Kabinett.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das wäre dann Ihr Aufschlag. So könnte man mit der
Debatte fortfahren.

Die Voraussetzungen für eine gründliche Debatte sind
heutzutage so gut wie nie zuvor. Denn die Fraktionen
sind insgesamt sehr gut aufgestellt. Es wäre im Sinne der
Bundeswehrangehörigen, der interessierten Öffentlich-
keit, des Bundespräsidenten und des Wehrbeauftragten,
wenn dieses Ansinnen von allen Fraktionen gebührend
unterstützt würde.

Ich danke Ihnen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1603227000

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Gert

Winkelmeier.


Gert Winkelmeier (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1603227100

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Da der Jahresbericht 2005 des Wehrbeauftragten be-
reits vorliegt, erlaube ich mir, einige Parallelen zu zie-
hen.

In dem Jahresbericht 2005 des Wehrbeauftragten ist
zu lesen, dass es 147 Fälle von Rechtsextremismus in
der Truppe gab. Das ist ein Anstieg um 10 Prozent ge-
genüber 2004. Die Vorkommnisse gab es in allen Berei-
chen. 5 Prozent der Fälle geschahen in Offizierskreisen,

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(C (D lso bei den Personen, die bei der Erziehung der Soldaen eigentlich Vorbild sein sollten. 2004 gab es in der Bundeswehr 44 Todesfälle mit erdacht auf Selbsttötung. In den Jahren davor gab es hnlich hohe Zahlen. Erfreuliches meldet der Jahresbeicht 2005, über den wir noch zu reden haben. Das Wort Selbsttötung“ kommt darin nicht vor. Entweder gab es eine – was im Vergleich zu den Vorjahren ungewöhnich wäre – oder die Zahlen wurden uns schlicht vorentalten. Hierzu wird es sicherlich weitere Information geen. Bei der Ostbzw. der Westbesoldung wird in beiden erichten mit fast den gleichen Worten festgestellt, dass ie Soldaten, die in den neuen Bundesländern eingesetzt erden, nur 92,5 Prozent der Bezüge ihrer Kameraden us den alten Ländern erhalten. Eine ungleiche Besolung in Ost und West ist ungerecht. Das ist politisch zu ösen. Der Wehrbeauftragte Reinhold Robbe, dem ich für einen Bericht danke, hat im Vorwort des Berichtes 2005 n beachtlicher Offenheit darüber geschrieben, dass ein berstleutnant in Kabul im November 2005 sein Leben ei einem heimtückischen Anschlag verloren hat. Herr obbe kannte den Mann persönlich als fachkundigen nd engagierten Menschen. Sein Tod führte ihm vor Auen, welche Gefahren und Risiken die Auslandseinsätze ür Angehörige der Bundeswehr bergen. Mir selbst führte dieser tragische Tod vor Augen, welhen zukünftigen Gefahren und Risiken die Bundesehrsoldaten bei den kommenden Auslandseinsätzen usgesetzt sind. Es darf niemals Normalität werden, dass undeswehrsoldaten in Auslandskriegseinsätze ge chickt werden. Die Väter und Mütter des Grundgesetzes haben klarestellt, dass die Bundeswehr eine Verteidigungsarmee st. Seit Anfang der 90er-Jahre wird Verteidigung so auselegt, dass Bundeswehrsoldaten global-strategische Ineressen bedienen. Dies halte ich für verfassungswidrig. inister Jung fordert eine Änderung des Grundgesetzes, amit die Bundeswehr noch leichter für Profitinteressen ingesetzt werden darf. Man darf aber nicht die Verfasung der Realität anpassen, wie er es fordert. Vielmehr at sich die Realität nach der Verfassung zu richten. Diese Bundesregierung täte gut daran, sich an der Iniiative Bill Clintons zu beteiligen und den Menschenechtsorganisationen bei der Lösung von weltweiten onflikten Vorrang zu geben. Deutschland sollte öfter eine zivile Visitenkarte abgeben und die militärische icht zum Aushängeschild machen. ann werden wir auch keine Toten mehr bei Auslandsinsätzen zu beklagen haben. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. Ich erteile das Wort Kollegin Hedi Wegener, SPD Fraktion. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch wenn der 2005er-Bericht schon mehrfach erwähnt wurde: Wir diskutieren heute über den Bericht von 2004. Herr Minister und Herr Wehrbeauftragter, es tut mir Leid: Sie müssen sich Ihre Lorbeeren erst noch verdienen. Wir werden die Arbeit des neuen Wehrbeauftragten im Zusammenhang mit dem Bericht 2005 auf den Prüfstand stellen. Heute geht es um den Bericht von 2004. Ich will mich in meinem Beitrag auf einen Punkt beschränken. Das ist die Frage der Sinnhaftigkeit der Einsätze, die sich die Soldatinnen und Soldaten immer wieder stellen. Immer wieder geht es – auch gerade jetzt bei einem möglichen Einsatz im Kongo – um den Sinn der Auslandseinsätze. Im Bericht des Wehrbeauftragten wird darauf hingewiesen, dass diese Frage in den Reihen der Bundeswehr immer stärker diskutiert wird. Wir haben im Moment 7 416 Soldatinnen und Soldaten in Auslandseinsätzen. Das bedeutet, dass rund 30 000 Soldatinnen und Soldaten vorbereitet, nachbereitet und ausgebildet werden. Sie sind in Afghanistan, im Kosovo, in Bosnien, im Sudan, in Äthiopien, am Horn von Afrika und in Georgien im Einsatz. Im Bericht des Wehrbeauftragten wird darauf hingewiesen, dass vonseiten der Soldatinnen und Soldaten immer häufiger die Frage nach dem Sinn ihres Tuns gestellt wird. Auch in der Stellungnahme des BMVg wird darauf hingewiesen, dass sich die Frage anders darstellt als in früheren Zeiten. Was heißt jetzt „anders“? Viele Soldaten fragen sich: Stimmt mein Einsatzauftrag mit dem, was ich hier tue, eigentlich überein? Bei einem wiederholten Einsatz – möglicherweise im gleichen Land – stellen sie sich die Frage: Hat sich eigentlich etwas verändert? Hat es eigentlich etwas gebracht, dass ich hier war? Hat unser Einsatz dem Land eigentlich einen Fortschritt gebracht? Haben die Menschen eigentlich etwas von dem Einsatz? Das Prinzip der inneren Führung will den selbstständig denkenden Staatsbürger in Uniform. Mitdenken kann er aber nur, wenn er die Rahmenbedingungen seines Auftrages kennt. Die politische Bildung in der Bundeswehr ist verstärkt worden und passt sich den heutigen Situationen an. Das neue Aufgabenspektrum unserer Streitkräfte stellt auch die politische Bildung vor neue Herausforderungen. Ich habe heute wieder von Ihnen vernommen, dass die Überarbeitung der Zentralen Dienstvorschrift ZDv 12/1 wirklich bald abgeschlossen sein soll. Ich habe einen Hinweis an die Haushälter, die jetzt hier zuhören: Es kann doch nicht sein, dass die Mittel für die politische Bildung gestrichen werden und wir gleichzeitig, gerade von der Bundeszentrale für politische Bildung, ein Mehr an Aktivität verlangen. Die politische B d u e B i g d F w p i d g I s s g a s d f A k l S s (C (D ildung begleitet die Soldaten vor dem Einsatz, während es Einsatzes und im letzten Schritt nach dem Einsatz, m die Differenzen, die es gegeben hat, aufzudecken. Ich habe schon im Januar gesagt – ich möchte es noch inmal betonen –, dass die Bundeszentrale für politische ildung mit der Bundeswehr kooperiert und es deshalb n dem Bereich eigentlich überhaupt keine Kürzungen eben darf. Es geht darum, dass der Beitrag, den die Solatinnen und Soldaten zur Sicherung von Frieden und reiheit leisten, auch der Bevölkerung nahe gebracht ird, dass er gewürdigt und publiziert wird. Das heißt, olitische Bildung wirkt in zwei Richtungen: zum einen m Inneren der Bundeswehr, zum anderen nach außen, in er Gesamtbevölkerung. Vorhin haben viele Jugendliche auf der Tribüne Platz enommen. Inzwischen hat das Publikum gewechselt. ch empfehle Ihnen, falls Sie mehr über das Thema wisen wollen, unter www.wehrbeauftragter.de nachzuchauen. (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Manfred Grund [CDU/CSU])


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)





(A) )


(B) )

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1603227200

(Beifall bei der SPD)

Hedi Wegener (SPD):
Rede ID: ID1603227300


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1603227400

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Verteidi-
ungsausschusses zum Jahresbericht 2004 des Wehrbe-
uftragten, Drucksachen 15/5000 und 16/909. Wer
timmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt
agegen? – Stimmenthaltungen? – Die Beschlussemp-
ehlung ist damit einstimmig angenommen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 13 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Birgitt
Bender, Elisabeth Scharfenberg, Dr. Harald
Terpe, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

Dem Solidarsystem eine stabile Grundlage ge-
ben – für eine nachhaltige Finanzierungsre-
form der Krankenversicherung

– Drucksache 16/950 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Haushaltsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
einen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort Kol-
egin Birgitt Bender, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603227500

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kollege

truck hat das Schicksal der großen Koalition an das Zu-
tandekommen einer Gesundheitsreform geknüpft. Da






(A) )



(B) )


Birgitt Bender
mag er Recht haben. Es ist in der Tat ein Test auf Ihre
Politikfähigkeit. Liebe Kolleginnen und Kollegen von
der großen Koalition, ich sage Ihnen: Ein guter Anfang
ist nicht gemacht. Was hören wir nämlich heute? Wenn
du nicht mehr weiter weißt, gründe einen Arbeitskreis!
Das ist das Motto, dem Sie jetzt folgen.


(Beifall des Abg. Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Elke Ferner [SPD]: Das ist billig, Frau Bender!)


Was hört man sonst noch? Es gebe bereits ein biss-
chen Einigkeit. Auch das lässt nichts Gutes hoffen; denn
die Einigungslinie, die sich abzeichnet, ist offenbar:
Mehr Geld muss her! Deswegen gibt es geradezu einen
Überbietungswettbewerb in Sachen Geldquellen: Die ei-
nen sprechen von einer Steuererhöhung namens Gesund-
heitssoli, die anderen wollen eine Kopfpauschale auf die
Beiträge der Versicherten draufsatteln.

Wieso sehen wir bereits im nächsten Jahr ein größeres
Defizit in der GKV vor uns? Schauen wir es uns einmal
an. Das Defizit ist im Wesentlichen hausgemacht. Die
große Koalition hat beschlossen, den Steuerzuschuss für
versicherungsfremde Leistungen in Höhe von mehr als
4 Milliarden Euro, den wir einmal gemeinsam – Rot-
Grün mit der Union – beschlossen hatten, aufzuheben.
Außerdem belasten Sie die gesetzliche Krankenversiche-
rung mit einer höheren Mehrwertsteuer auf Arzneimittel.
Schließlich haben Sie beschlossen, die Krankenversiche-
rungsbeiträge für Arbeitslose herabzusetzen.

Das alles macht ein Defizit von mehr als 5 Milliarden
Euro aus. Ich nenne das ein „steinbrücksches Raubritter-
tum“ zulasten der gesetzlich Versicherten. Das gehört
sich nicht.


(Beifall bei der FDP und der LINKEN)


Bei der Gesundheitsreform geht es auch nicht um fri-
sches Geld, wenngleich ich weiß, dass sich viele Leis-
tungserbringer darüber freuen würden. Es geht um nach-
haltige Finanzierung. Wir alle wissen doch, dass eine
Gesundheitsversorgung, die in ihrer Finanzierung allein
auf den Arbeitseinkommen aufbaut, in die Zukunft hi-
nein nicht tragfähig ist. Deswegen brauchen wir Beiträge
auch auf andere Einkommen, deren volkswirtschaftliche
Bedeutung zunimmt.

Eine ernsthafte Reform muss auch einen einheitlichen
Versicherungsmarkt und einen echten Wettbewerb zwi-
schen den Krankenkassen – seien sie gesetzlich oder pri-
vat – schaffen. Ich erinnere daran, dass die Niederländer
diese Trennung, die sie auch noch hatten, jüngst abge-
schafft haben. Wir drohen also zu den letzten Mohika-
nern in Europa zu werden; das sollten wir uns nicht leis-
ten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Aber wenn es denn so ist, meine Damen und Herren
von der großen Koalition, dass die CDU/CSU das nicht
mitmacht, dann sollte es jedenfalls eine Beteiligung der
privat Versicherten am Solidarausgleich geben. Nun hat
der Kollege Pofalla von der CDU dieser Tage ebendies
abgelehnt mit der Begründung, die höheren Rechnun-
gen, die die privat Versicherten beglichen, trügen erheb-

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(C (D ich zur Stabilität des Systems bei. Da kann ich nur saen: Er hat in der Sache Unrecht. Wenn die privat ersicherten mit ihren höheren Arzthonoraren zu etwas eitragen, dann ist das – das hat jüngst eine Studie geeigt – vielleicht die Überversorgung am Starnberger ee, aber nicht das Bedürfnis der Kranken etwa in der ckermark oder in den Problemzonen der Großstädte. Deswegen brauchen wir eine regelhafte und transpaente Einbeziehung der privaten Krankenversicherung n den Solidarausgleich, und zwar so, dass das Geld bei en Menschen ankommt, die die Versorgung brauchen. as ist eine der Mindestanforderungen, die wir Ihnen eute mit unserem Antrag mit auf den Weg geben. itte denken Sie daran: Eine Gesundheitsreform, die icht rationalen Erwägungen, sondern nur denen der poitischen Gesichtswahrung folgt, ist auch dann gescheiert, wenn sie zustande kommt. Ich erteile das Wort dem Kollegen Karl Lauterbach, PD-Fraktion. Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen nd Kollegen! Ich darf mich zunächst einmal für die eineitenden Ausführungen von Frau Bender ganz herzlich edanken. Ihr Beitrag erweckt den Eindruck, es ginge in er Gesundheitspolitik ohne die Mithilfe der Grünen icht mehr weiter. ch glaube, dass es an uns ist, den gegenteiligen Einruck zu erwecken und in den nächsten Monaten den eweis dafür zu erbringen, dass dieser Eindruck nicht äuscht, Frau Bender. (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der FDP: Das sind aber hoch gesteckte Ziele!)


(Elke Ferner [SPD]: Das ist aber nett!)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1603227600
Dr. Karl Lauterbach (SPD):
Rede ID: ID1603227700

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Trotzdem muss ich mit einem Lob starten. Es ist in
er Tat richtig: Der Antrag bringt die Probleme des Sys-
ems auf den Punkt. Es werden vier Problemkreise aus-
emacht, die ohne Wenn und Aber die dominierenden
robleme des Systems sind.

Erstens. Die Finanzierungsbasis ist ungerecht. Ein
olidarsystem, an dem sich ausgerechnet die Einkom-
ensstärksten, diejenigen mit einem sicheren Arbeits-

latz, die Beamten, die gut verdienen, viele Kollegen
ier im Haus, nicht beteiligen, verdient den Namen „So-
idarsystem“ nicht. Das Finanzierungssystem ist somit
ngerecht.

Zweitens. Die Finanzierung ist nicht nachhaltig; auch
as ist richtig. Die Beiträge sind an Löhne und Gehälter
ekoppelt. Löhne und Gehälter finanzieren das System
usschließlich und wachsen nicht so schell wie das Brut-
oinlandsprodukt. Somit hinkt die Finanzierungsbasis






(A) )



(B) )


Dr. Karl Lauterbach
der Ausgabenentwicklung hinterher. Das führt zu stetig
steigenden Beitragssätzen.

Drittens. Dieses nicht nachhaltige System ist auch
noch schädlich für den Arbeitsmarkt. Weil die Finanzie-
rungsbasis nicht so schnell wächst wie die Ausgaben,
müssen die Beitragssätze ständig steigen. Das belastet
den Arbeitsmarkt. Insbesondere in den neuen Bundes-
ländern fallen dadurch Arbeitsplätze weg.

Viertens. Wir haben zu wenig Wettbewerb. Wir haben
zu wenig Wettbewerb im System der privaten Kranken-
versicherung, im System der gesetzlichen Krankenversi-
cherung und auch zwischen den beiden Systemen.

Alle vier Probleme sind somit korrekt benannt. Als
Lösungsvorschlag wird hier im Großen und Ganzen das
Modell der Bürgerversicherung vorgeschlagen, so wie
die SPD es entwickelt hat. Es gibt zwar einige Abwei-
chungen. Im Großen und Ganzen ist es aber identisch
mit dem SPD-Modell.

Ich gehe den Vorschlag einmal durch: Es wird vorge-
schlagen, andere Einkommensarten einzubeziehen. Das
ist kein schlechter Vorschlag. Die privaten Krankenver-
sicherungen sollen in den Risikostrukturausgleich einbe-
zogen werden. Auch das ist ein alter SPD-Vorschlag.
Der Morbi-RSA soll eingeführt werden. Dazu haben wir
schon einen konkreten Umsetzungsvorschlag entwickelt.
Die Mitversicherung der Kinder soll nicht strittig gestellt
werden. Das schlägt derzeit niemand vor. Es wird vorge-
schlagen, mehr Wahlmöglichkeiten im System zu schaf-
fen. Auch das ist kein schlechter Vorschlag. Ich muss
aber feststellen: Es kommen keine neuen brauchbaren
Vorschläge hinzu. Mein Eindruck ist, dass den Grünen,
seit wir nicht mehr zusammenarbeiten, keine neuen Vor-
schläge zur Gesundheitspolitik eingefallen sind.


(Beifall bei der SPD – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil die so gut sind, dass man sie erst einmal umsetzen muss!)


– Dass die Vorschläge gut sind, bestreite ich nicht. Ich
sage nur, es sind unsere guten Vorschläge, nicht Ihre.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Wie soll es weitergehen? Das reicht für einen ernst zu
nehmenden Antrag bei weitem nicht aus. Die Frage ist
doch nicht, ob beispielsweise die anderen Einkommens-
arten mit herangezogen werden sollen, sondern wie das
geschehen soll. Dazu sagt der Antrag nichts aus.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sagen Sie etwas dazu!)


Wir stehen in der Entwicklung einer historischen Ge-
sundheitsreform. Frau Bender, Ihr Antrag bringt aber
noch nicht einmal einen kritisierbaren Vorschlag dazu,
wie die anderen Einkommensarten berücksichtigt wer-
den sollen.

Es wird vorgeschlagen, die privaten Krankenversi-
cherungen in den Risikostrukturausgleich einzubezie-
hen. Das ist ein nobler Vorschlag. Sie machen aber keine
Angaben dazu, wie das passieren soll. Geht es um die
Versicherungen selbst oder sollen sich die Versicherten
am Risikostrukturausgleich beteiligen?


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(C (D (Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sollen wir der Regierung jetzt alle Arbeit abnehmen?)


Nein, aber Sie müssen doch ein bisschen über das hi-
ausgehen, was wir schon hatten. Ich sehe keine An-
ätze.


(Beifall bei der SPD)


Beim morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich
ind wir schon weiter. Das Bundesministerium für Ge-
undheit hat einen ganz konkreten Gruber-Vorschlag un-
erbreitet, wie der Morbi-RSA funktionieren kann.


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Das alte rot-grüne vielleicht, aber das neue nicht!)


azu finde ich in Ihrem Antrag keine Äußerung.

Neu in Ihrem Antrag ist lediglich Ihr Vorschlag – es
st wenig Neues zu entdecken –, dass die Ehefrauen, die
eine Kinder erziehen und nicht pflegen, nicht weiter
eitragsfrei mitversichert werden sollen. Ich bitte, noch
inmal darüber nachzudenken, ob das wirklich sozial ist.
iele dieser Ehefrauen haben früher Kinder erzogen
der gepflegt. Es gibt heutzutage nur wenige junge Ehe-
rauen, die, im Sinne einer Luxusehefrau, keine Kinder
rziehen und dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung ste-
en. Wir müssen also vorsichtig sein, dass wir nicht die-
enigen bestrafen, die früher in Familie investiert haben.
er einzige neue Aspekt, den ich in Ihrem Vorschlag er-
ennen kann, ist, zumindest in dieser undifferenzierten
orm, nicht umsetzbar.

Ich komme zu den Wahlmöglichkeiten. Sie wollen
ehr Wahlfreiheiten und mehr Wettbewerb. Das kann

ns Auge gehen, wenn man nicht vorsichtig ist. Wenn
an darunter versteht – so wird es von der FDP oft vor-

eschlagen –, dass die Gesunden Leistungen, die sie
icht brauchen, abwählen können, werden diese Leistun-
en für die Kranken nur umso teurer. Das ist ein Schritt
n die falsche Richtung. Das ist eine Abwahl von Solida-
ität. Auf diese Wahlmöglichkeiten können und sollten
ir jederzeit verzichten.


(Beifall bei der SPD)


Ich glaube, ich kann zu diesem Antrag Stellung neh-
en, ohne meine Redezeit voll auszuschöpfen.


(Klaus Uwe Benneter [SPD]: Nein, tu das nicht! – Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben so wenig zu sagen?)


n der Summe kann man sagen, dass die Aspekte, die aus
em alten Solidarmodell der Bürgerversicherung aufge-
riffen wurden, zu belobigen sind; neue Ideen sind Ihnen
ber nicht gekommen. Ich bin ganz sicher, dass wir ge-
einsam mit der Union, in der großen Koalition, unbü-

okratische Vorschläge zur konkreten Gestaltung eines
achhaltigen, gerechten und solidarischen Gesundheits-
ystems erarbeiten werden, die wir Ihnen in Kürze unter-
reiten können. Diese Vorschläge werden die folgenden
ragen beantworten: Wie kann in unserem Gesundheits-
ystem Wettbewerb praktiziert werden? Wie kann es
olidarität stärken? Wie kann dieses System nachhaltig






(A) )



(B) )


Dr. Karl Lauterbach
finanziert werden, ohne dass es den Arbeitsmarkt belas-
tet?

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1603227800

Kollege Lauterbach, das war Ihre erste Rede im Ple-

num des Deutschen Bundestages. Herzliche Gratulation
und alles Gute für Ihre weitere Arbeit!


(Beifall)


Nun erteile ich das Wort Kollegen Daniel Bahr, FDP-
Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)



Daniel Bahr (FDP):
Rede ID: ID1603227900

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine liebe Kollegin-

nen und Kollegen! Herr Professor Lauterbach, auch ich
gratuliere Ihnen im Namen der FDP zu Ihrer ersten
Rede. Wir freuen uns, dass wir nun die inhaltliche Aus-
einandersetzung über den richtigen Weg, der in Deutsch-
land in der Gesundheitspolitik eingeschlagen werden
muss, als Politikerkollegen im Plenum des Deutschen
Bundestages führen.

Vor welchen Problemen stehen wir in der Gesund-
heitspolitik? Die Finanzierung des Gesundheitswesens
ist an den Lohn gekoppelt. Steigende Gesundheitsausga-
ben führen zu steigenden Krankenkassenbeiträgen, was
die Arbeitsmarktlage wiederum erheblich verschlechtert
und so zu steigender Arbeitslosigkeit führt. Das wie-
derum verteuert die Ausgaben im Gesundheitswesen und
führt zu Beitragsverlusten, sodass wir in eine Spirale ge-
raten. Wir erleben, wie die Kopplung an den Lohn dazu
führt, dass sowohl der Arbeitsmarkt belastet wird als
auch das Geld in der gesetzlichen Krankenversicherung
fehlt.

Das zweite Problem, vor dem wir stehen, ist die de-
mografische Entwicklung, die wir heute allerdings
noch nicht spüren. Das Hauptproblem der gesetzlichen
Krankenversicherung ist zurzeit die massive Arbeitslo-
sigkeit, die die Beitragseinnahmen der gesetzlichen
Krankenversicherungen mindert. Das große Problem der
alternden Bevölkerung – immer mehr Ältere gegenüber
immer weniger Jüngeren – steht uns noch bevor. Dafür
müssen wir endlich eine Lösung finden. Für beide Pro-
bleme, sowohl für das Problem des Arbeitsmarktes als
auch für das demografische Problem, bietet die Bürger-
versicherung, wie sie die Grünen hier vorschlagen, keine
Lösung.


(Beifall bei der FDP)


Wenn Sie, liebe Frau Bender, in Ihrem Antrag sagen,
dass die GKV ein „im Grundsatz leistungsfähiges und in
der Bevölkerung breit akzeptiertes Sozialsystem“ ist,
dann kann ich Ihnen nur entgegnen, dass wir die gesetz-
liche Krankenversicherung seit Jahren nur dadurch am
Leben erhalten, dass ein Kostendämpfungsgesetz das an-
dere jagt.


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(C (D (Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wollen Sie sie abschaffen? – Elke Ferner [SPD]: Sie waren bei Lahnstein gar nicht dabei, oder wie?)


Sie haben doch die umfangreichsten Kostendämp-
ungsgesetze gemacht. Ich will aber gar nicht behaupten,
ass Schwarz-Gelb nicht auch einmal Fehler gemacht
at. Das letzte, das Arzneimittelspargesetz, war auch
ichts anderes als ein Kostendämpfungsgesetz.

Das heißt, wir wissen, dass uns die Beitragseinnah-
en fehlen. Wir wollen das Problem lösen, indem wir

ersuchen, aus dem System heraus noch Wirtschaftlich-
eitsreserven zu erschließen, bzw. indem wir mit Budge-
ierung und Rationierungsentscheidungen immer weiter
uf die untere Ebene gehen. Deswegen kann man nicht
agen, dass die gesetzliche Krankenversicherung bei den
erausforderungen, vor denen sie steht, ein im Grund-

atz leistungsfähiges System ist.

Die erste Forderung muss doch sein: Wir brauchen
ine Finanzierung des Gesundheitswesens abgekoppelt
om Lohn, damit wir endlich einen Beitrag für den Ar-
eitsmarkt leisten, aber eben nicht mit weiter steigenden
rankenkassenbeiträgen oder Kostendämpfungsgeset-

en. Wir müssen eine andere Finanzierung finden, die
on der alleinigen Finanzierung über den Lohn losgelöst
st.

