Protokoll:
15163

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 15

  • date_rangeSitzungsnummer: 163

  • date_rangeDatum: 10. März 2005

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  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 22:15 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 15/163 tes Deutschland – Gleichstellung geht alle an (Drucksache 15/5029) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Ute Berg, Jörg Tauss, Dr. Hans-Peter Bartels, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Ursula Sowa, Irmingard Schewe-Gerigk, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN: Frauen in Wissenschaft und For- schung stärken – Chancengleichheit auch als Wettbewerbsfaktor erhöhen (Drucksache 15/5030) . . . . . . . . . . . . . . . . c) Antrag der Abgeordneten Dagmar Schmidt (Meschede), Karin Kortmann, Sabine Bätzing, weiterer Abgeordneter e) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (12. Ausschuss) zu dem An- trag der Abgeordneten Annette Widmann- Mauz, Irmgard Karwatzki, Dr. Maria Böhmer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Tatsächliche Gleichberechtigung durchsetzen – Zehn Jahre Novellierung des Art. 3 Abs. 2 des Grundgesetzes (Drucksachen 15/4146, 15/5052) . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: 15184 B 15184 C 15185 A Deutscher B Stenografisch 163. Sitz Berlin, Donnerstag, d I n h a l Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeord- neten Albrecht Feibel und Horst Schmidbauer (Nürnberg) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . Nachträgliche Ausschussüberweisungen . . . . Tagesordnungspunkt 2: a) Antrag der Abgeordneten Christel Humme, Sabine Bätzing, Ute Berg, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Irmingard Schewe- Gerigk, Volker Beck (Köln), Ekin Deligöz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Auf dem Weg in ein geschlechtergerech- d 15183 A 15183 A 15183 D und der Fraktion der SPD sowie der Abge- ordneten Thilo Hoppe, Volker Beck (Köln), Irmingard Schewe-Gerigk, weite- undestag er Bericht ung en 10. März 2005 t : rer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Ge- schlechtergerechtigkeit bleibt zentrale Voraussetzung für Entwicklung – Zehn Jahre nach der UN-Weltfrauenkonfe- renz in Peking (Drucksache 15/5031) . . . . . . . . . . . . . . . ) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Berichte für die Europäische Kommis- sion zur Umsetzung des Europäischen Sozialfonds in der Bundesrepublik Deutschland – Zeiträume 1994 bis 1999 (Aktualisierung) und 2000 bis 2006 – hier: Verwirklichung der Chancen- gleichheit von Frauen und Män- nern auf dem Arbeitsmarkt (Drucksache 15/2049) . . . . . . . . . . . . . . . 15184 C 15184 D Antrag der Abgeordneten Rita Pawelski, Maria Eichhorn, Dr. Maria Böhmer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/ II Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 163. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. März 2005 CSU: Gleichberechtigtes Leben für Frauen und Mädchen aus Migrantenfamilien in Deutschland (Drucksache 15/5017) . . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Antrag der Abgeordneten Ina Lenke, Sibylle Laurischk, Dr. Karl Addicks, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der FDP: Frauen- politik – Gesellschaftlicher Erfolgsfaktor (Drucksache 15/5032) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christel Humme (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Hannelore Roedel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Irmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ina Lenke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Renate Gradistanac (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Rita Pawelski (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rita Pawelski (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Ursula Sowa (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Conny Mayer (Freiburg) (CDU/CSU) . . . Dr. Gesine Lötzsch (fraktionslos) . . . . . . . . . . Ute Berg (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Andreas Scheuer (CDU/CSU) . . . . . . . Markus Grübel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Irmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dagmar Schmidt (Meschede) (SPD) . . . . . . . Irmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Markus Grübel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 3: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit zu dem Antrag der Abgeordneten Ronald Pofalla, Karl-Josef Laumann, Dagmar Wöhrl, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Pakt für Deutschland (Drucksachen 15/4831, 15/4986) . . . . . . . b i Z A D A C A ( D F D K M D R D P L T a b 15185 A 15185 B 15185 C 15187 B 15189 A 15190 D 15192 C 15193 C 15195 B 15196 A 15196 C 15197 B 15198 C 15199 C 15199 D 15201 A 15202 C 15203 A 15204 D 15205 A 15205 C ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit zu dem Antrag der Abgeordneten Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Wider die Ver- trauenskrise – Für eine konsistente und konstante Wirtschaftspolitik (Drucksachen 15/1589, 15/4985) . . . . . . . n Verbindung mit usatztagesordnungspunkt 4: ntrag der Abgeordneten Dr. Michael Fuchs, agmar Wöhrl, Karl-Josef Laumann, weiterer bgeordneter und der Fraktion der CDU/ SU: Kein weiterer Arbeitsplatzabbau – ntidiskriminierungsgesetz zurückziehen Drucksache 15/5019) . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Angela Merkel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . ranz Müntefering (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . r. Guido Westerwelle (FDP) . . . . . . . . . . . . atrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ichael Glos (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . r. Ditmar Staffelt, Parl. Staatssekretär BMWA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . onald Pofalla (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . r. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . etra Pau (fraktionslos) . . . . . . . . . . . . . . . . . udwig Stiegler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 22: ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Drit- ten Gesetzes zur Änderung des Spreng- stoffgesetzes und anderer Vorschriften (3. SprengÄndG) (Drucksache 15/5002) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Umsetzung der Richtlinie 2003/ 71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 betreffend den Prospekt, der beim öf- fentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, und zur Ände- rung der Richtlinie 2001/34/EG (Pros- pektrichtlinie-Umsetzungsgesetz) (Drucksache 15/4999) . . . . . . . . . . . . . . . 15205 D 15205 D 15206 A 15210 B 15214 A 15215 D 15217 D 15220 B 15222 A 15223 C 15224 C 15225 C 15228 A 15228 A Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 163. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. März 2005 III c) Antrag der Abgeordneten Michael Kauch, Daniel Bahr (Münster), Detlef Parr, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Nachhaltige Entwicklung im de- mographischen Wandel fördern – Po- tenziale des Alters nutzen (Drucksache 15/3538) . . . . . . . . . . . . . . . . d) Antrag der Abgeordneten Cornelia Pieper, Ulrike Flach, Hellmut Königshaus, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Implementierung eines wirksa- men Tsunami-Frühwarnsystems für den Indischen Ozean unter Einbeziehung des deutschen Forschungsnetzwerkes (Drucksache 15/4854) . . . . . . . . . . . . . . . . e) Erste Beratung des vom Bundesrat einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Än- derung des Bundesbesoldungsgesetzes (Drucksache 15/4115) . . . . . . . . . . . . . . . . f) Antrag der Abgeordneten Dr. Max Stadler, Rainer Funke, Ernst Burgbacher, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Für ein modernes Berufsbeamtentum (Drucksache 15/4560) . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 5: Antrag der Abgeordneten Ina Lenke, Dr. Karl Addicks, Dr. Heinrich L. Kolb, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der FDP: Schwangerschaftsabbruch nach Pränatal- diagnostik – Verantwortungsvolle Regelun- gen und Maßnahmen treffen (Drucksache 15/5034) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 23: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Öko-Landbaugesetzes (Drucksachen 15/4735, 15/4951) . . . . . . . b) – c) Beschlussempfehlungen des Petitionsaus- schusses: Sammelübersichten 190 und 191 zu Petitionen (Drucksachen 15/4940, 15/4941) . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 6: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der SPD: Haltung der Bundesregierung zu den durch Überschüsse möglichen Bei- tragssenkungen in der gesetzlichen Kran- kenversicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . U W P D G A A G E D D D D K P T B K M ( R T C M D W I B U C H D D R 15228 B 15228 B 15228 C 15228 C 15228 C 15228 C 15229 A, B 15229 B lla Schmidt, Bundesministerin BMGS . . . . olfgang Zöller (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . etra Selg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . etlef Parr (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . udrun Schaich-Walch (SPD) . . . . . . . . . . . . ndreas Storm (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . nja Hajduk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . erald Weiß (Groß-Gerau) (CDU/CSU) . . . . rika Lotz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Gesine Lötzsch (fraktionslos) . . . . . . . . . r. Erika Ober (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Hans Georg Faust (CDU/CSU) . . . . . . . . r. Wolfgang Wodarg (SPD) . . . . . . . . . . . . . arl-Josef Laumann (CDU/CSU) . . . . . . . . . eter Dreßen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 4: eratung des Zwischenberichts der Enquete- ommission „Ethik und Recht der modernen edizin“: Patientenverfügungen Drucksache 15/3700) . . . . . . . . . . . . . . . . . . ené Röspel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . homas Rachel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . hrista Nickels (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ichael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Wolfgang Wodarg (SPD) . . . . . . . . . . . . . olfgang Zöller (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . rmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . rigitte Zypries, Bundesministerin BMJ . . . . te Granold (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Christa Nickels (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . hristoph Strässer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . ubert Hüppe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Rolf Stöckel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Carola Reimann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . r. Marlies Volkmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . olf Stöckel (SPD) (Erklärung nach § 30 GO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15229 B 15231 A 15232 A 15232 D 0000 A15234 B 15235 D 15236 C 15237 D 15238 C 15239 D 15240 C 15241 D 15242 C 15243 C 15244 D 15245 D 15246 A 15247 B 15249 A 15250 B 15252 B 15253 D 15255 A 15256 A 15257 D 15258 D 15259 C 15260 D 15261 D 15263 A 15264 A 15264 C IV Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 163. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. März 2005 Tagesordnungspunkt 5: a) Antrag der Abgeordneten Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg, Dr. Friedbert Pflüger, Dr. Wolfgang Schäuble, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Für ein stärkeres En- gagement der Europäischen Union auf dem westlichen Balkan (Drucksache 15/4722) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Dr. Rainer Stinner, Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Europäische Zu- kunft für Bosnien und Herzegowina – „Bonn Powers“ des Hohen Repräsen- tanten abschaffen (Drucksache 15/4406) . . . . . . . . . . . . . . . . c) Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Rainer Stinner, Dr. Werner Hoyer, Daniel Bahr (Münster), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Status des Kosovo als EU- Treuhandgebiet (Drucksachen 15/2860, 15/4799) . . . . . . . d) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung über die Ergebnisse ihrer Bemühungen um die Weiterentwicklung der politischen und ökonomischen Gesamtstrategie für die Balkanstaaten und ganz Südosteuropa für das Jahr 2004 (Drucksache 15/4813) . . . . . . . . . . . . . . . . Uta Zapf (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Andreas Schockenhoff (CDU/CSU) . . . . . Marianne Tritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Rainer Stinner (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Detlef Dzembritzki (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Michael Stübgen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Siegfried Helias (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 6: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Errichtung einer „Bundesstiftung Baukul- tur“ (Drucksache 15/4998 (neu)) . . . . . . . . . . . . . . Achim Großmann, Parl. Staatssekretär BMVBW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Renate Blank (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Franziska Eichstädt-Bohlig (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . H P T a b P L D J T A B t T ( M C F D M T a 15265 A 15265 A 15265 B 15265 B 15265 C 15267 A 15268 D 15270 A 15271 B 15272 D 15273 C 15274 D 15274 D 15276 A 15278 B ans-Joachim Otto (Frankfurt) (FDP) . . . . . . etra Weis (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 7: ) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Dr. Michael Meister, Heinz Seiffert, Otto Bernhardt, weiteren Abge- ordneten und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Vereinheitlichung der Umsatzgrenze bei der Berechnung der Steuer nach vereinnahmten Entgelten (Drucksachen 15/3193, 15/4814) . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Fi- nanzausschusses zu dem Antrag der Abge- ordneten Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Andreas Pinkwart, Carl-Ludwig Thiele, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Reform der Umsatzsteuer – Durch Umstellung von der Soll- auf die Istbesteuerung Umsatzsteuerbetrug wirk- sam bekämpfen und unnötige Liquidi- tätsbelastungen der Wirtschaft vermei- den (Drucksachen 15/2977, 15/4814) . . . . . . . eter Rzepka (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . ydia Westrich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Hermann Otto Solms (FDP) . . . . . . . . . . . utta Krüger-Jacob (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 8: ntrag der Fraktionen der SPD und des ÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Stabili- ätspolitik im Kaukasus und die Zukunft schetscheniens Drucksache 15/4855) . . . . . . . . . . . . . . . . . . arkus Meckel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . laudia Nolte (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . ritz Kuhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Werner Hoyer (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . elanie Oßwald (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 9: ) Große Anfrage der Abgeordneten Ernst Burgbacher, Marita Sehn, Dr. Christel Happach-Kasan, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Probleme des 15279 C 15280 B 15281 C 15281 C 15281 D 15284 A 15286 A 15286 D 15288 A 15288 B 15289 D 15291 B 15291 C 15293 C Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 163. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. März 2005 V Tourismus in Deutschland trotz des weltweiten Aufschwungs dieser Zu- kunftsbranche (Drucksachen 15/2033, 15/3287) . . . . . . . b) Erste Beratung des von den Abgeordneten Ernst Burgbacher, Dirk Niebel, Klaus Haupt, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Ju- gendarbeitsschutzgesetzes (Drucksache 15/2664) . . . . . . . . . . . . . . . . c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Tourismus zu dem Antrag der Abgeordneten Ernst Burgbacher, Helga Daub, Daniel Bahr (Münster), wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Sommerferienregelung verbrau- cherfreundlicher gestalten – Gesamtfe- rienzeitraum auf 90 Tage ausdehnen (Drucksachen 15/3102, 15/4121) . . . . . . . d) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Tourismus zu dem Antrag der Abgeordneten Jürgen Klimke, Klaus Brähmig, Edeltraut Töpfer, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der CDU/ CSU: Marketing für die Hauptstadt Berlin (Drucksachen 15/3491, 15/5014) . . . . . . . Ernst Burgbacher (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Annette Faße (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Brähmig (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Undine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ernst Hinsken (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Renate Gradistanac (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 10: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Statistikregis- tergesetzes und sonstiger Statistikgesetze (Drucksachen 15/4696, 15/4955) . . . . . . . . . . Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk (SPD) . . . . . . . . . . Alexander Dobrindt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk (SPD) . . . . . . . Dr. Karl Addicks (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Angela Schmid (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 11: Antrag der Abgeordneten Carl-Ludwig Thiele, Stephan Hilsberg, Franziska Eichstädt- B u B a i w ( C M F W T a b D C T U T U B p t 2 ( 15294 D 15294 D 15295 A 15295 A 15295 B 15296 C 15298 A 15299 C 15301 A 15302 C 15303 C 15303 D 15304 D 15305 B 15306 B 15307 C ohlig, Werner Kuhn (Zingst), Ulrich Adam nd weiterer Abgeordneter: Gelände um das randenburger Tor als Ort des Erinnerns n die Berliner Mauer, des Gedenkens an hre Opfer und der Freude über die Über- indung der deutschen Teilung Drucksache 15/4795) . . . . . . . . . . . . . . . . . . arl-Ludwig Thiele (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . arkus Meckel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . ranziska Eichstädt-Bohlig (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . erner Kuhn (Zingst) (CDU/CSU) . . . . . . . . agesordnungspunkt 12: ) Antrag der Abgeordneten Dagmar Schmidt (Meschede), Karin Kortmann, Detlef Dzembritzki, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der SPD, der Abge- ordneten Christa Reichard (Dresden), Dr. Christian Ruck, Dr. Ralf Brauksiepe, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Undine Kurth (Quedlinburg), Thilo Hoppe, Volker Beck (Köln), weiterer Ab- geordneter und der Fraktion des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN: Biologische Vielfalt schützen und zur Armutsbe- kämpfung und nachhaltigen Entwick- lung nutzen (Drucksache 15/4661) . . . . . . . . . . . . . . . ) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Fortschrittsbericht zur deutschen bila- teralen Entwicklungszusammenarbeit im Waldsektor (Drucksache 15/4600) . . . . . . . . . . . . . . . agmar Schmidt (Meschede) (SPD) . . . . . . . hrista Reichard (Dresden) (CDU/CSU) . . . . Dr. Uschi Eid (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . hilo Hoppe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . lrich Heinrich (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 13: nterrichtung durch die Bundesregierung: ericht der Bundesregierung über ihre Ex- ortpolitik für konventionelle Rüstungsgü- er im Jahre 2003 (Rüstungsexportbericht 003) Drucksache 15/4400) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15308 C 15308 D 15309 D 15310 D 15311 D 15312 D 15313 A 15313 A 15314 C 15316 A 15316 D 15317 D 15318 D VI Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 163. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. März 2005 Dr. Ditmar Staffelt, Parl. Staatssekretär BMWA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erich G. Fritz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Winfried Nachtwei (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Harald Leibrecht (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Petra Pau (fraktionslos) . . . . . . . . . . . . . . . . . Christian Müller (Zittau) (SPD) . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 14: Beratung des von der Bundesregierung einge- brachten Entwurfs eines Neunten Gesetzes zur Änderung des Wohngeldgesetzes (Drucksache 15/4977) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 15: a) Antrag der Abgeordneten Gitta Connemann, Dr. Peter Jahr, Peter H. Carstensen (Nord- strand), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Projekt des Um- weltbundesamtes zur so genannten un- angekündigten Feldbeobachtung end- gültig stoppen (Drucksache 15/4935) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Dr. Christel Happach-Kasan, Hans-Michael Goldmann, Dr. Volker Wissing, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der FDP: Verdeckte und unangekündigte Feldbeobachtung durch Umweltbundesamt (UBA) stop- pen (Drucksache 15/5033) . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 16: a) Antrag der Abgeordneten Winfried Nachtwei, Ernst Bahr (Neuruppin), Götz- Peter Lohmann, Ingrid Arndt-Brauer, Cornelia Behm und weiterer Abgeordne- ter: Die Regionalentwicklung in Bran- denburg und Mecklenburg-Vorpom- mern braucht Klarheit – Die zivile Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide ist überfällig (Drucksache 15/4792) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Günther Friedrich Nolting, Helga Daub, Jörg van Essen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Sinnvolles Nebenei- nander von Tourismus und Bundes- wehr (Drucksache 15/4956) . . . . . . . . . . . . . . . . W A W G D D E W N A L A Z E S t W A Z d d n W G F J I A Z d – 15319 A 15320 A 15322 B 15323 B 15324 A 15324 C 15325 B 15325 C 15325 C 15325 D 15326 A alter Kolbow, Parl. Staatssekretär BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nita Schäfer (Saalstadt) (CDU/CSU) . . . . . infried Nachtwei (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ünther Friedrich Nolting (FDP) . . . . . . . . . . r. Hermann Kues (CDU/CSU) . . . . . . . . . . r. Gesine Lötzsch (fraktionslos) . . . . . . . . . rnst Bahr (Neuruppin) (SPD) . . . . . . . . . . . . erner Kuhn (Zingst) (CDU/CSU) . . . . . . . . Dirk Manzewski (SPD) . . . . . . . . . . . . . . ächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 1 iste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . nlage 2 u Protokoll gegebene Rede zur Beratung des ntwurfs eines Gesetzes zur Änderung des tatistikregistergesetzes und sonstiger Statis- ikgesetze (Tagesordnungspunkt 10) erner Schulz (Berlin) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 3 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Entwurfs eines Neunten Gesetzes zur Än- erung des Wohngeldgesetzes (Tagesord- ungspunkt 14) olfgang Spanier (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . ero Storjohann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . ranziska Eichstädt-Bohlig (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . oachim Günther (Plauen) (FDP) . . . . . . . . . ris Gleicke, Parl. Staatssekretärin BMVBW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 4 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung er Anträge: Projekt des Umweltbundesamtes zur so genannten unangekündigten Feldbeobach- tung endgültig stoppen 15326 B 15327 C 15328 D 15329 D 15330 D 15331 D 15332 C 15333 D 15334 B 15335 C 15337 A 15337 C 15338 B 15339 A 15340 A 15340 C 15341 B Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 163. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. März 2005 VII – Verdeckte und unangekündigte Feldbe- obachtung durch Umweltbundesamt (UBA) stoppen (Tagesordnungspunkt 15) Gabriele Lösekrug-Möller (SPD) . . . . . . . . . . Gitta Connemann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Artur Auernhammer (CDU/CSU) . . . . . . . . . Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Christel Happach-Kasan (FDP) . . . . . . .15342 B 15343 B 15344 C 15345 A 15345 D Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 163. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. März 2005 15183 (A) ) (B) ) 163. Sitz Berlin, Donnerstag, d Beginn: 9.0
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    Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 163. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. März 2005 15337 (A) ) (B) ) unserer Sicht, dass nunmehr auch die ZusammensetzungDIE GRÜNEN cSteenblock, Rainder BÜNDNIS 90/ 10.03.2005 hung der Berlin-Klausel. Von größerer Bedeutung ist aus Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten * ** A N z s t v w d g v s K S h r n l m d e m d r a ä u Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Andres, Gerd SPD 10.03.2005 Bender, Birgitt BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 10.03.2005 Bettin, Grietje BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 10.03.2005 Bierwirth, Petra SPD 10.03.2005 Dr. Bötsch, Wolfgang CDU/CSU 10.03.2005 Bulmahn, Edelgard SPD 10.03.2005 Göppel, Josef CDU/CSU 10.03.2005 Dr. Götzer, Wolfgang CDU/CSU 10.03.2005** Freiherr von und zu Guttenberg, Karl- Theodor CDU/CSU 10.03.2005 Haack (Extertal), Karl Hermann SPD 10.03.2005 Hilsberg, Stephan SPD 10.03.2005 Höfer, Gerd SPD 10.03.2005* Dr. Küster, Uwe SPD 10.03.2005 Lanzinger, Barbara CDU/CSU 10.03.2005 Minkel, Klaus CDU/CSU 10.03.2005 Probst, Simone BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 10.03.2005 Dr. Rossmann, Ernst Dieter SPD 10.03.2005 Scharping, Rudolf SPD 10.03.2005 Schily, Otto SPD 10.03.2005 Schlauch, Rezzo BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 10.03.2005 Schröder, Gerhard SPD 10.03.2005 Seib, Marion CDU/CSU 10.03.2005 S D T T V W A (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung des Europarates für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung der NATO nlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Statistikregistergesetzes und sons- tiger Statistikgesetze (Tagesordnungspunkt 10) Werner Schulz (Berlin) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- EN): Ziel des Gesetzes ist es, die Auskunftspflichtigen u entlasten und somit überflüssige bürokratische Vor- chriften abzubauen. Dies geschieht durch eine effizien- ere Nutzung der bei den statistischen Ämtern bereits orhandenen Daten. Gleichzeitig nehmen wir die not- endigen Anpassungen vor, die sich aus Änderungen er Handwerksordnung ergeben. Unter anderem ist vor- esehen, dass künftig die statistikinterne Verknüpfung on Daten wesentlich vereinfacht werden soll. Als Er- atz für die entfallene Arbeitsstättenzählung soll die ommunalstatistik Zugang zu ausgewählten Daten des tatistikregisters erhalten. Das jetzt vorliegende Gesetz at einen Vorschlag des Bundesrates grundsätzlich be- ücksichtigt, einen zweiten jedoch abgelehnt, weil wir icht mehr, sondern weniger bürokratische Gesetze wol- en. Den Vorschlag, eine stärkere arbeitsteilige Zusam- enarbeit zwischen den statistischen Ämtern des Bun- es und der Länder zu ermöglichen, haben wir – mit iner verfassungsrechtlichen Klarstellung – aufgenom- en. Im Unterschied zum ursprünglichen Entwurf der Bun- esregierung hat es damit vier Ergänzungen bzw. Ände- ungen gegeben: die schon erwähnte Verbesserung der rbeitsteiligen Zusammenarbeit von Bundes- und Landes- mtern, eine Erhöhung des maximalen Stichproben- mfangs bei bestimmen Erhebungen sowie die Strei- trothmann, Lena CDU/CSU 10.03.2005 r. Thomae, Dieter FDP 10.03.2005 illmann, Antje CDU/CSU 10.03.2005 rittin, Jürgen BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 10.03.2005 iolka, Simone SPD 10.03.2005 öhrl, Dagmar CDU/CSU 10.03.2005 bgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich 15338 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 163. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. März 2005 (A) ) (B) ) des Statistischen Beirats durch eine Änderung des Bun- desstatistikgesetzes angepasst wurde. Der Statistische Beirat wird nun um je einen Vertreter der Umweltver- bände, einen weiteren Vertreter der Wissenschaft sowie einen Vertreter des Statistischen Amtes der Europäi- schen Gemeinschaft erweitert. Damit wird der mitt- lerweile großen Bedeutung der Umweltstatistik ebenso Rechnung getragen wie dem gewachsenen Einfluss der EU auf die Bundesstatistiken. Für uns ist wenig nachvollziehbar, weshalb Union und FDP diesem Gesetz im Ausschuss nicht zugestimmt haben. Es bleiben Zweifel, ob dabei nur sachliche Erwä- gungen bestimmend sind. Wir jedenfalls werden das Gesetz heute verabschieden und werden damit einen weiteren Baustein zur Vereinfachung, das heißt zum Bürokratieabbau, leisten. Abschließend möchte ich noch einmal hervorheben, dass durch dieses Gesetz keine zusätzlichen Kosten für die öffentlichen Haushalte entstehen. Auch für Unter- nehmen führt die Gesetzesvorlage zu keinem zusätz- lichen Aufwand; möglicherweise wird sogar der Auf- wand reduziert. Nicht zuletzt sind auch keine negativen Auswirkungen für die Verbraucherinnen und Verbrau- cher zu erwarten. Von daher möchte ich Sie bitten, dem Gesetz in der vorliegenden Fassung zuzustimmen. Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Neunten Ge- setzes zur Änderung des Wohngeldegesetzes (Tagesordnungspunkt 14) Wolfgang Spanier (SPD): Wir beraten heute das Neunte Gesetz zur Änderung des Wohngeldgesetzes. Dieses Gesetz betrifft die Bewohnerinnen und Bewohner von Heimen. Es geht darum, klarzustellen, wie das Wohngeld für diesen Personenkreis berechnet wird und wieweit dabei die Hilfe in besonderen Lebenslagen be- rücksichtigt wird. Anlass ist ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Dezember 2003, mit dem das Gericht entschie- den hat, dass Hilfe in besonderen Lebenslagen bei Heim- bewohnern nicht als Einkommen gerechnet werden darf, wenn der Wohngeldanspruch für diesen Personenkreis ermittelt wird. In der Zeit vom 1. Januar 2001 bis zum 31. Dezember 2004 war es jedoch Wille des Gesetzge- bers und Praxis in den Ländern, dass der für den Lebens- unterhalt bestimmte Anteil der Hilfe in besonderen Le- benslagen dem wohngeldrechtlichen Einkommen zugerechnet wurde. Das Gericht hat nun anders entschie- den. Deshalb ist eine Klarstellung notwendig. Schon vorab sei gesagt: Der Bundesrat hat sich mit diesem Gesetzentwurf eingehend beschäftigt und in sei- ner Sitzung am 18. Februar 2005 beschlossen, gegen den Gesetzentwurf keine Einwände zu erheben. Das ist wichtig, weil jede Änderung des Wohngeldgesetzes ein- vernehmlich zwischen Bund und Ländern geregelt wer- d z g g w b d H h F r w d h r b W t L k i s w h w d B h g d d R d b b w i d f K f b E s g s d u w g l d d r U (C (D en muss, weil ja auch die Kosten für das Wohngeld je ur Hälfte vom Bund und den Ländern getragen werden. Mit dem Gesetz soll noch einmal klargestellt und neu eregelt werden, was bereits mit der Novelle des Wohn- eldgesetzes 1999 beabsichtigt wurde. Selbstverständlich ird dabei das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes erücksichtigt. Es soll noch einmal klar geregelt werden, ass bei der Berechnung des Wohngeldes der Teil der ilfe in besonderen Lebenslagen, der zum Lebensunter- alt bestimmt ist, als Einkommen berücksichtigt wird. ür die Betroffenen heißt das, sie haben einen geringe- en Wohngeldanspruch. Insgesamt – und das ist ganz ichtig – führt das aber nicht zu einer Schlechterstellung er Betroffenen. Hilfe in besonderen Lebenslagen und Wohngeld ver- alten sich zueinander wie zwei kommunizierende Röh- en. Grundsätzlich steigt oder fällt nämlich die Hilfe in esonderen Lebenslagen im gleichen Maß, wie das ohngeld fällt oder steigt. Ich möchte noch einmal un- erstreichen: Für Heimbewohner, die Hilfe in besonderen ebenslagen bekommen, entsteht durch dieses Gesetz ein finanzieller Nachteil. Eine Besonderheit dieser Gesetzesänderung ist: Sie st rückwirkend. Das ist deshalb möglich, weil der Ge- etzgeber hiermit nur das noch einmal klarstellen will, as er ursprünglich gewollt hat und was dann auch ein- ellig so angewandt worden ist. Dass eine solche rück- irkende Gesetzgebung zulässig ist – auch gegenüber em Bürger und das ist ja das Entscheidende – wird im egründungsteil des Gesetzes ausführlich erläutert. Des- alb ersparen Sie mir, dass ich näher darauf eingehe. Ich ehe davon aus, dass die Begründung schlüssig ist und ass das Gesetz rechtlich einwandfrei ist. Das Gesetz bringt also keine Schlechterstellung für ie Heimbewohner. Würden wir auf die rückwirkende egelung verzichten, würde der Teil der Heimbewohner, ie in den Jahren 2001 bis 2004 Wohngeld erhalten ha- en, eine Nachzahlung erhalten. Bis zu 100 000 Heim- ewohner hätten nach der Interpretation des Bundesver- altungsgerichts im Durchschnitt 2 000 Euro Wohngeld m Jahr zuwenig Wohngeld erhalten. Für Bund und Län- er wären das je 400 Millionen Mehrausgaben. Ich ürchte, das wäre nur aufzufangen durch eine generelle ürzung des Wohngeldes. Das wäre aber sozialpolitisch alsch. Der jetzige Gesetzentwurf, der die Rückwirkung ein- ezieht, bedeutet Mehrausgaben von bis zu 75 Millionen uro, die von Bund und Ländern je zur Hälfte zu tragen ind. Das Gesetz sieht ausdrücklich einen Nachteilsaus- leich vor. Ein finanzieller Nachteil entsteht nur in ganz peziellen Fällen, deren Zahl sehr gering sein dürfte. In er Begründung wird darauf ausführlich eingegangen nd es werden auch Beispielsrechnungen vorgelegt. Ich ill nur ein Beispiel bringen: Hat ein unterhaltspflichti- es Kind die Sozialhilfezahlungen für die Mutter in vol- er Höhe selbst übernommen, zum Beispiel 1 000 Euro, ann hat dieser Unterhaltspflichtige zu viel gezahlt, weil as Wohngeld zu gering berechnet wurde, und die Diffe- enz – sagen wir 100 Euro – müsste erstattet werden. Der nterhaltspflichtige hat nicht vom Ausgleich der beiden Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 163. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. März 2005 15339 (A) ) (B) ) kommunizierenden Röhren selbst profitieren können. Bis zum 30. Juni 2006 können entsprechende Anträge bei den zuständigen Stellen gestellt werden. Der Gesetzentwurf geht jetzt in die Beratung der Aus- schüsse. Ich erwarte, dass der Deutsche Bundestag zügig entscheidet. Gero Storjohann (CDU/CSU): Wir diskutieren hier heute einen Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Än- derung des Wohngeldgesetzes. Mit diesem Gesetzent- wurf will die Bundesregierung einen gesetzestechni- schen Mangel beheben, der darin besteht, dass die seit dem Jahr 2001 ausgezahlte „Hilfe in besonderen Lebens- lagen“ bei der Berechnung von Wohngeld als Einkom- men berücksichtigt wird. Schuld daran ist eine unklare Gesetzesformulierung, die das Bundesverwaltungsge- richt mit Urteil vom 11. Dezember 2003 entgegen der ursprünglichen Absicht der Gesetzgeber entschieden hat. Es hat nämlich festgestellt, dass zum 1. Januar 2001 die den Heimbewohnern gewährte Hilfe in besonderen Le- benslagen nach dem Bundessozialhilfegesetz wohn- geldrechtlich kein Einkommen ist. Dies aber wurde durch die 1999 beschlossene Änderung des Wohngeld- gesetzes so geregelt. Dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts lag der Fall zugrunde, dass einer Heimbewohnerin im Jahre 2001 Wohngeld versagt worden war, nachdem neben ih- ren Renten auch ein Betrag in Höhe von 1 100 DM als monatliches Einkommen berücksichtigt worden war. Das Gericht argumentiert, die Anrechnung des zum Le- bensunterhalts bestimmten Anteils der Hilfe in besonde- ren Lebenslagen sei nicht zulässig. Dadurch entsteht nun das Problem, dass die Anrechnung einer entsprechenden Pauschale aufgrund der Wohngeldverordnung durch die Ermächtigung im Wohngeldgesetz nicht gedeckt ist. Denn nach dem Urteil des Bundesverwaltungsge- richts können eigene Einnahmen eines Heimbewohners, beispielsweise eine Rente, nicht bei der „Hilfe in beson- deren Lebenslagen“ und beim Wohngeld gleichzeitig an- spruchsmindernd berücksichtigt werden. Aufgrund die- ses Urteils ist daher im Fall von Heimbewohnern die Zurechnung der „Hilfe in besonderen Lebenslagen“ zum Jahreseinkommen im Sinne des Wohngeldgesetzes für die Jahre 2001 bis 2004 nicht möglich. Die Regierung rechnet mit 100 000 Heimbewohnern, die neben der „Hilfe in besonderen Lebenslagen“ auch Wohngeld er- halten haben. Bei den betroffenen Heimbewohnern war das Wohn- geld auf die Sozialhilfeträger übergeleitet bzw. minderte es den Sozialhilfeanspruch. Deswegen kommen die in- folge des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts zuste- henden Wohngeldnachzahlungen den Ländern und Kommunen als Sozialhilfeträgern zugute. Wille des Gesetzgebers war es im Jahre 1999 jedoch, den für den Lebensunterhalt bestimmten Anteil der „Hilfe in besonderen Lebenslagen“ dem wohngeldrecht- lichen Einkommen zuzurechnen. Dieser Wille ist in dem dann tatsächlich verabschiedeten Gesetz aber nicht be- rücksichtigt worden. Die Bundesregierung hat nun ein r b n 2 8 s m r 2 k r v H b g d r t s n z e N d v 7 r 5 W i B d v D R d e S A a w A t w r t e z g w d z D g K n K (C (D iesiges Problem. Würde nämlich jetzt dieser gesetzge- erische Wille nicht rückwirkend klargestellt, wären ach Berechnungen der Bundesregierung für die Jahre 001 bis 2004 mit Wohngeldmehrausgaben von bis zu 00 Millionen Euro zu rechnen. Dieser Betrag beläuft ich auf Gesamtausgaben von Bund und Ländern zusam- en. Dadurch wäre zu erwarten – so die Bundesregie- ung –, dass die Betroffenen im Schnitt bis zu 000 Euro zu wenig Wohngeld erhalten hätten. Deswegen strebt die Bundesregierung eine rückwir- ende gesetzliche Regelung an. Der heute zu diskutie- ende Gesetzentwurf sieht vor, rückwirkend für die Zeit om 1. Januar 2001 bis zum 31. Dezember 2004 bei eimbewohnern einen Teil der Hilfe in besonderen Le- enslagen nach dem Bundessozialhilfegesetz als wohn- eldrechtliches Einkommen zu berücksichtigen. Da- urch soll für die vom Bundesverwaltungsgericht als echtswidrig beurteilte Praxis der Wohngeldstellen nach- räglich eine rechtmäßige gesetzliche Grundlage ge- chaffen werden. Der Gesetzentwurf sieht hierbei vor, atürlichen Personen, die durch die rückwirkende Geset- esänderung einen unmittelbaren finanziellen Nachteil rleiden, einen entsprechenden Ausgleich für erlittene achteile zu gewähren. Die Bundesregierung ist hierbei er Auffassung, dass bei einer rückwirkenden Regelung oraussichtlich nur mit Mehrausgaben von bis zu 5 Millionen Euro für Bund und Länder zusammen zu echnen ist. Begründet wird dies damit, dass in bis zu 7 000 Fällen im Schnitt rund 3 330 Euro zu wenig ohngeld gezahlt worden sei. Hierbei handele es sich m Wesentlichen um Härtefalle. Deshalb rechnet die undesregierung nur mit geringfügigen Ausgaben. Der Gesetzentwurf sieht jedoch keinen Ausgleich für ie Sozialhilfeträger, also insbesondere die Kommunen, or, wenn ihnen dadurch finanzielle Nachteile entstehen. er Frage, ob dies nicht gegen das verfassungsrechtliche ückwirkungsverbot, also gegen das Rechtsstaatsprinzip es Grundgesetzes, verstößt, muss im Ausschuss noch inmal verstärkt nachgegangen werden. Der Begründung des Gesetzentwurfs entnehmen wir: ozialhilfeträger könnten sich als die Träger öffentlicher ufgaben nicht auf den Vertrauensschutz und damit uch nicht auf das Rückwirkungsverbot berufen. Ist das irklich so? Wie kommt die Bundesregierung zu dieser nnahme? Diese Rechtsauffassung ist höchst problema- isch! Hier haben wir großen Fragebedarf. Hierdurch ird überhaupt nicht die unterschiedliche Finanzie- ungsverantwortung für das Wohngeld und für die Leis- ungen der Sozialhilfe berücksichtigt. Unterm Strich ntlastet nämlich die vorgesehene rückwirkende Geset- esänderung den Haushalt des Bundes. Diese Entlastung eschieht jedoch einseitig. Ohne die vorgesehene rück- irkende Gesetzesänderung würde der Bund die Hälfte er infolge des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts u erwartenden Wohngeldnachzahlungen tragen müssen. urch die Gesetzesänderung würde er jedoch diese Aus- aben sparen. Dadurch aber würden den Ländern und ommunen als Sozialhilfeträgern entsprechende Ein- ahmeausfälle entstehen. Uns interessiert, inwieweit die ommunen durch dieses Manöver zusätzlich belastet 15340 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 163. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. März 2005 (A) ) (B) ) werden. Im Ausschuss werden wir diesen Sachverhalt eingehend zu diskutieren haben. Franziska Eichstädt-Bohlig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir diskutieren heute den Entwurf eines Ge- setzes zur Änderung des Wohngeldgesetzes. Dieser Ent- wurf war notwendig geworden, weil das Bundesverwal- tungsgericht mit Urteil vom 11. Dezember 2003 eine folgenreiche Entscheidung getroffen hat. Demnach ist im Fall von Heimbewohnern die Zurechnung des für den Lebensunterhalt bestimmten Anteils der Hilfe in beson- deren Lebenslagen zum Jahreseinkommen im Sinne des Wohngeldgesetzes für die Zeit vom 1. Januar 2001 bis zum 31. Dezember 2004 nicht möglich. Eben diese Zu- rechnung war vom Gesetzgeber bei der Novellierung des Wohngeldgesetzes zum 1. Januar 2001 aber beabsichtigt gewesen. Es entspricht übrigens auch der bis Ende 2000 geltenden Rechtslage und der Vollzugspraxis in Bund und Ländern. Ich glaube, es ist absolut gerechtfertigt, neben der Rente auch den für den Lebensunterhalt bestimmten An- teil der Hilfe in besonderen Lebenslagen zum Jahresein- kommen zuzurechnen und auf dieser Grundlage über den Wohngeldanspruch zu entscheiden. Täten wir dies nicht, käme es zu einer Gerechtigkeitslücke gegenüber anderen potenziellen Wohngeldempfängern, die keine Hilfe in besonderen Lebenslagen empfangen. Um diese Lücke im Wohngeldgesetz zu schließen, soll mit dem vorliegenden Gesetzentwurf für die Zeit ab dem 1. Ja- nuar 2001 eine Klarstellung des ursprünglichen gesetz- geberischen Willens vollzogen werden. Die Einkom- mensermittlung für Heimbewohner bei Empfang von Hilfe in besonderen Lebenslagen soll demnach rückwir- kend neu geregelt werden. Keinesfalls wollen wir aber durch die Rückwirkung des Gesetzes betroffene An- spruchsberechtigte finanziell schlechter stellen oder ih- nen gar finanzielle Härten zumuten. Deshalb sieht der Gesetzentwurf einen Nachteilsausgleich zugunsten be- troffener Anspruchsberechtigter vor. Auch die Träger der Hilfe in besonderen Lebenslagen, in erster Linie die Kommunen, werden von der Regelung nicht finanziell belastet. Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 18. Fe- bruar 2005 beschlossen, gegen den Gesetzentwurf keine Einwendungen zu erheben. Streit mit dem Bundesrat ist in diesem Fall also nicht zu erwarten. Bitte erlauben Sie mir an dieser Stelle noch ein paar Worte zum Wohngeld allgemein. Die mit Hartz IV voll- zogene Wohngeldvereinfachung ist zum 1. Januar 2005 wirksam geworden. Danach erhalten alle Transferleis- tungsempfänger kein Wohngeld mehr. Ihre Unter- kunftskosten tragen dann vollständig die örtlichen und überörtlichen Träger. Hierdurch entfällt das bisherige verwaltungsaufwändige Erstattungsverfahren zwischen dem Träger des Wohngeldes und den verschiedenen Transferleistungsträgern. Beim Wohngeld für Nicht- transferleistungsempfänger ändert sich durch diese Wohngeldreform nichts. Hier bleibt der Bund in der Ver- antwortung. Der Haushaltsansatz beim Wohngeld be- trägt in diesem Jahr noch rund 850 Millionen Euro. r S r g d i W z m A w s i g W u s G t d g G g D l a d s h d v d g f d § l a L L c Z d s G s w l d f V d A d (C (D Die Bedeutung des Wohngelds für eine soziale Wohn- aumpolitik ist unverändert hoch und wird aus meiner icht in Zukunft noch zunehmen. Mit der Wohngeld- eform 2001 haben wir das Leistungsniveau des Wohn- eldes deutlich angehoben und das Wohngeldrecht bun- esweit vereinheitlicht. Im Zuge der Wohngeldnovelle st die Zahl der Empfängerhaushalte von allgemeinem ohngeld im Vergleich zum Jahr 2000 um rund 2 Pro- ent gestiegen. Demgegenüber wird die Nachfrage nach it viel Geld zusätzlich gefördertem Wohnraum mit usnahme von einigen Ballungsräumen bundesweit eiter abnehmen. Dies ist zuallererst dem demographi- chen Wandel und dem wirtschaftlichen Strukturwandel n Ostdeutschland und in einigen Regionen im Westen eschuldet. Vor diesem Hintergrund wird sich das ohngeld auch mittel- und langfristig als ein flexibles nd auch treffsicheres Instrument zur Sicherung einer ozialen Wohnraumpolitik erweisen. Joachim Günther (Plauen) (FDP): Der vorliegende esetzentwurf ist durch ein Urteil des Bundesverwal- ungsgerichts veranlasst, das einen herben Schlag gegen ie schlampige und inhaltlich ungerechte Sozialgesetz- ebung der Bundesregierung darstellt. Der vorliegende esetzentwurf greift die Anweisungen und Klarstellun- en des Bundesverwaltungsgerichts auf und setzt sie um. ie FDP kann sich diesen Umsetzungen und Klarstel- ungen anschließen. Die Regierung trägt dabei die Ver- ntwortung für die entstandene Rechtsunsicherheit und ie durch die notwendigen Korrekturen im Wohngeldge- etz anfallenden Mehrkosten in den öffentlichen Haus- alten. Handwerkliche Fehler der Bundesregierung führten azu, dass nun aufgrund eines Urteils des Bundes- erwaltungsgerichts wohngeldrechtliche Vorschriften, ie das Verhältnis zu Ansprüchen aus der Sozialhilfe re- eln, geändert werden sollen, und das sogar rückwirkend ür die Jahre 2001 bis 2004. Das Bundesverwaltungsgericht hat – eng am Wortlaut es Wohngeldgesetzes orientiert – festgestellt, dass 10 Wohngeldgesetz nur zulässt, die Leistungen der aufenden Hilfe zum Lebensunterhalt auf den Wohngeld- nspruch anzurechnen, nicht aber auch den Anteil zum ebensunterhalt, der in der sozialrechtlichen Hilfe zum ebensunterhalt in besonderen Lagen enthalten ist. Sol- he Fehler dürfen dem Gesetzgeber nicht unterlaufen. u oft – auch bei anderen Gesetzen – vertraut die Bun- esregierung darauf, dass die Praxis schon mit den Ge- etzen umzugehen wisse; es sei ja bekannt, was mit den esetzen gemeint ist. Diese Vorgehensweise hält rechts- taatlichen Nachprüfungen nicht stand. Die FDP stimmt mit der Auslegung des Bundesver- altungsgerichts überein. Die FDP trägt das ursprüng- iche Ziel des Wohngeldgesetzes und des nun vorliegen- en Gesetzentwurfes mit, das Wohngeldgesetz so zu assen, dass Einnahmen, die zum Lebensunterhalt zur erfügung stehen, auch als Grundlage bei der Ermittlung es Anspruches auf Wohngeld zu berücksichtigen sind. uch der Anteil der Hilfe in besonderen Lebenslagen, er für den Lebensunterhalt bestimmt ist, muss dann Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 163. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. März 2005 15341 (A) ) (B) ) konsequenterweise auf zusätzliche wohngeldrechtliche Ansprüche angerechnet werden. Es ist nicht richtig, dass Menschen, die bereits in wirt- schaftlicher Bedrängnis sind, für ihr geringes selbst er- wirtschaftetes Einkommen nach der bestehenden Geset- zeslage auch noch bestraft werden sollen. Die FDP stimmt deshalb dem Urteil des Bundesverwaltungsge- richts und dessen Umsetzung im vorliegenden Gesetz- entwurf auch dahin gehend zu, dass Einnahmen des An- spruchsberechtigten, die bereits bei der Berechnung der Hilfe in besonderen Lebenslagen berücksichtigt wurden, nicht noch einmal bei der Bemessung des Wohngeldes – für Fälle der Pauschalierung nach § 8 Wohngeldgesetz – angesetzt werden dürfen. Problematisch ist schließlich die so genannte echte Rückwirkung der angestrebten Regelungen, weil sie in die Wohngeldansprüche nach § 44 SGB X eingreift, die mit Wirkung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Dezember 2003 bestehen. Die Nachteilsaus- gleichsklausel in § 40 Abs. 5 des Gesetzentwurfs zielt darauf ab, Schaden von Betroffenen abzuwenden. Dies beseitigt hoffentlich wirklich alle finanziellen Einbußen der Betroffenen. Nicht beseitigen kann diese Klausel die entstandene Rechtsunsicherheit und den entstehenden Verwaltungsaufwand. Es ist zynisch, in der Gesetzesbegründung davon zu sprechen, das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts stelle sich für die Betroffenen als überraschende Ent- scheidung dar, weswegen sie eigentlich gar keinen Ver- trauensschutz genießen würden. Wer den Rechtsweg bis zu den obersten Bundesgerichten beschreitet in dem Glauben, dort Recht zu erhalten, ist wohl kaum über- rascht, wenn seiner Klage schließlich stattgegeben wird. Rechtsstaatlichkeit kann nicht mit dem Hinweis darauf abgetan werden, dass die Wohngeldstellen nach Rück- sprache mit dem Ministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen und den Ländern den vom Urteil be- troffenen Personen, die nun einen Antrag auf Korrektur früherer Bescheide stellten, mitteilen, sie würden die Be- richtigung der früheren Bescheide nun erst einmal hinten an stellen. Insgesamt bleibt offen, welche Mehrkosten den öf- fentlichen Haushalten durch die fehlerhafte Gesetzge- bung entstehen werden. Die im Gesetzentwurf enthalte- nen Korrekturen sind jedenfalls notwendig, um rechtliche Klarheit und soziale Gerechtigkeit wiederher- zustellen. Dass dies erst wieder durch ein Urteil eines Bundesgerichts veranlasst wird, wirft ein schlechtes Bild auf diese Bundesregierung. Iris Gleike (Parl. Staatssekretärin beim Bundesmi- nisterium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen): Der Regierungsentwurf eines Neunten Gesetzes zur Ände- rung des Wohngeldgesetzes ist eine zugegeben ziemlich abstrakte Bezeichnung für einen wichtigen Sachverhalt. In der Sache geht es darum, für die Jahre 2001 bis 2004 rückwirkend für das Wohngeld die Einkommens- ermittlung von Heimbewohnern zu regeln, die Hilfe in besonderen Lebenslagen nach dem Bundessozialhilfege- setz erhalten haben. Hilfe in besonderen Lebenslagen u M m l h w s w m g d ä w d g d d b f z V b n h w f d d W G d b G h s D w b B t b d d d t H z t W w i f n e N s H d (C (D mfasst etwa die Eingliederungshilfe für behinderte enschen oder die Hilfe zur Pflege, also besondere For- en der Sozialhilfe. Der Bundesrat hat in seiner Stel- ungnahme zu diesem Gesetzentwurf keine Einwände er- oben. Das ist ja heutzutage nicht unbedingt die Regel, ie wir alle wissen. Aber für die Haltung des Bundesrates gibt es in die- em Fall eine ganz einfache Erklärung: Der Gesetzent- urf regelt ohnehin nur das, was nach dem gemeinsa- en Willen von Bundestag und Bundesrat sowieso elten sollte. Als Bundestag und Bundesrat im Jahr 1999 as Wohngeldrecht mit Wirkung zum 1. Januar 2001 ge- ndert haben, wollten sie, dass bei Heimbewohnern nach ie vor der für den Lebensunterhalt bestimmte Anteil er Hilfe in besonderen Lebenslagen dem wohn- eldrechtlichen Einkommen zugerechnet wird. Der für en Lebensunterhalt anzusetzende Anteil war bis 2004 urch einen Pauschalsatz in der Wohngeldverordnung estimmt. Es war zwischen Bund, Ländern und den aus- ührenden Gemeinden unstreitig und einhellige Voll- ugspraxis, dass – entsprechend der Anordnung in dieser erordnung – die den Heimbewohnern gewährte Hilfe in esonderen Lebenslagen als Einkommen bei der Berech- ung des Wohngeldes zu berücksichtigen war. Völlig überraschend und im Gegensatz zur Vorinstanz at das im April 2004 zugestellte Urteil des Bundesver- altungsgerichts vom 11. Dezember 2003 dieser Praxis ür die Jahre 2001 bis 2004 den Boden entzogen. Nach iesem Urteil ist die Anrechnung der Hilfe nach der Än- erung des Wohngeldrechts 1999 nicht mehr durch ohngeldgesetz und Wohngeldverordnung gedeckt. Der esetzgeber hatte aber – wie gesagt – überhaupt nicht ie Absicht, der Anrechnung der Hilfe in besonderen Le- enslagen als wohngeldrechtliches Einkommen die rundlage zu entziehen. Das Bundesverwaltungsgericht at uns in seinem Urteil für den Fall des gesetzgeberi- chen Handelns ergänzende Hinweise gegeben, die eine oppelanrechnung einzelner Einkommenspositionen so- ohl bei der Hilfe in besonderen Lebenslagen als auch eim Wohngeld verhindern sollen. Der dem Bundestag vorliegende Gesetzentwurf der undesregierung schließt nun die vom Bundesverwal- ungsgericht für die Einkommensanrechnung bei Heim- ewohnern festgestellte Regelungslücke und greift dabei ie ergänzend gegebenen Hinweise auf. Es stellt damit en gesetzgeberischen Willen von Bundestag und Bun- esrat aus dem Jahr 1999 in dem vom Bundesverwal- ungsgericht gesteckten rechtlichen Rahmen klar. Dabei möchte ich eines hervorheben: Die betroffenen eimbewohner werden durch den Gesetzentwurf finan- iell nicht schlechter gestellt. Sie könnten nach dem Ur- eil des Bundesverwaltungsgerichts zwar ein höheres ohngeld verlangen. Der höhere Wohngeldanspruch ürde aber zu einer entsprechenden Kürzung der Hilfe n besonderen Lebenslagen durch die Sozialhilfeträger ühren. Für den Ausnahmefall, dass den Heimbewoh- ern oder deren Angehörigen ein finanzieller Nachteil ntsteht, sieht der Gesetzentwurf vorsorglich einen achteilsausgleich vor. Der Gesetzentwurf vermeidet omit für Bund und Länder Wohngeldmehrausgaben in öhe von jeweils mindestens 400 Millionen Euro, ohne ie Heimbewohner zu belasten. 15342 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 163. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. März 2005 (A) ) (B) ) Die Mehrausgaben würden ausschließlich den Sozial- hilfeträgern, also in erster Linie den Kommunen, zugute kommen. Diese könnten ohne den Gesetzentwurf Rück- erstattungsansprüche für die Jahre 2001 bis 2004 geltend machen. Dadurch würden die Sozialhilfeträger aber ei- nen von Bundestag und Bundesrat nicht beabsichtigten – und für die Träger völlig unerwarteten – Vorteil erlan- gen. Mit diesen Rückerstattungsansprüchen haben die Soziahilfeträger nicht gerechnet, weil auch für sie das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts überraschend war. Ohne Gesetzesänderung käme darüber hinaus ein ho- her Verwaltungsaufwand auf die Länder zu. Für bis zu 100 000 Heimbewohner, die in den Jahren 2001 bis 2004 Wohngeld erhalten haben, müssten die Wohngeldbe- scheide neu bearbeitet werden. Ich denke, wir sind uns einig, dass das Wohngeld im Interesse seiner sozialpolitischen Leistungsfähigkeit nicht durch derartige zusätzliche Lasten geschwächt werden darf. Zu dem Gesetzentwurf darf ich abschließend feststel- len: Erstens. Er stellt den gemeinsamen Willen von Bun- destag und Bundesrat klar, wie er sich vor dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts auch in der allgemeinen Vollzugspraxis niedergeschlagen hat. Zweitens. Die betroffenen Heimbewohner werden durch den Gesetzentwurf finanziell nicht schlechter ge- stellt. Eine ohne den Entwurf erforderliche Neuberech- nung eines dann höheren Wohngeldes würde vielmehr zur nachträglichen Kürzung der Hilfe in besonderen Le- benslagen führen. Drittens. Der Gesetzentwurf bewirkt für die Träger der Hilfe in besonderen Lebenslagen keine zusätzliche Belastung finanzieller Art, sondern schließt lediglich die auch für die Träger unvorhergesehenen Rückerstattungs- möglichkeiten für 2001 bis 2004 aus. Viertens. Er vermeidet Mehrausgaben für Wohngeld bei Bund und Ländern in Höhe von jeweils mindestens 400 Millionen Euro. Fünftens. Er verhindert umfangreiche, verwaltungs- aufwendige und damit kostenträchtige Neuberechnun- gen von Wohngeld. Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – Projekt des Umweltbundesamtes zur so ge- nannten unangekündigten Feldbeobach- tung endgültig stoppen – Verdeckte und unangekündigte Feldbeob- achtung durch Umweltbundesamt (UBA) stoppen (Tagesordnungspunkt 15) Gabriele Lösekrug-Möller (SPD): Der hier einge- brachte Antrag der CDU/CSU-Fraktion hat eine Vorge- s D h T c d t d t d R s D l d f g m f L m u s w d m b d s L k f b a d a L h L w b P B s v J U v s k (C (D chichte, aber kein Nachspiel und keinen Abgesang. ies beides liefert die FDP. Der Abgesang ist gerade eute Morgen in Form eines neuen Antrages auf unseren isch gekommen. Worum geht es in beiden Anträgen? Um welche Sa- he? Ich halte es für notwendig, dies herauszuarbeiten, a Sie sich, meine Damen und Herren von der Opposi- ion, so oft vollkommen im Ton vergriffen haben, dass as zu erreichende Ziel absolut in den Hintergrund gera- en ist. Trotz allen Lärms haben wir ein gemeinsames Ziel: en Einsatz von Pflanzenschutzmittel gemäß geltender egelungen. Denn das dient dem Schutz unserer Gewäs- er, dem Wasser und damit auch unser aller Gesundheit. ie Rede ist von der Abstandsregelung. Aber, die Rege- ung für das Ausbringungsverbot ist das eine, die Praxis as andere. Es ist doch wohl legitim, ja die Pflicht des Staates, estzustellen, ob Regeln eingehalten werden. Dies eschieht üblicherweise durch Kontrollen: Bei Lebens- itteln, im Straßenverkehr, in Bäckereien und in Fisch- abriken. Alles keine Landwirtschaft – stimmt! Aber andwirtschaft ist keine Insel fernab. Landwirtschaft ist ittendrin in unserer Gesellschaft. So wollen wir das nd so ist es. Wir wollen wissen: Halten sich unsere Landwirt- chaftlichen Betriebe an die Abstandsregelungen? Das ollen wir wissen und nicht nur vermuten. Nur glauben, ass sie sich daran halten, ist uns auch zu wenig. Also üssen belastbare Daten her. Nun scheinen einige zu wissen, dass es diese belast- aren Daten gibt, sie liegen bei den Ländern. So zumin- est beschreibt der CDU/CSU-Antrag die Lage. So weit, o gut, finde ich. Dann wäre es doch ganz einfach. Die änder lieferten diese Daten und die Bundesebene önnte ihre Arbeit tun. Leider, leider geht es – wieder einmal – nicht so ein- ach. Der aktuelle Stand ist wohl, dass Baden-Württem- erg und Mecklenburg-Vorpommern guten Willens sind, lle anderen tun sich da schon schwerer, wohl auch, weil ie Dokumentationswünsche des UBA, ich gehe davon us, zu Recht, über den normalen Kontrollumfang der änder hinausgehen. Aber eine bloße Verweigerungshaltung bringt uns ier nicht weiter. Die Rede war von Zusammenarbeit der änder mit dem UBA. Das bedeutet für mich, wenn et- as nicht geht, dann sucht man alternative Wege. Hier ietet es sich doch geradezu an, im Kontrollprogramm flanzenschutz, welches sehr übersichtlich durch eine und-Länder-Expertengruppe im Handbuch Pflanzen- chutzkontrollprograrnm dargestellt wurde, einen ein- ernehmlichen Weg zu suchen. Der Konflikt um dieses Projekt geht nun in das zweite ahr, also viel Zeit für die Bundesländer und auch für das BA, die ungenutzt verstrichen ist. So konnte sich die on Ihrer Seite hoch emotional geführte Debatte in die- em Haus voll entfalten. Das war einer sachlichen Dis- ussion nicht besonders dienlich. Was haben wir alles Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 163. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. März 2005 15343 (A) ) (B) ) gehört: „Kriminalisierung der Landwirtschaft“, „Bauer- spione“, um nur zwei Vokabeln zu nennen. Da Ihre An- träge sich nicht von dieser Debattenkultur distanzieren, sondern – milde beurteilt – nur mit etwas gemäßigter Wortwahl daher kommen, werden wir sie ablehnen. In Ihrem Antrag, meine Damen und Herren von der FDP, werden Projektmitarbeiter zu „verdeckten Ermittlern“. Damit gelingt es Ihnen, die Vokabel „Schwerkriminali- tät“ auch noch unterzubringen. Wir hatten Wahlkampfgeklingel vor der S/H-Wahl, nun haben wir Lärm vor der NRW-Wahl. Offenbar konn- ten Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, den „politischen Vegetationsphasen“ nicht entkommen. Aber Fakt ist: Gewässerproben zeigen, bei der Ausbrin- gung von Pflanzenschutzmitteln, können/müssen wir besser werden. Ich zitiere dazu die dpa-Meldung vom 7. März 2005: „Ein Drittel des Grundwassers im Oberrheingraben wei- terhin belastet. Vor allem Nitrate und Pflanzenschutzmit- tel seien in zu hohen Mengen gemessen worden, sagte der baden-württembergische Umweltminister Stefan Mappus (CDU) am Montag in Straßburg … Hauptverur- sacher der Grundwasserbelastung ist die intensive Land- wirtschaft in der Rheinebene.“ Wir wissen, die technischen Möglichkeiten zur Opti- mierung sind groß. Vielleicht gibt es auch hier eine Pro- blemstellung, die viele von uns kennen. Ich beschreibe sie kurz: Es klappt nicht mit dem PC. Eine Expertin hilft und kommt zu dem Ergebnis: Hardware o. k., Software o. k. Der Anwender muss noch was lernen – damit‘s klappt. Wir alle sollten bemüht sein, Fehlerquellen auf beiden Seiten also, im übertragenen Sinn im und vor dem PC, zu reduzieren. Ich bin sicher, dass dies auch das Anliegen der Landwirtschaft ist. Daher erlaube ich mir eine persönliche Anmerkung: Ich sehe das durch das Umweltforschungszentrum Leip- zig entwickelte Projekt in seiner Beobachtungsphase sehr kritisch. Ich habe erheblich Zweifel an der Belast- barkeit jener Teilergebnisse, die durch Verhaltens- beobachtung erhoben werden. Mit scheint die geplante Vorgehensweise nicht zielführend. Ich wäre sofort dabei, diesen Projektteil ersatzlos zu streichen, wenn – da sind wir wieder am Anfang – die Länder bereit sind, im Rahmen ihres Kontrollprogramms einen geringen Prozentsatz der Kontrollen mit ausge- weiteten Prüfparametern durchzuführen. Ich sehe sie in einer Mitwirkungspflicht. Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, sollten jene Energie, die Sie in dieser Debatte an den Tag legen, besser einsetzen, um Ihren Landwirtschaftsminis- tern in den Ländern klar zu machen, dass Kooperation angesagt ist – wenigstens an dieser Stelle. Bliebe ein kleiner Rest: Sich zu verständigen über Qualität und Umfang der Kontrollen. Dann, aber nur dann würde ich mich Ihren Forderungen anschließen können. Hören wir hier auf, fangen wir neu an! Gitta Connemann (CDU/CSU): Heute debattieren wir zum dritten Mal das Projekt „Unangekündigte Feld- b W s w s h r d s B g d w P d 1 i s a s a B a z d w C w d S S p n f e K C b d v ß H P s r (C (D eobachtung“, zum dritten Mal im Laufe eines Jahres. ir tun das zum dritten Mal, weil Ankündigungen, Zu- agen, Versprechen, das Projekt einzustellen, immer ieder gebrochen worden sind. Die Leidensgeschichte beginnt 2004. Das UBA chrieb ein Projekt aus, das landläufig „Bauernspione“ eißt; eine treffende Bezeichnung; denn ein ganzer Be- ufsstand wird unter Generalverdacht gestellt. Ein öffentlicher Aufschrei erfolgte, zutreffend. Denn ie Menschen wissen, dass unsere Bauern die Natur chützen und pflegen. Die Menschen wissen, dass unsere auern nach den weltweit höchsten Standards hervorra- ende Lebensmittel erzeugen. Die Menschen wissen, ass unsere Bauern jede Anstrengung unternehmen, so enig Pflanzenschutzmittel wie möglich einzusetzen. Sichere und hochwertige Ernten sind zwar ohne flanzenschutzmittel kaum möglich, dennoch haben die eutschen Landwirte den Aufwand an Wirkstoffen seit 987 um über 50 Prozent verringert, und zwar freiwillig, n eigener Initiative. Ein Beispiel ist das Programm „Integrierter Pflanzen- chutz“. Deshalb beteiligt sich die Landwirtschaft auch n dem „Reduktionsprogramm“ der Bundesregierung. Dies alles sind Leistungen, die Vertrauen begründen ollten. Sie tun es aber nicht bei dieser Bundesregierung. Sie schenkt zwar sorglos Vertrauen, wenn es um Visa- nträge von ukrainischen Schlepperbanden geht. Den auern aber begegnet sie mit Misstrauen. Sie sollen un- ngekündigt, verdeckt bei der Ausbringung von Pflan- enschutzmitteln beobachtet werden. Verdeckt – genau das ist der Skandal! Es geht nicht arum, dass die Landwirte sich Kontrollen entziehen ollen. Es geht auch nicht darum, dass wir in der CDU/ SU den Landwirten einen „Persilschein“ ausstellen ollen. Sie sind zu kontrollieren wie alle anderen. Aber wir lehnen verdeckte Ermittlungen ab. Ver- eckte Ermittlungen kennt unser Rechtsstaat nur bei chwerstkriminellen. Unsere Landwirte sind keine chwerstkriminellen. Es muss Schluss sein mit ihrer auschalen Verdächtigung. Landwirte sind zu kontrollieren wie alle anderen, icht minder aber auch nicht mehr, und zwar von den da- ür zuständigen Aufsichtsbehörden der Länder. Aber was interessiert das die Bundesregierung? Noch ine Kontrolle – Zuständigkeiten hin oder her, noch eine ontrolle – von studentischen Hilfskräften, die den rashkurs „Wie werde ich verdeckter Feldbeobachter?“ esucht haben. Dort lernen sie, dass sie das Feld nur mit Einwilligung es Landwirts betreten dürfen. Soll die Ermittlung also erdeckt bleiben, muss sie außerhalb des Feldes auf grö- ere Entfernung vorgenommen werden. Eine solche ilfskraft kann auf Entfernung gar nicht erkennen, ob flanzenschutzmittel ausgebracht werden. Sie kann elbst mit dem stärksten Fernglas nicht erkennen, ob die ichtige Technik verwandt wird. 15344 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 163. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. März 2005 (A) ) (B) ) Das Projekt verdient deshalb nur folgende Bewer- tung: mangelhaft, wissenschaftlich fragwürdig, diskrimi- nierend. Dies sieht auch die Öffentlichkeit so. Als der öffentli- che Druck zu groß wurde, wurde erklärt, dass das Pro- jekt eingestellt wird. Erste Täuschung; denn tatsächlich wird das Projekt fortgeführt. Daraufhin beantragen CDU/CSU und FDP hier die Einstellung. Im Vorfeld der Debatte stehen wir damit nicht allein. So fordert der Abgeordnete Priesmeier, SPD, in der „Bild am Sonntag“ vom 13. Juni 2004, ich zitiere: Trittin muss das ganze Verfahren sofort stoppen. Wie wahr! Und der Abgeordnete Ostendorff von Bündnis 90/Die Grünen empört sich an selber Stelle, ich zitiere: Das Projekt gehört schleunigst abgeblasen! Wie wahr! Leider folgen diesen markigen Worten keine Taten. Als es zur Abstimmung kommt, lehnen Rot- Grün den Einstellungsantrag ab, zweite Täuschung. Und die dritte folgt sogleich. In der letzten Debatte wird erneut das Ende des Projekts in Aussicht gestellt. So erklärt der Abgeordnete Ostendorff, dass, ich zitiere aus dem Protokoll vom 28. Oktober 2004: … das Umweltbundesamt nach längerem Streit be- reit ist, auf die eigene Erhebung zu verzichten, wenn die Länder die Ergebnisse der Anwendungs- kontrollen liefern … Und die Länder liefern. Sie teilen die Anzahl der Kontrollen und ihre Ergebnisse mit, natürlich in anony- misierter Form aus Datenschutzgründen. Oder sie bieten es an wie das Land Niedersachsen. Ein entsprechender Staatsvertrag wird aber abgelehnt. Damit müsste das Vorhaben vom Tisch sein, weit ge- fehlt. Im Frühjahr wird es in die nächste Phase treten, dritte Täuschung. Eine Begründung ist schnell herbeigezaubert. Die Da- ten lägen zwar vor, aber daraus sollen nun laut Minister Trittin keine Rückschlüsse auf den Umgang mit Pflan- zenschutzmitteln gezogen werden können. Und deshalb debattieren wir heute zum dritten Mal. Wir fordern zum dritten Mal, das Projekt einzustellen. Damit stehen wir wieder nicht allein. So hat die Agrarministerkonferenz am 4. März 2005 beschlossen, ich zitiere: Die Agrarministerinnen, -minister und Senatoren der Länder stellen fest, dass das Projekt „Verdeckte Feldbeobachtung“ vom BMU und UBA dem An- satz des Reduktionsprogramms zuwider läuft und gestoppt werden muss. Zugestimmt haben alle – auch die rot-grün geführten Länder –, mit einer Ausnahme: Schleswig-Holstein, und das, obwohl die derzeit noch amtierende Ministerpräsi- dentin Simonis beim Landesbauerntag 2004 vollmundig v s m w p i d b „ w u m n S e v P s d g w k K v n g d U j a D n K d s d d i ü f w r B d s s (C (D erkündete, in ihrem Bundesland werde es keine Feld- pione geben. Sie sagte zu, sich persönlich darum küm- ern zu wollen. Aber nach ihrem Auftritt bei Beckmann issen wir ja, was sich kümmern für eine SPD-Minister- räsidentin heißt. Sich kümmern, „wo bleibe denn dann ch?“ Aber das war ja alles vor der Wahl. Genau wie das Interview, das Frau Ministerin Künast er Schleswig-Holsteinischen Landeszeitung am 7. Fe- ruar 2005 gab. Dort erklärte sie, das Projekt, ich zitiere, von Anfang an für keine gute Idee gehalten“ zu haben. Sie fürchtet Konsequenzen für das von ihr mittler- eile unterstützte Reduktionsprogramm. Ich zitiere: Da ist die Frage: „Schleicht da einer über meinen Acker?“ kontraproduktiv. Ich sehe auch nicht, dass das funktionieren wird. Sehr richtig, Frau Minister, das sehe ich auch nicht, nd abgesehen von Minister Trittin wohl auch sonst nie- and in diesem Hause. Meine Damen und Herren von der Koalition, beken- en Sie endlich Farbe. Stoppen Sie das Projekt. Arbeiten ie nicht gegen, sondern mit der Landwirtschaft. Sie hat s verdient. Arthur Auernhammer (CDU/CSU): Das Projekt zur erdeckten Feldbeobachtung wird seit Monaten von der olitik und den Berufsverbänden bereits massiv kriti- iert. Noch nicht einmal ein halbes Jahr ist es her, dass ieses Projekt von allen Fraktionen des Bundestages ab- elehnt wurde. Die Einsicht über den Unsinn des Um- eltbundesamtes ist ja auch schon bei Rot-Grün ange- ommen. In der Landwirtschaft haben wir schon zahlreiche ontrollen bei dem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln – on der Zulassung bis zur Ausbringung. Sachkunde- achweis und TÜV-Kontrollen sind bereits gesetzlich eregelt. Ich denke auch an alle zusätzlichen Kontrollen, ie sich noch durch Cross Compliance ergeben werden. nsere schöne deutsche Landschaft wird also im Früh- ahr bereichert von den verdeckten Ermittlern. Ich frage mich, ob diese verdeckten Feldbeobachter uch dunklere Anzüge, so wie mittlerweile die feine ienstbekleidung der Grünen, und auch schwarze Son- enbrillen tragen werden, oder aber in militärischen ampf- und Tarnanzügen über die Felder streifen wer- en. Da ich nur allzu gut die Stimmung bei den deut- chen Landwirten kenne, sehe ich eine wahre Gefahr für ie Gesundheit der grünen Spione. Wo bleibt eigentlich er Schutz des Eigentums? Werden die Bauernspione hre Fahndungstätigkeit ohne Verletzung des Eigentums berhaupt durchführen können? Der so genannte Kurz- ragebogen des Umweltbundesamtes ist für einen verant- ortungsbewussten Landwirt eine Beleidigung. Die rot-grüne Mehrheit strebt ein Antidiskriminie- ungsgesetz an. Wenn der Juniorpartner der Grünen im ereich des Umweltschutzes dieses Gesetz nicht verhin- ern kann, bitte ich, dass die Diskriminierung der deut- chen Landwirtschaft auch mit in das entsprechende Ge- etz aufgenommen wird. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 163. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. März 2005 15345 (A) ) (B) ) Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ich freue mich wirklich, welche Anerkennung Sie alle auf einmal dem von Renate Künast im Herbst 2004 vorgestellten „Reduktionsprogramm chemischer Pflanzen- schutz“ entgegenbringen. Der CDU-Antrag lobt das Re- duktionsprogramm als „konstruktive Vorgehensweise“ und als „transparentes und offenes Verfahren“, mit „dem mögliche Probleme bei der Anwendung von Pflanzen- schutzmitteln herausgearbeitet werden“ können. Die FDP sorgt sich in ihrem Antrag um den Erfolg des Re- duktionsprogramms und lobt den Ansatz der Bundesre- gierung, der auf Kooperation mit allen Beteiligten setzt. Selbst CDU-Minister Ehlen aus Niedersachsen hat auf der jüngsten Agrarministerkonferenz endlich etwas vom Reduktionsprogramm mitbekommen. Ich verstehe zwar nicht, wie einem Landwirtschaftsminister drei Jahre lang entgehen kann, dass sämtliche im Pflanzenschutz rele- vanten Gruppen und Akteure sich in einem intensiven Diskussionsprozess befinden. Aber immerhin hat er es nun wahrgenommen und lobt es in einer aktuellen Pres- semitteilung als Unterstützung der Bemühungen, die Umwelt zu entlasten und Betriebskosten zu senken. Un- klar ist mir allerdings, wie dieses zur Haltung des wahr- scheinlich neuen agrarpolitischen Sprechers der CDU/ CSU-Fraktion, Peter Bleser, passen soll, der noch vor kurzem das Reduktionsprogramm, ohne es überhaupt zu kennen, heftig bekämpft hat, indem er es als absolut überflüssig bezeichnete und wörtlich in der Agra-Europe erklärte: „Stoppt diesen Unsinn!“ Hier scheint mir Ihre Argumentation noch nicht ganz stringent, meine Damen und Herren. Wir selbst haben das Reduktionsprogramm von Anfang an aktiv begleitet und halten es für den besten Weg, tatsächlich zu einer Reduktion im Pesti- zideinsatz und bei den damit verbundenen Risiken zu kommen – im Dialog mit den Bauern und dem Umwelt- schutz. Weil wir diesen sensiblen Dialog nicht gefährden dür- fen, habe ich mich wie alle anderen Kollegen und Kolle- ginnen im Fachausschuss auch immer gegen die Methode der verdeckten Feldbeobachtung gewandt. In einem Punkt sind wir einer Meinung: Wir brauchen einen realis- tischen Überblick über die Anwendungspraxis im Pflan- zenschutz und den Umgang mit Abstandsregelungen. Jedenfalls entnehme ich Ihrem Antrag eine grundsätz- liche Zustimmung zu diesem Ziel des Umweltbundes- amtes und ich würde mich auch sehr wundern, wenn Sie sich diesem nahe liegenden Anliegen verschließen wür- den. Wenn wir Schwächen in der Anwendung abstellen wollen, so geht das schließlich nur bei Kenntnis der Lage auf den Äckern. Ich stelle weiterhin fest, dass Sie mit dem Umwelt- bundesamt auch darin übereinstimmen, dass eine unan- gekündigte Feldbeobachtung nicht notwendig ist, wenn die Länder die entsprechenden Daten zur Verfügung stel- len. Das erklären Sie, und das hat auch das Umweltbun- desamt erklärt. Nur, genau da liegt der Hase im Pfeffer. Die Länder liefern keine oder zu dünne Daten, warum auch immer. Wenn nun stimmt, was Sie behaupten, dass nämlich die Länder die Daten haben, warum kommt denn dann nichts? Dann sorgen Sie als Verantwortungs- träger in der Mehrheit der Länder doch endlich dafür, d d L r s S v S H d z d w d t g l s e s f s v g s k W h l m E m l E w B L V d w w G w D v k z k k s w (C (D ass die Daten auf den Tisch kommen! Dazu werden Sie och wohl in der Lage sein? Wenn Sie dazu nicht in der age sind, dann möchte ich hier und heute von Ihnen hö- en, woher die Daten denn dann kommen sollen. Wer ich mit seiner Kritik so weit aus dem Fenster lehnt wie ie, von dem kann man erwarten, dass er auch Lösungs- orschläge beizutragen hat. In Ihren Anträgen finde ich leider nichts dergleichen. tattdessen das immer gleiche Argument von Frau appach-Kasan, dass die Agrogentechnik alle Probleme ieser Welt lösen wird und – natürlich – auch das Pesti- idproblem. Frau Kollegin, dieses Argument wird durch auernde Wiederholung nicht wahrer. Sie wissen so gut ie ich, dass die Reduktion des Pflanzenschutzaufwan- es durch GVO-Anbau nichts weiter als ein gern erzähl- es Märchen ist. Wenn ich mir zum Beispiel die Meldungen aus Ar- entinien ansehe, wo die Kleinbauern durch den jahre- angen Anbau von Gensoja vor dem Aus stehen, weil ich die Kosten für gentechnisch verändertes Saatgut inmal eben um 48 Prozent erhöht haben und die Gen- oja-Monokulturen zu einer Verarmung der Böden ge- ührt hat, die auf 1,13 Milliarden Dollar beziffert wird, o muss ich sagen, fällt es mir schwer, Ihre Fantasien on einer „Schönen neuen Gentechwelt“ länger zu ertra- en, Frau Happach-Kasan. Wenn Sie etwas Innovatives machen wollen, dann etzen Sie auf den Ökolandbau, da brauchen Sie gar eine Pestizide und schaffen Arbeitsplätze in einem achstumssektor, dem der Bauernverband erst kürzlich ohe Krisenfestigkeit bescheinigt hat. Im Übrigen hoffe ich, dass Herr Bleser nicht öffent- ich wiederholen wird, was er im Ausschuss im Zusam- enhang mit der „verdeckten Feldbeobachtung“ zum insatz von Jagdhunden gesagt hat, weil man das als Er- unterung zur körperlichen Gewalt gegenüber Kontrol- euren verstehen könnte. Ich denke, vor solchen verbalen ntgleisungen sollten wir uns tunlichst hüten und ich arne davor, mit solchen Sprüchen zu versuchen, auf auernversammlungen zu punkten. Unsere Verantwortung ist es, den Dialog zwischen andwirtschaft und Gesellschaft zu fördern. Dazu gehört ermittlung in beide Richtungen. Das tut Renate Künast, as tut Rot-Grün, und ich glaube es würde nicht schaden, enn das auch die Opposition ab und zu einmal tun ürde. Dr. Christel Happach-Kasan (FDP): Dass Rot- rün nicht einer Meinung ist, sind wir inzwischen ge- ohnt. Dass Grüne sich nicht grün sind, ist dagegen neu. as Umweltbundesamt hält an seinem Projekt der erdeckten Feldbeobachtung fest, obwohl seine Partei- ollegin, die für den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln uständige Ministerin, dieses ablehnt. Das ist bemer- enswert unkollegial und in der Sache verfehlt. Schon bei der ersten Debatte über dieses Projekt onnte ich feststellen, dass sich damals die agrarpoliti- chen Sprecher aller Fraktionen gegen dieses Projekt ge- andt haben. Die Folge war, dass die Zuständigkeit auf (A) (C) (B) ) den Umweltausschuss übertragen wurde. Das macht deutlich, dass weder bei der SPD noch bei den Grünen, was keine Überraschung ist, die Belange von Land- und Forstwirten, Gärtnern und Winzern ernst genommen werden. Das ist ein Trauerspiel. Die verdeckte Feldermittlung ist kein legitimes Mittel der Kontrolle des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln und sie ist auch überflüssig. Die Pflanzenschutzdienste der Bundesländer kontrol- lieren den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Zurzeit werden die Kontrollen der Feldspritzgeräte durchge- führt. Allein in Schleswig-Holstein werden zwischen Ende Februar und Mitte April 28 Termine in allen Lan- desteilen angeboten. Die Rückstände von Pflanzenschutzmitteln in Obst und Gemüse haben sich kontinuierlich verringert, ebenso die Rückstände im Grundwasser. Landwirte ha- Die Bundesregierung hat ausgeführt, dass das For- schungsvorhaben „auf der Grundlage einer repräsentati- ven Ermittlung zu konkreten, belastbaren Angaben über den Umfang des Fehlverhaltens bei der Einhaltung von Abstandsauflagen zu Gewässern in Deutschland“ führen soll. Und an anderer Stelle heißt es, es hätten nur die Länder Baden-Württemberg, Brandenburg, Nordrhein- Westfalen und das Saarland Angaben „über die Anzahl der festgestellten Verstöße“ gemacht, die die Regierung als pauschal bewertet hat. Damit ist klar, dass dieses Projekt der Kriminalisie- rung der Landwirtschaft, der Verunglimpfung eines gan- zen Berufsstandes, dienen soll und kein anderes Ziel hat. Und deswegen lehnt die FDP das Projekt ab. Das Projekt hat mit Umwelt- und Verbraucherschutz nichts zu tun. Wir wollen nicht, dass verdeckte Ermittler über Felder und Wiesen streifen und heimlich Proben nehmen. ben ein Eigeninteresse daran, Pflanzenschutzmittel äu- ßerst sparsam anzuwenden; denn sie können so Kosten sparen. Darauf setzt das im Konsens der Verbände erar- beitete Pflanzenschutzmittel-Reduktionsprogramm der Bundesregierung. Dies wird nach Einschätzung der FDP eine weitere Verminderung des Einsatzes von Pflanzen- schutzmitteln erbringen. Im Fazit bedeutet dies, dass das Projekt der verdeck- ten Feldermittlung überflüssig ist. Dennoch will das Bundesumweltamt entgegen einem Gespräch, das Hans- Michael Goldmann und ich mit dem Präsidenten des Umweltbundesamtes führten, dieses Projekt durchfüh- ren. Der Einsatz verdeckter Feldermittler soll 360 000 Euro kosten, so die Bundesregierung in der Beantwortung un- serer Kleinen Anfrage. Auftragnehmer ist nach dieser Anfrage ein nicht näher bezeichnetes deutsches Umwelt- forschungszentrum – also keine Fachhochschule oder Universität. Offensichtlich haben Universitäten und Fachhochschulen richtig erkannt, dass es bei diesem Projekt nicht um die Gewinnung wissenschaftlicher Er- kenntnisse geht, sondern um die Gewinnung von Mate- rial, mit dem ein Berufsstand an den Pranger gestellt werden kann. Dafür sind sich die Hochschulen zu schade und das ist gut. t m t W e o s w b t k w s d R n M s r n F r (D Ob die Auflagen und Anwendungsbestimmungen, un- er denen die Zulassung der jeweiligen Pflanzenschutz- ittel erfolgt, ausreichend sind, lässt sich mit der Me- hode der verdeckten Feldermittlung nicht feststellen. ie soll denn bei einer Probe, die einen erhöhten Gehalt ines Pflanzenschutzmittels enthielt, festgestellt werden, b der Wind ungünstig wehte, ob die Düse falsch einge- tellt war oder ob die Verdünnung nicht richtig gewählt urde. Das geht nicht. Deswegen ist die Methode un- rauchbar. Fachhochschulen mit ihren landwirtschaftlichen Be- rieben, Versuchsbetriebe von Landwirtschaftskammern önnten dagegen die Wirksamkeit der Auflagen und An- endungsbestimmungen für Pflanzenschutzmittel wis- enschaftlich korrekt untersuchen. Doch das interessiert en Umweltminister nicht. Die Regierungsarbeit von ot-Grün ist getragen vom Misstrauen gegen die eige- en Bürgerinnen und Bürger, insbesondere gegen die enschen, die auf dem Land leben. Das Projekt Bauern- pione ist da nur die Spitze des Eisberges. Die FDP lehnt dieses Projekt ab und fordert Ministe- in Künast auf, gegenüber dem Umweltminister auf ei- en Stopp dieses Projektes zu dringen und die Land- und orstwirte, die Gärtner und Winzer vor der Kriminalisie- ung durch den Umweltminister zu schützen. 15346 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 163. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. März 2005 91, 1 0, T 163. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 10. März 2005 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4
Gesamtes Protokol
Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516300000

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

Sitzung ist eröffnet.
Zunächst möchte ich den Kollegen Albrecht Feibel

und Horst Schmidbauer (Nürnberg), die in den vergan-
genen Tagen jeweils ihren 65. Geburtstag feiern konn-
ten, nachträglich die besten Glückwünsche des Hauses
aussprechen.


(Beifall)

Interfraktionell wurde vereinbart, die verbundene Ta-

gesordnung um die in der Zusatzpunktliste aufgeführten
Punkte zu erweitern:

ZP 1 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der CDU/CSU:
Verhinderung von Gentechnikprojekten

(siehe 162. Sitzung)


ZP 2 Beratung des Antrags der Abgeordneten Rita Pawelski, Maria
Eichhorn, Dr. Maria Böhmer, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der CDU/CSU: Gleichberechtigtes Leben für
Frauen und Mädchen aus Migrantenfamilien in Deutsch-
land
– Drucksache 15/5017 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (f)

Auswärtiger Ausschuss
Innenausschuss

Redet
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Ausschuss für Kultur und Medien
Haushaltsausschuss

ZP 3 Beratung des Antrags der Abgeordneten Ina Lenke, Sibylle
Laurischk, Dr. Karl Addicks, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der FDP: Frauenpolitik – Gesellschaftlicher
Erfolgsfaktor
– Drucksache 15/5032 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jug
Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss

(C (D ung en 10. März 2005 0 Uhr Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Haushaltsausschuss ZP 4 Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Michael Fuchs, Dagmar Wöhrl, Karl-Josef Laumann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Kein weiterer Arbeitsplatzabbau – Antidiskriminierungsgesetz zurückziehen – Drucksache 15/5019 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Innenausschuss Rechtsausschuss Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend ZP 5 Weitere Überweisungen im vereinfachten Verfahren Beratung des Antrags der Abgeordneten Ina Lenke, Dr. Karl Addicks, Dr. Heinrich L. Kolb, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Schwangerschaftsabbruch nach Pränataldiagnostik – Verantwortungsvolle Regelungen und Maßnahmen treffen – Drucksache 15/5034 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Rechtsausschuss ext Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung ZP 6 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der SPD: Haltung der Bundesregierung zu den durch Überschüsse möglichen Beitragssenkungen in der gesetzlichen Krankenversicherung Von der Frist für den Beginn der Beratung soll – soweit erforderlich – abgewichen werden. Außerdem mache ich auf nachträgliche Überweisungen im Anhang zur Zusatzpunktliste aufmerksam: 60. Sitzung des Deutschen Bundestages chfolgende Gesetzentwurf soll zusätzlich ausschuss n werden. end dem Haushalts tung überwiese Präsident Wolfgang Thierse Gesetzentwurf der Bundesregierung zu dem Vertrag vom 29. Oktober 2004 über eine Verfassung für Europa – Drucksachen 15/4900, 15/4939 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung Petitionsausschuss Auswärtiger Ausschuss Innenausschuss Sportausschuss Rechtsausschuss Finanzausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft Verteidigungsausschuss Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung Ausschuss für Verkehr, Bauund Wohnungswesen Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Ausschuss für Tourismus Ausschuss für Kultur und Medien Der in der 157. Sitzung des Deutschen Bundestages überwiesene nachfolgende Antrag soll zusätzlich dem Ausschuss für Tourismus tung überwiesen werden. Antrag der Abgeordneten Hans-Michael Goldmann, Horst Friedrich Koppelin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Seeschifffahrt und Küstenschutz in Deutschland stärken – Drucksache 15/4847 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Verkehr, Bauund Wohnungswesen Haushaltsausschuss Sind Sie mit diesen Vorschlägen einverstanden? – Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 2 a bis 2 e sowie die Zusatzpunkte 2 und 3 auf: 2 a)


(Ergänzung zu TOP 22)





(A) )


(B) )


Humme, Sabine Bätzing, Ute Berg, weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion der SPD sowie der
Abgeordneten Irmingard Schewe-Gerigk, Volker
Beck (Köln), Ekin Deligöz, weiterer Abgeordne-
ter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN
Auf dem Weg in ein geschlechtergerechtes
Deutschland – Gleichstellung geht alle an
– Drucksache 15/5029 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung

(C (D Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Haushaltsausschuss b)

Berg, Jörg Tauss, Dr. Hans-Peter Bartels, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie
der Abgeordneten Ursula Sowa, Irmingard
Schewe-Gerigk, Volker Beck (Köln), weiterer
Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNIS-
SES 90/DIE GRÜNEN
Frauen in Wissenschaft und Forschung stär-
ken – Chancengleichheit auch als Wettbe-
werbsfaktor erhöhen
– Drucksache 15/5030 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dagmar
Schmidt (Meschede), Karin Kortmann, Sabine
Bätzing, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der SPD sowie der Abgeordneten Thilo Hoppe,
Volker Beck (Köln), Irmingard Schewe-Gerigk,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Geschlechtergerechtigkeit bleibt zentrale
Voraussetzung für Entwicklung – Zehn Jahre
nach der UN-Weltfrauenkonferenz in Peking
– Drucksache 15/5031 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung (f)

Auswärtiger Ausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

d) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesre-
gierung
Berichte für die Europäische Kommission zur
Umsetzung des Europäischen Sozialfonds in
der Bundesrepublik Deutschland – Zeiträume
1994 bis 1999 (Aktualisierung) und 2000 bis
2006 –
hier: Verwirklichung der Chancengleichheit
von Frauen und Männern auf dem Arbeits-
markt
– Drucksache 15/2049 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für Tourismus
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union






(A) )



(B) )


Präsident Wolfgang Thierse

e) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

richts des Ausschusses für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend (12. Ausschuss) zu dem An-
trag der Abgeordneten Annette Widmann-Mauz,
Irmgard Karwatzki, Dr. Maria Böhmer, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU
Tatsächliche Gleichberechtigung durchsetzen –
Zehn Jahre Novellierung des Art. 3 Abs. 2 des
Grundgesetzes
– Drucksachen 15/4146, 15/5052 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Christel Humme
Hannelore Roedel
Irmingard Schewe-Gerigk
Ina Lenke

ZP 2 Beratung des Antrags der Abgeordneten Rita
Pawelski, Maria Eichhorn, Dr. Maria Böhmer,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
CDU/CSU
Gleichberechtigtes Leben für Frauen und
Mädchen aus Migrantenfamilien in Deutsch-
land
– Drucksache 15/5017 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (f)

Auswärtiger Ausschuss
Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Ausschuss für Kultur und Medien
Haushaltsausschuss

ZP 3 Beratung des Antrags der Abgeordneten Ina
Lenke, Sibylle Laurischk, Dr. Karl Addicks, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Frauenpolitik – Gesellschaftlicher Erfolgsfaktor
– Drucksache 15/5032 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Haushaltsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache eineinviertel Stunden vorgesehen. – Ich
höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile Kollegin
Christel Humme, SPD-Fraktion, das Wort.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)




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(C (D Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frauen haben Höhenangst“ – unter diesem Titel ging Die Zeit“ in der letzten Woche der Frage nach, warum o wenige Frauen in den Chefetagen der Firmen zu finen sind. 1911, als der erste Internationale Frauentag beangen wurde, forderten die Frauen aus der Arbeiterbeegung ihre Rechte ein. Damals war die weibliche älfte der Bevölkerung völlig rechtlos. Heute, 94 Jahre päter, sind Frauen nach Art. 3 Grundgesetz rechtlich leichgestellt. Dennoch hat der Artikel in der „Zeit“ och einmal deutlich gemacht, dass eine große Lücke wischen Anspruch und Realität klafft. Darum ist es mso erfreulicher, dass heute alle Parteien in den von ihen vorgelegten Anträgen dokumentieren, dass sie in der nalyse und in den Zielen einig sind. Wir alle wollen ber alle Parteigrenzen hinweg mehr Frauen in Fühungspositionen – das kann man dort nachlesen –, Chanengleichheit für Frauen in der Arbeitswelt und Maßnahen für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und eruf. Wir alle sind uns offensichtlich einig: Wir wollen en Frauen die Höhenangst nehmen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Christel Humme (SPD):
Rede ID: ID1516300100

Liebe Kollegen, liebe Kolleginnen, in den sechs Jah-
en, in denen Rot-Grün jetzt Regierungsverantwortung
rägt, wurde frauenpolitisch viel erreicht.


(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Da sind wir gespannt!)


ir haben die Ziele, die ich gerade genannt habe, konse-
uent verfolgt und Schritt für Schritt entsprechende
aßnahmen umgesetzt. Wenn Sie, meine Damen und
erren von der Union, behaupten, dass nach unserer Re-
ierungsübernahme im Jahre 1998 auf diesem Gebiet
ichts mehr getan worden ist,


(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: So ist es! Da haben Sie Recht! – Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Dann zählen Sie einmal auf!)


ann kann ich dem nur entgegnen, dass Sie wohl in einer
öllig anderen Welt leben.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Blicken wir doch einmal kurz zurück: Gender Main-
treaming gilt seit 1999 als durchgängiges Prinzip allen
egierungshandelns. Das Gleichstellungsdurchsetzungs-
esetz für den öffentlichen Dienst des Bundes gilt seit
002, das Soldatinnen- und Soldatengleichstellungsge-
etz für die Bundeswehr seit Ende 2004. Damit schaffen
ir Chancengleichheit. Wir setzen unser Programm
Frau und Beruf“ von 1999 damit Schritt für Schritt um;
enn wir – das ist entscheidend – haben Konzepte, die
ir konsequent verfolgen. Diese vermisse ich, auch
enn wir uns in den Zielen einig sind, in Ihren Anträgen
öllig. Das muss ich leider sagen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Ina Lenke [FDP]: Sie lesen sie nicht!)







(A) )



(B) )


Christel Humme

– Doch, ich habe sie gelesen, Frau Lenke. Das ist ja das
Schlimme.

Das Gleiche gilt für die Vereinbarkeit von Familie
und Beruf. Was haben wir erreicht? Flexibilisierung der
Elternzeit 2001, Anspruch auf Teilzeit 2002, 4 Milliar-
den Euro für das Ganztagsschulprogramm 2003, Ausbau
der Tagesbetreuung für unter Dreijährige 2004.


(Beifall bei der SPD – Ina Lenke [FDP]: Wo bleibt das Geld?)


Auch hier gilt für uns: konsequente Umsetzung eines gu-
ten Konzepts, das ich bei Ihnen wiederum sehr vermisse.


(Ina Lenke [FDP]: Frau Humme, wo bleibt das Geld für die Kinderbetreuung?)


– Frau Lenke, ein Zwischenruf nach dem Motto „Laut
hilft“ ist kein Argument.

Mit dem Aktionsplan zur Bekämpfung der Gewalt
an Frauen hat die Bundesregierung 1999 erstmals ein
Gesamtkonzept für alle Ebenen der Gewaltbekämpfung
vorgelegt. Auch dieses Konzept setzen wir Schritt für
Schritt um. Mit dem Gesetz zum Schutz vor häuslicher
Gewalt von 2002 stärken wir Frauen und Kinder, die
noch immer typische Opfer von Gewalt in der Familie
werden. Wir gewähren von Menschenhandel betroffenen
Frauen mit einer Änderung des Strafrechts verstärkten
rechtlichen Schutz. Zwangsheirat wird als besonders
schwerer Fall der Nötigung bestraft.

Liebe Kollegen, liebe Kolleginnen, Sie sehen, wir ha-
ben die sechs Regierungsjahre konsequent genutzt, um
die Situation der Frauen zu verbessern. Wir haben in die-
ser Zeit mehr für die Frauen erreicht als Sie von der Op-
position in all den Jahren zuvor; das muss man konsta-
tieren.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Ina Lenke [FDP]: Oh nein, jetzt ist aber gut!)


Aber zur Ehrlichkeit gehört auch: Wir haben viel ge-
schafft, aber eben noch nicht alles erreicht. Dafür waren
die sechs Jahre im Vergleich zu den 94 Jahren zuvor et-
was zu kurz. Wir arbeiten daran, unser Konzept zur
Chancengleichheit und zur Vereinbarkeit von Familie
und Beruf weiterzuentwickeln; darauf können sich die
Frauen in der Bundesrepublik verlassen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Denn immer wieder müssen wir erfahren, dass Frauen
besonders häufig von Diskriminierung und Benach-
teiligung am Arbeitsplatz betroffen sind. Auf sich al-
lein gestellt, scheuen sie häufig, sich zur Wehr zu set-
zen. Mit unserem Antidiskriminierungsgesetz stärken
wir ihnen den Rücken. Wir möchten damit aber auch
Mentalitäten ändern und für eine andere Unternehmens-
kultur werben. Deshalb freue ich mich, dass der Deut-
sche Frauenrat, der Deutsche Juristinnenbund und der
DGB die Ziele des Antidiskriminierungsgesetzes in der

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(C (D nhörung am letzten Montag so deutlich unterstützt haen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Leider habe ich eine frauenpolitische Position der
DU/CSU in der Anhörung sehr vermisst.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


abei fordern Sie, meine Herren und Damen von der
DU/CSU, doch von der Bundesregierung – ich zitiere
us Ihrem Antrag –,

auf die Beseitigung bestehender struktureller Nach-
teile von Frauen gegenüber Männern hinzuwirken,
insbesondere auf dem Arbeitsmarkt.

enn Ihnen an dieser Stelle unsere Antwort, nämlich
as Antidiskriminierungsgesetz, nicht passt,


(Hannelore Roedel [CDU/CSU]: Weil das ein Arbeitsplatzverhinderungsgesetz ist!)


ie wollen Sie denn dann strukturelle Benachteiligung
ekämpfen? Sie müssen schon sagen, wie Sie etwas er-
eichen wollen, sonst sage ich Ihnen: Sie sind nicht re-
ierungsfähig.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)


Das passt Ihnen nicht, das verstehe ich; aber Wahrheit
t Wahrheit.
Wenn ich all die Anträge, die heute auf dem Tisch lie-

en, vergleiche, dann fällt mir auf, dass wir mittlerweile,
ach sechs Jahren, doch einiges erreicht haben. Alle Par-
ien haben nämlich anerkannt, dass Gender Main-
treaming ein wichtiges Ziel ist.


(Ina Lenke [FDP]: Aber das ist doch nicht Ihr Verdienst!)


Frau Lenke, gerade Sie dürften diesen Zwischenruf
tzt nicht machen; denn ich erinnere mich: Vor fünf Jah-
en war das für Sie noch kein Thema.


(Beifall bei der SPD – Abg. Ina Lenke [FDP] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


Frau Lenke, ich fahre jetzt erst einmal fort.

(Ina Lenke [FDP]: Diese persönlichen Angriffe haben Sie eigentlich nicht nötig!)


Wenn Sie eine Frage stellen wollen, können Sie das am
nde meiner Rede tun; Zwischenrufe helfen nicht weiter.
In den letzten sechs Jahren war das in der Tat nicht
mer so. Mittlerweile aber wollen wir alle, dass jede
aßnahme daraufhin überprüft wird, welche Wirkung
ie auf Männer und Frauen hat. Sehen wir uns einige
onkrete Maßnahmen an. Meine Damen und Herren von
er Union, Sie bieten uns zurzeit etwas Nettes an, näm-
ch den Pakt für Deutschland. Lassen Sie uns doch






(A) )



(B) )


Christel Humme

einmal schauen, wie sich der Pakt für Deutschland gen-
der-mainstreaming-mäßig auswirkt.


(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: „Gendermainstreaming-mäßig“? Würden Sie das mal fürs deutsche Parlament übersetzen?)


Sie fordern in Ihrem Antrag zum Beispiel – da müssen
Sie sich in Ihrer Fraktion schon einig sein, ob Sie diesen
Antrag unterstützen oder nicht –,


(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Wie war das mit Robbe als Wehrbeauftragter? Ein heilloses Durcheinander haben Sie!)


den Beitrag zur Arbeitslosenversicherung von 6,5 auf
5 Prozent zu senken. Das würde für die Bundesagentur
für Arbeit eine Mittelkürzung von 12 Milliarden Euro
bedeuten.


(Rita Pawelski [CDU/CSU]: Wollen Sie nicht die Beiträge senken?)


Sie müssen aber auch ins Kalkül nehmen, was das
gleichzeitig bedeutet: Damit werden nämlich wichtige
arbeitsmarktpolitische Maßnahmen, von denen auch
Frauen profitieren, deutlich zurückgefahren. Wie passt
das mit Ihrer Forderung, Berufsrückkehrerinnen zu för-
dern, zusammen?


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich sage Ihnen: Ihnen fehlt ein schlüssiges Konzept. Da-
her bleibe ich dabei: Sie sind nicht regierungsfähig.

Ich bin froh, dass wir an der Regierung sind und dass
wir unsere guten und schlüssigen Konzepte, die die
Frauen brauchen, weiterentwickeln und fortsetzen kön-
nen.

Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516300200

Ich erteile das Wort Kollegin Hannelore Roedel,

CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Hannelore Roedel (CSU):
Rede ID: ID1516300300

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegin-

nen und Kollegen! Ich beginne mit einem Zitat der SPD-
Europaabgeordneten Lissy Gröner vom 28. Februar die-
ses Jahres in New York:

In Deutschland ist der gleichstellungspolitische
Fortschritt eine Schnecke.

(Zustimmung bei der CDU/CSU – Ina Lenke [FDP]: Oh!)

Wo die Kollegin Recht hat, hat sie Recht.

Zehn Jahre nach Peking und der Novellierung des
Art. 3 Abs. 2 des Grundgesetzes gilt es heute, Bilanz zu
ziehen. Wie steht es um die Frauenpolitik von Rot-Grün?

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(C (D atsache ist: Die Situation von Frauen hat sich seit der egierungsübernahme von Rot-Grün nicht verbessert. (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Realitätsverlust ist das!)


ierzu nenne ich gerne Zahlen:
Nach wie vor verdienen Frauen bei gleichwertiger
rbeit durchschnittlich 30 Prozent weniger als Männer.


(Maria Eichhorn [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

rotz bester Bildungsabschlüsse sind Frauen in Wissen-
chaft und Forschung weiterhin unterrepräsentiert und
ediglich 13 Prozent der Professuren in weiblicher Hand.
n den außeruniversitären Forschungseinrichtungen ist
ogar nur jede 20. Führungskraft weiblich. In den we-
entlichen Gremien im Einflussbereich des Bundes – Sie
ätten es eigentlich in der Hand, dies zu ändern – liegt
er Frauenanteil bei nur 16 Prozent.


(Zuruf von der SPD: Gucken Sie doch mal in Ihre Fraktion!)


Bedrückend ist die Situation allein erziehender
rauen in diesem Lande. Sie verdienen durchschnittlich
ur halb so viel wie Paare mit Kindern. Über ein Drittel
ebt unterhalb der Armutsgrenze.
Von der Bundesregierung wurden viele wohlklin-

ende Aktionsprogramme mit honorigen Zielen gestar-
et. Auch haben Sie richtigerweise erkannt, dass Maß-
ahmen zur Erleichterung von Arbeits- und
amilienleben von entscheidender Bedeutung für die
ealisierung von Chancengleichheit sind. Doch wie
ieht denn die Lebenswirklichkeit von Frauen heute aus?
ch glaube, Sie sind sich darüber nicht im Klaren.


(Nicolette Kressl [SPD]: Wer muss denn seine Familienpolitik erneuern? Das sind doch Sie und nicht wir!)


ie leisten zwar mit Programmen eine Anschubfinanzie-
ung für Ganztagsschulen. Aber was ist die Folge? Län-
er und Kommunen bleiben auf den Folgekosten in vol-
er Höhe sitzen.


(Widerspruch bei der SPD)

it Ihrer Politik haben Sie den Kommunen die finanzi-
lle Grundlage entzogen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Keine Ahnung!)


Ähnliches gilt für das Tagesbetreuungsausbaugesetz.
uch hier wurde die Finanzierung von Ihnen bis heute
icht sichergestellt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch der Abg. Ute Kumpf [SPD])


änder und Kommunen werden angesichts ihrer ange-
pannten Haushaltslage Probleme haben, die Kosten zu
ragen. Die Bundesregierung stiehlt sich auch hier aus
hrer Verantwortung.
Aber nicht nur in Ihren halbherzigen Programmen,
eine Damen und Herren von der Regierungsbank,






(A) )



(B) )


Hannelore Roedel

liegen die Ursachen für den Stillstand in der Gleich-
stellungspolitik sondern vor allem in der seit sechs Jah-
ren von Ihnen betriebenen falschen Wirtschafts- und Ar-
beitsmarktpolitik.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Christel Humme [SPD]: Lauter dummes Zeug!)


Angesichts von 5,2 Millionen Arbeitslosen ist es für
Frauen schwerer denn je, überhaupt eine Arbeitsstelle zu
finden. Nichts gefährdet die Realisierung der Gleichbe-
rechtigung mehr als die fehlende Perspektive auf einen
Job.

In Zeiten der Massenarbeitslosigkeit ist es eine Brüs-
kierung von Arbeitslosen, dass mit laxen Regeln der
Visavergabe die Tore für Zehntausende von Schwarzar-
beitern geöffnet wurden. Wie wollen Sie diese Praxis
zum Beispiel vor einer Frau rechtfertigen, die ihren Job
durch den Volmer-Erlass an eine „legal“ eingereiste
Ukrainerin verloren hat?


(Beifall bei der CDU/CSU – Christel Humme [SPD]: Billig!)


Sorgen muss uns insbesondere die Situation von
Frauen mit Migrationshintergrund bereiten. Das höhere
Risiko, von Arbeitslosigkeit betroffen zu sein, ist viel-
fach auf geringere Bildungs- und Ausbildungsbeteili-
gungen infolge traditioneller Familienstrukturen zurück-
zuführen. Aber letztendlich liegt die Ursache dafür
ebenfalls in der schlechten Arbeitsmarktsituation, die
Sie verschuldet haben.

Da Sie von Gender Mainstreaming reden: Gerade
auf dem Arbeitsmarkt nutzt die Implementierung von im-
mer neuen Gender-Mainstreaming-Regelungen nichts,
wenn Sie mit immer neuen Maßnahmen und Gesetzen die
Wirkung dieser Regelungen konterkarieren. Es ist eben
ein Irrweg, zu glauben, dass mit einem Übermaß an Bü-
rokratie und Dirigismus auf dem Arbeitsmarkt Positives
für Frauen erreicht werden kann.

Aktuellstes Beispiel ist das Antidiskriminierungs-
gesetz – ein unausgegorener Gesetzentwurf. Selbstver-
ständlich treten auch wir dafür ein, die europarechtlichen
Vorgaben umzusetzen.


(Christel Humme [SPD]: Hört! Hört!)

Aber das, was Sie uns vorgelegt haben, stellt einen Gip-
fel an Bürokratie dar und wird nicht dazu beitragen, dass
mehr Arbeitsplätze in diesem Land entstehen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Christel Humme [SPD]: Das ist kein Argument!)


Um die Lage der Frauen zu verbessern, müssen in der
Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik endlich die not-
wendigen Schritte eingeleitet werden. Von entscheiden-
der Bedeutung hierfür sind Maßnahmen zur Senkung der
Lohnnebenkosten, Steuervereinfachungen und -entlas-
tungen vor allem für den Mittelstand sowie der Abbau
von Überregulierungen auf dem Arbeitsmarkt.

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(C (D (Christel Humme [SPD]: Das haben wir alles schon hinter uns! Sie kommen zu spät! Haben wir schon gemacht!)


Wir heben in unserem Antrag hervor, dass Frauenpo-
itik als Querschnittsaufgabe in Deutschland auch künf-
ig einen hohen Stellenwert einnehmen muss. Um dem
unsch jüngerer Frauen, Familie und Beruf miteinander
u verbinden, nachzukommen, stellen die Bemühungen
m eine nachhaltige Verbesserung der Vereinbarkeit von
amilie und Beruf den Kern für eine erfolgreiche Frau-
npolitik dar. Gemeinsam mit den Unternehmen in die-
em Land wollen auch wir auf eine frauen- und familien-
reundliche Ausgestaltung der Arbeitswelt hinwirken.


(Beifall bei der CDU/CSU)

n diesem Zusammenhang muss alles dafür getan wer-
en, dass Frauen nach der Phase der Familientätigkeit
erspektiven für den beruflichen Wiedereinstieg haben.


(Christel Humme [SPD]: Wo nehmen Sie das Geld denn her?)


Handlungsbedarf besteht auch im Hinblick auf junge
ädchen, deren Berufsziele vielfach noch die typischen
rauenberufe sind. Deshalb muss bereits in der Grund-
chule das Interesse der Mädchen an männertypischen
erufen in Naturwissenschaft und Technik geweckt wer-
en; denn nur so besteht die Chance, die Spaltung des
rbeitsmarktes in relativ gut bezahlte Männerberufe und
n die schlechter bezahlte Frauenbranche zu überwinden.
Frau Kollegin Schewe-Gerigk, Sie haben gestern die
eteiligung Ihrer Fraktion am Girls’ Day betont und da-
ei die Frage aufgeworfen, wann die erste Frau die Män-
erdomäne „Bundeskanzler“ erobert. Dazu kann ich Ih-
en sagen: Vergessen Sie all Ihre zeitraubenden und
rfolglosen Programme, die Frauen in Männerberufe
ringen sollen! Wählen Sie die Union und Angela
erkel und Sie haben 2006 eine Frau in einem typischen
ännerberuf!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Meine Damen und Herren von Rot-Grün, in der heuti-

en Debatte darf es aber nicht nur um die Gleichstellung
ehen, sondern auch um Frauenrechte als Menschen-
echte. Frauenhandel und Zwangsprostitution sind be-
onders widerwärtige Formen der organisierten Krimi-
alität. Dazu höre ich von Ihnen leider sehr wenig. Es ist
in ausgesprochener Skandal, dass die Spitze des Aus-
ärtigen Amtes Menschenhändlern und Zuhältern ihr
chmutziges Geschäft dadurch erleichtert, dass sie Ein-
eisevisa nach dem Motto „in dubio pro libertate“ ver-
ab. Hier wurden falsch verstandene Vorstellungen von
eltoffenheit de facto höher bewertet als die gerade von
rüner Seite immer wieder beschworenen Menschen-
echte.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Abschließend möchte ich mich kurz einem Problem
uwenden, das wir gerade heute nicht aus den Augen
erlieren dürfen. Im Hinblick auf die in Deutschland le-
enden Muslimas dürfen wir nicht akzeptieren, dass sich






(A) )



(B) )


Hannelore Roedel

in diesem Land Parallelgesellschaften entwickeln, in
denen patriarchalische Ehr- und Moralvorstellungen
über die im Grundgesetz verankerten Frauen- und Men-
schenrechte gestellt werden.


(Ute Kumpf [SPD]: Da müssen Sie in Bayern aufpassen!)


So genannte Ehrenmorde – in Wirklichkeit heimtücki-
sche Morde – sind unerträglich.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die in Art. 3 des Grundgesetzes verankerte Gleichbe-
rechtigung gilt für alle in diesem Lande lebenden Men-
schen. Daher dürfen wir niemanden unter dem Deck-
mantel der Toleranz in Parallelgesellschaften mitten
unter uns allein lassen; meine Kollegin Rita Pawelski
wird dies noch ausführen.

Ihre oft von uns eingeforderte Solidarität können Sie
heute ganz einfach unter Beweis stellen: indem Sie unse-
rem Antrag zustimmen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516300400

Ich erteile das Wort Kollegin Irmingard Schewe-

Gerigk, Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen.

(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Guten Morgen, Herr Präsident, liebe Kolleginnen und

Kollegen! Zehn Jahre Grundgesetzänderung und der In-
ternationale Frauentag haben alle Fraktionen beflügelt,
Forderungen zum Thema Gleichstellung vorzulegen.
Einzig die FDP hat es geschafft, vier Seiten ohne einen
einzigen konkreten Vorschlag zu bedrucken. Aber das
passt irgendwie. Sie begnügen sich mit Klamauk.


(Rita Pawelski [CDU/CSU]: Das ist nicht fair!)


Ich will dazu zwei Beispiele nennen, Kollegin Lenke:
Ihr Kollege Bahr setzt in die Welt, dass die falschen
Frauen Kinder bekommen. Ich frage mich: Wen meint er
denn wohl damit? Meint er vielleicht seine Kollegin
Koch-Mehrin, die ihren nackten Babybauch zum Foto-
shooting präsentiert?


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Alles frauenpolitisch motivierte Signale!)


Der Bundesvorsitzende der Jungen Liberalen rät den al-
ten Menschen, endlich den Löffel abzugeben. Sie sehen,
verehrte Kolleginnen und Kollegen: Die FDP kann man
getrost vergessen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Nun zu den Anträgen der CDU/CSU. Frau Kollegin
Roedel, ich hatte eigentlich eine andere Rede vorberei-
tet. Aber nach dem, was Sie hier zum Besten gegeben
haben, muss ich mein Manuskript leider zur Seite legen.
Sie haben allen Ernstes behauptet, die großen Erfolge in

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(C (D er Frauenpolitik habe die CDU/CSU bis 1998 zu veruchen und seit unserer Regierungsübernahme herrsche ier Stagnation. Ich denke nicht, dass Sie das wirklich lauben; Sie lächeln ja auch so. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


issen Sie eigentlich nicht, warum Sie 1998 abgewählt
urden? Wir hatten im Bereich der Frauenpolitik alle
ände voll zu tun, weil Sie Ihre Hände jahrelang in den
choß gelegt hatten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wir haben nicht nur Gesetze aufgelegt und verab-
chiedet, sondern auch die frauenpolitische Wirklich-
eit in Deutschland verändert.
Ich nenne Ihnen einmal die Fakten, Frau Roedel: Seit

er Verabschiedung des Bundesgleichstellungsgesetzes
teigt die Zahl von Frauen in Leitungspositionen. In vie-
n Ministerien wurden mehr Frauen als Männer beför-
ert. Das Justizministerium zum Beispiel hat zwei
rittel Frauen und ein Drittel Männer befördert. Im Aus-
ärtigen Amt wurden in den letzten Jahren zu
0 Prozent Frauen eingestellt. Dank unserer Anstrengun-
en im Wissenschafts- und Forschungsbereich stieg der
nteil der Frauen bei den Professuren von 1998 bis
eute von 9 auf 13 Prozent. Das ist noch zu wenig. Sie
önnen aber doch nicht sagen, es sei nichts passiert.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


urch das Elternzeitgesetz verbesserte sich der Anteil der
äter, die Elternzeit in Anspruch nahmen, von 1,5 – das
t eine homöopathische Dosis – auf immerhin
Prozent. Ich frage mich, warum Sie das nicht zur
enntnis nehmen wollen. Wir werden auf jeden Fall
icht zulassen, dass Sie solche Schauermärchen verbrei-
en und die Öffentlichkeit täuschen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ich will nicht verhehlen, dass es noch genug zu tun
ibt, gerade in der Privatwirtschaft. Weibliche Führungs-
räfte, Nachwuchsförderung, gleicher Lohn – Fehl-
nzeige. Die Vereinbarung mit den Spitzenverbänden
er deutschen Wirtschaft war ein Flop; das muss man sa-
en. Aber wie sollte es auch anders sein, wenn noch
icht einmal die Hälfte aller Betriebe etwas von der
xistenz dieser Vereinbarung weiß? Darum brauchen
ir ein Bündnis für Chancengleichheit, ähnlich dem
on der Ministerin Renate Schmidt initiierten Bündnis
ür Familie. Die Frauen wollen nicht darauf warten, auf-
rund mangelnden männlichen Nachwuchses in einer al-
rnden Gesellschaft notgedrungen auf die Chefsessel
elassen zu werden.
Die Union beschäftigt sich nun auch mit der Situation

er Frauen mit Migrationshintergrund. Na endlich,
ann ich da nur sagen. Willkommen in der Gegenwart!
pposition tut Ihnen offensichtlich gut.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)







(A) )



(B) )


Irmingard Schewe-Gerigk

Während Ihrer Regierungszeit hatten ausländische Ehe-
frauen, die weniger als zwei Jahre in Deutschland ver-
heiratet waren und aufgrund von Gewalt in ein Frauen-
haus flüchteten, zwei Möglichkeiten: Entweder sie
wurden abgeschoben oder sie mussten sich der Prügel
durch ihren Mann weitere zwei Jahre aussetzen, bevor
sie ein eigenständiges Aufenthaltsrecht erhielten. Wir
haben das geändert, entgegen Ihrem Widerstand.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Auch von geschlechtsspezifischer Verfolgung als
Asylgrund wollten Sie nichts wissen. Natürlich müssen
wir die Migrantinnen in Deutschland schützen. Das
Thema Zwangsprostitution mit der erleichterten Visa-
praxis zu verbinden, Frau Roedel, das eignet sich hier
wirklich nicht. Die Zahlen belegen, dass auch nach dem
veränderten Erlass aus der Ukraine nicht mehr Krimina-
lität und Zwangsprostitution zu verzeichnen sind.


(Zurufe von der CD/CSU: Was?)

Nehmen Sie die Zahlen einfach zur Kenntnis!


(Ina Lenke [FDP]: Was soll denn das? – Zurufe von der CDU/CSU)


– Hören Sie doch einmal zu, anstatt zu schreien!
Im letzten Monat wurde als sechstes Opfer in vier

Monaten in Berlin die Deutschtürkin Hatun Sürücü
– vermutlich durch ihre eigenen Brüder – erschossen. Ihr
„Verbrechen“ war, dass sie sich dagegen wehrte, dass
ihre Familie Kontrolle über ihre Lebensweise, ihren
Körper und die Wahl ihres Ehemannes ausübte. Dafür
musste sie sterben.


(Ina Lenke [FDP]: Was ist mit Zwangsheirat?)

– Stellen Sie doch einmal eine Frage! Das verlängert
meine Redezeit.


(Ina Lenke [FDP]: Ich will keine Frage mehr!)

Hier nützen aber keine strafrechtlichen Verschärfungen;
denn Mord ist Mord. Hilfe und Aufklärung sind ange-
sagt.


(Maria Eichhorn [CDU/CSU]: Doppelmoral! Scheinheilig!)


