Protokoll:
15160

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 15

  • date_rangeSitzungsnummer: 160

  • date_rangeDatum: 24. Februar 2005

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  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 21:51 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 15/160 Tagesordnungspunkt 3: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Vertrag vom 29. Oktober 2004 über eine Verfassung für Europa (Drucksachen 15/4900, 15/4939) . . . . . . . b) Erste Beratung des von den Abgeordneten Peter Hintze, Dr. Wolfgang Schäuble, Dr. Gerd Müller, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ausweitung der Mitwirkungsrechte des Deutschen Bundestages in Angelegenheiten der Europäischen Union (Drucksache 15/4716) . . . . . . . . . . . . . . . . e) Antrag der Abgeordneten Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Dr. Werner Hoyer, Dr. Claudia Winterstein, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Für mehr Mitsprache des Deutschen Bundestages bei der Rechtsetzung der Europäischen Union nach In-Kraft-Tre- ten des Verfassungsvertrages (Drucksache 15/4937) . . . . . . . . . . . . . . . f) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union zu dem Antrag der Abgeordneten Peter Hintze, Dr. Gerd Müller, Michael Stübgen, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der CDU/ CSUCSU: Den EU-Verfassungsprozess zum Erfolg führen 14902 C 14902 D 14903 C Deutscher B Stenografisch 160. Sitz Berlin, Donnerstag, den I n h a l Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeord- neten Helmut Rauber . . . . . . . . . . . . . . . . . . Benennung des Abgeordneten Dr. Norbert Röttgen als ordentliches Mitglied in den Ver- mittlungsausschuss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wahl der Abgeordneten Monika Lazar als Schriftführerin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wahl von Mitgliedern in das Gremium gemäß § 23 c Abs. 8 des Zollfahndungsdienstgeset- zes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Absetzung der Tagesordnungspunkte 3 g und 4 b sowie 22 a und b . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nachträgliche Ausschussüberweisungen . . . . d 14901 A 14901 B 14901 B 14901 B 14901 C 14902 A 14902 A c) Erste Beratung des von den Abgeordneten Michael Roth (Heringen), Günter Gloser, Dr. Angelica Schwall-Düren, weiteren undestag er Bericht ung 24. Februar 2005 t : Abgeordneten und der Fraktion der SPD sowie den Abgeordneten Rainder Steenblock, Volker Beck (Köln), Ulrike Höfken, weiteren Abgeordneten und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die Ausweitung und Stärkung der Rechte des Bundestages und des Bundesrates in Angelegenheiten der Europäischen Union (Drucksache 15/4925) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Stär- kung der Rolle des Deutschen Bundes- tages bei der Begleitung, Mitgestaltung und Kontrolle europäischer Gesetzge- bung (Drucksache 15/4936) . . . . . . . . . . . . . . . 14903 A 14903 B (Drucksachen 15/2970, 15/4206) . . . . . . . Michael Roth (Heringen) (SPD) . . . . . . . . . . 14903 D 14904 A II Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 160. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2005 Erwin Teufel, Ministerpräsident (Baden-Württemberg) . . . . . . . . . . . . . . . . Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . . Dr. Werner Hoyer (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Hans Martin Bury, Staatsminister für Europa Dr. Wolfgang Schäuble (CDU/CSU) . . . . . . . Marianne Tritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) . Axel Schäfer (Bochum) (SPD) . . . . . . . . . . . . Peter Altmaier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Michael Roth (Heringen) (SPD) . . . . . . . . Dr. Gesine Lötzsch (fraktionslos) . . . . . . . . . . Dr. Gerd Müller (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Günter Gloser (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Silberhorn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 4: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Fi- nanzausschusses – zu dem Antrag der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN: Stabilitäts- und Wachstumspo- litik fortsetzen – Den europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt stär- ken – zu dem Antrag der Abgeordneten Friedrich Merz, Dr. Michael Meister, Dietrich Austermann, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der CDU/ CSU: Für eine stabile Wirtschafts- und Währungsunion – europäi- schen Stabilitäts- und Wachstums- pakt nicht ändern (Drucksachen 15/3957, 15/3719, 15/4915) . . . Dr. Michael Meister (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Andreas Pinkwart (FDP) . . . . . . . . . . . . . Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Andreas Pinkwart (FDP) . . . . . . . . . . . . . Christine Scheel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Andreas Pinkwart (FDP) . . . . . . . . . . . Georg Fahrenschon (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Ortwin Runde (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hartmut Schauerte (CDU/CSU) . . . . . . . . O D K T a b c d e Z A B n A S w B s A ( T a 14906 C 14909 D 14912 B 14914 A 14915 D 14918 A 14919 C 14920 D 14923 A 14924 B 14925 C 14926 D 14928 A 14930 C 14932 A 14932 B 14934 D 14937 A 14938 C 14939 A 14939 B 14941 C 14942 D 14944 C 14945 B Hans Michelbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . lav Gutting (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . r. Heinz Köhler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . laus-Peter Willsch (CDU/CSU) . . . . . . . . . Bartholomäus Kalb (CDU/CSU) . . . . . . . . agesordnungspunkt 27: ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Reform des Reisekostenrechts (Drucksache 15/4919) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des vom Bundesrat einge- brachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Erleichterung der Verwaltungsreform in den Ländern (… Zuständigkeitslocke- rungsgesetz) (Drucksache 15/4114) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des vom Bundesrat einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Än- derung des Hochbaustatistikgesetzes (Drucksache 15/4738) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des vom Bundesrat einge- brachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes (Drucksache 15/4739) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des vom Bundesrat einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Än- derung der Verwaltungsgerichtsord- nung (Drucksache 15/2417) . . . . . . . . . . . . . . . usatztagesordnungspunkt 1: ntrag der Abgeordneten Annette Faße, Uwe eckmeyer, Gerd Andres, weiterer Abgeord- eter und der Fraktion der SPD sowie der bgeordneten Rainder Steenblock, Albert chmidt (Ingolstadt), Volker Beck (Köln), eiterer Abgeordneter und der Fraktion des ÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Verkehrs- icherheit in der Seeschifffahrt verbessern – lkoholmissbrauch konsequent bekämpfen Drucksache 15/4942) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 28: ) – Zweite Beratung und Schlussabstim- mung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Abkommen vom 14. Mai 2003 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik In- donesien über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapi- talanlagen (Drucksachen 15/3882, 15/4824) . . . . 14946 B 14947 B 14948 C 14950 A 14951 C 14952 A 14952 A 14952 B 14952 B 14952 B 14952 B 14952 D Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 160. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2005 III – Zweite Beratung und Schlussabstim- mung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Änderungsprotokoll vom 26. August 2003 zu dem Vertrag vom 28. Februar 1994 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Moldau über die För- derung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksachen 15/3883, 15/4824) . . . . – Zweite Beratung und Schlussabstim- mung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Abkommen vom 10. Juli 2000 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Palästinensischen Befreiungsor- ganisation zugunsten der Palästi- nensischen Behörde über die Förde- rung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksachen 15/3884, 15/4824) . . . . – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zu dem Ände- rungs- und Ergänzungsprotokoll vom 14. Mai 2003 zwischen der Bundes- republik Deutschland und der Re- publik Polen zu dem Vertrag vom 10. November 1989 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksachen 15/3885, 15/4824) . . . . – Zweite Beratung und Schlussabstim- mung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Vertrag vom 27. März 2003 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Tad- schikistan über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapi- talanlagen (Drucksachen 15/3886, 15/4824) . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Arbeitsdoku- ment der Kommission; Einbeziehung von Umweltbelangen in andere politi- sche Bereiche – eine Bestandsaufnahme des Cardiff-Prozesses KOM (2004) 394 endg.; Ratsdok. 10251/04 (Drucksachen 15/3696 Nr. 2.12, 15/4471) c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Woh- nungswesen zu dem Antrag der Abgeord- neten Dirk Fischer (Hamburg), Gero d e f g Z a b Z A d F „ s f R la 14952 D 14953 A 14953 B 14953 C 14953 D Storjohann, Eduard Oswald, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der CDU/ CSU: Flexibilität für das Schausteller- gewerbe (Drucksachen 15/3490, 15/4483) . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Woh- nungswesen zu dem Antrag der Fraktio- nen der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN: Stabilisierung und Wei- terentwicklung des genossenschaftli- chen Wohnens (Drucksachen 15/4043, 15/4693) . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung: Änderung der Geschäftsordnung des Deutschen Bun- destages hier: § 122 a (Elektronische Dokumente) (Drucksache 15/4798) . . . . . . . . . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit zu der Verordnung der Bundesregierung: Einhundertfünfzigste Verordnung zur Änderung der Einfuhrliste – Anlage zum Außenwirtschaftsgesetz – (Drucksachen 15/4703, 15/4779 Nr. 2.1, 15/4877) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ) – l) Beschlussempfehlungen des Petitionsaus- schusses: Sammelübersichten 184, 185, 186, 187, 188 und 189 zu Petitionen (Drucksachen 15/4856, 15/4857, 15/4858, 15/4859, 15/4860, 15/4861) . . . . . . . . . . . usatztagesordnungspunkt 2: ) Zweite und dritte Beratung des vom Bun- desrat eingebrachten Entwurfs eines Ge- setzes zur Änderung des Gesetzes über das Wohnungseigentum und das Dauer- wohnrecht (Drucksachen 15/3423, 15/4469) . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses: zu der Streitsache vor dem Bundesverfassungsgericht 2 BvR 249/04 (Drucksache 15/4944) . . . . . . . . . . . . . . . usatztagesordnungspunkt 3: ktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion er SPD: Klage des Landes Hessen gegen inanzzuweisungen des Bundes an das Kompetenzzentrum Bologna“ der Hoch- chulrektorenkonferenz – Konsequenzen ür die auf europäischer Ebene vereinbarte eform des Hochschulwesens in Deutsch- nd . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14953 D 14954 A 14954 B 14954 C 14954 C 14955 A 14955 B 14955 C IV Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 160. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2005 Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . . . Dr. Christoph Bergner (CDU/CSU) . . . . . . . . Dr. Reinhard Loske (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Cornelia Pieper (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ute Berg (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marion Seib (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Andrea Wicklein (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Helge Braun (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Ulrich Kasparick, Parl. Staatssekretär BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Swen Schulz (Spandau) (SPD) . . . . . . . . . . . . Michael Kretschmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . Jörg Tauss (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 5: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswe- sen – zu dem Antrag der Abgeordneten Hans- Günter Bruckmann, Ludwig Stiegler, Sören Bartol, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeord- neten Winfried Hermann, Albert Schmidt (Ingolstadt), Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Luft- verkehrsstandort Deutschland – Koor- dination und Kooperation verbessern – Nachhaltigen Luftverkehr für die Zu- kunft sichern – zu dem Antrag der Abgeordneten Dirk Fischer (Hamburg), Eduard Oswald, Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/ CSU: Luftverkehrsstandort Deutsch- land sichern – zu dem Antrag der Abgeordneten Horst Friedrich (Bayreuth), Dr. Karl Addicks, Daniel Bahr (Münster), weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der FDP: Flugha- fenkonzept für Deutschland (Drucksachen 15/4518, 15/3312, 15/4517, 15/4876) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Günter Bruckmann (SPD) . . . . . . . . . . . Norbert Königshofen (CDU/CSU) . . . . . . . . . W H I W T A A g F s E g ( C K M D D K D H T a b M D 14955 C 14956 D 14957 D 14959 A 14960 A 14961 A 14962 B 14963 B 14964 C 14965 D 14967 B 14968 C 14970 A 14971 B 14972 D 14973 A 14974 D infried Hermann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . orst Friedrich (Bayreuth) (FDP) . . . . . . . . . ris Gleicke, Parl. Staatssekretärin BMVBW ilhelm Josef Sebastian (CDU/CSU) . . . . . . agesordnungspunkt 25: ntrag der Abgeordneten Dr. Christian Ruck, rnold Vaatz, Hermann Gröhe, weiterer Ab- eordneter und der Fraktion der CDU/CSU: olgerungen aus der Tsunami-Flutkata- trophe vom 26. Dezember 2004 – Deutsche ntwicklungspolitik stärken und versteti- en Drucksache 15/4657) . . . . . . . . . . . . . . . . . . hrista Reichard (Dresden) (CDU/CSU) . . . . arin Kortmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . arkus Löning (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Christian Ruck (CDU/CSU) . . . . . . . . . . r. Uschi Eid, Parl. Staatssekretärin BMZ . . laus-Jürgen Hedrich (CDU/CSU) . . . . . . . . r. Sascha Raabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . artwig Fischer (Göttingen) (CDU/CSU) . . . agesordnungspunkt 7: ) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung zur aus- wärtigen Kulturpolitik 2003 (Drucksache 15/4591) . . . . . . . . . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Kultur und Medien – zu dem Antrag der Abgeordneten Monika Griefahn, Eckhardt Barthel (Berlin), Siegmund Ehrmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Dr. Antje Vollmer, Claudia Roth (Augs- burg), Ursula Sowa, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN: Auswärtige Kulturpolitik stärken – zu dem Antrag der Abgeordneten Günter Nooke, Dr. Friedbert Pflüger, Bernd Neumann (Bremen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik stärken (Drucksachen 15/2659, 15/2647, 15/3244) onika Griefahn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Klaus Rose (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 14976 C 14978 A 14979 A 14980 A 14981 D 14982 A 14983 A 14985 A 14986 B 14986 C 14987 D 14988 D 14991 A 14991 D 14992 A 14992 B 14994 D Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 160. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2005 V Kerstin Müller, Staatsministerin AA . . . . . . . Hans-Joachim Otto (Frankfurt) (FDP) . . . . . . Dr. Norbert Lammert (CDU/CSU) . . . . . . Jörg Tauss (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Günter Nooke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 8: a) Erste Beratung des von den Abgeordne- ten Wolfgang Bosbach, Hartmut Koschyk, Thomas Strobl (Heilbronn), weiteren Abgeordneten und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bun- deswahlgesetzes zur Berücksichtigung von Zweitstimmen (Zweitstimmen- Berücksichtigungsgesetz) (Drucksache 15/4717) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erste Beratung des von den Abgeordneten Wolfgang Bosbach, Hartmut Koschyk, Thomas Strobl (Heilbronn), weiteren Abgeordneten und der Fraktion der CDU/ CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundes- wahlgesetzes zur Korrektur der Grund- mandatsklausel (Grundmandatskor- rekturgesetz) (Drucksache 15/4718) . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Strobl (Heilbronn) (CDU/CSU) . . . . Barbara Wittig (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Strobl (Heilbronn) (CDU/CSU) . . Jörg van Essen (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Silke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 9: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe – zu dem Antrag der Abgeordneten Rainer Funke, Dr. Werner Hoyer, Rainer Brüderle, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Für eine zügige Zeich- nung, Ratifizierung und Umsetzung des Zusatzprotokolls zur UN-Antifolter- konvention – zu dem Antrag der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN: Für eine Bekräftigung des absolu- ten Folterverbots (Drucksachen 15/3507, 15/4396, 15/4826) . . Christoph Strässer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Hermann Gröhe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . C R P D T A G o n M ( G C H R M T Z d F z W ( U E J D H T a b 14996 C 14998 A 14999 A 14999 C 15001 B 15004 A 15004 A 15004 B 15006 B 15006 D 15008 B 15008 D 15009 D 15010 A 15012 A hrista Nickels (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ainer Funke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . etra Pau (fraktionslos) . . . . . . . . . . . . . . . . . aniela Raab (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 10: ntrag der Abgeordneten Rainer Brüderle, udrun Kopp, Dirk Niebel, weiterer Abge- rdneter und der Fraktion der FDP: Anti-Be- achteiligungsgesetz für den deutschen ittelstand auf den Weg bringen Drucksache 15/4734) . . . . . . . . . . . . . . . . . . udrun Kopp (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . hristian Lange (Backnang) (SPD) . . . . . . . . artmut Schauerte (CDU/CSU) . . . . . . . . . . ezzo Schlauch, Parl. Staatssekretär BMWA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . atthäus Strebl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 11: weite und dritte Beratung des von der Bun- esregierung eingebrachten Entwurfs eines ünften Gesetzes zur Änderung des Geset- es über die Festlegung eines vorläufigen ohnortes für Spätaussiedler Drucksachen 15/4486, 15/4950) . . . . . . . . . . te Vogt, Parl. Staatssekretärin BMI . . . . . . . rwin Marschewski (Recklinghausen) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . osef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Max Stadler (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . ildegard Wester (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 12: ) Antrag der Abgeordneten Dirk Fischer (Hamburg), Eduard Oswald, Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach), weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der CDU/CSU: Grü- nes Licht für gesetzlich normierte Fahr- gastrechte (Drucksache 15/4504) . . . . . . . . . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Woh- nungswesen – zu dem Antrag der Abgeordneten Peter H. Carstensen (Nordstrand), Dirk Fischer (Hamburg), Ursula Heinen, weiterer Abgeordneter und der 15013 A 15014 A 15014 C 15015 C 15016 D 15017 A 15018 B 15020 B 15021 D 15023 C 15024 D 15025 A 15026 A 15027 B 15028 B 15028 D 15030 A VI Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 160. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2005 Fraktion der CDU/CSU: Mehr Rechte für Fahrgäste im öffentlichen Perso- nenverkehr – zu dem Antrag der Abgeordneten Gudrun Kopp, Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Haftung der Deutschen Bahn AG für Verspä- tungen einführen (Drucksachen 15/1236, 15/1711, 15/3233) Achim Großmann, Parl. Staatssekretär BMVBW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eduard Lintner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Ulrike Höfken (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gudrun Kopp (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Karin Rehbock-Zureich (SPD) . . . . . . . . . . . . Gitta Connemann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 13: Antrag der Abgeordneten Swen Schulz (Spandau), Heinz Schmitt (Landau), Jörg Tauss, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion der SPD sowie der Abgeordneten Ursula Sowa, Marieluise Beck (Bremen), Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN: Geistes-, Sozial- und Kulturwissen- schaften stärken (Drucksache 15/4539) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Swen Schulz (Spandau) (SPD) . . . . . . . . . . . . Bernward Müller (Gera) (CDU/CSU) . . . . . . Ursula Sowa (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Ulrike Flach (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Heinz Schmitt (Landau) (SPD) . . . . . . . . . . . Marion Seib (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 14: Beschlussempfehlung und Bericht des Sport- ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Klaus Riegert, Peter Letzgus, Norbert Barthle, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Internationale sportliche Groß- veranstaltungen gleichermaßen fördern (Drucksachen 15/544, 15/4088) . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 15: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung von Vorschlägen zu Bürokratieabbau und Deregulierung a n ( T A P H F s ( T Z d G d A ( S M D D D T A M w C g ( T E e z z ( T E e G s ( T E S 15030 A 15030 B 15031 C 15033 A 15033 D 15034 B 15035 A 15036 B 15036 C 15037 D 15039 B 15040 B 15041 B 15042 B 15043 C us den Regionen und zur Änderung woh- ungsrechtlicher Vorschriften Drucksachen 15/4231, 15/4673) . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 16: ntrag der Abgeordneten Marlene Mortler, eter H. Carstensen (Nordstrand), Gerda asselfeldt, weiterer Abgeordneter und der raktion der CDU/CSU: Das deutsche Bio- iegel erfolgreich umsetzen Drucksache 15/4840) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 17: weite und dritte Beratung des von der Bun- esregierung eingebrachten Entwurfs eines esetzes zur Regelung bestimmter Altfor- erungen (Altforderungsregelungsgesetz – FRG) Drucksachen 15/4640, 15/4963) . . . . . . . . . . tephan Hilsberg (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . anfred Kolbe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . r. Volker Wissing (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . r. Hans-Ulrich Krüger (SPD) . . . . . . . . . . . r. Peter Jahr (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 18: ntrag der Abgeordneten Dr. Michael eister, Heinz Seiffert, Leo Dautzenberg, eiterer Abgeordneter und der Fraktion der DU/CSU: Abziehbarkeit von Aufwendun- en zur Altersvorsorge Drucksache 15/4843) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 19: rste Beratung des von der Bundesregierung ingebrachten Entwurfs eines Zweiten Geset- es zur Änderung des Pflanzenschutzgeset- es Drucksache 15/4737) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 20: rste Beratung des von der Bundesregierung ingebrachten Entwurfs eines Dreizehnten esetzes zur Änderung des Arzneimittelge- etzes Drucksache 15/4736) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 21: rste Beratung des von den Fraktionen der PD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- 15043 D 15044 C 15044 C 15044 D 15045 D 15047 B 15048 A 15048 D 15050 A 15050 C 15050 C Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 160. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2005 VII NEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Organisationsstruktur der Telematik im Gesundheitswesen (Drucksache 15/4924) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten. . . . . . Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Klaus Brähmig und Ernst Hinsken (beide CDU/CSU) zur Abstimmung über den Ent- wurf eines Gesetzes zur Umsetzung von Vor- schlägen zu Bürokratieabbau und Deregulie- rung aus den Regionen und zur Änderung wohnungsrechtlicher Vorschriften (Tagesord- nungspunkt 15) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Maria Michalk (CDU/CSU) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Umset- zung von Vorschlägen zu Bürokratieabbau und Deregulierung aus den Regionen und zur Änderung wohnungsrechtlicher Vorschriften (Tagesordnungspunkt 15) . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Internationale sportliche Groß- veranstaltungen gleichermaßen fördern (Ta- gesordnungspunkt 14) Dagmar Freitag (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Axel Schäfer (Bochum) (SPD) . . . . . . . . . . . . Eberhard Gienger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Klaus Riegert (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Detlef Parr (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung von Vorschlägen zu Bürokratieabbau und De- r r g H D B R A Z d r R G M F H A Z E s l p J A Z d g p H K C A Z d d o G D F 15050 D 15051 C 15053 A 15053 C 15054 A 15054 C 15055 B 15056 B 15057 B 15058 B 15059 B egulierung aus den Regionen und zur Ände- ung wohnungsrechtlicher Vorschriften (Ta- esordnungspunkt 15) ubertus Heil (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Michael Fuchs (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . irgit Homburger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . ezzo Schlauch (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 6 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Antrags: Das deutsche Biosiegel erfolg- eich umsetzen (Tagesordnungspunkt 16) einhold Hemker (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . ustav Herzog (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . arlene Mortler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . riedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ans-Michael Goldmann (FDP) . . . . . . . . . . nlage 7 u Protokoll gegebene Rede zur Beratung des ntwurfs eines Gesetzes zur Regelung be- timmter Altforderungen (Altforderungsrege- ungsgesetz – AFRG) (Tagesordnungs- unkt 17) utta Krüger-Jacob (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 8 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Antrags: Abziehbarkeit von Aufwendun- en zur Altersvorsorge (Tagesordnungs- unkt 18) orst Schild (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . laus-Peter Flosbach (CDU/CSU) . . . . . . . . arl-Ludwig Thiele (FDP) . . . . . . . . . . . . . . nlage 9 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Än- erung des Pflanzenschutzgesetzes (Tages- rdnungspunkt 19) ustav Herzog (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Peter Jahr (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . riedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15059 D 15061 A 15062 C 15063 B 15064 B 15065 B 15066 A 15067 B 15068 A 15069 A 15070 A 15070 C 15071 C 15072 B 15073 B 15074 B VIII Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 160. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2005 Dr. Christel Happach-Kasan (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gerald Thalheim (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Anlage 10 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Dreizehnten Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes (Tagesordnungspunkt 20) Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD) . . . . . . . . . . . . Peter Bleser (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Julia Klöckner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Michael Goldmann (FDP) . . . . . . . . . . Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär BMVEL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 11 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Organisa- tionsstruktur der Telematik im Gesundheits- wesen (Tagesordnungspunkt 21) Eike Hovermann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Carola Reimann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Matthias Sehling (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Detlef Parr (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15075 A 15075 D 15076 C 15077 B 15078 B 15079 C 15080 A 15080 D 15081 C 15082 C 15083 B 15085 A 15085 C Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 160. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2005 14901 (A) ) (B) ) 160. Sitz Berlin, Donnerstag, den Beginn: 9.0
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    1) Anlage 11 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 160. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2005 15053 (A) ) (B) ) weit diese entstandenen und mögliche weitere h(Wiesloch), Gert alb ist eine dringende Überprüfung notwendig, inwie- Vorhaben des Bürokratieabbaus eine erhebliche Benach- teilung etablierter Betriebe verbunden sein kann. Des-Weisskirchen SPD 24.02.2005* Anlage 1 Liste der entschuldigt * A s g g V d G n p D d k d e g A z z n w l t a t s s Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Bahr (Neuruppin), Ernst SPD 24.02.2005 Barnett, Doris SPD 24.02.2005* Bettin, Grietje BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 24.02.2005 Carstensen (Nordstrand), Peter H. CDU/CSU 24.02.2005 Frankenhauser, Herbert CDU/CSU 24.02.2005 Göppel, Josef CDU/CSU 24.02.2005 Kossendey, Thomas CDU/CSU 24.02.2005* Dr. Krings, Günter CDU/CSU 24.02.2005 Lengsfeld, Vera CDU/CSU 24.02.2005 Lips, Patricia CDU/CSU 24.02.2005 Nolte, Claudia CDU/CSU 24.02.2005* Probst, Simone BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 24.02.2005 Raidel, Hans CDU/CSU 24.02.2005* Reiche, Katherina CDU/CSU 24.02.2005 Riemann-Hanewinckel, Christel SPD 24.02.2005 Ronsöhr, Heinrich- Wilhelm CDU/CSU 24.02.2005 Rossmanith, Kurt J. CDU/CSU 24.02.2005* Schily, Otto SPD 24.02.2005 Steenblock, Rainder BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 24.02.2005 Dr. Thomae, Dieter FDP 24.02.2005 Trittin, Jürgen BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 24.02.2005 Türk, Jürgen FDP 24.02.2005 Wegener, Hedi SPD 24.02.2005* W Z A (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht en Abgeordneten für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung des Europarates nlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Klaus Brähming und Ernst Hinsken (beide CDU/CSU) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Umset- zung von Vorschlägen zu Bürokratieabbau und Deregulierung aus den Regionen und zur Ände- rung wohnungsrechtlicher Vorschriften (Tages- ordnungspunkt 15) Ernst Hinsken (CDU/CSU): Zu der heutigen Ab- timmung über das Gesetz zur Umsetzung von Vorschlä- en zu Bürokratieabbau und Deregulierung aus den Re- ionen und zur Änderung wohnungsrechtlicher orschriften möchte ich zum Ausdruck bringen, dass ich ie vorgesehenen Änderungen in Art. 8 – Änderung des aststättengesetzes – Nr. l a und b ausdrücklich und achhaltig ablehne. Begründung: Im Gaststättengesetz soll die Erlaubnis- flicht für anderweitige gewerbliche oder freiberufliche ienstleistungserbringer und den Handel entfallen, wenn iese eine entgeltliche Abgabe von alkoholfreien Geträn- en und Speisen im Zusammenhang mit der Erbringung er Dienstleistung oder dem Handel anbieten. Die wäre in nicht nachvollziehbarer Wettbewerbsnachteil für astgewerbliche Unternehmen, die die weiter gehenden nforderungen des Gaststättengesetzes mit einer Viel- ahl von Vorschriften und Auflagen, zum Beispiel in Be- ug auf die Lebensmittelhygiene zu beachten haben. Weiterhin würde der vorgesehene Entfall der Erlaub- ispflicht für die Betreibung eines Gaststättengewerbes, enn dieses nur für einen Tag und ohne die Bereitstel- ung von Sitzplätzen betrieben wird, die klassische Gas- ronomie ebenfalls massiv benachteiligen. Damit wären uch größere Veranstaltungen für einen Tag ohne Beach- ung von Vorschriften des Jugendschutzes, des Brand- chutzes und der sicherheitsrelevanten Bestimmungen owie lebensmittelhygienischer Grundsätze möglich. In dieser Begründung wird deutlich, dass mit dem immer (Neuss), Willy CDU/CSU 24.02.2005* apf, Uta SPD 24.02.2005* bgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich 15054 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 160. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2005 (A) ) (B) ) Wettbewerbsnachteile des etablierten Hotel- und Gast- stättengewerbes sowie anderer mittelständischer Unter- nehmen abgebaut werden können. Um die übrigen richtigen Vorschläge zu Bürokratie- abbau und Deregulierung nicht zu gefährden, stimme ich dem Gesetzentwurf als Ganzem zu. Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Maria Michalk (CDU/CSU) zur Abstimmung über den Entwurf eines Ge- setzes zur Umsetzung von Vorschlägen zu Bürokratieabbau und Deregulierung aus den Regionen zur Änderung wohnungsrechtlicher Vorschriften (Tagesordnungspunkt 15) Zu der heutigen Abstimmung über das Gesetz zur Umsetzung von Vorschlägen zu Bürokratieabbau und Deregulierung aus den Regionen und zur Änderung wohnungsrechtlicher Vorschriften gebe ich folgende Be- denken zu Protokoll: Im Gaststättengesetz soll mit Än- derungen in Art. 8 Nr. 1 a und b die Erlaubnispflicht für anderweitige gewerbliche oder freiberufliche Dienstleis- tungserbringer und den Handel entfallen, wenn diese eine entgeltliche Abgabe von alkoholfreien Getränken und Speisen im Zusammenhang mit der Erbringung der Dienstleistung oder dem Handel anbieten. Dies ist ein Wettbewerbsnachteil für gastgewerbliche Unternehmen, die die weiter gehenden Anforderungen des Gaststätten- gesetzes mit einer Vielzahl von Vorschriften und Aufla- gen zum Beispiel in Bezug auf die Lebensmittelhygiene zu beachten haben. Ein weiterer Nachteil entsteht durch den vorgesehe- nen Entfall der Erlaubnispflicht für die Betreibung eines Gaststättengewerbes, wenn dieses nur für einen Tag und ohne die Bereitstellung von Sitzplätzen betrieben wird. Damit sind auch größere Veranstaltungen für einen Tag ohne Beachtung von Vorschriften des Brandschutzes und der sicherheitsrelevanten Bestimmungen sowie lebens- mittelhygienischer Grundsätze möglich. Leider ist mit dem berechtigten Vorhaben des Büro- kratieabbaus im Gesetz eine erhebliche Benachteilung etablierter Betriebe verbunden. Deshalb ist aus meiner Sicht eine Überprüfung notwendig, inwieweit diese ent- standenen und möglichen weiteren Wettbewerbsnach- teile des etablierten Hotel- und Gaststättengewerbes so- wie anderer mittelständischer Unternehmen abgebaut werden können. Um die übrigen richtigen Vorschläge zu Bürokratie- abbau und Deregulierung nicht zu gefährden, stimme ich dem Gesetzentwurf als Ganzem zu. Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Internationale sport- liche Großveranstaltungen gleichermaßen för- dern (Tagesordnungspunkt 14) U s D k a V d v d e a t e d h h w A v g c R l k d m d I s t i D s t i m I d m u r p R m S r i S s (C (D Dagmar Freitag (SPD): Wir diskutieren heute den nions-Antrag mit dem schönen Titel „Internationale portliche Sportveranstaltungen gleichermaßen fördern“. ie Zielrichtung bleibt leider auch nach mehrmaligem onzentrierten Lesen unklar. Auf den ersten Blick wird llerdings klar, dass unbestrittene Ärgernisse bei der ergabe internationaler Sportveranstaltungen der Bun- esregierung angelastet werden sollen. Das kann nur erwundern. Gleiches gilt auch für die Forderungen, die konkret an ie Bundesregierung gestellt werden. Nehmen wir mal in Beispiel heraus: Sie fordern die Bundesregierung uf, sich auf internationaler Ebene für andere Modalitä- en bei der Vergabe von sportlichen Großveranstaltungen inzusetzen. Ich erinnere mich gut daran, dass wir 1999 iesen Aspekt bei der Diskussion um die steuerliche Be- andlung der Fußball-WM in unserem Land behandelt aben. Und wir waren uns einig, dass es wünschenswert äre, wenn Regierungen Einfluss nehmen könnten. ber die Lebenswirklichkeit ist eine andere: Kein Welt- erband wird Eingriffe in seine wirtschaftlichen Planun- en hinnehmen; im Gegenteil: man wird sich entspre- hende Einmischungen und Ratschläge von welcher egierung auch immer verbitten. Auch auf internationa- er Ebene gilt die Autonomie des Sports. Aber auch wenn es sich utopisch anhört, letztlich ann sich nur der Sport selbst solchen Forderungen wi- ersetzen. Gelingt dies nicht, wird sich die Schraube im- er weiter drehen, letztlich mit unabsehbaren Folgen für en Sport. Nun zum nationalen Part Ihres Antrages. Highlight hrer Forderungen ist hier folgender Passus: „Der deut- che Bundestag fordert die Bundesregierung auf, … in- ernationale Sportveranstaltungen in Deutschland gemäß hrer Bedeutung gleichermaßen angemessen zu fördern.“ iesen Satz muss man sich auf der Zunge zergehen las- en. Entweder man fördert „entsprechend der Bedeu- ung“ oder aber man fördert „gleichermaßen“. Und was st nach Ihrer Ansicht „angemessen“? Die Diskussionen öchte ich erleben. Ich zitiere weiter: Dies reicht von der Unterstützung bei der Errich- tung bzw. Ausgestaltung von Sportstätten bis hin zur Hilfe zur Organisation der Veranstaltung und dem kulturellen Rahmenprogramm. m Feststellungsteil beklagen Sie noch die Tatsache, ass die öffentliche Hand zunehmend mit hohen Sum- en in internationale Topevents mit eingebunden ist, nd wenige Zeilen später fordern Sie die Bundesregie- ung auf, die Veranstaltungen mehr oder weniger kom- lett zu übernehmen: Sportstättenbau, Organisation, ahmenprogramm. Widersprüchlich ist eine wirklich ilde Bewertung für diese Forderungen. Und was den portstättenbau angeht, muss sich diese Bundesregie- ung nun wirklich nicht verstecken. Sie behaupten weiter, dass „Bund und Länder wegen hrer angespannten Haushaltslage die Investitionen beim pitzen- und Breitensport massiv gekürzt“ hätten. Wahr- cheinlich haben Sie da an Baden-Württemberg gedacht. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 160. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2005 15055 (A) ) (B) ) Dieses unionsgeführte Bundesland kehrt im Bereich der Sportförderung in der Tat gerade mit dem eisernen Be- sen. Und nur der meines Wissens erste Streik von unzäh- ligen Breitensportlern hat ein begrenztes Einlenken Ihrer Landesregierung zur Folge gehabt. Der Bund hat dage- gen seine Sportförderung trotz globaler Kürzungen auf einem stabilen hohen Niveau gehalten. Sie stellen in Ihrem Antrag fest, dass „Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten herausragender Gastgeber unter anderem bei Olympischen Spielen und zahlreichen Welt- und Europameisterschaften war“. Richtig, und das trotz der angeblich so unzulänglichen Bedingungen. Natürlich kennen wir wie Sie die Diskussionen im deutschen Sport und die Unzufriedenheit einzelner Spitzenverbände mit bestimmten Rahmenbedingungen. Kritik wird immer wieder am mittlerweile zu medialer Berühmtheit gelangten § 50 Abs. 7 Einkommensteuerge- setz geübt. Es gibt derzeit Bestrebungen im Sport, an- dere als die bislang im Gesetz stehenden Kriterien für eine Steuerbefreiung oder -minderung festzulegen. Ich glaube nicht, dass das zur Problemlösung beiträgt. In der überwiegenden Zahl der Bewerbungen spielt die Frage der Besteuerung eine eher untergeordnete Rolle. Anders ist die hohe Zahl von erfolgreichen deutschen Bewer- bungen – jüngstes Beispiel ist die Leichtathletik-WM 2009 in Berlin – nicht zu erklären. Ein Blick ins Ausland bestätigt im Übrigen diese Ein- schätzung: Australien zum Beispiel ist ebenfalls regel- mäßig Gastgeber für eine große Anzahl hochkarätiger internationaler Sportveranstaltungen, in diesem Jahr der Deaflympic Games, 2006 der Commonwealth Games und 2007 der Schwimm-WM. Wie sieht die Steuer- gesetzgebung dort aus? Ähnlich wie in Deutschland. Ausländische Sportler müssen, als steuerpflichtige Aus- länder das gesamte in Australien erzielte Einkommen versteuern. Auch Preisgelder und andere geldwerte Vor- teile unterliegen in Australien grundsätzlich der Steuer- pflicht. Steuerliche Fragen spielen auch nach Einschät- zung des Sportministers von Victoria, Justin Madden für Erfolg oder Misserfolg der Bewerbung keine entschei- dende Rolle. Fazit: Deutschland war und ist ein guter Standort für den Sport und wird es mit dieser Regierung auch blei- ben. Axel Schäfer (Bochum) (SPD): Die CDU/CSU- Fraktion hat heute einen Antrag mit dem Titel „Interna- tionale sportliche Großveranstaltungen gleichermaßen fördern“ vorgelegt. Darin stellen sie fest, dass „Deutsch- land in den vergangenen Jahrzehnten herausragender Gastgeber unter anderem bei Olympischen Spielen so- wie zahlreichen Welt- und Europameisterschaften“ war. Das stimmt. Mehr noch: Diese Aussage ist heute aktuel- ler denn je. Was allerdings an Sinnlosigkeiten in diesem Antrag gefordert wird und an Dingen, die nicht in den Aufga- benbereich der BR fallen, ist erstaunlich. Die CDU/CSU stellt nur Forderungen, ohne anzuer- kennen, welche Leistungen diese Bundesregierung unter d b v r t 2 n D t t a n a b h 1 k d s O t J s W e F u W w i c G G a w i i B e b t H s h l l o l (C (D en gegebenen nationalen und internationalen Rahmen- edingungen in der Einwerbung von sportlichen Groß- eranstaltungen bereits geleistet hat. Diese Bundesregierung hat in den vergangenen Jah- en entscheidend dazu beigetragen, zahlreiche hochkarä- ige Veranstaltungen nach Deutschland zu holen. Von 004 bis zum Ende des Jahrzehntes finden die Champio- ate in fast allen olympischen Top-Sportarten in eutschland statt. Über 25 Weltmeisterschaften – darun- er so herausragende wie Fußball, Hallenhandball, Rei- en, Tischtennis, Hockey und zahlreiche Wintersport- rten – stehen bis 2010 auf dem Programm. Das ist nicht ur unsere Sportagenda 2010, sondern das beschreibt uch schon heute die Sportwirklichkeit. Eine vergleich- are Zusammenballung von sportlichen Höhepunkten at es in der gesamten deutschen Geschichte nur von 972 bis 1978 gegeben – in der Zeit der SPD-Bundes- anzler Willy Brandt und Helmut Schmidt. Ich will das aktuell nur an den in Deutschland stattfin- enden Weltmeisterschaften illustrieren. In diesen Tagen treiten die Athleten bei der Nordischen Ski-WM in berstdorf um die Titel. Im Juni finden der Confedera- ions Cup und die Beachvolleyball-WM statt. Im Sommer folgt ein weiteres Highlight: In diesem ahr wird Deutschland mit der Stadt Duisburg Gastgeber ein für die World Games 2005. Dazu kommen weitere eltmeisterschaften: Fechten in Leipzig, Rad-Querfeld- in in St. Wendel, Röhnrad in Aachen, Hallenradsport in reiburg, Taek-Wan-Do in Dortmund und Drachenboot nd 505er-Klasse. Dass wir im Jahr 2006 Ausrichter für die Fußball- M und die Weltreiterspiele in Aachen sein werden, issen Sie alle. Aber auch die Tischtennis-WM im Mai n Bremen und die Hockey-WM im September in Mön- hengladbach werfen ihre Schatten voraus. 2007 schließlich wird Deutschland unter anderem astgeber der Handball-WM sein, wo aufgrund der röße unserer Sportstätten schon jetzt klar ist, das wir uch einen Besucherweltrekord zu verzeichnen haben erden. Der Winter 2008 wird vom Bob- und Skeletonfahren n Altenberg, Rodeln in Oberhof und Eisstockschießen m Berchtesgadener Land dominiert sein. Im Sommer 2009 folgt mit der Leichtathletik-WM in erlin ein weiteres absolutes Top-Event. Die einzige Bewerbung, die in all den Jahren an steu- rlichen Gesichtpunkten gescheitert ist, war die Bewer- ung um die Eishockey-WM – und die wurde ja bekann- ermaßen von einem unionsgeführten Land geblockt. eute ist der Presse zu entnehmen, dass sich der Deut- che Eishockey-Bund um die WM 2010 beworben hat – offentlich stößt er diesmal in Bayern auf sportfreund- ichere Ohren. Die rot-grüne Bundesregierung hat einen wesent- ichen Beitrag zum heutigen Stellenwert des Sportstand- rtes Deutschland in der internationalen Sportpolitik ge- eistet. Die aktive Rolle und die große persönliche 15056 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 160. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2005 (A) ) (B) ) Unterstützung von Bundeskanzler Gerhard Schröder ha- ben die Zielrichtung vorgegeben. Das Engagement und die kontinuierliche Präsenz des Bundesinnen- und Bundessportministers Otto Schily – übrigens „der stärkste Sportminister, den Deutschland je hatte“ – so Prof. Helmut Digel, Vizepräsident des IAAF – und „ein Glücksfall für den deutschen Sport“ – so Theo Zwanziger, Co-Präsident des DFB und CDU- Funktionär – in den Bewerbungsverfahren haben aus Deutschland wieder ein Land gemacht, in dem interna- tionale Spitzenverbände des Sports sich sicher sein können, ihre Sportevents bestmöglich durchführen zu können. Daher genießt die Bundesregierung auf natio- naler und internationaler Ebene hohe Wertschätzung für ihr sportpolitisches Engagement. Dieses Engagement beschränkt sich aber nicht nur auf „aktive Sportveranstaltungen“: Nach schwierigen Ver- handlungen und gegen starke Mitbewerber, unter ande- rem Dubai und Melbourne, ist es gelungen, einen der bedeutensten Sportkongresse nach Deutschland zu ho- len: Vom 16. bis 20. April treffen unter der Führung der General Association of International Sport-Federations (GAISF) Sportrepräsentanten aus allen Sportbereichen und Kontinenten in Berlin zusammen, darunter unter an- derem der Weltverband der Spitzenverbände der Olym- pischen Sommersportarten (ASOIF), der der Olympi- schen Wintersportarten (AIOWF) und Vertreter des Internationalen Olympischen Komitees (IOC). In diesem Rahmen wird auch das IOC-Exekutivkomitee eine Sit- zung abhalten. Unsere Bundesregierung, die dieses Event aus Mitteln des Innenministeriums unterstützen wird, hat damit einmal mehr bewiesen, dass sie den Sportstandort Deutschland mehr fördert, als es je eine Regierung vorher getan hat. Das werden wir auch in Zu- kunft tun und uns auch weiterhin als zuverlässiger Part- ner des nationalen und internationalen Sports erweisen. Eberhard Gienger (CDU/CSU): Großereignisse im Sport mit Medienpräsenz spielen eine zunehmende Rolle in unserer Gesellschaft. Das beweisen die Übertragun- gen der Fußball-Champions-League, der Formel 1, der jährlich stattfindenden, mehrtätigen Tennis-Turniere, der Radrundfahrten, der Leichtathletik-Meetings, der Mega- Events Olympische Spiele oder der Fußball-Europa- und Weltmeisterschaften. Die staatliche Unterstützung sol- cher Großereignisse im Sport ist immer wieder Gegen- stand öffentlicher Diskussion. Die Autonomie des Sports, die Subsidiarität der Sportförderung sowie die partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Sport und Politik bilden die Grundsätze staatlicher Förderung in der Bundesrepublik. Der Staat will Hilfe zur Selbsthilfe leisten. Ich möchte in meinen Ausführungen sowohl die so- ziale, die ökonomische als auch die repräsentative Funk- tion herausstellen, die von einer Sportgroßveranstaltung ausgeht, um der Regierung zu verdeutlichen, wie wichtig es ist, alle Sportgroßveranstaltungen gleichermaßen zu fördern und nicht nur die gewinnträchtigsten Verbände, wie die FIFA und das IOC. d w g a n d D t i E t T d a r p li s P v li s g S n im d § F u m te „ n D k s D b m p d g la e d g I a d n s b s f (C (D Die Implementierung eines Präventionsgesetzes zeigt, ass wir Anreize schaffen müssen, um die Bevölkerung ieder zum aktiven Sporttreiben zu motivieren. Sport- roßveranstaltungen lösen positive soziale Wirkungen uf die Menschen aus. Beispielsweise können sie zu ei- em wachsenden Sportinteresse führen, das wiederum ie Menschen anregt, sich im Breitensport zu betätigen. amit wäre unser Ziel, den Menschen das aktive Sport- reiben näher zu bringen, tendenziell erreicht. Natürlich st der Nachfrageboom insbesondere durch die erzielten rfolge unserer Athleten, bedingt. So war es in den Zei- en von Franz Beckenbauer, Steffi Graf, Jan Ullrich, imo Boll, Martin Schmitt, Franzi und noch vielen mehr. Kommen wir zu den ökonomischen Auswirkungen, ie von einer internationalen Sportgroßveranstaltung usgehen. Haben wir erst einmal eine Bewerbung erfolg- eich abgeschlossen, löst diese Veranstaltung Nachfrage- rozesse, speziell in der Tourismusbranche, aus. Zusätz- che Hotelbetten werden benötigt, Restaurants erfreuen ich eines erhöhten Zulaufs, der Transport zahlreicher ersonen muss organisiert werden und auch der Verkauf on Tickets und Merchandisingprodukten bringt zusätz- che Gelder ein. Zudem führen die zusätzlichen Kon- um- und Investitionsausgaben zu positiven Beschäfti- ungseffekten. Nun kommen wir zum eigentlichen Problem: Welche portveranstaltung als eine Sportgroßveranstaltung defi- iert wird und deshalb steuerlich begünstigt wird, liegt Ermessen der zuständigen Finanzreferenten der Län- er. Durch den gesetzlichen Rahmen, § 50 Abs. 7 und 50 a Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes, wurde der IFA und dem IOC Steuerbefreiung gewährt. Das war nd ist durch die weite Auslegung dieser Paragraphen öglich und das hat die Bundesregierung zu verantwor- n. Dort heißt es: Steuererleichterungen werden in sinnvollen Ausnahmefällen“ und nach politischer, öko- omischer und steuerrechtlicher Überprüfung gewährt. as sind doch keine Kriterien, mit denen man arbeiten ann. Damit sind die Verbände von der Willkür ihrer zu- tändigen Finanzreferenten auf Landesebene abhängig. iese können somit nach Gutsherrenart handeln und ge- en die Bewerbung erst gar nicht an den Bundesfinanz- inister weiter. Damit gehen, durch die eben genannten ositiven Effekte, Steuergelder verloren. Das kann und arf sich Herr Eichel nicht leisten. Die FIFA aber, der rößte internationale Sportverband, der vor Kraft kaum ufen kann, wird steuerlich befreit und transferiert die ingenommenen Gelder in die Schweiz, während der eutsche Steuerzahler in einer Größenordnung von ins- esamt 2 bis 5 Milliarden Euro für die Sicherheit, die nfrastruktur und die Sportstätten der Fußball-WM 2006 ufkommen muss. Es ist aber nicht einzusehen, warum nur die FIFA und as IOC volkswirtschaftlichen Nutzen erbringen kön- en. Auch andere Spitzenverbände ziehen die Men- chenmassen an und würden somit Steuereinnahmen ringen. Sie sind jedoch durch das in Deutschland herr- chende unklare Regelwerk benachteiligt und laufen Ge- ahr durch die Tatenlosigkeit der rot-grünen Koalition Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 160. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2005 15057 (A) ) (B) ) bei der Bewerbung um eine sportliche Großveranstal- tung zweiter Sieger zu werden. Die erfolgreiche Aus- richtung einer Sportgroßveranstaltung erzeugt einen Prestigewert. Schon allein dadurch ist eine staatliche Intervention in Form einer Steuervergünstigung ge- rechtfertigt; aber bitte auch für internationale Sportorga- nisationen, wie den Eishockey-, den Leichtathletikver- band oder alle olympischen Verbände. Lösen etwa die Europa- oder Weltmeisterschaften dieser Verbände keine Synergieeffekte aus? Wir fordern deshalb von der Bundesregierung, sich für die Gleichbehandlung der Sportverbände einzusetzen und ihnen sowohl Rechts- als auch Planungssicherheit zu geben. Dazu gehört vor allem, klare Kriterien für Steuervergünstigungen zu schaffen, an denen sich so- wohl die Verbände als auch die zuständigen Landesfi- nanzreferenten orientieren können und müssen. Kollege Reinhold Hemker hat schon in seiner Rede am 11. April 2003 diesbezüglich mitgeteilt, dass das Bundesfinanzministerium und das Bundesministerium für Inneres eine Arbeitsgruppe einrichten, und mit Vehe- menz versprochen, dass Ergebnisse in Kürze vorliegen werden. Welche Ergebnisse? Zwar hat die Sportminister- konferenz die Einrichtung einer solchen Arbeitsgruppe befürwortet, die Finanzreferenten der Länder haben je- doch eine Mitarbeit verweigert bzw. lehnen eine solche Arbeitsgruppe ab. So geht es nicht. Es wird Zeit, dass hier etwas geschieht. Nach annähernd zwei Jahren sollte man doch mit einem Ergebnis der Arbeitsgruppe rech- nen dürfen. Wir stehen aber immer noch auf dem Stand von 2003 und fordern die Bundesregierung auf, endlich zu handeln. Aber anstatt einen eigenen Entwurf vorzu- legen, fordern Sie die Opposition auf, Ihre Arbeit zu er- ledigen. Legen Sie uns einen Entwurf vor. Sie werden in uns Mitstreiter für die Gleichbehandlung der Verbände finden. Die Bundesregierung gibt Mittel für Fairplay-Kampa- gnen aus. Ich vermisse ihr Handeln bei der Förderung von Sportgroßveranstaltungen und ihr Fairplay gegen- über den nationalen Sportverbänden. Klaus Riegert (CDU/CSU): Bürgerinnen und Bürger haben für steuerliche Gleich- oder Ungleichbehandlung eine hohe Sensibilität entwickelt. Immer mehr Bürgerin- nen und Bürger fühlen sich durch die Vielzahl von Steuergesetzen überfordert und übervorteilt. Dies emp- finden auch unsere Spitzensportverbände. Und dies zu Recht. Die Auslegung des § 50 Abs. 7 EStG unterliegt der Beliebigkeit und der Beurteilung nach Gutsherrenart. Für eine Steuerbefreiung muss der volkswirtschaftliche Vorteil erkennbar sein. Der alleine aber scheint nicht auszureichen. In ihrer Antwort auf eine schriftliche Anfrage der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zur Auslegung des § 50 Abs. 7 Einkommensteuergesetz teilt die Parlamentari- sche Staatssekretärin Hendriks am 21. September 2004 mit: „die volkswirtschaftlichen Vorteile der Eishockey- weltmeisterschaft werden als nicht derart bedeutsam ein- g w S e g v A d u s b G B J s S Z d w u V d a S h C m ß s e n d k t g h b S B m k r l t K s n d k a d n (C (D eschätzt“, dass eine Steuerbefreiung gerechtfertigt äre. Was heißt derart bedeutsam? Entscheidet die ichtweise eines Steuerreferenten auf Landesebene, ob ine Steuerbefreiung gewährt wird oder nicht? Es wird eschätzt, nicht berechnet, nicht gewertet. Was sind olkswirtschaftliche Vorteile? Übernachtungszahlen, nzahl der Touristen, das Bruttosozialprodukt, das Geld, as wegen der Veranstaltung nach Deutschland fließt, nd die damit verbundenen Steuereinnahmen? Die Ent- cheidungsgrundlage wird nicht offen gelegt. Unsere Sportverbände brauchen klare, nachvollzieh- are und überprüfbare Kriterien und nicht Beliebigkeit. Der volkswirtschaftliche Vorteil einer sportlichen roßveranstaltung ist gleichermaßen im nicht monetären ereich zu sehen. Zahlreiche Untersuchungen belegen: ede sportliche Großveranstaltung stärkt die Breiten- portbewegung, regt vor allem junge Menschen zum porttreiben an. Sport fördert einen gesunden Lebensstil. usammen mit der sozialen und integrierenden Funktion es Sports führt dies dauerhaft zu einem höheren volks- irtschaftlichen Vorteil als die eingeengte fiskalische nd wirtschaftliche Betrachtung eines Steuerreferenten. Es kann nicht nach dem Motto gehen: Je größer der erband, je größer die Popularität der Sportart, je höher ie Zuwendungen der öffentlich-rechtlichen Rundfunk- nstalten, je überdimensionierter die Zuwendungen der ponsoren und deren steuerlichen Abschreibungen, je öher die staatlichen Subventionen, desto größer ist die hance, in den Genuss einer Steuerbefreiung zu kom- en. Wenn staatliche Investitionen in Milliardenhöhe flie- en – circa 5 Milliarden bei der Fußballweltmeister- chaft 2006 –, dann darf man durchaus positive Effekte rwarten. Sie sind aber nicht ausschließlich dem Ereig- is zuzurechnen. Diese Milliarden hätten auch in Bil- ung und Forschung, in Familienpolitik gesteckt werden önnen mit sicherlich ebenfalls hohen dauerhaften Vor- eilen für die Volkswirtschaft. Die Möglichkeit der großzügigen Billigkeitsregelun- en des § 50 Abs. 7, wie sie von einigen Finanzministern ervorgehoben wird, kann ich nicht erkennen. Bisher ha- en nur die FIFA und die Olympischen Spiele von der teuerbefreiung profitiert. Sonst, so die Auskunft der undesregierung, kein weiterer Sportverband. Der Ausrichter der Weltreiterspiele in Aachen rechnet it einer Wirtschaftskraft von 240 Millionen Euro und ann in begrenztem Umfang mit einer Steuermäßigung echnen. Die Höhe ist bekannt. Der deutsche Leichtath- etikverband fordert Steuerbefreiung für die Leichtathle- ik-WM 2009. 4 Millionen Euro würde dies ausmachen. ommt die Steuerbefreiung nicht, müssten mehr Spon- orengelder aquiriert werden oder das Land Berlin über- immt eine Ausfallbürgschaft. Die Steuerbefreiung für die FIFA wird von der Bun- esregierung nicht genannt. Auch hier herrscht Beliebig- eit. Wir wollen eine größere Chance bei der Bewerbung ller nationalen Spitzensportverbände, unabhängig von er Größe. Sie können nicht mit staatlichen Subventio- en in Milliardenhöhe rechnen wie zum Beispiel der 15058 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 160. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2005 (A) ) (B) ) Deutsche Fußball-Bund oder die Bewerber um die Aus- richtung Olympischer Spiele. Sie sollten zumindest im steuerlichen Bereich nicht nach Belieben behandelt wer- den. Wir freuen uns mit Millionen Menschen in Deutsch- land und in der ganzen Welt auf die Fußballweltmeister- schaft 2006 in Deutschland. Wir hätten uns auch über eine erfolgreiche Bewerbung Leipzigs um die Ausrich- tung der Olympischen Sommerspiele 2012 gefreut. Wir wenden uns nicht gegen die ausgesprochene Steuerbe- freiung. Wir wollen aber eine Gleichbehandlung. Sport- liche Großveranstaltungen aller Spitzensportverbände erbringen volkswirtschaftliche Vorteile. Dies ist unbe- stritten. Wir fordern die Bundesregierung auf, sich für Rege- lungen einzusetzen, die eine Gleichbehandlung gewähr- leisten. Wir brauchen mehr Transparenz, nachvollzieh- bare Kriterien und eine Offenlegung der Entscheidung. Die Bundesregierung sollte ihre Untätigkeit endlich auf- geben. Sie soll auf nationaler und internationaler Ebene die Initiative ergreifen. Klar aber ist: Eine internationale Sportgroßveranstal- tung, die wegen unserer Steuergesetzgebung erst gar nicht nach Deutschland vergeben wird, bringt ebenfalls keine Steuereinnahmen. Jeder Euro Umsatzsteuer, Ein- nahmen für Verpflegung und Übernachtung der Gäste etc. geht dann als Steuereinnahme ins Plus! Auch diesen Gesichtspunkt sollten die Finanzpolitiker bedenken. Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Sportinteressierten wissen, dass zurzeit die Nordi- sche Ski-WM in Oberstdorf stattfindet. Über die Region hinaus wird dort Werbung für guten Sport gemacht. Die Wettbewerbe sind hervorragend organisiert, das Publi- kum leistet seinen Beitrag zur tollen Atmosphäre. Bei der Nordischen Ski-WM hat die Frage der Steuerbefrei- ung keine Rolle gespielt. Dies trifft auch auf viele wei- tere Sportveranstaltungen zu, die in den kommenden Monaten und Jahren in Deutschland stattfinden werden. Daher auch mein Unverständnis über den vorliegen- den Antrag der Opposition, in dem faktisch eine Blanko- Steuerbefreiung für alle internationalen Sportveranstal- tungen in Deutschland gefordert wird. Meiner Meinung nach ist das nicht erforderlich, es ist nicht sachgemäß und es ist mit den geltenden Steuergesetzen nicht verein- bar. Die jetzige Regelung im § 50 Abs. 7 des Einkommen- steuergesetzes ist ausreichend. Dort dreht sich alles um das alleinige Kriterium des volkswirtschaftlichen Nut- zens der Sportveranstaltung. Erst wenn dieser volkswirt- schaftliche Nutzen nachgewiesen ist, kann der veranstal- tende internationale Sportverband von der Zahlung der Steuer befreit werden. Die Prüfung der Steuerbefreiung obliegt den Länder- finanzministern. Leider konnte sich eine Arbeitsgruppe der Länder bis heute nicht auf transparente Auslegungs- kriterien verständigen. Der Ball liegt meiner Meinung nach also weiter bei den Bundesländern. Es gibt übri- g b d S n k C k C s c n l b D d f I s s n n E d B i v t E o w i S R k d u b a z n d w ü s r t r S n b z (C (D ens auch keine Initiative des Bundesrates, in dem ja ekanntlich die CDU/CSU die Mehrheit hat Aber wir können uns ja auch hier im Deutschen Bun- estag umsehen: Eine Regelung für eine generelle teuerbefreiung für Sportveranstaltungen haben Sie icht in Ihren eigenen Steuerkonzepten unterbringen önnen. Mit ihrem heutigen Vorstoß findet die CDU/ SU also keine Mehrheit bei den eigenen Finanzpoliti- ern, Deshalb wurde auch kein Gesetzentwurf durch die DU/CSU vorgelegt, weil diese Steuerbefreiung chlichtweg den eigenen Steuervorschlägen widerspre- hen würde, Die vorgebrachte Kritik am Steuersystem halte ich icht für gerechtfertigt. In den Ausschussberatungen ist ediglich ein Fall bekannt geworden, in dem eine Bewer- ung – ich rede von der Eishockey-WM 2009 in eutschland und dem Antrag auf Steuerbefreiung durch en Deutschen Eishockey-Bund – gescheitert ist und da- ür die Steuergesetze verantwortlich gemacht wurden. ch glaube, man sollte hier klarstellen: Problematisch ind nicht die Steuergesetze, sondern es war die Ent-cheidung im Einzelfall, die kritikwürdig ist. Die Ableh- ung des Antrags durch die Finanzbehörden kann jedoch icht dem Bund angelastet werden, sondern es war auf bene der Bundesländer eine einstimmige Entschei- ung. Zeigen Sie daher nicht mit einem Finger auf den und, sondern nehmen Sie 16 Finger und zeigen damit n Richtung der Bundesländer! Dagegen ist die Liste der erfolgreichen Bewerbungen iel länger. Ich möchte ihnen einige schöne Veranstal- ungen in Deutschland nennen, die neben den Mega- vents wie Fußball-WM 2006, Welt-Reiterspiele 2006 der Handball-WM 2007 leider nicht so häufig genannt erden: die Fecht-WM 2005 in Leipzig, die WM 2007 m Bogenschießen in Leipzig, die Turn-WM 2007 in tuttgart, die Triathlon-WM 2007 in Hamburg oder die odel-WM 2008 in Oberhof. Das sind viele Veranstaltungen, auf die wir uns freuen önnen. Außerdem haben wir damit auch viele Belege, ass das Steuersystem in Deutschland nun wirklich kein nüberwindbares Hindernis im internationalen Bewer- ungsparcours darstellt. Es kommt doch sehr viel mehr uf die Sportstätten, ein überzeugendes Gastgeberkon- ept und die Begeisterung der Fans an. Eine zukunftsgerichtete Sportpolitik sollte sich daher icht auf das Thema Steuerbefreiung fokussieren. Statt- essen sollten die Erfahrungen aus den erfolgreichen Be- erbungen gezogen werden. Das bedeutet, auf eine berzeugende nationale wie internationale Strategie zu etzen. Sport, Politik und Wirtschaft sowie Kulturein- ichtungen müssen an einem Strang ziehen. Erfahrungsgemäß werden mehrere Anläufe eines na- ionalen Bewerbers benötigt, um den Zuschlag zur Aus- ichtung zu erhalten. Es macht daher politisch keinen inn, schon den ersten Anlauf einer Bewerbung mit ei- er Steuerbefreiung zu versehen und somit eine Steuer- efreiung bei notwendigen Folgebewerbungen vorweg- unehmen. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 160. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2005 15059 (A) ) (B) ) Eine Bewerbung auf internationaler Ebene wird zunehmend von der Überzeugungskraft bei folgenden Themen und Faktoren abhängig sein: Sicherheit, Infra- struktur, Umwelt und Verkehr, Medienpräsenz. Alle Sportexperten sagen, dass Deutschland bei diesen Fakto- ren sehr gut aufgestellt ist. Wir haben eine gute Infra- struktur mit konkurrenzfähigen und modernen Wett- kampfstätten. Es muss für andere Nationen deutlich werden, dass auch der internationale Sportbeitrag Deutschlands ver- stärkt wird. Wer eine Sportveranstaltung bekommen will, muss sich immer auch um Partnerschaften mit an- deren Staaten bemühen. Ich möchte übrigens noch auf eine Entwicklung hin- weisen, die von den großen Sportorganisationen wie dem Internationalen Olympischen Komitee, IOC, und dem Weltfußballverband, FIFA, ausgeht. Zunehmend wird das so genannte „Kontinentalprinzip“ bei der Ver- gabe angewendet werden. Das heißt, dass große Sport- veranstaltungen alle vier Jahre immer auf einem anderen Kontinent stattfinden werden. Dies wird viele andere Vergabefaktoren überlagern. Auch deshalb tun wir gut daran, die Frage der Steuerbefreiung nicht in den Vorder- grund zu stellen. Internationale Sportgroßveranstaltungen sind auch in Zukunft in Deutschland willkommen. Sorgen wir weiter dafür, gute Gastgeber für die internationale Sportfamilie und die zahlreichen Besucherinnen und Besucher unse- res Landes zu sein. Und freuen wir uns gemeinsam auf gute und faire Sportwettkämpfe in unserem Land. Detlev Parr (FDP): Sportgroßveranstaltungen schaf- fen einen enormen Mehrwert. Sie bringen nicht nur die Sportlerinnen und Sportler der Welt zusammen, sie ha- ben dazu eine starke wirtschaftliche Bedeutung. Darüber hinaus haben wir durch solche Veranstaltungen die beste Möglichkeit, unser Land in aller Welt zu präsentieren. Durch die Präsenz dieser Sportveranstaltungen in den Medien können wir weltweit die Menschen erreichen, die unser Land weniger kennen, und sie für Deutschland begeistern. In den letzten Jahren hatten wir das Glück, und das Geschick, viele sportliche Großveranstaltungen nach Deutschland zu holen. Man denke in diesem Jahr an die World Games und an den Confederations Cup. Im kom- menden Jahr finden dann die Hockey-WM, die Welt- meisterschaften im Reiten und die Fußball-WM statt. In den nächsten Jahren folgen Triathlon-WM, Leichtathle- tik-WM und andere Veranstaltungen. Alles bestens, mag man also denken. Leider lastet vor jeder Vergabe einer Sportgroßveranstaltung nach Deutsch- land die Bürde der so genannten Quellensteuer auf uns – mit einer Taxierung von 25 Prozent auf Prämien, Start- geldern und anderen geldwerten Vorteilen. Bei jeder Be- werbung um internationale Großveranstaltungen wird sie wieder zum Diskussionsthema. Im letzten Dezember hat Berlin den Zuschlag für die Leichtathletik-WM 2009 bekommen. Aber die beantragte Steuerbefreiung beim Finanzamt Hessen ist noch nicht unter Dach und Fach. E D li w D k m d m k r I w w w l N z s k w g i f D E k la a v L r S D d ü is b S i A g r s (C (D ine Bürgschaft sichert bislang etwaige Verluste ab. ieser Mechanismus ist mitunter eine Folge des födera- stischen Systems der Bundesrepublik. Eine Voraussetzung, um von dieser Steuer befreit zu erden, beruht auf dem volkswirtschaftlichen Nutzen. iesen zu definieren ist keine leichte Aufgabe. Hinzu ommt die Ungerechtigkeit, die ein solches Verfahren it sich bringt. Der volkswirtschaftliche Nutzen sollte en Steuerausfall kompensieren, so die gängige Argu- entation. Wo bleibt dabei die steuerliche Gerechtig- eit? Dieses Kriterium führt häufig dazu, dass die größe- en Verbände – in vielen Fällen bereits durch andere nfrastrukturmaßnahmen im Vorteil – enorm bevorzugt erden. Der Deutsche Eishockeybund zog beispiels- eise seine Bewerbung um die WM 2009 erneut zurück, eil das bayerische Finanzministerium trotz einer anders autenden Studie des DEB einen volkswirtschaftlichen utzen verneinte und somit die Steuerbefreiung nicht uließ. Dabei ist gerade eine Eishockey-WM eine Veran- taltung, die komplett privat finanziert wird und somit eine weiteren öffentlichen Mittel in Anspruch nimmt. Auch die Spitzen in anderen Sportarten weisen immer ieder auf die Grenzen des jetzigen Systems hin. Der eschäftsführende DFB-Präsident Zwanziger warb sogar n einem Brief an Sportminister Schily für die Abschaf- ung der Quellensteuer. Für die Fußball-WM hat der FB eine Befreiung für die FIFA durchsetzen können. s ist aber zu befürchten, dass beispielsweise die UEFA ein Finale mehr nach Deutschland vergeben wird, so- nge diese Besteuerung bestehen bleibt. Wir müssen lso weiterdenken. Zurzeit ist die Vergabe von Sportgroßveranstaltungen on der Entscheidung einzelner Finanzreferenten der änder abhängig. Es ist die Zeit gekommen, einen Krite- ienkatalog zu erarbeiten, der unabhängig und für alle portarten auf die gleiche Art und Weise anwendbar ist. ie Quellensteuer sollte kein Wettbewerbsnachteil für en Standort Deutschland sein, sondern sollte, wenn berhaupt, in einzelnen Fällen angewendet werden. Es t immer noch so, dass eine WM ohne Quellensteuer esser als gar keine WM im eigenen Lande ist. Der Antrag der Union geht in die richtige Richtung. ie hat das Problem erkannt und darum wird die FDP hrem Antrag zustimmen. nlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung von Vorschlägen zu Bürokratieabbau und De- regulierung aus den Regionen und zur Ände- rung wohnungsrechtlicher Vorschriften (Tages- ordnungspunkt 15) Hubertus Heil (SPD): Deutschland leidet – darüber ibt es keinen Zweifel – unter der Dichte seiner Regulie- ungen. Für alles und jedes gibt es mehr oder weniger innvolle, mehr oder minder strenge Vorschriften. Die 15060 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 160. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2005 (A) ) (B) ) wirtschaftliche Betätigung leidet darunter ebenso wie das normale bürgerliche Leben. Für dieses fein gespannte Regulierungsnetz in Deutschland gibt es ein ganzes Bündel von Ursachen. Eine davon ist, dass wir mit unserem ausgeprägten Drang nach Perfektion und Einzelfallgerechtigkeit dazu neigen, lieber ein ganzes Meer an Vorschriften hinzuneh- men, als Verantwortung für eine Entscheidung auf uns zu nehmen. Um nur ein Beispiel zu geben: das Vergaberecht hat sich seit den 20er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts zu einem über 500 Seiten umfassenden Rechtskonglo- merat entwickelt, das nur noch Fachleute überblicken. Auftraggeber laufen ständig Gefahr, Verfahrensfehler zu machen. Verbreiteter Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abläufe führt zu vielen Prozessen, die drängende öffent- liche Aufträge und Projekte möglicherweise jahrelang blockieren. Auf der anderen Seite leidet insbesondere der Mittelstand unter diesem Zustand. Wegen der Kom- plexität und Unübersichtlichkeit der Vorschriften ist die Beteiligung an öffentlichen Ausschreibungen personal- intensiv und teuer. Mit der Initiative für Bürokratieabbau fragen wir uns: Brauchen wir wirklich Rechtsverordnungen, die das Rei- ten im Wald ausführlich regeln? Das mag zwar ein span- nender Musterfall für Verfassungsrechtslehrbücher sein, wir müssen uns aber fragen: Sind solche Rechtsvor- schriften wirklich notwendig? Oder ein anderes Beispiel: Es kann doch nicht sein, dass wir den Gebrauch des traditionellen Funks bei der Personenbeförderung vorschreiben, wenn moderner, in- novativer Mobilfunk diese Aufgabe in gleicher Weise oder noch besser erledigt. Dort, wo die Regeln eher einengen und eher Wachs- tumsbremsen für die Wirtschaft darstellen als vernünf- tige Regulierung, muss Befreiung das vorrangige Ziel sein. Betroffen sind alle staatlichen Ebenen – die EU, der Bundesgesetzgeber, die Bundesländer und die Kommu- nen. Mit dem heute abschließend zu beratenden Gesetz re- formieren wir nicht nur den wichtigen Bereich des Wohngeldrechts. Es fasst in eindrucksvoller Weise viele zielgenaue Verbesserungen im Gewerbe- und Immis- sionsrecht zusammen: Die Gerichtsverfahren können in Zukunft durch die Länder durch spezielle Abteilungen für Handelssachen bei den Amtsgerichten beschleunigt werden. Es werden übermäßige Dokumentationspflichten im Abfallrecht und Immobilienhandel auf ein angemessenes Maß zu- rückgeführt. Innovative Techniken für die Abfallverwer- tung werden durch das Gesetz gefördert. Immissions- rechtliche Genehmigungen sind zukünftig auf einem einfacheren und schnelleren Weg möglich. Dadurch, dass neben herkömmlichen Funkanlagen auch künftig Mobiltelefone verwendet werden dürfen, passen wir die Regeln an die Bedürfnisse der Personenförderungsunter- nehmen an. Im Gaststättenrecht ermöglichen wir, für Unternehmenskunden in größerem Maße Getränke und kleine Speisen anzubieten. d B z c s f k d z l o A t u B k d s G s d f Z A a e p G l L r V w v h z s e w h b s d W z S d g (C (D Die Gewerbeordnung und das Gaststättengesetz wer- en Experimentierklauseln erhalten: Sie ermöglichen es, erufsausübungsregelungen befristet außer Kraft zu set- en, um deren Auswirkung auf die Praxis zu untersu- hen. Bei positiven Erfahrungsberichten ließe sich später ogar eine vollständige Aufhebung begründen. Diese Fülle an wichtigen Verbesserungen – nicht nur ür die konkret Betroffenen – fügt sich damit ein in die lare Strategie der „Initiative Bürokratieabbau“ der Bun- esregierung, die wir nachhaltig fördern und unterstüt- en. Gemeinsam konzentrieren wir uns auf die fünf Hand- ungsfelder, die für die Wettbewerbsfähigkeit des Stand- rtes und die Entlastung der Bürger zentral sind, nämlich rbeitsmarkt und Selbstständigkeit, Wirtschaft und Mit- elstand, Forschung und Technologie, Zivilgesellschaft nd Ehrenamt und, nicht zuletzt, Dienstleistungen und ürgerservice. Bisher haben wir im Rahmen dieser Initiative 74 ganz onkrete Projekte auf den Weg gebracht. Darunter fallen ie Reform der Handwerksordnung, die Reduktion von tatistischen Berichtspflichten, die Modernisierung des eräte- und Produktsicherheitsgesetzes und der Arbeits- tätten-Verordnung, die Neuordnung der beruflichen Bil- ung oder auch die Flexibilisierung der Honorarordnung ür Architekten. Die „Initiative Bürokratieabbau“ befindet sich im eitplan: Knapp die Hälfte der Projekte sind bereits zum bschluss gebracht worden. Bis zum Jahr 2006 werden lle abgeschlossen sein. Der heute zu beschließende Gesetzentwurf ist auch in Ergebnis der vielen Ideen, die die Modellregionen räsentiert haben. Zehn dieser Vorschläge sind in das esetz eingeflossen und sollen als bundesweite Rege- ungen umgesetzt werden. Den Regionen möchte ich an dieser Stelle ein großes ob aussprechen. Sie haben mit ihrem Engagement, ih- em Ideenreichtum in einem erstmals durchgeführten erfahren die Grundlage für die Gesetze geschaffen, die ir im Deutschen Bundestag heute verabschieden, noch erabschieden werden oder sogar schon verabschiedet aben. Ohne Risikobereitschaft ist dieser Erneuerungspro- ess, der für unsere Wirtschaft, vor allen Dingen für un- eren Mittelstand, und unsere Wettbewerbsfähigkeit un- rlässlich ist, nicht zu schaffen. Wer Regeln abbauen ill, stößt zuallererst auf die „Bedenken“ derer, die frü- er einmal ihre Wünsche durchsetzen konnten, auf eta- lierte Interessen. Interessant ist, dass gerade die, die onst am lautesten nach „Deregulierung“ rufen, genau ann alles beim Alten belassen wollen, wenn es um die ahrung eigener Besitzstände geht. Deregulierung ist für uns kein ideologischer Selbst- weck. Wir wollen keinen rechtsfreien Raum, in dem der tärkste sich rücksichtslos auf Kosten der Allgemeinheit urchsetzen kann. Wir werden unseren Weg entschlossen weiter verfol- en: Wir werden den wirksamen, handlungsfähigen Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 160. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2005 15061 (A) ) (B) ) Staat bewahren, der für fairen Wettbewerb, Chancen- gleichheit und nötigen sozialen Ausgleich sorgen kann. Wir werden auch weiterhin ernsthafte Bedenken ernst nehmen und Bewahrenswertes bewahren. Aber wir wer- den mit weiteren Gesetzen, wie dem hier vorliegenden, die Innovationsfähigkeit unseres Landes beweisen – und die Bürgerinnen und Bürger auf diesem Weg mitneh- men. Dr. Michael Fuchs (CDU/CSU): Der uns heute vorliegende Gesetzentwurf trägt den Titel „Entwurf ei- nes Gesetzes zur Umsetzung von Vorschlägen zu Büro- kratieabbau und Deregulierung aus den Regionen“. Die- ses kleine Gesetz ist das Ergebnis einer der wenigen guten Ideen der Bundesregierung. Das Ergebnis ist lei- der so dürftig, dass es schon beschämend ist. Darum ist die Debatte für eine so späte Stunde auf die Tagesord- nung gesetzt worden. Die Regierung traut sich nicht, diesen blamablen Entwurf zu normalen Tageszeiten zu präsentieren. Sie hofft, dass die Journalisten schon schlafen. Dass sie es unterlassen hat, auf die Kritik des Bundes- rates an ihrem Entwurf einzugehen, dass sie die Debatte zweimal verschoben hat – dies sind nun wirklich eindeu- tige Indizien, wie sehr sie sich innerlich von diesem Ent- wurf distanziert hat. Es ist unverschämt, anderthalb Tage vor der Debatte einen ressortübergreifenden Änderungs- antrag in Form eines komplizierten Artikelgesetzes vor- zulegen. In seiner Eindruck erweckenden Anfangsphase ver- kündete der Wirtschaftsminister uns die Idee von Modell-, Test- bzw. Innovationsregionen. Wolfgang Clement griff damit auf Vorschläge des Altbundeskanz- lers Helmut Schmidt zurück, der sich hierzu bereits in ei- nem eindrucksvollen Artikel in der „Zeit“ vom 4. Okto- ber 2001 geäußert hat. Über ein halbes Jahr dauerte es dann, bis die drei Mo- dellregionen Ostwestfalen-Lippe, Bremen und West- mecklenburg ins Rennen gingen. Ihnen zur Seite stellte das BMWA die Unternehmensberatung Roland Berger sowie die Bertelsmann-Stiftung. 