Die Bürgerversicherung löst diese Probleme auch
icht. Die Bürgerversicherung wird nur kurzfristig
ehreinnahmen bringen, weil zusätzliche Geldquellen

rschlossen werden. Wenn Sie auf Sparzinsen und Kapi-
alerträge Beiträge erheben, haben Sie kurzfristig ein
isschen mehr Geld. Aber das bedeutet, dass das Finanz-
mt den Krankenkassenbeitrag einzieht, dass das Fi-
anzamt sich darum kümmert, wie die Gelder für die
rankenkassen zusammen kommen. Wollen wir, dass
as Finanzamt sich darum kümmert, dass die Gelder die
rankenkassen erreichen? Es ist ja richtig: Wir müssen
ie Lohngebundenheit abschaffen. Und es ist richtig,
ass wir einen Solidarausgleich zwischen den Einkom-
ensstarken zugunsten der Einkommensschwachen

rauchen.


(Elke Ferner [SPD]: Aha!)


Aber diesen Solidarausgleich organisieren wir doch
m besten über das Steuer- und Transfersystem.


(Elke Ferner [SPD]: Aha! Welche Steuer wollen Sie denn erhöhen? – Iris Gleicke [SPD]: Die FDP, die Steuererhöhungspartei!)


enn da wird jeder nach seiner Leistungsfähigkeit und
einen Einkommensarten herangezogen. Das ist besser
ls das, was Sie mit der Bürgerversicherung machen
ollen. Denn den Solidarausgleich stoppen Sie letztlich
ei der Beitragsbemessungsgrenze.


(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU])


Das heißt, wenn ein Solidarausgleich unter Einkom-
ensarten stattfinden muss, dann wäre er über das
teuer- und Transfersystem am zielgenauesten. Dann






(A) )



(B) )


Daniel Bahr (Münster)

werden die Einkommensstarken zugunsten derer, die
einkommensschwach sind, herangezogen.


(Beifall bei der FDP)


Das zweite Problem betrifft den Solidarausgleich. Es
heißt in Ihrem Antrag:

Gut Verdienende, deren Erwerbseinkommen über
der Versicherungspflichtgrenze liegt, können sich
für die private Krankenversicherung … entschei-
den, die keinen Solidarausgleich kennt.

Das muss man schon differenzierter sehen. Denn auch
die private Krankenversicherung kennt natürlich, wie
jede Versicherung, ein Solidarprinzip, nämlich das Soli-
darprinzip zwischen Gesunden und Kranken, zwischen
Jungen und Alten. Hier kommen wir genau zum Pro-
blem. Die Bürgerversicherung kennt, weil sie auf die
Umlage aufbaut, eben keine Solidarität. Die Bürgerver-
sicherung ist ein zutiefst unsolidarisches System, wenn
wir uns einmal die mangelnde Solidarität zwischen Jun-
gen und Alten vor Augen halten. Die Bürgerversiche-
rung gibt die Lasten an die kommende Generation wei-
ter. Man kann alle Kritik an dem heutigen PKV-System
nennen – dass Altersrückstellungen nicht mitgenommen
werden können und andere Kritikpunkte –,


(Elke Ferner [SPD]: Reichen denn die Rückstellungen aus?)


aber ein Prinzip wahrt die private Krankenversicherung,
Frau Ferner: Sie betreibt Vorsorge für kommende Gene-
rationen.


(Iris Gleicke [SPD]: Das ist doch nicht wahr!)


Sie bürdet die Last eben nicht kommenden Generationen
auf und verfährt nicht nach dem Prinzip: Mir ist egal,
was nach mir geschieht. Sie betreibt vielmehr Vorsorge
für kommende Generationen, indem Altersrückstellun-
gen aufgebaut werden.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Von der CDU/CSU war ich positiv überrascht, da sie
bei den Reden von Herrn Lauterbach und Frau Bender
überhaupt nicht geklatscht hat. Als Frau Bender gespro-
chen hat, habe ich das erwartet. Aber bei der Rede von
Herrn Lauterbach, der ja der Partei Ihres Koalitionspart-
ners angehört, hätte ich schon damit gerechnet, dass Sie
das eine oder andere Mal klatschen. Man kann sich also,
was die CDU/CSU betrifft, noch Hoffnung machen.

Gehen Sie nicht an die Altersrückstellungen der pri-
vaten Krankenversicherungen heran! Sie dürfen ein
funktionierendes, stabiles System nicht zugunsten eines
Systems schröpfen, das sich nicht trägt und selbst drin-
gend reformbedürftig ist. Wir brauchen weniger Umla-
gefinanzierung und mehr Kapitaldeckung.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


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(C (D Ich erteile das Wort dem Kollegen Rolf Koschorrek, DU/CSU-Fraktion. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe ollegen! Der Antrag, den die Fraktion des ündnisses 90/Die Grünen heute einbringt, macht wieer einmal deutlich: Sie sind wirklich nicht mehr auf der öhe der Zeit, sondern holen Ihre alten Konzepte heror, die schon während Ihrer Regierungszeit nicht durchetzbar waren. o brachten Sie Ende Dezember letzten Jahres den Enturf Ihres Antidiskriminierungsgesetzes textgleich in en Bundestag ein. (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo ist denn Ihr Vorschlag dazu?)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1603228000

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. Rolf Koschorrek (CDU):
Rede ID: ID1603228100

(Beifall bei der CDU/CSU)


eute machen Sie dasselbe mit Ihrem Antrag zur Ein-
ührung einer Bürgerversicherung.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie unseren Antrag eigentlich gelesen?)


Ja. – Welches Konzept und welche Idee, die Sie in der
ot-grünen Regierung nicht gegen die Mehrheit der SPD
urchsetzen konnten, holen Sie eigentlich als Nächstes
us der Schublade?

Ihr Antrag zur Reform der Finanzierung der Kranken-
ersicherung, den Sie heute vorlegen, enthält weder kon-
rete noch brauchbare Vorschläge zur Lösung unserer
robleme.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ffensichtlich soll er vor allem eine Wirkung haben:
hre Fraktion soll hier im Bundestag wieder einmal ein
ebenszeichen von sich geben.


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Ja, genau!)


Und tatsächlich: Indem Sie diesen Antrag zur Ge-
undheitsreform zum jetzigen Zeitpunkt einbringen, ge-
en Sie der Öffentlichkeit zu verstehen, dass die aktuel-
en Entwicklungen an den Politikern von Bündnis 90/
ie Grünen relativ spurlos vorbeigegangen sind. Statt ei-
en konstruktiven Beitrag zur gegenwärtigen Diskussion
u leisten, packen Sie unbeirrt Ihr altes Konzept einer so
enannten Bürgerversicherung wieder aus. In Ihrem
ntrag schreiben Sie, es seien „zumindest erste Reform-

chritte für eine verlässliche und nachhaltige Finanzie-
ung der GKV erforderlich“. Warum diese Bescheiden-
eit? Warum nur „erste Reformschritte“? Hier sind wir
n der Zwischenzeit deutlich weiter.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh, oh! Dann legen Sie doch auch mal etwas vor!)







(A) )



(B) )


Dr. Rolf Koschorrek
An anderer Stelle heißt es in Ihrem Antrag: „Gräben
innerhalb des Regierungslagers dürfen aber nicht zum
Reformstillstand führen.“ Ich kann Ihnen versichern,
dass diese Sorge unbegründet ist. Die unionsgeführte
Bundesregierung beendet gerade den von Ihnen zu ver-
antwortenden Reformstillstand in Deutschland.


(Beifall bei der CDU/CSU – Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Im Arbeitskreis!)


Die Bundesregierung realisiert ein neues Gesund-
heitssystem. Sie schafft ein grundlegend neues,
zukunftssicheres System der gesetzlichen Kranken-
versicherung, das eine qualitativ hochwertige Gesund-
heitsversorgung für alle, unabhängig von ihrem Alter
und Einkommen, gewährleistet. Es wird ein solide, ge-
recht und nachhaltig finanziertes Gesundheitssystem
sein. Wenn man bedenkt, wie lange Sie schon mit Ihrer
Idee, zur Finanzierung unseres Gesundheitswesens eine
Bürgerversicherung einzuführen, schwanger gehen, er-
staunt es doch sehr, dass Sie in Ihrem Antrag so unkon-
kret bleiben. Er ist weder schlüssig noch ausgegoren.

In Ihrem Antrag stimmen Sie ein Loblied auf die
GKV an: Sie sei „ein im Grundsatz leistungsfähiges und
in der Bevölkerung breit akzeptiertes Sozialsystem“.
Des Weiteren schreiben Sie: „Insbesondere der einkom-
mensabhängige Solidarausgleich trifft in der Bevölke-
rung auf hohe Zustimmung.“


(Zuruf von der LINKEN: Das ist auch so!)


Wenige Zeilen später stellen Sie aber fest, dass es „mas-
sive Gerechtigkeitsdefizite bei den Prinzipien der Bei-
tragserhebung“ gibt.

An erster Stelle stehen dabei für Sie die privaten
Krankenversicherungen und ihre Versicherten. Ihnen
werfen Sie vor, sich der Solidarität zu entziehen und so
der GKV und den GKV-Versicherten zu schaden.


(Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Das stimmt ja auch!)


In diesem Zusammenhang stellen Sie zwei populisti-
sche, aber eben auch falsche Behauptungen in den
Raum: Erstens sagen Sie, die PKV kenne keinen Solidar-
ausgleich. Zweitens führen Sie aus, ausgerechnet die
einkommensstärksten und im Durchschnitt auch gesün-
desten 10 Prozent der Bevölkerung beteiligten sich nicht
an der Finanzierung der GKV.

Das muss endlich einmal richtig gestellt werden.

Zum Ersten: Die privaten Krankenversicherungen
kennen, wie alle anderen Versicherungen auch, sehr
wohl ein Prinzip der Solidarität; in diesem Fall geht es
um die Solidarität der gesunden mit den kranken Privat-
versicherten.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die werden doch gar nicht aufgenommen!)


Für junge Privatversicherte werden Altersrückstellungen
angelegt, um Vorsorge für höhere Krankheitskosten im
Alter zu treffen. Somit sind die privaten Krankenversi-

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(C (D herungen äußerst beispielhaft. Sie können sogar als orbild dienen, weil sie dadurch, dass sie schon heute ltersrückstellungen bilden, die Gerechtigkeit zwischen en Generationen garantieren. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und was ist mit dem Wettbewerb?)


Zum Zweiten: Richtig ist, dass die Versicherten der
rivaten Krankenversicherungen vielfach ein höheres
inkommen haben als die der GKV. Richtig ist aber
uch, dass ein erheblicher Teil der 10 Prozent privat Ver-
icherten in Deutschland ganz normale Beamte sind, und
war nicht Beamte der hohen und höchsten Gehaltsgrup-
en, sondern vor allem Polizisten und Lehrer; sie gehö-
en bekanntlich nicht zu den Beziehern der höchsten
inkommen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Die Selbstständigen sind eine weitere große Gruppe
nter den privat Versicherten. Auch die Einbeziehung
on Selbstständigen wäre für die GKV nicht besonders
ttraktiv; denn Selbstständige werden in der GKV oft
ur mit Mindestbeiträgen veranlagt. Für die gesetzlichen
rankenversicherungen ist es offensichtlich schon jetzt

u aufwendig, die genauen Einkommen von Selbststän-
igen zu ermitteln. Das wird dem System des Risiko-
trukturausgleichs überantwortet; darüber kann man
urchaus auch diskutieren.

Würden die privaten Krankenversicherungen in ihrer
eutigen Form zerschlagen, so hätten die gesetzlich Ver-
icherten davon keinerlei Vorteil. Die Einbeziehung der
rivat Versicherten in die GKV bringt der GKV über-
aupt keine Entlastung.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Als eine weitere Gerechtigkeitslücke nennen Sie die
eitragsfreie Mitversicherung von Ehegatten in der
KV. Sie bezeichnen sie als einen sozialrechtlichen
nachronismus und fordern, dass nicht erwerbstätige
hegatten auch einen Beitrag in die GKV einzahlen sol-

en


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn sie nicht pflegen oder Kinder erziehen!)


Soweit sie nicht Kinder erziehen oder Pflegeleistungen
n der Familie erbringen.

Eine Aussage, wie hoch ihr Beitrag sein soll und wie
euer die erforderlichen bürokratischen Kontrollmecha-
ismen sein sollen, finde ich in Ihrem Antrag nicht.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das kann ich Ihnen erklären!)


Erfreulicherweise haben Sie das grundlegende Pro-
lem der GKV zutreffend erkannt: Der stetige Anstieg des
eitrags zur GKV hat wesentlich dazu beigetragen, die
rbeitskosten zu erhöhen. Sie haben auch richtig erkannt,
ass die Einnahmen der GKV zu konjunkturabhängig sind.






(A) )



(B) )


Dr. Rolf Koschorrek
Sie wollen die erkannten Mängel, insbesondere die aus-
gemachten Gerechtigkeitslücken, beheben durch die Auf-
hebung der Versicherungspflichtgrenze, die Ausweitung
des Versichertenkreises auf alle Bürgerinnen und Bürger,
die Ausweitung der Beitragspflicht auf alle Einkommens-
arten, also auch auf Mieten, Zinsen und sonstige Kapi-
taleinkünfte. Doch wie hoch die Krankenkassenbeiträge
darauf sein sollen und wie sie erhoben werden sollen, sa-
gen Sie nicht. Das hätten Sie wenigstens einmal durch-
rechnen können!


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben wir!)


– In Ihrem Antrag steht nichts dazu.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schauen Sie mal auf unsere Homepage! Gehen Sie ins Internet!)


– Wir diskutieren nicht, was auf Ihrer Homepage steht,
sondern Ihren Antrag.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Bündnis 90 fordert zwar die Entkopplung der Kran-
kenkosten von den Lohnkosten,


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Machen sie aber nicht!)


mit den im Antrag geforderten Schritten findet gerade
dies aber nicht statt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Vielmehr würden die Krankenkassen weiter an jeder
Lohn- und Rentenerhöhung teilhaben; der Unterschied
zwischen Brutto- und Nettoeinkommen würde sich wei-
terhin stetig vergrößern. Ein gigantischer Verwaltungs-
und Kontrollaufwand wäre nötig, um alle Einkünfte lü-
ckenlos zu erfassen. Die Einbeziehung aller Bürger in
die gesetzliche Krankenversicherung wäre zudem
– das wissen Sie – aus verfassungsrechtlichen Gründen
kaum zu realisieren; denn die privaten Versicherungen
und die Ansprüche der privat Versicherten genießen
durchaus Bestandsschutz.

Die hier vorgeschlagenen Maßnahmen zielen alle nur
darauf ab, von einer größtmöglichen Zahl von Bürgern
zusätzliches Geld für die Krankenkassen einzutreiben.
Es wird kein Gedanke und kein Wort darauf verwendet,
dass den so erzielten höheren Einnahmen auch entspre-
chend höhere Ausgaben gegenüberstehen. Es wird kein
Gedanke darauf verwendet, dass dies sogar zu steigen-
den Beiträgen führen kann: wenn Ältere und Kranke, die
bislang privat versichert waren, von dem Recht zur
Rückkehr zur GKV Gebrauch machen würden.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die müssen nur ihre Altersrückstellungen mitbringen!)


Der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen lässt weitere
wesentliche Fragen offen, die für ein funktionierendes
Gesundheitssystem zweifellos wichtig sind: So wird

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(C (D um Beispiel ganz unvermittelt behauptet, durch die voreschlagenen Maßnahmen würde ein wesentlicher Beirag zur wettbewerblichen Weiterentwicklung des Kranenkassensystems geleistet. (Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Da ist kein Wettbewerb! – Weiterer Zuruf von der FDP: Da lachen wir uns ja tot!)


er da mit wem in Wettbewerb tritt und wie das funktio-
ieren soll, bleibt allerdings völlig offen; Sie verlieren
arüber kein Wort. Unerwähnt bleibt auch, ob und wie
ie bislang paritätische Finanzierung – durch Arbeitge-
er und Arbeitnehmer – fortgeführt werden soll.

Ihr Antrag bleibt ein Fragment: Wesentliche Aspekte
leiben unberücksichtigt, zentrale Aussagen fehlen. Sie
erfolgen aus meiner Sicht nur ein einziges Ziel: den
ürgern noch mehr Geld für die GKV aus der Tasche zu
iehen.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Da kursierten in der letzten Zeit noch weitere solche Vorschläge!)


as reicht aber bei weitem nicht, um die Krankenkassen
inanziell auf eine solide Grundlage zu stellen. Dazu
rauchen wir im Gesundheitssystem nicht immer mehr
eld, wir brauchen vor allem mehr Effizienz und weni-
er Bürokratie als heute.


(Beifall bei der CDU/CSU)


ir brauchen mehr Wettbewerb unter den Kassen, aber
uch unter den Leistungserbringern. CDU und CSU wol-
en ein neues, zukunftsfähiges System der gesetzlichen
rankenversicherungen. Um zusammen mit unserem
oalitionspartner eine von der großen Mehrheit unserer
oalition getragene Reform zu verwirklichen, entwi-

keln wir, ausgehend von unseren jeweiligen eigenen
onzepten, ein neues, gemeinsames, tragfähiges Kon-

ept.

Folgende Ziele stehen für uns dabei im Zentrum: eine
öglichst weitgehende Abkopplung der Gesundheits-

osten von den Lohnkosten und zugleich die Stabilisie-
ung der Einnahmen im Gesundheitsbereich sowie ein
lurales System mit Kassenvielfalt, freier Arztwahl und
herapiefreiheit. Für uns steht fest, dass es auch künftig
inen sozialen Ausgleich zwischen gesunden und kran-
en Menschen, zwischen den Beziehern höherer und
iedrigerer Einkommen sowie zwischen Alleinstehen-
en und Familien geben muss.

Wir wollen eine Gesundheitsfinanzierung, durch die
ie großen Chancen des Gesundheitssektors durch Wett-
ewerb, Transparenz und Abkopplung von den Lohn-
osten genutzt werden. Hier sind bereits heute
,2 Millionen Beschäftigte tätig und es gibt zweifellos
och ein beachtliches Wachstumspotenzial im Hinblick
uf neue und zusätzliche Arbeitsplätze.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)







(A) )



(B) )


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1603228200

Ich erteile das Wort Kollegen Frank Spieth, Fraktion

Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Frank Spieth (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1603228300

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Jetzt kommt die Gesundheitsteuer!)


– Nein, Herr Bahr, seien Sie nicht so aufgeregt. Man
kann Ihre Vorstellungen ja kommentieren, das hatte ich
jetzt aber nicht vor. Ich möchte mich hier heute mit dem
Antrag von Bündnis 90/Die Grünen auseinander setzen.
Seien Sie versichert: Anderes tun wir an anderer Stelle.

Dennoch möchte ich vorab eine Bemerkung zu der
heutigen Pressekonferenz von Gesundheitsministerin
Schmidt und Unionsfraktionsvize Herrn Zöller in diesem
Hause machen. Dort wurde ziemlich klar zum Ausdruck
gebracht, dass mit der beabsichtigten Gesundheitsreform
erneut eines mit Sicherheit geschieht: Den gesetzlich
Krankenversicherten soll wieder ins Portemonnaie ge-
griffen werden. Der Patient wird am Ende dieser Veran-
staltung ganz offenkundig mehr zahlen und weniger aus
der Krankenversicherung für das erhalten, was er mehr
zahlen muss.


(Elke Ferner [SPD]: Wir können ja mal eine Wette abschließen!)


– Wir werden eine Wette abschließen.

Alle in den letzten Wochen in den Medien lancierten
Reformvorstellungen haben im Kern immer wieder eines
gemeinsam: Die Arbeitgeber werden entlastet. Das gilt
für die Wahlmöglichkeiten, die nichts anderes als Teil-
kaskotarife sein werden, genauso wie für die Steuerfi-
nanzierung der Versicherung von bisher beitragsfrei mit-
versicherten Kindern.

Ich habe in diesem Hohen Hause in den letzten Wo-
chen – auch bei der Auseinandersetzung über den Haus-
halt der Bundesgesundheitsministerin in der vergange-
nen Woche – mehrfach darauf hingewiesen – Frau
Bender sagte dies bereits zu Recht –, dass wir ein massi-
ves Finanzproblem in der gesetzlichen Krankenversiche-
rung haben und dass alle Fachleute für das kommende
Jahr von einem Defizit von circa 10 Milliarden Euro
ausgehen. Die Probleme werden mit Sicherheit noch
deutlich größer. Deshalb müssen Reformvorschläge auf
den Tisch, durch die eine solidarische und soziale Kran-
kenversicherung mit einem umfassenden Sachleistungs-
katalog gewährleistet wird.

Mit ihrem Antrag zur Bürgerversicherung geht die
Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen deshalb in wichti-
gen Teilen in die richtige Richtung. Ich will aber auch
dazu sagen – Herr Kollege Lauterbach hat zu Recht da-
rauf hingewiesen –: Einige Aspekte Ihres Antrags sind
durchaus kritisch zu sehen und daher nachzuarbeiten.

Es mag ja sein, dass es ein sozialrechtlicher Anachro-
nismus ist, die beitragsfreie Ehegattenversicherung
erhalten zu wollen. Frau Bender, wenn Sie diese aller-
dings abschaffen wollen, ohne Alternativvorschläge da-

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(C (D ür zu machen, wie die vorwiegend davon betroffenen illionen Ehefrauen ohne Arbeit und ohne eigenes Ein ommen zukünftig abgesichert werden sollen, hat das im runde genommen die Wirkung, dass diese Menschen ns soziale Abseits gedrängt werden. Die Ausgrenzung us der beitragsfreien Mitversicherung wird dazu führen, ass von den Menschen, die jetzt schon nicht wissen, ie sie ihren täglichen Lebensunterhalt gewährleisten ollen, ein zusätzlicher Krankenversicherungsbeitrag zu rbringen ist. Ich meine, das müssen wir offen miteinaner diskutieren. Das ist keine Emanzipation, das ist soiale Ausgrenzung. Gleiches gilt für die nach meiner Auffassung unsägiche Debatte über die Lohnnebenkosten. Wer die Areitgeberbeiträge weiter senken will, reduziert – das ist ie Schlussfolgerung – Leistungen oder verlangt von den ersicherten höhere Beiträge. (Elke Ferner [SPD]: Wer hat das denn gefordert?)


(Beifall bei der LINKEN)


ies ist doch jahrelange Praxis. Ich kann Ihnen sagen:
ieser Vorschlag wird auf unseren entschiedenen Wider-

tand stoßen.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir sind wie die Grünen – das haben sie in ihrem An-
rag geschrieben – für die Aufhebung der Versicherungs-
flichtgrenze und die Ausweitung des Versichertenkrei-
es. Wir wollen, dass alle hier lebenden Menschen in die
rankenversicherung einbezogen werden. Ich meine,
ass in Ihrem Antrag noch eine Menge Fragen offen
ind. Wir wollen Sie bei diesem Antrag unterstützen, um
ine vernünftige, solidarische und soziale Krankenversi-
herung zu realisieren.


(Dr. Rolf Koschorrek [CDU/CSU]: Hört! Hört!)


assen Sie uns deshalb Ihren Antrag um die notwendi-
en sozialen Aspekte erweitern! Dann werden Sie uns
ei dieser Reform an Ihrer Seite haben.


(Beifall bei der LINKEN – Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Das ist Sozialismus, Herr Spieth! – Zuruf von der SPD: Das ist ein vergiftetes Geschenk!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1603228400

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 16/950 an die in der Tagesordnung aufge-

ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
erstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
o beschlossen.

Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 14 auf:

Erste Beratung des von der Bundesregierung
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neu-
regelung der Besteuerung von Energieerzeug-
nissen und zur Änderung des Stromsteuerge-
setzes






(A) )



(B) )


Vizepräsident Wolfgang Thierse
– Drucksache 16/1172 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Haushaltsausschuss mitberatend und gemäß § 96 GO

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem
Kollegen Reinhard Schultz, SPD-Fraktion.


Reinhard Schultz (SPD):
Rede ID: ID1603228500

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es

war gerade sicherlich verwirrend, dass ich von der rech-
ten Seite dieses Hauses kam. Aber diese Koalition hat es
so an sich, dass man völlig unbefangen miteinander
kommuniziert. Das ist so schlecht nicht.


(Iris Gleicke [SPD]: Wir wissen aber, dass du bei der Staatssekretärin warst!)


– Nein, aber ich stand dort gerade.

Es geht heute um die erste Lesung eines Gesetzent-
wurfes mit zwei wesentlichen Inhalten. Der erste Punkt
ist die Umsetzung der Energiesteuerrichtlinie der EU in
nationales Recht. Dabei geht es um eine Harmonisierung
von Steuersätzen auf Energieprodukte innerhalb der ge-
samten EU. Für die Bürger ändert sich bei den meisten
üblichen Steuersätzen nichts, weil Deutschland bei den
Sätzen für die Mineralölsteuer und andere Steuern schon
immer in einem vernünftigen Korridor gelegen hat.

Einige neue Gesichtspunkte sind wichtig. Eine grund-
sätzliche Entscheidung ist, dass Primärenergie, die zum
Beispiel für die Stromerzeugung eingesetzt wird,
grundsätzlich steuerfrei gestellt wird. Die Alternative
wäre gewesen, alle Energieformen einschließlich der
Kohle zu besteuern. Das wiederum würde auf die Strom-
kunden abgewälzt und würde die Industrie belasten. Da-
von hat die Bundesregierung Abstand genommen. Ich
denke, die Koalition unterstützt das ausdrücklich.

Es gibt einen weiteren wichtigen Gesichtspunkt, der
in der Vergangenheit immer für Streit gesorgt und ein
Gefühl von Ungerechtigkeit bei den Betroffenen ausge-
löst hat, nämlich: Wie gehen wir mit Prozessen um, bei
denen ein Stoff mithilfe des Einsatzes von Energie in ei-
nen anderen Zustand versetzt wird? Solche Umwand-
lungsprozesse werden künftig energiesteuerfrei gestellt.
Das ist eine auch industriepolitisch wichtige Weichen-
stellung.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Eduard Oswald [CDU/CSU])


Bei einigen Problembereichen müssen wir noch mit-
einander reden und im weiteren Verfahren diskutieren.
Aufgrund der Vorgaben der EU ist Kohle grundsätzlich
zu besteuern. Weil sie überwiegend in der Krafterzeu-
gung in industriellen Prozessen eingesetzt wird, kann

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(C (D as weitgehend unberücksichtigt bleiben. Übrig bleiben leinindustrielle Prozesse und der Hausbrand. Noch imer werden etwa 540 000 Haushalte in Deutschland mit ohlefeuerungsanlagen beheizt, die nach diesem Vor chlag geringfügig besteuert werden; maximal sind das twa 11 Euro auf 50 Quadratmeter Wohnfläche. Trotzem muss man sich das noch einmal ganz genau anseen. (Beifall des Abg. Leo Dautzenberg [CDU/ CSU])


as werden wir auch einvernehmlich tun.