– Herr Präsident, so kann ich nicht reden.
Im Falle der Zwangsverheiratung war es allerdings

nötig, das ausdrückliche Verbot in das Strafgesetzbuch
aufzunehmen. Das haben wir getan. Ihre Forderung ist
also unnötig. Viel wichtiger aber ist, dass die aus
Deutschland in das Ausland verbrachten zwangsverhei-
rateten Frauen ein Rückkehrrecht nach Deutschland ha-
ben, und das auch später als nach sechs Monaten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Da sind Sie gefragt, verehrte Kolleginnen von der
Union. Hier können Sie etwas tun. Denn eines geht nicht
an: Sie können nicht hier im Bundestag Krokodilstränen
über die Situation der Frauen vergießen, aber im Bun-

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(C (D esrat alles verhindern, was den betroffenen Frauen hilft, in Aufenthaltsrecht zu bekommen. Wir müssen aber auch die Diskussion mit den igrantinnen und Migranten führen. Es kann nicht ein, dass junge türkische Männer in aller Öffentlichkeit inen solchen Mord gutheißen. Es kann auch nicht sein, ass Mädchen von Mitschülern oder Brüdern bedroht erden, wenn sie kein Kopftuch tragen. Notwendig ist ine selbstkritische Diskussion in den Migranten-Comunities. Lassen Sie mich zum Schluss noch eines anmerken: n den Anträgen sind einige Punkte enthalten, die wir ur gemeinsam durchsetzen können. (Ina Lenke [FDP]: Ach so! Jetzt plötzlich gemeinsam!)


Ja, die FDP hat doch noch nichts Schriftliches vorge-
egt. – Darin haben wir durchaus Erfahrung, zum Bei-
piel beim § 177 StGB oder den Unisex-Tarifen. Das
äre sowohl für den Internationalen Frauentag als auch
ür das zehnjährige Jubiläum des Staatsziels Gleichstel-
ung im Grundgesetz ein positives Signal.
Ich danke Ihnen recht herzlich.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516300500

Ich erteile Kollegin Ina Lenke, FDP-Fraktion, das
ort.

Ina Lenke (FDP):
Rede ID: ID1516300600

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich

laube, dass das Schauspiel, das wir heute anlässlich der
ebatte des Internationalen Frauentags aufführen, gegen
ns spricht.


(Widerspruch bei der SPD)

ch werde keine solche populistische Rede halten, wie
ir sie von den Abgeordneten auf der linken Seite gehört
aben.
Die Frauen erwarten kein Schauspiel. Sie erwarten

ielmehr am Internationalen Frauentag Solidarität mit all
enen, denen wir aus dem Bundestag heraus helfen müs-
en. Dieses Schauspiel ist des Internationalen Frauentags
nwürdig.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Wir und andere haben den Internationalen Frauentag

efeiert. Aber es stellt sich auch die Frage, ob wir mit
em, was die Frauen in Deutschland erreicht haben, zu-
rieden sein können. Ist das, was uns Frau Humme und
ndere heute vorgetragen haben, wirklich der Maßstab?
ch denke, wir sollten uns in Sachen Gleichstellung an
en fortschrittlichsten Ländern messen.
Aber auch am Internationalen Frauentag müssen wir

ie Länder im Blick haben, in denen die Gleichstellung
och meilenweit entfernt ist. Wir müssen uns bewusst
ein, dass in einigen Ländern der Erde Mädchen und
rauen noch nicht einmal elementare Menschenrechte






(A) )



(B) )


Ina Lenke

gewährt werden. Viele leben in patriarchalischer Unter-
drückung. Wir haben erlebt, dass auch Türkinnen in
Deutschland davon betroffen sind.

In einigen Ländern der Erde haben Frauen keine poli-
tischen Mitspracherechte, keine ausreichende Gesund-
heitsversorgung und keine Bildungschancen. Es ist die
Pflicht zuallererst der Bundesregierung, aber auch der
Bundestagsfraktionen, sich entschieden für die Durch-
setzung der Frauenrechte in allen Teilen dieser Welt ein-
zusetzen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Ich will aber an dieser Stelle auf die Situation von

Frauen in Deutschland zurückkommen. Die Fakten
zeigen doch, dass wir Frauen meilenweit von echter
Teilhabe und Chancengleichheit entfernt sind. Dass
Sie alle Maßnahmen im Rahmen der Frauenpolitik vor
1998, die Sie heute aufgezählt haben, diskriminiert ha-
ben, zeigt, dass es Ihnen in diesem Bereich um Partei-
politik geht statt um eine gemeinsame Politik, die – auch
im Sinne von Gender Mainstreaming – mehr für die
Frauen erreicht.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir Frauen tragen nämlich sehr viel zu dieser Gesell-
schaft bei. Wir erwirtschaften große Teile des Brutto-
sozialprodukts. Wir tragen wesentlich zum Steuerauf-
kommen bei und leisten Erhebliches für unser soziales
Versicherungssystem. Auch all das, was die Frauen in
Familien und für ihre älteren Mitbürger tun und was sie
ehrenamtlich leisten, hätte heute von Ihnen angespro-
chen werden müssen. Hier gibt es aber nur Streit und das
bedaure ich außerordentlich.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Das Potenzial von Frauen ist – das wissen wir alle –

in Bezug auf Erwerbstätigkeit noch längst nicht ausge-
schöpft. Aber woran liegt es, dass trotz besserer Bil-
dungsabschlüsse Frauen in der Wirtschaft selten gut
dotierte Positionen einnehmen? Der Frauenanteil an
Managementpositionen in Deutschland ist seit 1998
kaum gestiegen, liebe Kolleginnen von der linken Seite.
Er liegt immer noch bei 28 Prozent.

Auf der höchsten Entscheidungsebene der 50 größten
börsennotierten Unternehmen findet sich in Deutschland
keine einzige Frau als Präsidentin und Vorstandsvorsit-
zende. Unterhalb dieser Ebene liegt der Frauenanteil in
Deutschland bei 12 Prozent. In Norwegen und Schwe-
den ist er doppelt so hoch.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Wie hoch ist denn der Frauenanteil in der FDP-Fraktion?)


20 Prozent der Mitglieder der obersten Gerichtshöfe in
Deutschland sind Frauen. In anderen EU-Staaten ist der
Frauenanteil in diesem Bereich deutlich höher. Wie-
derum in Norwegen ist er doppelt so hoch wie bei uns.
Bei den Professoren – das hat die Kollegin von der CDU
schon angesprochen – ist der Anteil der Frauen noch be-

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(C (D chämender. Er beträgt mehr als 10 Prozent. Damit beegt Deutschland innerhalb der EU den viertletzten Platz. (Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Es sind insgesamt 13 Prozent!)


Einer der Gründe für diese typisch deutsche Misere
ind die schlechten Rahmenbedingungen für Frauen.
as ist zwar ein alter Hut, aber ich sage ganz deutlich:
ot-Grün hat in diesem Bereich bislang keine Erfolge
erzeichnen können. Zu diesen schlechten Rahmen-
edingungen gehört vor allem das Problem der Verein-
arkeit von Familie und Erwerbsarbeit. Hier hat die
undesregierung die Situation nicht verbessern können.


(Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD]: Wie bitte?)


er Betrag von 1,4 Milliarden Euro, den Sie angespro-
hen haben, ist ein Wolkenkukkucksheim.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es sind 1,5 Milliarden Euro!)


ir wurde von Ihnen noch keine Berechnung vorgelegt,
n der Sie nachweisen können, dass den Gemeinden
,4 Milliarden Euro für die Betreuung von Kindern unter
rei Jahren zur Verfügung stehen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


In unserem Antrag „Frauenpolitik – Gesellschaftli-
her Erfolgsfaktor“ – Frau Schewe-Gerigk, das sage ich
hnen, weil Sie ihn nicht gelesen haben –


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Doch, heute Nacht! Ich konnte gar nicht schlafen!)


ordern wir von der Bundesregierung erstens die Beseiti-
ung bestehender Barrieren und Benachteiligungen, die
er faktischen Gleichberechtigung entgegenstehen. In
iesem Zusammenhang komme ich noch einmal auf die
ereinbarkeit von Familie und Beruf zu sprechen; denn
ierbei geht es auch darum, die Vereinbarkeit von Fami-
ie und Beruf für Väter zu gewährleisten. Nicht nur
rauen haben das Recht auf ein Leben mit Kindern, son-
ern auch Väter müssen die Chance haben, ohne Diskri-
inierung in ihrer Firma und ihrem gesellschaftlichen
mfeld Kinder zu erziehen.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU – Zuruf von der SPD: Sie müssen sich einmal die Elternzeitstatistiken anschauen! Alles klar?)


enn sich ein Vater für einige Zeit der Kindererziehung
idmet, wird er noch immer mit Misstrauen betrachtet,
icht aber, wie es angebracht wäre, hoch gelobt.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

ie Vereinbarkeit von Familie und Beruf kann nur durch
en Ausbau der Kinderbetreuung, auf den wir warten,


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: In Niedersachsen könnten Sie ja mit dem Ausbau der Kinderbetreuung anfangen!)







(A) )



(B) )


Ina Lenke

verbunden mit gesellschaftlicher Akzeptanz und der ver-
besserten Betreuung unter dreijähriger Kinder gewähr-
leistet werden.

Die FDP fordert von der Bundesregierung zweitens
– das ist der wichtigste Punkt –, die existenzsichernde
Integration von Frauen in den Arbeitsmarkt voranzu-
treiben.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das ist ja eine sehr konkrete Forderung!)


Meine Damen und Herren, das geschieht angesichts von
5 Millionen Arbeitslosen nicht. Was wir brauchen, ist
eine kluge Wirtschaftspolitik und die Beseitigung von
Fehlanreizen in Steuer- und Transfersystemen, zum
Beispiel den Wegfall der Steuerklasse V,


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


die Sie Ihren Anträgen zufolge beibehalten wollen. Wir
haben diesen Vorschlag in den Bundestag eingebracht,
Sie aber lehnen ihn ab. Wir wollen also die Beseitigung
von Fehlanreizen in Steuer- und Transfersystemen. Da-
rüber hinaus fordern wir von Ihnen eine bessere Arbeits-
marktpolitik und den Abbau der hohen Regulierungs-
dichte auf dem Arbeitsmarkt.

Drittens fordert die FDP die Tarifpartner auf, die
bestehenden Arbeitsbewertungssysteme und ihre An-
wendung auf diskriminierende Mechanismen zu unter-
suchen. Die Beseitigung der Unterbewertung frauen-
dominierter Tätigkeiten und der Überbewertung
männerdominierter Tätigkeiten in Gehaltstarifen ist die
Aufgabe von Gewerkschaften und Arbeitgebern, auch
und gerade im öffentlichen Dienst. Das sind einige wich-
tige Forderungen, die wir in unserem Antrag stellen.

Frau Schewe-Gerigk, als Opposition haben wir die
Regierung kritisch zu begleiten und selbst Vorschläge zu
machen. Wenn Sie sich die Anträge, die die FDP-Frak-
tion in der letzten und in dieser Legislaturperiode in den
Bundestag eingebracht hat, ansehen, stellen Sie fest,
dass auch wir Frauenpolitik machen – allerdings auf eine
andere Weise als Sie.


(Beifall der Abg. Cornelia Pieper [FDP])

Zum Schluss eine persönliche Anmerkung. Liebe

Kollegen und Kolleginnen, Frauenpolitikerinnen ha-
ben in keiner Fraktion einen leichten Stand. Dieser Poli-
tikbereich hat nicht die Priorität, die er verdient. Deshalb
ist unser Antrag, in dem die Defizite dieser Regierung
nach sechsjähriger Amtszeit angesprochen werden, so zu
verstehen, dass wir damit die Kräfte in der Koalition
stärken wollen, die sich für Gender Mainstreaming, also
für die Gleichberechtigung von Frauen und Männern,
einsetzen. Auf meinem Sprechzettel habe ich folgenden
Schlusssatz notiert: Lassen Sie uns heute nicht im Streit
enden,


(Peter Dreßen [SPD]: Dazu haben Sie aber nicht viel beigetragen!)


sondern das Ziel verfolgen, für Männer und Frauen Rah-
menbedingungen zu schaffen, die uns allen gut tun.

Vielen Dank.

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(C (D (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Peter Dreßen [SPD]: Das muss gerade sie sagen! – Weiterer Zuruf von der SPD: Darauf kommen wir zurück!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516300700

Ich erteile das Wort Kollegin Renate Gradistanac,

PD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Renate Gradistanac (SPD):
Rede ID: ID1516300800

Guten Morgen, Herr Präsident, meine sehr verehrten
amen und Herren! Der Internationale Frauentag 2005
ietet die Möglichkeit für eine gleichstellungspolitische
albzeitbilanz – ich beziehe mich nur auf die 15. Legis-
turperiode – der Gleichstellungspolitik als Querschnitts-
ufgabe mit der Strategie des Gender Mainstreaming.
eit Jahrzehnten fordert die Frauenbewegung mit ihren
rauenverbänden, dass Frauen sich nicht zwischen Fa-
ilie und Beruf entscheiden müssen, sondern dass sie
ie Männer Familie und Beruf ganz selbstverständlich
iteinander vereinbaren können.
Was für Frauen in anderen EU-Ländern wie zum Bei-

piel in Frankreich und in Schweden längst Realität ist,
ämlich eine verlässliche und umfassende Kinder-
etreuung, war in Deutschland lange Zeit undenk-
ar. Durch unser 4-Milliarden-Euro-Ganztagsschulpro-
ramm


(Hannelore Roedel [CDU/CSU]: Nicht finanziert!)


nd das Tagesbetreuungsausbaugesetz für unter Dreijäh-
ige wurde zu meiner großen Freude in meinem konser-
ativen Schwarzwald ein fruchtbarer Gärungsprozess
usgelöst, der erste Früchte trägt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wenn man bedenkt, dass Bildung und Betreuung
riginäre Aufgaben der Länder und Kommunen sind, ist
s umso erfreulicher, dass es der SPD-geführten Bundes-
egierung gelungen ist, diesen gesellschaftlichen Wandel
nzustoßen.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Klar war dabei immer, dass wir auf diesem harten und
teinigen Weg vielfältige und zuverlässige Partner brau-
hen.

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516300900

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage der
ollegin Lenke?

Renate Gradistanac (SPD):
Rede ID: ID1516301000

Nein. Wir wollten doch in Ruhe weitermachen. – Die

trategische Kooperation zwischen den Beteiligten aus
olitik, Wirtschaft und Gewerkschaften ist zwingend






(A) )



(B) )


Renate Gradistanac

notwendig, um die Vereinbarkeit von Familie und Ar-
beitswelt zu verbessern.


(Hannelore Roedel [CDU/CSU]: Geld braucht es aber auch noch dazu!)


Bundesministerin Renate Schmidt hat den guten Ansatz
aufgegriffen und das Projekt „Allianz für Familien“
begründet.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Vor Ort haben sich inzwischen 129 „lokale Bündnisse
für Familien“ entwickelt, denen sich 17 Millionen Men-
schen angeschlossen haben. Angebote zur flexiblen Kin-
derbetreuung und zum beruflichen Wiedereinstieg sind
Beispiele für Aktivitäten, mit denen lokale Bündnisse in
Zusammenarbeit mit der Wirtschaft ganz konkret vor
Ort die beruflichen und familiären Möglichkeiten von
Frauen verbessern.

Beim Unternehmenswettbewerb „Erfolgsfaktor Fami-
lie 2005“ hat sich aus meiner Heimat die Firma Bauser
für die Endrunde qualifiziert. Ich gehe davon aus, dass
Sie sich alle mit mir darüber freuen, dass diese beispiel-
hafte Unternehmensphilosophie Raum greift.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich wünsche mir sehr, dass es nicht immer heißt,
Wirtschaft zuerst und somit Frauenrechte als Luxus für
bessere Zeiten aufgespart werden, sondern ich schließe
mich hier den Worten von Frau Widmann-Mauz – das
wird sie sicher erschrecken –, der Vorsitzenden der
Gruppe der Frauen in der CDU, ausdrücklich an.

Sie sagte: Heute und in Zukunft werden die Unterneh-
men in Deutschland, insbesondere angesichts der demo-
graphischen Entwicklung, nicht mehr auf die überdurch-
schnittlich gut ausgebildeten Frauen in Deutschland
verzichten können.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, trotz aller positiven Ent-

wicklungen ist Deutschland auch in der Arbeitswelt lei-
der immer noch keine diskriminierungsfreie Zone. Zum
Beispiel sind die Lohnunterschiede – das beklagen wir
alle – noch immer gravierend. Bei Vollzeiterwerbstätig-
keit verdienen Frauen noch immer bis zu 30 Prozent we-
niger als ihre männlichen Kollegen.


(Ina Lenke [FDP]: Wo sind die konkreten Vorschläge?)


Mit unserem Antidiskriminierungsgesetz

(Angela Schmid [CDU/CSU]: Hört! Hört!)


haben Frauen in Zukunft eine wirkungsvollere Hand-
habe


(Angela Schmid [CDU/CSU]: Gegen Arbeitsplätze!)


gegen Benachteiligungen und Diskriminierungen, zum
Beispiel in der Arbeitswelt.

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(C (D (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zurufe von der CDU/CSU: Oh, was für ein Beifall! – Ein Rauschen!)


ie Tarifvertragsparteien – Arbeitgeber, Beschäftigte
nd Betriebsräte – sind gefordert, aktiv eine Antidiskri-
inierungskultur zu entwickeln.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


aimler-Chrysler geht hier mit einer sehr guten Hand-
eichung beispielhaft voran. Wie wichtig dieses Gesetz
t, hat die anspruchsvolle Anhörung diese Woche zum
ntidiskriminierungsgesetz gezeigt.


(Angela Schmid [CDU/CSU]: Ja, hat sie: die Fehler des Gesetzentwurfes!)


ie wertvollen Anregungen werden wir zum Teil ein-
rbeiten.
Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516301100

Ich erteile das Wort Kollegin Rita Pawelski, CDU/
SU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Rita Pawelski (CDU):
Rede ID: ID1516301200

Guten Morgen, Herr Präsident, meine Damen und
erren! In Deutschland leben 3,4 Millionen Frauen, die
us anderen Ländern zu uns gekommen sind. Viele von
hnen sind in unser Land gekommen, um bei uns in Frei-
eit zu leben, in Freiheit, die ihnen in ihrer Heimat ver-
ehrt wurde: Sie wollten leben ohne Angst vor Repres-
alien des Staates, der Religionsgemeinschaften oder der
amilienclans. Bei uns, in ihrer neuen Heimat, schützt
ie das Grundgesetz: Es sichert ihnen unveräußerliche
echte zu wie die Glaubens- und Gewissensfreiheit, die
einungsfreiheit – und auch die Gleichberechtigung.
Aber von diesen Rechten können trotz Grundgesetz

iele dieser Frauen nur träumen. Wir haben aus falsch
erstandener Toleranz ignoriert, dass viele Migrantin-
en in unserem Land in Unfreiheit, in Angst leben.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


ir haben Themen wie Ehrenmorde oder Zwangs-
eiraten leichtfertig unter dem Deckmantel der Reli-
ionsfreiheit oder unter „fremde Kulturen“ verschwin-
en lassen. Wir haben toleriert, dass mitten unter uns die
echte von Frauen mit Füßen getreten werden.


(Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer hat das toleriert? – Ute Berg [SPD]: Wir nicht! – Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD]: 16 Jahre Kohl-Regierung!)


Nun ist so mancher ideologischer Luftballon zer-
latzt. Die Schriftstellerin Necla Kelek schrieb sogar:
er Traum von Multikulti ist verantwortungslos. Die






(A) )



(B) )


Rita Pawelski

Anwältin Seyran Ates sieht bei der Regierung – ich zi-
tiere –

eine unglaubliche Angst, kulturelle Minderheiten
an den Grundrechten zu messen … wo die Grünen
sich immer so hübsch zugute halten, es mit den
Menschenrechten ganz genau zu nehmen.

Das Thema „Gewalt gegen türkische Frauen“ hat in
den letzten Wochen für Schlagzeilen gesorgt. Ich meine
jetzt nicht die Gewalt gegen türkische Frauen, ausgeübt
von türkischen Polizisten in Istanbul. Ich frage mich
schon, wo da die Betroffenheitsmienen einiger Minister
waren, die sich doch sonst ständig äußern. Ich vermisste
da Äußerungen der Regierung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Meine Damen und Herren, ich spreche von dem grau-

samen Mord an einer Türkin im Februar in Berlin, der
die ganze Republik erschütterte. Hatun Sürücü wurde
auf offener Straße regelrecht hingerichtet, mutmaßlich
von ihren eigenen Brüdern. Das Tatmotiv: verletzte
Ehre. Die junge Frau wurde mit 16 mit einem Cousin
verheiratet. Sie war westlich geworden, sie wollte jetzt
frei leben. Sie war innerhalb weniger Monate die sechste
Frau in Berlin, die im Namen der „Ehre“ ermordet
wurde. Auslöser für derartige Menschenrechtsverletzun-
gen sind archaische Familienstrukturen, zum Beispiel
bei den Jeziden, aber auch die strenge, traditionelle Aus-
legung des Islam: Danach ist die Ehre eines Mannes ab-
hängig von einem ehrbaren Verhalten seiner weiblichen
Familienangehörigen. Verstößt eine Frau dagegen, etwa
indem sie sich verliebt – möglicherweise sogar in einen
Ungläubigen – oder sogar Geschlechtsverkehr vor der
Ehe hat, gilt das als Beschmutzung der Ehre der Familie,
der Ehre des Familienoberhaupts. Das kann nur durch
Verstoßung, Verstümmelung oder – im schlimmsten Fall,
wie es ja ein paar Mal passiert ist – durch Tötung der
„Täterin“ gesühnt werden. Erst dann gilt seine Ehre als
wieder hergestellt. Das wird auch in Deutschland, in un-
serem Land, praktiziert. Das wollen wir nicht weiter zu-
lassen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ute Berg [SPD]: Wer will das denn zulassen? – Christel Humme [SPD]: Schlagen Sie doch mal was vor!)


Eine Studie des Familienministeriums zeigt, dass ein
Viertel der befragten Frauen, die mit einem türkischen
Partner verheiratet sind oder waren, den Ehemann vor
der Hochzeit nie gesehen haben. Das sind für mich
Zwangsheiraten und massive Verletzungen der Men-
schenrechte.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Offizielle Daten zu Zwangsehen in Deutschland liegen
leider nicht vor. Das ist für mich völlig unverständlich.
Der Berliner Senat sprach von 230 Fällen im Jahre 2002,
in denen Frauen von Zwangsehen bedroht oder betroffen
waren. In Celle, einer Kleinstadt in Niedersachsen – dort
leben sehr viele Jeziden –, waren es in den letzten Jahren
über 200 Frauen. Jeder dort sagt, dass die Dunkelziffer
sehr viel höher ist.

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(C (D Diese Frauen leiden. Nach Angaben der Berliner Krieneinrichtung Papatya sind unter den dortigen Opfern er Zwangsheirat 68 Prozent minderjährig, 30 Prozent on ihnen äußerten Suizidabsichten und 80 Prozent wuren vorher misshandelt oder missbraucht. Diese Zahlen ind nachvollziehbar, wenn man bedenkt, dass Tausende on so genannten Importbräuten – das sind junge Mädhen zum Beispiel aus Anatolien in der Türkei – hierher eholt werden, die kein Wort Deutsch können und keine echte kennen. Sie müssen hier abgeschirmt von der ußenwelt leben. In Gesprächen mit Beratungsstellen urde mir oft gesagt, dass diese Frauen ihre Wohnungen ft jahrelang nicht verlassen durften und wenn doch, ann nur in Begleitung eines männlichen Wesens, sei es uch nur fünf Jahre alt. Viele wussten nach Jahren nicht inmal, in welcher Stadt sie eigentlich leben. Das alles eschieht in Deutschland. Diese Frauen brauchen Beratung – auch in türkischer nd arabischer Sprache. Gleichzeitig fordern wir als DU/CSU-Fraktion, (Christel Humme [SPD]: Dazu sage ich nur: 16 Jahre verfehlte Integrationspolitik!)


ass alle Institutionen und Gruppen, die mit Betroffenen
on Gewalt und Zwangsheirat zu tun haben, so qualifi-
iert werden, dass sie die Probleme rechtzeitig erkennen
nd auf gute Beratungsstellen verweisen können.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wir wollen, dass die Straftaten, bei denen die Ehre als

atmotiv angegeben wird, in den Statistiken separat aus-
ewiesen werden müssen. Das geschieht bis heute leider
icht. Wir fordern, dass die Opfer von Zwangsehen mehr
echte erhalten. Die Pflicht zur Einhaltung der einjähri-
en Frist zur Aufhebung dieser Ehe soll abgeschafft
erden. Wir fordern, dass bei einer Zwangsheirat die
nterhaltsansprüche nicht mehr davon abhängen, ob die
etroffene vom Ehegatten bedroht oder getäuscht
urde; denn sehr oft geht die Drohung auch von der Fa-
ilie aus. Übrigens werden auch oft junge Männer be-
roht; denn diese werden oft genauso zwangsverheiratet.
ie sind also auch Opfer, um die wir uns kümmern müs-
en.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

ir wollen, dass die Zwangsheirat ein eigener Tat-
estand im Strafgesetzbuch wird. Der Strafrahmen soll
en aufenthaltsrechtlichen Ausweisungsvorschriften an-
epasst werden, sodass die Täter letztlich damit rechnen
üssen, ausgewiesen zu werden.
Meine Damen und Herren, ein Ausweg aus der Ab-

ängigkeit ist die Bildung. Aber auch sie bleibt den
ädchen oft verwehrt. Sie werden von ihren Eltern zu-
ehmend aus dem Sport-, Schwimm- oder Sexual-
undeunterricht herausgenommen und dürfen keine
lassenfahrten mitmachen.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516301300

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage der
ollegin Sonntag-Wolgast?






(A) )



(B) )



Rita Pawelski (CDU):
Rede ID: ID1516301400

Ich möchte bitte zusammenhängend zu Ende reden.

Nachher gerne. – Dabei haben die muslimischen Mäd-
chen im Durchschnitt bessere Schulabschlüsse als die
muslimischen Jungen.


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Ja, das stimmt!)


Sie haben aber keine Chance, aus diesen guten Schul-
abschlüssen etwas zu machen. Das wird ihnen verwehrt.


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Sehr richtig!)

Wir wollen, dass alle Mädchen an allen Unterrichts-

fächern teilnehmen müssen. In Abstimmung mit den
Bundesländern wollen wir bereits im Kindergarten eine
Sprachförderung. Je eher wir damit anfangen, desto
besser.


(Zuruf von der SPD: Geschieht doch schon!)

– Sie wird von einigen durchgeführt, aber leider nicht
von allen.

Unser Grundgesetz, vor allem Art. 3, gilt auch für
Frauen und Mädchen aus anderen Kulturkreisen. Sie sol-
len nicht nur unter uns leben, sie sollen gleichberechtigt
mit uns leben.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516301500

Zu einer Kurzintervention erteile ich Kollegin

Marieluise Beck, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, das
Wort.

Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Kollegin Pawelski, ich stimme Ih-
nen zu, dass es in der Politik immer wieder einmal pas-
siert, dass wir zu lange brauchen, um zunächst verbor-
gene gesellschaftliche Entwicklungen zu entdecken. Das
gilt für das, was Sie beschrieben haben und was sich
zum Teil in unseren Migranten-Communities abspielt.


(Albrecht Feibel [CDU/CSU]: Das steht doch in der Zeitung!)


Das hat auch für sexuellen Missbrauch an Kindern und
Vergewaltigung in der Ehe gegolten, wo es in den Parla-
menten zunächst Widerstand dagegen gab, sich mit die-
sen Sachverhalten auseinander zu setzen und darauf ge-
setzgeberisch zu reagieren.

Nun haben Sie gesagt, wir – mir war nicht ganz klar,
wen Sie mit dem „wir“ meinten; ich hatte das Gefühl,
Sie meinten uns – hätten das Thema „Gewalt gegen
Migrantinnen“ zu lange nicht wahrgenommen. Nun hat
es in der letzten Legislaturperiode eine ganz harte Aus-
einandersetzung um die Wahrung der Rechte von
Migrantinnen gegeben, nämlich im Rahmen der Novel-
lierung des damaligen § 19 des Ausländergesetzes.

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(C (D (Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD]: Gegen den anhaltenden Widerstand der Union!)


abei stand der Schutz von Migrantinnen im Mittel-
unkt der Debatte.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Noch einmal der Sachverhalt für diejenigen, die ihn
icht kennen:


(Albrecht Feibel [CDU/CSU]: Handeln, nicht debattieren! s dauerte bis dahin vier Jahre, bis eine Migrantin, die ier einen Deutschen oder einen Ausländer geheiratet atte, ein eigenständiges Aufenthaltsrecht bekam. Das achte sie zum Erpressungsgegenstand von Männern, ie sie mit der Drohung, wenn sie zur Polizei gehe, erde sie aus Deutschland abgeschoben, misshandeln, chlagen und gegen sie Gewalt anwenden konnten. Wir haben dafür gekämpft, dass die Mindestdauer der he auf zwei Jahre verkürzt und eine Härtefallregelung ingeführt wird. Die Union hat sich dieser Regelung assiv verweigert. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


n Frauenhäusern – ich gehe viel in Frauenhäuser, weil
ch wissen möchte, was da passiert – lernen Sie, dass für
igrantinnen genau diese Änderung in § 19 Ausländer-
esetz eine der größten Erleichterungen der letzten Jahre
ewesen ist, weil sie endlich ihren gewalttätigen Mann
erlassen können.
Ein zweiter Bereich betrifft das Strafrecht. Im Februar

ieses Jahres ist auf Initiative der Regierungskoalition
ie Strafe für Zwangsverheiratung verschärft worden,
eil wir wussten, dass die Zwangsverheiratung offen-
ichtlich auch in unserem Lande ein Thema ist und aus-
ändische Frauen gegen ihren Willen in unser Land ge-
racht werden. Deswegen haben wir uns für diese
trafverschärfung eingesetzt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich habe von Ihrer Seite kein „mea culpa“ dafür ge-

ört, dass Sie zu lange übersehen haben, was passiert.
assen Sie uns über diese Missstände reden. Lassen Sie
ns überlegen: Wie schützen wir die Opfer? Wie bauen
ir Netzwerke auf? Wie machen wir niedrigschwellige
ngebote, die in der Regel Aufgabe von Ländern und
ommunen sind, um auch das hier einmal zu sagen?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516301600

Frau Kollegin, Sie müssen zum Ende kommen.
Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/DIE
RÜNEN):
Ihre Intervention bekommt ein Geschmäckle, Frau
ollegin, wenn Sie so tun, als ob Sie das schon immer
lles gewusst hätten, und meinen, dies nun in einen






(A) )



(B) )


Marieluise Beck (Bremen)


Angriff auf diese Regierung ummünzen zu müssen.
Dann geht ein Stück Ehrlichkeit verloren. So sollten wir
diese Auseinandersetzung nicht führen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Albrecht Feibel [CDU/ CSU]: Schauen Sie sich einmal in Berlin um, wie es hier aussieht!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516301700

Kollegin Pawelski, Sie haben Gelegenheit zur Reak-

tion.

Rita Pawelski (CDU):
Rede ID: ID1516301800

Frau Staatssekretärin, man muss schon ein verdammt

schlechtes Gewissen haben,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


wenn man eine allgemeine Äußerung wie „Wir haben
toleriert“ auf sich persönlich bezieht. Man zieht immer
die Pfeile an, die man verdient. Anscheinend verdienen
Sie sie.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD]: Sie haben sich gegen das eigenständige Aufenthaltsrecht gewehrt!)


Ich finde es schön, dass Sie mir zutrauen, dass ich
schon sehr lange im Bundestag bin. Aber ich bin erst seit
2002 hier. Ich habe jedoch die entsprechenden Unter-
lagen gelesen. Wir befinden uns im Jahre 2005. Sie hat-
ten also sechs Jahre lang Zeit, etwas zu tun. Sie haben
nicht genug getan.


(Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Christel Humme [SPD]: Sie können offensichtlich nicht lesen!)


Wir als CDU/CSU-Fraktion haben seit 1999 in vielen
Anträgen immer wieder auf dieses Thema hingewiesen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie haben nicht genug gehandelt.

Sie, verehrte Frau Staatssekretärin, sagen jetzt, dass
der § 240 Strafgesetzbuch geändert wurde. Dazu sage
ich Ihnen: Der Tatbestand der Zwangsheirat steht nur in
einem Nebensatz im Gesetz.


(Zurufe von der SPD)

Wir wollen, dass ein eigener Paragraph geschaffen wird,
damit jeder, der Zwangsehen veranlasst oder unterstützt,
weiß, dass er möglicherweise ausgewiesen werden kann.
Ich glaube, das ist eine Strafänderung, die verstanden
wird.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Ina Lenke [FDP] – Krista Sager [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das ist doch Rechtslage!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516301900

Ich erteile das Wort Kollegin Ursula Sowa, Bünd-

nis 90/Die Grünen.

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(C (D Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und ollegen! „Wenn die Damen seltener als die Männer ervorragendes leisten, dann liegt das nur daran, dass hnen keine gute Bildung zuteil wurde.“ Diese Einschätung äußerte die französische Schriftstellerin Marie le ars de Gournay im 17. Jahrhundert. In Deutschland sind rauen heutzutage gut gebildet, vielfach sogar besser als änner, es machen mehr junge Frauen das Abitur als änner – das auch noch mit besseren Noten – und es beinnen mittlerweile genauso viele Frauen wie Männer in Studium. Ihren Bildungsrückstand haben die Frauen ufgeholt. Trotzdem sind sie vor allem in leitenden Positionen in issenschaft und Forschung leider noch immer deutlich nterrepräsentiert. Madame le Jars de Gournay hatte also nrecht. Es sind offensichtlich andere Faktoren als der ildungsstand, die dazu führen, dass die Luft für Frauen n Wissenschaft und Forschung immer dünner wird, je eiter sie auf der Qualifikationsleiter nach oben steigen. in Grund dafür ist die unterschiedliche Bewertung von eistung und Qualifikation bei Frauen und Männern. uswahl und Berufungsverfahren verlaufen nicht gechlechtsneutral. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die uswahlgremien immer noch vor allem mit Männern esetzt sind. Eine 1997 in „Nature“ veröffentlichte Stuie zeigt, dass Frauen bei der Vergabe von Forschungsitteln hinsichtlich wissenschaftlicher Kompetenz, Forchungsvorschlag und Methodologie schlechter bewertet erden als Männer. Für die gleiche Einstufung mussten rauen 2,6-mal mehr Veröffentlichungen in renommieren Fachpublikationen vorweisen als Männer. Oft hanelt es sich dabei um unbewusste Ausschlussmechanisen. An ihren destruktiven Auswirkungen auf die arrierewege von Frauen ändert dies allerdings nichts. Die rot-grüne Bundesregierung hat seit 1998 viel ge an, um die Karrierechancen von Frauen in Wissenschaft nd Forschung zu erhöhen. Erwähnen möchte ich beipielsweise das HWP-Programm „Chancengleichheit ür Frauen in Forschung und Lehre“, für das jährlich 0 Millionen Euro zur Verfügung stehen. Damit werden rauen gefördert, die sich wissenschaftlich qualifizieren nd auf eine Professur vorbereiten. Es werden Projekte n der Frauenund Genderforschung unterstützt. chließlich werden Maßnahmen finanziert, um den rauenanteil in naturwissenschaftlich-technischen Fähern zu erhöhen. Dennoch können wir mit dem Erreichten noch nicht ufrieden sein. Aktuell sind 13 Prozent der Professuren n Deutschland mit Frauen besetzt. Auch wenn dies eine eutliche Steigerung gegenüber dem Niveau von 1998 edeutet – von dem, was davor war, ganz zu schweigen; amals betrug der Frauenanteil an den Professuren ,5 Prozent –, geht uns die Erhöhung des Frauenanteils n den Hochschulen nicht schnell genug. In der indusriellen Forschung sind Frauen mit nur knapp 10 Prozent klatant in der Minderheit. In diesem Jahr wird erstmals ein Bericht zum leichstellungsdurchsetzungsgesetz und damit auch ur Ausführungsvereinbarung Gleichstellung vorgelegt. Ursula Sowa Aus diesem Bericht müssen auch Konsequenzen folgen. Wir werden sehen, ob die gleichstellungspolitischen Maßnahmen ausgebaut werden müssen. Sie, meine Damen von der Opposition, haben in Ihrem kürzlich eingebrachten Antrag zu zehn Jahren Novellierung des Gleichberechtigungsartikels im Grundgesetz, der bezeichnenderweise kaum von Männern unterstützt wurde – Gleichberechtigung scheint in der Union nur eine Sache der Frauen zu sein –, (Hannelore Roedel [CDU/CSU]: Da steht „und Fraktion“!)

Ursula Sowa (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516302000




(A) )


(B) )


(Ina Lenke [FDP]: Jetzt ist es aber genug!)


die Unionsfraktion zur allgemeinen Erheiterung als Vor-
hut der Gleichberechtigung präsentiert. Ungeachtet des-
sen haben Sie in Ihren Änderungsanträgen zum BMBF-
Haushalt 2005 vorgeschlagen, bei den Strategien zur
Durchsetzung von Chancengleichheit für Frauen in Bil-
dung und Forschung um 1,5 Millionen Euro zu kürzen,
und den Ansatz beim Titel „Weiterentwicklung von
Hochschule und Wissenschaft sowie Realisierung der
Chancengleichheit für Frauen in Forschung und Lehre“
wollten Sie gar um 29 Millionen Euro zusammenstrei-
chen. Erklären Sie uns bitte, wie das mit Ihrem Anspruch
als frauenpolitische Avantgarde zusammengeht!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Mehr Frauen in Wissenschaft und Forschung sind
nicht nur ein Gebot der sozialen Gerechtigkeit; mehr
Frauen in Wissenschaft und Forschung bedeuten auch
neue Forschungsfragen und neue Perspektiven. Auf die
sind wir zur Lösung unserer Probleme dringend ange-
wiesen.

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516302100

Ich erteile Kollegin Conny Mayer, CDU/CSU-Frak-

tion, das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Conny Mayer (CDU):
Rede ID: ID1516302200

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!

Laut einer ganz aktuellen dpa-Meldung werden jede
Woche mehrere Hundert Frauen und Mädchen im Kongo
vergewaltigt. Die jüngsten sind gerade mal vier Jahre alt.
Sie werden häufig Opfer von Massenvergewalti-
gungen. Bisher wurden nur wenige Fälle – weniger als
ein Dutzend – juristisch aufgearbeitet.

Die CDU/CSU-Fraktion hat im November des ver-
gangenen Jahres einen Antrag mit dem Titel „Frauen in
den Krisenregionen Subsahara-Afrikas stärken“ einge-
bracht. Wir hätten diesen Antrag gern hier diskutiert.
Schade, dass das in dieser Debatte zum Internationalen
Frauentag nicht möglich war! Die Koalition hat nämlich
mit ihrer Mehrheit verhindert, dass wir diesen Antrag

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(C (D ier heute debattieren und dass wir damit auch den Blick uf Frauen richten, die in Armut leben und die in riegsregionen täglich ums Überleben kämpfen. Der CDU/CSU-Fraktion ist es ein Anliegen, für und ber Frauen und Mädchen zu sprechen, für die „Gleichtellung“ und „Gender Mainstreaming“ – das sind die inge, über die wir heute Morgen hier debattieren – och Fremdworte sind. Die zentrale Botschaft unseres ntrags, den wir hier heute leider nicht debattieren könen – ich will trotzdem darauf hinweisen –, ist, dass wir och stärker als bisher die Belange von Frauen auf unere außen-, sicherheitsund entwicklungspolitische genda nehmen müssen. Kofi Annan hat letzte Woche n New York gesagt: Es gibt kein effizienteres Entwickungsinstrument als Frauenförderung. Die Konferenz, die derzeit in New York stattfindet, ehn Jahre nach der großen Frauenkonferenz in Peking, ibt unserem Antrag Recht. Gerade für Frauen in Krienregionen gab es in den vergangenen zehn Jahren nur enige Verbesserungen, in manchen Teilen der Erde ween neuer Kriege sogar Verschlechterungen. Frauen sind on Kriegen und damit von Gewalt gleich mehrfach beroffen: als Kindersoldatinnen, die zum Dienst an der affe gezwungen werden, als Leidtragende, die unter chwierigsten Bedingungen für sich und ihre Familien orgen müssen, oder eben als Opfer von sexueller ewalt. Denken Sie an die Beispiele aus dem Ostkongo, ie ich eingangs erwähnte! Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat chon im Jahr 2000 die Resolution 1325 beschlossen. arin hat sich die Staatengemeinschaft verpflichtet, rauen beim Aufbau nach einem Krieg, beim Friedensrhalt und bei Konfliktlösungen stärker zu beteiligen. ie Bundesregierung hat als nicht ständiges Mitglied im icherheitsrat zwei Jahre lang die Chance gehabt, Frau üller, die Umsetzung der Resolution 1325 voranzutreien. Diese Chance hat die Bundesregierung verpasst. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU)


ie Bundesregierung hat bislang auch keinen nationalen
lan zur Umsetzung der Resolution 1325 erarbeitet. Wie
chon in unserem Antrag fordere ich hiermit nachdrück-
ch dazu auf.
Die Situation von Frauen in Krisenregionen ist das

ine. Da wir von internationalen Frauenfragen reden,
ill ich auf eine weitere zentrale Herausforderung hin-
eisen: Gesundheitsfragen und HIV/Aids. In Deutsch-
nd kommt es glücklicherweise nur sehr selten vor, dass
ütter oder Säuglinge während oder nach der Geburt
terben. In anderen Teilen der Erde gehört dieses grau-
ame Schicksal dagegen zum Alltag. Seit der Konferenz
n Peking vor zehn Jahren hat sich in diesem Bereich nur
ehr wenig verbessert. In Westafrika stirbt jede zwölfte
rau an den Folgen von Schwangerschaft und Geburt.
hnlich hoch sind im Moment die Zahlen in Afghanis-
n.






(A) )



(B) )


Dr. Conny Mayer (Freiburg)


Auch bei HIV/Aids ist die Situation dramatisch. Rund

38 Millionen Menschen weltweit sind mit dem Virus in-
fiziert. Der Anteil der Frauen ist hierbei in den vergange-
nen Jahren auf über 50 Prozent angestiegen. Das war vor
zehn Jahren noch anders. Das Risiko der Ansteckung ist
für Frauen schon aus physiologischen Gründen viermal
höher. Wirtschaftliche Abhängigkeit und fehlende Kon-
trolle über das sexuelle Verhalten des Partners tragen zu-
sätzlich zu einer großen Infektionsgefahr bei.

Neben der Herausforderung der Situation von Frauen
in Krisengebieten sowie den Themen „Gesundheit“ und
„HIV/Aids“ möchte ich auf eine weitere zentrale He-
rausforderung hinweisen. Ich bin dankbar, dass die Kol-
legin Sowa von den Grünen im nationalen Kontext
schon darauf hingewiesen hat. Bildung ist ein zentraler
Schlüssel für weltweite Entwicklung und insbesondere
für die Durchsetzung von Frauenrechten. Seit der Konfe-
renz in Peking gab es Fortschritte. Mehr Kinder, Mäd-
chen wie Jungen, haben Zugang zu Grundbildung.
Trotzdem sind noch immer zwei Drittel aller Analphabe-
ten weiblich. Frau Schmidt, auch im Koalitionsantrag zu
Peking + 10 wird betont, dass in Subsahara-Afrika und
Südostasien die Bildungschancen für Frauen dramatisch
schlecht sind. Schade ist, dass diese Erkenntnis, die in
der Koalition offensichtlich durchaus vorhanden ist, im
BMZ so wenig Beachtung findet.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wir, die CDU/CSU-Fraktion, fordern die Bundesregie-
rung deshalb auf, die Bildung und insbesondere das
Thema „Bildung von Frauen und Mädchen“ auf der ent-
wicklungspolitischen Agenda weiter oben anzusiedeln.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Ein letzter Punkt. Kofi Annan hat gerade erst in seiner

Rede in New York auf eine neue Herausforderung hinge-
wiesen, die es vor zehn Jahren in diesem Ausmaß – so
sagt er jedenfalls – noch nicht gab: Frauen- und Kinder-
handel. Auch Sie weisen in Ihrem Koalitionsantrag da-
rauf hin, dass jährlich rund 2 Millionen Menschen,
Frauen und Kinder, Mädchen wie Jungen, Opfer von
Menschenhandel werden. Schade, dass die Koalition
nicht mutig genug war, diesem abscheulichen Verbre-
chen mehr als vier Zeilen in einem siebenseitigen Papier
zu widmen!


(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe von der CDU/CSU: Hört! Hört!)


Ich möchte noch einmal auf den Ostkongo zurück-
kommen. Ich will meine Rede mit einem Zitat von einer
Frau beenden, die von bewaffneten Kämpfern attackiert
und vergewaltigt wurde. Ihr Mann weigert sich seitdem,
mit ihr zusammenzuleben. Diese Frau sagte einer Mit-
arbeiterin von Amnesty International:

Wir wollen Ihnen berichten, was passiert ist. Bitte
erzählen Sie unsere Geschichten weiter, damit die-
sem Grauen endlich ein Ende gesetzt wird!

Ich will deshalb an Sie alle, an uns alle appellieren: Las-
sen Sie uns Debatten wie die heutige auch dazu nutzen,
auf die Situation von Frauen in den Ländern des Südens

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(C (D ufmerksam zu machen! Lassen Sie uns gemeinsam weier für diese Frauen eintreten! Ich danke Ihnen. Ich erteile der Kollegin Dr. Gesine Lötzsch das Wort. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin bgeordnete der PDS. – Ich habe die Presseerklärung er fünf Bundesministerinnen zum Internationalen Frauntag gelesen. Was haben die Ministerinnen gemacht? ie trafen sich mit Frauen aus Wirtschaft, Wissenschaft nd Medizin und diskutierten über die Karrieremöglicheiten von Frauen. Das war sicherlich eine schöne unde mit Lachshäppchen und Sekt. Ich habe den Einruck, dass sich die Bundesministerinnen mit aller acht auf Frauen konzentrieren, die Karriere machen ollen, die in die Chefetagen drängen, die endlich eine -4-Professur erreichen wollen oder die eine Intendanz n einem schönen Theater anstreben. Das alles ist auch egitim und wichtig. Wir alle wissen – das ist in der eutigen Debatte mehrmals angesprochen worden –, wie iedrig zum Beispiel die Zahl der Professorinnen ist. ber braucht man dafür wirklich die geballte Macht von ünf Bundesministerinnen? Ich weiß von Millionen rauen, die keine Karriere machen können, die einfach ur einen Job haben wollen. Diese Frauen brauchen irklich dringend politische Unterstützung. Sie sind mir isher in der heutigen Debatte zu kurz gekommen. Sie, meine Damen und Herren von Rot-Grün, haben it Unterstützung der CDU/CSU in dieser Legislatureriode Gesetze verabschiedet, die Frauen in einem isher ungekannten Maß diskriminieren. Ich meine die artz-Gesetze und die Gesundheitsreform. ir als PDS haben ein Rechtsgutachten zu Hartz IV ertellen lassen, das nachweist, dass Hartz IV gegen das leichstellungsgebot verstößt. Frauen werden durch die nrechnung des Partnereinkommens in besondere Abängigkeit gedrängt, die sie bisher nicht kannten. Über die Gleichstellungspolitik in der DDR kann an sicher viel Kritisches sagen. Doch es bleibt die Tatache: Durch die finanzielle Unabhängigkeit der meisten stfrauen – über 90 Prozent hatten eine Arbeit – hatten ich diese Frauen eine größere Unabhängigkeit von den ännern gesichert. Das war eine entscheidende Vorausetzung für ein selbstbestimmtes Leben. (Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Ach je! Die gute DDR!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516302300
Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1516302400

(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])


(Zuruf von der SPD: Quatsch!)


eshalb trifft Hartz IV die Ostfrauen besonders hart.
stfrauen haben oft Jahrzehnte gearbeitet und deshalb
ine vergleichsweise hohe Arbeitslosenhilfe bekommen.
ie Bundesregierung hat mit dem Arbeitslosengeld II,
it Hartz IV, die Frauen, die ein Jahr gearbeitet haben,






(A) )



(B) )


Dr. Gesine Lötzsch

mit den Frauen – und Männern natürlich –, die 30 Jahre
gearbeitet haben, auf eine Stufe gestellt, herabgestuft.
Gerechtigkeit sieht anders aus.


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])

Meine Damen und Herren, ich war am Freitag ver-

gangener Woche mit einer Gruppe von 50 Frauen aus der
ganzen Republik, aus Ost und West, im Frauenministe-
rium. Wir hatten vorher Bescheid gesagt, dass wir zum
Thema „Hartz IV und Frauen“ diskutieren wollten. Zu
Recht wollten die Frauen wissen, wie das Frauenminis-
terium als Lobbyistin der Frauen bei der Hartz-IV-Ge-
setzgebung aufgetreten ist. Die Antworten waren mehr
als dürftig. Die Frauen waren enttäuscht, dass sie in die-
sem Ministerium zu wenig Unterstützung gefunden ha-
ben.

Aber auch Frauen, die eine Arbeit oder einen Job ha-
ben, brauchen dringend politische Unterstützung. Des-
halb schlage ich Ihnen vor: Lassen Sie uns spätestens
zum Frauentag 2006 gemeinsam in eine Lidl-Verkaufs-
stelle gehen. Lassen Sie uns gemeinsam mit den Verkäu-
ferinnen über die katastrophalen Arbeitsbedingungen
sprechen. Dieses Gespräch wird sicher nicht ganz so nett
wie das Gespräch mit den Karrierefrauen.


(Rita Pawelski [CDU/CSU]: Das habe ich schon längst gemacht! Da braucht man keinen Frauentag!)


– Ich sprach von Gemeinsamkeit, meine liebe Kollegin-
nen und Kollegen. –


(Rita Pawelski [CDU/CSU]: Wenn man erst warten will, bis Sie so weit sind!)


Denn die Kassiererinnen müssen während des Gesprä-
ches 40 Produkte pro Minute durch den Kassenscanner
schieben.

Verdi hat das Schwarzbuch Lidl herausgebracht. Es
liest sich wie ein Leitfaden zur Ausbildung in der Frem-
denlegion. Überwachung, Drill, Hetze stehen auf der Ta-
gesordnung. Frauen erzählen in diesem Buch, dass sie
mindestens neun Stunden täglich gearbeitet haben,
grundsätzlich ohne Pause. Wahrscheinlich haben diese
Frauen nicht unbedingt Lust auf ein solches Gespräch,
müssten sie doch die verloren gegangene Arbeitszeit
nacharbeiten. Trotzdem bin ich dafür, dass wir diesen
Versuch starten und gemeinsam unser Augenmerk auf
die Frauen legen, die unsere Hilfe am dringlichsten brau-
chen.


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])

Was die Kollegin Lenke eingangs ihrer Rede gesagt

hat, kann ich nach meinem persönlichen Eindruck nur
unterstützen. Gerade am Anfang dieser Debatte hat es
hier eine Atmosphäre von Zwischenrufen und Gekeife
gegeben, die dem Anliegen der Frauen, Gleichstellung
gemeinsam durchzusetzen, sicher nicht gedient hat. Ich
hoffe, dass wir uns in Zukunft gemeinsam eines Besse-
ren besinnen.

Vielen Dank.

(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])


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(C (D Ich erteile das Wort Kollegin Ute Berg, SPD-Frak ion. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! iele von Ihnen haben heute Morgen sicher schon ein, wei Tassen Kaffee getrunken. Ich wette aber, dass die enigsten von Ihnen wissen, wem wir diesen inzwichen ungetrübten Trinkgenuss zu verdanken haben. (Manfred Grund [CDU/CSU]: Den Türken, glaube ich!)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516302500
Ute Berg (SPD):
Rede ID: ID1516302600

och vor 100 Jahren hatte Kaffeetrinken nämlich einen
itteren Nachgeschmack. Auf dem Boden der Tasse be-
and sich eine Schicht bitteren schwarzbraunen Schlicks,
is die Leipzigerin Melitta Bentz auf die Idee kam, den
affee in einen Löschpapierfilter zu füllen. 1908 ließ sie
ich diesen Filter patentieren. Seitdem ist die Kaffee-
iltertüte aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken.


(Zuruf von der SPD: Gott sei Dank!)

Das ist nur ein klitzekleines Fragment aus der langen
eschichte von Erfindungen, die Frauen gemacht haben.
er Scheibenwischer zum Beispiel, der uns beim Auto-
ahren freie Sicht beschert, ist die Erfindung einer Frau.
entilationssysteme für Schiffe, Konstruktionen für
ängebrücken, wärmeisolierende Schwimmwesten und
pikesüberzieher für Autoreifen – all das haben Frauen
rfunden und konstruiert.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Stellen Sie sich einmal vor, was uns fehlen würde,
enn wir das Potenzial von Frauen als Forscherinnen,
ngenieurinnen und Technikerinnen nicht intensiv nut-
en würden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ieses Potenzial ist ein wichtiger Erfolgsfaktor für un-
ere Wissensgesellschaft. Die Kompetenz von Frauen
st ein Pfund, mit dem wir im internationalen Wettbe-
erb wuchern können und sollten.

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516302700

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
ollegen Scheuer, CDU/CSU-Fraktion?

Ute Berg (SPD):
Rede ID: ID1516302800

Gern.


(Zurufe von der SPD: Das lohnt sich nicht! – Den kennen wir!)


Mal sehen, was er zu sagen hat.

Andreas Scheuer (CSU):
Rede ID: ID1516302900

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

rau Kollegin, wir sind uns ja einig, was die vielen Be-
eiligungen und guten Ideen von jungen Frauen in unse-
er Gesellschaft angeht. Ich glaube aber, dass es drän-
endere Fragen gibt. Was sagen Sie denn – ich darf hier






(A) )



(B) )


Dr. Andreas Scheuer

die „Welt“ vom 8. März zitieren – zum steigenden Ar-
mutsrisiko für allein erziehende Frauen? Das ist Realität
in Deutschland unter Rot-Grün. Was sagen Sie denn zur
wirtschaftlichen Situation der Frauen in Deutschland un-
ter einer rot-grünen Regierung? Was tun Sie dafür, diese
Situation zu verbessern? Das würde mich interessieren,
nicht die vielen Dinge, die irgendwann in grauer Vorzeit
einmal erfunden wurden. Wir wissen, dass wir gute
Frauen mit guten Ideen haben; sie müssen aber auch eine
Garantie dafür haben, dass sie diese Ideen wirtschaftlich
umsetzen können.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Ute Berg (SPD):
Rede ID: ID1516303000

Herr Kollege Scheuer, Sie werden es mir verzeihen,

dass ich meinen Vortrag jetzt nicht nach Ihren Vorstel-
lungen ausrichte.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Natürlich sind die Fragen, die Sie angesprochen haben,
wichtig und natürlich beschäftigt sich die Regierung
auch mit diesen Fragen. Selbstverständlich haben wir ein
großes Interesse daran, Frauen auch in wirtschaftlich
schwächeren, in konjunkturschwachen Zeiten massiv zu
unterstützen. Nur, ich beziehe mich im Moment – Sie
werden mir das verzeihen – auf das Thema Frauen in der
Wissenschaft. Das ist mein Part und da mache ich jetzt
auch weiter.

Wenn wir eine Bestandsaufnahme machen und einen
genaueren Blick auf die Beteiligung von Frauen in
Wissenschaft und Forschung werfen, dann stellen wir
ganz eindeutig eines fest: Frauen sind dort immer noch
stark unterrepräsentiert, besonders in Führungspositio-
nen.

Andererseits gibt es aber seit Jahren eine positive Ent-
wicklung, auf der wir aufbauen können. Bei den Stu-
dienanfängern und -absolventen haben Frauen mittler-
weile mit Männern gleichgezogen. Der Frauenanteil bei
Promotionen ist seit 1998 von 33 auf 36 Prozent gestie-
gen, bei den Professuren im selben Zeitraum von 9 auf
13 Prozent. Das ist eine beachtliche Steigerung, aber bei
weitem nicht ausreichend. In den USA gibt es etwa dop-
pelt so viele Professorinnen wie bei uns. Einen sehr gro-
ßen Schritt nach vorn haben wir aber mit der Juniorpro-
fessur gemacht. Da beträgt der Frauenanteil immerhin
30 Prozent.

An den Hochschulen hat sich also schon einiges ge-
tan. In den außeruniversitären Forschungseinrichtungen
und in der industriellen Forschung ist die Situation aller-
dings noch ernüchternd. Frauen in Führungspositionen
sind dort fast allein auf weiter Flur. Grundsätzlich gilt
durchgängig für alle Bereiche des Arbeitsfelds Wissen-
schaft und Forschung: je höher die Qualifikation, desto
geringer die Zahl der Frauen.

Deshalb fordern wir die Bundesregierung und auch
die Länder auf, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um
die Beteiligung von Frauen in Wissenschaft und For-
schung weiter zu steigern. Dazu gehört zum Beispiel,

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(C (D ass spezielle Projekte zur Förderung der Chancenleichheit an Hochschulen und Forschungseinrichtungen eitergeführt werden. Ich finde es daher gut, dass Bund nd Länder das HWP-Programm „Chancengleichheit für rauen in Forschung und Lehre“ bis 2006 fortführen erden. Sehr erfolgreiche Arbeit leistet auch das Kometenzzentrum CEWS für Frauen in Wissenschaft und orschung. Es vernetzt und vermittelt Wissenschaftlerinen, fördert Pilotprojekte und begleitet gleichstellungsolitische Maßnahmen wissenschaftlich. Diese Arbeit ollte unbedingt fortgeführt werden. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, 40 Prozent aller
kademikerinnen entscheiden sich gegen Kinder, weil
ie Familie und Beruf nicht miteinander vereinbaren
önnen. Das liegt im Wesentlichen an dem mangelnden
ngebot an Kinderbetreuung. Wir leisten uns also den
uxus, dass ein großer Teil der gut ausgebildeten Frauen
hr Wissen und ihre Möglichkeit, Kinder zu fördern, nie
elbst ans Kind bringen können. Das ist für die Wissens-
esellschaft fatal. Für sie ist die Initiative der Bundesre-
ierung wichtig, Kinderbetreuungsangebote konsequent
uszubauen, auch bereits für die unter Dreijährigen.


(Beifall der Abg. Kerstin Griese [SPD])

erzögerungen in der Ausbildung oder im beruflichen
erdegang durch Kinderbetreuung dürfen sich nicht
achteilig etwa bei Stellenbesetzungen oder bei Beförde-
ungen auswirken. Die Familienfreundlichkeit einer
ochschule sollte bei den einschlägigen Rankings be-
ücksichtigt werden.
Auch die Wirtschaft hat erkannt, dass Familien-

reundlichkeit ein wichtiger Standortfaktor ist. Ludwig
eorg Braun, Präsident des Deutschen Industrie- und
andelskammertages, hat kürzlich das „Jahrhundert der
rau“ ausgerufen; denn – so Braun – lange werde es sich
ie Wirtschaft nicht mehr leisten können, das riesige
otenzial an hoch qualifizierten Frauen nur unzurei-
hend zu nutzen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


echt hat er! Das gilt nicht nur für die Wirtschaft, son-
ern auch für die Wissenschaft. Auch beim Wechsel
wischen Positionen in Wissenschaft und Wirtschaft
ürfen Frauen nicht auf der Strecke bleiben. Ein Beispiel
ind Ausgründungen aus Hochschulen. Hier spielen
rauen heute nur eine geringe Rolle. Das muss sich än-
ern. Das gilt nicht nur für Ausgründungen, sondern für
xistenzgründungen insgesamt. Ich finde es daher gut,
ass das BMWA und das BMBF den Aufbau einer bun-
esweiten Gründerinnenagentur unterstützen, die För-
er- und Coachingangebote macht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Freiheit und Wohl-

tand bauen auf Wissen auf. Das gilt für die Gesellschaft
nsgesamt, aber auch für jeden einzelnen Menschen. Da-
um müssen Frauen und Männer gleichberechtigt Zu-
ang zu Wissen bekommen. Aber das reicht noch nicht
us. Frauen und Männer müssen gleichberechtigt die






(A) )



(B) )


Ute Berg

Möglichkeit haben, unsere Gesellschaft zu gestalten und
weiterzuentwickeln. Darum müssen sie gleichermaßen
in Führungspositionen vertreten sein. Es ist unsere Auf-
gabe, die Aufgabe von Politikerinnen und Politikern, da-
für zu sorgen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516303100

Ich erteile das Wort Kollegen Markus Grübel, CDU/

CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Markus Grübel (CDU):
Rede ID: ID1516303200

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!

Für die CDU/CSU ist Gleichstellungspolitik ein Politik-
feld, das Frauen und Männer gleichermaßen angeht.


(Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch bei der SPD)


Leider – das ist an der heutigen Rednerliste erkennbar
gewesen –


(Zurufe von der SPD: Rednerinnenliste!)

– Rednerinnenliste, genau – geht bei der SPD und beim
Bündnis 90/Die Grünen Gleichstellungspolitik nur
Frauen an. Die Männer in Ihren Parteien sind stumm ge-
blieben. So viel zu Ihrem Einwand, Frau Sowa.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Eine gute, eine wirklich moderne Gleichstellungspoli-
tik hat Frauen und Männer im Blick. Wir brauchen eine
neue Partnerschaft zwischen den Geschlechtern. Da-
rum fordern wir in unserem Antrag „Tatsächliche
Gleichberechtigung durchsetzen“ die Bundesregierung
auf,

in der Gleichstellungspolitik stärker als bislang auf
einen Geschlechterkonsens hinzuwirken und darauf
zu achten, dass Gleichstellungspolitik Frauen und
Männer im Blick hat; …

Als ich vor zwei Jahren an gleicher Stelle zur Gleichstel-
lungspolitik geredet habe, hat anschließend die „taz“ ge-
schrieben: Die erste Männerrechtsrede im Deutschen
Bundestag. Es war nämlich so ungewöhnlich, dass nach
50 Jahren auch einmal ein Mann zu Gleichstellungs-
themen geredet hat. Dabei geht es mir aber gar nicht ein-
seitig um Männerrechte. Es geht mir darum, dass die
Gleichstellungspolitik aus der feministischen Ecke he-
rauskommt und die Männer auf einen gemeinsamen Weg
mitnimmt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Eine moderne Gleichstellungspolitik setzt dort an, wo
ein Mensch aufgrund seines Geschlechts Unterstützung
und Förderung braucht. Das können Frauen sein, aber
auch Männer. Ich gehe durchaus davon aus, dass es in

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(C (D rster Linie Frauen sind, die gefördert werden müssen – ber halt auch Männer. (Beifall der Abg. Marieluise Beck [Bremen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Während die Bundesregierung jährlich einen Frauen-
esundheitsbericht vorlegt, gibt es kein entsprechendes
egenstück für Männer.
Während sich viele Bundestagsdrucksachen mit dem

hema Frauen in Männerberufen befassen, ist das
hema Männer in Frauenberufen nicht relevant.
Es gibt Girls’ Days für Mädchen, aber keine Boys’
ays für Jungen.


(Zurufe von der SPD: Oh!)

Dies betrifft ebenfalls das Thema Männer in Frauen-
erufen. Grundschullehrer, Erzieher, Krankenpfleger,
ltenpfleger etc., das sind auch Berufe für Männer.


(Beifall bei der CDU/CSU)

er Girls’ Day möchte Mädchen und junge Frauen an
ännerberufe heranführen. Aber wo ist bei Ihnen das
egenstück dazu?
Der überwiegende Teil der Schulabbrecher, Schul-

chwänzer und Frühkriminellen ist männlich und
räuchte dringend Förderung und Führung.
Jungen weisen die größeren Defizite bei der Lese-

ompetenz auf als Mädchen.
Nach wie vor sind spezielle Angebote für Männer im

cheidungsfall Mangelware.
Während es landauf, landab Frauentage, Frauen-
ochen und Ähnliches gibt, sind Männertage so selten
ie die blaue Mauritius.
Es gibt jetzt eine Ausnahme: einen Männergesund-

eitstag unter dem Motto „MännerLeben“ in Esslingen.
ie „Stuttgarter Zeitung“ schreibt dazu: „Einzigartig in
eutschland“.
Es wird immer wieder gesagt, dass Schweden in der
leichstellungspolitik weiter sei als Deutschland. Seit-
em ich weiß, dass der Gleichstellungsbeauftragte
chwedens ein Mann ist, glaube ich das auch.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Marieluise Beck [Bremen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ja, da haben die Männer die Sache in die Hand genommen!)


Nicht nur Gleichstellungspolitik, auch Familien-
olitik ist mehr als Frauenpolitik. Das Thema Eltern-
chaft, Kinder und Beruf ist ein Thema für Frauen und
änner. Auch hier ist eine neue Partnerschaft gefragt:
ei der Aufgabenverteilung im Haushalt, bei der Betreu-
ng der Kinder und bei der Vereinbarkeit von Familie
nd Beruf.


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Markus Grübel

Dass die Union in der Familienpolitik bei Frauen und
Männern ansetzt, ist ein entscheidender Unterschied zu
den Forderungen von Rot-Grün.


(Ute Kumpf [SPD]: Wann machen Sie Ihre Elternzeit?)


Lassen Sie mich hier einen kurzen Schlenker zu den
Vaterschaftstests machen. Ich meine das Ansinnen der
Justizministerin, Frau Zypries, dass Männer, die einen
Vaterschaftstest machen lassen, mit einer Freiheitsstrafe
von bis zu einem Jahr bestraft werden sollen. Dieses An-
sinnen macht doch deutlich, dass keine Abwägung zwi-
schen den berechtigten Interessen der Mütter, der Kinder
und der Väter stattgefunden hat.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Auch Männer haben Rechte.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Lachen bei der SPD)


Väter bzw. vermeintliche Väter haben ein legitimes Inte-
resse, die Abstammungsverhältnisse zu klären. Daher ist
der Einsatz des Strafrechts zur Regelung heimlicher Va-
terschaftstests durch die Väter völlig abwegig. Auch hier
wäre es gut, wenn die rot-grüne Politik aus dem Blick-
winkel beider Geschlechter gemacht würde. Nichts an-
deres will Gender Mainstreaming.


(Zuruf von der SPD: Ja, aber heute ist Frauentag!)


Die selbst ernannte Frauenpartei, die Grünen, schützt
im Moment nicht wirklich die Frauen. Frau Schewe-
Gerigk hat das gerade wieder deutlich gezeigt. Dank der
leichtfertigen Visapraxis von Rot-Grün ist der Frauen-
handel zum risikoärmsten Geschäft der organisierten
Kriminalität geworden.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Ina Lenke [FDP] – Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die Aussage Ihrer Kollegin aus Nordrhein-Westfalen,
Bärbel Höhn, dass Zwangsprostituierte sich in einer viel
schlimmeren Situation befänden, wenn sie illegal hier
seien, als wenn sie ein gültiges Visum besäßen, ist eine
Dreistigkeit und nur peinlich.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Alice Schwarzer nennt die Aussage im „Spiegel“ zu
Recht „blanken Zynismus“. Hier zeigt sich ganz deut-
lich, dass Menschenrechte und Frauenrechte dann zu-
rückbleiben, wenn es darum geht, den Kollegen Joschka
Fischer rauszuhauen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Frauenhandel und Zwangsprostitution sind aufs
Schärfste zu bekämpfen, und zwar von jeder Fraktion,
unabhängig davon, ob man eigene Kollegen trifft.

Auch Zwangsverheiratung und Ehrenmorde sind
Themen, die Männer und Frauen angehen. Wir haben es
vorhin gehört. Gerade bei türkischstämmigen jungen
Männern müssen wir ansetzen. Nur bei den türkischen
Mädchen anzusetzen greift zu kurz.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Jörg van Essen [FDP])


in Umfeld und ein Rechtsbewusstsein, die Zwangsver-
eiratung normal finden, müssen verändert werden. Wir
aben hier eine gute Bundesratsinitiative aus Baden-
ürttemberg. Frau Staatssekretärin Beck, Sie sollten
iese Initiative unterstützen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516303300

Kollege Grübel, gestatten Sie eine Zwischenfrage der
ollegin Schewe-Gerigk?

Markus Grübel (CDU):
Rede ID: ID1516303400

Ja.

(BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN)

Herr Kollege Grübel, ist Ihnen bekannt, dass seit der

rleichterten Visavergabe in der Ukraine die Anzahl der
rauen, die als Opfer von Zwangsprostitution bekannt
eworden sind, zurückgegangen ist?


(Widerspruch bei der CDU/CSU und der FDP)

Das passt Ihnen nicht; aber das Lagebild des Bundes-
riminalamtes sollte doch vielleicht auch für Sie eine
atsache sein. – Auch die Kriminalität hat nicht zuge-
ommen. Das Herstellen einer Verbindung zwischen
iner erleichterten Visavergabe und der Zunahme von
wangsprostitution ist unzulässig.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)



Markus Grübel (CDU):
Rede ID: ID1516303500

Frau Kollegin Schewe-Gerigk, ich möchte Ihnen ganz

eutlich sagen, dass ich es für geradezu peinlich halte,
ie Sie das Problem der Zwangsprostitution relativieren
nd das Thema beiseite schieben wollen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

ümmern Sie sich einmal um dieses Problem!


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo ist jetzt die Antwort?)


Das ist die Antwort.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Maria Eichhorn [CDU/CSU]: Eine richtige Antwort!)


Junge Männer, für die es eine Frage der Ehre ist, ihre
chwestern zu züchtigen oder gar zu töten, können wir
n Deutschland nicht dulden.


(Nicolette Kressl [SPD]: Wir dulden sie ja nicht!)


ür das partnerschaftliche Zusammenleben von Frauen
nd Männern in Deutschland gibt es ein Leitbild, das
uch die bei uns lebenden Ausländer beachten müssen.
rauenpolitik allein wird dieses Problem nicht lösen.






(A) )



(B) )


Markus Grübel

Der vorliegende Antrag von SPD und Bündnis 90/

Die Grünen „Auf dem Weg in ein geschlechtergerechtes
Deutschland – Gleichstellung geht alle an“ lässt zwar
vermuten, dass es um Männer und Frauen geht. In den
konkreten Ansätzen werden die Männer aber völlig aus-
geblendet. Rechts blinken und links abbiegen – das führt
nicht ans Ziel.

Lassen Sie mich zum Schluss meine Aussagen in ei-
nem Satz zusammenfassen: Moderne Gleichstellungspo-
litik und moderne Familienpolitik – genau das ist die Po-
litik der Union in diesem Bereich – setzt bei Frauen und
Männern an.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516303600

Ich erteile das Wort Kollegin Dagmar Schmidt, SPD-

Fraktion.


Dagmar Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1516303700

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kollegen

und Kolleginnen! Ich möchte am Anfang meiner Rede
feststellen: Männer sind verletzlich und Frauen sind der
Schlüssel zur Entwicklung.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Frauen sind der Schlüssel zur Bekämpfung der Armut.
Es kann keine Demokratie geben ohne die Gleichberech-
tigung und Gleichstellung von Frauen.

Vor fast genau zehn Jahren fand die Vierte UN-Welt-
frauenkonferenz in Peking statt. Die Teilnehmerinnen
haben die volle Gleichberechtigung der Frauen gefor-
dert – weltweit. Sie haben ihre Beteiligung in Entschei-
dungsprozessen gefordert und sie haben jegliche Gewalt
gegen Frauen verurteilt.

Was hat sich seitdem in den Entwicklungsländern
verändert? Die Bilanz ist zwiespältig. Denn in vielen Re-
gionen der Erde leben die Frauen noch lange nicht auf
der Sonnenseite des Lebens. Weltweit leben 1,3 Milliar-
den Menschen in extremer Armut. Wie wir wissen, sind
besonders Frauen davon betroffen.

Mit dem Aktionsprogramm 2015 haben wir als eine
der ersten Regierungen eine konkrete Strategie zur Ar-
mutsbekämpfung verabschiedet.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Viele Frauen in den Entwicklungsländern gehören zu
den Verliererinnen der Globalisierung. Das ist bekannt.
Führungspositionen in Wirtschaft und Politik sind in den
Ländern des Südens nicht nur überwiegend, sondern fast
ausschließlich in Männerhand.

Mittlerweile finden wir fast überall Frauen in Regie-
rungen und Parlamenten. Das ist ein Fortschritt. Die
30-Prozent-Marke aber haben, wie von UN-Gremien ge-
fordert, weltweit nur wenige Länder erreicht. Allerdings
brauche ich gar nicht so weit zu schauen; denn ich muss
mich nur an normalen Tagen in diesem Hause umsehen,

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(C (D m festzustellen, dass die Opposition in dieser Hinsicht in Defizit hat. Die Zahl der Frauen und Männer, die lesen und chreiben gelernt haben, hat weltweit zugenommen. ennoch haben Mädchen noch immer einen schlechteen Zugang zu elementarer Bildung als Jungen. Auch Gewalt gegen Frauen ist nach wie vor welteit verbreitet. In Wirtschaftskrisen und bei gesellchaftlichen Umbrüchen sind Frauen die Leidtragenden on Frauenhandel und Zwangsprostitution. Frauen weren nicht nur in Kriegen zu Opfern von Vergewaltigunen und zu Opfern der so genannten Ehrverbrechen, sonern auch in vielen von uns geliebten Urlaubsländern, is hinein in unseren Alltag. Mädchen werden in einer Vielzahl von afrikanischen ändern, aber ebenso in einigen arabischen und asiatichen Ländern noch immer durch Beschneidung gequält nd lebenslang verstümmelt. Die Zahl der Vergewaltiungen und anderer Misshandlungen von Frauen nimmt eltweit zu. Es gibt dennoch Fortschritte; denn es gibt einen Auf chrei – weltweit. So ist das Problembewusstsein hinichtlich der Verletzung der Menschenrechte von Frauen tärker geworden. 179 der 191 UN-Mitgliedstaaten haen mittlerweile die UN-Konvention zur Beseitigung jeer Form von Diskriminierung der Frau ratifiziert. Das st ein Fortschritt, auch wenn diese Konvention ein Viereljahrhundert alt ist. Durch diese Konvention nehmen rauen in der ganzen Welt ihre Rechte wahr. Sie haben it der Konvention ein Instrument, ihre Rechte durchzuetzen. Nicht unterzeichnet haben übrigens Iran, Oman, udan und – man staune – die Vereinigten Staaten. Es gibt weitere Fortschritte. So wird das mutige En agement von Frauenrechtlerinnen und Aktivistinnen in en Entwicklungsländern gewürdigt. Ihnen wird der ücken gestärkt, ihnen, die sich für Frauenund Menchenrechte stark gemacht haben. Ich nenne die Iranerin hirin Ebadi, (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


ch nenne die Kenianerin Wangari Maathai

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

nd ich nenne die Usbekin Tamara Chikunova,


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


er im Herbst für ihren mutigen Einsatz gegen Todes-
trafe und Folter der Nürnberger Menschenrechtspreis
erliehen wird.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Diese starken Frauen machen Mut. Sie sind nicht die
inzigen. Neben ihnen machen Politikerinnen, Journa-
istinnen, Schriftstellerinnen und viele andere auf die






(A) )



(B) )


Dagmar Schmidt (Meschede)


Ungerechtigkeiten in ihren Ländern aufmerksam. Dafür
nehmen sie einiges in Kauf. Sie werden angezeigt, ver-
folgt und bedroht. Viele machen trotzdem weiter.

Es gibt Fortschritte und es gibt sie in vielen Ländern.
Das Selbstbewusstsein von Frauen im Süden wächst. Sie
dürfen auf das Erreichte stolz sein. Ich nenne das Bei-
spiel Marokko. Dieses Land hat einen großen Sprung
nach vorne gemacht, vor allem wegen der Reform des
Familienrechtes im Jahr 2003. Frauen und Männern wer-
den die gleichen Rechte eingeräumt, wenn auch zu-
nächst per Dekret des Königs. Dennoch ist diese Reform
nicht von oben aufgestülpt. Sie ist im Parlament behan-
delt worden und ist zu einem umfassenden Gesell-
schaftsprojekt geworden. Jahrzehntelang hatten Frauen-
organisationen dafür gekämpft.

Jetzt aber beginnt die Umsetzung. „Wir haben wun-
derbare Gesetze; aber es mangelt an der Umsetzung“, so
haben wir das von Frauenrechtlerinnen aller Couleur in
Marokko gehört. Dies ist eine Aufgabe, die Einfühlungs-
vermögen und Geduld erfordert; denn zwei Drittel der
Marokkanerinnen sind Analphabetinnen. Erst 35 von
400 Richtern sind im neuen Recht ausgebildet. Das
zeigt: Hier wie überall auf der Welt müssen auch die
Köpfe erobert werden. In der Vorstellungswelt der Men-
schen muss der Grundsatz der Gleichheit zwischen
Frauen und Männern Einzug halten.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Unsere Aufgabe muss es sein, engagierte Frauen vor Ort,
Frauen in Institutionen und Frauen in Projekten zu unter-
stützen. Dabei darf das Effizienzargument nicht im Vor-
dergrund stehen. Im Sinne globaler Gerechtigkeit ist es
unsere Pflicht, Frauen und Männer in ihren Anstrengun-
gen zu unterstützen.

In den vergangenen Jahren haben Frauen einiges er-
reicht. Wir haben die reine Frauenförderung als Quer-
schnittsaufgabe und -strategie zur Geschlechtergerech-
tigkeit weiterentwickelt.


(Ina Lenke [FDP]: Aber nicht erfunden!)

Denn eine reine Frauenförderung stößt an ihre Grenzen,
wenn sich Strukturen nicht verändern.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die Diskriminierung und Benachteiligung von Frauen
muss in allen gesellschaftlichen Bereichen angegangen
werden. Frauen und Männer müssen dabei an einem
Strang ziehen. Dennoch möchte ich warnen: Frauen dür-
fen sich nicht zurücklehnen. Auch die Frauen in den
Ländern des Nordens müssen wach bleiben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Manche meinen ja, sie hätten alles erreicht. Sie meinen,
Geschlechtergerechtigkeit und Frauenrechte seien abge-
frühstückt. Sie irren. Zehn Jahre nach der Konferenz in
Peking muss das Erreichte gegen den neokonservativen
Rückwärtsgang verteidigt werden. Brauchen wir dafür,
nachdem die Ausrufung des Internationalen Jahres der
Frau 30 Jahre zurückliegt, wieder ein Internationales

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(C (D ahr der Frau? Die Beschlüsse von Peking dürfen nicht ufs Abstellgleis. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


In der Entwicklungszusammenarbeit stehen uns ver-
chiedene Instrumente zur Verfügung. Unsere Durchfüh-
ungsorganisationen verknüpfen die Projekte vor Ort mit
en Interessen der Frau – sei es beim Bau einer Trink-
asseranlage, sei es bei der Elektrifizierung einer Ge-
einde. Dies ist also eine Querschnittsaufgabe. Der Zu-
ang zu Land, Kapital und Bildung für Frauen steht im
okus unserer Politik. Gerade unsere Stiftungen leisten
Dialog mit den unterschiedlichen gesellschaftlichen
ruppierungen einen wertvollen Beitrag dazu.


(Beifall bei der SPD)

ugang zu Bildung für Mädchen und berufliche Qualifi-
ierung sowie Zugang zu Gesundheit, sauberem Trink-
asser und moderner Energie sind die Dreh- und
ngelpunkte, an denen wir unsere Entwicklungszusam-
enarbeit mit den Partnerländern orientieren. Dazu ge-
ören auch das Recht auf Besitz und der Zugang zu Kre-
iten.
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, glei-

he Rechte für Frauen und Männer sowie gleiche Ent-
icklungschancen sind Menschenrechte. Nur so können
ich Gesellschaften demokratisieren. Nur so kann ein
riedliches Zusammenleben entstehen. Die gleichberech-
gte Teilhabe von Frauen ist der Schlüssel zu Demokra-
ie und Entwicklung.
Schönen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516303800

Das Wort zu einer Kurzintervention erteile ich Kolle-

in Schewe-Gerigk, Bündnis 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN)

Herr Kollege Grübel, Sie haben gerade behauptet, die

ustizministerin habe ein Verbot von Vaterschaftstests
usgesprochen, und gesagt, sie wolle ein Zuwiderhan-
eln mit einer Strafe von bis zu einem Jahr belegen.
ehmen Sie zur Kenntnis, dass das falsch ist; denn hier
eht es um heimliche Vaterschaftstests. Sie sind doch
benso wie wir der Meinung, dass heimliche Vater-
chaftstests verboten werden müssen, dass nicht heim-
ich Genanalysen erstellt werden dürfen. Wo kämen wir
enn hin, wenn wir zuließen, dass sich Versicherungen
eimlich Gentests besorgen, um zu sehen, ob die Perso-
en, die sie versichern wollen, möglicherweise gesund-
eitlich belastet sind, oder dass Arbeitgeber prüfen kön-
en, ob sie auch die richtigen Arbeitnehmer auswählen?


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

ind Sie nicht mit uns der Meinung, dass heimliche Gen-
nalysen verboten sein müssen? Sind Sie nicht mit uns
er Meinung, dass es vielmehr notwendig ist, das






(A) )



(B) )


Irmingard Schewe-Gerigk

Erheben einer Anfechtungsklage zu erleichtern? Es ist ja
richtig, dass manche Väter gerne Gewissheit haben
möchten. Aber hierfür gibt es Mittel und Wege; wir wer-
den morgen im Rahmen einer Debatte darüber sprechen.
Es gibt einen FDP-Antrag, die Verfahren der Vater-
schaftstests zu vereinfachen. Sind Sie nicht mit uns der
Ansicht, dass es verboten sein muss, heimliche Tests ma-
chen zu lassen?


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Ina Lenke [FDP]: Ich denke, wir machen keine Frauenpolitik, Frau Schewe-Gerigk! Was soll denn das? – Manfred Grund [CDU/CSU]: Wir sind der Meinung, dass abgestimmt werden muss, Herr Präsident!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516303900

Kollege Grübel, Sie haben die Gelegenheit zur Reak-

tion.

Markus Grübel (CDU):
Rede ID: ID1516304000

Frau Kollegin Schewe-Gerigk, ich vermute, dass Sie

sozusagen eine Mehrheit in diesem Haus herbeireden
möchten, da die CDU/CSU hier für die Diskussion über
Wirtschaftsthemen so stark vertreten ist


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Karlheinz Guttmacher [FDP])


und Rot-Grün, auch auf der Regierungsbank, so schwach
ist. Sie wollen also offensichtlich noch etwas Zeit ge-
winnen.

Aber zur Sache. Erstens. Das Gendiagnostikgesetz ist
der falsche Ort, um Vaterschaftstests zu regeln; denn hier
geht es nicht um Gentests und DNA-Analysen. Deswe-
gen liegen Sie hier schon einmal völlig falsch.

Zweitens. Die Vaterschaftstests in einen Zusammen-
hang mit dem Strafrecht zu bringen und darüber nachzu-
denken, für heimliche Vaterschaftstests eine Strafe von
einem Jahr auszusprechen, halte ich für völlig daneben.

Über das andere können wir in der Sache trefflich
streiten.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516304100

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlagen

auf den Drucksachen 15/5029, 15/5030, 15/5031 und
15/2049 an die in der Tagesordnung aufgeführten
Ausschüsse vorgeschlagen. Die Vorlage auf Druck-
sache 15/5029 soll zusätzlich an den Ausschuss für Ge-
sundheit und Soziale Sicherung überwiesen werden.
Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann
sind die Überweisungen so beschlossen.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus-
schusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend auf
Drucksache 15/5052 zu dem Antrag der Fraktion der
CDU/CSU mit dem Titel „Tatsächliche Gleichberech-
tigung durchsetzen – Zehn Jahre Novellierung des

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(C (D rtikels 3 Abs. 2 des Grundgesetzes“. Der Ausschuss mpfiehlt, den Antrag auf Drucksache 15/4146 abzulehen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer timmt dagegen? – Enthaltungen? eine beiden Beisitzer sind sich nicht einig. (Heiterkeit – Dr. Angela Merkel [CDU/CSU]: Dann müssen Sie entscheiden! – Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Herr Präsident, lassen Sie die Wahrheit sprechen!)


(Zurufe von der CDU/CSU: Die Mehrheit!)


Sie wissen, was die Geschäftsordnung in einem sol-
hen Fall vorsieht. Ich wiederhole die Abstimmung. Wer
timmt für diese Beschlussempfehlung? Wer stimmt da-
egen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist
amit abgelehnt.


(Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir kommen zu den Zusatzpunkten 2 und 3. Inter-
raktionell wird Überweisungen der Vorlagen auf den
rucksachen 15/5017 und 15/5032 an die in der Tages-
rdnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind
ie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann sind
ie Überweisungen so beschlossen.
Ich rufe die Tagesordnungspunkte 3 a und b sowie

usatzpunkt 4 auf:
3 a) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

richts des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit

(9. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten

Ronald Pofalla, Karl-Josef Laumann, Dagmar
Wöhrl, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der CDU/CSU
Pakt für Deutschland
– Drucksachen 15/4831, 15/4986 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Thea Dückert

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit

(9. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten

Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, Ernst
Burgbacher, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der FDP
Wider die Vertrauenskrise – Für eine konsis-
tente und konstante Wirtschaftspolitik
– Drucksachen 15/1589, 15/4985 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Klaus Brandner

P 4 Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Michael Fuchs, Dagmar Wöhrl, Karl-Josef
Laumann, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der CDU/CSU
Kein weiterer Arbeitsplatzabbau – Antidiskri-
minierungsgesetz zurückziehen
– Drucksache 15/5019 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)







(A) )



(B) )


Präsident Wolfgang Thierse

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache eineinhalb Stunden vorgesehen. – Ich
höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile Kollegin
Angela Merkel, CDU/CSU-Fraktion, das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Angela Merkel (CDU):
Rede ID: ID1516304200

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir alle

kennen die Lage in Deutschland. Ich glaube, niemand in
diesem Hause hat einen Zweifel daran, dass sie extrem
ernst ist.

Die Arbeitslosigkeit hat mit 5,2 Millionen eine Re-
kordzahl erreicht.


(Klaus Brandner [SPD]: Nicht mehr als 1998, wie Sie wissen!)


Das ist der höchste Stand seit Gründung der Bundesre-
publik Deutschland. Die Prognosen sagen bestenfalls ein
Wirtschaftswachstum von 1 Prozent voraus und der Sta-
bilitätspakt droht zum vierten Mal gebrochen zu werden.

Die Dinge so zu benennen bedeutet nicht, Deutsch-
land schlechtzureden; die Dinge so zu benennen heißt
vielmehr, der bedrückenden Realität nüchtern in die Au-
gen zu sehen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Sie ist bedrückend, weil dahinter Menschen stehen, näm-
lich junge Menschen mit großen Hoffnungen, die ent-
täuscht werden, Ältere ohne Perspektive und Familien.
All dies sind Schicksale.

Deshalb haben wir deutlich gemacht: Eine Haltung
des „Weiter so“, die Fortsetzung des üblichen Tagesge-
schäftes verbieten sich angesichts dieser Situation.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zuruf von der FDP: Wo ist denn der Wirtschaftsminister?)


Aus diesem Grund haben wir einen Pakt für Deutschland
vorgeschlagen, der zehn Punkte als Sofortmaßnahmen
umfasst. Im Übrigen haben wir in dieser Woche auch ein
Programm für Innovation vorgelegt, das leider von Ih-
nen abgelehnt und nicht auf die Tagesordnung gesetzt
wurde. Aber das ist Ihr Stil. Sie haben alle Vorschläge
abgelehnt, und zwar in der Ihnen eigenen Sprache, Herr
Müntefering. Das werden Sie sicherlich auch nachher
wieder tun.

Aber ich sage Ihnen: Unsere Forderungen bleiben auf
dem Tisch. Wir wissen, dass wir, um die Probleme
Deutschlands zu lösen, dicke Bretter bohren müssen.
Aber wir werden diese dicken Bretter bohren und sagen,
was zu tun ist.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Klaus Brandner [SPD]: Ach, Frau Merkel! Das E e g t d s e d m r K M e u e u u w f l G s s S t s w d A A A d c g B g s (C (D haben wir ja gemerkt! Denken Sie daran, was Sie uns hinterlassen haben! – Joachim Poß [SPD]: Eine Offensive der leeren Worte! Mehr nicht!)


s kennzeichnet den Zustand der Bundesregierung – das
rkennt man auch, wenn man sich die Besetzung der Re-
ierungsbank ansieht –, dass wir als Opposition die Ini-
iative ergreifen müssen,


(Zuruf von der SPD: Ach Gott!)

amit die Bundesregierung endlich einmal überlegt, ob
ie handeln soll oder nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zuruf von der SPD: Mir kommen gleich die Tränen!)


Deshalb leisten wir mit unserem Pakt für Deutschland
inen Beitrag dazu, Deutschland aus dem „Weiter so“,
em Sich-im-Kreis-Drehen und der Starre, in die es im-
er wieder verfällt, zu lösen. Wir wissen: Stückwerk
eicht nicht. Wir brauchen so etwas wie eine nationale
raftanstrengung, um diese Situation zu bewältigen.
eine Damen und Herren, Politik darf sich nicht von Er-
ignissen treiben lassen, vielmehr muss Politik führen
nd die Initiative ergreifen. Dafür sind wir da.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Für solch eine nationale Kraftanstrengung müssen zu-

rst einmal folgende Fragen gestellt werden: Was leitet
ns? Was bewegt uns? Es ist vollkommen klar, dass wir
ns in einer globalisierten Welt einem stärkeren Wettbe-
erb stellen müssen. Wir müssen uns – stellvertretend
ür die Menschen in Deutschland – fragen: Womit wol-
en wir in Zukunft unser Geld verdienen? Auf welchen
ebieten können wir besser oder schneller als andere
ein? Wo liegen unsere Qualitäten? Unsere Stärken müs-
en wir weiterentwickeln. In den Bereichen, in denen wir
chwächen haben, müssen wir nachholen und uns spu-
en, um wieder Weltspitze zu werden. Das ist der An-
pruch, der uns leitet.


(Klaus Brandner [SPD]: Alles Allgemeinplätze! – Joachim Poß [SPD]: Offensive der leeren Worte!)


Meine Damen und Herren, auf diese Fragen haben
ir ganz konkrete Antworten. Ich möchte heute ganz
eutlich sagen:


(Klaus Brandner [SPD]: Oh, kommt jetzt etwas Neues?)


ls Erstes wollen wir, dass Bürokratie abgebaut wird.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Klaus Brandner [SPD]: Wer will das nicht?)

ngesichts einer massiven Staatsverschuldung ist es das
llerbeste, erst einmal solche Maßnahmen zu ergreifen,
ie nichts kosten, uns befreien und Initiative ermögli-
hen. Deshalb sagen wir: Wir brauchen die Beschleuni-
ung von Genehmigungsverfahren. Ein ganz einfaches
eispiel ist in diesem Zusammenhang das Verkehrswe-
eplanungsbeschleunigungsgesetz. Wir wollten, dass
eine Geltungsdauer für die neuen Bundesländer, bis der






(A) )



(B) )


Dr. Angela Merkel

Solidarpakt im Jahre 2019 ausläuft, auf einmal verlän-
gert wird, damit Planungssicherheit besteht und wir uns
nicht Jahr für Jahr mit dieser elenden Bürokratie herum-
schlagen müssen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Meine Damen und Herren von den Regierungsfrak-

tionen, vor allen Dingen wollen wir verhindern, dass in
der Situation, in der sich Deutschland gegenwärtig be-
findet, zusätzlich neue Bürokratie entsteht. Deshalb sa-
gen wir: Die Diskussion, die wir im Augenblick über
den Entwurf des Antidiskriminierungsgesetzes führen,
ist abenteuerlich.


(Joachim Poß [SPD]: Das stimmt! So, wie Sie sie führen, ist diese Diskussion wirklich abenteuerlich!)


Sie sollten damit aufhören, sich in Ihren eigenen Reihen
gegenseitig die wildesten Schuldzuweisungen zu ma-
chen. Langsam kommt die Wahrheit doch auf den Tisch.
Was hat denn Frau Künast über Herrn Clement gesagt?
Sie hat gesagt: Das Wirtschaftsministerium hat diesen
Gesetzentwurf erarbeitet. Man fragt sich natürlich: Wa-
rum sagt Herr Clement jetzt etwas anderes?


(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Ja, allerdings! – Michael Glos [CDU/CSU]: Weil er ihn nicht gelesen hat!)


Das weiß ich auch nicht, sagt sie.
Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Auch ich weiß es nicht;

denn der Herr Wirtschaftsminister, der uns heute leider
nicht die Ehre geben kann, gehört zu denjenigen, die
landauf, landab so tun, als wollten sie die Bürokratie ab-
bauen.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das will er auch! Das wissen Sie doch!)


Wenn es aber hart auf hart kommt, stellt sich heraus,
dass wesentliche Teile dieses Arbeitsplätze vernichten-
den Gesetzentwurfes in seinem eigenen Ministerium er-
arbeitet wurden. Meine Damen und Herren, das ist Dop-
pelzüngigkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Deshalb erwarten wir vom Bundeskanzler nicht nur,

dass er bei Kabinettsitzungen seine Minister rügt, son-
dern auch, dass er, wenn er in der nächsten Woche seine
Regierungserklärung abgibt, ankündigt, diesen Gesetz-
entwurf zurückzuziehen und ihn bestenfalls durch eine
Eins-zu-eins-Umsetzung der EU-Richtlinie zu ersetzen.
Das wäre ein echter Beitrag zu mehr Wachstum in
Deutschland.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Neben dem Abbau von Bürokratie wollen wir einen

absoluten Schwerpunkt bei Bildung und Innovation
setzen. Schwerpunkt bei Bildung und Innovation heißt,
auf Wettbewerb zu setzen. Wir sind dafür, dass wir die
Besten fördern. Wir sind dafür, dass die besten Fakultä-
ten an deutschen Universitäten gefördert werden, begut-
achtet von der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Un-

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(C (D ere Anträge liegen auf dem Tisch. Was wir nicht ollen, ist eine Pauschalförderung ganzer Universitäten, eil sie nämlich genau nicht zu Elite, sondern wieder zu entralismus führt. Das ist der Unterschied zwischen Ihen und uns. Wir machen ein konkretes Angebot. Stimen Sie dem Antrag von Bayern und Baden-Württemerg im Bundesrat zu! Dann haben Sie übermorgen eine xzellenzförderung, wie sie im Buche steht und wie eutschland sie braucht. Wir wollen ein Gentechnikgesetz, das es ermöglicht, ass Deutschland in diesem Forschungsbereich Spitze ird. Dazu gab es gestern hier eine Aktuelle Stunde. Wir ind von diesem Ziel meilenweit entfernt. Bulmahn keilt ich mit Künast und auf der Strecke bleibt die Forchung. Wir bieten an: Ändern Sie das Gentechnikgeetz! Auch Herr Clement erklärt landauf, landab, das üsse sein, (Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Zum Teil auch der Bundeskanzler!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


benso Herr Schmoldt, der Vorsitzende der IG BCE.
assen Sie doch der Vernunft wenigstens eine Schneise!
assen Sie die Regierung nächste Woche sagen: Wir än-
ern das Gesetz. Dann wären wir ein ganzes Stück wei-
er.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Meine Damen und Herren, wir könnten Innovation

uch dadurch fördern, dass wir der forschenden pharma-
eutischen Industrie für die patentgeschützten Medika-
ente in Deutschland wieder Planungssicherheit geben.
as ist ein ganz wichtiger Punkt und das gilt nicht nur
ür die deutschen Unternehmen, sondern es gilt vor allen
ingen auch für die amerikanischen Investoren, die hier
lanungssicherheit brauchen. Zurzeit gehen sie nach
rankreich, England und sonst wohin, aber nicht nach
eutschland.
Herr Müntefering, wir sind gewählt für ein einziges

iel. Wir können uns zwar freuen, wenn es anderen Län-
ern gut geht, aber gewählt sind wir, um dafür zu sorgen,
ass es den Menschen in Deutschland gut geht. Das ist
nser Auftrag.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wir sind der Meinung, dass wir Flexibilität im Ar-

eitsrecht über das bisher Erreichte brauchen. Kleine
chritte sind gegangen worden,


(Jörg Tauss [SPD]: Werden Sie mal deutlich!)

ber wir glauben, dass für mittelständische und kleine
nternehmen zum Beispiel betriebliche Bündnisse für
rbeit,


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Sehr richtig!)

lso die Möglichkeit, während der Laufzeit eines Tarif-
ertrages von dem im Rahmen des Tarifvertrages verein-
arten Lohn und von der vereinbarten Arbeitszeit abzu-
eichen, ein notwendiges Mittel sind, um Deutschlands
ettbewerbsfähigkeit in der Welt zu erhalten. Wir wis-
en von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern,






(A) )



(B) )


Dr. Angela Merkel

dass sie bereit sind, für ihren Arbeitsplatz Opfer und
Einschnitte in Kauf zu nehmen.


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Richtig!)

Lassen Sie die Menschen selbst entscheiden, was für sie
gut ist, meine Damen und Herren! Das ist unser Ansatz.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wir wollen, nachdem wir wie Sie der Zusammenle-

gung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zugestimmt ha-
ben, dass jetzt Anreize geschaffen werden, damit Arbeit
auf dem ersten Arbeitsmarkt aufgenommen wird.


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Sehr richtig!)

Die Bundesagentur hat leider bis jetzt überhaupt keine
Kraft, sich um die Vermittlung von Arbeitslosen zu küm-
mern.


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: So ist das! – Jörg Tauss [SPD]: Sie wirken auch nicht kraftvoll! Sie wirken schwächelnd! Ich gehe davon aus, dass der Bundeskanzler uns nächste Woche sagen wird, wie genau dieser Punkt verbessert werden soll; denn Fordern und Fördern gehören zusammen. Ohne Verbesserungen in diesem Bereich wird es zu keiner Akzeptanz für diese Reform kommen. Wir wollen, dass die Zuverdienstmöglichkeiten ge rade im unteren Einkommensbereich noch einmal überprüft werden, und wir werden dafür auch sehr konkrete Vorschläge vorlegen. (Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Es geht nur so! – Joachim Poß [SPD]: Das haben Sie doch abgewürgt! Sie wollten doch einen Arbeitsdienst! – Klaus Brandner [SPD]: Sie fahren doch einen Zickzackkurs, heute so, morgen so! Wenn Sie merken, das wird unpopulär, dann bessern Sie nach! Das ist doch kein Kurs, keine Linie!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


– Sie sollten nicht schreien. Hören Sie doch einmal zu.

(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Sehr richtig! Das hilft weiter!)

Zurzeit fördern Sie die 1-Euro-Jobs über die Maßen. Mit
den 1-Euro-Jobs sind die Zuverdienstmöglichkeiten auf
dem zweiten Arbeitsmarkt exorbitant besser als auf dem
ersten Arbeitsmarkt.


(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Norbert Lammert)

Es ist doch ein Gebot der Vernunft – ich bitte Sie –, dass
man das erkennt, dass man daraus die Schlussfolgerung
zieht und nicht monatelang die Menschen in die Falle
laufen lässt.


(Klaus Brandner [SPD]: Da können Sie mal sehen, wie Sie den Fortschritt bremsen!)


Das ist unser Ansatz und deshalb machen wir diese Vor-
schläge.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D anz konkret: Wir wollen, dass die Lohnzusatzkosten inken. Meine Damen und Herren, Sie haben im Zusammen ang mit den Reformen Hartz I, II und III eine irrsinnige ahl von Versprechungen gemacht. Alle Versprechunen sind in sich zusammengebrochen: am meisten die ei den Personal-Service-Agenturen, auch die bei den ch-AGs. „Halbierung der Arbeitslosigkeit innerhalb on drei Jahren um 2 Millionen auf 2 Millionen“, (Klaus Brandner [SPD]: Wer hat das denn gesagt?)


as war die Aussage von Herrn Hartz im August des
ahres 2002.


(Klaus Brandner [SPD]: Ist das der Bundeskanzler oder was?)


enn Sie Herrn Hartz nicht mehr glauben, wenn das für
ie nicht mehr wichtig ist, dann müssen Sie uns das sa-
en. Aber Sie haben beim deutschen Volk damals genau
iese Erwartung geweckt.


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Genau so ist es gewesen!)


ir sagen: Lassen Sie diese teuren Instrumente jetzt bei-
eite und senken Sie den Beitrag zur Arbeitslosenversi-
herung! Denn wir wissen: 1 Prozentpunkt weniger
ohnzusatzkosten macht 100 000 neue Jobs. Lassen Sie
ns diesen Weg gehen! Ich hoffe darauf, dass die Regie-
ung das aufnimmt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Meine Damen und Herren, wir wollen Veränderun-

en im Steuersystem. Nächste Woche – wir können es
arallel zu der Regierungserklärung des Bundeskanzlers
achen – wird unser Steuerkonzept 21 beraten.


(Jörg Tauss [SPD]: Welches Konzept?)

arin geht es um eine Vereinfachung des Steuersystems,


(Jörg Tauss [SPD]: Schon wieder!)

twas, worauf die Menschen wirklich hoffen.


(Zuruf von der SPD: Herr Seehofer!)

ir sind darüber hinaus angesichts der internationalen
ettbewerbssituation bereit, gerade für unsere mittel-
tändischen Unternehmen mit einer Unternehmensteuer-
eform etwas zu tun.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Das ist dringend!)


ch glaube, wir sollten uns hier wirklich schnell an die
rbeit machen und nicht wieder monatelang Sachver-
tändige befragen. Die Vorschläge liegen auf dem Tisch.


(Joachim Poß [SPD]: Sie tun nichts auf den Tisch! Heiße Luft ist das, nichts anderes!)


assen Sie uns das in Angriff nehmen, dann finden wir
ine Lösung! Es setzt natürlich voraus, dass Sie einse-
en, dass die Unternehmensteuerreform etwas Wichtiges
st für die mittelständischen Unternehmen, gerade im
ettbewerb mit Unternehmen in Österreich und in






(A) )



(B) )


Dr. Angela Merkel

anderen Ländern. Sie können noch so viel schreien – der
Mittelstand braucht das. Und ich gehe davon aus, dass
wir hier etwas machen werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Joachim Poß [SPD]: Der Bierdeckel ist Humbug! – Jörg Tauss [SPD]: Herr Merz ist doch gar nicht mehr da!)


Ich will noch einen Punkt ansprechen, der Ihnen zwar
wehtut, der aber für den deutschen Mittelstand wichtig
ist: die Erbschaftsteuer.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Genau!)

Wir müssen überlegen, wie wir die Gewinne, die im Un-
ternehmen bleiben, ein Stück mehr von der Erbschaft-
steuer befreien. Dann können Investitionen in Deutsch-
land gehalten werden und Unternehmen werden nicht
gezwungen, über die Grenze zu gehen. Das ist das, was
wir brauchen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wir wollen eine Föderalismusreform,


(Lachen bei der SPD – Jörg Tauss [SPD]: Lügen!)


weil wir wissen, dass unsere Entscheidungen schneller
gefällt werden müssen. – Ja, so ist das. – Das setzt vo-
raus, dass Sie nicht noch den fünften, sechsten, siebenten,
achten Prozess beim Bundesverfassungsgericht verlieren
wie bei der Juniorprofessur und bei den Studiengebüh-
ren,


(Jörg Tauss [SPD]: Das liegt an Ihrer Prozesshanselei!)


sondern dass Sie einsehen, dass es eine Arbeitsteilung
zwischen Bund und Ländern gibt und dass wir in der
Bundesrepublik Deutschland Wettbewerb brauchen.
Wenn wir die Blockade der Bundesregierung


(Lachen bei der SPD)

und der rot-grünen Fraktion bei der Bildungspolitik auf-
heben,


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

bekommen wir eine wunderbare Föderalismusreform.
Wir sind dazu bereit, das endlich zu Ende zu bringen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Sie leisten sich was! – Klaus Brandner [SPD]: Was haben Sie uns bis jetzt Neues erzählt? – Jörg Tauss [SPD]: Lügen!)


Wir wollen also nicht mehr und nicht weniger als
durchgreifende Strukturreformen auf allen Gebieten.
Was wir mit Sicherheit nicht wollen, sind kurzfristige,
durch Schulden finanzierte Konjunkturprogramme,
die wieder nichts als Strohfeuer sind und die die Men-
schen enttäuschen.


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Ja!)


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(C (D eshalb werden wir genau das ablehnen. Auch das soll lar sein: Durchgreifende Strukturreformen, das ist es, as wir brauchen. ch glaube, dass es an der Zeit ist, zu überlegen, was wir m Sinne einer nationalen Kraftanstrengung hinbekomen. Wir werden offen in die Gespräche gehen. ie wissen, dass wir immer dann, wenn die Vorteile die achteile überwogen haben, den Vorschlägen zugetimmt haben, um Deutschland voranzubringen. (Jörg Tauss [SPD]: Und anschließend gehen Sie vors Gericht!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Jörg Tauss [SPD]: Ach!)


ch sage aber auch: Wir brauchen keine Kaffeestunden,
ie die Enttäuschung der Menschen zum Schluss immer
eiter erhöhen und ausdehnen; denn es gibt schon so
iel Enttäuschung in diesem Land – und das mit Recht.


(Jörg Tauss [SPD]: Die reden Sie doch herbei!)

Meine Damen und Herren, wenn ein Bundeskanzler

998 sagt: „Wenn es mir nicht gelingt, die Arbeitslosig-
eit wesentlich zu senken, dann bin ich es nicht wert,
ass ich wieder gewählt werde“,


(Michael Glos [CDU/CSU]: So ist es!)

ann hat der Mann vor Beginn seiner Amtszeit noch das
ichtige Gefühl gehabt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

enn dieser Bundeskanzler den Menschen im Dezem-
er – wiederum über eine große deutsche Illustrierte –
ber erklärt, er habe auf dem Gebiet der Arbeits-
arktreform alles getan, was möglich war, mehr sei
icht drin, dann darf man sich doch nicht darüber wun-
ern, dass sich die Menschen von der Politik abwenden.
eshalb haben wir immer wieder gesagt: Die Agen-
a 2010 ist ein erster Schritt in die richtige Richtung,
iese Agenda 2010 reicht aber nicht.


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Sehr richtig!)

ch bin ja froh, dass der Bundeskanzler nach Jahren jetzt
ffensichtlich langsam einsieht, dass wir über diese
genda 2010 hinausgehen müssen und dass wir weitere
chritte brauchen. Das dürfen aber nicht irgendwelche
chritte sein, sondern wir müssen uns überlegen, was
ir bereits geschafft haben und was noch vor uns steht.


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Es dauert nur immer so lang!)


Meine Damen und Herren, der Managerkreis der
PD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung hat dieser Tage
ieder gesagt: Die Agenda 2010 ist so, als ob man mit
sslöffeln gegen Wanderdünen angeht. Das hat man ge-
an. Okay, es ist immer noch besser, mit einem Esslöffel
egen eine Wanderdüne anzugehen, als gar nichts und
as Falsche zu tun, ich sage aber: Wir brauchen anstatt
ines Klein-Klein einen richtigen Quantensprung, eine
chte Kraftanstrengung. Dazu sind wir bereit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)







(A) )



(B) )


Dr. Angela Merkel

Eine solche Kraftanstrengung muss einem Maßstab

folgen und einen roten Faden haben. Das heißt, es muss
in Deutschland schneller gehen und wir müssen flexibler
werden. Damit wir wieder gerechter zu den Menschen
sind, müssen wir mit unseren Entscheidungen direkter
an die Menschen heran. Das heißt, Sie dürfen nicht je-
den, der in diesem Land seine Freiheiten nutzen will, un-
ter einen öffentlichen Rechtfertigungszwang setzen.


(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Genau so ist es!)


Wir müssen endlich ein Klima der Freiheit schaffen und
den Menschen in diesem Lande zeigen, dass wir ihnen
etwas zutrauen. Das muss uns gelingen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wir leben ja nun im Einsteinjahr. Am Kanzleramt

prangt derzeit ein kluger Satz von Albert Einstein, der da
lautet:


(Jörg Tauss [SPD]: Davon verstehen Sie auch nichts!)


Der Staat ist für die Menschen da und nicht die
Menschen für den Staat.

(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Genau so ist es!)

Wenn Sie das ein Stück weit berücksichtigen würden
und wenn wir mit dem Geist dieses Satzes von Albert
Einstein in diesem Jahr an die Lösung der Probleme ge-
hen, dann, das sage ich Ihnen voraus, werden wir ein gu-
tes Stück weiterkommen. Unser guter Wille ist da.


(Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Das, was unserem Land hilft und Vorteile bringt, werden
wir im Sinne und für die Menschen dieses Landes mit-
machen. Sie haben es verdient.

Herzlichen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU – Bei fall bei der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1516304300

Das Wort hat nun der Vorsitzende der SPD-Fraktion,

Franz Müntefering.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Franz Müntefering (SPD):
Rede ID: ID1516304400

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Die CDU/CSU hat den Antrag auf Drucksache
15/4831 auf eigenen Wunsch hier auf die Tagesordnung
gesetzt. Diesem wollen wir uns jetzt zuwenden. Frau
Merkel hat verständlicherweise relativ wenig dazu ge-
sagt; denn was darin steht, ist enttäuschend.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


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(C (D Dies ist ein Antrag aus der Abteilung Taktik. Was die nsprüche an sich selbst angeht, ist die Opposition sehr escheiden geworden. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Lachen bei der CDU/CSU)

ei dem, was Sie vorgelegt haben, ist nichts von dem
roßen Konzept zu erkennen, das kommen sollte.
Frau Merkel hat zu Beginn ihrer Zeit als Vorsitzende

ie „neue soziale Marktwirtschaft“, die kommen sollte,
eschrieben. Das hat sich im Kleinkarierten und Vorder-
ründigen verloren. Das einzige Fettauge auf der dünnen
uppe des Antrags ist der Titel – er ist wirklich gut –:
akt für Deutschland. Das können wir gerne miteinander
achen. Aber der Inhalt des Antrags wird dem Titel
icht gerecht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


b das mit dem Pakt für Deutschland ehrlich gemeint
st, ist eine andere Frage.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU,

ch kann es Ihnen nicht ersparen, Sie auf zwei Punkte an-
usprechen, die sich aus den Erfahrungen der letzten
ochen ergeben haben. Der erste Punkt war und ist der
orwurf, die SPD sei in hohem Maße für die große Zahl
er Nazis mitverantwortlich, die es in einigen Teilen
eutschlands wieder gibt.


(Jörg Tauss [SPD]: Pfui! – Zuruf von der CDU/CSU)


Bleiben Sie ruhig und lassen Sie uns darüber vernünf-
ig sprechen. Diesen Punkt müssen wir miteinander klä-
en.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Die Diskussion hilft weiter!)


Über das, was Herr Söder und Herr Stoiber dazu ge-
agt haben, müssen wir im Parlament sprechen. Wir kön-
en schließlich nicht nur über Nebensächlichkeiten dis-
utieren, sondern müssen auch einmal an Kernthemen
eran.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ie Behauptung ist: Die hohe Zahl der Arbeitslosen sei,
erschuldet durch die SPD, Grund für die hohe Zahl der
azis bei uns in einigen Teilen – Gott sei Dank nicht
berall – des Landes.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Das hat etwas miteinander zu tun!)


wei Dinge will ich Ihnen dazu sagen. Erstens. Sie be-
eidigen damit die Arbeitslosen. Sie sind es heute nicht
nd sie waren es auch 1933 nicht, die damals die Brau-
en an die Macht gebracht haben. Es waren immer Leute
n Anzug und Krawatte, die dafür gesorgt haben, dass
ie Braunen nach vorne gekommen sind.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Franz Müntefering

Zweitens. Die demokratischen Parteien müssen an dieser
Stelle aufpassen, dass wir uns nicht gegenseitig um un-
sere Möglichkeiten der Zusammenarbeit bringen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich sage hier vor dem Bundestag ganz klar: Es ist

nicht die Schuld der CDU/CSU, dass es viele neue Nazis
gibt. Es ist aber auch nicht die Schuld der SPD. Wir
müssen darauf achten, dass in diesem Lande eines klar
ist: An dieser Stelle dürfen wir uns nicht gegenseitig et-
was unterstellen, was so nicht gerechtfertigt ist. Wer an-
fängt, hier taktische Spielchen zu machen, der schadet
der Demokratie.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Der zweite Punkt – auch das muss ich hier anspre-
chen – ist das, was am Sonntag vor einer Woche in einer
Sonntagszeitung stand: CSU macht Schröder für Ver-
brechen an Kindern mitverantwortlich. Helfershelfer
von Kinderschändern seien Teil des „Kartells der Schul-
digen“.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Es geht um Arbeitsplätze! – Weitere Zurufe von der CDU/ CSU)


– Nein, das stand so in der Zeitung. Da dies in Anfüh-
rungszeichen gesetzt war, war es legitimiert, dies so zu
schreiben.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Haben Sie nichts zu Arbeitsplätzen zu sagen? – Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Kommen Sie mal zum Thema!)


Eine solche Vorgehensweise ist der CDU/CSU und ihrer
Tradition nicht würdig. Das sollten Sie bitte bedenken.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Frau Merkel, heute wäre eine gute Gelegenheit gewesen,
dazu etwas zu sagen. Dass es einen Herrn Söder gibt, der
so etwas sagt, muss ich wohl respektieren. Dass aber we-
der Sie noch Herr Stoiber den Mut haben, deutlich zu
machen, dass dies nicht Ihre Meinung ist, ist schade und
bedauerlich.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU,
nun komme ich zu Ihrem Antrag selbst.


(Zurufe von der CDU/CSU): Ah!)

Der Beginn des Antrags macht ein Ausmaß von Vergess-
lichkeit deutlich, das stark an Alzheimer erinnert; das
muss ich Ihnen schon sagen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Sie schreiben über die 5 Millionen Arbeitslosen so, als
ob Sie vergessen hätten, dass wir miteinander ein Gesetz
beschlossen haben, das notwendigerweise dazu führen
musste, dass einige hunderttausend erwerbsfähige Sozial-
hilfeempfänger in die Statistik der Bundesagentur auf-

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(C (D enommen wurden. Das wussten wir alle miteinander, ls das Gesetz beschlossen wurde. Wir wussten nicht, ob es 300 000, 400 000 oder 00 000 sind. Im Augenblick sind es etwa 350 000 bis 00 000 Erwerbsfähige, die aus der Sackgasse der Soialhilfe herausgeholt und in die Zuständigkeit der Bunesagentur für Arbeit überführt wurden und damit wieder ermittelbar sind und an den Arbeitsmarkt herangeführt erden. Auch wenn einige von Ihnen jetzt erstaunt guken, wissen Sie das hoffentlich alle. Als wir damals diees Gesetz beschlossen haben, war klar: Wenn wir das achen, wird es so sein. – Diese jungen Menschen, Aleinerziehende und sozial Schwache holen wir aus der ackgasse der Sozialhilfe und der Vergessenheit heraus. as ist richtig. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich sage Ihnen in vollem Ernst: Es ist besser, die Ar-
eitslosenzahl mit 5,2 Millionen anzugeben und die
00 000 einzuschließen, die früher nicht berücksichtigt
orden sind, als die Zahl von 4,8 Millionen zu nennen
nd die anderen zu vergessen und in der Sackgasse zu
assen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Das ist doch kein Argument!)


ie Zahl ist bedrückend. Das ist wohl wahr. Das, was
ir jetzt haben, ist die Lage von 1998 unter Kohl plus
ie Statistik von Hartz.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Lachen bei der CDU/CSU – Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Sechs Jahre regiert ihr!)


Sie müssen ganz einfach die Zahlen zusammenzählen,
ann kommen Sie auf das Ergebnis: Arbeitslosenzahl
on 1998 – zu der Zeit von Helmut Kohl – plus Statistik-
ffekt durch Hartz. Wenn wir so viele ABM und SAM
emacht hätten wie Sie, dann läge die Zahl deutlich da-
unter.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


as tröstet aber die nicht, die darauf angewiesen sind,
ass ihnen Hilfe zuteil wird.
Was schreiben Sie in Ihrem Antrag? Der Beitrag zur
rbeitslosenversicherung soll von 6,5 Prozent auf
,0 Prozent gesenkt werden. Frau Merkel hat gerade ver-
ucht, das noch einmal zu begründen. Wer das macht,
er kürzt die Mittel der Bundesagentur für Arbeit um
indestens 11 Milliarden Euro. Es können auch ein paar
illiarden mehr sein. Wer das macht, der muss dafür
orgen, dass entweder das Arbeitslosengeld I gekürzt
ird oder auf Hilfsmaßnahmen für junge Menschen, die
ringend in Ausbildung gebracht werden müssen, ver-
ichtet wird oder die Zahlung von Lohnkostenzuschüs-
en für Existenzgründer einzustellen ist. Es kann nicht
ein, dass wir 11 Milliarden Euro aus dem Etat der Bun-
esagentur für Arbeit entnehmen – das wollen Sie –,






(A) )



(B) )


Franz Müntefering

gleichzeitig aber die Bundesagentur auffordern, sie solle
mehr vermitteln. Das geht zumindest rechnerisch nicht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Sie haben dann ein ganzes Kapitel, in dem Sie sich
mit den Arbeitnehmerrechten auseinander setzen. Die
Tarifautonomie soll geschleift werden, ebenso der Kün-
digungsschutz, das Betriebsverfassungsgesetz und das
Jugendarbeitsschutzgesetz. Sie fordern, dass es unterta-
rifliche Entlohnung für Langzeitarbeitslose geben soll,
und zwar gesetzlich fixiert. Das gibt es längst in Tarif-
verträgen – ich weiß nicht, ob Sie sich da genau ausken-
nen –, Sie aber fordern eine gesetzliche Regelung. Das
ist ein Zeichen dafür, dass Sie die Tarifautonomie nicht
mehr ernst nehmen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Das ist ein Punkt, über den wir uns nicht verständigen
können. Es muss in Deutschland auch in Zukunft so sein
– damit ist Deutschland gut gefahren –, dass starke Ar-
beitnehmer und starke Arbeitgeber ihre Interessen ver-
treten und miteinander Tarifverträge aushandeln können.
Wir als Gesetzgeber werden uns da heraushalten. Die
Tarifparteien sind klug genug, dieses miteinander zu ver-
einbaren.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Sie sind übrigens auch klug genug, Wege zu finden,
vernünftige Regelungen zu finden, wenn es darauf an-
kommt. Sie, Frau Merkel, haben das selbst lobend in Be-
zug auf das erwähnt, was jetzt bei Opel passiert ist. Zitat:
Es ist gelungen, weil die Menschen vor Ort, die einen
Arbeitsplatz bei Opel haben, bereit waren, etwas für den
Erhalt ihres Arbeitsplatzes zu tun. – Das ist genau das,
was wir sagen. Was glauben Sie aber, was heute bei Opel
in Bochum und in anderen Städten los wäre, wenn es die
Gewerkschaften und die Betriebsräte nicht gegeben
hätte? Das ist doch die schlichte Wahrheit.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Tausende Male haben Betriebsräte und Gewerkschaf-
ten mitgeholfen, dass Betriebe lebensfähig geblieben
sind. Kluge Unternehmer wissen das ganz genau. Ge-
werkschaften und Betriebsräte sind keine fünfte Ko-
lonne, die versucht, die Betriebe kaputt zu machen. Sie
helfen vielmehr mit, dass Betriebe bestehen bleiben, so
wie es jetzt auch bei Opel gewesen ist.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Das, was Sie in Ihrem Antrag fordern, ist der Weg weg
von der Souveränität der Tarifparteien.