1 000 Vorschläge, daraus 34 Vorschläge als Kabinett- vorlage, 29 Vorschläge als Kabinettsbeschluss, daraus neun im vorliegenden Artikelgesetz. Auch die Verbände, die Wirtschaft sowie der Bundes- rat sehen dieses Gesetz nur als allerersten zaghaften An- satz. Die Unionsfraktion ist sehr enttäuscht von den er- folglosen Bemühungen der rot-grünen Bundesregierung auf diesem Gebiet. Die Idee der Testregionen ist still und leise begraben worden. Denn direkte bundesweite Um- setzung von Entbürokratisierungsvorschlägen bedeutet immer nur eine Einigung auf kleinstem Nenner. Doch der Wirtschaftsminister hat Anfang Februar un- ermüdlich die zweite Phase der Testregionen ausgerufen. Die Hoffnung auf „Vor-Ort-Testen“ wurde diesmal we- nigstens gleich zu Anfang genommen. Es stellt sich die Frage, wozu dann das Ganze – bloße Einrichtung regio- naler Kummerkästen? Und welche Testregionen werden s d b d D d n F z l r G l p s z c Ö m A s d l F B a s T s s W d n 1 u r G t l S s s l S G g g B a s K (C (D ich nun melden, nach den enttäuschenden Erfahrungen er letzten drei Regionen? Insgesamt betrachtet ist die Initiative Bürokratieab- au gescheitert. Mittlerweile gibt es 103 Projekte, von enen in knapp zwei Jahren 26 abgeschlossen wurden. ie Bundesregierung hat kein Konzept. Was fehlt, ist as planvolle und zielgerichtete Vorgehen, welches sich icht auf Einzelmaßnahmen beschränken darf. Bürokratieabbau darf einen bestimmten thematischen ahrplan nicht vermissen. Die Bundsregierung benennt war auf ihrer Homepage ihre fünf strategischen Hand- ungsfelder zum Bürokratieabbau; wo diese aber in ih- em ersten Artikelgesetz wiederzufinden sind, bleibt ihr eheimnis. Bürokratieabbau muss aber bei den dring- ichsten Bereichen anfangen. Die Union hat der Regierung ausgereifte Vorarbeiten räsentiert. Wir haben zwei Anträge, einen systemati- chen Antrag mit einem dauerhaft geltenden Grundkon- ept und einen Antrag, in dem wir die wichtigsten Berei- he benennen, die es als Erstes anzugehen gilt. Unsere Forderungen lauten – ich habe sie bereits des fteren an dieser Stelle erwähnt, aber ich werde nicht üde, gute Vorschläge immer wieder zu benennen –: bschaffung des Verbandsklagerechts, denn die kata- trophale Verzögerung wichtiger Infrastrukturprojekte urch Verbandsklagen darf Deutschland nicht länger ahm legen. Das grauenhafteste Beispiel ist hier der rankfurter Flughafen: Die Planungsunterlagen für den au der neuen Landebahn sind aneinander gereiht länger ls die neue Bahn mit ihren geplanten 2 800 Metern elbst. 650 Sätze von je 60 Aktenordnern mit gut 17 500 extseiten, 790 Plänen und Karten sowie 34 Gutachten ind ein Beitrag zur Beschäftigung der Papierindustrie; ie schaden aber unserem Standort im internationalen ettbewerb. Und von der Idee bis zur Umsetzung wer- en schätzungsweise zwölf Jahre verstreichen. Bei ei- em 3 Milliarden Euro teueren Investitionsprojekt mit 00 000 neuen Arbeitsplätzen ist diese Bürokratielast nverzeihlich. Die Union will die Azubis aus der Schwellenwertbe- echnung herausnehmen und den Pro-rata-temporis- rundsatz bei der Berücksichtigung von Teilzeitbeschäf- igten in den Schwellenwerten festschreiben. Deutsch- ands annähernd 160 bestehenden sozialpolitischen chwellenwerte sind radikal zu vereinfachen. Ein Grundübel und die Hauptursache der leeren Ver- prechungen beim Bürokratieabbau aber ist das Men- chenbild der Bundesregierung. Das Problem ist näm- ich, dass sie den Bürgerinnen und Bürgern in diesem taat nichts mehr zutraut. Sie schreibt ihnen alles per esetz vor, da sie nur an den regelnden Arm des Gesetz- ebers glaubt. An die Kreativität und den Mut der Bür- er hat sie noch nie geglaubt. Wie kann es dann sein, dass eine Staatssekretärin von undesminister Otto Schily, dem das Thema Bürokratie- bbau unterstellt ist, erst jüngst folgende Äußerung von ich gibt: „Ein schlanker Staat, der dünn ist und keine raft hat, ist nicht das, was wir uns wünschen“? 15062 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 160. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2005 (A) ) (B) ) Jüngster Beweis der Einstellung der Bundesregierung zu ihren Wählerinnen und Wählern ist das ADG. Wenn eine Bundesregierung in Zeiten schwächster Konjunktur, wachsender Arbeitslosenzahlen und überhandnehmen- der Bürokratie ein solches Gesetz verabschiedet, dann kann man nur noch die Hände vors Gesicht schlagen. Der Weg zu Neueinstellungen wäre damit bei uns end- gültig versperrt. Der einzige Bereich, in dem neue Be- schäftigung geschaffen würde, wären Anwälte, Gerichte und Archivare. Dieses Gesetz ist eine unheilvolle Gemengelage aus komplizierten Regelungen zu Negativ- und Unschulds- beweisen, aus Haftung für Diskriminierung durch Dritte und aus Haftung bei bloßer Gefahr der Diskriminierung. Außerdem enthält es ein Klagerecht der Gewerkschaften nach Forderungsabtretung. Dabei verlangt Brüssel dies gar nicht. Es gibt ein gutes Zitat von Herrn Verheugen zu dem Problem: Die deutsche Umsetzung der EU-Gesetzgebung gleicht einem Pferd, dem nach Durchlaufen des deutschen Gesetzgebungsverfahrens so viel drauf- gesattelt wird, dass es danach als Kamel mit zwei Höckern im Bundesgesetzblatt steht.“ Die Bundesregierung sollte ihre gesetzgeberische Energie darauf ausrichten, in die andere Richtung zu marschieren, also Gesetze zu entschlacken. Aber sie will ja keinen schlanken Staat! Der Arbeitgeber verliert die Freiheit, in seinem Be- trieb diejenigen zu beschäftigen, die er beschäftigen möchte. Der Mensch mit seiner ganzen Persönlichkeit bleibt so auf der Strecke. Menschen mit schlechteren Noten werden schlechte Karten haben. Diskriminieren bedeutet übrigens „unterscheiden“, es ist somit ein neu- tral besetzter Begriff. Will die Bundesregierung im Ernst alltägliches Unterscheiden sanktionieren? Ich hatte kürzlich ein Gespräch mit dem Chef von Fraport. Er hat mir erklärt, was es bedeutet, bei jährlich 16 000 Einstellungen für jeden, den man nicht nimmt, genau zu dokumentieren, warum man ihn nicht nimmt. Hier wird ein gigantisches bürokratisches Monster ge- schaffen. Die Dummen sind natürlich wieder ganz be- sonders die mittelständischen Unternehmen, die keine üppig ausgestattete Rechtsabteilung haben. Dieses Bevormundungsgesetz zeigt deutlich den Un- terschied zwischen unserem Menschenbild und dem der Regierung. Wir sind für die eigenverantwortliche Frei- heit des Einzelnen. Dies umfasst auch die Freiheit, Ver- träge zu schließen, mit wem man will. Die Regierungs- fraktion aber hat keinerlei Vertrauen in die Bürger und regelt daher alles, was man – noch – tun darf, in Geset- zen. Sie schafft die Vertragsfreiheit ab, die die Grund- lage für Privateigentum und unsere soziale Marktwirt- schaft ist. Es geht um den Wahnsinn Bürokratie. Wir leben im- mer noch in Zeiten, in denen Kommunen die Standfes- tigkeit von Grabsteinen durch amtlich geprüfte Grab- steinrüttler überprüfen, weil einmal ein umgefallener Grabstein eine Friedhofsbesucherin verletzt hat. U A v d B s S h u t r r A s w n w l t c V n t d e d t G z W G v a d w f s v c k S r e s b K h i s m d C I (C (D Die Bundesregierung sollte die jüngste Allensbach- mfrage in der „FAZ“ als tiefrotes Warnsignal nehmen. uf die Frage „Was schadet der deutschen Wirtschaft or allem, was beeinträchtigt die Zukunftschancen der eutschen Wirtschaft besonders?“ geben 83 Prozent der efragten die Antwort „Zu viel Bürokratie, zu viele Ge- etze und Verordnungen“. Erst als Zweites werden hohe teuern und Abgaben genannt. Wie lange will die Bundesregierung also noch untätig erumsitzen? Sie sollte mehr auf die Bürger vertrauen nd staatliche Überregulierung zurückdrängen. Birgit Homburger (FDP): Bundeswirtschaftsminis- er Wolfgang Clement war angetreten, überflüssige Bü- okratie abzubauen. Sein großspurig als Masterplan Bü- okratieabbau bezeichnetes Vorhaben ist längst zu den kten gelegt. Der heute vorliegende Gesetzentwurf tand schon mehrfach auf der Plenartagesordnung. Er urde mehrfach kurzfristig abgesetzt, da man unbedingt och Änderungsanträge des Bundesrates einarbeiten ollte. Wer nun aber erwartet hätte, dass zwischenzeit- ich nachgebessert wurde, um so substanziell und quali- ativ beim Bürokratieabbau einen Fortschritt zu errei- hen, sieht sich getäuscht. Die wohnungsrechtlichen orschriften wurden aus dem Gesetzentwurf herausge- ommen, die Überschrift wurde neu gefasst und die Ar- ikel neu durchnummeriert. Von den 28 Punkten Änderungsvorschläge des Bun- esrates werden mit dem seit gestern reichlich spät, aber ndlich vorliegenden Änderungsantrag, gerade einmal rei übernommen. Daneben wird mit dem Änderungsan- rag wieder einmal der eigene Gesetzentwurf von Rot- rün an etlichen Stellen verschlechtert. Warum gibt Minister Clement nicht endlich den Weg u liberaleren Ladenschlussregelungen der Länder frei? arum schafft er nicht die Pflichtrestmülltonne von ewerbeabfällen ab? Warum setzt er sich nicht intensi- er für die generelle Umstellung der Umsatzsteuervor- uszahlung auf die Ist-Besteuerung ein? Alles das hat er Wirtschaftsminister schon vorgeschlagen. Alles das ürde wenigstens zu spürbaren Kostenentlastungen ühren. Mit all dem ist er aber stets im Kabinett ge- cheitert. Übrig bleiben solche Gesetzentwürfe, wie der orliegende. Damit können einige wenige Vereinfa- hungen erreicht werden, die allerdings nicht wirklich ostenrelevant sind. Die enormen Kosten komplizierter teuer- und Abgaberegelungen, des zu starren Arbeits- echts, umfangreicher statistischer Meldepflichten oder ines hoch komplizierten Umweltrechts hemmen Wirt- chaftswachstum und Beschäftigung und behindern den itter nötigen Aufschwung. Im Bereich dieser zentralen ostenblöcke tut sich mit diesem Gesetzentwurf weiter- in nichts, obwohl eine vom Bundeswirtschaftsminister n Auftrag gegebene Studie des Instituts für Mittel- tandsforschung die jährliche Belastung der Unterneh- en zwischenzeitlich bei 46 Milliarden Euro taxiert. Angesichts der Tatsache, dass dieser Gesetzentwurf ie Vorschläge der von Bundeswirtschaftsminister lement eingerichteten so genannten „Testregionen für nnovationsregionen“ umsetzen soll, ist der Gesetzent- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 160. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2005 15063 (A) ) (B) ) wurf eine Blamage. Von den mit großem Aufwand in drei Testregionen erarbeiteten tausend Vorschlägen wer- den jetzt nur wenige, vergleichsweise unwesentliche um- gesetzt. Der Gesetzentwurf offenbart erneut, dass sich Herr Clement in der Bundesregierung nicht durchsetzen kann. Dabei ist der Abbau von Bürokratie ein wichtiger Baustein für den Aufschwung. Die FDP steht konsequent für Bürokratieabbau. Der Änderungsantrag enthält, ebenso wie der ursprüngliche Gesetzentwurf, einige Kleinigkeiten, die in Richtung Bürokratieabbau gehen. Gleichzeitig enthält er zum Bei- spiel im Gaststättenrecht Verschlechterungen, die mit Punkt 3.1. des Änderungsantrags noch weiter verschärft werden. Hier wird mehr, nicht weniger Bürokratie ge- schaffen. Dieser Punkt wurde im Übrigen vom Bundes- rat nicht gefordert, sondern von den Koalitionsfraktio- nen reingemogelt. Vorschläge des Bundesrates zur Entbürokratisierung im Gaststättenrecht, zum Beispiel betreffend Art. 8 Nr. 01, die wenigstens eine gewisse kostenentlastende Wirkung hätten entfalten können, werden hingegen nicht aufge- nommen. Im Übrigen stellt sich die Frage, ob die unter Punkt 4 des Änderungsantrages aus dem Vorschlag des Bundes- rates übernommene Änderung wirklich Sinn macht. Dort wird die Bußgeldobergrenze erhöht für Betriebe, die nach der Gewerbeordnung einen jährlichen Prüfbericht vorlegen müssen. Zur Begründung wird ausgeführt, dass Gewerbetreibende diesen Prüfbericht „häufig nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig vor- legen“. Deshalb solle die Erhöhung des Bußgeldes die Motivation der Gewerbetreibenden zur Abgabe der Un- terlagen erhöhen. Dies ist nicht wirklich ein Vorschlag zum Bürokratieabbau, eher ein Vorschlag zur Einnahme- verbesserung beim Staat. Bundesrat und Koalition hät- ten sich besser damit beschäftigt, wie die komplizierten Anforderungen so vereinfacht werden können, dass be- troffene Gewerbetreibende die Anforderungen schnell und ohne großen Aufwand erfüllen und damit problem- los fristgerecht abgeben können. Als Fazit bleibt festzuhalten: Der Gesetzentwurf ent- hält ebenso wie der Änderungsantrag Elemente, die in die richtige Richtung gehen. Sie enthalten beide aber auch Elemente zusätzlicher Bürokratisierung. Ansonsten bleibt das Ganze eine Ansammlung kaum kostenrelevan- ter Petitessen. Aus diesen Gründen lehnt die FDP-Bun- destagsfraktion sowohl den Änderungsantrag als auch den Gesetzentwurf ab und stellt fest, dass Bundeswirt- schaftsminister Clement beim Bürokratieabbau vollstän- dig gescheitert ist. Rezzo Schlauch, Parl. Staatssekretär beim Bundes- minister für Wirtschaft und Arbeit: Ihnen liegt heute der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung von Vorschlägen zu Bürokratieabbau und Deregulierung aus den Regionen zur Beschlussfassung vor. Wie Ihnen be- kannt ist, wird damit ein Großteil der Vorschläge zur Än- derung von Bundesrecht umgesetzt, die von den drei am Projekt „Innovationsregionen“ beteiligten Regionen Bremen, Ostwestfalen-Lippe und Westmecklenburg er- a A d e s g d r n g h R i z s g a b E i k B B r o k v a a d a s w t d v t s n H „ d 2 R V z f e V s V G b (C (D rbeitet wurden. Die Bundesregierung hatte sich im pril 2004 zu einer sofortigen bundesweiten Umsetzung ieser Vorschläge entschlossen. Durch den Verzicht auf ine Erprobung sollen die vorgesehenen Erleichterungen ofort allen zugute kommen. Der Bundesrat hatte dem Gesetzentwurf insgesamt rundsätzlich zugestimmt, aber gleichzeitig klargestellt, ass er ihn nur als einen ersten Schritt der Bundesregie- ung in Richtung Bürokratieabbau betrachtet. Auch ei- ige Abgeordnete mögen diese zehn Änderungen nicht erade für die wichtigsten in Sachen Bürokratieabbau alten. Wer sich aber einen Überblick über die einzelnen egelungen verschafft, dürfte schnell erkennen, dass nsbesondere die Vorschläge zum Umweltbereich oder um Gewerbe- und Gaststättenrecht und auch zur Be- chleunigung des Gerichtsverfahrens der Wirtschaft eine anze Reihe von Erleichterungen bringen werden. Einer llgemeinen Forderung nach einer „Trockenlegung des ürokratischen Sumpfes“ kann eben nur durch konkrete inzelmaßnahmen entsprochen werden. Wer realistisch st, weiß, dass der „große Wurf“ beim Bürokratieabbau aum gelingen kann. Die Länder haben während des ersten Durchgangs im undesrat gezeigt, dass ihre Auffassungen zu einzelnen ürokratieabbaumaßnahmen teilweise erheblich diffe- ieren. Beispielsweise sieht das Gesetz in der Gewerbe- rdnung und im Gaststättengesetz eine „Erprobungs- lausel“ vor, die den Ländern ein befristetes Abweichen on Berufsausübungsregelungen ermöglichen soll. Der- rtige Experimentier- oder Öffnungsklauseln werden an nderer Stelle oft von den Ländern gefordert. Im Bun- esrat wurde sie jedoch jeweils mehrheitlich vom Unter- usschuss Wirtschaft abgelehnt, vom Wirtschaftsaus- chuss dann aber wieder angenommen, im Plenum iederum abgelehnt – die reinste Achterbahnfahrt! Bei den Vorschlägen zur Liberalisierung des Gaststät- enrechts reichten die Stellungnahmen der Länder von er Ablehnung jeglicher Änderungen bis hin zur fast ollständigen Aufhebung der Gaststättenerlaubnis. Diese wenigen Beispiele zeigen: Auch beim Bürokra- ieabbau, bei dessen Zielrichtung wir uns doch alle so chön einig sind, ist es nicht immer einfach, einen an- ehmbaren Kompromiss für alle Beteiligten zu finden. ier erinnere ich mich an Bertolt Brechts Ausspruch: Ein gutes Argument wirkt wundervoll – nur nicht auf en, der etwas hergeben soll!“ Nochmals zurück zu der vom Bundeskabinett im Mai 004 verabschiedeten Liste von 29 Vorschlägen aus den egionen: Neben den mit diesem Gesetz umzusetzenden orschlägen sind weitere sechs Vorschläge zwischen- eitlich bereits umgesetzt. Zwei Vorschläge sind in eben- alls im Gesetzgebungsverfahren befindlichen Gesetzen nthalten. In Anhörungsverfahren mit den Ländern und erbänden befinden sich nochmals sechs Vorschläge. Die Umsetzung einiger Vorschläge ist von der Ent- cheidung der Länder abhängig. Beispielsweise wird der orschlag „Erweiterter Zugriff auf Abteilung I des rundbuches“ durch den Verzicht auf den Nachweis des erechtigten Interesses von den Ländern abgelehnt. Ein 15064 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 160. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2005 (A) ) (B) ) weiterer – sehr bedeutsamer – Vorschlag ist direkt durch Vereinbarung der Länder mit den Berufsgenossenschaf- ten umzusetzen. Es handelt sich um die „Zusammenfüh- rung des staatlichen und berufsgenossenschaftlichen Vollzugs im Arbeitsschutz“. Die Umsetzung dieses Vor- schlags wird zu wesentlichen Erleichterungen im Be- reich des Arbeitsschutzes führen. Auch wenn mancher Vertreter der Opposition die im Gesetzentwurf enthaltenen Änderungen nur als Klein- kram und als unwesentlich abtun will, bin ich zuver- sichtlich, dass wir mit dem Artikelgesetz und der Umset- zung der weiteren Vorschläge aus den Regionen beim Bürokratieabbau ein ganzes Stück vorankommen wer- den. Hierdurch bestärkt wird die Bundesregierung eine weitere Runde zur Sammlung und Umsetzung von Vor- schlägen zum Bundesrecht unter Einbeziehung von Re- gionen einleiten. Für die Unterstützung durch die Regio- nen und aus den Reihen des Parlaments bin ich dankbar und bitte Sie um Zustimmung zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der Vorschläge aus den Regionen. Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Das deutsche Bio- siegel erfolgreich umsetzen (Tagesordnungs- punkt 16) Reinhold Hemker (SPD): Ich beginne mit einer po- sitiven Nachricht: Mit der Einführung des Biosiegels 2001 wurde ein Zertifizierungsinstrument geschaffen für Produkte aus ökologischer Landwirtschaft. Das gilt nicht nur für einzelne Produkte, sondern auch für die Kombi- nation von Produkten, die auch aus verschiedenen Län- dern kommen können und teilweise auch kommen müs- sen. Mit dieser Standardfestlegung sind wir national und international auf dem Weg zu einer nachhaltigeren Land- wirtschaft einen großen Schritt weiter gekommen. Ich freue mich darüber, dass sich unsere Kolleginnen und Kollegen aus der CDU/CSU-Fraktion kritisch mit dem Thema beschäftigt haben. Denn nur die Verbreitung der hinter dem Biosiegel stehenden Gedanken kann für die Verbraucher zu immer weiteren möglichst hohen Quali- tätssicherungen führen. Schade ist allerdings, dass der Antrag der CDU/CSU-Fraktion vorwiegend die natio- nale Ebene im Blick hat. Die internationale Komplexität wird dabei nicht berücksichtigt. Die internationalen Aspekte dürfen aber nicht unter den Tisch fallen, denn es muss besonders betont werden: Viele ausländische Produkte haben einen Qualitätsstan- dard, der die Bedingungen für das Biosiegel mehr als er- füllt. Besonders hervorzuheben sind an dieser Stelle die Produkte aus den ärmeren und ärmsten Regionen der Welt, Produkte also aus den Entwicklungsländern oder besser gesagt aus den sich entwickelnden Ländern. Zu nennen sind nahezu alle Produkte aus dem fairen Han- del, durch den die Produzenten – meistens Kleinbauern und Genossenschaften – eine angemessene Bezahlung und einen Mindestpreis bei niedrigem Weltmarktpreis b t g d g d G ö f i k R w P s a P u k Z V e d d H g r z f l A l r d s s g d H g s d B V k f u m L s B n K i d (C (D ekommen. Sehr oft sind die Anbaubedingungen quali- ativ noch besser, als sie bei der Verleihung des Biosie- els verlangt werden. Das bedeutet, dass zum Beispiel ie Gesellschaft zur Förderung der Dritten Welt, kurz epa, und andere Handelsgesellschaften, die fairen Han- el betreiben, sich nicht nur mit der Frage der sozialen erechtigkeit beschäftigen, sondern auch besonders den kologisch-nachhaltigen Aspekt berücksichtigen. Auf diesem Hintergrund stellen Sie sich bitte eine Ta- el Schokolade vor, die ein Produkt aus fairem Handel st. Die Rohstoff- bzw. Zutatenlieferanten dieser Scho- olade sind Partner aus Bolivien, der Dominikanischen epublik, Paraguay und den Philippinen. In diesen Ent- icklungsländern und noch vielen mehr wird in vielen rojekten des fairen Handels ökologische Landwirt- chaft betrieben. Die Schokoladen werden von einer un- bhängigen Kontrollstelle überprüft. Das gilt für weitere rodukte wie getrocknete Früchte, für Nüsse, für Kaffee nd für Tee. Natürlich, und das ist richtig, setzt die EU-Richtlinie eine Höchststandards an. Das ist aber auch nicht das iel: Das Biosiegel ist eine Orientierungshilfe für die erbraucher. Es geht international um eine möglichst inheitliche und glaubwürdige Zertifizierung im Bereich er ökologischen Landwirtschaft. Seit der Einführung es Biosiegels ist die Zahl der Bioprodukte gewachsen. Die Richtlinie sagt aber nicht, dass die verschiedenen ersteller nicht über die Kriterien des Biosiegels hinaus- ehen dürfen. So haben zum Beispiel Produkte des fai- en Handels aus Nordindien, aber auch aus Sri Lanka ein usätzliches Siegel des Ökoverbandes Naturland. Ich reue mich darüber, dass zum Beispiel der Verein Natur- and e. V. sein Siegel nur an Produzenten vergibt, die uflagen hinsichtlich des ökologischen Landbaus erfül- en, die noch um ein Vielfaches strenger als die Anforde- ungen für das Biosiegel sind Ich selbst begleite mit vielen Freundinnen und Freun- en der internationalen Solidaritätsarbeit die Arbeit der chon genannten gepa und anderer Organisationen, die ich für die Anliegen des fairen Handels und der ökolo- ischen Produktion einsetzen. Ich freue mich darüber, ass die Themen, die mit dem Biosiegel, dem fairen andel und der ökologischen Produktion zusammenhän- en, eine immer stärkere Verankerung in der Gesell- chaft und seit einigen Jahren auch in der Politik gefun- en haben. Seit einigen Jahren ist ein deutlicher ewusstseinswandel in der Bevölkerung zu beobachten. iele Menschen haben verstanden, was sie bewirken önnen, wenn sie nur ein paar Cent mehr für ihren Kaf- ee ausgeben und Kaffee kaufen, der mit dem Biosiegel nd mit dem „TransFair“-Siegel ausgezeichnet ist. Im- er mehr Menschen kaufen mittlerweile einen Teil ihrer ebensmittel in Biosupermärkten, Eine-Welt-Läden oder ie finden die Produkte in den zahlreichen Regalen mit iosiegel-Produkten im Discounter. Die Bundesregierung fördert seit einigen Jahren – zu ennen sind die zuständigen Ministerinnen Renate ünast und Heidemarie Wieczorek-Zeul – im Rahmen hrer Öffentlichkeitsarbeit den Gedanken des fairen Han- els und die ökologische Produktion. Zwei Initiativen Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 160. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2005 15065 (A) ) (B) ) nenne ich beispielhaft: erstens die Initiative „Echt ge- recht – Clever Kaufen“, zweitens die so genannte „fair- feels-good“-Kampagne. Beide Kampagnen haben mit unterschiedlichen Schwerpunkten die Verantwortung für eine gerechtere Welt und die Verantwortung für die Schöpfung besonders betont. Damit werden die ehrgeizi- gen Ziele in den Bereichen Armutsbekämpfung, soziale Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit hervorgehoben. Im Übrigen: Es gab im November 2000 einen ein- stimmig vom Bundestag verabschiedeten Antrag „Frei- willige Agrar-Umwelt/Sozial-Zertifizierung für Ent- wicklungsländer“. Mit diesem Antrag haben wir gemeinsam internationale Zertifizierungssysteme und die damit verbundene Einführung von Qualitätssiegeln gefordert. Das dann später eingeführte Biosiegel ist ein herausragender Baustein für die Entwicklung, die wir damals im Auge hatten. Wir sind national; und interna- tional auf dem richtigen Weg. Es gibt erste Erfolge. Die Konzentration auf die Verstärkung eines nationalen An- satzes wäre bei allem Verständnis für die Förderung von regionalen und nationalen Produkten im Zuge einer re- gionalen und nationalen Vermarktung ein Rückschritt. Eine persönliche Anmerkung zum Schluss: In den meisten Gemeinden meines Wahlkreises finde ich in den Hofläden Produkte aus fairem Handel; das Gleiche gilt für die Bioläden in den Städten und Gemeinden. Gerade ist ein Produkt auf den Markt gekommen, ein Saft aus Äpfeln der Region und Mangos aus Entwicklungslän- dern, natürlich aus ökologischer Produktion. Das ist ein positives Beispiel. So kann es weitergehen. Wenn wir alle in diesem Sinne am gleichen Strang ziehen, viel- leicht können wir dann ja ein Markenkennzeichen finden – zunächst blau mit goldenen Sternen für Europa und dann die Symbole für die Vereinten Nationen – sodass die nationalen Kennzeichnungen überflüssig werden. Das passt zum Eine-Welt-Gedanken im Zeitalter der Globalisierung. Gustav Herzog (SPD): Wir beraten heute mit der Drucksache 15/4840 den Antrag der Fraktion der CDU/ CSU mit Namen: „Das deutsche Biosiegel erfolgreich umsetzen.“ Die Überschrift hat leider nichts mit dem fol- genden Inhalt gemein. Die CDU/CSU war gegen das Biosiegel und nun will sie das erfolgreiche Wirken unse- rer Politik torpedieren. Lassen Sie mich kurz zusammenfassen. Das Biosiegel ist ein Garant dafür, dass das ausgezeichnete Produkt nach den strengen Richtlinien der Gemeinschaft für den ökologischen Landbau erzeugt wurde. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Das Biosiegel ist weder ein patrioti- sches Bekenntnis – welches mit den Landesfarben zu hinterlegen ist – noch ein Markenzeichen oder ein Schutzwall für die Verbände des ökologischen Land- baus. Das Biosiegel ist vielmehr eine eindeutige und un- missverständliche Orientierung für den Verbraucher, der auf einen Blick weiß, was er von diesem Produkt zu hal- ten hat. Sie reden von unverzichtbaren Verbraucherinfor- mationen – das Biosiegel ist fast ein Musterbeispiel für Verbraucherinformation. Und es wirkt! c t w w g g p k s k v I w S k g b z g o W G r V E a te s s L s d n „ n la la s e r g s s A g D s in lu K g (C (D Umsatzsteigerungen wie im Ökolandbausegment su- hen ihresgleichen, täglich kommen Produkte und Un- ernehmen dazu, der Ökolandbau geht in die Breite, auch enn Sie ihn noch als Nischenproduktion kleinreden ollen. Meinen Sie wirklich, die großen Unternehmen der lobalen Ernährungsbranche würden so um Beteiligun- en kämpfen, wenn da nicht ein entsprechendes Markt- otenzial dahinter stehen würde? Sie reden von Her- unftsnachweisen und meinen: Das Biosiegel wird zu tark und es muss gestutzt werden. Auf welchem Scho- oriegel steht, aus welchem Land der Kakao stammt, der erarbeitet wurde? Wo steht, dass verbackener Weizen hres Frühstücksbrötchens auf deutschem Boden ge- achsen sein muss? Was schlagen Sie hier eigentlich vor? Woher wissen ie, ob der Demeterreis aus Thailand oder Brasilien ommt? Angebaut wird er nach den strengen, wie Sie sa- en „höheren Produktionsstandards deutscher Ökover- ände“. Oder nehmen Sie den Naturlandverband, er ist wischen Ägypten und Vietnam weltweit tätig, welt- rößter Zertifizierer für Ökokaffee, bildet Kleinbauern- rganisationen aus und setzt sich für fairen Handel und eiterbildung im ländlichen Raum ein, sozusagen ein lobal-Fair-Player und das alles mit Stammsitz im baye- ischen Gräfelfing und nach unseren strengen deutschen erbandsrichtlinien. Wollen Sie das auch alles auf die tiketten pappen? Ich würde sagen: Sozialstandards sind uch unverzichtbare Verbraucherinformationen. Wuss- n Sie, dass Naturland Sozialrichtlinien erlassen hat? Natürlich sind viele Verbraucherinformationen wün- chenswert, doch erstens ist das Biosiegel hier der fal- che Ort und zweitens müssen diese Vorgaben auf alle ebensmittel übertragen werden. Hätten Sie die Aus- chussunterlagen dieser Woche gelesen, wüssten Sie, ass Deutschland – unsere Ministerin Künast – beim ächsten Agrarrat die Kommission auffordern will, Vorschläge für eine umfassende Herkunftskennzeich- ung für alle Lebensmittel vorzulegen“. Ihre Argumentation zum Schutz des deutschen Öko- ndbaus ist scheinheilig, da Sie keine Gelegenheit aus- ssen, den Einsatz der Grünen Gentechnik – im Wider- pruch zu allen Ökolandbauverbänden – zu fordern. Der Ökolandbau ist ein Marktsegment wie viele und r ist genauso dem Wettbewerb ausgesetzt wie alle ande- en Marktteilnehmer auch. Das Biosiegel ist nicht dazu eschaffen, deutschen Betrieben einen protektionisti- chen Marktvorteil zu verschaffen. Die Beurteilungsba- is ist ausschließlich das Gemeinschaftsrecht, dessen nforderungen alle Produkte gleich zu erfüllen haben. Sind hier Standards zu niedrig, so gebe ich Ihnen erne die Adresse für Änderungsforderungen in Brüssel. och geben Sie sich keine Mühe: Auf dieser Baustelle ind wir schon längst aktiv. Bereits im November 2001 hat die Bundesministerin einem Memorandum die europäische Weiterentwick- ng der Ökostandards eingefordert: Ausweitung des ontrollsystems, Gesamtumstellung, Futter überwie- end aus eigenem Betrieb, Verbot von konventionellem 15066 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 160. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2005 (A) ) (B) ) Hühnermist und Gülle und anderes mehr. Das Dioxin im Ei aus Käfig- und Freilandhaltung haben Sie zur Grünen Woche entdeckt, das Biosiegel zur Biofach. Was soll dieser billige Aktionismus? Sie schaden nur der deut- schen Landwirtschaft. Marlene Mortler (CDU/CSU): In der Diskussion im Deutschen Bundestag zur großen Anfrage der CDU/ CSU-Fraktion über die Situation des ökologischen Land- baus in Deutschland am 1. Juli 2004 habe ich gefordert, dass das Biosiegel für die deutschen Ökobauern zur Erfolgsstory werden muss. In der Zwischenzeit ist die Entwicklung nicht stehen geblieben. Die Messe Nürnberg, der Veranstaltungsort, an dem heute die Biofach 2005 beginnt, hat im November 2004 in einer Pressemitteilung diese Entwicklung eindeutig beschrieben. Dort steht, dass die Biobranche weltweit deutlich zulegt. Bei manchen Produkten, so die Pressemeldung, san- ken die Erzeugerpreise, was zu heftigen Protesten der Bauern führte und einige Betriebe der Biolandwirtschaft sogar zur Aufgabe zwang. Der Bund Ökologische Le- bensmittelwirtschaft berichtet anlässlich der Biofach, dass erstmals die Zahl der Betriebe, die aus der ökologi- schen Landbewirtschaftung ausscheiden, die Zahl der Neu-Umsteller leicht übertroffen habe. Dies ist nicht Ge- genstand einer Erfolgsstory, sondern Ergebnis unzurei- chender Politik für den Ökolandbau. Ich werde heute aber nicht nur meine Kritik deutlich artikulieren, sondern auch aufzeigen, wie man die Politik für den Ökolandbau aus Sicht der Union verbessern kann. Ein wesentlicher Knackpunkt der von der Bundesre- gierung falsch gestellten Weiche ist das deutsche Biosie- gel. Es hat eine hohe Marktdurchdringung. Es hat sich etabliert. Aber es ist mit entscheidenden Mängeln für Er- zeuger und besonders auch für die Verbraucher verbun- den. Die Kriterien für das Biosiegel richten sich nach den aktuellen Bestimmungen der EG-Öko-Verordnung. Mit dem deutschen Biosiegel können also Erzeugnisse gekennzeichnet werden, die entsprechend der EG-Öko- Verordnung produziert und kontrolliert werden. Es bein- haltet aber keine Informationen über die konkreten Produktionsstandards und über die Herkunft des Öko- produktes. Mit den aktuell geltenden gesetzlichen Grundlagen ist es also möglich, sowohl im Ausland er- zeugte Ökoprodukte mit dem deutschen Biosiegel zu kennzeichnen, als auch im Ausland erzeugte ökologi- sche Nahrungsmittelrohstoffe nach Deutschland einzu- führen, in Deutschland zu verarbeiten und die Endpro- dukte mit dem deutschen Biosiegel zu versehen. Der Verbraucher erfährt nichts über die Herkunft des Öko- produktes und über die darin enthaltenen Nahrungsmit- telrohstoffe. Außerdem ist der Verbraucher in dem „gu- ten“ Glauben, unter dem deutschen Biosiegel ein deutsches Bioprodukt zu kaufen. Wie bereits erwähnt, basiert das deutsche Bio-Siegel auf Grundlage der EG-Öko-Verordnung. Die deutschen Ökobauern produzieren aber im Gegensatz zu vielen ausländischen Ökobauern zumeist mit den höheren Pro- d n m g t t h Ö d d n e d n d K A V z j l C ö r s d p – v d n w m u l a d a l s a b s s d F L z E d u W d z P (C (D uktionsstandards deutscher Ökoverbände. Nach Mei- ung der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag uss dies auch mit dem deutschen Biosiegel kenntlich emacht werden, erstens, weil die Verbraucherinforma- ion unzureichend ist, und zweitens, weil eine nachhal- ige Ausdehnung des Ökolandbaus in Deutschland be- indert wird. Denn Ministerin Künast betreibt kopolitik durch die Hintertüre. Wir wollen, dass sich er Verbraucher bewusst für Produkte entscheiden kann, ie vor seiner Haustüre wachsen. Ökologie und Regio- alität gehören für mich sehr stark zusammen. Vor diesem Hintergrund hat die CDU/CSU-Fraktion in schlüssiges Konzept zur Weiterentwicklung des eutschen Biosiegels entworfen. Neben der Konformität ach EG-Öko-Verordnung 2092/91 müssen weitere Pro- uktionskriterien verankert werden. Diese zusätzlichen riterien umfassen die Gesamtbetriebsumstellung, den usschluss konventioneller Wirtschaftsdünger sowie die erpflichtung der Fütterung von Grünfutter an Pflan- enfresser im Sommer und damit das Verbot der Ganz- ahressilagefütterung. Nur Ökolandbau, der diese zusätz- ichen Anforderungen erfüllt, wird nach Meinung der DU/CSU-Bundestagsfraktion dem Grundgedanken des kologischen Landbaus gerecht. Alles andere ist ein Ver- at an unseren Ökobauern! Darüber hinaus ist nach unserer Auffassung vorzu- chreiben, dass die Angabe der Herkunft als eigenstän- ige Information in Kombination mit dem Biosiegel ver- flichtend sein muss. Bei Eiern und bei Rindfleisch konventionell – schreibt es die EU schon verpflichtend or. Dabei sollte die Landesfarbe des Herkunftsgebietes em Biosiegel unterlegt werden. Pflanzliche Erzeug- isse müssen demnach auf der Anbaufläche in dem je- eiligen Herkunftsgebiet gewachsen sein. Bei Fleisch üssen die Tiere im jeweiligen Herkunftsgebiet geboren nd in einem landwirtschaftlichen Betrieb dieses jewei- igen Herkunftsgebietes gehalten worden sein. Ein Ver- rbeitungserzeugnis darf demnach das Biosiegel nur ann tragen, wenn mindestens 80 Prozent der Zutaten us dem jeweiligen Herkunftsgebiet stammen. Wir alle wissen, dass wir in einer zunehmend globa- isierten Welt leben. Deshalb geht es bei der Nachbes- erung des Biosiegels nicht darum, ausländische Ware uszugrenzen. Das heißt, die Verwendung des nachge- esserten Biosiegels für Produkte aus anderen Mitglied- taaten muss wie bisher ohne Einschränkung möglich ein. Vielfalt beim Essen ist auch Lebensqualität In einem Artikel der „Welt“ vom 20. Januar 2005 hat ie Vorsitzende der Verbraucherzentrale Bundesverband, rau Edda Müller, zur missverständlichen und unklaren ebensmittelkennzeichnung klar Stellung bezogen. Ich itiere: „Schönfärbende Worte vermitteln das gewisse xtra, halten aber oft nicht, was sie versprechen“. Genau as ist der Punkt! Der Verbraucher braucht eindeutige nd zusätzliche Informationen, damit er wirklich eine ahlfreiheit hat. Der Verbraucher hat ein Recht darauf! Natürlich ist es unabdingbar, diese Nachbesserung es Biosiegels im Einvernehmen mit der Wirtschaft an- upacken. Deshalb habe ich gestern im Rahmen eines ressegesprächs mit wichtigen Wirtschaftsvertretern die- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 160. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2005 15067 (A) ) (B) ) ses Konzept der Öffentlichkeit vorgestellt. Mit großem Erfolg! Unser Konzept stellt dem Verbraucher mehr In- formationen über die Herkunft der Ökoprodukte zur Ver- fügung und es sorgt für Standards, die der Ökolandbau beachten muss, wenn man es mit dem Ökolandbau ernst meint. Wo sind eigentlich Ihre Prinzipien geblieben? Nach- haltiges Denken und Handeln sind für Sie inzwischen Fremdwörter. Mit Ihrer Politik führen Sie den Grund- gedanken der Agenda 21, den Grundgedanken des öko- logischen Landbaus, ad absurdum. Wo bleibt Ihre Ge- samtbilanz? Wo bleibt Ihr ganzheitlicher Ansatz? Sie schauen schon längst nicht mehr durch die Brille unserer Ökobauern, Sie schauen durch die Brille des Macht- erhalts! Ich denke an Ihre Worte in der Süddeutschen Zeitung vom 24. Februar 2005: „Im Handel gibt es einen richti- gen Schub bei Bioprodukten, der Markt brennt!“ Unsere Biobauern und unsere Verbraucher brennen auch! Und sie brennen noch mehr, wenn sie hören, dass Ihr Ministe- rium gegen Haushaltsrecht verstoßen hat, weil Sie Geld aus dem Bundesprogramm Ökologischer Landbau für Ihre Selbstdarstellung, für Ihre politische Grundausrich- tung zweckwidrig missbraucht haben; so der Bundes- rechnungshof zweimal, weil Sie es das erste Mal nicht glauben wollten. Ihre Politik ist in ein gefährliches Fahrwasser geraten. Ihre Glaubwürdigkeit leidet immer mehr, wie auch die Reaktionen auf den Fischer-Erlass zeigen. Sie werfen uns vor, den Standort Deutschland schlecht zu reden. Aber Sie machen und Sie regieren ihn schlecht! Ent- scheiden Sie sich also schnell, ob Sie eine Agrarwende mit den Biobauern und mit den Verbrauchern wollen oder gegen sie. Unser Antrag zeigt den richtigen Weg dorthin. Er ist glaubwürdig und er ist zukunftsweisend. Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ich freue mich, dass wir heute endlich einmal ei- nen Antrag der CDU/CSU diskutieren können, der die ökologisch wirtschaftenden Betriebe ernst nimmt, an- statt ihnen aus parteipolitischem Kalkül mutwillig Steine in den Weg zu werfen, wie es die Opposition leider zu jeder sich bietenden Gelegenheit tut – nicht wahr Frau Klöckner und Herr Goldmann? „Die Union entdeckt die Biobauern“ titelte die „Süd- deutsche Zeitung“ gestern. Der Deutsche Bauernverband teilt heute mit: Die gestiegene Verbraucherakzeptanz für Bioprodukte sei auch dem Biosiegel zu verdanken, das für Markttransparenz sorge. Ich finde es gut, wenn Sie endlich anerkennen, dass wir es hier mit einer ernst zu nehmenden Branche mit riesigem Potenzial zu tun ha- ben. 3,5 Milliarden Euro Umsatz, mehr als 10 Prozent Zuwachs im letzten Jahr trotz genereller Kaufzurückhal- tung. Rewe ist dabei, eine eigene Biokette aufzubauen. Jeden Monat machen bundesweit neue Biomärkte auf. Heute begann in Nürnberg die weltgrößte Biomesse, die Biofach. Zwei Drittel der Aussteller sind internatio- nale Händler. Der brasilianische Minister Rodrigues ist Hauptgast der Messe und Brasilien Partnerland. Viele Länder unterstützen ihre Produzenten aktiv bei der Teil- n s u b u t l p f e B d J v s M c d 1 M D z v M V t n N s g e d H s m B e o V d M L Q a w B f n s P k t (C (D ahme an der Biofach, damit sie sich diesen Markt er- chließen können. Da ist richtig Musik drin. So etwas muss man doch nterstützen, anstatt zu sagen: Weil die Künast dafür ist, in ich dagegen – schon aus Prinzip. Katastrophal ist das Signal von Brandenburg, Sachsen nd Baden-Württemberg, ausgerechnet in solch einer Si- uation als Land aus der Umstellungsförderung für die andwirtschaftlichen Betriebe auszusteigen. Ich weiß nicht, ob allen klar ist, wie viele Arbeits- lätze mittlerweile am Ökolandbau hängen. Der Bund ür Ökologische Lebensmittelwirtschaft stellte kürzlich ine interessante Rechnung vor: Die Agrogentechnik- ranche beschäftigt in Deutschland nach einer Studie es Wirtschaftsanalyseunternehmens Ernst & Young im ahr 2003 weniger als 2 000 Personen bei einem Umsatz on nur 150 Millionen Euro. Dagegen ist die ökologi- che Landwirtschaft ein boomender Wirtschaftssektor: it 3,5 Milliarden Euro jährlich liegt er um ein Vielfa- hes über dem der Agrogentechnik-lndustrie. Die Zahl er Beschäftigten hat sich in den letzten zehn Jahren auf 50 000 Personen verdoppelt. Ich freue mich, dass Frau ortler den Erfolg des Biosiegels ausdrücklich betont. ie von ihr genannte Zahl von mehr als 20 000 gekenn- eichneten Produkten ist in der Tat eindrucksvoll. Dieser Antrag zeigt, dass Frau Mortler durchaus viel on der Praxis des ökologischen Landbaus versteht. eine Frau und ich stehen seit 1983 bei Bioland unter ertrag und ich weiß daher um die Probleme, die die un- erschiedlichen Standards mit sich bringen. Es ist für uns icht immer leicht, uns als Premiummarke gegen No- ame-Bioprodukte durchzusetzen. Ich erinnere mich sehr gut an die Entstehungsge- chichte des Biosiegels: Damals haben alle mit am Tisch esessen im Ministerium: die Arbeitsgemeinschaft bäu- rliche Landwirtschaft, der Deutsche Bauernverband, ie Bioanbauverbände, die Verbraucherverbände und der andel. Zwei Linien wurden dabei diskutiert: erstens ein tarkes nationales Zeichen auf Grundlage der Arbeitsge- einschaft Ökologischer Landbau, was vor allem der auernverband unterstützte, oder zweitens ein starkes uropäisches Zeichen auf Grundlage der EU-Bio-Ver- rdnung. Die Mehrheit der Verbände, insbesondere die erbände mit den höchsten Standards, hat damals für en zweiten Weg gestimmt. Darüber kann man geteilter einung sein. Aber die Entscheidung ist so gefallen. etztlich ermöglichen wir damit auch weiterhin einen ualitätswettbewerb im Ökosektor. Wenn ich sehe, wie international sich dieser Markt uf der Biofach präsentiert, so glaube ich, dass es richtig ar, sich für ein Zeichen auf Basis der einheitlichen EU- ioverordnung zu entscheiden, deren Standards übrigens ür jeden nachlesbar sind. Separatismus, den Bayern ja icht fremd, wäre die falsche Antwort auf diese dynami- che Marktentwicklung. Was die Herkunft angeht, so haben wir in der Tat das roblem, dass wir bisher außerhalb der EU die Her- unftskennzeichnung nur in sehr wenigen Ausnahmesi- uationen zwingend vorschreiben können. Das verbietet 15068 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 160. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2005 (A) ) (B) ) uns eine EU-Verordnung mit dem klangvollen Namen „Lebensmitteletikettierungsrichtlinie“. Ministerin Renate Künast verhandelt in Brüssel eine entsprechende Änderung dieser Richtlinie – und insge- heim weiß ja auch die Opposition, auch wenn sie das jetzt gleich mit lauter Empörung zurückweisen wird, dass niemand von uns allen in Brüssel mehr durchsetzen kann als Renate Künast. Im Übrigen, Frau Kollegin Mortler, ist es heute schon jedem Hersteller möglich, freiwillig neben dem Biosie- gel zum Beispiel die deutsche Fahne als Herkunftssym- bol anzubringen. Wenn wir, wie Sie fordern, die EU-Standards für Bio- produkte weiter anheben wollen, dann müssen wir das in Brüssel tun, nicht in Berlin. Insofern machen Ihre Forde- rungen hier keinen Sinn. Sie sehen, wir sind jederzeit gern bereit, über die – wie Sie schreiben – „nachhaltige Ausdehnung des öko- logischen Landbaus in Deutschland“ zu sprechen. Ich mache das seit 20 Jahren und ich freue mich, wenn wir das in Zukunft gemeinsam tun! Hans-Michael Goldmann (FDP): Bio ist nicht gleich Bio. Ökoprodukte nach der EG-Öko-Verordnung – und damit auch nach dem deutschen Biosiegel – müs- sen weniger strengen Kriterien genügen als solche, die von deutschen Landwirten produziert werden. Dies spie- gelt sich jedoch in dem deutschen Biosiegel nicht wider. Damit können alle Produkte ausgezeichnet und bewor- ben werden, die „nur“ den europäischen Standards genü- gen. Damit geraten deutsche Landwirte ins Hintertref- fen. Sie müssen mit Produkten aus aller Welt konkurrieren, die mit dem deutschen Biosiegel ausge- zeichnet sind, obwohl sie mehr Aufwand betreiben müs- sen, um ihre Produkte als „Bio“ oder „Öko“ in Deutsch- land herstellen und vertreiben zu können. Die FDP hat Frau Künast, von Anfang an gewarnt, mit dem deutschen Biosiegel die für die deutschen Öko- bauern traditionell strengen Anbaurichtlinien zu unter- laufen. Sie haben mit dem Öko-Kennzeichengesetz die deutschen Landwirte vor große Probleme gestellt. Bioprodukte, die nach den deutschen Standards pro- duziert und veredelt werden, sind Premiumprodukte. Diesen Standortvorteil müssen wir nutzen. Das deutsche Biosiegel weckt beim Verbraucher deshalb den Ein- druck, es handelte sich um Waren mit besonderer Quali- tät. Doch durch das Öko-Kennzeichengesetz können auch Waren mit dem deutschen Biosiegel ausgezeichnet werden, die eben „nur“ nach EU-Standards produziert und hergestellt werden. Viel sinnvoller wäre es doch, das deutsche Biosiegel nur an solche Produkte zu vergeben, die auch nach den deutschen Biostandards hergestellt werden. Damit kann das deutsche Biosiegel zu einem echten Marketing- instrument gerade für die heimische Landwirtschaft wer- den. S d n h k k c z a P d s c e h k V c V e b s n w d k b m d V c – s e d q z s I s z z z c d d l A (C (D Natürlich wird daneben die Auszeichnung nach EU- tandards bestehen bleiben müssen, weil das EU-Recht ies gebietet. Produkte, die nach der EG-Öko-Verord- ung produziert werden, müssen in Deutschland weiter- in entsprechend gekennzeichnet vertrieben werden önnen. Doch durch Einführung besonderer Qualitäts- riterien für das deutsche Biosiegel wird dem Verbrau- her deutlich vor Augen geführt, dass mit diesem ausge- eichnete Produkte ein Plus an Qualität und Kontrolle ufweisen. Selbstverständlich müssen auch ausländische rodukte, insbesondere aus anderen EU-Mitgliedstaaten, as deutsche Biosiegel verwenden dürfen, sofern die trengen Auflagen ausnahmslos erfüllt werden. Die Herkunft eines Lebensmittels ist für die Verbrau- her ein wichtiges Kriterium. Wir haben das gerade in iner Kleinen Anfrage, die wir diese Woche eingebracht aben, nochmals ausdrücklich betont. Die Herkunfts- ennzeichnung ist aber nicht Sache des Biosiegels. Die erbraucher brauchen klare und eindeutige Kennzei- hen, keine Multifunktionskennzeichen, die nur neue erwirrung stiften. Das Biosiegel gibt Auskunft über ine bestimmte Produktionsform – und hoffentlich als- ald über die Eigenschaft als Premium-Ökoprodukt nach trengen deutschen Standards. Die Herkunftskennzeich- ung aber muss eigens erfolgen. Auch hierin liegt ein ichtiges Marketinginstrument für die Landwirtschaft, ie mit regionalen Produkten und Spezialitäten werben ann. Nach der Vorstellung der Liberalen wird sich der Le- ensmittelmarkt in alle Richtungen diversifizieren. Da- it in der großen Vielzahl unterschiedlicher Produkte er Verbraucher eine Leitlinie finden kann, sind klare orgaben für Kennzeichnungen notwendig. Kennzei- hen müssen Auskunft über die Art der Produktion zum Beispiel nach ökologischen Standards –, die be- ondere Qualität eines Produkts – zum Beispiel durch in verbessertes deutsches Biosiegel als Premiumpro- ukt – und die Herkunft – zum Beispiel durch konse- uente Anwendung der europäischen Herkunftskenn- eichnungsmöglichkeiten – geben. Mehr Transparenz chafft Vertrauen und gibt den Verbrauchern notwendige nformationen für eine aufgeklärte und mündige Ent- cheidung über ihre Lebensmittel. Es ist an der Zeit, einmal gründlich über diese Kenn- eichnungsregelungen zu diskutieren und an Lösungen u arbeiten, um der heimischen Landwirtschaft Chancen u eröffnen und das Informationsinteresse der Verbrau- her zu bedienen. In diesem Sinne ist die FDP-Fraktion gerne bereit, in en anstehenden Beratungen des vorliegenden Antrags er Unionsfraktion sich des Themas einmal grundsätz- ich anzunehmen. nlage 7 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung bestimmter Altforderungen (Altfor- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 160. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2005 15069 (A) ) (B) ) derungsregelungsgesetz – AFRG) (Tagesord- nungspunkt 17) Jutta Krüger-Jacob (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Heute beschäftigen wir uns mit dem Altforderungsrege- lungsgesetz, einem Gesetz, bei dem nicht gleich auf den ersten Blick ersichtlich ist, was sich dahinter verbirgt, ei- nem Gesetz, welches aus lediglich drei Artikeln besteht, wobei der letzte das In-Kraft-Treten regelt. Die Kürze des Gesetzes legt die Vermutung nahe, dass es sich um eine einfache, übersichtliche Norm han- delt. Ebenso drängt sich zunächst einmal die Frage auf, ob es sich überhaupt lohnt, ein Gesetz mit nur drei Arti- keln zu verabschieden. Und spätestens an diesem Punkt scheiden sich die Geister. Wir Grüne befürworten den vorliegenden Gesetzes- entwurf; denn er wird bei einer hochkomplexen Materie im Bereich der Alteigentumsfragen für Rechtssicherheit sorgen. Was verbirgt sich hinter dem AFRG? Grundlage ist zunächst einmal die Tatsache, dass der Bund nach Art. 22 Abs. 1 des Einigungsvertrages den gesetzlichen Auftrag hat, die Forderungen des ehemaligen DDR- Staatshaushaltes für das Finanzvermögen geltend zu ma- chen. Hierzu gehören auch Forderungen von Kreditinsti- tuten und Versicherungen, die durch besatzungsrechtli- che und -hoheitliche Maßnahmen in der damaligen sowjetischen Besatzungszone enteignet wurden. Art. 1 des AFRG regelt, dass die Forderungen dem Bund, genauer gesagt: dem Entschädigungsfonds, zuste- hen. Dieser Klarstellung bedarf es, nachdem der BGH darauf hingewiesen hat, dass Enteignungsmaßnahmen eines Staates nur Vermögenswerte erfassen können, die auf seinem Staatsgebiet belegen sind. Rechtsunsicherheit entstand dadurch in den Fällen, in welchen Kreditinstitut und Eigentümer zum Zeitpunkt der Enteignung im Wes- ten wohnten, das dinglich gesicherte Grundstück hinge- gen im Osten belegen war, denn unter Umständen kann bei schuldrechtlichen Forderungen eine von der Bele- genheit des Grundstückes abweichende Belegenheit der Forderung gegeben sein, so zum Beispiel, wenn auf den Wohnsitz des Eigentümers als Schuldner abgestellt wird. Wenn aber von Forderungen im Westen auszugehen wäre, hätte eine Enteignung nicht erfolgen können. Da- mit wären die ursprünglichen Gläubiger noch immer Forderungsinhaber, gehörten die Forderungen nicht zum Finanzvermögen gemäß Art. 22 Abs. 1 Einigungsver- trag – würden wir nicht mit diesem Gesetz die Forderun- gen für die Zukunft dem Entschädigungsfonds zuweisen. Auf diese Regelungsmöglichkeit hat der BGH aus- drücklich hingewiesen. Eine solche Regelung ist auch sachgerecht, da die Kreditinstitute für jene Forderungen bereits entschädigt worden sind, Ausgleichsforderungen von den alten Bundesländern erhalten und ihre ursprüng- lichen Forderungen an das Schuldnerland der Aus- gleichsforderung abgetreten haben. Der Bund hat die Ausgleichsforderung überwiegend getilgt; soweit nicht, w g d a H s s r r G n f A g g G m h w d l b z r = w k s R n n G n d s w G n n d d s s z b f r s l h h g (C (D ird ein Ausgleich für die Länder aus Vereinfachungs- ründen außerhalb dieses Gesetzes stattfinden. Bis zur zitierten Rechtsprechung des BGHs wurden ie Forderungen als Finanzvermögen angesehen und uch geltend gemacht; offen stehen noch Forderungen in öhe von etwa 5 Millionen Euro, die zumindest wirt- chaftlich dem Bund zustehen. Da die Existenz der Forderungen als solche nicht trittig ist, lediglich Unsicherheit hinsichtlich des Forde- ungsinhabers besteht, muss nicht zuletzt auch im Inte- esse der betroffenen Schuldner Klarheit hinsichtlich des läubigers geschaffen werden. Damit werden künftig icht nur Zahlungsverweigerungen, sondern auch Rück- orderungen vermieden werden. Art. 2 des AFRG bezieht sich auf die Behandlung der ltforderungen im Zusammenhang mit der Rückübertra- ung ursprünglich belasteter ehemaliger Unternehmens- rundstücke und stellt klar, dass trotz Untergang der rundpfandrechte die Forderungen – das Gesamtvolu- en wird mit etwa 6,5 Millionen Euro veranschlagt – eute noch bestehen und auch dann zu begleichen sind, enn die an sich vorgesehene Anrechnung im Entschä- igungsverfahren fehlschlägt. Ungleichbehandlungen bestehen derzeit, da Verbind- ichkeiten im Falle der Unternehmensschädigung nicht ei der Restitution der Vermögenswerte, sondern als Ab- ugsposten bei der Bemessung der Entschädigung be- ücksichtigt werden. Diese Anrechnung (Entschädigung Einheitswert des Unternehmens x 1,5–Grundstücks- ert zum Zeitpunkt der Rückübertragung–Verbindlich- eiten) schlägt aber regelmäßig wegen des hohen Grund- tückswertes fehl. Dies hat zur Konsequenz, dass die estitutionsberechtigten im Vergleich zu denjenigen, die ur auf eine Entschädigung verwiesen sind, unverhält- ismäßig bevorteilt werden. Sie erhalten nicht nur ein rundstück oder einen Teil davon zurück, sondern auch och lastenfrei. Indem durch Art. 2 ein Leistungsanspruch zugunsten er Gläubiger von Forderungen, deren Anrechnung fehl- chlägt, in Höhe dieses Fehlschlagens geschaffen wird, erden Ungleichbehandlungen ausgeschlossen, das vom esetzgeber Gewollte durchgesetzt. Es werden auch icht etwa neue Benachteiligungen eingeführt. Zum ei- en sind Doppelleistungen durch Anrechnung sowie urch Zahlung ausgeschlossen. Zum anderen wird, da ie ursprüngliche Forderung nach wie vor besteht, insbe- ondere der Wegfall der dinglichen Sicherung den Be- tand der Forderung nicht berührt hat, keineswegs ein usätzlicher Zahlungsanspruch geschaffen, sondern eine ereits vorhandene Zahlungsverpflichtung neu geregelt. Auch wenn dieses AFRG für den Entschädigungs- onds lediglich die rechtliche Grundlage schafft, Forde- ungen in relativ geringem Umfang geltend zu machen, o darf dies kein Grund sein, den Gesetzentwurf abzu- ehnen, zumal auch die Beseitigung von Ungleichbe- andlungen und die Schaffung von Rechtssicherheit ohe Werte darstellen, die als solche Gesetze rechtferti- en. 15070 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 160. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2005 (A) ) (B) ) Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Abziehbarkeit von Aufwendungen zur Altersvorsorge (Tagesor- dungspunkt 18) Horst Schild (SPD): Die Unionsfraktionen beab- sichtigen mit ihrem Antrag, die Abziehbarkeit von Auf- wendungen für die so genannte Rürup-Rente über den im AltEinkG gesteckten Rahmen auszuweiten. Sie fordern den § 10 Abs, 2 EStG so zu modifizieren, dass Beiträge zum Aufbau einer Rürup-Rente unabhän- gig davon abziehbar sind, an welchen Anbieter des Al- tersvorsorgeproduktes sie geleistet werden. Die SPD-Fraktion signalisiert ihre Diskussionsbereit- schaft gegenüber diesem Anliegen. Wir sagen aber deutlich, an den im Gesetz genannten Kriterien für die Rürup-Rente halten wir fest. Sie darf weiterhin nicht vererbbar, nicht übertragbar, nicht be- leihbar, nicht veräußerbar und nicht kapitalisierbar sein und keinen Anspruch auf Auszahlungen begründen. Wir sollten in der weiteren Beratung klären, ob aus Gründen der Wettbewerbsneutralität zwischen Versiche- rungs- und Investmentfondsanbietern die Auflage von Produkten zur Alterssicherung möglich ist, wenn der Ausschluss der Vererbbarkeit und die anderen in § 10 Abs. 1 Nr. 2 b EStG genannten Voraussetzungen vorlie- gen, Durch diesen Wettbewerb könnte Produktvielfalt und Preiswettbewerb für den Anlieger sichergestellt werden. Die Union stellt in ihrem Antrag fest: Der kapitalgedeckten privaten Altersvorsorge kommt angesichts der demographischen Entwick- lung in Deutschland eine immer größere Bedeutung zu. Mit dem Übergang zur nachgelagerten Besteue- rung im Rahmen des Alterseinkünftegesetzes sind erste Schritte in die richtige Richtung unternom- men, um die Attraktivität kapitalgedeckter privater Altersvorsorge zu erhöhen. Trotz dieser Feststellung haben sich CDU/CSU im Deutschen Bundestag bislang jeder politischen Mitver- antwortung bei den Entscheidungen dieses Hauses zur Einführung der kapitalgedeckten privaten Altersvor- sorge und zur Verbesserung der betrieblichen Altersvor- sorge entzogen. Nicht genug damit, haben sie in der Vergangenheit insbesondere gegen die neu geschaffenen Möglichkeiten der privaten kapitalgedeckten Altersvorsorge polemisiert und die Menschen verunsichert. Nach einer Anfang des Jahres veröffentlichten Umfrage des Instituts für Demo- skopie Allensbach haben 80 Prozent der Befragten bis- lang keine Kenntnis von der Rürup-Rente. Das muss sich ändern. Lassen Sie uns zukünftig gemeinsam dafür werben, dass sich die Situation im Interesse der Alters- vorsorge der Bürgerinnen und Bürger verbessert. a v h b ti n g s d h d w g s w k a S g b a te B k m e p E C „ T n V u tu s li z in d d z s A d h g D te m w N (C (D Klaus-Peter Flosbach (CDU/CSU): Mit der Ver- bschiedung des Alterseinkünftegesetzes wurde im ergangenen Jahr die einkommensteuerrechtliche Be- andlung von Altersvorsorgeaufwendungen und Alters- ezügen neu geordnet. Die CDU/CSU-Bundestagsfrak- on hat dem schrittweisen Übergang zu einer achgelagerten Besteuerung von Renteneinkünften zu- estimmt, da die Einzahlungen und Sparbeiträge für die pätere Rente ebenfalls in Stufen steuerfrei gestellt wur- en. Allerdings haben wir dem Gesetz in seiner Gesamt- eit nicht zugestimmt, weil insbesondere die private und ie betriebliche Altersvorsorge erhebliche Defizite auf- iesen. Heute geht es erneut um die Fragen, die auch im ver- angenen Jahr während der Debatte eine große Rolle pielten: Welche Altersvorsorgeprodukte können ge- ählt werden? Welche Beiträge für diese Altersvorsorge önnen steuerfrei eingezahlt werden? Die jetzige Regelung sieht so aus, dass nach der Ver- bschiedung des Alterseinkünftegesetzes auf der einen eite Beiträge zu den gesetzlichen Rentenversicherun- en, den landwirtschaftlichen Alterskassen sowie den erufsständischen Versorgungseinrichtungen und auf der nderen Seite Beiträge zum Aufbau einer kapitalgedeck- n Altersversorgung – so genannte Rürup-Rente oder asisrente – als Sonderausgaben abgezogen werden önnen. In der parlamentarischen Beratung haben wir uns da- als geeinigt. Während in dem ursprünglichen Gesetz- ntwurf nur Versicherungsprodukte als Altersvorsorge- rodukte zugelassen waren, wurde auf diese inschränkung entsprechend einer Forderung der CDU/ SU-Bundestagsfraktion verzichtet. Der Ausdruck Versicherungsunternehmen“ wurde deshalb aus dem ext herausgenommen und durch die neutrale Bezeich- ung „Verträge“ ersetzt. Der Wille des Gesetzgebers, die orschrift wettbewerbsneutral zu fassen, wurde damit mgesetzt. Damit sollte ein Wettbewerb um die leis- ngsfähigsten Finanzprodukte eröffnet werden. Voraus- etzung war die Garantie einer lebenslangen Rente. Nach Abschluss der Beratungen wurde ein handwerk- cher bzw. redaktioneller Fehler festgestellt. Denn be- üglich der steuerlichen Absetzbarkeit der Beiträge wird § 10 Abs. 2 Einkommensteuergesetz festgehalten, ass nur die Beiträge als begünstigt bezeichnet werden, ie an Versicherungsunternehmen geleistet werden. Mit dem Antrag der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ur Abziehbarkeit von Aufwendungen zur Altersvor- orge fordern wir nun, dass die Vorschrift des § 10 bs. 2 des Einkommensteuergesetzes so angepasst wird, ass die Beiträge zum Aufbau einer Rürup-Rente unab- ängig davon abziehbar sind, an welchen Anbieter sie eleistet werden. Angesichts der demographischen Entwicklung in eutschland kommt der kapitalgedeckten privaten Al- rsvorsorge eine immer größere Bedeutung zu. Deshalb uss um die Zustimmung der Verbraucher geworben erden und den Wünschen Rechnung getragen werden. icht alle Verbraucher wollen ihre private Altersvor- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 160. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2005 15071 (A) ) (B) ) sorge ausschließlich auf Versicherungsprodukte konzen- trieren. Erst die Streuung auf eine Vielzahl unterschiedli- cher Produkte ermöglicht ein Altersvorsorgevermögen mit gänzlich unterschiedlichem Risiko/Rendite-Profil. Die Finanzdienstleister müssen in einen Wettbewerb untereinander eintreten, in dem alle Qualitätsaspekte der Anlageprodukte auf dem Markt einander transparent ge- genübergestellt werden können. Dazu benötigen wir eine produktneutrale Definition der Altersvorsorgeinstru- mente und somit eine wettbewerbsneutrale Fassung des § 10 des Einkommensteuergesetzes. Erinnert sei in diesem Zusammenhang daran, dass die Steuervorteile für die Kapitallebensversicherung aufge- hoben wurden. In der Begründung betonte die Bundesre- gierung ausdrücklich, dass durch steuerliche Förderun- gen gegen das vom Gesetzgeber explizit genannte Ziel, Wettbewerbsbeschränkungen abzubauen, verstoßen werde. Eine Emnid-Umfrage für den Allgemeinen Wirt- schaftsdienst – AWD – vom Februar 2005 hat gezeigt, dass von 1 000 Befragten nur 20,7 Prozent der jetzigen Form der Rürup-Rente zustimmen. Insbesondere die mangelnde Vererbbarkeit und Beleihbarkeit und das Ver- bot der Kapitalisierbarkeit werden als Gründe genannt. Es ist deshalb wichtig, dass die Attraktivität einer priva- ten Altersvorsorge nicht zusätzlich durch Konzentration auf ein Versicherungsprodukt bzw. auf einen engen Leibrentenbegriff beschränkt wird. Das Ziel ist daher – so war es auch bei der Verab- schiedung des Alterseinkünftegesetzes formuliert –, eine steuerrechtliche Gleichbehandlung aller Altersvorsorge- produkte zu erreichen. Hierzu gehören zum Beispiel auch Fondssparpläne und Banksparpläne, welche eine Auszahlung des Kapitals gemäß den Vorgaben frühes- tens ab dem 60. Lebensjahr in Form von lebenslangen Auszahlplänen bzw. lebenslangen Renten vorsehen. Der mündige Verbraucher sollte gerade hier ermutigt wer- den, verschiedene Möglichkeiten der kapitalgedeckten Altersvorsorge abzuwägen, um die für seine persönliche Situation passende Form zu wählen. Die jetzige Be- schränkung der nachgelagerten Besteuerung auf einen engen Leibrentenbegriff ist nichts anderes als eine Be- vormundung der Bürgerinnen und Bürger. Es stehen dem auch keine haushaltspolitischen Gründe entgegen, da sich der persönliche Sonderausga- benabzug nicht erhöhen würde, sondern lediglich auf mehrere Anlageformen verteilt werden könnte. Zudem ist nicht einzusehen, dass bei der Riester- Rente, die ja gerade die reduzierten Renten aus der ge- setzlichen Rentenversicherung kompensieren soll, auf ein breites Anlagespektrum zurückgegriffen werden kann, während die Rürup-Rente den starken Einschrän- kungen auf Versicherungsprodukte unterliegen würde. Es ist auch nicht einsehbar, dass eine fondsgebundene Rentenversicherung, also ein Fondssparplan im Mantel eines Versicherungsvertrages, als Vorsorgeplan akzep- tiert wird, während einem Banksparplan oder In- vestmentsparplan die Anerkennung als Vorsorgeprodukt verwehrt wird. Alle Produkte müssen die lebenslange R g l f g s t d f K w v w t A z § s h g f t n v t B d s t b d g d b m s s v b E V T K a A v d l d V R (C (D ente garantieren und müssen deshalb entsprechend leich behandelt werden. Alle Vorsorgeprodukte unter- iegen den Bedingungen, dass der Anbieter eine Garantie ür das eingezahlte Kapital sowie eine lebenslange Rente ewährleistet. Die jetzige Gesetzeslage entspricht nicht dem ur- prünglichen Willen des Gesetzgebers. Der Steuerpflich- ige wählt nicht das passende Produkt, sondern entschei- et, welches Produkt steuerlich vorteilhafter ist. Dies ührt erneut zu Wettbewerbsverzerrungen. Die Begründung der nachgelagerten Besteuerung mit onzentration auf Leibrenten kann nicht nachvollzogen erden. Die damit verbundene Einschränkung der Sou- eränität der Bürger ist weder aus sozialen noch aus irtschaftlichen oder haushaltspolitischen Gründen ver- retbar. Carl-Ludwig Thiele (FDP): Mit diesem Antrag zur bziehbarkeit von Aufwendungen zur Altersvorsorge ielt die Fraktion der Union darauf, die Vorschrift des 10 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes so anzupas- en, dass Beiträge zum Aufbau einer Rürup-Rente unab- ängig davon abziehbar sind, an welchen Anbieter sie eleistet werden. Hierzu möchte ich zunächst für die Fraktion der FDP esthalten, dass wir es nach wie vor für einen fundamen- alen Fehler halten, dass die so genannte Rürup-Rente icht vererblich, nicht übertragbar, nicht beleihbar, nicht eräußerbar und nicht kapitalisierbar gestaltet ist. Frak- ionsübergreifend sind wir der Meinung, dass wir den ürgern die Empfehlung geben sollen, sich nicht nur auf ie Rente als einzige Einnahmequelle im Alter zu verlas- en. Wir müssen die Bürger auffordern, zusätzliche Al- ersvorsorge zu betreiben. Dies fällt derzeit naturgemäß esonders schwer, weil durch die Politik von Rot-Grün as verfügbare Einkommen der Menschen in den ver- angenen Jahren nicht nennenswert gestiegen ist. In der Praxis erleben wir insbesondere von Rot-Grün, ass dazu aufgefordert wird, private Altersvorsorge zu etreiben. In Wirklichkeit werden aber alle Instrumente, it denen dieses geschehen kann, erheblich einge- chränkt und in ihrer Attraktivität so weit reduziert, dass ie kaum noch Anreiz bieten, zusätzliche private Alters- orsorge zu betreiben. Dieses gilt zum Beispiel für neu abgeschlossene Le- ensversicherungsverträge ab 2005. Bislang waren die rträge aus den Lebensversicherungen steuerfrei. Für erträge ab dem 1. Januar 2005 werden wesentliche eile davon steuerpflichtig. Zudem hat die rot-grüne oalition gemeinsam mit der Union beschlossen, dass uf Lebensversicherungen und Betriebsrenten mit der uszahlung ab dem 1. Januar 2005 der volle Kranken- ersicherungsbeitrag gezahlt werden muss. Das heißt, ie angesparten Beträge werden einer zusätzlichen Be- astung unterzogen. Dieses schmälert die Attraktivität er Direktversicherungen und Betriebsrenten. Die auch von der Bundesregierung angesetzte Zahl an erträgen für zusätzliche Altersvorsorge durch die ürup-Rente wird bei weitem nicht erreicht. Dieses 15072 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 160. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2005 (A) ) (B) ) müsste für alle Fraktionen des Deutschen Bundestages Anlass dafür sein, dass das Konzept der zusätzlich priva- ten kapitalgedeckten Altersvorsorge grundsätzlich über- arbeitet und mit weiteren Anreizen versehen werden sollte. Mit diesem Antrag greift die Union eine Facette die- ses Komplexes heraus. Hiernach ist im § 10 Abs. 2 Nr. 2 a Einkommensteuergesetz festgelegt, dass Voraus- setzung für den Abzug der Beträge für Vorsorgeaufwen- dungen ist, dass sie „an Versicherungsunternehmen“ ge- leistet werden. Schon im Vorgriff auf die Beratungen im Finanzausschuss des Deutschen Bundestages bitte ich die Regierung um eine Stellungnahme, ob es sich bei dieser Regelung lediglich um ein redaktionelles Verse- hen handelt. Denn für diesen Fall haben wir die Mög- lichkeit, diese Regelung kurzfristig zu ändern. Für die FDP möchte ich vor der entsprechenden Bera- tung im Finanzausschuss schon feststellen, dass wir eine Förderung der privaten Altersvorsorge für zwingend not- wendig erachten. Unter diesem Gesichtspunkt werden wir auch die Beratungen im Finanzausschuss konstruktiv begleiten. Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Zweiten Ge- setzes zur Änderung des Pflanzenschutzgesetzes (Tagesordnungspunkt 19) Gustav Herzog (SPD): Wir beraten heute den Ge- setzentwurf der Bundesregierung zur zweiten Änderung des Pflanzenschutzgesetzes. Die wichtigsten Punkte, die wir ändern werden, lassen sich schnell auf den Punkt bringen: Es geht um eine vernünftige Regelung im Umgang mit parallelimportierten Pflanzenschutzmitteln – hier herrscht weitgehend Einvernehmen. Es geht um die Aufzeichnungspflicht bei der Anwen- dung von Pflanzenschutzmitteln – auch hier ein erstaun- lich weit reichendes Einvernehmen. Gut, die einen möchten den Forst ausklammern, da der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln dort verschwin- dend gering sein soll – doch seien wir mal ganz eifrig und sagen: Wenn dem tatsächlich so ist, dann ist doch auch der Aufzeichnungsaufwand verschwindend gering! Sollte es jedoch mal zu einer Anwendung kommen, dann handelt es sich beim Forst doch um ein ökologisch deut- lich sensibleres Gut als das Ackerland. Hier muss mit großer Sorgfalt herangegangen werden und eine zeitnahe Aufzeichnung kann den Handelnden durchaus helfen, sich die problematischen Zusammenhänge deutlicher vor Augen zu führen und auf diese Weise ihr Problembe- wusstsein weiter zu schärfen. Andere rufen nach Vereinfachungen für Kleinbe- triebe, die jedoch oft aufgrund der ihnen möglichen tech- nischen Ausstattung und wegen ihrer bloßen Vielzahl fast problematischer sind als Großbetriebe, und noch m z Ü d r a w P G s d d V U m t Z s u P w L e d s l W s ü i d r w g d a Z m g g W t A J t g ü r b (C (D al andere möchten die kommunale Anwendung einbe- iehen in die Aufzeichnungspflicht – was durchaus eine berlegung wert ist. In der Summe muss aber festgehalten werden, dass in iesem Punkt Einigkeit besteht. Wo besteht noch Einigkeit? Zum einen in der Gebüh- enregelung. In der vorläufigen Zulassung nach § 15c – uch hier Einigkeit. Was bleibt, ist natürlich die Uneinigkeit. Doch was äre das auch für ein Bild, wenn wir keine strittigen unkte hätten. Sonst wären Sie als Opposition im runde ja vollkommen überflüssig. Uneinigkeit besteht vor allem in zwei Punkten: Einer- eits in der Verlängerung von Übergangsfristen für wi- errufene Pflanzenschutzmittel. Das halte ich aus Grün- en der Gefahrenvorbeugung im Sinne des orsorgeprinzips für wenig sinnvoll. Andererseits steht die Einvernehmensregelung des mweltbundesamtes mal wieder in der Diskussion. Hier uss ich feststellen, dass trotz einiger Verbesserungen atsächlich nicht alles reibungslos läuft. Wir werden die usammenarbeit und die Arbeitsabläufe bei der Zulas- ung von Pflanzenschutzmitteln weiterhin aufmerksam nd kritisch beobachten. Ich bin sehr erfreut darüber, dass in den wichtigen unkten Einvernehmen besteht, denn in der Sache betten ir uns ein in eine Gesamtstrategie, die wir in unserem and und in Europa weiter nach vorne treiben. Nur um s noch einmal in Erinnerung zu rufen: In Europa wur- en im Jahr 2003 knapp 300 000 Tonnen aktive Wirk- ubstanz in Pflanzenschutzmitteln abgesetzt, in Deutsch- and 29 000 Tonnen. Das sind im Schnitt 1,7 Kilogramm irkstoff, die auf jeden Hektar deutscher landwirt- chaftlicher Nutzfläche verteilt werden. Wir alle wissen, ber welche Substanzen wir sprechen, und daher muss ch auch nicht betonen, dass der Umgang mit Substanzen ieser Art zu Recht reglementiert sein muss und Forde- ungen nach Lockerungen unverantwortlich sind. Vielmehr stellen wir nach wie vor fest, dass es immer ieder Verstöße gegen geltendes Pflanzenschutzrecht ibt, denn sonst dürften wir weder Rückstände im Pro- ukt noch in Gewässern oder Saumbiotopen finden. Sie lle wissen, diese Analysewerte sind unbestechliche eugen, und es ist an uns, diese Missstände auszuräu- en. Das breit abgestimmte und von der Praxis bereits an- enommene Reduktionsprogramm der Bundesregierung reift diesen Faden auf und wir müssen ihn in unseren ahlkreisen weiterspinnen. Das Prinzip „so viel wie nö- ig, so wenig wie möglich“ muss immer wieder an die nwenderbasis herangetragen und in den kommenden ahren weiterentwickelt werden. Eine künstliche Fron- enbildung ist hier vollkommen fehl am Platze, denn es eht schließlich um unser aller Umwelt. Schlagworte wie „Zwangsökologisierung“ schüren berflüssige Ressentiments, und, meine Damen und Her- en der Opposition, falls Sie es noch nicht bemerkt ha- en: Umweltsünder zu decken und die Schäden, soweit Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 160. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2005 15073 (A) ) (B) ) überhaupt möglich, auf Kosten der Gemeinschaft zu be- heben, führt uns nicht weiter. Wir setzen darauf, die Ökologisierung der Landwirt- schaft in die Horizontale zu bringen. Ihre ewige Schwarz-Weiß-Malerei bringt uns da kei- nen Zoll weiter. Ob bei Dioxin in Freilandeiern oder in der Grünen Gentechnik: Stets packen Sie die Wadenbei- ßer aus, die noch nicht gemerkt haben, dass die Zeit sie längst überholt hat. Minimierung von Schadstoffen ist keine Opferbrin- gung der Landwirtschaft mehr, sondern selbstverständ- lich und dauerhaft in den Berufsgeist integriert. Der überwiegende Großteil der Berufsständler weiß, dass ein Raubbau am eigenen Land und Gewässer zum eigenen Schaden beiträgt. Alle übrigen müssen mit Fortbildungs- programmen und gezielten Wissenstransfers von der Forschung in die Praxis noch überzeugt werden. Zur Orientierung und zumindest in den Mindeststandards der Gleichbehandlung wegen brauchen alle einen klaren ge- setzlichen Rahmen. Dieser soll natürlich auch europä- isch einheitlich sein. Das ist selbstredend und diese Bau- stellen werden stetig beschickt, um der europäischen Harmonisierung Schritt für Schritt näher zu kommen. Im Pflanzenschutzbereich haben wir mit der europäi- schen Vereinheitlichung der Rückstandshöchstmengen und der Marktbereinigung bei Wirkstoffen bereits viel erreicht. Wir sind auf dem richtigen Weg für die Land- wirtschaft, Verbraucher und unsere Umwelt. Begleiten Sie uns doch zur Abwechslung ein Stück, statt sich hin- ter Wadenbeißern und deren Scheinargumenten zu ver- stecken! Dr. Peter Jahr (CDU/CSU): Gestatten Sie mir eine Vorbemerkung. Ich freue mich immer wieder, wenn der Terminus „Pflanzenschutzmittel“ verwendet wird, ge- rade weil er den eigentlichen Verwendungszweck besser verdeutlicht. In Abwandlung eines bekannten Werbe- spruches könnte man sagen: Für den einen ist es Teufels- zeug, für den anderen eine wichtige Medizin. Und beides ist richtig. Denn eines wird in der hektischen Debatte schnell vergessen: Pflanzenschutzmittel wurden in erster Linie eingesetzt und entwickelt, um Pflanzen zu schützen und damit gesunde, reichhaltige Nahrungsmittel zu produzie- ren. Gleichzeitig müssen wir unerwünschte Nebenwir- kungen bekämpfen, wie zum Beispiel Einträge ins Grundwasser und die Problematik von Rückständen im Boden bzw. in Nahrungsmitteln. Beide Seiten muss man beachten. Gerade aus diesen Gründen unterstützt die CDU/ CSU-Bundestagsfraktion das Pflanzenschutz-Reduk- tionsprogramm, weil es vom Ansatz her richtig ist. Gleichzeitig weist meine Fraktion aber auch auf mindes- tens drei entscheidende Mängel hin. Da wäre erstens das Problem der ausufernden Bürokratie, ein Monster, das ständig neue Kinder bekommt. Zum zweiten sollten Sie, meine Damen und Herren von der SPD und von den Grünen, besonders bei diesem P P m n s s m t w s S m u s h B v P d s z S m t w n t f z t f u R a Z v c s d d d ü m b p s D k d f m i e (C (D rogramm Ihre ideologischen Scheuklappen entfernen. flanzenschutz-Reduktionsprogramm, das heißt für ich, die Wirkungen und Chancen der Grünen Gentech- ik auch hinsichtlich der Reduzierung von Pflanzen- chutzmitteln zu erforschen und zu erproben und nicht tändig die Verbotskeule zu schwenken. Zum dritten ein Appell an die Ministerin Künast und an den Minis- er Trittin: Hören Sie endlich auf, die deutschen Land- irte zu kriminalisieren und stampfen Sie Ihr Projekt der o genannten verdeckten Feldbeobachtung endlich ein! uchen Sie wieder die vertrauensvolle Zusammenarbeit it den Landwirten, die ausdrücklich dazu bereit sind nd das mehrfach angeboten haben! Beim Einsatz und der Produktion von Pflanzen- chutzmitteln haben wir in Deutschland ein anerkannt ohes Niveau. Mit der Vollendung des gemeinsamen innenmarktes ist die Harmonisierung der Zulassung on Pflanzenschutzmitteln eingeleitet worden. Für die flanzenschutzmittel ist dabei konkret festgelegt, dass ie Wirkstoffe von Pflanzenschutzmitteln auf Gemein- chaftsebene geprüft werden, die Zulassung der Pflan- enschutzmittel jedoch nach wie vor national erfolgt. omit wurde der freie Warenverkehr bei Pflanzenschutz- itteln nur eingeschränkt verwirklicht. Allerdings benö- igen importierte Pflanzenschutzmittel keine Zulassung, enn sie mit einem in diesem Mitgliederstaat zugelasse- en Mittel übereinstimmen. Aus dem einschlägigen Ur- eil des EuGH geht gleichzeitig hervor, dass ein verein- achtes Verfahren zur Feststellung der Übereinstimmung ulässig ist. Diese Probleme beim Import von Pflanzenschutzmit- eln werden vom vorliegenden Gesetzentwurf aufgegrif- en. Es werden Lösungsvorschläge formuliert. Die in diesem Bereich noch vorhandene Rechts- nsicherheit wegen des Fehlens von gesetzlichen egelungen muss behoben werden. Ansonsten wird das llgemein anerkannte deutsche Spitzenniveau bei der ulassung von Pflanzenschutzmitteln wegen der derzeit orhandenen Umgehungstatbestände konterkariert. Meine Fraktion bestätig ausdrücklich den grundsätzli- hen Handlungsbedarf, der mit dem vorliegenden Ge- etzentwurf aufgegriffen werden soll. Andererseits sieht ie CDU/CSU-Fraktion erheblichen Nachbesserungsbe- arf, der im zuständigen Ausschuss noch diskutiert wer- en muss. Dazu einige Beispiele. Erstens. Bei der Pflicht des Landwirtes, Aufzeichnungen ber eingesetzte Pflanzenschutzmittel zu führen – § 6 – üssen wir endlich Ordnung in das gesamte System ringen. Beispielsweise sollte die Dokumentationsart assfähig sein mit den Anforderungen, die sich aus den o genannten Cross-Compliance-Regelungen ergeben. aneben muss sichergestellt werden, dass sich diese Do- umentationspflichten zwingend am europäischen Stan- ard orientieren und nicht neue Wettbewerbsnachteile ür deutsche Landwirte schaffen. Zweitens. In § 7 wird geregelt, dass Pflanzenschutz- ittel, deren Anwendung durch Verordnung verboten st, nach dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz zu ntsorgen sind. Zu prüfen wäre, ob nicht eine generelle 15074 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 160. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2005 (A) ) (B) ) Rücknahmepflicht des Herstellers bzw. des Importeurs der bessere und sinnvollere Lösungsansatz wäre. Gleich- zeitig würden dann so genannte Stoßgeschäfte seitens des Herstellers bei Ablauf der Genehmigungsfrist ver- mieden. Drittens. In letzter Zeit ist die so genannte Einfuhr zum Eigenverbrauch durch gewerbliche Vermittler so professionalisiert, dass dadurch ein gesetzlich sanktio- nierter Umgehungstatbestand geschaffen wird. Durch die so genannten Abholfälle können deutsche Anwender einen bedeutenden Teil der zum Eigenverbrauch vorge- sehenen Pflanzenschutzmittel direkt vom Hersteller be- ziehen, ohne dass diese Mittel auf ihre Verkehrsfähigkeit überprüft werden müssen. § 16 des Gesetzentwurfes sollte in diesem Sinne eindeutiger formuliert werden. Viertens. § 16 scheint ohnehin der Gesetzesteil zu sein, mit dem wir uns im Ausschuss noch intensiv be- schäftigen müssen, und das mit folgenden Fragen: Was bedeutet eigentlich chemische Übereinstimmung der Beistoffe und des Formulierungstyps? Wie zwingend muss diese Übereinstimmung nachgewiesen werden? Ist die Formulierung hinsichtlich der Herstelleridentität aus- reichend oder wird hier das geistige Eigentum des Herstellers gefährdet? Warum wurde, im Gegensatz zu deutschen Herstellern, für Importprodukte eine Ausver- kaufsfrist bei Widerruf der Zulassung im Gesetzestext verankert? Auf welchen Verpackungseinheiten muss die sich wie die Kennzeichnungspflicht niederschlagen? Welche Geldbußen drohen bei Kennzeichnungsverstö- ßen? Insgesamt, so meine ich, sollte über die Genehmi- gungspraxis in der EU grundsätzlich diskutiert werden. Die Vorgaben zur Prüfung der Identität von parallel im- portierten Pflanzenschutzmitteln verdeutlicht einmal mehr die Notwendigkeit einer europäischen Zulassung, nicht nur für Pflanzenschutzwirkstoffe, sondern auch für Pflanzenschutzmittel. Beim Umgang mit Pflanzenschutzmitteln sollten wir stets auch folgendes Zitat des amerikanischen Dichters und Philosophen Ralph Waldo Emerson im Sinn haben, der uns schon im 19. Jahrhundert in die Stammbücher schrieb: Unkraut nennt man die Pflanzen, deren Vorzüge noch nicht erkannt worden sind. In diesem Sinne freue ich mich auf eine konstruktive Ausschussberatung. Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Die Debatte, die wir gestern im Ausschuss zum Thema Pflanzenschutzmittel geführt haben, hat mich schockiert! Die CDU/CSU hat offenbar die einfachsten Grundlagen noch immer nicht verstanden. Sie werfen al- les durcheinander, weil Sie bei keiner Vorlage mehr als die Überschrift lesen, und wenn sie so weiter machen, werden Sie uns in einer vernünftigen Pflanzenschutzpo- litik um Jahre zurückwerfen. Da erklärte zum Beispiel der Kollege Peter Jahr ges- tern allen Ernstes, Pflanzenschutzmittel seien keine G a z B a w g t h s Ä P D l U w b l a B b d d g t l g d s g a d o n k L i o d d s k d f v a D l v r v d n (C (D ifte. Herr Jahr, ich weiß nicht, ob wir uns hier wirklich uf einen Kenntnisstand von vor 30 Jahren zurückverset- en sollten. Pestizide, wie die wissenschaftlich korrekte ezeichnung für Pflanzenschutzmittel lautet, sind in den llermeisten Fällen hochgiftige Substanzen. Wir haben eltweit jährlich Tausende Fälle von Pestizidvergiftun- en. Sämtliche Fachleute sind sich heute einig, dass Pes- izide im Wasser und in der Nahrung nichts zu suchen aben, weil sie giftig sind. Wollen Sie das ernsthaft be- treiten, Herr Kollege Jahr? Absolut indiskutabel sind aber auch die andauernden ußerungen vom Kollegen Peter Bleser. Wir haben ein „Reduktionsprogramm chemischer flanzenschutz“ aufgelegt, das sich sehen lassen kann. ieses Programm ist hervorgegangen aus einem vorbild- ichen Dialog aller betroffenen Gruppen: Landwirtschaft, mweltschutz, Verbraucherschutz, Wissenschaft, Ver- altung und Politik. Über 60 Gruppen! Gemeinsam ha- en sie die Grundlagen für das Reduktionsprogramm ge- egt. Bei diesem Reduktionsprogramm geht es darum, an llen Stellschrauben zu drehen, um unter den gegebenen edingungen das Bestmögliche zu erreichen. Problem- ereiche identifizieren, Prozesse optimieren, Anwen- ungsfehler abstellen und die Anwendung von Pestizi- en auf das notwendige Mindestmaß reduzieren – darum eht es im Reduktionsprogramm. Ich halte dieses Reduk- ionsprogramm für einmalig und ich rechne es den Betei- igten hoch an, dass sie trotz aller Differenzen am Tisch eblieben sind und weiter zusammen am Tisch sitzen. Und dann kommen Sie, Herr Kollege Bleser, nach- em Sie diese Entwicklung zweieinhalb Jahre lang ver- chlafen haben, daher, erklären reflexartig, das Pro- ramm sei überflüssig und fordern die Bundesregierung uf – so wörtlich –: „Stoppt diesen Unsinn!“ Sie wollen as Reduktionsprogramm kaputtmachen, Herr Bleser, hne es überhaupt zu kennen! Damit machen Sie aber icht, wie Sie vielleicht meinen, ein Projekt der Grünen aputt, sondern ein einmaliges gemeinsames Projekt der andwirtschaft, der Industrie und des Umweltschutzes n Deutschland! Ein Wort noch zur so genannten verdeckten Feldbe- bachtung. Was die Sache betrifft, so haben wir uns zu em Verfahren von Anfang an eindeutig positioniert, em ist nichts hinzuzufügen. Es stellt sich allerdings chon die Frage, woher wir die notwendigen Daten be- ommen sollen, wenn die Länder sie nicht liefern. Denn iese Daten werden benötigt und die Länder müssen lie- ern. Bisher ist aber offenbar von den Ländern nicht sehr iel vorgelegt worden. Ich fordere daher die Opposition uf, hier und heute Vorschläge zu machen, woher die aten kommen sollen. Im Übrigen hoffe ich, dass Herr Bleser nicht öffent- ich wiederholen wird, was er im Ausschuss zum Einsatz on Jagdhunden gesagt hat, weil man das als Ermunte- ung zur körperlichen Gewalt gegenüber Kontrolleuren erstehen könnte. Vielmehr erwarte ich, dass er sich von iesen Äußerungen klar distanziert. Darüber werden wir och zu sprechen haben. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 160. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2005 15075 (A) ) (B) ) Das Zweite Gesetz zur Änderung des Pflanzenschutz- gesetzes, das wir heute erstmals beraten und über das wir dann im Ausschuss im Detail diskutieren können, ist ein weiterer Baustein in unserer Strategie für mehr Sicher- heit bei der Anwendung von Pestiziden. Wir regeln da- mit unter anderem den Umgang mit parallel importierten Pflanzenschutzmitteln und führen eine schlagbezogene Aufzeichnungspflicht ein. Beides dient der Verbesserung der Sicherheit im Umgang mit Pflanzenschutzmitteln. Die schlagbezogene Aufzeichnungspflicht wird uns in Zukunft bessere Auskunft über den Einsatz von Pflan- zenschutzmitteln geben. Sie von der Opposition haben das Pestizidproblem jahrelang liegen lassen. Wir von Rot-Grün versuchen, uns mit allen Betroffenen vernünftigen, selbstverant- wortlichen Lösungen zu nähern. Das ist moderne rot- grüne Agrar- und Verbraucherpolitik, um das Thema Pflanzenschutz aus der Schmuddelecke zu holen. Aber Sie machen weiterhin nichts als destruktive Bremserpo- litik. Wenn Politik ein Autorennen wäre, würden Sie von der CDU sich nur darauf konzentrieren, den Mitbewer- bern die Reifen zu zerstechen, anstatt schneller zu fah- ren! Dr. Christel Happach-Kasan (FDP): Chemischer Pflanzenschutz ist unverzichtbar. In den letzten Jahren ist ein sehr hohes Qualitätsniveau erreicht worden: Die Beeinträchtigung von Natur und Umwelt durch chemi- sche Pflanzenschutzmittel konnte kontinuierlich verrin- gert werden, in den Lebensmitteln sind zumeist keinerlei Rückstände nachweisbar. Der von der Senatsarbeits- gruppe „Qualitative Bewertung von Lebensmitteln aus alternativer und konventioneller Produktion“ vorgelegte Statusbericht 2003 hebt hervor: „Dass für die Gesund- heit des Menschen in erster Linie eine ausgewogene Er- nährung wichtig ist, also insgesamt eine geringere Ver- zehrsmenge und dabei weniger Fett und Fleisch, jedoch viel Gemüse und Obst“. Eine Schweizer Studie stellt fest: „Die Annahme, biologische Lebensmittel seien si- cherer und gesünder als herkömmlich hergestellte oder gentechnisch veränderte, konnte bisher wissenschaftlich nicht belegt werden.“ Damit wird deutlich, dass die Ver- fahren für die Zulassung chemischer Pflanzenschutzmit- tel sehr effektiv sind, die Landwirte sehr verantwortlich mit dem Einsatz dieser Mittel umgehen. Dennoch macht der Einsatz von Pflanzenschutzmit- teln Schlagzeilen, weil Verbände ihn zu problematisieren versuchen, ohne dafür sachlich nachvollziehbare Begründungen zu haben. Die Bundesregierung hat ein Pflanzenschutz-Minimierungsprogramm im Konsens mit allen beteiligten Verbänden auf den Weg gebracht. Dies ist auch aus Sicht der FDP eine gute Grundlage und der richtige Weg. Klar muss aber sein, dass nicht nach- träglich auf Druck von einzelnen Verbänden dieses Mit- einander zerstört wird. Extrempositionen wie die Fest- schreibung von Steuern auf Pflanzenschutzmittel oder das Festschreiben von Mengenzielen würden diesen ge- meinsamen Weg beenden. Ein entscheidendes Defizit des Reduktionsprogramms ist in jedem Fall, dass auf- g G M P B c u z r v c a V l S d P m w w tr te P in f li U f u A v b m F F W d G g l z U t D h k d r P l (C (D rund von ideologischen Blockaden die Chancen der rünen Gentechnik nicht zum Einsatz kommen, um alle öglichkeiten zur Verringerung der Anwendung von flanzenschutzmitteln zu nutzen. Das vom Umweltministerium betriebene Projekt der auernspione lehnt die FDP dagegen ab. Mit einem sol- hen Konfrontationskurs wird nichts für den Umwelt- nd Verbraucherschutz gewonnen, aber jede Menge Por- ellan zerschlagen. Insgesamt ist die Politik der Bundes- egierung scheinheilig. Auf der einen Seite fordert sie on den Betrieben, dass sie um Vertrauen der Verbrau- herinnen und Verbraucher werben sollen, und auf der nderen Seite trägt sie selbst dazu bei, das Vertrauen der erbraucherinnen und Verbraucher in die landwirtschaft- iche Produktion zu zerstören. Der vorliegende Gesetzentwurf muss an mehreren tellen nachgebessert werden. Der Gesetzentwurf macht einmal mehr deutlich, wie ringend eine europäische Zulassung nicht nur der flanzenwirkstoffe, sondern auch der Pflanzenschutz- ittel ist. Gäbe es diese, könnten wir uns verschiedene eitere komplizierte gesetzliche Regelwerke ersparen, ürden wir die Wettbewerbsbedingungen für unsere Be- iebe verbessern. Beim Import von Pflanzenschutzmit- ln muss sichergestellt sein, dass auch importierte flanzenschutzmittel die hohen Qualitätsanforderungen Deutschland erfüllen. Dafür ist ein Identitätsprüfver- ahren erforderlich, aber auch der Nachweis der Formu- erungsidentität. Da auch die Schutzgüter Natur und mwelt betroffen sind, darf es keine Sonderregelungen ür den Eigenverbrauch geben. Es ist bemerkenswert nd nicht begründbar, dass die Bundesregierung auf die ndrohung eines Bußgeldes verzichtet hat. Unbefriedigend gelöst ist ebenfalls die Entsorgung on Pflanzenschutzmitteln, für die ein Anwendungsver- ot besteht. Die im Gesetzentwurf geforderten vermehrten Doku- entationspflichten lehnt die FDP ab. Das sich in dieser orderung ausdrückende Misstrauen gegen Land- und orstwirte, gegen Gärtner und Winzer ist unbegründet. ir können im Gegenteil feststellen, dass entsprechend em Wasserwirtschaftsbericht der Bundesregierung im rundwasser nur noch punktuell Pflanzenschutzmittel efunden werden und in der Tendenz rückläufig sind. Dr. Gerald Thalheim (SPD): Die Bundesregierung egt heute das Zweite Gesetz zur Änderung des Pflan- enschutzgesetzes vor. Schwerpunkt des Gesetzes ist eine Regelung zum mgang mit parallel importierten Pflanzenschutzmit- eln, das heißt solchen Mitteln, die mit einem in eutschland zugelassenen Mittel übereinstimmen, ohne ier über eine eigene Zulassung zu verfügen. Bis jetzt enthält das deutsche Pflanzenschutzgesetz eine entsprechende Regelung, vielmehr stützt sich das eutsche Verfahren auf die Rechtsprechung der Ge- ichte. Danach waren Parallelimporte ohne vorherige rüfung frei verkehrsfähig. Dies erschwerte die Kontrol- en und führte in der Praxis zur Rechtsunsicherheit. 15076 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 160. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2005 (A) ) (B) ) Allerdings sind Parallelimporte entsprechend dem Grundsatz der Warenverkehrsfreiheit innerhalb der EU und der Rechtsprechung des EuGH grundsätzlich zuläs- sig. Die neue Regelung sieht nun vor, dass der Importeur vor dem In-Verkehr-Bringen seines Produktes einen An- trag beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Le- bensmittelsicherheit auf Feststellung der Verkehrsfähig- keit seines Produktes stellen muss. Bestätigt das Bundesamt aufgrund der vorgelegten Unterlagen und gegebenenfalls eigener Untersuchungen die Verkehrsfähigkeit, kann das Produkt vermarktet wer- den. Auf diese Weise wird einerseits Markttransparenz hergestellt und die Kontrollierbarkeit verbessert, ande- rerseits aber auch der Grundsatz der Warenverkehrsfrei- heit innerhalb der Europäischen Union beachtet. Des Weiteren wird jetzt die Aufzeichnungspflicht bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln in einem Be- trieb der Landwirtschaft, des Gartenbaus und der Forst- wirtschaft – die bisher schon in den Grundsätzen der gu- ten fachlichen Praxis vorgesehen war – im Gesetzestext selbst verankert. Damit wird ein Beitrag geleistet zur sachgerechten Anwendung von Pflanzenschutzmitteln, die Kontrollmöglichkeiten durch die zuständigen Behör- den werden verbessert. Vorgesehen ist außerdem eine Entsorgungspflicht für Pflanzenschutzmittel, deren Anwendung durch die Pflanzenschutzmittel-Anwendungsverordnung vollstän- dig verboten wurde. Durch solche Mittel können Schä- den entstehen, insbesondere wenn sie längere Zeit unsachgemäß gelagert werden. Dem soll mit der Veran- kerung der Entsorgungspflicht vorgebeugt werden. Als weitere Änderung ist die Regelung so genannter Vertriebsvereinbarungen vorgesehen. Das sind Verträge zwischen dem Zulassungsinhaber eines Pflanzenschutz- mittels und einem Lizenznehmer. Hier hatte es in der Praxis Unklarheiten über die richtige Kennzeichnung dieser Produkte und die Information der Zulassungsbe- hörde gegeben, die nun gesetzlich geregelt werden. Außerdem wird der § 37 in Anpassung an das EU- Recht erweitert. Dieser Paragraph legt einerseits fest, für welche Handlungen das Bundesamt für Verbraucher- schutz und Lebensmittelsicherheit Gebühren erhebt. An- dererseits ist er die Ermächtigungsgrundlage für eine Verordnung über den Umgang mit so genannten Nutzun- gen, die im integrierten Pflanzenschutz eine wichtige Rolle spielen. Ich bitte Sie um Ihre Zustimmung zu dem Gesetzent- wurf. Anlage 10 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Dreizehnten Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgeset- zes s w f h z w c u m w g V t k D l k d m t s S „ g g R d d d t N V m t „ g r W i v d v k h z e l B g d d B f c a (C (D Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD): „Was lange währt“, o beginnt ein nicht nur in der Politik geläufiges Sprich- ort. Nicht jeder langwierige Prozess endet zwangsläu- ig mit einem guten Ergebnis. Ich denke jedoch, dass wir eute in erster Lesung über einen Entwurf beraten, der u einem sehr guten Teil den Erfordernissen der Land- irtschaft, der Tierärzte und nicht zuletzt des Verbrau- herschutzes gerecht wird. Lassen Sie mich kurz zurückblicken auf einen langen nd nicht immer einfachen Diskussionsprozess: Von einem ersten Tag im Parlament an, also seit mittler- eile fast zweieinhalb Jahren, habe ich mich dafür ein- esetzt, dass die gesetzlichen Bestimmungen über den erkehr mit Tierarzneimitteln praxisorientiert überarbei- et werden. Nach anfänglichen sehr ermutigenden Dis- ussionen kam die ganze Angelegenheit ins Stocken. och jetzt sieht es wieder danach aus, dass wir schließ- ich doch noch zu einem guten und tragfähigen Ergebnis ommen. Als einer von nur zwei praktizierenden Tierärzten in iesem Hause kenne ich aus eigener Erfahrung – als un- ittelbar Rechtsunterworfener – die Schwächen des gel- enden Rechts. Diese wurden in der bisherigen Diskus- ion lang und breit erörtert. Daher will ich nur die tichworte „Rechtsunsicherheit bei den Fristen“ und Umwidmungskaskade“ herausgreifen. Auslegungsfra- en bei der Sieben-Tage-Frist wurden angemessen klar- estellt, die Umwidmungsregelungen wurden an EU- echt angepasst. Als Praktiker begrüße ich besonders ie Aufhebung des unsinnigen Umpackverbots wie auch ie Erleichterung des Bezugs von Medikamenten aus em Ausland und die neu geschaffene Möglichkeit, eine ierärztliche Hausapotheke an den Nachfolger oder die achfolgerin zu übergeben. Auch glaube ich, dass die erbesserung der Überwachung von Fütterungsarznei- itteln dringend notwendig war. Wir sind also auf etlichen Problemfeldern zu vernünf- igen und praktikablen Lösungen gekommen. Wenn ich wir“ sage, dann meine ich ausdrücklich alle am bisheri- en Gesetzgebungsprozess Beteiligten: Bundesregie- ung, Bundesrat und wir Fachpolitiker aller Fraktionen. enn man dieser Tage so viele Klagen über Blockaden n der Politik hört, so kann die Debatte über die 13. No- elle des Arzneimittelgesetzes als gutes Gegenbeispiel ienen: Die Bundesregierung hat einen guten Entwurf orgelegt, von Seiten des Bundesrates kam eine sach- undige und zielführende Stellungnahme. Die darin ent- altenen Vorschläge und Ergänzungswünsche stießen um allergrößten Teil auf Anerkennung, und jetzt ist erst inmal der Bundestag an der Reihe, um dem Gesetz den etzten Schliff zu geben. Es ist gut, dass beide Seiten, undesregierung und Länder, sehr weit aufeinander zu- egangen sind. Dafür möchte ich schon jetzt von Herzen anken. Ich kann nicht verhehlen, dass ich mich etwas arüber gewundert habe, wie schnell man seitens des undesrates davon abgerückt ist, die Sieben-Tage-Frist ür die systemisch wirkenden Antibiotika komplett strei- hen zu wollen, aber ich begrüße diesen Sinneswandel usdrücklich. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 160. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2005 15077 (A) ) (B) ) Es wäre freilich verfrüht, zu vermelden, dass alle Pro- bleme gelöst, alle offenen Fragen geklärt sind. Zunächst einmal sei hier von der noch zu errichtenden Sachver- ständigenkommission zu sprechen, die Leitlinien für die Anwendung von Antibiotika entwickeln und diese per- manent nach dem neuesten Stand der tiermedizinischen Wissenschaft weiterentwickeln soll. Dieser Ansatz ist im Prinzip zweifelsohne zu begrüßen – dynamische Leitli- nien sind in meinen Augen ein guter Ersatz für statische, nur in langwierigen Verfahren veränderbare Indikatio- nenlisten. Wir alle kennen den Verordnungsweg. Zwi- schen Erkenntnis und Verordnung könnten etliche Tiere, die man ohne weiteres hätte behandeln können, ein trau- riges Ende gefunden haben. Wie dieses Gremium mit dem sperrigen Namen Tierarzneimittelanwendungskommission am Ende aus- sehen wird, wie sich seine praktische Arbeit darstellen wird, ist noch nicht abschließend geklärt. Dem entspre- chenden Verordnungsentwurf, der meiner Meinung nach vor der zweiten und dritten Lesung vorliegen muss, sehe ich mit großer Spannung entgegen. Ich gehe davon aus, dass die Seite der Praktiker bei der Zusammensetzung angemessen berücksichtigt wird. Die bisher veran- schlagten Haushaltsmittel von 7 000 Euro halte ich je- doch – bei aller Ausgabendisziplin – für sehr knapp be- messen. Ein Thema, das in der Diskussion lange Zeit eine große Rolle spielte, ist die Frage der Definition der tier- ärztlichen Bestandsbetreuung. Diese findet sich im vor- liegenden Entwurf ebenso wenig wieder wie in der Stel- lungnahme des Bundesrates, und das aus gutem Grund. Meiner Meinung nach kann das Arzneimittelgesetz diese Frage auch gar nicht regeln. Eine gesetzliche Regelung ist jedoch immer noch dringend und zwingend erforder- lich. Nach wie vor unbefriedigend ist, dass es an einer Un- terscheidung zwischen Lebensmittel liefernden Tieren und reinen Gesellschafts- und Sporttieren mangelt. Eine klare Abgrenzung nach Gattungen ist nicht möglich. Ich verweise nur auf Kaninchen und Pferde. Für letztere gibt es in Deutschland den Equidenpass, der jedoch jenseits unserer Grenzen – bei der Schlachtung in Frankreich oder Belgien – keinerlei Bedeutung hat. Hier ist die Bun- desregierung aufgefordert, sich auf Europäischer Ebene im Sinne des internationalen Verbraucherschutzes für eine Kennzeichnungsverordnung einzusetzen. Ein guter Teil des langen Weges hin zu praxistaugli- chen nationalen gesetzlichen Bestimmungen über den Verkehr mit Tierarzneimitteln liegt hinter uns, über das weitere Vorgehen wird im Ausschuss zu beraten sein. Ich persönlich stehe dem Gedanken einer Länderanhörung aufgeschlossen gegenüber, um den bisher so gedeihli- chen und konstruktiven Dialog bis zum Schluss auf- rechtzuerhalten. In jedem Falle bin ich sicher, dass wir schon bald dem eingangs gesagten „was lange währt“ seinen wohlverdienten Schlussteil anfügen. Peter Bleser (CDU/CSU): Der jetzt vorgelegte Ge- setzentwurf ist wenigstens ein kleiner Fortschritt im S B A t L v g g i e f L d r v d w w z L A g w d r z g n a k g c i A j m m F w P s w s d i r i b d w A s g (C (D inne des Tier- und Verbraucherschutzes. Damit hat die undesregierung ihre Fehlleistung beim jetzt geltenden rzneimittelgesetz von 2002 zumindest in einigen Punk- en eingestanden. Nur der Druck der Tierärzteschaft, der andwirtschaft vertreten durch den Bauernverband, aber or allem der CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat Bewe- ung in diese, an der Praxis vorbei gehenden Regelun- en gebracht. Es gehört aber auch zu den angenehmen Erfahrungen n diesem Parlament, dass sich die zuständigen Bericht- rstatter aller Fraktionen übereinstimmend für eine Re- orm das Arzneimittelgesetzes ausgesprochen haben. eider ist die Dokumentation dieses einstimmigen Än- erungswunsches in Form eines Briefes an die Bundes- egierung auf Druck derselben auf die Berichterstatter on Rot-Grün nicht zustande gekommen. Der Entwurf es Briefes, in dem die Änderungswünsche aufgeführt aren, war aber bei allen Beteiligten unstrittig. Teile dieser Wünsche sind in dem neuen Gesetzent- urf dankenswerter Weise umgesetzt worden. Hierzu ählen: die Möglichkeit, im Therapienotstand auch für ebensmittel liefernde Tiere Arzneimittel in öffentlichen potheken herstellen zu lassen; die Aufhebung des Ab- abeverbots für umgewidmete Arzneimittel; die Um- andlung der Genehmigungs- in eine Anzeigepflicht bei er Einfuhr von Arzneimitteln; die leichte Flexibilisie- ung von nicht antimikrobiell wirksamen Stoffen auf bis u 31 Tage. Den Kern der Kritik an der bestehenden Gesetzeslage reift jedoch auch der jetzt vorliegende Gesetzentwurf icht auf. Frau Künast hat die Aufbewahrungsfrist von ntibiotisch wirkenden Arzneimitteln zum Dogma er- lärt. Damit ignoriert sie hartnäckig die Praxiserfahrun- en sowohl der Tierärzte, als auch der landwirtschaftli- hen Betriebe. Zwar erkennt sie in ihrem Gesetzentwurf n dem Bereich Handlungsbedarf an – sie hat deshalb die bgabefrist auf bis zu 31Tage ausgedehnt –, diese soll edoch nur unter den Leitlinien die durch eine Tierarznei- ittelanwendungskommission definiert werden sollen, öglich werden. Kurz: Sie misstraut der tierärztlichen achkompetenz und verhindert damit, dass die neuesten issenschaftlich-technischen Erkenntnisse schnell in der raxis eingeführt werden können. Hauptkritikpunkt unsererseits ist jedoch, dass mit die- er Fristenregelung der Medikamenteneinsatz keines- egs verringert wird, sondern im Gegenteil das wirt- chaftliche Interesse zur Abgabe von Medikamenten urch Tierärzte eher dominiert. In den letzten Jahren hat sich herausgestellt, dass es m Interesse der Verbesserung der Tiergesundheit, ge- ade in landwirtschaftlichen Tierbeständen, sinnvoller st, stärker die Beratungsleistung von Tierärzten zur Ver- esserung der Bestandsgesundheit zu nutzen. Somit ient die Bindung von Medikamentenabgaben an land- irtschaftliche Betriebe unter der Voraussetzung der ufstellung eines Behandlungsplanes oder dem Ab- chluss einer Betreuungsvereinbarung, gleich mehreren ewünschten, politische Zielsetzungen: 15078 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 160. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2005 (A) ) (B) ) Erstens. Eine zeitnahe und damit für das Tier schmerzmindernde Behandlung ist unter diesen Bedin- gungen auch in kleinen Betrieben zeitnah möglich. Zweitens. Durch den Abschluss einer Betreuungsver- einbarung oder die Erstellung eines Behandlungsplanes ist der Tierarzt bei der Abgabe von Medikamenten und deren Verwendung mit verantwortlich. Drittens. Die jetzt schon in landwirtschaftlichen Be- trieben sinnvolle und notwendige Dokumentation so- wohl des Bezuges als auch des Einsatzes von Medika- menten gewinnt erheblich an Glaubwürdigkeit. Viertens. Die Nachteile insbesondere der Landwirt- schaft in den westlichen Bundesländern, wo der Tierarzt- besuch in der Regel nicht im Sieben-Tage-Rhythmus stattfindet, würden gegenüber der großstrukturierten Landwirtschaft in den neuen Bundesländern, wo in vie- len Fällen ein eigener Tierarzt beschäftigt wird, ausge- glichen. Aus dem letzten Grund appelliere ich gerade an die neuen Bundesländer, auch an die CDU-geführten, sich in dieser Frage mit den Bundesländern mit einer kleiner strukturierten Landwirtschaft solidarisch zu erklären. Darüber hinaus kündigen wir Ihnen schon jetzt an, dass wir zum Arzneimittelgesetz eine weitere öffentliche An- hörung beantragen werden. Wir geben die Hoffnung nicht auf, dass Sie sich der Meinung der Fachleute nicht länger verschließen können. Ich appelliere an die Bun- desregierung und die sie tragende Koalition, den Argu- menten des Verbraucher- und Tierschutzes, des Bauern- verbandes und der Tierärzte zu folgen, und bei den jetzt anstehenden Ausschussberatungen auch dem letzten noch strittigen Punkt, nämlich der Abschaffung der Sie- ben-Tage-Regelung, zu entsprechen. Nur wenn dieses Ziel erreicht ist, werden CDU und CSU diesem Gesetz die Zustimmung geben können. Julia Klöckner (CDU): Wir befassen uns heute zum vierten Mal in diesem Plenum mit der Novelle des Tier- arzneimittelrechtes. Intensive Beratungen sind im Zu- sammenhang mit dieser wichtigen Materie auch tun- lichst angeraten; denn ich kann mich der Annahme nicht verwehren, dass der eine oder andere Beteiligte den Sachzusammenhang noch nicht ganz verstanden hat. Zu- gegeben, die infrage stehenden Normen sind durchaus komplex und bewegen sich auf der Schnittstelle zwi- schen veterinärmedizinischem Sachverstand, juristischer Finesse und ganz handfester Praxisarbeit im landwirt- schaftlichen Alltag. Lassen Sie mich deshalb noch ein- mal auf die Notwendigkeit eingehen, das geltende Tier- arzneimittelgesetz zu überarbeiten. Bislang nämlich sind wir im Sinne der Tierärzte, der Tierhalter, der Verbrau- cher und der Tiere selbst noch keinen wirklich großen Schritt weitergekommen. Nach langem Zögern hat es die Bundesregierung mitt- lerweile endlich geschafft, einen Gesetzentwurf vorzule- gen. Zu diesem Etappenerfolg darf ich die Bundesregie- rung erst einmal recht herzlich beglückwünschen. Leider ist ihr Entwurf eher das Ergebnis zögerlicher Flickschus- terei. J k z R v h A R d r h c s D b m w r w w l b w P h s m g T k l n e s x v I f s d w u m T T a G c l e n o K d (C (D Wir haben in der CDU/CSU-Fraktion schon vor zwei ahren die Erarbeitung einer sachgerechten und prakti- ablen Lösung im Sinne des Verbraucher- und Tierschut- es angemahnt. Leider hat es sehr lange gedauert, bis die egierung tätig wurde. Als wir uns im Plenum bei der ergangenen Debatte mit diesem Thema befasst haben, abe ich bereits eine schlimme Vorahnung geäußert: bgesehen von redaktionellen Änderungen würde der egierungsentwurf wohl eher an den Symptomen herum- oktern, als eine tatsächliche und umfassende Novellie- ung des Tierarzneimittelrechtes anzupacken. Fest steht: Die vorrangigen Ziele, denen wir uns auch eute noch verpflichtet sehen – ein verbesserter Verbrau- her- und Tierschutz –, sind mit dem Tierarzneimittelge- etz in seiner jetzigen Form nicht wirklich zu erreichen. ie Folgen: Rechtsunsicherheit, kaum zumutbare Mehr- elastungen für Tierärzte und -halter und allem voran angelnder Tierschutz. Also muss das Gesetz verändert erden, und zwar richtig und umfassend. Nun werfen wir einen Blick in den aktuellen Regie- ungsentwurf und müssen mit Erstaunen feststellen: Das, orüber wir die ganze Zeit geredet haben, der einzige irkliche Knackpunkt und Auslöser der ganzen Novel- ierungsdebatte, nämlich die Sieben-Tage-Regelung, ist einahe unverändert übernommen worden. Ist es das, as Sie unter einer Novellierung verstehen? Die Sieben-Tage-Regelung stellt aber das zentrale roblem der bestehenden Rechtslage dar. Welche Krank- eit hält sich an eine willkürliche Vorgabe von ieben Tagen? Bei der Abgabe eines Arzneimittels für ehr als sieben Tage verstößt der Tierarzt derzeit gegen eltendes Recht. Um dies zu verhindern, müsste der ierarzt jedem kranken Tier einen persönlichen Kran- enbesuch abstatten und eine Diagnose mit Behand- ungsanweisung aussprechen, bevor der Tierhalter die ötige Behandlung durchführen darf. Ich betone nochmals ausdrücklich: Es geht nicht um ine ersatzlose Streichung der Sieben-Tage-Regelung, ondern um ein praxisnahes alternatives Modell: Fle- ible tierärztliche Behandlungspläne oder die Aufnahme on Behandlungsplänen sind beispielsweise geeignete nstrumente. Eine reine Veränderung der zeitlichen An- orderungen wäre sicherlich nicht akzeptabel, da eine tarre Frist, von welcher Länge auch immer, der Vielfalt er Tiererkrankungen und deren Verläufen nicht gerecht erden kann. Ich darf in diesem Zusammenhang an nseren Antrag erinnern. Dieser steht für ein Tierarznei- ittelgesetz, das mehr Verbraucherschutz bringt, ohne ierquälerei zu verursachen und ohne Landwirten und ierärzten ein bürokratisches Überwachungsmonstrum ufzuhalsen, und das die Beteiligten aus der rechtlichen rauzone herausholt. Da wir gerade von bürokratischen Ungetümen spre- hen. Eine der wesentlichen Leistungen des jetzt vorge- egten Regierungsentwurfes ist die geplante Schaffung iner Tierarzneimittelanwendungskommission. Ganz ach Belieben der Regierung zusammengesetzt und hne Beteiligung der Länder – ein Meisterstück dreister ompetenzverschiebung. Denn die Kommission wird urch Rechtsverordnung ohne Beteiligung des Bundes- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 160. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2005 15079 (A) ) (B) ) rates eingesetzt. Da hilft es wenig, dass bei der Arbeit der Kommission der Bundesrat dann doch wieder ins Boot soll. Ziel der Kommission kann nur die Fortschrei- bung der Antibiotikaleitlinien sein. Dazu ist dieses Gre- mium aber nicht das geeignete Instrument. Schon gar nicht, wenn es mit den von der Bundesregierung vorge- sehenen Finanzmitteln ausgestattet ist. Von 7 000 Euro lässt sich die Arbeit von Experten jedenfalls nicht bezah- len. Ich bin mir ganz sicher, dass die Ministerialbeamten da nicht anders denken. Man muss sich vergegenwärti- gen, dass die Kommission etliche Mitglieder haben wird, die zu den regelmäßigen Sitzungen reisen müssten. Der von der Bundesregierung vorgesehene Betrag würde nicht einmal annähernd die Reisekosten decken, ge- schweige denn eine sachgerechte inhaltliche Arbeit von hoch dotierten Experten ermöglichen. Doch ich will mich nicht in Kritik allein versteigen, schließlich geht es uns um die Sache. Lassen Sie uns mit vereinten Kräften nach Gemeinsamkeiten und wirklich praktikablen Lösungsansätzen suchen. Lob verdient der von uns seit Anbeginn und im CDU/CSU-Antrag aus- drücklich formulierte Vorstoß, den Tierärzten das Um- füllen von Arzneimitteln aus fertigen Gebinden und fachgerechte Neuverpacken zu ermöglichen, um eine be- darfsgerechte Abgabe von Tierarzneimitteln zu gewähr- leisten. Es kann nicht sein, dass riesige angebrochene Packungen zu einem ökonomischen und ökologischen Problem der Tierhalter werden. Positiv anzumerken ist auch der zu Beginn noch in den Verhandlungen immer wieder propagierte Vorschlag einer Indikationenliste. Dass die Regierung auch hier auf eine der vielen For- derungen von unserer Seite eingegangen ist, verdient Anerkennung. Auch die Anpassung der Umwidmungs- kaskade an europäisches Recht und die Abschaffung des Abgabeverbotes für umgewidmete Arzneimittel halten wir für den richtigen Weg. Derart konstruktive Vorschläge gilt es aufzugreifen und in einen neuen Gesetzentwurf einzuarbeiten. Die Beteiligten, allen voran die Tierärzte und Landwirte, ste- hen für die Umgestaltung nach wie vor zur Verfügung. Daher regen wir – gemeinsam mit unseren Oppositions- kollegen von der FDP – an, die Novelle im Rahmen ei- ner Expertenanhörung im Ausschuss noch einmal der Beratung der tatsächlich Betroffenen zuzuführen. Ich bin zuversichtlich, dass meine Kollegen im Ausschuss eine erneute Anhörung der Verbände fraktionsübergreifend mittragen werden. Das Thema ist einfach zu wichtig, um es parteipoliti- schem Kalkül zu opfern. Dankenswerterweise hatte sich ein gemeinsamer Wille ja unter den Kollegen im Aus- schuss bereits im vergangenen Jahr gezeigt, als sich die Berichterstatter aller Fraktionen auf ein gemeinsames Schreiben an Ministerin Künast geeinigt hatten und um Hilfe bei der Formulierung eines fraktionsübergreifen- den Gesetzesantrages aus der Mitte des Parlaments ba- ten. Dass dies von Ministerin Künast damals nicht ge- wollt war und den Grünen die Mitarbeit untersagt wurde, ist hinlänglich bekannt. Lassen Sie uns nun gemeinsam diese Chance wieder aufgreifen und auf eine wirklich sachgerechte und praktikable Lösung im Sinne des Ver- braucher- und Tierschutzes hinarbeiten. Der jetzt vorge- l d N d w u N m 2 A g S E w A d S r s b H W s s D ä w r d l l h b S h t B G R w s w v v te d a d a Z d o w a h (C (D egte Gesetzentwurf ist so noch nicht tragbar und wird en Problemen in der Praxis nicht umfassend gerecht. och haben wir Gelegenheit, eine wirkliche Novelle auf en Weg zu bringen, die uns in der Anwendungspraxis eiterbringt und einen gesteigerten Verbraucherschutz nd Tierschutz garantiert. Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- EN): Worum geht es bei dieser 13. Novelle des Arznei- ittelgesetzes, die wir heute beraten? Mit dem im Jahr 002 in Kraft getretenen 11. Gesetz zur Änderung des rzneimittelgesetzes wurden neue Regeln für den Um- ang mit Tierarzneimitteln aufgestellt. Ziel war es, im inne des Gesundheits- und Verbraucherschutzes den insatz von Tierarzneimittein auf ein therapeutisch not- endiges Mindestmaß zu reduzieren und dadurch die usbreitung von Antibiotikaresistenzen zu vermeiden, ie Qualität von Tierarzneimitteln zu verbessern und die icherheit im Tierarzneimittelverkehr zu erhöhen. Erfah- ungen mit der Anwendung und dem Vollzug der Vor- chriften dieses Gesetzes haben inzwischen gezeigt, dass ei einigen Regelungen offenbar Anpassungsbedarf im inblick auf die Anwendbarkeit in der Praxis besteht. ir haben uns im Verbraucherausschuss frühzeitig die- er Probleme angenommen und ich glaube für uns alle agen zu können, dass wir einen langen und intensiven iskussionsprozess hinter uns haben. Wir sind auf die Kritik des Bundesrates und der Tier- rzte eingegangen, wir haben Anhörungen durchgeführt, ir haben eine interfraktionelle Arbeitsgruppe einge- ichtet. Wir mussten allerdings auch feststellen, dass sich ie Tierärzteschaft als besonders betroffene gesellschaft- iche Gruppe offenbar in der Bewertung des Gesetzes al- es andere als einig ist. Und auch der Bundesrat vertritt eute eine etwas andere Meinung als vor einem Jahr. Wir egrüßen das. Insbesondere die ursprünglich von vielen eiten als praxisfremd kritisierte Sieben-Tage-Regelung at sich offenbar inzwischen als wesentlich unproblema- ischer erwiesen, als zunächst behauptet. So schreibt der undesrat in seiner Stellungnahme zum vorliegenden esetzentwurf: „Bei der Umsetzung der Sieben-Tage- egelung für Antibiotika wurden keine konkret nach- eisbaren Probleme in der tierärztlichen Praxis festge- tellt …“ Ich denke, dass damit die dickste Kuh vom Eis ist und ir zu einer zügigen Verabschiedung der 13. AMG-No- elle kommen können. Wir haben ansonsten eine Reihe on Änderungen vorgenommen, die der Praxis Erleich- rungen bringen, etwa bei der Abgabe von Teilmengen, er Anpassung der so genannten Umwidmungskaskade n die EU-Richtlinie 2004/28/EG oder der Aufhebung es Abgabeverbotes umgewidmeter Arzneimittel. Was die zu bildende Sachverständigenkommission ngeht, so brauchen wir uns an dieser Stelle über deren usammensetzung den Kopf nicht zu zerbrechen, da iese ohnehin erst durch eine nachfolgende Rechtsver- rdnung festgesetzt werden wird. Ich denke, die lange und schwierige Diskussion, die ir um diese 13. AMG-Novelle geführt haben, sollte uns llen eine Warnung sein, die jetzt gefundene weitge- ende Einigkeit mit den Ländern nicht wieder infrage zu 15080 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 160. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2005 (A) ) (B) ) stellen. Ich glaube, wir haben jetzt den Punkt erreicht, wo wir sagen sollten: Jetzt machen wir den Sack zu! Die Praxis braucht vor allem eines: Rechtssicherheit. Daher: Die praxisuntauglichste aller Regelungen ist die, die nicht beschlossen wird! Hans-Michael Goldmann (FDP): Der Entwurf ei- nes 13. Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes weist sicherlich eine ganze Reihe von Verbesserungen auf. Nach wie vor ist er aber geprägt von Misstrauen ge- genüber den gute fachliche Praxis anwendenden Tierärz- ten und auch den Bauern. Die 13. AMG-Novelle legt denn Fachmann, dem Tierarzt, nach wie vor unnötige Fesseln an, wenn es da- rum geht, Krankheiten zu vermeiden oder die Gesund- heit eines Tieres wiederherzustellen. Die 13. Änderung des Arzneimittelgesetzes hat viel zu wenig den Grundge- danken verinnerlicht, dass die stärkste Triebfeder für je- den Tierarzt die Gesunderhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit der Tiere ist. Dieser Grundsatz gilt beim Erlernen und der fachgerechten Ausübung des Berufes. Diese grundsätzliche Kritik wird auch nicht durch eine Reihe von verbessernden Neuregelungen korrigiert, die in der 13. AMG-Novelle zum Tragen kommen: Weg- fall der Indikationsliste, Erleichterung der Abgabe von Teilmengen, sofern eine Qualitätsminderung nicht zu be- fürchten ist, Anpassung der Umwidmungskaskade an europäisches Gesetz – obwohl auch hier noch weitere Schritte hätten gegangen werden können –, Abschaffung des Abgabeverbotes für geöffnete Arzneimittel. Aus Sicht der FDP sind zwei Punkte dringend ände- rungsbedürftig. Erstens die Sieben-Tage-Regelung: Hier wurden durch die Begrenzung der Sieben-Tage-Frist auf die Abgabe von Antibiotika und der Klarstellung, dass eine persönliche Untersuchung der Tiere durch den Tier- arzt im Falle einer Weiterbehandlung nicht immer not- wendig ist, zwar Fortschritte erzielt. Die FDP hält aber die vom Bundesverband praktizierender Tierärzte vorge- schlagene Regelung zur Bindung der verlängerten Ab- gabe von Antibiotika an die Erstellung eines Behand- lungsplanes nach wie vor für sachgerechter. Ein solcher Behandlungsplan könnte durch Einbindung der Tierärzte und Landwirte sowie durch eine fachliche Überwachung einen erheblichen Beitrag zur Transparenz des Tierarz- neimittelverkehrs leisten. Zweitens die Tierarzneimittelanwendungskommis- sion: Die FDP schlägt vor, aus fachlicher Sicht dieses Wort zum Unwort des Jahres zu erklären. Im derzeitigen Entwurf soll die Kommission nämlich im Wesentlichen mit der Aufgabe betraut werden, die Antibiotika-Leitli- nien fortzuschreiben. Wir sind davon überzeugt, dass eine Sachverständigenkommission, die per Gesetz oder Verordnung alle am Tierarzneimittelverkehr Beteiligten paritätisch berücksichtigen muss, eine solch wichtige Fragestellung nicht zielführend wird lösen können. Die FDP hält diese Kommission für absolut entbehrlich. Die Fortschreibung der Antibiotika-Leitlinien ist eine wissenschaftliche Aufgabe. Sie muss nach Auffassung der FDP durch die entsprechenden wissenschaftlichen Fachgesellschaften erfolgen. Dies wäre im Falle der Ve- t s e h w l m d k T m K D R a d d b T m L T s t s d L T d r G U t m k B r t T d E w d g g s d A s W t (C (D erinärmedizin die Deutsche Veterinärmedizinische Ge- ellschaft (DVG). In dieser Fachgesellschaft ist in allen inzelnen Fachgruppen der notwendige Sachverstand ervorragend versammelt, um die Leitlinien sinnvoll eiterzuentwickeln. Solche Leitlinien können einen wichtigen Beitrag eisten, Antibiotika noch zielgerichteter einzusetzen. Da- it würden sie der fachlichen Fort- und Weiterbildung er Anwender dienen. Sie brauchen aber ganz sicherlich einen Gesetzesrahmen. Wie wenig ernst selbst die Bundesregierung diese ierarzneimittelanwendungskommision nimmt, kann an schon aus den Mittelbereitstellungen für diese ommission ersehen: 7 000 Euro pro Jahr sind ein Witz. enn diese Summe könnte bestenfalls einen Teil der eisekosten für möglicherweise zwei Sitzungen pro Jahr bdecken. Eine personelle Betreuung durch das zustän- ige Ministerium oder eine Bundesoberbehörde kann bei ieser Kalkulation keine Berücksichtigung gefunden ha- en. Um die von uns kritisierten Sachverhalte, Sieben- age-Regelung und Tierarzneimittelanwendungskom- ission, gründlich zu erörtern und um zu einer besseren ösung zu kommen, die in der Praxis das Wohl der iere, der Verbraucher und der Bauern im Auge hat und ich nicht an der speziellen Interessenlage von Verwal- ungsbeamten orientiert, wird die FDP bei den Aus- chussberatungen eine Anhörung beantragen. Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär im Bun- esministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und andwirtschaft: Die 13. AMG-Novelle ist ein wichtiges hema für den Verbraucherschutz, den Tierschutz und ie Landwirtschaft. Die Behandlung von erkrankten Tie- en mit Arzneimitteln ist ein Gebot des Tierschutzes. Ein ebot des Verbraucherschutzes ist die gesundheitliche nbedenklichkeit von Lebensmitteln, die von behandel- en Tieren stammen. Beides, die Verfügbarkeit wirksa- er Arzneimittel und die gesundheitliche Unbedenklich- eit von Lebensmitteln tierischer Herkunft, muss erücksichtigung finden, wenn über tierarzneimittel- echtliche Vorschriften diskutiert wird. Eine besondere Problematik kommt bei den Antibio- ika hinzu: Antibiotika sind besonders wichtig für die herapie von Menschen und Tieren und sie sind beson- ers gefährdet in ihrer Wirksamkeit durch unkritischen insatz. Jede Anwendung von Antibiotika kann zur Ent- icklung von Resistenzen führen und damit zum Verlust es Stoffes für die Therapie von Mensch und Tier beitra- en. Antibiotika bedürfen daher unseres besonderen Au- enmerks und Schutzes. Die Bekämpfung der Ausbreitung von Antibiotikare- istenzen ist der Bundesregierung daher auch ein beson- eres Anliegen. Zu der Strategie zur Bekämpfung der usbreitung von Antibiotikaresistenzen gehört auch die o genannte Sieben-Tage-Regel im Arzneimittelgesetz. ir sind daher nicht bereit – wie von verschiedenen Sei- en mehr oder weniger deutlich betrieben –, diese Sie- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 160. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2005 15081 (A) ) (B) ) ben-Tage-Regel für Antibiotika aufzugeben oder so weit auszuhöhlen, dass sie nur noch auf dem Papier steht. Der vorliegende Entwurf der Bundesregierung zur Änderung des Arzneimittelgesetzes trägt der besonderen Bedeutung der Antibiotika Rechnung und zeigt gleich- zeitig eine Möglichkeit der Flexibilisierung der Sieben- Tage-Regel für bestimmte Anwendungsgebiete auf. Diese vorgesehene Flexibilisierung hätte insbesondere klare und für jeden nachvollziehbare Grenzen. Der Bundesrat ist selbst diesem wohlabgewogenem Ansatz mit Verweis auf den gesundheitlichen Verbrau- cherschutz und die Strategie zur Bekämpfung der Aus- breitung von Antibiotikaresistenzen nicht gefolgt, ob- wohl er selbst vor nicht allzu langer Zeit einen Gesetzentwurf zur Flexibilisierung eingebracht hat. Das zeigt, wie sensibel und wie schwierig die Thematik ist. Verständlich wird die Haltung des Bundesrates, wenn man die Entwicklung seit der Vorlage des Referentenent- wurfes betrachtet. Wie es häufig der Fall ist, hat der Ent- wurf intensive Diskussionen zwischen allen Beteiligten ausgelöst, die durchaus nicht fruchtlos waren, sondern zu einer Weiterentwicklung der Sichtweisen geführt und insbesondere auch einige Missverständnisse über die geltende Rechtslage ausgeräumt haben. Es ist nämlich nicht so, dass die Sieben-Tage-Regel zwangsläufig be- deutet, dass der Tierarzt alle sieben Tage in den Bestand gehen muss. Was der Tierarzt alles machen muss, damit er in Übereinstimmung mit den arzneimittelrechtlichen Vorschriften Arzneimittel abgeben darf, ist ganz woan- ders, nämlich in der auf dem Arzneimittelgesetz basie- renden tierärztlichen Hausapothekenverordnung geregelt und diese Regelungen gelten unabhängig voneinander. Wenn es also so ist, dass die Diskussion des Entwur- fes zu dem Ergebnis geführt hat, dass eine Flexibilisie- rung der Sieben-Tage-Regel für Antibiotika unter Be- rücksichtigung dieser geltenden Rechtslage gar nicht erforderlich ist und – wie der Bundesrat ebenfalls aus- führt – sich inzwischen zeigt, dass das mit der Regelung verfolgte Ziel erreicht wird, dann kann man ja nur die Konsequenz ziehen, die der Bundesrat gezogen hat, nämlich dass die Sieben-Tage-Regelung für Antibiotika so bestehen bleiben sollte, wie sie ist. Dementsprechend hat sich die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme ge- äußert. Das macht natürlich den Gesetzentwurf nicht überflüs- sig. Der Entwurf enthält ja noch viel mehr als die Sieben- Tage-Regel für Antibiotika. So soll der Abgabezeitraum für alle übrigen betroffenen Arzneimittel auf 31 Tage aus- geweitet werden, die Abgabe von Arzneimittelteilmengen durch den Tierarzt erleichtert werden, die Herstellung von Arzneimitteln für Lebensmittel liefernde Tiere in Apothe- ken ermöglicht werden, das Abgabeverbot umgewidmeter Arzneimittel für Lebensmittel liefernde Tiere aufgehoben werden, eine Tierarzneimittelanwendungskommission zur Weiterentwicklung der Antibiotika-Leitlinien geschaffen werden und der Import von Tierarzneimitteln neu geregelt werden. Der Entwurf enthält also eine Fülle von Anpassungen geltender Regelungen aufgrund der Erfahrungen in der P H s m c V A e d w m r e n M r d h m t S K t h w d u e e m a a h t l e t s u d d t k d w (C (D raxis und ein großer Teil dieser Änderungen wird die andhabung für Tierärzte und Tierhalter erleichtern. Ich bin überzeugt, dass wir hier ein rundes Paket ge- chnürt haben, mit dem alle am Verkehr mit Tierarznei- itteln Beteiligten zufrieden sein können und das glei- hermaßen die Belange des Tierschutzes und des erbraucherschutzes berücksichtigt. nlage 11 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Organisationsstruktur der Telematik im Ge- sundheitswesen (Tagesordnungspunkt 21) Eike Hovermann (SPD): Eins vorweg: Der Gesetz- ntwurf ist zustimmungspflichtig im Bundesrat. Doch ie Gesundheitskarte ist ein Projekt, das von allen ge- ollt ist und gewollt werden muss, die es ernst meinen it der Steigerung von Effizienz und Qualität in unse- em Gesundheitswesen. Sie kennen vielleicht die aktu- lle Umfrage der TK, wonach 75 Prozent der Bürgerin- en und Bürger die Gesundheitskarte und ihre öglichkeiten begrüßen. Damit diese Karte nach langen Jahren des Diskutie- ens nun endlich Realität wird, müssen wir dafür sorgen, ass der Prozess der Umsetzung, der bereits begonnen at, nun weitergeführt wird, zugunsten einer besseren edizinischen Versorgung der Patientinnen und Patien- en. Der nun vorliegende Gesetzentwurf ist ein richtiger chritt auf dem Weg dahin. Er beinhaltet die notwendige onkretisierung der gesetzlichen Aufgaben der „Gema- ik“, welche die Selbstverwaltung bewusst übernommen at, um an der Gestaltung der Gesundheitskarte mitzu- irken. Daher soll nun eine bundesweit gesetzliche Regelung afür sorgen, dass im Einklang mit den Bundesländern nd maßgeblichen Spitzenorganisationen ein Bauplan ntsteht, mit dem entsprechend § 291 a, Abs. 7 SGB V ine interoperable und kompatible Informations-, Kom- unikations- und Sicherheitsstruktur gewährleistet wird, uch um Medienbrüche – respektive Insellösungen – uszuschließen und für alle Beteiligten Planungssicher- eit und Investitionsbereitschaft zu erhöhen. Die Archi- ektur wird zugleich so offen gestaltet, dass etwa gesetz- iche Änderungen ohne Schwierigkeit online ingearbeitet werden können. Die PKV ist in diesen Prozess eingebunden. Leis- ungserbringer, die jetzt noch nicht integriert worden ind, wie zum Beispiel Psychotherapeuten, werden Zug m Zug in das wachsende System eingebaut, innerhalb essen auch die Frage der Datenspeicherung, das heißt, ie Serverfrage gelöst werden muss. Wir wissen, wie lange es gedauert hat, bis aus dem heoretischen Ansatz, „wir wollen die intelligente Chip- arte“ ein praktisches Verfahren wurde. Auf Podiums- iskussionen, in Arbeitskreisen und Gesellschaften urde vielfach diskutiert und darüber das Handeln 15082 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 160. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2005 (A) ) (B) ) vergessen. Ein wesentlicher Grund dafür ist, dass die Interessen von Kassen, Ärzten, Apothekern etc. an die- sem Projekt sehr unterschiedlich gelagert sind. In Kenntnis der bisherigen Abstimmungsprozeduren ist deshalb der Vorschlag, das Einstimmigkeitsprinzip durch eine qualifizierte Mehrheit zu ersetzen, nur zu be- grüßen. Um weitere denkbare, zeitintensive Blockaden abzuwenden, sind in das Gesetz Interventionsmöglich- keiten für das BMGS eingebaut. Das ist nicht nur auf- grund gemachter Erfahrungen geboten, sondern auch deshalb, weil ein weiteres Gelingen hinsichtlich der Ein- führung der Gesundheitskarte in 2006 nicht verzögert werden darf. Wir wissen: Die Gesundheitskarte ist eine wesentli- che Voraussetzung für das Funktionieren der integrierten Versorgung; ohne sie geht nichts. Umso wichtiger wird es sein, die Menschen davon zu überzeugen, dass die Gesundheitskarte ihnen Vorteile bringt: dass mehr Trans- parenz zu besserer Versorgung führt, von der Prävention über die ambulante und stationäre Versorgung bis hin zur Nachsorge und den Einsatz von Heil- und Hilfsmitteln; dass eine bessere Evaluation der Daten hilfreich ist, organisatorische und qualitative Brüche auszuräumen. Erinnert sei in diesem Zusammenhang an die schwer- wiegenden Folgen von Fehlmedikamentierungen, die jährlich nicht nur zu 10 000 Todesfällen führen, sondern auch zu zahllosen vermeidbaren und teuren Folgebe- handlungen. Auf Dauer werden mit der Gesundheitskarte – hier in Sonderheit über den Einstieg mit dem elektronischen Rezept – auch Einsparungen realisiert werden können. Erinnert sei an die hohen Kosten im Zusammenhang mit den rund 700 Millionen papiergebundenen Rezepten pro Jahr. Durch das elektronische Rezept können Einsparun- gen von 100 bis 150 Millionen Euro pro Jahr realisiert werden. Hinsichtlich des Finanzplans bleibt festzuhalten, dass bisher 0,7 Milliarden Euro angesetzt waren. Andere Ein- schätzungen beruhen unter anderem darauf, dass unter- schiedliche Ansätze zum Beispiel für die Speicherkapa- zität der Karte im Raum stehen. Rechnerische Differenzen entstehen hier durch Preisschätzungen von 6 bis 10 Euro. Gleichwohl gilt, dass die KBV das anstehende Finan- zierungstableau erstens kannte und zweitens unterschrie- ben hat. Dies hat zu unterschiedlichen Reaktionen bei den KVen auf Länderebene geführt. Hier steht zu vermu- ten, dass die Kommunikationsstränge nicht effektiv ge- nutzt worden sind. Denn es wird nicht hinreichend kom- muniziert, dass die Ärzte Entgelte für die Implantation und den Gebrauch der Gesundheitskarte via Zuschläge bekommen. Dieses zusätzliche Geld führen sie an die KVen ab. Über den genauen Anteil von Ärzten und Krankenhäusern verhandeln die Kassen mit den selbi- gen. Es ist verständlich, dass die in den Entwurf eingear- beitete Konstruktion der Finanzierung des Forschungs- und Entwicklungsvorhabens durch die Selbstverwaltung auf wenig Gegenliebe stößt. Doch so abwegig, wie es d A r 2 t z 2 l A v A ü m D r M t z r s s d w n s z v d d h l z W s t w s E r S t v d s q O s r t f e t a z (C (D argestellt wird ist dieser Vorschlag nicht: Nach § 291a bs. 1 sind die Krankenkassen verpflichtet, die bishe- ige Krankenversichertenkarte bis spätestens 1. Januar 006 zu einer elektronischen Gesundheitskarte zu erwei- ern. Es ist bekannt; dass die Selbstverwaltung die Frist ur Vorlage der Lösungsarchitektur zum 30. September 004 nicht einhalten konnte. Das Ergebnis ist das nun aufende Forschungs- und Entwicklungsprojekt, das in bsprache mit der Selbstverwaltung im Oktober 2004 ereinbart wurde und für welches das BMGS formal den uftrag erteilt hat. Aus dieser Konstruktion eine Kosten- bernahme durch das Ministerium herzuleiten, ist zu- indest gewagt. Ungeachtet dieser Diskussion ist eins unbestreitbar: ie Einführung der Gesundheitskarte muss weiter vo- angetrieben werden, damit die gesetzlich vorhandenen öglichkeiten der integrierten Versorgung auch prak- isch nutzbar werden. Es schadet nichts, sich vor Augen u führen, dass letztlich alle Beteiligten davon profitie- en werden. Die Umsetzung der Rahmenarchitektur in eine Lö- ungsarchitektur ist deshalb eine Aufgabe, die im Kon- ens mit Selbstverwaltung, Wissenschaft und Industrie urchgeführt werden muss. An dieser Aufgabe müssen ir gemeinsam festhalten. Dr. Carola Reimann (SPD): Mit dem GKV-Moder- isierungsgesetz wurde die Einführung der elektroni- chen Gesundheitskarte beschlossen. Sie wird die Pro- essabläufe im Gesundheitswesen grundlegend erändern. Das ist ein notwendiger Schritt für ein mo- ernes und effizientes Gesundheitssystem. Man schätzt, ass circa 20 bis 40 Prozent der Leistungen im Gesund- eitswesen auf Kommunikation und Information entfal- en. Diese Zahlen verdeutlichen das verfügbare Poten- ial für die Verbesserungen der Qualität und irtschaftlichkeit in unserem Gesundheitssystem. Mit der Gesundheitsreform wurden die Krankenkas- en dazu verpflichtet, die bisherige Krankenversicher- enkarte zu einer elektronischen Gesundheitskarte zu er- eitern sowie die dafür notwendige Infrastruktur zu chaffen. Die bisherige Entscheidungsstruktur, die ein instimmigkeitsprinzip vorsah, hat sich hierbei als unzu- eichend erwiesen. Deshalb haben sich die beteiligten pitzenorganisationen auf die Gründung einer neuen Be- riebsorganisation geeinigt. Der vorliegende Entwurf erankert die Betrieborganisation auch gesetzlich. Da- urch werden Entscheidungsprozesse optimiert und be- chleunigt, denn die Beschlüsse werden jetzt mit einer ualifizierten Mehrheit getroffen werden können. Die rganisation erhält mit dem Gesetzentwurf den Sicher- tellungsauftrag und muss für die notwendige Interope- abilität der zu entwickelnden Komponenten sorgen. Die Selbstverwaltung hat mit dem Aufbau einer Be- riebsorganisation gezeigt, dass sie in der Lage ist, die ür die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte rforderlichen Rahmenbedingungen zu planen und prak- isch umzusetzen. Der Gesetzentwurf enthält jedoch uch Konfliktlösungswege für den Fall, dass die Akteure u keiner Entscheidung kommen. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 160. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2005 15083 (A) ) (B) ) Die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte ist nur ein Teil des Projektes „Telematikinfrastruktur“. Eingebunden werden 80 Millionen Patienten, 350 000 Ärzte und Zahnärzte, 2 000 Krankenhäuser, 22 000 Apo- theken und 300 Krankenkassen. Diese Zahlen machen es deutlich: Wir sprechen von einem der größten IT-Pro- jekte Europas. Es wird nicht nur wirtschaftliche Reser- ven erschließen, sondern die Behandlungsqualität der Patientinnen und Patienten verbessern. Unsere Aus- gangslage ist gut. Wir verfügen über eine ausgezeichnete Infrastruktur für Informations- und Kommunikations- technologien. Jetzt geht es darum, diese auch für die Ge- sundheitsversorgung besser zu nutzen. Eine erfolgreiche Realisierung des Telematikprojektes wird den For- schungs- und Entwicklungsstandort Deutschland stär- ken. Eine erste verpflichtende Anwendung wird die elek- tronische Übermittlung von Verordnungsdaten – also das elektronische Rezept – sein. Es wird das herkömmliche Papierrezept ersetzen. Die Vorteile des elektronischen Rezeptes liegen auf der Hand. Dabei geht es nicht nur um die Vermeidung von Medienbrüchen und Doppelar- beiten, also letztlich um organisatorische und wirtschaft- liche Fragen, sondern um die Verbesserung des Schutzes und der Sicherheit der Patientinnen und Patienten. Nach den vorliegenden Studien fordern falsch verordnete Me- dikamente in Deutschland jährlich mehr Todesopfer als der Straßenverkehr. Hier bietet das elektronische Rezept die Möglichkeit, Falsch- und Doppelmedikation wirk- sam zu verhindern, und hilft so, Leben zu retten. Das elektronische Rezept ist nur der erste Baustein der Telematikinfrastruktur. Viele Fragen werden auf dem Weg noch geklärt werden müssen. Dazu gehört auch der Aspekt der Abfrage der Zuzahlungsbefreiung. Diese An- wendung muss es ermöglichen, in der Apotheke den Sta- tus der Zuzahlungsbefreiung, also „befreit“ oder nicht „befreit“, abzufragen. Ich denke, das ist ein wichtiger Gesichtspunkt des elektronischen Rezeptes. Der Einsatz moderner Informations- und Kommuni- kationstechnologien wird dazu beitragen, zentrale Pro- bleme unseres Gesundheitswesens zu lösen und die Si- cherheit und Qualität der Behandlung der Patientinnen und Patienten zu verbessern. Wir müssen jetzt, zusam- men mit allen Beteiligten, dafür sorgen, dass die elektro- nische Gesundheitskarte ein Erfolg wird. Die Etablie- rung der Betriebsorganisation der Selbstverwaltung ist ein wichtiger Schritt zur Einführung der elektronischen Gesundheitskarte. Matthias Sehling (CDU/CSU): Im GKV-Moderni- sierungsgesetz von 2003 haben sich die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen und von CDU/CSU zu einem wichtigen Schritt in die gesundheitspolitische Zu- kunft bekannt: zur Einführung der elektronischen Ge- sundheitskarte. Mit ihrer Einführung sind große Erwar- tungen aller am Gesundheitswesen Beteiligten, insbesondere aber auch der Patientinnen und Patienten verbunden. Für die Patienten geht es um mehr Qualität in der me- dizinischen Versorgung, zum Beispiel bei der freiwilli- g d c f w G z l P A s h ü U s d d G n ti d z k D s B d z r t k G w K s l d s M v ta w l d K G m M A M w c p a j w (C (D en Anwendung von Arzneimitteldokumentation oder em Notfallausweis. Außerdem erhoffen sich die Versi- herten mittelfristig niedrigere Beitragssätze, weil über- lüssige Mehrfachuntersuchungen und Verwaltungsauf- ände vermieden werden sollen. Die Union hat in dem esetzgebungsverfahren der Einführung „spätestens um 1. Januar 2006“ zugestimmt, wie das Gesetz wört- ich festhält. Die tatsächliche Umsetzung des Gesetzes in diesem unkt durch die Bundesregierung – sie bleibt trotz der ufgaben der Selbstverwaltung für die rechtzeitige und achgerechte Einführung der elektronischen Gesund- eitskarte verantwortlich – lässt allerdings zu wünschen brig. Es hapert. Selbst Bundesgesundheitsministerin lla Schmidt glaubt nicht mehr daran, dass der ur- prüngliche Zeitplan einzuhalten sein wird. Droht nach er LKW-Maut ein neues Fiasko eines IT-Großprojektes er Bundesregierung – diesmal nicht aus technischen ründen, sondern wegen vertaner Diskussionszeit? Schon der Titel des jetzt von den Regierungsfraktio- en vorgelegten Entwurfs eines Gesetzes zur Organisa- onsstruktur der Telematik im Gesundheitswesen ist nur ie halbe Wahrheit. Es geht in dem Gesetz mindestens ur Hälfte auch um die Finanzierung der Gesundheits- arte, und dies sogar an zwei unterschiedlichen Ecken. as Hintanstellen – um nicht zu sagen: Verstecken – die- er Anliegen soll wohl den Goodwill der Beteiligten und etroffenen rund um die Gesundheitskarte fördern. Ob as mit diesem Gesetz gelingen kann, ist indes sehr weifelhaft. Die Union hat deshalb jedenfalls eine Anhö- ung der Betroffenen beantragt. Das Ziel, die zögerliche Behandlung der nötigen Ver- räge über die „erforderliche Informations-, Kommuni- ations- und Sicherheitsinfrastruktur“ durch die im MG genannten Spitzenorganisationen der Selbstver- altung – möglichst unter Einbeziehung der privaten rankenversicherung, der Patientenvertreter, der Daten- chützer und der IT-lndustrie – deutlich anzuschieben, ist öblich und wird auch von der CDU/CSU-Fraktion aus- rücklich unterstützt. Der vorliegende Gesetzentwurf er- cheint aber dazu als typisches überbürokratisiertes onstrum mit einer Vielzahl von Fristsetzungen, Ersatz- ornahmeandrohungen aller Art sowie einer bis ins De- il gehenden Fremdbestimmung der Selbstverwaltung enig geeignet. Er nimmt Abschied von der ursprüng- ich vorgesehenen eigenverantwortlichen Entscheidung urch die Selbstverantwortung mit möglichst breiter onsensbildung im Gesundheitswesen. Im Januar dieses Jahres hat die Selbstverwaltung mit eburtshilfe des Ministeriums die Gesellschaft für Tele- atik „Gematik“ gegründet, die jetzt mit qualifizierter ehrheit von 67 Prozent die im GMG vorgesehenen ufgaben erfüllen kann. Der im Gesetzentwurf vorgesehene Übergang zur ehrheitsentscheidung unter den Partnern der Selbstver- altung vollzieht konsequenterweise diesen vertragli- hen Übergang vom Einstimmigkeits- zum Mehrheits- rinzip gesetzgeberisch nach. Keineswegs erscheint es ber geboten, die Inhalte des Gesellschaftsvertrags bis in ede Einzelheit vorzuschreiben, wie das im Gesetzent- urf vorgesehen ist. Warum muss selbst der beratende 15084 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 160. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2005 (A) ) (B) ) Fachbeirat in seiner Zusammensetzung bis ins Detail ge- regelt werden? Warum wird dies nicht der Gesellschaf- terversammlung überlassen? Schon die Aufnahme wei- terer Gesellschafter bedarf nicht nur des Benehmens mit dem Ministerium, sondern sogar dessen ausdrücklicher Zustimmung. Aber selbst die Aufnahme weiterer Mit- glieder in den ohnehin nur beratenden Fachbeirat ist aus- schließlich im Einvernehmen mit dem Ministerium, also mit dessen ausdrücklicher Zustimmung möglich. Die Regelungen zur Gesellschaft für Telematik sind nach dem Motto gestrickt: „Ministerium ist überall.“ Warum entscheiden die Ministerin und ihr Haus dann nicht gleich selbst? Faktisch führt der Gesetzentwurf eine bislang unübliche Fachaufsicht in einem Bereich der Sozialversicherung ein. Es drängt sich der Eindruck auf, als säße da dem Hause der Bundeskanzler im Na- cken, der seiner Bundesgesundheitsministerin den Auf- trag gegeben hat, keine zweite Großpanne bei einem IT- Projekt der Bundesregierung zu riskieren. Der Bundesregierung muss dabei klar sein: Sie über- nimmt umso größere Verantwortung für die rechtzeitige Einführung der elektronischen Gesundheitskarte, je stär- ker sie die Aufgaben der Selbstverwaltung an sich zieht. Auch Finanzierungsregelungen sieht der Gesetzent- wurf vor, die im Bereich der Schaffung der Telematik- struktur immerhin als Restkompetenz bei den bisherigen Selbstverwaltungspartnern verbleiben. Die Spitzenorga- nisationen aus den Bereichen Leistungserbringer und Kostenträger haben auf drei Feldern Kostenvereinbarun- gen zu treffen: für die Kosten der Gesellschaft selbst, für die erstmaligen Ausstattungskosten und für den laufen- den Betrieb. Diese Konkretisierung schon bestehender Aufgaben ist grundsätzlich zu begrüßen, haben doch zahlreiche Studien der Vergangenheit auf Defizite bei der Kosten- Nutzen-Verteilung durch die Einführung der elektroni- schen Gesundheitskarte hingewiesen. Immerhin geht es um mindestens 1,8 Milliarden Euro Einführungskosten insgesamt. Rund 1,4 Milliarden Euro davon entfallen auf die Kartenherstellung und -verteilung, 400 Millionen Euro auf den Verwaltungsaufwand der Krankenkassen. Unbeziffert sind weitere Investitionskosten der Gesund- heitsberufe und anderer. Aber auch hier wieder diese Orgie von Dirigismus und Ersatzvornahmeandrohungen: Fünf zusätzliche Absätze allein einer Vorschrift regeln detailliert Regelungsart, Telematikzuschläge, Finanzierungsbeiträge, gesetzliche oder behördliche Fristen sowie Schiedsstellenfähigkeit – also Befugnis zur Ersetzung durch Schiedsspruch – oder ministerielle Ersatzvornahmemöglichkeiten. Das Ministerium zeigt nicht einmal mehr Zuckerbrot, zeigt gleich die Peitsche. Wo bleibt da noch Entscheidungsraum für die Selbst- verwaltung? Warum greift das Gesundheitsministerium nicht auf die bereits getroffene Finanzierungsvereinba- rung der Selbstverwaltung, gegebenenfalls mit Ände- rungsauflagen, zurück? Warum wird keine Kostenrege- lung entlang dem jeweiligen Nutzen gefordert? Warum s A s c te T ß n s e T te G n f M w le n a h s d g s R k G d 2 im o H S s s K k a a c p – te r g m v w m r b s li v (C (D oll den Kostenvereinbarungen keine Kosten-Nutzen- nalyse zugrunde gelegt werden? Ein dreistes Bubenstück erlaubt sich das Bundesge- undheitsministerium mit gesetzlichen Blankoabbu- hungserlaubnissen für selbst verursachte Telematikkos- n ganz am Ende der Vorschrift zur Gesellschaft für elematik. In der Selbstbedienungsvorschrift mit blo- em Rechtsfolgenverweis ist vorgesehen, dass das Mi- isterium ohne jede Einschränkung oder vorherige Kon- ultation der Gesellschaft für Telematik Kosten für igene Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten für die elematikstruktur der Gesellschaft zur Bezahlung wei- rreichen kann, sobald sie die Forschungsergebnisse der esellschaft „zur Verfügung gestellt“ hat. Also: Das Mi- isterium bestellt – die Selbstverwaltung bezahlt. Es ehlt eigentlich nur die Abbuchungserlaubnis für Frau inisterin Ulla Schmidt! Den Juristen in der Anhörung ird sicher vieles an interessanten Rechtsfiguren einfal- n, von unzulässiger aufgedrängter Bereicherung über icht GKV-gerechte Verwendung von Beitragsmitteln us der Sozialversicherung bis hin zum verletzten Haus- altsrecht des Parlaments. Was hier für alle Zukunft gelten soll – die Gesell- chaft für Telematik soll ja dauerhaft auch den Betrieb er elektronischen Gesundheitskarte organisieren –, wird leich danach auch für die jüngste Vergangenheit vorge- ehen: Gemäß einer weiteren Passage sollen zusätzliche echnungen des Gesundheitsministeriums an die Kran- enkassen möglich sein, wenn sie nur bis zum Tag der esetzesverkündung „finanziert wurden“. Die Begrün- ung spricht von Kosten, die das Ministerium im Jahr 004 ungefragt für Telematikzwecke gedeckt hat, ohne Übrigen die genaue Höhe oder auch nur die Größen- rdnung anzugeben. Gab es hierzu nicht einschlägige aushaltstitel? Parallel zum bisherigen gesetzlichen Auftrag der elbstverwaltung zur Vereinbarung der Telematikinfra- truktur hatte das Ministerium mindestens ein For- chungsprojekt in Eigenregie in Auftrag gegeben, dessen osten sich das Ministerium offenbar von den Kranken- assen über die Gematik zurückholen möchte. Es gilt ber noch immer der Grundsatz: Wer zahlt, schafft an; ber wer anschafft, muss auch zahlen! Offen bleiben dagegen in dem Gesetzentwurf zahlrei- he andere wichtige Fragen, wie denn der aktuelle Zeit- lan zur Einführung der Gesundheitskarte aussieht, ob er gerade wegen häufig vorgesehener Beanstandungsfris- n des Ministeriums – nicht noch weiter ins Wanken ge- ät, wie die Europäische Krankenversichertenkarte zeit- erecht eingeführt werden kann, wie denn die ittelständische Industrie beteiligt werden und die Be- orzugung der Großindustrie vermieden werden kann, ie die Interessen des Datenschutzes der Versicherten it den öffentlichen Interessen an sozialversicherungs- echtlich interessierenden Statistiken in Einklang ge- racht werden kann. Auf diese auf der Hand liegenden Fragen gibt der Ge- etzentwurf noch keine Antwort. Ein hartes Stück Arbeit egt bei der Anhörung und in den Ausschussberatungen or den Parlamentariern. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 160. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2005 15085 (A) ) (B) ) Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich bin keine Hellseherin. Trotzdem traue ich mich, vorher- zusagen, dass künftige Akteure die Einführung der elek- tronischen Gesundheitskarte einmal als einen der ganz großen Modernisierungsschritte in unserem Gesund- heitswesen bewerten werden. Der Aufbau eines umfas- senden elektronischen Kommunikationsnetzes wird dia- gnostische und therapeutische Prozesse gründlich verändern. Die Zusammenarbeit zwischen den verschie- denen Leistungserbringern, die in den beiden letzten Ge- sundheitsreformen ganz oben auf der Agenda stand, er- hält endlich die notwendige informationstechnische Grundlage. Die Integrationsversorgung und ein elektro- nisch vernetztes Gesundheitswesen gehören zusammen. Ein Medizinjournalist hat es kürzlich in einem Artikel auf den prägnanten Satz gebracht: Eine Vernetzung der medizinischen Leistungser- bringer zusammen mit einer intelligenten Nutzung von Datenverarbeitungsprogrammen wird neue Versorgungsstrukturen entstehen lassen, die mit der klassisch-dualen Versorgung … so viel zu tun ha- ben werden wie eine moderne Zahnklinik mit Dok- tor Eisenbart. Angesichts dieser Dimensionen wirken die Auseinan- dersetzungen innerhalb der Selbstverwaltung um die elektronische Gesundheitskarte manchmal etwas klein- kariert. Ängste, angestammte Einkommensquellen und Einflusssphären zu verlieren, haben auch bei diesem Re- formvorhaben im letzten Jahr zu erheblichen Zeitverzö- gerungen geführt. Es ist dem energischen Eingreifen der Bundesgesundheitsministerin und ihrer Mitarbeiter zu verdanken, dass diese Selbstblockade innerhalb der Selbstverwaltung aufgelöst werden konnte. Durch die neu gegründete Betriebsgesellschaft wird das Projektmanagement gestrafft und professionalisiert werden. Die Ablösung des Einstimmigkeitsprinzips stellt die Handlungsfähigkeit der Selbstverwaltungspart- ner wieder her. Damit können wir uns endlich wieder den wirklich wichtigen Fragen zuwenden, die sich mit der Einführung der Gesundheitskarte stellen. Die elektronische Gesundheitskarte steigert nicht nur die Qualität der Gesundheitsversorgung und hilft Kosten sparen. Darüber hinaus bietet sie als eines der größten IT-Projekte der Welt erhebliche Geschäftschancen für Technologieberater und Dienstleister. Vor allem aber bietet sie die Chance, die Rolle der Patientinnen und Pa- tienten deutlich zu stärken. Patienten wollen heute selbstständig und aktiv an Behandlungsprozessen teil- nehmen. Dazu müssen sie verstehen und gelegentlich auch überprüfen können, was die Medizin mit ihnen und ihren Körpern tut. Die elektronische Gesundheitskarte kann ihnen diese Möglichkeit eröffnen. Dies setzt vo- raus, dass sie die gespeicherten Daten ohne allzu großen Aufwand einsehen können. Außerdem müssen sie die Möglichkeit haben, zu regeln, wer Zugriff auf ihre Daten haben soll und wer nicht. Mit der Gesundheitsreform haben wir hierfür bereits wichtige Vorgaben gemacht. Der Zugang zu den medizi- nischen Daten über die Gesundheitskarte setzt die Ein- willigung des Versicherten voraus. Sie ist widerruflich u d R t t A b w e n h g r w a h l s M a g n n g n k s f g E s „ z J s d – n g a s l z M w w H s c d d (C (D nd kann auf einzelne Anwendungen beschränkt wer- en. Vorgeschrieben ist auch, dass die Versicherten das echt erhalten, auf alle Rezept- und medizinischen Da- en zuzugreifen. An diesen informationellen Selbstbestimmungsrech- en der Patientinnen und Patienten hat sich die konkrete usgestaltung der Gesundheitskarte und der mit ihr ver- undenen Infrastruktur zu orientieren. In diesem Sinne erden wir den weiteren Prozess zur Einführung der lektronischen Gesundheitskarte begleiten. Detlef Parr (FDP): Das Gesetz zur Bildung einer euen Organisationsstruktur der Telematik im Gesund- eitswesen, das uns die Regierungsfraktionen hier vorle- en, ist symptomatisch für die Politik der Bundesregie- ung – denn eigentlich kommt der Entwurf, wie wir alle issen, von ihr –, ein klassisches Beispiel für eine Miss- chtung des Parlaments. Symptomatisch für diese Politik ist zum einen, dass ier im Nachhinein legitimiert werden soll, was schon ängst geschaffen wurde und dass der entsprechende Ge- etzentwurf erst einen Tag vor der ersten Lesung zur einungsbildung zugeleitet wird. Symptomatisch ist der Gesetzentwurf zum anderen ber auch für das Grundverständnis der Bundesregierung egenüber dem Prinzip der Selbstverwaltung. Ihre Orga- isationen werden zu Auftragserfüllern degradiert, de- en – wie schon im GKV-Modernisierungsgesetz – leich mit Ersatzvornahmen gedroht wird, wenn sie icht tun, was das Ministerium wünscht. Bei der Einführung der elektronischen Gesundheits- arte treibt die Bundesregierung sich selbst und sucht ich die Selbstverwaltung als Sündenbock aus, wenn sie eststellen muss, dass der völlig überzogene Zeitplan aus uten Gründen nicht einzuhalten ist. Als ob sie aus den rfahrungen mit Toll Collect nichts gelernt hätte, begibt ie sich überstürzt in das nächste Highttechabenteuer. Besser schnell als sicher“ scheint auch hier die Devise u sein. Gott sei Dank hat sich die Regierung Anfang des ahres von der Illusion gelöst, zum Januar 2006 alle Ver- icherten mit der Karte ausgestattet zu haben und mit em ersten Schritt der Einführung der Gesundheitskarte dem elektronischen Rezept – flächendeckend zu begin- en. Zu dieser Einsicht musste sie aber erst einmal getra- en werden. Größere Effizienz bei Entscheidungsstrukturen auch uf der Seite derjenigen, die für die Einführung der Ge- undheitskarte maßgeblich sind, ist wünschenswert und obenswert. Daher war die Umwandlung von protego.net u Gematik mit dem Wechsel vom Einstimmigkeits- zum ehrheitsprinzip sicherlich ein richtiger Schritt. Das ohl weltweit größte Telematikprojekt im Gesundheits- esen ist zu groß angelegt und zu sensibel, als dass es mit ektik und faulen Kompromissen durchgeführt werden ollte. 80 Millionen Krankenversicherte mit den entspre- henden Karten auszustatten, alle Leistungserbringer an ie Technik anzuschließen und dafür Sorge zu tragen, ass in diesem Feld der hochsensiblen Daten die Technik 15086 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 160. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2005 (A) (C) (B) (D) reibungslos und absolut sicher vor unerwünschten Zu- griffen funktioniert, dafür sind professionelle Strukturen und eine sorgfältige Vorbereitung unerlässlich. Nicht zu verstehen ist, dass die Selbstverwaltung dazu getrieben wurde, die neue Betriebsstruktur zu schaffen, um diese dann erst im Nachhinein gesetzlich zu legiti- mieren. Das hat wenig mit demokratischem Grundver- ständnis zu tun. Ein solches Verfahren zeugt vor allem von geringem Respekt dem Parlament gegenüber, das scheinbar – so wie gerade bei so vielen mit unnötigem Zeitdruck durchgeboxten Gesetzesinitiativen – nur noch wahrnehmen soll. Man hätte bei diesem ungewöhnlichen Verfahren dann wenigstens damit rechnen können, dass es mit den betroffenen Einrichtungen der Selbstverwaltung und der Verbände abgesprochen ist. Dies scheint auf den ersten Blick auch so zu sein. Doch die Kritik der Krankenkas- sen, dass mit diesem Gesetz nicht nur im Nachhinein legitimiert wurde, was schon längst geschaffen wurde, sondern die Kassen auch noch im Nachhinein dazu verpflichtet werden, Kosten für den Forschungs- und Entwicklungsauftrag, den das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung (BMGS) an die Fraunhofer-Gesellschaft vergeben hat, zu übernehmen, ist mehr als berechtigt. Wie schon beim Entwurf zum Präventionsgesetz scheint Frau Ministerin Schmidt die Mitgliedsbeiträge der gesetzlich Versicherten als zweites Haushaltsbudget ihres Ministeriums misszuverstehen, um dann die Kassen umso lauter zu tadeln, dass sie ihre Beitragssätze nicht genug absenken würden. Wir werden die weiteren Ausschussberatungen nut- zen, um hier weitere Klärung zu schaffen. 160. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2005 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7 Anlage 8 Anlage 9 Anlage 10 Anlage 11
Gesamtes Protokol
Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516000000