Es gibt in diesem Gesetz eine alte Frage, die alle, die
chon länger dabei sind, öfter beschäftigt hat: Wieso be-
teuern wir Erdgas als Kraftstoff und befreien es bis zum
ahr 2020 von der Steuer – das ist für die meisten von
ns außerhalb der politischen Reichweite –, behandeln
lüssiggas aber völlig anders? Es gibt sicherlich Signale
on den Fachleuten aus der Koalition, dass wir – anders
ls es derzeit im Gesetzentwurf vorgesehen ist – in die-
em Punkt eine Gleichbehandlung herstellen werden.
as haben wir verabredet und ich denke, dass der Bran-

he dieses Signal gegeben werden muss.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Der zweite wichtige Punkt betrifft den Einstieg in die
esteuerung von Biokraftstoffen. Als wir die Biokraft-

toffe steuerfrei gestellt haben, haben wir einen Beihilfe-
atbestand geschaffen. Wir sind gegenüber der EU
erpflichtet, regelmäßig eine Überprüfung auf Überför-
erung vorzunehmen. Wir können Biokraftstoffe nicht
eliebig subventionieren, sondern allenfalls die Kosten-
achteile bei ihrer Herstellung oder Nutzung durch eine
teuerliche Regelung ausgleichen. Wir dürfen nicht die
inkommen der Biokraftstoffhersteller oder des -ver-

riebs individuell subventionieren; wir können nur für ei-
en Preisabstand sorgen, der die Wettbewerbsfähigkeit
ewährleistet.

Dazu liegt ein Bericht des Finanzministers für die
ahre 2004 und 2005 vor, in dem eindeutig festgestellt
ird, dass eine Überförderung gegeben ist. Die vorge-

chlagenen Steuersätze von 10 Cent je Liter für reinen
iodiesel, 15 Cent für beigemischten Biodiesel und
5 Cent für reines Pflanzenöl sind aus einer Berechnung
bgeleitet, die eine Überförderung ergeben hat. Das wird
hne Frage noch zu Diskussionen führen. Ich halte die
bleitung aber für plausibel. Beweise, dass es sich an-
ers verhält, sind nicht erbracht worden.

Dass die Nutzer und Vertreiber mit uns Politikern
ber jeden Cent verhandeln, ist völlig verständlich, weil
s dabei um ihr Einkommen geht. Ich wäre enttäuscht,
enn sie es nicht versuchen würden. Wir müssen nur
arauf achten, dass die Wettbewerbsfähigkeit der Pro-
ukte gewährleistet ist, und von der Subventionierung
inzelner Einkommen Abstand halten.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Viel spannender als die Frage der Steuersätze ist – das
aben sowohl die SPD als auch die CDU/CSU erklärt –,
ie wir die Koalitionsvereinbarung umsetzen können,






(A) )



(B) )


Reinhard Schultz (Everswinkel)

die eine Abkehr von der steuerlichen Förderung von
Biokraftstoffen vorsieht. Diese soll durch ein Ordnungs-
instrument – nämlich das Beimischungsgebot – ersetzt
werden. „Beimischungsgebot“ ist ein untechnischer Be-
griff. Man kann zwar die Hersteller zwingen, dem Diesel
oder Ottokraftstoff Biokraftstoff beizumischen, das
würde aber eine Absage an reine Biokraftstoffe bedeu-
ten. Da wir das nicht wollen, schwebt uns eher die Ein-
führung einer unternehmensbezogenen Quote für die
Mineralölunternehmen vor. Das heißt, im Verhältnis zum
Mineralölumsatz müssen sie einen bestimmten – an-
spruchsvollen – Prozentsatz an Biokraftstoffen in den
Verkehr bringen, ob nun als Beimischung oder in Rein-
stoffform.

In diesem Zusammenhang besteht die Sorge, dass die
ganze Branche, die sich aufgrund der alten steuerlichen
Regelungen darauf verlassen hat, dass sie zumindest in
einer Übergangssituation bis zum Jahr 2009 steuerlich
gefördert wird, sozusagen über die Kante kippen könnte.
Wir werden gemeinsam mit der Bundesregierung sicher-
stellen, dass ein Modell gewählt wird, das ohne steuer-
liche Förderung auskommt, aber mit dem eine Als-ob-
Situation geschaffen wird. Das heißt, die Hersteller von
Biokraftstoffen und die gesamte daran hängende Pro-
duktionskette würden einen Mindestpreis in der Höhe er-
zielen, als ob die Steuervergünstigung bis 2009 noch ge-
geben wäre.

Das ist ein sehr faires Angebot, denke ich. Aber damit
ist auch die Verpflichtung des Gesetzgebers, Vertrauens-
schutz zu gewährleisten, zunächst einmal erfüllt.

Wie kann es danach weitergehen?, fragt sich die
Branche; denn bis 2009 ist es nicht mehr lange hin. Wir
müssen einen großen Biokraftstoffmarkt schaffen. Wir
wollen, dass die Quoten in diesem Bereich höher sind als
die der Beimischungen, damit auch ein großes Markt-
segment für reine Kraftstoffe erhalten bleibt. Das kann
gegebenenfalls auch durch Aufspaltung der Quote in
eine für Dieselkraftstoffersatz und eine für Ottokraft-
stoffersatz erfolgen, wenn sich das als notwendig erwei-
sen sollte.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wir wollen keine nationale Kraftstoffstrategie, die so-
zusagen von der Apotheke lebt. Die Zeiten, als der alte
Benz sein erstes Auto an der Apotheke betankt hat, sind
vorbei. Mit einem einzigen Ölkännchen moderne ökolo-
gische Mobilität erzeugen zu wollen, ist ebenfalls ein
aberwitziger Gedanke. Wir wollen industrielle Prozesse
mit industrieller Logistik. Aber wir wollen die mittel-
ständischen Hersteller mitnehmen und die Wertschöp-
fung so weit wie möglich im Lande lassen. Das bezieht
sich insbesondere auf die landwirtschaftlichen Herstel-
ler. Ich bin sicher, dass wir im Gesetzgebungsverfahren
eine Anschlusslösung finden werden, die einen großen
Markt eröffnet und gleichzeitig die Interessen der mittel-
ständischen Unternehmer an einer Wertschöpfung im ei-
genen Land genauso berücksichtigt wie die Interessen
der Mineralölindustrie, die ebenfalls zuverlässige Rah-
menbedingungen erwartet.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


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(C (D Ich bin überzeugt davon, dass der von uns eingeleitete rozess im Hinblick auf eine moderne und ökologische erkehrsund Mobilitätspolitik gar nicht hoch genug ingeschätzt werden kann. Sowohl im Hinblick auf die on der EU vorgegebene Biomasseund Biokafttoffstrategie als auch im Hinblick auf die international ebotene CO2-Minderung müssen wir neben den minealölhaltigen Kraftstoffen die Chancen nutzen, die uns ie Biokraftstoffe der ersten und der zweiten Generation ieten. Wir müssen heute das Tor zu einer vernünftigen ukunft sowohl für die Umwelt als auch für unsere Wirtchaft aufstoßen. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1603228600

Ich erteile das Wort Kollegen Hermann Otto Solms,

DP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1603228700

Verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Da-

en und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es
st schon interessant. Die schwarz-rote Koalition, die erst
or wenigen Tagen einen groß inszenierten Energiegip-
el abgehalten hat, konnte sich bislang nicht auf eine ge-
einsame energiepolitische Strategie einigen und hat

iele Arbeitsgruppen eingesetzt. Es liegt also noch gar
ein klarer Plan vor. Aber bevor Sie wissen, was Sie tun
ollen, langen Sie als Steuergesetzgeber schon einmal

u. Es wird behauptet, dies erfordere die Umsetzung der
uropäischen Energiesteuerrichtlinie. Tatsächlich ist eine
olche Besteuerung nicht erforderlich. Auch der 1. Au-
ust 2006 ist als Termin nicht vorgegeben. Das alles ist
ur ein Vorwand, um so schnell wie möglich Kasse zu
achen.


(Beifall bei der FDP)


Eine Politik ohne Strategie macht aber keinen Sinn.
eswegen verwundert es mich nicht, dass der Kollege
chultz gesagt hat, ihm „schwebe“ etwas vor. Sie wissen
ffensichtlich noch nicht genau, was Sie machen wollen,
eil Sie natürlich die Empörung der Betroffenen zur
enntnis genommen haben. Tatsächlich ist es ein Ver-

rauensbruch von Ihrer Seite, meine Damen und Herren
on der SPD; denn Sie haben zu Zeiten der rot-grünen
egierung zugesagt, dass die Biokraftstoffe bis 2009
nversteuert bleiben.


(Ulrich Kelber [SPD]: Warten Sie es ab!)


Dieser Vertrauensbruch hat natürlich Auswirkungen.
ls die Landwirte sich an ihre letzte Winterbestellung
emacht haben – diese Regierung war damals noch gar
icht zusammengetreten –, wussten sie ja nicht, dass die
rnte hinterher besteuert werden soll. Diejenigen, die in
aps- und Ölmühlen investiert haben, sind natürlich da-
on ausgegangen, dass sie bis 2009 einen relativ siche-
en Preisvorteil des Biodiesels haben würden.


(Zuruf des Abg. Ulrich Kelber [SPD])







(A) )



(B) )


Dr. Hermann Otto Solms
– Sie als Partei haben das zugesagt. Sie missbrauchen
nun das Vertrauen der Betroffenen.


(Ulrich Kelber [SPD]: Ja, wo denn?)


Sie ändern Ihre zugesagte Strategie, indem Sie eine Be-
steuerung auf den Weg bringen.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. HansJosef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Ulrich Kelber [SPD]: Warten Sie doch mal den endgültigen Beschluss ab! Das sollten Sie als Parlamentarier schon tun!)


Die von Ihnen geplanten Steuersätze sind zu hoch.
Das sagen alle Experten. Der Preisvorteil von Rapsöl
und anderen Ölen, der notwendig ist, um sie in Verkehr
zu bringen – sie werden in erster Linie von Transport-
unternehmen genutzt –, muss aber bestehen bleiben,
weil die Infrastruktur dafür nicht so ausgebaut ist wie bei
herkömmlichen Mineralölen. Die Biokraftstoffbranche
lebt nun in der Angst, dass sie einen großen Rückschlag
erleiden wird.


(Beifall bei der FDP)


Schließlich führt die unterschiedliche Besteuerung je
nach Verwendung zu einem erheblichen Kontrollauf-
wand. Land- und Forstwirte sollen nach Ihren Plänen un-
versteuerten Biodiesel einsetzen können, während das
Speditionsgewerbe nur versteuerten Biodiesel verwen-
den darf. Da die Gefahr des Missbrauchs besteht, müs-
sen Sie für entsprechende Kontrollen sorgen.


(Reinhard Schultz [Everswinkel] [SPD]: Das machen wir doch jetzt schon! Beim Agrardiesel!)


Sie müssen also eine neue Bürokratie aufbauen, bevor
Sie ein durchgängiges Konzept entwickelt haben. Das
macht doch keinen Sinn.

Nehmen Sie das Gesetz zurück! Es ist nicht zu Ende
gedacht.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Es passt insbesondere nicht mit dem geplanten Bei-
mischungszwang zusammen, der ein halbes Jahr später
in Kraft gesetzt werden soll. Machen Sie stattdessen ein
Gesamtkonzept, das in sich stimmig ist, das das Ver-
trauen der Betroffenen – der Bürger, der Landwirte, der
Forstwirte, aber auch der Speditionsunternehmen – er-
hält und aufbaut und das – was das Entscheidende ist –
einen neuen Markt in Deutschland schafft, durch den die
Menschen auf dem Lande wieder die Arbeits- und Pro-
duktionsmöglichkeiten erhalten, die sie nach und nach
verloren haben. Das ist eine große Chance. Es macht
wirklich keinen Sinn, diese Chance um einen Silberling
zu vertun. Diese voreilige Besteuerung zum 1. August
dieses Jahres ist falsch. Ziehen Sie den Gesetzentwurf
zurück!

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP)


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(C (D Ich erteile das Wort Kollegen Norbert Schindler, DU/CSU-Fraktion. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Reinhard Schultz [Everswinkel] [SPD]: Das Vertragsverletzungsverfahren nicht vergessen! – Abg. Norbert Schindler [CDU/CSU] trinkt einen Schluck Wasser – Eduard Oswald [CDU/CSU]: Es ist nur Wasser!)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1603228800


Norbert Schindler (CDU):
Rede ID: ID1603228900

Ich hätte jetzt lieber einen gescheiten Rotwein getrun-

en; aber das ist in diesem Parlament nicht erlaubt.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1603229000

So weit sind wir noch nicht.


Norbert Schindler (CDU):
Rede ID: ID1603229100

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

iebe Zuschauer auf den Tribünen! Worum geht es heute
berhaupt? Draußen in den Regionen gibt es bewegte
iskussionen über die Zukunft der Besteuerung von
iokraftstoffen. Es gibt da große Empfindlichkeiten; der
ertrauensschutz ist, wie in den Diskussionen angespro-
hen wurde, heftig infrage gestellt.

Es geht aber nicht nur um diesen wichtigen Teilbe-
eich, über den vor allem in den ländlichen Regionen
iskutiert wird. Vielmehr geht es um die Umstellung der
esteuerung von Strom, Gas, Steinkohle und Braun-
ohle sowie Koks und es geht um die Einführung einer
esteuerung neuer Energieträger, die unabhängig von
er Stromerzeugung als Ersatz fossiler Energieträger
ingesetzt werden.

Wir haben 2003 im Bundestag parteiübergreifend und
instimmig eine Steuerbefreiung alternativer Energie-
räger beschlossen. Sie hat einen sehr starken Sog er-
eugt. Das brachte uns in der EU den Vorwurf ein, der
eutsche Gesetzgeber habe bewusst durch Überkompen-
ation Vorteile geschaffen. Jetzt befürchtet der Bundes-
inanzminister mit Recht, dass das Ausweichen der Spe-
iteure, der Omnibushersteller, der Städte und der
brigen Wirtschaft auf alternative Kraftstoffe zulasten
er Staatseinnahmen geht und ein Loch von 1,4 bis
,7 Milliarden Euro aufreißt. Das ist der Hintergrund.
iese Koalition ist angetreten, die defizitäre Lage des
undeshaushaltes in der nächsten Zeit in Ordnung zu
ringen. Steuerausfälle unberechenbarer Art dürfen da
icht passieren.

In diesem ersten Gesetzgebungsverfahren müssen wir
esondere Ziele verfolgen. Herr Solms, Sie sagen, man
önne mit der Umsetzung der EG-Richtlinie noch war-
en. Uns droht unter Umständen ein Verfahren. Das wis-
en auch Sie. Es ist schon interessant, wie die FDP heute
edet. Ich denke an die Diskussion über die Zucker-
arktordnung vor einem Jahr, als es hieß, der Welt-
arktpreis müsse zum Maßstab genommen werden. Der
nsatz der FDP in der Frage der Biokraftstoffbesteue-

ung in Bezug auf diesen Gesetzentwurf entspricht nicht






(A) )



(B) )


Norbert Schindler
ihrem Credo. Das muss ich in Erinnerung rufen, obwohl
ich in der Sache keinen Streit anfangen will.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Das In-Kraft-Treten der EG-Richtlinie am 31. Okto-
ber 2003 hat dieses Gesetzgebungsverfahren erforderlich
gemacht. Mittlerweile sind wir spät dran. Deswegen
können wir leider Gottes nicht mehr warten. Es ist aber
unser erklärtes Ziel – das darf ich für beide Koalitions-
fraktionen sagen –, über das Gesetz über einen Beimi-
schungszwang, das zum 1. Januar 2007 wirksam werden
soll, und über die jetzige Regelung zur Behebung der
Überkompensation in der Sache gemeinsam zu diskutie-
ren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Es kann nicht sein – das verstünde draußen keine Haus-
frau –, dass wir heute die eine Diskussion führen und im
August die andere anfangen. Es geht auch um Planungs-
sicherheit für Investoren. Wir verstehen das als einen ge-
meinsamen Auftrag und wir werden ihn erledigen. Wir
werden dafür sorgen, dass die rechte Hand weiß, was die
linke Hand tut, und umgekehrt.


(Beifall des Abg. Reinhard Schultz [Everswinkel] [SPD] – Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Das ist gut, Norbert!)


Der Finanzminister hat zu Recht festgestellt, dass es
eine Überförderung gibt. Mir als praktizierendem Land-
wirt und Mitglied des Finanzausschusses tut es schon ein
bisschen weh, anerkennen zu müssen: Bei den Spediteu-
ren hat sich in der letzten Zeit ein Sog in Bezug auf un-
sere Rapsmühlen entwickelt. Aus betriebswirtschaftli-
chen Gründen ist dieser Sog natürlich berechtigt. Wenn
die Umstellungskosten durch Vorteile pro Liter – ich
spreche ganz vorsichtig von einer Größenordnung jen-
seits von 10 Cent – bei Leistungen von 800 000 Kilome-
tern bis 1 Million Kilometern relativ schnell gedeckt
werden können und man diesen Markt verstärkt nutzt,
dann ist das betriebswirtschaftlich absolut in Ordnung.
Dennoch sagt Herr Steinbrück: Auch mein Haushalt
muss in Ordnung bleiben.


(Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was sagst du?)


Die EU wirft uns vor: Ihr lasst hier einen besonderen
Subventionstatbestand zu.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Was die Biokraftstoffbesteuerung angeht, müssen
wir über die verschiedenen Elemente reden. Die damit
verbundenen Fragen müssen bis 2007 geklärt werden.
Bei der Bioerzeugung geht es nicht nur um tierische
Fette und nicht nur um Raps, ob kaltgepresst oder ver-
edelt – Stichwort RME, Rapsmethylester –, sondern
auch um ETBE; das ist die veredelte Form von Ethanol.

Wir haben jetzt Zeit, darüber gemeinsam zu diskutie-
ren. Am 17. Mai findet die erste Anhörung im Finanz-
ausschuss statt. Über Ostern werden wir genug Informa-
tionen bekommen, um die gesamte Palette durcharbeiten
zu können. Nach der Anhörung am 17. Mai wird sich der

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(C (D inanzausschuss wieder damit befassen. Danach wird ieser Gesetzentwurf abschließend im Plenum beraten. atürlich werden auch die Einwände des Bundesrates ehört werden. Ich sage hier aber deutlich: Für den Bunesrat ist es leicht, Gesetzentwürfe dieser Art zu bechließen, solange es sich – wie bei der Mineralölsteuer – m eine Bundesangelegenheit handelt. Es macht sich naürlich gut, im Lande kraftvoll zu verkünden, was man in erlin alles fordert, wenn man keine Verantwortung für en Bundeshaushalt hat. Der jetzige Referentenentwurf – er stammt vom 6. März dieses Jahres – ist Grundlage der Debatte. Mit em Selbstverständnis eines Abgeordneten sage ich: as die Regierung vorgibt, ist noch lange nicht Gesetz. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Eduard Oswald [CDU/CSU]: Das ist das strucksche Gesetz!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


ir sind die Volksvertreter, die das Gesetz gegenüber
er Bevölkerung zu verantworten haben. Wir werden die
xpertenanhörung abwarten.

Auch was diese Diskussion angeht, rate ich dringend
azu, nicht morgens, mittags und nachmittags Wasser-
tandsmeldungen zu diesem Thema abzugeben. Das irri-
iert die Kundschaft, den deutschen Verbraucher, weil er
efürchten muss, dass es zu einer Erhöhung der Mineral-
lsteuer kommt. Das ist absolut nicht vorgesehen. Au-
erdem irritieren solche Meldungen die Investoren und
ie Mineralölwirtschaft insgesamt. Die Kombination
ieser beiden Gesetze ist schon eine große Sache. Wir
üssen sehen: Der Vertrauensschutz für die ländliche
evölkerung bei den Investitionen ist eine unserer Vor-
aben für 2009.

Es muss aber auch berücksichtigt werden, was wir im
inblick auf die europäische bioenergetische Produk-

ion in Zukunft beachten müssen. Auch ich sehe die Ge-
ahr – die sehen wir alle –, dass das europäische Preis-
iveau durch Kampfpreisangebote an den Häfen
nterlaufen wird. Ich verweise auf den Energiegipfel bei
er Kanzlerin in dieser Woche, Herr Solms. Natürlich
ollen wir die Wertschöpfung innerhalb Europas und
or allem im ländlichen Raum auf Dauer sicherstellen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


as ist ein absolut wichtiges Ziel.

Der Kollege Schultz hat schon ausgeführt, inwieweit
ir Erdgas und Flüssiggas unterschiedlich zu behandeln
nd zu bewerten haben. Man muss offen über Zeiträume
eden. Ich persönlich füge hinzu: Schifffahrt und Luft-
ahrt sind derzeit außen vor. Aber bezüglich des Themas
lugbenzin hat die EU dringendst ihre Hausaufgaben zu
achen; in diesem Bereich muss es EU-weit Gleichheit

eben. Anderenfalls könnte der Fall eintreten, dass an
er Donau Austauschbarkeit besteht, weswegen Schiffe
ber den Rhein-Donau-Kanal bis nach Rotterdam fah-
en, ohne dass Deutschland davon profitiert. Ein EU-

irtschaftsraum muss auch insofern Steuergleichheit
ringen.






(A) )



(B) )


Norbert Schindler
Das Gleiche sage ich für die Landwirtschaft. Die
Mineralölsteuervergütung, die wir jetzt noch haben,
die in diesem Gesetz auch angesprochen wird, bleibt.
Basta! Da mache ich es wie der Altkanzler.


(Beifall des Abg. Leo Dautzenberg [CDU/ CSU])


Wenn wir über EU-weite Angleichung reden, muss die-
ses Thema nicht mehr Gegenstand der Debatte werden.
Das ist Gott sei Dank bei den Ministern, jedenfalls der-
zeit, außen vor.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Die Vorzüge von Biokraftstoffen, die ich vorhin ge-
nannt habe, müssen wir gesetzlich und ordnungspoli-
tisch natürlich neu regeln.

Mit Bezug auf die EU wird uns vorgeworfen, die an-
deren seien kostengünstiger. Herr Solms, das sind die
Argumente, die von der Mineralölwirtschaft kommen
und die sich zum Teil auch im Text wiederfinden. Wir im
Parlament formulieren das Gesetz und nicht internatio-
nale Lobbyisten, die bei uns tätig sind, die viel Geld ver-
dienen, die ihren Profit durch erhöhte Importpreise er-
zielen


(Ulrich Kelber [SPD]: Das ist ganz was Neues!)


und uns vorjammern, wie schlecht es ihnen geht.

Es geht um die Wertschöpfung unserer ländlichen Re-
gionen unter Berücksichtigung von Kioto und unter Be-
rücksichtigung des CO2-Eintrags. Wir haben genug Zeit,
über alles – das geht von den Steuersätzen bis zu den
Kalkulationszahlen von Rapsmühlen oder Fetterzeugern;
alles das finden wir in diesem Bereich vor – mit Gelas-
senheit zu diskutieren. Dann werden wir zum Schluss
auf die Energiefragen von Europa wieder die entschei-
denden Antworten geben, wie das auch bei der Einfüh-
rung des Katalysators war, und die anderen werden
schnell nachziehen. Ein 80-Millionen-Volk hat damit
wieder eine Leitbildfunktion für die anderen.


(Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oje!)


Deswegen mahne ich Gelassenheit bei der Frage an.

Nun zum Vorwurf, die ländlichen Räume würden un-
tergebuttert werden. Wer mich kennt und wer Reinhard
Schultz kennt, der weiß: Das wird nicht passieren.

Lassen Sie uns dafür streiten! Das Ergebnis im Juni
wird sich vorzeigen lassen.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1603229200

Herr Kollege, seien Sie doch so freundlich, zum Ende

zu kommen.


Norbert Schindler (CDU):
Rede ID: ID1603229300

Das gilt auch im Hinblick auf die Folgewirkung be-

treffend den gesetzlichen Beimischungszwang ab 2007.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


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(C (D er muss kommen, getrennt für Ethanol, Kraftstoffe für en Ottomotor und Gasölbeimischung bei Rapsoder ieselöl. Danke schön. Ich erteile das Wort Kollegen Hans-Kurt Hill, Frak ion Die Linke. Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegin en und Kollegen! Der Gesetzentwurf der Bundesregieung zur Energiebesteuerung zementiert endgültig den tillstand in der Energiepolitik. Mit Klimaschutz und nergieeinsparung hat das nun gar nichts zu tun. Herrn teinbrück scheint nur eines wichtig zu sein: Kasse zu achen, koste es, was es wolle. Auf ein Beispiel möchte natürlich auch ich eingehen: ie Biokraftstoffe. Biodiesel, das am Markt gut geht, soll it 10 Cent besteuert werden, Pflanzenöl als Kraftstoff das für die Umwelt völlig unbedenkliche Grundpro ukt – mit 15 Cent. Viele kleine Betriebe haben hohe Inestitionen in Anlagen, Vertrieb und Motoren getätigt. erade der ländliche Raum setzt auf die Nutzung von apsöl als Kraftstoff. Nun werden diese Strukturen zer chlagen, indem Sie willkürlich Steuern darauf erheben. Herr Schindler, ich erinnere Sie daran, dass Sie vor urzem im ländlichen Raum, nämlich in Zweibrücken, ine Ölmühle eröffnet haben. ie trifft es genauso hart. Biodiesel hat sich am Markt erfreulich etabliert. Der reis dieses Kraftstoffes hat sich an die steigende Preisurve des Mineralöldiesels angeschmiegt. Da gab es Geinnmitnahmen. Natürlich macht es Sinn, dieses Proukt langsam an die Besteuerung heranzuführen. Jetzt 0 bzw. 15 Cent auf Biodiesel und in der nächsten unde der Beimischungszwang bei Vollbesteuerung, das acht die junge Branche allerdings kaputt. So etwas ient nur dem Oligopol der Mineralölindustrie. Die Folge: Kleine und mittelständische Hersteller von apsölund Biodiesel werden so zu Zulieferern degraiert. Rapsöl und Bioethanol haben als reine Kraftstoffe eine Chance. Auf der Strecke bleiben Arbeitsplätze im ändlichen Raum und der Klimaschutz. Die Autoindustrie reibt sich schon einmal die Hände, ann sie doch ihre Selbstverpflichtung zur Senkung der limagase abschütteln. Mit 5 Prozent zwangsbeigeischtem Biodiesel schafft VW sein laxes Klimaziel uch so. Die Linke fordert eine fachliche und differenzierte ewertung der einzelnen Biokraftstoffprodukte. Biodiesel kann ab dem kommenden Jahr mit 5 Cent je iter besteuert werden. Die weitere Besteuerung muss Hans-Kurt Hill davon abhängen, ob es gelingt, die mineralischen Anteile durch biogenes Ethanol zu ersetzen. Pflanzenöl als Kraftstoff muss bis 2010 ohne Besteuerung bleiben. (Beifall der Abg. Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1603229400

(Beifall bei der LINKEN)

Hans-Kurt Hill (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1603229500

(Norbert Schindler [CDU/CSU]: Jawohl!)