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Unfug!)

Es ist ein Stück Demokratie, um das es geht. Das werden
wir uns ganz sicher nicht wegstreichen lassen.

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(C (D (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Hartmut Schauerte [CDU/ CSU]: Wer behauptet einen solchen Unsinn?)


So viel zu Ihrem Sofortprogramm. In Ihrem Sofort-
rogramm steht allerdings nichts von den Zuverdienst-
öglichkeiten. Das ist eine besonders schicke Sache.
eshalb haben Sie, Frau Merkel, heute Morgen nicht
inmal den Mut gehabt, zu sagen, dass Sie sich damals
eirrt und darauf bestanden haben, dass die Zuverdienst-
öglichkeiten im unteren Bereich nicht so hoch sind,
ie die Sozialdemokraten und die Grünen das wollten?
o war das nämlich im Vermittlungsausschuss: Wir
ollten höhere Zuverdienstmöglichkeiten erlauben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


s wäre schon gut, wenn wenigstens einmal gesagt
ürde, dass Sie nicht immer die Neunmalklugen sind,
ondern dass Sie sich an der Stelle korrigieren müssen.
enn Sie es tun, ist es gut. Darüber können wir mitei-
ander sprechen.
In Ihrem Antrag sind zwei Kapitel – ich weiß nicht,

b Sie das noch einmal gelesen haben –: Es gibt einmal
as Sofortprogramm, über das ich gerade gesprochen
abe, und zum anderen gibt es ein Kapitel II, in dem es
m Strukturreformen, zum Beispiel in der Steuer- und
ildungspolitik, geht. Da haben Sie mit der Bildungspo-
itik natürlich etwas Interessantes angesprochen. Das
hema Studiengebühren haben Sie aber lieber wegge-
assen. Es wäre interessant gewesen, heute Morgen ein-
al Ihre Meinung dazu zu hören, wie es denn so ist mit
en Studiengebühren. Ihre Länderfürsten haben Studien-
ebühren angekündigt. Im Moment haben alle wieder
in bisschen Luft abgelassen. Sie haben genau gemerkt,
ass es so schnell und so einfach dann doch nicht geht.
ber Sie stehen offensichtlich dazu


(Dr. Angela Merkel [CDU/CSU]: Genau!)

nd sagen: Studiengebühren, ja. Das nehme ich so zur
enntnis. Das ist ein Punkt, über den man irgendwo mit-
inander zu reden haben wird.


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Lassen Sie es doch die Hochschulen entscheiden!)


Dann haben Sie das angesprochen, was in der Föde-
alismuskommission dazu stattgefunden hat. Meine
einung ist unverändert die, dass wir noch einmal einen
nlauf unternehmen sollten, um in Sachen Föderalismus
n diesem Land voranzukommen. Weil das so ist, ver-
neife ich mir jetzt jede Antwort auf das, Frau Merkel,
as Sie eben dazu gesagt haben. Wer so verfährt, wie
ie das getan haben, der macht die Möglichkeiten, an
ieser Stelle zu einer Einvernehmlichkeit zu kommen,
ast schon wieder kaputt. Ich zweifele, ob Sie wirklich
ollen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Sie schreiben in Ihrem Antrag, dass die Strukturrefor-
en, auch zur Steuer- und Bildungspolitik, noch in die-
em Jahr in konkrete Gesetze gefasst werden sollten.






(A) )



(B) )


Franz Müntefering

Darüber kann man sprechen. Das werden Sie in der
nächsten Woche sicherlich auch tun. Die Frage ist: Was
meinen Sie eigentlich damit?

Über die Senkung des Spitzensteuersatzes haben Sie
heute nichts gesagt. Ihrem Papier entnehmen wir: 39 Pro-
zent und eine Linksverschiebung der Progressions-
grenze; bei 45 000 Euro soll der Satz greifen. Das heißt,
die, die unten sind, bezahlen mal wieder mehr; die, die
oben sind, werden entlastet.

Sie sagen in Ihrem Antrag nichts zum Abbau von
Subventionen. Dazu hätte man zwei Dinge sagen kön-
nen:

Erstens. Eigenheimzulage.

(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Jäger 90!)


Wenn wir im Bereich Bildung, Forschung und Technolo-
gie etwas machen wollen, dann lassen Sie uns Folgendes
tun: die Eigenheimzulage abschaffen und das Geld für
Forschung und Technologie einsetzen. Da wäre es für
die nächste Zeit dringend nötig.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Zweitens hätten Sie etwas zum Steuervergünstigungs-
abbaugesetz sagen sollen. Damit hätten wir eine Menge
Geld für Bund, Länder und Gemeinden realisieren kön-
nen. Dass Sie das am 16. Mai 2003 abgelehnt haben, hat
die öffentlichen Hände 26,9 Milliarden Euro gekostet.
Es ist die blanke Heuchelei, wenn Sie und einige CDU-
Länder, einige CDU-Bürgermeister oder -Oberbürger-
meister darüber klagen, zurzeit kein Geld zu haben. Sie
hätten es haben können. Sich vor Ort beklagen und dann
auf der Bundesebene keinen Mut haben, das zeugt nicht
gerade von politischer Weitsicht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Nun haben Sie noch einen Antrag zum Thema Anti-
diskriminierungsgesetz nachgeschoben. Er hat einen
interessanten Einstieg. Darin beschreiben Sie nämlich
zunächst einmal, wie sinnvoll so etwas eigentlich sein
könnte:

Die Diskriminierung eines Menschen wegen seiner
äußeren Merkmale oder seiner Veranlagung ist
schlicht und ergreifend abzulehnen.

(Dr. Angela Merkel [CDU/CSU]: Natürlich!)

Dies ergibt sich aus dem christlichen Menschen-
bild, welches von der Unverletzbarkeit der Würde
eines jeden Einzelnen ausgeht.

(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Genau so ist es! – Michael Glos [CDU/CSU]: Dazu brauche ich kein Gesetz! – Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Das steht im Grundgesetz!)

Es ist daher völlig selbstverständlich, dass sich eine
Gesellschaft Regeln gibt, die deutlich machen, dass
negative Diskriminierung gegen die Würde eines
jeden Menschen geht und geahndet werden muss.

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(C (D (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der CDU/CSU und der FDP)


Obwohl Sie dies geschrieben haben, steht obendrü-
er: Antidiskriminierungsgesetz verhindern! Das ist eine
omische Logik, der Sie da folgen.


(Lachen bei der SPD – Lachen bei der CDU/ CSU – Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Das will doch Herr Clement auch! – Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Clement!)


Im arbeitsrechtlichen Teil des Antidiskriminierungs-
esetzes bewegen wir uns akkurat auf der Höhe dessen,
as uns die EU vorschreibt. Im privatrechtlichen Be-
eich gehen wir darüber hinaus, weil wir Behinderte ein-
eziehen möchten. Wir möchten nicht, dass Gruppen
on Behinderten in Restaurants rausgeschmissen wer-
en. Wir möchten, dass bei uns in Deutschland geklärt
t, dass sie dahin kommen können, und zwar gesetzlich
arantiert.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir werden die Ergebnisse der Anhörung auswerten.
s gibt sicherlich Korrekturmöglichkeiten, was die Ver-
irkungsfristen, gemischte Bewohnerschaft – das be-
ifft das Wohnraumförderungsgesetz – oder kirchliche
nteressen anbelangt. Aber das Antidiskriminierungsge-
etz wird kommen. Darauf können Sie sich ganz sicher
erlassen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Hartmut Schauerte [CDU/ CSU]: Das ist ein Schaden für Deutschland! – Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Das sagen Sie mal denen in Nordrhein-Westfalen! – Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Schartau lässt grüßen!)


Sie haben mit dem Antrag – ich habe mich auf diesen
eil konzentriert – keinerlei Hilfestellung zur Bekämp-
ung der Arbeitslosigkeit gegeben. Das wird aber für
ie Debatte in der nächsten Woche ganz wichtig sein.
eute war auf der Grundlage Ihres Antrags offenbar
icht mehr zu erwarten. Ich bin sehr gespannt, was Sie in
er Debatte über die Regierungserklärung in der nächs-
n Woche einbringen werden. Die Frage ist, ob Sie,
rau Merkel, sprechen werden oder Herr Stoiber. Wie
esagt, wir sind sehr gespannt darauf, wie das in der
ächsten Woche laufen wird. Vielleicht zeigen Sie dann
in bisschen mehr Augenmaß und Verantwortung für das
anze Land. Insgesamt, insbesondere mit Ihrem Antrag,
eigen Sie es heute jedenfalls nicht.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Anhaltender Beifall bei der SPD – Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1516304500

Das Wort hat nun Dr. Guido Westerwelle für die FDP-

raktion.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)







(A) )



(B) )



Dr. Guido Westerwelle (FDP):
Rede ID: ID1516304600

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Die Lage in Deutschland ist folgende: Wir haben
die höchste Arbeitslosigkeit seit Gründung der Republik.
Wir haben die marodesten Staatsfinanzen seit Gründung
der Republik. Wir haben noch nie so viele Unterneh-
menspleiten gehabt. Wir haben ein Wachstum, das ent-
gegen allen optimistischen Prognosen nun nochmals zu-
sammenbricht. Wir haben brüchige Sozialsysteme. Wir
haben ein Bildungssystem, das im Allgemeinen interna-
tional schlechte Noten bekommt. Vor diesem Hinter-
grund ist es bemerkenswert, dass es, während der Deut-
sche Bundestag an einem Donnerstagvormittag – zur
Kernzeit! – zum Thema Massenarbeitslosigkeit tagt,
gerade einmal vier von 14 Bundesministern für notwen-
dig erachten, anwesend zu sein.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Es sind sogar nur drei!)


Das, was Sie hier sehen, ist die heutige Titelseite der
„BZ“, einer großen Berliner Tageszeitung: „Keine Zeit
für Arbeitslose“.


(Klaus Uwe Benneter [SPD]: Schmutzblatt!)

Das ist in Wahrheit das Gefährlichste, was eine Regie-
rung vermitteln kann. Nicht nur Ihre Wankelmütigkeit,
sondern auch Ihre Ignoranz gegenüber dem, was not-
wendig ist, das ist das eigentliche Problem.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Da Ihnen, wie ich gehört habe, diese Zeitung nicht ge-
fällt, greife ich zur nächsten, zur heutigen Ausgabe der
„Süddeutschen Zeitung“, die Ihnen ja näher steht. Dort
heißt es auf der Titelseite: „Kanzler fordert Disziplin,
Minister streiten weiter“. Wie wollen Sie denn das Land
aus der Krise führen, wenn Sie sich noch nicht einmal ei-
nig sind? Das kann doch nicht funktionieren.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

„Der Spiegel“ steht Ihnen möglicherweise noch näher.
Auf seiner Titelseite in dieser Woche macht dieses Ma-
gazin mit folgendem Zitat von Gerhard Schröder – in be-
wundernswerter Deutlichkeit – auf:

Wenn wir die Arbeitslosenquote nicht spürbar sen-
ken, dann haben wir es nicht verdient, wiederge-
wählt zu werden.

Als Sie 1998 die Regierung übernommen haben, gab es
3,947 Millionen Arbeitslose. Nun sind es 5,216 Millio-
nen Arbeitslose. Das ist das Ergebnis rot-grüner Politik
und nicht irgendein Gottesgesetz oder ein Naturvorgang.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Karsten Schönfeld [SPD]: Lüge! So eine Lügerei hier!)


Es ist wichtig, darauf aufmerksam zu machen, dass es
Alternativen gibt. Denn viele Menschen in der Bundes-
republik Deutschland, vor allem diejenigen, die mit Rot-
Grün längst abgerechnet und Schluss gemacht haben,
fragen sich besorgt: Gibt es eine Alternative? Kann es

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(C (D nders gehen? Ist es nicht quasi eine zwangsläufige olge der Globalisierung, dass wir in Deutschland in eier solchen maroden Situation sind? Es ist deswegen geauso notwendig wie erforderlich, einen internationalen ergleich anzustellen. Wenn man sieht, dass die Politik n Deutschland eine Arbeitslosenquote von 12 Prozent u verantworten hat, während die Arbeitslosenquoten in sterreich und Großbritannien bei jeweils 4,5 Prozent nd in den USA bei 5,5 Prozent liegen, dann kommt an zu dem Schluss, dass die anderen Länder etwas beser machen. Beim Wachstum ist es doch genau dasselbe. Sie re en es jetzt mit einer Wachstumsprognose von zunächst ,6 Prozent schön. Darauf ist der ganze Haushalt gebaut, anach ist er gestrickt. Wir sehen in diesen Tagen, wie er nhand der korrigierten Wachstumsprognosen abermals usammenbricht. Gerade noch 1 Prozent Wirtschaftsachstum sagen die Sachverständigen Deutschland voaus. Zum Vergleich: Die Wachstumsprognose 2005 ist ür Frankreich 2,2 Prozent, für Großbritannien 2,9 Proent, für die USA 3,4 Prozent. Wenn Deutschland von llen 25 europäischen Mitgliedstaaten die schlechteste achstumsrate hat, dann ist dies nicht das Ergebnis eier schäbigen Weltwirtschaft, sondern das Ergebnis eier schlechten Regierung. Das ist der feine Unterschied. Deswegen wollen wir als Opposition eine wachstums rientierte Politik. Dass die Grünen damit Schwierigkeien haben, ist bekannt. Sie haben sich vor 25 Jahren mit em Ziel des Nullwachstums gegründet. Jetzt in der Reierungsverantwortung haben sie es fast geschafft – leier, muss man sagen. ls sie sich gründeten, wollten sie den Kapitalismus beiegen. In der Regierungsverantwortung ist es ihnen naezu gelungen. Das ist die Lage in diesem Lande. An dieser Stelle möchte ich Ihnen, Herr Kollege üntefering, noch einmal Folgendes vorhalten – ich alte das für einen entscheidenden Punkt –: Es ist doch icht die Opposition, sondern es sind Ihre Genossinnen nd Genossen, die mit dieser Politik längst auch öffentich abrechnen. In dieser Woche sagte der Betriebsrat – wohlgemerkt icht der Vorstandsvorsitzende –, Herr Gipperich – er ist PD-Mitglied –, von Bayer aus Nordrhein-Westfalen örtlich: Wer grün wählt, entscheidet sich gegen Arbeitsplätze. r fügt hinzu: Was Verbraucherministerin Renate Künast mit der grünen Gentechnik macht, ist eine absolute Sauerei … Alte Arbeitsplätze werden vernichtet und neue andernorts geschaffen. Dr. Guido Westerwelle Das ist die Meinung der deutschen Opposition. Wir unterstützen die Betriebsräte in ihrer Kritik an der Bundesregierung. Verehrte Anwesende, es ist ein wichtiger Punkt, hierzu auch die Forschungsseite zu zitieren. Wovon wollen wir denn leben? Wo sollen denn Arbeitsplätze entstehen, wenn nicht in den neuen Schlüsseltechnologien? Wenn andere billiger sind, müssen wir besser sein. Deswegen wollen wir eine forschungsfreundliche Politik. Wir wollen eine wirtschaftsund investitionsfreundliche Politik, die Biound Gentechnologie eben nicht außer Landes treibt, sondern ihnen hier eine Chance gibt. Ich zitiere dazu den Chef der Deutschen Forschungsgemeinschaft, der noch zur Jahreswende zum Gentechnikgesetz gesagt hat: Die noch in Deutschland durchgeführte Forschung wird gezwungen sein, sich ins Ausland zu verlagern. In diesem Zusammenhang ist bemerkenswert, was die wesentliche Nachricht des SPD-Vorsitzenden an diesem Rednerpult gewesen ist. Ich hoffe, dass der deutsche Bundeskanzler nächste Woche mehr zu bieten hat. Denn wenn das alles ist, dann geht das aus wie das Hornberger Schießen: Außer Spesen nichts gewesen. (Franz Müntefering [SPD]: Sie sind ja Gott sei Dank nicht dabei!)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


(Beifall des Abg. Michael Glos [CDU/CSU])





(A) )


(B) )


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Ich sage Ihnen: Das darf nicht passieren. Wenn es solche
Runden gibt, müssen auch strukturelle Ergebnisse mög-
lich werden.

Dazu sollte aus unserer Sicht vor allen Dingen die Be-
erdigung eines Antidiskriminierungsgesetzes gehören.
Denn das ist der Totengräber für noch mehr Arbeits-
plätze.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Klaus Brandner [SPD]: Populismus pur!)


In Zeiten der Massenarbeitslosigkeit hat der Bundesvor-
sitzende der Sozialdemokraten eine einzige konkrete
Nachricht: dass das Antidiskriminierungsgesetz kom-
men wird, und zwar gegen Herrn Clement, gegen Herrn
Steinbrück, gegen zahlreiche Vertreter des Bundesinnen-
ministeriums und auch den Bundesinnenminister selbst
– wir lesen das alles nach –, gegen Betriebsräte und
übrigens auch gegen mancherlei Betroffene. Dieses
Antidiskriminierungsgesetz wird nicht nur Arbeitsplätze
vernichten, sondern auch genau den Minderheiten scha-
den, die es zu schützen gilt, weil dann nämlich in Wahr-
heit zu einem Vorstellungsgespräch ebendiese Minder-
heiten gar nicht mehr eingeladen werden, aus Sorge,
anschließend, wenn man aus fachlichen Gründen ab-
lehnt, einer Klagewelle gegenüberzustehen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Deswegen ist es völlig richtig, wie nicht irgendeiner

von der Opposition, sondern wie der Genosse Ude, der
Oberbürgermeister von München, das Antidiskriminie-
rungsgesetz bewertet hat. Er sagt dazu wörtlich:

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(C (D Da haben sich ein paar Gutmenschen ausgetobt. ichts ist schlimmer in Deutschland als Politik von Gutenschen. Sie sind nämlich fein zu unterscheiden von en guten Menschen. (Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Ich nenne das immer die Achse des Guten!)


ie guten Menschen geben ihr eigenes Geld, die Gut-
enschen – wie sie da sitzen – verteilen das Geld ande-
er Leute.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Wir haben einen Antrag zu diesem Thema vorgelegt.
ir haben gesagt, wie es geht. Es gibt von uns zu jedem
otwendigen Bereich, den wir hier zu beraten haben,
onkrete Gesetzentwürfe: zum Bürokratieabbau, zu den
teuern, zur Unternehmensteuerreform. Wir sind dazu
ereit, wir wollen mitwirken. Ich sage Ihnen dazu ganz
lar: Die Zusammensetzung von Runden ist nicht das
hema, entscheidend ist, was hinten rauskommt. Wie
eißt es so schön im „Faust“ von Johann Wolfgang von
oethe – etwas abgewandelt –: Der Briefe sind genug
ewechselt, jetzt lasst uns endlich Taten sehen.
Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1516304700

Nächste Rednerin ist die Fraktionsvorsitzende von
ündnis 90/Die Grünen, Katrin Göring-Eckardt.

(BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Präsi-

ent! Herr Westerwelle, nachdem ich Ihre Rede heute
ier gehört habe


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Da haben Sie etwas Gutes gehört!)


nd nachdem ich gehört habe, welche neuen Vorschläge
ür den Arbeitsmarkt Sie unterbreiten – Sie haben auf ei-
en Antrag verwiesen, den Sie hier nicht vorstellen woll-
n, weil Sie uns Zitate aus Zeitungen vorhalten wollten –,
age ich einmal an diejenigen, die nächste Woche zu-
ammensitzen und Probleme lösen wollen: Wie gut, dass
ie nicht dabei sein werden!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Frau Merkel, Sie haben heute Morgen gesagt, wie Sie
eutschland voranbringen wollen und was wir dazu
rauchen, nämlich guten Willen und dass wir schneller
erden. Darauf will ich gerne in drei Punkten eingehen.
Erster Punkt: Föderalismusreform. Es steht nicht in

hrem Antrag, dass Sie dazu etwas beitragen wollen.

(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Das haben wir ein Jahr lang gemacht!)

or allen Dingen haben Sie auch bisher nichts dazu bei-
etragen. Als die Föderalismuskommission getagt hat
nd in eine schwierige Situation geraten ist, weil Ihre






(A) )



(B) )


Katrin Göring-Eckardt

Länderfürsten sich aufgemäntelt haben und nicht mehr
weiterkommen wollten, da sind Sie, Frau Merkel, abge-
taucht und haben zu dieser großen und wichtigen Re-
form des Landes keinen einzigen Beitrag geleistet.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Dann haben Sie hier über das Thema Zuverdienst ge-
redet. Wir müssen doch einmal ehrlich sein und sehen,
dass es so nicht geht. Frau Merkel, haben Sie die Debat-
ten eigentlich nicht mitbekommen? Wie lange haben wir
hier im Deutschen Bundestag und im Bundesrat über die
Zuverdienstmöglichkeiten geredet? Wie lange haben wir
gesagt, die Zuverdienstmöglichkeiten müssten größer
sein, weil wir gerade für die unteren Einkommensbezie-
her neue Chancen brauchen? Was haben Sie gemacht?
Sie haben die Zuverdienstmöglichkeiten heruntergesetzt.
Deswegen sind wir jetzt in dem Dilemma, dass wir we-
niger Arbeitsplätze haben und nicht mehr. Das ist Ihre
eigene Verantwortung, Frau Merkel.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Vielleicht erinnern Sie sich daran: Herr Koch wollte
noch mehr. Herr Koch wollte sogar, dass diejenigen, die
heute in 1-Euro-Jobs in gemeinnütziger Arbeit beschäf-
tigt sind, überhaupt nichts zusätzlich bekommen. Was
sind das für Vorschläge, an die Sie sich nach ein paar
Monaten nicht einmal mehr erinnern können? Jetzt sa-
gen Sie: Man hätte schneller sein können. Ja, man hätte
schneller sein können. Sie hätten schneller sein können.
Wir wären heute weiter.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Der dritte Punkt, den Sie angesprochen haben, ist das
Thema Bildung. Auf dieses Thema haben Sie heute nur
einen ganz kurzen Satz verwandt und haben gesagt, da
müsse man doch vorankommen. Heute Morgen habe ich
von Herrn Pofalla gelesen, Sie wollten in der nächsten
Woche ganz ernsthaft verhandeln und Sie wollten auch
eigene Fehler berücksichtigen und noch einmal neu da-
rüber nachdenken. Ich nenne beispielhaft einen Bereich,
wo sie gut Ihre Haltung überdenken könnten. Damit
würden Sie vor allen Dingen Ihren eigenen Ländern hel-
fen und für bessere Bildungsmöglichkeiten in Deutsch-
land sorgen. Wir haben hier über die Eigenheimzulage
gestritten. Wir haben gesagt, diese war einmal ein richti-
ges Instrument, sie ist jetzt aber nicht mehr notwendig;
da sie am falschen Ende ansetzt, wäre es verkehrt, sie
weiter aufrechtzuerhalten. Wenn Sie unserer Argumenta-
tion gefolgt wären, hätten wir schon jetzt 6 Milliarden
Euro in die Bildung investieren können, Frau Merkel.
Diese 6 Milliarden Euro fehlen heute dem Bund und den
Ländern. Dafür tragen Sie Verantwortung. Wir hätten da
schneller handeln können.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Natürlich widme ich mich auch Ihrem so genannten
Pakt. Ehrlich gesagt halte ich ihn mehr für ein „Päck-
chen“. Wenn man es nämlich aufmacht, stellt man fest,

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(C (D ass es viel alte und verbrauchte Luft enthält. In diesem ahmen reden Sie von der Senkung der Lohnnebenkosen. Von 1982 bis 1998 – man kann diese Zahl ruhig och einmal nennen – sind die Lohnnebenkosten von 4 auf 42 Prozent gestiegen, mit tätiger Mithilfe übriens der FDP, obwohl sie nach außen immer so tut, als b die Senkung von Lohnnebenkosten und Steuern zenrale Punkte ihres Parteiprogramms wären. So viel also u Ihrer Glaubwürdigkeit, nachdem Sie uns Grünen voreworfen haben, wir wären nicht glaubwürdig. Die Senung der Lohnnebenkosten ist diese Regierung als Erstes ngegangen. Mithilfe der Ökosteuer sorgen wir dafür, ass der Rentenbeitrag unter 20 Prozent bleibt. Das düren Sie nicht vergessen, Frau Merkel. Die Ökosteuer immt dabei das Geld nicht von denjenigen, die es heute o dringend brauchen. Sie dagegen wollen 11 Milliarden Euro bei den örderprogrammen einsparen, um die Kosten für die rbeitslosenversicherung zu senken. Wissen Sie eigentich, wie viele Leute heute Arbeitsplätze haben, die in örderprogrammen arbeiten? Ahnen Sie das? Sie reden ber 150 000 Arbeitsplätze. Wissen Sie, wie viele Leute ie nach Hause schicken müssten, wenn Sie die Förderrogramme einstellen, und wie vielen Sie sagen müssen: Für euch gibt es keine Förderung mehr? Es handelt ich um 1,3 Millionen Menschen. Um die geht es hier. iese wollen Sie nach Hause schicken. Denen wollen ie sagen: ab nach Hause, ab auf die Bank, es gibt keine örderung durch die Arbeitsagentur mehr. Eine solche olitik, die bei den kleinen Leuten ansetzt, werden wir, rau Merkel, nicht mitmachen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Nun zu den betrieblichen Bündnissen für Arbeit: Ich
eiß nicht, ob Sie tatsächlich einmal in Unternehmen
ewesen sind. Ich weiß nicht, ob Sie mitbekommen ha-
en, was im letzten Jahr geschehen ist. 50 Prozent der
rbeitsverhältnisse in Deutschland sind längst flexibili-
iert. Die Regelungen für 50 Prozent der Arbeitsverhält-
isse in Deutschland basieren längst auf betrieblichen
ündnissen. Hätten Sie denn gewollt, Frau Merkel, dass
n Bochum ein Streik angefangen worden wäre, den man
berhaupt nicht wieder hätte einfangen können? Hätten
ie gewollt, dass es zu einem Dumpingwettbewerb zwi-
chen Bochum und Rüsselsheim kommt? Wo stehen wir
enn heute? Bei Opel arbeiten die Leute zu Osttarifen.
u solchen Ergebnissen führen betriebliche Bündnisse
ür Arbeit. Diese wurden unter Mitwirkung der Gewerk-
chaften vereinbart. Wir können stolz darauf sein, dass
ir in Deutschland Gewerkschaften haben, die in
chwierigen Situationen auch dazu in der Lage sind, ent-
prechend zu handeln.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Michael Glos [CDU/ CSU]: Was haben Sie denn gegen den Osten, Frau Göring-Eckardt?)


Ich will auch noch etwas zum Thema Bürokratie-
bbau sagen. Sie haben sich da ja aus dem Fenster ge-
ehnt und deutlich gesagt, wo überall Bürokratieabbau
öglich und notwendig wäre. Ich will in diesem Zusam-






(A) )



(B) )


Katrin Göring-Eckardt

menhang gern auf das Thema Gentechnik eingehen,
weil es offensichtlich sehr viele beschäftigt.


(Michael Glos [CDU/CSU]: Beschäftigt sind in Deutschland sehr wenige! Das ist das Problem!)


Wo wir schon über Bürokratieabbau und Gentechnik-
gesetz reden, will ich Ihnen heute hier einen ganz kon-
kreten Vorschlag machen. Wir können bei der Gentech-
nik weiterkommen, aber nicht in dem Bereich, in dem
andere Länder längst viel weiter sind als wir – das war
übrigens auch schon zu Ihren Regierungszeiten so –,
nämlich im Bereich der Grünen Gentechnik. Wir müss-
ten hier einen Aufholprozess starten, um im Wettbewerb
bestehen zu können, den wir, wie ich glaube, nicht er-
folgreich abschließen können. Es gibt aber auch noch die
Weiße Gentechnik. Da müssten Sie sich, Frau Merkel,
und Ihre Klientel, die Bauern, jedoch bewegen. Sie
müssten sagen: Ja, die Zuckermarktverordnung darf ver-
ändert werden; ja, der Zuckerpreis darf um 60 Prozent
sinken;


(Michael Glos [CDU/CSU]: Das will doch alles die Frau Künast!)


ja, wir steigen in Deutschland in die Weiße Gentechnik
ein. Damit würden wir es schaffen, ganz nach vorne zu
kommen. Hierbei handelt es nämlich um einen Zu-
kunftsbereich, in dem viele Arbeitsplätze entstehen kön-
nen.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Das ist ja Kraut und Rüben!)


An dieser Stelle will ich natürlich auch noch etwas
zum Antidiskriminierungsgesetz sagen. Ich tue das
gerne, und zwar deswegen, weil ich glaube, dass all die-
jenigen, die hier gesagt haben, dass dadurch Arbeits-
plätze vernichtet würden, in den nächsten Wochen und
Monaten eines Besseren belehrt werden.

Ich bin sehr dafür, dass wir all das, was in der Anhö-
rung gesagt worden ist, sehr ernst nehmen. Ich bin sehr
dafür, dass wir auf der einen Seite das Ziel im Auge be-
halten und auf der anderen Seite dort, wo etwas zu büro-
kratisch geregelt ist, andere Lösungsmöglichkeiten su-
chen. Ich glaube, dass uns das auch sehr gut gelingen
wird. Ich verstehe, dass es bei Unternehmen Verunsiche-
rung gibt. Deswegen bin ich auch dafür, dass wir eine
transparente Regelung schaffen, die nicht zu Ängsten
und Verunsicherung führt.

Aber ich will Ihnen auch eines sagen: Europäische
Nationen haben sich gemeinsam darauf verständigt,
etwas für Bürgerrechte, Minderheitenrechte und
Menschenrechte in Europa zu tun. Wir haben in
Deutschland gesagt: Ja, das wollen wir, das gehört zu
uns, das gehört zu unserer Kultur und zu unserer Würde.
Das ist kein kleiner grüner „Beikram“, sondern das ge-
hört zu uns in Deutschland und das wollen wir; wir wol-
len Menschenrechte, Bürgerrechte und Minderheiten-
rechte schützen.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Kennen Sie einen, der dagegen ist?)


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(C (D ch glaube, dass niemand der Auffassung ist, dass wir as heute plötzlich nicht mehr wollen. Nun etwas zu Ihrem Vorschlag, das auf die EU-Regengen zu begrenzen. Das würde heißen, dass man zwar en Ausländer, der in die Disco will, dort hineinlassen uss, aber den Behinderten sagen kann: Über ein Hotelimmer für euch hier reden wir gar nicht erst. – Diese useinandersetzung können wir gerne führen. Wir könen auch eine Auseinandersetzung darüber führen, ieso Sie fordern, dass im zivilrechtlichen Teil die Disriminierung aufgrund der Religionszugehörigkeit oder ie Diskriminierung der Schwulen und Lesben gestrihen wird. Ich finde, gerade in Deutschland ist es richtig, ass wir unser Augenmerk besonders darauf richten, ass wir Minderheiten nicht diskriminieren, dass wir in nserem Land und darüber hinaus für Menschenrechte intreten. Es ist richtig für die Würde unseres Landes. Das werden die Grünen auch weiterhin durchsetzen. ir werden durchsetzen, dass wir diese Würde behalten. ir werden weiterhin für Menschenund Minderheiten echte eintreten. Gleichzeitig werden wir – darauf wird s in den nächsten Wochen ankommen – dafür sorgen, ass alle Anstrengungen unternommen werden und eine ideologischen Pflastersteine ausgelegt werden, dait neue Arbeitsplätze entstehen können, – Frau Kollegin Göring-Eckardt! Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1516304800
– zum Beispiel in Zukunftstechnologien. Wir werden

ber „weg vom Öl“, über neue Autos in Deutschland
nd über nachwachsende Rohstoffe zu reden haben. All
as werden wir tun; aber dabei werden wir nicht unsere
ürde verlieren und wir werden auch weiterhin dafür

orgen, dass dieses Land eines ist, wo Menschenrechte
ine große Rolle spielen.
Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1516304900

Ich erteile das Wort dem Kollegen Michael Glos,
DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Michael Glos (CSU):
Rede ID: ID1516305000

Herr Kollege Müntefering, damit es nicht heißt, ich

ätte jemanden diskriminiert: Soll ich Ihre Worte oder
ie von Gerhard Schröder zitieren in Bezug auf den Zu-
ammenhang zwischen Arbeitslosigkeit und dem Wäh-
en rechtsextremer Parteien? Sie haben die Wahl.


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU – Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Beide!)







(A) )



(B) )



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1516305100

Herr Kollege Glos, ich beabsichtige aber nicht, darü-

ber einen Hammelsprung herbeizuführen.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU)



Michael Glos (CSU):
Rede ID: ID1516305200

Gut. – Herr Kollege Müntefering, Sie haben im

November 2000 gesagt:
Manche Wähler suchen ein Ventil für Enttäu-
schung, Wut und Ängste. Arbeitslosigkeit, fehlende
Perspektiven, ein beschleunigter gesellschaftlicher
Wandel infolge von Globalisierung und Individuali-
sierung sowie Herausbildung der Wissens- und In-
formationsgesellschaft treiben der extremen Rech-
ten Proteststimmen zu.

Der Bundeskanzler hat am 27. Mai 1998 gesagt:
Das Wiedererstarken des Rechtsextremismus liegt
vor allem in der Perspektivlosigkeit auf dem Ar-
beitsmarkt und in der mangelnden Fähigkeit, mit
Fremdheit umzugehen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der FDP)

Herr Müntefering, ich habe das nur deswegen gesagt

– es geht ja heute um Arbeitslosigkeit –, weil Sie am Be-
ginn Ihrer Rede – heute war nicht Ihr Tag; das hat man
gespürt –


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


mit Zitaten gekommen sind, von denen Sie geglaubt ha-
ben, Sie könnten sie zur Diskriminierung der CSU brau-
chen. Ich bin überhaupt der Meinung, dass wir heute et-
was Historisches erlebt haben, nämlich die erste
Abstimmungsniederlage von Rot-Grün.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Das muss den Fraktions- und Parteivorsitzenden der
SPD natürlich umtreiben, genauso wie die Tatsache, dass
die Umfragewerte immer schlechter werden und dass
sich inzwischen offener Widerstand in der Koalition
breit macht. Schily, Clement und Steinbrück sind gegen
das von der Koalition beschlossene Antidiskriminie-
rungsgesetz. Herrn Steinbrück können Sie aber nicht ru-
hig stellen. Er kämpft um die Verlängerung seiner Amts-
zeit.

Es gab auch einen wochenlangen Schlagabtausch
zwischen Herrn Clement und Herrn Eichel, der vorhin
noch anwesend war.


(Zurufe von der SPD: Er ist noch da!)

– Ich freue mich, dass er noch da ist. Er dreht gerade
dem Plenum den Rücken zu. Das ist symptomatisch für
die SPD.


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wie ich sehe, verlässt er jetzt den Saal.

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(C (D (Peter Hintze [CDU/CSU]: Er ist auf der Flucht!)


ch befürchte nur, dass er nicht endgültig geht, sondern
ass er vorher noch mehr Schaden anrichtet.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Wir sind hier nicht auf dem Nockherberg!)


Damit komme ich zu Maastricht. Eichel will unsere
ährung ruinieren und kaputtmachen.


(Widerspruch bei der SPD)

r will alle Mauern, mit denen die Verschuldung ge-
toppt werden könnte, niederreißen. In diesem Moment
st er sicherlich auf dem Weg nach Brüssel, um diesem
nseligen Tun weiter nachzugehen.


(Zuruf von der SPD: Das ist aber sehr platt!)

Es ist offenkundig, dass bei Ihnen Ratlosigkeit

errscht. Wir können jetzt darüber rätseln, welche Hälfte
er Fraktion anwesend war, als Herr Müntefering gere-
et hat: die Hälfte, die für Herrn Robbe war, oder die
älfte, die für seinen Gegenkandidaten war.


(Heiterkeit bei der CDU/CSU – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Immer noch auf dem Nockherberg!)


Es ist eine grausame Situation – Herr Müntefering, da
aben Sie mein echtes Mitgefühl –, wenn der Vorsit-
ende einer Fraktion – ich habe immerhin die drittgrößte
raktion im Deutschen Bundestag zu führen – flehent-
ich darum bitten muss, noch einmal nachzudenken und
inen Tag bis zur Entscheidung zu warten, aber diese
itte mit Hinweis auf die Geschäftsordnung abgewiesen
ird. Das wäre eigentlich ein weiterer Grund, Herr
üntefering, sich zu überlegen, ob Sie beiden Ämtern,
em Amt des Parteivorsitzenden und dem Amt des Frak-
onsvorsitzenden, gewachsen sind.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Soll es wieder der Schröder werden?)


Wir haben heute die bedrückende Situation, dass es
ffiziell fast 5,3 Millionen Arbeitslose gibt. Wir haben
ie bedrückende Situation, dass es in Nordrhein-West-
alen 1,1 Millionen Arbeitslose gibt. Trotzdem ist der
anzler hier nicht anwesend, weil er auf der CeBIT in
annover anscheinend unabkömmlich ist.
Ich erinnere mich noch sehr gut an die CeBIT vor

ünf Jahren. Damals hat der Bundeskanzler mit Herrn
taudt von IBM gesprochen und dann versprochen, dass
r die Greencard einführt, um mithilfe von ausländi-
chen Experten den IT-Fachkräftemangel zu beheben. Es
t dann manches anders gekommen. Nicht nur die Tat-
ache, dass die ausländischen Experten längst wieder
eg sind, ist bedrückend, sondern auch die Tatsache,
ass hoch qualifizierte Arbeitsplätze aus diesem Bereich
us Deutschland verlagert werden.


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Ja!)

ch könnte in diesem Zusammenhang die „Hannover-
eitung“ zitieren.






(A) )



(B) )


Michael Glos

Für mich ist es doppelt bedrückend, was hier vor sich

geht. Denn IBM will Rechenzentren in Hannover und in
Schweinfurt schließen. In Hannover sind 250 und in
Schweinfurt 330 Mitarbeiter betroffen – und das in einer
Dienstleistungsbranche. Wenn ich mehr Redezeit hätte,
würde ich Ihnen aus den Briefen vorlesen, die ich von
betroffenen jungen Familien, die Angst um ihre Zukunft
haben, bekommen habe.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Was machen denn die Landesregierungen dort?)


Ich hoffe, dass der Herr Bundeskanzler die Zeit auf
der CeBIT in Hannover nutzt, um nicht nur mit Herrn
Staudt und anderen Führern großer amerikanischer
Tochtergesellschaften Champagner zu trinken, sondern
auch um diese bedrückenden Sorgen anzusprechen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wir sprechen immer vom Wandel der Industriegesell-

schaft in eine Dienstleistungsgesellschaft. Das Be-
drückende ist, dass inzwischen nicht nur die industriel-
len Arbeitsplätze aus Deutschland verschwinden,
sondern dass auch die Dienstleistungsarbeitsplätze in ei-
nem atemberaubenden Tempo aus Deutschland verlagert
werden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Bei den Punkten, bei denen die Regierung Erfolge

hatte – das waren nicht allzu viele –, haben wir als kon-
struktive Opposition mitgeholfen. Ich nenne als Stich-
wort nur die Gesundheitsreform. Dass jetzt die Bei-
träge gesenkt werden können, ist der Mithilfe von Horst
Seehofer zu verdanken, der Chefberater, und zwar ohne
Honorar, für Frau Schmidt gewesen ist. Auch dass Hartz
in Kraft treten konnte, ist einer konstruktiven Opposition
zu verdanken.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: 91 Anrufungen des Vermittlungsausschusses!)


Wir haben nicht wie Rot-Grün in der Zeit zwischen 1994
und 1998 blockiert; denn wir haben von vornherein ge-
sagt: Wir wollen mithelfen, Deutschland wieder in Ord-
nung zu bringen. Wir schauen auf die Menschen und auf
die Wähler. Uns hat man gewählt, weil man will, dass es
vorwärts geht.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Warum man die Grünen gewählt hat, weiß ich nicht. In
diese Vorstellungswelt kann ich mich nur schwer hinein-
versetzen.

Herr Müntefering, Ihre Zitate, die Sie auf das Ange-
bot von Frau Merkel und des bayerischen Ministerpräsi-
denten und Parteivorsitzenden Stoiber hin angeführt ha-
ben, fand ich sehr geschmacklos.


(Rudolf Bindig [SPD]: Sie müssen gerade von Geschmack reden!)


Es war gut, dass „Gerhard von Arabien“ aus Arabien an-
gerufen und Sie zurückgepfiffen hat.


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(C (D (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Wie können Zitate geschmacklos sein?)


Wie die geschmacklos sein können? Sie sind ge-
chmacklos, weil sie von Herrn Müntefering kommen,
err Schmidt; das ist doch ganz klar.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Zitate sind Zitate!)


Sie haben gesagt, es sei menschenverachtend und was
eiß ich alles, dass man sich schriftlich an den Kanzler
endet, um über die derzeitige Situation zu reden.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: „Verkommen“!)


Jetzt lese ich Ihnen das Zitat doch vor:

(Zuruf von der SPD: Das hat ja lange gedauert!)

Wenn wir es nicht schaffen, die Arbeitslosigkeit si-
gnifikant zu senken …

(Zuruf von der SPD: Das haben wir schon ein mal gehört!)

Das haben Sie schon einmal gehört. – Hartz hat gesagt,
ie Arbeitslosigkeit werde binnen drei Jahren halbiert.
as war 2002; jetzt haben wir 2005. Sie aber haben es
ls kaltblütig und zynisch bezeichnet, dass wir mit Ihnen
ber einen Pakt für Arbeit reden wollen.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Moralisch verkommen, hat er gesagt!)


ie haben gesagt, das sei moralisch verkommen. Das ist
och schlimmer.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Unglaublich!)


ch scheue mich, hier schlimme Worte zu wiederholen,
ie andere gesagt haben; denn ich bin dann immer als
erjenige verschrieen, der mit Grobheiten um sich wirft.


(Zurufe von der SPD: Oje!)

Kollege Westerwelle hat zu Recht darauf hingewie-

en, was Betriebsratsvorsitzende geschrieben haben.
ie haben den Betriebsratsvorsitzenden von Bayer zi-
iert. Ich könnte, wenn meine Redezeit reichen würde,
en Betriebsratsvorsitzenden von Thyssen-Krupp zitie-
en. Dort wie in anderen DAX-Konzernen warnen Mil-
ionen organisierte Arbeitnehmer über diejenigen, die sie
ls Vertrauensleute gewählt haben, vor einer weiteren
egierungsbeteiligung der Grünen. Sie verlangen, dass
n Nordrhein-Westfalen andere Verhältnisse entstehen.
Sie weisen in diesem Zusammenhang auf die hohen
nergiepreise hin, die bei uns in Deutschland künstlich
erteuert sind; ich brauche die entsprechenden Zahlen
icht zu nennen. Wir haben nach Italien die zweithöchs-
en Strompreise in Europa – und das alles in erster Linie
urch staatlich verordnete Nebenkosten. Wir leisten uns
Subventionsräder“, die nicht nur die Landschaft ver-
chandeln, sondern Strom in das Netz einspeisen kön-
en, der zum Dreifachen des Marktpreises vergütet wird.
as mag sich eine reiche Gesellschaft leisten können,






(A) )



(B) )


Michael Glos

ein Land, das im Überfluss lebt. Aber wir in Deutschland
können es uns nicht leisten, die höchsten Lohnkosten
durch hohe Lohnzusatzkosten und gleichzeitig die
höchsten Energiekosten zu haben.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ich meine, dass man dafür, dass sich eine Opposition
bereit erklärt, darüber zu sprechen, wie wir das alles
überwinden können, im Grunde dankbar sein müsste.

Herr Müntefering, ich will Ihnen zuletzt eines sagen:
Sie haben kein leichtes Amt; das gebe ich zu. Sie müssen
oft den Kopf für den Bundeskanzler hinhalten. Aber
ganz besonders bedrückend ist es, wenn ein Partei- und
Fraktionsvorsitzender aus Nordrhein-Westfalen amtiert,
während Nordrhein-Westfalen nach einer viel zu langen
Phase der SPD-Regierung wieder zu einer CDU-Regie-
rung zurückkehrt. Ich glaube, Sie werden, wenn Sie das
durchhalten und nicht die Nerven verlieren, auch der
SPD-Parteivorsitzende sein, unter dessen Regie Rot-
Grün im Bund abgewählt wird.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1516305300

Für die Bundesregierung erhält nun das Wort der Par-

lamentarische Staatssekretär Ditmar Staffelt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Sie haben wohl nur noch Redner dritter Wahl! – Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Die erfolgreichen Berliner!)


D
Dr. Ditmar Staffelt (SPD):
Rede ID: ID1516305400


Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst
möchte ich mich für die Komplimente seitens der Oppo-
sition bedanken und darauf hinweisen, Herr Glos, dass
heute zum wiederholten Male nicht Ihr Tag ist.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich halte es für absolut gerechtfertigt, dass nach den An-
würfen, die es aus Ihren Reihen in Richtung auf die so-
zialdemokratische Partei, auf Herrn Münterfering und
Herrn Schröder, gegeben hat, bevor mit Gesprächen be-
gonnen wird, hier Worte des Anstandes und des Ausglei-
ches gefunden werden. Das, so meine ich jedenfalls, ge-
hört zum demokratischen Selbstverständnis.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Hartmut Schauerte [CDU/ CSU]: Münterfering? Moralisch verkommen, das war Münterfering!)


Meine Damen und Herren, mir ist aufgefallen, dass
Sie sich hier hinstellen und erklären, Sie hätten alle Er-
folge dieser Regierung auf dem Felde der Wirtschaftspo-
litik im Wesentlichen mitgetragen. Damit meinen Sie

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(C (D uch Hartz IV. Ich werde Ihnen sagen, was Sie praktiieren. (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sagen Sie es!)


ie haben Hartz IV mit uns gemeinsam im Vermittlungs-
usschuss und hier, im Bundestag, beschlossen. Sie ha-
en genau gewusst, dass durch diesen Einschnitt und
urch eine andere Bewertung ab dem 1. Januar 2005 die
ahl der Arbeitslosen in Deutschland statistisch anstei-
en wird. Jetzt aber machen Sie sich aus dem Staube und
ersuchen, sich aus der Verantwortung zu stehlen. Das
st das Prinzip, mit dem Sie hier aufwarten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


as ist alles andere als die Übernahme demokratischer
erantwortung in der schwierigen wirtschaftlichen
ituation, in der wir uns befinden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich fände es sehr viel besser, wenn Sie hier sagten
und auch dabei helfen würden –, dass die Kolleginnen
nd Kollegen in den Arbeitsgemeinschaften, in den So-
ialämtern und in der Bundesagentur unsere Unterstüt-
ung und unsere Solidarität genießen, damit dieses Re-
ormwerk so schnell wie möglich Wirkung zeigt und
amit tatsächlich schnell vermittelt und so Arbeitslosig-
eit abgebaut werden kann.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich muss ganz offen gestehen, Frau Merkel, dass Sie
ier sehr allgemein gesprochen haben. Sie haben gesagt:
ir müssen jetzt dicke Bretter bohren. Wir brauchen
ine große Kraftanstrengung.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sie haben nicht zugehört!)


ir von der CDU/CSU werden sagen, was zu tun ist. –
ein Gedächtnis


(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Ist schlecht!)


st noch relativ gut intakt. Im letzten Jahr wussten Sie so-
ohl in Ihrer Partei als auch in Ihrer Fraktion nicht, ob
ie nach rechts oder links gehen wollen. Wohin wollen
ie bei der Gesundheitsreform? Wohin wollen Sie bei
en zentralen Fragen, die dieses Land beschäftigen? Mir
ird schwindlig, wenn ich daran denke, dass Sie uns sa-
en wollen, wohin es gehen soll.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Trinken Sie mal ein Glas Wasser!)


Warum das?

(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Damit Ihnen nicht schwindlig wird! – Heiterkeit bei der FDP und der CDU/CSU)


Ach so. Ich erspare mir, darauf einzugehen.






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Dr. Ditmar Staffelt

Ich verweise darauf, dass sich diese Bundesregierung

im Prozess der Modernisierung dieses Landes befin-
det.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Na ja!)

Sie haben offensichtlich schnell vergessen – das ist ganz
klassisch –, was wir in den letzten zweieinhalb Jahren
auf den Weg gebracht haben. Das betrifft die steuerli-
chen Aspekte genauso wie unsere Offensive für den Mit-
telstand. Unsere Förderkulisse lässt sich heute auf euro-
päischer Ebene als erstklassig bezeichnen. Wir haben in
den Bereichen der Existenzgründungen und der Kleinun-
ternehmerförderung sowie bei der Handwerksordnung
ganz erhebliche Erfolge erzielt. Da Sie damals versucht
haben, die Reform der Handwerksordnung zu blockie-
ren, will ich zitieren, was heute als Überschrift auf der
ersten Seite in der „Welt“ steht. Dort heißt es: „Gründer-
boom im deutschen Handwerk – Anstieg bis zu 37 Pro-
zent unter Lockerung des Meisterzwangs“. Das sind
Nachrichten, die man hier einmal verbreiten muss,


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


anstatt der Schwarzrederei, es werde nichts getan. Was
heißt denn „Kein Weiter so!“? Ich sage Ihnen: Wir brau-
chen weitere Reformschritte in der Kontinuität der öko-
nomischen Philosophie, die sich diese Bundesregierung
zu Eigen gemacht hat. Dazu gehören – wenn ich das an-
merken darf – die Ausbildungsoffensive und der Büro-
kratieabbau. Wir werden unsere Anstrengungen weiter
verstärken. Es wird eine Jobcard geben. Wir werden uns
auch noch nachhaltiger der weiteren Förderung unserer
Außenwirtschaftsinitiativen widmen. All dies sind Re-
formbausteine.

An einer Stelle aber sind Sie gefordert, und zwar soll-
ten Sie endlich dafür Sorge tragen, dass durch die Strei-
chung der Eigenheimzulage ein ganz gewichtiger Bau-
stein ermöglicht werden kann, nämlich Forschung,
Entwicklung und Bildung in diesem Lande zeitgemäß fi-
nanziell zu unterstützen und damit auch zu realisieren.
Dies ist eine wirkliche Zukunftsaufgabe, der Sie sich
bisher verschlossen haben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Wolfgang Zöller [CDU/ CSU]: Aus guten Gründen!)


– Ja, bei Ihnen bestimmt. Das weiß ich.
Zum differenzierten Bild unserer Volkswirtschaft

gehören auch folgende Punkte: Wir haben moderate
Lohnabschlüsse in diesem Land, eine gesteigerte Pro-
duktivität und geringe Lohnstückkosten. Im Übrigen
sind – obwohl es unseren Unternehmen ja angeblich so
wahnsinnig schlecht geht – höhere Gewinne und Divi-
dendenausschüttungen der im Dax, M-Dax und Tec-Dax
vertretenen und auch anderer Unternehmen zu verzeich-
nen, als es in der Vergangenheit der Fall war. Auch das
ist ein Teil der Realität in unserem Lande, die es zu be-
werten gilt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Hartmut Schauerte [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


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(C (D Herr Staatssekretär, gestatten Sie eine Zwischen rage? D Nein. – Lassen Sie mich ein weiteres Beispiel anfüh en. Die in ökonomischer Hinsicht sicherlich auf nicht ehr starken Füßen stehende Stadt Berlin hat eine Bilanz er IHK veröffentlicht, derzufolge es im Jahre 2004 etto 10 000 Unternehmensneugründungen in Berlin geeben hat. Auch das ist ein Teil der Wahrheit, über die ir zu diskutieren haben. Das alles heißt nicht, dass wir nicht weiterarbeiten üssten und dass wir uns auf dem bis heute erreichten tand ausruhen könnten. Wir jedenfalls werden auch eiterhin alles Mögliche tun, um Arbeitslosigkeit in iesem Lande abzubauen und dafür Sorge zu tragen, ass Unternehmen in diesem Lande einen vernünftigen olitischen und gesetzlichen Rahmen vorfinden, inneralb dessen sie global und international wettbewerbsfäig sind. Dies ist unser Ziel, von dem wir nicht abgehen. abei lassen wir uns schon gar nicht mit ein paar Sprühen von Ihnen übertreffen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1516305500
Dr. Ditmar Staffelt (SPD):
Rede ID: ID1516305600

(Beifall bei der SPD)


Wir werden entsprechende Gespräche führen. Der
undeskanzler hat dies angeboten. Ich denke, das ist
uch sinnvoll, und es wäre gut, wenn von Ihrer Seite
onkrete Vorschläge unterbreitet würden. Kollege
üntefering hat bereits darauf verwiesen, dass vieles
on dem, was Sie für den Pakt für Deutschland zu Papier
ebracht haben, weiß Gott nichts Neues ist.


(Zuruf von der SPD: Ladenhüter!)

m Übrigen äußere ich ausdrücklich Zweifel daran, dass
ie Realisierung dieser Punkte das ganz große wirt-
chaftliche Heil für unser Land bedeuten würde. Das
alte ich für höchst zweifelhaft.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich glaube, dass wir gut beraten sind, die Debatte zu
ersachlichen und uns mit den tatsächlichen Gegeben-
eiten in diesem Lande auseinander zu setzen, die
chwierigen Felder, aber auch die ausgesprochenen
achstumsfelder gegeneinander zu stellen und eine ver-
ünftige Abwägung der möglichen weiteren Schritte ge-
einsam vorzunehmen. Dazu sollte man immer bereit
ein. Das ist eine Frage des kultivierten politischen Dia-
ogs über das wirtschaftliche Szenario in einem Lande.
azu fordere ich Sie ausdrücklich auf.
Ich denke, wir werden in diesem Land bei allen

rognosen, die es gibt, auch in der Zukunft ein Wachs-
um verzeichnen, das geeignet sein wird, in diesem und
m nächsten Jahr Arbeitslosigkeit abzubauen. Das ist je-
enfalls das Ziel, das wir entschlossen verfolgen.
Danke schön.






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Dr. Ditmar Staffelt


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1516305700

Ich erteile dem Kollegen Ronald Pofalla, CDU/CSU-

Fraktion, das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Ronald Pofalla (CDU):
Rede ID: ID1516305800

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auf

die höchste Massenarbeitslosigkeit in Deutschland ant-
wortet die Bundesregierung mit einem Parlamentari-
schen Staatssekretär. Ratloser kann man auf die Lage in
Deutschland überhaupt nicht reagieren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Ein ziemlich mieses Niveau! – Weiterer Zuruf von der SPD: Wie wäre es mit etwas mehr Sachlichkeit?)


Dies ist die dritte Debatte zur wirtschaftlichen Lage in
Deutschland, die wir in diesem Jahr führen. Zum dritten
Mal müssen Sie von Rot und Grün die höchste Arbeits-
losigkeit seit Gründung unseres Landes verantworten.


(Peter Dreßen [SPD]: Sie war schon einmal noch höher, Herr Pofalla!)


Zum dritten Mal hat die Bundesregierung dem Deut-
schen Bundestag keinen einzigen Vorschlag zur Be-
kämpfung der Arbeitslosigkeit vorgelegt. Die Bundes-
regierung ist ideenlos und perspektivlos. Sie kann nicht
einmal mehr Vorschläge in den Deutschen Bundestag
einbringen, wie die Massenarbeitslosigkeit in Deutsch-
land wirksam bekämpft werden kann.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wir haben Ihnen vor fast zwei Monaten eine

konstruktive Zusammenarbeit, einen Pakt für Deutsch-
land, angeboten. Vor über einer Woche haben Angela
Merkel und Edmund Stoiber dieses Angebot wiederholt.
Ich begrüße es daher ausdrücklich, dass der Bundes-
kanzler nach dieser langen Zeit endlich den Weg für ge-
meinsame Gespräche freigemacht hat. Das war überfäl-
lig. Gefreut hat mich in diesem Zusammenhang auch,
dass sich der Bundeskanzler damit – entgegen der Auf-
fassung des SPD-Vorsitzenden – für überparteiliche Ge-
spräche ausgesprochen hat. Herr Müntefering hat diese
Gespräche nicht gewollt. Es ist gut, dass sich der Bun-
deskanzler durchgesetzt hat.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Klar ist: Im Rahmen dieser Gespräche müssen wir zu
Ergebnissen kommen. Belanglose Kaffeerunden reichen
nicht aus. Deshalb müssen bis zum kommenden Don-
nerstag auch Vorschläge aus dem Regierungslager vor-
liegen, wie es weitergehen soll. Ihr destruktives Nein zu
unseren Konzepten reicht nicht aus. Das ist zu wenig.
Ich sage Ihnen voraus: Nächsten Donnerstag werden wir
wieder über einen Großteil der Vorschläge reden, die Sie
im Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit abgelehnt ha-

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(C (D en. Wie wollen Sie den Spagat, dass Sie diese Vorchläge heute ablehnen, dass Sie im Rahmen von überarteilichen Gesprächen in der nächsten Woche aber och wieder über sie reden, vermeiden? Das müssen Sie hren Wählerinnen und Wählern erklären. (Beifall bei der CDU/CSU – Franz Müntefering [SPD]: Danke für Ihre Fürsorge! Ihre Fürsorge ist unendlich!)


Herr Müntefering, vorhin haben Sie die Senkung der
ohnnebenkosten angesprochen und die Auffassung ver-
reten, dass es kein Einsparpotenzial in Höhe von
,5 Prozentpunkten gebe. Es gibt drei große Bereiche
das weiß jeder, der sich mit dem Beitrag zur Arbeits-
osenversicherung befasst –, über die wir reden können
nd in denen ein solches Einsparpotenzial vorhanden ist.
Zunächst zum Aussteuerungsbetrag in Höhe von

,7 Milliarden Euro. Er wird von all denjenigen aufge-
racht, die in die Arbeitslosenversicherung einzahlen.
iese 6,7 Milliarden Euro werden in diesem Jahr nicht
er Bundesagentur für Arbeit zur Verfügung gestellt,
ondern sie werden direkt in den Haushalt der Bundes-
epublik Deutschland gebucht. Über den Aussteuerungs-
etrag und seine Höhe kann und muss geredet werden.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Es gibt eine Reihe gesamtgesellschaftlicher Aufga-
en, die die Bundesagentur für Arbeit wahrnimmt, die
ei ihr unter ordnungspolitischen Gesichtspunkten aber
ichts zu suchen haben,


(Jörg Tauss [SPD]: Beispiele!)

um Beispiel die nachschulische Bildung. Jeder hier im
ause ist der Auffassung, dass Schülerinnen und Schü-
er, die beispielsweise keinen Hauptschulabschluss ha-
en, die Möglichkeit erhalten müssen, diesen zu ma-
hen. Mit der ureigenen Aufgabe der Bundesagentur für
rbeit hat das aber überhaupt nichts zu tun. Das ist eine
esamtgesellschaftliche Aufgabe, die von den dafür zu-
tändigen Stellen, nicht aber von den Beitragszahlerin-
en und Beitragszahlern finanziert werden muss.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Nun zu den Maßnahmen der Bundesagentur für Ar-
eit. Eine ganze Reihe von Maßnahmen, die sie durch-
ührt, ist völlig wirkungslos. Wenn schon Frau Engelen-
efer – ich hätte nie gedacht, dass ich mich auf sie beru-
en kann –


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Das will was heißen!)


ie Auffassung vertritt, die Maßnahmen zu den Perso-
al-Service-Agenturen und zu den Ich-AGs seien völlig
irkungslos, dann kann in diesem Haus mit allen Frak-
ionen über eine Streichung oder eine erhebliche Redu-
ierung dieser Maßnahmen gesprochen werden. Das
äre ein dritter Bereich, über den im Zusammenhang
it der Senkung des Arbeitslosenversicherungsbeitrages
esprochen werden kann.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)







(A) )



(B) )


Ronald Pofalla

Herr Müntefering, wir könnten mit der Senkung des

Arbeitslosenversicherungsbeitrages um 1,5 Prozent-
punkte


(Zuruf von der SPD: Herr Pofalla, woher nehmen Sie 11 Milliarden?)


150 000 neue Arbeitsplätze schaffen. Das wären 150 000
Menschen, die wieder Brot und Arbeit haben, 150 000
Menschen, die wieder Steuern zahlen, und übrigens auch
150 000 Menschen, die die Bundesagentur um rund
2 Milliarden Euro entlasten


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Und nichts mehr kosten!)


und dadurch auch einen Beitrag dazu leisten, dass wir
den Arbeitslosenversicherungsbeitrag jetzt und hier sen-
ken können. Helfen Sie uns dabei, 150 000 neue Arbeits-
plätze zu schaffen! Wehren Sie sich nicht dagegen!


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Alles Luftnummern!)


Geben Sie Ihre innere Blockade auf!

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der FDP)

Wir können den Arbeitsmarkt flexibilisieren. Wir

haben Ihnen vorgeschlagen, das Jugendarbeitsschutzge-
setz, das Betriebsverfassungsgesetz und das Tarifver-
tragsgesetz sinnvoll so zu ändern, dass wieder mehr Dy-
namik im Arbeitsmarkt entsteht, weil der Arbeitsmarkt
völlig überreguliert ist und deshalb dereguliert werden
muss. Diese Vorschläge liegen auf dem Tisch. Wir bieten
Ihnen an, am nächsten Donnerstag über die gesetzliche
Verankerung betrieblicher Bündnisse für Arbeit zu re-
den, weil wir glauben, dass in einer Situation, in der die
Massenarbeitslosigkeit steigt und die Armut in Deutsch-
land zunimmt, dieses Maßnahmenbündel jetzt umgesetzt
werden muss.

In diesem Zusammenhang möchte ich auf den
Armutsbericht der Bundesregierung eingehen. Dem
Armutsbericht der Bundesregierung können Sie entneh-
men,


(Zuruf von der SPD: Bei Ihnen gab es gar keinen!)


dass während Ihrer Regierungszeit, in den vergangenen
sechs Jahren, bedingt durch steigende Arbeitslosigkeit
die Armut von über 2 Millionen Menschen in Deutsch-
land zugenommen hat. Das müsste ein Ansporn für Sie
bei der Bekämpfung der Armut in Deutschland sein.


(Klaus Uwe Benneter [SPD]: Sie haben die immer versteckt!)


Sie müssten zu Reformprozessen bereit sein, zu denen
Sie bisher nicht bereit waren. Helfen Sie den Menschen,
wieder in Arbeit zu kommen! Bekämpfen Sie wirksam
Arbeitslosigkeit und Armut in Deutschland!

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Und bekämpfen Sie nicht die Opposition!)


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(C (D Das Wort hat die Kollegin Thea Dückert, Bündnis 90/ ie Grünen. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Jörg Tauss [SPD])

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1516305900


Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516306000

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

iebe Kolleginnen und Kollegen! Wegen der Kürze der
edezeit möchte ich nur einige Anmerkungen machen.
ie, meine Damen und Herren von der Opposition, ha-
en heute hier einen Antrag vorgelegt, ein Zehnpunkte-
rogramm, einen „Pakt für Deutschland“. Ich verstehe es
ngeheuer gut, dass Ihre Fraktions- und Parteivorsit-
ende hier kein einziges Wort über diesen Antrag verlo-
en hat.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNDEN und der SPD)

arum hat sie darüber kein Wort verloren, meine Da-
en und Herren? Sie hat es nicht getan, weil in diesen
ehn Punkten, die Sie vorschlagen, nichts, aber auch gar
ichts enthalten ist, was tatsächlich die Beschäftigungs-
ituation in Deutschland verbessern würde.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Sie haben das nicht gelesen!)


Es gibt einen einzigen Punkt in Ihrem Vorschlag, über
en zu diskutieren wirklich interessant wäre, nämlich die
enkung der Lohnnebenkosten. Das ist das richtige
iel und die richtige Forderung. Nur ist das, mit Verlaub,
rau Merkel und Herr Pofalla, ein leeres Versprechen;
enn Sie schlagen eine Senkung des Beitrages zur Ar-
eitslosenversicherung um 1,5 Prozentpunkte vor, ohne
inen Vorschlag für die Gegenfinanzierung zu machen.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Das hat sie doch! Sie müssen mal zuhören!)


as ist typisch für die Union. Es ist typisch für Sie, sich
ach eigenen Forderungen vor der Verantwortung zu
rücken.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Denn was bedeutet das, 11 Milliarden? Das ist entwe-
er ein wirklich gigantisches Verschuldungsprogramm
und dann wagen Sie es, bei einem anderen Tagesord-
ungspunkt die Einhaltung der Maastricht-Kriterien ein-
ufordern – oder aber eines der größten Programme, das
ir in Deutschland je gesehen haben, mit dem Men-
chen, die arbeitslos waren und zum Beispiel über Exis-
enzhilfen jetzt Arbeit gefunden haben, oder Menschen,
ie arbeitslos sind und heute in Qualifizierungsmaßnah-
en sind, Hilfestellungen angeboten werden. Der Vor-
chlag, diese Maßnahmen zu streichen, ist gigantisch. Es
etrifft Hunderttausende, die heute Hilfestellung bekom-
en – aus der Arbeitslosenversicherung, in die sie selber
ingezahlt haben. Diese Menschen, Herr Pofalla, haben
in Recht auf Unterstützung, auf Hilfestellung dabei,






(A) )



(B) )


Dr. Thea Dückert

wieder in den Arbeitsmarkt zu kommen. Ich finde es an-
gesichts 5,2 Millionen Arbeitsloser zynisch, eine Sen-
kung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung vorzu-
schlagen, um angeblich 150 000 Arbeitsplätze zu
sichern bzw. zu schaffen. Denn damit müssten gleichzei-
tig Hunderttausenden, die am Rande ihrer Existenz au-
ßerhalb des Arbeitsmarktes stehen, die Maßnahmen ge-
strichen werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Sie haben wieder nicht aufgepasst, Frau Dückert!)


Jugendliche verlassen heute die Schule und wollen
auf den Arbeitsmarkt, Jugendliche, die von unseren
Schulen – und das ist Ländersache, darauf möchte ich
hier auch einmal hinweisen – zum größten Teil mit
Schulabschlüssen entlassen werden, die ihnen nicht hel-
fen, sodass sie nachqualifiziert werden müssen. Wir
müssen uns um diese Jugendlichen kümmern. Es hilft
nichts, Herr Hinsken, dass Sie darauf verweisen, das sei
nicht die Aufgabe der Bundesagentur für Arbeit; das ist
noch kein Finanzierungsvorschlag.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir haben mit Hartz IV den Kommunen und den Ar-
beitsagenturen vor Ort die Instrumente und die Mittel
zur Verfügung gestellt, sich um diese Jugendlichen zu
kümmern. Wir wollen, dass das gemacht wird, und wir
wehren uns dagegen, Herr Pofalla, dass Sie hier Finan-
zierungsvorschläge machen, die genau diese Hilfestel-
lung für die Jugendlichen unmöglich machen.

Lassen Sie mich zum Schluss noch eines sagen, Frau
Merkel.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1516306100

Das muss jetzt aber wirklich sehr knapp sein.


Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516306200

Ganz knapp, ich komme zum Schluss. – Natürlich

müssen wir über weitere Maßnahmen reden; das ist völ-
lig klar. Aber dann reden Sie doch bitte schön auch da-
rüber, welche Hilfestellungen Sie verhindert haben. Ich
meine beispielsweise den Zuverdienst. Was Sie dazu im
Vermittlungsausschuss durchgesetzt haben, ist ein Skan-
dal. Und dann machen Sie sich hier einen schlanken Fuß
und sprechen es hier nie an. Natürlich brauchen wir bes-
sere Zuverdienstmöglichkeiten. Ich hoffe, Sie stellen
sich der Realität und zeigen mehr Ehrlichkeit; dann kann
man über Ihre Vorschläge reden.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1516306300

Das Wort hat nun die Kollegin Petra Pau.

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(C (D Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! ehr als 5 Millionen Frauen und Männer sind arbeitslos. etroffen sind davon noch viel mehr: Kinder wachsen rm auf, Erwachsene werden entwertet, Ältere abgechrieben. Das ist Alltag in einem der reichsten Länder er Welt, erlebbar in Ost und West. Das darf man nicht änger aussitzen, mahnt die CDU-Vorsitzende, Frau erkel. So weit stimmt die PDS im Bundestag mit der DU sogar überein: Das darf man wirklich nicht länger ussitzen. Wir brauchen tief greifende Reformen in der irtschaft, auf dem Arbeitsmarkt, bei den Sozialsysteen, bei Abgaben und Steuern. Die meisten Bürgerinen und Bürger sehen das übrigens ebenso. Sie wundern nd ärgern sich nur, dass es ihnen nach jeder dieser Reormen schlechter geht. Damit komme ich zur CDU/ SU zurück: Ob man sich bewegt, ist das eine – wohin an sich bewegt, das ist das Entscheidende. (Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1516306400

Da sage ich mit Blick auf Ihren „Pakt für Deutsch-
and“: Die Richtung ist falsch, und wer in die falsche
ichtung rast, der wird zum Geisterfahrer und damit zu
iner Gefahr für die Allgemeinheit.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


ir brauchen keinen „Pakt für Deutschland“, jedenfalls
einen, wie ihn CDU und CSU vorschlagen: Alle Ele-
ente, die Sie vorschlagen, wurden bereits getestet und
aben in der Praxis versagt.
Was wir brauchen, ist ein neuer Gesellschaftsver-

rag, ein Gesellschaftsvertrag, der unter neuen Bedin-
ungen trägt: sozial, solidarisch und aktiv. Schauen Sie
ich doch die Belege und Zahlen an: Unser Land ist
icht arm – es ist sogar reich. Arm sind allerdings wach-
ende Teile der Bevölkerung, und das ist ein zunehmen-
er Widerspruch. Unser Land ist auch nicht schwach –
ir sind Exportweltmeister. Schwach ist allerdings der
innenmarkt; das ist der zweite Widerspruch. Und unser
and ist auch nicht krank – es ist agil und dynamisch.
chwach sind allerdings die Sozialsysteme; das ist der
ritte Widerspruch. Auf all diese tatsächlich vorhande-
en Widersprüche geben Sie mit Ihrem „Pakt für
eutschland“ keine Antworten. Im Gegenteil: Sie ver-
chärfen sie noch.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Wir, die PDS im Bundestag, wollen etwas anderes.
ir wollen den Sozialstaat und den Solidargedanken auf
eue Füße stellen, auf Füße, die dem 21. Jahrhundert ge-
äß sind. Das ist der Sinn eines neuen Gesellschaftsver-
ages und deshalb werben wir für eine Agenda Sozial.
Es ist richtig: Jede Zeit birgt Chancen und Risiken.
as ist ein Allgemeinplatz, der auch heute hier mehrfach
iederholt wurde. Konkret wird es, wenn wir nach der
erteilung der Chancen und Risiken in der Gesellschaft
ragen. Da zeigt sich der Unterschied: Sie wollen die
hancen privatisieren und die Risiken vergesellschaften.






(A) )



(B) )


Petra Pau

Deshalb verteilen Sie Steuergeschenke an die Wohlha-
benden und Soziallasten weiterhin an die Armen. Wir
halten es da viel mehr mit der Bibel als die Christlich
Soziale Union, wir stehen nämlich zu dem Solidargebot,
einer trage des anderen Last.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Auch deshalb sind wir für einen neuen Gesellschaftsver-
trag und gegen einen Pakt für Deutschland.

Der Pakt für Deutschland von CDU/CSU ist ein
Zehnpunkteplan. Wir kennen ihn alle. Wir haben ihn im
Bundestag schon einmal debattiert und aus guten Grün-
den mehrheitlich abgelehnt. Neu ist lediglich, dass Sie
diesen Pakt für Deutschland öffentlichkeitswirksam als
Werbebrief an das Bundeskanzleramt schicken. Frau
Merkel, ich habe zwei Vermutungen, weshalb Sie das
tun: erstens, weil in Nordrhein-Westfalen gewählt wird
und die CDU dringend Werbung braucht, und zweitens,
weil Sie vielleicht einen Nebenjob bei der Post AG ha-
ben.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos] – Manfred Grund [CDU/CSU]: Tärä, tärä, tärä!)


Nun haben Bundeskanzler Schröder und später auch
die SPD und die Grünen signalisiert, sie seien gesprächs-
bereit. In der nächsten Woche wird es ein Gipfeltreffen
geben. Ich finde das gar nicht so widersprüchlich, wie
manche das in der öffentlichen Kommentierung zum
Ausdruck gebracht haben; denn mit dem Pakt für
Deutschland widerspricht die CDU/CSU der Agenda 2010
des Kanzlers nicht. Im Gegenteil: Die Agenda wird
durch den Pakt nur ergänzt.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Mit der Agenda, insbesondere mit Hartz IV, wurden die
Arbeitslosen zur Kasse gebeten und den Pakt für
Deutschland werden jene bezahlen, die im Moment noch
Arbeit haben. Die Wirkung der beiden Konzepte ist al-
lerdings dieselbe: Die Reichen werden reicher und die
Armen werden ärmer, der Sozialstaat verarmt weiter und
der Binnenmarkt lahmt.

Deshalb wiederhole ich: Das sind keine Reformen,
das sind Teufelskreise. Diese müssen aktiv durchbro-
chen werden. Dazu brauchen wir ein klares gesellschaft-
liches Leitbild und verlässliche Vereinbarungen. Des-
halb plädiere ich für einen neuen Gesellschaftsvertrag.
Er ist nicht aus dem Ärmel zu schütteln, wenn sich aber
Vernünftige von Links, der Mitte und anderswo zusam-
mentun, dann wird es sich schon lohnen.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1516306500

Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der

Kollege Ludwig Stiegler für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)


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(C (D Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Während er Ölpreiskrise im Jahre 1974 gab es in Deutschland uch eine Auseinandersetzung um Wirtschaft und Bechäftigung. Franz Josef Strauß hat seinen CSU-Freunen damals den Rat gegeben, sich nicht mit den nüchteren Fragen – all das verursache nicht die ahlergebnisse von Morgen –, sondern mit der Emotioalisierung der Bevölkerung, nämlich der Furcht, der ngst und dem düsteren Zukunftsbild sowohl innenals uch außenpolitischer Art, zu befassen. (Michael Glos [CDU/CSU]: Wenn er Ihre Politik sieht, dreht er sich im Grabe um!)

Ludwig Stiegler (SPD):
Rede ID: ID1516306600

r hat Ihnen dann auch gesagt, dass Sie die Auseinan-
ersetzung nur im Grundsätzlichen führen sollen. Zur
aktik sagte er, man müsse nur anklagen und warten,
ber man dürfe keine konkreten Rezepte nennen. Das ist
as Sonthofener Programm der Opposition.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Deshalb hat Michael Glos als alter Straußschüler

(Lachen des Abg. Michael Glos [CDU/CSU])


ußer Stänkereien nichts von sich gegeben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


hr Wahlprogramm und Ihren Pakt für Deutschland hat
r verschwiegen. Das, was Sie als Drucksache vorgelegt
aben, ist nur ein Aufguss. Sie wissen genau: Wenn die
enschen erfahren, was Ihr Paket enthält, dann werden
ie die Annahme verweigern.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Nein, Sie wollen desinformieren und stehen mit der
ahrhaftigkeit auf Kriegsfuß. Wer sich hier hinstellt und
rklärt, wir hätten heute die höchste Arbeitslosigkeit in
er deutschen Nachkriegsgeschichte, der kennt die Zah-
en von 1996, 1997 und 1998 nicht.


(Beifall bei der SPD)

ch gebe Ihnen die Quelle. Lassen Sie sich vom Institut
ür Arbeitsmarkt- und Berufsforschung die Berechnun-
en der stillen Reserve geben. Frau Merkel, ich gebe zu,
ass man Ihnen das vielleicht nicht gesagt hat, sodass
ie mit diesem Eindruck vordergründig arbeiten können.


(Zurufe von der CDU/CSU und der FDP: Oh!)

enn Sie aber jetzt, da Sie die Quelle kennen, trotzdem
eiterhin die Unwahrheit sagen, werde ich Sie der Lüge
ezichtigen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der CDU/CSU)


Die Wahrheit ist: Wenn wir 1997 und 1998 so gezählt
ätten wie heute, dann hätten die Zahlen weit über denen
on heute gelegen. Ich erinnere auch an die Wahlkampf-
BM von 1998, mit denen bis zum 31. Oktober






(A) )



(B) )


Ludwig Stiegler

– danach war Schluss – über 800 000 Menschen be-
schäftigt wurden. Wer jetzt nur anklagt, der heuchelt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Da spricht der Chef der Opposition von morgen!)


Sie wollen im Trüben fischen. Sie wollen nach Strauß
ein Krisenbewusstsein schaffen. Ich sage Ihnen: Wenn
wir der CDU/CSU gefolgt wären und die Hartz-IV-Re-
formen erst zum 1. Juli dieses Jahres in Kraft gesetzt hät-
ten, hätte heute keiner Anlass, die Menschen in Furcht
und Angst zu versetzen. Vielmehr würden wir über sai-
sonale Arbeitslosigkeit reden. Sie sollen den Menschen
nicht Angst, sondern Mut machen, meine Damen und
Herren!


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Kehren Sie zur Wahrhaftigkeit zurück! Wir waren
diejenigen, die zusammen mit Ihnen die Größe der Auf-
gabe statistisch ans Tageslicht geholt haben. Wir werden
uns jetzt an dieser Aufgabe abarbeiten. Es gibt keinen
Grund, der Bevölkerung den Mut zu nehmen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Eine schöne freudsche Leistung: abarbeiten!)


– Die FDP darf nicht einmal mehr mitreden. Herr
Westerwelle, wozu sind Sie eigentlich da?


(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Herr Westerwelle, nicht einmal die CDU/CSU nimmt
Sie mit ins Boot. Frau Merkel hat so ihre Probleme mit
den Männern: Seehofer weg, Schäuble weg, Meyer weg
und jetzt auch Westerwelle weg. Auch er darf nicht.
Meine Güte, sagen Sie mir, wo die Männer geblieben
sind!


(Beifall bei der SPD – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Wo sind denn Ihre Männer auf der Regierungsbank? – Hartmut Schauerte [CDU/ CSU]: Wo sind die Männer?)


– Es ist klar, dass wieder die rheinischen Knaben rufen.
Das hat auch mit Herrn Stoiber zu tun.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Dem Schröder sind die Frauen abgehauen! – Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Alle Minister weg! – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Alle Männer sind weg!)


Wir haben uns mit Ihrem so genannten Pakt auseinan-
der zu setzen, den Sie sich kaum vorzutragen trauen. Sie
wollen schließlich nur allgemein Stimmung machen. Wir
weisen darauf hin – ich will nicht alles wiederholen –,
dass Sie zum Beispiel den betrieblichen Gesundheits-
schutz schleifen und damit die Kosten der Berufsgenos-
senschaft für die Gesundheit erhöhen wollen. Ihr Ver-
such, den betrieblichen Gesundheitsschutz abzuschaffen,
den Jugendarbeitsschutz zu schleifen und die Tagesar-

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(C (D eitszeit bis auf 14 Stunden zu erhöhen, treibt die Lohnebenkosten in die Höhe, statt sie zu senken. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wer wie Sie in diesen Zeiten den Arbeitnehmerinnen
nd Arbeitnehmern die Kraft der Betriebsräte und der
ewerkschaften nehmen will, der macht in Zeiten des
andels die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zum
reiwild. Die brauchen starke Gewerkschaften und
tarke Betriebsräte, damit sie sich behaupten können.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Kein Wort von Ihnen zu den DAX-Unternehmen, die
ette Gewinne einstreichen, Investitionen kürzen und
ntlassungen ankündigen. Früher hieß es, die Gewinne
on heute sind die Arbeitsplätze von morgen. Dann
chreiben Sie Herrn Ackermann hinter die Ohren, dass
ie Arbeitsplätze von morgen auch geschaffen werden
nd nicht eine Eigenkapitalrendite von 25 Prozent auf
osten der Menschen als Beute eingesteckt wird.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das gilt für alle DAX-Unternehmen. Soziale Markt-
irtschaft heißt: Eigentum verpflichtet. Es soll dem
ohle der Allgemeinheit dienen. Wer glaubt, Unterneh-
en seien nur Geldvermehrungsmaschinen für die Ei-
entümer, der versündigt sich an unserer gesellschaft-
ichen Ordnung. Da wäre Ihr Einsatz gefragt, meine
amen und Herren von der Opposition.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Was sagt der Genosse der Bosse?)


Wer wie Herr Ackermann eine Eigenkapitalrendite
on 25 Prozent will, der verabschiedet sich von der Mit-
elstandsförderung. 1 Million Mittelständler würden
erne investieren, wenn die Banken nicht mehr Angst als
aterlands- und Arbeitsplatzliebe hätten. So schaut die
ealität aus. Wo kämpfen Sie, meine Damen und Her-
en? Wo bleiben Sie?


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ie nicken hier höflich. Wer von Ihnen setzt sich mit den
anken auseinander? Die Mittelständler brauchen Hilfe,
icht allgemeine Sprüche über Lohnnebenkosten und an-
eres.


(Zuruf von der CDU/CSU: Sie glauben das auch noch alles!)


Zum Stichwort Lohnnebenkosten ist zu sagen, dass
rau Merkel und auch Herr Pofalla unter die Voodoo-
konomen gegangen sind.


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

s gibt eine Untersuchung des Instituts für Arbeits-
arkt- und Berufsforschung.


(Michael Glos [CDU/CSU]: Der Strauß dreht sich im Grabe um!)







(A) )



(B) )


Ludwig Stiegler

Es hat festgestellt, dass Ihre falsche Finanzierung der
deutschen Einheit die Lohnnebenkosten auf diese Höhe
getrieben hat. Das waren Sie von Schwarz und Blau-
Gelb.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

In dem Zusammenhang hat das Institut gesagt,

150 000 Arbeitsplätze seien pro Beitragspunkt verloren
gegangen. Wer glaubt, 1 Prozentpunkt weniger würde zu
einer Beschäftigungsexplosion führen, der muss einen
festen Irrglauben haben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Das Gegenteil ist der Fall, Herr Pofalla. Wir brauchen
das Geld für die Bundesagentur für Arbeit,


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Gnade!)

damit wir uns um die Jugendlichen kümmern können,
die uns die Kultusminister als nicht Ausbildungsfähige
vor die Tür stellen.


(Lebhafter Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Gnade!)


Den Kultusministern wäre eine Aussteuerungsabgabe
aufzuerlegen. Von den Jugendlichen haben 10 Prozent
eines Jahrgangs keine Ausbildung. Die müssen wir fi-
nanzieren. Deshalb braucht die Bundesagentur für Ar-
beit das Geld. Ihre Forderungen würden den Tod für
viele dieser Maßnahmen bedeuten und den Menschen
den Eintritt in den Arbeitsmarkt verwehren.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Es ist doch nicht Aschermittwoch!)


Sie wollen eine Sanierung auf Kosten des Bundes-
haushalts. Sie sind entweder abgefeimt oder schizo-
phren.


(Heiterkeit bei der SPD)

Einerseits sagen Sie, der Haushalt sei unsolide und
könne keine Schulden mehr vertragen, auf der anderen
Seite sagen Sie, Eichel solle schlankweg 6 Milliarden
Euro lockermachen. So geht es nicht. Sie müssen sich
schon einigen, wohin Sie wollen. Wenn Sie mit uns et-
was erreichen wollen, dann kämpfen Sie mit uns ge-
meinsam dafür, dass wir Maßnahmen der Bundesagentur
für Arbeit durchsetzen. Gehen Sie auf die Arbeitsge-
meinschaften vor Ort zu! Machen Sie Ihren Kommunal-
politikern Beine!

Die sind jetzt mitverantwortlich. Die müssen endlich
etwas tun, um mit den Milliarden, die wir zur Verfügung
gestellt haben, die beschlossenen Maßnahmen umzuset-
zen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der CDU/ CSU – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Gnade! – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Keine Alternative zu unserem Pakt!)


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(C (D Sie wollten doch die Beteiligung der Kommunen. enn der Mund gespitzt wird, dann muss auch gepfiffen erden. Es ist ein Skandal, dass 6,5 Milliarden Euro zur erfügung stehen und nur ein Bruchteil dessen abgeruen und in Maßnahmen umgesetzt worden ist. Ran an die rbeit, statt hier so komische Anträge zu stellen, die die rbeitnehmer zum Freiwild machen würden! (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren, wer sich mit Ihren Vor-
chlägen auseinander setzt, weiß, warum Sie so wenig
onkret werden. Sie wollen nur Schau, Sie wollen nur
nklagen, Sie wollen nur auf einer Wahlkampfwelle rei-
en und nicht einmal Ihren potenziellen Koalitionspart-
er lassen Sie mitreiten. Der arme Kerl ist vom Pferd ge-
allen.


(Heiterkeit bei der SPD)

rau Merkel, Sie sollten ihm wenigstens den Verbands-
asten geben und ein Gespräch ermöglichen, damit er
hnen vorher sagen kann, welche Sorgen er denn hat.
hne Westerwelle – das muss ich Ihnen schon sagen –
äre dieses geplante Gespräch sehr arm.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Finde ich auch! Bravo! – Michael Glos [CDU/CSU]: Der berühmte Stiegler auf dem Nockherberg!)


Also: Lassen Sie uns die Arbeit tun, die jetzt ansteht,
ämlich das Instrumentarium der Agentur für Arbeit nut-
en! Lassen Sie uns dafür kämpfen, dass der Mittelstand
ie Kredite für die Finanzierung bekommt! Lassen Sie
ns den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in die-
en Zeiten des Wandels starke Gewerkschaften sowie
tarke Betriebsrätinnen und Betriebsräte an die Seite
tellen!
Vielen Dank.


(Anhaltender Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1516306700

Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus-

chusses für Wirtschaft und Arbeit auf Drucksache
5/4986 zum Antrag der Fraktion der CDU/CSU mit
em Titel „Pakt für Deutschland“. Der Ausschuss emp-
iehlt, den Antrag auf Drucksache 15/4831 abzulehnen.
er stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer
timmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Die
eschlussempfehlung ist mit der Mehrheit der Koali-
ion angenommen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus-
chuss für Wirtschaft und Arbeit auf Drucksache
5/4985 zum Antrag der FDP-Fraktion mit dem Titel
Wider die Vertrauenskrise – Für eine konsistente und
onstante Wirtschaftspolitik“. Der Ausschuss empfiehlt,






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Norbert Lammert

den Antrag auf Drucksache 15/1589 abzulehnen. Wer
stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt
dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Auch diese
Beschlussempfehlung ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zum Zusatzpunkt 4. Es wird interfrak-
tionell die Überweisung der Vorlage auf Drucksache
15/5019 an die in der Tagesordnung aufgeführten Aus-
schüsse vorgeschlagen. Ich nehme an, dass Sie damit
einverstanden sind. – Es erhebt sich kein Widerspruch.
Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 22 a bis 22 f sowie
den Zusatzpunkt 5 auf:
22 a) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-

gebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur
Änderung des Sprengstoffgesetzes und ande-
rer Vorschriften (3. SprengÄndG)

– Drucksache 15/5002 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit

b) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umset-
zung der Richtlinie 2003/71/EG des Europäi-
schen Parlaments und des Rates vom
4. November 2003 betreffend den Prospekt,
der beim öffentlichen Angebot von Wertpapie-
ren oder bei deren Zulassung zum Handel zu
veröffentlichen ist, und zur Änderung der

(ProspektrichtlinieUmsetzungsgesetz)

– Drucksache 15/4999 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit

c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Michael
Kauch, Daniel Bahr (Münster), Detlef Parr, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Nachhaltige Entwicklung im demographi-
schen Wandel fördern – Potenziale des Alters
nutzen
– Drucksache 15/3538 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)

Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

d) Beratung des Antrags der Abgeordneten Cornelia
Pieper, Ulrike Flach, Hellmut Königshaus, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Implementierung eines wirksamen Tsunami-
Frühwarnsystems für den Indischen Ozean
unter Einbeziehung des deutschen For-
schungsnetzwerkes
– Drucksache 15/4854 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)


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(C (D Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuss für Tourismus e)

Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des
Bundesbesoldungsgesetzes
– Drucksache 15/4115 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Rechtsausschuss
Verteidigungsausschuss

f) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Max
Stadler, Rainer Funke, Ernst Burgbacher, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Für ein modernes Berufsbeamtentum
– Drucksache 15/4560 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung

P 5 Beratung des Antrags der Abgeordneten Ina
Lenke, Dr. Karl Addicks, Dr. Heinrich L. Kolb,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Schwangerschaftsabbruch nach Pränataldia-
gnostik – Verantwortungsvolle Regelungen
und Maßnahmen treffen
– Drucksache 15/5034 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung

Es handelt sich um Überweisungen im vereinfachten
erfahren ohne Debatte.
Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlagen an

ie in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zu
berweisen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der
all. Dann ist die Überweisung so beschlossen.
Wir kommen zu den Tagesordnungspunkten 23 a bis

3 c. Es handelt sich um die Beschlussbefassung zu Vor-
agen, zu denen keine Aussprache vorgesehen ist.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 23 a auf:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten
Gesetzes zur Änderung des Öko-Landbauge-
setzes
– Drucksache 15/4735 –

(Erste Beratung 157. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Verbraucherschutz, Ernährung und Land-
wirtschaft (10. Ausschuss)

– Drucksache 15/4951 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Gustav Herzog






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Norbert Lammert

Marlene Mortler
Friedrich Ostendorff
Dr. Christel Happach-Kasan

Der Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft empfiehlt in seiner Beschlussempfeh-
lung auf Drucksache 15/4951, den Gesetzentwurf in der
Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die
dem Gesetzentwurf in dieser Fassung zustimmen wol-
len, um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Wer
enthält sich der Stimme? – Der Gesetzentwurf ist damit
in zweiter Beratung einstimmig angenommen.

Wir kommen zur
dritten Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich von ihren Plätzen
zu erheben. – Wer ist dagegen? – Gibt es Enthal-
tungen? – Dann ist der Gesetzentwurf einstimmig ange-
nommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über Beschluss-
empfehlungen des Petitionsausschusses.

Tagesordnungspunkt 23 b:
Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)

Sammelübersicht 190 zu Petitionen
– Drucksache 15/4940 –

Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Wer ent-
hält sich? – Die Sammelübersicht 190 ist mit auskömm-
licher Mehrheit beschlossen.

Tagesordnungspunkt 23 c:
Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)

Sammelübersicht 191 zu Petitionen
– Drucksache 15/4941 –

Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Wer ent-
hält sich der Stimme? – Die Sammelübersicht 191 ist
einstimmig angenommen.

Ich rufe nun den Zusatzpunkt 6 auf:
Aktuelle Stunde
auf Verlangen der Fraktion der SPD
Haltung der Bundesregierung zu den durch
Überschüsse möglichen Beitragssenkungen in
der gesetzlichen Krankenversicherung

Zunächst erteile ich für die Bundesregierung das Wort
der Bundesministerin Ulla Schmidt.


(Beifall bei der SPD)

Ulla Schmidt, Bundesministerin für Gesundheit und

Soziale Sicherung:
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wer lange Zeit Verantwortung im deutschen Gesund-
heitswesen trägt, der ist einiges gewohnt und wundert

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(C (D ich daher so schnell nicht mehr. Gestatten Sie mir denoch, dass ich meiner Verwunderung über das Ausdruck ebe, was sich in den letzten zwei Wochen im Gesundeitswesen abgespielt hat. Ich darf vorab sagen, dass ich mich über das vorläu ige Schätzergebnis der Jahresrechnung 2004 gefreut abe. Die Krankenkassen haben einen Überschuss in öhe von 4,022 Milliarden Euro erwirtschaftet. Das ist in Grund zur Freude; denn das zeigt, dass es uns mit en Reformmaßnahmen, die wir gemeinsam auf den eg gebracht haben, gelungen ist, das bestehende Sys em zu reformieren und die Krankenkassen wieder auf esunde Füße zu stellen. Die erwirtschafteten Überschüsse entsprechen mit ei em Volumen in Höhe von insgesamt 9 bis 10 Milliaren Euro exakt dem, was von meinen Mitarbeiterinnen nd Mitarbeitern aufgrund der im letzten Jahr auf den eg gebrachten Neuerungen – Einsparungen, Umfinanierungen und Ausschluss von Leistungen – berechnet nd prognostiziert worden ist. Was uns etwas Wasser in en Wein gegossen hat, ist die schlechte Einkommensntwicklung. Sie war nicht so, wie sie von den Wirtchaftsinstituten prognostiziert wurde. Deshalb konnten nsgesamt Beitragssatzsenkungen nicht in dem Umfang orgenommen werden, wie wir es alle gewünscht hätten nd berechnet hatten. Wenn ich mir aber anschaue, wie sich die Kassen nun erhalten, nachdem das Finanzergebnis für das Jahr 004 vorliegt, komme ich zu dem Schluss, dass hier ein mdenkungsprozess stattfinden muss. Seit über einem ahr vernehmen wir von den Kassen Monat für Monat, ass die erwirtschafteten Überschüsse vielleicht doch icht so hoch sind, wie sie sein sollten, dass es im nächsen Monat vielleicht nicht mehr so sein wird, wie es im ergangenen Monat war, und dass die Einsparungen im ächsten Quartal vielleicht nicht so hoch sein werden ie im vorangegangenen Quartal. So ging es nicht nur m ersten und zweiten, sondern auch im dritten und vieren Quartal. Nun liegen die Fakten und der Jahresabchlussbericht 2004 vor. Danach sind über 4 Milliarden uro Überschüsse erwirtschaftet worden. Laut Gesetz ollen die Krankenkassen ein Viertel ihrer Schulden abauen und den Rest in Form von Beitragssatzsenkungen n ihre Versicherten weitergeben. Ich glaube, dass es uner gemeinsames Anliegen sein muss, heute deutlich zu achen, dass wir erwarten, dass die Versicherten entlaset werden. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Zustimmung bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)


Im vergangenen Jahr, das vor allen Dingen der Fi-
anzkonsolidierung der Kassen gedient hat und in dem
as, was wir an Strukturveränderungen beschlossen ha-
en, erst beginnen konnte zu wirken, haben vor allen
ingen die Versicherten durch höhere Zuzahlungen, die
raxisgebühr und auch einen Ausschluss von Leistungen
azu beigetragen, dass dieses Ergebnis erzielt wurde.


(Zuruf von der FDP: Die Betriebsrentner!)







(A) )



(B) )


Bundesministerin Ulla Schmidt

Die Versicherten haben einen Anspruch darauf, dass sie
auf der anderen Seite durch Beitragssatzsenkungen ent-
lastet werden. Wir werden alles tun, um hier unseren
Druck aufrechtzuerhalten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die gesetzlichen Krankenkassen und auch die Selbst-
verwaltung – Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die Mitver-
antwortung tragen für die Organisation der Krankenkas-
sen, für ihre Aufgaben, aber auch für die Entscheidung,
ob es Beitragssatzsenkungen gibt und wie der Schul-
denabbau erfolgt – verkennen, dass sie mit ihrem öffent-
lichen Handeln seit Monaten den großen Vertrauensvor-
schuss der Versicherten und das Vertrauen in die
gesetzliche Krankenversicherung verspielen.

Man darf nicht vergessen – das werden viele, die an
den Diskussionen im letzten Jahr beteiligt waren, wissen –,
dass die Menschen die Veränderungen – wenn auch nicht
zu bejubeln, aber doch – zu akzeptieren beginnen, dass
viele einsehen, dass wir Veränderungen brauchten, weil
eine kranke Krankenversicherung keinem kranken Men-
schen nutzt, der darauf vertrauen muss, dass die Kran-
kenkassen in der Lage sind, seine Behandlung zu finan-
zieren. Es nützt auch niemandem, wenn sich
Krankenkassen immer weiter verschulden und nachher
immer mehr Beiträge gezahlt werden müssen, damit die
Schulden abgebaut werden können. Die Menschen be-
ginnen dies zu akzeptieren. Wer in dieser Situation nicht
das an die Versicherten zurückgibt, was ihnen zusteht,
der gefährdet den Weg, den wir gehen und auf dem die
Versicherten durch mehr Bewusstsein für ihre Eigenver-
antwortung im Gesundheitswesen dazu beitragen wol-
len, dass auf Dauer eine gute und gesunde Gesundheits-
versorgung finanziert und organisiert werden kann.


(Beifall bei der SPD)

Hinzu kommen die Veröffentlichungen darüber, dass

man in manchen Krankenkassen bei der Anhebung der
Vorstandsbezüge nicht so zögerlich gewesen ist wie bei
den Beitragssatzsenkungen. Ich habe nichts dagegen,
dass Vorstände von Krankenkassen gut bezahlt werden,
wenn sie gute Arbeit leisten,


(Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 10 Prozent Steigerung brauchen die aber nicht!)


wenn sie die Krankenkassen so organisieren, dass die
Versicherten im Mittelpunkt der Versorgung stehen,
wenn sie mit den Krankenhäusern, mit den Ärzten und
anderen Leistungserbringern gute Verträge aushandeln
und wenn sie dafür sorgen, dass jeder Euro in diesem
System genau dahin kommt, wo er den kranken Men-
schen nutzt, und alles, was überflüssig oder von schlech-
ter Qualität ist, im Gesundheitswesen auf Dauer vermie-
den wird. Nur so bleibt es bezahlbar.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Es geht aber nicht, in Zeiten, in denen auf der einen
Seite eine hohe Verschuldung abzubauen ist und in de-
nen gezögert wird, den Versicherten durch Beitragssatz-

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(C (D enkungen das zurückzugeben, was sie an Eigenleistunen und Zuzahlungen erbracht haben, auf der anderen eite die Vorstandsgehälter zu erhöhen, wie es in einzelen Krankenkassen geschehen ist. Da müssen wir ganz lar sagen: So etwas geht nicht. Das kann nicht sein. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich halte es auch für wirklich schändlich, wenn man
rgumentiert, dass jemand drei Vorstandsgehälter brau-
he, weil er insgesamt drei Kassen vorstehe, die insge-
amt 221 000 Mitglieder betreuen. Wir müssen darüber
eden, was gemacht werden kann. Ich hoffe, die Selbst-
erwaltung löst diese Probleme, wie es ihre Aufgabe ist.
enn das nicht geschieht, müssen wir darüber nachden-
en, ob man gesetzlich andere Wege gehen kann.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Beitragssatzsen-

ungen sind notwendig. Sie müssen jetzt auf den Weg
ebracht werden. Jetzt sind die Krankenkassen in der
flicht, die Strukturveränderungen auf den Weg zu brin-
en, die wir mit der Reform ermöglicht haben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Auf der einen Seite die Versicherten mit Zuzahlungen

u belasten, auf der anderen Seite aber in den Fragen der
ausarztmodelle, der integrierten Versorgung, der besse-
en Versorgung über Chronikerprogramme, einer besse-
en Organisation der Zusammenarbeit und auch einer
esseren Struktur der Arzneimittelversorgung – damit
eder das bekommt, was er braucht, aber zu wirtschaftli-
hen Bedingungen – zögerlich zu handeln und immer zu
ordern, da solle der Staat die nächsten Gesetze verab-
chieden, das geht nicht. Managergehälter erfordern Ma-
agerqualitäten. Dann wird auch niemand darüber reden,
as eigentlich verdient wird; vielmehr wird man dann
agen: Das hat sich so gelohnt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich sage zum Schluss: Lassen Sie uns gemeinsam da-
an weiterarbeiten, dass wir hier nach vorne kommen!
ie Reform hat gezeigt, dass wir in der Lage sind, das
estehende System wieder auf eine gesunde finanzielle
asis zu stellen. Wir erwarten jetzt aber, dass die Ak-
eure, die vom Gesetzgeber die Möglichkeiten bekom-
en haben, die Sache in die Hand nehmen und nach
orne gehen. Ich erwarte, dass die Arbeitgeber nicht län-
er sagen: Das ist alles zu wenig, wir wollen weniger
eiträge zahlen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wer senkt denn die Beiträge?)


ch erwarte, dass die Arbeitnehmerseite nicht immer
agt: Wir belasten die Versicherten zu viel, wir wollen
iedrigere Beiträge. Ich erwarte, dass die Beteiligten da,
o sie entscheiden und wo sie handeln können, dies
uch tun.
Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Thema verfehlt!)







(A) )



(B) )



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1516306800

Das Wort hat nun der Kollege Wolfgang Zöller, CDU/

CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Wolfgang Zöller (CSU):
Rede ID: ID1516306900

Grüß Gott, Herr Präsident, liebe Kolleginnen und

Kollegen! Lassen Sie mich mit zwei Feststellungen be-
ginnen:

Erstens. Die positive Entwicklung der Finanzlage in
der gesetzlichen Krankenversicherung ist erfreulich. Das
heißt, das vorgesehene Einsparvolumen wird durch die
gemeinsame Reform erreicht.

Zweitens. Den entscheidenden Beitrag zu diesem Er-
folg haben aber fast ausschließlich die Versicherten, die
Patienten und ganz besonders die Rentner durch die er-
höhten Beiträge geleistet.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Das müssen wir bei aller Diskussion mit bedenken.
Nachdem die Patienten und Versicherten ihren Anteil

beigetragen haben, sind jetzt die Kassen gefordert – wir
fordern sie dazu auch auf –, ihrer Verantwortung endlich
gerecht zu werden und die Beiträge zu senken.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Die Beiträge müssen schon von Gesetzes wegen ge-
senkt werden. Jeder, der das Gesetz genau kennt, braucht
nur in § 220 SGB V nachzuschauen. Da heißt es, dass
sich der Großteil der durch das GMG erzielten Entlas-
tungen voll auf die Höhe der Beitragssätze auswirken
muss und nicht für Rücklagen oder für Schuldenabbau
verwendet werden darf. Dabei handelt es sich im Einzel-
nen um die Leistungseinschränkungen bei Sterilisation,
künstlicher Befruchtung, Sehhilfen, nicht verschrei-
bungspflichtigen Arzneimitteln, ferner um die Entlastun-
gen durch Streichung des Sterbegeldes und des Entbin-
dungsgeldes sowie durch die versicherungsfremden
Leistungen, die steuerfinanziert werden.

Die übrigen Einsparungen, die durch Einnahmever-
besserungen oder durch Ausgabenminderungen erzielt
wurden, müssen – auch dies steht so im Gesetz – min-
destens zur Hälfte zur Senkung der Beitragssätze
verwendet werden. In der Begründung heißt es, der Ge-
setzgeber sei davon ausgegangen, dass die Aufsichtsbe-
hörden die Einhaltung dieser Vorschrift besonders sorg-
fältig überwachen würden. Das ist offenbar nicht der
Fall.

Dass die Beiträge trotz der Überschüsse in der gesetz-
lichen Krankenversicherung nicht in ausreichendem
Maße gesenkt werden, ist aus meiner Sicht auf ein drei-
faches Versagen von Bundesregierung, Aufsichtsbehör-
den und Krankenkassenvorständen zurückzuführen.
Noch während der Konsensverhandlungen im Som-
mer 2003 ist uns seitens der Bundesregierung eine Ver-
schuldung der Krankenkassen in Höhe von rund
4 Milliarden Euro mitgeteilt worden. Heute wissen wir,

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(C (D ass die Verschuldung bei 8 Milliarden Euro oder sogar och höher lag. Dazu hätte es niemals kommen dürfen. Die Ursachen iegen zum einen in der, wie ich meine, nach wie vor falchen Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung, gekopelt mit ständig zu optimistischen Prognosen bei Berechungen. Es handelt sich zum anderen aber auch um ein Versa en vieler Krankenkassenvorstände, die im Wettbewerb it günstigen Beitragssätzen glänzen wollten oder evenuell auch vor den Bundestagswahlen keine Beiträge eröhen wollten und deshalb lieber Schulden angehäuft aben. Letztendlich handelt es sich auch um ein Versagen der uständigen Aufsichtsbehörden, (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Sehr gut!)


(Zuruf von der FDP: Höher!)


(Beifall bei der CDU/CSU)

ie dieses rechtswidrige Verhalten vieler Krankenkassen
ntweder nicht bemerkt oder nicht geahndet haben.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


adurch ist ein gewaltiger Schaden für das Ansehen und
ie Vertrauenswürdigkeit der Krankenkassen eingetre-
en.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner)


Wenn sich jetzt Krankenkassenvorstände für diese so
enannte Meisterleistung eine saftige Gehaltserhöhung
enehmigen, dann ist diese – das sage ich ganz klar – aus
einer Sicht erstens unverdient, zweitens unverständlich
nd drittens sogar auch unmoralisch.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ch appelliere deshalb an die Verwaltungsräte der Kran-
enkassen, in denen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ver-
reten sind – auch diese müssen ihrer Aufsichtspflicht
ndlich nachkommen –, und die Aufsichtsbehörden,
iese Maßnahmen noch einmal zu überprüfen. Überle-
en Sie sich einmal: Wie will ein Kassenvorstand in Ge-
prächen mit Leistungserbringern Honorarsteigerungen
o weit wie möglich verhindern und gegenüber den Ver-
icherten Leistungseinschränkungen vertreten, wenn er
ich gleichzeitig sein Gehalt deutlich erhöht? Das passt
infach nicht zusammen. Das ist ein falsches Signal und
erstört Vertrauen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich fordere
ie Bundesregierung auf, alles zu tun, damit die gesetzli-
hen Auflagen und Vorgaben für eine Beitragssatzsen-
ung beachtet werden. Man sollte auch die Länder an






(A) )



(B) )


Wolfgang Zöller

ihre Aufsichtspflicht erinnern. Auch sie müssen ihrer
Aufsichtspflicht nachkommen. Da die Regierung in letz-
ter Zeit häufig mit den Ländern gemeinsam Gesetzent-
würfe gestaltet, sollten beide entsprechende Gesprächs-
runden vielleicht auch dazu nutzen, um gemeinsam
dafür zu sorgen, dass sich die Aufsichtsbehörden bewe-
gen.


(Gudrun Schaich-Walch [SPD]: Schicken Sie uns jetzt in Urlaub?)


Mein letzter Satz: Wenn dies nicht geschieht, steht die
Akzeptanz von Reformmaßnahmen bei den Versicherten
auf dem Spiel. Dies wäre dann auch ein Schaden für den
Standort Deutschland.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516307000

Das Wort hat die Kollegin Petra Selg, Bündnis 90/Die

Grünen.

Petra Selg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516307100

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolle-

ginnen und Kollegen! Auch ich habe das GKV-Moderni-
sierungsgesetz damals mitverhandelt. Wie schon gesagt
wurde: Wir haben bei dieser Reform den Menschen ver-
dammt viel zugemutet.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Mitgefangen, mitgehangen!)


– Das spielt keine Rolle; ich habe da gerne mitgemacht
und lasse mich dafür auch gerne in die Verantwortung
nehmen. – All diese Zumutungen geschahen vor dem
Hintergrund, dass die Lohnnebenkosten nicht steigen
sollten und dass dadurch wieder neue Arbeitsplätze ent-
stehen. Wir haben den Menschen immer gesagt, auch sie
hätten etwas davon, weil von niedrigen Kassenbeiträgen
nicht nur die Arbeitgeber, sondern auch sie als Arbeit-
nehmer etwas hätten.


(Zuruf des Abg. Detlef Parr [FDP])

Den größten Posten bei den Lohnnebenkosten, die in den
letzten Jahren von 30 Prozent auf über 45 Prozent gestie-
gen sind, machen nämlich die Sozialabgaben aus. Wir
hatten es den Menschen versprochen, dass, wenn wir den
Krankenkassen zu mehr Einnahmen verhelfen, die Bei-
träge entsprechend sinken können. Jetzt komme ich mir
irgendwie verlogen vor, aber nicht, weil ich etwas Fal-
sches versprochen hätte, auch nicht, weil wir politisch
falsch entschieden hätten; denn das, was wir politisch
zusammen beschlossen haben, außer mit den Kollegin-
nen und Kollegen von der FDP natürlich, wirkt.


(Detlef Parr [FDP]: Trugschlüsse!)

Die Einnahmen der Krankenkassen sind gestiegen. Bei
den Verhandlungen wussten wir natürlich auch, dass es
Schulden gibt. Wir haben den Krankenkassen deshalb
gesagt, dass wir es akzeptieren, wenn ein Teil der Über-
schüsse in die Schuldentilgung fließt.

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(C (D Jetzt ist aber die Arbeitslosigkeit auf einem Niveau, ie wir es uns niemals gewünscht hätten, und die Einahmen sind nicht so hoch, wie wir sie uns gewünscht aben. Wenn ich diese Zusammenhänge den Menschen rkläre, verstehen sie sie ja auch. Was ich aber gar nicht erstehe und was mich tierisch wütend macht, ist, dass ich einige Vorstände der Kassen Lohnsteigerungen bis u 20 Prozent genehmigt haben. In Baden-Württemberg aben sich die Vorstände der dortigen AOK – ich nenne ie jetzt einfach einmal beim Namen –, die hoch verchuldet ist, sogar eine Gehaltserhöhung von 24 Prozent enehmigt. Ich finde so etwas unglaublich. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Doch hierfür haben nicht wir in der Politik die Wei-
hen gestellt – Herr Zöller hat es vollkommen richtig ge-
agt –, sondern dies haben die Verwaltungsräte der Kas-
en entschieden.


(Detlef Parr [FDP]: Ersatzkassen sind gar nicht betroffen!)


n diesen sitzen sowohl Vertreter der Arbeitnehmer als
uch der Arbeitgeber. In einem Flyer zur zehnten Sozial-
ahl einer Kasse hieß es – ich darf hier zitieren –: Es
ibt nichts Gutes, außer man tut es. Dort wird herausge-
tellt, dass in ihrem Verwaltungsrat demokratische Mit-
lieder der Solidargemeinschaft säßen, die Ausdruck un-
erer Gesellschaft seien und aktiv die Interessen der
ürgerinnen und Bürger verträten. Es heißt dort weiter-
in: Wir haben die neuen Chancen des GKV-Moderni-
ierungsgesetzes unverzüglich genutzt. –: Jetzt frage ich
ich nur: Wo? –: Sie fordern von uns deshalb: So viel
elbstverwaltung wie möglich, so viel Staat wie nötig.
Ich habe kein Interesse daran, alles immer staatlich zu

egeln,

(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Das ist ja mal was Neues bei den Grünen!)

nd fordere deshalb die Selbstverwaltungspartner, auch
ieser Kasse, auf, endlich das zu tun, was sie mit uns zu-
ammen verhandelt und was sie versprochen haben: Sen-
en Sie die Beiträge für die Bürgerinnen und Bürger!
Danke.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516307200

Nächster Redner ist der Kollege Detlef Parr, FDP-

raktion.

Detlef Parr (FDP):
Rede ID: ID1516307300

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Blauer
immel über Berlin – ungetrübter Sonnenschein auch
ber unserem Gesundheitswesen?


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Und über der Koalition!)


nd, wenn denn schon, zu welchem Preis? Die fiskali-
chen Erfolge wurden zum großen Teil auf dem Rücken






(A) )



(B) )


Detlef Parr

der Versicherten erwirtschaftet, ohne diesen annähernd
Entlastungen geboten zu haben. Die Beiträge sinken
nicht in dem Maße, in dem es mit dem GMG leichtfertig
versprochen worden war. Wir sind bei 14,19 Prozent
durchschnittlichem Beitragssatz und sollten eigentlich
bei 13,6 Prozent sein. Das Ziel, die Versicherten zwar
mit höheren Zuzahlungen zu belasten, diese aber durch
niedrigere Beiträge zu kompensieren, ist weit, weit ver-
fehlt. Hinsichtlich der sozialen Balance, die Herr
Seehofer – er steht dort drüben – in den Konsensgesprä-
chen immer wieder eingefordert hat, Fehlanzeige.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Die Rentner haben ohne jeden Vertrauensschutz seit

Anfang des Jahres 2004 massive Nettorentenkürzungen
durch die volle Verbeitragung der Versorgungsbezüge
und die Zahlung des Pflegeversicherungsbeitrages zu
verkraften. Alle Versicherten haben die erhöhten Zuzah-
lungen sowie die Praxisgebühr zu schultern. Die fast
völlige Ausgrenzung der OTC-Präparate aus der Erstat-
tung ohne jede soziale Abfederung


(Petra Selg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bei Ihnen wäre es ja noch schlimmer! Alles nach dem Kostenerstattungsprinzip! Vielen Dank!)


bereitet mir und hoffentlich auch Ihnen, Frau Ministerin,
ernsthafte Bauchschmerzen. Viele chronisch Kranke,
Frau Selg, aber auch einfach ältere Menschen, deren
Nachfrage nach diesen Medikamenten nicht über die
Ausnahmeliste des Bundesausschusses berücksichtigt
wird, leiden täglich darunter.

Schauen wir in die Heime. Unsere Heimbewohner
müssen meist von einem sehr mageren Taschengeld für
die Zuzahlungen bis zur Obergrenze und für ihre be-
währten Salben und Mittel zum Teil selbst aufkommen.
Dies zu korrigieren wäre Ihre erste soziale Pflicht, Frau
Ministerin.


(Petra Selg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn Sie so gute Vorschläge haben, warum sind Sie dann aus den Verhandlungen ausgestiegen?)


Stattdessen wollen Sie flugs die Gunst der Stunde nut-
zen, Ihr im Sommer 2003 leichtfertig gegebenes Ver-
sprechen, im Gegenzug die Beiträge zu senken, einzulö-
sen. Welch eine Heuchelei!


(Beifall bei der FDP)

Erst zwingen Sie die Kassen aus wahltaktischen Grün-
den über Jahre zu Beitragssatzstabilität und nehmen au-
genzwinkernd eine drastisch steigende Verschuldung in
Kauf. 8 Milliarden Euro!


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Mehr!)

Jetzt wollen Sie den Schuldenabbau stoppen, nachdem
die Kassen dem Vernehmen nach gerade bei
5 Milliarden Euro gelandet sind. Dabei fehlen für lang-
fristige Beitragssenkungen jegliche Spielräume, vor al-
lem mit Blick auf das, was die Kassen in den nächsten
Monaten noch erwartet:

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(C (D Nach Auskunft aller Fachleute werden die sicherlich rfreulichen Einsparungen im Arzneimittelbereich 2005 o nicht anhalten, wie man alleine mit Blick auf den reuzierten Arzneimittelrabatt und die Fehleinschätzungen m Bereich der Festbeträge feststellen kann. Die finanziellen Auswirkungen von Hartz IV auf die rankenkassen sind nicht kalkulierbar. Wir müssen zusätzlich befürchten, dass bei dieser Re ierungspolitik die Arbeitslosigkeit eher steigt als sinkt. Auch die Einspareffekte durch die so genannten Qua itätsverbesserungen im Versorgungsbereich – ich nenne eispielhaft die DMPs, die Disease-Management-Proramme, und die integrierten Versorgungsprogramme – assen rein fiskalisch weiter auf sich warten. In dem größten Kostenbereich, dem der Krankenhaus ehandlung, sehen wir eine Steigerung von 1,5 Prozent ür das Jahr 2004. Wir wissen alle, dass medizinischer ortschritt unser Gesundheitswesen weiter verteuern ird. Zum 1. Juli werden die Versicherten durch den Son erbeitrag für Krankengeld und Zahnersatz zusätzlich elastet. Sollte dies durch eine geringfügige Beitragsatzsenkung abgefedert werden können, wäre das schon in Erfolg. Bei diesen Perspektiven ist es nicht verwunderlich, ass die Kassen zögerlich mit Beitragssatzsenkungen mgehen. Sie haben kein Vertrauen in die weitere Enticklung. Ich erinnere daran: Wir als FDP haben im ommer 2003 dem Kompromiss zur Gesundheitsreform icht zugestimmt. (Peter Dreßen [SPD]: Sie haben alles privatisiert!)


ir waren davon überzeugt, dass das erarbeitete Finanz-
ableau eine geschönte Rechnung war.


(Beifall bei der FDP – Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Das hat sich jetzt bestätigt!)


as zeigt sich heute: Die Gegenfinanzierung der versi-
herungsfremden Leistungen durch eine Erhöhung der
abaksteuer funktioniert eben nicht.


(Beifall bei der FDP)

us unseren Reihen wird zu Recht die Frage gestellt,
ie es mit dem Bundeszuschuss zukünftig aussehen soll.
Hätten wir den Arbeitgeberanteil auf einem vernünfti-

en Niveau eingefroren, Frau Selg, hätten wir heute
chon Arbeitsmarkteffekte durch die Entlastung der
ohnnebenkosten.


(Petra Selg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Quatsch!)


ätten wir den Zahnersatz gänzlich aus der GKV ge-
ommen und ihn in die private Absicherung gegeben,
ann hätten wir schon einen ersten Schritt in die Kapital-
ecklung getan.

(Beifall bei der FDP – Petra Selg [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Zu welchen Preisen?)