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

Sitzung ist eröffnet.
Der Kollege Helmut Rauber feiert heute seinen

60. Geburtstag. Im Namen des Hauses gratuliere ich ihm
sehr herzlich.


(Beifall – Dr. Uwe Küster [SPD]: Sekt für alle!)


Die Fraktion der CDU/CSU hat mitgeteilt, dass der
Kollege Volker Kauder als ordentliches Mitglied aus
dem Vermittlungsausschuss ausscheidet. Als Nachfol-
ger wird der Kollege Norbert Röttgen vorgeschlagen.
Sind Sie damit einverstanden? – Ich höre keinen Wider-
spruch. Dann ist der Kollege Norbert Röttgen als ordent-
liches Mitglied im Vermittlungsausschuss bestimmt.

Sodann teile ich mit, dass die Kollegin Undine Kurth
ihr Amt als Schriftführerin niedergelegt hat. Die Frak-
tion Bündnis 90/Die Grünen benennt als Nachfolgerin
die Kollegin Monika Lazar. Sind Sie auch damit einver-
standen? – Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist die
Kollegin Lazar als Schriftführerin gewählt.

Durch eine Gesetzesänderung wurde das aus neun

T
f

Redet
Mitgliedern des Bundestages bestehende Gremium nach
§ 41 Abs. 5 des Außenwirtschaftsgesetzes aufgelöst. Da-
für muss gemäß § 23 c Abs. 8 des Zollfahndungsdienst-
gesetzes ein neues Gremium – ebenfalls bestehend aus
neun Mitgliedern des Bundestages – gewählt werden.
Hierfür schlägt die Fraktion der SPD die Kollegen
Florian Pronold, Christian Lange (Backnang),
Dr. Rainer Wend und Uta Zapf, die Fraktion der CDU/
CSU die Kollegen Ruprecht Polenz, Christian
Schmidt (Fürth) und Dr. Andreas Schockenhoff, die
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen den Kollegen Hans-
Christian Ströbele sowie die Fraktion der FDP den
Kollegen Dr. Max Stadler vor. Sind Sie mit diesen Vor-
schlägen einverstanden? – Ich höre keinen W
Dann sind die genannten Kollegen in das Gr
mäß § 23 c Abs. 8 des Zollfahndungsdienstg
wählt.

(C (D ung 24. Februar 2005 0 Uhr Interfraktionell wurde vereinbart, die verbundene agesordnung um die in einer Zusatzpunktliste aufgeührten Punkte zu erweitern: ZP 1 Weitere Überweisungen im vereinfachten Verfahren Beratung des Antrags der Abgeordneten Annette Faße, Uwe Beckmeyer, Gerd Andres, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Rainder Steenblock, Albert Schmidt weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN: Verkehrssicherheit in der Seeschifffahrt verbessern – Alkoholmissbrauch konsequent bekämpfen – Drucksache 15/4942 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Verkehr, Bauund Wohnungswesen Innenausschuss Rechtsausschuss Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuss für Tourismus ZP 2 Weitere abschließende Beratungen ohne Aussprache a)


(Ergänzung zu TOP 27)


(Ergänzung zu TOP 28)


ten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes
über das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht
– Drucksache 15/3423 –

(Erste Beratung 135. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für
Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (14. Ausschuss)


ext
– Drucksache 15/4469 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Klaus Minkel

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des
Rechtsausschusses (6. Ausschuss) zu der Streitsache vor
dem Bundesverfassungsgericht 2 BvR 249/04
– Drucksache 15/4944 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Andreas Schmidt (Mülheim)


ZP 3 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der SPD
Klage des Landes Hessen gegen Finanzzuweisungen des Bun-
des an das „Kompetenzzentrum Bologna“ der Hochschulrek-
torenkonferenz – Konsequenzen für die auf europäischer

einbarte Reform des Hochschulwesens in Deutsch-

t für den Beginn der Beratung soll – so-
h – abgewichen werden.
iderspruch.
emium ge-
esetzes ge-

Ebene ver
land

Von der Fris
weit erforderlic






(A) )



(B) )


Präsident Wolfgang Thierse

Ferner sollen die Punkte 3 g und 4 b, die jeweils Än-

derungen des Grundgesetzes betreffen, sowie der Tages-
ordnungspunkt 22 a und b – Versammlungsgesetz bzw.
Gesetz über befriedete Bezirke – abgesetzt werden.

Die Punkte 6 und 25 sollen getauscht werden.
Außerdem mache ich auf nachträgliche Überweisun-

gen im Anhang zur Zusatzpunktliste aufmerksam:
Der in der 158. Sitzung des Deutschen Bundestages

überwiesene nachfolgende Gesetzentwurf soll zusätzlich
dem Ausschuss für Tourismus (19. Ausschuss) zur Mit-
beratung überwiesen werden.

Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN zur Stärkung
der gesundheitlichen Prävention
– Drucksache 15/4833 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung (f)

Innenausschuss
Sportausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO

Der in der 158. Sitzung des Deutschen Bundestages
überwiesene nachfolgende Antrag soll zusätzlich dem
Haushaltsausschuss (8. Ausschuss) zur Mitberatung
überwiesen werden.

Antrag der Abgeordneten Detlef Parr, Dr. Dieter
Thomae, Dr. Heinrich L. Kolb, weiterer Abge-
ordneter und der Fraktion der FDP: Prävention
und Gesundheitsförderung als individuelle
und gesamtgesellschaftliche Aufgabe
– Drucksache 15/4671 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung (f)

Innenausschuss
Sportausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Tourismus

Der in der 158. Sitzung des Deutschen Bundestages
überwiesene nachfolgende Antrag soll zusätzlich dem
Ausschuss für Tourismus (19. Ausschuss) zur Mitbera-
tung überwiesen werden.

Antrag der Abgeordneten Annette Widmann-
Mauz, Verena Butalikakis, Monika Brüning, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/
CSU: Prävention als gesamtgesellschaftliche
Aufgabe umfassend, innovativ und unbüro-
kratisch gestalten
– Drucksache 15/4830 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung (f)

Innenausschuss
Sportausschuss

h

(C (D Rechtsausschuss Finanzausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Haushaltsausschuss Sind Sie mit diesen Vorschlägen einverstanden? – Ich öre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 3 a bis 3 f auf: a)


gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ver-
trag vom 29. Oktober 2004 über eine Verfas-
sung für Europa
– Drucksachen 15/4900, 15/4939 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union (f)

Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und
Geschäftsordnung
Petitionsausschuss
Auswärtiger Ausschuss
Innenausschuss
Sportausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für Tourismus
Ausschuss für Kultur und Medien

b) Erste Beratung des von den Abgeordneten Peter
Hintze, Dr. Wolfgang Schäuble, Dr. Gerd Müller,
weiteren Abgeordneten und der Fraktion der
CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Geset-
zes zur Ausweitung der Mitwirkungsrechte
des Deutschen Bundestages in Angelegenhei-
ten der Europäischen Union
– Drucksache 15/4716 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union (f)

Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und
Geschäftsordnung
Petitionsausschuss
Auswärtiger Ausschuss
Innenausschuss
Sportausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit






(A) )



(B) )


Präsident Wolfgang Thierse

Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für Tourismus
Ausschuss für Kultur und Medien

c) Erste Beratung des von den Abgeordneten
Michael Roth (Heringen), Günter Gloser,
Dr. Angelica Schwall-Düren, weiteren Abgeord-
neten und der Fraktion der SPD sowie den Abge-
ordneten Rainder Steenblock, Volker Beck

(Köln), Ulrike Höfken, weiteren Abgeordneten

und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Geset-
zes über die Ausweitung und Stärkung der
Rechte des Bundestages und des Bundesrates
in Angelegenheiten der Europäischen Union
– Drucksache 15/4925 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union (f)

Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und
Geschäftsordnung
Petitionsausschuss
Auswärtiger Ausschuss
Innenausschuss
Sportausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für Tourismus
Ausschuss für Kultur und Medien

d) Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD
und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Stärkung der Rolle des Deutschen Bundes-
tages bei der Begleitung, Mitgestaltung und
Kontrolle europäischer Gesetzgebung
– Drucksache 15/4936 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union (f)

Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und
Geschäftsordnung
Petitionsausschuss
Auswärtiger Ausschuss
Innenausschuss
Sportausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung

d
k

M

(C (D Ausschuss für Verkehr, Bauund Wohnungswesen Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Ausschuss für Tourismus Ausschuss für Kultur und Medien e)

Leutheusser-Schnarrenberger, Dr. Werner Hoyer,
Dr. Claudia Winterstein, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der FDP
Für mehr Mitsprache des Deutschen Bundes-
tages bei der Rechtsetzung der Europäischen
Union nach In-Kraft-Treten des Verfassungs-
vertrages
– Drucksache 15/4937 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union (f)

Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und
Geschäftsordnung
Petitionsausschuss
Auswärtiger Ausschuss
Innenausschuss
Sportausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für Tourismus
Ausschuss für Kultur und Medien

f) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für die Angelegenheiten
der Europäischen Union (20. Ausschuss) zu dem
Antrag der Abgeordneten Peter Hintze, Dr. Gerd
Müller, Michael Stübgen, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der CDU/CSUCSU
Den EU-Verfassungsprozess zum Erfolg füh-
ren
– Drucksachen 15/2970, 15/4206 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Claudia Roth (Augsburg)

Peter Altmaier
Rainder Steenblock
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
ie Aussprache zwei Stunden vorgesehen. – Ich höre
einen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Kollegen
ichael Roth, SPD-Fraktion, das Wort.






(A) )



(B) )



Michael Roth (SPD):
Rede ID: ID1516000100

Guten Morgen, Herr Präsident! Liebe Kolleginnen

und Kollegen! Meine Damen, meine Herren! Wir legen
heute den Grundstein für eine gute Zukunft Europas. Wir
reden heute darüber, auf welchem Fundament wir Euro-
päerinnen und Europäer leben und arbeiten wollen. Was
eint uns? Was hält uns zusammen? Was stiftet Identität
in Europa? Normalerweise beschäftigen sich Politikerin-
nen und Politiker mit diesen Fragen. Wir hatten aber im
Jahr 2003 erstmals seit langem wieder eine spannende
Debatte von Intellektuellen sowie Wissenschaftlerinnen
und Wissenschaftlern darüber, was uns zusammenhält
bzw. was uns eint.

Der deutsche Philosoph Habermas hat sich mit
Jacques Derrida, dem großen französischen Intellektuel-
len, zusammengetan. Beide haben gemeinsam ein Mut
machendes Plädoyer für das vorgelegt, was unser ge-
meinsames Bewusstsein neben all dem Politisch-Tech-
nokratischen, was uns allzu oft auch hier beschäftigt,
ausmachen könnte. Sie haben darüber gesprochen, dass
uns Europäerinnen und Europäer die Höhen und Tiefen
einer gemeinsam durchlittenen Geschichte einen. Uns
eint die Sensibilität der Bürgerinnen und Bürger für die
Widersprüche des Fortschritts. Uns eint das Ethos im
Kampf um soziale Gerechtigkeit. Uns eint die Skepsis
gegenüber staatlicher Allmacht. Uns eint der Kampf ge-
gen die Todesstrafe.

All dies sind Mut machende Beispiele. Heute fügen
wir ein weiteres Mut machendes Beispiel hinzu, denn
wir können stolz erklären, dass die europäische Verfas-
sung, die uns heute Morgen hier zusammengeführt hat,
Identität stiftet.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Sie lädt die Bürgerinnen und Bürger Europas ein, sich
auf einem gemeinsamen Fundament zu vereinigen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich weiß, dass wir
hier auch sehr kritisch und kontrovers über den Inhalt
der Verfassung gestritten haben. Wir sollten diesen In-
halt aber nicht an Wolkenkuckucksheimen messen und
uns nicht allein am Wünschenswerten, sondern am
Machbaren orientieren. Wären größere Reformschritte
nötig gewesen? – Ja. Waren größere Reformschritte
möglich? – Aus meiner Sicht nein.

Wenn wir über den Konvent und die sich daran an-
schließende Regierungskonferenz reden, dann sollten
wir nicht Amsterdam und Nizza vergessen, Regierungs-
konferenzen, die ohne parlamentarische Mitwirkung
schlechtere Ergebnisse zustande gebracht haben. Ich bin
deshalb von dieser europäischen Verfassung so begeis-
tert – mit meiner Begeisterung möchte ich Sie ein wenig
anstecken – weil sie deutlich macht, dass Europa nicht
allein eine Wirtschaftsgemeinschaft ist, sondern von
Werten zusammengehalten wird. Die Grundrechte-
Charta wird rechtsverbindlicher Bestandteil dieser Ver-
fassung. Jede Bürgerin und jeder Bürger kann seine
Rechte einklagen. Diese Rechte und die hiermit verbun-
denen Pflichten sind Maßstab für alle europäischen Insti-
tutionen.

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(C (D Uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ist esonders wichtig, dass das europäische Sozialmodell ukunftsfest gemacht wird. Der Geist der Solidarität und er sozialen Gerechtigkeit zieht sich wie ein roter Faden urch die Verfassung. Daher sollten wir die Kommission nd alle anderen, die in Europa Verantwortung tragen, mmer wieder daran erinnern, dass Europa nur dann eine ukunft hat, wenn es sich auf einem sozialen Fundament ewegt. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir haben es geschafft, die Europäische Union hand-
ungsfähiger zu machen. Blockaden werden überwun-
en. In der Außen- und Sicherheitspolitik bekommt
uropa Gesicht und Stimme. Es besteht die Chance, dass
ir gemeinsam die großen, zentralen Herausforderungen
ieser Welt lösen und dass wir nicht mehr über Gegen-
ätze reden, sondern Gemeinsamkeiten formulieren.
uch haben wir die Chance, Globalisierung zu gestalten
nd den Menschen die Angst vor der Globalisierung zu
ehmen. Globalisierung hat aus unserer Sicht nur dann
ine Zukunft, wenn sie ein menschliches Antlitz erhält.
uch dies wird in der europäischen Verfassung deutlich.
ast, but not least stärken wir die Demokratie.
All dies ist ein Erfolg sozialdemokratischer Politik.
afür haben Sozialdemokratinnen und Sozialdemokra-
en jahrzehntelang gestritten: nicht nur Willy Brandt und
elmut Schmidt.


(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Mir kommen die Tränen!)


er Grundstein für diesen Konvent, der der EU-Verfas-
ung zum Erfolg verholfen hat, ist unter deutscher Präsi-
entschaft, unter Bundeskanzler Gerhard Schröder, ge-
egt worden. Dies ist mit unserem Namen verbunden und
eswegen sollten wir darauf stolz sein.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Peter Ramsauer [CDU/ CSU]: Und Sie sollten die Zeitgeschichte nicht verdrehen!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU,
ir laden aber auch Sie dazu ein, ebenfalls stolz auf das
rgebnis zu sein; darüber werden Sie nachher sicherlich
och reden. An dieser Stelle danke ich allen, die zu die-
em Erfolg beigetragen haben: unserem Konventsdele-
ierten Jürgen Meyer und dem Kollegen Altmaier von
er CDU/CSU. Auch Herr Teufel, der auf der Bundes-
atsbank sitz, hat Anteil an diesem Erfolg.


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Jetzt wird er gnädig! – Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Wie großzügig! Arroganter Schnösel!)


ies gilt auch für den Bundeskanzler, den Außenminis-
er und viele andere.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich rufe dies nur in Erinnerung, weil eben nicht nur
egierungsvertreter, sondern auch Parlamentarierinnen
nd Parlamentarier daran beteiligt waren. Wenn wir mit






(A) )



(B) )


Michael Roth (Heringen)


der europäischen Verfassung mehr Demokratie wagen,
dann sollten wir gemeinsam auch mehr Parlamentaris-
mus wagen. Die europäische Verfassung stärkt nämlich
nicht nur das Europäische Parlament, sondern auch die
nationalen Parlamente. Wir haben uns immer als Partner
des Europäischen Parlamentes verstanden. Wir haben
aber gleichzeitig im innerstaatlichen Prozess die Auf-
gabe, Einfluss zu nehmen auf die Europapolitik. Es ist
unser gemeinsamer Beitrag, für mehr Öffentlichkeit und
mehr Transparenz zu sorgen, indem wir auch hier im
Bundestag über die Zukunft Europas diskutieren und
Probleme beraten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Das dürfen wir nicht allein dem Europäischen Parlament
überlassen.

Natürlich ist da manches verbesserungswürdig und
auch verbesserungsfähig. Deswegen hat die rot-grüne
Koalition ein Begleitgesetz vorgelegt, mit dem der Ver-
such unternommen werden soll, das, was uns die EU-
Verfassung als Auftrag mit auf den Weg gibt, in konkrete
Gesetzesmaterie zu gießen.

Wir haben uns dabei von einigen Prinzipien leiten las-
sen:

Erstens. Der Bundestag hat schon jetzt weitreichende
Mitwirkungsmöglichkeiten. Aus meiner Sicht nutzt er
sie bislang nur begrenzt. Deswegen sollten wir, bevor
wir weitreichende neue Gesetze beschließen, die vorhan-
denen Möglichkeiten offensiver und selbstbewusster
nutzen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Zweitens. Die Handlungsfähigkeit der Bundesrepu-
blik Deutschland im Konzert von inzwischen 25 Mit-
gliedstaaten darf nicht beschnitten, nicht geschwächt
werden. Deutschland muss mit einer Stimme klar, selbst-
bewusst und deutlich in Brüssel und in der Europäischen
Union wahrgenommen werden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Drittens. Bei all den Problemen im Verhältnis zwi-
schen Bund und Ländern, die wir im Rahmen der Föde-
ralismuskommission beraten haben – leider bislang ohne
Erfolg –, können wir das, was uns bedrängt – das bezieht
sich nicht allein auf Art. 23 des Grundgesetzes –, nicht
im Rahmen der Ratifizierungsdebatte lösen. Wir sollten
all das im Rahmen eines großen Paketes nochmals ange-
hen, wenn die Föderalismuskommission ihre Arbeit
– möglicherweise in Bälde – wieder aufnimmt.

Viertens. Wir wehren uns – das vielleicht ein wenig in
Richtung der Opposition – gegen diverse Politikmätz-
chen, die auch in einigen Anträgen und Gesetzentwürfen
der Opposition Einzug gehalten haben. Mir ist nicht ein-
sichtig, warum wir jetzt, nachdem sich die Praxis jahr-
zehntelang bewährt hat, noch einmal darüber reden sol-
len, dass vor der Aufnahme von Beitrittsverhandlungen
der Bundestag zu befassen ist. Das ist doch nur vor dem
Hintergrund der Kontroverse um den Türkeibeitritt zu

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(C (D ehen. Solche Überlegungen sollten wir unterlassen; enn das hat mit dieser EU-Verfassung nichts zu tun. Weil wir diese Prinzipien zugrunde gelegt haben, onzentriert sich der Inhalt unseres Begleitgesetzes auf ie Konsequenzen, die sich unmittelbar aus der europäichen Verfassung ergeben. Es sind dies im Wesentlichen ier Punkte: Der erste Punkt, nämlich die Frage, wie wir im Bun estag mit dem Prinzip der Subsidiarität umgehen, hat ns sehr eng zusammengeführt, fraktionsübergreifend. ir – meine Kollegin Angelica Schwall-Düren, mein ollege Günter Gloser und ich – haben schon im verganenen Jahr dem Bundestagspräsidenten ein Papier zugeeitet und darüber auch mit allen Fraktionen gesprochen. ir haben in der interfraktionellen Arbeitsgruppe großes invernehmen darüber erzielt, dass wir die Fachauschüsse und den Europaausschuss noch enger zusamenwirken lassen müssen, um die Frage der Subsidiariätsrüge vernünftig zu lösen. Der zweite Punkt ist die Subsidiaritätsklage. Wenn ir mit einer Rüge keinen Erfolg haben, haben wir als eutscher Bundestag die Möglichkeit zu klagen. Wir ind der Auffassung, dass eine Klage nur dann erfolgverprechend ist, wenn die Mehrheit des Deutschen Bunestages eine solche Klage ausspricht. Deswegen sind ir gespannt auf Ihre Argumente, mit denen Sie begrünen wollen, warum Sie dies als Minderheitenrecht ausugestalten beabsichtigen. Ein dritter Punkt ist die Passerelle-Klausel. Das ist in fürchterliches Wort; man nennt es auch Brückenklauel. Wir haben als Deutscher Bundestag sehr dafür estritten, Blockaden zu überwinden und in möglichst ielen Politikfeldern von der Einstimmigkeit zur qualifiierten Mehrheit überzugehen. Wir haben uns leider icht in allen Bereichen durchsetzen können. Deswegen röffnet die Passerelle eine Chance für uns; denn daurch kann der Europäische Rat einstimmig beschließen, n Politikfeldern, die gegenwärtig der Einstimmigkeit nterliegen, zur qualifizierten Mehrheit überzugehen. Wir haben – das unterstützen wir selbstverständlich – ie Chance, ein Veto einzulegen. Dieses Veto sollte aber, enn überhaupt, von Bundesrat und Bundestag gemeinam ausgesprochen werden. Wir sollten also nicht, liebe olleginnen und Kollegen von der Union oder auch von en Ländern, neue Blockaden aufbauen, sondern zu ereichen versuchen, dass in noch mehr Politikfeldern icht mehr einstimmig, sondern mit Mehrheit entschieen wird, weil sonst eine Union der 25 oder 27, perspekivisch der 30, nicht mehr führbar und steuerbar ist. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Viertens haben wir – das mag der Bundesregierung
icht in Gänze schmecken – in unserem Begleitgesetz
uch dafür gesorgt, dass die Informationspflichten der
undesregierung gegenüber dem Deutschen Bundestag
rweitert werden. Auch darin liegt ein Angebot an Sie.
in weiteres Angebot ist, dass wir – über die Regelungen
es Begleitgesetzes hinaus –, wenn wir die Geschäftsord-
ung ändern und eine gesonderte Vereinbarung zwischen






(A) )



(B) )


Michael Roth (Heringen)


Bundesregierung und Bundestag beschließen, den ge-
wonnenen Spielraum konkret nutzen, um Probleme, die
sich möglicherweise im Verhältnis zwischen Bundestag
und Bundesregierung ergeben, konstruktiv zu lösen.

Ich warne davor, neue Blockaden aufzubauen. Wir
sollten versuchen, die Europäische Union handlungsfä-
higer zu machen. Wir sollten aber nicht das, was wir auf
europäischer Ebene hinter uns gelassen haben, sozusa-
gen durch die Hintertür im Deutschen Bundestag wieder
einführen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die Ratifizierung der europäischen Verfassung muss
uns gelingen. Wir sind zum Optimismus verbannt.


(Zurufe von der SPD: Verdammt!)

– Vielen Dank für den Hinweis. Das habe ich nun davon,
dass ich mir meine Rede nicht genau aufgeschrieben
habe. – Wir sind zum Optimismus verdammt, weil eine
Europäische Union, die unter den Regeln von Nizza zu
arbeiten hätte, aus meiner Sicht weder handlungsfähig
noch erweiterungsfähig oder zukunftsfähig wäre. Das
müssen wir uns immer wieder vor Augen halten.

Wir sollten gemeinsam einen Beitrag dazu leisten,
dass in allen Mitgliedstaaten die Ratifizierung gelingt.
Es ist nicht nur im deutschen Interesse, es ist auch im eu-
ropäischen Interesse. Lasst uns helfen, dass in den Nie-
derlanden, in Frankreich und überall dort, wo Referen-
den durchgeführt werden, die Bürgerinnen und Bürger
davon überzeugt werden, dass dies eine Chance für uns
ist! Da ist jede Hilfe, die wir den Partnern und Freunden
in Europa gewähren, sofern sie gewünscht wird, sicher-
lich geboten.

Ich will zum Schluss noch einen Punkt ansprechen,
der mich immer wieder irritiert. Gelegentlich äußern
sich Politikerinnen und Politiker sehr arrogant über die
Bürger, indem sie davon sprechen, dass die Bürger skep-
tisch seien, sich nicht für Europa interessieren würden
und keinen Anteil an diesem großen Projekt nehmen
würden. Ich frage einmal ganz selbstkritisch: Können
wir wirklich Begeisterungsfähigkeit von Bürgerinnen
und Bürgern verlangen, wenn wir selbst nicht begeistert
sind?


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir müssen es endlich schaffen, dass wir den Wulst an
technokratischen Regelungen, die leider mit dieser wun-
derbaren Idee von Europa verbunden sind, über Bord
werfen und dass wir auf den Kern Europas zurückkom-
men. Wirtschaftliche Prosperität, sozialer Zusammen-
halt, Friedensmacht Europa, internationale Solidarität
und Zusammengehörigkeit sowie ökologische Nachhal-
tigkeit sind die Punkte, um die es im Kern geht. Sie ver-
bergen sich gelegentlich hinter technischen Details. Es
lohnt der Blick in die EU-Verfassung. Sie ist eine Chance
für uns und die Bürgerinnen und Bürger.

Weil es sich in Deutschland um ein rein parlamenta-
risches Ratifizierungsverfahren handelt – das ist nun lei-

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(C (D er einmal so –, stehen wir Abgeordnete in einer besoneren Pflicht. Wir müssen begeistern können. Wir üssen Bürgerinnen und Bürger überzeugen können. ir müssen um Zustimmung werben. Wir müssen für espräche offen sein. Wir müssen uns der Kritik stellen. ur dann haben wir eine Chance, dass diese europäische erfassung in der Bevölkerung mehrheitsfähig ist. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Lassen Sie uns diese Ratifizierung auch als Chance
ür uns begreifen! Ich bin sehr optimistisch – wir werden
arum kämpfen –, dass unser gemeinsames Projekt
uropa eine gute Zukunft hat.
Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516000200

Ich erteile das Wort dem Ministerpräsidenten von
aden-Württemberg, Erwin Teufel.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger [FDP])



(Baden-Württemerg)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Der Bundesrat hat sich am vergangenen Freitag
it dem europäischen Verfassungsvertrag beschäftigt.
r hat seine Vorstellungen für das Ratifizierungsverfah-
en an die Adresse der Bundesregierung klar definiert.
Wir sind für diesen europäischen Verfassungsvertrag.
ir halten ihn für einen großen Schritt nach vorne. Er

ührt zu mehr Subsidiarität, zu mehr Bürgernähe, zu
ehr Transparenz, zu klar definierten Grund- und Men-
chenrechten für die Bürgerinnen und Bürger, zu mehr
emokratie, zu einem offeneren Verfahren in der euro-
äischen Gesetzgebung und zu einer klaren Kompetenz-
rdnung. Das alles ist sehr positiv zu werten. Deswegen
aben wir eine grundsätzlich positive Einstellung zu die-
em Vertrag. Wir werden ihn im Bundesrat ratifizieren.
Wir sind aber der Meinung, dass zum Besten in die-

em europäischen Verfassungsvertrag die Kontroll-
echte der nationalen Parlamente gehören.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


as sind übrigens, Herr Kollege Roth, nicht Gemein-
chaftsrechte von Bundestag und Bundesrat. Wir haben
ie Kontrollrechte im Verfassungsvertrag vielmehr als
echte jeder Kammer in den nationalen Parlamenten de-
iniert. Das muss nun auf eine wirksame Weise umge-
etzt werden. Dafür hat der Bundesrat vier Länder zu
erhandlungen mit der Bundesregierung beauftragt. Ich
abe am letzten Freitag ganz klar zu diesem Antrag Stel-
ng genommen, der in vielen Teilen mit dem überein-
timmt, was dem Bundestag heute in Gesetzentwürfen
orliegt. Ich möchte mich deshalb heute nicht wiederho-
n, sondern einige grundsätzliche Bemerkungen da-






(A) )



(B) )


Ministerpräsident Erwin Teufel (Baden-Württemberg)


rüber machen, warum Europa in eine bessere Verfassung
kommen muss.

Gestern vor 60 Jahren ist ein Bombenhagel über die
Stadt Pforzheim niedergegangen – mit mehr als
15 000 Toten. Vor wenigen Tagen haben wir den
60. Jahrestag der schrecklichen Bombardierung Dres-
dens mit Zehntausenden von Toten erlebt. Das war über
Jahrhunderte die geschichtliche Realität in Europa. Alle
20, 30 Jahre hat man in europäischen Bürgerkriegen, die
im 20. Jahrhundert zu Weltkriegen geworden sind, zu-
sammengeschlagen, was vorher mühselig aufgebaut
worden ist.

Man sagt: Die Menschen lernen nicht aus der Ge-
schichte. Die Deutschen haben aus der Geschichte ge-
lernt – spät genug. Wir sind nicht nur eine verspätete Na-
tion; wir sind auch eine verspätete Demokratie.

Konrad Adenauer hat dieses Land nach 1949 nach
Westen orientiert. Dies war nicht nur eine geographische
Orientierung nach Westen; dies war eine Orientierung
hin zu den freiheitlichen Demokratien des Westens,


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


hin zur freiheitlichen, demokratischen Verfassungstra-
dition des Westens. Wir verdanken inzwischen 50 und
mehr Jahre des Friedens und der Freiheit dieser West-
orientierung der deutschen Politik, der Aussöhnung mit
Frankreich und den ehemaligen Kriegsgegnern von ges-
tern, der europäischen Einigung und – das sage ich am
Tag nach dem Besuch von Präsident Bush in Mainz aus
ganzer Überzeugung – dem Bündnis mit den Vereinigten
Staaten von Amerika. Ohne all das hätten wir nicht die
längste Periode des Friedens und der Freiheit in
Deutschland erlebt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Deshalb ist jeder Deutsche, der bei Verstand ist, mit
der Ratio und dem Herzen für Europa. Aber es muss
doch all denen, die politische Verantwortung tragen, zu
denken geben, dass auch wir in den letzten zehn Jahren
in den monatlichen Umfragen, die die Europäische
Union in allen Mitgliedstaaten über die Akzeptanz von
Europa durchführt, im Unterschied zu früheren Zeiten,
als wir in Deutschland bei einer Zustimmung von 70 und
mehr Prozent lagen, bei den Werten der anderen Länder,
bei 45 bzw. 47 Prozent, angekommen sind. Das muss
uns doch zu denken geben.

Ich glaube, es gibt dafür einen einzigen Grund. Der
Bürger in Europa erlebt die Europäische Union als ein
fernes, technokratisches Gebilde. Es gibt so gut wie
keine europäische Öffentlichkeit. Es gibt ein Geflecht
von Zuständigkeiten. Der Bürger hat keine Übersicht.
Der Bauer, der Handwerksmeister, der Kommunalpoli-
tiker erleben aber fast tagtäglich europäische Gesetzge-
bung, von der sie der Überzeugung sind, dass sie bürger-
fern und problemfern ist, dass sie sehr viel besser auf

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(C (D ationaler Ebene, auf Länderebene, ja sogar auf kommualer Ebene erfolgen sollte. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Das ist der Grund, warum wir dringend eine europäi-
che Verfassung brauchten, die das Subsidiaritätsprin-
ip achtet. Europa ist nicht stark, wenn es sich um tau-
end Aufgaben, wenn es sich um tausenderlei Aufgaben
ümmert, sondern dann, wenn es sich um die richtigen
ufgaben kümmert.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Die richtigen Aufgaben lassen sich genau definieren.

s sind diejenigen Aufgaben, deren Lösung über die
raft des Nationalstaates hinausgeht. Kein Nationalstaat
ann sich heute mehr allein verteidigen. Deswegen sind
ragen der Außen- und Sicherheitspolitik zunehmend
uropäische Aufgaben. Ich bin nicht der Meinung, dass
uf diesem Gebiet Aufgaben an die Länder zurückgege-
en werden sollten, sondern dass zusätzliche Aufgaben
uf europäischer Ebene gelöst werden müssen.
Es ist ein Fortschritt, dass wir einen europäischen Au-

enminister mit zusätzlichen Zuständigkeiten bekom-
en. Es ist ein Fortschritt, dass wir die drei Säulen Euro-
as zusammengefügt haben. Es ist ein Fortschritt, dass
ir in Europa mehr Mehrheitsentscheidungen treffen
önnen. Es ist ein Fortschritt, dass wir in den Krisenher-
en der Welt nicht mehr mit drei Personen auftreten,
ämlich mit demjenigen, der gerade für ein halbes Jahr
en Vorsitz innehat, mit demjenigen, der ihn im letzten
alben Jahr innehatte, und mit demjenigen, der ihn im
ächsten halben Jahr innehaben wird. Wir bringen nun
ontinuität in dieses Amt. Das bisherige Vorgehen war
icht überzeugend.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Man muss einen weiteren Grund hinzufügen, warum

iese Verfassung notwendig war. Das bisherige Prinzip
ar außerordentlich erfolgreich. Die Europäische Union
st eine Erfolgsgeschichte. Das sollte man nicht verges-
en, sondern aussprechen. Was aber für die Gemein-
chaft der sechs, der zehn und der zwölf Mitgliedstaaten
öglich war und mit 15 Mitgliedstaaten kaum noch
unktioniert hat, funktioniert mit 25 Mitgliedstaaten
icht mehr. Ohne die Erfahrungen von Nizza – längster
ipfel: fünf Tage, vier Nächte – wäre es nicht zu dem
uftrag von Laeken, zu einem Konvent für eine europäi-
che Verfassung gekommen.


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Richtig!)

Betrachten wir das Ergebnis. Natürlich könnte jeder
das ist angedeutet worden –, der einen Verfassungsent-
urf schreiben will, eine aus seiner Sicht bessere Verfas-
ung schreiben.


(Klaus Uwe Benneter [SPD]: Oder eine andere!)


eder hat Wünsche. Es wurden aber entscheidende
chritte nach vorne getan.






(A) )


)

Ministerpräsident Erwin Teufel (Baden-Württemberg)


Erstens. Das Ergebnis des Grundrechtekonvents unter

der Leitung von Roman Herzog ist ohne Wenn und Aber
Teil der neuen europäischen Verfassung. Sie enthält alle
Grund- und Menschenrechte, wie sie einer rechtsstaat-
lichen, freiheitlichen Verfassung entsprechen.

Zweitens. Wir haben eine klare Kompetenzordnung.
Was ist nicht alles dagegen gesagt worden? Europa ist
ein dynamischer Prozess, der nicht an einem Tag in einer
Verfassung, in einer Kompetenzordnung eingefangen
werden könne. Die europäische Verfassung enthält heute
– ähnlich wie das Grundgesetz – einen Artikel über aus-
schließliche Zuständigkeiten der Europäischen Union,
einen Artikel über gemischte Zuständigkeiten, einen Ar-
tikel über ergänzende Zuständigkeiten, sogar einen Arti-
kel, in dem steht, worum sich die Europäische Union auf
gar keinen Fall kümmern darf, nämlich beispielsweise
um die innere Ordnung der Mitgliedstaaten. Es wird das
Selbstverwaltungsrecht der Städte und Gemeinden in
diesem Artikel anerkannt. Erstmals kommen in einem
europäischen Vertrag Städte vor, obwohl europäische
Kultur und Geschichte weitgehend Stadtkultur und
Stadtgeschichte sind. Das war höchste Zeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Man muss sich natürlich fragen, was die Einfallstore
dafür waren, dass immer mehr Zuständigkeiten, die man
besser auf nationalstaatlicher, auf regionaler oder kom-
munaler Ebene erledigen sollte, nach Europa verlagert
wurden.

Das erste große Einfallstor war der Binnenmarktarti-
kel, Art. 308 EGV, der so allgemein gefasst war, dass
mir zwei Kommissare gesagt haben: Wenn wir in kei-
nem europäischen Vertrag eine Begründung für eine
neue Kompetenz gefunden haben, dann haben wir uns
auf den Binnenmarktartikel bezogen; denn er schaffte
immer die Basis für eine neue Kompetenz.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Das zweite große Einfallstor war, dass jeder europäi-
sche Vertrag auf seinen ersten drei, vier Seiten und in
20 Spiegelstrichen mit allgemeinen Zielsetzungen be-
gann. Das war Lyrik nach dem Motto: Edel sei der
Mensch, hilfreich und gut.


(Heiterkeit bei der CDU/CSU und der FDP)

Auf dieser Basis konnte die Kommission immer eine Be-
gründung für eine neue Zuständigkeit finden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Deshalb war es nötig, diese Einfallstore zu schließen.
Das ist jetzt in Form einer klaren Kompetenzordnung
geschehen. Noch wichtiger ist, dass es darin klipp und
klar heißt: Allgemeine Zielsetzungen sind künftig nicht
mehr kompetenzbegründend. Vielmehr benötigt man
von nun an eine Einzelfallermächtigung. Wenn die Euro-
päische Kommission, die auch in Zukunft für die Set-
zung europäischer Normen – sie haben nun übrigens die

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(C (D leiche Bezeichnung wie im nationalen Recht; künftig andelt es sich um europäische Gesetze – zuständig ist, ine entsprechende Initiative ergreift, dann muss sie elbst vorher prüfen, ob der Grundsatz der Subsidiarität ingehalten ist und ob eine europäische Maßnahme überaupt notwendig und adäquat ist. Das Ergebnis ihrer rüfung muss sie im Einzelnen begründen und dabei anz klare Kriterien, die ihr vorgegeben sind, erfüllen; as halte ich für außerordentlich wichtig. Und dies unerliegt künftig einer Kontrolle durch alle nationalen Paramente. Nun zum Europäischen Rat bzw. zum Ministerrat. ie sind mir sicherlich nicht böse, wenn ich sage, dass er as reformbedürftigste Gremium war. ein demokratisches Parlament der Welt hat nicht öfentlich getagt. ber der Ministerrat hat nicht öffentlich getagt. Jetzt ist ffentlichkeit hergestellt. Herr Außenminister Fischer, ei dieser Gelegenheit bedanke ich mich für die gute Zuammenarbeit im Konvent. Eines nehme ich den Außeninistern allerdings ein bisschen übel: Als sie sich bei er ersten Befassung mit dem Verfassungsentwurf in om noch auf gar nichts verständigen konnten, haben ie die vorgesehene Schaffung eines Gesetzgebungsrates bgelehnt. In Zukunft wird es wiederum nicht einen Geetzgebungsrat, sondern sieben, acht, zehn oder zwölf esetzgebungsräte geben. Die Folge wird sein: Wenn sich – das ist ein beliebi es Beispiel – ein Umweltminister mit einem Vorhaben seinem nationalen Kabinett nicht durchsetzen kann, eil es dort auch noch einen Finanzminister, einen Wirtchaftsminister und einen Regierungschef gibt, (Heiterkeit bei der CDU/CSU – Peter Hintze [CDU/CSU]: Oh ja! Das hätten wir auch gerne!)


(Heiterkeit bei der CDU/CSU)


(Peter Hintze [CDU/CSU]: Doch, in Korea!)


as wird er dann tun? Er wird sein Vorhaben zwei Wo-
hen später im Ministerrat in Brüssel zur Sprache brin-
en. Dort ist er ausschließlich unter seinesgleichen, nur
nter Umweltministern. Die Chance, dass er dort Zu-
timmung für sein Vorhaben, mit dem er im nationalen
arlament gescheitert ist, bekommt, ist sehr viel größer.
aher müssen die Mitgliedstaaten so unglaublich viele
orgaben aus Brüssel in nationales Recht umsetzen, ob-
ohl ihre Kabinette entsprechende Pläne zuvor abge-
ehnt haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren, deswegen wäre nichts
ichtiger als die Schaffung eines einheitlichen Gesetz-
ebungsrates gewesen, besetzt mit einem Vertreter des
uswärtigen Amtes oder des Kanzleramtes


(Gerhard Schröder, Bundeskanzler: Und mit jedem Regierungschef!)


(B)







(A) )



(B) )


Ministerpräsident Erwin Teufel (Baden-Württemberg)


– das hätten Sie unter sich ausmachen müssen –, der eine
Gesamtschau hat und, wie es auch ein nationales Parla-
ment tut, an das Ganze denken muss.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Immerhin gibt es, was den Europäischen Rat bzw. den
Ministerrat betrifft, auch Verbesserungen. Es wurde das
Prinzip der doppelten Mehrheit eingeführt; das ist ein
Vorteil. In vielen Bereichen fand der Übergang zu Mehr-
heitsentscheidungen statt.

Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang einen Satz
zu einer der wenigen verbliebenen Streitigkeiten, näm-
lich zur Passerelle-Regelung, sagen. Es ist doch unstrit-
tig, dass, wenn wir heute Punkte hätten, bei denen von
der Einstimmigkeit zur Mehrheitsentscheidung überge-
gangen werden sollte, diese Teil der Beratungen im Bun-
destag und Bundesrat wären und einer Zweidrittelmehr-
heit bedürften. Wenn wir nun künftig, weil Politik ein
dynamischer Prozess ist, von Einheitsentscheidungen zu
Mehrheitsentscheidungen übergehen wollen, wäre ei-
gentlich eine Verfassungsänderung notwendig, so wie
das Grundgesetz normalerweise geändert werden müsste.
Da eine Verfassungsänderung aber 25 Ratifizierungen
bedarf, hat man ein vereinfachtes Verfahren geschaffen.
Aber wenn klar ist, dass es faktisch um eine Verfassungs-
änderung geht, dann muss man die nationalen Parla-
mente befassen wie jetzt bei der Grundentscheidung über
den Verfassungsvertrag. Nach meiner Meinung sollte die
Regierung vorher wissen, wie ihre Parlamente dazu ste-
hen. Das ist ganz einfach meine Meinung; diese Argu-
mente müssten zunächst einmal widerlegt werden.

Wir haben die Kommission nicht geschwächt. Leider
haben sich bei der Verringerung der Zahl der Kommis-
sare die Regierungschefs auf ein spätes Datum – erst
2014 – verständigt; wir sind von 2009 ausgegangen.
Aber ich weiß, wie schwierig es ist, wenn kleine Staaten,
wenn neue Staaten darauf bestehen, mit einem Kommis-
sar in der Kommission vertreten zu sein.

Die Rechte des Europäischen Parlaments wurden
entscheidend verbessert. Das halte ich für richtig. Seit
über 20 Jahren wählen wir ein Europäisches Parlament.
Wenn man die Bürger auf der Straße fragen würde, wür-
den 98 von 100 auf die Frage, wer das Gesetzgebungsor-
gan in Europa ist, sagen: das Europäische Parlament, das
wir wählen. Tatsächlich ist es der Ministerrat. Das Euro-
päische Parlament hat Befassungsrechte gehabt. Jetzt be-
kommt es haushaltsmäßig und gesetzgebungsmäßig fast
die Rechte, die der Ministerrat hat. Mittelfristig, glaube
ich, müssen sich das Europäische Parlament zur Bürger-
kammer und der Europäische Rat zur Staatenkammer
entwickeln, ganz ähnlich dem Modell Bundestag – Bun-
desrat.

Die Verbesserungen sind entscheidend, wenn auch
keineswegs ideal. Aber ich betrachte Europa vor allem
als eine Friedensgemeinschaft. Europa war das große
Erfolgsmodell nach dem Zweiten Weltkrieg: Von denje-
nigen, die übrig gebliebenen sind, von Westeuropa, Rest-
europa, wurden die Römischen Verträge abgeschlossen,
durch die die Europäische Gemeinschaft entstanden ist.

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(C (D ine Erweiterung nach Süden hat sich ergeben, es hat ine Erweiterung nach Westen gegeben und die nach orden. Die große Zeitenwende des Jahres 1989 hat die rweiterung nach Osten möglich gemacht. Ich vergesse icht, was mir der erste frei gewählte ungarische Miniserpräsident, Jozsef Antall, in Budapest gesagt hat: „Wir ehren zurück nach Europa. Wir haben uns nie von Euopa verabschiedet. Wir sind durch die sowjetische Heemonialmacht gewaltsam von Europa ferngehalten orden.“ Das alles ist nun vollendet mit der Gemeinchaft der 25. Es ist nicht einfach, in Europa um Komromisse zu ringen, aber es ist notwendig: Wir haben eine Alternative und wir haben jetzt ein klares Fundaent. Über die Verträge hinaus, die bisher von Diplomaen für Diplomaten geschrieben worden sind, haben wir etzt eine echte europäische Verfassung. Europa wird urch diese Verfassung in eine bessere Verfassung komen. Nicht alle Probleme sind gelöst, aber ein Meilentein für eine gute Zukunftsentwicklung ist gesetzt. (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516000300

Ich erteile dem Bundesminister des Auswärtigen,

oschka Fischer, das Wort.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Joseph Fischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516000400

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Mi-

isterpräsident Teufel, ich möchte mich dem Dank des
auses ausdrücklich anschließen. Das war nicht der üb-
iche Dank für die gute Zusammenarbeit, die wir hatten,
ondern das war der Dank für eine, wie ich finde, große
uropäische Rede, die Sie heute hier gehalten haben.
ber die Parteigrenzen hinweg möchte ich mich dafür
edanken.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)


Der baden-württembergische Ministerpräsident hat zu
echt mit der historischen Dimension begonnen. Ge-
ade in diesem Jahr, 60 Jahre nach dem Ende der Tragö-
ie des Zweiten Weltkrieges – der Jahrestag der Befrei-
ng des Vernichtungslagers Auschwitz liegt erst wenige
age zurück –, gedenken wir der Bombennächte, des
anzen Grauens der europäischen Zerstörung und auch
er deutschen Selbstzerstörung. Zugleich diskutieren wir
eute über einen ganz entscheidenden Baustein des euro-
äischen Einigungswerks, nämlich die europäische Ver-
assung. Deutschland ist heute von Partnern und Freun-
en in der Union der 25 und im Atlantischen Bündnis
mgeben.
Ich kann nur unterstreichen, was der baden-württem-

ergische Ministerpräsident gesagt hat: Aus der Ge-
chichte wird in der Regel nicht gelernt, aber die Euro-
äer haben daraus gelernt. Es gab zwei wichtige
mstände: Zum einen war es die Entscheidung der Ver-
inigten Staaten von Amerika, der Sicherheit und der






(A) )



(B) )


Bundesminister Joseph Fischer

Freiheit Westeuropas und damit auch des westlichen Teil
Deutschlands und Berlins nach 1945 verpflichtet zu blei-
ben, zum anderen war es die Vision einer europäischen
Einigung, die Schuman und Monnet, die beiden großen
französischen Staatsmänner, entwickelt und gemeinsam
mit Konrad Adenauer in den europäischen Verträgen
umgesetzt haben.

Herr Teufel, ich denke, Sie haben mit Ihrer Rede klar
gemacht, dass es sich hier bei allem notwendigen partei-
politischen Streit doch um ein gemeinsames Projekt han-
delt. Es geht nämlich darum, dieses Europa so zu schaf-
fen, dass dauerhaft Frieden auf diesem Kontinent
herrscht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wenn Sie so wollen, ist es nicht nur der eigentliche
Gründungsgedanke, sondern auch die Aufgabe der Euro-
päer, dass sie ihre Kontroversen nicht mehr auf den
Schlachtfeldern, sondern am Verhandlungstisch austra-
gen. Viel Bürokratie ist daraus zu erklären, weil es unter-
schiedliche Interessen gibt: Es gibt große und kleine
Länder, wir haben ein föderales, Frankreich hat ein zen-
tralistisches System, es gibt Staaten mit zwei Kammern
und andere mit einer Kammer und es gibt arme und rei-
che Länder, die auch auf materieller Ebene einen Interes-
senausgleich benötigen.

Die Erweiterungspolitik der Europäischen Union
ist eine große Erfolgsgeschichte. Hier im Raum sitzen
viele, die sich noch daran erinnern können, wie es in den
60er- und 70er-Jahren in Griechenland, Spanien, Portu-
gal und auch in Irland gewesen ist. Heute sind das Län-
der mit hoch entwickelten Wirtschaften, mit stabilen De-
mokratien und mit starken Zivilgesellschaften; es sind
Rechtsstaaten. Die Vorstellung, dass es dort noch einmal
zu einer Militärdiktatur kommen könnte, ist absurd und
abwegig. Neben der großen Leistung der betroffenen
Völker spielt der europäische Integrationsprozess dabei
eine ganz entscheidende Rolle. Irland, dessen tragische
Geschichte wir alle kennen, ist heute pro Kopf das
zweitreichste Land. Hieran kann man den großen Erfolg
erkennen.

Nach dem Fall von Mauer und Stacheldraht und nach
der Überwindung der künstlichen Teilung Europas durch
den Kalten Krieg war klar – es galt nicht nur für die Ost-
deutschen, dass sie über den europäischen Einigungs-
prozess der EU beitreten würden –, dass sich die euro-
päische Einigungsidee selbst verraten würde, wenn die
Ost-, Ost-Mittel- und Süd-Ost-Europäer von diesem
Einigungsprozess künstlich ausgeschlossen würden, ob-
wohl sie daran teilhaben wollen und können. Deswegen
hat es diese große Erweiterungsrunde gegeben. Ich
denke, das war ein notwendiger historischer Schritt und
er erweist sich zunehmend als großer Erfolg.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wir können die Bedeutung an der Rolle erkennen, die
die Europäische Union in der orangenen Revolution
gespielt hat. Das Zusammenspiel des polnischen und des
litauischen Präsidenten mit Javier Solana und den ande-

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(C (D en Europäern war der entscheidende Beitrag von außen afür, dass den neuen Prinzipien, auf denen Europa ruht nd sich weiterentwickeln wird, nämlich der Absage an influsszonen und hegemonialen Ansprüchen sowie der nterstreichung des Rechts auf Selbstbestimmung in reien und fairen Wahlen, zum Erfolg verholfen wurde. as hat für unsere zukünftige Sicherheit wie auch für die usammenarbeit mit Russland, die von strategischer Beeutung ist, eminente Bedeutung. Wir konnten auch sehen, was uns mit 15 Staaten nicht elungen ist. Ministerpräsident Teufel hat den Vertrag on Nizza angeführt. Dieser war nach dem Vertrag von msterdam nur eine weitere Stufe. Schon bei den Verandlungen in Maastricht sind bestimmte Fragen nicht eantwortet worden. Deswegen gab es die Regierungsonferenz in Amsterdam, bei der von „Überbleibseln“ esprochen wurde. Aber diese Überbleibsel waren bei iesen Verhandlungen die Hauptsache. In Nizza ging es m weitere Überbleibsel. Wir haben es mit 15 Staaten icht geschafft, hier eine Lösung zu finden. Aber ich abe im Konvent die Erfahrung gemacht, dass sich die euen und jungen Mitgliedstaaten in die europäische onsensfindung sehr schnell eingearbeitet haben. Desegen sehe ich es als eine große Leistung an, dass das, as die 15 Staaten, die alten Europäer, in drei Regieungskonferenzen nicht geschafft haben, mit 25 Mitliedstaaten in der Europäischen Union in zwei Regieungskonferenzen in nur sechs Monaten erreicht wurde, ämlich den Verfassungsvertrag, den der Konvent erareitet hat, letztendlich anzunehmen. Hieran zeigt sich uch, dass die These, eine größere Union, die zwar chwieriger, aber auch bedeutender sei, müsse weniger andlungsfähig sein, einfach nicht stimmt; denn sie hat ich als handlungsfähig erwiesen. Deswegen haben wir eute die Chance, über diese Verfassung in erster Lesung u diskutieren. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Der erste Schritt war die Erweiterung. Diese Erweite-
ung ist durch das Ende des Kalten Krieges und des Ost-
est-Konfliktes in einem positiven Sinne erzwungen
orden. Aber dieser Schritt bliebe Stückwerk, wenn wir
eim Nizza-Vertrag, der die geltende Grundlage ist, ste-
en bleiben würden. Ministerpräsident Teufel hat aus
icht der Länder die wichtigen Punkte genannt. Es ist
öllig klar: Wir brauchen eine gemeinsame Sicherheits-
nd Außenpolitik. Dabei kann nicht am Rotations-
odell der Präsidentschaft festgehalten werden. Jen-
eits aller Parteipolitik erlebe ich als Außenminister im
uropäischen Konzert, dass unsere Partner die Bedeu-
ung der Europäischen Union im Grunde genommen
rnster nehmen, als es die Struktur der Institutionen in
iesem Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik heute
ulässt. Sie wollen ein verlässliches europäisches Han-
eln, weil die Europäische Union in einem positiven
inne mehr und mehr zum internationalen Machtfaktor
ird. Daran haben auch die Gründungsväter und -mütter
er Union geglaubt und dafür gearbeitet. Dies spiegelt
ich ebenfalls in einem wesentlichen Teil des Verfas-
ungsvertrages wider.






(A) )



(B) )


Bundesminister Joseph Fischer

Wir brauchen eine Abkehr von der rotierenden Präsi-

dentschaft. Die Union muss eine beständige Repräsen-
tanz haben. Das mag für die Bürgerinnen und Bürger
weniger wichtig klingen. Aber die Rolle, die die Euro-
päische Union im gemeinsamen Interesse der Mitglied-
staaten und der Bürgerinnen und Bürger in der Welt
spielt, hängt davon ab. Wir brauchen einen Außenminis-
ter, der die europäische Außen- und Sicherheitspolitik
mit einem auswärtigen Dienst auf europäischer Ebene in
Verbindung mit den Mitgliedstaaten tatsächlich reprä-
sentiert. Diese Dinge sind für die Zukunftsfähigkeit von
entscheidender Bedeutung. Gerade einen Tag nach dem
Besuch von Präsident Bush wird klar, dass seine Aus-
sage, Amerika habe Interesse an einem starken Europa,
bedeutet, dass wir diese Verfassung brauchen, oder wir
bleiben bei dem zweiten Schritt, der auf die Erweiterung
folgen muss, stehen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Dasselbe gilt meines Erachtens auch für die innere
Ausgestaltung der Europäischen Union. Wenn gesagt
wird, die Bürgerinnen und Bürger interessierten sich we-
nig für Europa, dann, glaube ich, liegt das auch daran,
dass die Bürgerinnen und Bürger einen Sinn für die
Machtfrage haben. Dass das Europäische Parlament in
Zukunft wesentliche Rechte bekommt, wird dazu führen,
dass es mehr Verantwortung erhält. Dass es nicht mehr
für die allgemeinen Klauseln zuständig ist, sondern kon-
krete Zuständigkeiten besitzt, werden die Bürgerinnen
und Bürgern verstehen, die zwischen Kommunen, Land
und Bund differenzieren. Ich glaube, es ist keine Über-
forderung, allen klar zu machen, was in Zukunft in Eu-
ropa entschieden wird. Dies wird meines Erachtens zu
einer anderen Legitimationsgrundlage führen.

Dass der Präsident der Europäischen Kommission
schon heute im Lichte der Mehrheitsentscheidungen auf
Vorschlag vom Parlament gewählt wird, ist ein erster
Schritt in diese Richtung. Ich wage die Prophezeiung,
dass die Zeit, in der die Europawahlen eine geringere
Bedeutung hatten, zu Ende gegangen ist. Schon bei der
letzten Europawahl hat sich eine Verschiebung abge-
zeichnet. Ich bin der Meinung, dass dann, wenn diese
Verfassung Wirklichkeit wird und institutionell ausge-
schöpft wird, die demokratischen Prozesse, die für die
Willensbildung und die Akzeptanz durch die Bürgerin-
nen und Bürger von entscheidender Bedeutung sind, von
einer anderen Gewichtigkeit sein werden. Das geht dann
aber auch in Richtung Europäisches Parlament. Das be-
deutet, dann auch mehr Verantwortung zu übernehmen.
Das ist die zweite Konsequenz.

Damit komme ich auf die Ausgestaltung bei uns zu
sprechen. Ich bin der Meinung, dass das Parlament in
Zukunft natürlich eine wichtigere Rolle spielen wird.
Die Subsidiaritätsklausel muss ernst genommen wer-
den. Wenn es einen Dissens gibt – es fällt mir schwer,
Herr Kollege Teufel, heute einen Dissens zu Ihnen zu
finden –, dann liegt er vielleicht dort, jedoch nicht in der
praktischen Umsetzung. Jede Bundesregierung wird
doch klug genug sein, von Anfang an das Subsidiaritäts-
problem nicht nur im Auge zu haben, sondern sich auch

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(C (D olitisch darauf einzulassen. Nur, eine Bindung der Bunesregierung in den europäischen Verhandlungen, wie ie etwa für die dänische Regierung gilt, halte ich unter llen Gesichtspunkten – angesichts der Bedeutung unsees Landes, des Gewichts, des föderalen Aufbaus und er ganz anderen Größenordnung – für einen Schritt, der eines Erachtens die Handlungsfähigkeit der Bundesreierung auf europäischer Ebene begrenzen und damit icht in eine positive Richtung führen würde. Die Subsidiaritätsklage wird innerstaatlich ausgestal et werden. Das war das, was wir durchgesetzt haben. Es ird meines Erachtens darauf ankommen, dass die beien Kammern die entsprechenden Regelungen vereinbaen. Ich bin mir sicher, dass wir uns einigen können. Das ilt auch für die Subsidiaritätsrüge. Zur Passerelle: Es war immer die deutsche Position, eniger Einstimmigkeit zu wollen. Das war nicht nur ie Position von Rot-Grün, sondern die gemeinsame osition. Wir wollen Mehrheitsentscheidungen. Auch im ereich der Außenund Sicherheitspolitik war das Haus nisono der Meinung, dass wir mehr Mehrheitsentscheiungen wollen, also weg vom Veto. Jetzt komme ich zu der Frage der Bindung der Bun esregierung in den Verhandlungen. Sie haben zu Recht uf das Ratifikationsverfahren hingewiesen. Das findet interher statt, schon heute. Der Bundestag entscheidet icht vorher, ob er das will, sondern er entscheidet heute n einem Ratifikationsverfahren mit Zweidrittelmehreit, ob er das akzeptiert oder nicht. Ich finde den Vorchlag in der Verfassung, die Parlamente und dann, wenn s Zweikammersysteme gibt, beide Kammern über eine nderung entscheiden zu lassen, richtig. Das findet jeoch im Nachhinein statt und eine Vorabbindung der undesregierung ist nicht gegeben. Ich bitte das Haus, och einmal zu bedenken, welche Konsequenzen ein aneres Vorgehen hätte. Das ist völlig unabhängig von der arteipolitischen Zusammensetzung der Bundesregieung. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Das sind die Dinge, über die wir uns in Zukunft unter-
alten müssen. Ich möchte noch bezüglich des Gesetz-
ebungsrates, den Sie, Herr Kollege Teufel, zu Recht
ngesprochen haben, hinzufügen: Ich verhehle nicht,
ass ich ihn mir gewünscht hätte. Ich verletze nicht die
oyalitäts- und Verschwiegenheitspflicht eines Mit-
lieds des Kabinetts, wenn ich sage, dass es manche
ollegen gab, die aus Gründen, die Sie angeführt haben,
urchaus ein Fragezeichen gesetzt haben. Klar war: Wir
atten da keine Mehrheit.


(Klaus Uwe Benneter [SPD]: Ross und Reiter nennen!)


s waren zwei Mitgliedstaaten, die dafür gekämpft ha-
en, alle anderen Mitgliedstaaten waren dagegen, so-
ohl in der Runde der 15 Mitgliedstaaten als auch später
n der Runde der 25. Insofern gab es keine Chance, das
urchzusetzen.






(A) )



(B) )


Bundesminister Joseph Fischer

Ansonsten aber ist diese Verfassung gelungen: Wir

haben eine Parallelität von Rechten der Mitgliedstaaten
und Subsidiaritätsprinzip, wir haben die Stärkung der
Rechte des Europäischen Parlaments und der Kommis-
sion und die klare Definition des Verhältnisses zum Rat.
Wir haben bei der Gesetzgebung ein klares Verfahren,
das – das können wir mit einem gewissen Stolz sagen –
im Grunde genommen dem Dreisatz des Grundgesetzes
abgeschaut ist, nämlich die ausschließliche Gesetzge-
bung für beide Seiten und den konkurrierenden Bereich.
Es hat eine Klärung stattgefunden und es gibt keine all-
gemeinen Ermächtigungsklauseln mehr. Wir haben jetzt
europäische Grundrechte. Wer hätte gedacht, als Roman
Herzog damals den Auftrag übernommen hat, die
Grundrechte-Charta zu entwerfen – eine Initiative üb-
rigens, die von der Bundesregierung und insbesondere
von Bundeskanzler Schröder ausging; das gilt auch für
die anderen Bereiche, die ich eben vorgetragen habe –,
dass wir heute die Grundrechte-Charta mit verbrieften
Grundrechten in der europäischen Verfassung haben,
und das trotz der Widerstände auf europäischer Ebene?
Ich gehörte damals zu denen, die sich darüber gefreut
hätten, aber eine realistische Skepsis an den Tag gelegt
haben. Die ist widerlegt worden und das ist gut so.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)


Angesichts dessen, was diese Verfassung für die euro-
päischen Bürgerinnen und Bürger, die Integration der al-
ten und neuen Mitgliedstaaten, die verbesserte institutio-
nelle Arbeit auf europäischer Ebene und die verbesserte
Integration der nationalen Parlamente – unabhängig da-
von, ob es sich um eine oder zwei Kammern handelt –,
aber auch für die Europäische Union in ihrer zunehmen-
den außen- und sicherheitspolitischen Verantwortung be-
deutet, kann ich nur unterstreichen: Wir brauchen diesen
Verfassungsvertrag. Deswegen hoffe ich, dass das Haus
mit sehr großer Mehrheit möglichst schnell zu einer Ra-
tifikation kommt. Denn als Bundesaußenminister und
Europäer wünsche ich mir, dass einer der wichtigen
Staaten in der Europäischen Union eine klare, schnelle
und richtige Entscheidung trifft.

Ich danke Ihnen.

(Lebhafter Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516000500

Ich erteile Kollegen Werner Hoyer, FDP-Fraktion,

das Wort.


Dr. Werner Hoyer (FDP):
Rede ID: ID1516000600

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als

diese Debatte heute Morgen begann, war ich zunächst
außerordentlich überrascht. Ich habe noch keinen Ge-
setzentwurf der Bundesregierung erlebt, mit dem ein
Vertragswerk vergleichbarer Qualität eingebracht wor-
den ist, ohne dass die Bundesregierung das Vorhaben
durch eine Einbringungsrede begründet hätte.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


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(C (D Aber als der baden-württembergische Ministerpräsient hier gesprochen hat, ist diese Enttäuschung – um icht zu sagen: Empörung – über die Verschluderung arlamentarischer Sitten schnell gewichen. Herr Miniserpräsident Teufel, das war die große Rede eines großen uropäers. Ich danke Ihnen sehr herzlich dafür. ch danke Ihnen auch deshalb, Herr Ministerpräsident, eil Sie mit der Begründung dieses guten Entwurfs eies Verfassungsvertrags eine Perspektive verbunden haen. Denn er stellt einen Meilenstein dar. Wir haben aber och einen langen Weg vor uns; schließlich ist und bleibt s ein Vertrag. Es gibt noch keine Verfassung, die ähnlich den ersten Worten der amerikanischen Verfasung „We the people“ – mit „Wir, das Volk Europas“ beinnt. So weit sind wir noch nicht; es gibt noch kein taatsvolk. Uns liegt vielmehr ein Vertrag vor, der von den Re ierungen erarbeitet wurde und mithilfe einer neuen Einichtung zustande gekommen ist, die sich sehr bewährt at, nämlich der Konvent. Wir werden aber noch einen eiten Weg gehen müssen, bis die Europäer eines Tages ine Verfassung bekommen werden, die den Zusatz Vertrag“ nicht mehr benötigt. Dennoch ist der Vertrag gut. Er ist – auch aus liberaler icht – ein Kompromiss, der aber tragfähig ist. Sehr weentliche liberale Elemente – von den Grundrechten über ie Vertragsfreiheit, das Verbot der Überregulierung, die ubsidiaritätsforderung bis hin zur Verhältnismäßigeitsregelung – sind darin enthalten. Weil diese sehr guen Errungenschaften in das europäische Recht Eingang inden, werden wir Liberale dem Vertragswerk zustimen. Zu einem späteren Zeitpunkt wird es darum gehen, esentliche Lücken zu schließen, die bereits angesprohen worden sind. Ich habe es außerordentlich bedauert, ass im Rahmen der Regierungskonferenz, die den Enturf des Konvents alles in allem nur unwesentlich verchlechtert hat, zumindest in einem Punkt eine wesentlihe Verschlechterung zustande gekommen ist, nämlich eim Legislativrat. Damit sind große Gefahren verbunen. Ich denke, wir müssen durch nationale Vorsorge siherstellen, dass die gute Absicht des Konvents nicht in as Gegenteil verkehrt wird. Im Zusammenhang mit den zu schließenden Lücken st dann, wenn wir eines Tages vom Verfassungsvertrag u einer Verfassung übergehen, die den Zusatz „Vertrag“ icht mehr benötigt, die Frage zu berücksichtigen, wie ie Legimitationslücke zu schließen ist, die sich daraus rgibt, dass das Prinzip der Gleichgewichtigkeit der indiiduellen Wählerstimmen in der Europäischen Union uch in Zukunft noch nicht gelten wird. Zur Beruhigung ei deshalb gesagt: Für die Europapolitiker wird noch ehr viel zu tun bleiben, auch wenn der Verfassungsverrag vorliegt. Die Ratifizierung der Verfassung ist kein bürokra ischer Akt. Es geht vielmehr darum, die Zustimmung er Bürgerinnen und Bürger zu erzielen. Diese wird icht dadurch erreicht, dass wir eine Expertendebatte Dr. Werner Hoyer führen, sondern wir müssen die Debatte an die Bürgerinnen und Bürger herantragen. Es ist leicht, über die Bürokraten auf europäischer Ebene herzuziehen. In manchen Fällen ist das völlig unberechtigt, aber manchmal ist es leider auch berechtigt. Manchmal ist es unsinnige bürokratische Überregulierung oder sogar bevormundender Unfug, der aus Brüssel kommt. Manchmal müssen wir einfach nur erklären, dass eine europäische Richtlinie oder Rechtsetzung – welcher Art auch immer – zum Beispiel dazu dient, fairen Wettbewerb zu organisieren, und dass daher europäisches Handeln häufig ein Segen ist, gerade wenn es darum geht, unsere verkrusteten Strukturen in der Bundesrepublik Deutschland zu knacken. Wesentlich ist, dass wir Politikerinnen und Politiker uns darum bemühen, mehr zu erklären und zu werben. Information ist der erste Schritt. Sie haben zu Recht die historische Dimension des Verfassungsvertrages angesprochen. Wir unterschätzen völlig, welche große Bedeutung der Verfassungsvertrag hat, welche Anerkennung die europäische Integration bei den Menschen jenseits von Europa genießt und wie sehr Europa mittlerweile zu einem Modellfall für Regionen der anderen Welt geworden ist. Das sollten wir nicht länger tun. Diese Unterschätzung kommt übrigens auch darin zum Ausdruck, dass wir – wie ich finde: völlig leichtfertig und unnötig – auf die Perspektive einer europäischen Stimme in der Weltpolitik, also eines Sitzes im Weltsicherheitsrat, verzichten. Eines Tages kommt es noch so weit, dass der amerikanische Präsident Bush nach seinem Besuch in Brüssel die Forderung nach einem europäischen Sitz erhebt und sie gegen den Willen der Bundesregierung durchsetzt. Herr Bundesminister, man ist ja durch das beflügelt, was in den letzten Tagen möglich geworden ist. Der erste Schritt ist natürlich Information. Es ist schon ein ziemlicher Skandal, dass ein Lehrer – egal in welchem Bundesland –, der die Bundeszentrale für politische Bildung oder das Bundespresseamt anruft und fragt, ob es möglich ist, ihm den Text des vom Europäischen Rat verabschiedeten Verfassungsvertrags zuzuschicken, die Antwort bekommen wird, dass der Verfassungsvertrag leider noch nicht in gedruckter Form vorliegt, dass er ihn aber im Internet herunterladen kann. Der Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit führt gerade eine millionenschwere Medienkampagne mit der Überschrift „Sibirien bleibt kalt“ durch. Ich freue mich zwar ebenfalls über das In-KraftTreten des Kioto-Protokolls. Aber dass wir für den europäischen Verfassungsvertrag in gedruckter Form kein Geld übrig haben, wohl aber für eine solche Kampagne, die eigentlich nicht mehr erforderlich ist, um politische Überzeugungsarbeit zu leisten, ist schon ein ziemlich schlechter Scherz. Letzter Punkt. Dass die Europäerinnen und Europäer, insbesondere die Deutschen, so skeptisch und zurückhal t a a d g s D S L E u H k s k e w p D e v V f a a V f n k m d d p s r a L W s G z (C (D end sind und so schlecht informiert sind, hat natürlich uch etwas damit zu tun, dass wir gerade in Deutschland ls Politikerinnen und Politiker oft gar nicht die Notwenigkeit sehen, die Bevölkerung in der Breite zu überzeuen und mitzunehmen. Europa ist häufig unpopulär und chwer zu erklären. eswegen bleibt mancher gerne – Herr Kollege Gloser, ie gehören nicht dazu – wie die Hasen mit angelegten öffeln in der Ackerfurche liegen, wenn es darum geht, uropa zu erklären, und der euroskeptische Wind über ns hinwegweht. (Dr. Uwe Küster [SPD]: Nicht immer so tierische Vergleiche!)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)





(A) )


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(Beifall bei der FDP)


(Heiterkeit bei der FDP)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


(Zuruf des Abg. Günter Gloser [SPD])


ätten wir die Notwendigkeit, in einer Referendums-
ampagne das Volk mitzunehmen, müssten wir uns alle
ehr viel mehr anstrengen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich beklage den mangelnden Mut, der zum Ausdruck
ommt, wenn die Mehrheit dieses Hauses einen Volks-
ntscheid über die europäische Verfassung ablehnt. Es
aren doch die Grünen, die noch 2004 in ihrem Wahl-
rogramm ausdrücklich geschrieben haben:

In Deutschland soll der erste bundesweite Bürger-
entscheid über die neue Verfassung durchgeführt
werden.

ieses Haus hat niemals einen entsprechenden Gesetz-
ntwurf der Grünen gesehen. Wir legen Ihnen aber einen
or.


(Beifall bei der FDP)

on Ihnen wird zwar wolkig angekündigt, dass die Ein-
ührung eines Volksentscheides in größerem Rahmen
uf den Tisch des Hauses kommen wird. Wir warten es
b. Interessant ist aber, dass bis dahin der europäische
erfassungsvertrag mit der Brechstange durch das Rati-
izierungsverfahren gebracht werden soll. Ich finde das
icht sehr überzeugend. Wir werden Ihnen in naher Zu-
unft die Gelegenheit geben, in namentlicher Abstim-
ung über die Einführung eines Volksentscheids über
en europäischen Verfassungsvertrag zu entscheiden.
Ich sage dies für meine Fraktion nicht als Vertreter

erjenigen, die ohnehin für die Einführung von mehr
lebiszitären Elementen in unsere Verfassung eintreten,
ondern als jemand, der als überzeugter Anhänger der
epräsentativen Demokratie der Auffassung ist, dass
uch in einer solchen Demokratie die Repräsentanten der
egitimation durch das Volk bedürfen.


(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Das ist eigentlich unstrittig!)


ir haben 1990 – Herr Kollege Röttgen, ich sage das
ehr selbstkritisch – die Chance verpasst, dem Volk das
rundgesetz für das vereinigte Deutschland zur Ratifi-
ierung vorzulegen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)







(A) )



(B) )


Dr. Werner Hoyer

Wir sollten uns nun nicht die Möglichkeit nehmen, die-
sen Fehler bei der europäischen Verfassung zu vermei-
den. Deswegen haben wir Ihnen eine Grundgesetzände-
rung vorgeschlagen. Wir werden bald im Deutschen
Bundestag in namentlicher Abstimmung darüber zu be-
finden haben. Ich freue mich darauf, dass die Grünen
dann die Chance haben, ihre beachtliche Lücke zwi-
schen Versprechen und Halten, zwischen Wort und Tat
zu schließen.

Haben Sie herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516000700

Ich erteile Staatsminister Hans Martin Bury das Wort.


Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1516000800

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Gene-

ration meiner Großeltern hat Krieg gegeneinander ge-
führt. Heute ist Europa das erfolgreichste Friedensprojekt
aller Zeiten. Europäische Softpower ist so wirkungsvoll,
so attraktiv, dass sich viele Nachbarländer der EU auf den
Weg der Freiheit und der Demokratie gemacht haben.