(A) )


(B) )


Die Motorenentwicklung ist stärker zu fördern.

Bei Bioethanol muss der Steuersatz bis 2010 eben-
falls 0 Cent betragen. Als E85 kann es sofort auf den
Markt kommen. Dazu müssen die Mineralölkonzerne ih-
ren 100-Oktan-Sprit, der ohnehin nur ein Werbegag ist
und den Verbraucherinnen und Verbrauchern das Geld
aus der Tasche zieht, nur durch Bioethanol ersetzen. Der
hat übrigens 104 Oktan und entlastet die Umwelt mess-
bar. Die Biokraftstoffe der zweiten Generation sind ge-
rade im Aufbau. Ob als Biodiesel oder Bioethanol: BTL
muss mindestens bis 2010 steuerfrei bleiben. Einen Bei-
mischungszwang braucht die Branche nun gar nicht. Der
Beimischungsmarkt macht beim Biodiesel bereits
40 Prozent aus und funktioniert auch so. Und wenn Sie
den Klimaschutz ernst nehmen, muss der öffentliche
Nahverkehr bei der Verwendung von Biokraftstoffen
ebenfalls steuerfrei bleiben.


(Beifall bei der LINKEN)


Wenn ich die Auswirkungen des Gesetzentwurfes auf
die Staatsfinanzen sehe, muss ich mir die Augen reiben.
Einnahmen durch klimafreundliche Biokraftstoffe:
361 Millionen Euro. Steuerausfälle durch die Subventio-
nierung der klimaschädlichen Flug- und Schiffsver-
kehre: 32 Millionen Euro. Bei der Mehrwertsteuer gilt
das Gleiche, wie Sie wissen.

Fazit: Verkehrte Welt in der Klimaschutzpolitik. Mit
freundlichen Grüßen, Ihr Umwelt- und Ihr Finanzminis-
ter.

Vielen Dank. Ich hoffe, meine Stimme wird wieder
besser.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1603229600

Das wünschen wir Ihnen von Herzen, lieber Kollege.

Nun erteile ich das Wort dem Kollegen Reinhard
Loske, Bündnis 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Herr Schindler und Herr Schultz haben sich eben als
Freunde des ländlichen Raums geoutet.


(Norbert Schindler [CDU/CSU]: Waren wir schon immer!)


Das wussten wir ja schon. Aber der Punkt ist: Wenn Sie
wirklich Freunde des ländlichen Raums sein wollen,
dann müssen Sie einen anderen Gesetzentwurf vorlegen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie des Abg. Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE])


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(C (D Ich habe mir gerade bei Ihnen in Rheinland-Pfalz im usammenhang mit der Wahl einiges angesehen, zum eispiel eine Ölmühle in Polch. Die Leute haben sich arauf verlassen, dass das, was die Politik im Deutschen undestag einstimmig verabschiedet hat, nämlich die teuerliche Begünstigung bis 2009, auch gilt. Das war ie Grundlage ihrer Investitionsrechnung. Wenn Sie jetzt n dieser Schraube drehen, dann werden Sie nicht nur ortbrüchig, sondern zerstören auch Planungssicherheit nd reale Investitionen. Insofern ist das kein Akt zuunsten des ländlichen Raums, sondern gegen den ländichen Raum. Das wollen wir doch einmal festhalten. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)


Ansonsten – ich komme gleich zu dem Bioenergie-
hema – sprechen wir ja heute über die Umsetzung der
U-Energiesteuer-Richtlinie. Ich will auch einmal sa-
en, was an dem Gesetzentwurf, den Sie jetzt vorlegen,
ut ist. Gut ist, dass in der Stromerzeugung bei den fossi-
en Energien eine steuerliche Gleichbehandlung vor-
esehen ist. Bis jetzt ist es nämlich so, dass Uran und
ohle in der Stromerzeugung nicht besteuert werden,

ber Gas. Die Kollegen von der SPD erinnern sich: Wir
aben da manchen Kampf gefochten. Die SPD war im-
er dagegen, das Gas gleich zu behandeln. Jetzt kommt

ie Anweisung von der EU-Seite. Da kann ich nur sa-
en: Gut so!

Ich finde es auch gut, dass das, was das Finanzminis-
erium ursprünglich vorhatte, nämlich die Kraft-

ärme-Kopplung bei der Strom- und der Erdgassteuer
ichtig an die Kandare zu nehmen und kräftig zu besteu-
rn, jetzt wegfällt. Das ist unter anderem auf den öffent-
ichen Protest der Kommunen, aber auch auf unseren
rotest und den Protest der Umweltverbände zurückzu-
ühren. Da kann man nur sagen, es hat sich gelohnt, ge-
en diese geplante Besteuerung dezentraler Energiever-
orgungsstrukturen anzugehen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ulrich Kelber [SPD]: Das habe ich gar nicht mitbekommen!)


Dann müssen Sie zuhören, Herr Kollege Kelber.

Die Einführung einer Steuer auf Kohle zu Heizzwe-
ken ist aus der Sicht des Klimaschutzes vernünftig und
berfällig, auch wenn das ein kleines, randständiges Pro-
lem ist. Das ist aber quasi nichts anderes als die Erfül-
ung der Aufgaben eines Pflichtenheftes.

Bei den wirklich grundlegenden Dingen versagen Sie
der lassen einfach etwas aus. Die Bioenergien habe ich
erade schon angesprochen. Da herrscht – das muss man
och sehen – in Ihrem Lager ganz klar kein Einverneh-
en. Auf der einen Seite gibt es die Fiskalisten, die
ehr Geld eintreiben wollen, und auf der anderen Seite

iejenigen, die wirklich etwas für den ländlichen Raum
un wollen, die regionale Wertschöpfungsketten und Er-
erbsalternativen für die Landwirtschaft schaffen wol-

en, ohne dauerhafte Subventionen vorzusehen.

Man wundert sich: Hier wird ein Gesetzentwurf von
er Regierung vorgelegt und alle Kolleginnen und






(A) )



(B) )


Dr. Reinhard Loske
Kollegen von der CDU/CSU und von der SPD sagen
– mindestens zwischen Mund und Nase –, so werde das
auf keinen Fall gemacht. Da hätten Sie besser von An-
fang an etwas Vernünftiges vorgelegt; dann wäre die
Verunsicherung in der Branche nicht so groß gewesen.


(Beifall bei der FDP)


Es ist doch vollkommen klar und gar keine Frage: Wo es
Mitnahmeeffekte gibt, da muss man abschöpfen.

Hinsichtlich der reinen Pflanzenöle, Herr Schindler,
möchte ich Sie bitten, Folgendes zu beachten. Dies ist
ein klassischer Fall dezentraler Technologien, bei deren
Anwendung die Wertschöpfung in der Region verbleibt.
Auch fiskalisch gesehen fällt nichts weg. Ich bitte Sie
heute darum, dass Sie wenigstens davon die Hände las-
sen. Wir werden das jedenfalls im Rahmen des parla-
mentarischen Verfahrens beantragen.


(Norbert Schindler [CDU/CSU]: Warten Sie es doch ab!)


Ich will noch einige Punkte ansprechen, die Sie ein-
fach weggelassen haben. Sie haben zum Beispiel die
Sonderregelung für die Energiebesteuerung im Rahmen
der ökologischen Steuerreform nicht angesprochen,
obwohl Sie wissen, dass diese Ausnahmen von der EU-
Kommission nur bis zum 31. Dezember 2006 genehmigt
wurden. Wir brauchen im Rahmen der Ökosteuer ein
stimmiges Konzept, mit dem die vielen Ausnahmetatbe-
stände entweder abgeschafft – das wäre das Beste – oder
zumindest an ökologische Gegenleistungen geknüpft
werden.

Wir müssen – auch das ist ein heißes Eisen, das Sie
nicht angepackt haben – im Bereich der Flugbenzin-
besteuerung endlich erste Schritte gehen.


(Norbert Schindler [CDU/CSU]: Das habe ich gesagt!)


Es kann doch nicht wahr sein, dass die Bahn, wie wir
erst vorgestern wieder gelernt haben, die Energiesteuer
in voller Höhe zahlt und dass auf Tickets die volle Mehr-
wertsteuer erhoben wird, aber der Luftverkehr in beiden
Bereichen privilegiert wird. Das ist eine eklatante Wett-
bewerbsverzerrung zulasten der Bahn. Wir fordern Sie
auf – zumal die Energiesteuer-Richtlinie diese Möglich-
keit hergibt –, endlich mit dem Einstieg in die Besteue-
rung von Flugbenzin zu beginnen. Die rechtlichen Mög-
lichkeiten haben Sie dazu.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich fasse zusammen, Herr Präsident. Was Sie vorle-
gen, ist ein umfangreiches Gesetz mit vielen Details. Es
enthält praktisch keine positiven Elemente mit Aus-
nahme der Dinge, die Sie vonseiten der EU-Kommission
machen mussten. Es ist also ein reines und obendrein un-
zureichendes Pflichtprogramm ohne ambitionierte Kli-
maschutzziele und ohne politischen Gestaltungswillen.
Sie geben keine steuerlichen Anreize für Strukturent-
scheidungen zugunsten des Klimaschutzes und der CO2-
Einsparungen. Das werden wir im parlamentarischen
Verfahren thematisieren.

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(C (D Danke schön. Ich schließe die Aussprache. Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzenturfs auf Drucksache 16/1172 an die in der Tagesordung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es azu anderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall. ann ist die Überweisung so beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 15 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Cornelia Pieper, Uwe Barth, Miriam Gruß, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Voraussetzungen für Entwicklung, Bau und Betrieb einer Europäischen Spallations-Neutronenquelle in Deutschland schaffen – Deutsche Bewerbung vorantreiben – Drucksache 16/386 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Haushaltsausschuss Die Kollegen Axel Fischer homas Oppermann, Cornelia Pieper, Petra Sitte1)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1603229700
rista Sager haben ihre Reden zu Protokoll gegeben.2)

ch schließe also die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 16/386 an die in der Tagesordnung aufge-

ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit
inverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überwei-
ung so beschlossen.

Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 16 auf:

Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur
Änderung des Urheberrechtsgesetzes

– Drucksache 16/1107 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für Kultur und Medien

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
einen Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Parlamen-
arischen Staatssekretär Alfred Hartenbach das Wort.

Redebeitrag lag bei Redaktionsschluss nicht vor und wird zu einem
späteren Zeitpunkt abgedruckt.
Anlage 3






(A) )



(B) )

A
Alfred Hartenbach (SPD):
Rede ID: ID1603229800


Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es geht heute
um ein Gesetz, mit dem wir europäische Vorgaben zum
Folgerecht umsetzen. Folgerecht bedeutet, dass bildende
Künstler nicht leer ausgehen, wenn ein Werk, das sie
einmal für wenig Geld verkauft haben, später im Kunst-
handel hohe Preise erzielt.

Die Richtlinie ist ein gutes Beispiel dafür, wie uns die
europäische Einigung zugute kommt: Mit der Umset-
zung der Richtlinie schaffen wir vergleichbare Bedin-
gungen für bildende Künstler und auch für den Kunst-
handel in Europa. Denn anders als Deutschland, wo es
ein Folgerecht seit 1956 gibt, gilt dieses Recht in ande-
ren Mitgliedstaaten bisher nicht. Diese unterschiedliche
Rechtslage ist in mehrfacher Hinsicht nachteilig: zum ei-
nen natürlich für die Künstler, zum anderen auch für den
Kunsthandel. So kann zum Beispiel ein Kunsthändler in
Berlin weniger Erlös als sein Kollege in London erzie-
len. Das ist ein Wettbewerbsnachteil. Die europäische
Richtlinie schafft hier gleiche Verhältnisse.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf passen wir
unser Recht den Anforderungen der Richtlinie an. Die
Vergütung wird nach der Höhe des Verkaufspreises ge-
staffelt und beträgt im Höchstfalle 12 500 Euro pro Wei-
terveräußerung.

Es gibt zwei Punkte, bei denen die Richtlinie den Mit-
gliedstaaten einen Gestaltungsspielraum lässt. Zum
einen können als Mindestbetrag Werte zwischen 0 und
3 000 Euro bestimmt werden, ab dem Veräußerungen
dem Folgerecht unterliegen. Der Entwurf, den wir vorle-
gen, sieht einen Mindestbetrag von 1 000 Euro vor. Zum
anderen können die Mitgliedstaaten die Höhe des An-
spruchs für Veräußerungen bis zu 50 000 Euro auf 4 oder
5 Prozent des Verkaufspreises festlegen. Wir haben uns
dazu entschieden, für diese so genannte erste Tranche ei-
nen Vergütungssatz in Höhe von 4 Prozent vorzusehen.

Natürlich sind unsere Künstlerinnen und Künstler da-
rüber enttäuscht; ich kann das auch verstehen. Sie müssen
aber wissen, dass sie umgekehrt nunmehr auch im Aus-
land, zum Beispiel in Österreich, einen Anspruch geltend
machen können, wenn zum Beispiel ein Werk mit einem
Preis von über 3 000 Euro weiterveräußert wird.

Eines darf man nicht vergessen: Es wird ihnen eine
neue Einnahmequelle erschlossen, wenn sie, wie ich
eben sagte, in anderen Mitgliedstaaten veräußern. Auch
unsere Kunsthändler haben hier weitere Vorteile. Da wir
uns den in Großbritannien, einem bedeutenden Kunst-
markt, geltenden Regelungen angeschlossen haben, be-
finden wir uns in guter Gesellschaft.

Ich denke also, dass wir mit diesem Entwurf eine aus-
gewogene und angemessene Grundlage für die weitere
Beratung präsentiert haben, und freue mich, meinem
Kollegen Manzewski eine Minute Redezeit schenken zu
können.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


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(C (D Ich erteile das Wort Kollegin Sabine Leutheusser chnarrenberger, FDP-Fraktion. Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kolle en! Herr Staatssekretär, Sie haben zu Recht gesagt, dass s beim geltenden Recht Wettbewerbsverzerrungen geeben hat und die Folgerechtsrichtlinie hier wirken uss. Deren Umsetzung steht natürlich schon lange an. lso ist es richtig, dass der vorliegende Gesetzentwurf icht nur eingebracht wird, sondern auch zügig beraten erden muss. Die FDP hat es von Anfang an, auch schon in der verangenen Legislaturperiode, sehr begrüßt, dass diese olgerechtsrichtlinie zu einer Harmonisierung führen ird. Denn das ist im Interesse aller Beteiligten: im Inte esse des Kunsthandels und der Urheber. Auf nationaler bene muss jetzt der Versuch unternommen werden, eien Ausgleich zwischen diesen beiden Interessen zu finen. Das wird mit dem jetzt vorgelegten Gesetzentwurf ersucht. Die Folgerechtsrichtlinie ist das Ergebnis einer sehr angwierigen Diskussion. Es war bis zum Schluss sehr ngewiss, ob sie überhaupt zustande kommt. Das Ergebis ist ein Kompromiss, der natürlich nicht in jeder Hinicht das urheberrechtliche Optimum sein mag. Das gilt ür die Staffelung der Vergütung und die Begrenzung der esamtvergütung auf 12 500 Euro. Es ist aber müßig, ie Debatte zu wiederholen, die der Folgerechtsrichtlinie orausgegangen ist. Die von der Folgerechtsrichtlinie vorgegebene neue ergütungsstruktur kann in Deutschland einerseits zu inem insgesamt niedrigeren Vergütungsaufkommen ühren. Aber im Zusammenspiel mit den entsprechenden estimmungen der übrigen Mitgliedstaaten kann sie anererseits einen Beitrag dazu leisten, dass Deutschland ür den internationalen Kunsthandel attraktiver wird und en deutschen Urhebern dadurch neue Vergütungsquelen auf anderen Kunstmärkten eröffnet werden. Auch den Urhebern ist nicht damit gedient, dass der unsthandel an Deutschland vorbeigeht, weil die Rahenbedingungen nicht stimmen. Natürlich dürfen wir abei die Grundlagen des Urheberrechts nicht infrage tellen. Denn das Urheberrecht ist und bleibt ein Eigenumsrecht. Deshalb muss natürlich im Zusammenhang it der Beratung des Regierungsentwurfes immer auch efragt werden: Sind die Spielräume, die die Richtlinie m Sinne dieser Prämisse eröffnet, auch sachgerecht geutzt worden? Ich denke, der Entwurf geht in die richtige Richtung, iese unterschiedlichen Interessen miteinander zu verinbaren. Wir werden im Ausschuss gerade vor dem intergrund der Stellungnahme des Bundesrates über ie einzelnen Punkte, über die Anhebung des Eingangsatzes, den Beteiligungssatz und die Vergütungsstruktur, u diskutieren haben. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger Der Bundesrat hat vorgeschlagen, die Bestimmungen zum Schwellenwert und zum Beteiligungssatz der ersten Stufe bis 2009 zu befristen, um ihre tatsächlichen Auswirkungen auf das Vergütungsaufkommen zu beobachten und gegebenenfalls zu korrigieren. Die Bundesregierung hat in ihrer Stellungnahme diesen Vorschlag zurückgewiesen. Ich denke, wir sollten es uns nicht so einfach machen. Die FDP-Bundestagsfraktion plädiert dafür, im Rechtsausschuss den Ansatz des Bundesrates noch einmal ausführlich zu erörtern und zu prüfen, inwieweit er zum notwendigen Interessenausgleich zwischen Urhebern und Kunsthandel beitragen kann. Wir sollten dabei bedenken, dass die Richtlinie selbst eine fortlaufende Kontrolle der Auswirkungen des neuen Folgerechtes vorsieht. Was ist besser dazu angetan, mit Nachdruck für eine Umsetzung dieser Kontrolle zu sorgen, als eine Befristung dieser Regelung im Gesetz vorzusehen, sodass der Gesetzgeber gezwungen ist, sie nach einigen Jahren auf den Prüfstand zu stellen? Aus unserer Sicht gibt es bei diesem Punkt sehr wohl Erörterungsund Diskussionsbedarf im Rechtsausschuss. Ich denke, wir sind auf dem Weg, einen angemessenen Interessenausgleich zwischen Kunsthandel und Urheberrechtsschutz zu erreichen. Recht herzlichen Dank. (Beifall bei der FDP sowie des Abg. Joachim Stünker [SPD])

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1603229900

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP):
Rede ID: ID1603230000




(A) )


(B) )



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1603230100

Ich erteile das Wort Kollegen Günter Krings, CDU/

CSU-Fraktion.


Dr. Günter Krings (CDU):
Rede ID: ID1603230200

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Der beste Ort, um deutsche Kunst zu verkaufen,
ist London. Mit diesem Werbespruch ging einst das Lon-
doner Auktionshaus Christie’s auf Kundenfang. Kein an-
derer Ausspruch könnte wohl die Situation auf dem
deutschen Kunstmarkt besser beschreiben. In London
werden mehr Bilder der klassischen deutschen Moderne
als im gesamten Bundesgebiet zusammen versteigert. So
macht derzeit nicht zuletzt das deutsche Urheberfolge-
recht deutsche Kunst zum Exportschlager wider Willen.

Der eigentliche Erfolg, den es hier und heute zu ver-
melden gibt, ist nicht im vorliegenden Gesetzentwurf,
sondern in der Harmonisierung des Folgerechts in der
Europäischen Union zu erblicken. Bislang haben die un-
terschiedlichen Regelungen in Europa zu einer Wettbe-
werbsverzerrung geführt. Deutsche Galerien haben es
schwer, gegen eine internationale Konkurrenz zu beste-
hen, die eben nicht 5 Prozent vom Erlös eines weiterver-
kauften Bildes auf den Kaufpreis aufschlagen muss. Be-
sonders die Engländer haben diesen Vorteil konsequent
für sich zu nutzen gewusst und stellen heute neben den
USA und der Schweiz den weltweit wichtigsten Kunst-
markt.

Nach einer Studie der European Fine Art Foundation
lag im Jahr 2003 der Anteil der EU-Mitgliedstaaten, die

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(C (D ber ein nationales Folgerecht verfügen, am weltweiten unsthandel bei 6 Prozent. Im Gegensatz dazu konnte ich allein Großbritannien einen Anteil von sage und chreibe 24 Prozent am Weltkunsthandel sichern; das andelsvolumen ist damit viermal größer als in allen U-Staaten mit Folgerecht zusammen. Die EU-Richtlinie lässt den Mitgliedstaaten in einzelen Punkten zwar einen Umsetzungsspielraum; vor dem intergrund der bisherigen Erfahrungen mit unter chiedlich ausgestalteten Folgerechtsregelungen muss er Gesetzgeber aber bei der nationalen Ausgestaltung as Ziel haben, möglichst einen Mittelweg zu finden, em sich auch die anderen Länder anschließen können. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf ist es gelungen, ine Regelung zu finden, die in den wichtigsten Punkten uf der Linie der englischen Umsetzung der Richtlinie iegt. Der deutsche Kunstmarkt wird so attraktiver und ann verloren gegangenes Terrain wieder gutmachen. er Gesetzentwurf ist damit ein starkes Signal für die örderung des Kunsthandels in Deutschland. (Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger [FDP])


Eine zentrale Bestimmung der Gesetzesvorlage ist die
nhebung des Schwellenwertes für die Anwendbarkeit
es Folgerechts beim Verkaufspreis von früher 50 Euro
uf 1 000 Euro. Hierdurch wird gewährleistet, dass keine
leinstbeträge von wenigen Euro mehr ausgezahlt zu
erden brauchen, bei denen der Verwaltungsaufwand
en Ertrag zu überwiegen droht.

Wahrscheinlich werden wir gleich noch ein paar kriti-
che Worte zu diesem Aspekt hören. Natürlich erkennt
an bei oberflächlicher Betrachtung wenigstens zwei
robleme.

Der Entwurf bleibt mit dem Schwellenwert von
000 Euro deutlich unterhalb des von der Richtlinie zu-

elassenen Maximalschwellenwerts von 3 000 Euro.
uf den ersten Blick sieht es dennoch so aus, dass rei-
enweise Künstler von den Segnungen des Folgerechts
usgeschlossen werden könnten. Die Zahlen der eben zi-
ierten Studie der European Fine Art Foundation spre-
hen aber eine ganz andere Sprache. Diese Studie
ommt zu dem Ergebnis, dass über 90 Prozent der welt-
eiten Kunstverkäufe – jedenfalls im Bereich der mo-
ernen und zeitgenössischen Kunst – in die Preiskatego-
ie von 3 000 bis 50 000 Euro fallen.

Dass wir den möglichen Schwellenwert von
000 Euro dennoch nicht voll ausgeschöpft haben, ist

benso richtig. Bei einem derartigen Schwellenwert hät-
en es nämlich vor allen Dingen Fotografien zu schwer
ehabt, von einer Folgerechtsvergütung überhaupt zu
rofitieren. Es ist aber ein deutlicher Fortschritt gegen-
ber der bestehenden Regelung, dass nun auch Fotogra-
ien in den Vergütungstatbestand mit aufgenommen wer-
en. Diese Regelung bringt Rechtssicherheit und trägt
em Umstand Rechnung, dass Fotografien in verstärk-
em Maß als Kunstobjekte angesehen und auch behan-
elt werden. Eine Ungleichbehandlung im Vergleich zur
lassischen bildenden Kunst ist daher nicht mehr zu
echtfertigen.






(A) )



(B) )


Dr. Günter Krings
Gegen den höheren Schwellenwert von 1 000 Euro
wird ferner eingewandt, er sei ein Nachteil für junge
Künstler, die noch nicht so hohe Preise für ihre Werke
erzielen können. Betrachtet man hier wiederum ganz
nüchtern die Zahlen, dann lässt sich aber schon nach der
jetzigen Rechtslage feststellen, dass der Großteil der le-
benden Künstler von der Folgerechtsabgabe ohnehin
nicht profitiert. Kaum 10 Prozent der Künstler, die ihre
Ansprüche aus dem Folgerecht über die VG Bild-Kunst
wahrnehmen lassen, kommen in den Genuss einer Aus-
zahlung. 2004 waren es – um es einmal in den relativ be-
scheidenen Zahlen auszudrücken – gerade einmal
314 lebende Künstler, denen 256 Erben gegenüber stan-
den. Von diesen insgesamt 570 Personen sind übrigens
knapp die Hälfte ausländische Künstler.