(A) )



(B) )


Detlef Parr

Hätten wir den Verschiebebahnhof zulasten der GKV

beendet, wäre die Einnahmesituation auch wesentlich
besser. Hätten wir die Budgetierung in allen Bereichen
konsequent abgeschafft, dann wären die Patienten von
Rationierungen verschont geblieben.


(Widerspruch des Abg. Peter Dreßen [SPD])

Hätten wir die Bürokratie ab- anstatt aufgebaut, dann
stünde mehr Geld für die medizinische Versorgung oder
für Beitragssatzsenkungen zur Verfügung.


(Beifall bei der FDP)

Hätten wir den Wettbewerb der Krankenkassen durch

Begrenzung des Pflichtleistungskatalogs gestärkt und
damit den Kassen die Möglichkeit gegeben, diese Leis-
tungen fakultativ anzubieten, wäre viel Bewegung in die
Versicherungs- und Versorgungslandschaft gekommen
mit individuell zugeschnittenen Angeboten.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516307400

Herr Kollege, würden Sie bitte zum Ende kommen.

Detlef Parr (FDP):
Rede ID: ID1516307500

Ich komme zum Schluss.
Von alledem ist nichts zu sehen. Stattdessen: Rin in

die Kartoffeln, raus aus die Kartoffeln; mal Zügel an,
mal Zügel los. Deswegen stottert der Reformmotor. Sie
sind dabei, ihn gänzlich abzuwürgen. Geben Sie lieber
mit uns Gas auf der Fahrt in ein unbürokratisches, frei-
heitliches Gesundheitssystem


(Peter Dreßen [SPD]: Das wäre der Gipfel!)

mit echter Eigenverantwortung, mehr Wahlfreiheiten,
fairem Wettbewerb und mehr Transparenz auf einem
beispiellosen Wachstumsfeld.

Danke.

(Beifall bei der FDP – Petra Selg [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Oje, oje, oje!)


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516307600

Das Wort hat die Kollegin Gudrun Schaich-Walch,

SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)



Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1516307700

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-

gen! Herr Parr, das Thema, über das wir hier reden, ist
sehr ernst.


(Detlef Parr [FDP]: Das ist wohl wahr!)

Der Schluss Ihrer Rede hat mich aber mehr an eine Büt-
tenrede erinnert.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Unverschämtheit!)


Ich finde es unglaublich, in diesem Zusammenhang
von „Rin in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln“ zu
reden.


(Detlef Parr [FDP]: Das ist so!)


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(C (D ir haben mit den Kollegen der CDU/CSU-Fraktion ein angfristiges Sanierungskonzept für die gesetzliche rankenversicherung erarbeitet. (Detlef Parr [FDP]: Bergund Talfahrt der Beiträge, wenn Sie so verfahren!)


ir haben im Hinterkopf die Situation auf dem Arbeits-
arkt gehabt.


(Detlef Parr [FDP]: Das trägt doch nicht!)

ir haben deshalb den Menschen viel zugemutet und
uch deswegen, weil wir die sozialen Sicherungssysteme
rhalten wollen.


(Detlef Parr [FDP]: Falsches versprochen!)

Unsere Erfolgsbilanz weist einen Überschuss in Höhe

on 4 Milliarden Euro aus. Wir haben bestimmte Verän-
erungen struktureller Art, die die Ministerin schon er-
ähnt hat, in Angriff genommen. Wir wünschen uns na-
ürlich alle sehr, dass die Selbstverwaltung in dieser
insicht etwas schneller handeln würde und dass sie sich
ntensiver mit diesen Veränderungen und weniger inten-
iv mit der Frage, wie die Einkommen der Krankenkas-
envorstände gesteigert werden können, auseinander set-
en würde.


(Beifall der Abg. Erika Lotz [SPD])

Herr Parr, ich will etwas zu Ihrem Ansatz sagen. Sie

eklagen, dass Heimbewohner mit einem niedrigen Ta-
chengeld Zuzahlungen in Höhe von 3 Euro im Monat
eisten müssen.


(Detlef Parr [FDP]: Ja! Deswegen klagen sie! Gehen Sie doch in die Heime!)


as bieten Sie den Menschen als Alternative an? Sie
ieten ihnen die private Krankenversicherung an, die
ich die meisten Menschen überhaupt nicht mehr leisten
önnen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


as kann doch kein Angebot sein. Aber Ihnen fällt
ichts anderes ein.


(Detlef Parr [FDP]: Sie haben auch das nicht richtig gelesen!)


Auch während der Verhandlungen sprachen Sie im-
er wieder von Privatisierungen.


(Detlef Parr [FDP]: Kostenerstattung!)

Darauf komme ich noch zu sprechen. – Der Beitrag für
ine private Zahnersatzversicherung sollte bei 8 bis
Euro sowohl für Menschen mit einer Rente in Höhe
on 600 Euro als auch zum Beispiel für Abgeordnete mit
inem Einkommen in Höhe von 7 000 Euro liegen.


(Detlef Parr [FDP]: Das stimmt doch gar nicht! 6 Euro waren die Angebote!)


ie wollen sich letztendlich von Menschen mit niedri-
em Einkommen subventionieren lassen.






(A) )



(B) )


Gudrun Schaich-Walch


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist Quatsch!)


Das ist nichts anderes als eine permanente Umvertei-
lung.


(Birgit Homburger [FDP]: Unverschämt! Hören Sie auf mit Ihrer Rede!)


– Das ist keine Unverschämtheit. Es ist so.

(Detlef Parr [FDP]: Jetzt wird es eine Bütten rede!)

Jemand mit 1 000 Euro Einkommen bezahlt für die pri-
vate Zahnersatzversicherung genauso 8 Euro wie je-
mand mit 7 000 Euro Einkommen. Das ist ganz einfach
Mathematik.


(Detlef Parr [FDP]: Dann rechnen Sie mal vor!)


Jetzt ein Wort zu Ihrem Verständnis von Wettbewerb.
Sie haben Schutzzäune um bestimmte Apotheken errich-
tet. Das haben Sie gerade vorige Woche wieder sehr er-
folgreich getan.


(Detlef Parr [FDP]: Absoluter Schwachsinn! Sie wissen, was mit den Versandapotheken passiert!)


Es soll möglichst keinen Wettbewerb geben. Dies betrifft
eine Gruppe, die vernünftig und gut aus den Verhandlun-
gen herausgekommen ist.


(Detlef Parr [FDP]: Sie verdrehen heute nur die Dinge! – Birgit Homburger [FDP]: Nicht nur heute, die ganze Zeit!)


Sie haben sich letztendlich allen Wettbewerbsmomenten
entzogen und am Ende der Verhandlungen haben Sie
sich sogar der Gesamtverantwortung für das Gesund-
heitssystem entzogen, indem Sie ganz einfach gegangen
sind.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Sehr richtig! So war das!)


Hier sind Sie nicht in der Lage, einen vernünftigen Vor-
schlag auf den Tisch zu legen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Weil wir nicht jeden Unsinn mitmachen!)


Jetzt bin ich mit dem Unsinn, den Sie verzapfen, fer-
tig, und komme zu einem anderen Bereich. Das ist die
Frage: Wie werden wir in Zukunft mit dem umgehen,
was wir haben? Wir haben gute Maßnahmen auf den
Weg gebracht.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wann werden die Beiträge um wie viel gesenkt, Frau Schaich-Walch? Das ist die Frage, die heute auf der Agenda steht!)


Es wird unsere gemeinsame Aufgabe sein, dafür zu sor-
gen, dass diese Maßnahmen weiterhin funktionieren.

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(C (D (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wann und um wie viel?)


ir werden das deshalb unbedingt machen müssen, weil
ie Menschen nicht nur hören wollen, dass es der Kran-
enversicherung besser geht. Sie wollen natürlich auch
ören, dass es Beitragssatzsenkungen gibt.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Also wann und um wie viel?)


iese müssen wir letztendlich auch einfordern. Für
8 Millionen Versicherte hat es sie bereits gegeben; das
ollten Sie schlicht und einfach nicht unterschätzen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Minimal! – Detlef Parr [FDP]: 13,6 Prozent wollten Sie!)


Ein weiterer Punkt ist, dass wir Beitragssatzsenkun-
en dringend benötigen, um die Akzeptanz für unsere
ozialen Sicherungssysteme zu erhalten. Von hieraus
öchte ich sehr deutlich an die Selbstverwaltung appel-
ieren: Wir haben der Selbstverwaltung im Gesetz noch
inmal eine Chance gegeben. Die Selbstverwaltung
ollte diese Chance nutzen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ie sollte sie nicht zur Erhöhung ihrer Einkommen nut-
en, sondern für Strukturveränderungen, die notwendig
ind. Sie sollte da alle Kraft hineinlegen; denn das Ei-
entliche, was wir brauchen, sind Veränderungen in der
truktur und Maßhalten bei den Einkommen der Vertre-
r der Selbstverwaltung. Dann wird es weiterhin Akzep-
nz für die Sicherungssysteme geben.
Danke schön.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516307800

Nächster Redner ist der Kollege Andreas Storm,
DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Andreas Storm (CDU):
Rede ID: ID1516307900

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
ie positive Botschaft vorweg: Das Jahresergebnis 2004
eigt, dass die Reform greift. Die Einsparziele sind weit-
ehend – aber nicht vollständig – erreicht worden. Die
nion steht zu dieser Reform. Wir werden in der nächs-
en Woche in einer Anhörung eine kritische Überprüfung
ach dem ersten Jahr dieser Reform vornehmen. Aber in
en Grundsätzen sind wesentliche Reformziele erreicht
orden.
Wenn man fragt: „Warum wurde diese Reform ge-
einsam durchgeführt?“, sollte man sich einmal veran-
chaulichen, dass die gesetzliche Krankenversicherung
hne eine solche Reform gegen die Wand gefahren wäre
nd deshalb Ziel der Reform eine finanzielle Konsolidie-
ung für einen Zeitraum bis unmittelbar nach der Bun-
estagswahl war.






(A) )



(B) )


Andreas Storm

Damit sind wir mit den positiven Botschaften aber

schon am Ende angekommen.

(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Aha!)


Denn die Reform hat fast allen Beteiligten eine ganze
Menge abverlangt. Als Gegenleistung dazu sind sin-
kende Beitragssätze unerlässlich. Sie waren ein Haupt-
punkt der Verhandlungen gewesen. Wenn die Beiträge
im Moment nicht oder nur kaum sinken, dann hat das
vor allen Dingen zwei Gründe.

Der eine Grund ist die Verschuldungslage der Kran-
kenkassen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Die das verschleiert haben!)


Kollege Wolfgang Zöller hat schon darauf hingewiesen,
dass vor einem Jahr zu Beginn der Reform nicht ein Ver-
schuldungsstand von 4 Milliarden, sondern ein Verschul-
dungsstand von 8 Milliarden Euro zu verzeichnen war
und dass für den Fall, dass die Rücklagen der Kassen
aufgefüllt werden, allein 2,25 Milliarden Euro des Über-
schusses für den Abbau der Verschuldung und das Auf-
füllen der Rücklagen verwendet werden. Dann bleibt
aber immer noch ein Betrag übrig.

Nun ist die spannende Frage: Warum wird dieser Be-
trag nicht endlich an die Versicherten weitergegeben?
Damit sind wir bei dem zweiten Grund, warum die Bei-
träge nicht gesenkt werden, der in der Debatte bisher
noch kaum eine Rolle gespielt hat. Voraussetzung für
Beitragssenkungen ist natürlich neben den Einsparungen
auf der Ausgabenseite eine stabile Beitragsbasis. Davon
kann im Moment leider keine Rede sein.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Um Erkenntnisse über den Beitragseingang zu gewin-

nen, haben wir uns, weil diese schneller ermittelt wer-
den, die Werte der gesetzlichen Rentenversicherung für
die ersten beiden Monate dieses Jahres angesehen. Da-
nach ist die Situation so, Frau Ministerin, dass die kumu-
lierten Pflichtbeiträge für die Monate Januar und Februar
um 1,86 Prozent gesunken und die gesamten Beiträge
bis Ende Februar um 1,27 Prozent zurückgegangen sind.
Statt der erhofften Erhöhung der Beitragsbasis ist die
Beitragsbasis also deutlich rückläufig. Darin spiegelt
sich die dramatische Arbeitsmarktlage wider; denn jeden
Tag fallen mindestens 700 sozialversicherungspflichtige
Vollzeitarbeitsplätze weg. Für die Frage, ob wir zur Jah-
resmitte auf breiter Front Beitragssenkungen haben wer-
den, ist daher entscheidend, ob es Signale für eine
Trendwende auf dem Arbeitsmarkt gibt. Dafür tragen
Sie, Frau Ministerin, und dafür trägt die rot-grüne Koali-
tion die Hauptverantwortung.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Wir haben Ihnen angeboten – darüber haben wir in
der vorhergehenden Debatte diskutiert –, gemeinsam alle
Anstrengungen zu unternehmen, um aus der Arbeits-
marktmisere herauszukommen. Aber ohne eine Trend-
wende auf dem Arbeitsmarkt und ohne eine Trendwende
beim Wachstum – wir müssen alles für mehr Wachstum

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(C (D nd Beschäftigung tun – haben wir nicht den Hauch eier Chance, die Finanzierungskrise der sozialen Sicheungssysteme zu bewältigen. Ich sage es noch einmal: Wir stehen zu dieser Re orm. Es ist aber deutlich geworden, dass eine solche Reorm kaum Sinn macht, wenn die übrigen Politikbereihe so ausgestaltet sind, dass es zu einer Verringerung er Beitragsbasis der Sozialversicherung kommt. Desalb meine nachdrückliche Aufforderung an die rotrüne Koalition: Gehen Sie in sich und ergreifen Sie ndlich die notwendigen Maßnahmen, damit es zu einer rendwende auf dem Arbeitsmarkt kommt! Nur dann aben wir die Chance, dass den Versicherten das zugute ommt, was ihnen versprochen wurde, nämlich eine pürbare Absenkung der Beiträge zur gesetzlichen Kranenversicherung. Nächste Rednerin ist die Kollegin Anja Hajduk, ündnis 90/Die Grünen. Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! as Thema dieser Aktuellen Stunde schließt sehr gut an ie Debatte vom Vormittag an, bei der wir über die rößte Problematik, die es im Moment zu bewältigen ibt, gesprochen haben, nämlich die Situation auf dem rbeitsmarkt. Ich begrüße ausdrücklich, dass die Union, wie es auch n dieser Debatte deutlich wird, zum Gesundheitsmoderisierungsgesetz steht, das für die Kassen in vielen Beeichen zu einer Entlastung geführt hat. Einen Akzent ber möchte ich anders setzen, Herr Storm. Ich glaube, ass die Senkung der Lohnnebenkosten auch Ausgangsunkt sein muss, um die Spirale in Richtung mehr Bechäftigung in Gang zu setzen. Wenn es ein Programm ur Entlastung der Kassen in Höhe von 9 bis 10 Milliaren Euro gibt, müssen wir auch gemeinsam Druck ausben, dass diese Spirale, die sich nach unten bewegt, mgekehrt wird und es zu einer Senkung der Lohnneenkosten kommt; denn dies führt zu einer Erhöhung der eschäftigung. Die Botschaft, die von dieser Aktuellen tunde ausgeht, muss sein: Es gibt Raum für die Senung der Lohnnebenkosten. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516308000
Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516308100

Damit komme ich zu Ihnen, meine Damen und Her-
en von der FDP.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Können Sie vorhersagen, wann und um wie viel gesenkt wird?)


ie haben in dieser Aktuellen Stunde nur einen Redner
estellt. Soll es wirklich Botschaft der FDP sein, dass es
ründe gibt, warum es nicht zu einer Beitragssenkung
ommen kann? Sie sagen zum einen, wie schrecklich es
st, dass wir die Menschen belastet haben,


(Detlef Parr [FDP]: Das stimmt doch überhaupt nicht!)







(A) )



(B) )


Anja Hajduk

und zum anderen, Herr Parr, dass sich die armen Kassen
gar nicht anders verhalten können. Damit zeichnen Sie
sich wieder als Vertreter der Lobbygruppen in diesem
System aus.


(Detlef Parr [FDP]: Sie haben überhaupt nicht verstanden, worauf sich das gründet!)


– Hören Sie einmal zu! – Ich bin wirklich entsetzt, dass
Sie das Verhalten der Kassen entschuldigen


(Detlef Parr [FDP]: Überhaupt nicht! Die Fakten sind 5 Milliarden Schulden! Unglaublich!)


und die Botschaft senden, dass es überhaupt keinen
Grund für eine Beitragssenkung gibt. Das ist kein Bei-
trag zu dem zentralen Problem, das wir in Deutschland
haben. Es geht nämlich darum, mehr Beschäftigung zu
schaffen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Detlef Parr [FDP]: Sie verschließen die Augen vor dem nächsten Jahr!)


– Ich will das noch etwas weiter ausführen, Herr Parr.
Seien Sie doch einmal ruhig, hören Sie zu und denken
Sie dann auch darüber nach!

Wir haben zum Beispiel entschieden, mithilfe von
Steuermitteln den Bereich Gesundheit zu unterstützen.
Wir haben


(Detlef Parr [FDP]: Den falschen Weg gewählt!)


im Hinblick auf die Tabaksteuereinnahmen demnächst
bestimmt keine leichte Situation zu erwarten. Auf die
Forderung der Selbstverwaltung „so viel Selbstverwal-
tung wie möglich und so viel Staat wie nötig“ – wahr-
scheinlich vertreten auch Sie diese Forderung –


(Detlef Parr [FDP]: Aber sicher!)

erwidere ich in aller Deutlichkeit: Mein Vertrauen in die
Selbstverwaltung ist durchaus begrenzt.


(Detlef Parr [FDP]: In den Staat, in Ihre staatlichen Maßnahmen aber nicht!)


Ihr Kollege Fricke aus der FDP hat sehr wohl und richti-
gerweise mit uns dafür gestritten. Wenn Steuermittel in
den Bereich der Krankenkassen fließen, dann müssen
wir auch kontrollieren, zum Beispiel mithilfe des Rech-
nungshofs, ob sie effizient eingesetzt werden. Spätestens
seit den vergangenen Tagen, in denen wir über die Stei-
gerung der Vorstandsgehälter im zweistelligen prozentua-
len Bereich gesprochen haben, ist auch einigen von Ih-
nen bewusst, dass wir bei den Kassen mehr Kontrollen
brauchen, ob sie zu Strukturreformen fähig sind und die
Mittel effizient einsetzen. Das werden wir machen.

Sie von der FDP haben keinen Beitrag zu dieser Kri-
tik geleistet. Das war sehr schwach.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zurufe von der FDP)


– Sie haben sich heute sehr einseitig geäußert. Hoffent-
lich werden Sie noch in sich gehen. – Ich sage in aller

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(C (D eutlichkeit: Der Staat soll nicht dirigistisch eingreifen, as ist klar. (Detlef Parr [FDP]: Das tut er doch überall! Ein dirigistischeres System als dieses gibt es doch gar nicht auf der Welt!)


ir haben aber auch bei der Bundesagentur für Arbeit
rlebt, dass die dort langjährig eingespielten Verbands-
ertreter, die in den Aufsichtsorganen sitzen, in den ver-
angenen Jahren nicht unbedingt ein Beispiel an Re-
ormfreude gegeben haben. Deswegen meine ich, dass
lle Fraktionen in diesem Bundestag die Aufgabe haben,
ie Reformfreude auch in dem Bereich anzustoßen, ohne
ass ich in Anspruch nehmen wollte, dass wir das fehler-
rei machten. Aber einen Rückzug nach dem Motto
Lassen wir die mal machen“ halte ich für völlig falsch.
Ich komme zum Schluss. Wir haben im Gesundheits-
esen eine bedeutsame Senkung der Kosten in Höhe
on 7,5 bis 8 Milliarden Euro erreicht.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Aber nicht der Beiträge! Ich frage noch einmal: Wann und um wie viel wird gesenkt?)


ichtig ist auch, dass diese Kostensenkung im Verhältnis
u der Schuldenbelastung zu sehen ist, die bei den Kas-
en geherrscht hat.


(Beifall bei der FDP – Detlef Parr [FDP]: Jetzt kommen Sie endlich zur Sache!)


Dabei ist es aber auch wichtig, dass der Schuldenab-
au in der Weise erfolgen sollte, dass in beide Richtun-
en positive Effekte erzielt werden: Es geht darum, dass
ie Kassen die Schulden abbauen und dass die Lohnne-
enkosten gesenkt werden. Beides ist möglich. Eine ein-
eitige Verweigerung in einem Bereich ist angesichts der
rbeitsmarktlage nicht zu verantworten. Dieses Signal
ollte heute gegeben werden und ich bin froh, dass das
uch für drei Fraktionen dieses Hauses gilt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516308200

Nächster Redner ist der Kollege Gerald Weiß, CDU/
SU-Fraktion.

Gerald Weiß (Groß-Gerau) (CDU/CSU):
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Ministerin Schmidt hat vorhin ausgeführt, dass
ie gesetzliche Krankenversicherung wieder auf gesunde
üße gestellt worden sei. Es wurde eine gewisse Stabili-
ierung erreicht, an der auch wir mitgewirkt haben. Die
ast haben im Wesentlichen die Versicherten und die Pa-
ienten zu schultern gehabt, aber wir wären ohne das
MG heute unzweifelhaft in einer noch schlechteren Si-
uation. Das ist völlig klar.
Aber wie weit die gesunden Füße, wie Sie es genannt

aben, Frau Schmidt, wirklich tragen können, bleibt ab-
uwarten. Denn es ist ein dornenvoller Weg, der von den
assen zu gehen ist. Er ist mit vielen Risiken belastet.






(A) )



(B) )


Gerald Weiß (Groß-Gerau)


Der Kollege Storm hat meines Erachtens richtig he-

rausgearbeitet, dass das wesentliche Risiko darin be-
steht, dass Sie es nicht schaffen, dieses Land in der Wirt-
schafts- und Beschäftigungspolitik nach vorne zu brin-
gen und Arbeitsplätze zu schaffen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Im siebten Jahr der Regierung Schröder ist es um
Wachstum und Beschäftigung in Deutschland verhee-
rend bestellt. Deshalb ist es im Jahr sieben seit Schröder
– das hat Kollege Storm ganz eindeutig begründet – auch
um die Sozialversicherungssysteme so schlecht bestellt.
Auf die entsprechenden Zahlen haben Sie selbst hinge-
wiesen. Diese Indizien sprechen eine deutliche Sprache.
Die Beitragsentwicklung verläuft nicht wie gewünscht.
Im Februar dieses Jahres ist das Aufkommen der Pflicht-
beiträge zur Rentenversicherung um 3,05 Prozent gesun-
ken. Kollege Storm hat zu Recht gefragt, was das für die
gesetzliche Krankenversicherung bedeutet.

Bei den sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplät-
zen kommt es zu einer Erosion. Ihre Anzahl sinkt jeden
Tag um 700 bis 1 000. Die allgemeine Einkommensent-
wicklung stagniert. Gegenwärtig ist ein Wachstum unse-
rer Volkswirtschaft in diesem Jahr um nur noch 1 Pro-
zent zu erwarten. Aus einem solch niedrigen Wachstum
können weder neue Arbeitsplätze generiert noch Sozial-
versicherungsbeiträge gewonnen werden. Auf dem Weg,
den die Krankenkassen auf ihren nun angeblich gesun-
den Füßen gehen sollen, streuen Sie durch Ihre Politik
Dornen. Sie verweigern im Grunde genommen jede ver-
nünftige Antwort, die einen Beitrag zu einer zukunfts-
trächtigen Entwicklung leisten könnte.

Wir verlieren zu viel Arbeit an das Ausland, gewin-
nen aber zu wenig Arbeit aus dem Ausland. Wir verlie-
ren zu viel Arbeit an die Schattenwirtschaft. Wir verlie-
ren zu viel Arbeit ans Nichts. Das bedeutet, dass die
Einnahmen und die Ausgaben der Sozialversicherungen
nicht ins Gleichgewicht kommen können. Natürlich sol-
len die Krankenkassen ihre Beiträge, soweit es ihnen
möglich ist, senken. Frau Hajduk hat völlig Recht, wenn
sie sagt, dass aus der Senkung der Beiträge und damit
der Lohnnebenkosten selbstverständlich mehr Beschäfti-
gung erwachsen kann.


(Peter Dreßen [SPD]: Ja, „kann“!)

Das ist der richtige Weg. Aber den Weg, Arbeits- und

Sozialversicherungskosten konsequent zu entkoppeln,
sind Sie nicht gegangen. Wenn es eine Strategie gibt, mit
der wir vorankommen könnten, dann ist es die Entkopp-
lung von Sozialversicherungs- und Arbeitskosten. Wie
ich Ihren Bemerkungen entnehme, nähern Sie sich unse-
rem Modell einer solidarischen Gesundheitsprämie im-
mer mehr an. Meinen Glückwunsch! Das finde ich gut.


(Heiterkeit des Abg. Wolfgang Zöller [CDU/ CSU] sowie des Abg. Andreas Storm [CDU/ CSU])


Meine sehr verehrten Damen und Herren, eine Strate-
gie, die im stormschen Sinne bei den Einnahmen unserer
Krankenkassen, also auf der Aufkommensseite, beim

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(C (D achstum unserer Volkswirtschaft und bei der Schafung von Arbeitsplätzen ansetzt, besteht in der Tat aus inem Bündel von Maßnahmen. Dazu gehören zum Beipiel eine Steuerreform im Sinne einer großen Flurbereiigung und eine wirksame Unternehmensteuerreform; on der Entkopplung der Sozialversicherungsund Areitskosten habe ich bereits gesprochen. Dazu gehört uch eine umfassende Strategie der Entbürokratisierung m weitesten Sinne des Wortes. Und dazu gehört, dass an die Blockaden, die durch die hohen Energiepreise erursacht werden, zugunsten zukunftsweisender Techologien beseitigt. Auf all diesen Feldern haben vor alem die Grünen gnadenlos blockiert und sich den notendigen Einsichten bis ins Letzte verweigert. Daher üssen wir von vorn beginnen, mit einer Strategie, die ei Wachstum und Beschäftigung ansetzt. ann werden wir die sozialen Sicherungssysteme wieder n Ordnung bringen können. Danke. (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Detlef Parr [FDP])


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516308300

Das Wort hat die Kollegin Erika Lotz, SPD-Fraktion.


Erika Lotz (SPD):
Rede ID: ID1516308400

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kolle-

en! Ich frage mich, woran es liegt, dass ich, wenn von-
eiten der CDU gesagt wird, wir müssten unser Land
ach vorn bringen, immer wieder Ihre Forderungen nach
em Abbau des Kündigungsschutzes, der Betriebsver-
assungen und der Arbeitnehmerrechte vor Augen habe.


(Otto Fricke [FDP]: Weil Sie Vorurteile haben!)


inzu kommt, dass der hessische Ministerpräsident vor
urzem gefordert hat, ausländischen Managern, die in
nserem Land arbeiten, einen Steuerrabatt zu gewähren.


(Peter Dreßen [SPD]: Das ist ja der Hammer!)

ch sage Ihnen: Diese Forderungen bringen unser Land
icht nach vorn.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Nun zur Gesundheitsprämie bzw. – besser gesagt –
ur Kopfpauschale.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Nein, das ist etwas anderes!)


ch kann immer noch nicht glauben, Herr Weiß, dass Sie
s für richtig halten, wenn zum Beispiel eine Verkäuferin
en gleichen Krankenversicherungsbeitrag zahlen soll
ie ich.


(Detlef Parr [FDP]: Ach du lieber Gott! Das hat ja so einen Bart!)


as kann doch nicht richtig sein.






(A) )



(B) )


Erika Lotz


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Das steht so auch nicht in unserem Gesetzentwurf!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist doch schön,
dass wir heute einmal über Überschüsse in Höhe von
4 Milliarden Euro bei den Krankenkassen diskutieren
können.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Sie wollten über mögliche Beitragssenkungen reden, Frau Lotz! Dazu haben Sie die Aktuelle Stunde angemeldet!)


Im Frühjahr des Jahres 2003 haben wir angesichts der fi-
nanziellen Situation der Krankenkassen daran alle nicht
gedacht. Wir haben damals gemeinsam mit der Opposi-
tion die Reform auf den Weg gebracht, damit die Bei-
träge nicht weiter steigen. Die FDP war eine gewisse
Zeit lang daran beteiligt, hat sich dann aber auf die
Flucht begeben.


(Detlef Parr [FDP]: Weil wir überhaupt keine Chance hatten, bestimmte ordnungspolitische Prinzipien zu verwirklichen!)


Diese Reform war eigentlich nur mit vereinten Kräften
möglich, aber Sie haben die Flucht ergriffen,


(Peter Dreßen [SPD]: Aus dem Staub hat er sich gemacht!)


weil Ihren Vorstellungen von Kostenerstattungen nie-
mand gefolgt ist.


(Detlef Parr [FDP]: Mehr Transparenz! Wo ist Transparenz in Ihrem System?)


Sie beklagen heute die Belastung der Versicherten und
vergießen dabei Krokodilstränen.


(Detlef Parr [FDP]: Das habe ich nicht beklagt! Das stimmt doch nicht! Ich beklage die fehlende soziale Balance, die dadurch entstanden ist!)


Mit der von Ihnen geforderten Kostenerstattung wäre die
Belastung der Versicherten noch höher gewesen. Von da-
her ist das, was Sie sagen, doch sehr unglaubwürdig,
Herr Parr.


(Detlef Parr [FDP]: Die soziale Balance ist nicht da!)


Wir haben vor eineinhalb Jahren diese Reform auf
den Weg gebracht und die Stabilisierung ist gelungen.
Überschüsse bzw. Einsparungen in Höhe von 9 bis
10 Milliarden Euro sind erreicht worden. Allein im Be-
reich der Arzneimittelausgaben sind die Ausgaben um
2,5 Milliarden Euro gesunken. Zu diesen Überschüssen
hat das Reformgesetz den Kassen verholfen; das muss
man auch noch einmal deutlich machen.


(Detlef Parr [FDP]: Jetzt schauen Sie auf das nächste Jahr!)


Wir haben mit Recht festgelegt, was mit den Über-
schüssen passieren soll, dass nämlich ein Teil der Über-
schüsse für Beitragssenkungen genutzt werden soll. Herr
Zöller, natürlich hätte die Belastung der Versicherten

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(C (D ier und da noch etwas anders aussehen können, wenn ie dem einen oder anderen Vorschlag von uns gefolgt ären. Ich bin froh, dass uns eine Einigung gelungen ist nd Sie unserer Forderung zugestimmt haben, die Überorderungsklausel ins Gesetz aufzunehmen, weil sonst ie Belastung für die Versicherten doch sehr viel schlimer gewesen wäre. Ein Wort auch noch zur Selbstverwaltung, weil die rage der Beitragssenkung in die Verantwortung der elbstverwaltung gehört. Ich möchte an dieser Stelle och einmal an die Selbstverwaltung appellieren, aber icht nur an die Versichertenseite, sondern insbesondere uch an die Arbeitgeberseite, die nach meiner Meinung ier ebenfalls gefordert ist. Wenn das ganze Jahr über authals eine Senkung der Lohnnebenkosten gefordert ird, sollten die Arbeitgebervertreter auch in den Veraltungsräten der Krankenversicherungen den notwenigen Druck machen. Ich halte es für den besseren Weg, die Beiträge dort u senken, wo es möglich ist, nämlich in der gesetzlihen Krankenversicherung. Eine Senkung des Beitrages ur Arbeitslosenversicherung, wie sie Herr Storm vorgechlagen hat, würde nicht dazu führen, dass wir bei der rbeitsmarktpolitik vorankommen, sondern es würde ie Situation eintreten, dass zahlreiche Arbeitsmarktaßnahmen, die als Ausgleich für ein Versagen in der ildung notwendig sind, nicht mehr möglich wären. Ich sage noch einmal, Herr Zöller: Sie haben auch echt gehabt mit Ihrem Appell an die Länder, die ihrer ufsicht nachkommen müssen. Das kann ich nur noch inmal unterstreichen. Unterstreichen kann ich auch Ihen Appell an die Manager bei den Krankenkassen. Frau Kollegin, denken Sie an Ihre Redezeit. Natürlich wissen wir, dass wir für gute Arbeit auch ute Manager brauchen. Aber Grundlage für die Erfolge, ie bisher eingefahren worden sind, ist das Gesetz. (Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Es ist nichts gemanagt worden!)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516308500
Erika Lotz (SPD):
Rede ID: ID1516308600

ir haben damit ausreichende Möglichkeiten für wei-
ere Einsparungen bei den Krankenkassen geschaffen,
ie zunächst einmal – ein Schritt nach dem anderen –
mgesetzt werden sollten.
Danke schön.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Petra Selg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516308700

Das Wort hat die Kollegin Dr. Gesine Lötzsch.

Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1516308800

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und
erren! Ich bin Abgeordnete der PDS. – In dieser De-
atte fiel der Satz „Die Gesundheitsreform greift“. Ich
in der Auffassung, dieser Satz ist unvollständig.






(A) )



(B) )


Dr. Gesine Lötzsch

Vollständig müsste er heißen: „Die Gesundheitsreform
greift den Patienten in die Tasche“.


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])

Immer wenn ich die Bundesregierung auf Versäum-

nisse und schwere Fehlentwicklungen im Zusammen-
hang mit der Gesundheitsreform hinweise, bekomme ich
zur Antwort, dass es in der Bundesrepublik kein staatlich
gelenktes Gesundheitssystem gibt. Das ist richtig und
das weiß ich. Doch ich finde, das Gegenteil von staatli-
cher Lenkung können doch nicht Anarchie und gierige
Selbstbedienungsmentalität sein.


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos] – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Na, na, na! Es ist ja schlimm, aber so nun auch nicht!)


Es ist aus unserer Sicht nicht akzeptabel, dass die Bun-
desregierung und die große Koalition von SPD, CDU/
CSU und Grünen eine Gesundheitsreform verabschie-
den, an die sich die Mehrheit der Bürgerinnen und Bür-
ger halten muss, dass einige aber diese Gesundheitsre-
form offensichtlich als wenig bindende Empfehlung
betrachten und auf ihre Autonomie verweisen, um sich
schamlos zu bereichern.

Kann es denn im Sinne des Gesetzgebers sein, meine
Damen und Herren, dass viele Menschen auf einen Arzt-
besuch oder auf Medikamente aus finanziellen Gründen
verzichten müssen, obwohl sie jeden Monat brav ihren
Krankenkassenbeitrag zahlen? Gleichzeitig sieht der Ge-
setzgeber zu, wie sich Vorstände von Krankenkassen das
Geld der Beitragszahler mit vollen Händen in die eigene
Tasche schaufeln, und hebt höchstens einmal den Zeige-
finger. Es ist doch nicht in Ordnung, dass zum Beispiel
der Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung in
Nordrhein-Westfalen 240 000 Euro im Jahr bekommt
und darüber hinaus auch noch die Genehmigung hat, ne-
benbei in seiner Praxis zu arbeiten.

Die Bundesregierung misst auch bei der Gesundheits-
politik mit zweierlei Maß: Dem Patienten wird die bit-
tere Pille dreimal im Hals umgedreht, bevor er sie schlu-
cken darf, alles wird bis ins letzte Detail kontrolliert und
unerträglich reglementiert. Doch wenn es zum Beispiel
um die sittenwidrigen Gehälter der Vorsitzenden der
Kassenärztlichen Vereinigungen und der Vorstände der
Krankenkassen geht, ist die Bundesregierung großzügig
und hebt, wie gesagt, zwar mal den Zeigefinger, erklärt
sich aber für nicht zuständig. Ich finde, das ist eine ab-
surde Klientelpolitik.


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])

An diesen wenigen Beispielen zeigt sich das Di-

lemma dieser Gesundheitsreform: Sie schröpft die Pati-
enten, sie trägt nicht zur Senkung der Lohnnebenkosten
bei und sie hat die pervertierten Strukturen, die die Kos-
ten in die Höhe treiben, eben nicht aufgebrochen. Ich
finde es deshalb unredlich, wenn hier alle im Chor die
Vorstände der Krankenkassen und auch der Kassenärztli-
chen Vereinigungen beschimpfen. Sie hatten es mit der
Gesundheitsreform in der Hand, die gesetzlichen Rege-
lungen klar zu formulieren. Sie hätten zum Beispiel die
anachronistische Kassenärztliche Vereinigung abschaf-

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(C (D en können und Sie hätten gesetzliche Vorkehrungen geen die Gehaltserhöhungen, die jetzt alle beklagen, chaffen können. Also, meine Damen und Herren, heben ie nicht nur den Zeigefinger, jammern Sie nicht nur, ondern bessern Sie die Gesetze nach! Vielen Dank. Nächste Rednerin ist die Kollegin Dr. Erika Ober, PD-Fraktion. Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und erren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Auch ich öchte mit etwas Positivem anfangen, ich möchte hier eine Schwarzweißmalerei betreiben wie meine Vorrederin. Es wurde ja schon betont: In der GKV ist ein berschuss in Höhe von 4,022 Milliarden Euro erwirtchaftet worden, vor allem durch eine höhere Eigenbeeiligung der Patientinnen und Patienten. Eine umfangeiche Senkung der Beiträge bleibt aus. Das verstehen ie Patienten nicht. Die Beitragszahler wollen eine Aufklärung, vor allem or dem Hintergrund, dass die Gehälter der Kassenvortände zum Teil unverhältnismäßig erhöht wurden, was ür Aufregung gesorgt hat. Deshalb ist es unsere Pflicht nd unsere Aufgabe, darüber öffentlich zu diskutieren. Manche Vorstandsvorsitzenden beziehen zum Teil un erhältnismäßig hohe Gehälter. Für die Öffentlichkeit ind Gehaltserhöhungen in dieser Größenordnung in der eutigen Zeit nicht nachzuvollziehen. In eine allgemeine erurteilung aller Vorstandsfunktionäre möchte ich mich icht einreihen. Ich möchte eine differenzierte Betrachungsweise; dies sind wir der Öffentlichkeit auch schulig. Dazu gehört allerdings auch festzustellen, dass in eiigen Selbstverwaltungen das gezahlte Gehalt nicht der eforderten und notwendigen Professionalität entspricht, nd zwar in den Selbstverwaltungsgremien sowohl der rankenkassen als auch der Kassenärztlichen Vereiniungen. Genau aus diesem Grunde wurde im Gesundheitsmo ernisierungsgesetz die Offenlegung der Gehälter der orstände geregelt. Die Transparenz ist in vielen Teilen orhanden und für diejenigen, die die Gelder aufbringen üssen, auch ersichtlich. Die Höhe der Gehälter ist icher nicht immer nachvollziehbar. ei Teilen der Krankenkassen fehlt die Transparenz bis eute. Warum fehlt sie und warum werden die Zahlen icht offen gelegt? Ist dort etwas zu verbergen? Dem üssen wir nachgehen. Bei einigen wenigen Krankenkassen – es sind zehn – st zurzeit die Aufsicht eingeschaltet, um möglichereise überhöhte Vergütungen zu korrigieren. Es ist Dr. Erika Ober sicher nicht die Aufgabe der Politik, die Vorstandsgehälter festzulegen. Meine Vorredner haben es schon gesagt: Die Selbstverwaltungsorgane haben sich darum zu kümmern. (Dr. Margrit Spielmann [SPD]: Sie müssen es!)


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516308900

(Beifall bei der SPD)

Dr. Erika Ober (SPD):
Rede ID: ID1516309000

(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)





(A) )


(B) )


Warum es bei den Bruttoeinkommen der Vorstände von
Kassenärztlichen Vereinigungen eine Spanne zwischen
130 000 und 260 000 Euro pro Jahr gibt, warum Dienst-
wagen teilweise Standard sind und teilweise nicht und
warum Nebentätigkeiten teilweise möglich sind und teil-
weise nicht, verstehe ich als KV-Mitglied nicht und ist
auch all denjenigen, die das Geld letztlich aufzubringen
haben, nämlich den Beitragszahlern, nicht zu vermitteln.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


In Zeiten leerer Kassen und ausbleibender Beitragssatz-
senkungen sind überzogene Gehaltserhöhungen bei eini-
gen Vorständen der Kassen und KVen schlicht ein
falsches Signal. Das zeugt von mangelndem Fingerspit-
zengefühl.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich möchte aber auch nicht vergessen, diejenigen zu
erwähnen, die ihre Beiträge gesenkt haben. Es gibt Kran-
kenkassen – große Versorgerkassen –, die ihre Beitrags-
sätze gesenkt haben. Das sollten wir auch nicht verges-
sen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Unser Motto lautet weiterhin: Erwirtschaftete Über-

schüsse in der GKV müssen zum Schuldenabbau und zur
Beitragssatzsenkung genutzt werden. In der heute sicher
schwierigen Zeit erwarte ich von allen einen angemesse-
nen Umgang mit dem Geld der Versicherten durch ein
entsprechendes Abwägen seitens der Vorstände der
Selbstverwaltungen bei ganz klarer Transparenz.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


In der Konsequenz bedeutet das auch einen angemesse-
nen Umgang mit den eigenen Gehältern.

Gestatten Sie mir am Schluss noch ein Wort an die
Opposition.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Jetzt wird es spannend!)


Die FDP hat über Jahre hinweg eine stärkere Eigenver-
antwortung der Patienten gefordert und sie hat die Kos-
tenerstattung in ihr Programm aufgenommen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist vorbildlich!)


Daneben stellt sie in einem populistischen Antrag die
Forderung, die Praxisgebühr abzuschaffen. Das macht
sie unglaubwürdig.

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(C (D (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Sie sind unglaubwürdig, weil Sie nichts zur möglichen Beitragssatzsenkung gesagt haben! Wann werden die gesenkt? – Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Welcher populistische Antrag?)


assen Sie diese populistischen Anträge; denn wer Kos-
enerstattung und Bürokratieabbau fordert, der will mehr
elastungen für die Patienten vor Ort.


(Detlef Parr [FDP]: So ein Unsinn!)

as ist kein Bürokratieabbau, das macht Sie unglaub-
ürdig. Ich meine, das Thema ist zu ernst, als dass man
arüber in dieser Form debattieren könnte.


(Beifall bei der SPD – Detlef Parr [FDP]: Dann lassen wir die Versicherten eben unmündig! Das wäre die Alternative!)


Ich fordere Sie auf, diesen Populismus in Zukunft zu
assen und in der Sache konstruktiv mit uns zu diskutie-
en.
Danke.

(Beifall bei der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Diese Aktuelle Stunde ist ein Populismus!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516309100

Das Wort hat der Kollege Dr. Hans Georg Faust,
DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU – Detlef Parr [FDP]: Schlag zu, Hans Georg!)



Dr. Hans Georg Faust (CDU):
Rede ID: ID1516309200

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-

egen! Sehr geschätzte Frau Kollegin Ober, Sie haben
esagt, die gesetzlichen Krankenkassen hätten im ver-
angenen Jahr einen Überschuss von circa 4 Milliarden
uro erwirtschaftet. Diese Mehreinnahmen in Höhe von
Milliarden Euro haben die Versicherten und die Patien-
en durch eine erhöhte Zuzahlung und einen Verzicht auf
eistungen erwirtschaftet.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

as haben wir den Bürgern im Konsens zugemutet. Wir
aben ihnen dafür eine Stabilisierung des Gesundheits-
ystems – heute wurde hier sogar von einer langfristigen
tabilisierung gesprochen – und eine Senkung des Kas-
enbeitrages angekündigt.
Nach Aussage des AOK-Bundesverbandes werden al-

ein durch die zusätzlichen Einnahmen aus der vollen
erbeitragung der Betriebsrenten 1,6 Milliarden Euro in
as Kassensystem fließen.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Richtig!)

n den alten Bundesländern sind die Ausgaben für Fahrt-
osten um 8,2 Prozent, für Hilfsmittel um 15 Prozent
nd für Arzneimittel um 9,4 Prozent zurückgegangen.
ie Ausgaben für das Krankengeld liegen mit minus
,6 Prozent auf einem historischen Tief. Das hat eben
ichts mit klugem Wirtschaften der Krankenkassen zu






(A) )



(B) )


Dr. Hans Georg Faust

tun, sondern ist schlichtweg Ausdruck der katastropha-
len Wirtschaftslage mit hoher Arbeitslosigkeit


(Beifall des Abg. Dr. Heinrich L. Kolb [FDP])

und der Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes im
Krankheitsfall.

Wir haben den Bürgern viel zugemutet. Die Schulden
– das ist klar – müssen nach Plan über die Jahre abge-
baut werden. Wir fordern aber als Signal an die belaste-
ten Versicherten und an die Patienten eine signifikante,
deutlich erkennbare Senkung des Beitragssatzes von
heute 14,19 Prozent.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Auf wie viel?)

Eine weitere Debatte über die Legitimation des GKV-
Modernisierungsgesetzes wäre verheerend.

Gesundheitspolitik muss wieder berechenbar werden.
Das ist angesichts der großen Probleme durch die demo-
graphische Entwicklung und den medizinischen Fort-
schritt unerlässlich. Die Bürger wissen doch, dass es mit
den bisherigen Gesetzen noch immer nicht getan ist. Sie
wissen, dass wir auf der Einnahmeseite die Krankheits-
kosten von den Arbeitskosten trennen müssen, dass wir
in den Ausgabensektor mehr Markt und mehr Wettbe-
werb bringen müssen und dass wir auch eine Debatte um
notwendige Leistungen, die von der Krankenversiche-
rung solidarisch finanziert werden, führen müssen.

Deutschland hat sicherlich eines der besten Gesund-
heitssysteme der Welt. Die Leistungen sind von hoher
Qualität. Das System ist objektiv, aber auch nach dem
Empfinden der Bundesbürger ein gerechtes System. Als
Arzt sage ich, dass sich die Leistungen für den normal
gesetzlich versicherten Patienten durchaus in Sichtweite
der Leistungen befinden, die die Spitzenmedizin interna-
tional anbietet, und die Gewährung dieser Leistungen
eben nicht vom Geld abhängig ist. Ich meine hier nicht
das Einzelzimmer oder die Chefarztbehandlung, sondern
ich freue mich für unsere Bürger darüber, dass wir jedem
Patienten den Facharztstandard gewähren können.

Aber wenn das auch in absehbarer Zeit noch möglich
sein soll, dann dürfen wir uns nicht in irgendwelche un-
kontrollierten Rationierungsdebatten verlieren, damit
Gesundheitspolitik in den Augen der Bevölkerung ihren
Ernst und ihre Verlässlichkeit behält. Wir müssen sagen,
dass wir mit begrenzten Mitteln keine unbegrenzten
Leistungen finanzieren können und dass die Vorstellung,
dass Prävention schnell Geld spart, eine verhängnisvolle
und falsche Vorstellung ist. Prävention kostet erst einmal
Geld. Wenn sie schon Geld kostet, dann sollen wenigs-
tens diejenigen, die das Geld bezahlen, in den Genuss
der Ergebnisse kommen und die Entscheidung über die
Verwendung der Mittel treffen können. Krankenkassen
sollen ihr Geld dazu verwenden, die Beiträge zu senken.
Prävention ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe
– das ist auch in der Anhörung deutlich geworden – und
darf nicht fast ausschließlich aus Mitteln der GKV be-
zahlt werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie der Abg. Petra Selg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


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(C (D Wir fordern die Bundesregierung auf, die Rahmenbeingungen für eine verlässliche Gesundheitspolitik in eutschland zu schaffen. Eine ganz entscheidende rundlage dafür sind ein Rückgang der Arbeitslosigkeit nd dadurch höhere Beiträge, eine Entkopplung der rankenversicherungsbeiträge von den Arbeitskosten owie eine zielgerichtete Debatte darüber, was eine geetzliche solidarische Krankenversicherung in Zukunft eisten kann und soll. Dafür bieten wir ausdrücklich unere Hilfe an. Nächster Redner ist der Kollege Dr. Wolfgang odarg, SPD-Fraktion. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kolle en! Wir haben gemeinsam das GKV-Modernisierungsesetz auf den Weg gebracht und dabei vielen vieles zuemutet; das ist schon gesagt worden. Wir haben aber uch Aufgaben verteilt. Wir erwarten, dass diese Aufabe von denen, die sie machen können, weil sie nämich das Geld der Versicherten verwalten, wahrgenomen werden. Hier geht es darum, neue effiziente trukturen zu schaffen, die dazu führen, dass die Patienen das erhalten, was sie brauchen, damit sie gesund weren und wir die Kosten senken können, und nicht das, as man verkaufen kann. s geht auch darum, Fehlversorgungen und Doppelunersuchungen, die jetzt noch sehr hohe Kosten verursahen, zu vermeiden. Wir haben im GKV-Modernisierungsgesetz, aber uch schon in früheren Gesetzen konkrete Werkzeuge ur Verfügung gestellt. Wir haben beobachtet, dass die öglichkeit einer integrierten Versorgung, die es seit ehr als fünf Jahren gibt, kaum wahrgenommen wurde. s wurden kaum integrierte Versorgungsformen gechaffen. Erst jetzt, nachdem der Gesetzgeber finanzielle nreize geschaffen hat, versucht man, erste Modelle zu ilden, und erst jetzt kommen die Kassen in die Puschen nd fangen an mitzudenken. Dabei möchte ich hervorheben, dass die neuen Ideen, ie es gibt, längst nicht immer von den Funktionären mit en hohen Gehältern kommen, sondern dass diese ganz ft an der Basis geboren werden. Es sind diejenigen, die n der Basis Verantwortung tragen, die direkt in der Verorgung tätig sind – Krankenhausärzte, Pflegedienste, llgemeinmediziner –, die etwas verbessern wollen. Sie aben große Schwierigkeiten, den Kassen ihre Ideen zu ermitteln. Das bedarf eines genauen Hinsehens. Häufig un sich mehrere Leistungserbringer zusammen, die etas Neues anbieten wollen, und stellen ihr Konzept ann den Kassen vor. Es gibt aber über 250 Kassen. iese Leistungserbringer schließen meistens einen Verrag mit nur einer Kasse. Sie können die ganze Verhandungsarbeit mit allen Kassen gar nicht leisten. Häufig Dr. Wolfgang Wodarg merken sie erst später, dass der Vertrag nur für die Patienten gilt, die bei der einen Kasse versichert sind. Das ist nur ein Bruchteil der Patienten. Sie würden aber die neue Versorgungsform gerne für alle Patienten einführen. Das ist aber nicht von vornherein gegeben. Die Kassen suchen sich bestimmte Projekte aus, von denen sie glauben, dass sie zu ihrem Konzept passen. Sie konzentrieren sich auf ganz bestimmte Arbeitsfelder. Das ist für diejenigen, die in der Region die Strukturen sicherstellen wollen, sehr schwierig. Wir müssen hinschauen, wie sich der Kassenwettbewerb auswirkt, ob er zielführend ist und ob die Kassen gemeinsam das machen, was für alle notwendig ist. Nur dann kommen wir weg von einem Flickenteppich von Innovationen, nur dann kommen wir zu Strukturen, die effizient sein können, weil Synergieeffekte genutzt werden und weil sie allen Menschen zur Verfügung stehen. Wir haben die durch den Hausarzt koordinierte Be handlung eingeführt und sie obligatorisch gemacht. Jeder Versicherte hat das Recht, über einen Hausarzt koordiniert zu werden. Die Krankenkassen haben ein solches Modell anzubieten. Das wird erfreulicherweise auch zunehmend gemacht. Es gibt konkrete Verträge von vielen Krankenkassen mit Hausärzteverbänden und sogar Apotheken, um eine bessere Koordination bei der Patientenbehandlung und der Diagnostik zu erreichen, damit Doppeluntersuchungen vermieden werden und nur die Behandlung erfolgt, die der Patient braucht. Das Ziel muss dabei sein, dass die Patienten nur so behandelt werden, wie der Hausarzt auch seine Familie behandeln würde, und ihnen nicht alles Mögliche verkauft wird; denn wir wissen, dass es vieles gibt, was unnötig ist. (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Petra Selg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516309300

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Dr. Wolfgang Wodarg (SPD):
Rede ID: ID1516309400

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der SPD)


Die hausärztliche Versorgung ist ein Bereich, der lang-
sam anläuft.

Wir haben außerdem die medizinischen Versorgungs-
zentren als neues Strukturelement möglich gemacht. Für
die medizinischen Versorgungszentren gibt es mittler-
weile 87 Anträge. Diese werden bearbeitet. Auch da ent-
wickelt sich etwas. Es handelt sich dabei erstaunlicher-
weise häufig um ehemalige Gemeinschaftspraxen oder
Praxisgemeinschaften, die sich von dem Punktedruck
befreien wollen. Es sind Ärzte, die nicht immer nur auf
die Abrechnung mit der KV schauen wollen, sondern
lieber ihr Gehalt haben und sich ganz auf ihre Arbeit mit
den Patienten konzentrieren wollen. Ich finde, das sind
ermutigende Ansätze, die wir unterstützen sollten und
die von den Kassen gefördert werden müssen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich glaube auch, dass wir mit den Disease-Manage-

ment-Programmen den richtigen Weg eingeschlagen ha-
ben. Auch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit
im Gesundheitswesen ist ein guter Ansatz. All diese
Dinge müssen aber erst greifen. Die Kassen und die Kas-
senärztlichen Vereinigungen, die Manager, die sich jetzt
die hohen Gehälter genehmigt haben, sind in der Pflicht,

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(C (D en Garten zu pflegen und die richtigen Blumen wachen zu lassen. Das erwarten wir von ihnen. Wir werden m Ende des Jahres schauen, ob sie ihre Aufgabe erfüllt aben. Wenn sie das nicht tun, dann müssen die Gehälter ekürzt werden. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516309500

Das Wort hat der Kollege Karl-Josef Laumann, CDU/
SU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Karl-Josef Laumann (CDU):
Rede ID: ID1516309600

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
ollegen! Wir alle sind froh darüber – das ist in der heu-
igen Debatte deutlich geworden –, dass die Kostenent-
icklung im Gesundheitswesen so ist, wie sie ist, dass
ir also, was die Kostensteigerungen angeht, eine
leine, vielleicht auch eine etwas längere Atempause ha-
en. Ich glaube nicht, dass es ein langfristiges Konsoli-
ierungskonzept ist.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist wahr!)

Denken Sie an die jetzige innenpolitische Debatte!

tellen Sie sich einmal vor, wir hätten den Menschen al-
es das zugemutet, was wir ihnen bei der Gesundheitsre-
orm zugemutet haben – vielen, die es bezahlt haben, ist
s schwer gefallen; viele, etwa Ältere oder Personen, die
ine Betriebsrente beziehen, sind in ihrer Lebensplanung
chwer getroffen worden –, und die ganze Operation
ätte noch nicht einmal dazu geführt, dass wir eine
tempause bekommen! Lassen Sie uns also froh darüber
ein, dass das so ist.
Wir brauchen diese Atempause, damit die Schulden

bgebaut werden können, liebe Frau Schmidt, die die
rankenkassen in Ihrer Regierungszeit aufhäufen muss-
en.


(Detlef Parr [FDP]: So ist es! – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Mit Billigung der Bundesregierung!)


m nichts anderes geht es. Jetzt müssen wir erst einmal
usehen, dass die Schulden abgebaut und gleichzeitig
ie Beiträge gesenkt werden.
Nun zu dem, was in den letzten Monaten passiert ist
das ist heute schon vielfach angesprochen worden –,
u dem, was sich die Vorstände reingetan haben; darüber
ind wir uns hier einig. Ich hoffe nur, dass es nicht bei
iesem allgemeinen Geklingel bleibt, dass es nicht nur
in Sturm im Wasserglas ist und es am Ende bleibt, wie
s ist.
Diese Leute finden Gehälter von 250 000 Euro ganz

ormal. Wenn wir das umrechnen, sind das 500 000 DM.
as sind die gleichen Leute, die die Pflegesatzverhand-
ungen mit den Einrichtungen führen, zum Beispiel in
ordrhein-Westfalen. Da gibt es eine Umbruchsituation
n der Krankenhausfinanzierung und dadurch kommt es
azu, dass Krankenhäuser, um überhaupt noch liquide zu






(A) )



(B) )


Karl-Josef Laumann

bleiben, das Weihnachtsgeld der Krankenschwestern
streichen. Das ist die Wahrheit. Ich kann Ihnen zig Kran-
kenhäuser nennen, die nicht in der Lage waren, das
Weihnachtsgeld zu zahlen. Und die Leute, die diese Ver-
handlungen führen, machen in ihren Vorständen die
schon beschriebene Politik! Damit dürfen sie nicht
durchkommen!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dabei wundere ich mich schon sehr über die Selbst-

verwaltung,

(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Jawohl!)


zumindest soweit die alten RVO-Kassen betroffen sind,
bei denen Arbeitgeber und Gewerkschaften vertreten
sind. Dabei unterhalten wir uns auch über die BKK. Da
ist einiges im Bundesverband passiert. Ich werde noch
heute einen Brief zu dem schreiben, was da passiert ist,
weil ich seit 32 Jahren Mitglied einer BKK bin.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Du auch?)

Da haben doch Arbeitgeberfunktionäre und Gewerk-
schaftsfunktionäre zugestimmt; denn sonst wäre es ja
nicht gegangen!


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Detlef Parr [FDP] und der Abg. Dr. Erika Ober [SPD])


Ich sage auch einmal: Liebe Leute in den Arbeitge-
berverbänden, jeden Tag die großen Reden halten, dass
die Lohnnebenkosten zu hoch sind und im Sozialsystem
gespart werden muss, aber dann keinen Mumm in den
Knochen haben, um in einer solchen Angelegenheit ein-
mal mit Nein zu stimmen! Sie sind mir feine Herren!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Darauf, wie die Gewerkschaftsfunktionäre ihren Leu-
ten erklären wollen, dass sie da zugestimmt haben, bin
ich auch gespannt.

Im Juni/Juli sind die Sozialwahlen bei den Kranken-
kassen. Wir aus der Politik sollten uns in einer Sache ab-
sprechen, nämlich dass es in diesem Jahr bei den Kran-
kenkassen wieder einmal zu echten Wahlen kommt


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP und der Abg. Petra Selg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


und die Kartelle, die da seit Jahren bestehen – vielleicht
geht es für den einen oder anderen Verband mittlerweile
um Versorgungsposten –, endlich aufgebrochen werden
und neue Listen mit frischen Kandidaten zustande kom-
men, die mit diesem Gebaren in der Selbstverwaltung
aufräumen. Wir müssen dort wieder zu normalen und
vernünftigen Wahlen kommen. Das sollten wir einleiten.


(Beifall bei der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


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(C (D ch finde nicht, dass die IG Metall noch das Recht hat, arin zu sitzen, wenn sie bei einer Kasse diesen Dingen ugestimmt hat. Wir sollten uns politisch wirklich einmal darum kümern – das ist mein Appell heute –, dass die Sozialwahen in Deutschland wieder richtige Wahlen werden, soass am Ende verantwortungsbewusste Vertreterinnen nd Vertreter im Amt sind; denn darin liegt die einzige hance dafür, dass die Selbstverwaltung, die von der rundidee her eigentlich etwas Gutes ist, auf Dauer als in Ordnungsinstrument in der Sozialversicherung überebt. Das sollte uns schon sehr am Herzen liegen. Wir müssen uns auch weiter überlegen, wie die So ialversicherungen einen Beitrag dazu leisten können, ass wir wieder zu mehr Beschäftigung in Deutschland ommen. Das wird nur gelingen, wenn wir einen Teil der ozialen Sicherung in Deutschland vom Arbeitsverhältis abkoppeln. Frau Ministerin, Sie nicken. Die Frage es Ob ist unter Fachleuten eigentlich schon entschieen. In der jetzigen Lage kann die Politik nicht bis 2007, lso bis nach der nächsten Bundestagswahl, damit waren, eine Antwort auf die Frage des Wie zu geben. Das Ob ist unter Fachleuten bereits entschieden. Ge en wir doch jetzt gemeinsam – vor allen Dingen Sie zuammen mit dem Ministerium – eine Antwort auf das ie! Ich glaube, dass wir hier einen großen Beitrag für ehr Beschäftigung leisten können. Wenn wir das aber n den nächsten anderthalb Jahren nicht angehen und eiter jeden Tag 700 Jobs verlieren, dann werden wir ns wundern, wie schwer es sein wird, die Aufholjagd zu ewinnen und Grund in die Sache zu bekommen. Schönen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516309700

Letzter Redner in dieser Aktuellen Stunde ist der Kol-

ege Peter Dreßen, SPD-Fraktion.


Peter Dreßen (SPD):
Rede ID: ID1516309800

Kollege Laumann, gut gebrüllt zum Thema neue Lis-

en für die Sozialwahlen! Aber ich glaube, dass Sie nicht
anz zu Ende gedacht haben.


(Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Doch!)

Nein.


(Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Doch!)

ollege Laumann, das gab es doch schon. Damals haben
ir erlebt, dass Beschäftigte Interessenlisten aufgestellt
nd auf Anhieb 50 Prozent gewonnen haben, obwohl die
eute, die sie gewählt haben, nicht einmal wussten, was
ie eigentlich vertreten. Hinterher ist herausgekommen,
ass es sich um von Krankenkassen gesteuerte Listen
andelte. Wir sollten uns genau überlegen, wie die So-
ialwahlen durchgeführt werden sollen


(Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Das habe ich ja angeboten!)







(A) )



(B) )


Peter Dreßen

– das kostet natürlich wieder Geld; denn solche Wahlen
sind nicht billig –, und wir dürfen dabei nicht vergessen,
was in der Vergangenheit zum Teil passiert ist.

Der Kollege Zöller hat in seinem Eingangsreferat er-
läutert, allein die Versicherten seien für den Erfolg ver-
antwortlich. Zugegeben, er hat Recht. Aber, Herr Kol-
lege Zöller, wir dürfen nicht vergessen, dass wir
ursprünglich noch mehr wollten. Wir wollten auch die
Leistungserbringer ein bisschen mehr in die Pflicht neh-
men. Hier wurden uns allerdings durch die Verhandlun-
gen mit Ihnen Schranken gesetzt. Ich darf außerdem da-
ran erinnern, dass wir die Einführung einer Positivliste
vorgeschlagen hatten, um die Pharmaindustrie etwas
besser in den Griff zu bekommen. Muss denn dieser In-
dustriezweig erst Gewinne in Höhe von 25 Prozent des
Umsatzes machen, bevor es ihm gut geht? Ich habe erst
neulich wieder gelesen, dass eine Pharmaindustrie, die
einen Gewinn in Höhe von 15 Prozent des Umsatzes
macht, sozusagen Halsweh hat, dass es ihr schlecht geht
und dass sie dann Leute entlassen muss. Vor diesem Hin-
tergrund denke ich, dass die Einführung einer Positiv-
liste nicht schlecht gewesen wäre.

Ich erinnere des Weiteren daran, dass wir einen Kor-
ruptionsbeauftragten haben wollten. Aber auch das ist
den Verhandlungen zum Opfer gefallen. Man muss ja
froh sein, dass die AOK Niedersachsen eine Vorreiter-
rolle eingenommen und einiges aufgedeckt hat. Einen
Korruptionsbeauftragten bräuchten wir sicherlich auch
in Zukunft. Kollege Zöller, ich könnte mir außerdem
vorstellen, dass die Umsetzung unseres damaligen Vor-
schlags für mehr Transparenz, wonach die Versicherten
der gesetzlichen Krankenversicherung nicht nur auf Ver-
langen, sondern obligatorisch eine Rechnung vom Arzt
bekommen sollten, einiges bewirkt hätte.

Als Letztes möchte ich auf das Thema Transparenz
noch genauer eingehen. Wir haben heute über die Gehäl-
ter der Vorstandsmitglieder der gesetzlichen Kranken-
kassen hart diskutiert. Dazu will ich nur sagen: Wenn es
das GMG nicht gäbe, würden wir darüber gar nicht dis-
kutieren.


(Beifall bei der SPD)

In § 35 a Abs. 6 des SGB IV steht jetzt, dass die Gehälter
veröffentlicht werden müssen. Das war früher nicht der
Fall. Gäbe es diese Vorschrift nicht, könnten wir uns nun
gar nicht streiten, weil wir die Höhe der Gehälter gar nicht
erfahren hätten. Insofern glaube ich, dass das GMG ins-
gesamt gut ist. In diesem Zusammenhang denke ich ins-
besondere – deswegen kann ich Ihrer Aussage, allein die
Versicherten seien für den Erfolg verantwortlich, nicht
ganz zustimmen, Herr Kollege Zöller – an die I-Karte, die
Disease-Management-Programme und die Fallpauscha-
len, alles Dinge, die die Leistungserbringer zwingen, et-
was zu tun.

Herr Parr, auf Sie möchte ich eigentlich gar nicht ein-
gehen. Nur so viel: Wenn ich die Wahlprogramme Ihrer
Partei lese und mir die Äußerungen Ihres Vorsitzenden
vor Augen führe, dann muss ich feststellen, dass Sie nur
von Privatisierung reden. Ihr Motto scheint zu sein: Ab
in die privaten Krankenversicherungen! Haben Sie ein-

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(C (D al darüber nachgedacht, wie hoch allein die Verwalungskosten der privaten Krankenkassen sind – sie sind ehr als doppelt so hoch wie die der gesetzlichen Kranenversicherung – und was es für Familien und Rentner edeutete, wenn sie die hohen Beiträge zur PKV zahlen üssten? Das wäre ein Unding hoch drei. Herr Parr, ich ann nur der Kollegin Selg zustimmen, die vorhin Ihre usführungen als eine interessengeleitete Rede zugunsen der PKV bezeichnet hat. Nichts anderes war Ihre ede! (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich komme zum Schluss. Ich bin froh, dass wir mit
em Gesundheitsmodernisierungsgesetz die beiden Soli-
argedanken – derjenige, der mehr verdient, hilft demje-
igen, der weniger hat, und der Gesunde ist für den
ranken da – erhalten haben und dass wir in Zukunft
en Solidargedanken mit unserem Gesetzesvorhaben zur
inführung einer Bürgerversicherung noch ausweiten
ollen. Denn es weitet ihn aus, wenn Besserverdienende
n der gesetzlichen Krankenversicherung zum Beispiel
en Hartz-IV-Empfängern helfen und die Beiträge sin-
en.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Wann kommt der Gesetzentwurf zur Bürgerversicherung?)


as ist eine gute Geschichte. Ich kann Sie nur auffor-
ern, Ihre Blockadehaltung in dieser Hinsicht aufzuge-
en. Wir alle sind froh, wenn die Bürgerversicherung
ommt, wie wir es vorsehen.


(Zuruf von der FDP: Wir nicht!)

Das kann ich mir vorstellen.
Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516309900

Die Aktuelle Stunde ist beendet.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 4 auf:

Beratung des Zwischenberichts der Enquete-
Kommission „Ethik und Recht der modernen Me-
dizin“
Patientenverfügungen
– Drucksache 15/3700 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
ie Aussprache eineinhalb Stunden vorgesehen. – Ich
öre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege

René Röspel, SPD-Fraktion.


René Röspel (SPD):
Rede ID: ID1516310000

Vielen Dank, Frau Präsidentin. –
Wie werde ich sterben? Werde ich unter starken

Schmerzen leiden müssen? Werde ich einsam sterben
müssen? Allein in einem Krankenhauszimmer? An Ka-
bel und Schläuche angeschlossen und einer nicht mehr
loslassen wollenden Medizin auf Gedeih und Verderb
ausgeliefert?

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das sind Fra-
gen, die für die meisten jüngeren Menschen – das ist
auch gut so – sicher noch kaum eine Rolle spielen. Für
viele sehr kranke oder ältere Menschen, für die der Tod
– oder treffender gesagt: das Sterben – näher kommt,
werden diese Fragen immer wichtiger.

Die Enquete-Kommission „Ethik und Recht der mo-
dernen Medizin“ des Deutschen Bundestages hat in der
letzten Legislaturperiode vor allem Themen bearbeitet,
die den Beginn des menschlichen Lebens betrafen,
Forschung an embryonalen Stammzellen und Präimplan-
tationsdiagnostik beispielsweise. In dieser Legislaturpe-
riode befasst sich die Enquete-Kommission nun auch mit
dem Ende des Lebens. Damit arbeiten wir an einem
Thema, das irgendwann in allen Familien besprochen
werden wird. Damit haben wir die Verantwortung ange-
nommen, uns mit den Fragen zu beschäftigen, die ich
eingangs erwähnte.

Ich bin überzeugt, dass wir auf diese Fragen Antwor-
ten bieten können. Wir werden das in einem Bericht zu
Palliativmedizin und Hospizbewegung tun, den wir
nächstes Jahr vorstellen werden. Wir werden mit unseren
Antworten vielen Menschen die Angst vor einem
schmerzvollen Tod nehmen können. Wir werden Mög-
lichkeiten aufzeigen, wie die Angst vor dem einsamen
Sterben genommen werden kann.

Dennoch bleibt es die Entscheidung eines jeden ein-
zelnen Menschen, seine individuelle Antwort auf die
eingangs erwähnten Fragen zu finden. Es ist auch sein
unabdingbares Recht, dies zu tun. Jeder einwilligungsfä-
hige Mensch, jeder, der in der Lage ist, die Bedeutung
und Tragweite seiner Entscheidung zu überblicken und
zu beurteilen, kann sein Recht auf Selbstbestimmung
wahrnehmen. Das kann auch bedeuten, dass er zum Bei-
spiel eine medizinische Behandlung ablehnt, sei sie noch
so vernünftig oder sogar lebensrettend. Ein Arzt dürfte
ihn dann nicht behandeln. Genauso gut aber könnte sich
der Patient noch in der letzten Minute für die Therapie
entscheiden, die er noch vor kurzem abgelehnt hat.

Schwierig wird die Suche nach den richtigen Antwor-
ten auf diese Fragen, wenn ein Patient nicht mehr einwil-
ligungsfähig ist und Dritte die Entscheidung für ihn tref-
fen müssen. In diesem Zusammenhang sehen viele
Menschen – man schätzt, bis zu 10 Prozent der Bevölke-
rung – eine Lösung darin, eine Patientenverfügung zu
verfassen. Unter einer Patientenverfügung versteht man
gemeinhin eine Willensäußerung, mit der jemand fest-
legt, in welcher Weise er medizinisch behandelt oder

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(C (D ben auch nicht behandelt werden möchte, falls er aus esundheitlichen Gründen nicht mehr selbst zustimungsfähig ist. Weil dieses Thema bei den Menschen zunehmend Be eutung erlangt und wir eine Verunsicherung bei der uslegung von Rechtsprechung bei Patienten und Ärztechaft feststellen können, hat die Enquete-Kommission m Oktober 2003 beschlossen, das Thema Patientenverügung aus ihrem Aufgabenbereich „Menschenwürdig eben bis zuletzt“ herauszunehmen und einen Zwischenericht dazu vorzulegen. Der Zwischenbericht, den wir heute debattieren, ist ach fast einjähriger intensiver Beratung auch unter Zuilfenahme externen Sachverstandes und nach Diskusionen in der Öffentlichkeit und Besuchen von Einrichungen wie zum Beispiel Hospizen entstanden. Lassen Sie mich an dieser Stelle noch einmal betonen, ür welchen beispielhaften parlamentarischen Glücksfall ch das Instrument der Enquete-Kommission des eutschen Bundestages halte. Die Arbeitsweise und die usammensetzung der Enquete-Kommissionen tun der arlamentarischen Arbeit gut. Es ist gut, dass sich unser arlament diese Freiheit bewahrt. 13 Mitglieder des Bundestages aus allen Fraktionen rbeiten mit 13 berufenen Sachverständigen gleichbeechtigt zusammen. Meinungsbildung und -austausch inden sehr häufig sehr intensiv und leidenschaftlich manchmal auch zum Leidwesen des Vorsitzenden – im lenum der Kommission statt. Jedes Mitglied bringt eine politischen und fachlichen, aber eben auch seine ersönlichen Erfahrungen in die Arbeit mit ein. Wohl eshalb finden Entscheidungen in der Regel über die arteigrenzen hinweg statt. Lassen Sie mich an dieser Stelle einen ganz herzli hen Dank an die Sachverständigen und an alle Mitareiter des Sekretariats der Enquete-Kommission richten, ie wirklich hervorragende Arbeit verrichtet haben. Auch die Diskussion zum Zwischenbericht „Patien enverfügung“ ist sehr intensiv geführt worden. Die Enuete-Kommission ist der Ansicht, dass der in einer Patintenverfügung geäußerte Wille eines Menschen rundsätzlich verbindlich ist, wenn die Verfügung freiillig und im Zustand der Einwilligungsfähigkeit abgeeben wurde. Arzt, Betreuer und Bevollmächtigter haen dann den Willen des Patienten umzusetzen, wenn es eine Anhaltspunkte für eine Willensänderung gibt. Einen Vorbehalt macht allerdings die absolute Mehr eit der Enquete-Kommission – wie ich finde, zu Recht –: ine Patientenverfügung kann nicht unabhängig vom rankheitsverlauf gesehen werden. Die Schwierigkeit iner Patientenverfügung ist nämlich, dass sie sich auf ine Situation in der Zukunft bezieht, auf den Krankeitsfall, in dem man nicht mehr selbst entscheiden ann. Dieser Fall ist fast nie genau vorherzusagen. Eine ngepasste ärztliche Beratung und Information, die vieleicht unvorhersehbare Möglichkeiten aufzeigt, aber imer auch Voraussetzung für eine selbstbestimmte René Röspel Entscheidung ist, kann nicht mehr durchgeführt werden. Es kann also dazu kommen, dass eine Patientenverfügung, die vor Monaten oder vielleicht vor Jahren von einem Gesunden verfasst worden ist, für eine jetzt eingetretene Krankheitssituation angewandt werden soll. Es kann sein, dass der ursprünglich geäußerte Wille dem jetzigen Wohl des Patienten elementar gegenübersteht. „Wenn ich einmal dement bin, will ich keine medizinische Versorgung mehr!“ – Was soll der Arzt tun, der diese Patientenverfügung liest, vor sich jedoch eine zwar demente, aber in ihrer Art fröhliche alte Frau sieht, die sich freut, wenn ihre Enkelkinder zu Besuch kommen? Soll er sie an einer Lungenentzündung sterben lassen, die durch Antibiotikagabe innerhalb weniger Tage wieder kuriert werden könnte? Die Mehrheit der EnqueteKommission sagt Nein und fordert eine gewisse Flexibilität, wenn es um die Entscheidung über Leben und Tod geht. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall im ganzen Hause)





(A) )


(B) )


Sie bewegt sich nach meiner Auffassung damit in einer
vermittelnden und abwägenden Position zwischen der
absoluten Selbstbestimmung und Durchsetzung des Wil-
lens auf der einen und dem Wohl des Menschen auf der
anderen Seite. Eine Minderheit der Kommission lässt
das Pendel eher zur Seite der vermeintlichen Selbstbe-
stimmung ausschlagen.

Diese Frage, wie man sich bei dem Konflikt zwischen
Wille und Wohl entscheidet, wird sicher auch die nun
beginnende parlamentarische Diskussion bestimmen.
Wir geben die Entscheidung nun in die Hände des Parla-
mentes und in die Verantwortung eines jeden und einer
jeden einzelnen Abgeordneten. Nutzen Sie zu Ihrer Ent-
scheidung die Grundlage, die wir mit unserem Zwi-
schenbericht anbieten!

Ich bin mir sicher, dass wir – gleich wie wir letztend-
lich entscheiden werden – bei dieser schwierigen Frage
des Lebens und Sterbens immer Härtefälle haben wer-
den. Deswegen wünsche ich uns allen eine glückliche
Hand und eine gute Entscheidung.

Danke.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU/CSU)


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516310100

Nächster Redner ist der Kollege Thomas Rachel,

CDU/CSU-Fraktion.

Thomas Rachel (CDU):
Rede ID: ID1516310200

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen

und Herren! Die Frage, wie man sich das Ende seines
Lebens vorstellt, ist eine sehr persönliche Frage. Die
meisten Menschen werden wohl den Wunsch haben, so
zu sterben, wie es die Bibel über Abraham schreibt: „alt
und lebenssatt“.

Mit der steigenden Lebenserwartung und dem
medizinischen und technischen Fortschritt erlangt das

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(C (D hema „Menschenwürdige Sterbebegleitung und Patienenverfügung“ zunehmend an Bedeutung. Der Umgang it Sterben und Tod ist ein zentrales Thema gerade uch für uns Christdemokraten, denn es hat Bezüge zum igenen Menschenbild. Nicht nur Wissenschaft und Politik, sondern auch die ffentlichkeit befassen sich mit der ethischen Fragestelung, was medizinisch am Lebensende eines Menschen ünschenswert, sinnvoll, aber auch problematisch oder ogar menschenunwürdig sei. Viele Menschen haben ngst vor einer Situation, in der sie nicht mehr selber inwilligungsfähig sind. Sie wollen nicht bei einer chweren Krankheit oder am Lebensende gegen ihren illen einer technisierten Medizin ausgeliefert sein. Uns ist es wichtig, die Menschen ernst zu nehmen. as heißt zum einen, die Palliativmedizin sowie die ospize auszubauen. Deutschland hängt auf diesem Geiet der Entwicklung in anderen europäischen Ländern rheblich hinterher. Die Hospizbewegung vermittelt urch ihren ehrenamtlichen Einsatz den sterbenden enschen das Gefühl, dass sie bis zuletzt geachtet und eliebt sind. Das heißt zum anderen, Patientenverfügunen und Vorsorgevollmachten zu ermöglichen. Diese steln eine Möglichkeit für die Menschen dar, konstruktiv uf solche Besorgnisse und Befürchtungen zu reagieren, nd bieten dem Patienten die Möglichkeit, zu vermeien, dass in der Situation einer Einwilligungsunfähigkeit twas mit ihm passiert, geschieht oder bei ihm unterlasen wird, was er selber nicht möchte. Für uns Christdemokraten stellen Patientenverfügun en und Palliativmedizin sowie Hospize einen humanen egenentwurf zur aktiven Sterbehilfe dar, wie sie leier in den Niederlanden praktiziert wird. Auch die Kirhen haben dies mit ihrer „Christlichen Patientenverfüung“ zum Ausdruck gebracht. Grundsätzlich gilt: Die Rechtmäßigkeit eines medi inischen Eingriffs ist von der Zustimmung des Paienten abhängig. Die Frage, mit der wir uns jetzt hier efassen, ist die, ob dies auch bei einer Festlegung für ie Zukunft, also einer Vorausverfügung im Falle eigeer Nichteinwilligungsfähigkeit uneingeschränkt gilt. ie Enquete-Kommission „Ethik und Recht der moderen Medizin“ des Bundestages hat sich für eine gesetzlihe Verankerung der Patientenverfügung ausgesprochen, m Rechtsklarheit zu schaffen. Sie hat jedoch eine inaltliche Begrenzung vorgenommen, die extrem weit eichende Verfügungen ausschließt. Insbesondere für rundleiden, die heilbar sind, wo es also Behandlungsöglichkeiten gibt, sollte kein Ausschluss lebenserhalender Maßnahmen im Voraus erfolgen können. (Beifall bei der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Bei Patientenverfügungen gibt es ein Spannungsver-
ältnis zwischen dem Schutz des Lebens auf der einen
eite und dem Recht auf Selbstbestimmung auf der an-
eren Seite. Doch was ist das eigentlich: Selbstbestim-
ung? Für Frau Zypries scheint die Antwort unproble-
atisch: Sie will die aktuelle Einwilligung in eine






(A) )



(B) )


Thomas Rachel

konkret in Aussicht gestellte Behandlung letztlich auf
das gleiche Niveau wie eine vor Jahren getroffene Verfü-
gung stellen. Beides soll im entscheidenden Moment das
gleiche Gewicht haben. Aus dem bürgerlichen Recht
wissen wir aber, dass es schon bei weniger schwer wie-
genden Festlegungen Einschränkungen gibt: Anfech-
tungsgründe, Kündigungsgründe und Möglichkeiten des
Widerrufs, um nur einiges zu nennen. Unser Recht geht
also relativ vorsichtig mit dem um, was Menschen
rechtsverbindlich erklären können. Ich denke, dies muss
erst recht bei Fragen gelten, bei denen es um Leben und
Tod geht.

Meine Damen und Herren, Selbstbestimmung bedeu-
tet zunächst etwas ganz Konkretes: Ich befinde mich in
einer bestimmten Situation und entscheide aufgrund und
in Ansehung dieser Situation, was ich tue und was gege-
benenfalls andere Menschen mit mir tun dürfen. Diese
aktuelle Selbstbestimmung erfährt in der Medizin keine
Einschränkung. Eine Zwangsbehandlung gegen den Wil-
len des Patienten ist nicht vertretbar. Hiervon zu trennen
ist jedoch die Möglichkeit des Menschen, im Voraus,
also für die Zukunft, eine bestimmte Entscheidung zu
treffen. Wir müssen uns klar machen: Menschen ändern
ihre Einstellungen im Laufe der Zeit. Erfahrungen, Le-
bensumstände, Alter, soziales Umfeld – all dies sind
Faktoren, die unsere Lebenspläne, unsere Wertvorstel-
lungen und das, was wir als erstrebenswert, als erträglich
oder als wünschenswert empfinden, verändern. Es sind
die großen Krisen des Lebens, die unsere eigenen Vor-
stellungen und Meinungen vom Leben verändern. Das
gilt natürlich erst recht für die Sterbephase.

Es besteht ein Unterschied zwischen einer Entschei-
dung in der Gegenwart und einer Verfügung für die Zu-
kunft. Wir müssen auch im Auge behalten, dass sich die
Festlegung für die Zukunft womöglich gegen den aktuel-
len Patientenwillen in einer konkreten Situation richten
kann. Wir müssen also mit Vorausverfügungen vorsich-
tig umgehen: Je schwerer eine Entscheidung wiegt und
je gravierender die Folgen eines Behandlungsverzichts
sind, desto mehr Vorsicht ist geboten. So stellt es zum
Beispiel einen Unterschied dar, ob ein Patient, der an ei-
nem tödlichen Krebsleiden erkrankt ist und in dessen
Gehirn sich Metastasen gebildet haben, für den Fall bald
eintretender Bewusstlosigkeit darum bittet, keine wei-
tere ärztliche Behandlung zu erfahren, oder ob jemand
einmal vor langer Zeit als junger Mensch verfügt hat,
dass er keine Wiederbelebung nach einem Unfall
wünscht, wenn die Gefahr besteht, dass er infolge dieses
Unfalls an einen Rollstuhl gebunden sein wird. Beides
sind doch völlig unterschiedlich gelagerte Fälle.

Die Enquete-Kommission hat in der Mehrheit emp-
fohlen, die Patientenverfügung auf die Fälle zu be-
schränken, in denen das Grundleiden irreversibel ist und
trotz medizinischer Heilbehandlung aus ärztlicher Sicht
zum Tode führen wird. Eine zeitliche Nähe zum Tod ist
damit nicht erforderlich. Mit dieser inhaltlichen Reich-
weitenbegrenzung versuchen wir, den Problemen und
Gefahren von Vorausverfügungen Rechnung zu tragen,
ohne das Selbstbestimmungsrecht des Patienten unver-
hältnismäßig zu beschneiden.

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(C (D Besonders bedenklich am Referentenentwurf von rau Zypries ist die Regelung zum mutmaßlichen Wilen. Ist der Patient einwilligungsunfähig und hat keine atientenverfügung erstellt, wird dem Betreuer oder Beollmächtigten eine unbeschränkte Entscheidungsbefugis eingeräumt. Da keine Vorausverfügung vorliegt, wird uf allgemeine Äußerungen zurückgegriffen. Die Entcheidung des Bevollmächtigten oder Betreuers wird lso regelmäßig auf Mutmaßungen beruhen. Hier könen auch Missverständnisse entstehen. Der Referentenentwurf sieht hierfür weder eine in altliche Begrenzung noch eine wirksame Kontrolle vor. ies schafft Missbrauchsgefahren und Rechtsunsichereiten. Es wird die Möglichkeit eröffnet, dass Dritte nicht der Patient – unbegrenzt über das Weiterleben es Patienten entscheiden. Der Bevollmächtigte kann soar gegen den Willen des Arztes den Behandlungsvericht verfügen. Dass ein Bevollmächtigter unter Umtänden ein fremdes Interesse am Unterlassen der ebensnotwendigen Behandlung haben kann, bleibt auer Acht. Die Enquete-Kommission hat demgegenüber ein be atendes Konsil empfohlen, das eine vorherige Anhöung des Pflegepersonals, der nahen Angehörigen oder itbehandelnder Ärzte sicherstellt. Meine Damen und Herren, das Thema Patientenver ügung ist aber nur ein Teilaspekt der Situation am Leensende. Wer die Patienten und ihr Selbstbestimmungsecht ernst nimmt, muss beachten, was sie sich am ebensende wünschen, nämlich nicht allein gelassen zu erden und nicht unter Schmerzen leiden zu müssen. ie CDU/CSU fordert deshalb eine Verbesserung der alliativmedizinischen Versorgung sowie einen Ausbau er Hospize. (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nicht nur die CDU/CSU!)


Unter den zahlreichen Briefen, die mich zu diesem
hema erreichen, schrieb mir ein Ehemann über das
terben seiner Frau folgende Zeilen: Meine Frau hatte
um Schluss Selbstbestimmung, Biografie und Sprache
erloren, nicht aber ihre Persönlichkeit. So weit reicht
ie Reduktion nicht. Anmut und Würde bleiben ihr bis
um Schluss erhalten. Von außen aber, für die Tüchtig-
eitsfanatiker, hätte ihr Leben sicherlich keinen Wert
ehr gehabt.
Ich denke, diese Zeilen müssen uns alle nachdenklich

timmen. Unsere Gesellschaft sollte sich der Auseinan-
ersetzung mit dem Tod stellen und diesen nicht aus
er Lebenswelt der Menschen verbannen. Nur so können
ir angemessene Wege für ein Sterben in Würde fin-
en.
Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516310300

Das Wort hat die Kollegin Christa Nickels, Bündnis 90/
ie Grünen.






(A) )



(B) )



Christa Nickels (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516310400

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

„Alte, gebt den Löffel ab!“, das war der Kommentar des
Jungliberalen Dittrich zum Armuts- und Reichtumsbe-
richt der Bundesregierung. Nein, er habe natürlich mit-
nichten einen rotzfrechen Appell zum pflegekassen- und
erbenfreundlichen Frühableben beabsichtigt, sondern al-
les ganz harmlos und anders gemeint. Aber dieser ver-
giftete Pfeil haftet mit Widerhaken und er verstärkt die
unterschwellige böse Botschaft, der sich Alte, schwer
und chronisch Kranke täglich ausgesetzt fühlen, wenn
sie auf allen Kanälen und Sendern und in Zeitungen mit
immer neuen Meldungen von explodierenden Pflegekos-
ten, der so genannten Vergreisung der Gesellschaft und
Pflegenotständen konfrontiert werden. Sie sehen sich ei-
nem aggressiven Jugend- und Vollkommenheitswahn
ausgesetzt, in dem ein gutes Leben im Rollstuhl, als De-
menzkranker oder – wie Sie hier sehr eindrucksvoll ge-
sagt haben, Herr Kollege Rachel – als Sterbender völlig
zu Unrecht überhaupt nicht mehr vorstellbar erscheint.

Viele alte Menschen haben dieses gesellschaftlich
vermittelte Zerrbild bereits verinnerlicht. Genau in die-
sem Sinne haben mir etliche alte Leute geschrieben, dass
ein Leben als schwer Pflegebedürftiger oder Demenz-
kranker nicht lebenswert sei und viel Geld zur Betreuung
verschlinge, für das die Gesellschaft, ihre eigenen Kin-
der und Enkelkinder sinnvollere Verwendungsmöglich-
keiten hätten. Das zu lesen tut mir ziemlich weh.

Die allermeisten Menschen wünschen sich ein Ster-
ben ohne unnötige Leiden und Schmerzen zu Hause,
pflegerisch und medizinisch gut betreut im Kreise ver-
trauter und lieber Menschen. Aber ganz im Widerspruch
zu diesem dringlichsten aller Wünsche sterben die meis-
ten in Krankenhäusern oder anderen Einrichtungen. Mit
dem Tod hat die Gesellschaft auch die Sterbenden aus
ihrer Mitte verbannt. Schon der Philosoph Walter
Benjamin hat darauf hingewiesen, dass die bürgerliche
Gesellschaft ihren Mitgliedern die Möglichkeit ver-
schafft hat, sich dem Anblick von Sterbenden zu entzie-
hen. Er schrieb:

Ehemals kein Haus, kaum ein Zimmer, in dem nicht
schon einmal jemand gestorben war. … Heute sind
die Bürger in Räumen, welche rein vom Sterben ge-
blieben sind, Trockenwohner der Ewigkeit, und sie
werden, wenn es mit ihnen zu Ende geht, von den
Erben in Sanatorien oder in Krankenhäusern ver-
staut.

Das Wissen darum, dass wir alle einmal sterben müs-
sen, steht im schroffen Gegensatz zum weit verbreiteten
Unwissen über Tod und Sterben und macht uns anfällig
für vermeintlich klare und eindeutige Auswege aus die-
sem Dilemma. Nur vor diesem Hintergrund ist über-
haupt zu verstehen, warum viele Menschen eine ver-
bindliche Patientenverfügung, die ohne jede Begrenzung
auch für den Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen bei
nicht tödlich verlaufenden Krankheiten gelten soll, für
den Königsweg zum Sterben in Autonomie und Selbst-
bestimmung halten. Begriffe wie Selbstbestimmung und
Autonomie suggerieren, dass das eigene Sterben mit ei-
ner Mentalität angegangen werden könne, die der Kar-

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(C (D iereplanung entspricht. Jeder, der jemals mit Kranken, chwer Pflegebedürftigen, Gehandicapten oder Sterbenen zu tun hatte, weiß, dass das völlig lebensfremd ist. Frau Ministerin Zypries, Sie wurden in einem Inter iew mit der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“ am 8. November 2004 mit dem Beispiel eines jungen, portlichen Menschen konfrontiert, der vorausverfügt, ass bei ihm nach einem schweren Unfall mit Querchnittslähmung alle lebenserhaltenden Maßnahmen abebrochen werden müssen, weil er nicht im Rollstuhl siten will. Die Frage, ob das umzusetzen sei, bejahten Sie: Wenn es eine völlig eindeutige Verfügung ist und die Eltern diese nur nicht akzeptieren wollen, haben sie keine rechtlichen Möglichkeiten. Ich frage mich: Wie können Lebenspartner, Kinder der Eltern mit solch einem Handeln weiterleben? In elche Rolle werden Ärzte und Pflegende gedrängt, deen Aufgabe das Helfen, Heilen, Lindern sowie die täglihe Pflege und Versorgung ist? In diesem Beruf erlebt an tagtäglich, dass Menschen, wenn sie ansprechbar nd bei Bewusstsein sind, auch in schwierigsten Situaionen, zum Beispiel einer Querschnittslähmung, zusamen mit ihren Ärzten und Verwandten durchaus Mut achende neue Lebensperspektiven entwickeln. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der CDU/CSU)


Besonders für Demenzkranke und Wachkomapatien-
en wird immer wieder die Möglichkeit einer Einstel-
ng der Ernährung eingefordert. Die Kollegen Röspel
nd Rachel haben schon darauf hingewiesen. Ich habe
3 Jahre als Krankenschwester gearbeitet, überwiegend
uf einer internistischen Intensivstation. Wir wissen aus
er Palliativmedizin, dass in der Sterbephase Ernährung
icht angezeigt ist, weil sie eher Unwohlsein und Unbe-
agen beim Patienten verursacht. Wir wissen aber nicht,
ie eine Einstellung der künstlichen Ernährung zu ei-
em früheren Zeitpunkt, deutlich vor der Sterbephase,
om Patienten erlebt wird. Ganz klar sind aber die kör-
erlichen Folgen: Die Einstellung der Ernährung hätte
en Tod des Patienten nach Wochen, wenn sowohl die
rnährung als auch die Flüssigkeitsgabe eingestellt wird,
der – bei Fortsetzung der Flüssigkeitsgabe – bis zu Mo-
aten zur Folge. Im Klartext heißt das: Verhungern und
erdursten.
Ich bin als Krankenschwester nie in eine solche Lage

ekommen. Es ist für mich schlechterdings unvorstell-
ar, dass eine Patientenverfügung dies in Zukunft mög-
ich machen könnte.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


ie sollen wir Bundestagsabgeordnete den Schwestern
nd Pflegern klar machen, dass es zukünftig zu ihren
ufgaben gehören soll, Menschen zu pflegen und sie
leichzeitig über Wochen verhungern zu sehen?
Wer je Wachkomapatienten gepflegt hat – ich habe sie

epflegt –, erkennt an vielen Zeichen, ob er und sie sich
ohl fühlt oder ob dem Betreffenden etwas fehlt. Was






(A) )



(B) )


Christa Nickels

soll das für ein ärztliches Ethos sein, wenn Ärzte gesetz-
lich gezwungen würden, so etwas anzuordnen? Was soll
aus einer Gesellschaft werden, die im Namen von vor-
geblicher Autonomie und Selbstbestimmung nicht Ein-
willigungsfähige auf solche Art und Weise dem jämmer-
lichen Verhungern und Verdursten anheim gibt?

Frau Ministerin Zypries und Herr Kauch, niemand im
Bundestag verwechselt aktive und passive Sterbehilfe.
Ich brauche aber kein Prophet zu sein, um vorherzusa-
gen: Wenn in unseren Heimen und Krankenhäusern
Menschen auf diese Art und Weise verhungern und ver-
dursten, dann wird der Ruf nach aktiver Sterbehilfe so-
fort laut erschallen. Das ist ganz klar.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Trotz aller Probleme gehören wir zu den reichsten
Ländern der Erde. Aber da, wo es um Krankheit, Alter
und Sterben geht, haben wir noch beschämend viel zu
tun. Glücklicherweise gibt es seit Jahren eine langsam,
aber stetig wachsende Bürgerbewegung für ein men-
schenwürdiges Leben bis zum letzten Atemzug, maß-
geblich bewegt von den Hospizvereinen. Den Hospiz-
vereinen, denjenigen, die die Menschen pflegen und
einen großen Teil ihrer eigenen Lebensqualität zurück-
stellen, weil es ihnen wichtig ist, dass Menschen in unse-
rer Gesellschaft in Würde und gut aufgehoben krank sein
und sterben können, schulden wir sehr viel Dank. Ich
glaube, diesen Dank sollten wir alle immer wieder auch
bei unserer Wahlkreisarbeit aussprechen. Das will ich
auch hier tun: Vielen herzlichen Dank!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Diese beruflich oder ehrenamtlich Tätigen und die
Familienangehörigen sollten wissen: Sie haben im Parla-
ment gute Bündnispartner, die wirklich notwendigen,
überfälligen Maßnahmen in Angriff zu nehmen. Eine da-
von – aber nicht die bedeutendste – ist die Verbesserung
der Patientenverfügung als wichtiges Indiz für den Wil-
len der Patienten. Das heißt aber auf gar keinen Fall, die
Patientenverfügung zum Goldenen Kalb der Patienten-
autonomie aufzublasen und sie zu vergötzen.

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516310500

Nächster Redner ist der Kollege Michael Kauch,

FDP-Fraktion.


Michael Kauch (FDP):
Rede ID: ID1516310600

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die

FDP-Bundestagsfraktion und auch die Minderheit in der
Enquete-Kommission, zu der ich gehöre, begrüßen, dass
wir uns endlich auf der Grundlage des vorliegenden

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(C (D wischenberichtes über das zentrale ethische Thema der atientenverfügung austauschen können. Eines möchte ich voranstellen: Frau Nickels hat hier ieder ein Beispiel dafür gegeben, wie zur Emotionaliierung der Debatte Dinge vermischt werden, die nicht ermischt gehören. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


rau Nickels, zu der peinlichen Aufforderung, den Löf-
el abzugeben, möchte ich nichts sagen; das hat mit der
iskussion hier nichts zu tun. Aber die Hysterie, die Sie
chüren, ist doch nur dazu geeignet, eine sachliche Aus-
inandersetzung zu verhindern. Das ist ein gängiges Ar-
umentationsmuster und zeigt, in welcher Art und Weise
ie Mehrheit in der Kommission hier agiert.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ja eine Unverschämtheit!)


Wir reden im Zusammenhang mit der Patientenverfü-
ung eben nicht über aktive Sterbehilfe oder assistierten
uizid. Wir reden nicht über die gezielte Tötung von
enschen. Es geht auch nicht um die Verweigerung in-
izierter und gewünschter Behandlungen. Vielmehr
treiten wir über die Regeln für Patientenverfügungen,
ie vorsehen, eine Therapie abzubrechen oder gar nicht
rst aufzunehmen. Es geht nicht um Töten. Es geht um
terben-Lassen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


s geht darum, der Natur ihren Lauf zu lassen, wenn der
atient das wünscht.
Bereits im Juni 2004 haben die Liberalen als erste und

inzige Fraktion einen Antrag zur Stärkung der Patien-
nautonomie und Patientenverfügung in den Deutschen
undestag eingebracht. Leitbild ist dabei unser liberales
enschenbild, das eines Menschen, der über sein Leben
uch in existenziellen Fragen so weit wie möglich selbst
ntscheiden kann, ein Menschenbild, das Selbstbestim-
ung Vorrang vor Überlegungen Dritter gibt – und
eien sie noch so fürsorglich.
Frau Nickels, der Arzt kann gehen; der Patient kann

s nicht. Wenn sich ein Arzt aus seinen ethischen Grund-
berzeugungen heraus nicht in der Lage sieht, eine Wil-
nserklärung eines Patienten umzusetzen, dann muss er
afür sorgen, dass ein anderer Arzt den Patienten be-
eut. Wenn sich kein Arzt findet, der es aufgrund seines
rztlichen Ethos für vertretbar hält, dem Patientenwillen
u folgen, dann werden wir es wahrscheinlich mit einer
atientenverfügung zu tun haben, die nicht anwendbar
nd umsetzbar ist.
Sie aber drehen die Argumentation um. Der Arzt
uss dies mit seinem Ethos vertreten; das ist Ihre zen-
ale Argumentation. Nein, Frau Nickels, der Patient ist
er Schwache, der nicht gehen kann und der vom Recht
eschützt werden muss.






(A) )



(B) )


Michael Kauch


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer vermischt denn jetzt?)


Die eigentliche Trennlinie zwischen den Lagern in
dieser Diskussion liegt zwischen einem fürsorglichen
Paternalismus, der Zwangsbehandlung in Kauf nimmt,
und dem Vertrauen auf die Kraft und Urteilsfähigkeit des
einzelnen Menschen.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vor Ihrem Menschenbild gruselt es mich aber!)


Um es klar zu sagen: Wir haben keine naive Vorstellung
von einem autonomen Individuum. Natürlich ist der
Mensch in Beziehungen eingebettet. Er hat auch innere
Zwänge. Gerade bei der Patientenverfügung kommt
hinzu: Er verfügt etwas für die Zukunft, etwas, was er
nicht abschätzen kann, bei dem es Unsicherheiten gibt.
Der vorausverfügte Wille ist immer schwächer als der
aktuelle Wille. Aber was ist die Alternative? Die Alter-
native zu diesem schwächeren eigenen, vorausverfügten
Willen ist die Fremdbestimmung durch Dritte. Bei aller
Relativierung des autonom handelnden Menschen kann
ich als Liberaler nur sagen: Wir entscheiden uns – im
Leben wie im Sterben – für die Selbstbestimmung.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sind der Erste, der für seine Partei argumentiert!)


Meine Damen und Herren, die moderne Intensivme-
dizin hat bedeutende Möglichkeiten geschaffen, Leben
zu retten und zu verlängern. Manche Menschen erleben
dies als Chance, andere als unwürdige Behandlung. Die
Frage, ob lebenserhaltende Maßnahmen ein Geschenk
oder eine Qual sind, kann nur der einzelne Mensch für
sich entscheiden.

Jede medizinische Maßnahme – und eben nicht der
Verzicht darauf – ist durch die Einwilligung des Patien-
ten zu rechtfertigen. Eine Zwangsbehandlung ist Kör-
perverletzung; dem Arzt drohen strafrechtliche Konse-
quenzen. Das gilt im Grundsatz auch für den nicht
einwilligungsfähigen Patienten. Die FDP will deshalb
die rechtliche Verbindlichkeit von Patientenverfügungen
stärken. Die Patienten brauchen Rechtssicherheit, insbe-
sondere dann, wenn sie am schwächsten sind, weil sie
nicht mehr kommunikationsfähig sind und sich deshalb
nicht mehr wehren können.

Das Recht auf Selbstbestimmung über den eigenen
Körper gehört zum Kernbestand der durch das Grundge-
setz geschützten Würde und Freiheit des Menschen. Wir
bedauern daher, dass die Mehrheit der Enquete-Kom-
mission die Begrenzung der Reichweite von Patienten-
verfügungen nicht ablehnt. Meine lieben Kolleginnen
und Kollegen der Kommissionsmehrheit, mit Ihrem Ent-
wurf setzen Sie die Patientinnen und Patienten gegen ih-
ren erklärten Willen Zwangsbehandlungen aus. Damit
wird das Gegenteil von dem erreicht, was sich die En-
quete-Kommission ursprünglich zur Aufgabe gemacht
hat.

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(C (D (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ein Quatsch!)


enn die Rechtsfigur des „irreversibel tödlichen Ver-
aufs“ macht den Patienten von einer ärztlichen Pro-
nose abhängig; diese ist aber genauso mit Unsicherhei-
en verbunden wie die Vorausverfügung des Patienten.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Für den Anwendungsfall des Wachkomas geht die
ommissionsmehrheit mit Blick auf die Selbstbestim-
ung noch hinter die Rechtslage zurück. Die Bundes-
rztekammer sagt, dass es sich nicht um Sterbende han-
elt – das ist richtig – und sie deshalb auch ernährt
erden müssen. Allerdings sagt sie weiter: unter Beach-
ung ihres Willens. Diese Einschränkung wischt die En-
uete-Kommission einfach weg. Auch gegen den Willen
er Patienten sollen Magensonden gelegt, Sehnen zer-
chnitten, Antibiotika verabreicht und Reanimationen
urchgeführt werden.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der mutmaßliche Wille ist es bei Ihnen!)


as hat mit Selbstbestimmung nichts zu tun.
Auch über religiös motivierte Behandlungsbeschrän-

ungen setzen Sie sich locker hinweg. Wenn ein Zeuge
ehovas sagt, niemals eine Bluttransfusion zu wollen,
uch wenn er deshalb sterben muss, dann halte ich das
ür tragisch und falsch, aber ich muss es achten. Durch
ine Zwangsbehandlung würde in diesem Fall nicht nur
ie Menschenwürde, sondern auch die Religionsfreiheit
it Füßen getreten.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die FDP möchte, dass Therapiebegrenzungen, Thera-
iewünsche und Therapieverbote in jeder Krankheits-
hase möglich sind. Das gilt ausdrücklich nicht für die
asispflege; sie muss immer sichergestellt sein, bei-
pielsweise das Waschen und das Befeuchten der Lip-
en. Voraussetzung ist, dass die Patientenverfügung klar
efiniert und anwendbar ist und dass sie – das ist etwas,
em die FDP große Bedeutung zumisst – dem Patienten
och personal zurechenbar ist. Hier kommen wir zu dem
all der Demenzkranken. Wenn die Patientin, wie be-
chrieben, offensichtlich glücklich lebt und gar nicht
ehr die Persönlichkeit darstellt, die sie einmal war,
enn sie auch nicht mehr weiß, dass sie einmal eine Pa-
ientenverfügung abgegeben hat, dann muss man dies
atürlich anders bewerten, als wenn jemand, durch einen
nfall verursacht, im Wachkoma liegt, seinen Willen
lso nicht mehr ändern konnte und auch keine Willenser-
lärung mehr abgeben kann.


(Dr. Wolfgang Wodarg [SPD]: Wer bewertet dann neu? – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Woher wissen Sie, was er fühlt?)







(A) )



(B) )


Michael Kauch

– Die Prüfung und Bewertung der Anwendung haben die
Entscheider vorzunehmen,


(Dr. Wolfgang Wodarg [SPD]: Rechtsanwalt oder Arzt?)


also entweder, wie es Frau Zypries und die FDP wollen,
im Falle des Konsenses der Arzt und der Betreuer bzw.
Angehörige oder eben, wie Sie es wollen, das Vormund-
schaftsgericht.

Wir von der FDP setzen uns – darin unterscheiden wir
uns von dem anderen Minderheitenvotum – nur für die
Schriftform ein, nicht für Aktualisierungs- und Bera-
tungspflichten. Denn wir denken, dass es an der Lebens-
wirklichkeit vor allem älterer Menschen vorbeigeht,
wenn bestimmte Willenserklärungen nur deshalb un-
wirksam werden, weil der Stichtag vergessen wurde, an
dem eine weitere Unterschrift fällig war.

Kurz vor unserer Debatte hat Frau Zypries ihren Ge-
setzentwurf überraschend zurückgezogen. Wir waren
nicht in allen Punkten mit ihm einverstanden, aber wir
haben in der Richtung übereingestimmt. Sie sind leider
mit Ihrem Gesetzentwurf an den paternalistischen Hard-
linern von Rot-Grün gescheitert.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das ist dem Ernst dieses Themas nicht angemessen!)


Aus Sicht der FDP ist diese Entscheidung eine Bankrott-
erklärung. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten von der
Politik zu Recht eine Entscheidung in dieser Frage, die
die Bundesregierung aber nicht herbeigeführt hat.

Die Verbindlichkeit und der Anwendungsbereich von
Patientenverfügungen müssen noch in diesem Jahr neu
geregelt werden. Wir können die Neuregelung nicht wie-
der auf die nächste Legislaturperiode verschieben. Die
Menschen erwarten eine Antwort. Das Parlament muss
jetzt handeln.

Wir haben als einzige Fraktion einen Antrag zur Pati-
entenverfügung in den Bundestag eingebracht. Wir wer-
den auf dieser Grundlage gemeinsam mit denjenigen im
Parlament, die ähnlich denken wie wir, einen Gesetzent-
wurf erarbeiten, um diesen als Gruppengesetzentwurf in
den Deutschen Bundestag einzubringen und eine Ent-
scheidung herbeizuführen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516310700

Das Wort hat der Kollege Dr. Wolfgang Wodarg,

SPD-Fraktion.

Dr. Wolfgang Wodarg (SPD):
Rede ID: ID1516310800

Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kol-

legen! Der Streit, den wir heute erleben, und die Art und
Weise, in der er geführt wird, stimmen mich sehr nach-
denklich. Der Ton, den Herr Kauch eben angeschlagen
hat, als er von Rechtsfiguren und Zwangsbehandlung ge-
sprochen hat, verrät ein tiefes Misstrauen gegenüber al-
len Strukturen, auf die wir angewiesen sind, wenn wir

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(C (D rank sind. Das spricht aus dem, was von Herrn Kauch ben dargestellt worden ist und was wir heute diskutieen. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage nach lternativen. Das Pflegepersonal und das ärztliche Peronal in den Krankenhäusern beklagen sich sehr über ine Verrechtlichung der Medizin. Sie sind an Qualiätsnormen gebunden, die sich am BGB orientieren. Sie aben Behandlungsauflagen und Wirtschaftlichkeitsaufagen zu erfüllen, was sie auch tun. Das ist vermutlich uch notwendig, aber es steht zum Teil im Widerspruch u dem, was sie aus Sorge und Fürsorge gegenüber den atienten für richtig halten. Ich wünsche mir, dass wir Regelungen schaffen, die as wertvolle Gut der Empathie des Pflegepersonals nd der Ärzte auch in Zukunft aufrechterhalten und die icht dazu führen, dass Menschen gegen ihr Gewissen andeln müssen. Sie argumentieren, dass man sich chließlich einen anderen Arzt suchen könne. Das ist ber im Krankenhaus nicht so einfach. Im Krankenhaus ibt es Regeln und Hierarchien. Die Regeln müssen auch erlässlich sein, weil mit ihnen Haftungsfragen und echtliche Konsequenzen verbunden sind. Wenn an die Stelle medizinischer Regeln und des Sor eauftrags etwas Formales tritt, was allein kraft seiner chriftlichen Form Gültigkeit hat und nicht aus Empathie nd Sorge entstanden ist, dann bedeutet dies einen Verust, den wir nicht ersetzen können. Ich möchte Ihnen ein Beispiel anführen, um zu versu hen, das Dilemma ein wenig deutlicher zu machen. Ein hemann hat eine Patientenverfügung verfasst, in der estgeschrieben wird, dass in dem Fall, dass er in ein oma fallen sollte, nach sechs Wochen alle Apparate nd Maschinen ausgeschaltet und alle weiteren ärztchen Maßnahmen eingestellt werden müssen. Aufgrund ines Unfalls kommt er in genau die von ihm unmissvertändlich beschriebene Situation. Als sechs Wochen verangen sind, müssten nach dem Wortlaut der Verfügung lle lebenserhaltenden Maßnahmen eingestellt werden. eine Frau, die als Betreuerin eingesetzt ist, berät sich in ieser Situation mit den behandelnden Ärzten. Die Ärzte rläutern ihr, dass noch eine gut begründete Hoffnung esteht, dass ihr Mann wieder zu Bewusstsein kommen önnte. Daraufhin entscheidet sie sich gegen die Patienenverfügung und für die Weiterbehandlung ihres Manes. Nach einer gewissen Zeit gelingt es den Ärzten, ihen Mann aus dem Koma zu holen. Heute ist er am eben und auf dem Wege der Besserung. Wäre dagegen eine Patientenverfügung angewandt worden, wie es in em inzwischen zurückgezogenen Gesetzentwurf des MJ zwingend vorgeschrieben werden sollte, dann wäre ieser Mensch heute tot. Oft wird einem, wenn man einen solchen Fall schil ert, entgegengehalten, eine Patientenverfügung müsse atürlich interpretiert werden, Patientenverfügungen ürden nur in den seltensten Fällen auf die tatsächlich ingetretene Situation wirklich passen und Ähnliches. aher sei es auch nicht zwingend, eine problematische erfügung um jeden Preis umzusetzen. Dr. Wolfgang Wodarg Das mag zwar in vielen Fällen so sein. Aber in dem gerade geschilderten Fall war es nicht so. Die Verfügung war absolut unzweifelhaft und eindeutig. Außerdem war genau die Situation eingetreten, die der Patient in seiner Verfügung beschrieben hatte. Daran gibt es nicht das Geringste zu deuteln. Die Ärzte und Angehörigen haben die Verfügung nicht interpretiert, sondern sie haben sich klar und bewusst gegen die Verfügung entschieden. Dafür hatten sie mehr als gute Gründe; denn sie konnten sicher sein, dass der Patient, wenn er in der konkreten Situation unter Kenntnis aller Umstände zu entscheiden gehabt hätte, eine andere Entscheidung getroffen hätte als die, die er vielleicht Jahre zuvor, als er seine Patientenverfügung verfasst hatte, niedergelegt hatte. Auch muss man sich einmal vorstellen, was es für Ärzte, Pflegepersonal und Betreuer bedeutet hätte, wenn per Gesetz festgelegt worden wäre, dass eine Patientenverfügung eine rechtsverbindliche Willenserklärung im Sinne des BGB darstellt. Dann hätten sie sich nämlich der Körperverletzung strafbar gemacht. Kein Arzt würde einen Patienten, der über das, was medizinisch möglich ist, genau aufgeklärt ist, gegen seinen erklärten und stabilen Willen behandeln; darüber sind wir uns alle einig. Wer nicht behandelt werden will, der darf auch nicht behandelt werden; daran gibt es überhaupt keinen Zweifel. Aber dieser Grundsatz lässt sich nicht eins zu eins auf das Thema Patientenverfügung übertragen. Ein Patient, der im Koma liegt oder dement ist, hat nicht die Chance, die aktuelle Situation zu beurteilen und auf dieser Grundlage seine Entscheidung zu treffen. Er hat seine Entscheidung lange Zeit zuvor auf der Grundlage seines damaligen Wissensstandes und seiner damaligen Haltung getroffen. Vielleicht gibt es aber inzwischen neue therapeutische Möglichkeiten. Vielleicht haben sich seine Einstellungen inzwischen gewandelt. Vielleicht kann er trotz einer Demenz noch Freude am Leben haben, was diejenigen, die den Patienten kennen, bemerken. Entsprechende Beispiele haben wir gehört. Deshalb darf eine Patientenverfügung nicht als fortwirkende rechtsverbindliche Willenserklärung im Sinne des BGB angesehen werden, sondern sie ist die Äußerung eines Wunsches, die immer im Licht der eingetretenen Situation bewertet und ausgelegt werden muss. Das erfordert eingehende Beratung, die nicht von nur einem Arzt oder einer Pflegekraft geleistet werden soll. Vielmehr fordert die Enquete-Kommission – das halte ich für den wichtigsten Vorschlag, den sie erarbeitet hat –, dass es ein Konsil geben muss: Alle Personen, die dem Patienten gegenüber Verantwortung tragen – die Ärzte, das Pflegepersonal, die Angehörigen oder Betreuer sowie die Bevollmächtigten – sollten zusammenkommen und gemeinsam überlegen, was der Patient vor dem Hintergrund der vorliegenden schriftlichen und mündlichen Willenserklärungen in seiner gegenwärtigen Situation wollen würde. In einem solchen Fall ist die Interpretation dieser Personen die beste Grundlage für eine Entscheidung. n K m d s d w n a G s z i h d d 4 t d w Z s Ä I C K e m i v s l v m w K k (C (D Ich bin der Meinung, dass es nicht schadet, sondern ützlich ist, wenn das Vormundschaftsgericht davon in enntnis gesetzt wird. Ich möchte nicht, dass das Vorundschaftsgericht entscheidet. Allerdings möchte ich, ass solch schwerwiegende Entscheidungen – die viel chwerwiegender sind als Haushaltsauflösungen, die em Vormundschaftsgericht selbstverständlich vorgelegt erden müssen – zumindest erfasst werden. Nur so könen wir gewährleisten, dass wir in Deutschland – anders ls in der Schweiz, wo private Organisationen gegen eld Suizidhilfe betreiben – überhaupt wissen, was pasiert. Das Beispiel aus der Schweiz, das genannt wurde, eigt, dass fast alle Menschen, die einen solchen Service n Anspruch genommen haben, gestorben sind. Herr Kollege! Aber in den Fällen, in denen die Patienten genug Zeit atten, um sich ihre Entscheidung zu überlegen, und in enen sie das tödliche Mittel nach Hause mitnehmen urften, wie es in Oregon der Fall ist, sind nur 0 Prozent so gestorben, wie sie es einmal geplant haten. Herr Kollege, Sie müssen zum Ende kommen. Hier ist ein Wandel eingetreten. Deshalb denke ich, ass wir eine falsche Patientenautonomie fordern, wenn ir das Ganze verrechtlichen. Wir haben noch genug eit, hier über dieses Thema zu diskutieren. Derzeit beteht kein Zeitdruck. Daher sollten wir nicht vorschnell nderungen der rechtlichen Regelungen beschließen. ch freue mich auf die Debatte. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


(Otto Fricke [FDP]: Und im Zweifelsfall?)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516310900
Dr. Wolfgang Wodarg (SPD):
Rede ID: ID1516311000
Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516311100
Dr. Wolfgang Wodarg (SPD):
Rede ID: ID1516311200


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516311300

Nächster Redner ist der Kollege Wolfgang Zöller,
DU/CSU-Fraktion.

Wolfgang Zöller (CSU):
Rede ID: ID1516311400

Grüß Gott! Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
ollegen! Mit der Entwicklung der Spitzenmedizin ist
ine Dimension der persönlichen Betroffenheit und da-
it auch der persönlichen Verantwortung erreicht, die es
m Zusammenhang mit medizinischen Möglichkeiten
orher so nicht gegeben hat. Deshalb ist es selbstver-
tändlich, dass die Menschen in solchen Situationen ver-
ässliche Orientierung brauchen. Sie müssen sich darauf
erlassen können, dass Mediziner, Juristen und Politiker
it den wachsenden Möglichkeiten der Medizin verant-
ortlich umgehen.
Aber trotz aller Fortschritte, trotz vieler Erfolge,
rankheiten auch im hohen Alter noch wirksam zu be-
ämpfen, gibt es selbstverständlich Grenzen. Sterben ist






(A) )



(B) )


Wolfgang Zöller

in der Regel nicht die Folge des Scheiterns ärztlichen
Bemühens. Das muss man gerade vor dem Hintergrund
der hohen Erwartungshaltung an die Medizin immer
wieder neu betonen. Sterben lassen – das ist auch ein
Stück Respekt vor der Würde von Menschen, die nicht
mehr behandelbar sind und denen ein qualvoller Tod er-
spart werden sollte.

Aber wann sind diese Grenzen der Therapie und des
ärztlichen Heilauftrages erreicht? Gibt es Grenzen der
Zumutbarkeit für die Patienten? Wann kann ein Medizi-
ner es überhaupt verantworten, den letzten Schritt, den
Therapieverzicht, zu gehen? Ist das mit seinem Berufs-
ethos vereinbar? Wann hat das Selbstbestimmungsrecht
des Patienten Vorrang vor der Garantenpflicht des Arz-
tes?

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das sind Fra-
gen, die gerade bei der Behandlung älterer und schwerst-
kranker Menschen für Ärzte und Angehörige nicht nur
schwer zu beantworten, sondern oft auch schwer erträg-
lich sind.

Die Grenzen der Behandlung kann auch der Gesetz-
geber nicht Punkt für Punkt definieren. Man kann nicht
in Richtlinien festhalten, wann im Einzelfall eine Thera-
pie an ihre Grenzen stößt. Das ist angesichts der Kom-
plexität von Krankheiten im Alter weder möglich noch
wünschenswert. Damit würde sich nämlich der Staat
sehr schnell zum Zensor ärztlichen Handelns machen.