Der Erfolg der Integration Europas ist zugleich die
größte Herausforderung für die Europäische Union. Er-
weiterung und Vertiefung gleichzeitig anzugehen war
ohne Zweifel ein Wagnis, war aber zugleich die Voraus-
setzung für das Gelingen. Machen wir uns nichts vor:
Bereits die EU der Fünfzehn stieß an die Grenzen ihrer
Handlungsfähigkeit. Doch erst gemeinsam mit den
neuen Mitgliedstaaten war der Handlungsdruck groß ge-
nug, um sich auf eine europäische Verfassung zu eini-
gen.

Diese Verfassung ist, allen berechtigten Wünschen
nach weiter gehenden Regelungen zum Trotz, ein Mei-
lenstein. Ja, sie ist mehr als das. Ich meine, die europäi-
sche Verfassung ist die Geburtsurkunde der Vereinigten
Staaten von Europa.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich weiß, dass das nicht jeder heute so sieht, dass das
manche heute nicht so sehen wollen. Aber ich bin zuver-
sichtlich, dass das im Rückblick einmal so eingeordnet
werden wird.

Jeremy Rifkin schreibt dazu:
Vor mehr als 200 Jahren erschufen die amerikani-
schen Gründerväter einen neuen Traum für die
Menschheit, der die Welt veränderte. Heute entwirft
eine neue Generation von Europäern einen radikal
neuen Traum – einen, der ihrer Überzeugung nach
den Herausforderungen der zunehmend vernetzten
und globalisierten Welt im 21. Jahrhundert besser
gerecht wird. Vielleicht können wir von unseren
Freunden in Europa etwas lernen.

Es liegt auch an uns, diesen Traum Wirklichkeit wer-
den zu lassen. Die Verfassung ist nicht der Endpunkt der
Integration, sondern der Rahmen für eine, wie es in ihrer
Präambel heißt, Ever Closer Union, für eine immer en-
gere Integration Europas.

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(C (D Europa hat gelernt. Wie so oft war eine durchaus krienhafte Entwicklung Voraussetzung für weitere Integraionsfortschritte. Ich erinnere mich sehr gut an die Deatten im Konvent über die Gemeinsame Außenund icherheitspolitik, als zur gleichen Zeit das Wort vom alen und neuen Europa die Runde machte. Das ist überunden. Die Konzeption einer Europäischen Sichereitsund Verteidigungspolitik ist Ausdruck eines elbstbewussten Europas, das bereit ist, Verantwortung u übernehmen. Wir nehmen Partnerschaft ernst und setzen auf die tärkung des transatlantischen Bündnisses. Ich freue ich, dass auch der amerikanische Präsident in dieser oche in Brüssel zum Ausdruck gebracht hat, dass ein tarkes Europa ein starker Partner der Vereinigten Staaen ist. Die Verfassung wird Europa handlungsfähiger ma hen. Das ist notwendig, weil wir in der EU auch die ntwort auf die Herausforderungen der Globalisierung ehen. Mit der Refokussierung der Lissabon-Strategie uf Wachstum und Beschäftigung, mit einer ökonomichen Interpretation des Stabilitätsund Wachstumsakts tragen wir dazu bei, Europas Wettbewerbsfähigkeit egenüber Nordamerika, Südostasien, China, Indien der dem Mercosur zu stärken. Doch es geht nicht nur um die Handlungsfähigkeit der uropäischen Union, sondern wir diskutieren im Zusamenhang mit der Ratifizierung der europäischen Verfasung auch über die Handlungsfähigkeit Deutschlands in uropa. Um deutsche Interessen – wer wollte ernsthaft estreiten, dass es diese auch in Zukunft geben wird – irkungsvoll zu vertreten, brauchen wir einen handungsfähigen Bundesstaat. Es ist bedauerlich, dass die öderalismuskommission nicht zu einem entsprechenen Ergebnis kam. Wir werden das Thema meines Erchtens wieder aufgreifen müssen. Weder Bund noch änder sollten aber jetzt den Versuch machen, die Ratifiierung der Europäischen Verfassung, die wirklich von istorischer Bedeutung ist, zum Anlass zu nehmen, die chlachten der Föderalismuskommission noch einmal zu chlagen. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Lassen Sie uns die Fragen miteinander regeln, die mit
er Ratifizierung unmittelbar zusammenhängen bzw. die
ich aus der Stärkung der nationalen Parlamente, wie
ie die Verfassung vorsieht, ergeben. Herr Ministerpräsi-
ent Teufel, die Stärkung der nationalen Parlamente ist
icht zuletzt – das gilt in Deutschland sowohl für den
undestag als auch für den Bundesrat – ein gemeinsa-
er Erfolg der deutschen Mitglieder im Konvent gewe-
en.
Ich bedanke mich bei den Europapolitikern der Koali-

ionsfraktionen für den Entwurf eines Begleitgesetzes.
hr Entwurf ist der eines selbstbewussten Parlaments,
as seine Rechte wahrnimmt und zugleich im Blick be-
ält, was Deutschland insgesamt in Europa und was die
uropäische Union voranbringt.






(A) )



(B) )


Staatsminister Hans Martin Bury

Wir wissen, dass es auch unter den Ländern und

selbst in der Opposition viel Sympathie für die Vor-
schläge der Koalitionsfraktionen gibt – zumindest bei
denjenigen, die sich noch an eigene Regierungszeiten er-
innern oder die Hoffnung darauf, irgendwann wieder
einmal Regierungsverantwortung im Bund zu überneh-
men, noch nicht völlig aufgegeben haben.


(Dr. Werner Hoyer [FDP]: Überhaupt nicht aufgegeben haben!)


Lassen Sie uns in den anstehenden Beratungen des
Begleitgesetzes zur europäischen Verfassung nicht dis-
kutieren, was der Regierung oder der Opposition, dem
Bund oder den Ländern nützt, sondern was im Interesse
der Bundesrepublik Deutschland in Europa liegt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

An die Adresse einiger Bundesländer sage ich mit Blick
auf die Beratungen im Bundesrat in der vergangenen
Woche deshalb: Wir beraten die Ratifizierung einer Ver-
fassung für Europa und nicht eine Durchführungsverord-
nung für den Föderalismus in Deutschland. Herr Minis-

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1516000900
Ich bin
dankbar, dass Sie diesen Akzent in der heutigen Debatte
im Deutschen Bundestag gesetzt haben.

Im Konvent und in der Regierungskonferenz hatte
sich Deutschland dafür eingesetzt, von der bisher als Re-
gel erforderlichen Einstimmigkeit grundsätzlich in die
Entscheidung mit qualifizierter Mehrheit überzugehen.
Eine Europäische Union mit 25 und mehr Mitgliedern
kann ihre Entwicklung nicht ständig vom jeweils lang-
samsten Mitglied abhängig machen.

Es liegt im Übrigen auch und gerade im deutschen In-
teresse, die schlechte Tradition zu beenden, dass sich
mancher sein nationales Veto gerne abkaufen lässt. Die
Verfassung sieht nun in zahlreichen Bereichen den Über-
gang zur Mehrheitsentscheidung vor. Aber noch immer
– da sind wir uns einig – bleiben zu viele Ausnahmen
vom demokratischen Mehrheitsprinzip bestehen.

Um nun nicht jeden zukünftigen Integrationsfort-
schritt in diesem Bereich mit der hohen Hürde einer Ver-
fassungsänderung zu behindern, wurde das Instrument
der Passerelle, der Brückenklausel, geschaffen. Dem-
nach soll der Europäische Rat einstimmig entscheiden
können, in weiteren Bereichen von der Einstimmigkeit
in die qualifizierte Mehrheit überzugehen. Doch das
Veto des Parlaments eines einzigen Mitgliedstaates in ei-
nem Zeitraum von sechs Monaten nach der ER-Ent-
scheidung kann diese Entscheidung aufheben.

Nun, wie es einige hier und im Bundesrat fordern,
auch noch die Entscheidung der europäischen Staats-
und Regierungschefs vorab an die Zustimmung des Par-
laments zu knüpfen, entspricht eben nicht dem Geist der
europäischen Verfassung und es entspricht nicht dem
Ziel, das wir gemeinsam in den Verhandlungen über die
Verfassung vertreten haben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wer für ein demokratischeres Europa eintritt, wer

grundsätzlich den Übergang zur Mehrheitsentscheidung
gefordert hat – Herr Ministerpräsident Teufel, Sie haben
das hier wiederholt getan – und wer eine entsprechende

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(C (D erfassung ratifiziert hätte, kann nun nicht das verblieene Flexibilitätsinstrument ad absurdum führen. Die asserelle ist als Brücke angelegt, nicht als Grenze. Lasen Sie uns diese Brücke miteinander beschreiten, Herr inisterpräsident Teufel. Wir haben ein gemeinsames Interesse, den Ratifika ionsprozess zum Erfolg zu führen, nicht nur in Deutschand. Wir wissen, dass in einigen Mitgliedstaaten noch ebhafte Debatten anstehen. Ich bedanke mich für die ereitschaft des Deutschen Bundestages, durch vielfälties Engagement seiner Mitglieder und nicht zuletzt urch ein rasches, zeitlich abgestimmtes Verfahren zu eier positiven Ratifikationsdynamik in Europa beizutraen. Frankreich und Deutschland: Die Aussöhnung zwi chen unseren Ländern, war die Basis für die Einigung uropas. Frankreich und Deutschland stehen auch heute ür eine EU, die mehr ist als ein Markt: nämlich ein Euopa der Freiheit und der Solidarität, ein Europa, das eine Verantwortung in der Welt wahrnimmt, ein Europa er Staaten und der Bürger. Die europäische Verfassung ist auch Ausdruck dieses erständnisses. Sie schreibt nicht nur die Werte und iele Europas fest. Sie gibt uns auch einen Rahmen, um iese Ziele zu erreichen, in Europa und darüber hinaus. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516001000

Ich erteile das Wort Kollegen Wolfgang Schäuble,
DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Wolfgang Schäuble (CDU):
Rede ID: ID1516001100

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

en! In der Politik brauchen wir Visionen und große
iele, aber wir müssen auch immer darauf achten, dass
ir den Bezug zur Realität nicht verlieren. Wir müssen
eides miteinander verbinden. Staatsminister Bury hat
erade davon gesprochen, dass dieser Vertrag über eine
uropäische Verfassung vielleicht eines Tages als Grün-
ungsurkunde für die Vereinigten Staaten von Europa
ngesehen wird. Das mag so sein, auch wenn wir wahr-
cheinlich ein anderes Modell vor Augen haben. Ich will
leich ein paar Bemerkungen zur Europäischen Union
achen.
Wie auch immer, es hätte schon der Bedeutung dieses

ertragswerks entsprochen, wenn es die Bundesregie-
ung hier ordentlich eingebracht hätte.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

ber die frohe Botschaft dieses Morgens ist, dass der
öderalismus wirklich eine gute Ordnung ist und funk-
ioniert. Wenn die Bundesregierung versagt, dann gibt es
inen Ministerpräsidenten, der das in vorbildlicher
eise macht. Herzlichen Dank, Erwin Teufel!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Klaus Uwe Benneter [SPD]: Nicht kleinlich werden!)







(A) )



(B) )


Dr. Wolfgang Schäuble

Herr Kollege Hoyer, in Ihrer Argumentation – vom

Anfang zum Ende hin – war ein gewisser Widerspruch;
den will ich an dieser Stelle doch kurz erwähnen. Am
Anfang haben Sie richtigerweise gesagt: Es ist ein Ver-
trag über eine Verfassung. Es ist auch nicht das Ende des
Verfassunggebungsprozesses in Europa. Es ist ein
Schritt auf dem Weg der europäischen Integration. Des-
wegen ist die Frage einer Volksabstimmung möglicher-
weise anders zu betrachten, als wenn wir eine Verfas-
sung hätten, wie Sie gesagt haben, mit der Formulierung
„We the people“. Das ist aber nicht so. Das wollen die
Menschen in Europa jedenfalls zum derzeitigen Zeit-
punkt auch nicht. Was die Menschen wollen, ist genau
diese neue Form politischer Integration.

Es war übrigens eine Idee, die wir in der Union entwi-
ckelt haben, nämlich einen Vertrag über eine europäi-
sche Verfassung zu schließen, weil das die beiden Ge-
sichtspunkte, Vision und Realität, richtig miteinander
kombiniert. Es ist ein Modell, in dem wir schrittweise
Teile von staatlicher Souveränität auf eine entstehende
neue politische Einheit übertragen. Das ist das Einzigar-
tige, das Neue, das Modellhafte der europäischen Inte-
gration. Es ist wichtig, dass der amerikanische Präsident,
wenn ich es richtig verstanden habe, bei seinem Besuch
in Brüssel in dieser Woche diesen Prozess zum ersten
Mal richtig verstanden und akzeptiert hat. Auch das
bringt uns ein ganzes Stück voran.

Aber wir müssen die Balance halten. Wir müssen die
Menschen in Europa auf diesem Weg mitnehmen und
überzeugen. Das ist schwieriger und eine größere Auf-
gabe, als wir uns das gelegentlich bewusst machen. Wir
dürfen das nicht zu einer Debatte von Technokraten und
Experten verkommen lassen.

Deswegen scheint mir wichtig zu sein, dass wir zu-
nächst Folgendes klar machen: Der Bereich der Außen-
und Sicherheitspolitik wird in den kommenden Jahren
der wichtigste der europäischen Integration sein. Alles,
was dazu gesagt worden ist, ist richtig. Es kann nicht
besser gesagt werden, als es von Erwin Teufel heute Vor-
mittag gesagt worden ist. Daran müssen wir weiter ar-
beiten. Damit verträgt sich nicht eine Politik der Bundes-
regierung, bei der sie vom deutschen Weg und von einer
Renationalisierung der Außenpolitik spricht. Damit ver-
trägt sich nicht eine Politik von Achsenbildung in Eu-
ropa. Vielmehr muss eine Politik betrieben werden, die
ganz Europa, große und kleine Mitgliedstaaten, zu einer
gemeinsamen Position bringt. Das sollten wir lernen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Ein weiterer Punkt. Wenn dieses Europa gelingen

soll, braucht es klare Wurzeln. Deswegen haben wir so
darum gerungen und sind nicht so ganz glücklich damit,
dass es nicht, noch nicht gelungen ist, die geistigen,
geistlichen, kulturellen und zivilisatorischen Grundla-
gen, ohne die Europa nicht werden wird und nicht wer-
den kann, was es werden muss, in diesem Verfassungs-
vertrag stärker zu beschreiben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das ist nicht rückwärts gewandt, sondern Voraussetzung
für Zukunftsgestaltung. Das ist wichtig.

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(C (D Der nächste Schritt ist übrigens, dass für mehr Verässlichkeit in der europäischen Politik gesorgt wird. eswegen sage ich Ihnen, Herr Bundeskanzler, bei dieem wichtigen Anlass mit aller Eindringlichkeit: Unterchätzen Sie nicht, wie sehr Sie das europäische Projekt adurch gefährden, dass Sie das Stabilitätsversprechen ür die europäische Währung, das wir gemeinsam eingeangen sind, durch Ihren laxen Umgang mit dem euroäischen Stabilitätsund Wachstumspakt gefährden. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Michael Roth [Heringen] [SPD]: Sie können es einfach nicht lassen!)


enn die Bürger den auf dem Weg zur europäischen
inheit gegebenen Zusagen und Versprechungen nicht
ertrauen können, wird ihre Zustimmung für Europa
icht wachsen. Das ist der entscheidende Punkt. Den
ollten wir nicht zu kleiner Münze verkommen lassen,
ondern müssen das immer wieder sagen: Verlässlichkeit
st die Voraussetzung dafür, dass sich die Menschen dem
uropäischen Einigungswerk anvertrauen. Anders wird
as nicht gelingen.


(Franz Müntefering [SPD]: Das ist der Unterschied zwischen Schäuble und Teufel! Den erleben wir jetzt seit zehn Minuten! Machen Sie nicht alles kaputt, was Erwin Teufel heute Morgen gesagt hat! – Beifall bei der SPD)


Herr Kollege Müntefering, ich sagte, damit das ge-
ingt, was wir gemeinsam wollen und bereits hier entwi-
kelt haben, ist es wichtig, dass man gegebene Verspre-
hen nicht nur in allgemein gehaltenen Reden, sondern
uch im Alltag beherzigt. Die Bürger achten nämlich
icht nur darauf, was wir heute sagen, sondern auch da-
auf, was wir morgen für eine Politik machen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Es ist ja auch gut, wenn wir darüber streiten. Das ge-

ört zur Demokratie. Deshalb will ich gleich hinzufügen
das hätte ich Ihnen sonst heute Vormittag erspart; aber
un haben Sie mich dazu gebracht –,


(Lachen bei Abgeordneten der SPD)

ass Sie, wenn Sie eine Politik der offenen Grenzen und
er Integration wollen, nicht Schindluder mit der Visa-
rteilung betreiben dürfen. Das passt nämlich nicht zu-
ammen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


enn es in Europa aufgrund des Schengen-Abkommens
ffene Grenzen gibt, müssen wir uns auch an dieses Ab-
ommen halten. Die Vorwürfe unserer Partner zeigen,
ass wir das Schengen-Abkommen verletzt haben. Mei-
er Meinung nach handelt es sich um einen schweren
erstoß, wodurch europäische Verlässlichkeit gefährdet
ird.


(Franz Müntefering [SPD]: Das ist eine historische Rede, die Sie halten!)


Ach, Herr Müntefering, Ihre Methoden kenne ich. Im-
er wenn Ihnen etwas nicht gefällt, versuchen Sie,






(A) )



(B) )


Dr. Wolfgang Schäuble

durch Zwischenrufe zu stören. Sie werden unsicher; Sie
haben auch allen Grund dazu.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wir sollten uns übrigens auch vor zu vielen Verspre-

chungen hüten. So habe ich in den letzten Jahren von
Rednern in europapolitischen Debatten zur Lissabon-
Strategie gehört, dass Europa bis zum Jahre 2010 zur dy-
namischsten und wachstumsstärksten Region in der Welt
gemacht werden soll. Das ist ein wunderschönes Ziel.
Jedoch wissen alle Beteiligten, dass sie dieses Verspre-
chen so nicht einhalten können. Wenn wir Quartal für
Quartal die ohnehin schon geringen Wachstumspro-
gnosen wieder nach unten korrigieren müssen, sollten
wir den Mund nicht zu voll nehmen, um nicht morgen
bei der Bevölkerung Enttäuschungen hervorzurufen, de-
ren Zustimmung und Vertrauen wir brauchen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Im Zusammenhang mit dem Thema europäische Sou-

veränität möchte ich noch ganz am Rande einen Punkt
erwähnen, der, wie ich glaube, wichtiger wird: Die De-
batte, die zwischen dem Bundesverfassungsgericht und
den europäischen Gerichten über die Grenzen von Ver-
bindlichkeiten der Entscheidungen auf den verschiede-
nen Ebenen geführt wird, wird zunehmend zu einer De-
batte über die Frage, wie sich nationale Souveränität
und europäischer Einigungsprozess miteinander ver-
binden lassen. Wir müssen dieses Thema ernst nehmen
und uns darum kümmern, damit hierdurch nicht neue
Stolpersteine auf den Weg zur europäischen Einigung
gelegt werden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das bringt mich zu dem nächsten Thema: Ein wichti-

ger Punkt im Verfassungsvertrag, dessen Ratifizierung
wir zustimmen werden, ist, dass die Rolle des Europäi-
schen Parlamentes gestärkt wird. Es ist aber genauso
wahr, dass in der Wahrnehmung der meisten Menschen
in unserem Land und in anderen europäischen Ländern
das Europäische Parlament nicht oder noch nicht in der
Lage ist, die alleinige Legitimation politisch-parlamen-
tarischer Entscheidungen sicherzustellen. Dazu werden
auch in Zukunft die nationalen Parlamente gebraucht.
Das ist nicht gegen Europa gerichtet, sondern dient dazu,
die europäische Einigung zu stärken und abzusichern.
Das wird ohne den Beitrag der nationalen Parlamente
nicht gehen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Deswegen müssen auch die nationalen Parlamente
ihre Verantwortung in diesem Punkt stärker wahrneh-
men. Wie das geschehen könnte, dazu haben wir Vor-
schläge vorgelegt. Ich weiß, dass Regierungen – das
habe ich auch schon bei der Vorgängerregierung erlebt –
es gar nicht so gerne haben, wenn sich Parlamente daran
beteiligen. Es ist aber auch eine Wahrheit, dass die not-
wendige Öffentlichkeit von Entscheidungen nur herge-
stellt werden kann, wenn die nationalen Parlamente

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(C (D echtzeitig beteiligt und befasst werden. Anderenfalls eht es schief. (Beifall des Abg. Dr. Peter Ramsauer [CDU/ CSU])


ei vielen aktuellen Entscheidungen, von den Antidis-
riminierungsrichtlinien bis hin zur Dienstleistungsricht-
inie, erleben wir, was geschieht, wenn die Öffentlichkeit
u spät von Entscheidungsprozessen in Kenntnis gesetzt
ird, die in Europa ablaufen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Unsere Vorschläge, wie dafür gesorgt werden kann,

ass durch Beratungen in unserem nationalen Parlament
echtzeitig europäische Entscheidungen transparent und
ffentlich gemacht werden können und damit die Legiti-
ität dieser Entscheidungen sichergestellt werden kann,
ind nicht gegen Europa gerichtet, sondern stärken den
uropäischen Einigungsprozess.
Wir wollen mit unseren Vorschlägen auch nicht die
andlungsfähigkeit der Regierung beeinträchtigen – da-
um geht es überhaupt nicht –, sondern wir wollen dafür
orgen, dass Entscheidungen, die die europäischen Insti-
utionen treffen, hinterher von der Bevölkerung auch als
erbindlich und parlamentarisch-demokratisch legiti-
iert akzeptiert werden können. Wer sich dafür einsetzt,
er stärkt den europäischen Einigungsprozess und will
hn nicht verhindern.
Sie als Koalitionsfraktionen haben Ihre Initiative so

urzfristig eingebracht, dass man auf der Tagesordnung
ieser Sitzung noch nicht einmal eine Drucksachennum-
er finden kann; dies zeigt schon die ganze Sorgfalt, mit
er Sie beraten haben.


(Michael Roth [Heringen] [SPD]: Wenn Ihnen die Nummer fehlt, können wir sie Ihnen gerne liefern!)


So ähnlich haben Sie auch den Verfassungsvertrag
eute Morgen eingebracht.
An der Zustimmung der CDU/CSU-Bundestagsfrak-

ion zu dem Ratifizierungsgesetz zum Vertrag über eine
uropäische Verfassung besteht kein Zweifel. Aber die
rage, wie wir die parlamentarische Beteiligung ausge-
talten, gehört nicht zu den Quisquilien. Deswegen wer-
en wir den Gesetzentwurf nicht einfach durchwinken,
ondern ihn sorgfältig beraten. Dabei werden wir das
iel verfolgen, gemeinsam mit Ihnen Lösungen zu fin-
en, die über eine stärkere Mitwirkung des nationalen
arlaments an der Legitimation europäischer Entschei-
ungen das europäische Einigungswerk für die Zukunft
tärken. Dazu bitte ich Sie um Ihre Unterstützung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Michael Roth [Heringen] [SPD]: Eine ziemlich unpassende Rede! Ziemlich kleinlich!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516001200

Ich erteile das Wort Kollegin Marianne Tritz, Fraktion
ündnis 90/Die Grünen.






(A) )



(B) )



Marianne Tritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516001300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich

wollte eigentlich einen anderen Einstieg für meinen Bei-
trag zur europäischen Verfassung wählen;


(Peter Hintze [CDU/CSU]: Dann nehmen Sie den lieber! Das ist besser!)


aber da Herr Schäuble noch einen kleinen Schlenker zur
Visageschichte gemacht hat, möchte ich darauf erwi-
dern.


(Michael Roth [Heringen] [SPD]: Ja, das tut auch Not!)


Herr Schäuble, die Europaabgeordneten von CDU/
CSU und FDP haben noch im Januar 2005 Visaerleich-
terungen für die Ukraine gefordert. In einem Ände-
rungsantrag zu einer Resolution zu den ukrainischen
Wahlen


(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Für die legale Einreise!)


hat die EVP-Fraktion den Rat und die Kommission auf-
gefordert, sich für die erleichterte Visavergabe an
Ukrainer einzusetzen. Alle Abgeordneten der CDU/CSU
und der FDP haben am 13. Januar 2005 in namentlicher
Abstimmung für diese Resolution gestimmt. – Vielen
Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, die europäische
Verfassung braucht eine breite Unterstützung im ganzen
Land. Dazu wollen wir hier und heute unseren Beitrag
leisten. Diese Verfassung wird die Europäische Union
demokratischer, transparenter und effizienter machen
und den Grundrechtsschutz der Bürgerinnen und Bürger
verbessern.

Alle Umfragen besagen, dass die übergroße Mehrheit
der Deutschen der EU-Verfassung positiv gegenüber-
steht. Zugleich sagen die Befragten jedoch, dass sie über
den Inhalt der Verfassung zu wenig wüssten. Es muss
unsere Aufgabe als Parlamentarier sein, diese Wissens-
lücken gemeinsam mit der Bundesregierung und den
Medien in den nächsten Monaten zu füllen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Dazu gehört, dass wir konkrete Ängste in der kritischen
Öffentlichkeit klar ansprechen und ausräumen müssen.

Zum Beispiel gibt es die Sorge, dass die Gemein-
same Außen- und Sicherheitspolitik zu militärisch
werden könnte. Lassen Sie mich darauf etwas genauer
eingehen: Die Stärkung der Gemeinsamen Außen- und
Sicherheitspolitik sowie der Europäischen Sicherheits-
und Verteidigungspolitik ist ein Prozess, der nicht mit
der europäischen Verfassung begonnen hat, sondern sich
vom Vertrag von Maastricht über Amsterdam und Nizza
bis zum heutigen Tage immer weiter entwickelt hat. Die-
sen Prozess halte ich für unverzichtbar. Nur ein gemein-
sames und starkes Europa hat wirklichen Einfluss im
Rahmen der internationalen Gemeinschaft.

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(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Michael Roth [Heringen] [SPD])


Man kann in diesem Zusammenhang sicherlich fra-
en, ob die Einrichtung einer europäischen Verteidi-
ungsagentur zwingend notwendig in der Verfassung
tehen muss. Ich meine, nein; denn die Verteidigungs-
gentur ist ohnehin schon im Aufbau, und zwar auf der
rundlage der jetzigen Verträge. Aber dass wir eine sol-
he Verteidigungsagentur brauchen, steht meiner An-
icht nach außer Frage. Jeder der 25 Mitgliedstaaten un-
erhält nach wie vor seine eigenen Streitkräfte und seine
igenen Rüstungskapazitäten. Arbeitsteilungen und das
usammenlegen von Fähigkeiten sind selten. Vielfach
ind diese Streitkräfte schon aufgrund unterschiedlicher
echnischer Standards nicht in der Lage zusammenzuar-
eiten. Das bedeutet konkret: Die europäischen Staaten
eben mehr Geld für Verteidigung aus als nötig. Mit der
uropäischen Verteidigungsagentur werden militärische
berkapazitäten abgebaut und – gesamteuropäisch be-
rachtet – Verteidigungsausgaben eingespart.
Außerdem ist die europäische Verfassung die erste

erfassung, die im Rahmen ihrer sicherheitspolitischen
estimmungen gleichberechtigt von zivilen und militäri-
chen Mitteln spricht. Wenn man sich Art. I-3 anschaut,
tellt man fest, dass es endlich auch aus friedenspoli-
ischer Perspektive eine positive andere Gewichtung der
ußenpolitischen Zielbestimmungen gibt. Dieser Bedeu-
ungszuwachs der europäischen Außen- und Sicherheits-
olitik sollte sich dementsprechend auch in der Verfas-
ung niederschlagen.
Zur Liberalisierung der Wirtschaftsordnung lassen

ie mich Folgendes sagen. Es ist schon eine skurrile Si-
uation: Während zum Beispiel von Attac kritisiert wird,
ass die europäische Verfassung eine neoliberale Wirt-
chaftsordnung festschreibt und das soziale Europa be-
rdigt wird, beschweren sich in Großbritannien Wirt-
chaftsverbände und die konservative Opposition über
u viel europäische Sozialpolitik und die damit verbun-
ene Bürokratie.


(Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Jeder nimmt wahr, was er wahrnehmen will!)


ie sorgen sich um die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Wirt-
chaft.
Für diese Verfassung musste ein Kompromiss gefun-

en werden und der ist nicht der schlechteste. Er wurde
olgendermaßen formuliert:

Die Union wirkt auf die nachhaltige Entwicklung
Europas auf der Grundlage eines ausgewogenen
Wirtschaftswachstums und von Preisstabilität, eine
in hohem Maße wettbewerbsfähige soziale Markt-
wirtschaft, die auf Vollbeschäftigung und sozialen
Fortschritt abzielt, sowie ein hohes Maß an Um-
weltschutz und Verbesserung der Umweltqualität
hin. Sie fördert den wissenschaftlichen und techni-
schen Fortschritt.
Sie bekämpft soziale Ausgrenzung und Diskrimi-
nierungen und fördert soziale Gerechtigkeit und so-






(A) )



(B) )


Marianne Tritz

zialen Schutz, die Gleichstellung von Frauen und
Männern, die Solidarität zwischen den Generatio-
nen und den Schutz der Rechte des Kindes.

Meine Damen und Herren, eine Verfassung, die das
Ziel der Vollbeschäftigung formuliert – was, nebenbei be-
merkt, in unserem Grundgesetz nicht zu finden ist –, dem
Vorwurf des Neoliberalismus auszusetzen, ist sicherlich
nicht zu rechtfertigen.

Kommen wir schließlich zum Vorwurf der „imperia-
len Machtpolitik“, wie ich es in einigen Papieren gegen
die Verfassung lesen durfte. Das ist natürlich totaler
Quatsch. Das bisherige Abstimmungssystem im Minis-
terrat war weder transparent noch gerecht. Bei jedem
neuen Beitritt gab es ein Geschacher über die Stimmge-
wichtung. Die Verfassung macht endlich Schluss mit
diesem System, das keine Bürgerin und kein Bürger je-
mals verstanden hat. Die doppelte Mehrheit ist ein kla-
res und zukunftsfestes Abstimmungssystem und wird
dem Doppelcharakter der Union der Bürgerinnen und
Bürger und der Union der Staaten bestmöglich gerecht.
Durch das Bevölkerungskriterium heißt es in Zukunft
„one man – one vote“. Durch das Staatenkriterium wird
sichergestellt, dass nicht wenige große Mitgliedstaaten
die kleineren und mittleren Staaten dominieren können.
Somit wird den berechtigten Interessen aller Seiten
Rechnung getragen.

Natürlich hat die Verfassung auch Schattenseiten; das
will ich gar nicht verhehlen. Aber sie wird sich in den
nächsten Jahren und Jahrzehnten weiterentwickeln. Na-
türlich hätte jeder diese Verfassung ein wenig anders ge-
schrieben. Aber als eine Verfassung, die von Politikern
verschiedenster Couleur aus 28 Staaten erarbeitet wurde,
ist sie ein ausgewogener Kompromiss zwischen den vie-
len unterschiedlichen Vorstellungen. Die europäische
Verfassung ist ein Meilenstein der europäischen Integra-
tionsgeschichte. Mit der neuen Verfassung wird man
wissen, wer am Ruder steht und wer was entscheidet:
Rat, Kommission oder Europäisches Parlament.

Wenn in einigen Jahren die erste Revision der Verfas-
sung auf der Tagesordnung stehen wird, dann werden
wir weiter für die Dinge kämpfen, die in diesem ersten
Anlauf leider nicht durchsetzbar waren. Dazu gehören
zuallererst die Abschaffung der verbliebenen Einstim-
migkeitserfordernisse im Ministerrat und die volle
Gleichberechtigung des Europäischen Parlaments, natür-
lich nicht zu vergessen die Abschaffung des unsäglichen
Euratom-Vertrags.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die Ratifizierung in Deutschland wird auch im Rest
Europas genau beobachtet. Wir sollten die parlamenta-
rische Beratung deshalb sorgfältig, aber ohne unnötige
Verzögerung durchführen. Ein deutliches Ratifizierungs-
signal aus Deutschland kann auch auf Abstimmungen in
anderen Staaten eine positive Auswirkung haben. Des-
halb sagen wir heute Ja zur Verfassung als ersten Schritt
zu mehr Handlungsfähigkeit. Wir sagen Ja zur Weiter-
führung des Dialogs mit dem Ziel, eine wirkliche poli-
tische Union zu entwickeln. Es ist unsere Aufgabe, die-
ses gemeinsame Europa den Bürgerinnen und Bürgern
nahe zu bringen.

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(C (D Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich würde mich reuen, wenn wir es schaffen könnten, die Schlussabtimmung über die Verfassung am Europatag, also am . Mai, durchzuführen. Dies wäre ein richtig starkes Sinal für Deutschland und Europa: Am 8. Mai feiern wir 0 Jahre Kriegsende und am Tag darauf beschließen wir n einer Sondersitzung die europäische Verfassung. Vielen Dank. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516001400

Ich erteile das Wort Kollegin Sabine Leutheusser-

chnarrenberger, FDP-Fraktion.

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP):
Rede ID: ID1516001500

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kolle-

en! Frau Tritz, ich stimme Ihnen in dem Punkt zu, dass
ie europäische Verfassung in Form dieses Vertrages ein
eilenstein und ein Quantensprung ist. Man stärkt das
ewicht der Europäischen Union, indem man ihr eine
igene Rechtspersönlichkeit verleiht und indem man ihr
eue Instrumente zur Wahrnehmung einer europäischen
ußen-, Verteidigungs- und Sicherheitspolitik gibt. Weil
as so ist, sind wir Liberale der Meinung, dass es in die-
em Stadium der Entwicklung richtig ist, auch die Bür-
erinnen und Bürger zu beteiligen.


(Beifall bei der FDP)

Von verschiedenen Rednern wurde zu Recht immer
ieder angesprochen, dass die europäische Öffentlich-
eit nicht in dem notwendigen Maße hergestellt wurde.
uropäische Identität und das Gefühl, sich in diesem Eu-
opa, das man nicht als technokratisches Monstrum be-
rachtet, zu Hause zu fühlen, werden erreicht, wenn
ommuniziert und diskutiert wird und wenn die Bürge-
innen und Bürger spüren, dass man ihnen offen sagt,
ie die Situation ist, und dass ihnen ein Mitspracherecht
ingeräumt wird. Diese Position ist bisher leider nicht
uf Zustimmung in diesem Hause gestoßen. Aber ich
enke, all diejenigen, die sich der Stärkung der Demo-
ratie verpflichtet fühlen und die diese Haltung zum
redo ihrer Politik gemacht haben, können aus guten
ründen unseren Vorschlag nicht ablehnen.
Wir sind froh, dass Rechtsstaatlichkeit, Menschen-

echte, aber auch Wettbewerbsfähigkeit und Marktwirt-
chaft als Ziele in dem europäischen Verfassungsvertrag
erankert sind. Es ist gut, dass viele mit uns gemeinsam
ie Kritik, wir würden für einen Neoliberalismus eintre-
en, zurückweisen. Diese Gemeinsamkeit hat es in der
ergangenheit in ähnlichen Situationen nicht häufig ge-
eben.
Wir sind dafür, dass die Europäische Union ein Raum

er Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ist. Wir wol-
en keine abgeschottete Europäische Union, die nieman-
en mehr hereinlässt – auch nicht nach Deutschland.
eshalb sind ordnungsgemäße Visumerteilungsverfah-
en wichtig und notwendig. Wenn es in anderen Staaten
otlagen gibt, werden wir uns für die Erteilung von Visa
mmer einsetzen. Daher finde ich es gut, dass im Januar






(A) )



(B) )


Sabine Leutheusser-Schnarrenberger

2005 im Europäischen Parlament in diesem Sinne ge-
handelt wurde.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Was wir aber nicht wollen, ist eine Visumspraxis, die

zum Missbrauch einlädt und die möglicherweise gegen
Gesetze verstößt.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Der gegenwärtige Sachverhalt muss aufgeklärt werden.
Ihre Linie, diese Auseinandersetzung zu bestehen, indem
Sie uns Vorwürfe machen, wird nicht tragen.


(Dr. Werner Hoyer [FDP]: Absurd!)

Für die Liberalen sage ich ganz deutlich: Wir wollen,

dass auch künftig Menschen in die Europäische Union
kommen können. Wir stehen für ein plurales, offenes
und aufgeschlossenes Deutschland. Genau das ist der
Geist, der in dieser europäischen Verfassung zu finden
ist.

Ganz entscheidend ist, wie die Begriffe „Bürgernähe“
und „Handlungsfähigkeit der Europäischen Union“ um-
gesetzt werden. Damit sind wir bei dem Punkt, dem Herr
Schäuble zu Recht eine große Bedeutung beigemessen
hat. Es ist keine Kleinigkeit, sich mit der Rolle des Bun-
destages bzw. der nationalen Parlamente in der Ord-
nung, wie sie der europäische Verfassungsvertrag schaf-
fen soll, auseinander zu setzen.

Wir waren immer dafür, dass eine Bundesregierung in
außenpolitischen Fragen handlungsfähig sein muss. Da-
bei ist es wichtig, das Parlament frühzeitig zu unterrich-
ten und zu informieren. Das funktioniert nie so hundert-
prozentig, wie sich das ein Parlament vorstellt. Auch als
noch Frau Kollegin Wieczorek-Zeul im Europaaus-
schuss die Opposition anführte und ständig bindende
Aufträge an die Bundesregierung formulierte, die Herr
Hoyer dann sofort mit nach Brüssel nehmen sollte,


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Ja!)

waren wir der Meinung, dass es nicht sein kann, dass
eine Bundesregierung in ihren Handlungsspielräumen so
eingeengt wird, dass ihre Vertreter in Verhandlungen nur
noch zum Telefon laufen und im Bundestag nachfragen,
ob sie das eine noch sagen dürfen, bei einem anderen Pa-
ket schon eine Meinung äußern dürfen oder sich erst
rückversichern müssen.


(Beifall bei der FDP)

Deshalb haben wir Bedenken gegen die vorgesehene
Form der Festlegung in einem sehr frühen Stadium und
gegen die Einschränkung der Handlungsmöglichkeiten
der Bundesregierung.

Wir sind aber der Meinung, dass der Bundestag bei
Mehrheitsentscheidungen hinterher zustimmen sollte.
Hier gibt es entscheidende Weichenstellungen weg von
der Einstimmigkeit hin zu mehr Mehrheitsentscheidun-
gen; dafür waren wir immer. Wir sind froh, dass jetzt in
mehr Bereichen Mehrheitsentscheidungen möglich sein
sollen. Wir hoffen, dass das mit den bestehenden Instru-
mentarien weiter durchgeführt werden kann. Er sollte

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(C (D ich nicht vorher festlegen, aber hinterher zustimmen. arum sollen wir uns denn nur versammeln, um ein ein, ein Veto zu formulieren? Es ist doch viel besser, enn man eine positive Beschlussfassung herbeiführt nd zustimmt, wozu es normalerweise immer der Mehreit im Hause bedarf. Das ist wichtig. Wir sind aber icht der Meinung, dass hierfür eine Zweidrittelmehrheit ötig sein sollte. In einem einzigen Punkt, Herr Teufel, möchte ich Ih en widersprechen. Die Kompetenzübertragung erfolgt it dem europäischen Verfassungsvertrag in den Bereihen, in denen es darum geht, von der Einstimmigkeit zu ehrheitsentscheidungen zu kommen. Dies würde eine weidrittelmehrheit des Bundestages nicht mehr rechtertigen. Ganz entscheidend ist, das Subsidiaritätsprinzip urchzusetzen und die Rechte der nationalen Parlamente u verteidigen, die wir haben und die man uns nehmen öchte, indem man gegen das Subsidiaritätsprinzip vertößt. Ich denke, dass wir uns zu einem späteren Zeitpunkt ier im Hause sehr intensiv mit dem am Ende stehenden lagerecht auseinander setzen sollten. Ich bin sehr wohl er Meinung, dass es ein Minderheitenklagerecht einer raktion geben sollte. enn sollen nur diejenigen, die die Regierung bilden, ntscheiden, ob eine Verletzung des Subsidiaritätsprinips vorliegt oder nicht? Juristische und andere Bewerungsfragen gehen hier Hand in Hand. ontrolle effektiv auszuüben wird nur dann möglich ein, wenn es ein Minderheitenrecht gibt. as wird nicht jedes Jahr zigmal wahrgenommen weren, sondern sich auf wichtige Punkte konzentrieren. ier haben wir eine andere Position, als es SPD und rüne in ihrem Vorschlag vorsehen. Vielen Dank. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Dr. Werner Hoyer [FDP]: Sehr richtig!)


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Richtig!)


(Beifall bei der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516001600

Ich erteile das Wort Kollegen Axel Schäfer, SPD-

raktion.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Axel Schäfer (SPD):
Rede ID: ID1516001700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eu-

opa schreibt heute Geschichte. Die Verfassung ist Aus-
ruck des Selbstbewusstseins, der Selbstbehauptung und
er Selbstachtung Europas.
Wir, die deutsche Sozialdemokratie, bringen dabei ei-

en unverwechselbaren Teil unserer Identität ein. Zur
rinnerung: Unsere junge Partei hat unter dem Namen






(A) )



(B) )


Axel Schäfer (Bochum)


ADAV schon im ersten Programm zur Reichstagswahl
des Norddeutschen Bundes 1866 formuliert:

Unter deutscher Einheit versteht die Arbeiterpartei
… einen Anfang eines solidarisch europäischen
Staates.

Für die SPD verbindet sich mit Europa eine Grund-
überzeugung über Generationen hinweg,


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

beginnend mit Ferdinand Lassalle und August Bebel,
über Friedrich Ebert, Philipp Scheidemann und Otto
Wels bis zu Kurt Schumacher, Willy Brandt, Helmut
Schmidt und Gerhard Schröder.

Unser Bundeskanzler macht auf europäischer Ebene
eine Politik, die die Interessen unseres Landes mit dem
Selbstbewusstsein, mit der Selbstbehauptung und mit
der Selbstachtung Europas verbindet. Das hat sich in den
letzten beiden Jahren überdeutlich gezeigt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die Kernbotschaft dieser Verfassung ist die „… Ge-
wissheit, dass die Völker Europas … entschlossen sind,
… immer enger vereint ihr Schicksal gemeinsam zu ge-
stalten“. Das ist nur auf der Grundlage einer länderüber-
greifenden Idee möglich. Auf ihrer Grundlage wurde
durch praktisches Handeln Schritt für Schritt eine neue
Wirklichkeit geschaffen und eine neue Staatsräson von
heute 25 Mitgliedsländern begründet.

Ferner ist das nur durch einen parteiübergreifenden
Verfassungsbogen möglich, der von Konservativen und
Christdemokraten über Liberale, Grüne bis hin zu den
Sozialdemokraten – manchmal auch ein Stück darüber
hinaus – reicht. Deshalb gilt neben all jenen, denen
schon Dank ausgesprochen wurde – Joschka Fischer und
Erwin Teufel –, mein ganz persönlicher Dank den deut-
schen Mitgliedern des Europäischen Parlaments Klaus
Hänsch genauso wie Elmar Brok von der CDU und ein
Stück weit Sylvia-Yvonne Kaufmann, eine einsame
Streiterin für die Verfassung in der PDS.

Diese Verfassung bringt die Europäische Union auf
dem Weg vom Staatenverbund hin zu den vereinigten
Staaten von Europa ein deutliches Stück voran. Sie bein-
haltet die Selbstverpflichtung der Länder, ihre Souverä-
nität nicht mehr im klassischen Sinn, als Abgrenzung ge-
gen die Nachbarn, zu verstehen, sondern wichtige Teile
der Macht zusammen auszuüben und große Bereiche der
Politik miteinander zu gestalten. Wir sind auf dem Weg
zu einer Union von Bürgerinnen und Bürgern, die sich
gemeinsam in ihrer unterschiedlichen Nationalität als
Europäerinnen und Europäer fühlen.

Deshalb muss sich auch unsere Begrifflichkeit än-
dern. „Die in Brüssel“ gibt es nicht. „Die in Brüssel“,
das sind immer auch wir, unsere Abgeordneten, unsere
Minister, unsere Beamten und unsere Vertreter im Verein
mit den anderen, die auch so sind wie wir, die mit uns
eine Gemeinschaft bilden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


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(C (D Diese Verfassung verpflichtet uns zugleich, zwischen en Zuständigkeiten, also zwischen den ausschließichen, den geteilten und den ergänzenden Kompetenen, klarer zu unterscheiden. Weil wir ein föderales uropa wollen, müssen wir zugleich dort begrenzen, wo in Zentralstaat entstehen könnte. Ich gehe noch ein Stück weiter. Weil die Europäische nion allen Staaten Europas offen steht, welche die in er Verfassung definierten Werte und Ziele achten, müsen wir auch beginnen, über die Finalität des Einiungsprozesses zu sprechen. Das heißt, wir müssen anz klar sagen: Weitere Beitritte von Staaten des Euroarates sind nur möglich, wenn sich diese Länder in eiem längeren Integrationsprozess so wandeln, dass sie in ie EU aufgenommen werden können, und wir die EU leichzeitig so entwickeln, dass sie handlungsfähig leibt. as heißt auch, weder die Staaten des nördlichen Afrias noch des Nahen Ostens werden der EU beitreten önnen. Hier dürfen wir keine Illusionen und Zweideuigkeiten verbreiten. Es gilt vielmehr, mit den Ländern ieser Großregionen besondere Verbindungen weiter uszubauen – Stichwort Euromed – und eine spezifische, ertrauensvolle, enge Kooperation zu schaffen. Diese Verfassung, liebe Kolleginnen und Kollegen al er Parteien und Fraktionen hier im Haus, verpflichtet ns auch selbst. Wir sind in der Sozialdemokratischen artei Europas, in der Europäischen Volkspartei, bei den uropäischen Liberaldemokraten und bei den Grünen. ir müssen uns selbst europäisieren. Das bedeutet, wir üssen die europäische Einigung bei unserer innerpareilichen Arbeit als die Besonderheit des Alltags annehen. Wir müssen sie in jede politische Dimension einringen und nicht von einer speziellen Europapolitik eben Kommunal-, Landesund Bundespolitik sprehen. Bei der nächsten Europawahl müssen wir den Mut ha en, gemeinsame Spitzenkandidaten der Parteifamiien aufzustellen, damit man weiß – das ist der Auftrag ieser Verfassung –, wer zum Beispiel als Sozialdemoratin oder Sozialdemokrat in Europa für diese Union nspruch erhebt, Kommissionspräsident zu werden. as Gleiche gilt auch für Sie von der CDU/CSU. Hierzu aben die Kolleginnen und Kollegen von den Grünen bei er letzten Wahl einen wichtigen Ansatzpunkt geliefert. Dazu gehört auch, dass wir jetzt in anderen Ländern nd in unseren Mitgliederparteien für die Verfassung erben müssen. Ich sage sehr stolz: Nur ein Sozialdeokrat hat im Europäischen Parlament gegen die EUerfassung gestimmt; das ist die beste Quote aller Frakionen. Es bleibt insbesondere für die Kolleginnen und ollegen von der EVP noch eine Menge zu tun – die änder, in denen dies der Fall ist, will ich nicht nenen –, weil wir nicht nur in Deutschland, sondern in jeem einzelnen Land eine Mehrheit brauchen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


So weit zur Position der SPD-Fraktion.






(A) )



(B) )


Axel Schäfer (Bochum)


Erlauben Sie mir jetzt eine persönliche Anmerkung.

Dieser wichtige Tag, an dem wir Mut zu Europa bewei-
sen, wird durch Kleinmut bei der Ratifizierung leider et-
was getrübt. SPD, Grüne, FDP und CSU haben sich im
vergangenen Jahr dafür ausgesprochen, ein Referendum
zu ermöglichen. Diese Parteien stellen 409 von 601 Ab-
geordneten. Das entspricht exakt zwei Dritteln der Mit-
glieder des Bundestages. Trotz einer solch großen Mehr-
heit war es nicht möglich, die CDU von ihrer Ablehnung
abzubringen, sie in unsere Mitte zu nehmen und davon
zu überzeugen, dass der Weg einer Volksabstimmung in
Deutschland richtig ist; das bedaure ich sehr.

An die Kolleginnen und Kollegen von der FDP ge-
wandt möchte ich deutlich machen: Hätten Sie im
Jahre 2002 dem Vorschlag von Rot-Grün, Volksent-
scheide in das Grundgesetz aufzunehmen, zugestimmt,
statt ihn mit 16 zu 18 Stimmen abzulehnen, hätten wir es
in der heutigen Debatte leichter.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Werner Hoyer [FDP]: Damals ging es um etwas anderes, Herr Kollege!)


Wenn es um Entscheidungen in grundlegenden euro-
päischen Angelegenheiten geht, sind in 24 von 25 EU-
Staaten Elemente direkter Demokratie vorgesehen – bei
uns nicht. Warum das so ist, kann ich Ihnen zwar poli-
tisch erklären; ich will es aber persönlich nicht rechtfer-
tigen. 75 Prozent der Bürgerinnen und Bürger in unse-
rem Land wollen über die EU-Verfassung abstimmen;
damit haben sie Recht. Alle Vorbehalte, die die Referen-
dumsgegner gegenüber der EU-Verfassung haben, sind
überholt. Diejenigen, die aus strategischen bzw. takti-
schen Gründen gezögert haben, sind leider auch von der
Realität widerlegt worden.


(Beifall bei der FDP)

Trotz der parlamentarischen Ratifizierung, die in

Deutschland durch Bundestag und Bundesrat stattfindet,
wird die problematische Volksabstimmung in Großbri-
tannien leider nicht, wie erhofft, unterbleiben, werden
wir ein mögliches Referendum leider nicht, wie geplant,
eher durchführen können, als es in Frankreich geschehen
wird, vermeiden wir leider auch nicht das Risiko eines
zu geringen Interesses oder gar, wenn das Referendum in
Form eines Plebiszits durchgeführt wird, einer Ableh-
nung durch die Bevölkerung; das sollte deutlich gesagt
werden.

Das Ergebnis des Votums in Spanien ist eine großar-
tige Zustimmung. Die Beteiligung an der Abstimmung
erreichte fast das Niveau der letzten Europawahl. An
dieser Stelle danke ich Gerhard Schröder persönlich und
im Namen meiner Fraktion dafür, wie er sich dort enga-
giert hat. Das war ein gutes Beispiel für die Europapoli-
tik eines sozialdemokratischen deutschen Bundeskanz-
lers.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich weiß sehr wohl: All diejenigen, die nur in Bundes-
tag und Bundesrat über die EU-Verfassung abstimmen

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(C (D ollen, haben die Tradition unseres Landes und die jetigen Bestimmungen des Grundgesetzes auf ihrer Seite; as wiegt ohne Zweifel schwer. In der gegenwärtigen Siuation, in der sich Europa dynamisch entwickelt, verarren wir dadurch allerdings in einer Struktur, die in en Jahren 1948 und 1949 geschaffen wurde, als die Väer und Mütter unseres Grundgesetzes von einer europäichen Einigung nur träumen konnten. Eine Ratifizierung der EU-Verfassung, die mit breiter ffentlicher, kritischer und informativer Diskussion auch auf supranationaler Ebene –, mit Veranstaltunen, auch mit Papierbergen, Festivitäten, Sachaufkläung und Medienrummel begleitet worden wäre, hätte ie europäische Idee besser in den Köpfen und Herzen er Menschen verankert und die auch in schwierigen eiten notwendige Zustimmung zum erreichten Stand er europäischen Integration verbessert. Apropos Information, lieber Kollege Hoyer: Vom undespresseamt wurden 25 000 Broschüren zur euroäischen Verfassung herausgegeben, (Dr. Werner Hoyer [FDP]: Von der Kommission, Herr Kollege, nicht vom Presseamt!)


on denen ich Ihnen eine bereits überreicht habe.
Das gewählte Verfahren geht an den zukunftsweisen-

en Intentionen des Grundgesetzes vorbei. Buchstabe
nd Geist unserer Verfassung besagen, die Bürgerinnen
nd Bürger durch Wahlen und Abstimmungen an Ent-
cheidungen zu beteiligen, bis schließlich vom deutschen
olk in freier Entscheidung eine Verfassung beschlossen
ird. Das war bei Gründung der Bundesrepublik be-
anntlich noch nicht möglich.
Direkte Demokratie – auch das ist ein Ergebnis der

riedlichen Revolution in der DDR – hätte bei Voll-
ndung der deutschen Einheit sehr wohl praktiziert wer-
en können, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU/
SU und FDP. Dann wäre ein Volksentscheid über die
uropäische Verfassung heute pure Selbstverständlich-
eit.
Ich weiß – damit komme ich zum Ende –, der Deut-

che Bundestag hat in grundlegenden, faktisch nicht kor-
igierbaren Entscheidungen – eine solche steht auch
eute an – fast immer eine glückliche Hand bewiesen:
it der Westintegration, bei der Ostpolitik und auch in
er Hauptstadtfrage. Nur ein einziges Mal, soweit ich
as in Erinnerung habe, hat sich ein unabänderlicher Be-
chluss unseres Hauses vor der Geschichte als Torheit
rwiesen: der Boykott der Olympischen Spiele in Mos-
au 1980. Wenn wir in Kürze hier – so hoffe ich –, mit
ast 598 von 601 Abgeordneten für die EU-Verfassung
timmen, ist das eine außergewöhnliche Leistung in
eutschland und ein großer Erfolg für Europa.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516001800

Das Wort hat nun der Kollege Peter Altmaier, CDU/
SU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)







(A) )



(B) )



Peter Altmaier (CDU):
Rede ID: ID1516001900

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir reden

heute über die europäische Verfassung, wenige Wochen
nachdem die bundesdeutsche Föderalismuskommission
ohne ein einziges greifbares Ergebnis im Streit auseinan-
der gegangen ist. Demgegenüber haben es immerhin
mehr als 220 Vertreterinnen und Vertreter aus 28 Staaten
mit völlig unterschiedlichen Interessen, Auffassungen
und Erfahrungen geschafft, sich in einem vergleichbaren
Zeitraum auf eine europäische Verfassung zu verständi-
gen, die nach dem Urteil aller Beteiligten eine entschei-
dende Verbesserung und einen großen – manche sagen:
historischen – Fortschritt bedeutet.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Worin liegt diese Diskrepanz? Ich glaube – sehr geehrter
Herr Müntefering, Sie werden mir innerlich wahrschein-
lich beipflichten –, die Föderalismuskommission ist
nicht zu einem Ergebnis gekommen, weil es einige Be-
teiligte gab – wir wissen auch, wo sie sitzen –,


(Klaus Uwe Benneter [SPD]: Auf der Bundesratsbank!)


die aus Sorge, ein Wahlkampfthema zu verlieren, den
Erfolg dieser Jahrhundertreform gefährdet haben.

Die europäische Verfassung ist dagegen zustande ge-
kommen, weil alle Beteiligten – die Länder, die poli-
tischen Familien, die Delegierten im Konvent – bereit
waren, zum entscheidenden Zeitpunkt über ihren eige-
nen Schatten zu springen und Lösungen zu akzeptieren,
die sie jahrelang erbittert bekämpft haben. Es war für die
Briten noch vor zwei Jahren völlig undenkbar, einen eu-
ropäischen Außenminister zu akzeptieren, die Verbind-
lichkeit der Grundrechte-Charta zu akzeptieren oder sich
vorzustellen, dass der Präsident der Europäischen Kom-
mission vom Europäischen Parlament gewählt wird. Es
war für unsere französischen Nachbarn nicht der Punkt
eins auf der Agenda, das Europäische Parlament zu stär-
ken und das Gewicht der Europäischen Kommission
deutlicher hervorzuheben. Es war für die Polen und die
Spanier ein ganz schwieriger Prozess, das, was sie in
Nizza an Stimmengewicht im Ministerrat erkämpft hat-
ten, zugunsten der doppelten Mehrheit, die uns am Her-
zen lag, wieder herzugeben.

Meine Damen und Herren, auch wir hätten in dieser
europäischen Verfassung natürlich gerne mehr Mehr-
heitsentscheidungen gehabt, vor allem im Bereich der
Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Wir hät-
ten uns eine noch deutlichere Kompetenzabgrenzung ge-
wünscht, weniger Bürokratie und einfachere Strukturen.
Aber gerade der Umstand, dass diese europäische Ver-
fassung eben nicht zu 100 Prozent die Wünsche und die
Vorstellungen eines einzigen Landes widerspiegelt, hat
dazu beigetragen, dass Europa insgesamt gewonnen hat
und damit alle Bürgerinnen und Bürger.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Woran liegt es denn nun, dass wir zwar eine Verfas-
sung haben, die nach der Einschätzung aller Experten ei-
nen großen Fortschritt, auch für die Bürgerinnen und

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(C (D ürger, bedeutet, dass dieser Verfassung aber viele Menchen mit Skepsis begegnen? Ich glaube, in den letzten ahren ist ein Bewusstseinswandel eingetreten. 40 Jahre ang gingen wir ganz selbstverständlich davon aus, dass as, was im europäischen Interesse wichtig ist, auch im ationalen, deutschen Interesse liegt. Heute glauben imer mehr Menschen – auch in vielen Fällen, wo es gar icht so ist –, dass es einen Gegensatz zwischen dem euopäischen Interesse auf der einen Seite und dem deutchen, nationalen Interesse auf der anderen Seite gibt. (Vorsitz: Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms)


ür diese Entwicklung gibt es viele Gründe. Ich meine,
s ist auch die Schuld – nicht allein – einer Bundesregie-
ung, die ständig von nationalen Interessen spricht und
ie europäischen Institutionen in vielen Fällen mit die-
em Argument angreift, in der Praxis aber relativ wenig
on den Interessen, die sie definiert hat, durchsetzt.


(Beifall bei der CDU/CSU)

och nie hat eine Bundesregierung derart gegenüber
rüssel getönt und in der Praxis dann so wenig erreicht.
Herr Bundesaußenminister, das hat einen Grund; er

iegt nicht in Brüssel. Ich bin überzeugt, dass das Funk-
ionieren der Europäischen Union nach wie vor im vita-
en deutschen Interesse liegt, weil kein anderes Land so
tark wie Deutschland auf funktionierende Strukturen
ngewiesen ist und weil kein anderes Land durch eine
unktionierende Europäische Union einen derart großen
estaltungsspielraum erhält. Es gibt aber ein anderes
roblem, nämlich die Frage, wie wir mit der europäi-
chen Politik innenpolitisch umgehen. Wir können na-
ürlich nicht wissen, welche Interessen wir in Brüssel
urchsetzen wollen, wenn wir uns nicht rechtzeitig Ge-
anken darüber machen, worin unsere Interessen beste-
en und welche wir in Brüssel durchsetzen möchten. Ge-
au das ist der Punkt, über den wir im Zusammenhang
it der Ratifizierung diskutieren müssen.
Ich will ausdrücklich anerkennend sagen, dass Rot-
rün einen Gesetzentwurf vorgelegt hat, in dem eine
eihe von wichtigen und vernünftigen Aspekten für den
nnerstaatlichen Umgang mit der europäischen Poli-
ik angesprochen wird. Dieser Gesetzentwurf bleibt aber
eit hinter dem zurück, was wir benötigen, um unseren
mgang mit der europäischen Politik so neu zu organi-
ieren, dass wir das Vertrauen der Bürgerinnen und Bür-
ern zurückgewinnen können.


(Michael Roth [Heringen] [SPD]: Darüber reden wir noch einmal!)


Lieber Michael Roth, es geht bei dieser Frage nicht
m einen Konflikt zwischen dem nationalen Parlament
uf der einen und der Regierung auf der anderen Seite.
s geht um die Frage, wie wir die innerstaatliche De-
atte so organisieren können, dass wir rechtzeitig wis-
en, welche politischen Positionen wir im Ministerrat
nd im Europäischen Parlament vertreten wollen. Es ist
ben so, dass es zu Projekten wie REACH oder zur
ienstleistungsrichtlinie auf der einen Seite des Hauses
ndere Vorstellungen gibt als auf der anderen Seite des






(A) )



(B) )


Peter Altmaier

Hauses. Warum fangen wir in vielen Fällen erst dann an,
uns über die Auswirkungen europäischer Richtlinien Ge-
danken zu machen, wenn sie in Brüssel bereits beschlos-
sen und im Gesetzblatt veröffentlicht sind?


(Zuruf von der SPD: Völlig richtig!)

Das ist das Problem. Der Lösung dieses Problems dient
unser Gesetzentwurf.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Ich denke, wir täten gut daran, zwei klare Signale zu

geben, nämlich auf der einen Seite das Signal, dass wir
diese europäische Verfassung mit einer großen partei-
übergreifenden Mehrheit in diesem Haus wollen, und
auf der anderen Seite das Signal, dass wir uns gemein-
sam der Herausforderung stellen, die innerstaatlichen
Strukturen an die notwendigen Veränderungen anzupas-
sen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516002000

Herr Kollege Altmaier, erlauben Sie eine Zwischen-

frage des Kollegen Roth?


Peter Altmaier (CDU):
Rede ID: ID1516002100

Gerne, ja.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516002200

Bitte schön.


Michael Roth (SPD):
Rede ID: ID1516002300

Lieber Herr Kollege Altmaier, ich würde Ihnen gerne

eine Frage stellen.

(Dr. Angela Merkel [CDU/CSU]: Das haben wir erwartet!)

Stimmen Sie mit mir darin überein, dass es für den Bun-
destag schon jetzt – verbrieft in Art. 23 Abs. 3 des
Grundgesetzes – die Möglichkeit gibt, Stellungnahmen
abzugeben, die die Bundesregierung berücksichtigen
muss? Wenn dem so ist, würden Sie dann auch zur
Kenntnis nehmen, dass der Deutsche Bundestag bislang
in geschätzten 3 bis 5 Prozent aller Rechtsetzungsakte
Gebrauch davon gemacht hat?


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Weil Sie immer dagegen waren!)



Peter Altmaier (CDU):
Rede ID: ID1516002400

Lieber Herr Kollege Roth, stimmen Sie mit mir darin

überein, dass diese Bestimmung unter der Verantwor-
tung einer CDU-geführten Bundesregierung ins Grund-
gesetz aufgenommen wurde und dass der Umstand, dass
in den letzten Jahren davon so wenig Gebrauch gemacht
worden ist, möglicherweise auch mit dem Desinteresse
zu tun hat, das man diesen Fragen in den Reihen der jet-
zigen rot-grünen Mehrheit entgegenbringt?


(Beifall bei der CDU/CSU – Michael Roth [Heringen] [SPD]: Das ist doch eure Sache, die der Opposition!)


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(C (D Meine Damen und Herren, diese Verfassung, über die ir diskutieren, ist die Verfassung des freiheitlichen, des ürgerlichen und des demokratischen Europas. Die Euopäische Union mit dieser Verfassung ist kein zahnloser iger, sondern ein Akteur, der in der Weltpolitik Geicht haben wird. Nun haben wir die Europäische Union it dieser Verfassung nicht neu erfunden. Nach dem ank an die Verfassungsväter, an Erwin Teufel und viele ndere, die für diese Verfassung gearbeitet haben, st es auch wichtig, zu sagen: Wir vollenden mit dieser erfassung das, was die Gründungsväter der Europäichen Union und der europäischen Integration seit onrad Adenauer quer über alle Parteien und Fraktionen inweg für Europa erreicht haben. Wir haben in der Verfassung den freiheitlichen spekt der europäischen Integration betont. Wir haen uns zur sozialen Marktwirtschaft bekannt, aber largestellt, dass dazu eben auch der Markt gehört und ass die Europäische Union nur mit Freiheit und Wettbeerb ihren Platz in einer globalisierten Welt verteidigen nd ausbauen kann. Wir haben den Stabilitätspakt in der europäischen erfassung nicht geändert, weil wir glauben, dass dies er falsche Weg ist. Es ist schon erstaunlich: Die Bunesregierung und Rot-Grün haben in den letzten beiden ahren die amerikanischen Freunde bei jeder Gelegeneit kritisiert. Man kann darüber diskutieren, wie man as im Einzelnen bewertet. Aber ich stelle in einem unkt ein herzliches Einvernehmen zwischen der Bushegierung auf der einen Seite und der Fischer/Schröderegierung auf der anderen Seite fest, nämlich im Glauen daran, mit ausufernden Staatsdefiziten die Wachsumsprobleme in den jeweiligen Ländern lösen zu könen. Das ist ein Irrweg. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


achdem Sie bei jeder Gelegenheit an Bill Clinton und
adeleine Albright erinnern, sollten Sie einmal auch be-
enken, dass die höchsten Wachstumszahlen in den Ver-
inigten Staaten erreicht worden sind, als das öffentliche
efizit am niedrigsten war. Deshalb ist die Frage, wie
ir mit dem europäischen Stabilitätspakt umgehen, eine
anz entscheidende Frage des Vertrauens in die Europäi-
che Union.
Die Europäische Union ist auch bürgerlich in dem

inne, dass wir die Sicherheitsbedürfnisse der
enschen ernst nehmen. Es ist oft gesagt worden: Die
ffnung der Grenzen führt zu Kriminalität, Visamiss-
rauch und vielem anderen. Deshalb finde ich es schon
eachtlich, dass sich jetzt in der Europäischen Union
erausstellt, dass der sozialistische Einwanderungs- und
ustizkommissar Vitorino möglicherweise strengere und
eriösere Einreisevorschriften verantwortet hat, als sie
on dem deutschen Bundesinnenminister Schily und
em deutschen Bundesaußenminister Fischer national
raktiziert worden sind.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] Peter Altmaier [SPD]: Das musste einmal untergebracht werden!)





(A) )


(B) )


Erlauben Sie mir, noch zwei Punkte anzusprechen.
Die Europäische Union wird mit dieser Verfassung de-
mokratischer werden. Das wollen wir über alle Par-
teigrenzen hinweg und dafür haben wir im Konvent ge-
meinsam gekämpft. Das muss man dann aber auch in der
Praxis akzeptieren und praktizieren. Ich habe nie ver-
standen, wie jemand nach dem Ausgang der Europawahl
mit der Europäischen Volkspartei als der mit Abstand
stärksten Fraktion im Europäischen Parlament auf die
Idee kommen konnte, den – von uns allen als Person ge-
schätzten – Herrn Verhofstadt aus Belgien als neuen
Kommissionspräsidenten zu installieren. Auch meine
Fraktion schätzt Herrn Verheugen als guten Europäer
und versierten Kommissar. Dass aber die Partei, die in
der Europawahl das niedrigste Stimmergebnis erzielt
hat, das sie in ihrer ganzen Geschichte in nationalen
Wahlen erreichen konnte, den Anspruch erhebt, in die
Europäische Kommission einen Vertreter ihrer Partei zu
entsenden, ist eben kein Beispiel dafür, wie man die
Demokratisierung Europas voranbringt.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Die europäische Verfassung bringt nicht nur die euro-

päische Integration voran, sondern greift auch berech-
tigte Interessen der Mitgliedstaaten auf und schützt
sie. Ich will zum Thema Kompetenzabgrenzung sagen:
Lieber Herr Teufel, Sie haben sehr viel dazu beigetragen,
dass es zu einer besseren Kompetenzabgrenzung kommt.


(Peter Hintze [CDU/CSU]: Jawohl!)

Wenn wir im Jahre 1949 vergleichbare Regelungen im
deutschen Grundgesetz gehabt hätten, dann stünden
heute die Länder bei der Verteilung der Kompetenzen in
vielen Bereichen besser da, und wir hätten die Föderalis-
muskommission vielleicht gar nicht gebraucht. Insofern
haben wir hier Voraussetzungen dafür geschaffen, dass
sich auch das Verhältnis zu den Mitgliedstaaten in der
nächsten Zeit entspannen kann.

Es ist heute noch nicht gesagt worden, aber ich halte
es für wichtig: Die Europäische Union ist auch eine
Werteunion. Wir haben es nicht geschafft, einen Got-
tesbezug zu verankern. Das war von Anfang an schwie-
rig, weil nur ein Drittel aller Staaten in Europa einen der-
artigen Gottesbezug in ihren Verfassungen hat. Ich hätte
mir allerdings schon gewünscht, Herr Bundesaußen-
minister, dass, nachdem Hunderttausende und Millionen
von Menschen sich hierfür mit ihren Unterschriften aus-
gesprochen haben, die deutsche Bundesregierung we-
nigstens den Versuch gemacht hätte, dieses Anliegen in
den entscheidenden Beratungen der Regierungskonfe-
renz durchzusetzen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir haben aber, auch ohne dass Sie dies getan haben,

vieles erreicht. Wir haben das religiöse Erbe in die Ver-
fassung aufgenommen und wir haben die Würde des
Menschen im ersten Artikel der Grundrechte-Charta
ganz prominent geschützt. Ich glaube, dass diese Verfas-
sung mit ihrem Wertebezug ein wichtiges Signal auch

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(C (D ber die Grenzen der Europäischen Union hinaus sein ird. Wir können nicht alle Probleme der Welt dadurch sen, dass wir die Europäische Union ständig erweitern, ir können aber ein klares Signal an alle demokratischen nd alle demokratiebereiten Länder geben. Die Verabchiedung dieser Verfassung wird dieses Signal nicht nur Europa, sondern weit darüber hinaus sein können. Vielen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Werner Hoyer [FDP])



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516002500

Das Wort hat die Kollegin Dr. Gesine Lötzsch.

Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1516002600

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

en! Herr Ministerpräsident Teufel, Ihre Rede ist hier
och gelobt worden.


(Dr. Andreas Schockenhoff [CDU/CSU]: Zu Recht!)


arum will ich klar ansprechen, was mir nicht gefallen
at. Sie sprachen vom Bombenhagel auf deutsche Städte
nd Sie sprachen von ehemaligen Kriegsgegnern, die
ich jetzt wieder versöhnt hätten. Sie vergaßen aller-
ings, zu erwähnen, dass Nazideutschland einen Welten-
rand gelegt und andere Länder überfallen hat. Darstel-
ngen wie diese tragen zu einer Geschichtsumdeutung
ei, der wir uns entgegenstellen.


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos] – Widerspruch bei der CDU/CSU)


ir als PDS sind klar bei Richard von Weizsäcker, der
om 8. Mai 1945 als vom Tag der Befreiung sprach.


(Zuruf von der CDU/CSU: Nichts dazugelernt!)


Vertrauen beruht immer auf Gegenseitigkeit. SPD,
DU/CSU und Grüne trauen nicht den Bürgern unseres
andes und die Bürger trauen immer weniger den
tablierten Parteien. Sie, meine Damen und Herren, ha-
en noch nicht verstanden, dass Sie Vertrauen nicht ein-
lagen können. Sie müssen den Bürgern auch Vertrauen
chenken. Das tun Sie nicht. Sie verweigern sich einem
olksentscheid zur EU-Verfassung


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Lesen Sie einmal den „Stern“!)


nd wollten doch einmal mehr Demokratie wagen. Die
DS fordert, wie auch die FDP, einen Volksentscheid
um EU-Verfassungsentwurf. Damit sind wir hier im
arlament zwar eine Minderheit, aber in Europa gehören
ir damit zur Mehrheit.


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos] – Axel Schäfer [Bochum] [SPD]: Aber Sie sind gegen die Verfassung!)


arum dürfen Spanier, Franzosen, Briten und Europäer
us insgesamt zehn Ländern über die EU-Verfassung
ntscheiden, aber nicht die Bundesdeutschen? Das kön-
en Sie keinem Menschen erklären. Auch Sie, Herr






(A) )



(B) )


Dr. Gesine Lötzsch

Schäfer, haben das hier in Ihrer persönlichen Erklärung
bedauert.

Wir als PDS können erklären, warum wir gegen diese
Verfassung sind. Dafür gibt es zwei gute Gründe: Ers-
tens. Die Verfassung setzt auf militärische Stärke, auf
Aufrüstung und weltweite militärische Konfliktlösun-
gen.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Völlig unsinnig!)


Zweitens. Die Verfassung setzt auf freien Markt – nicht
auf soziale Marktwirtschaft –, freien Geldverkehr und
freie Konkurrenz.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Sie haben nichts gelesen und nichts verstanden!)


Wir wissen, dass Wettrüsten und militärische Kon-
fliktlösungen in Europa nie funktioniert haben. Unsere
Erfahrungen zeigen im Gegenteil, dass Europa unter die-
ser Logik in den letzten 100 Jahren nur gelitten hat. Wir
wollen dieser Logik nicht länger folgen. Diese Logik ist
weder für Europa noch für einen anderen Kontinent oder
ein anderes Land gut.


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])

Es ist auch ein gefährlicher Irrglaube, dass wir Europa
militärisch aufrüsten müssen, um unsere Unabhängigkeit
gegenüber den USA zu sichern oder herzustellen. Ein
solches Unterfangen wäre nicht nur ökonomischer
Wahnsinn, es würde auch ein lebensgefährliches Wett-
rüsten einleiten.

Aber einige Lobbyisten scheinen bereit zu sein, jedes
Risiko einzugehen, damit die Rendite stimmt. Wir haben
es erst kürzlich hier im Bundestag mit dem Eurofighter
erlebt: Wir geben wissentlich für ein schlechtes Flug-
zeug Unsummen aus, weil wir nicht aus geschlossenen
Verträgen mit unseren europäischen Partnern aussteigen
können. Schon jetzt tricksen die europäischen Rüstungs-
unternehmen die nationalen Parlamente aus und freuen
sich auf die in der Verfassung festgeschriebene Europäi-
sche Verteidigungsagentur, die bisher Rüstungsagentur
hieß, was aus meiner Sicht weitaus ehrlicher war. Die
Kontrolle dieser Rüstungsagentur wird – ich darf den
Artikel zitieren – wie folgt beschrieben:


(8) Das Europäische Parlament wird zu den wich-

tigsten Aspekten und den grundlegenden Weichen-
stellungen der Gemeinsamen Sicherheits- und Ver-
teidigungspolitik regelmäßig gehört. Es wird über
ihre Entwicklung auf dem Laufenden gehalten.

Das hört sich wirklich nicht nach einer knallharten Kon-
trolle an. Damit wird Korruption und Selbstbedienung
Tür und Tor geöffnet.


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])

Es geht aber nicht nur um den äußeren Frieden, son-

dern auch um den inneren. Der Verfassungsentwurf setzt
auf „offene Marktwirtschaft mit freiem Wett-
bewerb“. Wir erleben doch gerade, was das praktisch
heißen soll. Dienstleistungsunternehmen sollen in
Zukunft nur noch den Anforderungen ihres Herkunfts-

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(C (D andes unterliegen. Auflagen und Kontrollen des Tätigeitslandes würden gänzlich untersagt. Örtliche Tarifverräge, Qualifikationsanforderungen und Standards beim rbeits-, Umweltoder Verbraucherschutz könnten auf infache und billige Weise unterlaufen werden. Das Reultat wären ein weiterer Sozialabbau und weiteres achstum der Armut innerhalb Europas. Derzeit können ir täglich in den Medien verfolgen, wie sich diese Enticklung im Fleischereigewerbe vollzieht. So stellen wir uns das Zusammenleben in Europa icht vor. Im Verfassungsentwurf gibt es zwar in der Tat ussagen und Textpassagen, lieber Kollege Schäfer, die ir unterstützen, die sinnvoll sind und die eine wirkliche erbesserung darstellen würden, doch die Ablehnungsründe wiegen um ein Vielfaches schwerer. Eine Verfassung, die in den beiden entscheidenden unkten Rüstung und soziale Marktwirtschaft hinter den rwartungen der Bürgerinnen und Bürger zurückbleibt, ann keine Grundlage eines zukunftsgerichteten Europas ein. Wir sagen Nein zu diesem Verfassungsvertrag, weil ir Ja zu Europa sagen und daran festhalten, dass ein esseres Europa möglich ist. Vielen Dank. Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Gerd Müller von er CDU/CSU-Fraktion. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die CDU/ SU ist die gestaltende Kraft in Europa. ir wollen kein zentralistisches, sondern ein föderales uropa. Ministerpräsident Teufel hat dies bereits deutich gemacht. Wir wollen ein Europa der Parlamente und nicht der ürokratien. Wir wollen ein Europa, das sich auf das hristlich-abendländische Erbe beruft und zu einem Gotesbezug bekennt. Der vorliegende Verfassungsentwurf äre klarer, föderaler, christlicher und hätte diesen Gotesbezug, hätte nicht Gottvater der Grünen, der größte nzunehmende Außenminister, über diesen Verfassungsertrag verhandelt. Ich möchte mich zunächst auf die Frage konzentrie en, welche Rolle der Bundestag und die nationalen arlamente in Zukunft in einer Europäischen Union pielen werden, in der schon heute 70 Prozent der esetzgebung auf europäischer Ebene erfolgt. Mit dem erfassungsvertrag wird – das ist unstreitig – die bwanderung der Kompetenzen nach Brüssel erhebich verstärkt werden. Die EU weitet den Rechtsetzungsahmen auf fast alle nationalen Politikbereiche und dabei uch auf klassische Felder der bisherigen Innenpolitik us. Auch in der Justiz, in der Innenpolitik, in der Daeinsvorsorge und in der Energiepolitik – bis hin zu den Dr. Gerd Müller Kommunen – wird die Gesetzgebung künftig noch stärker als bisher über Brüssel erfolgen. Damit verlieren die Landtage und der Bundestag weitere substanzielle Gestaltungs-, Mitwirkungsund Kontrollrechte wie auch an politischer Legitimation. Die Demokratie legitimiert sich über das Volk und durch Wahlen. Der Wähler legitimiert uns, die Parlamente. Wir haben eine Legitimation auf Zeit. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wer die europäische Gesetzgebung legitimiert. Wer legitimiert 80 Prozent der Rechtssetzung in Brüsseler Bürokratenstuben in der EU-Kommission? Auf diese Frage gibt der Verfassungsentwurf bisher nicht die entscheidende Antwort. Wir müssen auf nationaler Ebene eine Antwort darauf finden. Wir haben es zurzeit mit einer Entparlamentarisierung der Demokratie zu tun. Professor Hans Hugo Klein, der ehemalige Bundesverfassungsrichter, spricht gar von der Entmachtung der Parlamente. Der Staatsrechtler Carl Schmitt hat eine düstere Prognose zur Zukunft des Parlamentarismus gegeben: „Die Diskussion entfällt, die Öffentlichkeit entfällt, der repräsentative Charakter des Parlaments und der Abgeordneten entfällt.“ Das ist keine Demokratie, wie wir sie uns vorstellen. In dieser Aussage liegt wahrscheinlich auch der tiefere Kern der Entfremdung zwischen Bürgern und Politikern, zwischen der Politik und dem Volk. Wir müssen wieder zurück. Wir müssen Politik und Entscheidungsvorgänge transparent machen und das Volk einbeziehen. Wir beziehen unsere Kraft nur vom Volk. Wir müssen in der Demokratie diese gestaltenden Grundlagen wieder verwirklichen. (Beifall bei der CDU/CSU – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Heißt das, Sie wollen einen Volksentscheid?)


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516002700

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. Gerd Müller (CSU):
Rede ID: ID1516002800

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


Ich möchte Ihnen zwei aktuelle Beispiele nennen, die
zeigen, dass der Bundestag in der europäischen Recht-
setzung außen vor ist. Wir diskutieren, aber wir ent-
scheiden nicht mehr. Damit legitimieren wir die Recht-
setzung in Brüssel nicht mehr. Die Frage ist: Wer kann
legitimieren? Das Europäische Parlament kann nur
ergänzend eine Legitimation geben. Das Bundesverfas-
sungsgericht hat in seinem Maastricht-Urteil sehr deut-
lich dargelegt: Demokratische Legitimation europäi-
scher Politik erfolgt zuvörderst über die nationalen
Parlamente – wir sind schließlich am nahesten am Bür-
ger –, unsere Wahl und die Kontrolle des Ministerrates
sowie ergänzend durch das Europäische Parlament. Dies
wird auch in Zukunft so sein. Das Bundesverfassungs-
gericht stellt ebenfalls fest:

Dem Bundestag müssen Aufgaben und Befugnisse
von substanziellem Gewicht verbleiben.