Lässt das Verhältnis zwischen lebenden Künstlern und
den Erben zunächst wenigstens noch ein kleines Überge-
wicht zugunsten der lebenden Künstler vermuten, zeigt
eine wirtschaftliche Betrachtung der Sache schon ein
ganz anderes Bild. Für das Jahr 2003 hat der Arbeitskreis
Deutscher Kunsthandelsverbände vorgerechnet, dass die
Erben deutscher Künstler gut 2,4 Millionen Euro aus der
Folgerechtsvergütung erhalten haben, während den in
Deutschland lebenden Künstlern zusammen lediglich ein
Betrag von etwas mehr als 340 000 Euro ausgezahlt
wurde. Also: knapp zweieinhalb Millionen Euro für Er-
ben und 340 000 Euro für lebende Künstler. Das zeigt
mehr als deutlich, dass das Folgerecht in erster Linie ein
Erbenrecht ist und schon nach der heutigen Rechtslage
jungen Künstlern kaum dient.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Trotz der vergleichsweise bescheidenen Beträge
bleibt das Folgerecht ein sensibles Thema. Das zeigen
insbesondere die Reaktionen in England seitens der
Künstler. David Hockney lehnte mit weiteren britischen
Künstlern in einem Artikel der „Times“ die Regelung
gerade deshalb ab, weil sie keine Förderung junger
Künstler mit sich bringen würde, sondern diesen eher
schade. Kunsthändler würden angesichts der Abgabe lie-
ber auf Nummer sicher gehen und sich an etablierte
Künstler halten.

Obwohl die deutsche Regelung bereits seit 1965 exis-
tiert, ist das Folgerecht auch bei uns durchaus umstritten.
Renommierte Künstler wie Gerhard Richter oder Georg
Baselitz haben sich bereits vor geraumer Zeit kritisch
dazu geäußert. Es würden eben nur die Stars der Branche
davon profitieren und jungen Künstlern – da sind sie
ganz der Meinung ihrer englischen Kollegen – bereite
die ganze Sache eher Schwierigkeiten.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: So ist es!)


Die Bedenken der etablierten Künstler in dieser Frage
sollte man nicht einfach beiseite legen. Trotzdem ist die
These, das Folgerecht schade jungen Künstlern, viel-
leicht doch etwas voreilig. Der Erstverkauf eines Bildes
ist und bleibt vergütungsfrei. Die Eintrittskarte von
Nachwuchskünstlern in den Kunstmarkt wird vom Fol-
gerecht also gar nicht betroffen.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


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(C (D Das Folgerecht hat danach aber immer noch seine Beechtigung. Selten gelingt einem Maler oder einer Malein auf Anhieb der Durchbruch. In der Regel erzielen ilder erst einige Jahre nach dem Erstverkauf einen höeren Marktwert, an dem die Künstler dann nicht mehr eteiligt sind. Damit stellt sich natürlich schon die Frage, arum alle von einer Gewinnsteigerung des Werkes pro itieren sollen – mit Ausnahme desjenigen, der die Ursahe für die Wertsteigerung gesetzt hat. Hierin liegt auch der grundsätzliche Unterschied zum uch oder zur Musik. In diesen beiden Fällen erhält der rheber nämlich üblicherweise eine erfolgsabhängige ergütung: Je mehr Bücher verkauft werden, desto höer fallen seine Einnahmen aus; je mehr CDs verkauft erden oder je öfter seine Musik im Radio gespielt wird, esto höher fällt seine Beteiligung aus. Der bildende ünstler kann hingegen nicht auf eine Erfolgsbeteiliung hoffen. Ob sich junge Künstler am Markt etablieren, dürfte ber kaum vom Folgerecht abhängen; denn das hieße, ie Bedeutung der rechtlichen Regelung über die der äshetischen Aussage eines Kunstwerkes zu stellen. Letzere aber gibt zum Glück den entscheidenden Ausschlag ür die Durchsetzung eines noch unbekannten talentieren Künstlers. Nicht zuletzt die Erfolge der jungen deutchen Künstler, die unter dem Begriff „Neue Leipziger chule“ zusammengefasst werden, zeigen das Potenzial uf, das in den Künstlern unseres Landes liegt. Selten ar deutsche zeitgenössische Kunst international so ge ragt wie heute. Der internationale Durchbruch gelang diesen deutchen Künstlern aber nicht in Deutschland, sondern in rster Linie auf Kunstmessen in den Vereinigten Staaten. ieser Tatsache sollten wir als deutsche Rechtsund ulturpolitiker nicht ganz gleichgültig gegenüber steen. Wir sollten vielmehr die nötigen Rahmenbedingunen schaffen, damit nicht nur die deutsche Kunst, sonern auch der deutsche Kunsthandel international wieder ine Spitzenposition einnehmen kann. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Mit der EU-Richtlinie zur Harmonisierung des Folge-
echts und mit unserem Umsetzungsgesetz tun wir einen
ntscheidenden Schritt zur Schaffung dieses Rahmens.
enn wir dadurch den Kunsthandel in Deutschland stär-

en, so stärken wir mittelbar auch die bildende Kunst
nd die Künstler in unserem Lande.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1603230300

Ich erteile das Wort Kollegin Lukrezia Jochimsen,

raktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1603230400

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich

ürchte, man kann die Welt sehr unterschiedlich betrach-
en. Welche Bedeutung haben die schön klingenden






(A) )



(B) )


Dr. Lukrezia Jochimsen
Bekenntnisse zur Kulturnation Deutschland in die-
sem Hohen Haus? Davon können wir uns in dieser De-
batte ein Bild machen. Wie heißt es im Koalitionsvertrag
von CDU/CSU und SPD?

Im Mittelpunkt der Kulturpolitik steht die Förde-
rung von Kunst und Künstlern.

Nun legt uns die Bundesregierung einen Gesetzentwurf
vor, der kalt und brutal 40 Prozent der bildenden Künst-
ler und Künstlerinnen in diesem Land um ihren gesetzli-
chen Anspruch auf einen Anteil am Erlös aus Weiterver-
äußerungen ihrer Werke bringt – knallhart und einfach
so.

Wenn ein Kunsthändler heute eine Grafik, ein Litho
oder ein Foto für 200 Euro kauft und für 900 Euro ver-
kauft, erhält der Künstler 5 Prozent dieser Weiterver-
kaufssumme, also 45 Euro. Das ist nicht viel Geld. Für
Künstler und Künstlerinnen in Deutschland, die zum
großen Teil mehr oder wenig an oder unterhalb der Ar-
mutsgrenze leben, ist dieses Geld aber unverzichtbar.
Das gilt nicht für die Millionäre Baselitz und Neo
Rauch.

Im neuen Gesetzentwurf heißt es:

Der Schwellenwert für die Folgerechtspflichtigkeit
wird auf 1 000 Euro festgelegt.

Das heißt, nur die Künstler und Künstlerinnen, deren
Werke für 1 000 Euro oder mehr weiterverkauft werden,
haben überhaupt einen Anspruch auf Folgerechtsvergü-
tung. Bisher bestand ein Anspruch ab 50 Euro. Der An-
stieg auf das 20-fache enteignet auf einen Schlag und
ohne Not gerade die jungen Künstler und Künstlerinnen,
die am Anfang ihres kreativen Wirkens stehen, aber auch
die älteren Künstler und Künstlerinnen, die am Ende ih-
res Schaffensprozesses froh sind, wenn sie ihren Lebens-
unterhalt in Würde durch Weiterverkaufserlöse entspre-
chend ihrem bisherigen gesetzlichen Anspruch ein
bisschen aufstocken können.

Es gibt viele Künstler und Künstlerinnen in diesem
Land, deren Arbeiten die Preiskategorie von 1 000 Euro
und mehr nie erreichen. Ich spreche nicht von Bildern,
sondern von Grafiken, Lithos, Aquarellen und Fotos.
Weiß man im Bundesministerium, weiß man in der Re-
gierung nicht um die wirtschaftliche Situation von
Künstlerinnen und Künstlern? Doch, man weiß darum
genau. Man weiß, dass 40 Prozent der Künstler und
Künstlerinnen nach In-Kraft-Treten dieses Gesetz nicht
mehr in den Genuss des Folgerechtes kommen, dass die
Neuregelung also einer Enteignung eines Großteils der
bildenden Künstler und Künstlerinnen gleichkommt und
damit für diesen Personenkreis eine weitere Verarmung
bedeutet.

Damit nicht genug. Auch der Prozentsatz für Ver-
käufe bis 50 000 Euro soll in Zukunft von 5 auf 4 Pro-
zent gesenkt werden. Diese Absenkung wiederum
bedeutet eine massive Schlechterstellung der folge-
rechtsberechtigten Künstler und Künstlerinnen, die ihre
Werke zu guten oder sehr guten Preisen verkaufen kön-
nen. Das betrifft 20 Prozent der renommierten, für
Deutschlands Kunst besonders wichtigen Kreativen.

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(C (D Man komme uns nicht mit dem Argument, hier müsse ine Richtlinie des Europäischen Parlaments und Rates mgesetzt werden. Die europäische Richtlinie schreibt eder die Anhebung des Eingangssatzes auf 1 000 Euro och die Absenkung des bisherigen Prozentsatzes von auf 4 Prozent vor. Dieses Märchen wollen wir uns bitte ar nicht erst auftischen lassen. Die Richtlinie gibt den Mitgliedstaaten großen estaltungsspielraum bei der Frage, wo der Folge echtsanspruch beginnt: bei 50 Euro, wie bisher bei uns, ei 300, 500 oder 1 000 Euro. Er muss nur bei maximal 000 Euro festgesetzt werden. Wir sind also frei in der ntscheidung, ob wir unseren bildenden Künstlern und ünstlerinnen eine angemessene Vergütung am Weitererkauf ihrer Werke garantieren oder nicht, ob wir sie alt enteignen oder nicht. Die Linksfraktion lehnt den esetzentwurf daher entschieden ab. Gestatten Sie mir zum Schluss ein Plädoyer: Wer unst und Kultur fördern und schützen will – das wollen ir angeblich alle –, der kann diesen Gesetzentwurf in ieser Form nicht passieren lassen. Danke. Kollege Jerzy Montag hat seine Rede zu Protokoll egeben.1)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1603230500


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Das ist schade!)


Deswegen erteile ich jetzt das Wort dem Kollegen
irk Manzewski, SPD-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Dirk Manzewski (SPD):
Rede ID: ID1603230600

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Fol-

erecht gibt dem Urheber eines Werkes der bildenden
ünste einen Anspruch auf wirtschaftliche Beteiligung

m Erlös aus der Weiterveräußerung seines Werkes, so-
eit Kunsthändler oder Versteigerer daran beteiligt wa-

en. In Deutschland – das ist hier schon gesagt worden –
ibt es diesen grundsätzlichen Anspruch schon seit lan-
em. Seit 1973 liegt er bei etwa 5 Prozent des Veräuße-
ungserlöses.

Innerhalb der EU sah dies bis vor kurzem jedoch noch
öllig anders aus. In einigen Ländern gab es kein so ge-
anntes Folgerecht, in anderen gab es unterschiedliche
egelungen. Dies führte – das hat Kollege Krings richtig
esagt – zu erheblichen Wettbewerbsverzerrungen
nd Handelsverlagerungen. Deshalb fand etwa 80 Pro-
ent, Herr Kollege Krings, des gesamten Kunsthandels
nnerhalb Europas in der Vergangenheit in London statt.
ort gab es – Sie alle können sich das denken – kein
olgerecht. Deswegen, Frau Kollegin Jochimsen, lief die
-Prozent-Regelung, an der Sie sich gerade so schön ori-

Anlage 4






(A) )



(B) )


Dirk Manzewski
entiert haben, bei uns relativ leer. Denn aufgrund dieser
Regelung fand hier quasi kein Kunsthandel statt. Das
heißt, die Künstler hatten von der 5-Prozent-Regel rela-
tiv wenig.

Das wird sich nun hoffentlich ändern. Grund für die
heutige Debatte und die Änderungen am bestehenden
Gesetz ist die EU-Richtlinie, die das Folgerecht inner-
halb der EU harmonisieren wird. Zukünftig wird der Ur-
heber der bildenden Künste überall in der EU vom Wei-
terverkauf seiner Bilder profitieren, auch wenn – das
wurde schon gesagt – den Ländern bei einzelnen Punk-
ten Handlungsspielräume eingeräumt wurden.

Auch wir hatten unsere bestehenden Gesetze zu bear-
beiten und der Richtlinie anzupassen. Neu dabei ist, dass
die Vergütungsbeteiligung nun nicht mehr pauschal,
sondern in einer degressiven Staffelung in fünf Schritten
erfolgt. Dies ist durch die Richtlinie zwingend vorgege-
ben. Die Staffelung beginnt bei uns mit 4 Prozent bei
Verkaufserlösen bis 50 000 Euro und endet bei 0,25 Pro-
zent bei Verkaufserlösen von mehr als 500 000 Euro. Bei
einem Verkaufserlös von unter 1 000 Euro greift das Fol-
gerecht nicht. Diese Bagatellgrenze – auch das wurde
schon gesagt – ist geschaffen worden, weil in diesem Be-
reich zwischen dem Nutzen des Urhebers und dem Ver-
waltungsaufwand kein vernünftiges Verhältnis mehr be-
stand. Ich teile Ihre Auffassung nicht, Frau Leutheusser-
Schnarrenberger, dass man diese Grenze hätte höher set-
zen können. Denn ich meine – das muss man deutlich sa-
gen –, dann hätten die Urheber deutlich weniger davon
profitiert. Jedenfalls habe ich Sie so verstanden.

Wir haben es allerdings auch abgelehnt, einen höhe-
ren Mindestbetrag festzulegen – das hätte die Richtlinie
erlaubt –, weil dies nach unserer Auffassung den An-
wendungsbereich des Folgerechts zu weit eingeschränkt
hätte. Neu ist auch, dass der zu erzielende Gesamtbetrag
der Folgerechtsvergütung aus einer Weiterveräußerung
allenfalls 12 500 Euro betragen darf. Auch hier mussten
wir – das muss man deutlich sagen – der EU-Richtlinie
folgen.

Es ist sicherlich richtig, dass der Urheber nach der al-
ten 5-Prozent-Regelung vermeintlich besser dastand.
Aber abgesehen davon, dass wir aufgrund der EU-Richt-
linie kaum Spielraum hatten, erscheint dies eben nur auf
den ersten Blick so. Es sei noch einmal darauf hingewie-
sen – das ist sehr wichtig –, dass die Urheber kaum et-
was von dieser Regelung hatten, da der Anspruch, wie
gesagt, bislang relativ leer lief. Das ist nun anders und
kompensiert dies meiner Auffassung nach bei weitem,
zum einen, weil die Urheber nun in der gesamten EU ei-
nen Folgerechtsanspruch erhalten, und zum anderen,
weil davon auszugehen ist, dass der Kunsthandel nun
auch wieder mehr in Deutschland stattfinden wird.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wie Sie meiner
Rede entnehmen können, halte ich den hier debattierten
Entwurf für gelungen, auch wenn ich durchaus bereit
bin, mich noch über die eine oder andere Einzelheit zu
unterhalten.

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Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1603230700
Im Gesetzentwurf ist festlegt, dass das Folge-
recht nur gelten soll, wenn bei der Weiterveräußerung

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(C (D unsthändler oder Versteigerer beteiligt sind. Ich weiß icht, ob dies tatsächlich der EU-Richtlinie entspricht. iese differenziert nämlich zum Beispiel in der Begriff ichkeit ausdrücklich zwischen Kunsthändlern und unstgalerien. Vielleicht sollten wir, wie es auch in der U-Richtlinie getan wird, lieber allgemein von „Vertre ern des Kunstmarktes“ sprechen, um Folgerechtsanprüche tatsächlich umfassend zu gewährleisten. Anonsten, finde ich, ist der Gesetzentwurf gelungen. Ich danke Ihnen. Ich schließe die Aussprache. Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzenturfs auf Drucksache 16/1107 an die in der Tagesordung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Inzwichen liegt auch die Gegenäußerung der undesregierung auf Drucksache 16/1173 vor, die an ieselben Ausschüsse überwiesen werden soll. Gibt es azu anderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall. ann ist die Überweisung so beschlossen. Ich rufe Tagesordnungspunkt 17 sowie Zusatzpunkt 6 uf: 17 Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses (3. Ausschuss)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1603230800
Dr. Norman Paech, Wolfgang Gehrcke, Monika
Knoche, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der LINKEN

Weiter verhandeln – kein Militäreinsatz gegen
den Iran

– Drucksachen 16/452, 16/962 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Karl-Theodor Freiherr zu
Guttenberg
Dr. Rolf Mützenich
Dr. Werner Hoyer
Dr. Norman Paech
Marieluise Beck (Bremen)


P 6 Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

(3. Ausschuss)

Trittin, Winfried Nachtwei, Thilo Hoppe, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion des BÜND-
NISSES 90/DIE GRÜNEN

Für ein friedliches Vorgehen im Konflikt über
das iranische Atomprogramm – Demokrati-
sche Entwicklung unterstützen

– Drucksachen 16/651, 16/1157 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Joachim Hörster
Dr. Rolf Mützenich
Dr. Werner Hoyer
Wolfgang Gehrcke
Jürgen Trittin






(A) )



(B) )


Vizepräsident Wolfgang Thierse
Die Kollegen Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg,
Rolf Mützenich, Harald Leibrecht, Norman Paech und
Jürgen Trittin haben ihre Reden zu Protokoll gegeben.1)

Wir kommen damit zur Beschlussempfehlung des
Auswärtigen Ausschusses auf Drucksache 16/962 zu
dem Antrag der Fraktion Die Linke mit dem Titel „Wei-
ter verhandeln – kein Militäreinsatz gegen den Iran“.
Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf Druck-
sache 16/452 abzulehnen. Wer stimmt für diese Be-
schlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer ent-
hält sich? – Mir ist nicht klar, was die FDP-Fraktion zu
tun gedenkt.


(Zurufe von der FDP – Heiterkeit)


Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen von
CDU/CSU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen gegen die
Stimmen der Fraktion Die Linke bei Ratlosigkeit der
FDP-Fraktion angenommen.


(Heiterkeit und Beifall)


Zusatzpunkt 6. Beschlussempfehlung des Auswärti-
gen Ausschusses auf Drucksache 16/1157 zu dem An-
trag der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen mit
dem Titel „Für ein friedliches Vorgehen im Konflikt über
das iranische Atomprogramm – Demokratische Ent-
wicklung unterstützen“. Der Ausschuss empfiehlt, den
Antrag auf Drucksache 16/651 abzulehnen. Wer stimmt
für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? –
Wer enthält sich? – Die Beschlussempfehlung ist mit den
Stimmen von CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen
von Bündnis 90/Die Grünen und bei einigen Gegenstim-
men der Fraktion Die Linke, bei Stimmenthaltung der
FDP und einigen Enthaltungen der Fraktion Die Linke
angenommen.

Nun kommen wir zu Tagesordnungspunkt 18:

Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einfüh-
rung der Europäischen Genossenschaft und
zur Änderung des Genossenschaftsrechts

– Drucksache 16/1025 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

Folgende Kolleginnen und Kollegen haben ihre Re-
den zu Protokoll gegeben: Georg Fahrenschon, Klaus
Uwe Benneter, Mechthild Dyckmans, Ulla Lötzer und
Margareta Wolf (Frankfurt) sowie der Parlamentarische
Staatssekretär Alfred Hartenbach.2)

Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent-
wurfs auf Drucksache 16/1025 an die in der Tagesord-
nung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es

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1) Anlage 5
2) Anlage 6

(C (D azu anderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall. ann ist die Überweisung so beschlossen. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 19 a und 19 b soie Zusatzpunkt 7 auf: 19 a)

Höhn, Ulrike Höfken, Cornelia Behm, Undine
Kurth (Quedlinburg) und der Fraktion des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

Verbot der Käfighaltung für Legehennen
ab 2007 beibehalten

– Drucksache 16/839 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Gesundheit

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Eva
Bulling-Schröter, Dr. Kirsten Tackmann,
Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der LINKEN

Arbeitsplätze durch artgerechte Legehennen-
haltung in Deutschland sichern – Verbot der
Käfighaltung ab 2007 durchsetzen

– Drucksache 16/1128 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Gesundheit

P 7 Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Ernährung, Landwirt-
schaft und Verbraucherschutz (10. Ausschuss) zu
dem Antrag der Abgeordneten Hans-Michael
Goldmann, Dr. Christel Happach-Kasan,
Dr. Edmund Peter Geisen, weiterer Abgeordne-
ter und der Fraktion der FDP

Keine Wettbewerbsverzerrungen für Land-
wirte durch die Umsetzung der EU-Richtlinie
zur Haltung von Nutztieren in nationales
Recht

– Drucksachen 16/590, 16/1142 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Peter Jahr
Dr. Wilhelm Priesmeier
Hans-Michael Goldmann
Dr. Kirsten Tackmann
Bärbel Höhn

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
einen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile Kollegin
ärbel Höhn, Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen,
as Wort.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603230900

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kollegin-

nen und Kollegen! Wir beraten heute über ein Thema,
das die Gemüter in dieser Republik über Jahre stark er-
hitzt hat. Wir beraten heute darüber, weil morgen eine
wichtige Entscheidung im Bundesrat ansteht. Dort wird
darüber entschieden, wie die Legehennen in Zukunft ge-
halten werden, ob sie weiter in viel zu kleinen Käfigen
gehalten werden dürfen oder ob diese Art von Batterie-
käfighaltung in Deutschland endlich ein Ende hat; des-
halb der Antrag.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es wird Zeit!)


Die Diskussion darüber hat auch damit zu tun, dass es
ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1999
gibt, in dem sehr deutlich und klar gesagt worden ist,
dass die Batteriekäfighaltung in Deutschland dem Tier-
schutzgesetz widerspricht. Es geht darum, genau dieses
Urteil umzusetzen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Dass ich heute hier stehe, hat auch etwas damit zu
tun, dass die Klägerin, die damals dieses Urteil erwirkt
hat, den Namen Bärbel Höhn trägt. Ich habe damals im
Namen der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen
genau dieses Urteil erwirkt. Ich muss sagen, ich finde es
gut, dass die Verfassungsrichter damals dieses Urteil ge-
fällt haben. Es war notwendig, dass in einem Land wie
Deutschland mehr für den Tierschutz getan wird, gerade
auch für die Legehennen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Dieses Gerichtsurteil ist sehr detailliert. Es besagt ein-
deutig, dass die Hennen verhaltensgerecht untergebracht
werden müssen: Sie müssen scharren können, sie müs-
sen picken können, sie müssen eine Stange haben, auf
der sie sitzen können, sie müssen ein Nest zur Eiablage
haben und sie müssen flattern und sich aufbäumen kön-
nen.

Genau das wird mit dem Vorschlag, der morgen im
Bundesrat zur Abstimmung steht, nicht erreicht. Früher,
bei der Batteriekäfighaltung, stand einer Henne eine Flä-
che zu, die kleiner war als ein DIN-A4-Blatt. Nach dem,
was Sie erreichen wollen und was morgen zur Abstim-
mung steht, soll eine Henne nun eine Fläche bekommen,
die etwas größer ist als ein DIN-A4-Blatt. Von etwas we-
niger als einem DIN-A4-Blatt zu etwas mehr als einem
DIN-A4-Blatt, das ist zu wenig, meine Damen und Her-
ren; das ist nicht artgerecht.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1603231000

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Priesmeier von der SPD?


Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603231100

Bitte schön, Herr Priesmeier.


Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD):
Rede ID: ID1603231200

Frau Kollegin Höhn, ich zitiere aus dem Urteil:

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(C (D Ob daneben auch weitere artgemäße Bedürfnisse wie insbesondere das Scharren und Picken, die ungestörte und geschützte Eiablage, die Eigenkörperpflege, zu der auch das Sandbaden gehört, oder das erhöhte Sitzen auf Stangen durch die in § 2 Abs. 1 und 2 HHVO getroffenen Regelungen über die Käfighaltung unangemessen zurückgedrängt werden, kann offen bleiben. as heißt, das Urteil sagt darüber sinnigerweise nichts us. Es ist in dem Zusammenhang zwar wünschenswert, ass all diese Dinge umgesetzt werden, aber eine konrete Aussage wird dort nicht getroffen. Stimmen Sie ir da zu? Herr Priesmeier, Sie haben eben sehr schön dargelegt, as alles möglich sein muss, nämlich das Scharren, das icken usw. Aber auch die Größe der Käfige muss artgeecht sein. (Zuruf von der CDU/CSU: Bei uns können die Hühner scharren und picken!)

Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603231300

as, was Sie morgen auch mit den Stimmen der SPD im
undesrat beschließen wollen, ist nicht tierschutzge-

echt, Herr Priesmeier; das ist eindeutig.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


s geht zum einen um die Fläche, aber es geht zum an-
eren auch um das Flattern. Wie soll denn eine Henne
lattern können, wenn sie in einem Käfig ist, der 45 bis
0 Zentimeter hoch ist, wie sich das Ihre SPD-Kollegen
us Mecklenburg-Vorpommern und Herr Backhaus vor-
tellen? Da bringt es auch nichts, vielleicht noch
0 Zentimeter dazuzugeben, wie es Herr Seehofer will.
ei einer Höhe von 45, 50 oder 60 Zentimetern kann
an nicht von einer Kleinvoliere sprechen.

Woher kommt denn der Begriff Voliere? Das kommt
us dem Französischen und bedeutet „fliegen“. Wie will
an denn bei 60 Zentimetern Platz fliegen, Herr
riesmeier? Können Sie mir diese Frage einmal beant-
orten? Das können Sie eben nicht. Trotzdem wollen
ie morgen zustimmen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Priesmeier, ich bin hier wirklich sehr involviert.
ie wissen, dass morgen darüber abgestimmt wird, ob die
rist für die Batteriekäfighaltung, die Sie wahrscheinlich
enauso verurteilen wie ich – ich hoffe, dass Sie das tun –,
nde dieses Jahres ausläuft oder ob sie um zwei Jahre
erlängert wird. Herr Priesmeier, was sagen Sie dazu?
as ist das Gegenteil von artgerecht und das Gegenteil
essen, was wir hier eigentlich beschließen sollten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Eva Bulling-Schröter [DIE LINKE])


Ich sage das auch deshalb, weil es in Niedersachsen,
iesem schönen Bundesland, in dem ich lange gewohnt
abe, mit dem Einsatz von Nikotin bei der Massentier-
altung gerade wieder einen echten Skandal gibt. Wenn






(A) )



(B) )


Bärbel Höhn
es so ist, dass es Anfang dieses Jahres eine anonyme An-
zeige gegeben hat, in der darauf hingedeutet wurde, dass
das Nikotin schon im letzten Jahr eingesetzt worden ist,
und die Behörden das seit Anfang dieses Jahres wussten,
dann frage ich mich, warum sie zweieinhalb Monate mit
den Untersuchungen gewartet haben, bei denen sie dann
immer noch Nikotin gefunden haben.