Das ärztliche Berufsethos steht und fällt damit, dass
der Arzt keine andere Aufgabe übernimmt als den Dienst
am Leben. Er ist damit ein Anwalt des Schutzes mensch-
lichen Lebens und der Menschenwürde verpflichtet.
Aber ebenso selbstverständlich ist es, dass es auch nicht
human sein kann, jeden Menschen, dessen Organismus
definitiv versagt und dessen Leben zu Ende geht, mit al-
len Mitteln der Technik am Leben zu erhalten.

Schutz menschlichen Lebens – das kann für einen
Todkranken auch heißen, ihm jede erdenkliche Hilfe in
der letzten Lebensphase im Sinne einer Hilfe im Ster-
ben zu gewähren. Menschen haben ein Recht darauf,
dass man sie menschenwürdig sterben lässt, wobei aller-
dings auch gilt: Nicht alles, was ein Patient will, zum
Beispiel seine Tötung, kann der Patient erzwingen. Hier
hat die Selbstbestimmung eine klare Grenze.

Aber nichts, was er nicht möchte, muss er sich gefal-
len lassen, zum Beispiel eine Operation zur Verlänge-
rung des Sterbeprozesses. Denn nicht die Effizienz der
Apparatur, sondern die an der Achtung des Lebens und
der Menschenwürde ausgerichtete Einzelfallentschei-
dung bestimmt die Grenzen der Behandlungspflicht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolle-
ginnen und Kollegen, Sterbebegleitung – das heißt, Hilfe
im Sterben – ist etwas ganz anderes als Hilfe zum Ster-
ben. Die absichtliche Tötung, die gewaltsame Beendi-
gung des Lebens, also die so genannte aktive Sterbehilfe
und damit auch Tötung auf Verlangen, rühren an die
Grundlagen der Menschlichkeit in unserer Kultur.

Die Enquete-Kommission hat die Patientenverfü-
gung zu Recht eingebettet in das große Ganze der Bemü-

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(C (D ungen um ein menschenwürdiges Leben bis zuletzt. enn wir uns dem Thema „Tod und Sterben“ allerdings on der Seite der Patientenverfügung her nähern, zäuen wir das Pferd quasi von hinten auf. Die Patientenerfügung und der berechtigte Wunsch nach Selbstbetimmung dürfen eben nicht abgekoppelt werden von en Bemühungen um eine Stärkung der Hospizarbeit nd der Palliativmedizin. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Neben der medizinischen Behandlung und Pflege um-
asst die Sterbebegleitung aber auch eine ganz persön-
iche Betreuung. Es geht um den Aufbau einer Bezie-
ung, in der sich der Patient angenommen und mit
einen Sorgen und auch mit seinen Ängsten nicht allein
elassen fühlt. So darf gerade Zeit am Sterbebett kein
napp kalkuliertes Gut sein. Zuwendung, insbesondere
espräche mit Sterbenden über Belastendes, sind, wie
ch meine, unverzichtbarer Bestandteil einer angemesse-
en, würdigen Begleitung im Sterbeprozess.


(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Norbert Lammert)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Auseinander-

etzung darf die Gesellschaft aber nicht allein den so ge-
annten Profis wie Ärzten, Krankenschwestern und Pfle-
ern überlassen bzw. aufbürden. Die Bereitschaft in
nserer Gesellschaft muss wachsen, hier in der Familie,
m Freundes- und Bekanntenkreis wieder mehr Verant-
ortung zu übernehmen. Es scheint modern zu sein, in
eziehungen möglichst unverbindlich zu sein. Aber was
acht Partnerschaft und Familie noch aus, wenn die Be-
iehungen nicht die Tiefe haben, dass sie Fürsorge und
egleitung bis zuletzt umfassen?


(Beifall des Abg. Otto Fricke [FDP])

eshalb muss die Betreuung Sterbender insgesamt da-
auf ausgerichtet sein, so viel Lebensqualität wie mög-
ich zu erhalten. Dazu gehört auch jede schmerz-
indernde Therapie und ganz besonders menschliche
uwendung. Wenn wir in diesem Geist gemeinsam das
iel erreichen, hätte der Bundestag eine sehr menschli-
he Aufgabe positiv erledigt.
Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1516311500

Kollege Zöller, als ich hier vor zwei Stunden vom

orsitz der Sitzung abgelöst wurde, haben Sie geredet.
etzt komme ich wieder, und Sie reden noch immer.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Trotzdem habe ich meine Redezeit eingehalten!)


as bringt meine Vorstellungen über die von den Frak-
ionen gewährten Redezeiten endgültig zum Einsturz.
Das Wort hat nun die Kollegin Irmingard Schewe-
erigk, Bündnis 90/Die Grünen.






(A) )



(B) )



(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Das Selbstbestimmungsrecht gehört zum Kernbereich
der grundgesetzlich geschützten Würde und Freiheit des
Menschen. Es wird durch die Willensäußerung des ent-
scheidungsfähigen Menschen ausgeübt. Relevante Fest-
legungen können auch in die Zukunft wirken. Das deut-
sche Recht stellt das Selbstbestimmungsrecht des
Menschen über seinen Körper höher als die Schutz-
pflichten anderer für sein Leben.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Das ist auch der Grund dafür, dass alle ärztlichen Ein-
griffe nur nach einer Einwilligung zulässig und ohne
Einwilligung strafbar sind.

Wie steht es aber um die Selbstbestimmung und
Menschenwürde der 70 Prozent aller Menschen, die in
Krankenhäusern oder Pflegeeinrichtungen sterben? Zwei
Drittel der im Krankenhaus Beschäftigten sagen dazu,
dass ein würdevolles Sterben im Krankenhaus nicht
möglich sei. Die meisten Mediziner sind sich einig: Der
Zeitpunkt und die Art des Sterbens werden zunehmend
von medizinischen Entscheidungen bestimmt. So sind
heute, wie es der Berliner Palliativmediziner Professor
Christof Müller-Busch sagt, Sterben und Tod zu einer
medizinischen Aufgabe geworden, da es immer weniger
von den Krankheiten selbst abhängt, wann der Tod ein-
tritt, sondern von medizinisch-ärztlichen Maßnahmen.
Er führt weiter aus, dass Sterben innerhalb medizini-
scher Institutionen letztlich immer nur dann ermöglicht
wird, wenn auf Maßnahmen verzichtet wird, die zu
einer, wenn auch begrenzten, Lebensverlängerung bei-
tragen könnten.

Aber gerade mit dieser Verzichtsentscheidung entste-
hen viele ethische Probleme und sie stellt in der Tat hohe
Anforderungen an alle Beteiligten. Da ist es gut, zu wis-
sen, wie die Person selbst entschieden hätte. In solchen
Situationen sind Patientenverfügungen und Vorsorge-
vollmachten, wie sie 20 Prozent aller im Hospiz Behan-
delten haben, wichtige Hilfen, um Entscheidungen zu
treffen, die dem Willen der Patientin und des Patienten
entsprechen. Hier stellt sich die zentrale Frage: Muss der
in einer Verfügung festgelegte Wille unabhängig vom
Krankheitsstadium befolgt werden – zumal wenn er
genau die Situation beschreibt – oder darf man den Wil-
len missachten, weil der Patient ihn nicht mehr bestäti-
gen kann und ein Dritter für ihn bzw. gegen ihn entschei-
det? Ich sage dazu: Nein. Ich finde, das wäre eine falsch
verstandene Fürsorge.

Nach einer Umfrage glauben 50 Prozent der befragten
Ärzte, es sei aktive Sterbehilfe, wenn sie aufgrund des
geäußerten Willens des Patienten die Atemgeräte abstel-
len. Das macht nicht nur fehlendes juristisches Wissen
deutlich, sondern das ist auch ein Indiz dafür, dass es zur
Nichtverwirklichung der Patientenautonomie kommt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


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(C (D Durch das BGH-Urteil vom 17. März 2003 wurde war die Verbindlichkeit einer Patientenverfügung bestägt, trotzdem herrscht in der Bevölkerung auch aufgrund er unterschiedlichen Rechtsprechung eine große Unsiherheit. Darum unterstütze ich das Bestreben der Bunesjustizministerin, das Selbstbestimmungsrecht durch esetzliche Regelungen auch am Lebensende zu stärken nd damit Rechtssicherheit zu schaffen. Das bedeutet icht den Einstieg in die aktive Sterbehilfe, wie das in er Vergangenheit vielfach behauptet wurde. Nur durch vier Voraussetzungen ist eine Patientenver ügung überhaupt wirksam: Erstens. Die in der Verfügung beschriebene Situation timmt mit der konkreten Situation überein. Zweitens. Der Wille ist noch aktuell; es gibt keine nzeichen einer Willensänderung. Drittens. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, ass die Verfügung durch äußeren Druck entstanden ist. Viertens. Es wird keine aktive Sterbehilfe verlangt. Ich habe den Eindruck, insoweit sind wir uns in die em Hause einig. Die in den letzten Monaten mit großer eftigkeit geführte Auseinandersetzung drehte sich aber arum, ob eine solche Patientenverfügung nur für den all Gültigkeit haben darf, dass das Leiden einen irreveriblen tödlichen Verlauf haben wird. Ich sage dazu: Nein. Wenn ein aktuell einwilligungs ähiger Mensch lebensverlängernde Maßnahmen ablehen kann, muss dieser Wille auch geachtet werden, wenn r im Voraus für eine bestimmte Situation geäußert urde, in der keine Äußerungsfähigkeit mehr gegeben st. Achtet man den Willen nämlich nur im Falle eines ödlichen Verlaufs des Leidens, dann bedeutet das im mkehrschluss eine Zwangsbehandlung, die nicht erubt ist. Wir alle kennen doch die Situation, in der der insatz in der Intensivmedizin dazu führt, dass Menchen jahrelang am Sterben gehindert werden. Ich bin aber auch der Meinung, dass in den nicht ster enahen Situationen besondere Anforderungen an die erbindlichkeit von Patientenverfügungen zu stellen ind, durch die einerseits das Recht auf Selbstbestimung geschützt und andererseits der Schutz schwerstbeinderter Menschen ermöglicht und Missbrauch vermieen wird. Darüber sollten wir in den nächsten Monaten aller Ruhe diskutieren. Ich muss aber sagen: Es kann nicht Aufgabe des Ge etzgebers sein, nur einem Teil der 180 verschiedenen erfügungsmuster Respekt und Anerkennung zu zollen nd das Selbstbestimmungsrecht, das in anderen Verfüungen zum Ausdruck kommt, zu missachten. Wenn es ierüber in diesem Hause keine Verständigung geben ollte, dann sollten wir überhaupt keine gesetzliche Reelung treffen, sondern alles so lassen, wie es ist. Ich danke Ihnen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)


(Beifall im ganzen Hause)







(A) )



(B) )



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1516311600

Das Wort hat nun die Bundesministerin Brigitte

Zypries.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1516311700

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren Abgeordnete! Die Enquete-Kommission hatte sich
mit allen Themen an der Schnittstelle von Ethik und
Recht zu befassen. Das sind immer Themen, die ganz
besonders emotional bestimmt sind und deren rechtliche
Bedeutung ganz besonders schwierig zu definieren ist.
Das zeigt sich auch wieder an der Debatte um den Gel-
tungsbereich der Patientenverfügung.

Es stellt sich die Frage, wie diese Gesellschaft mit
dem Tod umgeht. Sie steht immer im Hintergrund und
wurde von den Vorrednerinnen und Vorrednern schon
diskutiert. Jeder Einzelne hat aufgrund familiärer Ereig-
nisse oder aufgrund von Sterbefällen im Freundeskreis
einen eigenen Erfahrungshintergrund und meint, in ge-
wisser Weise mitreden zu können, wenn ich das so sagen
darf. Eine andere Frage ist, welche rechtliche Verbind-
lichkeit Entscheidungen in diesem Rahmen haben kön-
nen.

Ich finde es schön, dass die Debatte wieder einen ge-
wissen Grad an Sachlichkeit erreicht hat. Insbesondere
danke ich meiner Vorrednerin dafür;


(Zurufe von der CDU/CSU: Ja, das kann ich mir vorstellen! – Frau Nickels sollten Sie danken!)


denn das ist mir wichtig. Ich möchte auch gerne, dass
Sie hier zur Kenntnis nehmen, dass ich das Recht des
Parlaments sehr wohl achte. Es kann deshalb keine Rede
davon sein, dass ich einen Gesetzentwurf zurückgezogen
habe. Der entsprechende Entwurf war noch gar nicht
eingebracht, weil er über das Stadium eines Referenten-
entwurfs überhaupt nicht hinausgekommen ist.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Hubert Hüppe [CDU/CSU]: Gott sei Dank! – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war schon schlimm genug!)


Anlass dafür, dass wir angefangen haben, uns mit die-
sem Thema zu beschäftigen, war die Entscheidung des
Bundesgerichtshofs. Dass ein Bedarf besteht, sich mit
der Frage „Wie gehen wir in unserer Gesellschaft mit
Patientenverfügungen um?“ auseinander zu setzen, er-
hellt doch nicht zuletzt die Tatsache, dass es in Deutsch-
land bereits 7 Millionen Patientenverfügungen gibt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der CDU/CSU und der FDP)


Trotzdem besteht große Rechtsunsicherheit darüber,
welchen Geltungsbereich sie haben. Sie alle haben dazu
viel Post bekommen. Bei uns im Ministerium ist bisher
zu keinem anderen Thema so viel Post wie zu dieser
Frage eingegangen. Die Mehrzahl der Menschen treibt
die Frage um: Wie kann ich mich darauf verlassen, dass
das, was ich will, tatsächlich gemacht wird? Dieses Pro-

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(C (D lem bewegt die Menschen. Ich meine, dass sich der undestag damit auseinander setzen muss. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der CDU/CSU und der FDP)


Der Gesetzentwurf wurde also nicht zurückgezogen.
ielmehr wird der Entwurf von Joachim Stünker, dem
echtspolitischen Sprecher der SPD-Bundestagsfrak-
ion, und anderen Rechtspolitikern übernommen.

(Hubert Hüppe [CDU/CSU]: Der nicht vorhandene Gesetzentwurf wird übernommen!)

ieser Gesetzentwurf ist nicht allein in unserem Hause
ntstanden, sondern er beruht auf der langen Arbeit einer
rbeitsgruppe, in der Ärzte, Juristen, Vertreter der Hos-
izbewegung, Wohlfahrtsverbände, Patienten- und Ver-
raucherschutzverbände sowie die beiden großen Kir-
hen mitgewirkt haben. Es ist also nicht so, dass an
iesem Entwurf zwei Beamte gearbeitet und vorgegeben
aben, wie er aussehen soll, sondern all diejenigen, die
ich auch jetzt an diesem gesellschaftlichen Diskussions-
rozess beteiligen, waren auch damals dabei.
Ausgangspunkt der Überlegungen dieser Arbeits-

ruppe, die ich mir zu Eigen gemacht habe, war in der
at die Feststellung, dass jeder Mensch das Recht hat, in
eder Phase seines Lebens für sich zu entscheiden, ob
nd welche medizinischen Maßnahmen für ihn ergriffen
erden. Ich sage immer: Der Arzt empfiehlt die Thera-
ie und der Patient muss entscheiden, ob er sie macht.
as ist der normale Gang der Dinge.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


mgekehrt ist schön, dass auch klargestellt wurde, dass
ir nicht über aktive Sterbehilfe reden. Niemand darf
das ist ganz klar – einen anderen Menschen aktiv töten.
ötung auf Verlangen ist und bleibt strafbar. Darüber re-
en wir in diesem Zusammenhang gar nicht.
Wir stellen uns die Frage: Wie kann der Wille der
enschen, die sich nicht mehr artikulieren können,

ransportiert werden? Das kann sich zum einen auf die
rage beziehen – das möchte ich gerne noch einmal
eutlich machen –, was alles nicht gemacht werden soll;
ieser Aspekt ist schon mehrfach beleuchtet worden.
as kann sich zum anderen auch darauf beziehen, dass
emand in seiner Patientenverfügung festlegt, dass für
hn alles medizinisch Mögliche getan wird, damit er so
ange wie möglich lebt. Ich möchte herzlich darum bit-
en, dies bei der ganzen Debatte nicht zu vergessen. Es
eht nicht um die Frage: Wie sterbe ich schneller? Viel-
ehr geht es darum: Wie transportiere ich meinen Wil-
en? Natürlich kann der Wille auch darauf gerichtet sein
das sagte ich eben –, dass alles medizinisch Mögliche
nternommen wird. Diesen Punkt sollten wir nicht ver-
essen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)







(A) )



(B) )


Bundesministerin Brigitte Zypries

Ich möchte gerne noch drei Punkte ansprechen. Es

muss klargestellt werden, dass eine Patientenverfügung
so lange gilt, wie keine Anhaltspunkte dafür vorliegen,
dass sie widerrufen wurde. Das heißt, man muss von ei-
ner bestimmten Aktualität ausgehen. Ihre Beispiele von
mehrere Jahre alten Verfügungen lassen natürlich den
Patientenwillen fragwürdig erscheinen, weil man nicht
weiß, was sich in der Zwischenzeit verändert hat. Unsere
Arbeitsgruppe hat empfohlen – das hat mir eingeleuch-
tet –, an das Ende eine Gesamtschau des Lebens zu stel-
len und die Lebenssituation des Patienten zu beschrei-
ben, damit sich Arzt oder Ärztin ein Bild über die Person
machen können.

Die Patientenverfügung muss in jedem Krankheitssta-
dium gelten. Die Einschränkung der Reichweite, die hier
auch schon behandelt wurde, halte ich für nicht vertret-
bar. Ich möchte Sie bitten, dass bei der sicherlich statt-
findenden Anhörung dazu auch Verfassungsrechtler ge-
hört werden.


(Thomas Rachel [CDU/CSU]: Aber gerne!)

Mir scheint es in der Tat auch ein verfassungsrechtliches
Problem zu sein, inwieweit der Staat legitimiert ist, das
Selbstbestimmungsrecht der Menschen für einen be-
stimmten Zeitraum ihres Lebens einzuschränken.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der CDU/CSU und der FDP – Hubert Hüppe [CDU/CSU]: Das ist nicht nur eine juristische Frage!)


Solange jemand reden kann, ist das unbestritten. Wenn
die Krankheit einen irreversiblen tödlichen Verlauf
genommen hat, ist es auch unbestritten. Die Frage ist:
Woraus ergibt sich die staatliche Legitimation, in
einem bestimmten Stadium festzulegen, dass nun der
Mensch nicht mehr selber entscheiden darf? Das müssen
wir, der Gesetzgeber, legitimieren; denn sonst darf er
nicht in die Grundrechte eingreifen. Das ist das kleine
Einmaleins der Grundrechte.

Natürlich müssen Patientenverfügungen immer in ir-
gendeiner Form ausgelegt werden. Es wird selten sein
– das wurde schon gesagt –, dass der Fall hundertpro-
zentig eintritt. Insofern kann ich Ihr Beispiel, Herr
Wodarg, nicht ganz nachvollziehen. Selbstverständlich
steht dahinter die Einschätzung, dass nach einer be-
stimmten Zeit im Koma ein bestimmter Prozess einge-
treten ist. Wenn Ärzte aber bescheinigen können, dass
dieser Prozess eben nicht eingetreten ist, sondern es nur
eine Woche länger dauert als üblicherweise,


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

dann ist die Auslegung der Patientenverfügung, dass
er es so nicht gemeint hat, nur natürlich.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wann legt man aus und wann nicht? – Zuruf von der CDU/CSU: Irgendwann dürfen Sie nicht mehr auslegen!)


– Wir werden das alles diskutieren. Meine Redezeit läuft
mir leider weg.

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(C (D Ich komme zur Frage der zwingenden Formvorchriften. Wir hatten ursprünglich gesagt, dass die Patintenverfügung nicht schriftlich vorliegen muss. Wir haen jetzt mit Herrn Stünker darüber gesprochen und sind u der Überzeugung gekommen, dass es doch sinnvoll ein kann, der Schriftform wenigstens eine stärkere Verindlichkeit zu geben. Das werden wir noch diskutieren. ie das ausformuliert wird, muss Herr Stünker mit seier Gruppe entscheiden. Es kann in der Tat so sein, dass er schriftlich geäußerte Wille gegenüber dem mündlihen besonders hervorgehoben werden soll. Mir wäre ichtig, dass klar ist, dass erstens der mündliche Wille ilt und dass zweitens die schriftliche Verfügung auch ündlich widerrufen werden kann. (Thomas Rachel [CDU/CSU]: Das ist doch klar!)


ir wollen hinterher am Krankenbett nicht einen Streit
ber Formalitäten austragen. Das würde niemand wol-
n.
Ein Aspekt ist mir noch wichtig: Die generelle Ein-

chaltung des Vormundschaftsgerichts, die Sie und die
ehrheit der Enquete vorsehen, und auch die vorge-
chaltete Einbindung eines Konsils scheint mir in dieser
eneralität nicht praktikabel.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der CDU/ CSU und der FDP)


ir müssen auch darauf achten, was vernünftig ist.
enn weder beim Arzt noch beim Betreuer Zweifel über
en Patientenwillen bestehen, dann kann ich nicht erken-
en, warum ein Gericht angerufen werden soll. Ich
ürde herzlich bitten, darüber noch einmal zu diskutie-
en. Das Gericht sieht die Sache völlig von außen und
ennt weder den Patienten noch den Arzt oder den
rankheitsverlauf. Darüber hinaus hat es keinen medizi-
ischen Sachverstand. Das scheint mir nicht vernünftig.
Ich freue mich auf eine sachliche und intensive Dis-

ussion mit Ihnen in der nächsten Zeit.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der CDU/ CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1516311800

Nächste Rednerin ist die Kollegin Ute Granold, CDU/
SU-Fraktion.

Ute Granold (CDU):
Rede ID: ID1516311900

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!
ir haben uns vor wenigen Wochen erst im Rahmen der
weiten Änderung des Betreuungsrechts mit der Stär-
ung der Vorsorgevollmacht befasst und dabei dort und
uch in anderen reformbedürftigen Punkten großes Ein-
ernehmen in diesem Haus erzielt. Es bleibt zu hoffen,
ass uns das jetzt mit den anstehenden Beratungen zur
ritten Änderung des Betreuungsrechts ebenso gelingt.
s geht um die Patientenverfügung.
Wir wissen, dass die Thematik ungleich schwieriger

st als bei der Vorsorgevollmacht. Das kann man schon






(A) )



(B) )


Ute Granold

feststellen, wenn man sich mit dem Zwischenbericht der
Enquete-Kommission befasst, aber auch wenn man die
vielen Eingaben liest, die von Verbänden und Bürgern
kommen. Ich nenne stellvertretend für viele die Deut-
sche Hospiz-Stiftung und die beiden Kirchen.

Die Erwartungen, aber auch die Ängste der Menschen
in unserem Land müssen in den anstehenden Beratungen
aufgenommen werden. Im Spannungsfeld zwischen dem
grundrechtlich verankerten Schutz des Lebens und dem
ebenso im Grundgesetz verankerten Recht auf Selbstbe-
stimmung müssen auf breiter Basis tragbare Regelungen
gefunden werden.

Dabei geht es auch um die Frage nach dem wertge-
bundenen Maßstab von Politik, um die Frage nach dem
Menschenbild. Unser europäisches Menschenbild, das
auch unserer Verfassung zugrunde liegt, hat antike, jüdi-
sche und vor allem christliche Quellen. Dieses Men-
schenbild bestimmt sich über den Begriff der Würde, die
absolut ist. Wer diesen Absolutheitsanspruch versagt,
muss wissen, dass er damit Dritten eine Verfügungsvoll-
macht zubilligt, die das Ende der Selbstbestimmung ei-
nes Menschen bedeutet.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Die Würde des Menschen ist vor jeder Einschränkung
zu schützen, und zwar unabhängig von seiner augen-
blicklichen Verfassung. Die Würde ist unantastbar und
damit sind auch der eigenen Gestaltungsmacht Grenzen
gesetzt. Der Natur ihr Recht zu belassen, verlangt den
Verzicht auf sterbebeschleunigende Maßnahmen und ge-
bietet umgekehrt nicht den Einsatz einer lebensverlän-
gernden Maßnahme um jeden Preis.

Die Schlussfolgerung hieraus ist – bei einem christli-
chen Menschenbild – ein unmissverständliches Verbot
der aktiven Sterbehilfe. Passive Sterbehilfe hingegen,
die auf ein menschenwürdiges Sterben-Lassen hinzielt,
ist erlaubt, vielleicht sogar in einer größeren Zahl von
Fällen geboten.

Wenn nun die Frage gestellt wird: „Wer entscheidet,
was zu tun oder zu lassen ist?“, dann steht sicherlich der
Wille des Patienten – bei Begleitung durch den Arzt –
im Vordergrund. Gesetzgebung und Rechtsprechung ha-
ben hierbei einen Rahmen zu setzen, in dem eine Ent-
scheidung zu treffen ist. Letztlich fließen zahllose Ein-
zelgesichtspunkte in die Entscheidung ein, die ein kluges
und bedachtes Urteil erfordern.

Eine komplette Verrechtlichung dort vorzunehmen,
wo der Mensch dem Gang der Natur folgend die Grenze
zwischen Leben und Tod überschreitet, bringt uns keiner
Lösung näher; denn dann schlägt nicht die Stunde des
Juristen oder des Philosophen; dann geht es allein da-
rum, dass der Mensch dem Menschen als Mensch begeg-
net.

Die Erfahrungen in der Palliativmedizin und der Hos-
pizbewegung sind in dieser Situation identisch. Kein
Schwerkranker will sterben, wenn seine Schmerzen und
andere Symptome kontrolliert sind und er als Mensch
angenommen ist. Dieser elementare Lebenswunsch des

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(C (D chwerkranken muss Wegweiser für uns und insbesonere für die flächendeckende Ausweitung der Palliativedizin und der Hospizbewegung sowie auch für die ualifizierte Ausund Weiterbildung der dort tätigen enschen sein. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Michael Kauch [FDP])


Wenn der Wille des Patienten wesentlicher Maßstab
es Handelns sein soll, dann findet er in der Patienten-
erfügung den richtigen Niederschlag und als Ausdruck
er Selbstbestimmung seine Rechtfertigung in der Ver-
assung. Bislang ist die Patientenverfügung gesetzlich
icht geregelt, aber viel diskutiert. Fragen bestehen in
ielerlei Hinsicht, etwa bezüglich der Wirksamkeitsvo-
aussetzungen, der Umsetzung oder der Beteiligung des
ormundschaftsgerichts.
Der BGH hat bereits vor zwei Jahren die Verbindlich-

eit einer Patientenverfügung für die Fälle bestätigt, in
enen ein Patient einwilligungsunfähig ist und die
rankheit einen irreversiblen Verlauf genommen hat.
oweit ein solcher erklärter Wille nicht festgestellt wer-
en kann, so der BGH, beurteilt sich die Zulässigkeit et-
aiger Maßnahmen nach dem mutmaßlichen Willen,
obei in Betreuungsfällen bei Beendigung lebensverlän-
ernder Maßnahmen die Genehmigung des Vormund-
chaftsgerichts erforderlich ist.
Wenn nun der Gesetzgeber mit Blick auf die Recht-

prechung gefragt ist, ein Stück weit Rechtssicherheit zu
chaffen, führt schon die Frage der Gültigkeit zu einer
roßen Diskussion. Wir sind bereits in der Enquete-
ommission unterschiedlicher Auffassung. 7 Millionen
atientenverfügungen – wir haben es gerade gehört –
eigen den dringenden Regelungsbedarf auf. Im Kon-
ens darüber, dass die Basisversorgung, das heißt Ernäh-
ung und Körperpflege, nicht zur Disposition stehen
arf, scheint der von der Deutschen Hospiz-Stiftung auf-
ezeigte Weg vorzugswürdig zu sein.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1516312000

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Frau Kollegin?


Ute Granold (CDU):
Rede ID: ID1516312100

Ja.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1516312200

Bitte, Frau Nickels.


Christa Nickels (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516312300

Frau Kollegin, die Zahl von 7 Millionen Patientenver-

ügungen in Deutschland geistert durch alle Blätter. Ich
abe mich intensiv darum bemüht, zu erfahren, nach
elchen statistischen Erhebungen diese Zahl zustande
ekommen ist. Ich habe nur eine einzige Quelle gefun-
en: eine Emnid-Umfrage von Juni 1999. Das war eine
tichprobe. 1 000 Menschen sind generell zu Willenser-
lärungen befragt worden. Daraus hat man auf alle
0 Millionen Menschen – einschließlich Kinder, noch
icht Volljährige, nicht Einwilligungsfähige – die Zahl






(A) )



(B) )


Christa Nickels

der Patientenverfügungen hochgerechnet. Ich habe auch
mit Fachleuten darüber gesprochen. Sie haben mir ge-
sagt, diese Zahl sei nicht valide.

Meine Frage ist: Haben Sie außer dieser Emnid-Um-
frage von 1999, bei der 1 000 Personen befragt worden
sind, eine aktuelle oder überhaupt eine andere Quelle?
Das würde mich sehr interessieren. Ich kenne keine.


Ute Granold (CDU):
Rede ID: ID1516312400

Auch ich habe nur diese Zahl. Es ist aber nicht so

wichtig, denke ich, ob es nun 7 Millionen oder
5 Millionen oder 4 Millionen sind. Solange nicht festge-
legt ist, wie eine Patientenverfügung definiert ist – es
gibt keinen festgelegten Rahmen, es gibt keinen festge-
legten Inhalt –, ist es schwer, festzustellen: Ist das eine
Patientenverfügung, wie wir sie meinen, oder ist es die
Niederlegung eines Willens dazu, wie am Lebensende zu
verfahren ist?

Auch wenn es nur 2 Millionen Patientenverfügungen
wären: Das zeigt, dass die Menschen eine Möglichkeit
erhalten sollten, für sich in Sicherheit festzulegen, wie in
einer Situation zum Lebensende, wenn nicht mehr die
Möglichkeit besteht, frei zu entscheiden, verfahren wer-
den soll. Angesichts dessen ist es unsere Aufgabe, hier-
für einen Rechtsrahmen zu schaffen. Das ist Grundlage
unseres Gesprächs.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie des Abg. Michael Kauch [FDP])


Zurück zu dem, worüber in diesem Haus Konsens be-
steht. Die Grundversorgung, das heißt Ernährung und
Körperpflege, sollte nicht zur Disposition stehen. Meiner
Meinung nach ist der Weg, den die Deutsche Hospiz-
Stiftung aufzeigt, vorzugswürdig. Danach soll die Ver-
bindlichkeit der Patientenverfügung zwar in ihrem Kern
nicht beschränkt, wohl aber festgeschrieben werden und
ihre Grenze im geltenden Recht finden. Unsere Verfas-
sung hatte ich schon vorhin angesprochen.

Möglichen Missbrauchsgefahren kann durch erhöhte
Qualitätskriterien begegnet werden: Schriftform der
Patientenverfügung, umfassende Beratungs- und Infor-
mationspflichten sowie entsprechende Verfahrensvor-
schriften, grundsätzliche Beteiligung des Vormund-
schaftsgerichts und – ganz wichtig – das Konsil. Es ist
erfreulich, dass bezüglich des Schriftformerfordernisses
der Patientenverfügung mittlerweile keine Diskussion
mehr besteht und dass auch das Bundesjustizministerium
dessen Notwendigkeit erkannt hat. Wünschenswert wäre
außerdem, eine vorgeschaltete, umfassende Beratungs-
pflicht und eine regelmäßige Aktualisierung als zwin-
gende Wirksamkeitsvoraussetzung für eine Patientenver-
fügung festzuschreiben. Ein Konsil ist meines Erachtens
in allen Fällen verbindlich festzuschreiben.

Bei der Frage, ob in jedem Fall bei Verzicht oder Ab-
bruch einer lebenserhaltenden Maßnahme das Vormund-
schaftsgericht eingebunden werden muss, sollte eben-
falls im Sinne der Empfehlung der Deutschen Hospiz-
Stiftung differenziert werden. Eine vormundschaftsge-
richtliche Entscheidung sollte nur dann erforderlich sein,
wenn eine verbindliche Patientenverfügung nicht vor-

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(C (D iegt und Einvernehmen im Konsil nicht erzielt werden ann. Diese Differenzierung ist gerechtfertigt, wenn man ür die Patientenverfügung einen hohen Qualitätsstanard fordert. Das wäre sehr zu begrüßen. Es ist unsere Aufgabe – ebenso wie bei der Vorsorge ollmacht –, bei den Menschen im Land dafür zu weren, dass sie sich für eine qualifizierte Patientenverfüung entscheiden und damit selbst bestimmen, wie sie ür sich die Phase ihres Lebensendes gestalten wollen. offen wir, dass dieses Haus bald in einem breiten Konens die Rechtsgrundlage hierfür schafft. Vielen Dank. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1516312500

Ich erteile das Wort dem Kollegen Christoph Strässer,

PD-Fraktion.


Christoph Strässer (SPD):
Rede ID: ID1516312600

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Die Tatsache, dass und wie wir diskutieren,
eigt schon, dass es hier gesetzgeberischen Handlungs-
edarf gibt. Ich bin froh, dass wir mit der heutigen De-
atte in die Diskussion einsteigen und ihr – hoffentlich –
inen vernünftigen sowie der Schwere und der Ernsthaf-
igkeit des Problems angemessenen Rahmen geben. Ich
in dezidiert der Auffassung, dass es – ich glaube, das ist
esellschaftlich feststellbar – einen sehr großen und
ringenden Bedarf gibt, die Fragen, über die wir heute
eden, gesetzgeberisch zu regeln.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und der FDP)


abei ist es mir gleichgültig, ob es sich um mehr oder we-
iger als 7 Millionen Patientenverfügungen in Deutsch-
nd – diese Zahl habe ich ebenfalls in meinem Manu-
kript stehen – handelt.
Ich glaube, dass man die Veränderung der Einstellung

u diesem Thema in der Gesellschaft sehen kann. Mitt-
erweile machen sich nicht nur ältere Menschen Gedan-
en darüber, wie sie mit ihrem Leben am Lebensende
mgehen wollen, sondern auch zunehmend jüngere. Ich
inde, dass das eine Auseinandersetzung mit der Zukunft
st, die wir als Gesetzgeber ernst nehmen müssen. Ich
age an dieser Stelle an die Adresse von Wolfgang
odarg und anderen: Wenn wir hier, wo es Handlungs-
nd Entscheidungsbedarf gibt, über das Problem aus-
chließlich unter dem Aspekt der Verrechtlichung dis-
utieren, dann sind wir auf einem völlig falschen Trip.
ber wer, bitte schön, soll letztendlich darüber entschei-
en und die Regeln festlegen können, wie eine Patien-
enverfügung auszusehen hat und welche Voraussetzun-
en an ihre Wirksamkeit zu stellen sind, wenn nicht das
eltende Recht, die Rechtsordnung in diesem Staat? Das
st die Grenze, über die wir reden und die wir letztend-
ich bestimmen müssen. Das ist genau der Punkt, um den
s geht.






(A) )



(B) )


Christoph Strässer


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Das Urteil des BGH ist bereits angesprochen worden.

Ich glaube, schon hier ist deutlich geworden, dass zwar
bestimmte, nicht aber alle Fälle geklärt worden sind und
dass weiterhin ein großer Klärungsbedarf besteht. Des-
halb ist es wichtig, dass wir uns mit diesem Thema be-
schäftigen. Wir, die SPD-Fraktion, insbesondere die Ar-
beitsgruppe „Recht“, sind dezidiert der Auffassung, dass
wir dieses Problem lösen müssen, und zwar im Rahmen
des Betreuungsrechts. Das werden wir auf den Weg brin-
gen. An dieser Stelle wollen wir mehr Rechtssicherheit
und Rechtsklarheit. Ich denke, dass ist das, was die Be-
troffenen von uns, dem Gesetzgeber, erwarten. Das soll-
ten wir ihnen auch geben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Ich bin zwar sehr froh, dass die Enquete-Kommission
nun einen umfassenden Zwischenbericht vorgelegt hat.
Aber wir sollten, wie ich bereits eingangs gesagt habe,
mit dem notwendigen Ernst und Respekt vor der Auffas-
sung Andersdenkender diskutieren. Herr Kollege Kauch,
ich finde es daher nicht hilfreich, wenn Sie hier behaup-
ten, dass rot-grüne paternalistische Hardliner das Gesetz
vom Tisch gefegt hätten. Das hilft uns nicht. Ich sage
vielmehr: Es hat einen Gesetzentwurf im Hause des
Bundesjustizministeriums gegeben. Wenn eine Entschei-
dung nicht an Fraktionsgrenzen festzumachen ist und ein
Regierungsentwurf nicht weiterverfolgt wird, dann finde
ich das einen richtigen und guten Weg, der nicht Häme,
sondern Unterstützung und Beifall verdient.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU/CSU)


Genauso wenig sollten sich diejenigen, die der Mehr-
heitsmeinung der Enquete-Kommission folgen, dazu
hinreißen lassen, denjenigen, die eine rechtssichere For-
mulierung wollen, den Einstieg in die aktive Sterbehilfe
vorzuwerfen. Meine Damen und Herren, liebe Kollegin-
nen und Kollegen, diesen Ansatz lassen wir uns in dieser
Diskussion nicht aufzwingen. Wer der Auffassung ist,
dass es eine verbindliche, eine wirksame Patientenverfü-
gung auch für den Fall von nicht irreversiblen Krankhei-
ten geben muss, spricht sich nicht für aktive Sterbehilfe
aus. Wir sind weit davon entfernt. Ich bitte auch diejeni-
gen, die das anders sehen, dies zu respektieren, damit
wir eine sachliche, vernünftige Grundlage für die wei-
tere Debatte haben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich möchte die Dinge ansprechen, die aus meiner
Sicht geregelt werden müssen; ich glaube, dass das die
Punkte sind, über die wir bei den verschiedenen Gesetz-
entwürfen zu reden haben werden.

Zunächst einmal ist für mich – dabei bin ich sehr nahe
an dem nicht mehr existenten


(Michael Kauch [FDP]: Niemals existenten!)


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(C (D esetzentwurf aus dem Hause des BMJ – die Schriftorm einer Patientenverfügung verbindlich. Das ist für ich die einzige Wirksamkeitsvoraussetzung, die es geen muss. Wir müssen doch den Betroffenen Hilfestelung geben. Wir müssen Rechtsklarheit haben. Das ist it der Schriftform einfacher. Sie sollten wir auf jeden all gewährleisten. Deswegen sollten wir an dieser telle keine weiteren Streitigkeiten austragen. Leider gehen meine fünf Minuten schon zu Ende. Ich laube, dass wir nicht den Schritt tun sollten, die Reicheite der Patientenverfügung zu beschränken. Ich gehe avon aus, dass Selbstbestimmung – ich sage ausdrückich „Selbstbestimmung“ und nicht wie andere hier „vereintliche Selbstbestimmung“ – auch den Fall noch icht irreversibler Krankheiten umfassen muss und dass an dieses Selbstbestimmungsrecht des Menschen auch n Richtung ihres möglichen Todes respektieren muss. eshalb sollte man eine solche Beschränkung nicht ins esetz aufnehmen. Die Patientenverfügung muss gelten, enn sie schriftlich abgefasst und nicht unter Druck ereugt worden ist. Das sollten wir als Gesetzgeber unter er Wirksamkeit des Grundgesetzes – Art. 2 – respektieen. Danke schön. (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Martin Mayer [Siegertsbrunn] [CDU/ CSU] – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das ist aber Art. 1!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1516312700

Nun hat das Wort der Kollege Hubert Hüppe, CDU/
SU-Fraktion.

Hubert Hüppe (CDU):
Rede ID: ID1516312800

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir leben

n einer Zeit, in der Sterberituale verkümmern. Angehö-
ige haben keine Zeit oder fühlen sich überfordert. Im-
er mehr Menschen sterben heute, ohne dass sie selbst
emals einen Sterbenden gesehen haben. Der Tod wird
ns immer fremder. Das ist unnatürlich und fördert die
ngst vor dem Tod. Wo Sterben nicht mehr als das Teil
es Lebens verstanden wird, geht die Kultur des Ster-
ens verloren.
Die meisten Menschen wünschen, dass das medizi-

isch Notwendige und Sinnvolle getan wird. Kein
ensch möchte unter unerträglichen Schmerzen leiden.
iemand möchte in seinen letzten Stunden abgeschoben
erden und einsam sterben. Deswegen – das sage ich
ier noch einmal ganz deutlich – fände ich es richtiger,
ir würden uns im Deutschen Bundestag erst einmal da-
it beschäftigen, wie wir eine flächendeckende Pallia-
ivversorgung gewährleisten, bevor wir über die Patien-
enverfügung sprechen, die dann vielleicht gar nicht
ehr notwendig wäre.

(Beifall des Abg. Markus Grübel [CDU/CSU] so wie des Abg. Dr. Wolfgang Wodarg [SPD])

Die Frage ist: Wie können wir erreichen, dass Men-

chen zu Hause sterben können und nicht, wie jetzt, zu
0 Prozent in Einrichtungen? Wie können wir ambulante






(A) )



(B) )


Hubert Hüppe

Hilfen aufbauen und die Angehörigen dabei unterstüt-
zen, diese Menschen zu begleiten? Wie können wir eine
vernünftige Schmerzbehandlung gewährleisten? Alle,
die Kutzer-Kommission, die Justizministerin und die
Bioethik-Kommission Rheinland-Pfalz, haben immer
betont, dass hier in Deutschland noch viel Nachholbe-
darf besteht.

Doch statt diese Hilfen für Menschen zu regeln, sol-
len jetzt zunächst die Patientenverfügungen geregelt
werden. Unter diesem Druck ist auch der Zwischenbe-
richt der Enquete-Kommission entstanden.

Immer wieder wird gesagt, durch Patientenverfügun-
gen solle die Selbstbestimmung abgesichert werden.
Aber ist das wirklich so? Einem Patienten wird vor ei-
nem ärztlichen Eingriff eine Diagnose erklärt. Der Arzt
berät ihn über die verschiedenen medizinischen Mög-
lichkeiten, die Risiken und Heilungschancen. Dann
stimmt der Patient zu oder er lehnt die Maßnahme ab.
Von der Patientenverfügung allerdings wird erwartet,
dass diese Einwilligung oder Nichteinwilligung im Vo-
raus festgelegt wird – selbst dann, wenn man gar nicht
weiß, welche Krankheit später einmal eintritt.

Kann ich heute eine Entscheidung für alle denkbaren
Erkrankungen treffen? Kann ich wirklich wissen, ob ich
in ein, zwei oder gar zehn Jahren noch genauso denke?
Würde nicht jemand, der heute eine lebensverlängernde
Operation ablehnt, später vielleicht in seiner konkreten
Situation ganz anders denken – wenn er zum Beispiel
wüsste, dass er dann noch die Chance hätte, seinen En-
kel, dessen Geburt gerade bevorsteht, einmal vor seinem
Tod zu sehen?


(Otto Fricke [FDP]: Dann mache ich eine neue Erklärung!)


Das ist natürlich nur ein Einzelfall. Das zeigt aber, wie
schwierig so etwas im Vorhinein zu beurteilen ist. Das
ist für mich der viel wichtigere Punkt. Wer weiß schon,
wie er empfinden würde, wenn er sich im Wachkoma be-
findet oder altersverwirrt ist?

Sicher, es gibt immer wieder Situationen, in denen
eine Patientenverfügung sinnvoll sein kann. Das hat
auch keiner hier im Hause bezweifelt. Ich meine auch, es
sollten nicht immer alle Dinge getan werden, die die
Hochleistungsmedizin ermöglicht. Inzwischen sagen mir
die Praktiker aber, dass das nicht mehr die große Gefahr
ist. Ich weiß auch nicht, ob die Ängste, die im Zusam-
menhang mit der Hochleistungsmedizin geschürt werden
– das klang heute manchmal mit –, einen Bezug zur Rea-
lität haben. Ich habe vielmehr aufgrund der Ressourcen-
diskussion für die Zukunft Angst, dass wir nicht mehr
alle Mittel haben werden, den Menschen die Hilfen
– auch die medizinischen Hilfen – zukommen zu lassen,
die sie eigentlich brauchten. Ich habe nicht die Angst
– ich war in vielen Einrichtungen –, dass es zu viel Zeit
für die Pflege gibt. Ich habe eher die Angst, dass es zu
wenig Zeit für die Pflege gibt. Man muss einmal deutlich
machen, dass das die eigentliche Problematik ist.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D eine Damen und Herren, ich habe das Gefühl, dass an immer dann, wenn Selbstbestimmung Geld kostet, icht mehr selbst bestimmen darf; denn dann kann man icht die Therapie durch eine Verfügung einfordern. Die Erfahrungen im Ausland zeigen, dass die Pati ntenverfügungen längst nicht das halten, was sich hier iele davon versprechen. So ist in den USA die Patienenverfügung seit 14 Jahren gesetzlich verankert. Es gab nd gibt dort massive Werbung für die Verfügungen. rzte und Kliniken sind verpflichtet, den Patienten auf as Verfassen einer Verfügung hinzuweisen. Trotzdem aben nur 18 Prozent der Amerikaner eine solche Verfüung. Die Metastudien, die es jetzt gibt, besagen, dass in er Praxis so gut wie keine Verfügung im konkreten Fall ngewendet werden kann. Grund dafür ist immer wieder er mutmaßliche Wille. Wir sollten also keine zu großen Erwartungen an die atientenverfügungen knüpfen. Es ist – das ist mir wichig – eben nicht nur eine juristische Frage, sondern auch ine soziale Frage. Wir sollten darauf achten, dass nicht erade Alte, Kranke oder Behinderte einem sozialen ruck ausgesetzt werden, eine Verfügung auszufüllen, eil sie meinen, der Gesellschaft, den Angehörigen oder em Pflegepersonal zur Last zu fallen. In der Tat, die Justizministerin hat ihren Gesetzenturf, den es angeblich gar nicht gab, der jetzt aber wieer von Herrn Stünker eingebracht wird, zurückgezogen. as war auch gut so. Ich halte nämlich den Inhalt dieses ntwurfs für extrem gefährlich. So sollte dieser Gesetzntwurf es ermöglichen, Menschen im Wachkoma durch ahrungsentzug sterben zu lassen, so heißt es. Dies ollte sogar ohne Patientenverfügung – das muss man inmal beachten – möglich sein, nämlich auch dann, enn allein der Arzt und der Betreuer sich einig wären, ass dies dem mutmaßlichen Willen des Patienten entprechen würde. Es müssen sich also nur Arzt und Bereuer einig sein, das reicht aus – ohne Vormundschaftsericht, ohne Pflegende, ohne Angehörige. Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des ollegen Stöckel? Ja. Werter Kollege Hüppe, Sie haben gerade den Gesetz ntwurf, der nicht eingebracht worden ist und deswegen uch nicht zurückgezogen werden musste, im Zusamenhang mit Wachkomapatienten als extrem gefährlich ezeichnet. Sie wurden vor einigen Tagen anlässlich des esuchs einer Einrichtung für Wachkomapatienten zuammen mit der Kollegin Merkel etwas direkter. Sie haen da gesagt: Wenn der Entwurf der Justizministerin ypries Wirklichkeit wird, müssen Wachkomapatienten m ihre Sicherheit bzw. um ihr Leben fürchten. Können ie dem Hohen Haus einmal erläutern, wie Sie das meinen? Ich nenne dazu ein Beispiel, Herr Kollege Stöckel. Nehmen wir einmal an, jemand macht eine Verfügung, in der steht: Wenn ich mehr als ein halbes Jahr im Wachkoma liege, möchte ich keine künstliche Beatmung oder keine künstliche Ernährung mehr. Künstliche Ernährung brauchen Wachkomapatienten in vielen Fällen deswegen, weil bei ihnen ab und zu der Schluckreflex nicht funktioniert. Im Haus Königsborn, das Sie angesprochen haben – Sie kennen es so gut wie ich –, haben viele der dortigen Patienten diesen Zustand schon überwunden; sie können schon wieder empfinden, hören auf Musik oder machen sogar selber Musik. Eine solche Verfügung würde aber bedeuten, dass, wenn der Gesetzentwurf so eingebracht und beschlossen wird, wie er einmal vorgesehen war, nach diesem halben Jahr die vielleicht noch erforderliche künstliche Ernährung, egal welcher therapeutische Fortschritt schon erzielt worden ist, eingestellt werden müsste. Das, meine Damen und Herren, wäre, wie ich gesagt habe, gefährlich für die betroffenen Patienten. (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1516312900
Hubert Hüppe (CDU):
Rede ID: ID1516313000
Rolf Stöckel (SPD):
Rede ID: ID1516313100




(A) )


(B) )

Hubert Hüppe (CDU):
Rede ID: ID1516313200

Ich füge noch etwas an: Überlegen Sie sich einmal,
was Sie dem Pflegepersonal in diesem Falle zumuten!
Bei den Pflegenden handelt es sich um Menschen, die
sich oft viel mehr um die Patienten kümmern und mehr
Zeit mit ihnen verbringen als der Arzt – das geht auch
gar nicht anders – und manchmal auch mehr als die Be-
treuer. Hauptberufliche Betreuer werden nach dem, was
wir gerade beschlossen haben, nur noch für zweieinhalb
Stunden im Monat bezahlt. Gerade die Pfleger sollen je-
doch nicht mitentscheiden. Sie müssen dann aber mit an-
sehen, wie ein Mensch, den sie gestreichelt haben, mit
dem sie gesprochen haben und den sie sauber gemacht
haben, verhungert. Sie wollen diesen Menschen also zu-
muten, mit ansehen zu müssen, wie ihre Patienten über
Tage oder Wochen oder gar, wie Frau Nickels sagte, über
Monate verhungern. Meine Damen und Herren, ich
möchte nicht, dass so etwas in Deutschland geschieht.
Das möchte ich den Pflegerinnen und Pflegern nicht zu-
muten.


(Beifall bei der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wachkomapatienten sind eben, um das noch einmal
zu sagen, keine Hirntoten, keine Sterbenden und auch
keine lebenden Toten, wie manchmal gesagt wird, son-
dern es handelt sich einfach um Menschen mit einer Be-
hinderung auf einer anderen Bewusstseinsebene.

Aufgrund Ihrer Frage kann ich meinen Redetext ver-
kürzen; dieser Punkt wäre jetzt vorgesehen gewesen. Ich
bin dankbar, dass ich jetzt noch auf etwas anderes einge-
hen kann.


(Rolf Stöckel [SPD]: Das ist geschenkt!)

Meine Damen und Herren, das Gleiche, was ich ge-

rade zu Wachkomapatienten gesagt habe, gilt auch für
Altersdemente. Deswegen hat die Enquete-Kommis-

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(C (D ion vorgeschlagen, für die Ermittlung des Patientenwilens ein Konsilium einzurichten, in dem die Pflegenden nd die Angehörigen vertreten sind. Wir sind auch der einung, dass weder Wachkoma noch Demenz alleine rund sein können, lebenserhaltende Maßnahmen zu nterlassen. In der Tat verschwimmt hier – es tut mir eid, das sagen zu müssen – doch etwas die Grenze zwichen aktiver und passiver Sterbehilfe. Es ist völlig vollommen richtig, dass es juristisch nicht das Gleiche ist, ber das Ergebnis ist dasselbe. Das muss man einfach inmal zur Kenntnis nehmen. Ich weiß, dass viele dies icht einsehen wollen. Nachdem ich aber gestern im icker gelesen habe, dass Sie, Herr Kollege Stöckel, das chweizer Modell, also die Einführung eines ärztlich asistierten Selbstmordes, in Betracht ziehen und dass Sie, err Kauch, sich gerne anschauen würden, wie in Oreon verfahren wird, wo Ärzte tödlich wirkende Mittel ür Patienten verschreiben dürfen, kann ich mich des indrucks nicht erwehren, dass die oben angesprochene renze verschwimmt. Ich muss hier Frau Nickels Recht eben, die sagt, das eine ist eigentlich die logische Konequenz des anderen. Der Entwurf der Justizministerin wurde zwar zurück ezogen, aber sein Gedankengut lebt weiter. Einige Kolegen der SPD und der FDP wollen diesen Entwurf mit inigen Änderungen einbringen. Wahrscheinlich werden ich dem auch Kolleginnen und Kollegen aus meiner raktion anschließen. Wir haben da kein Kollektivgeissen, wie es bei der FDP der Fall ist. ber man muss das zur Kenntnis nehmen. Ich möchte zum Schluss noch ein Erlebnis vom ges rigen Parlamentarischen Abend der Lebenshilfe – einige on Ihnen waren dabei – erzählen. Dort hat die Mutter ines geistig behinderten Kindes Folgendes gefragt – ich itiere –: Was bedeutet es für mein Kind, wenn sich eine ichtweise breit macht, dass abhängig zu sein, nicht einilligungsfähig zu sein so schlimm ist, dass man schon orher bestimmen kann, nicht mehr ernährt zu werden, eil es besser ist, zu sterben, als zu leben? Ich denke, das ist eine Frage in Bezug auf diese Men chen, die wir ebenfalls beachten und in die Überlegung infließen lassen müssen, ob wir tatsächlich zu der Eintellung kommen können, dass es Lebenszustände gibt, ie es nicht wert sind, gelebt zu werden. Meine Damen und Herren, es ist gut, wenn wir uns it den Grenzen der modernen Medizin auseinander seten. Aber wir müssen darauf achten, dass sich der unsch nach einem würdigen Sterben nicht gegen die enschlichkeit richtet. Vielen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Widerspruch bei der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1516313300

Nächste Rednerin ist die Kollegin Dr. Carola
eimann, SPD-Fraktion.






(A) )



(B) )



Dr. Carola Reimann (SPD):
Rede ID: ID1516313400

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

rasante medizinische Entwicklung, die technischen und
medikamentösen Möglichkeiten der letzten Jahrzehnte
haben dazu geführt, dass Leben in wesentlich größerem
Ausmaß als früher gerettet, aber eben auch verlängert
werden kann. Wie so häufig besitzt diese im Grunde sehr
erfreuliche Entwicklung auch eine Kehrseite. Viele
Menschen haben Angst vor zusätzlichen Schmerzen und
Leiden durch intensivmedizinische Maßnahmen am Le-
bensende. Die Vorstellung, nicht mehr äußerungsfähig
zu sein und somit nicht mehr selbst über medizinische
Maßnahmen entscheiden zu können, ist für viele beängs-
tigend.

An diesem Punkt setzt das Instrument der Patienten-
verfügung an. Wir reden hier über Patientenverfügun-
gen, nicht über Sterbehilfe und andere Dinge. Ich bitte,
das im Sinne einer differenzierten Diskussion zu tren-
nen.


(Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die Patientenverfügung soll die Patientenautonomie
stärken und eine selbstbestimmte Entscheidung am Le-
bensende ermöglichen. Deshalb unterstütze ich, wie die
Kollegen, die Empfehlung der Enquete-Kommission,
dies gesetzlich zu regeln.

Im Gegensatz zu den Empfehlungen im Zwischenbe-
richt vertrete ich jedoch ein Konzept, das eine stärkere
Verbindlichkeit bei gleichzeitig größerer Reichweite von
Patientenverfügungen und somit eine deutlichere Stär-
kung der Patientenautonomie vorsieht. Zusammen mit
den Kollegen Volkmer, Mayer und der Sachverständigen
Professor Albers bin ich der Auffassung, dass die Ver-
bindlichkeit von Patientenverfügungen nicht auf
Konstellationen beschränkt sein sollte, in denen das
Grundleiden irreversibel ist und trotz medizinischer Be-
handlung nach ärztlicher Erkenntnis zum Tode führt.
Denn die Beurteilung, ob es sich in der Tat um ein ir-
reversibles, zum Tode führendes Grundleiden handelt,
ist auch für Ärzte in vielen Fällen kaum möglich.
Gleichzeitig drohen den Ärzten bei einer Fehleinschät-
zung rechtliche Sanktionen. Vor diesem Hintergrund be-
steht immer die Gefahr, dass Ärzte behandlungsableh-
nende Patientenverfügungen – über die reden wir im
Wesentlichen – nicht oder nicht vollständig beachten
und der in der Verfügung enthaltene Wille des Patienten
dann doch unberücksichtigt bleibt. Letztlich führt das zu
keiner Verbesserung der bisherigen Situation.

Darüber hinaus bin ich der Meinung, dass durch die
Einschränkung der Reichweite und der Verbindlichkeit
von Patientenverfügungen, wie sie die Empfehlungen
des Zwischenberichts vorsehen, das Recht jedes Einzel-
nen auf Selbstbestimmung zu stark beschnitten wird. Bei
aller notwendigen Fürsorge des Staates darf der Gesetz-
geber die Freiheit des Einzelnen, der eine informierte
Entscheidung für sich persönlich trifft, nicht in diesem
Ausmaß begrenzen.

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(C (D (Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der CDU/ CSU und der FDP)


Kolleginnen und Kollegen, aus diesem Grunde bin
ch der Ansicht, dass es keine Einschränkung bei der
erbindlichkeit und der Reichweite von Patientenverfü-
ungen geben sollte, wenn – das ist der entscheidende
unkt – bestimmte Wirksamkeitsvoraussetzungen er-
üllt sind. Dazu zählen die Schriftlichkeit der Patienten-
erfügung, die ärztliche Aufklärung und Information vor
er Verfassung der Patientenverfügung und eine regel-
äßige Aktualisierung der Patientenverfügung.
Die ärztliche Aufklärung dient dazu, über Krankhei-

en und denkbare Verläufe, medizinische Möglichkeiten
nd Behandlungsalternativen zu informieren. Denn na-
ürlich sind Patientenverfügungen – das ist schon ange-
lungen – Vorausverfügungen mit all den Unzulänglich-
eiten, die Extrapolationen nun einmal haben. Das muss
edem Einzelnen klar sein. In einem solchen Gespräch
önnen auch mögliche Fehlvorstellungen angesprochen
nd Ängste ausgeräumt werden sowie die Folgen eines
ehandlungsverzichts sehr deutlich gemacht werden.
Auch die Aktualisierung der Patientenverfügung

ollte mit einer erneuten Beratung einhergehen, damit
er Verfasser einer solchen Verfügung auf diese Weise
egelmäßig über medizinisch-technische Fortschritte,
ber neue Behandlungsmöglichkeiten und auch über
ntwicklungen der Palliativmedizin informiert werden
ann.
Durch die genannten Wirksamkeitsvoraussetzungen

st meiner Ansicht nach sichergestellt, dass der Einzelne
ut informiert ist und eine reflektierte Entscheidung
rifft. Denn eine Patientenverfügung zu verfassen ist et-
as anderes, als sich einfach nur ein Formular aus dem
nternet herunterzuladen und zu unterschreiben. Unter
iesen Voraussetzungen sind eine uneingeschränkte Ver-
indlichkeit und eine uneingeschränkte Reichweite von
atientenverfügungen meiner Ansicht nach verantwort-
ar.
Kolleginnen und Kollegen, Ziel muss es sein, ein
enschenwürdiges und bis zuletzt selbstbestimmtes Le-
en auf der Basis einer ausreichenden Information und
iner reflektierten Entscheidung zu ermöglichen. Die
opplung der Reichweite und Verbindlichkeit von Pa-
ientenverfügungen an die genannten – ich finde: sehr
trengen – Wirksamkeitsvoraussetzungen halte ich für
en besten Weg, dieses Ziel zu erreichen und die Patien-
enautonomie auch am Lebensende zu stärken.
Herzlichen Dank.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1516313500

Zum Schluss dieses Tagesordnungspunktes erhält das
ort die Kollegin Dr. Marlies Volkmer, SPD-Fraktion.






(A) )



(B) )



Dr. Marlies Volkmer (SPD):
Rede ID: ID1516313600

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Le-

ben und Sterben eines jeden Menschen sind immer ein-
malig. Was Menschen für sich ablehnen und als unzu-
mutbare Belastung oder vielleicht sogar als würdelos
empfinden, ist ganz unterschiedlich und hängt ganz ent-
scheidend von religiösen und weltanschaulichen Einstel-
lungen ab. Dieses Selbstverständnis der Betroffenen ha-
ben wir zu respektieren; denn es geht um ihr Leben und
um ihr Sterben. In den Fällen, in denen ein Patient nicht
mehr mit dem Arzt kommunizieren kann, ist der mut-
maßliche Wille des Patienten maßgeblich.

Patientenverfügungen sind ein Instrument, um diesen
mutmaßlichen Willen zu ermitteln. Menschen schließen
eine Patientenverfügung ab, weil sie nicht wollen, dass
sie zum Objekt medizinischer Eingriffe gemacht werden,
wenn sie entscheidungs- und äußerungsunfähig sind. Es
handelt sich häufig um Eingriffe, die zwar gut gemeint
sind, die aber mit den Wünschen und Vorstellungen der
Betroffenen häufig nichts zu tun haben.


(Beifall des Abg. Michael Kauch [FDP])

Das sind zum Teil Eingriffe, die den Charakter einer
Zwangsbehandlung haben.

Patientinnen und Patienten müssen Gewissheit haben,
dass ihre Auseinandersetzung mit dem Sterben ernst ge-
nommen wird. Auch Angehörigen muss die Ohnmacht
genommen werden, mit der sie zusehen müssen, wie ihre
Mutter oder ihr Vater gegen den erklärten Willen weiter-
behandelt wird. Ärzte müssen Rechtssicherheit haben,
wenn sie lebenserhaltende Maßnahmen nicht anwenden.
Deshalb sollte die Verbindlichkeit von Patientenverfü-
gungen, die einen Behandlungsabbruch oder einen Be-
handlungsverzicht vorsehen, nicht davon abhängen, dass
das Grundleiden irreversibel ist und trotz Behandlung
zum Tode führen wird.

Aus einer ethischen Perspektive, die die Selbstbestim-
mung und die Menschenwürde achtet, ist die Verbind-
lichkeit solcher Verfügungen, die den Abbruch lebens-
erhaltender Maßnahmen fordern, genauso schützenswert
wie Verfügungen, die vorab die Einwilligung in sämtli-
che lebenserhaltende Maßnahmen erklären. Das ist ein
ganz wesentlicher Unterschied zur Mehrheitsmeinung
der Enquete-Kommission.

Patientenverfügungen sind schwer wiegende Ent-
scheidungen über eine Situation in der Zukunft, die
schwer vorauszusehen ist und die keine Kommunikation
mit der Verfasserin oder mit dem Verfasser zulässt.

Die Entscheidung ist nur dann selbstbestimmt, wenn
sie im Bewusstsein ihrer Tragweite und der Konsequen-
zen gefällt wird. Deswegen bedürfen solche Verfügun-
gen mit uneingeschränkter Reichweite der Schriftform
und der Beratung – ich plädiere für die ärztliche Bera-
tung vor der Abfassung – sowie einer Aktualisierung,
weil sich die Lebensumstände und auch die medizini-
schen Möglichkeiten ändern.

Wir alle haben Angst vor dem Sterben, insbesondere
vor Schmerzen und Einsamkeit. Die Patientenverfügung
kann uns vor unnötigen Behandlungen, die wir ablehnen,

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(C (D ewahren. Aber das Sterben humaner zu gestalten wird ns nicht allein durch die Verbindlichkeit der Patientenerfügung gelingen. Ein ethisch verantwortlicher Umang mit dem Sterben und dem Tod braucht Zuwendung um Menschen. Das nimmt uns keine Patientenverfüung ab. (Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der CDU/ CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1516313700

Zu einer Erklärung zur Aussprache nach § 30 unserer
eschäftsordnung hat nun der Kollege Rolf Stöckel das
ort.

Rolf Stöckel (SPD):
Rede ID: ID1516313800

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich
öchte mich dazu äußern, dass Herr Hüppe im Zu-
ammenhang mit der Gefährdung von Altersdementen
nd Wachkomapatienten behauptet hat, dass ich die
chweizer Freitodregelung, das heißt den assistierten
uizid, befürworten würde. Ich möchte hierzu eindeutig
rklären, dass wir hier über Patientenverfügungen und
elbstbestimmungsrechte diskutieren und nicht über
eitergehende mögliche Änderungen des Strafgesetz-
uches, wozu jeder eine persönliche Meinung haben
ann. Ich weise von mir, gesagt zu haben, ich sei für die
bernahme der Schweizer Freitodregelung.
Er bezieht sich, wie ich jedenfalls vermute, auf einen
rtikel im „Rheinischen Merkur“ vom heutigen Tage,
er zufällig den gleichen Anfang hat wie die Rede der
ollegin Nickels, nämlich: „Alte, gebt den Löffel ab!“.

(Christa Nickels [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe den Artikel nicht gelesen!)

s geht um ein Zitat, das der betreffende Journalist im
brigen richtig wiedergegeben hat. Damit alle infor-
iert sind, lese ich es hier vor:

„Ich halte die Schweizer Rechtslage für sinnvoll.
Ich nehme einfach zur Kenntnis, dass auch sehr
viele schwer erkrankte Patienten aus Deutschland
diese Regelung nutzen“, sagt SPD-Mann Rolf
Stöckel. „In Deutschland müsste es dazu eine breite
Debatte geben.“

Dass die hier nicht stattfindet, haben alle festgestellt.
ass sie vielleicht in Zukunft stattfinden wird, weil pro
ahr 500 schwer erkrankte Patienten Gründe dafür haben
üssen, die Schweizer Regelung zu nutzen, ist ein Hin-
eis darauf, dass wir vielleicht doch das eine oder an-
ere regeln sollten, wenn wir ein solches Vorgehen in
eutschland verhindern wollen.
Wir sollten aber aufhören – die Debatte war qualitativ

ochwertig; auf unterschiedliche Meinungen und ethi-
che Vorstellungen wurde Rücksicht genommen; einige
lare rechtliche Hinweise wurden gegeben –, ständig
urch irgendwelche Unterstellungen demjenigen, der an-
ers denkt oder eine andere Einstellung hat, aber viel-
eicht auch Ahnung von dem Thema hat, etwas an die
acke zu kleben. Das möchte ich hier deutlich erklären.


(Abg. Hubert Hüppe [CDU/CSU] meldet sich zu Wort)







(A) )



(B) )



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1516313900

Nein, es besteht keine Möglichkeit der Erwiderung,

weil es sich hier nicht um eine Kurzintervention handelt,
sondern um eine persönliche Erklärung zur Aussprache.
Die ist auch formgerecht erfolgt und insofern nicht zu
beanstanden.

Ich schließe die Aussprache. Interfraktionell wird
Überweisung der Vorlage auf Drucksache 15/3700 an
die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorge-
schlagen. Sind Sie damit einverstanden? – Das sieht so
aus. Dann ist die Überweisung so beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 5 a bis 5 d auf:
5 a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Karl-

Theodor Freiherr von und zu Guttenberg,
Dr. Friedbert Pflüger, Dr. Wolfgang Schäuble,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
CDU/CSU
Für ein stärkeres Engagement der Europäi-
schen Union auf dem westlichen Balkan
– Drucksache 15/4722 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)

Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Rainer Stinner, Rainer Brüderle, Angelika
Brunkhorst, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der FDP
Europäische Zukunft für Bosnien und Herze-
gowina – „Bonn Powers“ des Hohen Reprä-
sentanten abschaffen
– Drucksache 15/4406 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

(3. Ausschuss)

Dr. Rainer Stinner, Dr. Werner Hoyer, Daniel
Bahr (Münster), weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der FDP
Status des Kosovos als EU-Treuhandgebiet
– Drucksachen 15/2860, 15/4799 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Uta Zapf
Dr. Friedbert Pflüger
Dr. Ludger Volmer
Dr. Rainer Stinner

d) Beratung der Unterrichtung durch die Bundes-
regierung
Bericht der Bundesregierung über die Ergeb-
nisse ihrer Bemühungen um die Weiterent-
wicklung der politischen und ökonomischen

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(C (D Gesamtstrategie für die Balkanstaaten und ganz Südosteuropa für das Jahr 2004 – Drucksache 15/4813 – Überweisungsvorschlag: Auswärtiger Ausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Verteidigungsausschuss Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für iese Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen, obei die FDP fünf Minuten erhalten soll. – Auch hierzu öre ich keinen Widerspruch. Dann haben wir das so bechlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort erhält die Kol egin Uta Zapf für die SPD-Fraktion. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir aben am 8. Februar den Bericht der Bundesregierung ur Gesamtstrategie für die Balkanstaaten vorgelegt beommen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der DU/CSU, ich bedauere, dass Sie keine Möglichkeit atten, diesen Bericht vor der Abfassung Ihres Antrages u lesen. In diesem Bericht sind nämlich die Fortschritte, ie Defizite, die Probleme der Region sowie die Antrengungen, die die Bundesregierung im Rahmen der U und der internationalen Staatengemeinschaft unterommen hat, um die Regionen zu stabilisieren und in die uropäischen Strukturen zu integrieren, sehr exakt bechrieben. Die Behauptung in Ihrem Antrag, die Bundesregie ung betreibe eine „Politik des mutlosen Verharrens im tatus quo“ und zementiere – das ist im Übrigen sehr unlegant formuliert – „entwicklungspolitische und militäische Kosten“, ist einfach eine Frechheit. (Dr. Andreas Schockenhoff [CDU/CSU]: Das ist die Tatsache!)

Uta Zapf (SPD):
Rede ID: ID1516314000

Nein. – Das impliziert, dass die Bundesregierung die
ntegration und die Annäherung an die Europäische
nion behindere. Dies ist nun wahrlich eine Verleum-
ung. Etwas anderes kann man dazu nicht sagen.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Die Bundesregierung war und ist die treibende Kraft
ei der Stabilisierung der Region, bei der Unterstützung
er Demokratisierung, der Menschenrechte und des Auf-
aus von Rechtsstaatlichkeit und der Integration in die
uroatlantischen Strukturen. Die Bundesregierung – auch
as haben Sie wohl wieder vergessen – war die treibende
raft beim Zustandekommen des Stabilitätspaktes. Sie
irkt in der Kosovokontaktgruppe sehr intensiv und sehr
onstruktiv bei der Entwicklung von Lösungsstrategien
it. Sie wollen uns doch nicht erzählen, dass die ent-
prechenden Lösungen so einfach zu haben sind. Fast






(A) )



(B) )


Uta Zapf

alle Forderungen in Ihrem Antrag werden von der Bun-
desregierung längst eingelöst oder werden von ihr mit
Engagement verfolgt. Deshalb ist Ihr Antrag im Grunde
genommen nichts als heiße Luft und Gemeinplätze.

Die europäische Perspektive bleibt der positive An-
kerpunkt für die südosteuropäischen Staaten; aber es ist
eine langfristige Perspektive. Diese Perspektive – ich
weiß, wir alle sind uns darüber einig – darf nicht genom-
men werden. Diese Länder müssen aber auch das Ihrige
tun, um die europäischen Standards umzusetzen. Auch
wenn der Stabilitätspaktkoordinator sagt, die Demokrati-
sierung auf dem Balkan sei in seinen Augen unumkehr-
bar, sind die Probleme der Region bei weitem noch nicht
gelöst. Ich glaube, wir tun ganz gut daran, wenn wir uns
einmal einen realistischen Problemaufriss vor Augen
führen.

Diese Debatte ist aktuell sehr angemessen, weil wir
gerade Dinge erleben, die mit dieser Region zu tun ha-
ben und die diese Region auch wieder in Schwierigkei-
ten stürzen können. Was ist denn passiert? Vor zehn Jah-
ren wurde das Abkommen von Dayton unterzeichnet.
Wir alle wissen, dass die damit verbundenen Dinge ver-
ändert werden müssen. Es ist aber schwer, das in die Tat
umzusetzen, weil alles immer im Konsens gemacht wer-
den muss.

Seit fünf Jahren gibt es den Stabilitätspakt. Wir kön-
nen sagen, er ist ein Erfolg. Was Sie jedoch für den Sta-
bilitätspakt in Zukunft fordern, wurde doch längst umge-
setzt. In den letzten paar Jahren hat er sich genau auf die
Gebiete konzentriert, deren Behandlung Sie hier einfor-
dern.

Es wird in 2005 – deshalb wird es immer als ein
Schicksalsjahr für diese Region bezeichnet – den Beginn
von Statusgesprächen im Kosovo geben. Vor einem Jahr
gab es Unruhen im Kosovo. Erinnern Sie sich? Letztes
Jahr im März waren wir hier tief besorgt.


(Dr. Andreas Schockenhoff [CDU/CSU]: Was haben Sie denn seither getan?)


Gestern ist Haradinaj nach Den Haag abgereist. Bos-
nien-Herzegowina hat ein Kriegsverbrechertribunal ein-
gerichtet. Serbien hat mehrere Generäle überstellt. Der
Beginn der Verhandlungen mit Kroatien über einen EU-
Beitritt ist wegen mangelnder Kooperation mit dem
Kriegsverbrechertribunal infrage gestellt worden. Sie se-
hen also, es ergibt sich ein gemischtes Bild von der
Lage. Kroatien war sozusagen das wunderbare Zug-
pferd; die gelungene Annäherung, aus der sich die
Chance ergibt, der EU beizutreten, stellte ein Vorzeige-
projekt dar.

In Mazedonien finden demnächst Kommunalwah-
len statt, die ersten nach der Dezentralisierungsge-
setzgebung. Die Wahl wird ein Test auf Umsetzung
des Abkommens von Ohrid sein. Wir werden sehr ge-
spannt hinschauen, wie die Parteien in diesem Kommu-
nalwahlkampf agieren.

Lassen Sie mich auf einige Länder zu sprechen kom-
men. Ich werde mich wohl nicht mehr zu allen äußern
können, aber das für mich Wichtigste wird der Kosovo

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(C (D ein. Mein Kollege Dzembritzki wird dann das Thema osnien-Herzegowina vertiefen. Die Situation im Kosovo ist paradox. Unter Haradinaj nd Jessen-Petersen, dem UNMIK-Repräsentanten, ist ie Reform der Standarderfüllung wesentlich vorangeieben worden. Jessen-Petersen ergeht sich in Loeshymnen für Haradinaj, der aber nach seiner Anklage reiwillig nach Den Haag gegangen ist. Trotzdem ist es Kosovo bisher ruhig geblieben. Wir können uns aber eiß Gott nicht darauf verlassen, dass das so bleibt. Die Überprüfung der Standards, die Sie auch einfor ern, läuft schon längst. Wir alle wissen, dass es keine ückkehr zum Status quo geben kann. Aber wir alle wisen auch, dass die Frage nicht lösbar ist, ohne Serbien it einzubeziehen. Es ist nicht möglich, über Serbien inweg eine Lösung in Bezug auf die Unabhängigkeit zu inden. Deshalb wird es sehr wichtig sein, dass wir imer wieder darauf hinwirken, dass Belgrad eine tragfäige Lösung angeboten wird, von der auch Belgrad etas hat. Gleichzeitig sind die Serben aber – auch das ist para ox – im Kosovo selber nicht an der Zukunftsentwickng des Landes beteiligt. Die Gründe dafür sind uns beannt. Ich denke, diese Probleme müssen in diesem Jahr otz der kurzen Zeit, die zur Verfügung steht, gelöst erden. Die EU hat im Übrigen angekündigt, dass sie sich auch in finanzieller Hinsicht – noch stärker im Kosovo ngagieren will. Sie leistet schon heute sehr viel im viern Pfeiler, der Wirtschaft. Aber so leichtfertig, wie Sie s in Ihrem Antrag formulieren, liebe Kolleginnen und ollegen, lassen sich die rechtlichen Hürden, die der Priatisierung der so genannten volkseigenen Betriebe im eg stehen, nicht beseitigen. Denn in dieser Frage üsste sich Belgrad bewegen oder es müsste die Sichereitsresolution 1244 geändert werden. Das wird nicht so infach sein. Wie Sie wissen, haben sich die internatioale Staatengemeinschaft und diejenigen, die – beginend mit Steiner – damit beschäftigt waren, bis heute die ähne daran ausgebissen. Ich glaube, dass wir den Blick auch auf Serbien richn müssen. Sie fordern in Ihrem Antrag die Untertützung der demokratischen Kräfte in Serbien. Was tut enn die Bundesregierung – und zwar nicht erst seit ilosevics Abgang – anderes, als die demokratischen räfte dort zu unterstützen? Aber Sie müssen doch zur enntnis nehmen, dass die Wahlen in Serbien zu einem echtsruck geführt haben und dass Tadic, der reformrientierte Präsident, geradezu einen Drahtseilakt vollühren muss. Es ist nicht so einfach, wie Sie es sich vortellen. Wir müssen die gesamte Region im Blick behalten. ie wirtschaftliche Entwicklung ist zwar ein entscheiendes Element, aber in allen Ländern sind der Aufbau echtsstaatlicher Strukturen und die Schaffung stabiler ahmenbedingungen, die eine Voraussetzung für Investionen sind, noch mangelhaft, ganz zu schweigen vom ampf gegen Korruption und organisierte Kriminalität. n der Lösung dieser Aufgabe wird zwar gearbeitet, Uta Zapf aber es wird noch eine Weile dauern. Eine Lösung im Hauruckverfahren nach dem Motto „EU rein – Probleme raus“ gibt es nicht. Frau Kollegin, denken Sie bitte an die Zeit. Ich bin fast fertig. – Die internationale Staatenge meinschaft wird möglichst schnell eine adäquate Lösung suchen müssen, aber bitte nicht im Hauruckverfahren. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)





(A) )


(B) )


(Beifall des Abg. Detlef Dzembritzki [SPD])

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1516314100
Uta Zapf (SPD):
Rede ID: ID1516314200


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1516314300

Das Wort hat nun der Kollege Dr. Andreas

Schockenhoff, CDU/CSU-Fraktion.


Dr. Andreas Schockenhoff (CDU):
Rede ID: ID1516314400

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Vor drei Tagen ist im Kosovo Regierungschef
Haradinaj zurückgetreten, weil er vom Haager Kriegs-
verbrechertribunal angeklagt wird. Wir begrüßen, dass
Haradinaj zur freiwilligen Zusammenarbeit mit dem
Kriegsverbrechertribunal bereit ist.

Für die Vertrauensbildung und Befriedung der Region
des westlichen Balkans ist es wichtig, dass die schwar-
zen Kapitel der Vergangenheit aufgearbeitet werden. Die
uneingeschränkte Zusammenarbeit mit dem Kriegsver-
brechertribunal ist dafür unverzichtbar.

Die uneingeschränkte Zusammenarbeit mit Den Haag
ist eine wesentliche Bedingung, um die Standards zu er-
füllen, die Mitte dieses Jahres überprüft werden sollen.


(Marianne Tritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig!)


Wir anerkennen, dass Haradinaj engagiert für die Umset-
zung dieser Standards geworben hat. Wir fordern die
Nachfolgerregierung auf, den Prozess der Implementie-
rung unverzüglich und mit Nachdruck fortzusetzen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Wenn bei der Überprüfung erhebliche Verzögerungen

festgestellt werden, ist der Beginn der Statusgespräche
im Oktober dieses Jahres gefährdet. Damit droht die
Gewalt erneut zu eskalieren. Was für das Kosovo gilt,
gilt auch für die anderen Länder der gesamten Region.
Deshalb begrüßen wir, dass sich vom Haager Tribunal
Angeklagte in jüngster Zeit sowohl in Serbien als auch
in Bosnien und Herzegowina freiwillig gestellt haben.

Das sind nur erste Schritte, die bei weitem nicht aus-
reichen. Deswegen sagen wir ganz unmissverständlich:
Den Ländern, die nicht überzeugend mit dem Haager
Kriegsverbrechertribunal zusammenarbeiten, wird der
Weg in Richtung EU und NATO verbaut bleiben, ob es
dabei um die Teilnahme an dem Programm „Partner-
schaft für den Frieden“, den Abschluss von Assoziie-

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(C (D ungsabkommen oder den Beginn von Beitrittsverhandungen geht. Frau Kollegin Zapf, da Sie Kroatien angesprochen aben, sage ich Ihnen: Wir hoffen sehr, dass die Beirittsverhandlungen wie geplant in der nächsten Woche eginnen können. Dafür setzen wir uns ein. Das heißt ber auch, dass die Regierung in Zagreb nicht den Einruck erwecken darf, sie würde das Haager Tribunal bei er Auffindung des ehemaligen Generals Gotovina beindern; denn beides gehört zusammen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Uta Zapf [SPD]: Das habe ich doch gesagt!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Rücktritt
aradinajs und die damit zusammenhängende erhöhte
larmbereitschaft der Stabilisierungskräfte im Kosovo,
ie fortgesetzte Notwendigkeit der Truppenpräsenz in
osnien und Herzegowina und die Vorwürfe des Haager
ribunals gegen die Regierung in Zagreb zeigen: Trotz
ller Fortschritte, die wir in den vergangenen Jahren auf
em Balkan erreicht haben – Frau Kollegin Zapf, es sind
icht wenige Fortschritte und wir leugnen sie auch nicht –,
ind wir von einer stabilen Situation in der Region weit
ntfernt.
In einzelnen Ländern wird eine weitere politische und
irtschaftliche Stabilisierung erheblich erschwert: durch
ngelöste Fragen des politischen Status, ethnische Kon-
liktpotenziale, mangelnde Rechtssicherheit, organisierte
riminalität, Menschenhandel und Korruption. Diese
onfliktpotenziale stellen für Frieden und Stabilität in
er gesamten Region große Risiken dar. Europa – das
issen wir alle – wäre von einem Wiederaufflammen der
onflikte direkt betroffen. Wenn sich auf dem Balkan
ine dauerhafte Instabilität entwickelt und er zu einer
rehscheibe der Kriminalität wird, werden wir die Kon-
equenzen unmittelbar spüren.
Darüber hinaus stellt Europa den größten Anteil der

tabilisierungskräfte in der Region. Deshalb liegt es im
uropäischen Sicherheitsinteresse, dass diese Herausfor-
erungen möglichst bald bewältigt werden und somit
uch die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass
ie Anzahl unserer Soldaten und Polizeikräfte weiter re-
uziert werden kann.
Verehrte Frau Kollegin, Sie haben sich an einer For-
ulierung unseres Antrags gerieben: dass die Bundesre-
ierung „eine Politik des mutlosen Verharrens im Status
uo“ betreibe. Liebe Frau Kollegin, das ist nichts ande-
es als eine Umschreibung dafür, dass die Bundesregie-
ung schlichtweg nichts tut.


(Uta Zapf wahr! – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das ist doch unser Vorwurf an Sie! – Weiterer Zuruf von der SPD: Ihre Wahrnehmung ist sehr skurril!)


Liebe Frau Kollegin, zuerst haben Sie geredet; aber
etzt rede ich.


(Uta Zapf [SPD]: Sie haben aber auch dazwischengerufen!)







(A) )


)

Dr. Andreas Schockenhoff

Wir unterhalten uns in diesem Hause regelmäßig über
die Verlängerung des Mandats.


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Immer bei der Wahrheit bleiben!)


– Derjenige, der hier heute fehlt, hat es nicht so mit der
Wahrheit.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Vorsicht vor Verunglimpfungen!)


Lieber Herr Kuhn, Sie sollten aufhören, von Wahrheit zu
sprechen; denn Sie haben Ihre Unschuld verloren.


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

Ich könnte nämlich auch über eine andere Region spre-
chen.

Wenn jemand in aller Kürze sagt, es sei unschön,
wenn zehntausendfach Zwangsprostitution erfolgt,


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Na, na!)

und sich in einem anderen Halbsatz erdreistet, zu sagen,
dass man Kroatien deshalb aber nicht kriminalisieren
dürfe,


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das ist typisch!)


muss ich Ihnen verdammt noch mal sagen: Diese arro-
gante Hybris werden Sie noch zu spüren bekommen.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Alles Vorverurteilungen!)


Kommen wir zurück zum Thema.

(Detlef Dzembritzki [SPD]: Wollen Sie Ihre Emotionen noch weiter austragen?)

– Wir nehmen die Emotionen zurück, aber hören Sie bei
diesem Minister, der nach allem, was er sich geleistet
hat, an seinem Amt klebt, mit Zwischenrufen zur Wahr-
heit auf.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Ziemlich arrogant!)


– Es ist extrem arrogant, lieber Wilhelm Schmidt. Dass
ihr euch dafür hergebt, ist euer Problem.

Jetzt kommen wir zum Thema zurück.

(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das ist ja schön!)

Es hat auch etwas mit Wahrheit zu tun. Wir reden jedes
Jahr über die Verlängerung des Mandats. Was sagen
wir eigentlich den Bundeswehrsoldaten, die zum Teil
zum dritten, vierten und fünften Mal in ihren Turnus in
das Kosovo nach Pristina oder nach Bosnien-Herzego-
wina geschickt werden, ohne dass sich dort politisch
irgendetwas verändert hat? Gehen sie wirklich dorthin in
dem Bewusstsein, einen politischen Prozess zu unter-
stützen? Oder gehen sie dorthin, weil uns nichts mehr
einfällt?

Entschuldigung, es ist nicht hinnehmbar, dass wir
hohe entwicklungspolitische und militärische Kosten

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(C (D infach fortschreiben, dass es sogar Profiteure von analtender Instabilität gibt, dass die politische Eigenverntwortung der Menschen und Staaten in der Region geemmt wird. Deshalb muss die Bundesregierung zusammen mit nseren EU-Partnern darauf bestehen, dass im Herbst ie Gespräche über den künftigen Status des Kosovos eführt werden. oraussetzung dafür ist, dass im Sommer überprüft wird, b substanzielle Fortschritte bei der Erfüllung der Stanards wie Sicherheit, Minderheitenschutz, Flüchtlingsückkehr, Dezentralisierung und Bewegungsfreiheit erielt wurden. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Standards und Stas bedingen einander. Die Erfüllung von Standards chafft Status und eine Änderung im Status des Kosovos uss die Stabilität der gesamten Region und insbesonere auch von Serbien und Montenegro berücksichtigen. ine Rückkehr zu einem Status von vor 1999 ist genauso uszuschließen wie eine sofortige Unabhängigkeit des osovos. Wir fordern die Bundesregierung auf, eine Strategie orzulegen, um UNMIK-Verantwortlichkeiten Zug um ug auf die provisorische Selbstverwaltung des Kosovos nd auf regionale Organisationen zu übertragen. en Kosovaren sollten entsprechend der Erfüllung der tandards schrittweise alle Rechte und Pflichten übertraen werden mit Ausnahme der Zuständigkeit für die ußenund Verteidigungspolitik. Nur durch ein verstärktes zielgerichtetes europäisches ngagement können diese schrittweise Übernahme von igenverantwortung erreicht und eine neue weitere Spalng der Region vermieden werden. Europa muss polisch und militärisch stärker Verantwortung übernehmen. ie Europäische Union muss deshalb die zentrale Rolle m Rahmen der internationalen Zusammenarbeit mit den ändern des Balkans übernehmen. Meine Damen und Herren, ich danke für Ihre Auferksamkeit. Das Wort erhält nun die Kollegin Marianne Tritz, ündnis 90/Die Grünen. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor 5 Jahren brach aufgrund lang anhaltender ethnischer onflikte auf dem Balkan ein Krieg aus, der begleitet urde von Vertreibung und von Massakern an ethnichen Volksgruppen. Der Flächenbrand des Krieges ereichte innerhalb kürzester Zeit die einzelnen Länder des alkans. Die internationale Gemeinschaft hat damals ilitärisch interveniert und anschließend mit verschiedeen Mitteln und Instrumenten versucht, Frieden in die Marianne Tritz Region zu bringen. Die internationale Gemeinschaft hatte sich damals zum Ziel gesetzt, der Gewalt Einhalt zu gebieten, wirtschaftliche Entwicklungsprobleme zu lösen, ethnische Differenzen beizulegen und Minderheitenrechte zu garantieren. Neben einer andauernden Militärpräsenz wurden die Verträge von Dayton und Rambouillet geschlossen, Hohe Beauftragte oder spezielle Repräsentanten des Generalsekretärs der Vereinten Nationen ernannt, der Polizeiapparat aufgebaut und das Justizwesen zum Teil reformiert. Das Ziel war es, unter der Leitung der Vereinten Nationen den Aufbau demokratischer Staaten voranzutreiben. Das ist zu einem großen Teil gelungen. Herr Kollege, Sie haben vorhin gefragt, was denn bisher auf den Weg gebracht worden ist. Was hat die internationale Gemeinschaft erreicht? Die Sicherheitslage im Kosovo hat sich – abgesehen von den Unruhen im März 2004 – weiter stark verbessert. Auch die Menschenrechtssituation in Südosteuropa hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verbessert. Freie und faire Wahlen wurden durchgeführt. Die Perspektive einer EU-Annäherung könnte in den Ländern des westlichen Balkans die entscheidende Grundlage für die Festigung der politischen Stabilität und der wirtschaftlichen Entwicklung sein. Das ist eine ganze Menge. Aber selbstverständlich müssen wir nach all den Jahren einmal Bilanz ziehen und auch die Defizite benennen, die nach wie vor bestehen – selbstverständlich gibt es noch Defizite –: Nach wie vor herrscht ein großes Misstrauen der ethnischen Gruppen untereinander, das tief sitzt. Der Aufbau geht zum Teil schleppend voran; das stimmt. Zum Teil sind Doppelstrukturen in den Verwaltungen und Rechtssystemen entstanden, die sich heute gegenseitig behindern. Die Arbeitslosigkeit ist hoch, es gibt kaum Wirtschaftswachstum, dafür organisierte Kriminalität und ein großes Misstrauen gegenüber den Vereinten Nationen. Schauen wir uns einmal die Situation in Kosovo an: Das Durchschnittsalter liegt bei 22 Jahren, das Durchschnittseinkommen bei 200 Euro und die Arbeitslosigkeit zwischen 55 und 60 Prozent. Das sind natürlich schlechte Grundlagen für die Stabilität eines Landes. Sechs Jahre nach Kriegsende erwarten die Menschen in Kosovo, dass es mit dem Aufbau ihres Landes vorangeht. Sie erwarten zu Recht, dass der Status ihres Landes geklärt wird, damit sie Investoren in das Land holen können, damit sie endlich wissen, wo ihr Platz innerhalb Europas ist. Um diesen Status zu klären, hat ihnen die internationale Gemeinschaft auferlegt, so genannte Standards zu erfüllen, das heißt, den Schutz von Minderheiten, den Schutz von Flüchtlingen und Bewegungsfreiheit zu gewährleisten, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit herzustellen und die wirtschaftliche Entwicklung auf den Weg zu bringen. Premierminister Haradinaj hat in Kosovo ein atemberaubendes Tempo vorgelegt, diese Standards zu implementieren. Seine Entscheidung, sein Amt niederzulegen und nach Den Haag zu reisen, weil der Internationale Strafgerichtshof Anklage gegen ihn erhoben hat, verdient unseren höchsten Respekt und sollte ein Vorbild f A z d H K E g I S m w s K d S i k d z e t f d e u t o d l b u b H d r r f P R M b n s ü n k m E n d a d (C (D ür die anderen Länder des Balkans sein, die sich mit der uslieferung ihrer Angeklagten und Kriegsverbrecher um Teil nach wie vor sehr schwer tun und sich selbst abei auf dem Weg nach Europa behindern. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Uta Zapf [SPD]: Das tut sie doch!)


(Uta Zapf [SPD]: Passiert alles!)


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1516314500
Marianne Tritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516314600

(B)





(A) )


(B) )


aradinaj hat seine Anhänger zur Ruhe gemahnt. Die
osovaren haben nämlich begriffen, dass die weiteren
ntscheidungen in der Statusfrage, dass ihre Unabhän-
igkeit von ihrem rechtsstaatlichen Verhalten abhängen.
ch bin der Meinung, dass die Implementierung der
tandards und die Klärung des Status paralleler laufen
üssen, damit der Teufelskreis endlich durchbrochen
ird, an dem es immer wieder hakt: dass einerseits Wirt-
chaftswachstum zu einer der Voraussetzungen für die
lärung der Statusfrage gemacht wird, Investitionen in
ie Wirtschaft andererseits aber ohne die Klärung des
tatus nicht möglich sind. Kein seriöses Unternehmen
nvestiert in politisch unklare Verhältnisse.
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, auch Europa

ann, wie ich finde, noch einiges dazu beitragen, Län-
ern wie dem Kosovo auf diesem Weg unter die Arme
u greifen. Dazu gehört zum Beispiel, dass Europa sich
inmal überlegt, inwieweit es mehr in das Kosovo inves-
iert, anstatt nur zu warten, bis bestimmte Standards er-
üllt sind. Es sollte von sich aus die Initiative ergreifen,
amit so etwas wie eine Basisversorgung in diesem Land
ndlich gewährleistet wird.
Wir waren erst in der letzten Woche dort und haben

ns die Verhältnisse angeschaut. Die Menschen sind na-
ürlich nicht guten Mutes, wenn sie ohne Strom und
hne Wasser leben müssen, wenn sich in ihren Straßen
er Müll häuft, wenn die Basisversorgung nicht gewähr-
eistet ist, wenn ganz einfache Grundbedürfnisse nicht
efriedigt werden, die das Leben angenehmer machen
nd auf denen man die Alltäglichkeiten des Lebens auf-
auen kann. Da ist Europa tatsächlich gefordert, die
ände zu reichen und etwas zu machen.
Ebenso sollte man meiner Meinung nach überlegen,

ie Frage der Rückkehr der Flüchtlinge aus den ande-
en Ländern in das Kosovo noch einmal zu thematisie-
en. Nach wie vor werden Leute mehr oder weniger un-
reiwillig abgeschoben und zurückgeführt. Das ist ein
roblem: Damit tragen wir natürlich zur Instabilität der
egion bei; das muss uns klar sein. Wir entlassen die
enschen in ein Leben in einer Region, wo es keine Ar-
eitsplätze gibt, keine Grundversorgung. Sie wissen
icht, wie und wovon sie leben sollen, und das, nachdem
ie hier mit ihren Kindern und Familien zum Teil seit
ber zehn Jahren voll integriert sind. Ich finde, das geht
icht. Ich möchte, dass wir darüber noch einmal reden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Europa muss aner-

ennen, dass der Balkan ein Teil von ihm ist. Umgekehrt
üssen die Länder des Balkans anerkennen, dass die
uropäische Union eine Wertegemeinschaft ist und ih-
en bestimmte Bedingungen auferlegt, wenn sie ein Teil
ieser Wertegemeinschaft werden wollen. Dazu gehört
uf alle Fälle – ich glaube, das ist die breite Meinung in
iesem Haus –, dass Kriegsverbrecher nicht gedeckt






(A) )



(B) )


Marianne Tritz

werden, sondern dass man voll kooperiert, um ihrer hab-
haft zu werden, wie zum Beispiel gerade im Fall von
Kroatien. Haradinaj ist mit gutem Beispiel vorangegan-
gen.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1516314700

Das Wort hat nun der Kollege Dr. Rainer Stinner,

FDP-Fraktion.

Dr. Rainer Stinner (FDP):
Rede ID: ID1516314800

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-

gen! Nachdem ich mir die Reden der beiden Vertreterin-
nen der Koalitionsfraktionen angehört habe, frage ich
mich wie die Amerikaner: Where is the beef? Was ist
dort los?

Frau Zapf, Sie haben uns erzählt, was alles nicht geht,
und Frau Tritz, Sie haben uns erzählt, was dort alles
noch an Defiziten ist. So, wie die Bürger in diesem
Lande auch, erwarten wir, dass die Bundesregierung, so-
lange sie noch am Ruder ist, etwas Konkretes tut und uns
Entsprechendes vorlegt – nicht, was ist und welche Pro-
bleme es noch gibt, sondern, was sie im Jahre 2005 ganz
konkret tun will.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Wir sitzen hier nicht in einem politischen Seminar; wir
sind hier, damit wir etwas tun. Sie können jetzt noch et-
was tun und ich fordere Sie dazu auf.


(Beifall des Abg. Peter Hintze [CDU/CSU])

Frau Tritz, meine Fraktion, die FDP, hat im Gegensatz

zu Ihrer Fraktion zwei ganz konkrete Anträge gestellt.
Unser Antrag „Status des Kosovos als EU-Treuhand-
gebiet“ ist ein Jahr alt. Auch nach dem Weggang von
Haradinaj nach Den Haag ist der Antrag noch so tau-
frisch wie am ersten Tag.

Frau Zapf, Sie haben heute nicht genau gesagt, was
Sie eigentlich wollen. Sie werden in der Presse zitiert,
dass Sie für die Unabhängigkeit des Kosovos sind. Das
will das Pentagon auch. Trotzdem sage ich: In dieser
Form ist das falsch.

Die Europäische Union muss sich in dieser Region
stärker engagieren. Liebe Freunde, wir können doch
nicht verlangen, dass sich die Afrikanische Union um
Darfur und die arabische Welt mehr um den Nahen Os-
ten kümmert, wenn wir als Europäische Union nicht be-
reit sind, auf dem Balkan konkret tätig zu werden. Des-
halb haben wir unseren Antrag auch so konkret gestellt.
Herr Schmidt, der Antrag geht nicht in die Breite, son-
dern er wurde spitz, auf einen Problemkreis bezogen und
ganz konkret gestellt.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Sie ignorieren einige Wirklichkeiten!)


Herr Schmidt, wir alle – Sie hoffentlich auch – wis-
sen, dass die drei Möglichkeiten, nämlich erstens die

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(C (D ückkehr zu Serbien, zweitens die Teilung des Landes nd drittens die unmittelbare Unabhängigkeit, im Auenblick wirklich keine politischen Optionen auf dem alkan sind. Nehmen Sie das doch bitte einmal zur enntnis! Deshalb müssen wir gemeinsam nach neuen egen suchen. Die Europäische Union hat der Region in Thessalo iki eine ganz konkrete europäische Perspektive gegeen. Unser Vorschlag eines europäischen Treuhandebietes, wie wir es bezogen auf das Kosovo genannt aben, ist eine komplementäre Strategie für diese Reion hin zu Europa. Wir dürfen auch nicht vergessen, ass dies für Belgrad die einzig verdaubare politische ption für diese Region ist. Alles andere wird mit Belrad nicht zu machen sein. on daher glaube ich, dass wir das hier auch berücksichigen sollten. Wir Deutsche sind besonders gefordert, hier einen anz konkreten und nicht allgemeinen politischen Beirag zu einer politischen Perspektive zu leisten. Wir düren nicht nur sagen, was alles noch nicht funktioniert, ondern wir müssen hier und heute ganz konkret sagen, as wir wollen. Das sind wir auch unseren Soldaten dort chuldig, (Dr. Friedbert Pflüger [CDU/CSU]: Sehr wahr!)


(Dr. Werner Hoyer [FDP]: Sehr wahr!)


ie bereit sind, einen schwierigen Dienst zu tun. Diese
oldaten erwarten von uns zu Recht, dass wir politische
ösungswege aufzeigen und dass sie nicht als Ersatz für
olitische Lösungen herhalten müssen. Politische Lö-
ungswege aufzuzeigen, das ist unsere Aufgabe hier im
eutschen Bundestag.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Das Gleiche gilt natürlich auch für Bosnien und
erzegowina. Zehn Jahre nach Dayton müssen wir end-
ich den Weg zu einer politischen Lösung finden, freima-
hen und organisieren. Auch dazu haben wir einen kon-
reten Vorschlag gemacht, über den wir hier noch
iskutieren können.
Vergleichen wir die Zeithorizonte von Afghanistan

nd Irak auf der einen Seite und Bosnien-Herzegowina
uf der anderen Seite: Im Ergebnis müssen wir feststel-
en, Herr Dzembritzki, dass irgendetwas falsch gelaufen
st, weil wir noch nach zehn Jahren herumeiern und dem
olk nicht die Möglichkeit geben, die Dinge selbst in die
and zu nehmen. Deshalb sagen wir: Zehn Jahre nach
em Dayton-Abkommen muss den Organen in Bosnien-
erzegowina die volle Kompetenz übertragen werden.
ie „Bonn Powers“ verhindern Eigenverantwortung
nd die – um es mit einem neudeutschen Wort zu sagen –
wnership der Politiker in diesem Lande. Diese müssen
ringend abgeschafft werden. Zehn Jahre nach dem Day-
on-Abkommen fordern wir, dass der Hohe Repräsentant
inen großen europäischen Hut trägt und die europäische
olle verstärkt zur Geltung bringt.






(A) )



(B) )


Dr. Rainer Stinner

Bosnien-Herzegowina will in die Europäische Union.

Wir Europäer haben dafür – das ist selbstverständlich –
klare Bedingungen gestellt. Wir sind bereit, dieses Land
dabei zu unterstützen. Wir müssen die Menschen aber
auch ermächtigen, diesen Weg selber zu gehen. Deshalb
ist unser Antrag so wichtig; es muss eine Veränderung
der politischen Situation herbeigeführt werden.

Wir wissen, dass unsere Anträge von der noch herr-
schenden Koalition abgelehnt werden. Die, wie wir sa-
gen, „same procedure“ kennen wir schon.


(Peter Hintze [CDU/CSU]: Im Moment haben wir die Mehrheit!)


Aber ich gehe mit Ihnen eine Wette ein: Die „Bonn Po-
wers“ in Bosnien-Herzegowina werden, so wie wir es
fordern, abgeschafft werden. Es gibt keine andere Mög-
lichkeit. Ich wette mit Ihnen, dass noch in diesem Jahr
die europäische Rolle im Kosovo deutlich verstärkt
wird.


(Uta Zapf [SPD]: Das ist doch schon alles angekündigt!)


– Die Kontaktgruppe, Frau Zapf, wird dafür sorgen. Sie
haben die Chance, unserem Antrag zuzustimmen. Ich
bedanke mich für Ihre Zustimmung. Ich finde es gut,
dass Sie zur Vernunft gekommen sind.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1516314900

Das wäre ein gutes Schlusswort gewesen, Herr Kol-

lege.

Dr. Rainer Stinner (FDP):
Rede ID: ID1516315000

Die Kontaktgruppe wird das so bestimmen.
Wir werden heute – das ist mein letzter Satz, Herr

Präsident; ich bedanke mich für Ihr Verständnis – für un-
seren Antrag keine Zustimmung bekommen; das wissen
wir. Wir wissen aber, dass uns die Realität Recht geben
wird. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist uns – ich
hoffe, Sie haben dafür Verständnis – noch wichtiger.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1516315100

Herr Kollege Stinner, ich bitte um Nachsicht, dass ich

an meiner Vermutung festhalte, dass die Aufforderung
zur Zustimmung noch wirkungsvoller war als die resi-
gnative Bemerkung, dass es wohl keine Zustimmung ge-
ben werde.


(Heiterkeit bei der SPD)

Nun hat das Wort der Kollege Detlef Dzembritzki für

die SPD-Fraktion.

(Dr. Rainer Stinner [FDP]: Realität ist das Wichtigere!)


Detlef Dzembritzki (SPD):
Rede ID: ID1516315200

Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Die Dis-

kussion über die Entwicklung und die Perspektiven Süd-
osteuropas in unserem Haus ist richtig. Ich denke, dass

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(C (D ir uns angesichts der Gesamtverantwortung, die wir als arlament und Bundesregierung übernommen haben, ieser Diskussion regelmäßig zu stellen haben. Ich plädiere aber in diesem Zusammenhang dafür, icht nur auf die zweifellos vorhandenen Probleme abuheben, sondern sich auch durchaus der Fortschritte beusst zu werden, die eindeutig zu erkennen sind, weil onst, lieber Herr Kollege Dr. Stinner, diejenigen, die or Ort tätig sind, völlig verzweifeln müssten. Deswegen ilft es bei solchen Debatten nicht, Herr Kollege chockenhoff, mit Emotionen zu operieren und zu untertellen, dass in dieser Region noch auf Jahrzehnte hin ine riesige Militärpräsenz notwendig sein wird. (Dr. Andreas Schockenhoff [CDU/CSU]: Zurzeit!)


ergleichen Sie einmal die Militärpräsenz am Anfang
it der heutigen. Sie werden dann erhebliche Unter-
chiede und Fortschritte erkennen, weil Zehntausende
on Soldaten abgezogen wurden. Ich denke, man muss
inmal deutlich machen, welche Veränderungen sich
ort ergeben haben.


(Beifall bei der SPD)

Wir müssen uns auch die historische Perspektive vor
ugen führen, in welch unglaublich kurzer Zeit Demo-
ratisierungsprozesse in Osteuropa stattgefunden haben
nd was der Wandel bewirkt hat. Wir haben gestern dem
krainischen Präsidenten Juschtschenko ob der Leistung
er orangenen Opposition in der Ukraine Standing Ova-
ions gezollt. Wir können doch nicht einfach beiseite wi-
chen, wie schwierig solche Prozesse sind. Angesichts
er Entwicklung in den ehemaligen jugoslawischen Re-
ubliken auf dem Balkan kann die Erfahrung dieses
urchtbaren Bürgerkrieges nicht einfach weggewischt
erden. Sie ist eine Last, die in dieser Region zu spüren
st. Wenn es der internationalen Staatengemeinschaft da-
als gelungen wäre, diese zu verhindern, dann wäre
eute manches einfacher. Es ist aber so, wie es ist, und
ir haben uns dieser Situation zu stellen.
Weil wir die Verantwortung mit übernommen haben
das Parlament, die internationale Gemeinschaft und
ie Bundesregierung –, müssen wir bereit sein, zu erken-
en, dass das Licht, das im ehemaligen Jugoslawien zu
ehen ist, die schrecklichen Schattenseiten inzwischen
in bisschen überstrahlt. Wenn ich mir den Antrag der
DU/CSU-Fraktion anschaue, dann sehe ich, dass das
m Wesentlichen bestätigt wird. Darüber hinaus – das
uss ich leider feststellen – finde ich wenig Substanziel-
es in diesem Antrag.


(Siegfried Helias [CDU/CSU]: Da haben Sie nicht genau hingeguckt!)


eswegen wird es Sie nicht überraschen, dass wir ihm
icht zustimmen werden.
Wir haben bei der politischen und wirtschaftlichen

tabilisierung, beim Aufbau staatlicher Strukturen, im
ustizwesen und bei der Rückführung von Flüchtlingen
eachtliche Fortschritte erzielt. Das gilt auch für Bos-
ien-Herzegowina, das mir besonders am Herzen liegt.
err Kollege Dr. Stinner, selbstverständlich wird der






(A) )



(B) )


Detlef Dzembritzki

zehnte Jahrestag des Dayton-Abkommens Anlass sein,
darüber nachzudenken, wie dieser Prozess weiterentwi-
ckelt werden kann.


(Dr. Rainer Stinner [FDP]: Das reicht nicht aus!)


Wir beide sind gemeinsam bemüht gewesen, Anstöße zu
geben.

Es geht einmal um die Revision des Friedensvertrages
und es geht zum anderen – das ist offensichtlich Ihr
Schwerpunkt in Ihrem Antrag – um die Abschaffung der
so genannten „Bonn Powers“. Das ist vom Grundsatz
her eine völlig richtige Weichenstellung.


(Beifall des Abg. Dr. Rainer Stinner [FDP])

Ich denke, dass die Diskussion, die darüber geführt wird,
deutlich macht, dass erkennbare Fortschritte in Bosnien-
Herzegowina gemacht worden sind. Ich weiß auch, dass
Sie, Herr Kollege Dr. Stinner, ein Kenner von Bosnien-
Herzegowina sind. Deswegen meine ich, dass wir uns et-
was Zeit nehmen müssen und nicht so vehement unsere
Forderungen einbringen sollten. Wir sollten den Prozess
vielmehr differenzierter sehen.

Nehmen wir einmal die „Bonn Powers“, die Paddy
Ashdown im Dezember eingesetzt hat. Es ging damals
nicht um Querelen der ethnischen Gruppen untereinan-
der bzw. darüber, dass man sich nicht über Nummern-
schilder von Autos oder die Mehrwertsteuerreform eini-
gen konnte. Es ging vielmehr darum, dass ein Teil dieser
ethnischen Gruppen – sprich: die Republik Srpska und
ihre Regierungsverantwortlichen – nicht bereit waren,
mit dem Internationalen Strafgerichtshof zusammenzu-
arbeiten. Im Gegenteil: Man musste den Eindruck haben,
dass Kriegsverbrecher geschützt wurden.

So bedauerlich es ist, ohne die „Bonn Powers“ wäre
überhaupt nichts passiert. Dass der Prozess der Demo-
kratisierung und der Staatenbildung noch nicht so weit
ist, dass die Kräfte vor Ort in der Lage sind, diese Leis-
tung zu vollbringen, signalisiert – ob wir es wollen oder
nicht –, dass Korrektive in der Gestalt, die die „Bonn Po-
wers“ möglich machen, noch notwendig sind.

Ich meine, dass es unsere Aufgabe ist, zu helfen, so-
weit wir helfen können. Wir haben darin Erfahrung. Ich
erinnere an die Erfolge im wirtschaftlichen oder im insti-
tutionellen Bereich. Ich denke dabei an manche gesamt-
staatlichen Initiativen, die verwirklicht wurden, zum
Beispiel die Reform der Mehrwertsteuer oder die Vertei-
digungsreform. Das sollte eigentlich die Verantwor-
tungsträger in den unterschiedlichen ethnischen Gruppen
ermutigen – ob in Mostar, in Banja Luka oder in Sara-
jevo –, sich stärker aufeinander zuzubewegen und die
Blockademöglichkeiten, die sie aufgrund des Dayton-
Abkommens haben, selber abzubauen. Je mehr das ge-
lingt und je mehr Verantwortungsbereitschaft der Kolle-
ginnen und Kollegen in Bosnien-Herzegowina erkenn-
bar ist, umso eher wird es möglich sein, das Instrument
der „Bonn Powers“, das ein Vehikel ist, das überhaupt
nicht ins demokratische Europa passt, rückgängig zu
machen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


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(C (D Das geht aber nicht auf Knopfdruck. Sosehr ich Ihre ngeduld verstehen kann, muss ich an mich selbst, aber uch an uns alle appellieren, die notwendige Geduld aufubringen. Denn wir müssen auch über die Konsequenen diskutieren. Wenn wir Eigenverantwortung wollen zum Beispiel in Bosnien-Herzegowina –, dann können ir nicht sagen: Ihr habt das so und so zu machen. Wenn ir die Menschen nicht auf den Weg der Demokratisieung mitnehmen, dann sind unsere Worte verhältnismäig hohl. Deswegen hört es sich gut an, von der Regierung zu ordern, mehr zu tun. Man muss aber akzeptieren, dass s sich hier – frei nach Max Weber – um das Bohren sehr icker Bretter handelt. Ich bin der Bundesregierung ankbar, dass sie hervorragend am Bohren dieser dicken retter arbeitet. Wir sollten aufzeigen, dass diese Region nd insbesondere Bosnien-Herzegowina nicht nur die hance haben, die „Bonn Powers“ loszuwerden, wenn ie bereit sind, die aufgezeigten Defizite abzubauen, sonern auch die Chance, einen Weg in die Europäische nion zu finden. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1516315300

Das Wort hat der Kollege Michael Stübgen, CDU/
SU-Fraktion.


Michael Stübgen (CDU):
Rede ID: ID1516315400

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Ich stimme mit meinem Vorredner darin über-
in, dass in den zehn Jahren seit dem Daytoner Friedens-
bkommen viele Entwicklungen auf dem Balkan gut und
ichtig gelaufen sind und dass es auch hoffnungsvolle
nsätze auf dem Balkan gibt. Wir alle wissen, dass der
riedens- und Demokratisierungsprozess auf dem Bal-
an noch längst nicht abgeschlossen ist und dass wir dort
och einen langen Atem brauchen. Bei mir allerdings
ächst die Sorge, dass gerade das Jahr 2005 für den Bal-
an zu einem Jahr vieler Rückschläge werden kann und
indestens von den Balkanländern als ein schwarzes
ahr empfunden werden kann.
Ich will zu dieser komplexen Thematik nur einige

roblemfelder kurz ansprechen. Zunächst zu Kroatien.
eit Mitte der 90er-Jahre hat es Kroatien Schritt für
chritt, manchmal auch Schrittchen für Schrittchen, ge-
chafft, Erfolge bei der politischen und wirtschaftlichen
tabilisierung zu erzielen. Im letzten Jahr gab es wie in
inem normalen demokratischen Land einen friedlichen
egierungswechsel. Er hat die demokratische Reife des
andes deutlich bestätigt. Die Erfolge Kroatiens in den
etzten Jahren waren so überzeugend, dass die Europäi-
che Union beschlossen hat, im März dieses Jahres Bei-
rittsverhandlungen mit Kroatien zu beginnen.
Diese positive Entwicklung insgesamt ist plötzlich in-

rage gestellt, und zwar durch einen mindestens für Au-
enstehende völlig undurchsichtigen Vorgang. Es geht
arum, dass Kroatien vom Internationalen Strafgerichts-






(A) )



(B) )


Michael Stübgen

hof der Vorwurf gemacht wird, bei der Festsetzung des
mutmaßlichen Kriegsverbrechers Gotovina nicht inten-
siv genug zu kooperieren. Die kroatische Regierung be-
streitet diesen Vorwurf vehement und verweist richtiger-
weise darauf, dass Herr Gotovina einen französischen
Pass habe, insofern in der ganzen Europäischen Union,
nahezu weltweit frei herumreisen könne, weshalb sie
nicht verantwortlich gemacht werden könne, wenn sie
ihn in ihrem Land nicht festsetzen könne.

Ich kann diese Vorwürfe an die kroatische Regierung
und die Verteidigung der kroatischen Regierung nicht
zweifelsfrei bewerten. Aber ich weiß eines: Wenn es in
der nächsten Woche dazu kommen sollte, dass der ge-
plante Beginn der Beitrittsverhandlungen mit Kroa-
tien verschoben wird, auf unabsehbare Zeit auf die lange
Bank geschoben wird, dann wird dieser Vorgang in Kroa-
tien als unverhältnismäßig und ungerecht empfunden
werden können.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Es wird sich der fade Beigeschmack ausbreiten, dass
Kroatien härter behandelt wird als andere Aspiranten
wie die Türkei.


(Peter Hintze [CDU/CSU]: So ist es!)

Solche psychologischen Effekte sind gerade auf dem

Balkan gefährlich.
Nach meiner Überzeugung ist das Krisenmanagement

der Europäischen Union bisher unzureichend. Wenn es
denn dazu kommt, dass in der nächsten Woche der Be-
schluss zum Beginn der Beitrittsverhandlungen nicht
umgesetzt wird – es sieht danach aus; es steht heute auch
schon in der Zeitung –, dann halte ich persönlich zwei
Dinge für existenziell: Erstens. Der Europäische Rat
muss einen neuen Termin, am besten noch in diesem
Jahr, festsetzen. Er darf nicht einfach erklären: Irgend-
wann, wenn Kroatien irgendetwas umsetzt, was nicht
einmal genau definiert ist, fangen wir mit den Verhand-
lungen an.

Zweitens. Ich erwarte, dass die Europäische Union die
Handlungsanforderungen an Kroatien klar definiert. Es
reicht eben nicht aus, allgemeine Anschuldigungen vor-
zubringen und auf irgendwelche Geheimdiensterkennt-
nisse zu verweisen, die auch nirgendwo richtig begründet
werden. Falls Kroatien wirklich nicht ausreichend ko-
operiert, gibt gerade das Kroatien die Möglichkeit, mit
Ausreden immer wieder auszuweichen.

Es muss also klar werden: Was muss Kroatien zu wel-
chem Zeitpunkt tun? Dann können wir alle, auch die
Balkanländer, bewerten, ob Kroatien mit offenen Karten
spielt oder ob es, wie der Vorwurf im Moment ist, abzu-
tauchen versucht.

Ich denke, die in der nächsten Woche zu treffende
Entscheidung der Europäischen Union und insbesondere
ihre Umsetzung werden für die Zukunft der gesamten
Balkanregion sehr wichtig sein; denn wenn die Entschei-
dung nicht ordentlich umgesetzt wird, besteht langfristig
die Gefahr, dass die Destabilisierung voranschreitet und
dass der fortschrittliche Prozess in Kroatien aufhört und
sich ins Gegenteil verkehrt. Das wäre in jedem Fall das

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(C (D chädlichste und eine schlechte Basis. Ich erwarte in ieser Angelegenheit mehr und offeneres Engagement er Bundesregierung als bisher. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. Zum Schluss der Debatte über diesen Tagesordnungs unkt spricht der Kollege Siegfried Helias, CDU/CSUraktion. Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und erren! Wenn wir, die CDU/CSU-Fraktion, uns für ein tärkeres Engagement der EU auf dem westlichen Balan aussprechen, dann liegt das nicht nur an dem scheinar mutlosen Beharren der Bundesregierung auf dem tatus quo, sondern auch an den fehlenden Zukunftsstraegien für diese Region insgesamt. Frau Zapf, Anstrenung und guter Wille alleine genügen nicht. Sie haben esagt, dass die Bundesrepublik hier die treibende Kraft ei. Dazu kann ich nur anmerken: Allenfalls ein Bumelzug hat sich in Bewegung gesetzt. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das ist immerhin schon eine Differenzierung im Vergleich zu Herrn Schockenhoff!)


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1516315500
Siegfried Helias (CDU):
Rede ID: ID1516315600

Nehmen wir als Beispiel das Kosovo. Dort sieht auch
echs Jahre nach Kriegsende die Gesamtbilanz düster
us, und zwar nicht zuletzt aufgrund des ebenso kost-
pieligen wie missglückten Managements der internatio-
alen Gemeinschaft. Wir müssen feststellen, dass die in-
ernationale Staatengemeinschaft mit ihren bisherigen
onzepten für das Kosovo schlichtweg gescheitert ist.