Es bleibt offen, ob der Verfassungsvertrag diesen Vorga-
ben gerecht wird.

Eines ist allerdings klar – hier wird die gestaltende
Kraft der Union deutlich –: Wir wollen Demokratie und
Entscheidungsstrukturen zum Bundestag und zum Bür-

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(C (D er zurückholen und den Bundestag zu einem europäichen Mitwirkungsparlament machen. ie Stärkung der Mitwirkungsrechte des Deutschen undestages in der EU-Gesetzgebung ist essenziell notendig. Um zwei Beispiele zu nennen: Die Bundesegierung hebelt heute den Stabilitätsund Wachstumsakt aus, ohne dass wir mitentscheiden können. Hier ollzieht sich eine Veränderung von Primärrecht. Wir iskutieren, aber wir entscheiden nicht mehr. Ein weitees Beispiel: Die Bundesregierung beschließt die Aufahme von Beitrittsverhandlungen mit der Türkei. Wir önnen zwar darüber diskutieren, aber faktisch nicht entcheiden. Das muss sich ändern! CDU und CSU machen – das ist ein qualitativer prung, den wir machen müssen; in Österreich wird dieer Weg gegangen; in Dänemark ist es Praxis; in Italien ird darüber diskutiert – in ihrem Gesetzentwurf vier entrale Vorschläge und fordern alle anderen Fraktionen uf, in einen konstruktiven Dialog einzutreten und diese orschläge bei der Ratifizierung zu berücksichtigen: Erstens. Wir fordern die Verwirklichung eines Parlaentsvorbehalts, das heißt einer Bindewirkung der ustimmung der nationalen Parlamente zu zentralen esetzgebungsakten der EU. Bevor beispielsweise irtschaftsminister Clement als deutscher Minister im uropäischen Ministerrat in Brüssel die für unsere Handerker und Dienstleistungsberufe so wichtige Diensteistungsrichtlinie mit beschließt, soll und muss er sich ukünftig der deutschen Öffentlichkeit und dem deutchen Parlament stellen und sagen, wofür oder wogegen r ist, und sich hier das entsprechende Votum abholen. amit hätten wir Öffentlichkeit und Transparenz herestellt sowie die Entscheidungen ein Stück weit zum ürger zurückgeholt. Das ist das Wesentliche, was wir nter Demokratie verstehen. Zweitens. Wir wollen die Zustimmung des Bundesta es mit Zweidrittelmehrheit bei neuen Zuständigkeitsbertragungen und beim Übergang vom Prinzip der instimmigkeit zum Prinzip der Mehrheitsentscheidung. ch brauche das nicht näher zu verdeutlichen; denn Herr inisterpräsident Teufel hat das bereits ausgeführt. Die itgliedstaaten müssen Herren der Verträge bleiben. enn es im Rahmen des neuen, autonomen Verfahrens u Vertragsänderungen kommt, dann darf das nicht am arlament und am Willen des Volkes vorbei geschehen. ies käme einer Entmachtung der Parlamente gleich. eshalb fordern wir eine Zustimmung mit Zweidrittelehrheit, wie sie im Übrigen bisher verfassungsmäßig otwendig ist. Drittens. Die Subsidiaritätsklage muss als Minder eitenrecht umgesetzt werden. Die Bundesregierung hat iese Möglichkeit schon heute. Wir machen keinen quaitativen Sprung, wenn wir sie der Mehrheitsfraktion einäumen. Viertens. Ich möchte hervorheben, dass zukünftig eitrittsverhandlungen – beispielsweise mit der Türkei Dr. Gerd Müller oder der Ukraine – nur mit Zustimmung des Parlaments erfolgen dürfen. Warum soll der Bundestag, die Vertretung des Volkes, zukünftig bei solchen Entscheidungen nicht beteiligt werden, ausgeschlossen werden? Wenn wir diese vier qualitativen Punkte umsetzen, dann wird die Ratifizierung kein Problem sein. Unabhängig davon, wie viele dem letztendlich zustimmen, geht es hierbei aber auch um die Frage, wie wir unter den genannten veränderten europäischen Rahmenbedingungen Demokratie gestalten. Diese Frage geht nicht nur an die eine Seite dieses Hauses, sondern dies ist eine Frage, die sich das gesamte deutsche Parlament und die Parlamente aller übrigen 24 Mitgliedstaaten stellen müssen. Wir wollen Macht zum Wähler, zum Bürger, Kontrolle in die Parlamente und Europa zum Volk zurückholen. Herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU)





(A) )


(B) )



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516002900

Das Wort erhält jetzt der Kollege Günter Gloser von

der SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)



Günter Gloser (SPD):
Rede ID: ID1516003000

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin bei
dem jetzigen Stand der Debatte etwas irritiert. Ange-
sichts des Beitrags des Kollegen Dr. Müller soeben hier
einerseits und der Rede von Ministerpräsident Teufel zu
Beginn unserer heutigen Debatte andererseits weiß ich
gar nicht mehr, was die Union in bestimmten Bereichen
eigentlich will.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Ja, so ist es!)


Ich sage klar und deutlich: Wir, die rot-grüne Koalition,
SPD und Bündnis 90/Die Grünen, wollen die Verfas-
sung. Wir wollen diese Verfassung rechtzeitig ratifizie-
ren und wir wollen sie nicht mit Themen befrachten, die
in andere Bereiche dieses Parlaments gehören, beispiels-
weise, wie hier schon erwähnt worden ist, in die Födera-
lismuskommission.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Vor wenigen Wochen schrieb ein bekannter Publizist
und Wissenschaftler, Professor Weidenfeld: Europa ist
erschöpft.


(Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Die Bundesregierung ist erschöpft!)


Dem kann ich nicht zustimmen. Genau dieses Projekt,
das auch dieser Bundestag sehr aktiv begleitet hat, unter-
streicht dies. Europa ist eben nicht erschöpft. Europa hat
es geschafft, mit 15 Mitgliedstaaten sowie zwölf weite-

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(C (D en Staaten und der Türkei einen Verfassungsprozess zu rganisieren. (Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Und den Visaerlass!)


enn gelegentlich auch in der Öffentlichkeit gefragt
ird, ob wir Parlamentarier in diesem politischen Be-
rieb überhaupt etwas erreichen könnten, dann kann ich
uch anhand des Beispiels der Methode der Erarbeitung
es Entwurfs einer europäischen Verfassung und seiner
nhalte darauf nur antworten: Ja, das Parlament kann et-
as erreichen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich sage in diesem Zusammenhang ganz offen: Wir

ind uns einig darin, dass Nizza in der Tat kein Erfolgs-
rlebnis war. Es musste etwas geändert werden. Ver-
chiedene Regierungen haben erklärt, man müsse die Zi-
ilgesellschaft beteiligen. Das Parlament kam bei
ntsprechenden Aussagen nicht vor. Es wären dann aber
arlamentarierinnen und Parlamentarier, die gesagt ha-
en: Lasst uns eine andere Methode finden, lasst uns mit
en Kolleginnen und Kollegen vom Europäischen Parla-
ent und auch mit den Kolleginnen und Kollegen aus
en nationalen Parlamenten diese Verfassung entwerfen.
Ich halte es im Übrigen nicht nur für einen Akt der
öflichkeit, sondern auch für einen demokratischen
ransatz, dass wir gesagt haben: Wenn wir schon wis-
en, dass wir in den nächsten Jahren weitere Länder in
ie Europäische Union aufnehmen, dann lasst uns die
eitrittsländer bei dieser Aufgabe mitwirken. Ich meine,
s war klug, dass wir das – und zwar parteiübergrei-
end – gemacht haben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich möchte dabei auf etwas zurückkommen, was der
ollege Dr. Schäuble in dieser Debatte im Widerspruch
u dem gesagt hat, was Herr Teufel hier dargelegt hat. In
er Vorbereitung auf diese Debatte habe ich auch ältere
rotokolle gelesen. Dabei habe ich festgestellt, dass Sie
mmer wieder dieselbe Platte – heute müsste man viel-
eicht besser „CD“ oder „Diskette“ sagen – auflegen, in-
em Sie sagen, diese Bundesregierung beeinträchtige
as Verhältnis zwischen Großen und Kleinen und zer-
töre dieses und jenes. Das stimmt einfach nicht.


(Zurufe von der CDU/CSU)

err Schäuble, davon sollten Sie sich verabschieden;
enn wenn Sie die verschiedenen Prozesse in der Euro-
äischen Union verfolgen, ob es sich nun um die Außen-
nd Sicherheitspolitik, die Währungspolitik oder die
inanzpolitik handelt, werden Sie immer wieder erken-
en, dass jeweils Große und Kleine dabei sind. Sie soll-
en also nicht einen Gegensatz dahin gehend konstruie-
en, dass es jeweils nur die Bundesrepublik Deutschland
nd Frankreich seien und viele kleine Länder sich nicht
ntsprechend verhielten.
Man sollte endlich einmal zur Kenntnis nehmen, dass

n der Europäischen Union natürlich unterschiedliche In-
eressen vorhanden sind, die zusammengeführt werden






(A) )



(B) )


Günter Gloser

müssen. Deshalb kann ich auch nicht verstehen – das gilt
auch für die Ausführungen meines ansonsten geschätz-
ten Kollegen Peter Altmaier –, dass die Union immer
wieder sagt, das und das sei gefordert worden, sei in
Brüssel aber nicht durchgesetzt worden. Wir haben ein
Grundverständnis und natürlich haben wir Interessen.
Dabei müssen wir aber davon ausgehen, dass es in der
Europäischen Union neben uns 24 Partnerländer gibt,
die ebenfalls ihre jeweiligen Interessen und Anliegen ha-
ben, welche sich von unseren unterscheiden können.
Deshalb ist es sicherlich schwierig, zu vermitteln, wa-
rum die Europäische Union gelegentlich zu lange
braucht, bis sie eine Entscheidung trifft.

Zur Erläuterung ein Beispiel – ich mache mich da-
rüber nicht lustig; Kollege Silberhorn und andere kom-
men wie ich aus der fränkischen Region; sie kennen den
Hintergrund –: Die drei Städte Nürnberg, Fürth und
Erlangen – sie sind politisch unterschiedlich geprägt –
überlegen sich, ob sie aus Sparsamkeitsgründen ein ge-
meinsames Statistikamt einrichten. Diese Städte schaf-
fen es nicht, sich über 32 Stellen zu verständigen. Früher
konnten sie sich nicht auf die Schaffung einer gemeinsa-
men Müllverbrennungsanlage verständigen. Dennoch gilt
dort vom Grundsatz her: eine Sprache, eine Mentalität,
auch in Bezug auf die Art und Weise, wie man Politik
betreibt. Angesichts dessen darf es die Öffentlichkeit
doch nicht verwundern, dass auf der europäischen Ebene
manche Prozesse etwas länger dauern. Ich finde, in be-
stimmten Punkten kommt man durchaus zu einem Er-
folg.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Nun zum Wehklagen im Hinblick auf die Rechte des
Deutschen Bundestages


(Dr. Andreas Schockenhoff [CDU/CSU]: Zu welchem Thema sprechen Sie?)


– ich will hier keine Selbstbezichtigung vornehmen; aber
man muss schon selbstkritisch analysieren –: Herr
Altmaier, Kollege Hoyer, wir, der Deutsche Bundestag,
haben doch schon jetzt bestimmte Rechte. Das ist das
Ergebnis eines Prozesses seit der Ratifizierung des
Maastrichter Vertrages. Wenn man das selbstkritisch be-
leuchtet, stellt man jedoch fest, dass wir von diesen
Rechten häufig gar keinen Gebrauch gemacht haben.


(Dr. Werner Hoyer [FDP]: Das ist wohl wahr! Wem sagen Sie das?)


Herr Schäuble hat hier die Dienstleistungsrichtlinie
angesprochen. Dazu kann ich nur sagen: Hier im Deut-
schen Bundestag hat jeder das Recht, diese Thematik auf
die Tagesordnung zu setzen, entsprechend zu beleuchten
und sich mit der Bundesregierung auseinander zu setzen.
Das ist doch nicht das Problem.


(Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Die Bundesregierung ist nicht mal bei der Europadebatte da! Es ist kein einziger Minister hier!)


In der Vergangenheit hatten wir sicherlich das Problem,
rechtzeitig unterrichtet zu werden, um unsere Position

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(C (D uch im Parlament zu finden. Ich glaube, die Vorschläge, ie wir gemacht haben, sind von großer Bedeutung. Herr Kollege Dr. Müller, das Selbstbewusstsein des eutschen Bundestages ist anders, als es in Ihrem Geetzentwurf zum Ausdruck kommt. In diesem Gesetzenturf fordern Sie, dass der Deutsche Bundestag das echt erhält, ein Büro bei der Ständigen Vertretung in rüssel einzurichten. ch habe kein Problem mit der Ständigen Vertretung. Im egenteil: Ich fühle mich dort ständig gut vertreten. (Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Ich gehe immer in die bayerische Vertretung! Da fühle ich mich gut aufgehoben!)


(Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Ja!)


m einen Frühwarnmechanismus zu stärken, ist ein
üro, das beim Europäischen Parlament angesiedelt ist,
esser als ein Büro bei der Exekutive. Möglicherweise
aben das andere in der Politik jedoch nicht so gesehen.
Wir haben rechtzeitig gesagt – das möchte ich deut-

ich machen –: Der Deutsche Bundestag muss sich auf
ie neue Konstellation einstellen. Die Verabschiedung
es von Rot-Grün eingebrachten Gesetzentwurfs schafft
ie Möglichkeit, die Rechte des Deutschen Bundestages
uszubauen.
Nun zu Ihnen, Frau Dr. Lötzsch. Ich kann es fast

chon nicht mehr hören, dass Sie von der Europäischen
nion immer als einer Militärunion und Ähnlichem
prechen. Neben der PDS gibt es viele andere Gruppie-
ungen, die so denken; insofern sollte man dieses Thema
anz offen ansprechen: Die Europäische Union ist – das
st heute von vielen Rednern gesagt worden – ein Modell
ür andere Regionen in der Welt, was die Organisation
ines friedlichen Prozesses des Zusammenwachsens an-
eht. Nach der Spaltung durch den Irakkonflikt hat man
n der Europäischen Union eine Sicherheitsstrategie ent-
ickelt. Was hat das mit Militärunion zu tun? Auch die
DS sollte die Verfassung einmal von A bis Z durchle-
en und nicht ganz bestimmte Punkte herausgreifen, die
ann auch noch falsch interpretiert werden.
Die Europäische Union hat es darüber hinaus ge-

chafft – auch das ist an die Öffentlichkeit gerichtet –,
afür zu sorgen, dass es im früheren Jugoslawien bzw. in
azedonien zu keinem Bürgerkrieg gekommen ist, son-
ern dass sich dort eine friedliche Initiative entwickelt
at. Warum kommt es immer wieder zu dem Geschrei,
ie Europäische Union wende Waffengewalt an, um
riegerisch oder möglicherweise sogar imperialistisch
ktiv zu werden? Wir sollten ehrlich darüber diskutieren,
b manche Passage richtig ist; aber man sollte in der
eutschen Bevölkerung vor allem keine neuen Ängste
chüren. Ich bitte auch die Kolleginnen und Kollegen,
etztendlich aktiv dafür einzutreten, dass diese Verdre-
ung nicht im Raum stehen bleibt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Günter Gloser

Die Opposition hat durch unterschiedliche Vorlagen

versucht, verschiedene Bereiche in den Fokus zu rücken.
Ich habe dazu noch einmal eine Frage, Frau
Leutheusser-Schnarrenberger. Wir waren im Deutschen
Bundestag bei der Begleitung des Konvents doch über-
wiegend der Auffassung, dass wir von der Mehrheits-
entscheidung und nicht vom Einstimmigkeitsprinzip als
Regel ausgehen sollten. Auf dem Weg sind wir sicher-
lich noch nicht am Ende angelangt. Die Frage ist nun,
warum Sie eine vorgeschaltete Abstimmung haben wol-
len, wenn vom Prinzip der Einstimmigkeit auf das Prin-
zip der Mehrheitsentscheidung übergegangen wird.


(Dr. Werner Hoyer [FDP]: Das steht bei uns nicht drin!)


– Dazu gibt es bei Ihnen widersprüchliche Äußerungen.

(Widerspruch der Abg. Sabine Leutheusser Schnarrenberger [FDP])

Auf der einen Seite sprechen Sie sich für die Ausweitung
der Mehrheitsentscheidung aus und auf der anderen
Seite wollen Sie das wieder etwas zurücknehmen und
die Handlungsfähigkeit so wieder eingrenzen. Ich habe
Ihren Antrag jedenfalls so verstanden und ich denke,
dass ich ihn richtig gelesen habe.

Wer an dieser Stelle hätte vor einigen Jahren gedacht
– die Kollegen Axel Schäfer und Michael Roth haben
das in Ihren Beiträgen auch schon deutlich gemacht –,
dass uns ein solches Projekt wie die europäische Ver-
fassung einmal zur Abstimmung vorgelegt werden
würde? Wer hätte daran gedacht, dass wir als Parlamen-
tarier aktiv daran würden mitwirken können? Ich sage
das auch mit einem gewissen Stolz. Ich erinnere mich
noch an unsere Oppositionszeiten in Bonn, als die SPD-
Bundestagsfraktion erste Workshops – das war damals
noch ein schönes neues Wort – zu der Frage veranstaltet
hat: Brauchen wir in Europa nicht eine Grundrechte-
Charta? Das hat der Kollege Professor Dr. Jürgen Meyer
damals initiiert. Dies ist nun daraus erwachsen.

Vor diesem Hintergrund sollten wir wirklich beden-
ken, welche Entscheidung wir im Juni bei der abschlie-
ßenden Beratung treffen. Ich bin froh darüber, dass es in
den letzten Tagen auch in der Union viele Stimmen ge-
geben hat, die gesagt haben: Ja, wir sind an einer zügi-
gen Ratifizierung interessiert. – Sehr überrascht hat
mich, dass auch der CSU-Landesgruppenchef Michael
Glos das erst gestern wieder gesagt hat. Durch Ihren Bei-
trag, Herr Ministerpräsident Teufel, ist, glaube ich, deut-
lich geworden, dass wir alle in diesem Haus – trotz man-
cher Unterschiede zwischen den Fraktionen; das gilt
vielleicht auch für das Verhältnis zum Bundesrat – ein
Interesse daran haben sollten, im Juni diese Verfassung
zu ratifizieren, um so auch ein Zeichen nach Frankreich
zu geben.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


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(C (D Das Wort hat jetzt der Kollege Thomas Silberhorn on der CDU/CSU-Fraktion. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der euro äische Verfassungsvertrag ist uns mit dem Anspruch orgelegt worden, mehr Demokratie, mehr Bürgernähe nd mehr Transparenz zu schaffen. Wenn wir diesem erfassungsvertrag im Ergebnis zustimmen, dann desalb, weil insbesondere diesem Anspruch Rechnung geragen wird, etwa durch die Stärkung des Europäichen Parlaments, was ein ganz wesentlicher Baustein ieses Verfassungsvertrages ist. Nur sage ich: Wenn wir ehr Demokratie, mehr Transparenz und mehr Bürgerähe schaffen wollen, dann reicht es nicht aus, nur das uropäische Parlament zu stärken. Wir müssen zur enntnis nehmen, dass Rechtsetzung immer weniger in erlin und immer mehr in Brüssel stattfindet. Deswegen ürden auch der Ministerrat und insbesondere die natioalen Regierungen deutlich mehr an Transparenz und ürgernähe vertragen. Die Situation, vor der wir stehen, ist offenbar die, ass bereits etwa 60 bis 70 Prozent dessen, was wir im eutschen Bundestag beraten, durch Vorgaben der Euroäischen Union veranlasst ist. Wenn es richtig ist, dass ie Bundesregierung immer weniger in Berlin mit dem undestag entscheiden muss, sondern ohne Bundestag it einzelnen Ministern in Brüssel im Ministerrat entcheiden kann, dann ist es dringend notwendig, dass wir ie Debatten, die die Bundesregierung in Brüssel führt, um Gegenstand unserer öffentlichen Auseinandersetung im Deutschen Bundestag machen. Herr Gloser, Sie aben gesagt, das sei ein Thema, das nicht hierher geöre. Es gehört hierher, dass wir die Kontrollfunktion, ie wir als Parlament haben, ernst nehmen und der Bunesregierung bei dem, was sie in Brüssel tut, auf die Finer schauen. Wir müssen in Deutschland Öffentlichkeit arüber herstellen. Der europäische Verfassungsvertrag führt dabei urchaus zu Fortschritten, etwa mit der Subsidiaritätsüge, die ich begrüße, die ich aber für weitgehend subtanzlos halte, weil das Ergebnis dieser Rüge nur ist, ass die Kommission verpflichtet wird, eine Stellungahme, die noch dazu von mehreren nationalen Parlaenten abgegeben worden sein muss, zu prüfen. Mehr ls eine Prüfung ist es nicht. Die Subsidiaritätsklage ist da schon etwas mehr. Wir ürden uns wünschen, dass insbesondere die kleinen raktionen dieses Hauses erkennen, dass es hierbei um ine Normenkontrolle geht, nämlich um die Frage, ob as, was die Minister in Brüssel beschließen, auch tatächlich mit der Grundlage des Verfassungsvertrages ereinbar ist. Deshalb macht es Sinn, diese Subsidiariätsklage ebenso wie die nationale Normenkontrolle als in Minderheitenrecht auszugestalten. Es handelt sich ierbei also nicht um eine Mehrheitsfrage, sondern um Thomas Silberhorn eine reine Rechtsfrage, die der Europäische Gerichtshof zu klären hat. Deshalb sind wir für das Minderheitenrecht. Meine Damen und Herren, die zusätzlichen Rechte, die der europäische Verfassungsvertrag den nationalen Parlamenten einräumt, begrüße ich. Ich halte sie aber insoweit für eingeschränkt, als sie nur auf die Organe der Europäischen Union gerichtet sind und gerichtet sein können. Zusätzlich müssen wir die Rechte des Deutschen Bundestages im Verhältnis zur Bundesregierung stärken. Wir brauchen mehr Kontrolle der Bundesregierung und mehr Öffentlichkeit bei den Dingen, die die Bundesregierung für Deutschland in Brüssel berät und beschließt. (Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Und eine bessere Bundesregierung brauchen wir!)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516003100

(Beifall bei der CDU/CSU)

Thomas Silberhorn (CSU):
Rede ID: ID1516003200

(Beifall bei der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wir fordern erstens mehr Information. Es kann doch
nicht sein, dass selbst die Koalitionsfraktionen noch
nicht einmal darüber unterrichtet werden, wenn die ei-
gene Bundesregierung eine Initiative in Brüssel ergreift.
Es kann doch nicht sein, dass Sie mit großer Nachsicht
der rigiden Informationspolitik des Auswärtigen Amtes
begegnen, die uns völlig im Unklaren darüber lässt, was
die Ständigen Vertreter in Brüssel beraten und beschlie-
ßen. Es ist völlig unakzeptabel, dass wir noch nicht ein-
mal das an Informationen bekommen, was der Bundesrat
bekommt. Wir fordern nicht mehr und nicht weniger, als
dass wir in Bezug auf die Informationspolitik mit dem
Bundesrat gleichgestellt werden.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Lassen Sie mich einen letzten Punkt ansprechen: Herr

Kollege Roth hat vorhin kritisiert, bei unseren Vorschlä-
gen handele es sich teilweise nur um Mätzchen, so etwa,
wenn wir einfordern, dass der Deutsche Bundestag ein
zustimmendes Votum abgibt, bevor die Bundesregierung
Verhandlungen beispielsweise über Beitritte oder Ver-
tragsänderungen aufnimmt. Meine Damen und Herren,
wir reden über Verträge, die wir hier in diesem Hause
mit einer Zweidrittelmehrheit ratifizieren müssen. Da
macht es doch Sinn, dass wir nicht erst am Ende des Ver-
handlungsprozesses ein Votum abgeben, sondern schon
im Vorhinein der Regierung einen Verhandlungsauf-
trag mitgeben, etwa in Form einer Zustimmung, dass sie
Verhandlungen aufnehmen kann. Hierfür ist dann keine
Zweidrittelmehrheit wie für die endgültige Zustimmung
vorgesehen, sondern eine einfache Mehrheit. Das heißt,
die Koalitionsfraktionen haben es in der Hand. Uns geht
es nur darum, dass wir darüber eine öffentliche Debatte
führen.


(Michael Roth [Heringen] [SPD]: Die können wir auch so führen! Wir können jederzeit eine Debatte im Bundestag führen!)


Ich frage mich da schon, welchen Kleinmut bzw. wel-
ches Selbstverständnis Sie als Parlamentarier haben,

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(C (D (Zuruf des Abg. Michael Roth [Heringen] [SPD])


enn Sie nicht bereit sind, den Deutschen Bundestag mit
er Frage zu befassen, ob Verhandlungen etwa über neue
erträge oder über Beitritte aufgenommen werden sol-
en.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516003300

Kollege Silberhorn, kommen Sie bitte zum Schluss.


Thomas Silberhorn (CSU):
Rede ID: ID1516003400

Ich komme zum Schluss und sage abschließend:
eine Damen und Herren, wir müssen dafür sorgen,
ass wir die Europadebatte aus den akademischen Hin-
erzimmern herausbringen und an das Licht der Öffent-
ichkeit führen.


(Michael Roth [Heringen] [SPD]: Genau! Da machen wir mit!)


as geschieht, wenn sie hier im Deutschen Bundestag
eführt wird. Wir müssen die Mauer einreißen, die zwi-
chen Bürgern und Bürokraten besteht.


(Zuruf von der SPD: Wer hat sie denn aufgerichtet?)


eswegen fordern wir mehr öffentliche Debatten und
ine Stärkung der Mitwirkungsrechte des Deutschen
undestages.
Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Michael Roth [Heringen] [SPD]: Das ist doch ein versöhnlicher Abschluss!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516003500

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf

en Drucksachen 15/4900, 15/4939, 15/4716, 15/4925,
5/4936 und 15/4937 an die in der Tagesordnung aufge-
ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Die Vorlagen sollen
abweichend von der Tagesordnung – nicht an den
aushaltsausschuss, weder mitberatend noch nach § 96
er Geschäftsordnung, überwiesen werden. Sind Sie da-
it einverstanden? – Das ist der Fall. Dann sind die
berweisungen so beschlossen.
Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus-

chusses für die Angelegenheiten der Europäischen
nion auf Drucksache 15/4206 zu dem Antrag der Frak-
ion der CDU/CSU mit dem Titel „Den EU-Verfassungs-
rozess zum Erfolg führen“. Der Ausschuss empfiehlt,
en Antrag auf Drucksache 15/2970 abzulehnen. Wer
timmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegenstim-
en? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist
it den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der FDP-
raktion gegen die Stimmen der CDU/CSU-Fraktion an-
enommen.






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 4 a auf:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Finanzausschusses (7. Ausschuss)

– zu dem Antrag der Fraktionen der SPD und des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Stabilitäts- und Wachstumspolitik fortset-
zen – Den europäischen Stabilitäts- und
Wachstumspakt stärken

– zu dem Antrag der Abgeordneten Friedrich
Merz, Dr. Michael Meister, Dietrich
Austermann, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der CDU/CSU
Für eine stabile Wirtschafts- und Wäh-
rungsunion – europäischen Stabilitäts- und
Wachstumspakt nicht ändern

– Drucksachen 15/3957, 15/3719, 15/4915 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Ortwin Runde
Georg Fahrenschon

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache eineinviertel Stunden vorgesehen. Gibt
es Widerspruch? – Das ist nicht der Fall. Dann ist so be-
schlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red-
ner dem Kollegen Dr. Michael Meister von der CDU/
CSU-Fraktion das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Michael Meister (CDU):
Rede ID: ID1516003600

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Der europäische Stabilitäts- und Wachstumspakt
wurde 1997 auf Drängen der Bundesrepublik Deutsch-
land verabschiedet. Er sollte die Gemeinschaft vor einer
expansiven Staatsverschuldung der Nationalstaaten
schützen und die Geschäftsgrundlage für die Einführung
des Euros darstellen. Ohne diesen Stabilitätspakt gäbe
es heute den Euro nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Es war unser Anliegen, dass die künftige europäische
Währung so stabil wie die D-Mark werden sollte. Dieses
Versprechen haben wir gemeinsam – der Deutsche Bun-
destag, der Bundesrat und die Bundesregierung – gegen-
über den Menschen in unserem Land abgegeben.

Heute will unser Bundeskanzler von diesem Ver-
sprechen nichts mehr wissen. Er will den Stabilitäts-
pakt außer Kraft setzen.


(Jörg-Otto Spiller [SPD]: Der Euro ist die stabilste Währung der Welt!)


– Herr Spiller, dies hat er in einem Namensartikel in der
„Financial Times Deutschland“ vom 17. Januar erklärt.


(Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Der macht sich zum Eurobetrüger!)


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(C (D ch wundere mich: Der Bundeskanzler schreibt in einer eitung Namensartikel, ist aber bei keiner Debatte, die ir zu diesem Thema geführt haben, hier im Parlament ns Rednerpult getreten, um seine Position vorzutragen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Peter Hintze [CDU/CSU]: Bei keiner einzigen!)


ier wäre der Platz des Bundeskanzlers, um zu erklären,
as er am Pakt ändern will, warum er es ändern will und
elche Konsequenzen und Ziele er damit verbindet. Der
anzler steht hier nicht am Rednerpult, er ist noch nicht
inmal auf seinem Platz. Wir vermissen ihn; dies ist ein
chlechter Stil im Umgang mit dem demokratisch ge-
ählten Parlament in Deutschland.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das ist das erste Mal, dass Sie den Kanzler vermissen! – Peter Hintze [CDU/CSU]: Der Finanzminister fehlt auch!)


Meine Damen und Herren, die Vorschläge des Bun-
eskanzlers sind ökonomisch unsinnig und langfristig
ür unser Land gefährlich.


(Beifall bei der CDU/CSU)

ürden sie realisiert, würde die Transparenz des Stabili-

äts- und Wachstumspakts außer Kraft gesetzt. Jegliche
taatsverschuldung ließe sich in Zukunft rechtfertigen.
u Ende gedacht bedeutet dies, dass der Stabilitätspakt
u Grabe getragen würde, wenn die Vorschläge des Bun-
eskanzlers zum Tragen kämen.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: So ist es!)

Dies haben auch die Medien aufgegriffen: „Deutsch-

and hebelt Defizitverfahren aus“, hieß es in der „Finan-
ial Times Deutschland“ vom 16. Februar 2005,
Schröder hat den Stabilitätspakt erledigt“, hieß es in der
Berliner Zeitung“ vom 18. Februar 2005. Alle großen
eitungen unseres Landes haben das Vorhaben des Bun-
eskanzlers beim Namen genannt: Aufweichung des
tabilitäts- und Wachstumspakts.
Allein die Ausnahmen, die der Bundeskanzler fordert,

rlauben de facto ein Staatsdefizit von 8 Prozent des
ruttoinlandsprodukts. Gleichzeitig verkündet die Bun-
esregierung nach außen, die 3-Prozent-Grenze gelte un-
ermindert. Die Aufweichung des Stabilitätspakts nicht
uzugeben, sondern sie als eine Stärkung des Pakts zu
erkaufen, ist pure Heuchelei. Damit zerstören Sie natio-
al und international das Vertrauen in die Verlässlichkeit
nd Berechenbarkeit deutscher Politik.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


it diesem Kurs isoliert sich Deutschland innerhalb der
uropäischen Union.


(Ortwin Runde [SPD]: Na, das stimmt ja wohl nicht!)


Deutschland fällt im internationalen Wohlstandsver-
leich immer weiter zurück. Dafür ist jedoch nicht der
tabilitätspakt verantwortlich, sondern die rot-grüne






(A) )



(B) )


Dr. Michael Meister

Politik. Die rot-grüne Regierung hat nicht den Mut, die
für unser Land notwendigen Strukturanpassungen vor-
zunehmen. Dass heute Morgen kein verantwortlicher
Minister auf der Regierungsbank sitzt, ist ein schlagen-
der Beweis dafür, dass dieser Mut, Kraft und Entschei-
dungskompetenz fehlen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Deswegen brauchen wir endlich wieder Minister, die auf
der Regierungsbank Platz nehmen, die dem Parlament
sagen, was sie vorhaben, und die die Kraft haben, dies
hier im Parlament mit Mehrheit durchzusetzen und dann
auch den Menschen in unserem Land zu erklären.

Meine Damen und Herren, das wirtschaftliche
Wachstum in der Bundesrepublik Deutschland dümpelt
vor sich hin, während alle Länder um uns herum schnel-
ler wachsen und sich besser entwickeln. Deshalb sage
ich eines ganz deutlich: Den von Ihnen konstruierten Ge-
gensatz zwischen der Konsolidierung der Staatsfinanzen
und dem Wirtschaftswachstum gibt es nicht. Es ist nicht
zutreffend, was der Bundeskanzler öffentlich konstruiert
und was sein Finanzminister immer wieder vorträgt:
dass solide Staatsfinanzen einem Wirtschaftswachstum
entgegenstünden. Das Umgekehrte ist richtig:


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Konsolidierte Haushalte sind eine zwingende Vorausset-
zung für dauerhaftes, nachhaltiges, inflationsfreies
Wachstum. Deshalb wird derjenige, der den Stabilitäts-
pakt mutwillig zerstört, das Fundament zertrümmern,
auf dem unser Land wieder zu Wohlstand, Wachstum
und Arbeitsplätzen kommt, meine Damen und Herren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Weil Ihre zögerliche und halbherzige Politik bislang

erfolglos geblieben ist – Sie haben 5 Millionen Arbeits-
lose, die höchste Staatsverschuldung in der Geschichte
unseres Landes,


(Florian Pronold [SPD]: Das stimmt nicht! Sie lügen, dass sich die Balken biegen!)


geringe Wachstumsraten und einen ständig zunehmen-
den Abgang von Menschen aus der Erwerbsarbeit zu
verantworten –,


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

bereiten Sie jetzt einen Paradigmenwechsel in der deut-
schen Finanz- und Haushaltspolitik vor. Sie wollen er-
neut mit den alten Zöpfen kreditfinanzierter Konjunk-
turprogramme antreten. Dabei sind Ihnen die Kriterien
des Stabilitäts- und Wachstumspakts hinderlich. Deshalb
wollen Sie diesen Pakt aushebeln und ihn beseitigen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Nun habe ich eben kritisiert, dass der Bundesfinanz-

minister nicht anwesend ist. Es ist aber genauso bedauer-
lich, dass auch der Minister, der die Finanzpolitik in
Deutschland momentan maßgeblich bestimmt, nicht an-
wesend ist, nämlich der Bundeswirtschaftsminister, der
mit seinem konjunkturpolitischen Aktionismus das Land
weiterhin in eine höhere Staatsverschuldung treibt. Ich

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(C (D age Ihnen voraus: Der Plan funktioniert nicht. Das einige Ergebnis wird ein Strohfeuereffekt sein, der die eutsche Volkswirtschaft und die Menschen teuer zu steen kommen wird. Denn die Schulden von heute werden ie in Zukunft über höhere Steuern und Abgaben bezahen müssen; das ist die einfache Wahrheit. Deshalb werden Sie mit einem solchen Programm icht das Vertrauen der Menschen erreichen, sondern Sie erden Vertrauen zerstören. Das haben wir bereits in en 70er-Jahren erlebt. ber im Gegensatz zu den 70er-Jahren ist die internatioale Wirtschaft heute viel stärker verzahnt. Wir haben iel stärkere Globalisierungseffekte. Deshalb werden die bsickerverluste Ihrer Programme über unsere Grenzen inaus viel größer sein. Es wird Anbieter und Arbeitneher aus anderen Ländern geben, die mit deutschen Steurgeldern und Konjunkturprogrammen Arbeitsplätze fianziert bekommen, und die Menschen in diesem Lande erden die Schulden in Zukunft über Steuern und Abgaen bezahlen müssen. Das heißt, Sie beseitigen Arbeitslätze und schaffen Schulden in diesem Land. Das ist die alsche Politik, meine Damen und Herren. Was unsere Volkswirtschaft dringend brauchen ürde, wären mehr Freiheit, weniger Regulierung, mehr ettbewerb in Deutschland, ein im internationalen Konxt wettbewerbsfähiges Steuersystem, eine Entkoppng der Arbeitskosten von der Finanzierung der Sozialysteme und mehr Flexibilität am Arbeitsmarkt. Darüber ürde unsere Wirtschaft wieder in Gang kommen, würen Wachstum und Arbeitsplätze generiert und Wohltand in Deutschland gesichert. (Jörg Tauss [SPD]: Wieder einmal Textbausteine!)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Regierung,
s ist ja geradezu merkwürdig, dass die Union zu all die-
en Themen hier Vorschläge eingebracht hat, dass wir
eutlich gemacht haben, wie der Wachstumsmotor der
eutschen Volkswirtschaft wieder angeschoben werden
ann. Wir haben Vorschläge zur Vereinfachung des Steu-
rsystems, zur Unternehmensbesteuerung – übrigens mit
roßer Zustimmung in der Öffentlichkeit –, zur Verein-
achung des Steuerrechts, um endlich unser komplexes
ystem zu überwinden, und zur Flexibilisierung des Ar-
eitsmarkts gemacht; der Kollege Pofalla hat den Pakt
ür Deutschland vorgestellt. Zu allen Themen liegen
orschläge der Union vor, die dazu dienen sollen, unser
and strukturell für die Zukunft besser aufzustellen. Und
as haben wir auf der Regierungsbank? Eine nicht hand-
ngsfähige Regierung, die sich nicht traut, Entscheidun-
en zu treffen und die notwendigen Strukturprozesse in
eutschland durchzusetzen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Sagen Sie doch einmal konkret, was Sie wollen!)


Wir haben das konkret vorgelegt, Herr Schmidt.






(A) )



(B) )


Dr. Michael Meister


(Ortwin Runde [SPD]: Wo? – Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sind doch alles nur Luftblasen!)


Wenn Sie das nicht kennen, liegt das nur daran, dass Sie
nicht lesen können. Lesen Sie die Vorschläge, machen
Sie sie sich klar und seien Sie dann bereit, mit uns zu re-
den und sie umzusetzen, statt hier mit Polemik zu argu-
mentieren. Polemik schafft keine Arbeitsplätze und hilft
nicht weiter. Kommen Sie endlich zu sachlichen Ent-
scheidungen!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Meine Damen und Herren, es wird ja oft so darge-

stellt, als liege der Stabilitäts- und Wachstumspakt nicht
im deutschen Interesse. Ich sage ausdrücklich: Er liegt
im ureigenen Interesse der Menschen in unserem Land.


(Florian Pronold [SPD]: Nur Plattitüden! Peinlich!)


Der Stabilitäts- und Wachstumspakt ist kein Selbstzweck
und keine nutzlose Selbstverpflichtung, die sich einfach
aufkündigen lässt. Er soll vielmehr solide Staatsfinan-
zen, niedrige Zinsen und niedrige Inflationsraten bewir-
ken.

An dieser Stelle will ich deutlich sagen: Die Zinsen
und die Preissteigerungsraten sind in ganz Europa auf-
grund des Paktes und der Vorbereitung der Länder auf
den Vertrag und auf den Beitritt zur Eurozone niedrig.
Deshalb war der Stabilitäts- und Wachstumspakt nach
meiner Einschätzung bisher ein Erfolg.


(Ilse Aigner [CDU/CSU]: So ist es!)

Nicht der Pakt ist das Problem, sondern die prinzipien-
lose Verschuldungspolitik dieser rot-grünen Bundesre-
gierung. Damit wurden die Dämme eingerissen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Nicht der Pakt hat versagt, sondern die Finanz- und
Haushaltspolitik dieser rot-grünen Bundesregierung.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wo stehen wir denn heute? Wir hatten am Ende des
vergangenen Jahres eine Gesamtverschuldung in Höhe
von 1 400 Milliarden Euro. Jedes in Deutschland neu ge-
borene Kind hat 17 000 Euro Schulden. Sie haben es zu
verantworten, dass im letzten Jahr pro Kopf 1 000 Euro
neue Schulden hinzugekommen sind. Die Grünen treten
zwar für eine nachhaltige Politik ein, sind aber mit dafür
verantwortlich, dass jedem Menschen im Laufe eines
Jahres 1 000 Euro neue Schulden aufgebürdet wurden.
Diese Politik hat nichts mit Nachhaltigkeit und einer so-
liden Wirtschafts-, Finanz- und Haushaltspolitik zu tun.

Jetzt wird behauptet, der Pakt dürfe nicht mechanisch,
sondern müsse flexibel angewendet werden. Ausgehend
von einem ausgeglichenen Staatshaushalt können wir in
konjunkturell schwachen Zeiten 60 Milliarden Euro
Schulden pro Jahr machen und würden uns trotzdem
noch innerhalb der Grenzen dieses Paktes bewegen. An-

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(C (D esichts der Meinung, dass dieser Rahmen zu eng sei, uss ich fragen: Wie viel Flexibilität braucht diese Bunesregierung noch? Wie viele Schulden pro Jahr wollen ie oberhalb der 60-Milliarden-Euro-Grenze zukünftig achen? Wo bleibt Ihre Verantwortung für künftige Geerationen? Die Antwort ist relativ einfach – auch die uropäische Kommission und die OECD sind dieser einung –: Sie haben in guten Zeiten zu wenig konsoliiert. Deshalb läuft das Ganze nun aus dem Ruder. ie hätten lernen müssen, Herr Tauss, dass man in guten eiten Geld beiseite legt. ie Aussage, Rot und Grün könnten nicht mit Geld umehen, trifft also den Nagel auf den Kopf. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Immer noch nichts Konkretes, Herr Meister!)


(Jörg Tauss [SPD]: Sie, nicht wir!)


(Widerspruch des Abg. Jörg Tauss [SPD])


Lassen Sie mich zum Schluss feststellen. Die Wirt-
chafts-, Finanz- und Haushaltspolitik dieser rot-grünen
undesregierung ist gescheitert. Der Finanzminister ist
escheitert und traut sich nicht mehr in den Deutschen
undestag. Die Bundesregierung hat nicht die Kraft, zu
onsolidieren und eine zukunftsfähige Politik für die
enschen umzusetzen. Der europäische Stabilitäts- und
achstumspakt muss unverändert beibehalten werden.
r liegt im Interesse der Menschen; denn er schützt sie
or einer falschen Politik von Rot-Grün.
Vielen herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516003700

Für die Bundesregierung spricht jetzt die Parlamen-

arische Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks.

(Beifall bei der SPD)


D
Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1516003800

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-

en! Zur Erläuterung will ich sagen, dass Bundesfinanz-
inister Eichel die Absicht hatte, heute hier zu sprechen.
ber er ist krank und hat mich gebeten, statt seiner hier
u sein. Ich bin zwar nicht völlig gesund,


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Wie das ganze Land!)


ber immer noch gesünder als Herr Eichel; denn er liegt
ozusagen flach und ich kann noch aufrecht stehen.


(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Herr Kollege Meister, Sie haben einen Popanz aufge-
aut.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks

Sie behaupten nämlich, die Bundesregierung plane, ein
kreditfinanziertes Konjunkturprogramm aufzulegen.
Nachdem Sie diese Behauptung aufgestellt hatten, haben
Sie die Bundesregierung minutenlang für diese vorgeb-
liche Absicht geprügelt. Keine Sorge: Die Bundesregie-
rung beabsichtigt nicht, ein kreditfinanziertes Konjunk-
turprogramm aufzulegen. Diesen Teil der Rede hätten
Sie sich schenken können. Sinnvollerweise lassen Sie
ihn aus dem Protokoll streichen, weil er mit der Realität
nichts zu tun hat.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sie sagen ferner – diese Aussage war bei den Konser-
vativen schon immer beliebt –, Sozialdemokraten könn-
ten nicht mit Geld umgehen.


(Klaus-Peter Willsch [CDU/CSU]: Das war schon immer richtig!)


– Das war schon immer falsch, Herr Kollege Willsch.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Aber Sie treten den Beweis immer neu an!)


Sie wissen ja, dass das Statistische Bundesamt in die-
ser Woche die Zahl revidiert hat, die für das kürzlich zu
Ende gegangene Jahr 2004 die Überschreitung des
Maastricht-Kriteriums darstellt. Das Statistische Bun-
desamt war noch im Januar der Auffassung, dass wir bei
3,9 Prozent landen würden; zu Beginn dieser Woche hat
es gesagt, wir lägen bei 3,7 Prozent.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Darauf kann man ja stolz sein!)


Das ist natürlich nicht zufriedenstellend. Dies ist weiter
eine Überschreitung des 3-Prozent-Kriteriums.

Ich darf dazu noch Folgendes anführen: Die Staats-
quote ist im vergangenen Jahr, im Jahr 2004, im Verhält-
nis zu 2003 um 1,3 Prozentpunkte zurückgegangen.
Wäre das jemals zu Ihrer Regierungszeit geschehen, hät-
ten Sie Fackelzüge veranstaltet.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das Problem ist doch, dass die Arbeitslosen keine Steuern zahlen!)


– Nein, das liegt nicht daran. Das hat vielmehr damit zu
tun, dass es beim Bund, bei den meisten Ländern – wenn
auch nicht bei allen – und bei vielen Kommunen eine äu-
ßerst restriktive Konsolidierungslinie gibt, während die
Einnahmen leider nicht konstant waren,


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Denken Sie an die Verschuldung von Nordrhein-Westfalen!)


was aber übrigens nicht nur mit konjunkturellen Be-
dingungen zu tun hatte, sondern auch mit der entspre-
chenden Steuerreformstufe. 0,5 Punkte der genannten
1,3 Prozentpunkte sind auf die Steuersenkung zurückzu-

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(C (D ühren. Dies ist also eine bewusste Politik, eine Politik, ie wir so induziert haben. Der Einbruch bei den Einnahmen hat es nicht erlaubt, as Maastricht-Kriterium einzuhalten. Wir wären nämich sonst, vor dem Hintergrund dieser wirklich restrikiven Ausgabenlinie, bei 2,5 Prozent gelandet. Damit ären wir noch immer nicht richtig glücklich, hätten ber immerhin unter dem 3-Prozent-Kriterium gelegen. n der Ausgabenseite hat es also nicht gelegen. Sie behaupten immer, die Sozis könnten nicht mit eld umgehen. Damit ist induziert – das wollen Sie dait zum Ausdruck bringen –: Die schmeißen das Geld it vollen Händen zum Fenster hinaus. Nein, wir haben ine äußerst restriktive Ausgabenpolitik gemacht. Die innahmen sind in der Tat nicht zufriedenstellend geween; das will ich nicht bestreiten. (Hans Michelbach [CDU/CSU]: Diese Auffassung teilt niemand!)


Herr Kollege Meister, dieser Popanz, den Sie hier auf-
ebaut haben,


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Na, na! Das waren Fakten!)


oll nach meinem Dafürhalten von Ihrem Antrag ablen-
en, der heute zur Abstimmung steht. Denn in diesem
ntrag steht nichts anderes, als dass die Bundesregie-
ung nicht in Brüssel verhandeln soll. Die soll dort toter
ann spielen.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Die soll den Stabilitätspakt einhalten!)


ie soll da gar nicht reden. Das ist der Gegenstand Ihres
ntrags. Sie haben heute schamhaft verschwiegen, dass
as der Gegenstand Ihres Antrages ist.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Wer will denn aufweichen? – Klaus-Peter Willsch [CDU/ CSU]: Sie haben das alles doch angezettelt!)


an kann natürlich Nebenkriegsschauplätze aufbauen,

(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Stabilität ist kein Nebenkriegsschauplatz!)

eil man sich dann doch ein bisschen dafür schämt, was
an vor wenigen Monaten zu Papier gebracht hat. Des-
egen haben Sie hier über ganz andere Dinge gespro-
hen und nicht über Ihren Antrag.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ganz vorsichtig will ich noch auf die Behauptung ein-
ehen, die Union habe ein Steuervereinfachungskonzept
nd ein Konzept zur Senkung der Unternehmensteuern
orgelegt.


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das möchte ich mal sehen! – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das ist frech von der Union!)


as finde ich nun wirklich interessant. Ich glaube, für
eides gibt es nur ein leeres Blatt.






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Denn Sie haben noch überhaupt nichts zu Papier ge-
bracht.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Sie haben das Konzept 21 noch nicht gelesen!)


– Das Konzept 21 stand vor wenigen Wochen hier im
Deutschen Bundestag in einer Anhörung des Finanzaus-
schusses zur Debatte und ist von allen Sachverständigen


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Es ist gelobt worden! – Christine Scheel [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Von allen verrissen worden!)


ob seiner Unzulänglichkeit – um es vorsichtig auszudrü-
cken; man könnte auch ganz andere Worte wählen – zu-
rückgewiesen worden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das ist die Unwahrheit! – Elke Wülfing [CDU/CSU]: Da ist der Wunsch Vater des Gedankens, sonst nichts!)


Die Sachverständigen haben darauf hingewiesen, dass
Sie die Fragen zur Unternehmensbesteuerung völlig aus-
geblendet haben. Genau das war der Gegenstand dieser
Anhörung.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Lesen Sie mal das Protokoll!)


Dann kommen Sie mit Worten wie „Pakt für Deutsch-
land“, wovon Sie seit zwei Wochen reden. Das einzige
Konkrete daran ist der weitere Abbau der Arbeitnehmer-
schutzrechte. Das sind alte Hüte, von denen Ihr früherer
Kollege Norbert Blüm sagt, er warte noch immer auf die
Wirksamkeit dieser Maßnahmen, die er schon damals er-
griffen habe.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Außer Polemik fällt dir nichts ein!)


– Lieber Heinz, ich bin doch ganz ruhig.

(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Nur Polemik!)


– Nein, das finde ich gar nicht.

(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das ist doch keine Stabilitätsrede!)

– Hat denn Herr Meister irgendetwas zum Stabilitätspakt
gesagt? Ich könnte hier natürlich meine Rede auch vorle-
sen; aber ich gehe jetzt auf Herrn Meister ein.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Hans Michelbach [CDU/ CSU]: Ihnen fällt nichts zum Thema ein!)


– Ich bitte Sie! Ich kann Ihnen diese Rede meinetwegen
sofort zu Protokoll geben, damit Sie sie nachlesen kön-
nen. – Herr Meister hat keinen Ton zum Stabilitätspakt
gesagt,


(Dr. Andreas Pinkwart [FDP]: Das ist ja nicht zu glauben!)


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(C (D ondern mit unwahren Behauptungen potemkinsche örfer aufgebaut, damit er sie anschließend wieder kurz nd klein schlagen kann. Das kann ich doch nicht einach so stehen lassen. (Beifall bei der SPD – Dr. Andreas Pinkwart [FDP]: Es ist unfassbar, Frau Staatssekretärin!)

Für die Bundesregierung ist und bleibt klar – das sage

ch, damit Sie zufrieden sind –: Wir brauchen den Stabi-
itäts- und Wachstumspakt.


(Klaus Brähmig [CDU/CSU]: Warum weichen Sie ihn dann auf? – Dr. Andreas Pinkwart [FDP]: Dann tun Sie es doch!)


Darf ich jetzt vielleicht zu Ende reden? Sie haben mich
och gerade danach gefragt. – Wir werden uns in Europa
uch weiterhin dafür einsetzen, dass er den jeweiligen
egebenheiten gerecht werden kann, indem er in den
inzelstaaten und in der Gesamtheit der europäischen
taaten eine sinnvolle Finanzpolitik ermöglicht, und
ass er auch in Zukunft angewandt wird.


(Dr. Andreas Pinkwart [FDP]: Sehr salbungsvoll!)


„3,0 ist 3,0“ – diese Formulierung von Herrn Waigel
ar schon immer etwas zu schlicht. Wie Sie wissen, hat
er zuständige Kommissar Almunia gesagt,


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Auch ein Sozialist!)


ie bisherige Handhabung des Paktes habe einige Mit-
liedsländer geradezu in die Rezession getrieben.


(Dr. Andreas Pinkwart [FDP]: Das ist doch unglaublich! – Widerspruch bei der CDU/CSU und der FDP)


Natürlich nicht alle Länder, aber so ist das Zitat von
lmunia. – Dies kann natürlich nicht Gegenstand oder
innvolles Ergebnis eines europäischen Stabilitäts- und
achstumspaktes sein. Vor diesem Hintergrund bekennt
ich die Bundesregierung weiterhin zu ihm.
Wir werden alles tun,


(Zuruf von der CDU/CSU: Weitere Schulden zu machen!)


nd zwar nicht nur wegen unserer europäischen Ver-
flichtungen, sondern auch aufgrund der Verpflichtun-
en, die sich aus unserer eigenen Verfassung ergeben,
ei der Konsolidierung der Haushalte weiter voranzu-
chreiten. Wir werden weiterhin eine sehr restriktive
usgabenpolitik fahren.


(Zuruf von der CDU/CSU: Was heißt „weiterhin“?)


Wir werden das Geld natürlich nicht mit vollen Hän-
en ausgeben und auch keine Strohfeuer zünden, wie
ie, Herr Meister, es befürchtet haben. Wir müssen da-
auf achten, dass die finanzpolitischen Maßnahmen der
eweiligen Situation angemessen sein dürfen und kön-
en. Dies sollte im Interesse des ganzen Hauses liegen.
Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516003900

Das Wort hat jetzt der Kollege Professor Andreas

Pinkwart von der FDP-Fraktion.

Prof. Dr. Andreas Pinkwart (FDP):
Rede ID: ID1516004000

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Zum dritten Mal in Serie führen wir eine De-
batte zu diesem Thema ohne den Finanzminister; heute
krankheitsbedingt – meine Fraktion übermittelt Gene-
sungswünsche an den Finanzminister –, zweimal zuvor
aber aus anderen Gründen. Zum dritten Mal in Serie hö-
ren wir von den Vertretern des Finanzministeriums zum
eigentlichen Anliegen des Stabilitäts- und Wachstums-
paktes überhaupt nichts. Das Parlament wird für dumm
verkauft.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Das Stichwort Unternehmensteuerreform, Frau

Staatssekretärin, ist in der Tat bemerkenswert: Sie ver-
künden in Ihren großen Reden hier, Sie hätten zum
1. Januar 2005 die tollste Steuerreform aller Zeiten um-
gesetzt, und drei Wochen nach Inkrafttreten dieser so tol-
len Steuerreform erzählt Ihr Bundeswirtschaftsminister
dem deutschen Volk, dass das alles nichts tauge und
dringend eine Unternehmensteuerreform in Deutschland
umgesetzt werden müsse. Sie sind dafür federführend
zuständig und legen diesem Haus überhaupt nichts dazu
vor.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – CarlLudwig Thiele [FDP]: Blockade!)


Nun zum Stabilitäts- und Wachstumspakt. Es ist doch
nicht so, dass das 3-Prozent-Kriterium Sie gehindert
hätte, das Richtige für Deutschland zu tun. Sie haben es
drei Jahre hintereinander mehr als überzogen: 2002
3,6 Prozent, 2003 3,9 Prozent und im vergangenen Jahr
3,7 Prozent. Sie haben die Obergrenze weit überschritten
und trotzdem nicht mehr Beschäftigung und Wachstum
geschaffen, wie Sie es der Öffentlichkeit suggerieren
wollen, sondern mehr Arbeitslosigkeit, mehr Schulden
und weniger Wachstum hervorgebracht. Das ist das Er-
gebnis Ihrer Politik, die wir hier zu kritisieren haben.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Trotz alledem melden Sie nach Brüssel für dieses Jahr

2,9 Prozent.

(Ortwin Runde [SPD]: Ja!)


Um auf diese Zahl zu kommen, haben Sie am Haushalt
viele Reparaturen vornehmen müssen. Die EU-Kommis-
sion hat Ihre Maßnahmen als weder nachhaltig noch
strukturverbessernd kommentiert. Sie haben eine Neu-
verschuldung von 2,9 Prozent gemeldet, um Strafzahlun-
gen abzuwenden. Wären Sie sich sicher, das 3-Prozent-
Kriterium wenigstens in diesem Jahr erfüllen zu können,
würden Sie sich nicht seit Monaten maßgeblich darum
kümmern, die Sanktionsmechanismen des Stabilitäts-
und Wachstumspaktes auszuhebeln.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Genau so ist es!)

In Wahrheit haben Sie Ihren kleinen Risikopuffer in

Höhe von etwas mehr als 2 Milliarden Euro schon in den

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(C (D rsten Wochen dieses Jahres faktisch verbraucht. Aus en aktuellen Zahlen zum ALG II ergibt sich eine zuätzliche Haushaltsbelastung von 6 bis 7 Milliarden uro. Der Bundesbankgewinn ist viel zu hoch angesetzt. ie Haushaltsrisiken im steuerlichen Bereich betragen nsgesamt 10 Milliarden Euro. All das bedeutet, dass Sie en Risikopuffer in den ersten Wochen dieses Jahres chon mehrfach verspielt haben. In Wahrheit erwarten ie für das laufende Jahr eine Neuverschuldung von indestens 3,4 Prozent. Das ist die Wahrheit, die Sie ier vortragen müssten. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Warten Sie doch erst einmal ab! Das ist doch alles Unsinn!)


Weil Sie befürchten, dass in Brüssel im
ahljahr 2006 die Quittung für diese verfehlte Politik
usgestellt wird und dass eine Strafzahlung auf Sie zu-
ommen wird, versuchen Sie jetzt, die Regeln auszuhe-
eln.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Das ist es!)

as ist doch die Wahrheit. Um Ihre Politik der Beliebig-
eit fortzusetzen, verfahren Sie frei nach dem Motto:
enn die Regeln nicht passen, werden sie passend ge-
acht.
Der Bundeskanzler persönlich setzt dem Ganzen die
rone auf. Ich zitiere aus der „Süddeutschen Zeitung“:
er Bundeskanzler

will eine Einigung über den Stabilitätspakt erkau-
fen, indem er die deutschen Milliardenbeträge an
die EU-Kasse aufstockt.

Der Kanzler und der Finanzminister wollen also
weierlei: erstens den Stabilitätspakt zulasten des Wohl-
tandes dieser und der nachfolgenden Generation auf-
eichen und die Schleusen für die Staatsverschuldung
eiter öffnen, zweitens die anderen Staaten damit lo-
ken, dass Deutschland ab dem Jahr 2007 die ohnehin
ehr hohen Beiträge an die EU um weitere 5 bis 7 Mil-
iarden Euro erhöht.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Das ist die Quittung!)


ie wollen einen doppelten Preis für Ihre verfehlte Poli-
ik bezahlen. Das ist die Wahrheit.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Jetzt komme ich auf einen sehr bemerkenswerten

unkt – ich habe ihn gestern Nachmittag bereits im
aushaltsausschuss vorgetragen –: Der Haushaltsaus-
chuss des Deutschen Bundestages hat die Regierung in
inem einstimmigen Beschluss,


(Ilse Aigner [CDU/CSU]: So ist es! Einstimmig!)


er erst vor wenigen Wochen gefasst worden war, aufge-
ordert, bei der 1-Prozent-Linie zu bleiben.


(Ilse Aigner [CDU/CSU]: Ja, genau!)







(A) )



(B) )


Dr. Andreas Pinkwart

Die Diskussion endete damit, dass der Vertreter Ihres
Hauses, Ihr Staatssekretär, dieserlei Zusammenhang
oder Junktim – man könnte auch sagen: Kuhhandel –
nicht dementiert hat. Es hieß dann lediglich: Dazu werde
der Finanzminister heute Stellung nehmen und mögliche
Bedenken ausräumen.


(Ilse Aigner [CDU/CSU]: Ja!)

Er ist heute krankheitsbedingt nicht anwesend – Sie,
Frau Staatssekretärin, haben dazu nichts, aber auch gar
nichts gesagt –


(Ilse Aigner [CDU/CSU]: So ist es!)

und der Bundeskanzler, der diesen Kuhhandel offen-
sichtlich einfädelt, fehlt ebenfalls.

Herr Carstens, der Ausschussvorsitzende, hat treffend
festgestellt: Natürlich kann eine Regierung am Ende von
Verhandlungen von der Vorgabe des Parlaments ab-
weichen; aber sie darf, wenn es keine entsprechende
Rückkopplung mit dem Parlament gegeben hat, nicht bei
Aufnahme von Verhandlungen von Vorgaben des Parla-
ments abweichen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Deshalb sage ich: Hier wird eine Politik betrieben, die
das Parlament – auch Sie, meine Damen und Herren von
den Regierungsfraktionen – nicht mehr ernst nimmt.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Die erhöhen ja demnächst die Mehrwertsteuer! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU: Eine arme Truppe! – Wie die sieben Zwerge!)


Entweder lassen Sie sich von der Regierung am Na-
senring führen oder es handelt sich um eine gezielte Ver-
nebelungstaktik der Regierung und der sie tragenden
Fraktionen. Ich jedenfalls sage: Wir werden uns weder
von der Regierung am Nasenring führen lassen noch uns
von Ihrer Vernebelungsaktion beeinflussen lassen. Des-
wegen sage ich für meine Fraktion ganz klar: Gestern
wurde zugesagt, dass der Bundesfinanzminister heute
definitiv Auskunft gebe. Das ist nicht geschehen.


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, weil er krank ist!)


– Er ist krank. Das habe ich eingangs gesagt, Frau
Scheel. Ich wünsche ihm beste Genesung! Das nehmen
wir sehr ernst.


(Zuruf von der SPD: Warum zitieren Sie das dann?)


Aber die Frau Staatssekretärin hat ihn vertreten und ih-
ren Auftrag nicht erfüllt.


(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: So ist es!)

Auch der Bundeskanzler ist nicht anwesend.

Ich erwarte eine endgültige Klarstellung, dass die Re-
gierung weiterhin auf Basis des Beschlusses des Haus-
haltsausschusses handelt. Solange dies nicht klargestellt
ist, erwarten wir vom Bundesfinanzminister – das kün-
dige ich hiermit an – in einer Sondersitzung des Haus-
haltsausschusses persönlich Auskunft, bevor er, hoffent-
lich dann wieder genesen, zur nächsten Ecofin-

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(C (D atssitzung fährt. Wir können doch keine solche Politik er Beliebigkeit zulassen, die gegen die Interessen unsees Landes gerichtet ist. Wir jedenfalls werden Ihnen das icht durchgehen lassen. Zu einer Kurzintervention erteile ich der Staatssekre ärin Dr. Hendricks das Wort. D Herr Kollege Pinkwart, ich will das gerne aufnehmen. ir ist zwar gesagt worden, dass mein Kollege beamte er Staatssekretär Ehlers gestern gesagt hat, er wolle zu hrer Frage zum Beitrag in der „Süddeutschen Zeitung“ icht Stellung nehmen. Aber mir ist nicht übermittelt orden, dass zugesagt worden ist, (Dr. Andreas Pinkwart [FDP]: Aber sicher! Definitiv!)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516004100
Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1516004200

ass der Minister das heute – bzw. in seiner Vertretung
ch – das erledigen sollte. Das will ich gerne nachholen:
Selbstverständlich ist es das Ziel der Bundesregie-

ung, am 1-Prozent-Ziel für den europäischen Haushalt,
ezogen auf das Bruttonationaleinkommen, festzuhalten.
ie wissen, die Initiative dazu ist nicht zuletzt von
undeskanzler Gerhard Schröder zusammen mit fünf
nderen Regierungschefs, insbesondere aus Ländern
ordwesteuropas, ausgegangen. Selbstverständlich ver-
andelt die Bundesregierung auf dieser Basis. Dass das
chwierig ist, dass die Interessenlage andernorts anders
st, ist klar. Unter der Hand sagt die Bayerische Staatsre-
ierung in Brüssel sogar: „Machen wir doch lieber
,27 Prozent, damit wir ein bisschen mehr in den Struk-
urfonds haben.“


(Ortwin Runde [SPD]: Hört! Hört! – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Patriotisch! – Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Diese Doppelzüngigkeit Bayerns ist typisch!)


as ist wirklich eine kluge Rechnung: Wir geben zwei
uro nach Europa, damit wir einen Euro nach Bayern
urückbekommen!
Ich sage Ihnen: Wir verhandeln auf der Basis des 1-Pro-

ent-Ziels. Das bedeutet, dass der Bruttobeitrag der Bun-
esrepublik Deutschland am EU-Haushalt allein wegen
er Entwicklung, die für 2007 bis 2013 zu erwarten ist,
ei einem 1-Prozent-Beitrag von derzeit rund 22 Milliar-
en Euro auf etwa 33 Milliarden Euro steigen würde.
ies finden wir als Perspektive für den europäischen
aushalt völlig ausreichend. Wir sehen nicht, dass natio-
ale Haushalte, sei es im Bund oder in den Ländern, auf
bsehbare Zeit eine solche Perspektive haben.
Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Warum verhandeln Sie dann anders?)







(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks

– Wir verhandeln nicht anders! Es muss ja nicht die
Wahrheit sein, was in der „Süddeutschen Zeitung“ steht;
deswegen weise ich das noch einmal ausdrücklich zu-
rück.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der CDU/CSU: Die Nebelwerfer werden angeworfen!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516004300

Zur Erwiderung Professor Pinkwart.

Prof. Dr. Andreas Pinkwart (FDP):
Rede ID: ID1516004400

Frau Staatssekretärin, Sie haben aus Ihrer Sicht eine

Verhandlungslinie aufgezeigt und sie gleichzeitig relati-
viert. Sie haben für die Regierung aber nicht die Feststel-
lung des Bundeskanzlers zu dieser Linie dementiert.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Machen Sie doch keinen Unsinn daraus!)


Ich erwarte hier ein klares Dementi für die Regierung,

(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Quatsch!)

da bisher kein öffentliches Dementi der Regierung in
dieser Sache erfolgt ist. Es muss ein klares Dementi
kommen, dass Sie in Ihren Verhandlungen keinen Zu-
sammenhang zwischen den Kriterien für die Auslösung
der Sanktionsmechanismen des Stabilitätspaktes und der
1-Prozent-Linie herstellen. Ein solches Dementi haben
Sie eben nicht vorgetragen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Quatsch!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516004500

Das Wort hat jetzt die Kollegin Christine Scheel von

Bündnis 90/Die Grünen.

Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516004600

Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Die Frau

Staatssekretärin hat gerade sehr klar und eindeutig auf
die Nebelkerzen geantwortet, die die FDP hier geworfen
hat.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Sie werfen Nebelkerzen nur unter Wasser!)


Ich möchte jetzt ganz kurz auf das eingehen, was Herr
Dr. Meister gesagt hat. Er hat hier wieder den Anspruch
formuliert – das macht die CDU/CSU bei fast jeder Ge-
legenheit –, man solle in diesem Land doch bitte schön
Strukturreformen durchführen, und zwar vor allen Din-
gen Steuersenkungen im Unternehmensbereich. Er
sagte, die Union habe ein Konzept dafür. Dieses Konzept
hat aber noch niemand gesehen. Es gibt zwar eine Über-
schrift, die immer wieder nach vorne getragen und über-
all verkündet wird, was das aber inhaltlich bedeutet,
weiß niemand. Jedenfalls wissen wir, dass alle Vor-
schläge, die bislang von der Union und übrigens auch
von der FDP gekommen sind, das völlige Gegenteil des-
sen bewirken würden, was wir unter der Einhaltung des
Wachstums- und Stabilitätspaktes verstehen.

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(C (D (Elke Wülfing [CDU/CSU]: Sie haben gar keine Vorstellung! Deshalb können Sie das Verhältnis zu uns auch nicht beurteilen!)


s ergäben sich nämlich Einnahmelücken, die die ganze
roblematik, in der wir stecken, verstärken und ver-
chärfen würden, statt die Situation zu verbessern.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Hartmut Schauerte [CDU/ CSU]: Haben wir nun Vorschläge oder haben wir keine?)


Sie haben sehr widersprüchliche Vorschläge.
Ich möchte Ihnen von dieser Stelle aus einmal sagen:

ie legen immer nur Papiere vor – Zehnpunktepro-
ramme, Fünfpunkteprogramme, Siebenpunktepro-
ramme – und sagen, das sei die Lösung des Problems
ür den Standort Deutschland und führe zu mehr Be-
chäftigung. Wenn wir uns dann aber über einzelne
unkte mit Ihnen unterhalten und genauer nachhaken,
ann stellen wir jedes Mal fest, dass Sie sich ständig in
idersprüchlichkeiten verstricken, dass Sie bei keinem
unkt wissen, wie er mit den anderen Punkten zusam-
enpasst, und dass Sie nur Luftblasen aufsteigen lassen,
ie bei einer Konkretisierung platzen. So kann man
eine Politik für dieses Land machen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Leo Dautzenberg [CDU/ CSU]: Machen Sie jetzt eine Selbstreflexion in Bezug auf Ihre eigenen Vorstellungen?)


Sie wissen auch ganz genau, dass wir eine wesentlich
eringere Nettokreditaufnahme und eine andere Haus-
altssituation in diesem Land hätten, wenn Sie alle Vor-
chläge zum Subventionsabbau in den letzten Jahren
icht mit Ihrer schwarz-gelben Mehrheit im Bundesrat
lockiert hätten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dr. Andreas Pinkwart [FDP]: Warum haben Sie bei der Steinkohle mitgestimmt? Sie haben die Steinkohlesubventionen verlängert, Frau Scheel!)


eswegen liegt hier ein Stück Verantwortung sehr wohl
atürlich auch bei Ihnen; das wissen Sie auch.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Rot-Grün macht arm!)


Bevor ich zum Wachstums- und Stabilitätspakt
omme, möchte ich noch Folgendes sagen: Die Pro-
leme, die wir in diesem Land zu bewältigen haben, dür-
en keinesfalls schöngeredet werden. Mehr als 5 Mil-
ionen arbeitslose Menschen sind etwas sehr
edrückendes; jeder arbeitslose Mensch, der arbeiten
ill und keine Arbeit findet, ist einer zu viel.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Dann tun Sie mal was! – Elke Wülfing [CDU/CSU]: Auf diese Krokodilstränen können wir verzichten!)


ber wenn Sie die Lage permanent nur schwarzreden,

(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Quatsch!)







(A) )



(B) )


Christine Scheel

dann schaden Sie diesem Land mehr, als Sie ihm nutzen.
Wie schaut denn das Ausland auf Deutschland? Das ver-
steht doch die Welt nicht mehr. Wir sind international
wirtschaftspolitisch relativ gut aufgestellt und hören im-
mer nur Ihre Ansagen, es sei alles furchtbar. Wie wollen
Sie ausländische Investoren mit diesen Ansagen nach
Deutschland bringen?


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Sie müssen eine bessere Politik machen! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU)


Diese Politik nutzt unserem Land nicht, sondern schadet
ihm.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dr. Norbert Röttgen [CDU/ CSU]: Sie schaden dem Land!)


Meine sehr verehrten Damen und Herren, es gibt zwei
erfreuliche Nachrichten seitens des Statistischen Bun-
desamtes:

Erstens. Im Jahre 2004 hatten wir ein um 0,2 Prozent
niedrigeres gesamtstaatliches Defizit als vorher berech-
net. Es beträgt nunmehr 3,7 Prozent des Bruttoinlands-
produkts.


(Dr. Andreas Pinkwart [FDP]: Das ist ja sensationell!)


Zweitens. Neben dem Bundesfinanzminister erwartet
nun auch die Bundesbank, dass die Bundesrepublik
Deutschland das 3-Prozent-Defizitkriterium des Stabili-
tätspaktes in diesem Jahr einhalten kann.


(Ortwin Runde [SPD]: Das habe ich auch gelesen!)


Das ist also keine Ansage vonseiten der Bundesregie-
rung oder des Bundesfinanzministeriums. Diese Erwar-
tung trägt die Bundesbank mit. Wir sind sehr froh, dass
wir mit unseren Analysen richtig liegen und sich andere
unseren Bewertungen anschließen.


(Dr. Andreas Pinkwart [FDP]: Ihre Prognosen sind bisher ja immer voll aufgegangen!)


Ich hoffe sehr, dass diese Prognose Realität wird.
Nach mehreren Jahren der Stagnation und der Über-

schreitung des 3-Prozent-Defizitkriteriums befinden sich
neben Deutschland und Frankreich noch mehrere euro-
päische Länder im Defizitverfahren des Stabilitäts- und
Wachstumspaktes. Vor dem Hintergrund der realen kon-
junkturellen Entwicklung und der bereits eingeleiteten
Defizitverfahren wird eine Reform des Stabilitäts- und
Wachstumspaktes im EU-Ministerrat verhandelt – nicht
mehr und nicht weniger. Der Pakt ist im Realitätstest des
Konjunkturverlaufs in sehr schweres Fahrwasser gera-
ten. Dem Pakt liegen theoretische Annahmen zugrunde,
die sich in der Realität als nur sehr begrenzt tauglich er-
wiesen haben.


(Klaus-Peter Willsch [CDU/CSU]: Am Willen fehlt es!)


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(C (D Im Zentrum der Reform stehen deshalb Überlegunen, den Stabilitätsund Wachstumspakt in seiner Anendung den realen Konjunkturverläufen anzupassen, (Dr. Andreas Pinkwart [FDP]: Faktisch auszuhebeln!)


hne die Sanktionsmechanismen der EU-Kommission
egenüber den Nationalstaaten aufzugeben. Ich betone:
ie beiden wesentlichen Kriterien für die Messung der
iskalischen Lage einer Volkswirtschaft bleiben unange-
stet. Sowohl das 3-Prozent-Defizitkriterium als auch
as 60-Prozent-Kriterium der Gesamtverschuldung blei-
en unangetastet.


(Dr. Andreas Pinkwart [FDP]: Das geht ja auch nicht anders! – Leo Dautzenberg [CDU/ CSU]: Reine Semantik!)


as ist der erklärte Wille des Bundeskanzlers und des
undesfinanzministers.
Nach dem Willen der EU-Kommission soll dem

chuldenstand und damit der Nachhaltigkeit

(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das Wort würde ich überhaupt nicht mehr in den Mund nehmen!)


ei der haushaltspolitischen Überwachung mehr Ge-
icht gegeben werden. Diesen Willen unterstützen wir,
eil der Gesamtschuldenstand in manchen Ländern sehr
och ist und mehr oder weniger alle europäischen Län-
er wegen der demographischen Entwicklung erhebliche
robleme mit der impliziten Staatsverschuldung im Rah-
en der sozialen Sicherungssysteme haben oder bekom-
en werden. Das wissen wir und das wissen auch Sie.
eswegen verstehe ich nicht, warum Sie sich diesem
rozess derartig verweigern, wie Sie es derzeit tun.


(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Das ist Unsinn!)


Leider hat Deutschland mit einer Gesamtverschul-
ung von 66 Prozent gegen das 60-Prozent-Kriterium
erstoßen. Das braucht man nicht schönzureden.


(Dr. Michael Meister [CDU/CSU]: Das haben Sie mit Ihrer Politik herbeigeführt! – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das haben Sie doch zu verantworten!)


as ist ein Problem. Alle Maßnahmen im Rahmen der
genda 2010 sollen dazu beitragen, die Gesamtver-
chuldung zurückzuführen und das 3-Prozent-Defizit-
riterium wieder einzuhalten.


(Dr. Andreas Pinkwart [FDP]: Wann führen Sie das denn wieder zurück?)


Strukturpolitische Maßnahmen wie die Renten-
eform, die Gesundheitsreform oder die Arbeitsmarkt-
eformen


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Wo ist denn die Gesundheitsreform? – Dr. Andreas Pinkwart [FDP]: Wo ist denn die Nachhaltigkeit bei der Gesundheitsreform? Sie machen das Gesundheitssystem doch nicht demographiefest!)







(A) )



(B) )


Christine Scheel

entwickeln ihre Wirkungen mit zeitlichen Verzögerun-
gen. Deswegen ist es richtig, dass bei der Reform des
EU-Stabilitäts- und Wachstumspaktes verwirklichte
Strukturreformen berücksichtigt werden sollen, die
nachweislich – das betone ich – nachhaltige Wirkungen
haben; denn damit dokumentiert man, dass man für eine
nachhaltige Struktur- und Finanzpolitik steht.


(Beifall der Abg. Anna Lührmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Richtig ist auch, dass Investitionen in die Zukunft,
also in Forschung und Bildung, berücksichtigt werden.
Das sind wir den kommenden Generationen schuldig.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir sind jedoch der Meinung, dass es eine lange Liste
von Ausnahmeregelungen bei der Beurteilung des Defi-
zits eines Landes nicht geben sollte.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Aha!)

Die Kriterien sollen in ihrer Anwendung vergleichbar
sein.

Rückblickend ist festzustellen, dass dem Stabilitäts-
und Wachstumspakt ein eher mechanistisches Bild von
Konjunkturverläufen zugrunde lag.


(Widerspruch bei der CDU/CSU)

Ich begrüße es daher ausdrücklich, dass die Definition
einer scharfen Rezession – Wachstumsraten von minus
2 Prozent – zugunsten der Klarstellung aufgegeben wird,
dass ein befristetes Überschreiten der Defizitobergrenze
von 3 Prozent künftig generell bei negativen Wachs-
tumsraten zulässig sein kann.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das heißt: mehr Schulden! – Dr. Andreas Pinkwart [FDP]: Frau Scheel, Sie geben den Pakt auf! Sagen Sie das doch! Geben Sie es doch zu, Frau Scheel!)


Damit wird der Erfahrung Rechnung getragen, Herr Pro-
fessor Pinkwart, dass bereits eine Stagnationsphase im
Konjunkturverlauf ein Überschreiten der Defizitkriterien
nach sich ziehen kann.

Die Kritik von CDU/CSU und FDP an der Reform
des Paktes ist ohnehin völlig realitätsfremd. Denn ob das
Defizit am Ende eines Jahres bei 3,1 Prozent oder bei
2,9 Prozent – ein Wert, mit dem man das Kriterium ein-
gehalten hätte –


(Klaus-Peter Willsch [CDU/CSU]: Null ist das Ziel!)


liegt, das gibt überhaupt keine Auskunft über die wirt-
schaftliche Lage der jeweiligen Volkswirtschaft. Es sind
andere Kriterien, die über die wirtschaftliche Lage einer
Volkswirtschaft Auskunft geben.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Sie machen wirklich alles kaputt, selbst den Stabilitätspakt!)


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(C (D Frau Kollegin Scheel, erlauben Sie eine Zwischen rage des Kollegen Professor Pinkwart? Gerne. Bitte schön, Herr Pinkwart. Frau Scheel, Sie sagen, dass man in rezessiven Pha en über die 3-Prozent-Grenze hinausgehen könne. Wie ewerten Sie konjunkturpolitisch das vergangene Jahr, essen statistische Werte uns jetzt vorliegen? Wir hatten in Wachstum von 1,6 Prozent. Sie haben das aastricht-Kriterium mit 3,7 Prozent deutlich verfehlt. m laufenden Jahr stoßen Sie an die Grenze von Prozent, die nach Ihrer Interpretation die maximale bergrenze darstellt. (Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Eine Ausnahme!)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516004700
Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516004800
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516004900
Prof. Dr. Andreas Pinkwart (FDP):
Rede ID: ID1516005000

ndere sehen uns deutlich über 3 Prozent. Die Bundes-
egierung geht von einem Wachstum von 1,6 Prozent
us. Trotzdem wird die Obergrenze komplett ausgereizt.
ie hoch soll denn dann noch die Neuverschuldung ge-
essen am BIP sein, wenn Sie in die nächste Rezession
ineinkommen sollten?


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Es muss geringer als 3 Prozent sein!)



Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516005100

Herr Professor Pinkwart, die strukturelle Schwierig-

eit, die wir in der Bundesrepublik Deutschland haben,

(Georg Fahrenschon [CDU/CSU]: Heißt Rot Grün!)

st die, dass die Beschäftigungsschwelle bei einem
achstum von etwa 1,9 Prozent liegt.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Er hat von Rezession gesprochen!)


as heißt, wenn das Wachstum unter 1,9 Prozent liegt,
aben wir weniger Steuereinnahmen, höhere Arbeitslo-
igkeit und damit höhere Ausgaben für den Staat.

(Klaus-Peter Willsch [CDU/CSU]: Vielleicht soll ten Sie was am Arbeitsmarkt machen!)

ir haben, um genau diese Problematik anzugehen,
trukturelle Reformen gemacht.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das ist doch keine Antwort!)


ch habe die Rentenreform und andere Reformen, die be-
eits gemacht worden sind, angesprochen.


(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Das ist ein anderes Thema!)


iese führen im Ergebnis dazu, dass die Beschäftigungs-
chwelle ein Stückchen sinkt.






(A) )



(B) )


Christine Scheel


(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Eigentlich war das eine klare Frage!)

Deswegen kann es passieren, dass man in Zeiten, in
denen es wirtschaftlich zwar etwas nach vorne geht,
die Strukturreformen aber noch nicht so wirken, über
die 3-Prozent-Grenze schwappt, obwohl man vernünftig
aufgestellt ist. Das ist der Punkt, auf den ich eigentlich
verweisen wollte. Die Tatsache, dass das Defizit knapp
über oder knapp unter 3 Prozent liegt, sagt nichts da-
rüber aus, ob unsere Volkswirtschaft dazu in der Lage
ist, eine nachhaltige Finanzpolitik im Sinne des Wachs-
tums- und Stabilitätspakts zu erreichen. Es sind vielmehr
die strukturellen Fragen, die entscheidend sind. Es ist
eine qualitative Bewertung notwendig.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Thema verfehlt!)


Die qualitative Bewertung soll über die Reformdiskus-
sion, die auf europäischer Ebene derzeit geführt wird, er-
folgen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516005200

Frau Kollegin Scheel, die Fragen und Antworten soll-

ten kurz und präzise sein. Wir sind hier nicht im Semi-
nar. Es wäre zwar notwendig, aber es ist leider nicht so.


(Heiterkeit – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Herr Präsident, das ist richtig! Bei Herrn Pinkwart wäre das nötig!)



Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516005300

Ich bin über Ihre Einschätzung froh, dass ich einen

großen Beitrag zur Aufklärung geleistet und dazu beige-
tragen habe, dass die Union und die FDP die wirtschafts-
politischen, finanzpolitischen und gesamtstaatlichen
Vorgehensweisen verstehen. Es freut mich sehr, dass mir
das gelungen ist.


(Dr. Andreas Pinkwart [FDP]: Gelungen ist es nicht!)


Ich komme zum Ende, Herr Präsident. Die Redezeit
ist gleich vorbei. Das, was überhaupt nicht mehr disku-
tiert wird, ist die Frage, warum eigentlich der Wachs-
tums- und Stabilitätspakt eingeführt worden ist. Er ist
deswegen eingeführt worden, weil wir eine stabile Wäh-
rung wollten,


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Weil er nötig war! – Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Das hat Herr Meister doch eben erklärt!)


auch im Hinblick auf Leistungsbilanzdefizite und Haus-
haltsdefizite in den USA. Der Wert des Euro hat sich ge-
genüber dem Dollar erhöht. Der Euro wird verstärkt als
Reservewährung gehalten. Europa hat sich eine stabile,
wertbeständige Währung gegeben. Das muss man sehen.
Das war der Grund, warum der Stabilitäts- und Wachs-
tumspakt eingeführt worden ist: Man wollte eine stabile
Währung in Europa.

Die Debatte, die wir jetzt über das Defizitkriterium
und darüber führen, ob man die Defizitkriterien reali-
tätstauglicher gestalten soll, hat damit zu tun. Aber das

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(C (D rsprüngliche Ziel, eine Währung im gesamten Euroaum mit dieser wunderbaren Stabilität zu schaffen, ist rreicht. Dieses Ziel wird auch in der Zukunft weiterhin mgesetzt. (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Andreas Pinkwart [FDP]: Man muss nur daran arbeiten, dass man das Ziel dauerhaft erreicht!)


arauf muss man immer wieder verweisen. Die Frage,
b das Kriterium von 3 Prozent überschritten wird oder
icht, ist zwar eine wichtige Frage – das will ich nicht in
en Hintergrund drängen –, aber wir wollen auch alles
un, um den konjunkturellen Aufschwung zu stärken.
ir wollen alles tun, um die Binnennachfrage anzukur-
eln –

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516005400

Frau Kollegin Scheel, Ihre Redezeit ist schon lange

bgelaufen.

Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516005500

– und im Rahmen dessen den Konsolidierungspfad
eiter zu beschreiten.
Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516005600

Das Wort hat der Kollege Georg Fahrenschon von der
DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Georg Fahrenschon (CSU):
Rede ID: ID1516005700

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dass Rot-
rün in allen Fragen der Wirtschafts- und Währungs-
olitik und der Haushalts- und Finanzpolitik nach der
ethode „Haltet den Dieb!“ vorgeht, ist keine Überra-
chung. Aber dass Sie, Frau Staatssekretärin, in der
rage der finanziellen Perspektive der Europäischen
nion Äußerungen der Bayerischen Staatsregierung he-
anziehen, ohne Ross und Reiter zu nennen, schlägt dem
ass den Boden aus.


(Dr. Andreas Pinkwart [FDP]: Sehr richtig!)

Insofern fordere ich Sie auf: Entweder Sie nennen
oss und Reiter oder Sie nehmen diese Aussage zurück!
s gibt keine Zielrichtung der CDU und der CSU und
er von ihnen getragenen Landesregierungen in
eutschland, einer Erhöhung des europäischen Haus-
alts zuzustimmen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ich will in Erinnerung rufen, dass es bei diesem Ta-
esordnungspunkt um ein zentrales Thema geht.


(Ortwin Runde [SPD]: Das ist wahr!)

er Deutsche Bundestag hat am 2. Dezember 1992, also
or etwas mehr als zwölf Jahren, nahezu einstimmig






(A) )



(B) )


Georg Fahrenschon

– 543 von 568 abgegebenen Stimmen waren dafür; auch
die Abgeordneten der SPD- und der grünen Fraktion ha-
ben zugestimmt; nur die Kommunisten waren dagegen –
folgenden Beschluss gefasst:

Der Deutsche Bundestag nimmt die Besorgnis in
der Bevölkerung über die Einführung einer gemein-
samen europäischen Währung ernst. … Der Deut-
sche Bundestag wird sich jedem Versuch widerset-
zen, die Stabilitätskriterien aufzuweichen, die in
Maastricht vereinbart worden sind.

(Dr. Andreas Pinkwart [FDP]: Hört! Hört! – Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Frau Scheel, zuhören! – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Wir haben doch nicht nur einen Satz beschlossen! Das ist doch dummes Zeug! – Florian Pronold [SPD]: Wie ist die Inflationsrate?)


Deshalb müssen wir diese Debatte im Parlament führen.
Der heutige Bundeskanzler Gerhard Schröder hat in

einem „Spiegel“-Interview vom 24. Februar 1997 ver-
kündet:

Ich bin wahrscheinlich einer der wenigen, die den
Maastricht-Vertrag noch ernst nehmen. … Ich will,
dass die Stabilitätskriterien strikt eingehalten wer-
den. … Die Europäische Kommission soll darüber
wachen, dass die Fiskalpolitik der Einzelstaaten
nicht aus dem Ruder läuft.

Wir haben es doch hier mit einer galoppierenden Schizo-
phrenie zu tun!


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Andreas Pinkwart [FDP] – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Starke Worte! Haben Sie eine Profilneurose?)


Wenn es keine Schizophrenie ist, dann ist es zumindest
Gedächtnisverlust.

Die Wahrheit liegt doch ganz woanders: Der Kanzler
und sein Erfüllungsgehilfe Hans Eichel haben sich nach
sechs Jahren Regierungsverantwortung in Sachen Haus-
halts- und Fiskalpolitik als unfähig erwiesen


(Ilse Aigner [CDU/CSU]: So ist es!)

und wollen nun dem einzigen noch verbliebenen Kon-
trollinstrument solider Haushaltspolitik, dem Stabilitäts-
und Wachstumspakt, den Garaus machen.

Im internationalen Umfeld liest es sich wie Kabarett:
Erst initiiert Deutschland den Stabilitätspakt zum Schutz
der gemeinsamen Währung. Dann möchte eben dieses
Land die Regeln des Euros mit aller Gewalt wieder strei-
chen und zum krönenden Abschluss behaupten die Be-
teiligten auch noch allen Ernstes, dass der Pakt durch die
Änderungen gestärkt wird. Über diese politische Dar-
stellung lacht ganz Europa.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Andreas Pinkwart [FDP] – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Warten Sie mal auf das Ergebnis!)


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(C (D Das Gegenteil ist der Fall: Durch Ihre Forderungen ird der Pakt nicht gestärkt, sondern massiv gechwächt. Sie machen den Bock zum Gärtner und schiken uns dann auch noch einen wirtschaftspolitischen eisterfahrer in die Anhörung, der behauptet, der Pakt ei tot. Gleichzeitig stimmt die Bundesregierung auf der rundlage des Pakts dem Defizitverfahren gegen Griehenland zu. In Deutschland herrscht in der Tat eine gaoppierende Schizophrenie. (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Andreas Pinkwart [FDP] – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Politische Charakterlosigkeit!)


Man muss sich auch einmal im Detail mit den Forde-
ungen, die der Bundesfinanzminister schriftlich an den
U-Ratspräsidenten gerichtet hat, auseinander setzen.
rstens wird die Einrechnung von Sonderlasten wie der
eutschen Einheit gefordert. Die Wiedervereinigung ist
5 Jahre her. Sie kommen wirklich früh darauf, die Ein-
echnung der Sonderlasten der deutschen Einheit beim
uropäischen Stabilitätspakt zu fordern.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Wir tragen auch die falsche Finanzierung der Regierung Kohl heute noch mit uns herum!)


Zweitens fordern Sie die Anrechnung der Nettozah-
ungen an die EU. Lieber Herr Parlamentarischer Ge-
chäftsführer, wo bleiben denn dann die Nettoerträge?
ei einer ordentlichen Buchhaltung ist es doch das Min-
este, dass nicht nur die Einnahmen, sondern auch die
usgaben mit eingerechnet werden.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Andreas Pinkwart [FDP] – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Lassen Sie sich doch die richtige Rechnung vorlegen!)


Drittens verlangen Sie, dass Strukturreformen im So-
ial-, Arbeits- und Steuerbereich ebenso anerkannt wer-
en sollen wie viertens Ausgaben für Innovation, For-
chung und Entwicklung oder fünftens Investitionen in
umankapital. Da wird doch der Hund in der Pfanne
errückt; denn Sie wollen die Kosten für den Beamten-
pparat, den Sie zusätzlich erweitern wollen, herausrech-
en und so die Last des europäischen Stabilitäts- und
achstumspakts verringern. Das können wir nicht mit-
achen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie wollen sechstens die konjunkturelle Entwicklung

nd siebtens den Beitrag eines Mitgliedstaates zur Stabi-
ität des Währungsraums berücksichtigt wissen.
Sie haben die gestrige Debatte nach dem Motto ge-

ührt: Der Stabilitätsanker Deutschland gilt noch, weil
nsere Inflation im Vergleich zum europäischen Durch-
chnitt so gering ist. Meine Damen und Herren von der
egierungskoalition, das lernt man in der Volkswirt-
chaftslehre schon im ersten Semester: Wenn man einen
inheitlichen Währungsraum mit starken und schwachen
olkswirtschaften hat, dann ist es automatisch so – Sie
önnen das nachlesen; das ist der so genannte Balassa-
amuelson-Effekt –, dass insbesondere die Preise für






(A) )



(B) )


Georg Fahrenschon

nicht handelbare Güter und Dienstleistungen schneller
steigen als die Preise für handelbare Güter. Vor diesem
Hintergrund ist es ganz logisch, dass wir – genauso wie
vor zehn Jahren in Spanien, Griechenland und Portugal
sowie heute in den osteuropäischen Ländern – eine hö-
here Inflation haben. Daraus ergibt sich denklogisch,
dass die Inflationsrate Deutschlands unter dem Durch-
schnitt der Europäischen Union liegt. Das kann also kein
Argument für Ihre Position sein. Das ist vielmehr eine
ganz einfache Wahrheit in der klassischen Wirtschafts-
und Währungspolitik.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Achtens. Zu guter Letzt wollen Sie die Eröffnung ei-
nes Defizitverfahrens nur noch beim Nachweis eines
schwerwiegenden Fehlers eines Mitgliedstaats ermögli-
chen. Das ist der Gipfel; denn damit setzen Sie die For-
derungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts schlicht
und einfach außer Kraft. Das ist die Strategie von Rot-
Grün. Sie wollen nämlich alles andere als den Pakt stär-
ken. Sie wollen vielmehr durch die Aufweichung der
Stabilitätskriterien lediglich den Bankrott Ihrer Politik
verschleiern.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Weil Ihnen finanz- und haushaltspolitisch nichts mehr
einfällt, wollen Sie die Lizenz zum ungehemmten Schul-
denmachen. Dagegen wehren wir uns mit aller Kraft.

Vor diesem Hintergrund muss ich Ihnen sagen: Sie
haben es schlicht und einfach nicht verstanden. Ihnen
fehlt offensichtlich die intellektuelle Kraft, um die Fra-
gestellungen von Wirtschafts- und Währungspolitik im
Zusammenhang zu sehen. Es ist festzuhalten: Wir geben
mittlerweile jeden fünften Euro, den wir durch Steuern
einnehmen, für Schuldzinsen wieder aus. Dieses Geld
fehlt uns an anderer Stelle, um Infrastruktur, Bildung
und Innovation zu unterstützen.


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau das ist das Problem!)


Zusätzlich wird durch Ihre Fiskalpolitik der Spielraum
für dringend notwendige Entlastungen auf der Steuer-
und Abgabenseite erheblich eingeschränkt.

Sie müssen einfach verstehen: Solange die Möglich-
keit besteht, Kredite aufzunehmen, wird das Geld durch
Ihre Regierung mit vollen Händen aus dem Fenster ge-
worfen. Rot-Grün verfährt seit Jahren nach den Grund-
sätzen: Erstens. Sind die Staatsfinanzen erst ruiniert,
dann lebt sich’s gänzlich ungeniert. Zweitens. Nach uns
die Sintflut. Wenn man Ihrer Argumentation folgte,
müsste man Kredite aufnehmen, um in die Zukunft in-
vestieren zu können. Das ist heuchlerisch und stimmt
nicht. Schulden sind nämlich keine Investitionen in die
Zukunft. Schulden sind vielmehr die Steuern von mor-
gen. Da haben Sie uns hineingeritten. Durch Ihre Politik
verkaufen Sie die Zukunft unserer Kinder und Kindes-
kinder.

Ich kann Sie daher nur auffordern: Hören Sie auf!
Nutzen Sie die Regeln des Stabilitäts- und Wachstums-
pakts, um Ihren Haushalt zu sanieren! Zerstören Sie

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(C (D icht das Fundament der Europäischen Wirtschaftsund ährungsunion! Wer den Stabilitätspakt kaputtmacht, pielt mit der Zukunft unseres Landes. Sie sollten sich as sehr genau überlegen. Das Wort hat jetzt der Kollege Ortwin Runde von der PD-Fraktion. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! err Fahrenschon, ich weiß zwar nicht, ob Sie an der ebatte über die europäische Verfassung teilgenommen aben. Aber es wäre gut gewesen, wenn der Geist dieser ebatte den Inhalt Ihrer Rede ein Stück geprägt hätte. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516005800
Ortwin Runde (SPD):
Rede ID: ID1516005900

as ist ja wirklich ein Unterschied wie Tag und Nacht.
Meine Damen und Herren von der Union, wir erleben

ie heutige Debatte über den Stabilitäts- und Wachstums-
akt als dritte oder vierte Wiederholung im Parlament.
nzwischen kennen wir fast alle Argumente.
Die Bürger, die Zuhörer müssen sich doch fragen:
as ist an der Stabilität denn nicht in Ordnung?


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Der Lernerfolg ist gering!)


Wie sehen die Fakten aus? Bei der Beantwortung die-
er Fragen stellt man fest, dass der Euro sehr stabil ist,
as die Preissteigerungen, das Preisniveau, den Binnen-
ert angeht. Der Binnenwert des Euro ist absolut stabil.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: In Deutschland!)


err Fahrenschon hat eben schon eine Begründung dafür
eliefert, warum das Preissteigerungsniveau in Deutsch-
and sehr viel geringer ist als in den anderen europäi-
chen Ländern. Der Außenwert des Euro ist mit
,32 Dollar so hoch, Herr Fahrenschon, dass man da in
er Tat schon Bedenken haben muss.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das ist wegen der Schwäche der anderen Währungen!)


eder, der Zeitung liest, stellt fest, dass in dieser Tatsache
uch eine Bedrohung für unsere weitere wirtschaftliche
ntwicklung liegt.


(Dr. Andreas Pinkwart [FDP]: Also wollen Sie den Euro weicher machen?)


enn wir über die Frage der Stabilität reden, dann füh-
en wir also eine Phantomdebatte. Mit der Stabilität ha-
en wir in Europa, haben wir in Deutschland kein Pro-
lem.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


as ist also nicht die Frage.






(A) )



(B) )


Ortwin Runde

Worum geht es denn dann darüber hinaus? Herr

Fahrenschon redet hier so, als wären wir Deutschen die
Einzigen in Europa, die über eine Weiterentwicklung des
Stabilitäts- und Wachstumspakts nachdenken und daran
arbeiten.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Änderung oder Weiterentwicklung?)


Ich stelle dazu fest: Es gibt einen Bericht bzw. Vorschlag
der Europäischen Kommission zur Weiterentwicklung
des Stabilitäts- und Wachstumspakts.


(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist Schönrederei!)


– Das ist keine Schönrederei.

(Zuruf von der CDU/CSU: Natürlich! – Gegenruf des Abg. Florian Pronold [SPD]: Ruhe auf den billigen Plätzen!)


Hier sehe ich auch eine Analogie zu der Diskussion, die
wir vorhin geführt haben. In jener Diskussion hat Herr
Teufel gesagt, warum die europäische Verfassung auf-
grund der Erfahrungen, die in der Vergangenheit ge-
macht worden sind, weiterentwickelt werden muss. Be-
reits vorher wurde schon gesagt, ein entscheidender
Punkt für die europäische Verfassung sei gewesen, dass
sich Europa dadurch verändert hat, dass die Europäische
Union nicht mehr aus 15, sondern aus 25 Ländern be-
steht.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516006000

Herr Kollege Runde, erlauben Sie eine Zwischenfrage

des Kollegen Schauerte?


Ortwin Runde (SPD):
Rede ID: ID1516006100

Natürlich.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516006200

Bitte schön, Herr Schauerte.


Hartmut Schauerte (CDU):
Rede ID: ID1516006300

Herr Kollege Runde, Sie haben jetzt erläutert, wie der

Binnen- und Außenwert der europäischen Währung sein
soll. Welche Ursachen das haben mag, will ich jetzt da-
hingestellt sein lassen. Der Stabilitätspakt stellt aber
doch insbesondere auf eine grundsätzlich notwendige
Begrenzung der Verschuldung ab. Entsprechend sind
Obergrenzen für die Staaten bei der Verschuldung fest-
gelegt worden.


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Länder bei uns gehören auch dazu!)


Muss ich Ihren jetzigen Ausführungen entnehmen, dass
Sie die Verschuldungsgrenze gar nicht ansprechen wol-
len, weil Sie glauben, dass wegen der Stabilität des Eu-
ros mehr Schulden möglich, vielleicht sogar sinnvoll
sein könnten, um einen zu hohen Wert des Euros wieder
zu reduzieren?

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(C (D Der europäische Stabilitätsund Wachstumspakt hat as Ziel Stabilität erreicht. Andere Ziele wie Wachstum nd Beschäftigungssicherung sind dadurch nicht erreicht orden, Herr Schauerte. (Dr. Andreas Pinkwart [FDP]: Also weitere Schul den, Herr Runde; das ist doch die Frage!)

Ortwin Runde (SPD):
Rede ID: ID1516006400
er Stabilitäts- und Wachstumspakt hat nach den Er-
enntnissen der Europäischen Kommission – Almunia,
rodi und andere haben dies bewertet – dazu geführt,
ass die Länder nicht aus der Rezession herauskommen,
ondern dass eine prozyklische Entwicklung eintritt,
ass die Konjunktur durch die entsprechenden Maßnah-
en also abgewürgt wird. Insoweit war der Stabilitäts-
nd Wachstumspakt nicht erfolgreich.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: In Deutschland!)

Nein, das gilt nicht nur für Deutschland, sondern das
ilt, so Almunia, insbesondere auch für Portugal.
chauen Sie sich auch einmal die Situation der Portugie-
en oder der Niederländer an; dort ist es genauso.


(Georg Fahrenschon [CDU/CSU]: Und Griechenland!)


Wenn die Kommission darangeht, den Pakt neu zu in-
erpretieren und weiterzuentwickeln, dann stellt sich die
rage, welche Interessen wir als Deutsche in diese Wei-
erentwicklung des Pakts einbringen müssen. Herr
ahrenschon, da fallen mir natürlich sofort die Lasten
er Einheit ein. Die Bewältigung der deutschen Einheit
ar wie eine Vorstufe dessen, was wir heute mit der Er-
eiterung der Europäischen Union nach Osten erleben.
ie gesamte Europäische Union muss dafür viel Geld
ufbringen. Eine Leistung dieser Art haben wir als ein-
elnes Land erbracht, indem wir entsprechende Lasten
eschultert haben. Dass man das im Stabilitäts- und
achstumspakt im Hinblick auf die Beurteilung heran-
ieht, ist doch selbstverständlich. Dem liegt deutsches
nteresse zugrunde. In Frankreich käme kein oppositio-
eller Politiker auf die Idee, eine gegenteilige Auffas-
ung zu vertreten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Schauen Sie sich einmal an, wie hoch der Anteil der
osten und der Lasten der deutschen Einheit an der Ver-
chuldungsgrenze von 60 Prozent ist. Das ist ein ganz er-
eblicher Umfang.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Das galt aber vor 1998 auch, Herr Kollege!)


azu haben Sie sich in der Vergangenheit ab und an ein-
al bekannt. Das müssen Sie doch mit berücksichtigen.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Die Wiedervereinigung war doch 1990!)


Aus meiner Sicht ist es absolut vernünftig, dafür zu
ein, die Nettozahlerposition bei der Interpretation zu
eachten. Das entspricht doch unserem Interesse. Sie ha-
en hier von Kuhhandel gesprochen. Der Zusammen-
ang zwischen der Anerkennung von Sonderlasten und
en Ausgaben für Europa ist gegeben. Sie müssten daher






(A) )



(B) )


Ortwin Runde

eigentlich die Position der Bundesregierung unterstüt-
zen.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Nein!)

Wenn man sich die europäische Ebene anschaut, dann

muss man sehen, dass der Pakt sinnvollerweise Zu-
kunftsprobleme lösen sollte. Deutschland und andere
Länder haben Probleme mit der demographischen Ent-
wicklung. Überall dort müssen der Arbeitsmarkt und die
sozialen Sicherungssysteme reformiert werden. Eine
klare wirtschaftspolitische Erkenntnis ist: Zur Lösung
dieser Probleme ist es notwendig, vorübergehend mehr
auszugeben. Anders sind diese Reformen nicht umsetz-
bar und nicht durchsetzbar. Das bei der Bewertung zu
berücksichtigen ist im europäischen Interesse. Anreize
für Bildung und Forschung zu setzen muss doch unsere
Zielsetzung sein.


(Georg Fahrenschon [CDU/CSU]: Aber nicht mit Verschuldung finanzieren, Herr Runde!)


Dass Sie sich aus der gesamten Diskussion über die
Weiterentwicklung des Stabilitäts- und Wachstumspak-
tes mit Ihrer fundamentalistischen Haltung – es gibt sie
sonst nirgendwo in Europa – ausklinken, führt Sie in die
totale Isolation und nimmt Ihnen jedes Recht, hier mit-
zudiskutieren.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516006500

Herr Kollege Runde, erlauben Sie noch eine Zwi-

schenfrage des Kollegen Michelbach?

Ortwin Runde (SPD):
Rede ID: ID1516006600

Gerne.

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516006700

Herr Michelbach, bitte schön.

Hans Michelbach (CSU):
Rede ID: ID1516006800

Herr Kollege Runde, aus meiner Sicht tragen Sie hier

eine sehr abenteuerliche Theorie vor. Ist es nicht eine
Tatsache, dass die Länder der Eurozone, die in den ver-
gangenen Jahren aufgrund von Reformen die Defizit-
quote eingehalten und damit den Pakt nicht gebrochen
haben, bei weitem nicht die Probleme Deutschlands ha-
ben? Diese Länder haben mehr Wachstum und mehr Be-
schäftigung. Die Situation ist doch so, dass Deutschland
den Pakt nicht eingehalten und mehr Schulden gemacht
hat, wodurch genau diese Probleme entstanden sind. Ist
es nicht so?


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Ortwin Runde (SPD):
Rede ID: ID1516006900

Herr Michelbach, ich muss sagen: Hier irren Sie sich.

Die Holländer haben zeitweise, als sie noch in einer bes-
seren Position gewesen sind, so argumentiert wie Sie.
Schauen Sie sich einmal an, wie viele europäische Län-
der sich in Schwierigkeiten befinden. Wenn Sie das tun,
dann werden Sie feststellen: Viele sind vom hohen Ross

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(C (D eruntergestiegen, weil die Realität sie eingeholt hat. Sie aben mittlerweile gemerkt, dass sie davon abhängig ind, dass die Wirtschaft in Deutschland wächst. (Dr. Andreas Pinkwart [FDP]: Also wollen Sie doch mit mehr Schulden wachsen?)


aher haben sie ein Interesse daran, dass der Stabilitäts-
nd Wachstumspakt so ausgelegt wird, dass er wirt-
chaftliches Wachstum nicht abwürgt. Diese Erkenntnis
aben inzwischen auch unsere Nachbarländer.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Andreas Pinkwart [FDP]: Das ist abenteuerlich!)


Herr Meister, Sie haben das Thema Unternehmen-
teuern angesprochen, aber das Desaster unerwähnt ge-
assen, das Ihre Steuersenkungsvorstellungen im Rah-
en der allgemeinen Steuerreform in der Anhörung
rlebt haben,


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Das stimmt doch gar nicht! – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Fangen Sie nicht zu lügen an! Das ist doch gar nicht notwendig!)


n der alle gesagt haben: Angesichts der gegenwärtigen
ituation der Staatsfinanzen sind weitere Steuersenkun-
en nicht machbar. – Das war das eindeutige Ergebnis.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Dann müssen Sie eine selektive Wahrnehmung gehabt haben!)


eht erst einmal daran – so war die Empfehlung der
achverständigen –, die Steuerschlupflöcher zu schlie-
en;


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Zitieren Sie einmal den Herrn Kirchhof!)


enn ihr dann gesehen habt, welche Auswirkungen das
at, könnt ihr euch über Steuersätze unterhalten!
Herr Meister – –


(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist der Herr Michelbach hier!)


Herr Michelbach. Herr Meister hat aber vorher gespro-
hen.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Michelmeister! – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Meister Michelbach!)


s waren Herr Michelbach und Herr Meister, die ein Un-
ernehmensteuerkonzept angemahnt haben. Schauen Sie
ich einmal an, was Herr Merz seinerzeit geliefert hat!


(Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Peinlich!)


ie Ansage war: auf dem Bierdeckel, synthetische Ein-
ommensteuer, keine duale Besteuerung. Sie sind inzwi-
chen in tiefe Nachdenklichkeit verfallen,


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Das würde euch auch nicht schaden! – Dr. Uwe Küster [SPD]: Ins Koma verfallen!)







(A) )



(B) )


Ortwin Runde

haben deswegen auch noch eine Schreibhemmung. Zu
der Frage, was Ihre steuerpolitischen Vorstellungen sind,
haben Sie bisher nur weiße Blätter produziert.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Georg Fahrenschon [CDU/CSU]: Herr Runde, was sagt denn der Bundeswirtschaftsminister dazu? Wie sieht der Bundeswirtschaftsminister das?)


Eines noch zu der Funktion, die die Debatte über den
Stabilitäts- und Wachstumspakt für Sie hat. Ich habe hier
den Eindruck, dass Sie diese Debatte nur nutzen, um den
Stabilitäts- und Wachstumspakt als Peitsche einzuset-
zen – in Richtung Flexibilisierung und Abbau in den Be-
reichen Tarifrecht, Mitbestimmung und Kündigungs-
schutz.


(Dr. Andreas Pinkwart [FDP]: Das ist ja unfassbar!)


Da machen Sie sozusagen einen umgekehrten Helmut
Schmidt,


(Zuruf von der CDU/CSU: Unfug!)

aber ohne ökonomischen Sachverstand.


(Georg Fahrenschon [CDU/CSU]: Sie wollen also lieber 5 Prozent Inflation! Sie wollen lieber den echten Helmut Schmidt! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Zur Abwechslung können Sie einmal eine vernünftige Politik machen!)


Diese Interpretation des Stabilitäts- und Wachstums-
paktes werden wir natürlich nicht mitmachen,


(Beifall bei der SPD)

weil das – jetzt komme ich wieder zu der Debatte heute
früh zurück – keine Konzeption für ein solidarisches
Europa ist und keine Zukunftsvision für Europa sein
kann. Es ist eine ganz andere Vision, die Sie verfolgen.
Sie wird unsere Unterstützung nicht finden. Wenn Sie
sich der Realität annähern wollen, dann müssen Sie tat-
sächlich anders über den Stabilitäts- und Wachstumspakt
reden und dürfen nicht ständig nur die Zahl drei betonen;
das ist nicht hinreichend.


(Beifall bei der SPD – Dr. Andreas Pinkwart [FDP]: An der wollen Sie doch auch festhalten! Das ist nicht zu glauben!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516007000

Als nächster Redner hat der Kollege Olav Gutting

von der CDU/CSU-Fraktion das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Andreas Pinkwart [FDP])


Olav Gutting (CDU):
Rede ID: ID1516007100

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine

Herren! Der Stabilitäts- und Wachstumspakt gefällt
Herrn Eichel nicht. Dafür habe ich Verständnis; denn
Sünder mögen keine Gesetze. Aber was Sie von der Re-
gierung auf europäischer Ebene mit der Aufweichung
des Stabilitäts- und Wachstumspaktes planen, ist eine

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(C (D chande. Diese Regierung versündigt sich an zukünfigen Generationen in Europa. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Uwe Küster [SPD]: Wir sind ja nicht auf der Bundesbühne!)


1996 haben die europäischen Finanzminister auf dem
U-Gipfel in Dublin beschlossen, vor allem auf Druck
on Deutschland, den Stabilitäts- und Wachstumspakt zu
ründen: Das jährliche Loch in der Staatskasse darf nicht
iefer klaffen, als es 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts
ntspricht, und der gesamte Schuldenberg des Staates
arf sich nicht höher auftürmen als bis zu 60 Prozent der
ährlichen Wirtschaftsleistung.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Bisher gilt die Grenze von 3 Prozent. Wer die Grenze

on 3 Prozent überschreitet, verstößt gegen den Pakt.

(Zuruf von der SPD: Das gilt noch nicht ein mal bisher! England zum Beispiel!)

as hat jeder verstanden. Dass es jeder versteht, ist
ichtig. Dies war vor allem für uns Deutsche ein ganz
ichtiges Signal.

(Dr. Uwe Küster [SPD]: Er treibt noch den Letzten mit seiner Traurigkeit aus dem Saal!)

ie dauerhafte Stabilität der Deutschen Mark war von
nbeginn der Bundesrepublik Deutschland für die Men-
chen in unserem Land Ausdruck wirtschaftlicher Stärke
nd Kontinuität.


(Dr. Andreas Pinkwart [FDP]: So ist es!)

ie deutsche Währung galt im Gegensatz zu vielen an-
eren europäischen Währungen immer als Garant für
tabilität. Wir Deutsche hingen an unserer Mark.
Um die mit der Einführung des Euro verbundenen

orgen und Ängste in der Bevölkerung, die es durchaus
ab, zu zerstreuen, setzte die damalige Bundesregierung
ei der Einführung des Euro auf Aufstellung und strikte
inhaltung strenger Stabilitätskriterien. Es war 1992
uch einmal gemeinsamer Wille dieses Hohen Hauses
wir haben es vorhin gehört –, sich jedem Versuch zu
idersetzen, die Stabilitätskriterien aufzuweichen, die
n Maastricht vereinbart worden sind. Was die Bundesre-
ierung jetzt mit der Aufweichung des Stabilitäts- und
achstumspaktes plant, nennt man „Wegfall der Ge-
chäftsgrundlage“. Es ist die Zerstörung der Basis, auf
er das Vertrauen der Menschen in Deutschland in die
eue Währung beruht.


(Beifall bei der CDU/CSU)

ie Forderung des Finanzministers und dieser Regie-
ung, das Schuldenmachen nun zu erleichtern, bedeutet
as Ende dieses Paktes.
Sie wollen die Kosten der Einheit, Sie wollen die

ahlungen an Brüssel, Sie wollen Kosten für Bildung
nd anderes bei der Berechnung berücksichtigt wissen.
ie wollen Sie bitte dann Ihren Fluchthelfern aus dem
tabilitäts- und Wachstumspakt Frankreich und Italien
erbieten, beispielsweise die Kosten für Militärausgaben






(A) )



(B) )


Olav Gutting

zu berücksichtigen? Wie wollten Sie Ihren Fluchthelfern
dann erklären, dass das nicht geht?


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Das wird Ihnen nicht gelingen, aber das stört Sie auch
nicht. Diese Regierung weiß nämlich ganz genau um die
verheerenden Auswirkungen ihres Handelns.


(Florian Pronold [SPD]: Wie lange haben Sie die Rede geübt?)


An ernsten und konkreten Warnungen hat es ja nicht ge-
fehlt, sei es von der Bundesbank oder anderen Experten.
Das haben wir ja alles schon gehört.

Es geht dieser Regierung einfach nur noch darum, die
Macht zu sichern. Sie wollen im Wahljahr 2006 auf kei-
nen Fall ein Defizitverfahren haben. Genauso wie sich
SPD und Grüne derzeit in Schleswig-Holstein über den
Willen der Wähler hinwegsetzen, genauso setzt sich
diese Regierung über alle Warnungen und Mahnungen
beim Pakt hinweg.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Andreas Pinkwart [FDP]: Schlimm!)


Der Schaden, der dadurch entsteht, und die Lasten, die
Sie dadurch zukünftigen Generationen aufladen, schei-
nen Sie dabei nicht zu interessieren.

Die exzessive Verschuldungspolitik dieser Regierung
ist ja auch gerade deshalb so schlimm, weil es die künfti-
gen Generationen, die diese Rechnung bezahlen sollen,
gar nicht geben wird. Europa ist ja der Kontinent mit den
wenigsten Kindern. Europa hat nicht nur die wenigsten
Kinder, sondern weltweit auch das geringste Wirt-
schaftswachstum.

Ich bin froh, Frau Staatssekretärin Hendricks, dass Sie
vorhin gesagt haben, dass Sie kein kreditfinanziertes In-
vestitionsprogramm planen. Ich hoffe, die ganze Regie-
rung hat sich zwischenzeitlich von der Vorstellung ver-
abschiedet,


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Deren Glaubwürdigkeit ist nicht sehr hoch!)


der Staat könnte die Wirtschaft mit mehr Krediten hoch
hieven. Wünschenswert wäre ein erhöhter Konsum,
wünschenswert wäre eine erhöhte Investitionsbereit-
schaft. Hierzu brauchen wir aber verlässliche finanzpoli-
tische Rahmenbedingungen. Verlässliches Wachstum
wird es nur mit Stabilität geben und niemals ohne Stabi-
lität.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wer Hand an diesen Pakt legt, zerstört das Vertrauen der
Menschen in diese Stabilität.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516007200

Das Wort hat jetzt der Kollege Heinz Köhler von der

SPD-Fraktion.

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(C (D Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und ollegen! Wir diskutieren heute über zwei Anträge zum uropäischen Stabilitätsund Wachstumspakt. Beiden nträgen ist gemeinsam, dass sie den Stabilitätsund achstumspakt erhalten wollen, um ein Funktionieren er Europäischen Wirtschaftsund Währungsunion siherzustellen. Dies drücken wir in unserem Antrag wie olgt aus: Zur Sicherung der Stabilität der Europäischen Wirtschaftsund Währungsunion öffentliche Finanzen unabdingbar, die Währungsunion braucht auch in Zukunft ein funktionsfähiges und glaubwürdiges Instrument der finanzpolitischen Koordinierung. Der Stabilitätsund Wachstumspakt hat sich nach unerer Auffassung in seiner Grundkonzeption bewährt. In nserem Antrag heißt es daher weiter: Der Stabilitätsund Wachstumspakt mit seinen wesentlichen Bestandteilen – der 3-Prozent-Defizitgrenze und der 60-Prozent-Schuldengrenze – hat in den letzten Jahren auch unter schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen eine positive Wirkung auf die Finanzpolitiken in den Mitgliedstaaten der Währungsunion ausgeübt. Wer allerdings, wie es verschiedentlich versucht wird nd leider auch heute wieder versucht wurde, das dazu otwendige Ringen als „Aufweichungsversuche“ diffaiert, schadet der Glaubwürdigkeit des Paktes. Durch den Stabilitätsund Wachstumspakt ist der Eu oraum heute finanzpolitisch besser aufgestellt als die SA und Japan. Während das Defizit im Euroraum im ahre 2004 2,9 Prozent betrug, betrug es in den USA ,2 Prozent und in Japan sogar 7,1 Prozent. uch die Inflation hat sich in engen Grenzen gehalten: ie Steigerungsraten der Verbrauchspreise lagen zwichen 2000 und 2003 im Euroraum bei rund 2 Prozent, n Deutschland sogar nur bei 1 Prozent. Das heißt, der uro ist nach innen und außen stabil. Bei allen Erfolgen des Stabilitätsund Wachstums akts können wir die Augen aber nicht vor den Erfahrunen verschließen, die wir mit der Anwendung des Paktes n den vergangenen Jahren gemacht haben. Ein zentraler uslöser für die Reformdebatte war die Kontroverse ber die Nutzung der im Vertrag und im Pakt enthaltenen rmessensspielräume. Die bisherige Anwendung ließ ine Diskussion durch Kommission und Ecofin-Rat über ine ökonomisch angemessene und richtige Finanzpoliik völlig in den Hintergrund treten. Deswegen sind wir ür eine Reform des Paktes. Eine solche Reform ist keine deutsche Erfindung. uch sind wir deswegen in Europa nicht isoliert. (Georg Fahrenschon [CDU/CSU]: Sie lesen die Zeitung wohl auch nicht mehr?)

Dr. Heinz Köhler (SPD):
Rede ID: ID1516007300

(Beifall bei der SPD)


(Ortwin Runde [SPD]: Hört! Hört!)


(Beifall bei der SPD)







(A) )



(B) )


Dr. Heinz Köhler

Schon vor längerer Zeit hat der damalige Präsident der
EU-Kommission Romano Prodi den Pakt als „dumm“
bezeichnet. Zwischenzeitlich ist die Mehrheit der Mit-
gliedstaaten für eine Reform des Paktes. Selbst die Kom-
mission als Hüterin der Verträge hat in ihrer Mitteilung
vom 13. September 2004 eine Reihe von Reformvor-
schlägen gemacht. Insoweit ist die Zeit über den Antrag
der Union hinweggegangen. Er steht nicht mehr auf der
Agenda der europäischen Institutionen.

Warum will nun die Kommission eine Reform des
Paktes? Bei der Umsetzung des Stabilitäts- und Wachs-
tumspakts sind eben nicht nur Erfolge zu verbuchen. In
einigen Ländern ist der Fortschritt in Richtung Schul-
denabbau völlig unzureichend.


(Georg Fahrenschon [CDU/CSU]: Deutschland vorneweg!)


In diesem Jahr erfüllen lediglich fünf der zwölf Mitglie-
der des Euroraums die Hauptregel des Paktes. Mindes-
tens drei Länder werden Defizite von über 3 Prozent des
Bruttoinlandsprodukts haben, weitere drei wahrschein-
lich.


(Georg Fahrenschon [CDU/CSU]: Das sind die Zahlen vom letzten Jahr, Herr Kollege!)


– Das sind die Zahlen von diesem Jahr.

(Georg Fahrenschon [CDU/CSU]: Nein, vom letzten Jahr!)

Eine Reihe von ökonomischen Überlegungen steht

neben politischen und institutionellen Gesichtspunkten
hinter diesen Vorschlägen für ein ausgewogenes Anpas-
sungspaket:

Erstens. In Anbetracht der Unterschiede zwischen den
Mitgliedstaaten, was etwa wirtschaftliche Entwicklung
oder Schuldenstand angeht, brauchen wir mehr Spiel-
raum und ökonomisches Augenmaß bei der Beurteilung
der Budgetentwicklung in den einzelnen Mitgliedstaa-
ten.


(Beifall bei der SPD)

Dieser Gesichtspunkt gewinnt vor dem Hintergrund der
Erweiterung deutlich an Gewicht. Auf der Grundlage der
bestehenden Vertragswerke sollen bestimmte Länderspe-
zifika stärker in Rechnung gestellt werden, als es bisher
geschehen ist.

Zweitens mangelt es dem gegenwärtigen Regelwerk
an ausreichenden Anreizen, in wirtschaftlichen Auf-
schwungphasen haushaltspolitisch für schlechte Zeiten
vorzusorgen. Wenn aber in guten Zeiten kein Haushalts-
überschuss erwirtschaftet wird, wie soll dies dann in
schlechten Zeiten gelingen?

Drittens erwächst angesichts der demographischen
Entwicklung in Europa die Einsicht, dass langfristigen
Nachhaltigkeitsaspekten mehr Bedeutung beigemessen
werden muss, als es noch Mitte der 90er-Jahre der Fall
war.


(Beifall bei der SPD)


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(C (D eben diesen ökonomischen Argumenten gibt es auch olitisch-institutionelle Gründe, weshalb eine Überareitung des Stabilitätsund Wachstumspakts nötig ist. Das ist auch das Ziel unseres Antrages. Im Lichte die er Überlegungen erscheint es nach unserer Ansicht anebracht, das wirtschaftspolitische Regelwerk zu stärken nd seine Anwendung zu verbessern. Verbesserung heißt n diesem Fall, den ökonomischen Gehalt der Regeln zu rhöhen, um den größer gewordenen Unterschiedlicheiten zwischen den Mitgliedstaaten einer EU der 25 esser Rechnung tragen zu können. Nach der Konzeption des EG-Vertrages dient das In trumentarium der Haushaltsüberwachung zur Vermeiung schwerwiegender Fehler in der Haushaltsund Fianzpolitik der Mitgliedstaaten. Der Vertrag selbst sagt: s ist keineswegs Ziel und Aufgabe der finanzpolitichen Koordinierung, den Mitgliedstaaten in ihre täglihen Geschäfte hineinzuregieren. Das ist Sache der einelnen Mitgliedstaaten und muss es auch bleiben. Um es an der 3-Prozent-Defizitgrenze festzuma hen: Eine Finanzpolitik ist doch nicht immer gut, soange das Defizit noch bei 2,9 Prozent liegt, und sie ist uch nicht notwendigerweise schlecht, wenn das Defizit uf 3,1 Prozent steigt. Die Sicht der Union ist hier völlig nökonomisch. s geht vielmehr darum, eine stabilitätsund wachsumsgerechte Ausrichtung der Finanzpolitik zu gewähreisten. Einzelne Zahlen können dies nicht aufzeigen, ondern nur eine fundierte Analyse; eine Gesamtschau st also nötig. Oder wenn ein Land Strukturreformen umsetzt, die ür mehr Wachstum und nachhaltige Finanzen entscheiend sind, aber zu einem Defizitanstieg über 3 Prozent ühren – sollte dann ein Verfahren eröffnet werden? Wir agen, in diesen Fällen nicht. Ein zentrales Kriterium ist für uns die Konjunktur. eben starken Wirtschaftsabschwüngen sollten auch Peioden der Stagnation Berücksichtigung finden. Zudem st zu bedenken, dass die Mitgliedstaaten zum Teil Sonerlasten zu schultern haben, die nicht primär Ausdruck iner finanzpolitischen Entscheidung sind. Ich darf hier ür Deutschland die hohe finanzielle Belastung durch die eutsche Einheit nennen. Eine weitere Sonderbelastung, ie von nationalen finanzpolitischen Erwägungen losgeöst ist, sind die hohen Transfers an den EU-Haushalt. uch solche Zahlungen sollten im Rahmen finanzpoliticher Analysen Berücksichtigung finden. Ich möchte noch einmal betonen: Es geht nicht um in „Rausrechnen“, sondern es geht um die Philosophie er Einzelfallbeurteilungen. Eine sinnvolle Anwendung es Stabilitätspakts ist nur auf der Basis einer umfassenen ökonomischen Analyse des jeweiligen Einzelfalls öglich. Dr. Heinz Köhler Insoweit sehen wir dem Europäischen Rat am 22. und 23. März hoffnungsvoll entgegen und fordern Sie auf, dem Antrag der Koalitionsparteien zuzustimmen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Um Gottes willen!)


(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer)


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)





(A) )


(B) )



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516007400

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Klaus-Peter

Willsch.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Klaus-Peter Willsch (CDU):
Rede ID: ID1516007500

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Staats-
sekretärin, es hat Ihnen nicht gefallen, dass wir gesagt
haben, Sie wollten den Pakt eigentlich nicht mehr. Aber
die Debatte hat es der deutschen Öffentlichkeit gezeigt:
Sie haben nur formal gesagt, Sie wollten den Pakt wei-
terhin; aber alles, was Sie inhaltlich gesagt haben, hat
genau belegt, dass Sie mit einem Stabilitätsziel nichts
anfangen können. Sie haben über die 3-Prozent-Grenze
gesprochen, Frau Scheel. Aber Sie müssen sich einmal
vor Augen führen, was eigentlich das Ziel ist, nämlich
ein ausgeglichener Haushalt. Eine Neuverschuldung von
3 Prozent markiert dabei die Obergrenze.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ziel der Haushaltspolitik sollen ausgeglichene Staats-
haushalte sein.


(Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Bei der CDU war das nicht oder wie?)


Aber Sie reden nur noch über die Obergrenze der Neu-
verschuldung von 3 Prozent und die halten Sie nicht ein-
mal ein, sondern überschreiten sie sogar um ein Viertel.
Und dafür sollen wir Sie noch loben? Das kann doch
wohl nicht wahr sein!


(Beifall bei der CDU/CSU – Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das habe ich nicht verlangt!)


Frau Hendricks, Sie hören es nicht gerne, wenn wir
die Regierung kritisieren. Deshalb zitiere ich einmal
einen Beobachter der politischen Szene. Hendrik
Munsberg kommentierte in der „Berliner Zeitung“ vom
18. Februar dieses Jahres:

Der Euro-Stabilitätspakt ist erledigt, mausetot.
Hauptverantwortlich dafür sind Kanzler Gerhard
Schröder und sein Erfüllungsgehilfe Hans Eichel.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Hört! Hört! – Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Das sind zwei Namen für die Katastrophe!)


Man muss sich in diesem Zusammenhang einmal da-
ran erinnern, wie sich der Finanzminister in der Öffent-
lichkeit dargestellt hat: Er hat sich bevorzugt mit Spar-
schweinen ablichten lassen und er hat durch seinen hoch

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(C (D ezahlten PR-Berater die Geschichten in Umlauf brinen lassen, dass er beim Putzen der Wohnung von der eiter gefallen ist und seine Döner in der Imbissstube an er Ecke selbst kauft. Der Finanzminister hat immer von einem ausgegli henen Haushalt gesprochen. Dann hat er aber auf inmal gemerkt, dass es nicht leicht sein wird, einen solhen zu erreichen. Danach war von „nahezu ausgeglihen“, also „close to balance“, die Rede. Von „close to alance“ ist jetzt ebenfalls keine Rede mehr. Inzwischen eht es nur noch um das 3-Prozent-Kriterium. Aber elbst das kann er nicht einhalten. Haushaltsund finanzolitisch ist die Bilanz der Regierung katastrophal. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Statt aus der aktuellen Situation die richtigen
chlüsse zu ziehen, macht Eichel genau das Falsche. Wir
efinden uns in der Fastenzeit. Während dieser Zeit ver-
uchen einige, ihre überflüssigen Pfunde, die sie im
inter angesammelt haben, loszuwerden.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Das trifft aber auch auf geistige Ergebnisse zu!)


enn ich mir Herrn Eichels öffentliches Reden und
andeln anschaue, dann kann ich Parallelen feststellen:
r redet zwar die ganze Zeit vom Abnehmen, futtert aber
ozusagen heimlich Pralinen, wenn er glaubt, keiner
ürde ihm zuschauen. Wenn er auf der Waage feststellen
uss, dass sich nichts an dem Gewicht geändert hat,
irft er die Waage weg, anstatt die Pralinen wegzulas-
en. Das ist sein Konzept.


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU – Walter Schöler [SPD]: Das ist das Rezept „Kohl“!)


Sie legen in der Tat die Axt an den Stabilitätspakt. Sie
ollen Forschungsausgaben, Bildungsausgaben und
ettozahlungen an die EU abziehen. Sie wollen die Kos-
en für Strukturreformen in den Sozialsystemen abzie-
en. Ich kann Ihnen noch weitere Anregungen geben:
ie bekommen die Franzosen mit ins Boot, wenn Sie
orschlagen, die Kosten für Überseedepartements und
ür die Force de Frappe abzuziehen. Die Griechen be-
ommen Sie mit ins Boot, wenn Sie vorschlagen, die
osten für die Olympischen Spiele abzuziehen. Man
önnte auch schon einmal an die Kosten für die Fußball-
eltmeisterschaft im nächsten Jahr denken. Sie können
ich eine Reihe von Ausweichkriterien ausdenken. Aber
amit höhlen Sie den Pakt aus. Sie wollen diesen Pakt
icht, weil Sie nie den Zusammenhang zwischen Stabili-
ät und Wachstum in der Volkswirtschaft verstanden ha-
en. Das ist das Problem.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Der Kanzler und der Finanzminister tragen die Mei-

ung vor, dass zu viel Gewicht auf Stabilität und zu we-
ig auf Wachstum liege, es heiße aber doch „Stabilitäts-
nd Wachstumspakt“. Wenn das richtig wäre, dann
üsste jetzt irgendwann einmal, nachdem Sie dieses
ahr das 3-Prozent-Kriterium zum vierten Mal in Folge
eißen, eine positive Entwicklung auf der Wachstums-






(A) )



(B) )


Klaus-Peter Willsch

seite eintreten. Aber das Gegenteil ist richtig: Die Welt-
wirtschaft wächst mit 5 Prozent, die Wirtschaft in
Europa mit 2,3 Prozent und Deutschlands Wirtschaft mit
1,5 Prozent. Das ist Ihre magere Bilanz. Außerdem be-
findet sich der Arbeitsmarkt im freien Fall. Man spricht
schon von offiziell 5,2 Millionen Arbeitslosen. Jeden Tag
gehen in Deutschland über 1 000 reguläre Beschäfti-
gungsverhältnisse verloren. Diese Arbeitsplätze sind
futsch. Dafür sind Sie verantwortlich. Und Sie wollen ein-
fach das Regelwerk ändern, nur weil Sie es nicht einhalten
können! Was ist denn das für eine miserable Politik?


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Sie müssen sich einmal deutlich vor Augen führen,

was Sie mit Ihrer Politik in Europa anrichten. Beim Fall
des Eisernen Vorhangs und bei der Öffnung der EU ha-
ben wir uns vorgenommen, ein Europa der Stabilität zu
schaffen. Wir haben die Maastricht-Kriterien in den
Acquis communautaire aufgenommen. Dieses Regel-
werk galt für Länder, die beitreten wollten und jetzt bei-
getreten sind. Es gilt auch für die Transformationsländer,
die dazukommen wollen, die also Kandidatenstatus ha-
ben. Diesen Ländern wird gesagt, sie müssten eine or-
dentliche Haushaltspolitik vorweisen, um Mitglied in
der Europäischen Union zu werden. Wie soll jemand an
der Spitze eines solchen Landes seiner Bevölkerung er-
klären, dass Anstrengungen notwendig sind und dass
man harte Schnitte machen muss, um die Strukturen zu
ändern, wenn wir, die wir diesen Pakt durchgesetzt ha-
ben, diejenigen sind, die mit diesem Pakt plötzlich nichts
mehr zu tun haben wollen? Damit versündigen Sie sich
an Europa. Wir waren auf einem guten Wege, ein Europa
der Stabilität zu schaffen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Ihr habt ihn aber prophylaktisch ruiniert durch Verschuldung! Ihr habt ihn ruiniert!)


Inzwischen werden von Ihren Büchsenspannern im
Finanzministerium – Frau Hendricks, Sie haben dies
zwar vorhin dementiert, aber es gibt offenbar entspre-
chende Überlegungen – Konjunkturprogramme ange-
kündigt. Einige Tagesordnungspunkte später können Sie
heute ein Konjunkturprogramm ohne einen Steuereuro
beschließen. Da reden wir über die Zukunft des Luftver-
kehrsstandortes Deutschland. Sie sind nicht in der Lage,
dazu Ja zu sagen. Da geht es um eine Investition von
3,5 Milliarden Euro und um zusätzliche Arbeitsplätze.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516007600

Herr Kollege, es besteht die Bitte nach einer Zwi-

schenfrage. Ihre Redezeit ist aber schon abgelaufen.

(Lachen bei Abgeordneten der SPD)


Ich erlaube Ihnen, diese Zwischenfrage zu beantworten.
Aber dann können Sie nicht mehr in Ihrer Rede fortfah-
ren.


Klaus-Peter Willsch (CDU):
Rede ID: ID1516007700

Es gibt vonseiten der SPD den dringenden Wunsch,

dass ich fortfahren darf.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU – Zurufe von der SPD: Nein!)


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(C (D Den mag es geben; aber den werde ich nicht erfül en. – Bitte. Bitte, die Zwischenfrage. Herr Kollege Willsch, ist Ihnen bekannt, dass in die em Haus, aber auch weit darüber hinaus die Bereitchaft besteht – Sie wissen das sicherlich als Mitglied es Unterausschusses zu Fragen der Europäischen nion –, die Bundesregierung dabei, die Kriterien einzualten, in der Weise zu unterstützen, dass wir uns darauf erständigen, dass die Ausgaben für den künftigen inanzplanungszeitraum der EU auf 1 Prozent des Brutonationaleinkommens begrenzt werden sollen? Ich habe erade recherchiert, dass es einen gleich lautenden Kabiettsbeschluss der Bayerischen Staatsregierung gibt. ind Sie mit mir darin einig, dass damit die Aussagen er Frau Staatssekretärin, die sie vorhin gemacht hat, wierlegt sind? Herr Kollege Kalb, ich kenne kein CDU/CSU-regier es Land, das für eine Ausweitung der Finanzierungsbais der EU in dem Sinne ist, (Elke Ferner [SPD]: Handeln alle auch so? – Carsten Schneider [SPD]: In Thüringen ist es aber so!)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516007800
Klaus-Peter Willsch (CDU):
Rede ID: ID1516007900
Bartholomäus Kalb (CSU):
Rede ID: ID1516008000
Klaus-Peter Willsch (CDU):
Rede ID: ID1516008100

ie das hier vorgetragen wurde. Ich glaube wohl, dass es
n der Bayerischen Staatsregierung einen einschlägigen
eschluss dazu gibt. Wie gesagt, das gilt darüber hinaus
ber auch für andere unionsgeführte Länder.
Einen Appell richte ich zum Abschluss an den Kanz-

er, der sich anlässlich des Bush-Besuches bemüßigt
ühlte, an den Vergleich zu erinnern, wer Koch und wer
ellner ist. Gerade an dem Beispiel des Ausbaus des
lughafens in Frankfurt kann der Kanzler zeigen, ob er
en Kellner zum Laufen bringt und die Grünen endlich
ereit sind, Notwendigkeiten im Hinblick auf Zukunfts-
ärkte zu berücksichtigen, anzuerkennen, und er kann
afür sorgen, dass investiert wird und Arbeitsplätze in
iesem Land entstehen und nicht das Gegenteil ge-
chieht.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516008200

Ich schließe damit die Aussprache.
Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Finanzaus-

chusses auf Drucksache 15/4915. Der Ausschuss emp-
iehlt unter Buchstabe a seiner Beschlussempfehlung die
nnahme des Antrags der Fraktionen der SPD und des
ündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache 15/3957 mit
em Titel „Stabilitäts- und Wachstumspolitik fortset-
en – Den europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt
tärken“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung des






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer

Ausschusses? – Gegenprobe! – Gibt es Enthaltungen? –
Die Beschlussempfehlung ist damit mit den Stimmen der
Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der beiden Op-
positionsparteien angenommen.

Unter Buchstabe b empfiehlt der Ausschuss die Ab-
lehnung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU auf
Drucksache 15/3719 mit dem Titel „Für eine stabile
Wirtschafts- und Währungsunion – europäischen Stabili-
täts- und Wachstumspakt nicht ändern“. Wer stimmt für
diese Beschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Ent-
haltungen? – Die Beschlussempfehlung ist damit mit den
Stimmen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen
gegen die Stimmen der CDU/CSU und der FDP ange-
nommen worden.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 27 a bis 27 e sowie
Zusatzpunkt 1 auf:
27 a) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-

gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Reform
des Reisekostenrechts
– Drucksache 15/4919 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss

b) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten
Entwurfs eines … Gesetzes zur Erleichterung
der Verwaltungsreform in den Ländern

(… Zuständigkeitslockerungsgesetz)

– Drucksache 15/4114 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft

c) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten
Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des
Hochbaustatistikgesetzes
– Drucksache 15/4738 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit

d) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten
Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des
Finanzausgleichsgesetzes
– Drucksache 15/4739 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Rechtsausschuss
Haushaltsausschuss

e) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten
Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Ver-
waltungsgerichtsordnung
– Drucksache 15/2417 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss

ZP 1 Beratung des Antrags der Abgeordneten Annette
Faße, Uwe Beckmeyer, Gerd Andres, weiterer

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(C (D Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Rainder Steenblock, Albert Schmidt rer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Verkehrssicherheit in der Seeschifffahrt verbessern – Alkoholmissbrauch konsequent bekämpfen – Drucksache 15/4942 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Verkehr, Bauund Wohnungswesen Innenausschuss Rechtsausschuss Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuss für Tourismus Es handelt sich um Überweisungen im vereinfachten erfahren ohne Debatte. Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlagen an ie in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zu berweisen. Die Vorlage auf Drucksache 15/4114 soll usätzlich an den Ausschuss für Familie, Senioren, rauen und Jugend sowie an den Ausschuss für Gesundeit und Soziale Sicherung überwiesen werden. Sind Sie amit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann sind die berweisungen so beschlossen. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 28 a bis 28 l sowie ie Zusatzpunkte 2 a und 2 b auf. Es handelt sich um die eschlussfassung zu Vorlagen, zu denen keine Aussprahe vorgesehen ist. Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 28 a. Ich rufe uf: Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 14. Mai 2003 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Indonesien über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen – Drucksache 15/3882 – Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit – Drucksache 15/4824 – Berichterstattung: Abgeordneter Christian Müller Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit empfiehlt nter Nr. 1 seiner Beschlussempfehlung, den Gesetzenturf anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzntwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Stimmt mand dagegen? – Gibt es Enthaltungen? – Der Gesetzntwurf ist damit einstimmig angenommen worden. Ich rufe auf: Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Änderungsprotokoll vom 26. August 2003 zu dem Vertrag vom Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer 28. Februar 1994 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Moldau über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen – Drucksache 15/3883 – Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit – Drucksache 15/4824 – Berichterstattung: Abgeordneter Christian Müller Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit empfiehlt unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung, den Gesetzentwurf anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Der Gesetzentwurf ist damit einstimmig angenommen worden. Ich rufe auf: Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 10. Juli 2000 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Palästinensischen Befreiungsorganisation zugunsten der Palästinensischen Behörde über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen – Drucksache 15/3884 – Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit – Drucksache 15/4824 – Berichterstattung: Abgeordneter Christian Müller Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit empfiehlt unter Nr. 3 seiner Beschlussempfehlung, den Gesetzentwurf anzunehmen. Ich bitte Sie wiederum, sich zu erheben, wenn Sie dem Gesetzentwurf zustimmen wollen. – Wer stimmt dagegen? – Gibt es Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist einstimmig angenommen worden. Ich rufe auf: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Änderungsund Ergänzungsprotokoll vom 14. Mai 2003 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen zu dem Vertrag vom 10. November 1989 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen – Drucksache 15/3885 – Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit – Drucksache 15/4824 – Berichterstattung: Abgeordneter Christian Müller u w S h n u s b l E n t d G f (C (D Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit empfiehlt nter Nr. 4 seiner Beschlussempfehlung, den Gesetzenturf anzunehmen. Ich bitte Sie, sich zu erheben, wenn ie zustimmen wollen. Gibt es Gegenstimmen? – Entaltungen? – Der Gesetzentwurf ist einstimmig angeommen worden. Ich rufe auf: Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 27. März 2003 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Tadschikistan über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen – Drucksache 15/3886 – Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit – Drucksache 15/4824 – Berichterstattung: Abgeordneter Christian Müller Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit empfiehlt nter Nr. 5 seiner Beschlussempfehlung auf Druckache 15/4824, den Gesetzentwurf anzunehmen. Ich itte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wolen, sich zu erheben. Wer stimmt dagegen? – Gibt es nthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist einstimmig angeommen worden. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 28 b auf: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit terrichtung durch die Bundesregierung Arbeitsdokument der Kommission Einbeziehung von Umweltbelangen in andere politische Bereiche – eine Bestandsaufnahme des Cardiff-Prozesses KOM – Drucksachen 15/3696 Nr. 2.12, 15/4471 – Berichterstattung: Abgeordnete Ulrich Kelber Josef Göppel Winfried Hermann Michael Kauch Der Ausschuss empfiehlt, in Kenntnis der Unterrichung eine Entschließung anzunehmen. Wer stimmt für iese Beschlussempfehlung des Ausschusses? – Gibt es egenstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempehlung ist einstimmig angenommen worden. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 28 c auf: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr, Bauund Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer Wohnungswesen der Abgeordneten Dirk Fischer Storjohann, Eduard Oswald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU Flexibilität für das Schaustellergewerbe – Drucksachen 15/3490, 15/4483 – Berichterstattung: Abgeordnete Heidi Wright Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf Drucksache 15/3490 abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung des Ausschusses? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen von CDU/CSU und FDP angenommen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 28 d auf: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr, Bauund Wohnungswesen der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Stabilisierung und Weiterentwicklung des genossenschaftlichen Wohnens – Drucksachen 15/4043, 15/4693 – Berichterstattung: Abgeordneter Klaus Minkel Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf Drucksache 15/4043 in der Ausschussfassung anzunehmen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und CDU/CSU bei Enthaltung der FDP angenommen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 28 e auf: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung Änderung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages hier: § 122 a – Drucksache 15/4798 – Berichterstattung: Abgeordnete Dr. Uwe Küster Dr. Ole Schröder Volker Beck Jörg van Essen Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist einstimmig angenommen worden. n n f D w P h n g m g a (C (D Tagesordnungspunkt 28 f: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit gierung Einhundertfünfzigste Verordnung zur Änderung der Einfuhrliste – Anlage zum Außenwirtschaftsgesetz – – Drucksachen 15/4703, 15/4779 Nr. 2.1, 15/4877 – Berichterstattung: Abgeordnete Gudrun Kopp Der Ausschuss empfiehlt, die Aufhebung der Verordung der Bundesregierung auf Drucksache 15/4703 icht zu verlangen. Wer stimmt für diese Beschlussempehlung? – Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – ie Beschlussempfehlung ist einstimmig angenommen orden. Wir kommen nun zu den Beschlussempfehlungen des etitionsausschusses. Tagesordnungspunkt 28 g: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 184 zu Petitionen – Drucksache 15/4856 – Wer stimmt dafür? – Stimmt jemand dagegen? – Entaltungen? – Sammelübersicht 184 ist einstimmig angeommen worden. Tagesordnungspunkt 28 h: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 185 zu Petitionen – Drucksache 15/4857 – Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltunen? – Sammelübersicht 185 wurde ebenfalls einstimig angenommen. Tagesordnungspunkt 28 i: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 186 zu Petitionen – Drucksache 15/4858 – Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltunen? – Sammelübersicht 186 ist ebenfalls einstimmig ngenommen worden. Tagesordnungspunkt 28 j: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 187 zu Petitionen – Drucksache 15/4859 – Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer Wer stimmt dafür? – Stimmt jemand dagegen? – Ent haltungen? – Sammelübersicht 187 ist einstimmig angenommen worden. Tagesordnungspunkt 28 k: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 188 zu Petitionen – Drucksache 15/4860 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Sammelübersicht 188 ist mit den Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen von CDU/CSU und FDP angenommen worden. Tagesordnungspunkt 28 l: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 189 zu Petitionen – Drucksache 15/4861 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Sammelübersicht 189 ist mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP gegen die Stimmen der CDU/CSU angenommen worden. Zusatzpunkt 2 a und 2 b: a)





(A) )


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(Erste Beratung 135. Sitzung)





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(9. Ausschuss) zu der Verordnung der Bundesre-





(A) )


(B) )


eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Än-
derung des Gesetzes über das Wohnungseigen-
tum und das Dauerwohnrecht
– Drucksache 15/3423 –

(Erste Beratung 135. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen

(14. Ausschuss)

– Drucksache 15/4469 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Klaus Minkel

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Rechtsausschusses (6. Ausschuss)

zu der Streitsache vor dem Bundesverfas-
sungsgericht 2 BvR 249/04
– Drucksache 15/4944 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Andreas Schmidt (Mülheim)


Wir kommen zunächst zur Abstimmung über Zusatz-
punkt 2 a, den Gesetzentwurf des Bundesrats zur Ände-
rung des Gesetzes über das Wohneigentum und das Dau-
erwohnrecht, Drucksache 15/3423. Der Ausschuss für
Verkehr, Bau- und Wohnungswesen empfiehlt auf
Drucksache 15/4469, den Gesetzentwurf abzulehnen.
Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen
wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? –
Wer enthält sich? – Der Gesetzentwurf ist damit in zwei-
ter Beratung mit den Stimmen von SPD und Bündnis 90/

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(C (D ie Grünen gegen die Stimmen von CDU/CSU und FDP bgelehnt worden. Damit entfällt nach unserer Gechäftsordnung die weitere Beratung. Nun kommen wir zur Abstimmung über Zusatz unkt 2 b, die Beschlussempfehlung des Rechtsauschusses zu einer Streitsache vor dem Bundesverfasungsgericht, Drucksache 15/4944. Der Rechtsausschuss mpfiehlt in seiner Beschlussempfehlung, im Verfahren ine Stellungnahme abzugeben und den Präsidenten zu itten, einen Prozessvertreter für den Deutschen Bundesag zu bestellen. Wer stimmt dafür? – Gibt es Gegentimmen oder Enthaltungen? – Die Beschlussempfehng ist einstimmig angenommen worden. Ich rufe jetzt den Zusatzpunkt 3 auf: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der SPD Klage des Landes Hessen gegen Finanzzuweisungen des Bundes an das „Kompetenzzentrum Bologna“ der Hochschulrektorenkonferenz – Konsequenzen für die auf europäischer Ebene vereinbarte Reform des Hochschulwesens in Deutschland Ich eröffne die Aussprache. Als Erster hat der Abgerdnete Ernst Dieter Rossmann das Wort. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der hessische Ministerpräsident Roland Koch hat nun doch Verfassungsklage gegen das HRK-Förderprogramm … eingereicht. Koch gefährdet damit einen bundesweiten Reformprozess, den auch das Land Hessen bislang voll mitgetragen hat. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD):
Rede ID: ID1516008300
o lautete der entsprechende Kommentar des Präsiden-
en der Hochschulrektorenkonferenz, Herrn Professor
aehtgens. Er hat dazu noch klarer ausgeführt:

Koch torpediert ein sinnvolles Programm aus Grün-
den, die mit den Hochschulen nichts zu tun haben.

Wir erwarten von der CDU/CSU, dass sie heute Stel-
ung dazu nimmt, ob sie gegen das Vorgehen Kochs ist
der mit dem Torpedo Koch die Hochschulpolitik in
eutschland blockieren will, hintertreiben will, kaputt-
achen will.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wenn es um das grundlegende Ziel ging, dass mit
em 1997/1999 eingeleiteten so genannten Bologna-Pro-
ess ein europäischer Hochschulraum zu schaffen ist, ha-
en wir ja immer Einigkeit gehabt. Wir haben es ge-
einsam für ausgesprochen sinnvoll gehalten.
0 europäische Staaten sind jetzt dabei. Wir sind stolz
arauf, dass in Deutschland in allen Hochschulgesetzen
vom Bund bis zu den Ländern – das Fundament für






(A) )



(B) )


Dr. Ernst Dieter Rossmann

diesen Bologna-Prozess mit gelegt worden ist. Die Bil-
dungsministerin des Bundes und die Vertreterin der Län-
der, Frau Erdsiek-Rave aus Schleswig-Holstein, konnten
neulich erst mitteilen, dass über 26 Prozent der Studien-
gänge schon umgestellt worden sind.

Es gibt ein breites Bündnis dafür, diesen sinnvollen
Prozess in Europa und in Deutschland konstruktiv aus-
zubauen. Ich nenne als Mitwirkende der Arbeitsgruppe
„Fortführung des Bologna-Prozesses“ das Bundesbil-
dungsministerium, die Kultusministerkonferenz, die
Hochschulrektorenkonferenz, den Deutschen Akademi-
schen Austauschdienst, die Vereinigung der Studieren-
den; sie alle arbeiten daran. Die Studierenden klären auf
und werben, Gewerkschaften und Arbeitgeber sorgen
dafür, dass Abschlüsse anerkannt werden und Gewicht
bekommen, der DAAD führt ein mit EU- und Bundes-
geldern finanziertes Programm durch und die Hoch-
schulrektorenkonferenz tut das, was ihre Pflicht ist: Sie
will diesen Prozess vorantreiben und besser organisie-
ren. Sie hat dazu eine breite Palette an Initiativen. Sie hat
zum Beispiel einen Wettbewerb ausgelobt, an dem sich
Hochschulen beteiligen können – von den 365 deutschen
Hochschulen haben sich 129 dafür interessiert –, in ei-
nem Auswahlprozess Mittel für sich zu gewinnen, um
beispielhaft an 20 Hochschulen verteilt über Deutsch-
land ein Netzwerk mit personeller Unterstützung und
Kompetenz so aufzubauen, dass dieser europäische Bil-
dungsprozess beispielhaft für alle Hochschulen steht und
von ihm gelernt werden kann. Die Projektmittel, die da-
für notwendig sind, sind von der Hochschulrektorenkon-
ferenz eingeworben worden. 4,4 Millionen Euro sollen
aufgeteilt werden; es hat erste Konferenzen dazu gege-
ben. Zum 1. April dieses Jahres soll das Projekt begin-
nen. So weit die Sachlage.

In dieser Situation strengt Herr Koch eine Verfas-
sungsklage an! Dass das von der Hochschulrektorenkon-
ferenz als empörende Blockade, Torpedierung, Unter-
bindung von etwas, was im Interesse aller sinnvoll ist,
wahrgenommen wird, darf niemanden wundern.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Über diese Empörung muss man sich umso weniger
wundern, als das Ganze eine Vorgeschichte hat: Die
Fachminister, alle Gutwilligen, die etwas für Bildung
und Forschung und Wissenschaft in Deutschland tun
wollen, haben sich schon einmal von den CDU/CSU-

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1516008400
als
der Pakt für Forschung – für viele Jahre 3 Prozent Mit-
telzuwachs für die großen Wissenschaftsorganisationen
zu garantieren – aus nicht sachlichen Gründen hintertrie-
ben worden ist, blockiert worden ist.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Man muss sich auch nicht wundern, dass sich die Re-
präsentanten von 365 Hochschulen in Deutschland von
der CDU/CSU hintergangen fühlen, wenn das Exzel-
lenzprogramm blockiert wird: 1,9 Milliarden Euro für

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(C (D ie Exzellenz an Hochschulen, in einer sehr gut ausgeareiteten programmatischen Form. Da ist es natürlich die Spitze, wenn sich ein Minister räsident, der offensichtlich kein Verhältnis zu seinen ochschulen gewinnt – weil er sie weder in seinem Land ördert (Dr. Uwe Küster [SPD]: Bildungsfeindlich ist er!)


och ihnen über die Hochschulrektorenkonferenz den
reiraum lässt, sich selbst zu entwickeln –, hier jetzt
uch noch als „Torpedo“ – so Gaehtgens; Sie wissen,
as das bedeutet – betätigt. An der Stelle gibt es eine
leine Hoffnung: Herr Koch ist der einzige solche Mi-
isterpräsident.


(Jörg Tauss [SPD]: Schlimm genug!)

Wir haben in dieser Debatte einen Wunsch: Wir wün-

chen uns, dass die CDU/CSU eine klare Antwort gegen
errn Koch findet, damit Herr Koch in der deutschen
ffentlichkeit der Einzige bleibt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


or den Rektoren, vor den Studenten, vor den Hoch-
chulen, vor der deutschen Öffentlichkeit muss heute
ier klar werden: Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion
ucht keine Ausflüchte, sie ergeht sich nicht in juristi-
chen Kleinigkeiten, sie findet eine klare Linie zum Bo-
gna-Prozess und zur Projektinitiative der Hochschul-
ektorenkonferenz – gegen Herrn Koch. Das ist Ihre
elegenheit; nutzen Sie sie! Oder Sie machen sich mit-
chuldig.
Danke schön.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516008500

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Christoph
ergner.

Dr. Christoph Bergner (CDU):
Rede ID: ID1516008600

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr
ollege Rossmann, wenn Sie mit Ihren Ausführungen
nterstreichen wollten, dass sich die deutsche Wissen-
chaftspolitik – und ich betone: Politik; gottlob! nicht
ie deutsche Wissenschaft – in einer Krise befindet, so
önnen wir das gerne gemeinsam feststellen.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Wird’s jetzt pastoral?)


Nein, nein, es wird gar nicht pastoral; ich fürchte, Sie
erden am Ende der Rede einen ganz anderen Eindruck
aben.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Sie drohen ja!)

Wir sollten uns zunächst einmal klar machen, worum

s geht. Es geht zuerst darum, dass zwischen den Erwar-
ungen und Ansprüchen der Politik und der öffentlichen
inanzierung der Wissenschaft eine Lücke klafft. In die-






(A) )



(B) )


Dr. Christoph Bergner

ser Lücke bewegen sich der Bund und das Bundesminis-
terium, die nur Zuwendungstitel zu verantworten und es
damit sehr viel leichter als die Länder haben, die sich mit
sehr viel verbindlicheren Personalausgaben herumschla-
gen müssen. Wenn Sie das vorurteilsfrei analysieren,
dann müssen Sie sagen, dass der Bund in dieser Frage
mit den Ländern in einer Weise umgeht, die zu einer
Diskussion geführt hat, in der man sachliche Einwände
gar nicht mehr von Finanzierungsvorbehalten unter-
scheiden kann. In diesem Finanzpoker werden nun auch
noch gezinkte Karten eingeführt,


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Na, na, na!)

weil man auf Einnahmetitel ohne rechtliche Vorausset-
zungen verweist, beispielsweise die Eigenheimzulage.

Bei all diesen Vorschlägen geht es Ihnen also nicht
um eine Lösung für unser Wissenschaftssystem, sondern
um die Außenwirkung. Beim Hören Ihres Debattenbei-
trages habe ich den Eindruck gewonnen, dass es Ihnen
auch bei dieser Debatte mehr um die Außenwirkung als
um die Lösung eines wirklich vorhandenen Problems
geht.


(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der SPD: Das ist doch ein Armutszeugnis und armselig! – Dr. Uwe Küster [SPD]: Gehen Sie mal auf das Thema ein!)


Diese Propagandaschlacht verdeckt den prekärsten aller
Befunde: Noch nie in der Geschichte des Bundesminis-
teriums für Bildung und Forschung bzw. der Bundesmi-
nisterien für Bildung und für Forschung hat es ein so
zerrüttetes Verhältnis zwischen dem Bund und den Ver-
antwortlichen in den Ländern gegeben.


(Jörg Tauss [SPD]: Dank Koch!)

– Entschuldigung, wer sitzt denn im Bundesbildungsmi-
nisterium und wer erstellt Novellen des Hochschulrah-
mengesetzes, die vor dem Verfassungsgericht scheitern?


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Sie verteidigen das Verhalten doch! Sie sind der Chefverteidiger!)


Sie können doch keinen Vergleich mit früheren Verant-
wortungsträgern im Bundesbildungsministerium ziehen
und dabei Ihre Verantwortung für die völlig zerrütteten
Verhältnisse von sich weisen.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Da laviert einer!)


Nein, Frau Bulmahn hat ihre Politik mehr auf Außenwir-
kung denn auf Problemlösung und Moderation unter-
schiedlicher Länderinteressen ausgerichtet. Das ist un-
sere Kritik.


(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe von der SPD: Zum Thema!)


– Das gehört zum Thema.

(Dr. Wolfgang Wodarg [SPD]: Ein Koch ver dirbt den Brei!)

In diesen Zusammenhang gehört auch eine Initiative,

die ich bereits in einer Fragestunde im November hinter-
fragt habe. Als ich den Parlamentarischen Staatssekretär

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(C (D asparick gefragt habe, wie er die Länder in das Förderrogramm „Kompetenzzentrum Bologna“ einbezogen at, hat er mit dem ihm eigenen Charme des Überlegeen gesagt, das sei kein Förderprogramm. (Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD] – Marion Seib [CDU/CSU]: Hört! Hört!)


ch habe mit Interesse zur Kenntnis genommen, dass
err Rossmann den Begriff „Förderprogramm“ in sei-
em Beitrag heute hier genannt hat. Über den Begriff
Förderprogramm“ oder „Nichtförderprogramm“ will
ch gar nicht streiten, es geht mir um die schlichte Frage,
b der Bund mit seinen Zuwendungsmitteln


(Peter Dreßen [SPD]: Er macht eine sinnvolle Politik damit!)


aufend Programme durchführen und gewissermaßen
ine Rosinenpickerei anstatt einer mit den Ländern ein-
ernehmlichen Politik betreiben kann, ohne sich mit den
ändern abzustimmen; diese Abstimmung hat nämlich
icht stattgefunden.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich verstehe den Antrag, den die Landesregierung
essen beim Bundesverfassungsgericht gestellt hat, so


(Jörg Tauss [SPD]: Prozesshanselei!)

auch die anderen Anträge haben Sie so genannt –, dass
an sich in Verhältnissen, die wirklich als zerrüttet gel-
en müssen, zunächst einmal um die Klärung der rechtli-
hen Fragen bemühen muss, durch die das Bundesbil-
ungsministerium endlich dazu gezwungen wird, sich
egenüber den Ländern rechtstreu zu verhalten und die
oraussetzungen dafür zu schaffen, dass wir zu einer
ildungs- und Forschungspolitik aus einem Guss kom-
en können.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich sage noch einmal: Die Wissenschaftspolitik in
eutschland befindet sich in einer Krise, die wir ernst
ehmen sollten. Wenn wir so weitermachen, wie Frau
ulmahn in den letzten Jahren vorgegangen ist, dann
ird aus der Krise der Wissenschaftspolitik eine Krise
er Wissenschaft.