(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms)


Wenn man davon ausgeht, dass es dort über 1 Million
Hennen gibt und jede dieser Hennen ein Ei pro Tag legt,
dann wurden in zweieinhalb Monaten 100 Millionen bis
150 Millionen nikotinbelastete Eier gelegt, die, wenn
wir Pech haben, auch in den Handel gekommen sind.
Diese Art von Käfighaltung wollen Sie aufrechterhalten,
Herr Priesmeier? Das kann doch wohl nicht Sinn der Sa-
che sein. Wir sind dagegen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss.
Dieses Thema ist wichtig, aber es gibt noch ein anderes
Thema. Wir reden bei diesem Thema ja auch über das
Essen. Deshalb habe ich Ihnen etwas mitgebracht. Eier
haben ja auch etwas mit Ostern zu tun.


(Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Bekomme ich die?)


– Sie bekommen auch welche. Seit der Ausschusssit-
zung sind Sie ja mein spezieller Freund. – Stellvertre-
tend für Sie alle – für die Fraktionen habe ich auch noch
einige Eierpäckchen – überreiche ich dem Bundestagsvi-
zepräsidenten einen Karton Eier, damit er weiß, wie Eier
von glücklichen Hühnern schmecken.

Vielen Dank fürs Zuhören.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Und wir?)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1603231400

Ich hoffe, das wird meinen Cholesterinspiegel nicht

erhöhen.

Als nächster Redner hat der Kollege Franz-Josef
Holzenkamp von der CDU/CSU-Fraktion das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Franz-Josef Holzenkamp (CDU):
Rede ID: ID1603231500

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten

Damen und Herren! Der Präsident des Deutschen Tier-
schutzbundes hat in einem Vortrag im Jahre 2004 das
Bestandsgefälle zwischen den großen Legehennenhal-
tern und den kleinen und mittleren Betrieben als drama-
tisch bezeichnet. Allein mit seiner kurzen Bestandsbe-
schreibung betritt er ein ideologisches Minenfeld, auf
dem sich auch die beiden Anträge von Bündnis 90/Die
Grünen und der Linken bewegen.

Im Übrigen: Wir Landwirte, die jeden Tag mit den
Tieren arbeiten, sind nachhaltig an Tierschutz interes-

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(C (D iert. Frau Höhn, Sie sollten mit den Unterstellungen, die ie immer wieder machen, sehr vorsichtig sein. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sind keine Unterstellungen!)


Die Botschaft, die in diesen Aussagen steckt, ist ein-
ach: Ein großer Hennenhaltungsbetrieb mit einem ho-
en Technisierungsgrad ist schlecht, Freiland- und Bo-
enhaltungsbetriebe mit wenig Technik sind gut. Meine
amen und Herren von Grün und von Links, wachen Sie

ndlich aus Ihrer Agrarromantik auf!


(Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Seien Sie vorsichtig! Wir können jetzt mit Eiern schmeißen!)


ir leben nicht auf einer Insel der Glückseligen, wo es
usreicht, ein paar lustig gackernden Hühnern morgens
ie Eier aus dem Nest zu holen.


(Eva Bulling-Schröter [DIE LINKE]: Das wissen wir! – Peter Bleser [CDU/CSU]: So ist es!)


Genug der Ironie; denn Ihre Anträge sind alles andere
ls lustig. Wenn wir Ihre Forderungen umsetzten, wür-
en auf einen Schlag – hören Sie jetzt bitte genau zu –
twa 40 000 Arbeitsplätze verloren gehen.


(Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist geltende Gesetzeslage! Das hat der Bundestag beschlossen!)


s geht um 40 000 betroffene Familien. Frau Höhn, Sie
aben Recht: Sie sind tatsächlich das Schicksal der deut-
chen Hühnerhalter.

Vor welcher Ausgangslage stehen wir? Die Globali-
ierung macht auch vor der Agrarwirtschaft nicht Halt.
ie Wettbewerber unserer Geflügelproduzenten stehen
irekt vor unserer Tür.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


chauen Sie nach Polen oder in die Tschechei! Ich habe
ich erst kürzlich mit Gänsehaltern getroffen. Viele die-

er Betriebe haben fürchterliche Probleme; darüber ha-
en wir heute im Ausschuss gesprochen. Einige stehen
urz vor dem Aus. Der deutsche Verbraucher kauft eben
ieber die polnische Gans. Warum? Sie ist einfach billi-
er.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1603231600

Herr Kollege Holzenkamp, erlauben Sie eine Zwi-

chenfrage der Kollegin Höfken?


Franz-Josef Holzenkamp (CDU):
Rede ID: ID1603231700

Selbstverständlich, Frau Höfken.


Ulrike Höfken-Deipenbrock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603231800

Herr Holzenkamp, Sie haben gerade eine Schmährede

n Bezug auf Frau Höhn und die Grünen gehalten.


(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Er ist doch noch gar nicht fertig!)







(A) )



(B) )


Ulrike Höfken
Ist Ihnen bekannt, dass das, was sich im Antrag der Grü-
nen widerspiegelt, die geltende Gesetzeslage ist, der im
Übrigen die unionsgeführten Länder im Bundesrat zuge-
stimmt haben? Deswegen kann dies mitnichten die Fol-
gen haben, die Sie hier vollmundig beschreiben, etwa
den Wegfall von 40 000 Arbeitsplätzen.

Ist Ihnen auch bekannt, dass sich ein Großteil der Ver-
braucher inzwischen auf Boden- und Freilandeier um-
gestellt hat? Bei der Warenhauskette Real zum Beispiel
konnte der Absatz an Boden- und Freilandeiern von
30 Prozent dauerhaft auf 70 Prozent gesteigert werden.

Ist Ihnen darüber hinaus bekannt, dass ein großer An-
teil der Boden- und Freilandeier, deren Absatz sich in
Deutschland verdoppelt hat, aus den Niederlanden und
Frankreich kommt und Sie mit Ihrer dummen Politik
verhindern, dass sich die deutschen Betriebe auf diese
Marktlücke einstellen und somit ein Hemmnis in der
Entwicklung zu einer tiergerechten Produktion darstel-
len?


Franz-Josef Holzenkamp (CDU):
Rede ID: ID1603231900

Erst einmal vielen Dank, Frau Höfken, für die Frage. –

Erstens, zur rechtlichen Situation. Verfolgen Sie meine
weiteren Ausführungen; denn ich werde darauf einge-
hen. Zweitens, zum Markt. Glauben Sie mir, ich habe je-
den Tag mit dem Markt zu tun. Ich weiß, was Markt ist.


(Beifall bei der CDU/CSU – Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist aber eine schwache Antwort! – Irmingard ScheweGerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ertappt! Ertappt!)


Gegen diese Marktmacht aus Größe und extrem nied-
rigen Produktionskosten können wir nur bestehen, in-
dem wir auch in Deutschland kostengünstig produzieren.
Das hat eine ganze Menge mit der Größe einer Betriebs-
einheit zu tun. Aber wir sind uns in einem Punkt voll-
kommen einig: Die Ökonomie darf natürlich nicht auf
Kosten des Tierschutzes gehen. Die Herausforderung an
die moderne Landwirtschaft liegt gerade darin, mit einer
wettbewerbsfähigen Produktion in einer globalisierten
Konkurrenzsituation zu bestehen, ohne gleichzeitig die
berechtigten Ansprüche des Tierschutzes, des Verbrau-
cherschutzes und des Umweltschutzes zu vernachlässi-
gen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Dieser Herausforderung hat sich die Geflügelwirt-
schaft definitiv gestellt. Basierend auf dem Beschluss
des Bundesverfassungsgerichts hat sie unter Federfüh-
rung der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft in
Celle und der Tierärztlichen Hochschule Hannover über
mehrere Jahre ein wissenschaftlich fundiertes Haltungs-
verfahren, die so genannte Kleinvoliere, entwickelt. An
dieser Stelle möchte ich ein Dankeschön an unseren Ko-
alitionspartner richten, dass die Kleinvoliere jetzt
kommt. Ich sage ganz ehrlich, dass ich mir ein bisschen
mehr gewünscht habe. Ein Wort zu den Grünen: Wenn
Sie weiter vom Käfig reden wollen, dann reden Sie mei-

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(C (D etwegen vom Käfig. Für uns ist das eine moderne, achhaltige und zukunftsträchtige Kleinvoliere. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Lachen beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


arum sage ich das? Die Studien der Tierärztlichen
ochschule Hannover sprechen eine sehr deutliche
prache. Zusammengefasst lautet das Ergebnis, dass die
leinvoliere in Bezug auf Tiergesundheit, das Verhalten
er Tiere, Umweltbelastung, Tierbetreuung, Arbeits-
latzqualität, Produktqualität und Produktionskosten den
brigen Haltungsformen deutlich überlegen ist.


(Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ein Quatsch!)


Denken Sie nur an unser aktuelles Problem: die
ogelgrippe. Dabei wird deutlich, dass im Sinne des
ier- und Verbraucherschutzes die Stallhaltung unver-
ichtbar ist.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD – Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch wirklich Unsinn!)


s gibt sogar Altersheime, die auf Eier aus Bodenhal-
ung verzichten.


(Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Das machen sie, um zu sparen, nicht um den alten Leuten etwas Gutes zu tun!)


Die Ergebnisse der Forschungsinstitute belegen, dass
ie Kleinvoliere nicht nur die Tierschutzkriterien der
U-Richtlinie erfüllt; sie geht sogar weit darüber hinaus.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1603232000

Herr Holzenkamp, erlauben Sie noch eine Zwischen-

rage der Kollegin Höhn?


Franz-Josef Holzenkamp (CDU):
Rede ID: ID1603232100

Ich möchte meine Ausführungen jetzt gerne zu Ende

ringen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Die Tierschutzkriterien, die die Kleinvoliere erfüllt,
ehen weit über die Tierschutzkriterien der EU-Richtli-
ie hinaus.


(Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ja wohl ein Gerücht!)


eutschland nimmt bei der Kleinvolierenhaltung welt-
eit eine Vorreiterrolle im Tierschutz ein. Vor diesem
intergrund erscheinen mir die Anträge der Fraktionen
ie Linke und des Bündnisses 90/Die Grünen obsolet.
as ist auch wissenschaftlich bewiesen.


(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ach! – Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie machen doch nur Lobbypolitik!)







(A) )



(B) )


Franz-Josef Holzenkamp
Erlauben Sie mir, auf einen weiteren Punkt aus dem
Antrag der Linken einzugehen. Sie stellen darin die Be-
hauptung auf, dass tiergerechte Legehennenhaltung von
den Verbrauchern honoriert werde. Ich entkleide Ihre
Worte einmal des ideologischen Mäntelchens und for-
muliere sie anders: Ihrer Meinung nach bevorzugt der
Verbraucher bei seinem Kauf die teureren Eier aus Frei-
land- und Bodenhaltung. Das ist – meinetwegen auch
leider – schlichtweg falsch. Ich zitiere noch einmal
Herrn Apel:

Es gibt nicht den Verbraucher. Aber es fällt auf,
dass sich viele Verbraucher vor dem Supermarkt für
den Tierschutz aussprechen und im Supermarkt
dann eindeutig ins falsche Regal greifen.

Ich denke, Herr Apel hat damit zwar grundsätzlich
Recht, zieht aber genau wie Sie die falschen Schlüsse.
Die Menschen wollen zwar Tierschutz, aber er muss be-
zahlbar bleiben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Für uns heißt das: Wir müssen in unseren Betrieben die
bestmöglichen Tierschutzstandards implementieren und
weiterentwickeln und gleichzeitig allen Verbrauchern
Produkte zu marktfähigen Preisen anbieten.


(Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Deshalb kommen ja auch so viele Eier aus Holland und Frankreich!)


Ich will Betriebsformen und -größen nicht werten. Al-
les hat seine Daseinsberechtigung. Aber die Daseinsbe-
rechtigung wird letztlich am Markt entschieden.


(Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Den machen Sie ja kaputt!)


Sie können doch nicht allen Ernstes glauben, mit dem
planwirtschaftlichen Vorschreiben der Betriebsform Ar-
beitsplätze zu erhalten, geschweige denn, welche schaf-
fen zu können. Doch genau das tun Sie in Ihren Anträ-
gen, meine Damen und Herren von den Grünen und den
Linken, frei nach dem Motto: „Weg mit den Großen, her
mit den Kleinen“.

Liebe Genossinnen und Genossen – wie ich Sie an
dieser Stelle einmal anreden möchte –,


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


das ist wirklich hohe marxsche Ökonomie. Wir alle wis-
sen, dass das in der Vergangenheit schon nicht funktio-
niert hat. So funktioniert Wirtschaft auch nicht.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Sie glauben, in dem Modell der Schweiz, die die Kä-
fighaltung seit 1991 verboten hat, den Heilsbringer ge-
funden zu haben.


(Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war der Bundesrat! 2001!)


Das würde die deutsche Geflügelwirtschaft nicht nur si-
chern, sondern sogar erweitern helfen. Von Frau Höhn
war heute in der „Frankfurter Rundschau“ die gleiche
Aussage zu lesen. Aber nur, weil zwei das Gleiche sa-

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(C (D en, wird es noch lange nicht richtig. Betrachten wir och einmal die Schweizer Realität: Der Marktanteil inändischer Eier kann nur über massive Subventionierung ufrechterhalten werden. Dort, wo die eidgenössischen lanwirtschaftlichen Gängelungen nicht greifen, nämich bei Eiprodukten, sind die Importe in die Schweiz tark angestiegen. Ein anderes Beispiel ist Schweden. Schweden praktiierte bekanntlich für einige Jahre das Verbot der Käfigaltung. In der Bodenund Freilandhaltung nahmen die robleme von Kannibalismus und hoher Tiersterblicheit derart überhand, dass Schweden das Verbot der Käighaltung rückgängig gemacht und den modifizierten äfig wieder eingeführt hat. Wohlgemerkt, die neue chwedische Käfighaltung fällt in Sachen artgerechte altung hinter unsere deutsche Kleinvoliere zurück. Kommen Sie bitte zum Schluss. In wissenschaftlichen Untersuchungen wird davon usgegangen, dass dann, wenn Ihre Anträge Realität erden, der Selbstversorgungsgrad mit Eiern in eutschland von derzeit 70 auf 35 Prozent zurückgehen ird. Herr Kollege Holzenkamp! Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. – Wir expor ieren dann unsere Arbeitsplätze und importieren chlechtere Produkte, die wir selber viel besser herstelen können. Gleichzeitig sinken die Tierschutzstandards. Abschließend möchte ich noch Folgendes wiederhoen. Nein, bitte nichts mehr wiederholen, Herr olzenkamp. Es geht um 40 000 Existenzen und um Wirtschaftsin estitionen. Stürzen Sie die Menschen nicht ins Unlück! Das Wort hat jetzt der Kollege Hans-Michael oldmann von der FDP-Fraktion. Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und ollegen! Wir behandeln zu später Stunde auch den Anrag der FDP „Keine Wettbewerbsverzerrungen für andwirte durch die Umsetzung der EU-Richtlinie zur Hans-Michael Goldmann Haltung von Nutztieren in nationales Recht“. Damit man weiß, worüber wir reden, eine kleine Erklärung: Gemeint ist die Haltung von Tieren jeder Art, wie Schweine, Geflügel und Rinder. Es geht um Tierschutz, Wettbewerb und Arbeitsplätze. Als wir in den Bundestagswahlkampf hineingingen, haben wir, die FDP, und die CDU/CSU das nationale Überziehen von Frau Künast massiv kritisiert. Ich habe Veranstaltungen erlebt, auf denen Frau Künast nicht zu Wort gekommen ist, weil die Landwirte sie so sehr bedrängten und forderten: Das darf nur eins zu eins in nationales Recht umgesetzt werden. Die Oberkämpfer für diese Linie waren die Freunde von der CDU/CSU. Aber was ist von euch geblieben? Morgen werden zwei Verordnungen, mit denen europäisches Recht in nationales umgesetzt wird, beschlossen, die weit über die europäische Vorgabe hinausgehen. – Geschätzte Frau Kollegin Wolff, dass Sie klatschen, kann ich verstehen. Aber ich bin froh darüber, dass ich zumindest Betroffenheit bei den Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU auslöse. Herr Schirmbeck, ob Sie es mir glauben oder nicht, es geht mir an die Nieren, dass vor der Bundestagswahl und in einer Regierungserklärung von Frau Merkel etwas versprochen wird, dass aber dann auf Veranlassung von Herrn Minister Seehofer und Frau Merkel im Bundesrat etwas völlig anderes beschlossen wird. Mir geht es an die Nieren, dass auf unsere landwirtschaftlichen Betriebe bei der Schweinehaltungsverordnung eine zusätzliche Belastung in Höhe von durchschnittlich 65 000 Euro zukommt, und das vor dem Hintergrund der Schweinepest, eines absoluten Stillstands in NordrheinWestfalen. Das geht mir ans Herz. – Herr Holzenkamp, Sie sollten bitte zuhören. Ich wundere mich, dass die Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU lachen; denn Sie werden bestimmt zur Kenntnis genommen haben, dass Sie morgen eine Legehennenverordnung beschließen, die dazu beiträgt, Mecklenburg-Vorpommern von jeder Form der Legehennenhaltung zu befreien. Um das ganz klar zu sagen: Ihre Altanlagenregelung wird dazu führen, dass die Produktion nicht mehr in Mecklenburg-Vorpommern stattfindet, sondern in unmittelbarer Nachbarschaft, in Polen. Das bedeutet Arbeitsplatzverluste in Deutschland. (Beifall bei der FDP – Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Warum stimmen dann auch Länder mit FDP-Beteiligung zu?)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1603232200
Franz-Josef Holzenkamp (CDU):
Rede ID: ID1603232300
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1603232400
Franz-Josef Holzenkamp (CDU):
Rede ID: ID1603232500
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1603232600
Franz-Josef Holzenkamp (CDU):
Rede ID: ID1603232700

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1603232800

(Beifall bei der FDP)

Hans-Michael Goldmann (FDP):
Rede ID: ID1603232900




(A) )


(B) )


(Beifall bei der SPD)


Ihre antragsgebundene Verlängerung steht in krassem
Widerspruch zu Ihren Aussagen zum Bürokratieabbau.
Sie werden ein Bürokratiemonster erschaffen, das sei-
nesgleichen sucht.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1603233000

Herr Kollege Goldmann, erlauben Sie eine Zwischen-

frage der Kollegin Klöckner?


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(C (D Ja, gerne. (Zuruf von der CDU/CSU: Julia, mach ihn nieder!)

Hans-Michael Goldmann (FDP):
Rede ID: ID1603233100

Sie brauchen sie nicht aufzufordern, mich niederzuma-
hen. Ich glaube, Sie haben das Thema des heutigen
bends nicht ganz verstanden.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1603233200

Bitte schön, Frau Klöckner.


Julia Klöckner (CDU):
Rede ID: ID1603233300

Lieber Herr Kollege Goldmann, stimmen Sie mir zu,

ass morgen im Bundesrat auch FDP-mitregierte Bun-
esländer diesem Antrag zustimmen und auch Sie betei-
igt sind?


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie bei der SPD)



Hans-Michael Goldmann (FDP):
Rede ID: ID1603233400

Geschätzte Frau Kollegin, wie Sie wissen, haben wir

n keinem der Länder, in denen wir mitregieren, die Re-
ierungsverantwortung.


(Lachen bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Was macht ihr denn da?)


Warum lachen Sie so? Wissen Sie nicht, dass der Mi-
isterpräsident, der hier eine entscheidende Rolle spielt,
er niedersächsische Ministerpräsident Wulff ist?


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und warum sind Sie in der Regierung, wenn Sie nichts zu sagen haben?)


issen Sie nicht, dass der Ministerpräsident aus Baden-
ürttemberg hier eine ganz entscheidende Rolle spielt?


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Und da habt ihr gar nichts zu melden?)


issen Sie nicht – das zum Thema Mitregieren –, dass
ir uns heute Abend mit dem niedersächsischen Wirt-

chaftsminister treffen, um zu retten, was in dieser Frage
u retten ist? Wissen Sie nicht, dass wir aus Südolden-
urg, aus dem Emsland, aus der Region, aus der Herr
olzenkamp kommt, in Massen von Mails aufgefordert
erden, das zu verhindern, was Sie morgen im Bundes-

at beschließen?


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Sie auch! – Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie auch!)


Warten wir das erst einmal ab! – Wissen Sie nicht, dass
n der letzten Woche im Agrarausschuss eine Regelung
etroffen wurde, die wir mitgetragen haben? Wissen Sie
icht, dass Herr Minister Seehofer diese Regelung um
wei Jahre vorgezogen hat und dass dies dazu führen
ird,


(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Darf ich mich setzen?)







(A) )



(B) )


Hans-Michael Goldmann
dass wir Arbeitsmarktprobleme bekommen werden und
der Tierschutz ins Ausland verlagert wird?


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1603233500

Herr Kollege Goldmann, haben Sie die Frage der Frau

Klöckner beantwortet?


Hans-Michael Goldmann (FDP):
Rede ID: ID1603233600

Ich habe die Frage der Frau Klöckner relativ einfach

beantwortet.


(Lachen bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Julia Klöckner [CDU/CSU] nimmt Platz)


Es war doch nicht so schwer zu verstehen, dass wir Re-
gierungsbeteiligungen haben, Frau Kollegin Klöckner,
und dass Sie – –


(Abg. Julia Klöckner [CDU/CSU] erhebt sich wieder)


– Frau Klöckner, Sie brauchen sich jetzt nicht so zu be-
nehmen.


(Zurufe von der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh! – Abg. Julia Klöckner [CDU/CSU] nimmt wieder Platz und meldet sich zu einer weiteren Zwischenfrage)


Sie sind ja sonst sehr angriffsfreudig.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1603233700

Herr Kollege Goldmann, erlauben Sie eine weitere

Zwischenfrage der Kollegin Klöckner?


Hans-Michael Goldmann (FDP):
Rede ID: ID1603233800

Ja, gerne. Aber ich will erst einmal die erste Frage be-

antworten.


(Lachen bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Würden Sie, geschätzte Frau Kollegin Klöckner, in
einer solchen Situation, zum Beispiel beim Weinabkom-
men, die Koalitionskarte ziehen? Haben nicht auch Sie
beim Weinabkommen, das Rheinland-Pfalz nicht unbe-
dingt nach vorne bringt – als ehemalige Weinkönigin
werden Sie das wissen –, dafür plädiert, dass wir eine
europäische Regelung bekommen, die der Interessenlage
Ihres Landes und dem internationalen Wettbewerb Rech-
nung trägt?


(Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Also keine Eins-zu-eins-Umsetzung?)


Sie sollten hier nicht die Verantwortung abschieben. Sie
haben „eins zu eins“ versprochen und Sie machen mor-
gen ganz eindeutig nicht „eins zu eins“. Das ist Wahlbe-
trug und das wissen Sie ganz genau.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1603233900

Frau Klöckner, bitte schön. Aber ich bitte jetzt um

eine kurze Frage und auch um eine kurze Antwort.

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(C (D Da können Sie sicher sein. (Lachen bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Hans-Michael Goldmann (FDP):
Rede ID: ID1603234000


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1603234100

Bitte.


Julia Klöckner (CDU):
Rede ID: ID1603234200

Ich muss sagen, ich bin etwas irritiert. Zuerst haben

ie, Herr Kollege Goldmann, gesagt, Sie hätten die
rage einfach beantwortet, und dann wollten Sie sie be-
ntworten, weil sie noch nicht beantwortet war. Das irri-
iert etwas.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Ihr Problem!)


Eine kurze Nachfrage: Gehe ich recht in der An-
ahme, dass Ihre Aussage dahin geht, dass in einer Ko-
lition von zwei Partnern der Juniorpartner nicht in Re-
ierungsverantwortung steht, sondern nur der große
artner?


Hans-Michael Goldmann (FDP):
Rede ID: ID1603234300

Wir gehen davon aus, dass wir in Regierungsmitver-

ntwortung stehen. Das reicht uns.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zurufe von der CDU/CSU: Ah! – Mechthild Rawert [SPD]: Sonst wäre es doch Wahlbetrug!)


ber, liebe Frau Klöckner, wir sind hier, wie Sie wissen,
icht im Bundesrat, sondern im Bundestag. Es ist schon
ehr interessant, wie Sie nachher abstimmen werden.

ir haben einen Antrag eingebracht. – Frau Klöckner,
ören Sie doch wenigstens zu! Sonst haben Sie es wieder
icht verstanden.


(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Ich habe es verstanden, Sie nicht!)


enn Sie unseren Antrag gelesen haben – ich nehme an,
ie haben ihn gelesen; er ist ja nicht sehr lang –, werden
ie festgestellt haben, dass darin steht: europäische Vor-
abe eins zu eins in nationales Recht umsetzen. Sie ha-
en bei mindestens fünfzig Wahlveranstaltungen vor der
undestagswahl gesagt,


(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Das war nicht die Frage!)


ass Sie für eine Eins-zu-eins-Umsetzung sind.


(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Das war eine kurze Antwort!)


eswegen sage ich hier ganz klar: Sie haben in dieser
rage Wahlbetrug begangen und sonst überhaupt nichts.


(Beifall bei der FDP – Widerspruch bei der CDU/CSU und der SPD)


Es gibt in dieser Regelung, die möglicherweise mor-
en im Bundesrat zum Tragen kommt, einen Punkt, den
ie, liebe Frau Höhn, nicht so kritisch sehen sollten, wie
ie es getan haben. Dabei geht es um die Kleinvoliere.






(A) )



(B) )


Hans-Michael Goldmann
Wir sind mit Ihnen völlig einer Meinung: Der alte Käfig
muss verschwinden; das ist überhaupt keine Frage.


(Beifall bei der FDP – Zuruf der Abg. Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


– Frau Höhn, das haben wir immer gesagt.


(Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und warum sind Sie dann für eine Verlängerung?)


– Wenn Sie eine Zwischenfrage stellen möchten, dann
sollten Sie sich dazu melden. Ansonsten müssen Sie sich
noch eine Minute das anhören, was ich sagen möchte.