(Marianne Tritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein!)


llein im Rahmen des Stabilitätspaktes für Südosteu-
opa wurden rund 2 Milliarden Euro investiert oder – bes-
er gesagt – verpulvert.
Schauen wir auf die wirtschaftliche Entwicklung!

rau Zapf, Sie haben Recht: Das ist ein entscheidendes
lement. Die Kollegin Tritz hat bereits auf die katastro-
halen wirtschaftlichen Zustände hingewiesen. Schauen
ir noch ein bisschen genauer hin! Im Kosovo hat sich
llenfalls eine labile Dienstleistungswirtschaft entwi-
kelt, die ohne die hohe internationale Personalpräsenz
ar nicht lebensfähig wäre. Produzierendes Gewerbe
ibt es kaum. Das belegt auch das Missverhältnis von
infuhr und Ausfuhr. So exportierte das Kosovo in ei-
em Wirtschaftsjahr Waren im Wert von 27 Millionen
uro und importierte im selben Zeitraum ein Pendant
on rund 1 Milliarde. Das muss man sich einmal vorstel-
en. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass wir in eini-
en Gegenden des Kosovos eine Arbeitslosenquote von
und 60 Prozent zu beklagen haben. Wie fast überall auf
em westlichen Balkan sehen die Menschen im Kosovo
eine Perspektive. Qualifizierte Nachwuchskräfte wan-
ern ins Ausland ab. Die Kosovaren wollen aber nicht






(A) )



(B) )


Siegfried Helias

nur Empfänger von Hilfsleistungen, sondern gleichbe-
rechtigter Partner in der Entwicklungszusammenarbeit
sein.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Eine grundlegende Verbesserung der ökonomischen

Situation wird durch die unklaren politischen Vorgaben
behindert. Dafür nenne ich drei Beispiele, bei denen
dringender Handlungsbedarf besteht. Ausländische In-
vestoren machen sich rar, solange sie ein staatliches Pro-
visorium vor Augen haben. Frau Zapf, die Privatisierung
der so genannten volkseigenen Betriebe ist natürlich
schwer, aber nicht unmöglich. Sie kann allerdings nicht
anlaufen, solange eine rechtliche Regelung der Ersatzan-
sprüche von Alteigentümern aussteht. Erschwerend
kommt hinzu, dass Investoren für die Altschulden haften
müssen. Diese Zustände können wir nicht länger hinneh-
men. Ich weiß zwar um die Schwierigkeiten, die entste-
hen, wenn man etwas verändern will. Wenn wir aber
eine Regelung als schlecht und ungenügend ansehen,
dann müssen wir auch die Kraft haben, sie zu ändern.
Ohne Eigenstaatlichkeit kann das Kosovo außerdem
keine Kredite aufnehmen, um Infrastrukturvorhaben zu
verwirklichen.

Keine Frage, ohne internationale Unterstützung wird
sich in Zukunft in Kosovo nichts bewegen. Das sagen
auch die Experten der renommierten International Crisis
Group, deren Vorschläge durchaus einer näheren Be-
trachtung wert sind. Demnach soll die Region spätestens
2006 unabhängig werden, und zwar unter der Bedin-
gung, dass eine Strategie zum Minderheitenschutz erar-
beitet wird. Ein UN-Vermittler soll den Einigungsent-
wurf vorbereiten, der noch 2005 unter Einbeziehung der
Konfliktparteien auf einer internationalen Konferenz be-
raten wird. Die Kosovaren würden dann im Jahre 2006
im Rahmen eines Referendums darüber abstimmen.

Nun kann man über diesen Vorschlag streiten. An ei-
nem Punkt kommen wir jedoch nicht vorbei: Für die EU
ist in diesen Plänen keine Rolle vorgesehen. Das darf
nicht weiter verwundern; denn Europa hat offensichtlich
keine einheitliche Strategie für das Kosovo und für den
gesamten Balkan vorzuweisen.

Meine Damen und Herren, wir fordern die Bundesre-
gierung auf, ein Konzept zu entwickeln, wie die Aufga-
ben des Stabilitätspaktes schrittweise in die Verantwor-
tung der Region übertragen werden können,


(Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Genau!)

nicht nur zum Wohle des westlichen Balkans, sondern
zum Wohle ganz Europas. Solange ein solches Konzept
nicht vorliegt, ist die Koalition gut beraten, die konkre-
ten Vorschläge der Opposition – sowohl von der CDU/
CSU als auch von der FDP – unvoreingenommen und
gründlich zu prüfen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Rainer Stinner [FDP])



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1516315700

Ich schließe die Aussprache.

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(C (D Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf en Drucksachen 15/4722 und 15/4406 an die in der Taesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. esteht dazu Einverständnis? – Das ist der Fall. Dann ist s so beschlossen. Tagesordnungspunkt 5 c. Wir kommen zur Beschluss mpfehlung des Auswärtigen Ausschusses auf rucksache 15/4799 zum Antrag der FDP-Fraktion mit em Titel „Status des Kosovo als EU-Treuhandgebiet“. er Ausschuss empfiehlt, diesen Antrag auf rucksache 15/2860 abzulehnen. Wer stimmt für diese eschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer nthält sich? – Damit ist die Beschlussempfehlung mit iner breiten Mehrheit angenommen. (Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Können wir das noch einmal machen? – Dr. Friedbert Pflüger [CDU/CSU]: Die Mehrheit war nicht so klar!)


Herr Kollege Pflüger, offenkundig ist das Beobach-
ungsvermögen im Präsidium ausgeprägter als in den
rsten Reihen der Opposition.


(Heiterkeit)

Wir kommen jetzt zum Tagesordnungspunkt 5 d. In-

erfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf
rucksache 15/4813 an die in der Tagesordnung aufge-
ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
erstanden? – Das ist einvernehmlich. Dann ist die
berweisung so beschlossen.
Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 6 auf:

Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Errich-
tung einer „Bundesstiftung Baukultur“
– Drucksache 15/4998 (neu)
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (f)

Ausschuss für Kultur und Medien
Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO

Die Fraktionen haben sich auf eine Redezeit von
0 Minuten verständigt. Möchte jemand weiter gehende
nträge zur Redezeit stellen? – Das ist nicht der Fall.
ann ist das so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache. Für die Bundesregierung

rhält zunächst der Parlamentarische Staatssekretär
chim Großmann das Wort.

A
Achim Großmann (SPD):
Rede ID: ID1516315800

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und
ollegen! Das Bundeskabinett hat am 15. Dezember
etzten Jahres den Ihnen vorliegenden Gesetzentwurf zur
rrichtung einer „Bundesstiftung Baukultur“ beschlos-
en. Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, die
ertschätzung von und die Nachfrage nach hochwerti-
en Planungs- und Bauleistungen zu sichern und auf
auer zu steigern, in Deutschland ebenso wie gegenüber
em Ausland. Dazu bedarf es für das deutsche Planungs-
nd Bauwesen neuer Formen der Kommunikation und






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Achim Großmann

der Mobilisierung, die es in ähnlicher Form in anderen
Nationen oder in anderen Bereichen bereits gibt. Ich
denke an verschiedene Stiftungen in den Bereichen Kul-
tur, Denkmalschutz und Umweltschutz.

Mit der „Bundesstiftung Baukultur“ will die Bundes-
regierung diese bundesweite Kommunikations- und Ak-
tionsplattform schaffen. Die Stiftung soll das Bewusst-
sein für Baukultur bei Bauschaffenden und in der
Öffentlichkeit stärken und das Leistungsniveau deut-
scher Planer national wie international besser herausstel-
len. Wir glauben, dass es wirklich einiges gibt, was man
ins Schaufenster stellen kann. Ich glaube auch, dass wir
in diesem Bereich international Nachholbedarf haben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP])


Das Stiftungsprojekt stellt nicht nur ein wichtiges
Vorhaben der Bundesregierung in dieser Legislaturpe-
riode dar. Wir tragen damit auch dem Deutschen Bun-
destag Rechnung, der das Anliegen in seinem Beschluss
zur Qualitätsoffensive für gutes Planen und Bauen im
Oktober 2003 fraktionsübergreifend unterstützt und die
Bundesregierung aufgefordert hat, einen entsprechenden
Gesetzentwurf einzubringen.


(Siegfried Scheffler [SPD]: Das ist auch vernünftig!)


Die Idee einer Bundesstiftung, mit der der mit der
Bundesinitiative „Architektur und Baukultur“ angesto-
ßene Dialog fortgeführt wird, ist im breiten Konsens mit
allen Beteiligten und von Anfang an auch im engen Dia-
log mit den Ländern entwickelt worden. Deshalb über-
rascht es, dass der Bundesrat in seiner Stellungnahme
zwar die Notwendigkeit, die Baukultur in Deutschland
zu fördern, ausdrücklich bekräftigt, zugleich aber dem
Bund unter Hinweis auf die Kulturhoheit der Länder
eine Regelungskompetenz abspricht.

Die Bundesregierung hat dies in ihrer Gegenäußerung
zurückgewiesen; denn der Bundesrat geht in seiner Stel-
lungnahme nicht von dem Begriff der Baukultur aus, der
dem Gesetzentwurf zugrunde liegt. Dieser Begriff, wie
wir ihn verstehen und auch im Gesetz definieren, um-
fasst nicht allein die ästhetische Dimension und auch
nicht allein den Ausdruck künstlerischen Schaffens. Er
beinhaltet vielmehr das, was alle Fachleute unter Bau-
kultur verstehen: die technischen und funktionalen
Aspekte, Planung und Planungsverfahren, Bauen und In-
standhalten. Baukultur kann man nur ganzheitlich ver-
stehen. Sie ergibt sich unteilbar aus dem Zusammenspiel
aller Disziplinen.

Im Ergebnis lässt sich daher nicht sagen: Einfaches
Bauen ist Baupolitik, anspruchsvolles Bauen ist Kultur-
politik. Wir alle, das heißt Länder, Bund, Gemeinden
und Private, sind – natürlich jeder in seinem Verantwor-
tungsbereich – einer Kultur des Bauens verpflichtet. Der
Bund hat hierbei als Bauherr mit Vorbildfunktion und als
Verantwortlicher für wichtige Rahmenbedingungen im
Bauwesen, im Planungsrecht und im Städtebau Vor-
schlags-, Beschluss- und Gesetzesrecht. Er hat im Hin-
blick auf die wachsende wirtschaftliche Bedeutung der

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(C (D aukultur als nationaler Standortfaktor und Imageträger ie Pflicht, dies voranzustellen. Wir haben also die ompetenz, den öffentlichen Qualitätsdialog um die aßstäbe guter Planung und guten Bauens zu organisie en. Auch die Baupolitik des Bundes muss dieser Bedeuung des Bauens Rechnung tragen. Ich möchte deshalb nochmals betonen: Es geht bei der eplanten „Bundesstiftung Baukultur“ nicht um die Förerung kultureller Projekte und nicht um Kulturpolitik. ie Bundesstiftung konzentriert sich auf Kommunikaionsinstrumente mit überregionaler und internationaler usstrahlung und ist im gesamtstaatlichen Zusammenang ein ganz wichtiger Baustein für die sehr bedeutenen Bereiche des Planens und des Bauens. Der Namensbestandteil „Kultur“ im Namen „Bundes tiftung Baukultur“ sollte also nicht zu Missverständnisen Anlass geben oder gar für durchsichtige politische anöver missbraucht werden, (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


umal über die Notwendigkeit, das Bewusstsein für Bau-
ultur zu stärken, breitestes Einvernehmen besteht. Alles
ndere wäre eine herbe Abfuhr für die Berufsgruppen
er Architekten und der Ingenieure, für die Berufsgrup-
en der Städtebauer und der Landschaftsplaner sowie für
iele andere, die mit hohem Einsatz für die Errichtung
iner bundesweiten Stiftung gekämpft haben.


(Renate Blank [CDU/CSU]: Aber nicht mit finanziellem Einsatz!)


Ich erinnere noch einmal an das, was ich schon im
undesrat gesagt habe: Bei den Bauministerkonferenzen
aben die Länder auf dem Weg zur Bundesstiftung im-
er mitgestimmt. In der Bauministerkonferenz saßen
uch Kolleginnen und Kollegen, die Verfassungsressorts
etreuen,


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Ein bisschen spät aufgewacht!)


it denen wir in jedem Detail besprochen haben, dass
ir natürlich eine bundesgesetzliche Möglichkeit haben,
ns aber auf das beschränken, was der Bund machen
ann.
Wir erwarten, dass – über die Anschubfinanzierung

es Bundes hinaus – langfristig der Finanzbedarf der
tiftung wesentlich von privaten Dritten mitgetragen
ird. Eine erfolgreiche Werbung von privaten Spendern
nd Sponsoren setzt aber voraus, dass die Stiftung ihre
rbeit aufnimmt, nach außen in Erscheinung tritt und als
ompetente Stimme der Baukultur in der Öffentlichkeit
ahrgenommen wird. Wir möchten daher die Bundes-
tiftung möglichst zügig noch in diesem Jahr errichten.
Ich bin überzeugt, liebe Kolleginnen und Kollegen,

ass die Stiftung – in enger Kooperation mit den vielfäl-
igen Institutionen und Akteuren auf Länder- und Ge-
eindeebene – zu einer positiven Auseinandersetzung
er Bürger mit ihrem Umfeld beiträgt, die Wahrneh-
ung für die baukulturellen Aktivitäten in unserem
and verbessert und die Architekten und Ingenieure auf






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Achim Großmann

internationaler Ebene in eine viel bessere Position
bringt. Deshalb bitte ich Sie herzlich, das Gesetzge-
bungsverfahren positiv zu begleiten und die Errichtung
der „Bundesstiftung Baukultur“ zu unterstützen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1516315900

Das Wort hat nun die Kollegin Renate Blank für die

CDU/CSU-Fraktion.

Renate Blank (CSU):
Rede ID: ID1516316000

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir waren

uns doch parteiübergreifend im Ausschuss und im Ple-
num des Bundestages einig, dass sich das Thema Bau-
kultur keinesfalls für einen parteipolitischen Streit auf
Bundesebene eignet.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Thema Baukultur ist nämlich eine Daueraufgabe
und dient auch dazu, um die gute Leistung von deut-
schen Architekten und Ingenieuren weltweit bekannt zu
machen. Deshalb haben wir dem Antrag der Koalitions-
fraktionen „Die Qualitätsoffensive für gutes Planen und
Bauen voranbringen“ zugestimmt. Dieser Antrag fand
sogar einhellige Zustimmung. Alle zehn im Antrag ent-
haltenen Punkte haben nach wie vor Gültigkeit.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer)

Von uns allen gemeinsam wurde die Bundesregierung

aufgefordert, den Klärungsprozess so weit voranzutrei-
ben, dass die „Stiftung Baukultur“ konkrete Gestalt an-
nehmen und über ein Stiftungsgesetz beraten werden
könne, und in Zusammenarbeit mit den zuständigen
Fachverbänden, Hochschulen, Institutionen und Persön-
lichkeiten ein Konzept für den Aufbau einer „Stiftung
Baukultur“ zu erarbeiten.

Das Anliegen ist richtig. Allerdings ist der Zeitablauf
nicht gerade günstig gewählt worden. Die Bundesregie-
rung hat nämlich den Gesetzentwurf zum denkbar un-
günstigsten Zeitpunkt in die politische Arena geworfen.


(Zuruf von der SPD: Aber nein!)

Den Gesetzentwurf jetzt dem Bundesrat zur Stellung-
nahme zu übermitteln, war nicht hilfreich. Es war doch
erkennbar, dass der Bundesrat zum gleichen Zeitpunkt
die künftige Finanzierung der Akademie der Künste in
Berlin zum Anlass für Grundsatzdebatten über die Kom-
petenz des Bundes in Kulturfragen nimmt. Die Bun-
desregierung hat damit den Bundesrat geradezu genötigt,
den Gesetzentwurf zur „Bundesstiftung Baukultur“ jetzt
grundsätzlich abzulehnen,


(Lachen bei der SPD – Zurufe von der SPD: Was für ein Demokratieverständnis!)


auch wenn die Fachausschüsse zustimmend votierten.
Am 15. Dezember wurde im Bundeskabinett der Ent-

wurf eines Gesetzes zur Errichtung einer „Bundesstif-
tung Baukultur“ beschlossen. Minister Stolpe führte da-

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(C (D als anlässlich der Befragung der Bundesregierung nter anderem aus, dass wir in Deutschland allen Grund ätten, die Leistungen der deutschen Planer, Ingenieure nd Architekten stärker zu beachten und dafür Sorge zu ragen, dass sie Unterstützung erfahren und auch im usland wahrgenommen werden. Man habe gelegentlich en Eindruck, dass diese Leistungen weithin unterchätzt würden, wir uns aber durchaus mit anderen mesen könnten. Nach Ansicht der Bundesregierung brauche ie Baukultur wie die Bereiche Kultur, Denkmalund mweltschutz neue Formen der Motivierung und Mobiisierung. – So weit sinngemäß der Minister. (Dr. Peter Danckert [SPD]: Dem ist doch nichts hinzuzufügen!)


Meine Damen und Herren, gerade bei dem Thema
ultur ist der Bundesrat sehr sensibel; denn seit dem
cheitern der Föderalismuskommission achten die Bun-
esländer noch stärker auf die Wahrung ihrer Verfas-
ungsrechte. Das hätte die Bundesregierung beachten
üssen. Wenn der Bundesrat der Auffassung ist, dass
er Bund für die Errichtung einer „Bundesstiftung
aukultur“ – wir sprachen ja vorher immer von einer
Stiftung Baukultur“ – in Deutschland keine verfas-
ungsrechtliche Kompetenz habe, dann ist diese nach-
ollziehbar; denn der Gesetzentwurf geht nach Ansicht
es Bundesrates

vor allem in seinen Bestimmungen über den Kon-
vent der Baukultur davon aus, dass Baukultur ein
Teilbereich der Kultur ist.


(Zuruf von der SPD: Ist doch richtig!)

Baukultur ist jener Bereich, der über die bloße Bau-
technik, Baustatik, Materialanalyse und -verwen-
dung sowie über die bloße Funktionalität von Bau-
werken hinausweist und Ausdruck künstlerischen
Schaffens ist. Dementsprechend wird zu Recht auch
in der Gesetzesbegründung ausgeführt, dass die ge-
baute Umwelt in besonderer Weise Selbstverständ-
nis und Werthaltungen unserer Gesellschaft, ihre
Modernisierungsbereitschaft und ihre Leistungsfä-
higkeit widerspiegele und Baukultur einen Beitrag
für attraktive Städte und Gemeinden leisten müsse,
„in denen die Bürger sich wohl fühlen“ … Dies
sind aber kulturpolitische Zielsetzungen, deren För-
derung, Entwicklung und Repräsentation allein in
die Verantwortung der Länder fällt.

o die Aussage der Mehrheit des Bundesrates, die nach-
ollziehbar und verständlich ist.
Weiter führt der Bundesrat aus:
Die Kulturhoheit liegt grundsätzlich bei den Län-
dern. Sie ist ihr verfassungsrechtlicher Auftrag und
Kernstück ihrer Eigenstaatlichkeit. Ungeschrie-
bene Kompetenzen des Bundes bedürfen mit Blick
auf die grundsätzliche Zuständigkeit der Länder als
Ausnahme daher einer besonderen Rechtfertigung.
Die Gesetzesbegründung enthält jedoch keinerlei
Hinweis darauf, welche Kompetenzgrundlage die
Bundesregierung für die Errichtung dieser neuen
rechtsfähigen Stiftung des öffentlichen Rechts he-
ranzieht.






(A) )



(B) )


Renate Blank

Nach Auffassung des Bundesrates ist die Förderung
der Baukultur als staatliche Aufgabe der Bundesge-
setzgebung entzogen.

In seiner Stellungnahme vom 18. Februar hat der
Bundesrat insbesondere die Frage nach der dem Gesetz-
entwurf zur Errichtung einer „Bundesstiftung Baukul-
tur“ zugrunde liegenden Gesetzgebungskompetenz des
Bundes gestellt. Nach Ansicht des Bundesrates hat die
Bundesregierung diese Frage in ihrer Gegenäußerung
nur unzureichend beantwortet. Ausdrücklich bekräftigt
der Bundesrat jedoch die Notwendigkeit, die Baukultur
in Deutschland zu fördern und das Bewusstsein für ihre
Bedeutung in der Öffentlichkeit und bei den Bauherren
zu stärken.


(Eduard Oswald [CDU/CSU]: Jawohl!)

Nur müssen diese Zielsetzungen in verfassungsrecht-

lich gebotener Weise realisiert und unter Wahrung der
verfassungsrechtlichen Verantwortlichkeit durchge-
führt werden. Am 15. Dezember 2004 jedoch habe ich in
der Regierungsbefragung auf meine Frage, wie sich die
Länder zu einer Bundeskulturstiftung verhalten, als Ant-
wort erhalten, dass sich die Bundesregierung „von An-
fang an sehr intensiv zu dem Vorhaben mit den Ländern
ausgetauscht“ habe,


(Eduard Oswald [CDU/CSU]: Wer hat das gesagt?)


weil auch der Bundesregierung klar sei,
dass die Länder in diesem Bereich ganz klar defi-
nierte Kompetenzen haben. Für uns kommt als Auf-
gabenstellung all das infrage, was länderübergrei-
fend oder von internationaler Bedeutung ist. Das
kann natürlich nur in Übereinstimmung mit den
Ländern gestaltet werden.

So die Aussage von Minister Stolpe.

(Eduard Oswald [CDU/CSU]: Ah ja!)


Diese damaligen Aussagen des Ministers lassen nach
der ablehnenden Haltung des Bundesrates nur den ein-
deutigen Schluss zu, dass Minister Stolpe oder Staatsse-
kretär Großmann mit den Ländern nicht richtig verhan-
delt hat.


(Eduard Oswald [CDU/CSU]: Ja, was ist denn da los gewesen? Unglaublicher Vorgang!)


Zugegebenermaßen hat sich der Bundesrat mit seinem
sehr kurzfristig eingebrachten Antrag nicht gerade ko-
operationsfreudig gezeigt. Die Bundesregierung muss
aber dafür Sorge tragen, dass der Start der „Bundesstif-
tung Baukultur“ nicht von einem handfesten Verfas-
sungsstreit begleitet wird. Wir sind bereit, die parlamen-
tarische Beratung im Zeitablauf so zu gestalten, dass die
Bundesregierung im Gespräch mit den Ländern nach Lö-
sungen suchen kann, bevor der Konflikt im Bundesrat
weiter eskaliert.


(Beifall bei der CDU/CSU – Eduard Oswald [CDU/CSU]: Das ist die Lösung!)


Dem gemeinsamen Anliegen ist nicht geholfen, wenn
die Koalition den Gesetzentwurf gegen den Willen des

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(C (D undesrates mit ihrer Mehrheit durch den Bundestag eitscht und am Ende der Stiftungsstart im Schatten eier Verfassungsklage steht. Das sollten Sie bitte einmal edenken, meine Damen und Herren. Das Thema Baukultur und eine „Stiftung Baukultur“ urden in den vergangenen Jahren viel diskutiert. Es ar die Rede davon, dass die Stiftung von privatem Kaital getragen werden solle. Es sollten sich zum Beispiel rchitekten, Ingenieure und Weitere beteiligen. Das ist un gründlich schief gegangen. Denn es hat sich gezeigt, ass die finanzielle Beteiligung der betroffenen Berufstände nicht eingetroffen ist. Man ging davon aus, dass ede der 125 000 betroffenen Personen 100 Euro zahlt, as 12,5 Millionen Euro ergeben hätte, bei fünf Jahren lso 2,5 Millionen Euro pro Jahr. Aber die Berufsstände aben sich nicht beteiligt. Dass dieser Betrag allein von er Bundesregierung aufgebracht wird, war in den Voresprächen nicht vorgesehen. Eine Anmerkung zum Deutschen Kulturrat kann ich ir allerdings nicht verkneifen. Der Deutsche Kulturrat ührt aus, dass das vom Bund vorgeschlagene Stiftungsapital von 250 000 Euro in keinem vernünftigen Verältnis zu dem vom Bund geschätzten Finanzbedarf der tiftung von jährlich bis zu 2,5 Millionen Euro stehe. (Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Das stimmt auch!)


ber der Deutsche Kulturrat muss sich natürlich schon
inmal fragen lassen, ob er der Meinung ist, dass unend-
ich viel Geld zur Verfügung steht. Er befürchtet wohl
her, nicht beteiligt zu werden, weshalb er auch bezwei-
elt, dass der Minister für Verkehr, Bau- und Wohnungs-
esen und der Finanzminister zuständig seien. – Ja, wer
enn eigentlich sonst?


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Die Ministerin für Kultur und Medien zum Beispiel! Ich kämpfe für sie!)


er Bauminister ist eben zuständig für das Bauen.
Zurück zur Baukultur. Man sollte auch beachten, dass

ie betroffenen Berufsstände in vielen Bundesländern
da könnte ich Ihnen genügend Beispiele nennen: Bay-
rn, Baden-Württemberg, Niedersachsen, Nordrhein-
estfalen – bereits ein Umfeld vorfinden, in dem sie

hre Vorstellungen von Baukultur durchaus verwirkli-
hen können.
Die Aufgaben einer „Stiftung Baukultur“, unter ande-

em die Sicherstellung der Qualität von gebauter Um-
elt, wie sie sich in Gebäuden und Infrastrukturanlagen
owie in deren Einordnung ins Landschafts- und Sied-
ungsbild und im öffentlichen Raum zeigt, werden in
ielen Bundesländern bereits seit vielen Jahren realisiert.
ualitätsvolles Bauen und Planen bestätigt diejenigen
undesländer und Kommunen, die auf diesem Gebiet
eit langem traditionell erfolgreich handeln.
Baukultur kann nicht von oben verordnet werden.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP] – Uwe Beckmeyer [SPD]: Hier bestimmt nur die Bayerische Staatskanzlei!)







(A) )



(B)


Renate Blank

– Herr Kollege Beckmeyer, in Bayern hat qualitätsvolles
Bauen eine sehr lange Tradition.


(Eduard Oswald [CDU/CSU]: Sehr richtig! Wo sie Recht hat, hat sie Recht!)


Ich wollte das in diesem Zusammenhang nicht ausdrück-
lich erwähnen, weil ich die Situation für die gesamte
Bundesrepublik darstellen wollte. Ihr Land kann sich ein
Beispiel an Bayern nehmen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Eduard Oswald [CDU/CSU]: Eine Rundreise durch Bayern wäre angebracht!)


Wie gesagt: Baukultur kann nicht von oben verordnet
werden. Sie muss als konstruktiver und kreativer Dialog-
prozess in den Städten und Gemeinden unter Einbezie-
hung aller Verantwortlichen entwickelt werden. Bauen
ist nicht nur eine Angelegenheit von Bauherren und Ar-
chitekten. Immer liegt auch ein öffentliches Interesse
vor. Baukultur bewegt sich immer im Spannungsfeld
zwischen individueller Nützlichkeit und sozialer
Brauchbarkeit. Baukultur ist daher keine Nebensache
und schon gar nicht gefällige Verpackung.

Nachdem die grundsätzlichen Aufgaben der „Stiftung
Baukultur“ – nämlich kontinuierlich eine Standortbe-
stimmung zur Baukultur in Deutschland vorzunehmen,
den öffentlichen Dialog über Baukultur in vielfältiger
Weise anzuregen und zu fördern, ein Kommunikations-
netzwerk der Akteure im Bereich der Baukultur auf-
zubauen und die Leistungen deutscher Architekten, In-
genieure und anderer am Planen und Bauen Beteiligter
vor allem international darzustellen und bekannt zu ma-
chen – Übereinstimmung finden, fordern wir die Bun-
desregierung auf, mit den Ländern unverzüglich in Ge-
spräche über die Lösung des Problems einzutreten.

Nach der heutigen ersten Lesung könnte bei gutem
Willen bis zur endgültigen Verabschiedung des Gesetz-
entwurfs mit den Ländern noch nachverhandelt werden.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516316100

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Franziska

Eichstädt-Bohlig.

(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Es ist schade, Frau Kollegin Blank, dass auch Sie inzwi-
schen der Kirchturmspolitik der schwarzen Mehrheit im
Bundesrat auf den Leim gehen, obwohl Sie doch immer
sehr konstruktiv über Kunst und Kultur sowie über bau-
liche und städtebauliche Qualität diskutieren.

Aus meiner Sicht geht es in erster Linie nicht darum,
deutsche Leistungen zu vermarkten – das kann an be-
stimmten Stellen sinnvoll und nötig sein –, sondern da-
rum, in Deutschland den Diskurs über Schönheit und
Qualität von Bau und Planung im Hinblick auf Bau-
materialien, Maßstabstreue, Farben und Formen sowie
städtebauliche und konstruktive Ordnung zu führen.

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(C (D iese Diskussionskultur im eigenen Lande zu etablieren st dringend erforderlich. (Beifall der Abg. Ursula Sowa [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


enn uns das gelingt, dann können wir – noch sehr viel
esser als jetzt – diese Qualität auch auf internationaler
bene darstellen und sie mit den verschiedenen Gruppen
on Bauschaffenden, die es bei uns gibt, teilweise reali-
ieren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Obwohl unser Land in seiner Geschichte sehr viel
aukultur erfahren hat, mit der wir uns in hohem Maße
dentifizieren – ich nenne als Beispiel die Moderne der
0er-Jahre, die für uns im Hinblick auf die Qualität
aßstäbe setzt –, müssen wir sagen, dass sich in unseren
tädten sehr missglückte Entwicklungen zeigen.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Wohl wahr!)


s besteht eine Tendenz zu gewaltigen Solitärbauten.
ahezu in jeder Stadt steht ein eitles oder auch miss-
lücktes Projekt neben dem anderen.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Stimmt auch!)


Auf Baumessen wie der bautec wird mir angesichts
es Kitsches und der Scheußlichkeiten, die ich dort sehe,
egelrecht schlecht. Ich denke, auch über die Alltags-
aukultur muss intensiver diskutiert werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Von daher glaube ich, dass es für uns alle eine sehr
ichtige Aufgabe ist, daran ein Stück weiterzuarbeiten.
as geht tatsächlich am besten in einem Diskurs, der auf
llen drei Stufen, auf der Ebene des Bundes und damit
er Gesamtnation, auf der Ebene der Länder und auf der
bene der einzelnen Kommunen, jeweils am eigenen Ort
eführt wird.


(Renate Blank [CDU/CSU]: Da können wir ja eine nationale Stiftung machen!)


Ich komme jetzt zu einem weiteren Punkt. Ich ver-
tehe überhaupt nicht, warum der Bundesrat meint, sich
agegen sträuben zu müssen. Als Erstes muss ich ganz
chlicht sagen: Wir haben einen Bauminister, also haben
ir doch die Zuständigkeit für das Bauen. Als Zweites
st zu sagen: Wer meint, dass die Kultur eine Art föde-
ales Monopol der Länder ist, weiß nicht, dass unser
anzes Leben, jede Aktion, all das, was wir gesellschaft-
ich und materiell gestalten, Kultur ist. Zu sagen: „Weil
s eine Hoheit der Länder für Kulturpolitik gibt, darf der
und keine ,Stiftung für Baukultur‘, gründen und diesen
iskurs initiieren“, halte ich für eine absolut kleinka-
ierte Kirchturmpolitik.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

)






(A) )



(B) )


Franziska Eichstädt-Bohlig

Dürfen jetzt über die Gehry-Architektur in Düsseldorf

nur noch die Nordrhein-Westfalen diskutieren? Dürfen
über die eben gelobte bayerische Architektur nur noch
die Bayern diskutieren


(Zuruf von der SPD: Kirchturmpolitik ist das!)

und dürfen wir anderen nicht hören, nicht sehen, nicht
schmecken?


(Eduard Oswald [CDU/CSU]: Loben darf man Bayern immer!)


Dürfen, weil das Kanzleramt zufällig in Berlin steht, nur
die Berliner sagen: „Das ist die Kanzlerwaschma-
schine“, und darf kein anderer dazu ein entsprechend
qualifiziertes Urteil abgeben? Liebe Frau Blank, das ist
schlicht unter Niveau.


(Renate Blank [CDU/CSU]: Das war ja auch nicht das Thema!)


– Doch, darüber diskutieren wir jetzt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Insofern ganz schlicht mein Fazit: Formal ist es regel-

recht absurd, was der Bundesrat mit seiner Mehrheit be-
schlossen hat. Liebe Kollegin, es ist wirklich unter Ihrem
Level, dass Sie dies zumindest erst einmal unterstützt
haben, auch wenn Sie versuchen, einen Verfahrensaus-
weg zu finden. Ich halte ihn für überhaupt nicht nötig.
Ich finde, wir sollten den Bundesrat mit unseren Mehr-
heiten überstimmen.

Dies ist eigentlich auch unter dem Niveau des Bun-
desrats. Zu sagen, die Akademie der Künste sei der An-
lass, ist eine eigene Diskussion wert. Es ist zu prüfen, ob
es nicht notwendig ist, dass der Bund auch in diesen Be-
reichen seine eigene kulturpolitische Definition für un-
sere gesamte Nation ein Stück weit vorantreibt. Wir ha-
ben anlässlich der Nacht der Schiller-Lesungen erlebt,
dass es sehr wichtig ist, auch auf nationaler Ebene unser
kulturelles Selbstverständnis zu definieren, darzustel-
len und nach außen zu tragen.

In diesem Sinne wünsche ich, dass die „Bundesstif-
tung Baukultur“ auf den Weg gebracht wird. Ich wün-
sche mir auch – da sind wir uns einig –, dass sich die ge-
sellschaftlichen Akteure mit großer Entschiedenheit
daran beteiligen. Dafür sollten wir alle werben.


(Renate Blank [CDU/CSU]: Das machen wir schon seit zwei Jahren!)


Die Architekten, Ingenieure und auch die Bauwirtschaft
sowie die Immobilienwirtschaft sollten mit ins Boot; das
halte ich für dringend notwendig. Aber ich lehne diesen
kleinkarierten Streit ab, in dem es darum geht, dass der
Bundesrat wieder einmal meint, er sei mit seinen Kirch-
türmen für alles zuständig und wir könnten die Nation
kulturlos vertreten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


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(C (D Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Hans-Joachim tto. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! iebe Frau Kollegin Eichstädt-Bohlig, meine Redezeit erbietet es mir leider, mich an dem hehren Diskurs über chönheit und Ästhetik zu beteiligen. (Renate Blank [CDU/CSU]: Ja, darüber könnte man lange diskutieren! Jede Zeit hat ihre Bausünden!)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516316200
Hans-Joachim Otto (FDP):
Rede ID: ID1516316300

ch will nur feststellen: In der Sache haben Sie sicherlich
echt. Wenn man durch deutsche Länder fährt – ich
eine alle deutschen Länder, nicht nur Bayern –, dann
at man den Eindruck, dass der Bauästhetik durch einen
ewusstseinswandel ein bisschen auf die Beine geholfen
erden sollte. Deswegen ist die Idee einer Stiftung si-
herlich gut.
Aber ich möchte, um die Diskussion in den Ausschüs-

en ein bisschen zu befruchten, jenseits der Frage der
uständigkeit auf zwei problematische Punkte hinwei-
en.
Der erste Punkt. Lieber Herr Staatssekretär
roßmann, wenn Sie darauf setzen, dass in großem Um-
ang privates Kapital in diese Stiftung fließt, verstehe ich
berhaupt nicht, dass diese Stiftung eine Stiftung öffent-
ichen Rechts sein soll. Es spräche alles dafür, eine pri-
atrechtliche Stiftung zu errichten,


(Renate Blank [CDU/CSU]: Richtig!)

umal wir auch die Kulturstiftung des Bundes als Stif-
ung bürgerlichen Rechts ausgestaltet haben. Das ist, of-
en gesagt, ein sehr diskussionsbedürftiger Aspekt. Wir
erden das in den Ausschüssen noch erörtern.
Frau Kollegin Blank, ich bin übrigens der Auffas-

ung, wir könnten, wenn wir eine Stiftung privaten
echts errichteten, wahrscheinlich diesen ganzen Ver-
assungskonflikt mit den Ländern vermeiden und sagen:
eteiligt euch doch!


(Renate Blank [CDU/CSU]: Richtig! Sehr gut!)


enn die Länder meinen, sie seien hier zuständig, dann
ollen sie sich auch finanziell beteiligen.
Die finanzielle Beteiligung ist der zweite Punkt, den

ch ansprechen möchte. Ich teile schon die Auffassung,
ie der Deutsche Kulturrat und andere geäußert haben:
ngesichts des Umfangs der Aufgaben ist ein finanziel-
er Grundstock – ein Stiftungskapital – von 250 000 Euro
nterirdisch niedrig. Ich denke, wenn wir von vornherein
issen, es wird jährlich Ausgaben in Höhe von circa
,5 Millionen Euro geben, dann kann doch das Stiftungs-
apital nicht nur ein Zehntel davon betragen. Lieber Herr
roßmann, das ist ein Etikettenschwindel, das ist keine
tiftung mehr. Eine Stiftung braucht einen Kapitalstock,
er einem bestimmten Zweck gewidmet ist. Wenn Sie
ur so wenig hineingeben wollen, dann müssen wir es
ein lassen.


(Beifall bei der FDP)







(A) )



(B) )


Hans-Joachim Otto (Frankfurt)


Mein Vorschlag ist: Lassen Sie uns wirklich in den

Ausschüssen noch einmal darüber reden, dass wir eine
Stiftung privaten Rechts errichten. Sie haben vorhin eine
interessante Rechnung aufgestellt und dabei die Beteili-
gung aller Architekten und Ingenieure vorausgesetzt.
Warum sollten sie sich nicht beteiligen, Frau Kollegin
Eichstädt-Bohlig? Mit einer Stiftung privaten Rechts
werden wir möglicherweise auch diesen Verfassungs-
konflikt vermeiden. Eines ist mir nämlich wichtig: Ich
halte es für abwegig und für schädlich, wenn eine gute
Sache dadurch belastet wird, dass wir im Bundesrat un-
erquickliche Diskussionen über die Zuständigkeit füh-
ren.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Mir liegt schon daran, dass wir hier eine Lösung finden.
Da wir eigentlich alle der Auffassung sind, dass hier eine
Zuständigkeit von allen – von Bund, Ländern, Kommu-
nen und der Zivilgesellschaft – gegeben ist, spricht doch
alles dafür, hier eine Stiftung privaten Rechts einzurich-
ten und bei der Kapitalausstattung etwas draufzulegen.

Ich freue mich auf eine angeregte Diskussion in den
Ausschüssen und kann Ihnen zusichern, dass auch die
FDP-Fraktion dem Anliegen im Grundsatz positiv ge-
genübersteht.

Danke schön.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516316400

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Petra Weis.


(Beifall bei der SPD)



Petra Weis (SPD):
Rede ID: ID1516316500

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Blank,
ich war schon sehr gespannt, wie Sie heute sozusagen
Ihren Kopf aus der argumentativen Schlinge ziehen,
welche die Mehrheit des Bundesrates Ihnen bereitet hat.
Ich muss gestehen: Mich haben Ihre Äußerungen nicht
überzeugt. Ich werde gleich noch einmal kurz darauf zu-
rückkommen.


(Renate Blank [CDU/CSU]: Das ist Ihr Thema!)


– Ja, das ist vielleicht mein Problem. Ich glaube aber, es
ist ein Stück weit auch unser gemeinsames Problem.

Wir diskutieren ein Gesetzesvorhaben, von dem wir
eigentlich mit Fug und Recht sagen könnten, dass es in
den letzten fünf Jahren mit einer außerordentlichen Ziel-
strebigkeit vorangetrieben worden ist. Ich würde sogar
so weit gehen, zu sagen, die Zielstrebigkeit ist fast vor-
bildlich gewesen, jedenfalls bis vor ein paar Tagen, als
wir die Stellungnahme des Bundesrates zur Kenntnis
nehmen mussten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D ieses Lob will ich nicht nur auf die Bundesregierung in Person auf den Kollegen Großmann – beziehen, ondern ausnahmsweise auch auf uns selbst; denn ich enke, es ist uns bislang gelungen, in einer ziemlich groen Einmütigkeit ein Projekt weiterzuentwickeln, das ereits jetzt seine Wirkung entfaltet und das weit über nsere eigene Zeit hinausweist. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir haben relativ kurzfristig in einer konzertierten
nd zugleich konzentrierten Aktion eine, wie ich glaube,
n sich schlüssige Konzeption erarbeitet, die sich als
ragfähiges Fundament eignet, um die Baukultur als eine
bergreifende Aufgabe zur Verbesserung der Qualität
on Bauen und Planen zu begreifen. Die Qualität dieses
iskussions- und Entscheidungsprozesses ist neben dem
llgemeinen Problemdruck natürlich auch durch die Ein-
icht und das Interesse der Beteiligten, eine voraus-
chauende und gleichzeitig nachhaltige Politik zu betrei-
en, geprägt.
Neben ihrer originären Funktion fügt sich die „Bun-

esstiftung Baukultur“, wie sie jetzt konzipiert ist, in den
ntegrativen Ansatz unserer Stadtentwicklungs- und
tädtebauförderungspolitik ein. Wenn wir über den
tadtumbau Ost und West, über die Weiterentwicklung
es Programms „Soziale Stadt“, über den städtebauli-
hen Denkmalschutz oder über vieles andere mehr re-
en, dann reden wir immer auch über baukulturelle Auf-
abenstellungen und Ziele.
Die Baukultur wird in den kommenden Jahren und

ahrzehnten große Auswirkungen auf die Weiterent-
icklung unserer Städte haben. Wir werden sicherlich in
in paar Wochen aus Anlass der Vorlage des Berichts
um Städtebau darüber intensiver diskutieren können.
etzt nur so viel: Der Erfolg der Attraktivierung unserer
nnenstädte, die Bereitschaft und der Wunsch von Men-
chen, in Städten wohnen zu bleiben oder wieder in
tädte zu ziehen und das erfolgreiche Annehmen der He-
ausforderungen, die mit einer gleichzeitig alternden und
chrumpfenden Gesellschaft verbunden sind, werden
uch davon abhängen, ob es uns gelingt, den baukultu-
ellen Bedürfnissen und Ansprüchen in einem ganz-
eitlichen Sinne nachzukommen.
Auch insofern ist und bleibt das Thema Baukultur
darin sind wir uns durchaus einig, Frau Kollegin
lank – eine Daueraufgabe, die auf die Kompetenz und
en guten Willen aller Beteiligten angewiesen ist, die
ich wiederum nicht nur an ihren eigenen Interessen
rientieren können, sondern auch ihrer gesamtgesell-
chaftlichen Verantwortung bewusst sein müssen.
Dass der Bund die finanziellen Verpflichtungen, die
it der Gründung der Stiftung verbunden sind, tatsäch-
ich eingeht, ist eine Prioritätensetzung, die diesem zwei-
ellos ambitionierten Projekt entspricht. Die Baukultur ist
das habe ich schon in der letzten Debatte angemerkt –
ein Luxusgut für konjunkturelle Schönwetterzeiten;
leichwohl muss sie sich den finanzpolitischen Gegeben-
eiten anpassen. Das bedeutet auch – Herr Großmann hat
arauf hingewiesen –, dass es im Zuge der weiteren






(A) )



(B) )


Petra Weis

Entwicklung möglich sein muss, den Finanzbedarf lang-
fristig durch Dritte tragen zu lassen. Damit waren zu-
nächst einmal nicht die Länder gemeint, Herr Otto.

Der Bund kann und soll einen Rahmen vorgeben und
da, wo er selbst Bauherr ist, mit gutem Beispiel vorange-
hen. Er soll auf nationaler, europäischer und internatio-
naler Ebene für den baukulturellen Standort Deutschland
werben, wann und wo immer es ihm möglich ist. Das
schließt ausdrücklich ein, die deutschen Planerinnen und
Planer auf dem internationalen Parkett so gut wie mög-
lich zu positionieren, obwohl ich Frau Kollegin
Eichstädt-Bohlig Recht geben muss: Der Ansatz geht
weit darüber hinaus. Aber ich glaube, dass wir auch die-
sen Aspekt noch einmal betonen sollten.

Inzwischen ist es kein Geheimnis mehr, dass der Bun-
desrat mehrheitlich der Auffassung ist, dass wir uns mit
einer „Bundesstiftung Baukultur“ verfassungsrechtlich
überheben. Das überrascht mich, nachdem wir schon ei-
nige Jahre der Diskussion hinter uns haben,


(Renate Blank [CDU/CSU]: Ich gebe zu, das hat auch uns überrascht!)


und es ärgert mich, ehrlich gesagt, auch. Denn die Argu-
mentation, dass es sich bei der jetzt vorgestellten Kon-
zeption der Stiftung um einen Eingriff in die Kulturho-
heit der Länder handelt, ist für mich und sicherlich
auch für meine Kolleginnen und Kollegen schlichtweg
nicht nachvollziehbar.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Weder geht der deutsche Föderalismus an der Baukul-
tur zugrunde, noch wird er an ihr genesen. Ich denke,
darüber sind wir uns einig.


(Beifall der Abg. Franziska Eichstädt-Bohlig [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Zuruf von der FDP: Darin sind wir uns einig!)


Nach meiner und unserer festen Überzeugung kann das
gemeinsame Anliegen, die Baukultur in ihrer gesell-
schaftlichen Bedeutung und Wirksamkeit zu stärken,
kein Störfeuer gebrauchen. Insofern halte ich Ihre Argu-
mentation für ein reines Ablenkungsmanöver, Frau Kol-
legin Blank.

Einen mehrjährigen, ausgesprochen engagierten Pro-
zess aller Beteiligten auf diese Art und Weise nahezu zu
torpedieren erscheint mir als bloße politische Taktik
durchschaubar. Deswegen hoffe ich sehr, dass Sie Ihren
Einfluss geltend machen und dass wir in der Tat in den
weiteren Beratungen konstruktiv diskutieren können, da-
mit wir das Projekt als solches nicht gefährden.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516316600

Ich schließe damit die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent-

wurfs auf Drucksache 15/4998 (neu) an die in der Tages-

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(C (D rdnung aufgeführten Ausschüsse und zusätzlich an den usschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsichereit sowie an den Ausschuss für Tourismus vorgeschlaen. Gibt es dazu anderweitige Vorschläge? – Das ist icht der Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 7 a und b auf: a)


neten Dr. Michael Meister, Heinz Seiffert, Otto
Bernhardt, weiteren Abgeordneten und der Frak-
tion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Vereinheitlichung der Umsatz-
grenze bei der Berechnung der Steuer nach
vereinnahmten Entgelten
– Drucksache 15/3193 –

(Erste Beratung 115. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzaus-
schusses (7. Ausschuss)

– Drucksache 15/4814 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Lydia Westrich
Peter Rzepka
Kerstin Andreae
Carl-Ludwig Thiele

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Finanzausschusses (7. Ausschuss) zu
dem Antrag der Abgeordneten Dr. Hermann Otto
Solms, Dr. Andreas Pinkwart, Carl-Ludwig
Thiele, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der FDP
Reform der Umsatzsteuer – Durch Umstellung
von der Soll- auf die Istbesteuerung Umsatz-
steuerbetrug wirksam bekämpfen und unnö-
tige Liquiditätsbelastungen der Wirtschaft
vermeiden
– Drucksachen 15/2977, 15/4814 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Lydia Westrich
Peter Rzepka
Kerstin Andreae
Carl-Ludwig Thiele

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
einen Widerspruch. Dann verfahren wir auch so.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat zunächst

er Abgeordnete Peter Rzepka.

Peter Rzepka (CDU):
Rede ID: ID1516316700

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Die Zielsetzung der Gesetzesinitiative der
nionsfraktionen, die wir heute in zweiter und dritter
eratung diskutieren, ist es, gezielt die kleinen Unter-
ehmen zu stärken, um einen Beitrag für dringend not-
endige Wachstums- und Beschäftigungsimpulse zu leis-
n.


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Peter Rzepka

Ausgangspunkt unseres Gesetzentwurfes ist die

Beobachtung, dass sich die Zahlungsmoral im Umfeld
einer anhaltend schwachen Konjunktur zunehmend ver-
schlechtert. Insbesondere für mittelständische Unterneh-
men kann es aufgrund schleppender Zahlungseingänge
zu ernsten, existenzbedrohenden Liquiditätsengpässen
kommen. Die Versteuerung nach vereinbarten Entgelten,
die so genannte Sollbesteuerung, verschärft diese Pro-
blematik, da die Unternehmen die Umsatzsteuer unab-
hängig davon an das Finanzamt abführen müssen, ob sie
das Entgelt vereinnahmt haben oder nicht. Durch die
Sollbesteuerung wirken sich verzögerte Zahlungsein-
gänge doppelt negativ auf die Liquiditätslage der Unter-
nehmen aus, was in einer bereits angespannten wirt-
schaftlichen Situation zu mehr Insolvenzen führt und
damit zahlreiche Arbeitsplätze kostet.

Daher fordern wir, die Regelung einzuführen, dass
Unternehmen, die weniger als eine halbe Million Euro
Umsatz machen, die Umsatzsteuer zeitlich unbefristet
erst dann an das Finanzamt abführen müssen, wenn ihr
Auftraggeber die Rechnung beglichen hat. Da sich der
Grundsatz der Besteuerung nach vereinbarten Entgelten
auf kleine Unternehmen in den neuen und alten Bundes-
ländern gleichermaßen nachteilig auswirkt, soll diese
Regelung nach unserem Vorschlag bundesweit einheit-
lich gelten.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: So ist es!)

Die bisherige Istversteuerungsgrenze von

125 000 Euro in den alten Bundesländern soll ebenso
wie die zeitliche Befristung für die bereits bestehende
Umsatzgrenze von 500 000 Euro in den neuen Bundes-
ländern aufgehoben werden. Im Übrigen möchte ich da-
rauf hinweisen, dass die Umsatzgrenze von 250 000 DM
bzw. jetzt 125 000 Euro in den alten Bundesländern im
Wesentlichen unverändert seit 1968 gilt, sodass schon
aus diesem Grund eine Erhöhung gerechtfertigt er-
scheint.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Unionsfraktion leistet damit nicht nur einen Bei-

trag zur Rechtsvereinheitlichung in Deutschland, son-
dern sie reagiert damit vor allen Dingen auf die verhee-
renden Entwicklungen am Arbeitsmarkt. Angesichts von
5,2 Millionen offiziell gemeldeten Arbeitslosen, ange-
sichts von fast 40 000 Unternehmensinsolvenzen im
Jahre 2004, vor allem im Bereich kleiner und mittlerer
Unternehmen, und angesichts der wiederum nach unten
korrigierten Wachstumsprognosen ist es unerträglich, die
Untätigkeit der Bundesregierung im Kampf gegen die
Arbeitslosigkeit zu beobachten.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Das ist wohl wahr!)


Indem Sie unserem Gesetzentwurf zustimmen, können
Sie ein Zeichen setzen, auf das zum Beispiel das deut-
sche Handwerk seit langem wartet, und ihren Worten
endlich Taten folgen lassen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Der Standort Deutschland lässt sich allein durch Ab-

lenkungsmanöver und Ankündigungen nicht mehr

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(C (D chönreden. Keinem ist geholfen, wenn zwar Wirtchaftsminister Clement unsere Ansicht teilt, (Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Ach, Sie meinen den Ankündigungsminister!)


ass der Wirtschaftsstandort Deutschland noch vor ei-
em Regierungswechsel 2006 attraktiver gemacht wer-
en muss, der zuständige Finanzminister Eichel aber alle
eformvorschläge blockiert.
In ihrer Ausgabe vom 23. Februar 2005 hat die „Ber-

iner Zeitung“ berichtet, Herr Clement wolle einen alten
lan aufgreifen und dafür sorgen, dass kleine Firmen
rst dann Umsatzsteuer zahlen müssen, wenn ihre Kun-
en ihre Rechnungen bezahlt haben. Dafür muss Herr
lement nicht erst einen alten Plan aufgreifen.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Nein! Man muss nur unserem Antrag zustimmen!)


afür müssen Sie nur dem vorliegenden Gesetzentwurf
ustimmen und damit signalisieren, dass Sie sich nicht
it dem wirtschaftlichen Niedergang Deutschlands ab-
inden.


(Beifall bei der CDU/CSU)

ie Fortdauer des Theaters, das die Bundesregierung
erzeit aufführt, und die Fortdauer der steuerpolitischen
tagnation kann sich Deutschland im Wettbewerb der
tandorte um Investitionen und Arbeitsplätze nicht mehr
rlauben.
Es gehört nicht gerade zu den am besten gehüteten
eheimnissen, dass es die kleinen und mittleren
nternehmen sind, die in Deutschland Arbeitsplätze
chaffen.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Und Ausbildungsplätze!)


Und Ausbildungsplätze; sehr richtig. – Deshalb muss
nsbesondere bei den kleinen und mittleren Unterneh-
en angesetzt werden, will man im Kampf gegen die
rbeitslosigkeit erfolgreich sein. Das Argument der
undesregierung, durch die Senkung der Einkommen-
teuersätze bereits genug für diese Unternehmen getan
u haben, da Einzelunternehmen und Personengesell-
chaften von der Tarifentlastung profitieren würden,
rifft nicht zu.
Sieht man genau hin – das Karl-Bräuer-Institut des

teuerzahlerbundes hat das getan –, dann zeigt sich, dass
ezieher mittlerer Einkommen unter dem Strich nicht
ur nicht entlastet, sondern sogar zusätzlich belastet
urden. Den Berechnungen des Karl-Bräuer-Instituts
ufolge reicht die tarifliche Entlastung zwischen 1990
nd 2005 für einen Durchschnittsverdiener gerade ein-
al aus, um den zwischenzeitlich eingeführten Solidari-
ätszuschlag und die aus einer inflationsbedingten Tarif-
rogression resultierenden Belastungen auszugleichen.
er 1990 80 000 DM verdiente und 2005 bei zwischen-
eitlichen Gehaltssteigerungen in Höhe der jeweiligen
nflationsrate 59 310 Euro verdient, dessen Belastung ist
n den vergangenen 15 Jahren sogar um 2,7 Prozent-
unkte angestiegen. Bedenkt man, dass zwischenzeitlich
ergünstigungen gestrichen und damit Steuererhöhun-






(A) )



(B) )


Peter Rzepka

gen vorgenommen wurden, so ist endgültig das Vorurteil
entkräftet, bei der steuerlichen Belastung der kleinen
und mittleren Unternehmen bestehe in den nächsten Jah-
ren kein Entlastungs- und Handlungsbedarf.

Lassen Sie mich ergänzend feststellen, dass sich die
von uns vorgeschlagene Änderung des Umsatzsteuerge-
setzes auch im Einklang mit der maßgebenden 6. EG-
Richtlinie befindet.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Was bei anderen Gesetzen nicht immer der Fall ist!)


Auch die Auswirkungen auf die öffentlichen Haus-
halte sind unseres Erachtens vertretbar; denn die Steuer-
mindereinnahmen sind nur temporärer Natur. Es sind nur
Steuerverschiebungen und sie dürften moderat ausfallen.
Jedenfalls sind sie im Interesse der kleinen Unternehmen
und ihrer Liquidität gerechtfertigt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wenn es uns gelingt, die Insolvenzwelle im Mittel-

stand durch diese und weitere Maßnahmen zu stoppen,
kann dies sogar zu Steuermehreinnahmen führen. Wenn
wir uns eine Entlastung der Unternehmen nicht mehr
leisten können, können wir uns bald gar nichts mehr leis-
ten. Die Behauptungen aus der Regierungskoalition in
den Ausschussberatungen, die Heraufsetzung der Um-
satzgrenzen für die Besteuerung nach vereinbarten Ent-
gelten sei übereilt, treffen unseres Erachtens jedenfalls
nicht zu.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: So ist es!)

Der Union geht es mit dieser Initiative nicht in erster

Linie um die Bekämpfung des Umsatzsteuerbetruges.
Auf die Ergebnisse des Planspiels und der Machbarkeits-
studie zu diesem Thema zu warten, ist, was unsere Ge-
setzesinitiative angeht, jedenfalls nicht erforderlich. Im
Gegenteil, die wirtschaftliche Situation lässt fortdau-
ernde Tatenlosigkeit nicht zu.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Steuerpolitische Maßnahmen zur Entlastung des Mittel-
standes sind vor diesem Hintergrund nicht übereilt, son-
dern überfällig.

Anders stellt sich die Situation bei der von der Frak-
tion der FDP vorgesehenen generellen Umstellung auf
die Istbesteuerung dar. Zwar habe ich bereits in meiner
Rede am 26. September 2003 – nach meinen Informatio-
nen als Erster in diesem Hause – angeregt,


(Zuruf von der CDU/CSU: Guter Mann! – Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Immer an der Spitze der Bewegung!)


zur Bekämpfung des Umsatzsteuerbetruges über die
Ausweitung der Istbesteuerung nachzudenken; aller-
dings ist es vor dem Hintergrund der immer noch laufen-
den Machbarkeitsstudie und des nach wie vor bestehen-
den Beratungsbedarfs im Zusammenhang mit dem
Umsatzsteuerbetrug zu früh, die Praktikabilität einer ge-
nerellen Umstellung auf die Istbesteuerung zu beurtei-
len. Sie wissen ja auch, dass weitere Vorschläge in der

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(C (D iskussion sind und ebenfalls im Rahmen von Machbareitsstudien geprüft werden. Ich erinnere an das Reerse-Charge-Modell. Auch eine Istbesteuerung verlangt nach effektiver ontrolle, unter anderem der tatsächlichen Rechnungsegleichung. Wie eine solche Kontrolle ohne erheblihen bürokratischen Mehraufwand für Finanzverwalung und Unternehmen praktisch auszugestalten ist, urde von der FDP-Fraktion immer noch nicht dargeegt. Dessen ungeachtet hat diese Initiative ihre Berechigung und wir freuen uns darüber, dass unsere Anreung sowohl von der FDP-Fraktion als auch vom undesfinanzministerium aufgegriffen worden ist und u der bereits erwähnten Machbarkeitsstudie geführt hat. Besonders hinweisen möchte ich auch auf die Notendigkeit, unsere Vorgehensweise mit der EU-Komission abzustimmen, ohne deren Zustimmung eine ystemumstellung nicht möglich ist. Unserer Vorstelung entspricht es, zunächst auf nationaler und europäicher Ebene Überlegungen zur Bekämpfung des Umatzsteuerbetruges auf Grundlage des geltenden Rechts oranzutreiben. Da ist nach meiner Auffassung noch ängst nicht alles getan, was möglich wäre. So unterstützen wir die von der Europäischen Komission zuletzt in ihrem 5. Bericht vom 17. Januar ieses Jahres geforderte Schaffung von auf Informaionserhebung, Informationsanalyse und Informationseitergabe spezialisierten Stellen. Wir bieten bei der msetzung eines bundeseinheitlichen EDV-gestützten isikomanagements – wie bei allen Maßnahmen, die zur ffektiven Bekämpfung des Umsatzsteuerbetruges geignet sind – ausdrücklich unsere Hilfe an. Einen Sysemwechsel sollten wir aber erst dann gemeinsam in Anriff nehmen, wenn alle damit zusammenhängenden ragen und Probleme hinreichend geklärt worden sind. ie Union wird sich aus diesen Gründen zum Antrag der DP-Fraktion der Stimme enthalten. Ungeachtet dessen hoffen wir, dass unser Gesetzenturf im Interesse der kleinen Unternehmen, die in beonderer Weise unter der von dieser Regierung zu verntwortenden Wachstumsund Beschäftigungskrise eiden, eine Mehrheit in diesem Hause finden wird. Lassen Sie mich zum Schluss meines Beitrages da auf hinweisen, dass der von uns vorgelegte Gesetzenturf nur ein kleiner Baustein auf dem Wege zu einer mfassenden Unternehmensteuerreform sein kann. Entchlossenes Handeln auf dem Gebiet der Unternehmenteuern duldet nach Auffassung der Unionsfraktion keien Aufschub mehr. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


in weiteres Zögern bedeutet nicht nur Stillstand, son-
ern ein weiteres Zurückfallen im internationalen Wett-
ewerb, der auch auf dem Gebiete der Steuern ausgetra-
en wird.






(A) )



(B) )


Peter Rzepka

Die Konzepte der Opposition zu den Unternehmen-

steuern liegen auf dem Tisch. Wir fordern die Bundes-
regierung auf, zu handeln und endlich beratungsfähige
Gesetzentwürfe vorzulegen. Die Zeit drängt.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit, meine Da-
men und Herren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516316800

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Lydia Westrich.


Lydia Westrich (SPD):
Rede ID: ID1516316900

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Es ist schön, dass wir wieder einmal über die Umsatz-
steuer reden.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Jetzt brauchen Sie aber gute Argumente, warum Sie unseren Gesetzentwurf ablehnen!)


– Herr Seiffert, ich bin schon sehr gespannt auf das neue
Konzept, das uns heute wieder einmal angekündigt
wurde. Bei Ihrem letzten Steuerkonzept haben Sie die
Unternehmensteuern ja ganz vergessen gehabt.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Gehen Sie den kleinen Schritt doch einmal mit! – Peter Rzepka [CDU/CSU]: Da haben Sie nicht richtig nachgeschaut! – Leo Dautzenberg [CDU/ CSU]: Heute unterhalten wir uns über die Umsatzsteuer, Frau Kollegin!)


Wir werden sehen, was nächste Woche oder wann auch
immer von Ihnen auf den Tisch gelegt wird. Vielleicht
ein Bierdeckel für die Unternehmensteuer? Wir werden
sehen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Der nächste Bierdeckel kommt!)


Die Umsatzsteuer ist eine unserer wichtigsten Ein-
nahmequellen, die wir gemeinsam immerfort hegen und
pflegen. Unser Finanzminister Gernot Mittler aus Rhein-
land-Pfalz hat gesagt, die Umsatzsteuer werde zur Achil-
lesferse der öffentlichen Haushalte in ganz Europa wer-
den. Er hat die vom Ifo-Institut angegebenen
Fehlbeträge, die von kriminellem Missbrauch der Um-
satzsteuer herrühren, hochgerechnet. Schon in der frühe-
ren EU der 15 gab es Steuerausfälle von jährlich
60 Milliarden Euro. Das sind 60 Prozent des EU-Haus-
haltes eines Jahres! Bei der jetzigen EU können wir noch
einiges mehr dazuzählen. Wir reden also von großen
Summen und einem Missstand, den wir nicht hinnehmen
können.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich denke, darin sind wir uns alle einig; Sie haben das ja
im September noch einmal sehr ausführlich erläutert.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Ja, wir machen das sorgfältig!)


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(C (D Wir haben in den letzten Jahren mit wichtigen gesetzeberischen Maßnahmen die Bekämpfung des Umsatzteuermissbrauchs sehr offensiv vorangetrieben. (Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Mit einem riesigen bürokratischen Aufwand! Das müssen Sie zugeben!)


ie Steuerverwaltung hat Instrumente an die Hand be-
ommen, die zwischenzeitlich mit gutem Erfolg ange-
endet werden, Herr Seiffert.


(Beifall des Abg. Lothar Mark [SPD] – Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Alle Anständigen werden auch getroffen!)


as waren gemeinsame Anstrengungen der Bundes-
egierung, der Koalitionsfraktionen und der Länder, aber
ie, meine Damen und Herren von der Opposition, wa-
en nicht dabei. Wo bleibt Ihre Verantwortung für die
ösung dieses gemeinsam beklagten Missstandes? Das
uss ich schon einmal deutlich fragen.


(Lothar Mark [SPD]: Wo ist die Opposition schon dabei, wenn etwas Vernünftiges gemacht wird?)


ch denke nur an die Diskussion, die wir damals über die
nangekündigte Nachschau geführt haben. Heute sagen
ns in der Anhörung sogar die Vertreter von Wirtschafts-
erbänden, dass wir damit ein hilfreiches Instrument für
ie Finanzverwaltungen eingeführt haben.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Es kommt immer auf die Dosierung an!)


ie hatten damals nicht den Mut, dazu Ja zu sagen.

(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Na, na!)


Wir alle wissen, dass die Umsatzsteuerhinterziehung
icht nur den Staat und die Steuerzahler, sondern natür-
ich auch die Wirtschaft in sehr hohem Maße schädigt.
eswegen arbeitet die Wirtschaft mit daran, den Miss-
rauch einzudämmen. Steuerehrliche Unternehmen kön-
en mit steuerunehrlichen Unternehmen nicht konkurrie-
en, sie werden vom Markt verdrängt. Wirtschaftskraft
nd Arbeitsplätze gehen verloren. Natürlich können wir
abei nicht zusehen.
Da wir heute über Ihren Antrag bzw. Ihren Gesetz-

ntwurf reden, ist klar, dass Sie sich dieses Problems,
ieses großen Missstandes sehr wohl bewusst sind, auch
enn Sie nicht mutig genug sind, dabei mitzumachen,
ie Verwaltung in ihrem Kampf gegen die kriminellen
lemente wirksam zu unterstützen.
Sicher gibt es immer verschiedene Wege, bestimmte

iele zu erreichen. Der Antrag der FDP auf sofortige
mstellung der Umsatzsteuererhebung von der Soll- auf
ie Istbesteuerung, um den Umsatzsteuerbetrug wirk-
am zu bekämpfen und gleichzeitig für mehr Liquidität
n den Unternehmen zu sorgen, ist aber leider nur als
aum ernst zu nehmender Schnellschuss zu bezeichnen.
as hat Herr Rzepka schon ausgeführt.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Rzepka war überzeugend! – Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Da zitieren Sie den Kollegen falsch!)







(A) )



(B) )


Lydia Westrich

Sie wissen genau: Auch, wenn wir wollten, können

wir das gar nicht so schnell realisieren. Die EU hat dabei
nämlich noch ein Wort mitzureden. Wir sind an die
6. EG-Richtlinie gebunden und die Signale aus Brüssel
in dieser Richtung sind nicht allzu ermutigend. Daneben
wissen Sie genau, dass wir Planspiele in Gang gesetzt
haben, durch die die Möglichkeiten eines anderen Mehr-
wertsteuersystems ausgelotet werden.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Das Planspiel wird in München durchgeführt!)


Ich nenne das Reverse-Charge-Modell und die Istbesteu-
erung verbunden mit einem Cross-Check. Warten Sie
doch wenigstens diese Ergebnisse ab. Dann können wir
auch mit handfesten Argumenten in Brüssel auftreten,
sodass wir uns nicht mehr mit neuen, unausgegorenen
Vorschlägen gleich ins Hintertreffen bringen.

Wir sind uns einig, dass wir mit unseren gesetzgeberi-
schen, technischen und organisatorischen Mitteln bei der
Bekämpfung des Umsatzsteuermissbrauchs nicht mehr
viel weiter kommen. Die Länder können bei der Steuer-
fahndung und bei der Intensität ihrer Prüfungstätigkeit
sicher noch einiges mehr tun. Das können sie ruhig noch
höher fahren. Wir hier sind gefordert, zu überlegen, wie
wir das Mehrwertsteuersystem so verändern können,
dass es sich nicht mehr zum Bedienungsfeld krimineller
Elemente eignet. Dies muss seriös und mit Hand und
Fuß geschehen. Schnellschüsse, bei denen wir nicht ein-
schätzen können, welche neuen betrügerischen Möglich-
keiten damit verbunden sind, können wir uns nicht mehr
leisten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Herr Solms, ob die Steuerberater damit einverstanden
sind, die Haftung und Verantwortung für ein solch unge-
prüftes Feld zu übernehmen, wage ich zudem zu bezwei-
feln. Wir müssen Ihren Antrag zum jetzigen Zeitpunkt
also ablehnen.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Stimmen Sie ihm zu, wenn sie ihn ein halbes Jahr später stellen? – Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/ CSU]: Aber schade finden Sie das auch!)


Wir haben an Sie aber die Bitte, dass Sie fundiert weiter
mit uns diskutieren, wenn die Erkenntnisse aus den Plan-
spielen vorliegen.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Das machen wir!)


Die CDU/CSU verfolgt mit ihrem Gesetzentwurf eine
andere Intention, das ist klar. Sie wollen Liquiditätseng-
pässen von kleinen und mittleren Unternehmen entge-
genwirken.


(Peter Rzepka [CDU/CSU]: Das will Wirtschaftsminister Clement auch! – Zuruf von der CDU/CSU: Was haben Sie denn dagegen?)


Leider ist der Gesetzentwurf ebenfalls untauglich.

(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Das hört Mi nister Clement bestimmt nicht gern!)


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(C (D rstens würden weit mehr Kosten als die von Ihnen vernschlagten 700 Millionen Euro anfallen, wobei auch iese natürlich schon kein Pappenstiel sind, zumal Sie elbst ständig Sparsamkeit anmahnen. Laut den Daten es Statistischen Bundesamtes würden dort leicht über Milliarden Euro zusammenkommen. Sie sagen, das önne man einfach mal locker ausgeben, es seien Einaleffekte. Trotzdem ist das nicht zu finanzieren. Der zweite, noch wichtigere Ablehnungsgrund ist, ass wir damit bundesweit ein System einrichten würen, das hoch betrugsanfällig ist; das wissen Sie auch elbst. Sollund Istbesteuerung würden dabei nämlich ebeneinander herlaufen und es würde noch erheblich rößere Betrugspotenziale zulasten unseres Haushaltes eben als vorher. Die generelle Umstellung, die die FDP ordert, wäre Ihrem Gesetzentwurf vorzuziehen, da es ann wenigstens nur ein System gäbe, das wir zu realiieren hätten. Außerdem haben wir für die kleinen Unernehmen aus den neuen Ländern die Istbesteuerung mit er höheren Umsatzgrenze nur nach einem größeren Abägungsprozess zugelassen. Eine bundesweite Ausdehung auf höhere Umsatzgrenzen kommt derzeit nicht inrage. Kolleginnen und Kollegen aus der Opposition, Sie üssen sich schon entscheiden, was Sie wollen. Wollen ie eine Umsatzsteuer, die als wichtige Einnahmequelle eiterhin den Interessen der ehrlichen Bürgerinnen und ürger dient, oder wollen Sie ein Durcheinander von ystemen, bei denen den kriminellen Elementen das erz lacht? (Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Das will doch niemand, Frau Westrich! Das ist doch Quatsch! – Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Das ist das beliebte Totschlagargument gegen gute Vorschläge!)


leinunternehmen hilft dieses Durcheinander nicht wei-
er. Sie täten besser daran, diese kriminellen Machen-
chaften mit uns wirksam zu bekämpfen


(Beifall des Abg. Lothar Mark [SPD])

nd mit uns ein Mehrwertsteuersystem zu erarbeiten, das
icht mehr in diesem Maße betrugsanfällig ist.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Stellen Sie in dem Bereich erst mal die Vollzugsdefizite ab! – Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Der große bürokratische Unsinn muss aufhören!)


hrlich gesagt, würden Sie in Ihren Ländern – das wis-
en Sie selbst ganz genau – weder für den Antrag noch
ür den Gesetzentwurf eine Mehrheit finden.


(Lothar Mark [SPD]: So ist es! Sie wissen, dass er abgelehnt wird! Das nennt man Show! – Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Warum wird denn das Millionenprojekt in München gemacht, Frau Kollegin?)


arum legen Sie uns Gesetzentwürfe vor, von denen Sie
issen, dass sie im Bundesrat auf jeden Fall scheitern
erden? Es tut mir sehr Leid, dass wir den Gesetzent-
urf und den Antrag ablehnen müssen.
Vielen Dank.






(A) )



(B) )


Lydia Westrich


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Das war eine schwache Begründung!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516317000

Jetzt hat das Wort der verehrte Herr Kollege Hermann

Otto Solms.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516317100

Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Meine sehr verehr-

ten Damen und Herren! Wenn man genau zugehört hat,
stellt man fest, dass wir uns in der Diagnose parteiüber-
greifend einig sind. Die Umsatzsteuer hat im Erhebungs-
verfahren erhebliche Nachteile. Sie belastet die Liquidi-
tät von kleinen und mittleren Unternehmen und
Handwerksbetrieben. Sie ist zudem international beson-
ders betrugsanfällig. Es ist gut, dass wir uns in dieser
Diagnose einig sind. Ich freue mich auch, zu hören, dass
man im Finanzministerium große Anstrengungen unter-
nimmt, die richtigen Korrekturverfahren zu ermitteln,
um dann die entsprechenden Vorschläge zu machen.

Die CDU/CSU hat den Vorschlag gemacht, die Istbe-
steuerung in Ost- wie in Westdeutschland auf Unterneh-
men mit einem Umsatz von bis zu 500 000 Euro auszu-
dehnen. Der Vorschlag geht nach unserer Meinung in die
richtige Richtung, weil er gerade bei kleineren Unter-
nehmen eine Liquiditätsentlastung bewirkt. Deswegen
können wir diesem Vorschlag ohne weiteres zustimmen.

Wir haben vorgeschlagen, generell auf die Istbesteue-
rung überzugehen. Ich bin auch nach längerer Lektüre
der entsprechenden Fragen der Meinung, dass dies wahr-
scheinlich der richtige Weg sein wird. Ich bin allerdings
auch der Meinung, dass die Kombination mit einem auf-
wendigen Cross-Check-Verfahren in die Irre führt.
Großbritannien hat es uns vorgemacht. Dort wird mit ei-
ner Bagatellgrenze von meinetwegen 5 000 oder
10 000 Euro Umsatz gearbeitet. Diese geringen Umsätze
brauchen dann nicht mehr speziell geprüft zu werden.
Ansonsten wird mit Stichproben gearbeitet. In der heuti-
gen Computerwelt ist es nicht schwer, auffällige größere
Umsätze durch Stichproben besonders zu prüfen. Ich
denke, dass der Weg dahin führen wird.

Jedenfalls scheint mir die Umstellung von der Soll-
auf die Istbesteuerung auch europarechtlich der einfa-
chere und gangbarere Weg zu sein. Wie ich höre, ist das
Finanzministerium der gleichen Meinung. Allerdings
wollen wir gerne die Machbarkeitsstudie genauso wie
das Planspiel beim Reverse-Charge-Verfahren abwarten,
welches dann allerdings europarechtlich auf größere
Schwierigkeiten stoßen dürfte und eine Vereinbarung in
Europa über die Länder hinweg zur Voraussetzung hätte.
Diese dürfte sehr schwer zu erreichen sein.

Entscheidend ist, dass jetzt gehandelt wird. Wir haben
unseren Antrag vor einem Jahr eingebracht. Ich hatte
vorher schon in einem Artikel der „FAZ“ die Richtung,
in die wir denken, angedeutet. Wir müssen handeln, weil
durch Groß- wie durch Kleinbetrug zweistellige Milliar-

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(C (D enbeträge verloren gehen, wie das Ifo-Institut ermittelt at. Das können sich weder die Finanzminister der Läner noch der Finanzminister des Bundes leisten. Im Übigen sind auch die Kommunen an der Umsatzsteuer beiligt. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie der Abg. Lydia Westrich [SPD])


Deswegen hoffe und erwarte ich, dass die Bundesre-
ierung nach der Überprüfung der Verfahren möglichst
och in diesem Jahr einen Vorschlag macht, dem wir
offentlich alle zustimmen können; denn diese Sache ist
wischen den Parteien nicht umstritten. In diesem Sinne
ehe ich unseren Antrag als Antrieb für eine solche Ent-
cheidung. Auch wenn er heute keine Mehrheit findet,
lauben wir, dass wir das richtige Signal gesetzt haben.
ir hoffen, noch in diesem Jahr gemeinsam zu einer Lö-
ung zu kommen. Das würde für die Haushalte von
und und Ländern eine entscheidende Entlastung bedeu-
en.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516317200

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Jutta Krüger-Jacob.

Jutta Krüger-Jacob (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516317300

Frau Präsidentin! Liebe Kollegen und Kolleginnen!
m es vorwegzunehmen: Die Grünen werden gemäß der
eschlussempfehlung des federführenden Finanzaus-
chusses den Gesetzentwurf der Union sowie den Antrag
er FDP ablehnen.


(Beifall der Abg. Franziska Eichstädt-Bohlig [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Schade eigentlich, aber nicht überraschend! – Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Das wäre sonst der Durchbruch gewesen!)


a der Antrag und der Gesetzentwurf aber aus unserer
icht ein eminent wichtiges Thema betreffen und deren
nhaltliche Richtigkeit nicht pauschal infrage gestellt
erden soll, ist uns an einer sachlichen Auseinanderset-
ung gelegen.
Die aktuelle Debatte darüber, kleinen Unternehmen

ie Möglichkeit einzuräumen, bei der Umsatzsteuer statt
er Soll- die Istbesteuerung anwenden zu dürfen, hat
wei Stoßrichtungen: Zum einen handelt es sich um ein
ittel zur Betrugsbekämpfung, zum anderen um eine
irtschaftspolitische Maßnahme. Diese beiden Ziele
ollten wir unbedingt auseinander halten.
Der Umsatzsteuerbetrug verursacht jährlich einen

teuerausfall in Höhe von etwa 20 Milliarden Euro. Hät-
en wir diese Einnahmen, dann läge das Haushaltsdefizit
nter 3 Prozent, wäre damit Maastricht-konform und wir
ätten weniger sonstige Debatten. Allein diese Größe
eigt, dass wir keinerlei Alternative zur wirksamen Be-
ämpfung des Umsatzsteuerbetruges haben. Zurzeit gibt
s durchschnittlich nur alle 50 Jahre eine Prüfung pro
nternehmen in Bezug auf die Umsatzsteuer. Der Grund
ierfür ist zu wenig Personal. Das Problem liegt dabei in






(A) )



(B) )


Jutta Krüger-Jacob

der Aufdeckung der Betrugsfälle. Hingegen ist die Bear-
beitung der bekannt gewordenen Fälle einfacher.

Als großes Hindernis stellt sich dabei die Tatsache
dar, dass wir keine Bundessteuerverwaltung haben.
Eine zentrale Verwaltung mit allen Daten in einer Hand
würde einen schnelleren länderübergreifenden Abgleich
ermöglichen.


(Beifall der Abg. Franziska Eichstädt-Bohlig [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Dadurch würde die Aufdeckung von Betrugsfällen ge-
rade bei der Umsatzsteuer erheblich vereinfacht. Da zur
Betrugsbekämpfung ein Mehr an Prüfung notwendig ist,
prüft das BMF zurzeit das so genannte Cross-Check-
Verfahren. Wesentliche Voraussetzung hierfür ist eine
flächendeckende elektronische Umsatzsteuerbearbei-
tung.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Mit gigantischem bürokratischem Aufwand!)


Um einen Abgleich von Umsatzsteuer und Vorsteuer zu
ermöglichen, muss jeder Unternehmer elektronisch im
Rahmen einer monatlichen Umsatzsteuervoranmeldung
die einzelnen Rechnungsbeträge und die darauf entfal-
lende Umsatzsteuer anmelden, und zwar bei einer noch
einzurichtenden Zentralbehörde. Diese gleicht dann den
Ausgangsumsatz bei Unternehmer A mit dem entspre-
chenden Eingangsumsatz bei Unternehmer B ab. Auf
diese Weise kann festgestellt werden, ob die Vorausset-
zungen des Vorsteuerabzugs für den Leistungsempfän-
ger vorliegen. Bagatellumsätze bis 500 Euro sind von
diesem Verfahren ausgenommen.

Die hierzu laufende Machbarkeitsstudie wird bis
Mitte dieses Jahres abgeschlossen sein. Wir sollten die
Studie abwarten und bei Reformbemühungen deren Er-
gebnisse berücksichtigen. Nordrhein-Westfalen wird üb-
rigens als erstes Bundesland zur Koordinierung aller
Maßnahmen zur Bekämpfung des Umsatzsteuerbetruges
ein Zentralfinanzamt einrichten und damit einen wichti-
gen Schritt in die richtige Richtung gehen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Das macht dann bereits der Rüttgers!)


Der FDP-Antrag befasst sich leider nicht mit der Be-
trugsbekämpfung, sondern ist im Kern ein Vorschlag für
eine Umsatzsteuerreform. Jedoch kann alleine mit dem
Übergang von der Soll- zur Istbesteuerung der Umsatz-
steuerbetrug nicht bekämpft werden, denn bei beiden Al-
ternativen muss vom Finanzamt gleichermaßen geprüft
werden. Dies im Übrigen auch deshalb, weil ein Konto-
auszug ebenso leicht gefälscht werden kann wie eine
Rechnung. Insbesondere bei Onlinebanken, wo man die
Kontoauszüge zu Hause ausdrucken kann, ist der Rech-
nungseingang ebenso betrugsanfällig, wenn kriminelle
Energie vorhanden ist.

Auch wenn die Einführung der Istbesteuerung, in
welchen Grenzen auch immer, ohne Cross-Check und
ohne Ausweitung der Prüfmöglichkeiten keine Betrugs-
bekämpfung darstellt, könnte sie eine Maßnahme sinn-
voller Wirtschaftspolitik sein. Eines jedenfalls ist offen-

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(C (D ichtlich: Die Istbesteuerung verschafft eine höhere iquidität, was gerade für kleine und mittlere Unternehen wichtig ist. Es ist auch sinnvoll und den Betroffeen darüber hinaus viel besser zu vermitteln, dass Steurn erst bei Eingang des Rechnungsbetrages gezahlt erden müssen. (Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Das ist der Inhalt unseres Antrags!)


Wir sind uns der Tatsache bewusst, dass wir die klei-
en und mittleren Unternehmen auch weiterhin stärken
üssen;


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Dann stimmen Sie unserem Antrag zu!)


enn sie sind unverzichtbarer Kern unserer Volkswirt-
chaft.


(Zuruf von der CDU/CSU: Auch da sind wir dabei!)


enn aber diese Stärkungsmaßnahmen zu enormen
teuerausfällen führen, müssen wir offen über Kosten
nd Gegenfinanzierungen sprechen.


(Beifall der Abg. Franziska Eichstädt-Bohlig [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


ach den Berechnungen des BMF würde es einen ein-
aligen Steuerausfall in Höhe von 4,2 Milliarden Euro
erursachen, wenn gemäß dem FDP-Antrag alle Unter-
ehmen, deren Umsatz unter 2,5 Millionen Euro liegt,
ie Möglichkeit der Istbesteuerung erhalten würden.
ies stellt für unseren Haushalt zumindest zurzeit ein
chtes Problem dar.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Das wird eine zeitliche Verschiebung sein und kein Ausfall!)


ie Union hat die Umsatzgrenze mit 500 000 Euro zwar
escheidener angesetzt, aber auch hier entsteht ein Steu-
rausfall in Höhe von 2,8 Milliarden Euro.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Das ist übertrieben!)


olange wir keine Möglichkeit haben, diese – und seien
s nur vorübergehende – Steuerausfälle gegenzufinan-
ieren, können wir diese Anträge nicht umsetzen und
üssen sie ablehnen. Im Hinblick auf die wesentliche
edeutung des Themas muss es jedoch in unser aller In-
resse sein, die Umsatzsteuer immer wieder zu unserem
esprächsthema zu machen.
Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516317400

Ich schließe damit die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetz-

ntwurf der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache
5/3193 zur Vereinheitlichung der Umsatzgrenze bei der
erechnung der Steuer nach vereinnahmten Entgelten.
er Finanzausschuss empfiehlt unter Buchstabe a seiner






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer

Beschlussempfehlung auf Drucksache 15/4814, den Ge-
setzentwurf abzulehnen. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das Handzei-
chen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetz-
entwurf ist damit in zweiter Beratung mit den Stimmen
der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Opposi-
tion abgelehnt. Nach unserer Geschäftsordnung entfällt
damit die weitere Beratung.

Der Finanzausschuss empfiehlt unter Buchstabe b sei-
ner Beschlussempfehlung auf Drucksache 15/4814 die
Ablehnung des Antrags der Fraktion der FDP auf
Drucksache 15/2977 mit dem Titel „Reform der
Umsatzsteuer – Durch Umstellung von der Soll- auf die
Istbesteuerung Umsatzsteuerbetrug wirksam bekämpfen
und unnötige Liquiditätsbelastungen der Wirtschaft ver-
meiden“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –
Gegenprobe! – Enthaltungen? – Die Beschlussempfeh-
lung ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen
die Stimmen der FDP und eine Stimme aus der CDU/
CSU bei sonstiger Enthaltung der CDU/CSU angenom-
men.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 8 auf:
Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD
und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Stabilitätspolitik im Kaukasus und die Zu-
kunft Tschetscheniens
– Drucksache 15/4855 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)

Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat zunächst
der Abgeordnete Markus Meckel.


Markus Meckel (SPD):
Rede ID: ID1516317500

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Es ist gut, dass Tschetschenien heute wieder Thema un-
serer Debatte ist. Wir alle wissen, dass – nicht bei uns im
Bundestag, aber in der öffentlich stattfindenden politi-
schen Debatte – über Tschetschenien und den dort vor-
herrschenden Krieg und Terror allzu oft und allzu lange
geschwiegen wird.

Es ist gewiss richtig – das betrifft nicht nur uns Deut-
sche, sondern den Westen überhaupt –, dass wir Russ-
land als Partner brauchen. Das wird auch künftig so sein.
Doch das darf nicht dazu führen, dass wir diesen Kon-
flikt, der bis zum heutigen Tag viele zivile Opfer fordert,
ausblenden. Schreckliche Terroranschläge, wie zuletzt in
Beslan, rütteln uns auf. Vor wenigen Monaten haben wir
hier der vielen Kinder, der russischen und inguscheti-
schen Opfer gedacht. Doch dann gehen wir allzu schnell
wieder zur Tagesordnung über.

Die Tschetschenen sind seit Jahrhunderten ein schwer
geprüftes Volk. Nach der Unterwerfung im Zarenreich
nutzte Stalin den Zweiten Weltkrieg, um große Teile des
Volkes unter dem Vorwand, sie würden mit Hitler-

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(C (D eutschland zusammenarbeiten, zu deportieren. Von den 50 000 Deportierten kam mehr als die Hälfte um. Die nderen durften erst nach Chrustschows Geheimrede, ab 956, wieder zurückkommen. Nach dem Zerfall der owjetunion hatten die Tschetschenen das Pech, keine nionsrepublik zu sein, sondern nur eine autonome Reublik innerhalb Russlands. So blieben sie gegen ihren illen Teil Russlands. Da wir nun wiederum kein Inte esse am Zerfall Russlands haben, fanden sie und ihr nabhängigkeitsstreben keine internationale Unterstütung. Stattdessen begann Jelzin Ende 1994 den ersten schetschenienkrieg, über den wir vor ziemlich genau ehn Jahren im Deutschen Bundestag, damals in Bonn, iskutierten. Wir riefen Moskau zur Mäßigung der ewalt auf. Schon damals wurde Tschetschenien fast ollständig zerstört. Nach dem Friedensschluss von 997 versagte dann der fast selbstständige Staat, und war sowohl aufgrund innerer Widersprüche und Gewalt ls auch aufgrund fehlender russischer und internationaer Hilfe. Der islamische Fundamentalismus und Terroismus, der dort eigentlich keine Heimstatt hatte, gewann unehmend Einfluss. Putin begann 1999 den zweiten Tschetschenienkrieg nd wurde mit ihm Präsident. Mit überbordender Gewalt ird seitdem das kleine Volk der Tschetschenen in eine usweglose Lage gebracht. Massive Verletzungen fundaentaler Menschenrechte gehören seitdem zum Alltag er tschetschenischen Bevölkerung. Nach Schätzungen nternationaler Menschenrechtsorganisationen wurden eit 1994 180 000 Tschetschenen getötet, und das bei eier Bevölkerungszahl von nicht einmal 1 Million. Hinzu ommt die Zahl der Verletzten, der Entwurzelten und der tigmatisierten. Die tschetschenische Gesellschaft ist vielfach zer tört. Eigene Traditionen wie die Blutrache und die fehenden Rechte der Frauen erschweren das Überleben des olkes zusätzlich. Der Befreiungskampf wurde immer ehr zu Terrorismus. Wir sehen die Terrorakte und könen sie nur ablehnen; denn sie führen lediglich zu mehr ewalt. Wie überall bietet Terror auch hier keine Mögichkeit, Konflikte zu lösen. Diese Terrorakte schaden icht nur den russischen und den tschetschenischen Opern sowie ihren Familien, sondern auch dem tschetscheischen Volk insgesamt. Dennoch müssen wir untercheiden. Während es bei dem internationalen errorismus der al-Qaida keinen Dialog und keine Gepräche geben kann, weil diese Organisation nur unsere ivilisation zerstören will, handelt es sich hier um einen errorismus, der sich aus einem Regionalkonflikt entwikelt hat. Dieser Konflikt ist nicht mit Gewalt und Teror, sondern nur mit Gesprächen und Verhandlungen zu ösen. Nur so verliert dieser Terrorismus seinen Boden. ie bis heute täglich stattfindende Gewalt heizt ihn jeoch immer wieder an. Die Versuche der russischen Regierung, eine militäri che Lösung zu ihren Gunsten herbeizuführen, sind seit ahren fehlgeschlagen. Aber auch die Strategie der schetschenisierung in den letzten Jahren mit der Überragung der Macht an Kreml-treue Tschetschenen hat Markus Meckel keine Befriedung der Region gebracht, genauso wenig wie die so genannten Wahlen und die durch Referendum geltende Verfassung. Wir alle wissen, dass diese Wahlen noch weniger frei waren als der erste und zweite Wahlgang in der Ukraine. Dies waren keine Wahlen. Aus ihnen sprach nicht der Wille des Volkes. Wir müssen sehen, dass unter dem Vorwand der Suche nach Terroristen die ganze Bevölkerung täglich aufs Neue terrorisiert wird, und zwar nicht nur durch das russische Militär, sondern auch durch Truppen des FSB, des Innenministeriums und der Milizen von Ramsan Kadyrow, der nach dem Mord an seinem Vater zum stellvertretenden Ministerpräsidenten gemacht wurde. Nur eine politische Lösung wird auf Dauer für Sicherheit und Stabilität in der Region des Kaukasus sorgen können. Dabei ist es gewiss eine schwer zu beantwortende Frage, wie dies erreicht werden kann. Sicher ist aber eines: Wer eine politische Lösung will, braucht Partner. Ich persönlich glaube, dass der 1997 gewählte tschetschenische Präsident Maschadow ein Partner war. Ihn hat man – das haben wir gehört – vor zwei Tagen getötet. Ich bin überzeugt, dass man damit keinen Sieg errungen hat. Die Chancen für eine Lösung sind so weiter gesunken. Ich glaube, im Endeffekt müssten auch seine Gegner um ihn trauern. Denn die Gefahr ist groß, dass die Spirale der Gewalt sich nun nur noch schneller dreht, dass das Leid dieses Volkes sich ins Ausweglose steigert und dass der tschetschenische Terror auch immer mehr russische Opfer fordert. Es braucht heute vertrauensbildende Maßnahmen aufseiten Russlands und die Bereitschaft, sich von der internationalen Gemeinschaft helfen zu lassen. Die Äußerungen Putins im Dezember in Hamburg gaben Anlass zur Hoffnung. Dort hatte Präsident Putin erstmals eingeräumt, dass die Destabilisierung der Region ein Problem für die internationale Gemeinschaft darstellt. Er hat sich dabei offen für internationale Unterstützung bei der Stabilisierung der Lage und beim Wiederaufbau gezeigt. Inzwischen wächst die Sorge, dass man doch wieder hauptsächlich oder gar allein auf militärische und andere Lösungen alten Stils setzt. Dies aber würde die Katastrophe fortsetzen und vergrößern. Wir müssen mit Russland im Gespräch bleiben und Russland überzeugen, dass politische Lösungen unter Einbeziehung aller – auch derer, die für Unabhängigkeit kämpfen – notwendig sind. Dieser Krieg ist keine innere Angelegenheit Russlands, weil Menschenrechtsverletzungen im 21. Jahrhundert nie mehr und nirgendwo innere Angelegenheit sein können und werden. Zu danken ist dem Europarat und hier insbesondere dem Berichterstatter, unserem Kollegen Rudolf Bindig, der sich mit großem Engagement und Sachlichkeit diesem Konflikt gewidmet hat. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)





(A) )


(B) )


Noch im März soll es in Straßburg einen runden Tisch zu
den Fragen Tschetscheniens mit verschiedenen Partnern
geben.

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(C (D Wichtig ist aber auch die Initiative der russischen oldatenmütter, die vor zwei Wochen mithilfe von uropaparlamentariern einen Gesprächsprozess mit chmed Sakajew, dem bisherigen Beauftragten von aschadow, begonnen haben, vergleichbar etwa der enfer Initiative im Nahostkonflikt. Diese und andere Bemühungen müssen weitergehen nd auf andere politische Ebenen übertragen werden. ine politische Lösung gibt es nur, wenn alle Seiten in as Gespräch einbezogen werden. Wir wissen, dass nach er Tötung Maschadows am 8. März Bemühungen um inen Dialog wahrhaftig unter einem noch schlechteren tern stehen als vorher. Angesichts der drohenden Eskaation sind aber gerade diese Bemühungen umso dringliher. Diese Woche hielt sich der Vorsitzende der neu ge chaffenen Kommission für die Koordination der ktivitäten im Nordkaukasus, Dmitrij Kosak, zu Konultationen in Berlin auf. Ich hoffe, dass dabei Fortchritte in der Frage erzielt werden konnten, welchen eitrag die internationale Gemeinschaft leisten kann und oll. Wir sind bereit, als Deutsche und im Rahmen der EU der eben auch des Europarates alles zu tun, was dem ussischen und dem tschetschenischen Volk bei der Löung dieses Konfliktes hilft. Wir wollen, dass diese ffene Wunde am Rande Europas heilt. Dies dient der icherheit und der Stabilität der Russischen Föderation nd Europas. Ein Letztes: Wir sollten darauf achten, dass die Emi ranten und Flüchtlinge, die in Europa sind, selbst ein otenzial für die politische Lösung sind. Daher ist es ichtig, dass sie Gespräche führen und reisen können. ch möchte deshalb von dieser Stelle aus Frankreich biten, die Aufnahme von Achmed Sakajew in die Schenen-Liste rückgängig zu machen. Dieses Potenzial für ine politische Lösung muss auch in Zukunft genutzt erden. Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516317600

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Claudia Nolte.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Claudia Nolte (CDU):
Rede ID: ID1516317700

Frau Präsidentin! Liebe Kollegen und Kolleginnen!

s ist wichtig, dass wir ein wiederholtes Mal eine De-
atte über Tschetschenien führen, einen Schauplatz von
riegen, Vertreibung, Terrorismus und massenhaften
enschenrechtsverletzungen; denn die Dramatik nimmt
eiter zu.
Allerdings legen Sie von der Koalition uns heute ei-

en Antrag vor, bei dem man förmlich spürt, dass Sie
ich gedrängt fühlten, irgendetwas vorzulegen. Viele Ih-
er Kolleginnen und Kollegen setzen sich für eine politi-
che Lösung im Tschetschenienkonflikt und gegen die






(A) )



(B) )


Claudia Nolte

Menschenrechtsverletzungen dort ein; ich nehme Ihnen
Ihr Engagement auch ab. Zu Ihrem Antrag kann man
aber nur sagen: Es wäre besser gewesen, Sie wären bei
dem Beschluss der Grünen von ihrem Bundesparteitag
im letzten Jahr geblieben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Gernot Erler [SPD]: Wo ist denn Ihr Antrag, Frau Kollegin?)


Dieser Beschluss ist dadurch, dass ihn die FDP in ihrem
hier eingebrachten Antrag inhaltlich aufgreift, nicht
schlechter geworden; wir können uns dem Antrag der
FDP gut anschließen.

Ihr Antrag liefert eigentlich nur eine zusätzliche
Rechtfertigung unserer Kritik an der Bundesregierung,
die sich einfach nicht traut, gegenüber dem russischen
Präsidenten einen ganz klaren Kurswechsel in der
Tschetschenienpolitik einzufordern.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Ihr Antrag macht die Diskrepanz zwischen dem, was Sie
für richtig halten, und dem, was Sie opportun finden, erst
richtig deutlich. Meinen die Grünen, sie wären mit dem
jetzt vorliegenden Antrag auf ihrem Parteitag durchge-
kommen? Das, was Sie hier machen, grenzt schon an
Selbstverleugnung.


(Dr. Werner Hoyer [FDP]: Sehr wahr!)

Herr Erler, Sie hatten in der letzten Debatte zu diesem

Thema im Dezember in einem Zwischenruf gefragt, ob
man sich nicht vorstellen könne, eigene parlamentari-
sche Initiativen zu ergreifen. Auch wenn das keine
Rechtfertigung für das Nichtstun der Bundesregierung
ist, sage ich Ihnen: Natürlich, Sie haben Recht. Aber wo
sind denn diese Initiativen? Bringen Sie doch einen ent-
sprechenden klaren Antrag ein. Sie hätten die Chance
dazu gehabt.

Ihr Antrag enthält kaum ein kritisches Wort zu
Tschetschenien. In Ihrem Parteitagsbeschluss haben Sie
die Wahl in Tschetschenien noch klar als Farce be-
zeichnet. Warum ist kein Wort dazu in Ihrem Antrag zu
finden? Dabei ist diese Wahl doch symptomatische für
den Tschetschenienkonflikt, nämlich für die Frage, wie
sich Russland einbringt, wie es durch Härte die Gewalt-
spirale immer wieder selber anheizt, und dafür, dass es
Gelegenheiten zu Dialog und politischen Lösungen nicht
wahrnimmt.

Das nimmt auch kein Ende. Mit der Tötung von
Maschadow wird die Gewaltspirale wieder verschärft
werden. Man hat sich im Kreml erneut die Chance ge-
nommen, Wege eines Dialogs zu beschreiten, und das,
obwohl Maschadow über Rückhalt bei den Tschetsche-
nen verfügte und damit ein verhandlungsfähiger Dialog-
partner gewesen wäre.

Im April 1995 schrieben einige SPD-Kollegen – Sie
waren dabei, Herr Erler und Herr Meckel – an den dama-
ligen Bundeskanzler Helmut Kohl sinngemäß, er möge
gegenüber dem Präsidenten Jelzin wie auch öffentlich in
aller Klarheit die Position des Deutschen Bundestages

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(C (D arstellen und den Krieg und die Menschenrechtsverletungen in Tschetschenien verurteilen. Die demokratischen Kräfte Russlands brauchen die Unterstützung des Westens, der Deutschen und ihres Bundeskanzlers. o schrieben Sie. Zehn Jahre später sind Sie nicht einmal mehr bereit, azu beizutragen, dass der Bundestag eine so klare Posiionierung vorbringen kann. Aber auch zehn Jahre nach iesem Brief gilt: Die demokratischen Kräfte Russlands rauchen die Unterstützung des Westens, der Deutchen und ihres Bundeskanzlers. Sie haben in Ihrem Anrag demgegenüber nicht einmal das Wort Demokratie erwendet. Sie können doch nicht über Stabilität im aukasus reden, ohne auch über Demokratie zu reden. (Gernot Erler [SPD]: Wo ist denn Ihr Antrag, Frau Kollegin?)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Die georgische Parlamentspräsidentin hat vergangene
oche in einem Vortrag in Berlin gesagt, die beste Rah-
enbedingung für die Weiterentwicklung Georgiens
äre es, wenn Russland auf dem demokratischen Weg
leibt. Ich denke, man kann das noch weiter fassen: Sta-
ilität im Kaukasus ist nur durch das glaubhafte
ekenntnis Russlands zur Demokratie zu erreichen;
enn Demokratie in Russland ist Bedingung für eine de-
okratische Politik Russlands. Wenn man die russische
rmee, die Polizei und die Geheimdienste zur Achtung
er Menschenrechte bewegen will, dann braucht man
ine demokratische Kontrolle. Wenn man eine politische
ösung im Tschetschenienkonflikt möchte, bedarf es
ort demokratischer Strukturen und Wahlen. Wenn man
tabilität im Kaukasus möchte, bedarf es dort demokra-
ischer Staaten in Selbstbestimmung. Für all diese
unkte ist ein demokratisches Russland der zentrale Fak-
or.
Vor einigen Wochen hatte die deutsch-russische Par-

amentariergruppe ein Gespräch mit Vertretern der Men-
chenrechtsorganisation Memorial. Auf die Frage, in
elcher Weise Deutschland Unterstützung bieten könne,
agten sie sinngemäß: Es würde schon helfen, wenn Sie
anchmal schwiegen. Die Umarmung unseres Präsiden-
en diskreditiert zum Teil unsere Arbeit.


(Lothar Mark [SPD]: Was hat Kohl denn mit Honecker gemacht?)


an bezog das nicht zuletzt auf die Äußerung des Bun-
eskanzlers, dass er bei den Wahlen in Tschetschenien
eine empfindlichen Störungen feststellen konnte. Die-
er Kommentar war eben nicht nur nicht nötig, er war
ogar schädlich.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

erade wenn es um einen so wichtigen Partner wie
ussland geht, darf man ganz fundamentale Grundwerte
ie Demokratie und Wahrung der Menschenrechte bei
esprächen nicht hinten herunterfallen lassen.






(A) )



(B) )


Claudia Nolte

Sie haben ja für Ihren Antrag den Titel gewählt: „Sta-

bilitätspolitik im Kaukasus und die Zukunft Tschetsche-
niens“. Diese Passage ist die anspruchsvollste im ganzen
Antrag. Allzu viel Zukunftsweisendes zu Tschetschenien
findet man nicht. Das ist zugegebenermaßen auch
schwierig. Da steht im Beschluss der Grünen – wir sind
ja dankbar, dass die FDP ihn in die parlamentarische De-
batte eingebracht hat – mehr drin.


(Gernot Erler [SPD]: Wo ist Ihrer denn?)

– Das reicht uns. Wir können uns dem anschließen; das
ist ganz einfach.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ernst Burgbacher [FDP]: Ich bin gespannt, ob die Grünen sich dem anschließen!)


Zum Kaukasus finden Sie die vage Formulierung,
man möge die Möglichkeiten einer umfassenden Strate-
gie der Stabilisierung und Vertrauensbildung ausloten.
Eigentlich gäbe es ja ein Instrument dafür, eine Organi-
sation, die ausdrücklich diese Aufgabe hat: die OSZE.
Es ist nur eben ein Dilemma, dass die OSZE kaum hand-
lungsfähig ist, weil sie sich in einer tiefen Krise befindet.
Das hat etwas mit dem Vertrauen der Mitgliedstaaten der
OSZE untereinander zu tun. Wir wissen, auch bei der
Lösung dieser Frage kommt Russland eine ganz wich-
tige Schlüsselstellung zu. Deswegen ist auch das ein
Thema, das der Bundeskanzler mit dem russischen Prä-
sidenten Putin besprechen muss. Ich kann es nur noch
einmal deutlich unterstreichen: Das besonders gute Ver-
hältnis zwischen dem Bundeskanzler und dem russi-
schen Präsidenten bringt eben auch eine besondere Ver-
antwortung unseres Bundeskanzlers in dieser Frage mit
sich.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Es gibt einen Punkt in Ihrem Antrag, den ich aus-

drücklich unterstreichen möchte, nämlich dass jede poli-
tische Lösung des Tschetschenienkonflikts bei einer
Untersuchung und Verfolgung der Menschenrechtsver-
letzungen ansetzen muss. Die Menschen in Tschetsche-
nien brauchen eine Perspektive. Erst dann kann es eine
Befriedung geben. Was wird aus den Kindern, die heute
in Tschetschenien aufwachsen, in einem Klima der
Gewalt und Zerstörung? Es besteht die Gefahr, dass sie
die Terroristen der Zukunft sein werden. Wir müssen
also alle Anstrengungen unternehmen, um dies zu ver-
hindern.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516317800

Das Wort hat der Abgeordnete Fritz Kuhn.


Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516317900

Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kol-

legen! Die Eskalation in Tschetschenien und im gesam-
ten Nordkaukasus insbesondere seit 1999 ist der Nähr-
boden für weitere Gewalt, für Verzweiflung und
insbesondere für weiteren Terrorismus und das Anwach-
sen des Einflusses islamistischer Fundamentalisten. Da-
rüber müssen wir nicht streiten. Wir müssen hier auch

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(C (D icht, Frau Nolte, in einen Wettbewerb eintreten bezügich der Frage, wessen Formulierungen diese Sachveralte drastischer beschreiben. (Claudia Nolte [CDU/CSU]: Deswegen haben wir ja keinen eigenen Antrag eingebracht!)


Wir sind der Überzeugung, dass es zu Lösungen via
erhandlungen und Gesprächen, also zu politischen Lö-
ungen, keine Alternative gibt. Weder Krieg noch die
ogik von Schlag und Gegenschlag bieten hier eine Al-
ernative. Ich glaube, an dieser Stelle unterscheiden wir
ns nicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


ies gilt auch für die so genannte Tschetschenisierung;
abei handelt es sich ja um nichts anderes als um eine
ndere gewaltsame Methode von Schlag und Gegen-
chlag. Deswegen geht es uns um politische Lösungen.
Die Tötung Maschadows ist wahrscheinlich ein
ückschlag, weil damit letzten Endes Perspektiven für
erhandlungen und Gespräche zunichte gemacht worden
ind.


(Lothar Mark [SPD]: Das ist richtig!)

er die Differenzierung zwischen Leuten, die in Tschet-
chenien aus separatistisch-nationalistischen Gründen
gieren und kämpfen, und solchen, die aus islamistisch-
undamentalistischen Gründen agieren und kämpfen, be-
eitigt, kann am Schluss nur noch einen Weg gehen,
ämlich die totale Vernichtung aller, die in Tschetsche-
ien gegen die Russen aufgestellt sind. Die totale Ver-
ichtung aller Gegner führt dazu, dass die Chance, zu ei-
er Verhandlungslösung zu kommen – das wäre ja
öglich; eine solche Lösung muss immer möglich
ein –, zunichte gemacht wird. Deswegen waren die Er-
ignisse in dieser Woche mit Blick auf den Frieden, auf
ie Möglichkeit eines Wegs zum Frieden sehr negativ.
Zu dem Antrag, Frau Nolte. Ich kann nicht verstehen,

ass Sie hier so über die Antragslage reden, wenn Sie
elber gar keinen Antrag einbringen.


(Markus Löning [FDP]: Es gibt doch einen guten Antrag, Herr Kollege!)


elbstverständlich macht es einen Unterschied aus, ob
ir – darüber müssen wir ganz offen reden – auf einem
arteitag eine Resolution bzw. einen Antrag verabschie-
en oder ob unsere beiden Fraktionen, die die Koalition
ilden


(Markus Löning [FDP]: Fühlen Sie sich an Ihre Parteitagsbeschlüsse nicht gebunden oder was?)


jetzt hören Sie einmal zu, Sie kommen ja nachher dran –,
araus einen Bundestagsantrag machen, der die Regie-
ung zu einem bestimmten Handeln auffordern und ver-
flichten will.


(Claudia Nolte [CDU/CSU]: Sie trauen sich nicht wirklich!)







(A) )



(B) )


Fritz Kuhn

Wir haben in unserer Parteitagsresolution unsere Grund-
sätze und unsere Einschätzung der Menschenrechtsver-
letzungen in Tschetschenien dargelegt. Daraus ist in dem
Antrag von Rot und Grün, der heute hier vorliegt,


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Sie trauen sich nicht, klare Worte gegenüber dem Kanzler zu finden!)


das geworden, was wir jetzt von der Bundesregierung in
ihrem Agieren kurzfristig umzusetzen verlangen.

Wissen Sie, Frau Nolte, es geht in der Politik und
auch im Dialog, in den Gesprächen mit der russischen
Regierung um den feinen Unterschied zwischen Recht
haben und Recht bekommen.


(Markus Löning [FDP]: Es geht um Glaubwürdigkeit, Herr Kuhn! Was Sie hier reden, ist ja unglaublich! Dass Ihnen das nicht peinlich ist! – Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/ CSU]: Was war denn mit dem Brief von Herrn Erler?)


Wenn der Bundeskanzler und der Außenminister in den
Gesprächen mit der russischen Regierung fordern sollen
– wie Sie es vorgeschlagen haben –, zuerst einmal im ei-
genen Land eine Demokratie zu schaffen, bevor die Lö-
sung der Probleme angegangen werde,


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Das ist wie mit der Aufhebung des Waffenembargos in China!)


dann kann ich Ihnen voraussagen, dass wir da nichts er-
reichen werden.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der SPD)


Ich weiß aus meiner Teilnahme an den Gesprächen mit
Putin oder anderen Vertretern der russischen Regierung,
dass immer gefragt wird, wie die Schritte zur Stabilisie-
rung im nördlichen Kaukasus, insbesondere in Tschet-
schenien, aussehen, und dass auf diesem Thema ein-
dringlich beharrt wird.

Ich kann verstehen, dass Sie in der Opposition die
Frage der konkreten Umsetzung, wie wir tatsächlich et-
was für die Menschen schaffen, nicht so arg interessieren
muss. Aber uns muss sie interessieren. Darin liegt die
Differenz der beiden Anträge, über die wir hier reden.

Dass Sie, Frau Nolte, unseren Antrag banalisiert ha-
ben, finde ich nicht gut; denn er enthält zentrale Ele-
mente dessen, was jetzt helfen würde und notwendig
wäre. Er enthält einen klaren Appell, wie ihn der Euro-
parat formuliert hat, zur Beachtung der Menschen-
rechte. Er plädiert dafür, dass wir Lösungen finden, wie
Journalisten und Hilfsorganisationen in Tschetschenien
ihre Arbeit aufnehmen können. Das ist, wie wir wissen,
ein ganz entscheidender Punkt, damit sich überhaupt
etwas verändern kann. Denn in dieses Land kommt – ab-
gesehen von einigen Mitgliedern des Europarates, die
vorsichtige Reisen unternehmen – praktisch überhaupt
niemand mehr hinein.

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(C (D Wir haben klar gesagt, wie wir uns künftig demokratiche Wahlen vorstellen. Es gibt den eindringlichen Apell, an dem Thema Stabilitätspakt für den Kaukasus uner Federführung der EU weiterzuarbeiten. Außerdem ibt es viele weitere Punkte, die in dem Antrag genannt ind. Wer es mit der zarten Pflanze der Hoffnung wirklich rnst meint und hier nicht nur deklamatorisch darüber reet, der muss diesen Antrag unterstützen. Ich kann ja erstehen, dass Sie weiter gehen wollen. Es ehrt die FDP uch, dass sie unseren Beschluss in ihrem Antrag aufgeriffen hat. Darüber will ich mich nicht lustig machen; ass wir uns da nicht falsch verstehen. Aber wenn das, as in dem Antrag steht, in den Gesprächen vorangetrieen wird, dann entsteht ein Stück weit Hoffnung, dass ir etwas verändern können. So ist die konkrete Lage. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516318000

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Werner Hoyer.


Dr. Werner Hoyer (FDP):
Rede ID: ID1516318100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

or wenigen Tagen ist Aslan Maschadow gestorben,
ahrscheinlich ermordet worden. Die Umstände sind
och nicht ganz klar; vielleicht werden wir es nie genau
issen. Es ist zu befürchten, dass der Kampf weiter geht
nd eskaliert, dass blutige Rache geübt wird.
aschadow hatte sich von den verabscheuungswürdigen
nschlägen durch tschetschenische Terroristen immer
istanziert. Es mag sein, dass sein mäßigender Einfluss
och vermisst werden wird.
Präsident Putin hatte bei seinem Deutschlandbesuch

m Dezember noch verkündet, der Tschetschenienkrieg
ei seit drei Jahren beendet. Die Realitäten, auch der
etzten Tage, sprechen leider eine ganz andere Sprache.
mmer wieder berichten Nichtregierungsorganisationen,
ber auch Fachleute, nicht zuletzt Vertreter des Deut-
chen Bundestages im Europarat, wie der Kollege
indig, von Menschenrechtsverletzungen durch russi-
che Sicherheitskräfte. Die Literatur, die in den letzten
agen dazugekommen ist – nicht zuletzt das beeindru-
kende Buch von Anna Politkovskaja über Putins
ussland –, unterstreicht die Dringlichkeit, dass wir uns
it diesem Thema erneut befassen müssen. Es ist ein
öchst aktuelles Thema und es ist sehr wichtig, dass wir
ns von der Befassung mit diesem Thema durch die Be-
chwichtigungsbemühungen aus Moskau nicht abbrin-
en lassen.
Rot-Grün hat einen Antrag zur Lage in Tschetsche-

ien eingebracht. In diesem Antrag wird die Bereitschaft
er russischen Regierung, nach einer politischen Lösung
n Tschetschenien zu suchen, ausdrücklich gelobt.


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Das ist peinlich!)







(A) )



(B) )


Dr. Werner Hoyer

Ich muss aber sagen, dass ich diese Bereitschaft nicht er-
kennen kann. Ich würde mich einer solchen Bewertung
gerne anschließen, aber ich kann sie mir nicht zu Eigen
machen. Ich wundere mich nicht darüber, dass Sie über
diesen Antrag am liebsten schon heute abgestimmt hät-
ten, damit das Thema vom Tisch kommt und im Aus-
schuss nicht beraten werden muss. Dieser Antrag kann
nach meiner Auffassung die kritische Prüfung im Rah-
men einer Ausschussberatung nicht bestehen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Es ist interessant – dafür habe ich volles Verständnis –,

dass der Kollege Markus Meckel über diesen Antrag
vorsichtshalber nichts gesagt hat,


(Claudia Nolte [CDU/CSU]: Er weiß, warum!)

sondern nur über die sehr bedrückende Situation in
Tschetschenien selbst. Es ist außerdem sehr erhellend,
dass heute die Bundesregierung, obwohl durch Staats-
minister Bury vertreten, zu dieser Thematik hier keine
Stellung nehmen will. Die Menschenrechtsverletzungen
in Tschetschenien werden in dem Antrag nur stark ver-
klausuliert angesprochen. Das reicht nicht. Der Bundes-
tag muss diese Menschenrechtsverletzungen klar beim
Namen nennen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Die Grünen hatten auf ihrem Parteitag einen sehr viel

weiter gehenden, einen sehr viel mutigeren Antrag ver-
abschiedet. Wir haben diesen richtigen und wichtigen
Antrag wortgleich im Bundestag eingebracht. Wir waren
allerdings nicht bereit, ihn im Rahmen dieser Debatte so-
zusagen zu konsumieren. Wir werden Ihnen aber noch
Gelegenheit geben, ausführlich dazu Stellung zu neh-
men. In einer namentlichen Abstimmung können Sie
sich dazu bekennen oder auch nicht.

Wir werden noch vor der Sommerpause auf dieses
Thema zurückkommen. Wir sollten aber abwarten, wie
die Entwicklung in den nächsten Wochen verläuft, ob die
Befürchtung, dass es in den nächsten Wochen zu einer
Verschärfung des Konfliktes kommt, eintritt, was wir
alle nicht hoffen, oder ob die in jüngster Zeit durchaus
erkennbar gewordenen Anknüpfungspunkte für eine
politische Lösung aufgegriffen werden.

Das Memorandum, das Vertreter Tschetscheniens und
der russischen Soldatenmütter – Markus Meckel hatte
das bereits erwähnt – unter Vermittlung und Beteiligung
von Parlamentariern des Europäischen Parlaments und
des Europarats für das Treffen am 24. Februar in London
vorgelegt haben, bietet Präsident Putin und der russi-
schen Regierung die Chance, ihren Friedenswillen doch
noch unter Beweis zu stellen. Wir werden diese Ent-
wicklung abwarten und dann zu einer endgültigen Be-
wertung kommen. Die Grünen werden aber nicht daran
vorbeikommen, zu ihrem eigenen Antrag Ja oder Nein
zu sagen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516318200

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Melanie Oßwald.

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(C (D Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ist es irklich nötig, dass wir heute bereits zum zweiten Mal nnerhalb von drei Monaten über die Zukunft Tschetcheniens debattieren? Allein am Tag unserer letzten ebatte sind fünf Familienmitglieder des früheren schetschenischen Präsidenten Maschadow verschleppt orden. Dutzende weiterer Menschen folgten. Täglich erden Leichen mit Folterspuren gefunden. Dass der anzler dazu schweigt, ist blanker Hohn für die Opfer. Ich warne: Untätiges Zuschauen kommt einer Kom lizenschaft mit den Mördern gleich. Bei unserer letzten ebatte hat die FDP die Bundesregierung aufgefordert, n ihrem Dialog mit der Regierung von Wladimir Putin eiterhin darauf zu drängen, dass erstens bei der Beämpfung des Terrorismus die Grundlagen des Völkerechts und die Menschenrechte nicht weiter verletzt weren und zweitens sorgfältig zwischen potenziell erhandlungsbereiten Separatisten einerseits und Terroisten andererseits unterschieden wird und alle Möglicheiten des Dialoges mit politischen Gruppen genutzt erden. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Melanie Oßwald (CSU):
Rede ID: ID1516318300

(Beifall der Abg. Ilse Falk [CDU/CSU])


Was ist bis dato geschehen? Nichts! Überhaupt nichts
st geschehen. Herr Bury, da Sie auf der Regierungsbank
itzen, möchte ich Sie gerne fragen, warum der Kanzler
azu schweigt. Wo ist hier der kritische Dialog? Wo ist
eine Besorgnis über Russlands Umgang mit den funda-
entalen Bestandteilen der Demokratie, mit der Rechts-
taatlichkeit, mit dem Minderheitenschutz, mit der Mei-
ungs- und Pressefreiheit und seine Besorgnis über den
mgang mit der Opposition?
Ist der Bundeskanzler wirklich derart realitätsfremd?

räsident Bush hat doch gezeigt, wie es geht.

(Lothar Mark [SPD]: Das hat er ja gezeigt! Wo und wie?)

r hat bei seinem Treffen mit Putin all diese Punkte of-
en angesprochen und die beiden verstehen sich trotz-
em blendend. Das wäre ein tolles Vorbild für den Kanz-
r.


(Gernot Erler [SPD]: Was hat er denn erreicht?)


ch frage mich, wovor er Angst hat, dass er nicht die lei-
este Kritik an der russischen Autokratie anzubringen
agt.