Ich habe schon Ihrer Kollegin, Frau Künast, gesagt:
Käfig ist nicht gleich Käfig. Mit einer solchen Aussage
blamieren Sie sich im Grunde genommen. Sie wissen
ganz genau, dass es auf die Ausgestaltung der Haltung
ankommt. Das Bundesverfassungsgericht hat nicht ge-
sagt, dass Käfige verboten sind. Das Bundesverfassungs-
gericht hat gesagt: Man muss eine tierartgerechte Hal-
tungsform finden. – Sie haben das Aufständern, das
Scharrvermögen und die Eiablage angesprochen. Wenn
die Käfigform den Kriterien der tierartgerechten Haltung
entspricht, dann ist artgerechte Haltung möglich. Was
die Kleinvoliere angeht, machen wir uns auf den Weg zu
mehr artgerechter Haltung.


(Beifall bei der FDP)


Sie wissen ganz genau, dass die Werte 60 Zentimeter
Höhe – was die Kleinvoliere angeht, wird morgen mög-
licherweise ein entsprechender Beschluss gefasst – und
800 Quadratzentimeter Bodenfläche fachwissenschaft-
lich als artgerecht gelten. Deswegen sollten Sie hier mei-
ner Meinung nach keinen Nebenkriegsschauplatz eröff-
nen. Vielmehr sollten Sie schlicht und ergreifend sagen:
Das, was morgen beschlossen wird, ist zwar mit Sicher-
heit keine Eins-zu-eins-Umsetzung, aber es ist weiß Gott
eine Weiterentwicklung der bisherigen Käfigbedingun-
gen. Dies bedeutet einen verbesserten Tierschutz.


(Beifall bei der FDP – Peter Bleser [CDU/ CSU]: Was haben wir denn gesagt?)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1603234400

Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Wilhelm

Priesmeier von der SPD-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)



Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD):
Rede ID: ID1603234500

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen

und Kollegen! Man kann die Problematik der Hennen-
haltung unter den verschiedensten Aspekten diskutieren.
Ein wichtiger Aspekt sind natürlich ethische Vorgaben
für die Nutztierhaltung. Der Tierschutz ist dabei ein ho-
hes Gut. Es kommt aber auch darauf an, die unterschied-
lichen Interessen gegeneinander abzuwägen. Unseren
Nutztieren nutzt letztendlich nur der hohe Tierschutz-
standard, den wir in Deutschland haben. Uns nützt der
Tierschutz in anderen europäischen Ländern, wo er un-

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(C (D er Umständen nicht oder nicht in diesem Maße betrieen wird, überhaupt nichts. r nützt auch dem Konsumenten nichts. Wir haben hier lange Zeit darüber diskutiert. Eine einer ersten Reden in diesem Hohen Hause hatte die ennenhaltung zum Thema. Das zeigt, wie lange wir ns damit schon beschäftigen. Mittlerweile haben einige istorische Ereignisse stattgefunden, zum Beispiel der snabrücker Hühnerfrieden, (Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Jawohl! Historisch!)


(Beifall des Abg. Dr. Gerhard Botz [SPD])


er nicht gehalten hat. Der Bundesrat hat am
9. Dezember 2004 einen Beschluss gefasst, der genau
as beinhaltet, was morgen im Bundesrat mit einiger
ahrscheinlichkeit wiederum beschlossen werden wird.
en damaligen Gesetzentwurf hat Ministerin Künast
icht unterschrieben. Man kann sich darüber streiten, ob
ir zwei Jahre verloren haben. Ich glaube, ja. Man hätte
iesen Schritt schon vor zwei Jahren vollziehen können.

Wenn man einen Vergleich zieht zwischen dem aus-
estalteten Käfig, der Voliere, der Hühner-WG – wie
uch immer man das nennen mag; ich will das jetzt nicht
erniedlichen –, und dem, was 1999/2000 in diesem Be-
eich Standard war, der erkennt sehr wohl, dass erhebli-
he Fortschritte gemacht worden sind. Jedes der zurzeit
xistierenden Hennenhaltungssysteme ist durch Inten-
ität gekennzeichnet und mit Vor- und Nachteilen verse-
en. Jedes solche System bringt spezifische Probleme
it sich. Ein System hat zwar den Nachteil, dass die
ühner einen eingeschränkten Bewegungsraum haben
nd auf Gitterdraht gehalten werden, dafür aber den Vor-
eil, dass bestimmte Standards im Bereich Hygiene
Stichwort „Keimfreiheit“ und „Schutz vor bestimmten
rankheiten“ – eingehalten werden können. Ein anderes
ystem, das der Boden- und Freilandhaltung, ist dem
roblem der Koprophagie ausgesetzt: Hühner neigen
azu, ihre Ausscheidungen zu fressen, und dadurch gibt
s ganz bestimmte Erkrankungen und Krankheitssymp-
ome.

Wir haben zur wissenschaftlich exakten Beurteilung
olcher Systeme keine Kriterien, mit denen man das
ohlbefinden und das Wohlverhalten von Hühnern im
äfig messen kann.

Also müssen wir uns an Kriterien orientieren, die ob-
ektivierbar sind. Das sind zum einen die Mortalität und
um anderen der Gesundheitszustand. Insofern gibt es
ei der bisherigen Freiland- oder auch Bodenhaltung
orteile, aber auch noch erhebliche Probleme. Das gilt
s gegeneinander abzuwägen. Es gilt auch, eine vernünf-
ige Entscheidung dazu zu treffen, wohin man sich in
ukunft bewegen möchte.

Wir wollen demnächst – im Augenblick sind von etwa
8 Millionen Hühnern noch 30 Millionen in Systemen
it eingeschränkter Bewegungsmöglichkeit – zumindest

0 Prozent in die Boden- und oder Freilandhaltung
ekommen – mit all den Schwierigkeiten, die in dem Zu-
ammenhang noch zu bewältigen sind; denn an sich müssen






(A) )



(B) )


Dr. Wilhelm Priesmeier
alle drei Systeme weiterentwickelt werden. Sie bedürfen
bei ihrer Entwicklung einer erheblichen wissenschaftli-
chen und auch wirtschaftlichen Unterstützung.

Es kommt auch darauf an – das habe ich letzte Woche
von der großen Tierschutzkonferenz der Kommission in
Brüssel mitgenommen –, dass wir in Europa an vorders-
ter Stelle stehen, dass wir diese Standards, die erheblich
über dem liegen, was im Jahr 2012 auf der EU-Ebene
verpflichtend sein wird, weiter ausbauen und im Rah-
men des Aktionsplans Tierschutz versuchen – das rege
ich gegenüber der Bundesregierung an –, diese Stan-
dards auf der europäischen Ebene zu etablieren, damit es
dort nicht zu Wettbewerbsverzerrungen kommt.

Fakt ist, dass wir die Nachfrage von Verbrauchern
– dabei geht es um die Schaleneier, die im Laden ver-
kauft werden – aus Freiland- oder Bodenhaltung befrie-
digen können. Dass wir aus den anderen EU-Ländern
oder aus dem sonstigen Ausland Eier aus Boden- oder
Freilandhaltung importieren, liegt häufig daran, dass un-
sere Preise von Anbietern aus diesen Ländern unterboten
werden. Es gibt natürlich die Möglichkeit, Eier zu im-
portieren; das ist ja ein ganz normaler Markt.

Es geht auch um den Bereich der Verarbeitung von
Schaleneiern zu Eiprodukten. Diesen Bereich gibt es in
der Schweiz nicht mehr. In der Schweiz liegen ganz be-
sondere Konstellationen vor. Deshalb kann man die
Schweiz in der Geflügelhaltung nicht zum Modell für
Deutschland machen, auch nicht zum Modell für die
Niederlande oder für Belgien.

Mit dem, was wir morgen hoffentlich als Beschluss
des Bundesrates bekommen werden, werden wir zu-
nächst einmal ein System etablieren, was nicht statisch
ist, was also nicht dauerhaft festgeschrieben wird, son-
dern mit dem wir das umsetzen, was wir im Koalitions-
vertrag vereinbart haben und was uns Sozialdemokraten
natürlich sehr am Herzen liegt, nämlich den Tierschutz-
TÜV, also eine Prüfung von industriell hergestellten
Haltungssystemen nach entsprechenden Kriterien unter
Beteiligung von Tierschützern, Ethologen, Beteiligten
aus der Produktion und Herstellern. Es wird eine Syste-
matik etabliert, wie sie die Schweiz schon hat und wie
sie demnächst auch Österreich haben wird; in Österreich
gibt es nämlich ein neues Tierschutzgesetz, in dem das
ebenfalls geregelt wird. Da befinden wir uns, glaube ich,
auf einem ganz guten Weg.

Es geht darum, die Entwicklung von Haltungssyste-
men nicht aus einer emotionalen Ebene heraus zu be-
trachten, sondern zu versuchen, das anhand von wissen-
schaftlichen Kriterien fassbar zu machen. Es nützt uns
wenig, wenn wir in dieser Gesellschaft im Einzelfall aus
der Kuscheltierperspektive darüber diskutieren, was
denn – vermeintlich – die Bedürfnisse von Tieren sind.
Die Hühner, die heute gehalten werden, sind nicht mehr
mit dem Bankivahuhn zu vergleichen, das vor
1 000 oder 2 000 Jahren irgendwo in Indien mal am
Waldrand gesessen hat. Heute haben wir hoch gezüch-
tete Rassen, die unter bestimmten Bedingungen an
bestimmte Verhältnisse adaptiert sind, die aber selbstver-
ständlich einen großen Teil ihrer normalen Verhaltens-
weisen behalten. Darauf muss man Rücksicht nehmen;

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(C (D enn Tiere, die nicht artgerecht gehalten werden, liefern, konomisch gesehen, natürlich nicht die entsprechenden rodukte und Ergebnisse. Wir kommen schon wesentlich weiter, wenn es uns elingt, unter dem Aspekt der artgerechten Tierhaltung ntsprechende Kennzeichnungen für den Verbraucher orzunehmen. Aber es hilft nicht viel weiter, hier erregte iskussionen zu führen und uns vorzustellen, dass spä estens am 31. Dezember 2006 30 Millionen Hennen abeschlachtet werden müssen. Wenn das der Fall wäre, üssten alle Geflügelschlachthöfe in Deutschland wahr cheinlich wochenlang im Dreischichtbetrieb Überstunen fahren. Das können wir nicht leisten und das wird uch niemand verlangen. (Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist Quatsch!)


Aber auch, wenn unser Selbstversorgungsgrad we-
entlich sinkt, wird die Nachfrage nach Eiern in Europa
icht plötzlich um das Doppelte ansteigen. Das hat Aus-
irkungen auf den Markt, auf das Preisgefälle, auf die
rbeitsplätze, auf den vor- und nachgelagerten Bereich.
as Argument, dass Bodenhaltung oder Freilandhaltung

rbeitsintensiver ist, trifft zu. Aber dafür werden durch
ie Produktion im vor- und nachgelagerten Bereich we-
entlich mehr Arbeitsplätze gesichert als in dem primä-
en Bereich allein.

Der Bereich ist sehr differenziert zu sehen, auch hin-
ichtlich der Größenordnung. Ich glaube, jeder, der sich
n Zukunft engagieren möchte, hat eine Chance. Dazu
erden entsprechende Programme aufgelegt, zum einen

inanziert aus dem Haushalt 2006, zum anderen aber
uch über die Rentenbank oder die GhK, sodass Be-
riebe, die auf Bodenhaltung umsteigen wollen, finan-
ielle Unterstützung finden und entsprechende Perspek-
iven im Markt erwarten können. Aber es kommt auch
arauf an, die Standards letztendlich nicht zu zementie-
en, sondern weiterzuentwickeln.

In diesem Sinne, meine lieben Kolleginnen und Kol-
egen, lassen Sie uns gemeinsam an der Verbesserung
es Tierschutzstandards in Deutschland arbeiten. Da
ind weder die Hennenhaltung noch andere Bereiche
usgeschlossen.

Danke schön.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1603234600

Das Wort hat jetzt die Kollegin Eva Bulling-Schröter

on der Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Eva-Maria Bulling-Schröter (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1603234700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

eider zu später Stunde soll über das Schicksal von
9 Millionen Legehennen diskutiert werden.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Die sitzen schon lange auf der Stange!)


nzwischen ist die Frage, ob Legehennen in Käfigen le-
en sollen und wie groß diese dann sein sollen, zu einer






(A) )



(B) )


Eva Bulling-Schröter
Glaubensfrage hochstilisiert worden. Es ist aber keine
Glaubensfrage. Schließlich hat sich das Bundesverfas-
sungsgericht dazu schon im Jahre 1999 – das ist sieben
Jahre her, meine Damen und Herren – eindeutig geäußert:
Eine artgerechte Unterbringung muss den grundlegenden
Verhaltensbedürfnissen von Hühnern entsprechen.


(Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Das hat doch Herr Priesmeier schon widerlegt! Haben Sie das nicht gehört?)


Das heißt – es wurde schon zitiert –: scharren, picken,
sandbaden sowie erhöht auf Stangen sitzen, ungestörte
und geschützte Eiablage, sich aufbäumen.

Ich verstehe nicht, meine Damen und Herren, warum
Sie sich da jetzt so aufregen und was daran missver-
ständlich ist. Ich verstehe erst recht nicht, warum gerade
dieses Urteil des Bundesverfassungsgerichts immer wie-
der in Zweifel gezogen wird.


(Beifall bei der LINKEN)


Bei anderen Urteilen tun Sie das nicht; die nehmen Sie
so hin.

Damals bei der Anhörung im Bundestag – ich war da-
bei – wurden genau die gleichen Argumente vorgetra-
gen. Daran hat sich nichts geändert. Aber sie werden
nicht richtiger, wenn sie immer wieder neu hervorge-
kramt werden.

Immer wieder wird das Festhalten an den Hühnerkäfi-
gen mit der notwendigen Wettbewerbsfähigkeit be-
gründet; sonst würde die Eierproduktion ins Ausland
wandern. Solche Argumente höre ich zu jedem x-belie-
bigen Thema, zum Beispiel AEG: Wenn ihr nicht billi-
ger werdet, verlagern wir die Produktion ins Ausland.


(Beifall des Abg. Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE] – Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Das ist doch leider schon lange Fakt!)


Herr Holzenkamp hat sich dieses Arguments wieder be-
dient. Er hat sogar Karl Marx zitiert.


(Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)


Herr Holzenkamp, ich kann Ihnen nur sagen: Zu Karl
Marxens Zeiten gab es noch keine Hühnerlegebatterien,
der konnte sich nicht geäußert haben.


(Beifall bei der LINKEN – Peter Bleser [CDU/ CSU]: Die Kommunisten haben die schlimmsten Hühnerkäfige!)


Natürlich werden Eier im Ausland billiger produziert.
Aber den Wettbewerb um das billigste Ei werden wir so-
wieso verlieren. Wir können auch noch einmal über den
Mindestlohn in Europa diskutieren;


(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Das hat damit gar nichts zu tun!)


er ist dringend notwendig. Wenn in großen Hühnerlege-
batterien in Niederbayern den Leuten die Löhne gekürzt
werden, dann ist das eine Sauerei.


(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Dann zahlen Sie doch für ein Ei 3 Euro!)


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(C (D ndererseits importiert Deutschland inzwischen Millioen von Eiern aus artgerechter Haltung aus Ländern wie en Niederlanden. Frau Kollegin Bulling-Schröter, erlauben Sie eine wischenfrage des Kollegen Schirmbeck? Ja. Verehrte Frau Kollegin, Sie haben gerade Karl Marx itiert. Stimmen Sie mir zu, dass es ein Ergebnis der moernen Landwirtschaft, die Sie kritisieren, ist, dass sich eute alle Arbeiter in Deutschland täglich ein Frühtücksei und regelmäßig ein Stück Fleisch leisten könen? Das ist etwas, wovon man zu Zeiten von Karl Marx ar nicht zu träumen gewagt hätte. Ich stimme Ihnen zu, dass sich Arbeiterinnen und Ar eiter Eier und Fleisch leisten können. Aber unabhängig avon denke ich, dass diese Menschen Eier und Fleisch us tiergerechter Haltung wollen. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Aber zum selben Preis! – Julia Klöckner [CDU/CSU]: Wenn sie das bezahlen können!)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1603234800
Eva-Maria Bulling-Schröter (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1603234900
Georg Schirmbeck (CDU):
Rede ID: ID1603235000
Eva-Maria Bulling-Schröter (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1603235100

Die Holländer haben die Zeichen der Zeit erkannt und
ben schon eher umgestellt. Denn sie wissen, dass im-
er mehr Verbraucherinnen und Verbraucher genau hin-

ehen, wie die Lebensmittel, die sie kaufen, produziert
erden.
Ich frage die Befürworter der Batteriehaltung: Se-

en Sie nicht eine Chance, hier Marktanteile zurückzu-
ewinnen, indem genau die Lebensmittel produziert
erden, die die Mehrheit der Verbraucherinnen und Ver-
raucher wünscht?

Wir reden jetzt einmal über Preise. Sachverständige
aben uns die Preisdifferenz genannt: Ein Ei aus tierge-
echter Haltung ist, wenn alles gut läuft, um 0,4 Cent
eurer. Ich bitte Sie! Wir reden also nur über 0,4 Cent.
atürlich nimmt gerade unsere Fraktion die Angst vor
em Verlust von Arbeitsplätzen sehr ernst.


(Zuruf von der CDU/CSU: Aha! – Peter Bleser [CDU/CSU]: Aber?)


ber wir müssen auch mittel- und langfristig denken:
ine artgerechte Haltung von Legehennen schafft mehr
rbeitsplätze und bessere Arbeitsbedingungen.


(Beifall bei der LINKEN)

ie bietet die Möglichkeit zu einer regionalen Vermark-

ung.

(Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Die Eier sind dann so teuer, dass sich die Arbeiter keine mehr leisten können! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Eva Bulling-Schröter
– Es gibt dazu sogar ein Programm der CSU. Warum re-
gen Sie sich also darüber auf? – Auch wir wollen diese
regionale Vermarktung.


(Beifall der Abg. Ina Lenke [FDP])


Um dies zu unterstützen fordern wir in unserem An-
trag, die vom Bundestag beschlossene Förderung der
tiergerechten Geflügelhaltung ohne Einschränkung bei-
zubehalten. Gerade in den neuen Bundesländern wurden
im Geflügelbereich schon in den 90er-Jahren Investitio-
nen getätigt. Wir möchten nicht, dass diese Firmen durch
die Umstellung in Existenzschwierigkeiten geraten.
Auch sie sollen die Möglichkeit erhalten, über Sonder-
kreditprogramme die Haltung der Tiere auf artgerechte
Haltungssysteme umzustellen. Das bedeutet für uns eben
nicht Kleinvolieren.

Mein Kollege Wunderlich – er ist Jurist – hat es ein-
mal ausgerechnet. Ein Huhn mit einem Gewicht von
2 Kilo soll auf 800 Quadratzentimetern leben.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1603235200

Frau Kollegin, kommen Sie bitte zum Schluss.


Eva-Maria Bulling-Schröter (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1603235300

Das bedeutet für einen Mann mit einem Gewicht von

90 Kilogramm, dass ihm, wenn Sie so entscheiden, in
Zukunft 3,6 Quadratmeter zum Wohnen zustehen.


(Beifall bei der LINKEN – Julia Klöckner [CDU/CSU]: Aber er legt keine Eier!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1603235400

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf
den Drucksachen 16/839 und 16/1128 an die in der Ta-
gesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.
Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann
sind die Überweisungen so beschlossen.

Zusatzpunkt 7. Es geht um die Beschlussempfehlung
des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Ver-
braucherschutz auf Drucksache 16/1142 zu dem Antrag
der Fraktion der FDP mit dem Titel „Keine Wettbewerbs-
verzerrungen für Landwirte durch die Umsetzung der
EU-Richtlinie zur Haltung von Nutztieren in nationales
Recht“. Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf Druck-
sache 16/590 abzulehnen. Wer stimmt für diese Be-
schlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? –
Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der Ko-
alitionsfraktionen, der Fraktion des Bündnisses 90/Die
Grünen sowie der Fraktion Die Linke mit einer Enthal-
tung und gegen die Stimmen der FDP angenommen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 20 a und 20 b auf:

a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Gisela
Piltz, Dr. Karl Addicks, Christian Ahrendt, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Gegen rechtsstaatsfreie Räume – Sicherheits-
überprüfungen im Rahmen von Akkreditie-

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(C (D rungsverfahren bedürfen einer Rechtsgrundlage – Drucksache 16/577 – Überweisungsvorschlag: Innenausschuss Sportausschuss Rechtsausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Arbeit und Soziales b)

Stokar von Neuforn, Volker Beck (Köln), Monika
Lazar, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

Kein Generalverdacht bei den Sicherheits-
überprüfungen zur Fußballweltmeisterschaft
2006

– Drucksache 16/686 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Sportausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Arbeit und Soziales

Alle Reden sollen zu Protokoll genommen werden1).
s handelt sich um die Wortmeldungen der Kollegin
eatrix Philipp von der CDU/CSU, des Kollegen
olfgang Gunkel von der SPD, der Kollegin Gisela

iltz von der FDP, der Kollegin Ulla Jelpke von der Lin-
en und der Kollegin Silke Stokar von Neuforn vom
ündnis 90/Die Grünen.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf
en Drucksachen 16/577 und 16/686 an die in der Tages-
rdnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind
ie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann sind
ie Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 21 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Ekin
Deligöz, Josef Philip Winkler, Marieluise Beck

(Bremen), weiterer Abgeordneter und der Frak-

tion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

Kinderrechte in Deutschland vorbehaltlos um-
setzen – Erklärung zur UN-Kinderrechtskon-
vention zurücknehmen

– Drucksache 16/1064 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
einen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Anlage 7






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms
Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red-
ner das Wort dem Kollegen Josef Winkler vom Bünd-
nis 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Der Deutsche Bundestag hat bereits mehrfach
die Rücknahme der Erklärung zum Übereinkommen
über die Rechte des Kindes, der so genannten UN-Kin-
derrechtskonvention, gefordert, welche die damalige
Bundesregierung bei der Ratifizierung 1992 hinterlegt
hat. Diese Beschlüsse des Deutschen Bundestages sind
bislang von der Regierung nicht umgesetzt worden.


(Ina Lenke [FDP]: Auch nicht von der rot-grünen!)


– Das ist richtig, Frau Lenke.


(Ina Lenke [FDP]: Genau!)


Gestern jährte sich der Tag des In-Kraft-Tretens der
Kinderrechtskonvention zum 14. Mal. Die Bundesregie-
rung muss diesen längst überfälligen Schritt endlich
vollziehen. Dies ist das Anliegen des von meiner Frak-
tion vorgelegten Antrags.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Im Interesse des Wohls aller hier lebenden Kinder so-
wie um einer glaubwürdigen Kinderpolitik willen ist
die Aufrechterhaltung der Vorbehaltserklärung nicht ver-
tretbar. Auch die außenpolitische Glaubwürdigkeit der
Bundesrepublik im Hinblick auf die konsequente Umset-
zung von Kinderrechten ist durch die Erklärung erheb-
lich beeinträchtigt.


(Ina Lenke [FDP]: Da war doch der Fischer! Sie hatten doch einen Außenminister!)


– Frau Lenke, das können Sie doch gar nicht bestreiten.
Regen Sie sich nicht so auf! Stellen Sie mir eine Zwi-
schenfrage! Dann habe ich ein bisschen mehr Redezeit.
Vier Minuten sind kurz.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Josef, net hudle!)


Um welche konkreten Rechte geht es denn hier? Die
Handlungsfähigkeit im Asylverfahren soll mit 18 Jah-
ren und nicht wie bisher mit 16 Jahren beginnen. Als
Folgewirkung daraus würden unbegleitete minderjährige
Flüchtlinge in diesem Alter aus dem Flughafenverfahren
herausfallen, nicht mehr in Sammelunterkünfte mit ih-
nen völlig unbekannten, anderen, fremden Flüchtlingen
untergebracht werden und würde die Drittstaatenrege-
lung auf sie keine Anwendung finden. Sie würden statt-
dessen einer Jugendhilfeeinrichtung als Clearingstelle
zugeführt werden.

Minderjährige Flüchtlinge sollen Anspruch auf die
Gewährung von Kinder- und Jugendhilfe haben, und
zwar unabhängig von ihrem Status. Das betrifft vor al-
lem Kindersoldaten und traumatisierte Flüchtlinge, eine
Gruppe, die uns besonders am Herzen liegen muss. Au-

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(C (D erdem soll keine Abschiebehaft mehr für minderjährige lüchtlinge verhängt werden dürfen. Deswegen halte ich es für anachronistisch, dass die undesregierung so wie die Vorgängerregierung – damit ie nicht wieder dazwischenrufen müssen – unverändert en Standpunkt vertritt, dass eine Rücknahme des so geannten Vorbehalts zur UN-Kinderrechtskonvention leiglich symbolischen Charakter hätte und von daher icht notwendig sei. Kollege Winkler, erlauben Sie eine Zwischenfrage er Kollegin Lenke? Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1603235500
Ja, gerne.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1603235600

Bitte schön.


Ina Lenke (FDP):
Rede ID: ID1603235700

Herr Kollege, Sie haben sehr schamhaft verschwie-

en, dass es in den letzten sieben Jahren eine rot-grüne
undesregierung gab.


(Undine Kurth [Quedlinburg] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das weiß ja keiner! – Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war kein Geheimnis!)


ch würde gerne von Ihnen wissen, warum Ihre Fraktion,
ie den Außenminister gestellt hat, in dieser Koalition
ei zwei Koalitionsverträgen, die Sie geschlossen haben,
icht die Kraft hatte, dies durchzusetzen. Jetzt sind Sie in
er Opposition. Wieso konnte das nicht geschehen, als
hre Fraktion und damit Sie persönlich an der Bildung
er Bundesregierung beteiligt waren?


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Das ist eine sehr interessante Frage, die Sie da auf-

erfen, Frau Kollegin.


(Heiterkeit bei der CDU/CSU)


ch freue mich, darauf antworten zu können. Die Tatsa-
he, dass der Außenminister von unserer Partei gestellt
urde, ist sicherlich richtig. Das hat auch eine nachhal-

ige Wirkung hinterlassen.


(Ina Lenke [FDP]: Bei mir nicht!)


ir waren in der Regierungsverantwortung. Im Gegen-
atz zu dem, was Herr Goldmann eben gesagt hat, stelle
ch fest: Wenn wir in der Regierung sind, stehen wir für
lle Ressorts nicht nur in der Mitverantwortung, sondern
uch in der Gesamtverantwortung.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Sehr gut! Mutig! Du bist ein Bekenner!)


ch habe gesagt: Das Parlament war sich einig, und zwar
raktionsübergreifend.






(A) )



(B) )


Josef Philip Winkler
Den Innenminister haben wir leider nicht gestellt, wo-
bei das „leider“ nicht von allen geteilt wird.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: An Schily habt ihr euch die Zähne ausgebissen! Das ist wahr!)


Das Innenministerium hat sich auf die Rechtsposition,
dass es hier um eine Vereinbarung, die man mit den Län-
dern abgeschlossen habe, gehe, zurückgezogen: Man
stünde dort im Wort und könne es deshalb nicht zurück-
nehmen. Wenn ein Minister wie Schily meint, er stünde
im Wort, dann kann man sich als Fraktion auf den Kopf
stellen, selbst wenn es Kabinettsmitglieder gibt, die viel-
leicht körperlich nicht in der Lage sind, dies auch zu tun.


(Heiterkeit)


Trotzdem kann man es dann nicht durchsetzen. Ich
denke, damit ist die Frage – hoffentlich zufriedenstel-
lend – beantwortet.


(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Schily war halt näher bei Herrn Beckstein!)


Meine Fraktion teilt den Standpunkt, den die Bundes-
regierung unverändert einnimmt, jedenfalls nicht. Wir
stellen uns an die Seite der Kinderrechtsverbände und
-organisationen, die seit langem – seit 14 Jahren – vehe-
ment die Rücknahme der Vorbehaltserklärung einfor-
dern.

Es ist wirklich peinlich, wenn uns die Vereinten Na-
tionen – die Staatenkonferenz – bereits zum zweiten Mal
eine Abmahnung erteilen und sagen: In Deutschland
haben nicht alle Kinder einheitliche Rechte; deutschen
Kindern werden andere Rechte als ausländischen Flücht-
lingskindern gewährt. Das ist ein unhaltbarer Zustand.
Das muss unbedingt geändert werden!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE])


Meine Damen und Herren von der großen Koalition
– ich spreche jetzt einmal beide Regierungsfraktionen
an, muss allerdings angesichts der neuen Situation ein
bisschen mit dem Kopf wackeln –, der von Ihnen ange-
nommene Nationale Aktionsplan „Für ein kinderge-
rechtes Deutschland“ schließt bisher die Flüchtlingskin-
der von der dort angepeilten Kinderfreundlichkeit aus.
Meine Fraktion hinterfragt deshalb sehr ernsthaft, ob Sie
es mit diesem Nationalen Aktionsplan wirklich ernst
meinen.

Ich meine, wir dürfen nicht länger zwischen Kindern,
die Flüchtlinge sind, und deutschen Kindern unterschei-
den. Wir fordern Sie auf: Nehmen Sie endlich die Vorbe-
halte gegenüber der Kinderrechtskonvention zurück.

Herzlichen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1603235800

Das Wort hat jetzt die Kollegin Katharina Landgraf

von der CDU/CSU-Fraktion.

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(C (D Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr ge hrte Damen und Herren der Fraktion der Grünen, gleich u Beginn ein offenes Wort an Sie: Bei der Erarbeitung es vorliegenden Antrages haben Sie sich offenbar in der chublade vertan. Bereits der gewählte Titel „Kinderechte in Deutschland vorbehaltlos umsetzen – Erkläung zur UN-Kinderrechtskonvention zurücknehmen“ st in höchstem Maße irreführend. etztlich wird damit im Umkehrschluss behauptet, dass ie Kinderrechte in Deutschland nicht oder nicht vorbealtlos umgesetzt werden. (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Logisch! – Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Stimmt ja auch!)

Katharina Landgraf (CDU):
Rede ID: ID1603235900

(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


Mit diesem Antrag stellen Sie die Bundesregierung,
tellen Sie Deutschland in eine Ecke, wo sie – die Bun-
esregierung und unser Vaterland – gar keinen Platz ha-
en und auch nicht haben wollen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


ie sollten etwas vorsichtiger und bedachter mit knackig
lingenden Titeln von Anträgen umgehen. Die Forde-
ung, Kinderrechte „vorbehaltlos“ umzusetzen, klingt im
rsten Moment echt gut, fast wie „bedingungslos“. Hof-
entlich ist nicht „verantwortungslos“ gemeint. „Vorbe-
altlos“ verbindet sich schnell mit „unkritisch bedin-
ungslos“.

Wenn es um Kinderrechte und deren Einhaltung geht,
önnen wir eigentlich nur verantwortungsvoll handeln.
as tun wir auch. Die Erklärung ist Ausdruck der Ver-
ntwortung, die Deutschland bei der Anwendung der
N-Kinderrechtskonvention übernimmt. Dass die Bun-
esregierung damals im Konsens mit den Bundesländern
ie Erklärung abgegeben hat, war gut so, denn dadurch
urden Fehlinterpretationen der Gesetze verhindert.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das kann ich wirklich nicht teilen!)


in Vergleich der Regelungen der UN-Kinderrechtskon-
ention mit der derzeitigen Gesetzeslage ergibt, dass die
orbehalte aufrechterhalten bleiben müssen, um Fehl-

nterpretationen tatsächlich zu verhindern.

Die UN-Kinderrechtskonvention bezieht innerstaatli-
he Bereiche ein, für die ausschließlich die Bundeslän-
er zuständig sind.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: So ist es!)


as ist doch wohl der springende Punkt. Demnach sind
ie Haltung und die faktische Betroffenheit der Bundes-
änder für die Aktionsmöglichkeiten der Bundesregie-
ung von ausschlaggebender Bedeutung. Ohne Bundes-
änder geht es hier nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Auch deshalb sollten wir deren Bedenken sehr ernst
ehmen, um endgültig Klarheit in der Frage der richti-






(A) )



(B) )


Katharina Landgraf
gen Anwendung der UN-Kinderrechtskonvention zu er-
reichen.

Grundsätzlich ist zu sagen, dass die Vorbehaltserklä-
rung sachgerecht ist, dass die Konvention keine unmit-
telbar einklagbaren Rechte der Kinder enthält, sondern
ausschließlich eine völkerrechtliche Verpflichtung der
Vertragsstaaten darstellt.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: So ist es!)


Die Innenminister von Bund und Ländern sind sich ei-
nig, dass in Deutschland die Vorgaben aus der UN-Kin-
derrechtskonvention vollständig erfüllt sind. Mit dem
am 1. Juli 1998 in Kraft getretenen Gesetz zur Reform
des Kindschaftsrechtes wurde eine Regelung geschaffen,
die dem Wohl der Kinder besser gerecht wird. Zusätzlich
möchte ich hier hervorheben, dass in Deutschland das
Kindeswohl an erster Stelle steht und wir das gemein-
same Sorgerecht der Eltern festgeschrieben haben.

Eine offizielle Rücknahme der Erklärung könnte
fälschlicherweise als Signal verstanden werden, die
Bundesregierung würde von ihrer Position abweichen.
Das hieße auch, dass einzelnen Bestimmungen der Kon-
vention nunmehr größere Bedeutung, wenn nicht gar un-
mittelbare innerstaatliche Wirkung zukäme. Dies könnte
zu einer Rechtsunsicherheit bei der Anwendung beste-
hender Vorschriften des Ausländer- und Asylrechts füh-
ren. Erschwernisse bei der Durchsetzung der Ausreise-
pflicht Minderjähriger wären die Konsequenz. Aber
auch dem zunehmenden Missbrauch durch Personen, die
ohne Vorlage von Dokumenten vortragen, minderjährig
zu sein, würde Tür und Tor geöffnet.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber im Rest der Welt ist das scheinbar nicht der Fall!)


Minderjährigkeit allein kann weder nach nationalem
noch nach internationalem Recht ein Einreiserecht be-
gründen oder die Zuerkennung der Flüchtlingseigen-
schaft rechtfertigen.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Sehr klar dargestellt!)


Anders als bei der UN-Kinderrechtskonvention wird
im deutschen Recht zwischen Kindern und Jugendli-
chen differenziert. Im Hinblick auf die Problematik der
minderjährigen unbegleiteten Flüchtlingskinder könnte
dies zur Folge haben, dass auf eine Differenzierung zwi-
schen Rechten für Kinder und Rechten für Jugendliche
verzichtet würde.

Der Vorbehalt schließt einen unmittelbaren innerstaat-
lichen Individualanspruch aus. Ein Wegfall des Vorbe-
halts wäre daher mit dem Risiko verbunden, dass Kosten
bei der Unterbringung der minderjährigen unbegleiteten
Flüchtlinge in der Altersgruppe der 16- bis 18-Jährigen
entstehen würden. Dafür gibt es weder eine sachliche
Notwendigkeit noch Finanzierungsvoraussetzungen;


(Beifall bei der CDU/CSU)


denn die Abschiebung Unter-18-Jähriger ist von der
Rechtsprechung nur deshalb getragen worden, weil die

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(C (D n der Vorbehaltserklärung enthaltenen Einschränkungen ie völkerrechtliche Grundlage hierfür geboten haben. Ich fasse zusammen: Die Forderungen der Fraktion es Bündnisses 90/Die Grünen basieren auf der fehleraften Auffassung, Kinder hätten weltweit einen Anpruch auf Einreise und Aufenthalt, so auch in Deutschand. Nochmals sei betont: Bei den Erklärungen, die eutschland vor 14 Jahren anlässlich der Ratifizierung er UN-Kinderrechtskonvention abgegeben hat, handelt s sich nicht um Vorbehalte im völkerrechtlichen Sinne, ondern um Interpretationserklärungen. Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen aus der Frakion des Bündnisses 90/Die Grünen, Sie haben in Ihrem ntrag interessanterweise selbst vermerkt, dass vier der ünf Punkte aus der Vorbehaltserklärung durch entsprehende Gesetzesänderungen inzwischen geregelt sind: (Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Aha! – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ehrlich sind wir!)


urch Änderungen im Kindschaftsrecht, durch eine
ind- und jugendgerechte Auslegung des Jugendstraf-
echts sowie durch die Ratifizierung des Fakultativproto-
olls zur Beteiligung von Kindern an bewaffneten Kon-
likten. Jetzt wollen Sie sozusagen auf der Zielgerade
es jahrelangen Marathons diese Erklärung zurückholen
assen, und das, nachdem Sie selbst als Akteur aus dem

arathon ausgestiegen sind, also keine Regierungsver-
ntwortung mehr tragen – auch in dieser Sache nicht.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das bedauern Sie offenbar!)


as hat den Eindruck eines Scheingefechts.

Der übrig gebliebene Punkt berührt in hohem Maße
ie Hoheit der Bundesländer. Hier sollten Bund und
änder gemeinsam im Rahmen der Evaluierung des Zu-
anderungsgesetzes nach Lösungen suchen, die den In-

eressenlagen der Länder und des Bundes entsprechen.
ir sind auf Bundesebene gut beraten, mit klugen Rat-

chlägen und Vorgaben zurückhaltend zu sein. Ein fairer
ialog innerhalb des Bundestages mit der Bundesregie-

ung und den Ländern könnte eine Lösung der gesamten
roblematik herbeiführen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kommt gar nicht in Frage! Es ist Aufgabe des Parlaments, die Regierung zu kontrollieren!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen,
enn Sie sich tatsächlich und wirksam für die Umset-

ung von Kinderrechten in Deutschland engagieren wol-
en, habe ich eine kleine Anregung:


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das machen wir schon lange!)


nterstützen Sie die Vorschläge und Aktivitäten für eine
ute Kinderpolitik unserer neuen Familienministerin,


(Beifall bei der CDU/CSU – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wobei sie einen guten Staatssekretär hat! Herr Kues ist wirklich geeignet für den Job!)







(A) )



(B) )


Katharina Landgraf
zum Beispiel bei den Mehrgenerationenhäusern, bei den
Früherkennungsuntersuchungen oder den Regelungen
zum Unterhaltsrecht zugunsten der Kinder. Das ist der
beste und einfachste Weg, Kindern wirksam zu helfen
und sie auf dem Weg ins Leben zu begleiten. Darüber
können wir uns zu gegebener Zeit im Familienausschuss
unterhalten.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1603236000

Frau Kollegin Landgraf, ich gratuliere Ihnen zu Ihrer

ersten Rede im Deutschen Bundestag. Herzlichen
Glückwunsch!


(Beifall)


Das Wort hat jetzt die Kollegin Miriam Gruß von der
FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Miriam Gruß (FDP):
Rede ID: ID1603236100

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegin-

nen und Kollegen! Dass der Deutsche Bundestag heute
zum wiederholten Male über die Rücknahme der Vorbe-
haltserklärung zur UN-Kinderrechtskonvention disku-
tiert, ist an sich schon eine Farce. Noch viel erstaunlicher
ist allerdings, dass der Antrag, den wir heute beraten,
von der Fraktion der Grünen kommt.


(Ina Lenke [FDP]: Das kann man nicht oft genug sagen! – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Folgerichtig!)


– Meine Damen und Herren der Bündnisgrünen, hören
Sie mir bitte zu. Sie hatten, wie meine Kollegin Frau
Lenke gerade gesagt hat, sieben Jahre Zeit, die Vorbe-
haltserklärung zurückzunehmen.


(Beifall bei der FDP)


Ein grüner Außenminister hat es sieben Jahre lang nicht
für nötig gehalten, ein völkerrechtliches Signal zu setzen
und das Übereinkommen der Vereinten Nationen über
die Rechte des Kindes endlich vollständig umzusetzen.


(Beifall bei der FDP – Ina Lenke [FDP]: Genauso ist das!)


Man darf sich schon sehr darüber wundern, dass Sie sich
nun, aus der Opposition heraus, für die Flüchtlingskinder
in Deutschland stark machen wollen.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben es sieben Jahre versucht, Sie haben es 16 Jahre versucht!)


Warum waren Sie nicht vorher so konsequent? Verfah-
renstechnisch – das kann ich leider nicht anders sagen –
ist dieser Antrag gründlich misslungen.

Doch kommen wir zu einem viel wichtigeren Part,
dem Inhalt. Selbstverständlich wird die FDP-Bundes-
tagsfraktion diesem Antrag zustimmen. Wer wie
Deutschland die Menschenrechte weltweit einklagt,

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(C (D uss selbst Vorbild sein und darf keine Vorbehalte geenüber UN-Konventionen haben. o lange wir nicht mit gutem Beispiel vorangehen, betehen Zweifel am Willen Deutschlands zur Umsetzung er Konvention. Die Folge: Die Bundesregierung wird uf internationalem Parkett nicht ernst genommen, wenn ie sich für eine schnelle Ratifizierung anderer Protoolle zur Wahrung der Menschenrechte einsetzten will. ie Rücknahme der Vorbehaltserklärung durch die Bunesregierung ist deshalb mehr als überfällig. Zumindest arüber sind wir uns einig. Umso unglaublicher ist es, dass die Vorbehaltserkläung noch immer Gültigkeit besitzt, obwohl sich der eutsche Bundestag, der Petitionsausschuss und die inderkommission schon mehrmals für die Rücknahme usgesprochen haben. Das Votum des deutschen Parlaents wurde von der Bundesregierung – sei sie rot-grün der rot-schwarz – bislang schlichtweg ignoriert. Zu Beginn der Legislaturperiode fragte ich Familieninisterin von der Leyen, was die jetzige Bundesregie ung unternehmen wolle, um vor allem den unbegleiteten inderjährigen Flüchtlingskindern in Deutschland ie Rechte einzuräumen, die ihnen zustehen. Frau von er Leyen antwortete mir, es fehle noch die Zustimmung er Länder. (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da hat sie aber Recht! Auch die der FDP-mitregierten Länder!)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)


ieses fadenscheinige Argument ist so alt wie die Dis-
ussion um die Rücknahme der Erklärung.


(Beifall bei der FDP – Zuruf von der CDU/ CSU)


Warum regen Sie sich denn eigentlich über meine
ätze auf? – Aus falschem Respekt gegenüber den Bun-
esländern werden Kinderrechte missachtet!


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


ach meinem Verständnis ist dies eine falsche Show, in
er sich alle Beteiligten vor Verantwortung drücken,
ntscheidungen hinauszögern und dafür Menschen-

echte zurückstellen. Ist das das Bild, das wir national,
ber auch international vermitteln wollen?

Meine Aufforderung gilt heute der Bundesregierung:
aben Sie endlich den Mut, für die Rechte junger Men-

chen geradezustehen! Verstecken Sie sich nicht hinter
chwachen Ausreden!


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Folgen Sie endlich meinem Antrag!)


s ist eine Schande für Deutschland, dass wir gerade in
unkto Kinderrechte so rückständig sind. Der Zeitpunkt,
ies zu ändern, ist längst gekommen.


(Beifall bei der FDP)







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(B) )


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1603236200

Das Wort hat jetzt die Kollegin Marlene Rupprecht

von der SPD-Fraktion.


Marlene Rupprecht (SPD):
Rede ID: ID1603236300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Vielen Dank dafür, dass Sie heute Abend noch anwesend
sind.


(Zuruf von der CDU/CSU: So sind wir!)


Das finde ich wunderschön.


(Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Für uns sind die Kinder wichtig!)


– Ja, für mich auch.

Ich denke, ich beginne einmal so: Keine der Parteien,
die hier durch Fraktionen vertreten sind, hat sich in der
Vergangenheit beim Thema Rücknahme der Vorbehalts-
erklärung besonders mit Ruhm bekleckert, weder die
FDP, noch die Grünen, noch die SPD, noch die CDU/
CSU. Wir alle sind aber lernfähig und deshalb versuche
ich es heute Abend noch einmal mit einem ganz sachli-
chen Umgang mit diesem Thema.

Ich denke, ich darf mich als alte Häsin bezeichnen,
und ich sehe hier etliche alte Häsinnen und Hasen sitzen;
wir haben ja auch bald Ostern. Deshalb würde ich gern
noch einmal auf die Entstehung der Kinderrechte ein-
gehen. Gestern vor 14 Jahren – Kollege Winkler hat da-
rauf hingewiesen – hat die Bundesrepublik die UN-Kin-
derrechtskonvention mit der Ratifizierungsurkunde, die
sie bei den Vereinten Nationen hinterlegt hat, in deut-
sches Recht umgesetzt. Am 20. November 1989 haben
die Vereinten Nationen die Kinderrechte gemeinsam be-
schlossen. Das ist die meist gezeichnete Konvention der
Vereinten Nationen. Ich finde, wir können stolz darauf
sein, dass wir das geschafft haben.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Zum damaligen Zeitpunkt hat man geglaubt, man
müsste zu einigen der Artikel Erklärungen abgeben, zum
Teil deshalb, weil Dinge angeführt wurden, die wir im
nationalen Recht noch nicht so geregelt hatten, wie es
die Konvention vorschreibt. Ich will einfach noch ein-
mal die entsprechenden Stichworte nennen; vielleicht
fällt es uns dann leichter, manche Gräben aufzubrechen,
manchen Ballast abzuwerfen und das Ganze neu zu be-
trachten: Umgangs- und Sorgerecht, Rechtsbeistand bei
minderschweren Fällen, Adoptionsrecht, Kinder in be-
waffneten Konflikten. All das haben wir geregelt.

Jetzt steht noch ein Punkt aus, durch den bei vielen
offensichtlich eine Xenophobie – ich finde das Wort so
schön; übersetzt: Angst vor dem Fremden – ausbricht.
Es wäre schön, wenn wir diese ablegen und weiter nüch-
tern an das Thema herangehen würden. Warum also ha-
ben wir gegen diesen Artikel immer noch einen Vorbe-
halt? Die Vereinten Nationen – dies sage ich für die
jugendlichen Zuhörer – kennen nicht den Begriff der Ju-
gendlichen; die Kindheit reicht somit von 0 bis 18 Jah-
ren. Das akzeptieren wir im Allgemeinen auch, nur in
diesem einen Fall, bei der Konvention, nicht. Hier haben

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(C (D ir einen Bruch und lassen die Kindheit mit 16 Jahren ufhören. Deshalb geht es immer noch um eben diese ruppe der 16bis 18-jährigen Flüchtlinge, die nach eutschland kommen. Davon sind pro Jahr in der Bunesrepublik – ich sage das, damit wir wissen, worüber ir reden, und überlegen, ob es wert ist, dass bei uns die enophobie ausbricht – circa 300 Kinder betroffen. Deshalb lohnt es sich eigentlich nicht, dass wir dafür inen Konflikt auftun. Weltweit sagt jeder: Warum acht ihr das? Warum beseitigt ihr das nicht endlich? eim zweiten Staatenbericht, den das Ministerium 2004 orgelegt hat, hat uns die Berichterstatterin der Vereinen Nationen gesagt: Ihr spielt, was Kinder anbelangt, eltweit in der ersten Liga. Ihr steht ganz vorn. – Ich enke, das kann man mit Recht sagen. Es wird für Kiner in der Bundesrepublik viel gemacht. Bei allem Geammere: Unsere Kinder leben hier nicht schlecht. Wie wir gehört haben, hat der Bundestag die Regieung – egal welche – bereits mehrfach aufgefordert, sie öge die Vorbehaltserklärungen zur Kinderrechtskon ention zurücknehmen. Vertreter der Ministerien haben ns in der Kinderkommission erklärt, dass sie eigentlich öllig überflüssig sind, weil durch sie nichts verhindert, ber auch nichts verbessert wird. Wenn wir sie zurückehmen würden, würde sich also nichts ändern. Trotzem möchte ich den Versuch, darauf hinzuwirken, dass ies geschieht, heute erneut unternehmen. Vielleicht chaffen wir es, dieses Vorhaben gemeinsam anzugehen. ch würde mir sehr wünschen, dass uns das gelingt. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE])


Auch in unserer Koalitionsvereinbarung ist das Ziel
er Umsetzung des Nationalen Aktionsplans erwähnt.
ber vielleicht – das meine ich jetzt nicht hämisch –
abe auch ich nicht alle Punkte, die wir beschlossen ha-
en, im Kopf. Deshalb wiederhole ich: Dort heißt es,
ass wir uns vorgenommen haben, für die Rücknahme
er Vorbehaltserklärungen einzutreten. Geben wir uns
lso einen Ruck! Das wäre ein gutes Zeichen für unser
and. Daran würde deutlich, dass wir Erwachsene lern-

ähig sind; das erwarten wir schließlich auch von den Ju-
endlichen. Wir sollten dafür sorgen, dass man in allen
ereichen bis zum Alter von 18 Jahren als Kind gilt. Ich
laube, dass wir das gemeinsam schaffen können.


(Beifall bei der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE])


Herr Singhammer, ich weiß, dass auch Sie einmal
itglied der Kinderkommission waren.


(Ina Lenke [FDP]: Jetzt ist Herr Singhammer im Familienausschuss! Da wird er noch viel besser!)


n diese Zeit möchte ich Sie erinnern. Es wäre doch ge-
acht, wenn wir das nicht gemeinsam schaffen.

Ich würde gern im Juni nach Stockholm fahren und
eim Europarat sagen können, dass wir unser Ziel ge-
einsam erreicht haben und jetzt wirklich in der ersten






(A) (C)



(B) )


Marlene Rupprecht (Tuchenbach)


Liga spielen. Vielleicht erreichen wir im Fußball nicht
den ersten Platz. Aber wenn es um Kinder geht, können
wir es weltweit auf den ersten Platz schaffen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau! Bei Frauen und bei Kindern schaffen wir das!)


Das ist für mich in diesem Sommer das Wichtigste.

Dann können wir uns auf unser eigentliches Geschäft
besinnen: die gute Kinderpolitik in Deutschland gemein-
sam fortzusetzen. Trotz aller Differenzen, die wir haben,
sind wir uns in diesem Punkt einig. Nun müssen wir die
Grundlagen dafür schaffen. Diese Diskussion sollten wir
nicht so führen, dass sie niemand mehr nachvollziehen
kann. Deshalb habe ich Ihnen aufgezeigt, worum es ei-
gentlich geht: Wenn man schon in den Ministerien der
Ansicht ist, dass sich durch die Rücknahme der Vorbe-
haltserklärungen nichts ändern wird, dann sollte das Par-
lament endlich einen gemeinsamen Antrag auf den Weg
bringen und dieses Werk vollenden. Wenn wir das noch
in diesem Jahr schaffen würden, wäre das sehr schön.

Wir müssen natürlich auch darüber nachdenken, was
es bedeutet, Kind zu sein. Dabei geht es zum Beispiel

Für die Kinder werden wir aber Verantwortung überneh-
men müssen.

Ich bitte Sie alle, das nicht zu verhindern, weder auf-
grund von falschen Rücksichtnahmen noch weil der eine
oder andere Bedenken hat. Das können wir heute Abend
gemeinsam schaffen. Wenn Sie von den Grünen dann
mit Ihrem Antrag dazu beigetragen haben, begrüße ich
das sehr. Sie hätten auch den gleichen Antrag wie beim
letzten oder vorletzten Mal einbringen können; das wäre
egal gewesen. Sie haben diese Diskussion in Gang ge-
bracht. Dafür ist Ihnen ganz herzlich zu danken. Wir alle
sollten über dieses Vorhaben noch einmal nachdenken.
Herr Singhammer, wir gehen miteinander einen Kaffee
trinken; vielleicht können wir uns dann einigen.


(Heiterkeit und Beifall im ganzen Hause)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1603236400

Die Rede der Kollegin Ulla Jelpke nehmen wir zu

Protokoll.1) Damit schließe ich die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 16/1064 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.
um die Frage: Sind Kinder bis 18 Jahre keine Auslän-

der? In der UN-Kinderrechtskonvention heißt es näm-
lich: Kinder bedürfen unseres besonderen Schutzes,


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


ob sie Inländer oder Ausländer sind. Von jedem Erwach-
senen erwarte ich, dass er für sich selbst sorgt. Wenn ich
ihn unter Wasser drücke, kann er nicht atmen; das ist lo-
gisch. Aber unter normalen Bedingungen muss ich für
einen Erwachsenen keine Verantwortung übernehmen.

o

d
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1)
(D

Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-
rdnung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
estages auf morgen, Freitag, den 7. April 2006, 9 Uhr,
in.

Die Sitzung ist geschlossen.