(Lothar Mark [SPD]: Das glauben Sie doch alles selbst nicht, was Sie da erzählen!)


Der Bundeskanzler begnügt sich auch nicht damit,
elbst zu schweigen. Erst verpasst er seinem Koalitions-
artner einen Maulkorb und heute lässt er nicht einmal
en Tschetschenienexperten aus seinen eigenen Reihen
prechen.


(Gernot Erler [SPD]: Das entscheiden immer noch wir und nicht der Bundeskanzler! – Lothar Mark [SPD]: Das ist ja primitiv, was Sie da sagen!)







(A) )



(B) )


Melanie Oßwald

– Es hätte Ihnen, glaube ich, sehr gut getan, wenn er ge-
sprochen hätte.

Es ist beschämend, dass aus dem an sich unterstüt-
zenswerten – das möchte ich betonen – Beschluss des
Parteitags der Grünen ein armseliges, inhaltsleeres An-
träglein geworden ist.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wollen Sie einen Aufnahmeantrag? Wollen Sie die Mitgliederzeitschrift abonnieren?)


Wo steht in Ihrem Antrag, dass alle russischen Staatsor-
gane, insbesondere Armee und Geheimdienste, auf die
strikte Einhaltung der Menschenrechte verpflichtet wer-
den müssen? Wo steht, dass Verbrechen, die von Vertre-
tern staatlicher Organe begangen werden, in öffentlichen
Verfahren aufgeklärt und Schuldige verurteilt werden
müssen?

Sie trauen sich nicht, Menschenrechtsverletzungen
mit eigenen Worten zu beschreiben. Lediglich auf die
Feststellungen des Europarates verweisen Sie. Das ist
wirklich der Gipfel der Feigheit!


(Lachen des Abg. Gernot Erler [SPD] – Lothar Mark [SPD]: Was sagen Sie zu Guantanamo?)


Immerhin wollen Sie sich Ihrem Antrag zufolge dafür
einsetzen,

dass künftige Wahlen in Tschetschenien nach inter-
nationalen Standards vorbereitet und durchgeführt
sowie internationale Wahlbeobachtung ermöglicht
werden …

Ich frage mich, warum. Die letzte Wahl war doch nach
des Kanzlers Worten durchaus akzeptabel. Wir bräuch-
ten doch diese Debatte heute gar nicht.

Das ist Wahrheitsbeugung, die an Realitätsverleug-
nung grenzt. Aber da befindet sich der Bundeskanzler in
allerbester Gesellschaft. Schließlich behauptete sein
Freund Putin, in Tschetschenien gebe es – wir haben es
bereits gehört – seit drei Jahren keinen Krieg mehr. Ich
sage: Das ist wirklich beschämend.

Richtig ist, dass der Tschetschenienkonflikt in den
letzten Jahren islamisiert wurde. Genauso richtig ist,
dass dieser Konflikt

durch das unterschiedslos brutale Vorgehen der rus-
sischen Sicherheitskräfte … selbst zu einer Brut-
stätte immer neuer Gewalthandlungen geworden

ist.

(Lothar Mark [SPD]: Ich wusste nicht, dass fünf Minuten so lang sein können!)

Das ist ein unglaubliches Zitat aus Ihren eigenen Reihen.
Demnach hatten Sie die Wahrheit schon einmal erkannt.

Ich frage Sie, wo Ihre Einsicht jetzt bei diesem neuen
Antrag bleibt. Übrig geblieben ist dieses Pamphlet, in
dem Sie geradewegs bedauernd feststellen, dass – ich
zitiere –

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(C (D sich der enge Zusammenhang der … Terrorakte mit dem ungelösten Tschetschenienkonflikt nicht leugnen ässt. Der Mord an Präsident Maschadow zeigt aber, dass utins Machtverständnis nichts mit den elementarsten egeln der Demokratie zu tun hat. Der Terrorismus wird adurch nicht bekämpft, sondern eher gefördert. Es geht icht darum, Putin in irgendeine Ecke zu stellen, sondern arum, dass er endlich internationale Hilfe annimmt, um en Konflikt zu lösen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


enken Sie über folgende Worte des toten Maschadows
ach: Es gibt keine militärische Lösung für diesen Kon-
likt. Es gibt keinen Sieger. Wer das nicht verstanden
at, ist weit von der Realität entfernt.
Von einem Bundeskanzler erwarte ich mehr Reali-

ätsnähe und vor allem mehr Verantwortung in der Au-
enpolitik. Dazu braucht es klare und offene Worte
egenüber dem russischen Präsidenten. Aber der Bun-
eskanzler redet sich stattdessen Putins gelenkte Demo-
ratie lupenrein, wie überall zu lesen war. Schröders de-
okratischer Persilschein macht aus Putin damit noch
ange keinen weißen Riesen.
Ich jedenfalls gedenke Maschadows und der anderen
pfer des Tschetschenienkrieges. Er stand für eine mög-
iche Verhandlungslösung und für Frieden in einem
and, dessen Volk wie jedes andere auch das Recht hat,
n Würde zu leben. Putin sagt ja, es gebe in Tschetsche-
ien noch viel zu tun. Ich hoffe, Sie werden ihm da fol-
en und es endlich anpacken.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Lothar Mark [SPD]: Das war keine Glanzstunde!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516318400

Ich schließe damit die Aussprache.
Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlage auf
rucksache 15/4855 zur federführenden Beratung an
en Auswärtigen Ausschuss und zur Mitberatung an den
usschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe zu
berweisen. Gibt es anderweitige Vorschläge? – Das ist
icht der Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen.
Ich rufe die Tagesordnungspunkte 9 a bis 9 d auf:
a) Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten

Ernst Burgbacher, Marita Sehn, Dr. Christel
Happach-Kasan, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der FDP
Probleme des Tourismus in Deutschland trotz
des weltweiten Aufschwungs dieser Zukunfts-
branche
– Drucksachen 15/2033, 15/3287 –

b) Erste Beratung des von den Abgeordneten Ernst
Burgbacher, Dirk Niebel, Klaus Haupt, weiteren






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer

Abgeordneten und der Fraktion der FDP einge-
brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung
des Jugendarbeitsschutzgesetzes
– Drucksache 15/2664 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)

Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss fürBildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für Tourismus

c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

(19. Ausschuss)

Burgbacher, Helga Daub, Daniel Bahr (Münster),
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Sommerferienregelung verbraucherfreundli-
cher gestalten – Gesamtferienzeitraum auf
90 Tage ausdehnen
– Drucksachen 15/3102, 15/4121 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Klaus Brähmig

d) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

(19. Ausschuss)

Klimke, Klaus Brähmig, Edeltraut Töpfer, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU
Marketing für die Hauptstadt Berlin
– Drucksachen 15/3491, 15/5014 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Annette Faße

Nach interfraktioneller Vereinbarung ist für die Aus-
sprache eine halbe Stunde vorgesehen. Die FDP soll fünf
Minuten erhalten. Gibt es Widerspruch? – Das ist nicht
der Fall. Dann ist auch so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat zunächst
der Abgeordnete Ernst Burgbacher.


Ernst Burgbacher (FDP):
Rede ID: ID1516318500

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Morgen beginnt in Berlin die weltgrößte Tourismus-
messe, die ITB. Dass die FDP die heutige Debatte bean-
tragt hat, zeigt, welchen Stellenwert wir dem Tourismus
einräumen. Angesichts dieser großen Messe ist es wich-
tig, dass sich auch der Deutsche Bundestag mit dem
Thema Tourismus beschäftigt.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir alle kennen die Zahlen: 2,8 Millionen Arbeits-
plätze in Deutschland hängen am Tourismus. Der Touris-
mus trägt rund 8 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei.
Über 100 000 junge Leute werden in der Tourismusbran-
che ausgebildet. Das sind Zahlen, die sich sehen lassen
können. Es sind Arbeitsplätze, die zum großen Teil
standortgebunden sind und nicht einfach irgendwohin
verlagert werden können. Es gibt ein Potenzial an zu-
sätzlichen Arbeitsplätzen. Deswegen muss uns dieser
Bereich so sehr beschäftigen.

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(C (D Eine Prognos-Studie kommt zum Ergebnis, dass in uropa für 2004/2005 mit einem Wachstum beim Touismus von 5 Prozent zu rechnen ist. Nachdenklich muss llerdings die folgende Einschätzung von Prognos mahen – ich zitiere –: Die gegenwärtige Entwicklung in Deutschland wird dabei von „hausgemachten“ wirtschaftlichen Hemmnissen stärker tangiert als die Entwicklung in den meisten anderen europäischen Staaten, die bereits wieder auf Wachstum eingeschwenkt sind. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Markus Löning [FDP]: Kein Wunder bei der Regierung!)


as war der Grund dafür, dass wir die Große Anfrage
estellt haben. Die Antwort hat uns bestätigt, dass es
ine Menge hausgemachter Probleme gibt. Wenn diese
egierung sie endlich anpackte und löste, dann könnten
ir Zigtausende von zusätzlichen Arbeitsplätzen in
eutschland schaffen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

ei einer Zahl von über 5 Millionen Arbeitslosen ist es
nverständlich, dass es nicht getan wird.
Ich will in der Kürze der Zeit, die mir zur Verfügung

teht, nur ein paar Punkte nennen:
Liberalisierung der Sperrzeiten. Man stelle sich vor,

ei der Fußballweltmeisterschaft 2006 kommt es zum
ndspiel Deutschland gegen Brasilien. In der Halbzeit
ürden bei uns die Bürgersteige hochgeklappt, weil Au-
engastronomie nur bis 22 Uhr möglich ist. Wenn wir
en Slogan „Die Welt zu Gast bei Freunden“ glaubhaft
achen wollen, müssen wir das ändern, und zwar
chnell.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Thema Jugendarbeitslosigkeit. Wir legen Ihnen

eute einen Gesetzentwurf zur Änderung des Jugendar-
eitsschutzgesetzes vor. Es ist völlig realitätsfern, wenn
an heute einem 16- oder 17-Jährigen, der in der Hotel-
nd Gastronomiebranche ausgebildet wird, sagt: Du
usst um 22 Uhr aufhören. – Das ist weltfremd, reali-
ätsfern und führt dazu, dass junge Menschen – Haupt-
chüler, Realschüler – keine Chance auf einen Ausbil-
ungsplatz mehr haben. Deshalb sage ich: Endlich weg
it dieser unsinnigen Regelung! Es sind keine kleinen
7-jährigen Kinder; sie können sehr wohl bis 23 Uhr
der bis Mitternacht arbeiten und haben damit auch eine
hance, einen Ausbildungsplatz zu bekommen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: So ist es!)


Thema Sommerferienregelung. Auch hierzu liegt
eute ein Antrag der FDP-Fraktion vor. Wir müssen da-
in kommen, dass die Sommerferienzeit wieder ausge-
ehnt wird. Es ist der größte Unsinn und schädlich für
en Deutschlandtourismus, die Sommerferien auf solch
inen kurzen Zeitraum zu reduzieren. Das führt dazu,
ass im Juli die Betten leer sind und dass im August al-
s überfüllt und damit teurer ist. Im Sinne einer famili-
nfreundlichen Politik muss man es schaffen, dass der
erienzeitraum wieder auf 90 Tage ausgedehnt wird.






(A) )



(B) )


Ernst Burgbacher


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Mindestens 90 Tage!)


Deshalb bitte ich Sie, unserem Antrag zuzustimmen.
Thema Bürokratieabbau. Wir werden das Thema noch

an anderer Stelle diskutieren. Er ist eine der angesagtes-
ten Maßnahmen.

Etwas ganz Aktuelles: Thema Kerosinbesteuerung.
Es gibt dazu Meldungen. Der Deutsche Bundestag hat
sich für Kerosinbesteuerung ausgesprochen, aber sie soll
in ganz Europa gelten. Alles andere würde nur dazu füh-
ren, dass die Flughäfen und die Luftverkehrsgesellschaf-
ten bei uns vom Markt verdrängt werden. Es wäre ein
Beschäftigungsprogramm für das Ausland. Hören Sie
mit dieser Gespensterdiskussion auf! Machen Sie es eu-
ropaweit oder gar nicht!


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Schließlich ein Thema, das uns jetzt immer wieder

beschäftigt: das Antidiskriminierungsgesetz. Was Sie
mit diesem Horrorszenario vorhaben, ist unglaublich.
Damit wird eine enorme Bürokratie geschaffen. Sie
schränken die Vertragsfreiheit in unerträglicher Weise
ein. Wenn Sie dieses Horrorwerk eines Antidiskriminie-
rungsgesetzes durchpeitschen, dann werden Sie gerade
auch im Tourismus Zigtausende von Arbeitsplätzen aufs
Spiel setzen. Deshalb wird die FDP alles tun, dass das
Antidiskriminierungsgesetz in der von Ihnen vorgeleg-
ten Fassung nicht beschlossen wird.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Wir unterstützen euch dabei!)


Lassen Sie mich zum Schluss den Präsidenten des In-
ternationalen Bustouristikverbandes, Richard Eberhardt,
zitieren, der heute in einem Zeitungsartikel festgestellt
hat:

Was die Menschen hierzulande wirklich brauchen,
um entspannt eine Reise zu buchen, ist private Pla-
nungssicherheit. In besonderem Maße ist dabei
Politik gefordert. Renten müssen berechenbar sein,
Sozialabgaben und Gesundheitsfürsorge auch. Ins-
gesamt brauchen wir ein Klima, das von Optimis-
mus getragen sein muss und nicht von fast täglichen
Negativmeldungen.

Wir wollen mit unseren Initiativen zum Optimismus
beitragen.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516318600

Herr Kollege, bitte.

Ernst Burgbacher (FDP):
Rede ID: ID1516318700

Lassen Sie uns seitens der Politik die Rahmenbedin-

gungen dafür schaffen, dass der Tourismus in diesem
Land zu dem Erfolg wird, der möglich ist!

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516318800

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Anette Faße.

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(C (D Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol egen! Wir haben heute vier Vorlagen zu debattieren, mit enen die Opposition versucht, in der Öffentlichkeit timmung zu machen. Der Kollege Burgbacher hat das ben noch um einige Dauerthemen ergänzt, die wir imer wieder diskutieren, von der Kerosinbesteuerung bis u den Sperrzeiten; hinzu kommt das Antidiskriminieungsgesetz. (Ernst Burgbacher [FDP]: Das ist zentral wichtig!)

Annette Faße (SPD):
Rede ID: ID1516318900

Man kann in diese Debatte eigentlich alles hineinpa-
ken. Ich möchte mich aber auf die Punkte konzentrie-
en, die auf der Tagesordnung stehen, damit wir nicht
auernd alles wiederholen. Denn wir sind bereits in der
ituation, dass wir alte Themen wiederholen.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Weil es nicht besser geworden ist! Weil die Themen von euch nicht abgeräumt werden!)


on der FDP werden keine neuen Forderungen erhoben.
Die vorliegenden Anträge sind reine Showanträge.

ch will das an zwei Beispielen belegen. In dem Antrag
it der Überschrift „Marketing für die Hauptstadt Ber-
in“ machen Sie, meine Damen und Herren von der
DU/CSU, die Regierung für vieles verantwortlich. Zu
nserer Verantwortung soll es jetzt auch gehören – dazu
erden wir aufgefordert –, uns für eine weltweite Be-
usstseinsänderung bei den Besuchern Berlins einzuset-
en.
Ich wiederhole: Wir sollen mit einem Marketing für

ie Stadt Berlin erreichen, dass alle Bürger dieser Welt
it dem Begriff „Hauptstadt der Deutschen“ inhaltlich
esser umgehen. Ich frage mich, wie Sie zu der Behaup-
ung kommen, dass sich die Besucher Berlins nicht da-
über klar sind, dass sie sich in der Hauptstadt Deutsch-
ands, einer bunten, vielfältigen Stadt mit einer großen
eschichte und Kultur, befinden. Ihrem Antrag fehlt
öllig die Basis.


(Beifall bei der SPD – Klaus Brähmig [CDU/ CSU]: Völliger Unfug! Es ist doch eine gute Basis da!)


Der Antrag greift zudem in die Hoheit der Länder ein.
ch habe heute Diskussionen geführt, in denen die Be-
eutung der Länder hervorgehoben wurde; Stichwort:
öderalismus. Sie hingegen fordern eine verstärkte För-
erung der Hauptstadt Berlin auf Bundesebene.
Sie haben die Föderalismuskommission wegen der

uständigkeiten im Kulturbereich scheitern lassen. Aber
etzt fordern Sie Geld von uns. Berlin boomt. Sie fordern
eld von der Regierung für das Marketing einer Stadt,
ie im vergangenen Jahr die meistbesuchte Stadt in
eutschland war.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Es dürfte ja auch die größte Stadt Deutschlands sein!)


ie fordern Geld für das Marketing einer Stadt, die im
ergangenen Jahr die Rekordzahl von 13 Millionen Be-
uchern erreicht hat. Sie fordern Geld für das Marketing






(A) )



(B) )


Annette Faße

einer Stadt, die ein Wachstum der Gästezahl von traum-
haften 16,1 Prozent zu verzeichnen hatte. Ich frage Sie
in diesem Zusammenhang, ob Sie nicht an Realitätsver-
lust leiden.

Zusammenfassend ist festzuhalten: Die Grundan-
nahme entbehrt jeglicher gesicherter und nachvollzieh-
barer Basis. Unsinnige Forderungen können wir nicht
unterstützen. Dafür sind uns die Steuergelder zu schade.
Ich habe mich gefreut, dass die FDP im Ausschuss un-
sere Meinung geteilt hat.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Donnerwetter! Das war aber ein donnernder Applaus! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Das war schwach!)


Nun zum Werk der FDP. Ich greife einen Punkt he-
raus: die Sommerferienregelung, über die wir schon
hundertmal diskutiert haben. Wir haben hier das gleiche
Ziel und haben auf den verschiedensten Ebenen sehr
viele Gespräche geführt.


(Klaus Brähmig [CDU/CSU]: Die haben aber alle nichts genützt!)


In dem Antrag, den Sie heute vorlegen, heißt es:
Der Deutsche Bundestag fordert die Kultusminis-
terkonferenz … auf, die Sommerferienregelung so
zu entzerren, dass sich ein Gesamtferienzeitraum
von 90 Tagen ergibt.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Ja!)

Das Ziel ist zwar richtig, aber der Weg – meine Herren,
das wissen Sie ganz genau – ist falsch;


(Klaus Brähmig [CDU/CSU]: Das kann ja überhaupt nicht sein! – Ernst Hinsken [CDU/ CSU]: Wieso?)


denn der Bundestag wird sich nicht in die Angelegenhei-
ten der Länder einmischen.


(Klaus Brähmig [CDU/CSU]: Quatsch!)

Sie wissen ganz genau, wie sensibel dieses Thema ist.

(Ernst Burgbacher [FDP]: Das haben wir doch alle miteinander schon einmal geschafft!)


Wir haben mithilfe von DTV und BTW und gemeinsam
mit den Ministerpräsidenten und Kultusministern ver-
sucht, den Schaden vom Tourismus abzuwenden. Wir
haben immerhin erreicht, dass die Kultusministerkonfe-
renz die Zeitspanne von ursprünglich 75 Tagen auf
83 Tage erhöht hat.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das ist wahr!)

Das ist zwar keine optimale Lösung, aber ein Teilerfolg.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das ist richtig, Frau Kollegin, Faße! Wo sie Recht hat, hat sie Recht!)


Sie wissen, dass wir nicht par ordre du mufti handeln
können.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Ja, aber das ist ein Widerspruch!)


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(C (D Wenn Sie meinen, dass diese Regelung für unsere ourismuswirtschaft nicht ausreicht – hier unterstütze ch Sie –, dann muss ich Ihnen, meine Herren Hinsken nd Burgbacher, sagen: Sehen Sie sich die Situation in ayern und Baden-Württemberg an; denn diese Länder aben sich in Bezug auf die Sommerferienregelung am perrigsten angestellt. (Klaus Brähmig [CDU/CSU]: Das kann ja überhaupt nicht sein! – Ernst Hinsken [CDU/ CSU]: Der Kollege Brähmig kann das nicht glauben!)


o war es. Daher muss ich sagen: Wenn wir Einfluss
ehmen wollen, dann sollten wir mit diesen Ländern an-
angen. Die Bundesregierung kann das allerdings nicht
nordnen und erst recht kein entsprechendes Gesetz auf
en Weg bringen. Darum sage ich ganz klar: Ihr Antrag
st für mich in höchstem Maße unseriös.


(Beifall bei der SPD – Zuruf von der CDU/ CSU: So etwas gibt es doch gar nicht!)


Nun noch ein paar Worte zur Großen Anfrage der
DP, über die ich sagen muss: Ihr negativer Titel passt
ur FDP und auch zur CDU/CSU.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Also, schlecht ist sie nicht! Es ist eine gute Anfrage! – Ernst Burgbacher [FDP]: Eine Tatsachenfeststellung!)


n ihrer Überschrift heißt es „Probleme des Tourismus“.
ann folgen 108 Fragen. Wenn Sie 108 Fragen stellen
üssen, frage ich mich, was Sie über den Tourismus in
eutschland wissen.


(Markus Löning [FDP]: Das ist aber unverschämt!)


iele der Fragen, die Sie stellen, sind nicht etwa nach
orne gerichtet, sondern rückwärtsgewandt. In der Über-
chrift Ihrer Großen Anfrage sprechen Sie von großen
roblemen, anstatt deutlich zu machen, dass wir es mit
inem boomenden Markt zu tun haben.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Ja, in Europa!)

Bei Übernachtungen ausländischer Gäste ist ein Plus

on 9 Prozent, bei inländischen Ankünften ein Plus von
,1 Prozent zu verzeichnen. Die Gesamtzahl der Über-
achtungen zeigt einen geringen Zuwachs in Höhe von
,2 Prozent. Die Fachpresse spricht von einer Konsoli-
ierung auf hohem Niveau.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das nennt man Stagnation auf niedrigem Niveau! – Zuruf von der SPD: Aha!)


ie Hotellerie verzeichnet ein Plus von 3 Prozent, die
immerauslastung ist um 4,2 Prozent gestiegen.


(Zuruf von der SPD: Prima!)

ie Anzahl der Fluggäste stieg im Vergleich zu 2003 um
5,1 Millionen; das ist ein Plus von 9,3 Prozent. Die
eiseveranstalter rechnen mit einem Plus von 5 Prozent.
eisebüros verzeichnen positive Bilanzen. Bei den Aus-
ildungsplätzen im Tourismus gibt es einen Boom. In






(A) )



(B) )


Annette Faße

der Gastronomie ist das nicht so; das räume ich ein. Aber
auch hier sind die Probleme rückläufig.

Darum, liebe Kolleginnen und Kollegen, sage ich Ih-
nen: Wenn man eine Branche schlechtreden will, dann
fängt man mit einer solchen Überschrift an. Herr Kol-
lege Burgbacher, das haben Sie leider wieder einmal ge-
schafft. Aber Sie sollten einmal die positiven Zahlen in
den Mittelpunkt rücken und nennen.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Das würde ich gern!)


Dann würde man sehen, dass Sie auch positive Bilanzen
akzeptieren; denn mit dem Tourismus in Deutschland
geht es in Richtung Wachstum.

Danke, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516319000

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Klaus Brähmig.


Klaus Brähmig (CDU):
Rede ID: ID1516319100

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und

Herren! Am Vorabend der Internationalen Tourismus-
börse 2005 diskutiert der Deutsche Bundestag über die
Situation der Tourismuswirtschaft. So werden in den
kommenden Tagen in den Hallen unter dem Funkturm
nicht nur die neuesten Trends und Reiseziele durch die
Branche präsentiert. Vielmehr sind wir als Tourismuspo-
litiker dazu aufgefordert, hier im Parlament neben den
Stärken auch die Probleme des Wirtschaftssektors Tou-
rismus am Standort Deutschland zu thematisieren.

Fest steht jedenfalls: Deutschland besitzt als Reiseziel
für Gäste aus nah und fern eine hohe Attraktivität und
die deutsche Bevölkerung ist als Kunde im eigenen Land
und weltweit ein gern gesehener Gast.

Betrachtet man den Tourismusstandort Deutschland,
so kann man aber wahrlich nicht behaupten, den deut-
schen Unternehmen der Branche gehe es blendend. Ge-
rade der Dienstleistungssektor ist aufs Engste mit der
Binnenwirtschaft und der Stimmungslage der Konsu-
menten verbunden. Diese gleicht aber zurzeit eher dem
Zustand einer Depression, ohne dass sich ein Silberstreif
am Horizont abzeichnen würde.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Leider wahr!)

Die rot-grüne Bundesregierung hat die Bevölkerung

unseres Landes nach nur sechseinhalb Jahren Amtszeit
zutiefst verunsichert. Kein einziges ihrer Reformvorha-
ben ist bislang geglückt. Bei einigen ihrer Politikansätze
konnte allerdings dank einer wachsamen Opposition
Schlimmeres verhindert werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Lachen bei der SPD – Renate Gradistanac [SPD]: Da müssen Sie ja selber lachen!)


Meine Damen und Herren, die hohe Arbeitslosigkeit
wirkt weiterhin äußerst dämpfend auf den Binnenkon-
sum und legt sich wie Mehltau über unser Land.

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(C (D (Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Mehltau ist die Opposition!)


ür unser Land sind die hohen Arbeitslosenzahlen und
ie dahinter steckenden Einzelschicksale schlichtweg
ine Katastrophe. So wollen wir zum Beispiel mit dem
Pakt für Deutschland“ erreichen, die rot-grünen Orgien
n zusätzlicher Bürokratie mit ihren enormen Belastun-
en für den deutschen Mittelstand, soweit es geht, abzu-
chwächen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das ist auch dringend erforderlich!)


ass das geplante Antidiskriminierungsgesetz ein Job-
iller ersten Ranges wird, bezweifelt inzwischen doch
ur noch die grüne Bundestagsfraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Auch das stimmt!)


elbst große Teile der SPD wünschen sich heute, man
ätte sich nur auf die Eins-zu-eins-Umsetzung der Vor-
aben der Europäischen Union beschränkt.
Meine Damen und Herren, wenn wir in die USA

chauen und sehen, wie sich der dortige Tourismussektor
ls Jobmotor mit einer enormen binnenwirtschaftlichen
edeutung entwickelt, kann man hierzulande geradezu
eidisch werden. So rechnet beispielsweise die amerika-
ische Gastronomie im kommenden Jahr mit einem Um-
atzwachstum von 4,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

n den letzten Jahren wurden jährlich durchschnittlich
70 000 neue Stellen geschaffen und in den kommenden
ehn Jahren sollen weitere 1,8 Millionen neue Jobs ent-
tehen. Die SPD interessiert das allerdings offensichtlich
icht. Selbst wenn man die unterschiedliche Größe der
änder in Rechnung stellt, ist der Unterschied zu
eutschland eklatant.
Meine Damen und Herren, ich bin fest davon über-

eugt: Wenn wir auf dem deutschen Arbeitsmarkt kurz-
nd mittelfristig etwas Positives bewirken wollen, wird
ies nur durch den Dienstleistungssektor und hier insbe-
ondere durch den Tourismus und das Handwerk gelin-
en.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Harald Leibrecht [FDP])


abei muss unser Hauptaugenmerk der Sicherung der
estehenden Unternehmen gelten. Diese sichern die Ar-
eitsplätze in Deutschland und würden bei besserer Um-
atzsituation und besseren Rahmenbedingungen mehr
eue Arbeitsplätze schaffen.
Die Union hat die Regierung immer wieder eindring-

ich darauf hingewiesen, dass es die tief greifenden
trukturellen Probleme des Arbeitsmarktes und des
achstums sind, die unseren Arbeitsmarkt und damit
nser Land vor riesige Probleme stellen. Auch hier ist
er Tourismussektor als arbeitsintensive Branche mit






(A) )



(B) )


Klaus Brähmig

nicht exportierbaren Arbeitsplätzen in besonderem Maße
betroffen.

Natürlich möchte ich auch auf Positives hinweisen,
damit man der Union nicht vorwerfen kann, sie würde
alles in unserem Land nur schwarz malen. Der Anteil der
ausländischen Gäste, die im vergangenen Jahr
Deutschland besucht haben, war so groß wie nie zuvor in
der Geschichte. Dies ist für unser weltoffenes und tole-
rantes Land ein großer Erfolg. Unsere Deutsche Zen-
trale für Tourismus hat hieran einen sehr großen An-
teil.

Jedoch muss immer wieder betont werden, dass
Deutschland noch immer ein Defizit in der touristischen
Außenhandelsbilanz von fast 40 Milliarden Euro hat.
58 Milliarden Euro gaben die Deutschen im Jahr 2004
während ihrer Reisen im Ausland aus; nur rund
21 Milliarden Euro wurden von ausländischen Gästen
bei uns im Land eingenommen.

Wie gelingt uns der Ausgleich? Erstens durch eine
Stärkung des Binnentourismus, zweitens durch eine Er-
höhung des Anteils ausländischer und kaufkraftstarker
Gäste, die unser Land besuchen, und drittens durch die
Ausstattung der DZT mit einem höheren Budget.


(Beifall bei der CDU/CSU – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Richtige Ansätze!)


Meine Damen und Herren, die Union hat hier immer
wieder Anträge auf Erhöhung des Budgets gestellt, die
leider im Fachausschuss abgebügelt wurden. Bei Besu-
chen und Gesprächen in Auslandsvertretungen der DZT
haben wir wiederholt festgestellt, dass deren Einspar-
potenzial beinahe ausgeschöpft ist. Mit einem zusätzli-
chen Marketingbudget von bis zu 5 Millionen Euro
könnte im Ausland eine große Werbewirkung erzielt
werden.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das ist wohl wahr!)


Die Bundesregierung investiert aber lieber in kostspie-
lige Kampagnen des Bundespresseamtes, die in der Be-
völkerung schon lange keine Resonanz mehr hervorru-
fen.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Ja, Gott sei Dank!)


Meine Damen und Herren, zur Budgeterhöhung gibt es
keine Alternative: Denn wir müssen die traditionellen
Märkte pflegen und die Erschließung neuer Märkte vo-
rantreiben; ich denke hier vor allem an die Vereinigten
Arabischen Emirate, an Indien, an China, an Osteuropa
und natürlich an Russland. Das Gebot der Stunde ist, bei
Inlandswerbung und Auslandswerbung die Kräfte zu
bündeln. Unser Nachbar Schweiz geht hier mit gutem
Beispiel und großem Erfolg voran.


(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms)


Lassen Sie mich zum Abschluss auf einen einzigen
Punkt des vorliegenden Berlin-Antrags eingehen, liebe
Kollegin Faße, nämlich den Wiederaufbau des
Berliner Stadtschlosses. Warum soll in der Hauptstadt

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(C (D icht etwas gelingen, was in Dresden mit der Frauenirchen-Bürgerinitiative um Professor Ludwig Güttler so rfolgreich gelungen ist? Für die Attraktivität der Haupttadt als Tourismusdestination wäre ein wieder errichtees Stadtschloss im Herzen Berlins ein großes Plus. eine Damen und Herren, wir dürfen nicht zulassen, ass das Know-how vom Wiederaufbau der Frauenirche in Dresden keine weitere Anwendung findet. ein, die Baustelle, die im Herbst in Dresden erfolgreich bgeschlossen wird, muss spätestens im Frühjahr 2006 uf dem Berliner Schlossplatz ihre Neuauflage finden. Sie sehen: Für die Sicherung des Tourismusstandorts eutschland gibt es noch viel zu tun. Lassen Sie uns geeinsam und zügig darangehen, die richtigen Rahmenedingungen für die Branche zu schaffen! Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Gute Rede!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516319200

Das Wort hat die Kollegin Undine Kurth von
ündnis 90/Die Grünen.

Undine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/DIE
RÜNEN):
Sehr geehrter Präsident! Liebe Kolleginnen und Kol-

egen! Sehr geehrte Gäste auf den Rängen! Wir reden
eute hier, wie das schon mehrfach gesagt worden ist,
ber vier Punkte: erstens über eine Große Anfrage der
DP mit dem in meinen Augen schon etwas sonderbaren
itel „Probleme des Tourismus in Deutschland trotz des
eltweiten Aufschwungs dieser Zukunftsbranche“.
ann fehlt irgendwie ein Wort: „benennen“, „zusam-
enstellen“, „ändern“? Zweitens reden wir über einen
esetzentwurf zur Änderung des Jugendarbeitsschutzge-
etzes, auch von der FDP-Fraktion; drittens über einen
ntrag zur Sommerferienregelung, wiederum von der
DP-Fraktion, und viertens über einen Antrag der
nion, die der Meinung ist, dass die Bundesregierung
as Marketing für die Hauptstadt Berlin in die Hand neh-
en sollte.
Das alles soll Ihrer Meinung nach dem Tourismus

elfen. Ob das so ist, darüber kann man ganz sicher strei-
en. Auf jeden Fall gibt es uns die Gelegenheit, über den
ichtigen Wirtschaftsfaktor Tourismus und über die
edeutung der Tourismuswirtschaft für die Arbeitsplätze
n Deutschland zu reden. Das kann man gar nicht oft ge-
ug machen, finde ich. Das ist das Gute an Ihren Anträ-
en: Wir führen wieder einmal eine Debatte über die Be-
eutung der Tourismuspolitik. Damit hört es aber auch
chon fast auf.


(Renate Gradistanac [SPD]: Ja, damit hört es schon auf!)


enn ich frage mich: Hilft es der Tourismuswirtschaft
irklich, wenn wir über Öffnungszeiten von Biergärten
eden?


(Markus Löning [FDP]: Natürlich!)







(A) )



(B) )


Undine Kurth (Quedlinburg)


Wir wissen doch genau: Das wird vor Ort entschieden.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


Hilft es der Tourismuswirtschaft, wenn wir über Verän-
derungen im Jugendarbeitsschutzgesetz reden, Verände-
rungen, über die letztendlich die Tarifpartner entschei-
den? Ich denke, meine Kollegin Renate Gradistanac
wird noch etwas dazu sagen. Hilft es der Tourismuswirt-
schaft, wenn Sie verminderte Mehrwertsteuersätze ein-
fordern, obwohl uns eine ganz sicher nicht rot-grüne
Europäische Kommission als Ergebnis eines Experimen-
tes dargelegt hat, dass dadurch weder mehr Arbeitsplätze
entstehen, noch Schwarzarbeit zurückgedrängt wird?
Wozu immer wieder diesen Popanz bemühen? Und was
den Antrag zur Sommerferienregelung angeht, da sind
wir doch alle einer Meinung, Herr Burgbacher; das wis-
sen wir doch. Aber es ist nicht unsere Sache – die KMK
entscheidet.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Sie wissen doch, wir haben das erkämpft! Sie waren doch mit dabei! Tun Sie Gutes und reden Sie darüber, verehrte Frau Kollegin!)


– Sicher, wir können der KMK zum x-ten Male sagen,
dass sie das ändern soll, und werden das auch tun.

Ich glaube, wir können die heutige Debatte zumindest
als eine Art Zwischenbilanz rot-grüner Tourismuspolitik
begreifen. Ich finde es gut, dass wir darüber noch einmal
reden können. Dann sollten wir aber auch über positive
Dinge reden, zum Beispiel über die Entwicklung in
Ostdeutschland. Herr Brähmig, dazu hätten Sie doch
auch etwas sagen können – wir beide kommen aus
Ostdeutschland –: Dort hat der Tourismus unglaublich
viel Positives geleistet.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Sorgenkind, was die Arbeitslosigkeit angeht, ist der Os-
ten oft. Aber Ostdeutschland konnte zum Beispiel im
Zeitraum von 1992 bis 2003 seinen Anteil an der Ge-
samtzahl der Übernachtungen in Deutschland von
10,1 auf 20,2 Prozent verdoppeln; das ist eine gute
Bilanz. Von den rund 2,5 Millionen Gästebetten in
Deutschland entfallen inzwischen 22 Prozent auf Ost-
deutschland. Auch das ist keine schlechte Bilanz.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Es könnte aber noch mehr sein!)


In Sachsen-Anhalt werden heute 45 000 Arbeitsplätze
durch die Tourismuswirtschaft gesichert.


(Klaus Brähmig [CDU/CSU]: Das hat kein Mensch bezweifelt!)


1992 waren es noch 32 000. In Mecklenburg-Vorpom-
mern ist jeder sechste Arbeitsplatz durch die Tourismus-
wirtschaft gesichert.


(Kurt Segner [CDU/CSU]: Sehr gut! – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Ich war im letzten Jahr auch dort!)


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(C (D ch denke, Sie könnten auch mal sagen, dass die Förderolitik etwas Positives für den Tourismus bewirkt. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Die „Mitteldeutsche Zeitung“ – ich weiß nicht, wer
on Ihnen sie kennt; sie ist mit Sicherheit keine Zeitung,
er man eine ganz besondere Nähe zu Rot-Grün unter-
tellen muss – hat vor wenigen Tagen, am 22. Februar
005, getitelt: „Sachsen-Anhalt legt die beste Touris-
usbilanz seit 1990 vor“.


(Markus Löning [FDP]: Kein Wunder bei der Regierung dort!)


an sieht also: Die in den Tourismus investierten För-
ergelder rechnen sich. Ich denke, das ist ein Grund, da-
über zu reden.
Ich komme nun zu einem zweiten Punkt, den ich

erne noch ansprechen möchte, nämlich zur Barriere-
reiheit. Wir alle reden immer wieder darüber, dass wir
ie zum Qualitätsmerkmal des Deutschlandtourismus
achen wollen.


(Beifall der Abg. Renate Gradistanac [SPD])

ir sagen, die Barrierefreiheit ist ein ganz wichtiger As-
ekt. Meine Herren auf der rechten Seite des Hauses – es
aben ja nur Herren geredet –: Wie steht Ihre Aussage
um Antidiskriminierungsgesetz dazu? Gerade wir, die
ir uns mit dem Tourismus beschäftigen, wissen doch,
ie viel Diskriminierung es noch gibt und wie wichtig
eeignete Maßnahmen wären.

(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Dann fragen Sie mal die Gastronomen, wie sie dazu stehen!)

Genau, es gibt leider immer noch Gastronomen, die sa-
en: Sie dürfen nicht mit dem Rollstuhl hinein, Sie dür-
en nicht mit Ihrem Blindenhund hinein und eine Gruppe
on Behinderten wollen wir hier schon gar nicht haben.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Das haben wir doch schon längst gesetzlich geregelt!)


enau das ist doch mit ein Grund, für ein Antidiskri-
inierungsgesetz zu stimmen, wenn man es mit dem
arrierefreien Tourismus ernst meint.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Da meine Redezeit zu Ende ist

(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Schade!)


nd ich natürlich nicht überziehen möchte, Herr Präsi-
ent, möchte ich zum Schluss nur noch sagen: Es gibt
anz gewiss eine Menge zu tun; das wissen wir.


(Markus Löning [FDP]: Dann fangen Sie doch endlich mal an!)


ir wollen das auch tun. Ich glaube aber, dass es klüger
t, wirklich darüber nachzudenken, womit wir dem Tou-
ismus erstens in der öffentlichen Wahrnehmung und
weitens in der politischen Diskussion helfen können,
nstatt sich an der Wein- oder Biersteuer und Ähnlichem
estzubeißen.






(A) )



(B) )


Undine Kurth (Quedlinburg)



(Markus Löning [FDP]: Sie sind doch seit über sechs Jahren an der Regierung!)

Es ist eine Menge Gutes passiert, aber natürlich müssen
wir weitermachen und weiter dafür werben. Niemand ist
wirklich jemals fertig, aber man muss die Dinge tun, die
auch wirklich nützlich sind.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Markus Löning [FDP]: Doch, Sie sind fix und fertig!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516319300

Das Wort hat der Kollege Ernst Hinsken von der

CDU/CSU.

(Kurt Segner [CDU/CSU]: Guter Mann! – Zuruf von der SPD: Bleib anständig, sonst darfst du nicht mit auf die ITB!)



Ernst Hinsken (CSU):
Rede ID: ID1516319400

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Es ist heute Abend schon mehrmals gesagt worden, dass
morgen die Internationale Tourismus-Börse beginnt.
10 000 Aussteller aus 180 Ländern auf der einen Seite
und viele Tausend Besucher auf der anderen Seite wer-
den erwartet. Das Schönste ist: Deutschland ist der Aus-
richter der diesjährigen Internationalen Tourismus-
Börse.


(Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Trotz Rot-Grün – das ist ja erschreckend! – Annette Faße [SPD]: Der Kanzler eröffnet sie!)


Wir haben die Möglichkeit, unser Land als weltoffenes,
gastfreundliches und interessantes Land besonders he-
rauszustellen. Diese Chance wird sicherlich genutzt wer-
den.


(Beifall im ganzen Hause)

So weit zur schönen Seite, dem Beginn der Internatio-

nalen Tourismus-Börse. Wir sind heute aber hier im
Plenum versammelt, um die Tourismuspolitik unter die
Lupe zu nehmen. Dort liegt vieles im Argen. Meine Vor-
redner, Kollegen Brähmig und Burgbacher, haben be-
reits darauf verwiesen. Verehrte Frau Kollegin Faße, es
darf uns einfach nicht entgehen, dass die Tourismuswirt-
schaft in der Bundesrepublik Deutschland stagniert.


(Klaus Brähmig [CDU/CSU]: So ist das!)

Im Jahre 2002 hatten wir in Deutschland 338,2 Mil-
lionen Übernachtungen, ein Jahr später waren es
338,5 Millionen und wieder ein Jahr später waren es
338,8 Millionen.


(Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist die abschreckende Wirkung der Opposition!)


Diese Zahlen sind in erster Linie darauf zurückzufüh-
ren, dass die Quote der Ausländer, die zu uns gekommen
sind, um Urlaub zu machen, Gott sei Dank um 9 Prozent
gestiegen ist. Währenddessen ist es für den Inländer

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(C (D berhaupt nicht mehr möglich, so oft in den Urlaub zu ahren, wie er gerne möchte bzw. wie er es früher getan at. Warum? Das liegt daran, dass die Wirtschaft staniert und die Leute Angst um ihren Arbeitsplatz haben. ie haben nicht mehr das Geld, das sie brauchen, um eiigermaßen über die Runden zu kommen. (Kurt Segner [CDU/CSU]: Wo er Recht hat, hat er Recht! – Zurufe von der SPD)


ie sagen sich: Wer weiß, was den Rot-Grünen noch al-
s einfällt, ich muss das Geld sparen. – Die Sparquote
egt bei uns bei 10,7 Prozent, in den USA liegt sie zum
eispiel bei nur 1,5 Prozent. Warum? Die Leute haben
ngst vor den Schreckgespenstern, die von Ihnen noch
ommen können.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Der Vorschlag der FDP, das Jugendarbeitsschutz-

esetz zu ändern, findet, lieber Kollege Burgbacher, un-
ere volle Unterstützung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

arum? Weil er in die richtige Richtung geht. Es ist
och ein Ding der Unmöglichkeit, zu sagen, einem über
6-Jährigen sei es nicht zuzumuten, bis 23 Uhr zu arbei-
n, noch dazu, wenn er einen Tag vor dem Berufsschul-
g spätestens um 21 Uhr nach Hause gehen darf.


(Klaus Brähmig [CDU/CSU]: Das gehört so schnell wie möglich abgeschafft!)


eine Damen und Herren, haben Sie denn übersehen,
ass gerade Hotellerie und Gastronomie diejenigen wa-
en, die im letzten Jahr 6 Prozent mehr Arbeits- und
usbildungsplätze geschaffen haben? Das ist doch eine
roßartige Sache.


(Gabriele Hiller-Ohm [SPD]: Ja, trotz dieser Regelung!)


Sie würden noch viel mehr Ausbildungsplätze schaf-
en, wenn sie nicht diesen bürokratischen Hemmnissen
nterworfen wären.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

as spricht eine eindeutige Sprache. Angesichts dieser
uwachsraten und angesichts der Tatsache, dass in Ho-
ellerie und Gastronomie schon 94 000 Auszubildende
eschäftigt sind, will ich all denjenigen Danke sagen, die
ereit sind, unserer Forderung nach mehr Ausbildungs-
lätzen nachzukommen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Eine Möglichkeit, für weitere Zuwachsraten zu sor-
en, wäre, die Sommerferienregelung zu ändern. Jeder
usätzliche Tag würde 1 Million mehr Übernachtungen
ringen. Jede Übernachtung bringt im Schnitt 70 Euro
in. Rechnen Sie sich einmal aus, was sich hier der Staat
urch die Lappen gehen lässt, nur weil wir nicht in der
age sind, in dieser Hinsicht eine vernünftige Regelung
u finden!


(Zuruf von der SPD: Schönen Gruß an Herrn Stoiber!)







(A) )



(B) )


Ernst Hinsken

Da sind nicht nur die Kultusminister der Länder, sondern
auch wir als Tourismuspolitiker gefordert, neben der Bil-
dungspolitik vor allen Dingen die Tourismuspolitik im
Auge zu behalten und dabei nicht nur durch die bil-
dungspolitische, sondern auch durch die ökonomische
Brille zu sehen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Ich meine, dass Hotellerie und Gastronomie vor allen

Dingen durch die enorme Bürokratie belastet werden.
In den letzten Jahren wurden zwar 700 Verordnungen
abgeschafft, aber mehr als 1 700 neue Verordnungen er-
lassen. Damit ist niemandem geholfen; das passt doch
nicht zusammen.


(Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was haben Sie da gezählt? Was meinen Sie?)


Sie haben zum Beispiel den Rechtsanspruch auf Teilzeit-
arbeit per Gesetz durchgesetzt. Was ist das Ergebnis?
Ein Minus von 250 000 Arbeitsplätzen in der Bundes-
republik Deutschland! Jetzt kommen Sie mit den ver-
heerenden Änderungen bei der Umsetzung des Anti-
diskriminierungsgesetzes, das überhaupt niemand mehr
versteht. Reden Sie einmal mit den betroffenen Unter-
nehmern vor Ort! Sie haben einen Horror vor dem, was
ihnen tagtäglich an Neuem geboten wird.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Peter Hettlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil sie das Gesetz nicht gelesen haben!)


Das ist nicht die Politik, die die Bundesrepublik
Deutschland und vor allen Dingen die Tourismusbranche
braucht. Deutschland ist wahrlich ein schönes Land.
Deutschland ist ein kulturell reiches Land. Deutschland
verdient es, dass viele Touristen zu Besuch kommen.
Wir waren letzte Woche bei unserer verehrten Kollegin
Frau Falk in Xanten und haben dort festgestellt, dass
Deutschland nicht nur in Bayern und im Osten, sondern
zum Beispiel auch im Westen schön und durchaus berei-
senswert ist.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich meine, dieses Erlebnis sollte allen gegönnt wer-

den. Wir sind aufgefordert, hier tätig zu werden und vor
allen Dingen Rahmenbedingungen zu schaffen, damit es
unserer Tourismuswirtschaft in der Bundesrepublik
Deutschland wieder besser geht. Ihr Versagen muss an-
geprangert und abgestellt werden. Dafür werden wir sor-
gen.


(Klaus Brähmig [CDU/CSU]: Ein Jahr noch!)

Das dauert zwar noch ein bisschen, aber spätestens im
nächsten Jahr sitzen wir auf der Regierungsbank und
werden die notwendigen Weichenstellungen vornehmen.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516319500

Das Wort hat jetzt die Kollegin Renate Gradistanac

von der SPD-Fraktion.

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(C (D Guten Abend, Herr Präsident, meine sehr verehrten amen und Herren! Am 2. April 2003 haben Sie, Herr urgbacher, mit Ihrer FDP-Fraktion einen Antrag auf iberalisierung des Jugendarbeitsschutzgesetzes gestellt. amals haben Sie gefordert, dass jugendliche Auszubilende über 16 Jahre bis 24 Uhr arbeiten dürfen. In dem eute zu beratenden Antrag vom 10. März 2004, also twa ein Jahr später, fordern Sie erneut eine Anhebung er Arbeitszeit, dieses Mal bis 23 Uhr. (Ernst Burgbacher [FDP]: Wir hoffen, dass Sie einmal zustimmen werden!)

Renate Gradistanac (SPD):
Rede ID: ID1516319600

(Beifall des Abg. Markus Löning [FDP])


ch nehme zur Kenntnis, werte Kolleginnen und Kolle-
en, dass Sie ein wenig dazugelernt haben.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Nein, wir wollen nur eure Zustimmung! – Markus Löning [FDP]: Sie haben nichts dazugelernt!)


emeinsam mit dem DEHOGA bewegen Sie sich in die
ichtige Richtung, nämlich in die Richtung des bestehen-
en guten Jugendarbeitsschutzes.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wenn Sie schon meinen, Ihre bereits abgelehnten An-
räge noch einmal in den Deutschen Bundestag einbrin-
en zu müssen, dann habe ich eine große Bitte: Schrei-
en Sie doch nicht Ihre alten Anträge einfach ab. Lassen
ie sich neue und vor allem gute Argumente einfallen.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Wenn ihr das umsetzt, brauchen die keinen Antrag mehr zu formulieren!)


alter Kaffee wird nicht dadurch besser, dass man ihn
mmer wieder aufwärmt. Damals wie heute behaupten
ie, es gehe Ihnen darum,


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Frau Gradistanac, da hat man Ihnen etwas Falsches aufgeschrieben!)


ie Aussichten der meist unter 18-jährigen Haupt- und
ealschüler auf eine Ausbildung im Gaststätten-
ewerbe zu verbessern. Sie sehen damals wie heute eine
evorzugung der Abiturientinnen und Abiturienten bei
er Bereitstellung von Ausbildungsplätzen, da diese in
er Regel über 18 Jahre sind. Dieses Argument ist
chlichtweg falsch. Die Antwort der Bundesregierung
om 14. Juni 2004 auf Ihre Große Anfrage zeigt dies
indrücklich anhand der amtlichen Statistik.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Eben nicht!)

er Anteil der Auszubildenden mit Hochschulreife – Sie
aben das sicher gelesen – im Gastgewerbe ist gesunken.
bsolut gestiegen – das haben wir schon lobend be-
erkt – ist allerdings die Zahl der jugendlichen Auszu-
ildenden.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Aber nicht wegen euch!)







(A) )



(B) )


Renate Gradistanac

In der Realität ist das Gastgewerbe nach wie vor also die
Branche, in der gerade jugendliche Haupt- und Real-
schüler gute Ausbildungsperspektiven haben.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Weil ihr sie zwei bis drei Jahre sinnlos parkt!)


Meine Damen und Herren von der Opposition, mein
Anliegen ist: Übernehmen Sie doch nicht immer unre-
flektiert die Forderungen der Wirtschaft, in diesem Fall
des DEHOGA.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das sind aber gute Zahlen von denen!)


Tatsache ist, dass das Jugendarbeitsschutzgesetz be-
reits heute den Anforderungen des Gastgewerbes nach-
kommt. Normalerweise dürfen Jugendliche bis 20 Uhr
arbeiten, im Gastgewerbe ist dies für Auszubildende ab
16 Jahren bis 22 Uhr möglich, wenn ein Schichtbetrieb
vorhanden ist, bis 23 Uhr. Das Jugendarbeitsschutzge-
setz ist für uns jedenfalls ein Schutzgesetz. Entsprechend
ihrem Entwicklungsstand schützt es junge Menschen vor
Überforderung,


(Ernst Burgbacher [FDP]: Verhinderungsgesetz!)


Überbeanspruchung und Gefahren am Arbeitsplatz. Hö-
ren Sie endlich auf, von Bürokratieabbau zu reden, wenn
Sie eigentlich den Abbau von Schutzbestimmungen und
Rechten von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern
meinen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Abg. Ernst Hinsken [CDU/ CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


– Du brauchst dich gar nicht aufzustellen, ich sage eh
Nein.


(Heiterkeit – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: So eine Feigheit!)


Meine SPD-Fraktion und ich halten es mit Harry
Belafonte, der sagt: Rühre nie an einer Grundidee, wenn
sie Qualität besitzt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516319700

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent-

wurfs auf Drucksache 15/2664 an die in der Tagesord-
nung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es
dazu anderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall.
Dann ist die Überweisung so beschlossen.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus-
schusses für Tourismus auf Drucksache 15/4121 zu dem
Antrag der FDP-Fraktion mit dem Titel „Sommerferien-
regelung verbraucherfreundlicher gestalten – Gesamtfe-
rienzeitraum auf 90 Tage ausdehnen“. Der Ausschuss
empfiehlt, den Antrag auf Drucksache 15/3102 abzuleh-
nen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer

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(C (D timmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die Beschlussmpfehlung ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktioen gegen die Stimmen der CDU/CSU-Fraktion und der DP-Fraktion angenommen. Beschlussempfehlung des Ausschusses für Tourismus uf Drucksache 15/5014 zu dem Antrag der Fraktion der DU/CSU mit dem Titel „Marketing für die Hauptstadt erlin“. Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf rucksache 15/3491 abzulehnen. Wer stimmt für diese eschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Entaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimen der Koalitionsfraktionen und der FDP-Fraktion geen die Stimmen der CDU/CSU-Fraktion angenommen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 10 auf: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Statistikregistergesetzes und sonstiger Statistikgesetze – Drucksache 15/4696 – Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit – Drucksache 15/4955 – Berichterstattung: Abgeordneter Alexander Dobrindt Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre einen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile als erster Red erin das Wort der Kollegin Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk on der SPD-Fraktion. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! eine Damen und Herren! Das heute zur Verabschieung stehende Gesetz zur Änderung des Statistikregisergesetzes steht in einer Reihe von Gesetzen und Maßahmen (Ilse Falk [CDU/CSU]: Zur Vermehrung der Bürokratie!)


(Erste Beratung 154. Sitzung)

Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk (SPD):
Rede ID: ID1516319800

ur Verbesserung der amtlichen Statistik in Deutschland.
ch weiß, Statistik ist kein besonders beliebtes Thema.
ie steht eher in dem Ruf, eine Belästigung der Bürge-
innen und Bürger und Unternehmen darzustellen. Lei-
er wird das auch von Verantwortlichen, insbesondere
on der Opposition, noch unterstützt.


(Ilse Falk [CDU/CSU]: Immer dann, wenn es mit Bürokratie verbunden ist!)


Dabei ist nicht nur unter den Herstellern, sondern
uch unter den Nutzern amtlicher Statistiken und Daten
nbestritten, dass sie ein Schlüsselelement in Wirtschaft
nd Gesellschaft darstellen. Diejenigen, die diese Daten
utzen, wissen ihren Wert einzuschätzen. Die Nachfra-
en nach Daten der amtlichen Statistik, so der Präsident






(A) )



(B) )


Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk

des Statistischen Bundesamtes, Professor Hahlen, hat la-
winenartig zugenommen.

Deswegen sage ich allen Vorurteilen zum Trotz: Eine
zuverlässige Datenbasis und die Fülle der von ihr zu er-
haltenden Informationen sind für die Beurteilung des
wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandels wichtig.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Nur mit ihrer Hilfe können Ökonomen und Gesell-
schaftswissenschaftler in Unternehmen, Wissenschaft
und Verwaltung Analysen ausarbeiten, die für rationale
Entscheidungen unentbehrlich sind. Das weiß übrigens
niemand besser als die Unternehmen, die Konsumgüter
herstellen; aber auch Banken und Versicherungen ken-
nen die Vorteile. Sie alle legen Wert auf diese Statistiken.

Auf dem viel zitierten Weg in die Wissens- und Infor-
mationsgesellschaft sind aussagekräftige und verläss-
liche Daten ohnehin ein wesentliches strategisches Ele-
ment: Sie sind der Rohstoff, ohne den ihr das Fundament
entzogen wäre. Fehlen nämlich zuverlässige Daten und
Informationen, kommt es zu einer erheblichen Unsicher-
heit. Das kann für alle, die Entscheidungen fällen, sehr
teuer, ja katastrophal werden. Wenn Sie sich über den
Wert von Daten und Informationen informieren wollen,
empfehle ich Ihnen eine berühmte Schrift aus dem ver-
gangenen Jahrhundert: Clausewitz hat auf den Wert von
Informationen für strategische Entscheidungen deutlich
hingewiesen.

Wir sollten nie vergessen, dass nicht nur Wirtschaft
und Staat ein Interesse an amtlicher Statistik haben. In
einem demokratischen Staat ist eine allgemein zugängli-
che Informationsquelle ein öffentliches Gut: Sie ist zu-
verlässig und vertrauenswürdig, die Nutzung ist grund-
sätzlich kostenlos für jeden Bürger, jedes Unternehmen,
die Gewerkschaften, die Zivilgesellschaft und die Wis-
senschaft.

Die Erhebung der Daten ist natürlich nicht kostenlos,
weder für die befragten Bürger und Unternehmen noch
für den erhebenden Staat. Deswegen müssen Statistiken
möglichst effizient und unbürokratisch ermittelt und die
Befragten so wenig wie möglich belastet werden. Die
Erhebung der Daten muss sich auch an den Bedürfnissen
der Nutzer orientieren, das heißt, sie muss aktuell und
zuverlässig sein und sich hinsichtlich Umfang und Fra-
gestellungen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen
Veränderungen kontinuierlich anpassen.

Fast zwei Jahrzehnte lang hat man diese Zusammen-
hänge in der deutschen Politik gröblich vernachlässigt.
Die deutsche Statistik war, was die Aktualität betrifft,
weit hinter die USA und viele europäischen Länder zu-
rückgefallen. Seit dem Europäischen Aktionsplan, der
am 29. September 2000 beschlossen wurde, wird das
nun erfreulicherweise, kräftig unterstützt von der Bun-
desregierung, systematisch nachgeholt. So wurde im
Jahre 2003 zum Beispiel ein wichtiger Schritt hin zu ei-
ner effektiveren Nutzung vorhandenen Datenmaterials
getan. Primärerhebungen können so vermieden und Un-
ternehmen entlastet werden.

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(C (D Mit dem heute zu verabschiedenden Gesetz wird die tatistikinterne Verknüpfung von Daten wesentlich verinfacht, wird der Kommunalstatistik als Ersatz für die ntfallende Arbeitsstättenzählung Zugang zu ausgewählen Daten des Statistikregisters gewährt, werden Daten us dem Unternehmensregister und Verwaltungsdaten das ist für das Handwerk besonders wichtig; damit ommen wir einem besonderen Wunsch des Zentralverandes des Deutschen Handwerks nach; wo ist denn der err Kollege Hinsken? – nun auch wieder für das zulasungsfreie Handwerk statistisch ausgewertet, wird eine essere Zusammenarbeit der statistischen Ämter ermögicht und wird vor allem die Arbeit der Forschungsdatenentren gerade aus Sicht der Datenschützer besser rechtich abgesichert. Schließlich wird die Aufstockung des tichprobenumfangs auf 20 000 Einheiten zur unentehrlichen Verbesserung der freiwilligen Erhebungen eröglicht. Auch die Änderung der Zusammensetzung des tatistischen Beirats ist angemessen und im Grunde berfällig; denn Eurostat, die Umweltverbände und ein eiterer Vertreter der Wissenschaft können die Qualiätssicherung und die Fortentwicklung der amtlichen Inormationsbasis nur günstig beeinflussen. Zusammengenommen ist der Gesetzentwurf gemein am mit den Ergänzungen durch die Koalitionsfraktioen und – das möchte ich betonen – unter weitgehender erücksichtigung der Empfehlungen des Bundesrates in weiterer Schritt in die richtige Richtung innerhalb es oft schwierigen föderalistischen Systems in Deutschand. (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Hört! Hört! Dann kann die CDU/CSU nicht zustimmen!)


Ich kann es ebenfalls nicht verstehen; denn die meisten
orschläge des Bundesrates sind ja aufgenommen wor-
en, außer einigen Petitessen.
Wer in Statistik – das sage ich Ihnen nachdrücklich –

ur Erbsenzählerei auf Kosten des Steuerzahlers sowie
ine Belastung für Bürger und Unternehmen sieht, dem
ei zugerufen: Wissen und Information sind in einer mo-
ernen Produktions- und Dienstleistungsgesellschaft, die
m internationalen Wettbewerb steht, keine Belästigung,
ondern ein strategisches Gut, ein Produktionsfaktor,
essen Nutzen für unser Land seine Kosten bei weitem
bertrifft.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516319900

Das Wort hat der Kollege Alexander Dobrindt von der
DU/CSU-Fraktion.


Alexander Dobrindt (CSU):
Rede ID: ID1516320000

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe
olleginnen und Kollegen! Wir beraten über den Ent-
urf eines Statistikgesetzes, das laut Drucksache zur
ermeidung neuer statistischer Erhebungen durch eine
ffizientere Nutzung bereits vorhandener Daten beitra-
en soll. Es handelt sich also eigentlich um ein Bürokra-






(A) )



(B) )


Alexander Dobrindt

tieabbaugesetz. Aber leider steht das so nicht drin. Es ist
vielmehr ein klassisches Mehr-Bürokratie-Gesetz, das
im Ergebnis dazu beiträgt, dass mehr Lasten auf den
Mittelstand verteilt werden, dass mehr Kosten vom Mit-
telstand zu tragen sind und dass wieder weniger Freiheit
anstatt mehr Freiheit bei den Unternehmen ankommt.

Wie kann man das sonst verstehen? Mit der Novellie-
rung der Handwerksordnung, Ihrem Frontalangriff auf
das deutsche Handwerk 2003, wollten Sie die Zahl der in
der Anlage A aufgeführten zulassungspflichtigen Ge-
werbe von 94 auf 29 verringern. Wir haben durch unser
massives Dagegenhalten dafür gesorgt, dass 90 Prozent
aller Betriebe das Meisterprivileg erhalten. Nun stellen
Sie fest, dass die nicht mehr in der Anlage A befindli-
chen Betriebe im Statistikregistergesetz nicht mehr er-
fasst sind. Sofort stellen Sie die Forderung auf, dass eine
statistische Erfassung sein muss. Dazu wird der Versuch
unternommen, ein Bürokratieabbaugesetz zur Einfüh-
rung zusätzlicher Statistikpflichten zu missbrauchen. Sie
haben zwar den Unternehmen die Privilegien genom-
men, wollen aber bei den Pflichten immer wieder drauf-
satteln. Da machen wir nicht mit. Wir wollen die Mittel-
ständler von bürokratischen Gängeleien entlasten. Dazu
gehört, dass wir weniger Statistiken von den Unterneh-
men einfordern.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516320100

Herr Kollege Dobrindt, erlauben Sie eine Zwischen-

frage der Kollegin Skarpelis-Sperk?


Alexander Dobrindt (CSU):
Rede ID: ID1516320200

Gerne.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516320300

Bitte schön, Frau Kollegin.


Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk (SPD):
Rede ID: ID1516320400

Herr Kollege, ist Ihnen bekannt, dass die von Ihnen

beklagte Belastung der Unternehmen, diese statistische
Ergänzung, ausgerechnet vom Zentralverband des Deut-
schen Handwerks ausdrücklich gewünscht wurde?


Alexander Dobrindt (CSU):
Rede ID: ID1516320500

Liebe Frau Kollegin Skarpelis-Sperk, genau das ist

vielleicht Ihr Problem. Sie können sich in den Cham-
pagneretagen mit den Kollegen aus dem ZDH und
sonstwo unterhalten.


(Lachen bei der SPD)

Gehen Sie doch bitte einmal in Ihren Wahlkreis! Reden
Sie mit den Handwerkern vor Ort und fragen Sie die, wie
sie zu den statistischen Erfassungen stehen! Dann wer-
den Sie sehen, wie die Menschen das wirklich sehen.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das ist zitierfähig!)


– Das ist zitierfähig.



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(C (D (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das sagen wir Herrn Kentzler!)


Das dürfen Sie gerne zitieren.
Es wäre auf jeden Fall sinnvoller, die zulassungs-

flichtigen wie auch die zulassungsfreien Gewerbe von
er kompletten Statistik zu befreien. Wenn Sie schon
tatistische Aufgaben verlangen, dann sollten Sie die
uskunft begehrende Stelle auch entsprechend bezahlen
assen. Offensichtlich kann man den Drang nach Erhe-
ungen nicht anders eindämmen.
Frau Skarpelis-Sperk, weil Sie nicht wahrhaben wol-

en, dass Ihr Gesetz zu zusätzlichen Belastungen und
ehr Bürokratie führt, lese ich gerne aus der Begrün-
ung zu Nr. 03 der Beschlussempfehlung zu dem Gesetz
or:

… ein Stichprobenumfang von 10 000 Einheiten

(reicht) häufig nicht aus …, um im Falle eines kurz-

fristig auftretenden Datenbedarfs oder zur Klärung
wissenschaftlich-methodischer Fragestellungen hin-
reichend gesicherte statistische Aussagen zu ge-
winnen. Eine Aufstockung der Obergrenze auf
20 000 schafft mehr Flexibilität …

eine Damen und Herren, für wen schafft das mehr Fle-
ibilität? Für die Unternehmen? Für die Betriebe? Für
ie Betroffenen? Sicher nicht. Sie verdoppeln mit die-
em Gesetz die Stichprobengröße von 10 000 auf
0 000 und reden dabei von Bürokratieabbau. Sie wollen
oppelt so viele Mittelständler wie bisher mit Statistiken
nd Kosten belasten und reden von Bürokratieabbau. Da
achen wir schlichtweg nicht mit.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Ihnen fällt nicht nur nichts ein, wie man die Wirt-

chaft entlasten könnte; Sie legen immer noch eine
chaufel drauf. Masterplan Bürokratieabbau? Bis heute
icht vorhanden. Was ist mit der Ankündigung des Bun-
eskanzlers, die Verwaltung schlanker und effizienter zu
achen und hemmende Bürokratie rasch zu beseitigen?
as Gegenteil ist passiert.
Bürokratieabbau bedeutet mehr Eigenverantwortung,
ehr Freiheit, weniger Staat, mehr Mut zum Risiko. Die
älfte der Unternehmer in Deutschland sagen, dass die
ürokratie nach Steuer- und Abgabenlast das größte
indernis für den betrieblichen Erfolg sei. 3 500 Euro
uss heute ein Mittelständler pro Arbeitsplatz an Büro-
ratiekosten ausgeben. International ist Deutschland un-
er den Industrienationen Spitzenreiter, was die bürokra-
ische Regelungsdichte betrifft.
Anstatt diese Erkenntnisse zum Anlass zu nehmen,

arüber nachzudenken, wie man die stetig anwachsende
ürokratie in den Griff bekommt, fehlt Rot-Grün inzwi-
chen sogar der Mut, sich gegen restlos unsinnige Rege-
ungen aus Brüssel zur Wehr zu setzen.
Ich erzähle Ihnen hier gern ein interessantes Beispiel.

etzte Woche haben wir im Ausschuss für Wirtschaft
nd Arbeit die so genannte europäische Richtlinie zur
ptischen Strahlung beraten. In dieser Richtlinie wird
ine Dokumentationspflicht für all diejenigen Betriebe






(A) )



(B) )


Alexander Dobrindt

verordnet, deren Mitarbeiter dem Sonnenlicht ausgesetzt
sind, grob gesagt also all diejenigen, die auf dem Bau ar-
beiten, im Gartenbau, im Pflasterbau.


(Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk [SPD]: Was hat das mit dem Gesetzentwurf zu tun?)


Diese Unternehmen sollen künftig Aufzeichnungen da-
rüber machen, welche Mitarbeiter sich einer erhöhten
Gefährdung durch Sonnenlicht aussetzen, auch noch ge-
staffelt nach Risikogruppen.


(Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk [SPD]: Thema verfehlt!)


Selbst die Berufsgenossenschaften warnen vor einer
solchen Regelung. Sie sagen vernünftigerweise, dass das
Sonnenlicht während der Arbeit kaum ein anderes als
während der Freizeit ist und deswegen die Gefährdung
oder Nichtgefährdung während der Freizeit genauso
groß oder klein wie während der Arbeitszeit ist. Es ist
vollkommen sinnlos, Aufzeichnungen zu verlangen, um
vielleicht nach 20 Jahren festzustellen, wie viel Sonne
jemand während der Arbeitszeit theoretisch ausgesetzt
war.

Wir haben einen Antrag dazu vorgelegt, damit die
Bundesregierung in Brüssel darüber verhandelt. Sie ha-
ben ihn abgelehnt, mit der üblichen Begründung – dies-
mal von Staatssekretär Schlauch –, die Bundesregierung
glaube nicht, dass hier zusätzliche Belastungen für den
deutschen Mittelstand entstünden.

Meine Damen und Herren, 45 Prozent aller Betriebe
werden auf eine konsequente Entbürokratisierung mit
mehr Investitionen und mit mehr Personaleinstellungen
reagieren. Angesichts von 5,2 Millionen Arbeitslosen in
diesem Land sollte das Grund genug sein, endlich mit
dem Bürokratieabbau anzufangen.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der FDP)


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516320600

Die Rede des Kollegen Werner Schulz vom Bündnis

90/Die Grünen soll zu Protokoll genommen werden.1)
Ich denke, Sie sind damit einverstanden.

Dann kommen wir jetzt zur Rede des Kollegen
Dr. Karl Addicks von der FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)


Dr. Karl Addicks (FDP):
Rede ID: ID1516320700

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Gesetz-
entwurf, den wir hier heute abschließend beraten, wird
von uns, der FDP-Fraktion, im Grundsatz begrüßt. Den-
noch werden wir uns wahrscheinlich – wie schon im
Ausschuss – der Stimme enthalten.

Warum? Wir wollen mit dieser Enthaltung dokumen-
tieren, dass wir den Entwurf zwar für einen Schritt in die

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1) Anlage 2

(C (D ichtige Richtung halten, er uns aber nicht weit genug eht; denn wir wollen einen viel umfassenderen Büroratieabbau in diesem Lande. Sicher, das Gesetz ist für die Bereiche, auf die es ab ielt, eine Erleichterung. Schließlich hilft es, wahre Daenschätze aus verschiedenen Bereichen der Statistik zu eben und zusammenzuführen. Wir hoffen allerdings, ass daraus keine neuen Kosten für den Bundeshaushalt ntstehen; in den Anlagen zu diesem Entwurf bleibt das eider weitgehend im Dunkeln. Die Bürokratie liegt wie Mehltau über diesem Land nd über der Wirtschaft, das ist uns allen klar. Sie aber ind in der Regierungsverantwortung. Befreien Sie endich die Wirtschaft von diesem Joch (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


nd seien Sie dabei ein bisschen energischer! Die Ar-
eitsmärkte würden wirklich aufatmen.
Was erleben wir stattdessen? Lange Ankündigungen

hne tatkräftige Folgen. Herr Staatssekretär Staffelt, was
st denn mit dem Masterplan Bürokratieabbau?


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

as ist denn mit den Modellregionen? Das alles sind
ata Morganas, die sich verflüchtigen, wenn man ihnen
olgt. Land und Leute verdursten dabei, um in diesem
ild zu bleiben.
Das Gesetz macht durchaus Sinn: Statt gänzlich neue
aten zu erheben und damit den Auskunftspflichtigen
uf die Nerven zu fallen, werden vorhandene Statistiken
usammengeführt, was zu neuen Möglichkeiten in der
utzung dieser Daten führt. Allerdings geht es hier nur
m eine redaktionelle Anpassung an die reformierte
andwerksordnung und um eine Koordinierung der ver-
chiedenen Statistikdienste auf Bundes-, Landes- und
ommunalebene. Wir begrüßen diese geplante Vernet-
ung der einzelnen Datenpools. Nur, warum geht das ei-
entlich alles so langsam?


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Sehr richtig!)

ie Bundesregierung ist immer noch in ruhigem Schne-
kentempo unterwegs, obwohl es an allen Ecken und
nden brennt.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


achen Sie auf und tun Sie endlich etwas! Wenn Sie
ollen, können Sie doch mit Schnellschüssen kommen,
iehe Versammlungsgesetz.
Dieser Entwurf ermöglicht die Datenverknüpfung, so
eit, so gut. Jedoch bleibt es bei unser Kritik: Warum
ehnen Sie den Bürokratieabbau nicht endlich auf alle
ereiche der Wirtschaft aus? Warum hat Herr Clement
icht die Kraft, unserer Wirtschaft die Statistikfron-
ienste endlich zu erlassen?


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Dr. Karl Addicks

Das Institut für Mittelstandsforschung hat die Kosten

der aufgeblasenen Bürokratie auf rund 50 Milliarden
Euro berechnet – was für ein Wettbewerbsnachteil für
dieses Land und seine Unternehmen!


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Davon könnten wir ein ganzes Konjunkturprogramm bezahlen!)


Wie soll man als Global Player dabei eigentlich kon-
kurrenzfähig sein?

Im Zusammenhang mit den so genannten Innova-
tionsregionen haben Sie viele schöne Vorschläge ge-
macht. Passiert ist so gut wie gar nichts. Herr Clement
lamentiert wegen des Kraken Bürokratie, aber die Leute
wollen ein bisschen mehr als Lippenbekenntnisse.

Wenn Sie also Ernst machen wollen, dann bleiben Sie
nicht bei diesem ersten Schritt stehen, sondern schreiten
Sie mutig voran und bringen Sie uns allen endlich die
lange überfälligen Erleichterungen! Das Land lechzt ja
geradezu danach.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Aber kommen Sie uns bitte nicht mit neuen Belastun-
gen! Insbesondere braucht dieses Land keine Ausbil-
dungsplatzabgabe und kein Antidiskriminierungsgesetz,
zumindest nicht in der vorliegenden Fassung.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss.

Um zu signalisieren, dass die Bundesregierung weiter in
der Pflicht ist, stimmen wir heute diesem Gesetz nicht
zu. Wir enthalten uns oder stimmen dagegen;


(Heiterkeit)

das hängt von den Mehrheitsverhältnissen ab, die wir
gleich testen werden.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Vielleicht wirkt das ja als kleiner Stimulus für Ihren wei-
teren Bürokratieabbau.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie des Abg. Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD])



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516320800

Herr Kollege Addicks, ich gratuliere Ihnen im Namen

des ganzen Hauses zu Ihrer ersten Rede im Deutschen
Bundestag. Herzlichen Glückwunsch!


(Beifall)

Herr Kollege Addicks, beim nächsten Mal werde ich al-
lerdings etwas strenger auf die Redezeit achten.


(Heiterkeit – Dr. Karl Addicks [FDP]: Ich bitte vielmals um Entschuldigung!)


Das Wort hat jetzt die Kollegin Angela Schmid von
der CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)


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(C (D Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! ir alle kennen die Klagen der Wirtschaft über zu hohe ürokratiekosten und zeitraubende Auskunftspflichten ür statistische Erhebungen. Wir alle sind uns einig, dass as bestehende System der Wirtschaftsstatistiken einer ingehenden Überprüfung bedarf. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf will die Bun esregierung nun die bei den statistischen Ämtern vorandenen Daten effizienter nutzen und so neue statistiche Erhebungen vermeiden. Zweifellos ein zu egrüßendes Ziel, zumal die Bundesregierung auch noch usdrücklich ausführt, dass durch die Gesetzesänderung en Unternehmen kein zusätzlicher Aufwand entstehen ird, sondern eher sogar das Gegenteil eintreten wird. chaut man aber genauer hin, sieht die Lage anders aus. enn neben der Zusammenführung von Daten sollen uch die jetzt zulassungsfreien Handwerke in die Ausertung des Statistikregisters einbezogen werden, (Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk [SPD]: Auf Wunsch des Handwerks!)

Angela Schmid (CDU):
Rede ID: ID1516320900

m so eine Gleichbehandlung mit den zulassungspflich-
igen Handwerken zu erreichen. Auch dieses Ziel mag
uf den ersten Blick noch vertretbar erscheinen; denn die
erpflichtung zu statistischen Angaben nur den zulas-
ungspflichtigen Gewerbebetrieben aufzuerlegen, wäre
weifellos willkürlich und ungerecht.
Enttäuschend ist nur, meine Damen und Herren von

er Regierungskoalition, dass Ihnen zur Schließung
ieser Gesetzeslücke nur eine Idee gekommen ist: die
ulassungsfreien Gewerbe gleichermaßen wie die zulas-
ungspflichtigen Gewerbe mit Auskunftspflichten über
tatistische Angaben zu belasten. Andere Wege und
öglichkeiten kamen für Sie natürlich nicht in Betracht.
abei haben Sie doch im letzten Sommer in Ihrem eige-
en Gesetzentwurf noch selbst festgestellt, dass weitere
aßnahmen zum Abbau von Statistiken notwendig
eien, um die Berichtspflichtigen und die statistischen
mter zu entlasten.
Fest steht auch, dass im Rahmen der parlamentari-

chen Selbstkontrolle und der Gesetzesfolgenabschät-
ung bei jedem neuen Gesetzentwurf geprüft werden
ollte, welcher Aufwand und welche Kosten für Bürger
nd Unternehmen mit dem neuen Gesetz verbunden sein
erden. Es verwundert daher schon sehr, dass Sie gerade
ei dem nun vorliegenden Entwurf nicht auch die Frage
eprüft haben, inwieweit auf statistische Angaben so-
ohl von zulassungsfreien als auch von zulassungs-
flichtigen Gewerben verzichtet werden kann. Sie wis-
en selbst: Statistische Erhebungen bringen besonders
ür mittelständische Unternehmen eine enorme Zeit- und
ostenbelastung mit sich.


(Beifall bei der CDU/CSU)

ie Bürokratiekosten betragen derzeit beispielsweise in
leineren Betrieben mit bis zu zehn Beschäftigten
400 Euro pro Arbeitsplatz. Entsprechend groß ist der
eitliche Aufwand: Bis zu 64 Stunden im Jahr gehen pro
itarbeiter dafür drauf. Die CDU/CSU-Fraktion fordert
aher seit langem eine deutliche Reduzierung der
tatistischen Auskunftspflichten und damit eine erhebli-
he Bürokratieerleichterung für Unternehmen.






(A) )



(B) )


Angela Schmid


(Beifall bei der CDU/CSU)


Für alle Statistikpflichten sollte die Regel gelten: Wer
eine Statistik bestellt, muss sie auch bezahlen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Im Bereich der Statistik ist dieser Gedanke im Prinzip
der Ressortdeckung umgesetzt worden, wie es in Bayern
seit vergangenem Jahr erprobt wird: Alle Ausweitungen
von Statistikanforderungen gehen danach zu Lasten des
fachlich federführenden Ressorts, das die dadurch ent-
stehenden Kosten bei der Haushaltsaufstellung decken
muss. Damit soll das Kostenbewusstsein der Fachseite
gestärkt werden. Mit Durchsetzung des Ressortde-
ckungsprinzips wird die Arbeit der statistischen Ämter
als Datenlieferant für Entscheidungsträger in allen Be-
reichen des täglichen Lebens auf einem tragbaren Ni-
veau gehalten.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Zudem besteht dadurch die Chance, Betrieben und Un-
ternehmen keine weiteren Lasten durch die Erstellung
von Statistiken aufzubürden. Derzeit kostet die staatlich
verordnete Bürokratie die deutschen Unternehmen 46 Mil-
liarden Euro im Jahr.


(Marie-Luise Dött [CDU/CSU]: Unglaublich!)

Daran wird sich auch mit diesem Gesetzentwurf

nichts ändern.

(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Leider nicht!)

Der von Bundesminister Clement propagierte Abbau
von Bürokratiekosten kommt einfach nicht voran. Ange-
sichts dessen ist es kaum zu glauben: Nach offiziellen
Bekundungen des Bundeswirtschaftsministeriums soll
der Bürokratieabbau Chefsache sein.

Der vorliegende Entwurf setzt ein völlig falsches Si-
gnal. Bei all Ihren Bemühungen, Gerechtigkeit zu schaffen
und zulassungspflichtige und zulassungsfreie Gewerbe im
Hinblick auf ihre statistischen Auskunftspflichten gleich
zu behandeln, übersehen Sie wieder einmal mögliche ge-
setzgeberische Alternativen.

Obwohl das Problem der Bürokratiebelastung durch
statistische Auskunftspflichten für die Unternehmen er-
kannt ist und ein weiter gehender Abbau von Wirt-
schaftsstatistiken versprochen wurde, werden hier neue
Wege, wie beispielsweise von unserer Fraktion vorge-
schlagen, schlicht und einfach ignoriert – ein erneuter
Beweis für mangelnden Sachverstand und fehlenden po-
litischen Weitblick.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516321000

Frau Kollegin Schmid, auch Ihnen gratuliere ich im

Namen des ganzen Hauses zu Ihrer ersten Rede im Deut-
schen Bundestag. Herzlichen Glückwunsch!


(Beifall)

Ich schließe die Aussprache.

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(C (D Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bunesregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Änderung es Statistikregistergesetzes und sonstiger Statistikgeetze, Drucksache 15/4696. Der Ausschuss für Wirtchaft und Arbeit empfiehlt in seiner Beschlussempfehung auf Drucksache 15/4955, den Gesetzentwurf in der usschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die em Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen ollen, um ihr Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthalungen? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beraung mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen angeommen. Dritte Beratung nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Geetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Gegentimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist mit em gleichen Stimmenverhältnis wie zuvor angenommen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 11 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten CarlLudwig Thiele, Stephan Hilsberg, Franziska Eichstädt-Bohlig, Werner Kuhn Adam und weiterer Abgeordneter Gelände um das Brandenburger Tor als Ort des Erinnerns an die Berliner Mauer, des Gedenkens an ihre Opfer und der Freude über die Überwindung der deutschen Teilung – Drucksache 15/4795 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Kultur und Medien Innenausschuss Ausschuss für Verkehr, Bauund Wohnungswesen Ausschuss für Tourismus Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache vorgesehen, dass vier Abgeordnete aus der ruppe der Antragsteller jeweils fünf Minuten Redezeit rhalten. Gibt es Widerspruch dagegen? – Das ist nicht er Fall. Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red er dem Kollegen Carl-Ludwig Thiele von der FDPraktion das Wort. Herzlichen Dank, Herr Präsident – Meine lieben Kol eginnen und Kollegen! Wie viele andere in diesem Haus in ich politisch geprägt – ich bin Jahrgang 1953 – von er Teilung Deutschlands 1961 bis 1989 durch die auer, wobei die Mauer ja nicht nur eine Mauer war, ondern sich in einem Todesstreifen befand. Dieser Toesstreifen teilte Berlin, teilte Deutschland, teilte die anze Welt. Als ich 1990 die Ehre hatte, Mitglied des ersten ge amtdeutschen Bundestages zu werden, habe ich mich ehr gefreut, dass der damalige Alterspräsident Willy randt war, der ebenso für die Überwindung der deutchen Teilung stand wie Hans-Dietrich Genscher, elmut Kohl und andere Politiker Deutschlands, über ie Parteigrenzen hinweg. Carl-Ludwig Thiele Wenn ich heute meinen Kindern – mein ältester Sohn wird in diesem Jahr 17 Jahre alt – erklären soll, wie die deutsche Teilung war und wie die Überwindung der Teilung abgelaufen ist, dann bin ich dazu überhaupt nicht in der Lage. Die Menschen und insbesondere die Jugend der Welt kommen an das Brandenburger Tor – kein anderer Ort in Deutschland steht so sehr für die Teilung – und wollen erfahren, wie es war, als das Land geteilt war, und wie es war, als diese Teilung überwunden wurde. Aber ihnen wird an dieser zentralen Stelle kein Hinweis darauf gegeben. Deshalb war es gut – dieses Thema hat mich länger umgetrieben –, dass ich im Herbst 2003 darüber mit dem Kollegen Hilsberg gesprochen habe, der heute bedauerlicherweise erkrankt ist und dem ich von dieser Stelle aus gute Besserung wünsche. Es hat sich das Gefühl entwickelt, dass wir etwas unternehmen müssen. Wir haben einen Antrag vorbereitet und Kontakt mit der Kollegin Eichstädt-Bohlig und dem Kollegen Kuhn aufgenommen. Sie, Frau EichstädtBohlig, hatten ebenfalls festgestellt, dass etwas fehle. Wir vier Initiatoren – zwei Initiatoren kommen aus dem Westen und zwei aus dem Osten – stehen für die Generation Deutschlands zu Zeiten der Teilung. Die Mauer wurde nicht nur vom Westen, sondern noch viel stärker vom Osten als trennendes Element empfunden. Ich erinnere mich daran, dass es auch bei den Jungen Liberalen seinerzeit eine Diskussion um die Zweistaatlichkeit gab. Man sprach darüber, ob man nicht irgendwann einmal die Realität anerkennen sollte, dass Deutschland geteilt sei. Auf einem Bundeskongress der Jungen Liberalen, den ich geleitet habe, wurde eine entsprechende Frage an Hans-Dietrich Genscher gerichtet. Darauf antwortete er: Dieser Punkt mag für den einen oder anderen im Westen nicht von großer Bedeutung sein. Aber für die Bürger im Osten ist er von zentraler Bedeutung. Man darf den Menschen nie die Hoffnung nehmen. – Daraufhin wurde die Anerkennung der Zweistaatlichkeit auch von den Jungen Liberalen abgelehnt. Die Hoffnung, die deutsche Teilung zu überwinden, hat uns weiter getragen, auch wenn wir nicht alle jederzeit daran geglaubt haben. Es ist richtig, dass wir diesen Antrag gemeinsam eingebracht haben. Ich möchte mich auch dafür bedanken, dass inzwischen ein Drittel der Abgeordneten des Deutschen Bundestages diesen Antrag als Initiatoren unterstützt. Es besteht ein Vakuum. Aber allein die Diskussion darüber hat dazu beigetragen, dass Lösungsvorschläge erarbeitet werden und dass das Thema in den Vordergrund gerückt ist. Wir hatten uns als Datum der ersten öffentlichen Präsentation dieses Antrags den 9. November des letzten Jahres ausgesucht, weil sich an diesem Tag die Überwindung der Teilung Deutschlands zum 15. Mal jährte. Aber auch durch die Kreuze von Frau Hildebrandt am Checkpoint Charlie und durch die Mauergedenkstätte an der Bernauer Straße wird auf die Teilung hingewiesen. t t d d Ü w f d d t p ü c w h l m J i f d d f l n l w h i s l g d t l T d g (C (D Die Bevölkerung hat ein Bedürfnis nach Informaion. In unserem Antrag fordern wir, dass das Dokumenationszentrum an der Bernauer Straße aufgewertet weren soll. Wir wollen, dass die deutsche Teilung okumentiert wird. Wir wollen allerdings auch, dass die berwindung der Teilung dokumentiert wird. Wie, das erden wir im zuständigen Ausschuss und in der nacholgenden Diskussion erörtern. Wir sind der Auffassung, ass hier ein Vakuum besteht und dass es unsere gesamteutsche Pflicht ist, über die Parteigrenzen hinweg hier ätig zu werden. (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Carl-Ludwig Thiele (FDP):
Rede ID: ID1516321100




(A) )


(B) )


(Beifall)


Ich bin froh darüber, dass es auch in Zeiten der innen-
olitischen Konfrontation gelungen ist, dieses Thema
ber die Parteigrenzen hinweg zu behandeln. Wir versu-
hen, für unser Anliegen eine Mehrheit zu finden. Ich
äre froh, wenn dieses Thema über alle Parteigrenzen
inweg weiterhin auf der Tagesordnung bliebe. Wir wol-
en alles dafür tun, dass dies so bleibt.


(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. Geschichte
uss erfahrbar sein. Gestern haben wir von Präsident
uschtschenko gehört, dass die Freiheit erlebbar ist. Sie
st insbesondere dann erlebbar, wenn man weiß, was Un-
reiheit tatsächlich bedeutet. Wenn wir nichts mehr über
ie Unfreiheit wissen, dann haben wir auch nicht mehr
ie Möglichkeit, die Freiheit als besonderes Gut zu emp-
inden. Deshalb muss die Geschichte an diesem zentra-
en Ort erfahrbar werden, damit sich diese Geschichte
icht wiederholt und damit nie wieder Willkür und Ideo-
ogie über Menschenrechte und Menschenwürde gestellt
erden.
Ich bedanke mich im Vorhinein für die Mitarbeit und

offe auf konstruktive Beratungen, damit dieser Antrag
m gesamtdeutschen Interesse und im Interesse der Men-
chen, die wir hier im Bundestag repräsentieren, tatsäch-
ich zu dem Ergebnis führt, dass dieser zentrale Ort auf-
ewertet wird – in welcher Form, darüber werden wir
iskutieren – und dieser zentrale Ort, wie wir es im An-
rag formuliert haben, für die Teilung Deutschlands, Ber-
ins und der Welt, aber auch für die Überwindung der
eilung und für die Freiheit steht.
Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516321200

Das Wort hat jetzt der Kollege Markus Meckel von

er SPD-Fraktion.


Markus Meckel (SPD):
Rede ID: ID1516321300

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-

en! Ich spreche hier für Stephan Hilsberg, der, wie eben






(A) )



(B) )


Markus Meckel

schon erwähnt worden ist, heute aus Krankheitsgründen
nicht anwesend sein kann.

Ich kann deshalb mit umso größerer Unbefangenheit
den Initiatoren dafür danken, dass sie diese Initiative er-
griffen haben. Denn ich muss klar sagen: Hier ist ein De-
fizit aufgegriffen worden, das endlich zur Sprache kom-
men muss und dem man sich widmen muss. Dass dies in
dieser parteiübergreifenden Weise geschehen ist, ver-
dient unser aller Dank.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der CDU/ CSU und der FDP)


Ich habe es, ehrlich gesagt, nicht verstanden, warum
wir die Mauer in Berlin an allen grundlegenden Stellen
weggerissen haben. Dass wir sie 1989 als politische
Grenze niedergerissen haben, war überhaupt keine
Frage; das war die Voraussetzung für die deutsche Ein-
heit. Aber es ist richtig: An diese Teilung, an diese un-
sere gemeinsame nationale Geschichte – denn die Tei-
lung war unsere gemeinsame Geschichte in Ost und
West, wenn auch für uns im Osten natürlich noch viel
schmerzlicher und schwieriger – muss gemeinsam erin-
nert werden.

Wo, wenn nicht hier in Berlin? Ich muss auch sagen:
Wo, wenn nicht hier am Brandenburger Tor? Denn das
Brandenburger Tor war – die Geschichte dieser Jahr-
zehnte macht es deutlich – das Symbol der deutschen
und europäischen Teilung und es wurde das Symbol der
deutschen und europäischen Einigung. Das heißt, es
wurde zum Signal, dass der Kalte Krieg zu Ende ist und
dass Europa wieder zusammenwächst.

Heute kommen aus aller Welt Millionen nach Berlin.
Sie haben Berlin als die Stadt im Kopf, die für die Tei-
lung Europas und die Teilung Deutschlands, ja für die
Teilung dieser Welt stand. Viele suchen Orte, wo man
sich dessen erinnern kann, und finden keine bis auf ein
paar kleine Zeichen für Fachleute – so muss man fast sa-
gen –, wie etwa den Kopfsteinpflasterstreifen oder die
wahrhaftig gut gemeinte Gedenkstätte an der Ber-
nauer Straße, die übrigens von der Kirchengemeinde
dort mit großem Engagement gepflegt wird. Dort wurde
mit großem Einsatz ein Museum, das leider ein privates
Museum ist, errichtet. Man hat eine Versöhnungskapelle
eingerichtet. Auch das war ein ganz wichtiger Akt.

Aber man muss feststellen: Sowohl der Bund als auch
die Stadt Berlin haben die Aufgabe, eine Gedenkstätte
zu gestalten, bis heute nicht in angemessener Weise auf-
gegriffen. Dass dies jetzt in dieser Weise passiert, ist ein
wichtiges Zeichen. Es ist gut, dass die Zahl der Kollegin-
nen und Kollegen aus dem Deutschen Bundestag, die die
Erfüllung dieser Aufgabe parteiübergreifend gemein-
sam fordern, zunimmt. Dass die zuständige Staatsminis-
terin sagt: „Ja, wir wollen uns dieses Defizites annehmen
und es gemeinsam bearbeiten“, ist wahrhaftig ein wichti-
ges und gutes Zeichen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der CDU/ CSU und der FDP)


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(C (D Ich stimme meinem Vorredner zu, dass viele Köche (Werner Kuhn [Zingst] [CDU/CSU]: Nicht den Brei verderben!)

abei mitgespielt haben, auf dieses Defizit aufmerksam
u machen. Auch ich finde übrigens, dass man Frau
ildebrandt dafür danken muss, dass sie mit den Kreu-
en nicht nur auf die grundsätzliche Frage der deut-
chen Teilung aufmerksam gemacht hat, sondern ganz
ezielt an die Opfer erinnert und versucht hat, die Na-
en der Opfer ins Gedächtnis zu rufen. Damit hat man
en Menschen und auch ihren Familien einen Ort gege-
en. Dass das wahrscheinlich nicht so bleiben kann, ist
ie eine Sache; aber es ist ein ganz wesentlicher Punkt,
ass wir dies als einen Aufruf nehmen, auch diese
imension in die künftige Gestaltung der Erinnerung an
ie deutsche Teilung aufzunehmen.
Ich erinnere an die Mauergalerie in der Nähe des
stbahnhofes, die bis heute leidet; die Gemälde gehen
aputt. Ich denke auch: Das Geld für die Pflege muss da
ein!


(Dr. Uschi Eid [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)


a haben 1990 Künstler aus aller Welt die Mauer von
er Ostseite bemalt – das war wahrhaftig etwas Beson-
eres –, als Zeichen dafür, dass sie niedergerissen ist.
eshalb muss dieses Mauerstück erhalten und entspre-
hend gestaltet werden.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der CDU/CSU und der FDP)


Ich glaube, dass der Antrag die richtigen Akzente
etzt. Ich bin froh, dass es eine parteiübergreifende Ge-
einsamkeit dabei gibt, dies zu gestalten. Ich persönlich
öchte sogar ein Stück weiter gehen. Ich glaube, dass
ir in Bezug auf die Geschichte der zweiten Hälfte des
0. Jahrhunderts im Endeffekt ein Museum der deut-
chen und europäischen Teilung brauchen, das daran er-
nnert. Wir werden sehen, ob das Deutsche Historische
useum, das hoffentlich demnächst eröffnet wird, einer
olchen Aufgabe gerecht wird. Es wäre meines Erach-
ens der richtige Ort dafür. Man wird es sehen. Die lang-
ristige Perspektive sollte man vielleicht nicht aus dem
lick verlieren.
Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516321400

Das Wort hat die Kollegin Franziska Eichstädt-
ohlig, Bündnis 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
uch ich kann mich dem nur anschließen, was der Kol-
ege Thiele und der Kollege Meckel eben schon berichtet
aben. Es ist tatsächlich so: Bis auf die amerikanische
otschaft ist der Pariser Platz, die gute Stube Berlins, in-






(A) )



(B) )


Franziska Eichstädt-Bohlig

zwischen perfekt fertig gestellt, mit Kugelbäumen, Lam-
pen und edlem Pflaster zum Flanieren. Es erinnert aber
nichts mehr daran, dass all dies von 1961 bis 1989 Teil
eines unüberwindlichen Todesstreifens war.

Ich selbst weiß nicht mehr, obwohl ich sehr oft zwi-
schen West und Ost gependelt bin, wo eigentlich die
Hinterlandmauer war. Die auf der Westseite gelegene
Mauer finden wir im Asphalt. Man muss aber schon sehr
genau hinschauen und ziemlich gut Bescheid wissen, da-
mit man das überhaupt entdeckt. Wir sehen auch an den
weißen Kreuzen – wir alle wissen, es sind die Kreuze,
die unten an der Spree hinter dem jetzigen Paul-Löbe-
Haus waren – und an den Blumen, die dort hingelegt
werden, wie groß das Bedürfnis ist, auch an dieser Stelle
der Toten, die bei dem Versuch, die Grenze zu überwin-
den, getötet worden sind, zu gedenken.

Bis vor kurzem kam niemand auf die Idee, dass an
diesem Ort tatsächlich die Erinnerung an die Zeit der
deutschen Teilung gesucht wird und dass gerade das
Brandenburger Tor der Ort ist, wo nicht nur die Berli-
ner, nicht nur die Deutschen, sondern die Menschen
weltweit die Geschichte der deutschen Teilung, des Ei-
sernen Vorhangs und des Kalten Krieges suchen. Ich
glaube schon, dass man sich wirklich darüber im Klaren
sein muss, dass gerade auch Touristen hier ihre eigene
Geschichte suchen oder junge Menschen die Geschichte
ihrer Eltern an diesem Ort suchen.

Mir wurde vorgehalten, das sei ja nur für den Touris-
mus. Ich muss deswegen mit Entschiedenheit sagen: Das
ist doch überhaupt kein Argument. Wenn ich nach Hiro-
shima komme, dann erwarte ich, dass die Stadt mir die
Geschichte von Hiroshima in eindringlicher Weise deut-
lich macht. Wenn die Menschen am Brandenburger Tor
die Erinnerung suchen, dann muss dort auch in eindrück-
licher Weise auf die Geschichte der deutschen Teilung
und der Teilung der Welt hingewiesen werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)


Es ist auch gesagt worden, es sei eine Konkurrenz
zum Holocaust-Mahnmal. Ich glaube nicht, dass es das
ist. Wir haben sehr deutlich gesagt: Die deutsche Ge-
schichte hat sich die Nähe zwischen diesen unterschied-
lichen Phasen – es geht nicht darum, sie in einen Topf zu
werfen – gesucht, nicht wir, die gesagt haben: Das muss
ein Ort des Gedenkens werden.

Von daher meine ich, dass das Holocaust-Mahnmal
und die Erinnerung an die Roma und Sinti – ich hoffe,
dass bald auch ein solches Mahnmal geschaffen wird –
und die ermordeten Homosexuellen zusammengehören.
Das alles sind Mahnmale unserer eigenen Geschichte.
Wenn sie so dicht beieinander liegen, dann sollten wir
das nicht beklagen; wir sollten sie vielmehr als Mahn-
male in dem Sinne nehmen, dass sie uns an das erinnern,
was sowohl im Faschismus als auch in Zeiten des sozia-
listischen Regimes in Deutschland und Berlin passiert
ist.

Insofern möchte ich dafür werben, dass all diejenigen,
die zumindest in den letzten Wochen sehr skeptisch wa-
ren, diese Skepsis überwinden und das Thema mutig an-

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(C (D ehen. Es geht nicht darum, einen abgegrenzten Ort zu chaffen, den niemand berühren kann und an dem man Ehrfurcht erstarren muss. Es geht vielmehr darum, ein ünstlerisches Zeichen zu setzen und die Menschen in iner würdigen Form darüber zu informieren, was der odesstreifen am Brandenburger Tor konkret bedeutet at, aber auch darüber, dass von hier aus Wege zu andeen Gedenkstätten, zum Beispiel zur Bernauer Straße, ühren. Aus meiner Sicht sollte dieser Ort die zentrale edenkstätte sein und es sollten dort die Namen der tauend an der Mauer und der deutschen Grenze Getöteten ufgezeichnet werden. Das Brandenburger Tor sollte lso nicht mit Gedenken überfrachtet werden. Aber das rinnern – auch bildnerisches Erinnern – und die wichtien Informationen gehören eindeutig an diesen Ort. Das ünsche ich mir. Ich glaube, wir sind inzwischen auch so weit, dass die ielen Vorbehalte – ich muss gestehen, dass ich ein weig erstaunt darüber bin, wie zahlreich sie waren – allählich abflauen, dass die Menschen das Brandenburger or anders wahrnehmen und sich daran gewöhnen, dass uch dieser Ort ein Erinnerungszeichen braucht. Das chließt die Erinnerungszeichen an den anderen Orten in einer Weise aus. Wir wollen sie nicht entfernen und uch nicht kleinreden. Aber leider ist nun einmal das Brandenburger Tor das entrum des Eisernen Vorhangs gewesen. Vielleicht beommt man dafür auch noch ein eigenes Zeichen, das as Überwinden der Mauer darstellt. Das Bild vom randenburger Tor mit den Menschen, die obendrauf geessen haben, war nur an diesem Ort möglich, an dem ie Panzersperren so breit waren, dass man darauf steen, sitzen und tanzen konnte. Ich suche nach Künstlern, ie das darstellen können, auch wenn ich nicht weiß, ob as miteinander zu vereinbaren ist. Vielleicht braucht an unterschiedliche Zeichen für beide Bilder. Darüber ollen diejenigen nachdenken, die dazu besser berufen ind als wir. Aber auch das gehört mit zu unserer Gechichte. Danke schön. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516321500

Das Wort hat der Kollege Werner Kuhn von der CDU/
SU-Fraktion.


Werner Kuhn (CDU):
Rede ID: ID1516321600

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-

en! Es ist eine Ehre für mich, heute den Gruppenantrag
ür die CDU/CSU-Fraktion mit über 100 Unterstützern
m Deutschen Bundestag einbringen zu können. Ich
ätte in meinen kühnsten Träumen nie daran gedacht,
ass ich eines Tages im Reichstag einen solchen Antrag
ür meine Fraktion einbringen kann. Ich glaube, dass
iese Debatte gerade für uns Ostdeutsche, die in der
DR groß geworden sind, mit sehr starken Emotionen
erbunden ist. Ich habe das auch bei den Kollegen
eckel und Hilsberg gespürt.






(A) )



(B) )


Werner Kuhn (Zingst)


Wenn man als Nordlicht gefragt wird, was einen an

diesem Antrag berührt oder was einen dazu bewegt, eine
solche Initiative in Angriff zu nehmen, die bewunderns-
werterweise vom Kollegen Thiele initiiert worden ist,
dann antworte ich: Auch wir an der Ostseeküste haben
letztendlich die Teilung schrecklich erfahren müssen.
Dort durfte man sich nach Sonnenuntergang nicht mehr
am Ostseestrand aufhalten. Das Meer wurde mit großen
Lampen nach denjenigen abgeleuchtet, die den Weg in
die Freiheit suchten. Wenn wir das eine oder andere Mal
mit unserem Trabbi nach Berlin gekommen sind, dann
war die Wilhelmstraße Endstation. Wir haben das Bran-
denburger Tor, das mit Sichtblenden versperrt war, in der
Ferne sehen können. Dann hat man sich schon gefragt,
ob dieses Tor wohl eines Tages in die Freiheit geöffnet
wird. Viele haben dazu beigetragen, dass das passiert ist.
Wichtig waren auch der Mut, die Besonnenheit und der
unbändige Wille zu Freiheit und Demokratie der Bürger-
bewegung in der DDR.


(Beifall bei der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Viele von uns haben dabei mitgeholfen und etwas ge-
wagt. Auch mit den Friedensgebeten, die wir gemeinsam
gestaltet und durchgeführt haben, als die Mauer noch
stand, war ein gewisses Risiko verbunden. Niemand
wusste genau, wie das ausgeht.

Wir müssen uns nun gemeinsam Gedanken darüber
machen, wie wir auf der einen Seite derer gedenken kön-
nen, die um der Freiheit willen ihr Leben gelassen ha-
ben, und wie wir auf der anderen Seite unsere Freude
darüber zum Ausdruck bringen können, dass diese wi-
derliche Vernichtungsmauer am 9. November 1989 nie-
dergerissen werden konnte. Dazu haben wir gemeinsam
Ideen entwickelt, von denen Frau Eichstädt-Bohlig ei-
nige angerissen hat. Ich denke, es ist wichtig und not-
wendig, dass wir diejenigen, die dort umgekommen
sind, verlässlich bei ihren Namen nennen können, wie es
auch in der Bibel steht.

Frau Kulturstaatsministerin Weiss – ich finde es ange-
messen, dass auch Sie an dieser Debatte teilnehmen; es
ist sehr gut, dass Sie uns unterstützen wollen –, in die-
sem Zusammenhang sollten wir einen Auftrag zur wis-
senschaftlichen Fundierung der Aufarbeitung der Ge-
schichte erteilen.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Sehr richtig!)

Wir müssen darüber nachdenken, wo wir unserer Toten
bzw. derjenigen, die an der Mauer Menschen verloren
haben, letztendlich am besten gedenken können. Ich
könnte mir vorstellen, dass die Möglichkeit besteht, in
unmittelbarer Nähe zum Brandenburger Tor eine Tafel
zu errichten. Dort gibt es bereits den „Raum der Stille“.

Die Freude darüber, dass die Mauer niedergerissen
wurde, wird durch die Bilder, die um die Welt gegangen
sind, dokumentiert, auf denen Menschen zu sehen wa-
ren, die auf den Mauerresten und Panzersperren tanzten.
Damit werden wir identifiziert. Auch Ministerpräsident
Juschtschenko, der die orangene Revolution vorantrieb,
sagte: Da haben wir gesehen: Wir sind das Volk bzw. wir
sind ein Volk. Die gleichen Probleme, die wir in der

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(C (D kraine haben, habt auch ihr in Angriff genommen und ewältigt. – Es macht einen stolz und froh, dass diese ürgerbewegung ganz Europa erfasst hat, dass es den isernen Vorhang und die sich feindlich gegenübersteenden Blöcke nicht mehr gibt und dass wir gemeinsam n Freiheit und Demokratie leben können. Ich glaube, ein anderer interessanter Ort für eine Do umentation wäre die U-Bahn-Station, die sich gerade m Bau befindet. Dort bestünden Möglichkeiten, um zu okumentieren, wie diese menschenverachtende Anlage, ie Berliner Mauer, konzipiert war. Wenn wir die Rahenbedingungen für eine Ausschreibung herausgeben, ürde sicherlich ein gutes Ergebnis erzielt werden. Wir ollten schon in unserer Gruppe die eine oder andere dee formulieren, damit wir im Nachhinein über das Erebnis einer künstlerischen Bearbeitung nicht unnötig nttäuscht sind. Ich denke, das können wir im Rahmen des gesamten edenkstättenkonzeptes in Angriff nehmen. Wir müsen unsere eigenen Ideen dazu entwickeln, wie wir soohl das Gedenken an die Opfer, die es an der Berliner auer gab, als auch die Freude darüber, dass die Mauer iedergerissen wurde – ich erinnere noch einmal an die ilder von den tanzenden Menschen, die um die Welt ingen –, am besten zum Ausdruck bringen können. Ich freue mich sehr, dass wir so viele Unterstützer geonnen haben, und ich glaube, dass wir gemeinsam mit em Berliner Abgeordnetenhaus und dem Senat eine ute Lösung finden werden. Die Unterstützung der Kulurstaatsministerin ist uns gewiss. Daher bin ich sehr roh und optimistisch gestimmt. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜND NIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516321700

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 15/4795 an die in der Tagesordnung aufge-
ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
erstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
o beschlossen.
Ich rufe die Tagesordnungspunkte 12 a und 12 b auf:
a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dagmar

Schmidt (Meschede), Karin Kortmann, Detlef
Dzembritzki, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der SPD, der Abgeordneten Christa
Reichard (Dresden), Dr. Christian Ruck, Dr. Ralf
Brauksiepe, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten
Undine Kurth (Quedlinburg), Thilo Hoppe,
Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und
der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ-
NEN
Biologische Vielfalt schützen und zur Armuts-
bekämpfung und nachhaltigen Entwicklung
nutzen
– Drucksache 15/4661 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung (f)







(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms

Auswärtiger Ausschuss
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Tourismus

b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesre-
gierung
Fortschrittsbericht zur deutschen bilateralen
Entwicklungszusammenarbeit im Waldsektor
– Drucksache 15/4600 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung (f)

Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für Tourismus

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erster Red-
nerin das Wort der Kollegin Dagmar Schmidt von der
SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Dagmar Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1516321800

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

Weltgemeinschaft steht vor der Herausforderung des
21. Jahrhunderts: Armutsbekämpfung und Umwelt-
schutz – so der Wissenschaftliche Beirat der Bundesre-
gierung „Globale Umweltveränderung“ in seinem Jah-
resgutachten 2004.

Die Entwicklung der armen Länder setzt eine wirk-
same Umweltpolitik voraus. Diese grundlegende Er-
kenntnis wird sicherlich von allen Anwesenden geteilt.
Was aber bedeutet dies für unsere zukünftige Politik?

Meine Damen und Herren, mit dem vorliegenden ge-
meinsamen Antrag folgen wir dieser Erkenntnis. Wir
machen deutlich: Der Schutz der biologischen Vielfalt
ist nicht nur ein globales Umweltproblem; er ist eben
auch ein globales Entwicklungsproblem. Wir machen
damit deutlich: Armutsbekämpfung ist nur dann mög-
lich, wenn auch beim Erhalt der biologischen Vielfalt ein
Durchbruch erzielt wird. Unser Ziel ist klar: In Johan-
nesburg vor drei Jahren hat die Weltgemeinschaft ver-
einbart, die Verlustrate an biologischer Vielfalt bis zum
Jahr 2010 signifikant zu reduzieren.

Was tun wir für die Zukunft unseres Planeten? Die
Bundesrepublik leistet international einen überproportio-
nal hohen Anteil. Unsere Entwicklungszusammen-
arbeit genießt deshalb im Bereich des Umwelt- und
Ressourcenschutzes seit vielen Jahren international ein
hohes Ansehen. Das finanzielle Volumen hat bei der rot-
grünen Regierung in drei Jahren eine Steigerung von
rund 27 Prozent auf insgesamt 710 Millionen Euro er-
fahren. Noch gewaltiger ist die Steigerungsrate des deut-
schen Anteils bei den multilateralen Gebern.

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(C (D Dennoch belegen die aktuellen Daten, dass sich trotz ller Anstrengungen die Zerstörung von Ökosystemen nd der Verlust an Arten in alarmierender Weise bechleunigen. Was heißt das konkret? Die Welternähungsorganisation FAO geht davon aus, dass jährlich 5 Millionen Hektar Wald vernichtet werden. Diese erluste sind regional sehr unterschiedlich und konzenieren sich insbesondere auf die Tropenwälder. Wähend in Europa die Waldfläche in den letzten zehn Jahren ogar leicht zugenommen hat, verzeichnen Afrika und üdamerika unverändert die höchsten Verluste an Naturald. Auch der Verlust an Arten und damit an genetischen essourcen schreitet ungebremst voran. Täglich sterben 50 Arten aus und gehen damit unwiederbringlich verloen. Die Folgen der Zerstörung ganzer Ökosysteme sind ravierend. Klimawandel, eine Störung des Wasserhausaltes, Wüstenbildung, Armut sowie die langfristig daaus resultierenden Migrationsströme und Ressourcenonflikte treffen uns alle. Auf dem Spiel steht nicht eniger als die Zukunft unserer Kinder und Enkelkinder. it jedem Hektar Wald, der vernichtet wird, mit jeder flanzenart und mit jeder Tierart, die von unserem Plaeten verschwindet, wird ein Stück Zukunft verbaut. Vor diesem bedrückenden Hintergrund möchte ich Ih en, meine Damen und Herren von der Union, für die onstruktive Zusammenarbeit bei der Vorbereitung der nhörung und des vorliegenden Antrages danken. Ehrch gesagt, war ich eine ganze Zeit lang skeptisch, ob ir in der Frage der biologischen Vielfalt auf einen geeinsamen Nenner kommen würden. Zunächst lagen nsere Konzepte über die Rolle der Biodiversität in der ntwicklungszusammenarbeit zu weit auseinander. Auf er einen Seite stand Ihr am klassischen Naturschutzedanken der 80er-Jahre orientierter Ansatz. Sie konzenierten sich damit vor allem auf den Erhalt von Flora nd Fauna in den Entwicklungsländern. Die Belastungen er Menschen in den Partnerländern und deren Nutungsinteressen spielten für Sie dabei eher eine untergerdnete Rolle. Uns dagegen geht es um die Verbindung on Umweltschutz, Armutsbekämpfung und nachhaltier Entwicklung durch die konsequente Verwirklichung er drei UN-Konventionsziele: erstens Schutz der bioloischen Vielfalt, zweitens ihre nachhaltige Nutzung und rittens gerechter und ausgewogener Vorteilsausgleich wischen Nord und Süd. Für uns heißt das konkret: Die biologische Vielfalt ist as Kapital der Armen. Der biologische, das heißt der enetische Reichtum unseres Planeten ist nicht gleichäßig verteilt. Die Zentren der Biodiversität liegen fast mer in den Entwicklungsländern. Die nachhaltige utzung dieser Vielfalt bietet für unsere Partnerländer ichtige ökonomische Grundlagen. Lassen Sie mich ies anhand einiger weniger Zahlen verdeutlichen: Vom eltweiten Umsatz auf dem Pharmamarkt von rund 00 Milliarden US-Dollar werden knapp ein Drittel mit aturstoffen oder deren Derivaten erzielt. Der Welthanel mit Heilpflanzen wird auf 800 Millionen US-Dollar Jahr geschätzt. 42 Prozent der 25 weltweit erfolg eichsten Medikamente sind Naturstoffe oder von Naturtoffen abgeleitet. Darüber hinaus stellen natürliche Dagmar Schmidt Ökosysteme mit ihrer biologischen Vielfalt für arme ländliche Lebensgemeinschaften und indigene Völker sowohl Supermarkt als auch Apotheke dar. Eine intakte Umwelt ist für sie existenziell. Eine fatale Armutsspirale wird in Gang gesetzt, wenn das ökologische Gleichgewicht durch erhöhten Nutzungsdruck und den Verlust von Lebensräumen erst beeinträchtigt ist. Die Entwicklungsländer haben den Wert ihres biologischen Reichtums erkannt. Das kaufmännische und technologische Wissen für die industrielle Nutzung und die Vermarktung der biologischen Vielfalt sind jedoch in den Industrieländern konzentriert. Meine Damen und Herren, die UN-Konvention über die biologische Vielfalt bietet die völkerrechtlich verbindliche Grundlage für die Schaffung eines internationalen Regimes für den Vorteilsausgleich und die Verhinderung von Biopiraterie. Wir begrüßen daher ausdrücklich die Beschlüsse des Weltgipfels von Johannesburg und der 7. Vertragsstaatenkonferenz der UN-Konvention über die biologische Vielfalt in Kuala Lumpur. Damit stehen die Fragen des Zugangs zu den genetischen Ressourcen und des gerechten Vorteilsausgleichs ganz oben auf der internationalen Agenda. Ich möchte noch zwei grundsätzliche Forderungen unseres Antrags ansprechen. Wir fordern zum einen den effizienten Einsatz der vorhandenen Mittel und eine Steigerung der Synergien bei internationalen Vereinbarungen. Die Konzentration und Vernetzung im globalen Umweltschutz ist auch im Sinne der Entwicklungsländer: Ihnen fehlen häufig die Ressourcen, um im globalen Konferenzmarathon mitzuhalten und ihre Interessen wirksam einzubringen. Zum anderen möchte ich den folgenden grundsätzlichen Punkt ansprechen: Wir fordern in unserem Antrag die Bundesregierung auf, weitere Staaten zu ermuntern, der UN-Konvention über die biologische Vielfalt beizutreten. Warum? Eigentlich ist dies eine banale Forderung angesichts der Tatsache, dass weltweit nur noch sechs Staaten fehlen, darunter Andorra und der Vatikan. Aber der sechste Staat, der die UN-Konvention über die biologische Vielfalt noch nicht unterzeichnet hat, sind die USA. Ebenso wie beim Klimaschutz steht Amerika beim globalen Schutz der biologischen Vielfalt im Abseits. Bei seiner Rede in Brüssel hat US-Präsident Bush unlängst die europäisch-amerikanische Allianz als Grundpfeiler für Frieden und Wohlstand in der Welt betont. Anstrengungen bei der Armutsbekämpfung, globaler Schutz des Weltklimas und der Umwelt – das waren neue, hoffnungsvoll stimmende Töne. Mögen diesen Worten bald Taten folgen. Denn wir brauchen eine weltweite Allianz für den Erhalt der Umwelt und zur Bekämpfung der Armut, eine Allianz zwischen Industrieund Entwicklungsländern, eine Allianz zwischen den lokalen, nationalen und internationalen Institutionen und Initiativen und eine Allianz zwischen Privatwirtschaft und Politik. Denn die finanziellen Ressourcen der öffentlichen Hände alleine reichen nicht aus. Hier ist die Verantwortung der Unternehmen für eine ökologisch nachhaltige und sozial gerechte Ausgestaltung der Globalisierung gefordert. Für uns gilt: U d w V p h t a i b d u d C M V i E r S a b d d u f g R u k s n L w l m u n 1 v u w d (C (D mweltund Entwicklungsfragen sind Zukunftsfragen er Menschheit. Sie müssen daher den gleichen Stellenert erhalten wie Wirtschaftsund Sicherheitsaspekte. (Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)





(A) )


(B) )


Unter Rot-Grün hat die Bundesrepublik weltweit eine
orreiterrolle in der Entwicklungs- und Umweltschutz-
olitik eingenommen. Vor ziemlich genau einem Jahr
at Papst Johannes Paul II. dieses dem Bundespräsiden-
en gegenüber betont. Deutschland genießt international
lso ein hohes Ansehen. Unser ganzer Einsatz wird auch
n Zukunft darauf gerichtet sein, diesem Lob gerecht zu
leiben.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. Entschul-

igen Sie, dass ich die Themen so durchgehechelt bin
nd Ihnen kaum Gelegenheit gegeben habe, zu applau-
ieren.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Werner Kuhn [Zingst] [CDU/CSU]: Das können wir ja nachholen!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516321900

Das Wort hat die Kollegin Christa Reichard von der
DU/CSU-Fraktion.

Christa Reichard (CDU):
Rede ID: ID1516322000

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vielen
enschen ist es überhaupt nicht klar: Die biologische
ielfalt, die Variabilität des Lebens in all seinen Formen,
st in vielerlei Hinsicht die Grundlage für nachhaltige
ntwicklung. Die Beseitigung der Armut, die Ernäh-
ungssicherheit, die Versorgung mit Trinkwasser, der
chutz der Böden und die Gesundheitsversorgung sind
llesamt unmittelbar auf die Erhaltung und Nutzung der
iologischen Vielfalt der Welt angewiesen. Sie garantiert
ie Bereitstellung von Produkten und Leistungen, die
as Wohlergehen von Mensch und Natur ermöglichen
nd erhalten helfen.
In besonderer Weise ist die biologische Vielfalt auch

ür die Menschen von Bedeutung, deren Existenz-
rundlage direkt von den an ihrem Wohnort verfügbaren
essourcen abhängig ist. Das ist uns sehr wohl bewusst
nd uns nicht erst nach der Debatte über diesen Antrag
lar geworden. Doch der Verlust von Arten und die Zer-
törung von Ökosystemen beschleunigen sich in besorg-
iserregender Weise und bedrohen somit die natürliche
ebensgrundlage der Menschen vor allem in den Ent-
icklungsländern. Das Gefährliche an dieser Entwick-
ung ist, dass sie ziemlich lautlos abläuft und ohne un-
ittelbar sichtbare Folgen bleibt.
Lassen Sie mich ein paar Beispiele nennen. Von den

rsprünglichen Urwäldern der Erde existieren heute nur
och 20 Prozent. Jährlich gehen weltweit rund
5 Millionen Hektar Wald verloren. Das ist in etwa so
iel wie die Flächen der Bundesländer Bayern, Hessen
nd Niedersachsen zusammengenommen. Diese Ent-
icklung ist nicht folgenlos geblieben. Mit dem Verlust
ieser Flächen versiegen Flüsse und Bäche, der Grund-






(A) )



(B) )


Christa Reichard (Dresden)


wasserspiegel sinkt, wertvolle Naturressourcen gehen
verloren, die Bodenerosion nimmt zu und der Klima-
wandel verstärkt sich.

Das Aussterben von Tier- und Pflanzenarten vollzieht
sich heute, wie bereits gesagt, hundert- bis tausendmal
schneller als in der Vergangenheit. Das hat also auch et-
was mit unserem Agieren zu tun. Manche Experten ge-
hen davon aus, dass pro Tag etwa 150 Arten aussterben.
Ich weiß allerdings nicht, mit welcher Methode das ge-
zählt wird. Ur- und Regenwälder beherbergen über zwei
Drittel aller auf dem Land lebenden Arten, womit gerade
ihnen eine besondere Bedeutung für den Arterhalt zu-
kommt. Selbst das Aussterben einer einzelnen Tierart
kann die Fähigkeit eines Ökosystems schwächen, sich
wechselnden Umweltbedingungen anzupassen.

Auf einen Aspekt möchte ich ganz besonders hinwei-
sen: Für Säugetierarten auf dem Festland stellen der
Verlust oder die Zerstörung von Lebensraum und nicht,
wie das oft gesagt wird, ihre Nutzung durch den Men-
schen die größte Bedrohung dar. Im Gegenteil: In vielen
Fällen kann gerade durch eine kontrollierte nachhaltige
Nutzung wild lebender Arten deren Ausrottung verhin-
dert werden.

Alarmierend ist auch der Zustand der Weltmeere und
Binnenseen. Hier ist in der Tat die Übernutzung durch
den Menschen in Form der kommerziellen Fischerei für
den Artenschwund und den Rückgang der Fischbestände
verantwortlich. Zudem führt die zunehmende Meeres-
verschmutzung zu einer großflächigen Gefährdung und
Zerstörung von wertvollen Küsten-Ökosystemen.

Natürlich liegt es auch in unserer gesellschaftlichen
Verantwortung, die Vielfalt der Schöpfung und die öko-
logische Integrität wichtiger Ökosysteme für zukünftige
Generationen zu bewahren. Sie werden mir sicher zu-
stimmen: Leider haben Appelle dieser Art in der Vergan-
genheit selten etwas bewirken können, vor allem in Ent-
wicklungsländern nicht, in denen die Politiker auch
andere dringende Probleme zu lösen haben.

Ich möchte daher eine Lanze für die Umweltökono-
mie und für ihre Methoden zur monetären Bewertung
der Kosten der Umweltzerstörung brechen. Dank der
Umweltökonomie wissen wir heute, dass die Natur-
zerstörung auch ein handfestes ökonomisches Problem
darstellt. Es ist ganz einfach so: Die Naturzerstörung
ausgedrückt in volkswirtschaftlichen Kosten bleibt viel
eher in den Köpfen der Entscheidungsträger hängen als
ökologische Appelle allein.


(Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Sehr wahr!)

Die ökonomische Bewertung der Biodiversität und der
damit verbundenen Produkte und Leistungen hat in vie-
len Fällen schon geholfen, die Vernichtung bedeutender
Nationalparks und Ökosysteme zu verhindern.

Ich denke in diesem Zusammenhang aber auch an das
große Potenzial der Regenwälder oder anderer Wildnis-
gebiete für Forschung, Wissenschaft und Medizin, wel-
ches uns zunehmend verloren geht.
Gleiches gilt für den ökonomischen Wert von biologi-
schen Ressourcen und Ökosystemleistungen.

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(C (D Ein prominentes Beispiel sind die durch Tropenwaldernichtung verursachten Kosten bei der Klimaerwärung. In Südostasien werden jährlich rund 5,8 Millionen ektar Tropenwald vernichtet, ein Gebiet so groß wie die chweiz. Allein die 1997 durch Walddegradierung proozierten Torfbrände im indonesischen Teil der Insel orneo haben eine Kohlendioxidmenge freigesetzt, die ehr als dem Zehnfachen dessen entspricht, was in eutschland in den letzten zehn Jahren im Rahmen der ioto-Vereinbarung mit Milliarden von Kosten eingepart wurde. Rein finanziell betrachtet, wäre es für eutschland also wesentlich günstiger gewesen, sich im ropenwaldschutz in Südostasien zu engagieren, als reibhausemissionen in Deutschland einzusparen. Ich möchte damit nicht nur sagen, dass wir ein ureige es Interesse haben, in den Schutz der Natur zu investieen, sondern auch, dass wir uns viel intensiver mit den olkswirtschaftlichen Kosten der Naturund Umwelterstörung befassen müssen. ngesichts der ohne Übertreibung als dramatisch zu beeichnenden Bedrohung der globalen Biodiversität steen nationale Regierungen und die internationale Enticklungspolitik vor einer Herausforderung, der wir uns esser heute als morgen stellen. Wir dürfen nicht zulasen, dass wir die Lebensgrundlagen zukünftiger Generaionen zerstören. Die Arbeit der Entwicklungsministerin in diesem ektor lässt aber leider zu wünschen übrig. Dass der Eralt der Umwelt nicht ihr Lieblingsthema ist, ist internaional bekannt. Lassen Sie mich ein Beispiel nennen. uf dem World Parks Congress in Südafrika 2003 – ein ongress, der nur alle zehn Jahre stattfindet – kamen xperten der Welt zusammen, um über ein globales etzwerk von Schutzgebieten zu beraten. Deutschland ehörte zu den wenigen Industrieländern, die keinen ertreter des Entwicklungsministeriums entsendet haen. Das halte ich für peinlich. Der schleichende Bedeutungsverlust des Sektors Na urund Ressourcenschutz in der deutschen Entwickungszusammenarbeit muss umgehend ein Ende haben. ch weiß gar nicht, meine Damen und Herren von der rünen Partei, was Sie eigentlich Ihren Wählern erzähen. (Ulrich Heinrich [FDP]: Das weiß man schon lange nicht mehr!)


(Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Genau!)


(Ulrich Heinrich [FDP]: Sehr peinlich!)


nter der Unionsregierung wurde im BMZ die Tropen-
aldreserve und unter dem Dach der GTZ das „Begleit-
rogramm Tropenökologie“ ins Leben gerufen. Die rot-
rüne Regierung hat Letzteres zum Entsetzen der Exper-
n abgeschafft und das deutsche Engagement im Tro-
enwaldsektor zurückgefahren. Um dieser Entwicklung
ntgegenzusteuern, wurde auf Initiative der CDU/CSU-
raktion letztes Jahr eine Expertenanhörung durchge-
ührt. Ich möchte die Äußerung eines der namhaften Ex-
erten zitieren: Gemessen an den globalen Trends ist
uch der Beitrag der deutschen Entwicklungszusammen-
rbeit als viel zu gering und ineffizient beim Biodiversi-
tserhalt zu bewerten.






(A) )



(B) )



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516322100

Frau Kollegin Reichard, erlauben Sie eine Zwischen-

frage der Kollegin Eid?

Christa Reichard (CDU):
Rede ID: ID1516322200

Bitte.

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516322300

Bitte schön, Frau Eid.

Ursula Eid-Simon (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516322400

Frau Reichard, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu neh-

men, dass die Bundesrepublik Deutschland, die Bundes-
regierung und speziell die Kreditanstalt für Wiederauf-
bau, der größte Geldgeber der Friedensparks sind?
Gerade heute war eine Delegation aus Südafrika – ein
Mitglied dieser Delegation ist für diese Friedensparks
zuständig – zu Besuch. In einem Gespräch mit der Ent-
wicklungsministerin wurde noch einmal zugesagt,


(Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Zugesagt!)

dass wir die Erweiterung und Ausdehnung dieser Parks
über die Grenzen hinweg nach Mosambik in einem wei-
teren Schritt unterstützen werden.

Allein die Tatsache, dass die Ministerin oder die Par-
lamentarische Staatssekretärin auf einer Konferenz nicht
anwesend ist, kann doch – ich bitte Sie, mir darin zuzu-
stimmen – nicht als Beweis dafür gelten, dass wir nichts
tun. Die Fakten sprechen eine andere Sprache.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Christa Reichard (CDU):
Rede ID: ID1516322500

Frau Abgeordnete Eid, natürlich nehme ich das gerne

zur Kenntnis. Trotzdem ist das Projekt der Friedensparks
nur ein Ausschnitt dieses weltweiten Netzes. Ich be-
grüße es ausdrücklich, wenn wir uns daran beteiligen.
Ich halte es aber nicht für ausreichend, was durch die
Bundesregierung in diesem Rahmen geleistet wird.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich bin froh, dass wir uns auf einen interfraktionellen

Antrag einigen konnten, in dem wir gemeinsam die Bun-
desregierung auffordern, das deutsche Engagement zum
Schutz der globalen Biodiversität wieder auszuweiten.
Mein besonderer Dank gilt in diesem Fall auch den Kol-
legen von Rot-Grün im Ausschuss für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung, die uns der Sache
wegen bei diesem Antrag unterstützt haben und bei dem
wir eine gemeinsame Linie finden konnten.

Ich möchte auf einige Forderungen des gemeinsamen
Antrags eingehen, die der CDU/CSU-Fraktion beson-
ders wichtig sind. Wir fordern zum Beispiel die Bundes-
regierung auf, unseren biodiversitäts- und tropenwald-
reichen Partnerländern folgendes Angebot zu machen:
Wir sollten ihnen anbieten, sie zusätzlich zu den in Re-
gierungsverhandlungen vereinbarten Kooperationssekto-
ren im Bereich Schutz und nachhaltige Nutzung natürli-
cher Ressourcen zu unterstützen. Des Weiteren erwarten
wir von der Bundesregierung, dass sie endlich die ent-

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(C (D prechenden Maßnahmen ergreift, um den Import von ilegal eingeschlagenem Tropenholz nach Deutschland zu nterbinden. Zum Schutz und zur langfristigen Sicherung von Na urschutzgebieten in Entwicklungsländern sind innovave Instrumente gefragt. Deshalb fordern wir die Einrichng und Unterstützung von Stiftungen zur Finanzierung on Schutzgebieten sowie die Beratung von Entwickngsländern zur Förderung von kommunalen und privaen Schutzstrategien. Wir erwarten auch, dass die Bundesregierung die Er ebnisse der 7. Vertragsstaatenkonferenz der Konvenion über biologische Vielfalt zu Schutzgebieten umetzt. Uns allen sollte jedoch klar sein, dass der größte nteil der Biodiversität außerhalb von Schutzgebieten xistiert. Deshalb sollten wir uns zusätzlich auf Konepte orientieren, die geeignet sind, biologische Vielfalt uch außerhalb von Schutzgebieten zu erhalten. Schutz urch nachhaltige Nutzung, ganz im Sinne der Konvenion über biologische Vielfalt, ist hier oft der erfolgeichste Ansatz. Meine Damen und Herren, bitte verstehen Sie uns icht falsch. In vielen Fällen ist es nicht unbedingt nötig, ehr Geld in die Hand zu nehmen. Vieles kann durch ehr Engagement erreicht werden. Wir erwarten zum eispiel von der Bundesregierung, dass sie die Weltbank nd die regionalen Entwicklungsbanken ermutigt, in ihen Projektplanungen den Schutz und die nachhaltige utzung der biologischen Vielfalt stärker zu berücksichigen. Auch wünschen wir uns, dass der Schutz global ichtiger Naturressourcen von allen beteiligten Bundesinisterien, wie zum Beispiel dem BMZ, dem Umweltinisterium, dem Bildungsund Forschungsministerium nd dem Auswärtigen Amt, gleichermaßen unterstützt ird. Das ist bisher leider nicht immer der Fall. Abschließend möchte ich sagen, dass CDU und CSU n dem Antrag eine Chance sehen, den etwas in Vergesenheit geratenen Sektor Schutz der Biodiversität wieder u beleben. Wir reichen der Regierung die Hand und bieen unsere konstruktive Unterstützung an. Es geht nicht ur um die Lebensgrundlagen künftiger Generationen, ondern auch um die Vermeidung von Krisen und Konlikten. Bereits nächste Woche treffen sich die Umweltnd Entwicklungsminister der G-8-Staaten in England u Beratungen über den globalen Umweltschutz. Das äre ein geeigneter Anlass für die Bundesregierung, eue Akzente zu setzen. Ich danke Ihnen. Das Wort hat der Kollege Thilo Hoppe vom ündnis 90/Die Grünen. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich öchte zunächst sagen: Auch ich finde es gut, dass es Thilo Hoppe nach einigen Mühen gelungen ist, hier einen schwarzrot-grünen Antrag einzubringen. Das entspricht der Größe der globalen Herausforderung. Nun kann man sich über die Bewertung dessen, was in der Vergangenheit geschehen ist, streiten. Ich will zurückweisen, dass dieses Thema in Vergessenheit geraten ist oder vernachlässigt wurde. Aber richten wir den Blick nach vorne! Uns eint die Überzeugung, dass in diesem Bereich noch mehr getan werden kann und dass größere Investitionen in den Schutz der biologischen Vielfalt notwendig sind. Auf dem Weltgipfel von Johannisburg hat sich die Weltgemeinschaft zum Ziel gesetzt, die Verluste an biologischer Vielfalt bis zum Jahr 2010 stark zu reduzieren. Doch die Wahrheit sieht ganz anders aus. Das wurde schon von den Vorrednerinnen deutlich gemacht; das muss ich hier jetzt nicht wiederholen. Die Zerstörung der Ökosysteme und der Verlust von Arten gehen in einer alarmierenden Weise weiter voran. Dieser Prozess beschleunigt sich sogar noch. Was das für unsere Erde bedeutet, kann in seiner ganzen Tragweite noch gar nicht ermessen werden. Alles greift ineinander. Erst jüngst hat die Tsunamikatastrophe gezeigt, dass die Zerstörung der Mangrovenwälder und Korallenriffe die Katastrophe in einigen Bereichen noch weiter verschärft hat. Dort, wo die Mangrovenwälder und Korallenriffe intakt waren, waren die Auswirkungen der Flutkatastrophe weitaus geringer. In den Entwicklungsländern ist die Anzahl der Umweltflüchtlinge schon heute höher als die Anzahl der Menschen, die infolge von Kriegen und Bürgerkriegen ihre Heimat verlassen müssen. Der Erhalt der biologischen Vielfalt ist eine globale öffentliche Aufgabe. Die biologische Vielfalt ist ein Weltnaturerbe. Das aufs Spiel zu setzen ist auch aus wirtschaftlichen Gründen absurd. Dass die Abholzung des tropischen Regenwaldes ein Schnitt in die grüne Lunge unseres Planeten ist, gehört inzwischen zum Allgemeinwissen. Jedes Schulkind weiß das. Doch die aus dieser Erkenntnis gezogenen Konsequenzen lassen noch zu wünschen übrig. Der Erhalt des Regenwaldes wird sich nur dann erreichen lassen, wenn den tropenwaldreichen Ländern durch den Schutz der ökologischen Vielfalt langfristig mehr Einnahmen entstehen und dadurch ihre kurzfristigen Interessen – schnelles Geld aufgrund von schnellen Abholzungen – in den Hintergrund treten. Dazu können wir beitragen. Wir tun das auch: durch bilaterale Projekte im Bereich des Umweltund Ressourcenschutzes und durch Projekte zur Sicherung der Agrobiodiversität. Ich denke zum Beispiel an Projekte der GTZ in Indien, bei denen es darum geht, pflanzengenetische Ressourcen und die Vielfalt von Reisbzw. Getreidesorten durch verschiedene Maßnahmen – vom Aufbau von Forstverwaltungen über die Unterstützung nationaler Schutzgebietefonds bis hin zum angepassten Tourismus – zu erhalten. Nationalparkmanagement – daran erinnert uns immer der Kollege Ruck, der uns durch die Nationalparks f v w ö h s i g i d S g w w s a g u 2 g D T d d S r b d a g G f b e t l F V p E g s e l s s w g d v s (C (D ührt – muss so angepackt werden, dass die örtliche Beölkerung nicht als störend angesehen und ausgesperrt ird. Sie muss einbezogen werden und vom Erhalt der kologischen Vielfalt auch einen ökonomischen Nutzen aben. Als beispielhaft empfinde ich einen Projektanatz, der uns in Bolivien vorgestellt wurde. Dort wird der ndigenen einheimischen Bevölkerung die Möglichkeit egeben, durch das Sammeln von wilden Kakaobohnen n einem Nationalpark Einkommen zu generieren. Aus iesen wilden Kakaobohnen wird eine ganz exquisite chokoladensorte, eine neue Schokoladenspezialität herestellt, die über die Fair-Trade-Schiene vermarktet ird, auch in Deutschland. Das ist ein Projekt, das im ahrsten Sinne des Wortes mehr als eine Schokoladeneite hat. Was die deutsche bilaterale Entwicklungszusammen rbeit betrifft, sind wir auf einem guten Weg. Die Zusaen Deutschlands im bilateralen Bereich – Stichworte FZ nd TZ – wurden von circa 558 Millionen Euro im Jahr 000 auf circa 710 Millionen Euro im Jahr 2003 gesteiert. Allen, auch negativen Aussagen zum Trotz ist eutschland einer der größten Geber im Bereich des ropenwaldschutzes. Angesichts der großen Herausforerung ist aber mehr nötig. Wir Grünen erwarten, dass ie Mittel für diesen Bereich gesteigert werden. Sie haben die Möglichkeit angesprochen, den chwerpunktund Partnerländern zusätzlich zu den beeits vereinbarten Sektoren weitere Kooperationsangeote im Bereich des Tropenwaldschutzes, im Bereich es Erhaltes der Biodiversität zu machen. Das tragen wir usdrücklich mit. Dafür braucht man nicht nur mehr Enagement, sondern tatsächlich auch mehr Geld. Wir rünen werden uns dafür stark machen, dass die Mittel ür die Entwicklungszusammenarbeit deutlich angehoen werden. Bei uns gibt es – das ist besonders wichtig – inen Schulterschluss mit unseren Haushältern. Vorgesern Abend hat unsere Fraktion einstimmig, unter Beteiigung aller Grünen, beschlossen, dass es einen festen ahrplan geben soll: 0,7 Prozent bis 2014. Mit dieser orgabe gehen wir in die Gespräche mit dem Koalitionsartner. Parallel dazu erwarten wir, dass auch andere bilaterale ntwicklungsinstitutionen wie die Weltbank und die reionalen Entwicklungsbanken zum Erhalt der biologichen Vielfalt mehr beitragen. Herr Kollege Hoppe, denken Sie bitte an die Zeit. Ich komme jetzt schnell zum Schluss. Ich muss mir inige Dinge schenken, die andere Kolleginnen und Kolegen schon gesagt haben. Einen entscheidenden Faktor möchte ich noch an prechen. Bei der Weltbank wollen einige Akteure – das cheint ein Trend zu sein – biologische Standards aufeichen. Ich finde es sehr schön, dass wir diesem Trend emeinsam widerstehen wollen. Die biologischen Stanards der Weltbank müssen nicht aufgeweicht, sondern erschärft werden. Dafür sollten wir uns gemeinsam einetzen. Thilo Hoppe (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516322600
Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516322700




(A) )


(B) )

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516322800
Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516322900




(A) )


(B) )



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516323000

Das Wort hat jetzt der Kollege Ulrich Heinrich, FDP-

Fraktion.


Ulrich Heinrich (FDP):
Rede ID: ID1516323100

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der

Fortschrittsbericht der Bundesregierung zur deutschen
bilateralen Entwicklungszusammenarbeit im Wald-
sektor ist eine sehr gute Grundlage für zukünftige Ent-
wicklungspolitik und rückt den Wald in seiner großen
Bedeutung in das richtige Licht und in den Vordergrund.
Trotz allen politischen Streits im Bundestag ist mit Ge-
nugtuung zu registrieren, dass unsere Beamten einen le-
senswerten Bericht geschrieben haben, den ich allen In-
teressierten zur Lektüre nur wärmstens empfehlen kann.

Trotz aller Gemeinsamkeiten gibt es aber einiges, was
uns trennt. Ich möchte einige Punkte aufführen, die be-
gründen, warum wir den gemeinsamen Antrag von SPD,
CDU/CSU und Bündnis 90/Die Grünen noch nicht un-
terstützen.

Lassen Sie mich zuerst aber einige grundsätzliche
Dinge nennen. Neben den geläufigen Funktionen des
Waldes, die wir alle kennen und jeden Tag mehr oder
weniger herunterbeten, wird häufig vergessen, die Funk-
tion der CO2-Senke anzusprechen. Diese Funktion ver-setzt die Entwicklungsländer in eine gute Position, durch
den Handel mit Emissionszertifikaten die einheimische
Wirtschaft zu stärken und gleichzeitig interessante zu-
sätzliche Aufforstungsprojekte auf den Weg zu bringen.
Zu überlegen wäre ebenfalls, ob aus diesen Gründen die
KfW nicht eine verstärkte Förderung von Neuauffors-
tungen ins Auge fassen sollte,


(Beifall bei der FDP)

und dies nicht nur aufgrund des Handels mit Zertifika-
ten, sondern auch, um in kritischen Regionen einer wei-
teren Versteppung und Verkarstung entgegenzuwirken.

Dass der Wald nur durch eine nachhaltige Bewirt-
schaftung, und zwar im Sinne der Agenda 21, seine
volle Funktion erfüllen kann, ist unbestritten. Die
Agenda enthält drei Säulen, die im Hinblick auf die
Nachhaltigkeit gleichberechtigt nebeneinander stehen:
die wirtschaftlichen Ziele, die sozialen Ziele und die
ökologischen Ziele. Dem widerspricht allerdings die
dritte Forderung des Antrags auf Drucksache 15/4661
eindeutig. Hier wird gefordert, dass die bestehenden
Zielkonflikte zwischen internationalen Handelsvereinba-
rungen und Umweltkonventionen zulasten Ersterer ge-
löst werden sollen. Das ist eine einseitige Bevorzugung
der ökologischen Seite. Hier müssen wir eine Korrektur
anbringen.


(Beifall bei der FDP)

Dies widerspricht auch den Interessen der Entwicklungs-
länder und damit dem partizipatorischen Ansatz der Ent-
wicklungszusammenarbeit.

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(C (D (Dr. Sascha Raabe [SPD]: Das glauben Sie doch selbst nicht!)


Die Forderungen 11 und 12 des Antrages widerspre-
hen diesem Ansatz ebenfalls. Wir können und wollen
en HIPC-Ländern nicht vorschreiben, die durch Ent-
chuldung frei werdenden Mittel zum Schutz und zur
achhaltigen Nutzung natürlicher Ressourcen einzuset-
en. Den Ländern muss es selbst überlassen bleiben, wie
ie ihre Armutsstrategien gestalten.
Zum Schluss noch eine Bemerkung zur Forderung 22,

n der nur von FSC als Zertifizierungssystem die Rede
st. Ich rufe in Erinnerung: Es gibt acht unabhängige
ysteme und die FAO fordert zu Recht, alle acht zu be-
ücksichtigen. Die Politik täte gut daran, sich aus den
arktwirtschaftlichen Entscheidungen der Entwick-
ungsländer herauszuhalten. Es muss den Entwicklungs-
ändern überlassen bleiben, die ihnen am sinnvollsten er-
cheinenden Zertifizierungssysteme einzusetzen. Die
DP jedenfalls lehnt jede einseitige Bevorzugung eines
ertifizierungssystems rundweg ab.


(Beifall bei der FDP)


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516323200

Herr Kollege Heinrich, denken Sie bitte an Ihre Rede-

eit.

Ulrich Heinrich (FDP):
Rede ID: ID1516323300

Das ist der letzte Satz.
Wir beraten heute erstmals über den vorliegenden An-

rag. Wenn wir die von mir angesprochenen Punkte noch
ndern können, dann gibt es eine gute Chance, einen ge-
einsamen Antrag mit der FDP auf den Weg zu bringen.
ir wollen jedenfalls eine sehr breit angelegte Zusam-
enarbeit.
Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP)


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516323400

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf

en Drucksachen 15/4661 und 15/4600 an die in der Ta-
esordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.
ind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann
st so beschlossen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 13 auf:

Beratung der Unterrichtung durch die Bundes-
regierung
Bericht der Bundesregierung über ihre Ex-
portpolitik für konventionelle Rüstungsgüter
im Jahre 2003 (Rüstungsexportbericht 2003)

– Drucksache 15/4400 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)

Auswärtiger Ausschuss
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die

Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red-
ner dem Parlamentarischen Staatssekretär Ditmar
Staffelt das Wort.

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Dr. Ditmar Staffelt (SPD):
Rede ID: ID1516323500


Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Ich möchte Ihnen den Rüstungsexportbericht
vorstellen, den die Bundesregierung nunmehr zum fünf-
ten Mal vorlegt. Seit dem ersten Bericht 1999 ist das Be-
richtsformat ständig weiterentwickelt worden. Ich
glaube, man kann mit Recht sagen, dass es auf breite Zu-
stimmung gestoßen ist und sich auch dem internationa-
len Vergleich sehr wohl stellen kann.

Auch für 2003 haben wir eine weitere Verbesserung
der Berichtspraxis erreicht. Der Bericht ist nunmehr
noch transparenter, als er in der Vergangenheit war. Im
Abschnitt über die erteilten Ausfuhrgenehmigungen für
Rüstungsgüter wurde erstmals der Anteil der Genehmi-
gungen, die sich auf Kriegswaffen beziehen, offen
gelegt. Vorbild war hier der schwedische Rüstungs-
exportbericht. Dem Vorschlag einer Nichtregierungs-
organisation folgend, wurde der Abschnitt über die tat-
sächlichen Ausfuhren von Kriegswaffen ergänzt. Dort
wird nunmehr über alle Empfängerländer statt wie bisher
nur über die 20 wichtigsten berichtet.

Dem eigentlichen Bericht vorangestellt wurde auch
diesmal eine ausführliche Schilderung der deutschen
Exportkontrolle für Rüstungsgüter und der wichtigsten
Entscheidungsgrundlagen. Auch für zukünftige Be-
richte werden wir weiterhin Anregungen zur Weiterent-
wicklung prüfen. Wir unterstützen im Übrigen die Be-
strebungen zu einer Harmonisierung des Berichtswesens
innerhalb der Europäischen Union.

Den Kern des Berichts bildet die Darstellung der
rechtlichen und politischen Entscheidungsgrundlagen
für die Rüstungsexportpolitik. Diese Darstellung wird
durch umfangreiches Zahlenmaterial insbesondere in der
Anlage 5 vervollständigt, die lückenlos über alle erteil-
ten Ausfuhrgenehmigungen Auskunft gibt.

Ein besonderer Schwerpunkt der Berichterstattung
lag wiederum in den Genehmigungen für die Ausfuhr
von Kleinwaffen. Das hierfür gewählte Berichtsformat
– die Auflistung aller Drittländer, für die Genehmigun-
gen für Kleinwaffen und Munition erteilt wurden, samt
Stückzahl, Wert und Waffenart – wurde erstmals im Vor-
jahr praktiziert und fand ebenfalls ausdrückliche inter-
nationale Anerkennung.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren, diese Schwerpunktsetzung

spiegelt die besondere Aufmerksamkeit wider, die die
Bundesregierung dieser Waffenkategorie beimisst.
Deutschland setzt sich zusammen mit den europäischen
Partnern für eine strikte Kontrolle von Kleinwaffenaus-

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(C (D uhren ein. Es gilt, einer unkontrollierten Verbreitung erartiger Waffen Einhalt zu gebieten. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Der Anteil der Rüstungsexporte an den deutschen
esamtausfuhren ist nach wie vor sehr gering. Bei
riegswaffen liegen statistische Daten über die tatsäch-
ich erfolgten Ausfuhren vor. Sie machten im Jahre 2003
und 0,2 Prozent der deutschen Gesamtausfuhren aus.
er Gesamtwert aller ausgeführten Kriegswaffen lag bei
,3 Milliarden Euro. Gegenüber dem sehr geringen Vor-
ahreswert bedeutet dies allerdings einen Anstieg. Die
ründe hierfür sind aber sehr plausibel zu erläutern.
Im Jahre 2003 wurden Einzelausfuhrgenehmigun-

en im Wert von 4,9 Milliarden Euro erteilt. Das sind
,6 Milliarden Euro mehr als im Vorjahr. Mehr als zwei
rittel gingen allerdings in EU-, NATO- und NATO-
leichgestellte Länder. Nur 33 Prozent entfallen auf so
enannte andere Länder, also Drittländer. Für die Kate-
orie der Kleinwaffen ist der Gesamtwert im Jahre 2003
eutlich auf 53 Millionen Euro zurückgegangen. Hier-
on entfallen rund 84 Prozent auf EU-, NATO- und
ATO-gleichgestellte Länder.
Die Steigerungen bei den Genehmigungswerten für

lle Rüstungsgüter sind durch einige Einzelentscheidun-
en zu erklären. Hier sind zum einen insbesondere die
orvetten für Südafrika und Malaysia hervorzuheben,
ür deren Auslieferung es einen außerordentlich guten
rund gab, nämlich die internationale Sicherung der
asserwege der durch Piraterie bedrohten Gewässer in
iesen Regionen, und zum anderen auch die – ich denke,
on diesem Hause sehr wohl unterstützte – leihweise
berlassung von zwei Flugabwehrraketensystemen an
srael.
Ungeachtet dieser wertmäßig herausragenden Ent-

cheidungen für Drittländer entfallen mehr als zwei Drit-
el des Gesamtwerts der erteilten Ausfuhrgenehmigun-
en auf EU-, NATO- und NATO-gleichgestellte Länder.
Diese Zahlen und die dahinter stehenden Fälle zeigen

us meiner Sicht, dass die Bundesregierung gegenüber
rittländern eine verantwortungsbewusste Politik mit
ugenmaß betreibt. Genehmigungen werden auf der
rundlage der politischen Grundsätze der Bundesregie-
ung für Rüstungsgüterexporte erteilt. Dabei werden alle
mstände des Falles, insbesondere auch die innere Lage
m Empfängerland einschließlich der dortigen Men-
chenrechtssituation, berücksichtigt. Bei Kriegswaffen
uss vor einer Genehmigungserteilung darüber hinaus
estgestellt werden, dass die Ausfuhr unseren außen- und
icherheitspolitischen Interessen entspricht.
Meine Damen und Herren, ich darf an dieser Stelle
ohl sagen, dass wir Rüstungsexportpolitik seitens die-
er Bundesregierung mit Zurückhaltung und Augenmaß
etreiben.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ies wird auch weiterhin Gegenstand unseres politi-
chen Handelns sein. In diesem Rahmen haben wir auch






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Dr. Ditmar Staffelt

gegenüber anderen Bundesregierungen ganz erfolgreich
und ganz herausragend eine neue Transparenz und
Nachvollziehbarkeit unserer Politik realisiert.

Danke.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516323600

Das Wort hat jetzt der Kollege Erich Fritz von der

CDU/CSU-Fraktion.

Erich G. Fritz (CDU):
Rede ID: ID1516323700

Herr Präsident! Liebe verbliebene Kolleginnen und

Kollegen! Die Bundesregierung glänzt gern mit deut-
schen Erfolgen in der Exportpolitik. Im Jahreswirt-
schaftsbericht rühmt sie sich ihrer Exporterfolge, die
Deutschland 2003 den Titel des Exportweltmeisters ein-
gebracht haben und es voraussichtlich 2004 wieder tun
werden. Auch Panzer und Gewehre sind deutsche
Exportschlager.

Die deutschen Kriegswaffenausfuhren haben 2003
mit 1,3 Milliarden Euro – viermal so viel wie 2002 – ei-
nen neuen Höchststand erreicht. Auch die Genehmigun-
gen für Rüstungsexporte schnellten in die Höhe. Wäh-
rend 2002 Genehmigungen für Rüstungsexporte in Höhe
von rund 3,3 Milliarden Euro erteilt wurden, waren es
2003 mit 4,9 Milliarden Euro fast 50 Prozent mehr als
im Vorjahr. So viel zu der restriktiven Politik, die der
Staatssekretär gerade vorgestellt hat.


(Ulrich Heinrich [FDP]: Das klingt ja völlig anders!)


Diese Entwicklung steht in deutlichem Widerspruch
zu dem, Herr Staffelt, was Ihr Kollege Gerd Andres letz-
tes Jahr in dieser Debatte, die etwa um die gleiche Zeit
stattfand, gesagt hat. Er sagte:

Auch in Zukunft wird die Bundesregierung ihre mit
Zurückhaltung und Augenmaß betriebene Rüs-
tungsexportpolitik fortsetzen.

Deutsche Waffen – Panzer, Hubschrauber, Schiffe –
waren 2003 bestimmt für die USA, Griechenland,
Malaysia, die Türkei und Südafrika. Nach dem Stock-
holmer SIPRI ist Deutschland von Rang 5 auf Platz 4 der
Hitliste der Rüstungsexporteure geklettert. Ein beein-
druckender Erfolg rot-grüner Politik, meine Damen und
Herren!

Bemerkenswert sind die in 2003 erneut gestiegenen
Lieferungen in Entwicklungsländer. Etwa ein Viertel
des Gesamtwertes bei den genehmigten Rüstungsausfuh-
ren entfällt auf Staaten, die der Entwicklungshilfeaus-
schuss der OECD als Empfänger offizieller Entwick-
lungshilfe erfasst. Die Bundesregierung spricht dagegen
von einem Ausfuhranteil in Entwicklungsländer von nur
12 Prozent und unterläuft – das ist zumindest die berech-
tigte Kritik der Kirchen in Deutschland – international
vereinbarte Kriterien über die Definition von klassischen
Entwicklungsländern. Das Schönen der Statistik gehört
nun auch in diesem Politikbereich zum Handwerkszeug
der Bundesregierung.

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(C (D Ausfuhren erfolgten auch 2003 wieder in Spannungsebiete wie Afghanistan, Irak und Nigeria. Besonders eutlich ist der Anstieg der Lieferungen an Indonesien. abei gibt es weder Frieden in Aceh noch Versöhnung. arüber müsste man doch diskutieren. Besorgniserregend ist auch der gestiegene Export von leinwaffen und Munition. Ich weiß gar nicht, wie Sie u der Aussage kommen, er sei geringer geworden, Herr taffelt. Selbst Mitglieder der Koalitionsfraktionen, die ollegen Erler und Nachtwei, haben das kritisiert. Um ritik aus den eigenen Reihen scheinen sich aber die itglieder des Bundessicherheitsrates nicht ernsthaft zu cheren. Ich denke beispielsweise an die Exportgenehigungen für Rüstungsgüter an Saudi-Arabien, deren ert trotz Kritik aus den Reihen der Grünen 2003 fast oppelt so hoch wie im Jahr davor lag, oder an die Rüsngsexporte an die Vereinigten Arabischen Emirate. hr Wert betrug im Jahr 2003 49,2 Millionen Euro. Das eht auch künftig munter so weiter. Schließlich hat der undeskanzler gerade die Lieferung von 32 Fuchs-Spüranzern zugesagt. Grüne Kritik an der Lieferung, auch ier vom Kollegen Nachtwei, angesichts der Nichtratiizierung wichtiger Rüstungskontrollverträge durch die ereinigten Arabischen Emirate – immerhin ein Maßtab, den man berechtigterweise heranziehen kann; ich enke an das Ottawa-Übereinkommen oder das Biowafenübereinkommen – schert die Regierung nicht. (Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Doch!)


Sie kommen gleich dran.
Der Berichtszeitraum, für den Herr Staffelt gerade die

eränderung der Rüstungsexporte dargestellt hat, liegt
iederum zwölf Monate zurück. Das ist wirklich nicht
uropäischer Standard, Herr Staffelt. In Großbritannien
ird vierteljährlich jeweils im Nachhinein berichtet. Es
eht also noch besser. Mangelnde Zeitnähe, lückenhafte
ngaben über Art, Stückzahlen und vor allen Dingen
ndempfänger zeichnen den Bericht aus. Das kritisiert
brigens auch die Parteivorsitzende der Grünen, Frau
oth.


(Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Dass Sie die erwähnen mussten! – Manfred Grund [CDU/ CSU]: Die ist selten zitierfähig!)


Meine Damen und Herren, Rot-Grün praktizieren po-
tisch das – das ist das Ergebnis des Studiums dieses Be-
ichts –, was sie bis 1998 aufs Heftigste kritisiert haben.


(Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: So ist es!)

a, Sie sind sogar, wenn man sich die Zahlen anschaut,
besser“ als von der Union und der FDP geführte Regie-
ungen. Die Einzelausfuhrgenehmigungen erreichen
inen Wert, der zuletzt 1996 erzielt wurde, als die gan-
en NVA-Bestände verramscht wurden und SIPRI diese
lle mit Neupreisen ansetzte. Wie schnell sich die Zeiten
ndern und wie schnell Realpolitik und Pragmatismus
ot-grüne Maximen verdrängen, ist doch erstaunlich. In
er „Financial Times Deutschland“ vom 27. Mai letzten
ahres wird der Kollege Weigel zitiert. Eine weniger






(A) )



(B) )


Erich G. Fritz

restriktive Politik gegenüber etwa der Türkei oder Ägyp-
ten könne womöglich mehr erreichen.

„Außenpolitisch schafft Rüstungszusammenarbeit
Bindungen und Einflussnahme …“

Man hat Rüstungsexportpolitik jetzt als Teil der Außen-
politik erkannt.

Gernot Erler wird in einem „Spiegel“-Artikel vom
Oktober 2004 mit den Worten zitiert, de facto würde sich
niemand um die Endverbleibsklauseln scheren, eine sys-
tematische Kontrolle gebe es nicht. Herr Kollege Erler,
ich gebe Ihnen Recht. Aber schon damals, als Sie das
festgestellt haben, haben wir gesagt, das sei im Binnen-
markt ein schwieriges Unterfangen und erfordere einen
Aufwand, den vermutlich keine Regierung leisten kann.
Es muss also in jedem Einzelfall abgewogen werden.
Anders geht es nicht. Interessen müssen beim Namen
genannt werden, Grundsätze muss man ernst nehmen.
Was hier vorgetragen worden ist, ist schon ein wenig
scheinheilig.

Blickt man nach vorne und sieht man sich die neuen
Pläne der rot-grünen Bundesregierung für Rüstungsge-
schäfte an, stellt man fest, dass es eine Reihe von Zusa-
gen gibt. Kernnormen deutscher Rüstungsexportpolitik
geraten damit auch in Zukunft regelmäßig in Konflikt.
Das ist abzusehen. Denken Sie an die weitere Lieferung
von Atom-U-Booten der Dolphin-Klasse an Israel. Es
geht offensichtlich überhaupt nicht mehr um die Frage,
ob umgerüstet wird.


(Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir liefern doch keine Atom-U-Boote!)


– Natürlich haben Sie Recht, Herr Kollege. Ich meine
die Lieferung von U-Booten;


(Zuruf von der SPD: Mit Brennstoffzellen!)

ich habe den Begriff Atom schon im Kopf gehabt. – Da-
bei wird doch von Israel gar nicht mehr bestritten, dass
die Abschussvorrichtungen eben für atomwaffenfähige
Trägersysteme umgerüstet wurden. Die israelische Zei-
tung „Ma’ariv“ schreibt, die Bundesregierung habe ihren
Widerstand gegen eine mögliche Umrüstung der Boote
aufgegeben


(Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt nicht!)


– sie schreibt es; ich zitiere nur –, weil sie plane, künftig
eine aggressivere Rüstungsexportpolitik zu verfolgen.
Das ist, finde ich, eine klare Erkenntnis. Der Bundes-
kanzler belegt ziemlich regelmäßig, dass es in diese
Richtung geht.

Es gibt die Genehmigung der Schützenpanzer für den
Irak. Darüber kann man in anderem Zusammenhang
durchaus sprechen. Aber es muss auch erwähnt werden,
dass es möglicherweise Lieferungen von Leo-II-Panzern
an die Türkei gibt. Dass die Unterstützung der Annä-
hrung der Türkei an die EU durch Rot-Grün ausgerech-
net bei der Modernisierung der Streitkräfte anfängt, ver-
wundert mich schon sehr. Wenn ich daran denke, wie
dort in den vergangenen Tagen Demonstranten niederge-
prügelt wurden, und mir vorstelle, es könnte zu ernsthaf-

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(C (D en Auseinandersetzungen in der Türkei kommen, dann omme ich zu dem Schluss, dass die Frage des Umgangs it Rüstungsexporten in dieses Land heute nicht anders ls vor zehn Jahren beantwortet werden kann. Meine Damen und Herren, die Entscheidungen und iskussionen der letzten Monate zeigen ganz deutlich: tringenz und Logik sind in der rot-grünen Rüstungsexortpolitik nicht zu Hause. Ich erinnere in diesem Zuammenhang an das, was Herr Schlauch sich vor nicht llzu langer Zeit geleistet hat, indem er Auskünfte einach mit dem Hinweis verweigerte, er sei schließlich icht im Bundessicherheitsrat. Das ist ziemlich prinzipinlos. Das gilt auch für die Aufhebung des EU-Waffenem argos gegen China. Der Bundeskanzler ignoriert das otum des Bundestages völlig; es ist ihm schnurzpiepe. as Europäische Parlament hat sich demgegenüber geade für die Beibehaltung des Waffenembargos ausgeprochen. In diesen Tagen ist in China über das Antiseessionsgesetz beraten worden. Der Bundeskanzler gnoriert auch, dass Taiwan jetzt offen mit Krieg gedroht ird für den Fall, dass es sich nicht wohl verhält. Selbst rüne Kollegen haben kürzlich darauf hingewiesen, dass affenlieferungen an China die Sicherheitsinteressen er USA als Schutzmacht Taiwans direkt betreffen. (Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben wir heute noch gesagt!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Harald Leibrecht [FDP]: Leider!)


as alles scheint den Bundeskanzler aber nicht groß zu
erühren.
Das Argument der Bundesregierung, ein gemeinsa-
er EU-Verhaltenskodex für Waffenexporte könne
as Waffenembargo sozusagen ersetzen, halte ich für
ine abenteuerliche Behauptung.


(Gernot Erler [SPD]: Das ist europäische Realität, Herr Kollege!)


Moment! Aus Ihren Reihen ist behauptet worden, man
önne das Embargo ruhig aufheben, man habe ja den eu-
opäischen Kodex.


(Gernot Erler [SPD]: Es wird nur aufgehoben, wenn der Kodex kommt!)


ie wissen aber, dass überhaupt nicht entschieden ist, ob
ieser Verhaltenskodex nun den Charakter einer rechts-
nverbindlichen Richtschnur für die nationale Politik be-
alten wird, den er jetzt hat, oder ob er tatsächlich eine
erbindliche EU-Richtlinie wird. Wenn Sie sich die Äu-
erungen in Frankreich und Großbritannien ansehen,
tellen Sie fest, dass überhaupt nichts darauf hinweist,
ass es in kurzer Zeit gelingen kann, aus dem Kodex
ine solche verbindliche Richtlinie zu machen. Dafür
ind auch die Interessen viel zu unterschiedlich. Sie wis-
en genau, dass die Franzosen ihre Fühler schon nach
hina ausgestreckt haben und dass sie die Ersten sein
erden, die bei einer Aufhebung des Embargos bereit
ein werden, in großem Umfang zu liefern. Das kann






(A)



(B) )


Erich G. Fritz

eigentlich nicht in unserem Sinne sein. Gerade wenn wir
die Zusammenarbeit mit China intensivieren wollen,
dürfen wir die Augen nicht davor verschließen, dass sich
die Menschenrechtssituation dort nicht verbessert hat
und dass das Verhältnis zu Taiwan eher schwieriger wer-
den dürfte.

Setzen Sie sich also für eine echte Harmonisierung
ein! Die gegenwärtige Bearbeitung des Kodex bietet
vielleicht Chancen dazu. Ich hoffe, dass es solche Chan-
cen gibt. Verlässlichkeit auf europäischer Ebene ist ge-
fragt, damit Rüstungsexportpolitik als Teil einer gemein-
samen Außen- und Sicherheitspolitik sinnvoll gestaltet
werden kann, und zwar im europäischen Interesse und
weniger von den Interessen geleitet, die jetzt vorherr-
schen, zum Beispiel aufgrund von Exportdruck durch
Überkapazitäten, die es nach wie vor in einigen Ländern
gibt.

Wir hoffen, dass es auf EU-Ebene zu einer baldigen
Einigung kommen wird. Sollte der Verhaltenskodex
Rechtsverbindlichkeit erlangen, wäre das durchaus ein
wichtiger Schritt. Dann allerdings bräuchten wir auch
keine nationalen Sonderwege mehr zu gehen, die ja, wie
sich nicht nur am Beispiel der Endverbleibsregelung
zeigt, nicht immer sinnvoll sind. Vor allen Dingen aber
sind solche Reservatrechte in Zukunft dann nicht mehr
sinnvoll, wenn es tatsächlich gelingen sollte, eine ge-
meinsame europäische Außen- und Sicherheitspolitik zu
betreiben. Dann muss auch dieser Bereich deutlich ein-
heitlich geregelt sein.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516323800

Das Wort hat jetzt der Kollege Winfried Nachtwei

vom Bündnis 90/Die Grünen.

Winfried Nachtwei (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516323900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Kollege Fritz, Sie haben einige Beispiele genannt, die
zeigen, warum Rüstungsexporte immer wieder beson-
ders heiße Eisen sind. Gestatten Sie mir aber zunächst
zwei Klarstellungen.

Erste Klarstellung. Solange es Streitkräfte gibt, wird
Ausrüstung benötigt. Aber Ausrüstung gibt es nicht ohne
Rüstungsproduktion. Da sich kein Land eine autarke
Rüstungsproduktion leisten kann, gibt es grundsätzlich
einen Handel mit Rüstungsgütern. Zugleich aber sind
Waffen und Rüstungsgüter keine Waren wie andere. Sie
haben erhebliche sicherheitspolitische und friedenspoli-
tische Bedeutung und Brisanz. Deswegen gibt es Rüs-
tungsexportgesetze und die Rüstungsexportrichtlinie.

Zweite Klarstellung. Die Entscheidungsbefugnis
über Rüstungsexporte liegt in Deutschland allein in der
Hand der Exekutive. Diese Entscheidungen unterliegen
einer sehr großen Geheimhaltung. Das Parlament kann
die Rüstungsexporte nur im Nachhinein bewerten. Darin
liegt ein Unterschied zu etlichen Verbündeten, in deren
Ländern im Vorhinein eine gewisse Mitkontrolle stattfin-
det.

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(C (D Der Exportbericht 2003 zeigt: Im Jahr 2003 nahm der mfang der deutschen Rüstungsexporte erheblich zu. as Genehmigungsvolumen wuchs um 50 Prozent auf ,9 Milliarden Euro. Der Wert der tatsächlichen Ausfuhen von Kriegswaffen stieg von 318 Millionen auf ,3 Milliarden Euro. (Harald Leibrecht [FDP]: Das ist das Vierfache!)


Richtig.
Solche pauschalen Zahlen sind aber nur begrenzt aus-

agefähig. Entscheidend ist vor allem die Aussage, in
elche Länder welche Rüstungsgüter und Waffen expor-
iert wurden. Es wurde schon darauf hingewiesen, dass
er Anstieg im Jahre 2003 zu 85 Prozent durch drei Son-
erfaktoren verursacht wurde: Es wurden jeweils zwei
orvetten an Malaysia – die Gründe für diese Lieferung
urden schon genannt – und an Südafrika geliefert und
s wurde ferner Bundeswehrmaterial an Verbündete ab-
egeben. Man kann feststellen: Insgesamt gab es eine
urückhaltung bei deutschen Kriegswaffenexporten
n Drittländer. Es ist ausdrücklich festzustellen, dass es
m Jahr 2003 keine Kriegswaffenexporte aus der Bun-
esrepublik in arme Entwicklungsländer gegeben hat.
Neben den Kriegswaffen gibt es noch den Bereich der

onstigen Rüstungsgüter, zum Beispiel Ersatzteile für
unitionsfabriken, die in den 80er-Jahren geliefert wur-
en. Hier greift das Außenwirtschaftsgesetz, das erheb-
ich weniger restriktiv ist und in dem nur schwer zu be-
chränkende Genehmigungsansprüche enthalten sind.
in solches Entgegenkommen gegenüber Produzenten
on so genannten sonstigen Rüstungsgütern gibt es in
uropa übrigens nur noch in Österreich. Wegen der Sen-
ibilität vieler sonstiger Rüstungsgüter sind die Abschaf-
ung des grundsätzlichen Genehmigungsanspruchs und
ie Anpassung an die europäische Regel angesagt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Kritisch bewerten wir etliche Rüstungsexporte in ei-

ige Staaten des Nahen und Mittleren Ostens und Asiens.
ier ist längst nicht immer erkennbar, dass ein Miss-
rauch hinsichtlich systematischer Menschenrechtsver-
etzung und Förderung von Spannungen ausgeschlossen
erden kann. Es ist auch längst nicht immer erkennbar,
orin das in den Rüstungsexportrichtlinien geforderte
esondere außen- und sicherheitspolitische Interesse
eutschlands besteht.


(Harald Leibrecht [FDP]: Trotzdem lassen Sie die Exporte zu!)


enn die Lieferung an Drittländer begründet werden
üsste, wäre das ein großer Fortschritt hinsichtlich
ransparenz und Kontrolle. Die Begründungspflicht
ür Rüstungsexporte wird zum Beispiel von den Kirchen
usdrücklich gefordert.
Bei Kleinwaffen ist die Differenzierung nach Stück-

ahl und Waffenart in dem vorliegenden Bericht ein gro-
er Fortschritt hinsichtlich der Transparenz. Die reale
ntwicklung ist beunruhigend. Kleinwaffen werden
icht selten an Staaten geliefert, bei denen ich erhebliche
weifel an einem sicheren Endverbleib habe. Hier be-
)






(A) )



(B) )


Winfried Nachtwei

steht die akute Gefahr, dass die restriktiven Exportkrite-
rien unter dem Anspruch „Bekämpfung des internationa-
len Terrorismus“ aufgeweicht werden. Hier ist ein
Gegensteuern notwendig.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im Jahr 2003 führte die Bundesregierung beim Export

von Kleinwaffen den wichtigen Grundsatz „Neu für alt“
ein, um dem besonderen Risiko von Überschusswaffen
entgegenzuwirken. Hierbei hat sich herausgestellt, dass
dieser Grundsatz nicht auf freiwilliger Grundlage umge-
setzt wird. In diesem Bereich sollten wir offensichtlich
zu einer verbindlichen Regelung kommen.

Eine restriktive Rüstungsexportpolitik ist ein Eck-
pfeiler einer vorbeugenden, kollektiven und damit realis-
tischen Sicherheitspolitik. Eine solche Rüstungsexport-
politik erfordert eine wirksamere parlamentarische
Kontrolle. Sie benötigt ein systematisches Lernen von
den Erfahrungen anderer Verbündeter. Sie braucht nicht
zuletzt die kritische Begleitung der Zivilgesellschaft.

Auch wenn die Bundesregierung und Rot-Grün über
die alljährliche Stellungnahme der Gemeinsamen Konfe-
renz Kirche und Entwicklung zum Rüstungsexportbe-
richt nicht erfreut sein können –


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516324000

Denken Sie bitte an die Zeit!

Winfried Nachtwei (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516324100

– ich komme sofort zum Schluss –, hilfreich ist diese

zivilgesellschaftliche Kontrolle dennoch. Dafür danken
wir den Autoren dieser Stellungnahme.

Guten Abend.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Erich G. Fritz [CDU/CSU]: Der Kollege war um Ehrlichkeit bemüht!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516324200

Das Wort hat jetzt der Kollege Harald Leibrecht von

der FDP-Fraktion.

Harald Leibrecht (FDP):
Rede ID: ID1516324300

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Der Rüstungsexportbericht der Bundesregierung
macht eines deutlich: Deutsche Hightechrüstung entwi-
ckelt sich unter Rot-Grün zu einem Exportschlager. In
der Tat, deutsche Rüstungsgüter sind überall in der Welt
hoch angesehen und begehrt. Dennoch ist und bleibt die
entscheidende Frage der Rüstungsexportpolitik: Wohin,
also an wen und in welche Länder, werden Rüstungsgü-
ter geliefert?

Es ist schon erstaunlich, welche Tendenzen sich unter
Rot-Grün beim Verkauf deutscher Waffen zeigen. Wir
erinnern uns: Die rot-grüne Bundesregierung trat 1998
damit an, Rüstungsexporte grundsätzlich zu beschrän-
ken. Die Wahrheit ist eine andere.


(Ulrich Heinrich [FDP]: Aber sie haben gute Ausreden!)


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(C (D hne mit der Wimper zu zucken, werden deutsche leinwaffen auch an problematische Staaten geliefert. ch denke zum Beispiel an Ägypten, Saudi-Arabien, alaysia, Thailand und Mexiko. Menschenrechtsverletungen im Empfängerland scheinen für Rot-Grün kein inderungsgrund zu sein. Nehmen wir China. Der Bundeskanzler möchte das U-Waffenembargo gegenüber China aufheben. ie Bundesregierung behauptet zwar, hierbei gehe es gar icht um Rüstungslieferungen nach China, sondern leiglich um ein Signal des Goodwills gegenüber Peking. ch frage mich aber, was man der chinesischen Führung berhaupt signalisieren will. Will man ihr allen Ernstes in Gütesiegel für ihre Menschenrechts-, ihre Tibetund hre Taiwanpolitik ausstellen? Liebe Kolleginnen und Kollegen von Rot-Grün, heute uf den Tag genau vor 46 Jahren haben chinesische Solaten einen Aufstand der Tibeter blutig niedergeschlaen und bis heute findet dort Unterdrückung statt. Ich age Ihnen hier und heute klipp und klar: Eine Aufheung des EU-Waffenembargos gegenüber China wird es it der FDP nicht geben. Die französische Verteidigungsministerin begründet ie Aufhebung des Embargos übrigens etwas unverlümter als Herr Schröder. Sie sagt: Besser wir Europäer iefern den Chinesen die erwünschten Rüstungsgüter, als ass sie diese in diesem sensiblen Hightechbereich selbst ntwickeln. – Liebe Freunde von Rot-Grün, wer garaniert denn, dass die Chinesen im Falle der Aufhebung des affenembargos die in Deutschland gekauften High echwaffen nicht in kürzester Zeit kopieren und dann seler produzieren? Der Bundeskanzler hat zahlreiche Rüstungsaufträge on seiner Reise in die Golfstaaten mitgebracht. Dabei ollte er sich fragen, wozu die Golfstaaten diese Rüsungsgüter überhaupt brauchen. Wir alle wissen, dass die egime am Golf zu den letzten Bastionen des Absolutisus gehören und Demokratie dort unbekannt ist. Wir offen, dass die arabische Welt vor einem Modernisieungsschub steht, der sich dann allerdings ganz sicher uch gegen die absolutistischen Regime richten wird. (Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)


(Günther Friedrich Nolting [FDP]: Unerhört!)


st es in dieser Situation klug und richtig, ausgerechnet
iese Regime, die von außen überhaupt keine Bedro-
ung haben, mit modernen Rüstungsgütern auszustat-
en? Mir scheint, dem Bundeskanzler ist derzeit nur noch
ichtig, dass der Rubel rollt. Jedoch kann eine solch un-
ensible Waffenexportpolitik schnell zu einem russi-
chen Roulette werden.
Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516324400

Das Wort hat die Kollegin Petra Pau.






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Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1516324500

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir

diskutieren heute über einen Bericht der Bundesregie-
rung, der den Grünen eigentlich richtig wehtun müsste.
Es geht um deutsche Rüstungsexporte. Die Bilanz ist er-
nüchternd. Das Geschäft mit dem Tod boomt.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Friedens- und Menschenrechtsorganisationen haben
erneut hochgerechnet, mit dem Ergebnis: Die deutschen
Rüstungsexporte nehmen Jahr für Jahr zu. Die PDS im
Bundestag hält das für grundfalsch und auch für gefähr-
lich.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Übrigens: Selbst in Krisengebiete – darüber haben
die Kollegen schon gesprochen – werden Waffen und
Kriegsgüter geliefert, was SPD und Grüne früher aus-
drücklich verhindern wollten. Aber auch diese Grund-
sätze sind offensichtlich passé. Ich habe sehr wohl ver-
nommen, welche geschäftigen Botschaften von
Bundeskanzler Schröder bei seiner jüngsten Reise durch
den arabischen Raum ausgegangen sind: Die Rüstungs-
exporte sollen weiter zunehmen. Damit verliert auch der
jährliche Bericht über die Rüstungsexporte seinen ur-
sprünglichen politischen Sinn; denn ursprünglich sollten
Rüstungsgeschäfte transparenter werden, um sie einzu-
schränken. Daraus ist aber nichts geworden.

Worum es dabei vorrangig geht, verrät übrigens ein
Zitat. Es stammt nicht etwa aus einem altlinken Lehr-
buch, sondern vom Vorsitzenden der Diehl-Stiftung, ei-
nem Konzerngeflecht im weltweiten Rüstungsgeschäft.
Dr. Diehl sagte schon im Jahre 2000:

Die Regierung muss im Blick behalten, dass Unter-
nehmen Rendite erzielen müssen, und dies geht bei
Rüstungsgütern nur selten, wenn man sich allein
auf die Belieferung der nationalen Streitkräfte be-
schränkt. … Deutschland hat ein großes Interesse
an … dem Ausbau einer gemeinsamen europäi-
schen Hochtechnologie- und rüstungsindustriellen
Basis.

Dafür müsse sich Deutschland mit Gewicht einbringen,
so Diehl. Die Bundesregierung hat diesen Appell offen-
bar sehr wohl vernommen. Man könnte auch sagen: Sie
beugt sich dem Druck der Rüstungslobby.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Im Interesse Deutschlands, wie Dr. Diehl behauptet,
ist das natürlich überhaupt nicht. Es geht, wie er selbst
einräumt, schlicht um Rendite und Profit. Sie können
das für wichtig halten. Die PDS tut das nicht. Sie sollten
dann allerdings auch so ehrlich sein und die eigene Rüs-
tungspolitik nicht auch noch mit friedensbewegten oder
menschenrechtlichen Floskeln verhüllen. Das wird Ih-
nen ohnehin immer weniger abgenommen.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


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(C (D Jetzt hat der Kollege Christian Müller von der SPD raktion das Wort. Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her en! Der Bericht und seine fortentwickelten Bestandteile urden ausführlich beleuchtet. Besonders zu begrüßen st, dass auch zur Information der Öffentlichkeit das xportkontrollsystem für Rüstungsgüter ausführlich argestellt wird. Auf die anderen Dinge muss ich nicht ehr hinweisen. Die Zahlen wurden hier in den vergangenen Beiträgen n alle denkbaren Richtungen gedeutet. Trotzdem ist lar: Nach wie vor und auch künftig unterliegt die Ausuhr von Rüstungsgütern einem umfassenden Genehmiungsvorbehalt nach den geltenden Bestimmungen. ach wie vor wird vor allen Dingen wegen der Rüsungsgüter, die an Drittländer geliefert werden, eine resriktive, politisch zu bewertende, einzelfallorientierte enehmigungspolitik verfolgt, was speziell für den hier eute Abend schon mehrfach aufgetauchten Fall der orvetten beschrieben und nachgewiesen werden kann. Eine restriktive Rüstungsexportpolitik zielt bekannt ich nicht auf immer weiter sinkende Exportquoten, die rgendwann bei Null anlangen müssten; sie hat vielmehr en konkreten Einzelfall im Visier, um die Zulassung ritischer Exporte zu verhindern, die im Widerspruch zu en politischen Grundsätzen stünden. Wir haben mehrfach betont, dass das erstrangige Ziel uch dieser Bundesregierung darin besteht, bei der Frieenssicherung zu helfen, Konflikten möglichst im Anatz vorzubeugen und zu verhindern, dass aus Deutschand stammende Waffen im Zusammenhang mit enschenrechtsverletzungen zum Einsatz kommen. Den nstieg der Exporte, der hier moniert wurde – dabei ing es um die Korvetten für Südafrika und Malaysia –, st erklärbar. Insofern ist es etwas merkwürdig, Herr ollege Fritz – an dieser Stelle muss ich, auf Sie gerichet, von Scheinheiligkeit sprechen –, wenn in den Presserklärungen Ihrer Fraktion vordergründig ein Unterchied zwischen Moral und politischer Praxis der undesregierung konstruiert und von „Exportschlagern“ esprochen wird. Das halte ich für ein wenig scheinheiig, zumal es bekannterweise einen nachgewiesenen xperten für Moral gibt. Pfahls ist der Name, wenn ich ich richtig entsinne. Es ist ein schwieriges Feld; zuindest das möchte ich an dieser Stelle anmerken. Steigende oder sinkende Zahlen sind insgesamt kein eleg für eine großzügigere oder strengere Kontrollpoliik. Es ist auch sinnvoll, die Mittelwerte über mehrere ahre hinweg zu betrachten. Dabei ist festzustellen, dass üstungsgüterexporte gemessen an den Gesamtexporten er Bundesrepublik Deutschland eine sehr kleine Rolle pielen. Die Kriegswaffenexporte beispielsweise mahen meines Wissens nur 0,2 Prozent der deutschen Geamtexporte aus. Kollege Nachtwei hat dankenswerterweise auf den usammenhang von Waffen, Rüstungsgütern, Frieden Christian Müller und Produktion hingewiesen. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass die Herstellung von Waffen und Rüstungsgütern und leider auch deren Verwendung eine bedauerliche Begleiterscheinung der Zivilisation ist. Wir haben, glaube ich, den Nachweis für dauerhafte Friedfertigkeit noch nicht erbracht. Insofern kommt es durchaus auf die Verwendung dieser Güter an. Die Bundeswehr hat einen klaren, auf Friedenserhalt gerichteten grundgesetzlichen Auftrag und wesentliche Bündnisverpflichtungen. Sie muss – das hat Kollege Nachtwei schon hervorgehoben – entsprechend ausgerüstet werden. Das bedingt eine wehrtechnische Industrie, die sich wiederum im Wettbewerb behaupten muss. In diesem Spannungsverhältnis müssen wir uns in den Debatten zu diesem Thema bewegen. Das alles ist uns sehr bewusst, wenn wir über Rüstungsexporte und das unverzichtbare restriktive Kontrollsystem sprechen. Deshalb haben wir das inzwischen schon mehrfach bekundete Interesse und Ziel, dass auch der EU-Verhaltenskodex – darin stimme ich mit Ihnen überein – zu einem vergleichbar restriktiven Maßstab für Rüstungsexporte entwickelt wird. Wir hatten deshalb bereits im Oktober die Bundesregierung aufgefordert, für dessen Fortentwicklung einzutreten. Ich freue mich, dass wir darin einer Meinung sind. Wir haben in unserem Antrag seinerzeit auch gefordert, die Aufhebung des Waffenembargos gegenüber China an diese Fortschritte zu knüpfen. Auch das möchte ich heute noch einmal unterstreichen. Das gilt insbesondere auch dann, wenn wir die jüngere Entwicklung im Verhältnis der Volksrepublik China und Taiwan betrachten, die auch ich persönlich für sehr bedenklich halte. Insofern ist festzuhalten: Eine Entwicklung, wie sie sich derzeit abzeichnet, ist nicht die geeignete Grundlage für eine Aufhebung des EU-Waffenembargos; es sei denn, wir verfolgten einen Weg, der ein verbindliches System an seine Stelle setzte. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516324600
Christian Müller (SPD):
Rede ID: ID1516324700




(A) )


(B) )



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516324800

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf

Drucksache 15/4400 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit
einverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überwei-
sung so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 14 auf:
Beratung des von der Bundesregierung einge-
brachten Entwurfs eines Neunten Gesetzes zur
Änderung des Wohngeldgesetzes
– Drucksache 15/4977 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (f)

Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO

Hier sollen alle Reden zu Protokoll genommen wer-
den. Es handelt sich um die Reden der Kollegen

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( r w n a i l d d h O H D o s a j R e w a 1)

2)

(C (D olfgang Spanier von der SPD-Fraktion, Gero torjohann, CDU/CSU-Fraktion, Franziska Eichstädtohlig, Bündnis 90/Die Grünen, Joachim Günther Plauen)

in Iris Gleicke.1)
Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent-
urfs auf Drucksache 15/4977 an die in der Tagesord-
ung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es
nderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann
st die Überweisung so beschlossen.
Ich rufe die Tagesordnungspunkte 15 a und 15 b auf:
a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Gitta

Connemann, Dr. Peter Jahr, Peter H. Carstensen

(Nordstrand), weiterer Abgeordneter und der

Fraktion der CDU/CSU
Projekt des Umweltbundesamtes zur so ge-
nannten unangekündigten Feldbeobachtung
endgültig stoppen
– Drucksache 15/4935 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Christel Happach-Kasan, Hans-Michael
Goldmann, Dr. Volker Wissing, weiterer Abge-
ordneter und der Fraktion der FDP
Verdeckte und unangekündigte Feldbeobach-
tung durch Umweltbundesamt (UBA) stoppen
– Drucksache 15/5033 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft

Auch die Reden zu diesen Tagesordnungspunkten sol-
en zu Protokoll genommen werden. Es handelt sich um
ie Reden der Kollegen Gabriele Lösekrug-Möller von
er SPD-Fraktion, Gitta Connemann und Arthur Auern-
ammer von der CDU/CSU-Fraktion, Friedrich
stendorff, Bündnis 90/Die Grünen, und Dr. Christel
appach-Kasan von der FDP-Fraktion.2)
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf
rucksachen 15/4935 und 15/5033 an die in der Tages-
rdnung aufgeführten Ausschüsse sowie an den Aus-
chuss für Bildung, Forschung und Technikfolgen-
bschätzung vorgeschlagen, wobei die Federführung
eweils beim Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und
eaktorsicherheit liegen soll. Sind Sie damit
inverstanden? – Das ist der Fall. Dann sind die Über-
eisungen so beschlossen.
Jetzt rufe ich die Tagesordnungspunkte 16 a und 16 b

uf:
a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Winfried

Nachtwei, Ernst Bahr (Neuruppin), Götz-Peter

Anlage 3
Anlage 4






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms

Lohmann, Ingrid Arndt-Brauer, Cornelia Behm
und weiterer Abgeordneter
Die Regionalentwicklung in Brandenburg und
Mecklenburg-Vorpommern braucht Klar-
heit – Die zivile Nutzung der Kyritz-Ruppiner
Heide ist überfällig
– Drucksache 15/4792 –
Überweisungsvorschlag:
Verteidigungsausschuss (f)

Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für Tourismus

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Günther
Friedrich Nolting, Helga Daub, Jörg van Essen,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Sinnvolles Nebeneinander von Tourismus und
Bundeswehr
– Drucksache 15/4956 –
Überweisungsvorschlag:
Verteidigungsausschuss (f)

Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für Tourismus

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red-
ner dem Parlamentarischen Staatssekretär Walter
Kolbow das Wort.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


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Walter Kolbow (SPD):
Rede ID: ID1516324900


Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die
Bundeswehr verfolgt in der Tat seit Übernahme des
Truppenübungsplatzes Wittstock die Absicht, das Ge-
lände als Luft-Boden-Schießplatz für die Luftwaffe
und für die Ausbildung von Bodentruppen zu nutzen,
um ihre Aufgaben umfassend erfüllen zu können. Es
liegt in der politischen Verantwortung aller an der Ent-
scheidung zum Einsatz von Streitkräften beteiligten
Mandatsträgerinnen und Mandatsträger, also des Deut-
schen Bundestages, die Rahmenbedingungen dafür zu
schaffen, dass die Soldatinnen und Soldaten auf ihre mit
Gefahr für Leib und Leben verbundenen Aufgaben best-
möglich vorbereitet werden können.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dafür gibt es auch andere Plätze!)


Somit obliegt dem Dienstherrn und der Politik die
Verpflichtung, bestmögliche Vorsorge dafür zu treffen,
dass das Leben und die körperliche Unversehrtheit der
Luftfahrzeugbesatzungen sowie Dritter keinen Schaden
nehmen. All dies macht die Bereitstellung ausreichender
Übungsmöglichkeiten unabdingbar. Das Parlament muss
sein Parlamentsheer bestmöglich schützen.

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(C (D Unter qualitativer Betrachtung ist gerade der Trupenübungsplatz Wittstock für den Übungsbetrieb der undeswehr in diesem Gesamtzusammenhang unverichtbar. Der Einsatz von Flugzeugen im gesamten Einatzspektrum ist unter militärischen Gesichtspunkten ach wie vor erforderlich. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat der Verteidigungsminister schon einmal anders gesehen!)


s besteht also auch zukünftig militärischer Bedarf für
en Betrieb von Luft- und Bodenschießplätzen und von
iefflugübungen in Deutschland. Das regelmäßige Üben
on Waffeneinsatzverfahren auf Luft-Boden-Schieß-
lätzen ist ein wesentlicher Bestandteil einer wirksamen
nd am Auftrag orientierten Ausbildung von fliegenden
esatzungen in Kampfflugzeugen. Dies trifft auch noch
ei dem Einsatz von Abstands- und Präzisionswaffen
urch unsere Luftwaffe zu.
Der Übungsplatz Wittstock bietet für die fliegenden
affensysteme der Luftwaffe, auch aufgrund der räum-

ichen Ausdehnung, als einziger Übungsplatz in
eutschland die Möglichkeit, Einsatzverfahren streit-
räftegemeinsam und im Rahmen der vernetzten Opera-
ionsführung realistisch zu üben. Dabei wird ausschließ-
ich nicht detonierende Übungsmunition verwendet.
Vor diesem Hintergrund ist es notwendig, den Trup-

enübungsplatz neben der fliegerischen Nutzung auch
ür die Ausbildung von Bodentruppen gemeinsam zu
utzen. Auf dem Platz sind Übungen von Flugabwehr-
aketenverbänden, elektronischen Kampfführungs-, Ob-
ektschutz-, Radarführungs- und Einsatzführungskräften
it Truppenstärken bis zu 1 000 Soldaten an 80 bis
00 Tagen im Jahr geplant.
Die Stationierung eines Luftausbildungsbataillons
circa 800 Soldaten und 150 Zivilbedienstete – in Witt-
tock war von Anfang an Teil der Gesamtüberlegungen.
as wurde mit dem Stationierungskonzept der Bundes-
ehr auch bestätigt.
Im Zuge der Nutzung des Truppenübungsplatzes
ittstock werden auch schnellstmöglich die von den
owjetischen Truppen hinterlassenen Altlasten beseitigt
nd die stark munitionsbelasteten Flächen des gesamten
latzes entmunitioniert. Der Umfang der festgestellten
ltlasten wird zurzeit ermittelt. Man geht davon aus,
ass die Beseitigung zehn bis 15 Jahre dauern wird und
osten in Höhe von mehr als 200 Millionen Euro zu ver-
nschlagen sind. Im Rahmen der Munitionsräumung
nd Altlastenbeseitigung werden temporär durch-
chnittlich 400 Arbeitskräfte aus der Region bei zivilen
äum- und Entsorgungsfirmen beschäftigt werden.
Meine Damen und Herren, ich möchte in diesem Zu-

ammenhang nicht unerwähnt lassen, dass bereits seit
ielen Jahren etwa 75 Prozent der jährlichen Schieß-
bungen der deutschen Luftwaffe im Ausland durchge-
ührt werden. Eine weitere Reduzierung der Übungen in
eutschland ist nicht geplant und wäre auch unseren
uftwaffenverbänden nicht vermittelbar.






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Walter Kolbow

Eine gerechte und solidarische Verteilung der mit

dem Übungsbetrieb der Bundeswehr hier in Deutschland
verbundenen Lasten muss selbstverständlich sein. Die
parlamentarischen Diskussionen über das Truppen-
übungsplatzkonzept der Bundeswehr in den Jahren 1992
und 1993 reflektieren, dass die Gesamtbelastungen
durch den Übungsbetrieb der Bundeswehr zukünftig
möglichst ausgewogen, auch unter Einbeziehung der
neuen Bundesländer, zu verteilen seien. Der Verteidi-
gungsausschuss des Deutschen Bundestages hat darauf-
hin mehrheitlich festgestellt, dass er die Aufteilung des
noch in Deutschland verbleibenden Anteils der Luft-
Boden-Schießausbildung auf die drei Übungsplätze
Nordhorn in Niedersachsen, Siegenburg in Bayern und
das heute in Rede stehende Wittstock erwarte.

Das Bundesministerium der Verteidigung hält an die-
sem Grundsatz und an einer Beschränkung des Übungs-
umfanges auf das unabdingbare Mindestmaß fest und
bittet den Deutschen Bundestag, dabei zu folgen.

Meine Damen und Herren, ohne die Aufteilung auf
alle drei Luft-Boden-Schießplätze sind jedoch die zur
Entlastung der Bevölkerung im Umland von Siegenburg
und Nordhorn dringend erforderlichen weiteren Redu-
zierungen der Einsätze und eine ausgewogene regionale
Verteilung nicht möglich. Durch die Nutzung des Trup-
penübungsplatzes Wittstock wird ein maßgeblicher Bei-
trag zu dieser Lastenverteilung erreicht. Deswegen drän-
gen auch die Anliegergemeinden, die ich genannt habe,
nachhaltig darauf, dass alsbald auch der Truppenübungs-
platz Wittstock militärisch genutzt wird. Das wird sicher
in der Debatte noch gesagt werden.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und die Gemeinden in Wittstock?)


Lassen Sie mich auch hier hervorheben, dass im Rah-
men der Entscheidung zur zukünftigen Nutzung des
Truppenübungsplatzes Wittstock als Luft-Boden-
Schießplatz die unterschiedlichen zivilen und militäri-
schen Belange sorgfältig gegeneinander abgewogen
wurden. Dabei kam es natürlich darauf an, der Verpflich-
tung gegenüber unseren Soldaten gerecht zu werden.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kein Wort zum Tourismus!)


Andererseits war sicherzustellen, dass die Belastungen
der Bevölkerung so gering wie möglich gehalten wer-
den. Im Zuge der Entscheidung wurden auch die mögli-
chen Auswirkungen der Nutzung des Platzes auf den
Tourismus und die Naturlandschaft in der Region ge-
prüft.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ah, jetzt kommt der Tourismus!)


Die Abwägung hat ergeben, dass die Beschreibungen im
Antrag der Kolleginnen und Kollegen der FDP richtig
sind und bei Nutzung gewissermaßen also auch Wirk-
lichkeit werden.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sehen wir anders!)


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(C (D Ich glaube, dass letztlich mit der Nutzung des Trupenübungsplatzes und der damit einhergehenden Statioierung des Luftwaffenausbildungsbataillons auch ein ichtiger Beitrag zur Integration der Bundeswehr in der egion und zur wirtschaftlichen Förderung der strukrschwachen Umgebung geleistet wird. Die Gesamtverntwortung gebietet diese Entscheidung. Ich danke Ihnen. Das Wort hat die Kollegin Anita Schäfer von der DU/CSU-Fraktion. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Heute ste en zwei Anträge zur Debatte, die für die Bundeswehr nd die Zukunft der Kyritz-Ruppiner Heide von großer edeutung sind. Der von Vertretern der Grünen, der SPD nd der PDS eingereichte Gruppenantrag richtet sich geen eine militärische Nutzung des Standortes Wittstock. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jawohl!)


(Beifall bei der SPD)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516325000

(Beifall bei der CDU/CSU)

Anita Schäfer (CDU):
Rede ID: ID1516325100

er Antrag der FDP-Fraktion setzt dagegen auf ein sinn-
olles Nebeneinander von Tourismus und Bundeswehr
n dieser Region.


(Günther Friedrich Nolting [FDP]: Guter Antrag!)


Sämtliche Argumente hinsichtlich des Für und Wider
er militärischen Nutzung von Wittstock werden seit
ahren diskutiert, ausgetauscht und abgewogen. Umso
rstaunlicher ist, dass die Antragsteller aus den Reihen
er Grünen, der SPD und der PDS weiterhin mit frag-
ürdigen Annahmen operieren.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh! Jetzt sind wir gespannt!)


s fehlt dem Gruppenantrag an sicherheitspolitischer
ubstanz.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt nicht!)


hr Kernargument lautet: Das Nutzungskonzept der Bun-
eswehr habe infolge des zurückgehenden Übungs-
edarfs der Luftwaffe seine Grundlage verloren. Wir
lle wissen: Die Bundeswehr ist gegenwärtig und künf-
ig vor allem im internationalen Krisenmanagement ak-
iv. Die Luftwaffe muss daher permanent für vielfältige
zenarien gewappnet sein. Zum einen kann der Übungs-
edarf des fliegenden Personals je nach Krisenlage rasch
nsteigen. Zum anderen spielt Wittstock für bodenge-
undene Einheiten eine Schlüsselrolle: Auf dem Platz
ind Übungen verschiedener Truppenverbände mit Trup-
enstärken von bis zu 1 000 Soldaten geplant. Diese
akten finden sich im Gruppenantrag nicht, weil sie für
en hohen militärischen Stellenwert von Wittstock spre-
hen. Denn er bietet der Bundeswehr wie kaum ein an-






(A) )



(B) )


Anita Schäfer (Saalstadt)


derer Übungsplatz die Möglichkeit, Streitkräfte gemein-
same Einsatzverfahren proben zu lassen. Nur so kann die
Bundeswehr in internationalen Krisen handlungsfähig
bleiben.

Meine Damen und Herren, wer so einseitig wie die
Antragsteller argumentiert, legt die Axt an der Bündnis-
fähigkeit unserer Bundeswehr an.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach du liebe Zeit! – Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Man muss die Kirche im Dorf lassen!)


Dies verdeutlicht auch ein weiterer Eckpunkt Ihres
Gruppenantrages: Sie behaupten, künftige Einsätze wür-
den die Fähigkeit zum Tiefflug kaum noch erfordern.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)


Die Umrüstung auf Präzisionsabstandswaffen, so die
Antragsteller, würde das Nutzungskonzept für Wittstock
überflüssig machen. Auch in diesem Punkt, verehrte An-
tragsteller, liegen Sie falsch. Denn erstens hat die Um-
rüstung der Luftwaffe auf Präzisionsabstandswaffen
noch lange nicht den Stand erreicht, um auf Tiefflüge
verzichten zu können, und zweitens ist eine umfassende
Ausrüstung der Luftwaffe mit Präzisionsabstandswaffen
teuer. Wenn Sie Tiefflugübungen reduziert haben wol-
len, müssen Sie im Gegenzug die Ausrüstung mit Präzi-
sionsabstandswaffen beschleunigen. Dann erklären Sie
uns aber bitte, woher Sie die Mittel dafür kurzfristig neh-
men wollen. Das zeigt: Ihr Antrag ist auch in finanzieller
Hinsicht fragwürdig.

Weiterhin behaupten die Antragsteller, dass die
Umweltbelastung für die Bevölkerung unzumutbar sei.
Dies wird mit dem Hinweis untermauert, dass Wittstock
während des Kalten Krieges schon durch die Sowjets
extrem belastet gewesen sei.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es!)


Dabei wissen die Antragsteller ganz genau, dass das
neue militärische Nutzungskonzept strikte Auflagen vor-
sieht. Ein Vergleich mit den Zuständen vor der Wende ist
abwegig: Die Sowjets flogen jährlich bis zu
25 000 Einsätze und schossen mit scharfer Munition.
Zum Vergleich: Die Planungen der Bundeswehr gehen
von bis zu 1 700 Einsätzen jährlich aus, maximal 30 pro
Tag und einer pro Nacht – und dies ohne scharfe Muni-
tion. Nicht geflogen werden soll an Wochenenden,
Feiertagen und in den Sommerferien. In diesem Zusam-
menhang unterschlagen die Antragsteller außerdem,
dass die Bundeswehr eine vollständige Räumung des
Übungsplatzes von Munitionsaltlasten vorsieht.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dafür werfen sie neue Dinge ab!)


Es ist irritierend, dass ein maßgeblich von den Grünen
initiierter Antrag dieses ökologische Sanierungspoten-
zial mit keiner Silbe erwähnt.


(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist unglaublich!)


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(C (D Damit komme ich zum letzten Eckpunkt des Grupenantrags: Es wird behauptet, dass eine militärische utzung des Standortes Wittstock die Tourismusranche in der Region nachhaltig gefährde. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es! Haben Sie die Leute einmal gefragt? Waren Sie einmal dort?)


azu kann ich als Mitglied des Verteidigungs- und des
ourismusausschusses nur sagen: Wir brauchen eine ver-
ünftige Balance zwischen einem modernen Tourismus-
onzept und einer sinnvollen militärischen Nutzung von
ittstock durch die Bundeswehr, wie es die FDP mit ih-

em Antrag fordert. Leider verkennen die Initiatoren des
ruppenantrags die positiven strukturpolitischen
ffekte, die von der Bundeswehr ausgehen.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach so!)


urch die Nutzung des Standorts und die Stationierung
ines Luftwaffenausbildungsbataillons wird eine erheb-
iche Kauf- und Wirtschaftskraft in die Region getragen.
er Gruppenantrag zur zivilen Nutzung der Kyritz-Rup-
iner Heide steht im Ergebnis auf schwachen Füßen.


(Dr. Hermann Kues [CDU/CSU]: Die Regierung steht auf schwachen Füßen! Das wird auch hier wieder deutlich!)


Verehrte Antragsteller von der SPD und von den Grü-
en, Sie setzen damit ein Signal des Misstrauens gegen
hren eigenen Verteidigungsminister Dr. Peter Struck.
ie Zerstrittenheit in den Reihen der Koalitionsparteien
st evident. Sie können den Menschen in der Kyritz-Rup-
iner Heide mit Ihren Vorstellungen keine Zukunftsper-
pektive bieten.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Erzählen Sie ihnen das mal! Gehen Sie mal dorthin! Ostern können Sie da eine Rede halten!)


Ich war zweimal zu Podiumsdiskussionen dort.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516325200

Das Wort hat der Kollege Winfried Nachtwei vom
ündnis 90/Die Grünen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Winfried Nachtwei (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516325300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich

preche zu diesem unserem Gruppenantrag aus einer
weifachen Perspektive:


(Dr. Hermann Kues [CDU/CSU]: Na, das hoffe ich doch!)


um einen spreche ich als Obmann im Verteidigungs-
usschuss und als sicherheitspolitischer Sprecher. Inso-
ern bin ich mitverantwortlich für die Einsatzfähigkeit
er Bundeswehr.






(A) )



(B) )


Winfried Nachtwei


(Dr. Hermann Kues [CDU/CSU]: Sie sind da gegen, andererseits aber dafür!)

Staatssekretär Kolbow und ich haben hier selbstver-
ständlich ein gemeinsames Interesse. Das äußere ich hier
genauso. Zum anderen spreche ich hier als Westdeut-
scher, der seit 1996 des Öfteren in der dortigen Region
war und die Menschen und die Landschaft dort kennen
und schätzen gelernt hat.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das kann ich bezeugen!)


Ich erlebe einen auffälligen Widerspruch: Auf der ei-
nen Seite wachsen die Bewegung für die zivile Nutzung
der Kyritz-Ruppiner Heide und die Opposition gegen die
militärische Nutzung seit Jahren – noch heute hat die
Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern den
Gruppenantrag offiziell unterstützt –, auf der anderen
Seite hält sich in Berlin – das erfahren wir alle; ich er-
fahre das vor allem im Verteidigungsbereich – die Ab-
wehrhaltung gegen dieses Ansinnen sehr stark.

Ich höre hier folgende Haupteinwände: Erstens wird
gesagt, ein solcher Platz sei militärisch unverzichtbar
– Frau Schäfer, Sie haben gesagt: Wer dagegen ist, der
legt die Axt an die ganze Bundeswehr –, zweitens wird
gesagt, Bundesinteressen müssten vor Regionalinteres-
sen gehen und drittens wird der Anspruch einer gerech-
ten Lastenverteilung in solchen Fragen gestellt. Hierzu
möchte ich etwas sagen.

Zunächst komme ich zur militärischen Notwendig-
keit. Es ist bekannt, dass es der neue Auftrag der Bun-
deswehr ist, zur Kriseneindämmung und Krisenbewälti-
gung im Dienste kollektiver Sicherheit und im Rahmen
der Vereinten Nationen beizutragen. Hierbei lautet die
Vorgabe der Luftwaffe, bei Luftwaffeneinsätzen immer
eine besondere Präzision zu erreichen und Distanz zu
wahren. Andere Arten von Kriseneinsätzen sind kaum
noch vorstellbar. Das heißt, für das, was in Wittstock ge-
übt würde, nämlich Bombenabwürfe im Tiefflug, wird
der Bedarf seitens der Bundeswehr immer geringer. Man
muss immerhin auch feststellen, dass die Einsatzfähig-
keit der Bundesluftwaffe ohne Wittstock in den ganzen
Jahren offensichtlich nicht gefährdet oder beeinträchtigt
war. Ich habe niemals etwas anderes gehört.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dr. Hermann Kues [CDU/ CSU]: Das sieht die Regierung offenkundig ganz anders!)


Die Region um die Kyritz-Ruppiner Heide hat eine
Entwicklungschance, nämlich die des sanften und natur-
nahen Tourismus.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Werner Kuhn [Zingst] [CDU/CSU])


Hier sind inzwischen sehr viele Arbeitsplätze entstan-
den. Bei einer militärischen Nutzung würde hier einiges
auf dem Spiel stehen.

Ich komme nun zur Forderung einer gerechten
Lastenverteilung. Diese ist zunächst einmal plausibel.

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(C (D abei wird zweierlei aber völlig vergessen und überganen: Als ersten Punkt nenne ich den ganz anderen histoischen Vorlauf. Ich war des Öfteren in Nordhorn und iegenburg und weiß, wie die Belastungen dort ausseen. Das ist schmerzhaft für die Bevölkerung; dies düren wir nicht verharmlosen. Aber die Belastung zu DR-Zeiten im Raum Wittstock bei über 20 000 Einsäten pro Jahr mit scharfer Munition, Bomben und Rakeen war eine ganz andere. Als zweiter Punkt ist hier anzuführen: Die Wirt chaftsstrukturen der Region sind sehr unterschiedlich. n der Region um die Kyritz-Ruppiner Heide gibt es irklich nur eine Entwicklungschance, sonst nichts. Inofern ist die Region mit den anderen Regionen nicht ergleichbar, die auch – das ist unbestreitbar – ihre Last u tragen haben. (Ernst-Reinhard Beck [Reutlingen] [CDU/CSU]: Das hat mit Belastungen nichts zu tun!)


ie Sache mit der gerechten Lastenverteilung ist zwar
uf den ersten Blick richtig, aber auf den zweiten Blick
ine unangemessene Anforderung.
Die Bewegung für die zivile Nutzung der Kyritz-Rup-

iner Heide hat in den letzten 13 Jahren eine beispiellose
reite erfahren. Sie ist inzwischen – das muss man fest-
tellen – die breiteste demokratische Bürgerbewegung
anz Deutschlands.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


eispiellos ist, wie sehr sie inzwischen von Unterneh-
ern und Selbstständigen in der Region, von Bürger-
eistern, zwei Landtagen und zwei Landesregierungen
nterstützt wird. Deshalb appelliere ich an die Kollegin-
en und Kollegen des Bundestages, sich noch mehr vor
rt zu informieren, das Gespräch mit der Bevölkerung
ort zu suchen und sich wirklich darüber kundig zu ma-
hen, was auf dem Spiel steht. Wir Politikerinnen und
olitiker dürfen uns über ein so breites, glaubwürdiges
nd sich seit 13 Jahren entwickelndes demokratisches
otum nicht hinwegsetzen. Die Regionalentwicklung in
randenburg und Mecklenburg-Vorpommern braucht
larheit. Die zivile Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide
st überfällig.
Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Werner Kuhn [Zingst] [CDU/CSU])



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516325400

Das Wort hat jetzt der Kollege Günther Nolting von

er FDP-Fraktion.


Günther Friedrich Nolting (FDP):
Rede ID: ID1516325500

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach der
ede des Kollegen Nachtwei kann ich nur festhalten: Es
eht ein Riss durch die rot-grüne Koalition. Diese Bun-
esregierung hat nicht mehr die volle Unterstützung ih-
er eigenen Fraktionen.






(A) )



(B) )


Günther Friedrich Nolting


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich sage als FDP-Bundestagsfraktionsmitglied: Übungs-
tätigkeiten von Streitkräften rufen oft einen Zielkonflikt
mit dem berechtigten Anspruch der betroffenen Bevöl-
kerung auf Lärm- und Gesundheitsschutz sowie mit Be-
langen des Umweltschutzes und der Regionalentwick-
lung hervor. Wir als FDP-Bundestagsfraktion haben
dafür Verständnis. Deshalb gilt es, die Belastungen für
Bevölkerung und Umwelt so gering wie möglich zu hal-
ten. Dieses trifft in besonderem Maße für den Luft-
Boden-Schießplatz Wittstock zu, da ein naturnaher
Tourismus im Raum um die Kyritz-Ruppiner Heide
eine wesentliche Entwicklungschance darstellt. Deshalb
müssen die Nutzungsbedingungen des Übungsplatzes
Wittstock ganz besonderen Restriktionen unterworfen
werden. Das haben wir in unserem Antrag berücksich-
tigt. Der FDP-Antrag ist ein tragfähiger Kompromiss,
der hier im Bundestag eine Mehrheit bekommen sollte.

Wir haben über dieses Thema schon vor drei Jahren
diskutiert. Auch damals hatten die Grünen einen Antrag
initiiert. Aber dieser Antrag wurde nie zur Abstimmung
gestellt. Das Verfahren ist nur zu offensichtlich: Es wird
ein Antrag geschrieben, mit dem Stimmung gemacht
wird. Den betroffenen Menschen wird alles Mögliche
versprochen. Aber es besteht zu keinem Zeitpunkt die
Absicht, diese Versprechen einzulösen.


(Cornelia Behm [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch Quatsch! – Dr. Hermann Kues [CDU/CSU]: Das hat nichts mit Demokratie zu tun!)


Wie anders ist es zu erklären, Frau Kollegin, dass eine
Abstimmung über diesen Antrag bewusst vermieden
wurde und er nach der ersten Lesung im Papierkorb ver-
schwand? Welche Gründe auch immer für dieses doppel-
bödige Verhalten verantwortlich gewesen sein mögen:
Dieses Spiel spielen wir nicht mehr mit.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Widerspruch bei der SPD – Dirk Manzewski [SPD]: Das ist eine Unverschämtheit!)


Auf Veranstaltungen in der Kyritz-Ruppiner Heide
fordert Herr Nachtwei immer wieder lautstark die
Schließung des Luft-Boden-Schießplatzes Wittstock. In
Nordhorn oder Siegenburg fordert er nicht weniger ve-
hement die Schließung der dortigen Übungsplätze. In
Beisein der Bundeswehr im Verteidigungsausschuss be-
kennt er sich hingegen staatstragend zur Notwendigkeit
von Übungsmöglichkeiten für die Soldaten. Auch dieses
Doppelspiel, Herr Nachtwei, machen wir nicht mehr mit.
Ein derartiges Verhalten ist einfach infam.


(Beifall bei der FDP – Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zuhören ist nicht Ihre Stärke!)


Wir haben einen Antrag zu einem sinnvollen Neben-
einander von Tourismus und Bundeswehr einge-
bracht. Die FDP handelt zum Wohle der Bundeswehr

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(C (D nd zum Wohle der Menschen in der betroffenen Reion. Ich sage aber schon heute: Wir haben einen zwein Antrag eingebracht, in dem gefordert wird, die Bestung auch der Bevölkerung in Nordhorn und in iegenburg deutlich zu reduzieren. Dieser Antrag wird emnächst hier behandelt werden. Ich denke, wir müsen alle drei Übungsplätze im Zusammenhang sehen und icht losgelöst, wie das in diesem Gruppenantrag gechehen ist. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo machen Sie denn Urlaub?)


Die FDP-Fraktion wird dafür sorgen, dass es einer-
eits zu keinen unverantwortlichen Belastungen für Tou-
ismus und Bevölkerung in den betroffenen Räumen um
ittstock, Nordhorn und Siegenburg kommt. Wir müs-
en aber auch der Bundeswehr klare Perspektiven auf-
eigen und gewährleisten, dass sie die Möglichkeit zum
ben hat.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und die Bevölkerung?)


Herr Kollege Ströbele, wir werden Ihre doppelbödige
olitik entlarven. Sie von Rot-Grün schicken die Bun-
eswehr in alle Regionen dieser Welt.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich schicke überhaupt niemanden!)


ann müssen Sie auch dafür Sorge tragen, dass die Sol-
atinnen und Soldaten eine entsprechende Ausbildung
ekommen und entsprechende Übungsmöglichkeiten ha-
en.


(Anita Schäfer [Saalstadt] [CDU/CSU]: Sehr gut!)


lles andere wäre unverantwortlich.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516325600

Das Wort hat der Kollege Dr. Hermann Kues von der
DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Hermann Kues (CDU):
Rede ID: ID1516325700

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe
olleginnen und Kollegen! Ich bin Abgeordneter für die
egion Nordhorn, für die Region Emsland. In meinem
ahlkreis liegt der Bombenabwurfplatz Nordhorn-
ange. Ich erlebe es nun seit Jahrzehnten und nicht erst
eit 13 Jahren, dass sich die Bevölkerung in Nordhorn
egen diesen Bombenabwurfplatz wehrt. Seit drei bis
ier Generationen – das betrifft alle meine Vorgänger –
st die Unerträglichkeit der Belastungen anerkannt, aber
an hat immer gesagt, dass wir Übungsmöglichkeiten
ür die Bundeswehr bräuchten, dass das verantwortliche
olitik sei und man die Bevölkerung deshalb um Ver-
tändnis bitten müsse, dass es in Nordhorn nicht anders
eht. Das sagen wir dort als direkt gewählte Abgeord-
ete.






(A) )



(B) )


Dr. Hermann Kues

Das, was Sie, Herr Kollege Nachtwei, machen, ist et-

was anderes. Sie stellen sich hier hin und sagen, Sie
seien der verteidigungspolitische Sprecher der Grünen
und hätten natürlich Verständnis dafür, dass die Bundes-
wehr leistungsfähig sein müsse. Der Parlamentarische
Staatssekretär, der für die rot-grüne Bundesregierung
spricht, hält den Bombenabwurfplatz in Wittstock für
notwendig. Sie sagen, dass Sie die Menschen in Witt-
stock verstehen, und verweisen darauf, dass sich dort
eine Bewegung gebildet hat. Für diese Haltung gibt es
ein schönes Wort: Das ist Schizophrenie.


(Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist geistiger Tiefflug, was Sie da machen!)


Sie glauben, damit durchzukommen. Das ist Opportunis-
mus pur, weil Sie den Menschen in Wittstock nach dem
Munde reden wollen.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil sie Recht haben!)


Sie haben nicht die Courage, den Zusammenhang der
Dinge aufzuzeigen. Das ist Ihre Politik.


(Beifall bei der CDU/CSU – Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Kues, das stimmt einfach nicht! Ich war in Nordhorn und in Siegenburg!)


– Sie haben sich vor drei Jahren schon darüber aufge-
regt, aber Ihr Opportunismus hat sich nicht geändert.


(Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unverschämtheit!)


– Das ist keine Unverschämtheit. Es ist eine Unver-
schämtheit, wie Sie mit den Menschen umgehen. Ihr In-
teresse gilt nicht den Menschen. Sie wollen sich in der
politischen Auseinandersetzung Vorteile verschaffen.


(Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Welche Vorteile wollte ich mir in Wittstock verschaffen?)


Sie sind letztlich regierungsunfähig. Sie müssten sich
für ein Truppenübungsplatzkonzept einsetzen. Das,
was die Regierung tut, tragen Sie im Endeffekt nicht mit.
Das muss ich so sagen. Die Menschen in Nordhorn – der
eine oder der andere wird das auch mitkriegen; dafür
werde ich schon sorgen – werden feststellen, wie oppor-
tunistisch die Grünen sind. Das erleben wir bei allen
Themen. Sie werden feststellen, dass auch die große
Volkspartei SPD im Grunde genommen nicht bereit ist,
die Dinge, die für die Bundeswehr notwendig sind, mit-
zutragen. Das finde ich ganz schlimm.

Ich könnte Ihnen an vielen Beispielen deutlich ma-
chen, dass alle Argumente, die hier genannt worden
sind, in gleicher Weise für Nordhorn zutreffen. Deswe-
gen habe ich immer die Auffassung vertreten, man soll
zu einer fairen Lastenverteilung kommen. Das halte ich
für gerecht. Der Verteidigungsminister hat – das darf ich
Ihnen anvertrauen – mir auch schon gesagt, wie er sich
das weitere Schicksal des Antrags vorstellt. Das ist eben
angedeutet worden. Da haben Sie aufgeschrieen. Wir
werden es ja sehen. Beim letzten Mal ist es so gewesen,

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(C (D ass man den Antrag still und heimlich hat verschwinen lassen. as ist Ihre Politik. Deshalb machen Sie den Leuten etas vor. Das ist mein Kernpunkt. So wird es mit diesem Antrag auch wieder sein. Wenn s nicht so ist, dann ist nicht nur aus diesem Grunde – es ibt viele andere Gründe – die Regierungszeit von SPD nd Grünen offenkundig zu Ende, weil sie in einem zenralen Punkt nicht in der Lage sind, das Konzept der undeswehr mitzutragen. (Cornelia Behm [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch Blödsinn!)


(Günther Friedrich Nolting [FDP]: So ist es!)


Ich will nicht verhehlen, dass es mich sehr ärgert
das sage ich als Wahlkreisabgeordneter –, dass man ei-
en Garnisonsstandort in unmittelbarer Nähe des Bom-
enabwurfplatzes dichtmacht, unter anderem weil die
ilitärische Führung der Bundeswehr, speziell der Luft-
affe, zu wenig politische Sensibilität gezeigt hat. Das
st – das soll die Luftwaffe ruhig hören – ein großes Är-
ernis für die Bevölkerung. Das kann ich nicht akzeptie-
en.
Als Abgeordnete haben wir die verdammte Pflicht

nd Schuldigkeit, uns Gedanken darüber zu machen,
as für das Gemeinwohl und was für den Staat insge-
amt richtig ist. Wir müssen die Courage aufbringen
Courage haben Sie nicht –, auch einmal etwas zu sa-
en, was nicht von vornherein auf tosenden Beifall stößt.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann tun Sie das einmal!)


as ist verantwortlich.
Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Sie sind unverantwortlich! – Gegenruf des Abg. Dr. Hermann Kues [CDU/ CSU]: Sie handeln wider besseres Wissen! Wir sind die Einzigen, die die Regierung in dieser Sache verteidigen!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516325800

Das Wort hat die Kollegin Dr. Gesine Lötzsch.


Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1516325900

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

en! Die Bürgerinitiative Freie Heide lädt für Ostersonn-
ag zur 94. Protestwanderung für die „FREIE HEIDE“
in. Das Motto dieser Wanderung lautet: Hier nicht und
irgendwo. Ich finde dieses Motto sehr gut; denn es
reift offensiv die Vorwürfe auf, die da lauten: Ihr wollt
s nur bei euch schön ruhig haben. Was anderswo pas-
iert, ist euch egal. Das stimmt nicht. Die Mitglieder der
ürgerinitiative und ihre Unterstützer wollen nicht nur
n ihrer Umgebung Ruhe und Frieden haben.


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])







(A) )



(B) )


Dr. Gesine Lötzsch

Sie setzen sich für die Begrenzung von Militär und für
friedliche Lösungen weltweit ein.

Lange haben die Menschen rund um die Kyritz-Rup-
piner Heide auf diesen Antrag zur zivilen Nutzung der
Heide gewartet. Nun ist es endlich gelungen, dass
58 Mitglieder des Bundestages ihn mit ihrem Namen un-
terstützen. Beim Ostermarsch wird sicher die Frage ge-
stellt werden, welche Aussicht der Antrag hat und bis
wann über ihn entschieden sein wird. Die Frage ist be-
rechtigt. Darum bitte ich alle Antragsteller, ihre Frak-
tionskollegen von der Richtigkeit dieses Antrages zu
überzeugen. Falls ich es richtig überblicke, liegt bisher
nur von der PDS die hundertprozentige Zustimmung vor.

Erinnern wir uns: Die deutsch-deutsche Vereinigung
bedeutete auch das Ende des Kalten Krieges. Für viele
Menschen schienen Abrüstung, weniger Geld für Rüs-
tung und weniger Truppenübungsplätze eine logische
Folge der Beendigung des Kalten Krieges zu sein. Da-
rum waren sie erst verwundert und dann empört, als der
damalige Verteidigungsminister Volker Rühe die militä-
rische Nutzung der Heide plante.

Am 15. August 1992 fand die erste Demonstration
gegen die weitere militärische Nutzung der Heide
statt. Mit phantasievollen Aktionen machten die Men-
schen die Öffentlichkeit auf ihr Anliegen aufmerksam.
Im Jahre 1994 erklärte der damalige SPD-Vorsitzende
und Kanzlerkandidat Rudolf Scharping vor 500 De-
monstranten, im Falle eines Wahlsieges der SPD werde
dieser Truppenübungsplatz verschwinden. Inzwischen
hat die SPD zwei Bundestagswahlen gewonnen. Es ist
also höchste Zeit, das damals gegebene Versprechen ein-
zulösen.


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])

Ein Bombodrom in der Kyritz-Ruppiner Heide ist

kein lokales Problem. Darum finde ich es gut, dass Ab-
geordnete, die weit entfernt von dieser Heide ihre Wahl-
kreise haben, diesen Antrag unterstützen.


(Beifall der Abg. Undine Kurth [Quedlinburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Ich möchte noch einmal unterstreichen: Die Heide
verdient eine friedliche Nutzung. Die Menschen in die-
ser Region haben nach dem Ende des Kalten Krieges im-
mer wieder ihren Wunsch bekräftigt, endlich eine freie,
offene und friedliche Heide haben zu wollen. Ich finde,
wir sollten diesen Wunsch respektieren. Geben wir den
Menschen Sicherheit. Sie haben hier touristische Ange-
bote und damit nicht nur Erholungsmöglichkeiten für
uns Großstädter, sondern auch Arbeitsplätze geschaffen.
Sorgen wir gemeinsam dafür, dass wir spätestens Ostern
2006 sagen können: Die Heide ist frei!

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Petra Pau [fraktionslos])


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(C (D Das Wort hat jetzt der Kollege Ernst Bahr von der PD-Fraktion. (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Undine Kurth [Quedlinburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516326000


Ernst Bahr (SPD):
Rede ID: ID1516326100

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Kollegin-

en und Kollegen! Frau Lötzsch, aus Ihrem parlamenta-
ischen Verständnis kann man ableiten, was Sie gesagt
aben. Dass man aber innerhalb einer Koalition in einer
achfrage unterschiedlicher Meinung sein kann, die sich
itunter in einer parlamentarischen Diskussion zum
usdruck bringt, ist, denke ich, und eine ganz natürliche
ache. Trotz unseres Antrags stehen wir zur Regierungs-
olitik. Das sage ich auch an die Adresse der FDP und
er CDU/CSU. Wir haben überhaupt nicht die Absicht,
ie Koalition mit einem Riss zu versehen.
Wir vertreten in der Verteidigungspolitik die Auffas-

ung, dass die Bundeswehr – so sehr wir ihre durch den
erteidigungsminister bestimmte Aufgabenstellung be-
rüßen – den Übungsplatz in Wittstock nicht braucht.
as ist unsere zentrale Aussage. Diese haben wir sehr
achlich und fundiert begründet. Frau Schäfer, Ihre Aus-
agen treffen dagegen nicht zu. Sie sollten sich unseren
ruppenantrag ruhig noch einmal vornehmen. Ein so
achlich und präzise begründeter Antrag wie in diesem
all ist selten


(Günther Friedrich Nolting [FDP]: Von SPD und Grünen!)


ingebracht worden.
Herr Nolting, die FDP-Fraktion sollte ihren Antrag

urückziehen, weil er keinen Sinn macht.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

r sieht nur eingeschränkte Übungsmöglichkeiten für
ie Bundeswehr vor. Wenn es tatsächlich so ist, wie Sie
ehaupten, und der Übungsplatz tatsächlich gebraucht
ird, muss er sowieso eingerichtet werden und Kosten
erden entstehen. Die Frage ist dann nicht mehr, wie
iele Übungsmöglichkeiten vorhanden sind. Wenn Sie
hren Antrag zurückziehen und unseren Gruppenantrag
nterstützen, dann werden wir ein Stückchen weiterkom-
en.


(Günther Friedrich Nolting [FDP]: Was sagen Sie denn zur Rede des Staatssekretärs?)


Der Staatssekretär vertritt die Regierungsposition und
ir vertreten die Position, dass die Bundeswehr diesen
bungsplatz nicht braucht.
Die Bündnisfähigkeit der Bundesrepublik Deutsch-
nd stellen wir jedenfalls nicht infrage. Wir sind der
einung, dass Übungsmöglichkeiten für die Bundes-
ehr gegeben sind, und zwar ohne dass man zusätzlich
eld ausgeben und zusätzliche Belastungen für Men-
chen in anderen Regionen schaffen muss.






(A) )



(B) )


Ernst Bahr (Neuruppin)


Zur Lastenverteilung: Wer wie Sie sagt, die Lasten

zwischen Ostdeutschland und Westdeutschland seien
nun gleichmäßig verteilt, der weiß nicht, was zu Zeiten
der sowjetischen Übungen stattgefunden hat. Es war
nicht allein die Zahl der Übungen. Vielmehr gab es auch
Luftwaffenübungen, beispielsweise mit Hubschraubern,
sowie Kanonen- und Panzerübungen mit scharfer Muni-
tion. Solche unvorstellbaren Belastungen über 40 Jahre
musste keine bundesdeutsche Gemeinde nach dem
Zweiten Weltkrieg erleben. Insofern kann von einer
gleichmäßigen Lastenverteilung keine Rede sein.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Günther Friedrich Nolting [FDP]: Gehen Sie einmal nach Siegenburg! – Manfred Grund [CDU/CSU]: Das ist wirklich das letzte Argument, das ich angeführt hätte!)


Zu den Präzisionswaffen: Frau Schäfer, Sie haben
gesagt, hier könne man Einsparungen vornehmen. Das
ist in Wahrheit nicht möglich. Präzisionswaffen werden
beschafft und es wird mit ihnen geübt, weil sie für zu-
künftige Einsätze benötigt werden. Deswegen kann nach
unserer Meinung auf den Abwurf von Bomben, wie er in
der Kyritz-Ruppiner Heide geübt wird, verzichtet wer-
den. Des Weiteren haben Sie behauptet, dass wir die Ent-
sorgung unterschlagen würden. Das stimmt nicht. Wir
wissen, dass auf dem Übungsplatz Wittstock eine Ent-
sorgung durchgeführt werden muss. Das wird auch ge-
schehen, selbst wenn die Bundeswehr diesen Übungs-
platz nicht nutzen sollte.

Das Ziel unseres Gruppenantrags ist die Unterstüt-
zung derjenigen Menschen, die eine nicht militärische
Entwicklung dieser Region verlangen. Dazu gehört im
Wesentlichen die Tourismuswirtschaft, die große Bedeu-
tung hat und die sich sehr gut entwickelt hat. Die Bun-
deswehr braucht nach meiner Meinung diesen Übungs-
platz nicht und daher sollte dieser Platz der friedlich-
zivilen Nutzung zugeführt werden. Wir brauchen Klar-
heit, und zwar möglichst schnell, damit die getätigten In-
vestitionen nicht umsonst waren und damit die beabsich-
tigten Investitionen umgesetzt werden können. Wir
fordern, dass möglichst schnell eine Entscheidung ge-
troffen wird, damit Sicherheit für die Region und ihre
Entwicklung gegeben ist. Die 13 Jahre gerichtliche Aus-
einandersetzung, in denen Kommunen und Privatperso-
nen Geld investieren mussten, waren aus meiner Sicht
nicht notwendig. Ich freue mich und begrüße es, dass
Bundesverteidigungsminister Struck nun zumindest
dazu übergegangen ist, die rechtlichen Probleme, soweit
sie Eigentumsfragen betreffen, von sich aus zu klären,
und dass er nicht wie die Vorgängerregierung die Ge-
meinden darauf verweist, dass sie klagen können, wenn
sie etwas haben wollen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir haben eine Situation, die einer Lösung zugeführt
werden muss. Ich möchte an dieser Stelle den Bürger-
initiativen herzlich dafür danken, dass sie mit ihrem En-
gagement dafür gesorgt haben, dass dieses Thema bun-
desweit ins Gedächtnis gerufen wurde und dass es weiter
verfolgt wird. Ich darf all denjenigen danken, die das or-

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(C (D anisiert und initiiert haben. Wir haben unseren Grupenantrag auf der Grundlage dieser Initiativen gestellt. In der vergangenen Wahlperiode sind wir mit den Be atungen über einen entsprechenden Antrag leider nicht u Ende gekommen. Das ist nicht bewusst niedergelegt orden (Dr. Hermann Kues [CDU/CSU]: Wie ist das denn passiert?)


Herr Kues, Sie wissen doch, wie es war –, sondern der
iskontinuität zum Opfer gefallen.


(Dr. Hermann Kues [CDU/CSU]: Weshalb denn? Sie machen den Leuten etwas vor! Das ist nicht korrekt! Das ist Opportunismus hoch drei!)


ir haben das damals zu spät eingebracht. Diesmal ha-
en wir es zur rechten Zeit eingebracht in der Hoffnung,
ass die Ausschussberatungen, die wir sehr intensiv be-
leiten werden, ein Ergebnis zeitigen werden, sodass
iele Kolleginnen und Kollegen unserem Antrag im
undestag zustimmen können. Die Bundeswehr muss
war aufgabengerecht ausbilden. Aber sie kann auf den
bungsplatz in Wittstock verzichten, weil sie ihn nicht
enötigt.
Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516326200

Das Wort hat der Kollege Werner Kuhn von der CDU/
SU-Fraktion.


Werner Kuhn (CDU):
Rede ID: ID1516326300

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen

nd Kollegen! Die wirtschaftliche Entwicklung im Be-
eich der Kyritz-Ruppiner Heide und in der Müritz-Re-
ion befindet sich in einer ganz schwierigen Situation.
ür mein Dafürhalten haben wir einen Zielkonflikt. Das
st das große Problem.
Die Tourismusbranche ist die einzige Wachstums-

ranche in dieser strukturschwachen Region. Parallel
azu gibt es eine militärische Nutzung des Gebiets, ver-
unden mit den entsprechenden Belastungen. Dazu ge-
ören Tiefflüge; Kollege Kues hat eindrucksvoll geschil-
ert, wie das in seiner Region in den letzten Jahren
onstatten gegangen ist. Deshalb muss man überlegen,
as von höherem volkswirtschaftliche Nutzen ist.
Ich unterstütze das Anliegen des Antrages aus den
eihen von Rot-Grün.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


ber dann müssen Sie doch auch einmal an die Regie-
ung herangehen. Der Verteidigungsminister und der
irtschaftsminister müssen an einen Tisch und diesen
achverhalt klären. Sie haben das letztendlich in der
and. Aber über 14 Jahre hinweg haben wir hier über-






(A) )



(B) )


Werner Kuhn (Zingst)


haupt keine Aktivitäten erlebt, die zielführend gewesen
wären.

In unterschiedlichen Bürgerinitiativen haben Sie mit
Ihren Matadoren vonseiten der SPD – das wurde hier do-
kumentiert – den Leuten immer wieder Hoffnungen ge-
macht: Wenn Sie uns wählen, wird es diesen Schießplatz
nicht geben. Das Gegenteil haben Sie gemacht. Das halte
ich für einen Wortbruch. So kann man mit den Bürgerin-
nen und Bürgern in der Müritz-Region und in der Kyritz-
Ruppiner Heide nicht umgehen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Günther Friedrich Nolting [FDP])


Denken Sie an Rheinsberg! Denken Sie an die Mü-
ritz! Bedenken Sie, welche Investitionsmöglichkeiten
bei einer Arbeitslosigkeit von 23,5 Prozent überhaupt
noch bestehen! Wenn ein Hotelunternehmer, der Zu-
wächse an Übernachtungen verzeichnen kann, in einen
Anbau investieren will, braucht er neben dem Eigen-
kapital eben auch Fremdkapital. Da die Entscheidung,
ob die Kyritz-Ruppiner Heide militärisch genutzt wird,
immer noch aussteht, besteht Unsicherheit und diese Un-
sicherheit belastet. Wir brauchen endlich Klarheit. Für
diese Klarheit muss die Regierung sorgen.

Bei der Anhörung im Ausschuss für Angelegenheiten
der neuen Länder zu dem Antrag, der damals vorlag
– warum er nicht zur Vollendung gekommen ist, kann
ich nicht nachvollziehen –, haben wir gemerkt, dass man
sich in dieser Region mit Bürgermeistern, die der Union
angehören, mit Landräten, die der Union angehören, und
mit Vertretern auf der Seite der Nordbrandenburger, die
der SPD angehören, darüber einig war, dass – –


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516326400

Herr Kollege, ich muss Sie unterbrechen, weil Sie re-

den, ohne Luft zu holen.

(Heiterkeit)


Der Kollege Manzewski würde gerne eine Zwischen-
frage stellen. Erlauben Sie das?


Werner Kuhn (CDU):
Rede ID: ID1516326500

Kollege Manzewski ist wie ich für diese Region zu-

ständig. Wir haben letztendlich in unseren Überzeugun-
gen – –


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516326600

Erlauben Sie eine Zwischenfrage des Kollegen

Manzewski?

Werner Kuhn (CDU):
Rede ID: ID1516326700

Ja, bitte.

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516326800

Bitte schön.

Dirk Manzewski (SPD):
Rede ID: ID1516326900

Herr Kollege Kuhn, zur Richtigstellung: Ich bin für

die Region zuständig, weil ich direkt gewählter Abge-
ordneter bin.

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(C (D (Heiterkeit bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ber ich erkenne an, dass auch Sie sich um diese Region
emühen.
Ich habe zwei Fragen, weil ich aus Ihrem Vortrag

icht schlau werde.
Erstens. Könnten Sie mir sagen, ob Sie nun für den
ntrag sind oder nicht?
Zweitens. Sie kritisieren hier die Bundesregierung.

ie kritisieren leider nicht Ihre eigene Fraktion. Geben
ie mir Recht, dass, wenn die CDU/CSU diesen Antrag
emeinsam mit den Unterzeichnern unterstützen würde,
ieser Antrag durchginge?


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Lachen bei der CDU/CSU – Manfred Grund [CDU/ CSU]: Und so was regiert seit Jahren!)



Werner Kuhn (CDU):
Rede ID: ID1516327000

Erstens. Ich unterstütze diesen Antrag.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Zweitens. Sie haben die Regierungsverantwortung.
err Kollege Manzewski. Zudem kommt dieser Antrag
us Ihren Reihen. Sie haben also die Verantwortung,
ass die Zielstellung erreicht wird. Wir sind in der Oppo-
ition. Ich würde es sehr begrüßen, wenn wir die Rollen
eim nächsten Mal wechselten und Sie nicht mehr als
ertreter einer die Regierung tragenden Fraktion rede-
en. Es wird höchste Zeit, dass sich da etwas ändert.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, in diesem

usammenhang bitte ich ganz inständig darum, dass sich
ie Verantwortlichen in der Exekutive, die verantwort-
ichen Minister, des Problems annehmen und eine fach-
iche und sachliche Beurteilung hinsichtlich der Ent-
icklung der Region, auch was den Tourismus betrifft,
rarbeiten. Ich habe den Eindruck, dass die Entwick-
ungsziele, die hier vorgegeben worden sind, nur im Be-
eich des Tourismus liegen können.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: So ist es! Da haben Sie einfach Recht!)


ir wissen genau, dass diese Branche weltweit operiert.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516327100

Herr Kollege Kuhn, Ihre Redezeit ist abgelaufen.


Werner Kuhn (CDU):
Rede ID: ID1516327200

Wir werden so Nachteile erleiden. Das können wir

icht kampflos hinnehmen. Das ist auch die Überzeu-
ung unserer Unternehmerschaft.


(Beifall bei der CDU/CSU – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Stimmen Sie zu?)


Ja.






(A) (C)



(B) (D)


Werner Kuhn (Zingst)


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr gut!)


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516327300

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf

den Drucksachen 15/4792 und 15/4956 an die in der Ta-
gesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.

Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann
sind die Überweisungen so beschlossen.

Wir sind damit am Schluss der heutigen Tagesordnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundes-

tages auf morgen, Freitag, den 11. März 2005, 9 Uhr, ein.
Die Sitzung ist geschlossen.