(Ulla Burchardt [SPD]: Eiertanz!)

ies können wir nicht wollen. Wir sollten alle Anstren-
ungen unternehmen, dies zu verhindern.
Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Das war eine Nullrede!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516008700

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Reinhard Loske.

(BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
err Bergner, ich stelle fest: Sie haben die Chance, sich
n angemessener Weise von den Obstruktionsplänen des
errn Koch zu distanzieren, nicht wahrgenommen.






(A) )



(B) )


Dr. Reinhard Loske


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Jörg Tauss [SPD]: Die erste Chance vertan!)


Es herrscht politisches Einvernehmen darüber, dass
unser Wissenschafts- und Hochschulsystem an einem
kritischen Punkt angelangt ist. Da bin ich relativ sicher.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Vier Reden habt ihr noch!)


Die Frage, um die es heute geht, muss lauten: Wie kön-
nen wir unsere Hochschul- und Forschungseinrichtun-
gen international weiter nach vorne bringen und sie bes-
ser machen? Darüber müssen wir uns unterhalten. Die
Frage, die uns bewegen sollte, ist, was zur Erreichung
dieser Ziele notwendig ist. Einerseits sind jede Menge
Strukturreformen notwendig, etwa mehr Finanz- und
Personalautonomie für die Hochschulen, mehr Möglich-
keiten, inhaltliche Akzente und Profile herauszubilden,
und ein modernes Wissenschaftstarifvertragsrecht. Alles
in allem brauchen wir Strukturreformen.


(Michael Kretschmer [CDU/CSU]: All das, was Sie versucht haben, zu verhindern!)


Andererseits brauchen wir mehr Geld und mehr Zu-
sammenarbeit.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Dieser Einsicht verweigern sich im Moment vor allen
Dingen drei Ministerpräsidenten, nämlich die Herren
Teufel, Stoiber und Koch. Das ist verantwortungslos.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Jörg Tauss [SPD]: Schlimm genug!)


Aus fadenscheinigen Kompetenzgründen blockieren Sie
mehr Mittel für Hochschulen und Forschungseinrichtun-
gen. Aber am schlimmsten ist, dass Stoiber, Teufel und
Koch Wissenschaftler und Studierende quasi in Geisel-
haft nehmen, weil sie eitel auf ihre Alleinzuständigkeit
in Sachen Bildung und Hochschule pochen und jede Ko-
operation verweigern. Das muss man einmal feststellen.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


Diese Herren blockieren den Pakt für Forschung und
Innovation, der den großen Forschungseinrichtungen ei-
nen jährlichen Mittelzuwachs von 3 Prozent für die
nächsten Jahre garantieren würde. Dazu kann ich nur sa-
gen: Das ist verantwortungslos. Diese Herren blockieren
die Exzellenzinitiative zur Förderung unserer Universi-
täten. Die Universitäten wollen das Programm, weil es
ihnen in den nächsten Jahren 1,9 Milliarden Euro zusätz-
liche Mittel bringen würde. International findet dieses
Programm große Anerkennung. Wer aber will es nicht?
Wiederum die Herren Koch, Stoiber und Teufel.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Unerhört!)

Ich komme nicht umhin, dieses Verhalten als „bildungs-
politische Sonthofenstrategie“ zu bezeichnen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


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(C (D ffenbar soll die Situation an unseren Universitäten och schlechter werden, um ihren Zustand hinterher als iserabel kritisieren und daraus ein politisches Süpphen kochen zu können. Auch das nenne ich verantworungslos. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Den Vogel schießt jetzt aber Ministerpräsident Koch
b – das muss ich schon sagen –, der dem Bund verbieten
ill, den Bologna-Prozess, also die zügige Einführung
on Bachelor- und Masterstudiengängen in Deutschland,
odellhaft an einigen Hochschulen zu unterstützen. Da
ann man sich nur an den Kopf fassen. Ich frage mich:
arum macht der Herr das? Will er den Universitäten
ezielt Mittel vorenthalten? Welche Strategie steckt da-
inter? Ich kann beim besten Willen nichts anderes als
bstruktion und bewusste Schädigung der Hochschulen
rkennen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Das Ganze wäre eventuell halb so schlimm, Herr
ergner, wenn Stoiber, Koch und Teufel erklärten, dass
ie das Geld vom Bund nicht annehmen, sondern die
ochschulen selber unterstützen wollen. Was aber
ommt? Es kommt gar nichts.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


s kommen nur schöne Worte, aber kein zusätzliches
eld. Das passt doch vorne und hinten nicht zusammen.
an kann doch nicht das Geld des Bundes, der sich en-
agiert, ablehnen, weil er als nicht zuständig angesehen
ird, aber selber keinen Euro beisteuern wollen. Ich
rage Sie ernsthaft, wie Sie das kommunizieren wollen.
amit werden Sie große Schwierigkeiten haben.
Es kommt sogar noch schlimmer. Die Leute, die den
niversitäten das Geld verweigern, blockieren im Bun-
esrat die Abschaffung der Eigenheimzulage und geben
ieber Geld für Beton aus, anstatt Geld in die Köpfe zu
nvestieren. Das passt doch alles nicht zusammen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dr. Uwe Küster [SPD]: Das tut weh!)


Herr Kollege Rossmann hat das wunderbar beschrie-
en. Deswegen will ich das gar nicht im Detail machen.
ie sollten ernsthaft über Folgendes nachdenken: Wenn
ämtliche Wissenschaftsorganisationen, vertreten durch
ie Deutsche Forschungsgemeinschaft, den Wissen-
chaftsrat und die Hochschulrektorenkonferenz, die
DU/CSU-geführten Länder bitten, sie aus der Geisel-
aft zu entlassen, dann kann ich Ihnen nur sagen: Neh-
en Sie das ernst!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)


toppen Sie die hochschul- und forschungspolitische
eisterfahrt der Herren Koch, Stoiber und Teufel! Stop-
en Sie ihre Blockadepolitik im Bundesrat und helfen






(A) )



(B) )


Dr. Reinhard Loske

Sie mit, Deutschland forschungs- und hochschulpoli-
tisch wieder weiter nach vorne zu bringen. Darum geht
es. Nur das interessiert die Leute, nicht das Hin und Her
und das Pingpong, das teilweise hier gespielt wird.

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516008800

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Cornelia Pieper.


Cornelia Pieper (FDP):
Rede ID: ID1516008900

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nach

dem bedauerlichen Scheitern der Föderalismuskommis-
sion eine Politik der verbrannten Erde auf Kosten der
Hochschulen zu betreiben, halte ich für verantwortungs-
los. Sie schadet dem Forschungsstandort Deutschland.


(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir alle waren und sind uns darüber einig, dass wir an-
gesichts der Globalisierung und angesichts der Tatsache,
dass Europa zum dynamischsten wissensbasierten Wirt-
schaftsraum bis 2010 entwickelt werden soll, vor großen
Herausforderungen stehen. Das bedeutet eben auch, dass
wir bei diesen Herausforderungen berücksichtigen müs-
sen, dass vieles, was bisher anders gemacht worden ist,
neu gedacht werden muss. Man muss auch Bildung neu
denken. Wir werden eine Strategie entwickeln müssen,
in deren Rahmen Bund und Länder gemeinsam für Bil-
dung und Forschung in Europa eintreten. Da nützt kein
kleinkariertes Denken,


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])


auch nicht von Landesregierungen, die meinen, sie wür-
den sich für die Hochschulen ihres Landes verwenden;
denn es geht hier um die Frage, wie viel Autonomie wir
den Hochschulen in unserem Lande zugestehen. Das ist
nämlich der Kern. Ich als Liberale sage ganz klar – wir
haben das auch in die Föderalismusdebatte einge-
bracht –: Es ist sinnvoll, den Hochschulen grund-
gesetzlich ihre Autonomie zu geben. Das heißt auch,
Autonomie der Organisation und Autonomie in der Or-
ganisation der benötigten Mittel zu gewähren. Wenn sie
diese volle Autonomie haben, dann werden das Ein-
mischen und die Inkompetenz, die sich in manchen Ent-
scheidungen der Politik zeigt, nicht mehr möglich sein.
Deswegen drängen wir weiterhin darauf, dass es diese
grundgesetzliche Verankerung gibt.

Ich will darauf hinweisen, dass die Klage des hessi-
schen Ministerpräsidenten wie folgt begründet worden
ist:

Wir wollen mit der Klage verhindern, dass der
Bund ohne Zustimmung des Landes den Hochschu-
len … seine Vorstellungen … aufzwingt.

(Jörg Tauss [SPD]: Unglaublich! – Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nicht zu fassen!)


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(C (D as würde von uns auch vehement abgelehnt. Aber geau darum geht es eigentlich nicht. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ie Universität Konstanz schreibt zu Recht:
Der Vorwurf Kochs, mit der finanziellen Hilfe für
einzelne Hochschulen … greife der Bund verfas-
sungswidrig in Länderrechte ein, ist geradezu ab-
wegig. Die Umstellung herkömmlicher Diplom-
und Magisterstudiengänge auf Bachelor und Master
ist ein von Bund und Ländern gleichermaßen getra-
gener Beschluss …

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

Die Umstellung … kann gerade angesichts der fö-
deralen Struktur in Deutschland erfolgreich nur ge-
lingen, wenn die Hochschulen auf das Angebot der
mit dem HRK-Programm intendierten bundeswei-
ten Vernetzung und Abstimmung zurückgreifen
können.


(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


ch kann das nur unterstützen. Man weiß, wie die Wis-
enschaft darauf reagiert hat. Die hessischen Hochschul-
räsidenten sind von der Klage der Landesregierung im
ildungsstreit mit dem Bund wenig begeistert.


(Jörg Tauss [SPD]: Entsetzt sind sie!)

ie sind entsetzt. Der Wiesbadener Fachhochschulpräsi-
ent Clemens Klockner zeigte sich, wie viele andere
räsidenten auch, über die Klage entrüstet. Koch sei
och selbst für die Einführung der Studiengänge gewe-
en. Mit dem Gang nach Karlsruhe handele er gegen die
nteressen der Hochschulen. Genauso sehen wir das.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Starker Vorwurf!)


Wir brauchen eine innovative Bildungs-, Hochschul-
nd Wissenschaftspolitik. Sonst werden wir den interna-
ionalen Wettbewerb um den Spitzenstandort nicht ge-
innen können. Ich sage ganz klar an die Union und
errn Dr. Bergner gerichtet: Sie tun sich keinen Gefallen
amit, dass Sie dieses Beispiel politisch gegen die Bun-
esregierung hochschaukeln. Es ist fast schon beschä-
end, dass ich das sagen muss.


(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


enn es kann hier nicht um parteipolitisches Kalkül ge-
en. Vielmehr muss es allen in diesem Hause, die wol-
en, dass Deutschland wieder Spitzenstandort wird, um
ie Sache gehen.
In diesem Zusammenhang kann ich Sie nur auffor-

ern: Wirken Sie auf Ministerpräsident Koch ein, dass er
ie Klage zurückzieht! Sie war ein Fehlschritt und hilft
eutschland nicht. Mit seiner Strategie, die dem Denken
ines Landesfürsten des 17. Jahrhunderts entspricht,






(A) )



(B) )


Cornelia Pieper

setzt er die Zukunft des Wissenschaftsstandorts Deutsch-
land aufs Spiel.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516009000

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Ute Berg.

Ute Berg (SPD):
Rede ID: ID1516009100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Frau Pieper, herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Rede. Ich
glaube, wir waren selten so völlig einer Meinung, wie
bei diesem Punkt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


Das, was sich seit Monaten in der Hochschulpolitik
abspielt, trägt nämlich mittlerweile groteske Züge. Das
jüngste Beispiel dafür ist – es wurde schon mehrfach er-
wähnt – Roland Kochs Klage, die Anlass zu dieser Aktu-
ellen Stunde gab. Er will verhindern, dass die Hochschu-
len bei der Studiengangreform unterstützt werden.

Vergangenen Freitag haben sich deshalb auch die füh-
renden Wissenschaftsorganisationen mit einem Hilferuf
an die Öffentlichkeit gewandt. Professor Gaehtgens, Prä-
sident der Hochschulrektorenkonferenz, hat wörtlich
festgestellt:

Die Hochschulen warten auf diese Initialzündung.
Eine mögliche Blockade bedeutete einen enormen
Schaden für das deutsche Hochschulwesen.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ministerpräsident Koch sollte überlegen, ob er die-
sen verantworten kann … Es gibt keine sachlichen
Gründe für die Verweigerungshaltung des Minister-
präsidenten.

(Beifall des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])

Ich verstehe deshalb nicht, warum Sie sich so dahinter
stellen, Herr Dr. Bergner.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Bund und Länder haben sich 1999 verpflichtet, bis
zum Jahr 2010 europaweit vergleichbare Studiengänge
– die Bachelor- und Masterstudiengänge – an den Hoch-
schulen einzuführen. Von diesem Ziel ist das deutsche
Hochschulsystem noch weit entfernt. Es liegt auch im
europäischen Vergleich eher zurück.

Bisher machen Bachelor- und Masterabschlüsse
26,3 Prozent des gesamten Studienangebots aus.
716 dieser knapp 3 000 Studiengänge sind akkreditiert.
Um den Reformprozess zu forcieren, hat die HRK
– wohl gemerkt: nicht die Bundesregierung – ein Förder-
programm entwickelt. Mir ist es letztlich völlig
schnuppe, ob es Förderprogramm oder Kompetenzzen-

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(C (D rum genannt wird; es geht um die Sache, Herr r. Bergner. Den Hochschulen werden Expertinnen und xperten zur Seite gestellt, die sie bei der konkreten msetzung der Bologna-Ziele organisatorisch und koneptionell unterstützen. Das Bundesbildungsministerium öchte, wie Sie wissen, dieses Projekt mit 4,4 Millionen uro unterstützen. Das aber will Roland Koch verhinern. Wirklich überrascht waren wir von diesem Vorgehen llerdings nicht. Denn Ihre Kolleginnen und Kollegen us den Ländern blockieren die Exzellenzinitiative und en Pakt für Forschung und Innovation. Jetzt blockieren ie auch noch die Studienreform. Verlässlichkeit ist für die CDU/CSU mittlerweile zum remdwort geworden. Es ist zu Ihrer Lieblingsstrategie eworden, erst einmal Ja und kurze Zeit später doch lieer Nein zu sagen. (Beifall des Abg. Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


(Jörg Tauss [SPD]: Unglaublich!)


Beispiel Exzellenzinitiative: Hierzu liegt ein unter-
chriftsreifer Vorschlag vor. Die Wissenschaftsminister
on Bund und Ländern waren sich noch im Novem-
er 2004 einig, dass er umgesetzt werden sollte. Gradu-
ertenschulen, Exzellenzcluster und Spitzenuniversitä-
en sollten danach mit 1,9 Milliarden Euro gefördert
erden.
Die Exzellenzinitiative wird im Ausland mit großen

rwartungen als Zeichen der Reformfähigkeit Deutsch-
ands wahrgenommen. Das haben der Wissenschaftsrat,
ie DFG und die HRK letzte Woche betont. Aber die
inisterpräsidenten der CDU/CSU-geführten Länder
erhindern die Umsetzung. Genau dasselbe Verfahren
ird beim Pakt für Forschung und Innovation ange-
andt. Mit diesem Pakt bekämen die außeruniversitären
orschungseinrichtungen die finanzielle Planungssicher-
eit, die sie immer wieder von uns einfordern.
Der Bund würde die jährlichen finanziellen Zuwen-

ungen bis 2010 um mindestens 3 Prozent pro Jahr stei-
ern. Im Gegenzug müssten die Forschungs- und Wissen-
chaftsorganisationen zusätzliche Maßnahmen ergreifen,
m Qualität, Effizienz und Leistungsfähigkeit zu stei-
ern.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


er Pakt brächte also mehr Geld für die Forschung, aber
uch mehr Forschung für das Geld. Auch hier hatten sich
und und Länder bereits geeinigt. Aber nun wird das
orhaben durch die B-Länder ebenfalls blockiert. Wäh-
end sich Ihre Kollegen aus den Bundesländern mit Hän-
en und Füßen gegen die Unterstützung des Bundes für
ie Hochschulen wehren, haben Sie, verehrte Kollegin-
en und Kollegen von der CDU/CSU, letzte Woche eine
ollkostenfinanzierung der Forschung an Hochschulen
urch den Bund gefordert. Eine klare Linie ist bei Ihnen
eim besten Willen nicht mehr zu erkennen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Ute Berg Dr. Uwe Küster [SPD]: Das ist die klare Linie eines Besoffenen! Bildungsbesoffenheit!)





(A) )


(B) )


Im Ergebnis läuft Ihre Politik – das ist das Schlimme –
eigentlich immer auf das Gleiche hinaus: Am Ende be-
wegt sich nichts mehr.


(Jörg Tauss [SPD]: Das wollen die!)

Daher bitte ich Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen

von der CDU/CSU, noch einmal ganz eindringlich: Be-
enden Sie Ihre Angriffe auf die deutsche Wissenschaft
und sorgen Sie dafür, dass die erforderlichen Programme
unverzüglich in die Tat umgesetzt werden! Das erwartet
– zu Recht – die deutsche Wissenschaft von uns allen
und wir sind es der deutschen Wissenschaft auch schul-
dig.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Gudrun Kopp [FDP])


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516009200

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Marion Seib.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Jetzt kommt das bayerische Element: Das eine angreifen und das andere nicht machen!)



Marion Seib (CSU):
Rede ID: ID1516009300

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Wir greifen nicht Wissenschaft und Forschung
an,


(Zurufe von der SPD: Doch!)

sondern nur schlechte Politik. Ich möchte ausdrücklich
klarstellen: Die Union unterstützt den Bologna-Prozess
mit Nachdruck und Entschlossenheit.


(Jörg Tauss [SPD]: Mit Worten!)

Die unionsgeführten Bundesländer gehören zu den
Schrittmachern des Bologna-Prozesses.


(Jörg Tauss [SPD]: Oh! Oh!)

Gerade Hessen hat in den letzten Monaten enorme
Schritte unternommen, um seine Hochschulen an die Be-
dürfnisse des europäischen Hochschulraums anzupas-
sen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Wie bitte? – Jörg Tauss [SPD]: Herr, hilf!)


Unser Eintreten für die Ziele des Bologna-Prozesses
darf aber nicht dazu führen, dass wir einen weiteren Ver-
fassungsbruch gutheißen. Bei aller Begeisterung für den
Bologna-Prozess müssen wir die Kompetenzverteilung
des Grundgesetzes beachten. Eine Neuordnung der
Kompetenzen durch die Hintertür ist mit uns nicht zu
machen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir sind nicht bereit, nach dem Motto „Wo kein Kläger,
da kein Richter“ stillzuhalten und den Geldfluss an die
HRK contra legem zu dulden.

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(C (D (Dr. Uwe Küster [SPD]: Arm, aber ehrenvoll sterben!)


hre Methode hat System. Seit 1998 versuchen Sie un-
ntwegt, mit einer Politik des goldenen Zügels Abhän-
igkeiten durch Einmalzahlungen zu schaffen und die
undesländer dabei zu hintergehen.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Was ist hier eine Einmalzahlung?)


hr Vorgehen in Sachen Bologna-Förderung ist nur eine
eue Variante dieser alten Masche.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Die HRK hat sich um das Geld bemüht!)


ompetenzgrundlagen für ein alleiniges Handeln des
undes sind weit und breit nicht ersichtlich.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Das sehen die Hochschulrektoren anders!)


amit fallen die Durchführung des Programms zur För-
erung des Bologna-Prozesses und seine Finanzierung
indeutig in den Kompetenzbereich der Bundesländer.


(Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Reinster Formalismus!)


m diese Sachlage zu verschleiern, fließen die Gelder
un an die Hochschulrektorenkonferenz. Somit umgeht
er Bund bewusst und gewollt die Verfassung. Sie miss-
chten die Rechtsprechung des Bundesverfassungsge-
ichtes.
Pressekonferenzen, auf denen neue Förderprogramme
ie weiße Kaninchen aus dem Hut gezaubert werden,
tehen für einen schlechten politischen Stil. Bevor sich
ie Frau Ministerin wieder als Zauberin betätigt, spre-
hen Sie doch lieber mit den Bundesländern


(Ute Berg [SPD]: Sprechen Sie mit der HRK!)

nd stimmen Sie Ihr Vorgehen mit den entsprechenden
remien ab. In den Rahmenvereinbarungen der Bund/
änder-Kommission ist klar und deutlich geregelt, wie
er Entscheidungsprozess bei gemeinsamen Projekten
ufen muss. Maßen Sie sich also nicht mehr Rechte an,
ls Ihnen zustehen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Formalismus!)


Wenn Landesminister aus der Presse von Ihrem Bolo-
na-Programm Kenntnis erlangen, dann ist das Kind
chon in den Brunnen gefallen. Dann dürfen Sie sich
icht über Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht
undern. Sie zerstören damit dauerhaft Vertrauen.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Wie bitte?)

egenseitiges Vertrauen ist aber notwendig, um die He-
ausforderungen des Bologna-Prozesses gemeinsam
eistern zu können. Ihr jetziges Vorgehen ist dagegen
ontraproduktiv und hemmt geradezu das effektive Er-
eichen der Bologna-Ziele.


(Jörg Tauss [SPD]: 4 Millionen!)







(A) )



(B) )


Marion Seib

Durch Ihr Bologna-Programm werden die Hochschulen
gezwungen, die alten Studiengänge ohne Rücksicht auf
Verluste in Bachelor- und Masterstudiengänge umzu-
wandeln.


(Ute Berg [SPD]: Das Ganze ist freiwillig!)

Aus Vertrauensschutzgründen müssen die alten Studien-
gänge aber weiterlaufen. Mit Ihrem Vorgehen provozie-
ren Sie teure Parallelstrukturen an den Hochschulen. Für
Mehrkosten müssen die Bundesländer aufkommen.

Genau diese Zuckergusspolitik ist es, die die Länder
auf die Barrikaden treibt.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Welche Länder denn?)


Ob Ganztagsschule, Juniorprofessur, Eliteuniversität –
überall will der Bund einmalig Euros spendieren und den
Applaus der Öffentlichkeit kassieren,


(Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, die Bildung verbessern!)


derweil die Länder auf den Folge- und Mehrkosten sit-
zen bleiben. Diese ruinöse Schaufensterpolitik zulasten
der Länder muss ein Ende haben. Allein darum geht es.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Sie handeln zulasten der Hochschulen!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516009400

Das Wort hat der Abgeordnete Hans-Josef Fell.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])



Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516009500

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen

und Kollegen! Die Klage des Landes Hessen gegen das
Kompetenzzentrum Bologna ist der vorläufige Höhe-
punkt des Angriffs der unionsregierten Länder auf den
Bildungsstandort Deutschland.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ministerpräsident Koch geht es hierbei nicht um die
Stärkung der Hochschulen, nicht um die notwendige
Umsetzung von Beschlüssen der europäischen Staaten
1999 in Bologna zur Stärkung und Angleichung von
Hochschulabschlüssen. Nein, es geht Ministerpräsident
Koch und übrigens mit ihm zusammen den Ministerprä-
sidenten Teufel und Stoiber ausschließlich um die
machtpolitische Verhinderung jeglichen Einflusses des
Bundes auf die Bildung.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Natürlich stehen wir zur verfassungsgemäßen Bil-

dungshoheit der Länder. Diese steht nicht zur Debatte.
Vielmehr geht es um die Frage, ob der Bund dort mithel-
fen und Kooperationsangebote machen darf, wo die Län-
der offensichtlich nicht in der Lage sind, ausreichende

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(C (D rundlagen für eine Verbesserung der Bildung zu schafen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wir haben Erfahrung darin, was es bedeutet, wenn
lleinige Länderhoheit im Bildungsbereich wirkt. Im
ereich der schulischen Bildung haben die vielen PISA-
rgebnisse gezeigt, dass Länderhoheit kein Garant für
in hohes Bildungsniveau ist.


(Norbert Königshofen [CDU/CSU]: Wo die SPD regiert!)


iese Erkenntnis müsste Herrn Koch und übrigens auch
errn Stoiber, der aus den gleichen machtpolitischen
ründen heraus sogar die Föderalismuskommission
cheitern ließ, zu der Erkenntnis führen, dass wir ge-
einsam mit Bundesunterstützung die Qualität und Fi-
anzausstattung der Schulen und Hochschulen verbes-
ern sollten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Es ist richtig, dass wir mit besserer Finanzausstattung
er Hochschulen und Schulen Bildung verbessern kön-
en. Aus den genannten machtpolitischen Gründen ha-
en die unionsregierten Länder die Finanzmittel des
undes für Gesamtschulen in Höhe von 4 Milliarden
uro aber ursprünglich abgelehnt. Inzwischen entfalten
iese Bundesmittel selbst in den südlichen Bundeslän-
ern ihre positive bildungspolitische Wirkung.


(Beifall bei der SPD – Dr. Uwe Küster [SPD]: Das ist die klare Linie!)


Des Weiteren lehnen sie die 285 Millionen Euro pro
ahr ab, die der Bund für die Förderung der Universitä-
en im Wettbewerb um die Exzellenz an den Hochschu-
en geben will.
Sie blockieren bei der Eigenheimzulage 60 Millionen

uro in diesem Jahr für den dringend notwendigen
ochschulbau und sparen damit sogar ihren eigenen
eitrag von 60 Millionen Euro. Das ist ein 120-Millio-
en-Euro-Schaden für die Hochschulen allein in diesem
ahr durch Ihre verfehlte Politik.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Gleichzeitig blockieren Sie zig Millionen Euro For-
chungsmittel, die von den Hochschulen ebenfalls abge-
ufen werden könnten, und verhindern dadurch, dass ein
ielfaches des Betrages dieser Forschungsmittel aus der
rivaten Wirtschaft mit fließen kann.
Nun klagt das Land Hessen sogar noch wegen der

,4 Millionen Euro Bundesmittel für die notwendige Be-
atung durch Kompetenzzentren im Bologna-Prozess.
Man sollte nun meinen, dass die unionsregierten Län-

er eigene Anstrengungen unternähmen, um das von ih-
en selber in der letzten Woche beklagte Finanzloch der
ochschulen auszugleichen.


(Jörg Tauss [SPD]: Jetzt wird es spannend!)







(A) )



(B) )


Hans-Josef Fell

Aber auch hier Fehlanzeige. Nicht einmal die
85 Millionen Euro, die von den Ländern im letzten De-
zember für die Exzellenzinitiative in Aussicht gestellt
wurden, fließen an die Hochschulen, geschweige denn
die vielen Hundert Millionen Euro Bildungs- und For-
schungsmittel, die der Bund zugesagt hat, die Sie aber
blockieren.

Offensichtlich liegt Ihnen nichts an einer wirklichen
Verbesserung von Bildung und Forschung an Schulen
und Hochschulen in Deutschland. Aus machtpolitischen
Gründen nehmen Sie, meine Damen und Herren von der
Union, unter dem Deckmantel der Länderhoheit eine
gravierende Schwächung der Bildung in Deutschland in
Kauf.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Doch das, meine Damen und Herren von der Union,

wird Ihnen die Gesellschaft nicht mehr länger abneh-
men. Zu Recht finden im Moment zunehmend Studen-
tenproteste statt. Ich persönlich weiß genau, wie die ver-
fehlte Schulpolitik in Bayern die Eltern auf die
Barrikaden treibt. Endlich wachen auch die Hochschul-
rektoren auf. Die dpa berichtet, dass die hessischen
Hochschulpräsidenten von der Klage ihres Ministerprä-
sidenten wenig begeistert sind. Ihnen sei es egal, woher
das notwendige Geld kommt. Wenn die Länder schon
nicht zahlen, dann sind sie froh, wenn wenigstens der
Bund einspringt. So viel zu Ihrer Behauptung, Frau Seib,
dass in Hessen vieles getan werde.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Auch die Sprecher der Allianz der Wissenschaftsor-
ganisationen und der Hochschulrektorenkonferenz ha-
ben dieses bildungs- und wissenschaftsfeindliche Ver-
halten der Union in klarer und scharfer Form kritisiert.
Der einhellige Protest von Eltern, Studenten, Hochschu-
len und Wissenschaftseinrichtungen muss Sie, meine
Damen und Herren der Union, doch endlich zur Vernunft
bringen.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


Wir fordern Sie auf: Kehren Sie zurück zu einer ver-
nünftigen Bildungs- und Wissenschaftspolitik in Zusam-
menarbeit mit Bund und Ländern! Die bildungspoliti-
schen Herausforderungen in Deutschland sind viel zu
groß, als dass sie den machtpolitischen Spielen der
Union geopfert werden dürfen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516009600

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Andrea Wicklein.

Andrea Wicklein (SPD):
Rede ID: ID1516009700

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Man muss sich doch einfach einmal die Frage
stellen: Was erwarten die Menschen von uns Politikern?
Ich sage Ihnen, was sie erwarten – wenn man unterwegs
ist, kann man das auch überall hören –: Sie erwarten von

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(C (D ns Politikern, dass wir die Verantwortung gemeinsam bernehmen und uns nicht im machtpolitischen Hickack verfangen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Manfred Grund [CDU/ CSU]: Ich denke, ihr braucht die Opposition nicht! Das hat Müntefering vor zwei Jahren gesagt!)


ie erwarten von uns Politikern, dass wir ihnen Perspek-
iven aufzeigen und dass wir unserer Verantwortung für
en Wissenschafts- und Forschungsstandort Deutsch-
and gerecht werden.
Verantwortung übernehmen heißt, Lösungen aufzu-

eigen und zu handeln. Das heißt nicht, schlechtzureden
nd auf der anderen Seite zu verhindern und zu blockie-
en, wenn Lösungsansätze auf dem Tisch liegen. Das Po-
ern um Macht bringt uns nicht weiter; die Menschen
aben das auch satt. Heute ist Handeln gefragt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir haben dadurch, dass wir unsere bundespoliti-
chen Prioritäten auf Bildung, Wissenschaft und For-
chung gesetzt haben, schon viel erreicht. Laut einer Stu-
ie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung
nvestieren Unternehmen wieder stärker in Innovatio-
en. Junge Forscherinnen und Forscher kehren nach
eutschland zurück. Die Studierendenzahlen bezogen
uf einen Jahrgang sind von 1998 bis heute um 8 Prozent
uf 36 Prozent angestiegen.
Dennoch kann uns diese Situation nicht zufrieden

tellen: überfüllte Hörsäle an unseren Hochschulen, zu
ange Studienzeiten, nach wie vor zu hohe Abbrecher-
ahlen, zu wenig Vernetzung von Forschung und Wirt-
chaft. Unsere Ziele sind deshalb klar: Bund und Länder
aben sich auf die Realisierung des gemeinsamen euro-
äischen Hochschulraumes im Bologna-Abkommen ver-
tändigt. Wir wollen gemeinsam das Ziel von Lissabon
rreichen, unsere Ausgaben für Forschung und Entwick-
ung bis 2010 auf 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts
u steigern.


(Helge Braun [CDU/CSU]: Was Sie nicht schaffen werden!)


ie Zeit zum Handeln wird immer knapper. Jeder muss
issen, dass wir dies nur miteinander erreichen können.
Ein wichtiger Schritt auf diesem Wege wäre die Um-

etzung der Exzellenzinitiative von Bund und Ländern.
on den 1,9 Milliarden Euro würde der Bund allein
,5 Milliarden Euro übernehmen. Damit eng verbunden
st der Pakt für Forschung und Innovation, mit dem die
roßen Forschungsorganisationen jährlich rund 100 Mil-
ionen Euro mehr bekommen würden. Die Wissen-
chaftsorganisationen warten darauf.
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft, die Hoch-

chulrektorenkonferenz und der Wissenschaftsrat for-
ern in einer gemeinsamen Erklärung die Umsetzung
on Pakt und Exzellenzinitiative.






(A) )



(B) )


Andrea Wicklein


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Das Gleiche trifft auch auf die Förderung des Kompe-

tenzzentrums Bologna durch den Bund zu. Es ist Zeit,
Farbe zu bekennen, sehr geehrte Damen und Herren von
der Opposition.


(Jörg Tauss [SPD]: Von der Union, nur die! – Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Von der CDU! Nur die Schwarzen! Die anderen sind anders gestrickt, ausnahmsweise!)


– Richtig, nur die von der Union; das habe ich heute mit
Freude gehört.

Unsere Studierenden an den Hochschulen, unsere
Forscherinnen und Forscher können nicht länger warten.
Wir legen jetzt das Fundament für die Zukunft. Deshalb
appelliere ich an die Union in Bund und Ländern, sich
dieser Verantwortung bewusst zu werden und ihr macht-
politisches Poker zu beenden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Was sagen uns denn die Pläne zur Kürzung um
20 Millionen Euro an den Unis in Bayern?


(Dr. Christoph Bergner [CDU/CSU]: Jetzt geht diese Leier schon wieder los! Solche Schuldzuweisungen helfen doch überhaupt nicht weiter! Das ist doch das, was das Klima verdirbt! – Lachen bei der SPD)


Was sagt uns denn der Hilferuf der hessischen Universi-
täten nach besserer finanzieller Unterstützung durch das
Land?


(Dr. Christoph Bergner [CDU/CSU]: Sie können das genauso Berlin vorhalten! Was soll denn das? – Ute Berg [SPD]: Was soll das von Herrn Koch, Herr Dr. Bergner?)


– Ich sage, Herr Dr. Bergner: Kein Bundesland kann
diese Aufgaben allein bewältigen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Notwendig ist vielmehr eine gemeinsame Kraftanstren-
gung von Bund und Ländern. Wir brauchen einen sachli-
chen, konstruktiven Dialog auf allen Ebenen, der nicht
Selbstzweck ist, sondern den wir im Interesse der Stu-
dierenden sowie der Forscherinnen und Forscher in un-
serem Land führen müssen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen den
Menschen in unserem Land die Frage beantworten, was
wir konkret tun, um hier Arbeitsplätze zu schaffen. Wir
alle wissen, dass dies nicht solche an Fließbändern sein
werden. Unser Plus sind die kreativen Köpfe und Ideen.
Daran müssen wir unser Bildungs- und Wissenschafts-
system ausrichten.

Enden möchte ich mit einem passenden Zitat aus dem
„Tagesspiegel“ vom 19. Februar, das ich Ihnen, liebe
Kolleginnen und Kollegen, nicht vorenthalten möchte:

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(C (D Stellen wir uns ein Kind vor, dessen Eltern gerade geschieden wurden. Das Gericht hat das Sorgerecht dem Vater zugesprochen, nicht der Mutter. Doch es ist die Mutter, die dem frierenden Kind Schuhe kaufen möchte. Das will der Vater nicht zulassen. Die Mutter soll endlich aufhören, sich in fremde Angelegenheiten einzumischen! – Dann kauft doch bestimmt der Vater dem Kind die Schuhe? – Irrtum. Der Mann kann und will das nicht. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Jörg Tauss [SPD]: Rabenvater! – Dr. Uwe Küster [SPD]: Herr Bergner, haben Sie jetzt kalte Füße? Herr Bergner friert!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516009800

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Helge Braun.

(Beifall bei der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Jetzt mal die Schuhe kaufen!)



Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1516009900

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
erren!


(Jörg Tauss [SPD]: Sie wissen als Mediziner, wie das mit den kalten Füßen ist!)


ie Redner von Rot-Grün heute in dieser Debatte haben
ür mich ein erschreckendes Bild gezeichnet, was ihr
erständnis von der deutschen Verfassung angeht.


(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der SPD: Peinlich! – Dr. Uwe Küster [SPD]: Verfassung in die undichten Schuhe einlegen!)


er bei der Frage der Verfassungsmäßigkeit davon
pricht, dass es dabei um juristische Kleinigkeiten, Pro-
esshanselei, unkonventionelle Hilfe, Formalismus,
achtpolitik oder Hickhack geht,


(Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD] – Nicolette Kressl [SPD]: Sie haben die richtigen Begriffe gefunden!)


er hat wirklich kein Recht, zu sagen, dass er auf dem
oden der Verfassung Politik macht.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Es geht hier überhaupt nicht um die Frage, ob die
ochschulen gut Geld gebrauchen können,


(Ulrike Flach [FDP]: Doch, sehr wohl!)

ondern es geht hier um die Frage: Ist denn, wenn es
eld gibt, am Ende die Verfassung egal?


(Lachen des Abg. Jörg Tauss [SPD])

as, meine Damen und Herren, ist nicht der Fall.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Uwe Küster [SPD]: Aber bei der Schule waren Sie nicht so pingelig! Da haben Sie die Finger aufgemacht!)







(A) )



(B) )


Helge Braun

In der Debatte heute haben Sie immer wieder den Prä-

sidenten der Hochschulrektorenkonferenz als Kronzeu-
gen angeführt und die gestrige Pressekonferenz von
Hochschulrektorenkonferenz, Wissenschaftsrat und Deut-
scher Forschungsgemeinschaft erwähnt.


(Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die hat Ihnen wehgetan!)


Es gibt noch andere Zitate von dem gleichen Präsidenten
Peter Gaehtgens. Er hat der Bundesregierung auch emp-
fohlen – ich zitiere aus der „Welt“ vom 19. Februar 2005 –,
künftig die von der Verfassung gegebenen und durch das
Karlsruher Urteil zu den Studiengebühren unterstriche-
nen Kompetenzgrenzen zwischen Bund und Ländern zu
akzeptieren und auf Dialog zu setzen. Auch das gehört
zur Wahrheit!


(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der CDU/CSU: Hört! Hört! – Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Deshalb ist der auch im Kompetenzzentrum! – Jörg Tauss [SPD]: Für einen Dialog braucht man zwei! In diesem Fall 17!)


Die Bundesregierung versucht konsequent – einmal
durch die Juniorprofessur und zum anderen durch das
Verbot der Studiengebühren –, durch Rechtsetzung in
die Kompetenzen der Länder einzugreifen. Bei der
Ganztagsschule oder jetzt im Falle des Bologna-Prozes-
ses wird versucht – mit der Rechtsetzung ist man vor
dem Verfassungsgericht ja gescheitert –, mit dem golde-
nen Zügel des Geldes zu bestimmen. Sie wissen genau:
Bildungspolitik – das ist meine tiefe Überzeugung – darf
nicht dadurch gestaltet werden, dass gesagt wird: Na ja,
es gibt Gelder vom Bund; dann müssen wir sie abrufen.
Sollen wir das vielleicht sein lassen? – Bildungspoliti-
sche Entscheidungen müssen politisch getroffen werden.
Der politischen Entscheidung folgt das Geld und nicht
umgekehrt.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Die HRK hat etwas Verfassungswidriges beantragt: Ist das Ihre Botschaft?)


– Die Botschaft der Aktuellen Stunde heute, Herr Kol-
lege Rossmann, ist eine ganz andere. Schon allein im
Thema der Aktuellen Stunde, die Sie für heute beantragt
haben, nämlich Folgen der Klage für den Bologna-Pro-
zess, ist im Grunde genommen ein Schuldeingeständnis
enthalten. Sie rechnen also damit, dass die Klage Erfolg
hat. Wenn die Klage nämlich abgewiesen würde, wäre
die Antwort auf die Frage nach den Folgen relativ leicht:
keine Folgen.


(Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es geht um das Klima, lieber Mann! – Nicolette Kressl [SPD]: Es geht um Dialog!)


Wenn aber vor dem Verfassungsgericht auch diese Klage
Bestand hat, dann hat das Folgen. Die Tatsache, dass Sie
sich um die Folgen Sorgen machen, ist letzten Endes
schon das Schuldeingeständnis,


(Nicolette Kressl [SPD]: Blödsinn!)


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(C (D ass Sie fest damit rechnen, dass die Klage vor dem undesverfassungsgericht Bestand haben wird. (Beifall bei der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Rechthaber!)


Der hier zum Teil erweckte Eindruck, Hessen wolle
amit den Bologna-Prozess torpedieren – diese etwas
ilitaristische Sprache haben Sie ja in diesem Zusam-
enhang gebraucht –,


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Gaehtgens: „Koch torpediert“!)


st falsch. Es geht nicht um die Beeinflussung des Bolo-
na-Prozesses. Hessen ist ja sogar Vorreiter beim Bolo-
na-Prozess.


(Jörg Tauss [SPD]: Ja, ja!)

ie hohe Zahl bereits akkreditierter Studiengänge macht
as deutlich.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Warum kritisieren Sie den HRK-Präsidenten? Ich habe Gaehtgens zitiert: „Koch torpediert“!)


essen wird seiner Rolle beim Bologna-Prozess in eige-
er, souveräner Verantwortung durchaus gerecht und
raucht an dieser Stelle keine Handlungsanweisungen
es Bundes.
Nun zur Föderalismuskommission und ihrer Arbeit:

ine Föderalismusreform in Deutschland ist notwendig
nd wünschenswert. Aber dem Versuch des Bundes, in
en Bildungswettbewerb der Länder einzugreifen, erteilt
ie Union eine klare Absage. Die Diskussion um den Fö-
eralismus auf dem Rücken der Bildung ist unerträglich.
ie Tatsache, dass Sie heute in einer solchen Art und
eise versucht haben, die Klage des Landes Hessen für
ich zu instrumentalisieren, macht den schon entstande-
en Schaden nur noch größer.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das glauben Sie doch wohl selber nicht!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516010000

Das Wort hat jetzt für die Bundesregierung der Parla-
entarische Staatssekretär Kasparick.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


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Ulrich Kasparick (SPD):
Rede ID: ID1516010100

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer heute
ormittag der Debatte in diesem Hohen Hause gefolgt
st, hat eine der Sternstunden europäischer Politik erle-
en können. Ministerpräsident Erwin Teufel hat eine,
ie ich fand, großartige europäische Rede gehalten und
st dafür vom Außenminister dieser Republik auch aus-
rücklich gelobt worden. Der Kanzler war persönlich bei
hm, um sich für diese Rede zu bedanken.






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Ulrich Kasparick

Das, was wir jetzt hier erleben, steht im Gegensatz zu

dieser großen europäischen Stunde und ist einfach eine
Schande.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Jörg Tauss [SPD]: An Peinlichkeit nicht zu überbieten!)


Es ist eine Schande angesichts der Tatsache, dass wir
über einen der wichtigsten europäischen Reformpro-
zesse reden, nämlich über die Frage, was die Hochschu-
len und Universitäten dazu beitragen können, um den
Raum Europa zu gestalten. 40 Länder Europas haben
sich auf einen Prozess verständigt, bei dem die Hoch-
schulen vorangehen sollen. Man nennt diesen Prozess
dem Ort nach, wo er verabredet worden ist, den Bolo-
gna-Prozess. 40 Staaten bilden damit eine neue Gemein-
schaft in Europa.

Dann gibt es so großartige Europäer wie Herrn
Dr. Bergner aus Halle,


(Cornelia Pieper [FDP]: Nichts gegen Halle!)

dessen Universität sich im Wettbewerb der Hochschul-
rektorenkonferenz bewährt hat und die eine der wenigen
Universitäten ist,


(Dr. Christoph Bergner [CDU/CSU]: Das weiß ich, Herr Staatssekretär!)


die an dem von der Hochschulrektorenkonferenz ausge-
lobten Wettbewerb teilnehmen darf und entsprechende
Unterstützung erhalten soll. Herr Dr. Bergner, ich als
Mitglied dieser Bundesregierung fordere Sie von diesem
Platz auf, diese Frage, die heute Gegenstand der Plenar-
debatte ist, noch einmal am Hochschulstandort Halle in
Gegenwart des Rektors der Universität Halle öffentlich
zu diskutieren.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dann können Sie dem Rektor der Hochschule Halle ein-
mal Ihre Position erklären.


(Dr. Christoph Bergner [CDU/CSU]: Das habe ich bereits am Telefon gemacht!)


Die Konsequenz aus Ihrem heutigen Verhalten ist,
dass der Universität Halle eine dringend notwendige Un-
terstützung


(Jörg Tauss [SPD]: Pfui!)

verweigert wird. Dabei bitten uns die Universitäten da-
rum.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Es haben sich 129 Universitäten gemeldet, um an dem
Wettbewerb teilzunehmen. Nach den strengen Kriterien,
die nicht vom Bund, sondern von der Hochschulrekto-
renkonferenz aufgestellt worden sind, dürfen davon nur
20 daran teilnehmen.

Ich bin sehr neugierig, wie Sie Ihre Haltung insbeson-
dere den ostdeutschen Universitäten erklären wollen. Sie
sagen zwar, Sie wollten ihnen auf dem Weg nach Europa

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(C (D elfen, aber verweigern diese Unterstützung. Ich bin ehr neugierig, wie Sie das Herrn Professor Grecksch in alle erklären wollen. (Dr. Christoph Bergner [CDU/CSU]: Machen Sie sich da mal keine Sorgen, Herr Kasparick!)

Ihre hier gezeigte europapolitische Kompetenz ist

icht überzeugend. Weil Sie mich vorhin darauf persön-
ich angesprochen haben, wiederhole ich es: Es handelt
ich nicht um ein Förderprogramm des Bundes, sondern
m ein Projekt der Hochschulrektorenkonferenz.


(Dr. Christoph Bergner [CDU/CSU]: Das befreit Sie doch nicht davon, mit den Ländern zu reden!)


un wird immer gesagt, wir hätten nicht mit den Län-
ern geredet. Dies ist definitiv falsch.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


er Bologna-Prozess ist gemeinsam zwischen Bund und
ändern verabredet worden.


(Cornelia Pieper [FDP]: Richtig, auch mit Herrn Koch!)


eswegen hat der Bund, vertreten durch die Bundesmi-
isterin, den Zwischenbericht zum Bologna-Prozess
uch gemeinsam mit der Vertreterin der Länder präsen-
iert.
Da es sich hierbei um eine gemeinsam verabredete
nstrengung auf dem Weg nach Europa handelt, fordere
ch Sie von dieser Stelle aus auf: Hören Sie auf mit der
alschaussage, der Prozess sei mit den Ländern nicht ab-
estimmt. Das Gegenteil ist richtig.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


ie Ministerpräsidenten haben gesagt: Wir wollen die-
en Prozess.
Wenn Sie sagen, der Bund wolle sich Kompetenzen

m Hochschulbereich anmaßen, dann erlaube ich mir,
amit es da überhaupt kein Vertun gibt, noch einmal den
arten Hinweis: Auf Bitten der Hochschulen hat die
ochschulrektorenkonferenz zu einem Wettbewerb auf-
erufen, in dem sich 20 Universitäten und andere Hoch-
chulen durchgesetzt haben. Die Universitäten bitten
ringend um Unterstützung im Bologna-Prozess. Ich
ill nur noch einmal deutlich machen, um welche Di-
ension es sich dabei handelt. Die Verpflichtung – eine
erpflichtung der Ministerpräsidenten und des Bundes –
autet, dieses Ziel bis 2010 zu erreichen. Das heißt, wir
aben noch fünf Jahre Zeit, aber erst knapp 26 Prozent
er deutschen Hochschulen beteiligen sich daran.


(Dr. Christoph Bergner [CDU/CSU]: Das muss die Kultusministerkonferenz umsetzen!)


Wenn wir nicht deutlich an Tempo zulegen, dann wer-
en wir das, worauf wir uns zwischen Bund und Ländern
emeinsam verständigt haben, nicht erreichen. Deswe-
en bin ich der festen Überzeugung: Das, was wir jetzt
emeinsam mit der Hochschulrektorenkonferenz auf






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Ulrich Kasparick

Wunsch der Hochschulen machen, ist nur ein kleiner
Beitrag. Eigentlich wäre sehr viel mehr erforderlich; so-
fern Sie mit den Hochschulen reden, wissen Sie das
auch.

Deshalb mahne ich zur Vorsicht, wenn Sie das Argu-
ment Verfassung bemühen. Diesen Prozess haben wir
gemeinsam verabredet. Im Übrigen haben sich die
Hochschulen nach den politischen Vorgaben ihrer Lan-
desregierungen zu richten. Worum es im Kern geht, will
ich Ihnen aus einer öffentlichen Pressemitteilung zitie-
ren, auch wenn mir diese Sprache zu zitieren schwer
fällt; aber ich zitiere einfach einmal das hessische Kul-
tusministerium:

Wir müssen uns erneut gegen einen Versuch von
Frau Bundesministerin Bulmahn zur Wehr setzen,
sich hinter dem Rücken der Länder Zuständigkeiten
zu erschleichen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist genau die Realität! – Gegenruf von der SPD: Was?)


– Es ist falsch. Wir haben den Bologna-Prozess mit den
Ländern verabredet. Sie gehen hier von objektiv fal-
schen Tatsachen aus. Das ist Ihr Problem.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie der Abg. Cornelia Pieper [FDP])


Dazu gibt es eine gemeinsame Verabredung. Im Übrigen
geht es hier überhaupt nicht darum, sich etwas zu er-
schleichen, sondern um die Frage, was uns nach vorn
bringt, hin zum europäischen Forschungsraum. Ich kann
Sie nur dringend bitten, uns dabei zu unterstützen. Die
Kollegen der Koalitionsfraktionen haben das Angebot
des Bundes schon einmal verdeutlicht: 1,9 Milliarden Euro
für die Exzellenzinitiative – Sie lehnen ab; zusätzliches
Geld im Umfang von 10 Milliarden Euro aus der Eigen-
heimzulage ins System für Bildung und Forschung – Sie
lehnen ab.


(Dr. Christoph Bergner [CDU/CSU]: Das ist doch alles Propaganda!)


Der Bund bietet zusätzlich den Pakt für Forschung an,
damit die Max-Planck-Gesellschaft, die Deutsche For-
schungsgemeinschaft, die Fraunhofer-Gesellschaft oder
die WGL zusätzliches Geld bekommen – Sie lehnen ab.
Jetzt wollen wir den Hochschulen auf deren Anforde-
rung helfen, damit wir in Europa endlich ankommen –
Sie lehnen ab.

Von dieser Stelle aus fordere ich Sie ausdrücklich auf:
Hören Sie auf, die deutsche Wissenschaft auf diese
Weise so schwer zu beschädigen!


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516010200

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Axel Fischer.
Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land) (CDU/CSU):
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich muss Ihnen
ganz ehrlich sagen: Als ich auf der Tagesordnung gele-

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(C (D en habe, dass vonseiten der SPD diese Aktuelle Stunde eantragt wird, (Jörg Tauss [SPD]: Sind Sie erschrocken gewesen!)


abe ich mich gewundert. Ich habe mich gefragt, warum
ie SPD darüber sprechen will, dass ein Land eine Klage
or dem Verfassungsgericht einreicht, um herauszufin-
en, ob das, was die Bundesforschungsministerin
öchte, verfassungsmäßig ist oder nicht.


(Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben nicht mitgekriegt, um was es geht!)


igentlich hätte ich erwartet, dass Sie sich zurücklehnen,
eil Sie der Auffassung sind, dass das Gesetz gut über-
rüft ist und Sie sich keine Sorgen zu machen brauchen.
ie Aufregung, die Sie an den Tag legen, scheint mir
ber zu zeigen, dass Sie Sorgen haben, dass Sie nicht
erfassungsmäßig gehandelt haben.


(Beifall bei der CDU/CSU – Nicolette Kressl [SPD]: Wer ist denn aufgeregt? Sie sind aufgeregt! – Dr. Uwe Küster [SPD]: Wir sehen das ganz locker!)


Wir reden nämlich heute nicht über die Frage des
ologna-Prozesses; da sind wir uns ja in den meisten
unkten einig. Wir reden darüber, inwieweit sich die
undesregierung an Recht und Gesetz hält, unser
rundgesetz beachtet und sich darum kümmert, wie die
ufgaben dort verteilt sind. Das ist heute das Thema,
eine Damen und Herren.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, es geht um Bildung, nicht um Formalismus! Das ist der Unterschied!)


Wir reden auch über das Verständnis von Demokratie
nd Föderalismus. Welche Aufgaben haben die Bundes-
änder, welche Aufgaben hat der Bund? Rot-Grün hat
um wiederholten Male – jetzt wird es besonders interes-
ant – Recht und Gesetz eben nicht eingehalten. Schauen
ir uns doch einmal an, wie das damals bei der Abstim-
ung über das Zuwanderungsgesetz im Bundesrat war.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Sie machen einen leicht verwirrten Eindruck, Herr Fischer!)


enn ich mich recht erinnere, hat damals der Bundes-
atspräsident, Herr Wowereit, eine Stimme, die nicht
ültig war, als Jastimme gezählt. Vor dem Bundesverfas-
ungsgericht musste dieses Zuwanderungsgesetz einge-
ammelt werden, weil sich die SPD nicht um das Grund-
esetz gekümmert hat. Das ist die Wahrheit, meine
amen und Herren.


(Beifall bei der CDU/CSU – Nicolette Kressl [SPD]: Thema! – Dr. Uwe Küster [SPD]: Das Thema liegt ihm etwas schwer im Magen!)


Oder schauen wir uns unseren Finanzminister an.
um wiederholten Male wird im Deutschen Bundestag
in Haushalt eingebracht, der nicht verfassungskonform
st. Mir ist klar, dass Sie das nicht gerne hören, aber das






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(B) )


Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land)


sind Tatsachen; in diesen Fällen beachten Sie das Grund-
gesetz nicht.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Bleiben Sie doch mal in der Nähe des Themas!)


Oder denken wir an den Außenminister, der heute
fehlt, an die Geschichte des Fischer-Erlasses, der jetzt im
Untersuchungsausschuss überprüft wird.


(Nicolette Kressl [SPD]: Thema!)

Auch dabei ist doch die Frage: Inwieweit hat sich diese
Bundesregierung an Recht und Gesetz gehalten?


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Uwe Küster [SPD]: Oh Gott, wer hat Ihnen das aufgeschrieben?)


Ich möchte jetzt gar nicht all die Dinge ansprechen,
über die noch diskutiert wird. Allein im Forschungsbe-
reich haben wir doch, Herr Staatssekretär, genügend Bei-
spiele dafür, dass Sie vor dem Bundesverfassungsgericht
gescheitert sind. Die Urteile des Bundesverfassungsge-
richts zur Juniorprofessur und zum Verbot der Studien-
gebühren haben gezeigt, dass sich die Bundesregierung
in diesen Fällen Kompetenzen angemaßt hat, die ihr
nicht zustehen. Das ist heute das Thema.


(Beifall bei der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Nein, das ist nicht das Thema! Das Thema ist die Beschädigung der Hochschulen durch euch!)


Das Problem ist: Sie von Rot-Grün scheren sich nicht
um Recht und Gesetz, Sie interessiert es überhaupt nicht,
was im Grundgesetz steht. Beim Durchsetzen Ihrer ideo-
logischen Ziele interessieren Sie sich nicht für das, wo-
für Sie zuständig sind.


(Beifall bei der CDU/CSU – Nicolette Kressl [SPD]: Das ist ja nicht zu fassen! – Ute Berg [SPD]: Glauben Sie das, was Sie sagen?)


Meine Damen und Herren, vielleicht erinnern Sie sich
noch an den Kanzlersong, der Ende 2002 sehr populär
war.


(Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist das Niveau der Union!)


Da hieß es zum Beispiel: „Ich erhöhe euch die Steuern“.
Es ging um die verschiedenen Steuern, die Sie erfunden
haben könnten, bis hin zur Haarfärbesteuer. Dazu gab es
ein Video, in dem eine Puppe zu sehen war, die dem
Bundeskanzler sehr ähnlich war und die das Grundge-
setz die Toilette hinuntergespült hat. Sie haben sich da-
mals über dieses Video empört. Ich frage Sie – Ihr
nächster Redner kann das ja ansprechen –: Was halten
Sie vom Grundgesetz? Wie halten Sie sich an Recht und
Gesetz? Wie steht es mit Ihrer Verfassungskonformität?
Das ist heute die Frage.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Uwe Küster [SPD]: Ihre Rede werden wir an die Hochschulen schicken, die ist Klasse! Die zahlen keinen Pfennig für so einen Quatsch, den Sie erzählen!)


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(C (D Meine Damen und Herren, es ist, wenn man es sich etrachtet, eigentlich verhältnismäßig einfach: Die Bunesregierung ist im Forschungsbereich nicht in der Lage, hre Aufgaben zu erfüllen. Die Forschungsministerin ümmert sich um Dinge, die sie nichts angehen – ob das ie Bildungspolitik oder Sonstiges ist –, um von ihrem ersagen in anderen Bereichen abzulenken. Deshalb unere Aufforderung: Kümmern Sie sich wieder um das, ofür Sie gewählt sind! Kümmern Sie sich um Ihre Aufaben! (Ute Berg [SPD]: Deshalb kümmern wir uns um die Hochschulen!)


achen Sie eine vernünftige Forschungspolitik und ach-
en Sie dabei Recht und Gesetz; denn jeder Bundeskanz-
er und jeder Minister hat hier vor diesem Hohen Hause
eschworen, das Grundgesetz und die Gesetze des Bun-
es zu achten. Das ist die Aufgabe und daran sollten Sie
ich halten, damit Sie nicht erneut vor dem Verfassungs-
ericht unterliegen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Uwe Küster [SPD]: Herr Fischer hat den Vogel abgeschossen! Schützenkönig Fischer!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516010300

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Swen Schulz.


Swen Schulz (SPD):
Rede ID: ID1516010400

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

iebe Kolleginnen und Kollegen! Wir reden unter ande-
em über die Verfassung. Ich möchte zunächst einmal
esthalten, wie traurig die Verfassung ist, in der sich die
DU/CSU-Bundestagsfraktion befindet.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Keine Ausschusssitzung und keine Plenardebatte ver-
ehen, in der Sie nicht die Bundesregierung und die Re-
ierungskoalition zu Verbesserungen in der Bildungs-
nd Forschungspolitik auffordern. Das ist für eine Oppo-
ition völlig in Ordnung. Das Problem ist nur: Gleichzei-
ig klatschen Sie Beifall, wenn unionsgeführte Länder
uf dem Klageweg die Möglichkeiten des Bundes, eben-
iese von Ihnen geforderten Verbesserungen durchzuset-
en, beschneiden wollen.


(Beifall bei der SPD – Axel E. Fischer [Karlsruhe-Land] [CDU/CSU]: Beschneiden? Kontrollieren, ob der Bund die Kompetenz hat! Das ist doch das Thema!)


Auch heute erleben wir das. Niveau: Tendenz fallend,
ie man angesichts der Rednerliste sagen muss.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

ie unterwerfen sich der zerstörerischen Logik von
achttaktikern. Sie befinden sich – was noch schlimmer

st – am Gängelband der Unionsministerpräsidenten.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie der Abg. Ulrike Flach [FDP])







(A) )



(B) )


Swen Schulz (Spandau)


Der Ministerpräsident von Hessen ist der skrupello-

seste von denen. Er strengt jetzt eine weitere Klage ge-
gen eine sinnvolle Initiative an und setzt damit seine
Blockadestrategie fort. Es geht ihm dabei nicht um Bil-
dung und Wissenschaft. Es geht ihm dabei noch nicht
einmal so sehr, wie er immer behauptet, um die Kompe-
tenz der Länder. Er will einfach blockieren.


(Jörg Tauss [SPD]: Eindeutig! – Axel E. Fischer [Karlsruhe-Land] [CDU/CSU]: Quatsch!)


Er will die Lage verschlechtern, um hinterher der Bun-
desregierung die Schuld dafür in die Schuhe zu schie-
ben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Bei den Beratungen der Föderalismuskommission
wurde das sehr deutlich. Es ist eine Legende, dass die
Föderalismusreform am Thema Bildung gescheitert ist.
Sie ist von Machtegoisten kaputtgemacht worden. Der
bayerische Ministerpräsident war ja durchaus bereit, die
bereits vereinbarten Teile der Föderalismusreform unter
Dach und Fach zu bringen und den Rest zu vertagen.
Doch er konnte sich im eigenen Lager gegen Koch nicht
durchsetzen.


(Dr. Christoph Bergner [CDU/CSU]: Jetzt werden aber Legenden gestrickt!)


Koch wollte keine Einigung. Er hat Stoiber die Pistole
auf die Brust gesetzt.


(Dr. Christoph Bergner [CDU/CSU]: Waren Sie dabei? So ein Quatsch!)


Dieses Verhalten kann man durchaus mit dem Verhalten
von jemandem vergleichen, der erst die Eier klaut und
hinterher „Haltet den Dieb!“ ruft.

Jetzt soll nach vielen anderen Prozessen auch der
Bologna-Reformprozess blockiert werden. Es haben sich
über 100 Hochschulen für die 20 Kompetenzzentren be-
worben, einige aus Hessen. Eine hessische Hochschule
ist ausgewählt worden, nämlich die Fachhochschule
Frankfurt am Main. Das Interesse an dem Programm hat
deutlich gemacht, wie groß der Bedarf dafür ist und wie
richtig HRK und Bundesregierung damit liegen.

Ich könnte meine gesamte Redezeit locker mit Zitaten
von unabhängigen Stellen und von Betroffenen füllen
– darunter HRK-Präsident Gaehtgens –, die sich bestürzt
zu dieser Neuauflage der Blockadepolitik des Minister-
präsidenten Koch äußern. Die Universität der Künste
Berlin reagiert mit Entsetzen und in der Fachhochschule
Trier herrscht Betroffenheit.

Frau Seib, ich möchte noch ein Wort zu der hessi-
schen Wissenschaftspolitik sagen. Die hessischen Uni-
versitäten weisen darauf hin, dass Bund und Länder
durch ihre Unterschrift 1999 in Bologna für diesen Pro-
zess „gemeinsam Verantwortung tragen, der das Land
Hessen bisher nur unzureichend gerecht wird“.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Ulrike Flach [FDP])


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(C (D as für eine Ohrfeige! (Beifall des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])

s ist ein verheerendes Echo und Koch steht auf weiter
lur alleine da, mit Ausnahme der CDU/CSU-Bundes-
gsfraktion. Grandios!


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1516010500
Die
ultusministerkonferenz und das Bundesministerium für
ildung und Forschung haben jüngst gemeinsam im na-
onalen Bericht 2004 für Deutschland festgehalten, dass
ie Realisierung der Ziele des Bologna-Prozesses in
eutschland in der Verantwortung der Hochschulen, der
änder und des Bundes liegt. Dieser Feststellung schlie-
en sich Ausführungen über die nationale Bologna-
truktur und über die gemeinsame Arbeitsgruppe „Fort-
ührung des Bologna-Prozesses“ an, an der sich natür-
ich die Bundesregierung beteiligt. Es wird außerdem
uf die Zusammenarbeit von Hochschulrektorenkonfe-
enz und Bundesregierung verwiesen.
Ganz offenkundig sehen die Kultusminister dieses

roblem durchaus etwas differenzierter als Ministerprä-
ident Koch.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. HansJosef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Ulrike Flach [FDP])


ier scheint durch, was wir schon an vielen anderen
tellen erlebt haben: Die Fachminister können trotz aller
einungsverschiedenheiten, die es gelegentlich gibt, in
er Sache ganz gut mit der Bundesregierung zusammen-
rbeiten. Aber Ministerpräsident Koch blockiert aus pu-
er Machttaktik vernünftige Politik.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Es gibt dafür wirklich keinen besseren Zeugen als die

andesregierung Hessen selbst.
ie Fachhochschule Frankfurt am Main, die sich an die-
em Programm beteiligen möchte und einen Zuschlag
ekommen hat, hat beim Hessischen Ministerium für
issenschaft und Kunst angefragt, was denn nun ange-
ichts der Verfassungsklage Hessens aus dem Kompe-
nzzentrum wird. Die Antwort des Ministeriums an die
ochschule lautete: Weitermachen, gründen Sie ruhig
as Kompetenzzentrum!


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Verfassungswidrig weitermachen! Gesetzesbruch begehen!)


Lieber Kollege Fischer, wenn das so gegen die Ver-
assung, gegen Recht und Gesetz verstößt, warum unter-
agt dann nicht die Hessische Landesregierung die Be-
iligung ihrer Hochschule an diesem Programm?


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Das ist doch verfassungswidrig!)







(A) )



(B) )


Swen Schulz (Spandau)


Spätestens an dieser Stelle wird deutlich, dass wir es mit
einem höchst unehrlichen und üblen Machtspiel des Mi-
nisterpräsidenten auf Kosten der Hochschulen und der
Studierenden zu tun haben.

Ich fordere die CDU/CSU-Fraktion auf, sich dem
endlich einmal entgegenzustellen. Stoppen Sie Koch!
Unternehmen Sie zumindest den Versuch!

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516010600

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Michael

Kretschmer.

(Beifall bei der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Letzte Chance!)


Michael Kretschmer (CDU):
Rede ID: ID1516010700

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich

fange mit einfachen Dingen an: In Art. 62 unserer Ver-
fassung steht: „Die Bundesregierung besteht aus dem
Bundeskanzler und aus den Bundesministern.“ Nicht
einmal dafür reicht es bei dem Herrn Staatssekretär, der
sich hier vor wenigen Minuten als Mitglied der Bundes-
regierung bezeichnet hat. Wie soll das dann bei solch
komplizierten Dingen wie der Zusammenarbeit von
Bund und Ländern, beim so genannten Föderalismus,
funktionieren?

Die Bundesministerin macht in bundespolitischen
Fragen eine Geisterfahrt durch Deutschland und landet
jedes Mal an einem Prellbock, beim Bundesverfassungs-
gericht, holt sich eine Beule


(Axel E. Fischer [Karlsruhe-Land] [CDU/ CSU]: Traurig, aber wahr!)


und nimmt neue Fahrt auf, um die nächste Wand zu er-
wischen, hinter der dann wieder eine neue kommt.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Das ist besonders bedauerlich; denn von der Bildungs-
ministerin könnte man eigentlich erwarten, dass sie klü-
ger wird und aus ihren Fehlern lernt. Aber das Gegenteil
ist der Fall.

Die Diskussion in der letzten knappen Stunde ist nicht
sonderlich von Inhalt geprägt gewesen.


(Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD] – Ute Berg [SPD]: Herr Fischer hat kein einziges Wort zum Thema gesagt!)


Die Bundesländer und die CDU/CSU-Bundestagsfrak-
tion stehen zum Bologna-Prozess. Sie haben ihn immer
gewollt und ihn gemeinsam vereinbart. Die Bundeslän-
der haben den Bologna-Prozess in ihren Landeshoch-
schulgesetzen verankert. Sie haben die Einführung der
Bachelor- und Masterabschlüsse vereinbart. Ein Viertel
aller Studiengänge ist bereits umgestellt.

Worum geht es also? Es geht nicht darum, dass wir
den Bologna-Prozess nicht wollen.

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(C (D s geht nicht darum, dass die Bundesländer den Bolona-Prozess verhindern oder boykottieren wollen. Es eht darum, dass sie die permanente Einmischung des undes in die Länderkompetenzen unterbinden wollen, as vollkommen richtig ist. Das Ganze machen sie an einem Programm fest, das rau Bundesbildungsministerin Bulmahn vorgeschlagen at und mit dem sie in die BLK gegangen ist. Auf der LK wurde ihr gesagt: Natürlich wollen wir die Akkreitierung unterstützen; aber wir halten ein besonderes rogramm für nicht erforderlich. Den Vorsitz in dieser ommission am 5. Juli letzten Jahres in Bonn hat die undesbildungsministerin persönlich geführt. Nur, sie hat aus diesem klaren Nein keine Konse uenz gezogen, sondern dieses Programm trotzdem eineführt. Sie will – koste es, was es wolle – mit dem Kopf urch die Wand. Jetzt klagt natürlich ein Bundesland nd sagt: Nicht mit uns! Wir können alles besprechen – ber eben nur besprechen und nicht hintenherum vorgeen, Herr Tauss. (Beifall bei der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Natürlich!)


(Jörg Tauss [SPD]: Nein!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Jörg Tauss [SPD]: Natürlich!)


Deswegen ist es vollkommen richtig, wie der Minis-
erpräsident des Landes Hessen vorgeht.


(Jörg Tauss [SPD]: Er macht alles kaputt! Das ist alles natürlich, klar!)


ies ist übrigens eines der Länder, das im deutschen
ettbewerb hervorragend dasteht. Dieses Land hat Herr
och von Ministerpräsident Eichel übernommen. Es war
öllig desolat und finanziell ruiniert. Jetzt wird eine Sa-
he nach der anderen abgearbeitet, um dieses Land nach
orne zu bringen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Lachen bei der SPD)


as ist die Realität. Man muss sich an Recht und Gesetz
nd an die Verfassung halten; dann kommt man auch
oran.
Wir lassen es nicht mit uns machen, dass Sie die Mit-
l für den Hochschulbau von 1,1 Milliarden auf
25 Millionen Euro kürzen und dann vergiftete Köder
uslegen und sagen: Jetzt macht irgendwelche Pro-
ramme! Nicht mit uns, meine Damen und Herren!


(Beifall bei der CDU/CSU – Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Uwe Küster [SPD]: So viel Nassforschheit, unglaublich!)


Diese unredliche Politik muss aufgedeckt werden, da-
it die Menschen draußen auf der Straße, die Professo-
en und die Studenten in den Hochschulen sehen, dass
an Politik so nicht machen kann.






(A) )



(B) )


Michael Kretschmer


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Unheimlich viel Spaß macht das!)

Ich habe in den vergangenen Minuten gehört, dass der

Bund den Hochschulen zusätzliches Geld in Milliarden-
höhe zur Verfügung stellen will. Im vergangenen Jahr
lag das staatliche Defizit dieses Landes bei 3,7 Prozent.
Die Neuverschuldung betrug 37 Milliarden Euro. Was
erzählen Sie denn den Leuten auf der Straße? Sie haben
dieses Land finanziell gegen die Wand gefahren, Sie ha-
ben es ruiniert. Dieses Land kann gar nichts mehr.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Bleiben Sie doch einmal beim Thema! – Ute Berg [SPD]: Von Ihnen übernommen! – Weiterer Zuruf von der SPD: Klugscheißer!)


Wenn Sie sich die Haushaltszahlen genau anschauen,
stellen Sie fest, dass der Haushalt nur dann auszuglei-
chen ist, wenn Sie irgendwelche Tricks vornehmen oder
Postpensionen auflösen und in den Haushalt einstellen.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Erzählen Sie doch einmal etwas über Forschung, wenn Sie schon da vorne stehen!)


Sie können überhaupt nichts mehr. Sie haben die Ar-
beitslosigkeit und die Staatsverschuldung zu verantwor-
ten. Sie brauchen hier nicht den Eindruck zu erwecken,
als ob Sie noch Geld hätten, das Sie in Forschung und
Bildung investieren könnten. Machen Sie erst einmal
Ihre Hausaufgaben, kommen Sie in die Gänge und dann
können wir über weitere Programme reden!


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Oberlehrer! Ein ganz forscher Typ!)


Ihre Politik ist in größtem Maße unredlich und unseriös.

(Beifall bei der CDU/CSU – Siegfried Scheffler [SPD]: Eine sehr dumme Rede!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516010800

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Jörg Tauss.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1516010900

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Man kann wirklich nur

hoffen, dass das, was von Ihnen, Herr Kretschmer, ge-
rade vorgetragen worden ist, von vielen Menschen im
Lande gehört worden ist. Man kann es wirklich nur hof-
fen.

Probleme, die wir haben, in dieser Form darzulegen,
Ihre eigene Verantwortung für die Massenarbeitslosig-
keit, die Verschuldung und die Handlungsunfähigkeit
des Bundes zu leugnen und von Ihren Versäumnissen im
Bereich Bildung und Wissenschaft abzulenken, das ist
Chuzpe. Etwas anderes ist das nicht mehr.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Herr Braun, normalerweise kenne ich Sie als seriösen
Kollegen. Ich gestehe zu, dass Sie während der ganzen
Debatte bedröppelt aussahen. Ich nehme an, dass es Ih-
nen ebenso wie dem Großteil Ihrer Kollegen peinlich ist,
was von Herrn Koch und den Rednerinnen und Rednern

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(C (D ier gesagt worden ist. Wenn Sie aber schon den Präsienten der Hochschulrektorenkonferenz zitieren, dann itte in der Vollständigkeit, die zum Thema gehört. Herr aehtgens hat ausdrücklich gesagt: „Die deutschen ochschulen appellieren nachdrücklich an die Länder, in Zusammenwirken mit dem Bund zu unterstützen.“ (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


as erwarten die Hochschulen von den Ländern. Sie ha-
en heute die Chance vertan, sich dieser Position anzu-
chließen.
Liebe Frau Seib – leider ist sie nicht mehr anwesend.

ch finde es komisch, wenn man hier eine Rede hält,
prüche schwingt und anschließend den Plenarsaal ver-
ässt. Ich finde das nicht in Ordnung. Richten Sie ihr das
us, mit einem schönen Gruß. Sich hier hinzustellen und
u behaupten, dass Hessen bei der Umsetzung des Bolo-
na-Prozesses vorn liegt, ist angesichts der Tatsache er-
taunlich – Kollege Schulz hat berechtigterweise bereits
arauf hingewiesen –, dass sich die Fachhochschule
rankfurt zusammen mit anderen hessischen Universitä-
en für dieses Programm beworben hat. Warum hat sie
as getan, wenn in Hessen alles so wunderbar ist, wie sie
s hier zu suggerieren versuchte?
Warum – auch das muss man fragen – unterstützt das

essische Wissenschaftsministerium diese Bewerbung
er hessischen Fachhochschule? Ich kann es Ihnen ge-
au sagen: Weil das, was sie hier dargestellt hat, nicht
er Richtigkeit entspricht. Die Hessische Landesregie-
ung lässt wie die anderen Landesregierungen die Uni-
ersitäten in Deutschland an vielen Stellen im Stich. Es
ibt nur wenige Ausnahmen. Schauen Sie über den
hein nach Rheinland-Pfalz. Dieses Land ist die Aus-
ahme. Sie versagen – um das ganz deutlich zu sagen –
n dieser Stelle kläglich.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die Themen für eine Aktuelle Stunde werden gemein-
am vereinbart. Kollege Fischer, ich hätte mir ein ande-
es Thema für diese Debatte vorstellen können. Leider
st meinem Vorschlag nicht gefolgt worden. Mein Vor-
chlag wäre gewesen: Die fortgesetzte Sabotage drin-
end notwendiger Reformen im Bildungs- und Innova-
ionssystem der Bundesregierung durch Herrn Stoiber,
errn Koch, Herrn Teufel und Co. Das ist das eigentli-
he Thema, um das es heute geht.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die zweite Frage, um die es heute geht, ist, ob diese
erren für ihre Politik die Unterstützung Ihrer Bundes-
agsfraktion erhalten. Mit Entsetzen sehe ich, sehen die
eutschen Studierenden und die Verantwortlichen der
eutschen Hochschulen, dass Sie sich sozusagen ausver-
auft haben an ihre Ministerpräsidenten. Als Bildungs-
olitiker sind Sie zu keiner eigenen Meinung fähig, son-
ern schließen sich diesem Katastrophenkurs an. Das ist
in klägliches Versagen der Bildungs- und Forschungs-
olitiker der Union im Deutschen Bundestag.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Jörg Tauss

Die Spur der Verwüstung, die die Union in der deut-

schen Hochschul- und Wissenschaftslandschaft langsam
hinterlässt, ist leider sehr viel breiter. Stichworte sind
schon gefallen. Seit Monaten blockieren die Minister-
präsidenten der Union das Programm zur Förderung von
Spitzenuniversitäten – gegen den Rat der Wissenschafts-
minister. Seit Monaten verweigern sie – demnächst ver-
handeln wir darüber wieder im Vermittlungsausschuss –
die Freigabe dringend notwendiger Finanzmittel für Bil-
dung und Forschung durch die Abschaffung der Eigen-
heimzulage.


(Axel E. Fischer [Karlsruhe-Land] [CDU/ CSU]: Steinkohle! Windkraft! Das sind die Milliarden!)


– Der Umfang der Eigenheimzulage beträgt ein Mehrfa-
ches der Steinkohlesubventionen. Kollege Fischer, wenn
Sie etwas davon verstünden, wüssten Sie, dass die Mittel
für die Steinkohle vertraglich gebunden sind. Im Gegen-
satz dazu könnten wir die Mittel, die wir für die Eigen-
heimzulage bereitstellen, bereits morgen für Bildung
und Forschung heranziehen.


(Axel E. Fischer [Karlsruhe-Land] [CDU/ CSU]: Die Steinkohleförderung und die Windkraftförderung, wo sind eigentlich diese Milliarden?)


Durch Ihre Klage gegen die Juniorprofessur haben
Sie Zehntausende junger Nachwuchswissenschaftler dis-
kriminiert und verunsichert. Gemeinsam mit den Län-
dern konnten wir den Schaden im letzten Moment ab-
wenden. Die Föderalismuskommission hat Herr Koch
mit seinen absolut inakzeptablen Forderungen an die
Wand fahren lassen.

Nein, das, was Sie machen, ist nicht in Ordnung. Das
ist Prozesshanselei und ein vordergründiges, formalisti-
sches Debattieren über Rechtspositionen,


(Axel E. Fischer [Karlsruhe-Land] [CDU/ CSU]: Das sagen Sie zu unserer Verfassung? Das ist ja super!)


auf denen Sie beharren. Das tun Sie zulasten der Wissen-
schaftslandschaft. Das ist das eigentliche Problem.

Wenn die Tatsache, dass bei der Hochschulrektoren-
konferenz 120 Bewerbungen eingegangen sind, um den
Bologna-Prozess voranzubringen, von Ihnen als nicht
am Bedarf orientiert angesehen wird, kann ich Ihnen nur
sagen: Sie sind entweder uninformiert, blind oder bös-
willig.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Letzteres!)

An dieser Stelle kann man Ihnen eigentlich alles zusam-
men unterstellen. 20 Universitäten haben jetzt diese
Möglichkeit. Sie wollen das verhindern. Die Deutsche
Forschungsgemeinschaft, der Wissenschaftsrat und die
Hochschulrektorenkonferenz haben sich gemeinsam ge-
gen die Fortsetzung der von Herrn Koch, Ihrer Partei
und Ihren Leuten betriebenen Blockade des Programms
zur Förderung von Spitzenuniversitäten und des Paktes
für Forschung und Innovation beschwert und dagegen
protestiert.

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(C (D Ich sage Ihnen: Das ist ein einzigartiger Vorgang. Ich ann mich nicht erinnern, dass in den zehn Jahren, in deen ich Bildungsund Forschungspolitik mache, (Eduard Oswald [CDU/CSU]: Zehn Jahre zu viel!)


chon einmal solch ein Protestschrei aus der Bildungs-
nd Wissenschaftsszene gekommen ist. Wenn Sie das
icht zum Nachdenken bewegt, kann ich Ihnen nur sa-
en: Ihnen geht es nicht um Bildung und Forschung,
ondern Sie verfahren nach dem Motto „Augen zu und
urch“ zulasten des Wissenschaftsstandortes Deutsch-
and.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


In einem kürzlich auf www.spiegel-online.de erschie-
en Artikel hieß es über Koch: „Ein Mann sieht rot.“ Die
berschrift eines Artikels im „Tagesspiegel“ lautete
Rabenvater“, womit Landesvater Koch gemeint war.
ort wurde geschrieben:

Es geht um die Zukunft Deutschlands im weltwei-
ten Wettbewerb. Sind die Länder wirklich reif für
diese große Verantwortung? Sie leisten gerade ei-
nen Offenbarungseid.

Da auch Sie gerade diesen Offenbarungseid leisten,
ann ich Sie nur auffordern: Stoppen Sie Ihren Minister-
räsidenten und Ihren Kurs und kehren Sie zum Dialog
urück! Bund und Länder haben in diesem Land gemein-
am die nationale Verantwortung für Wissenschaft und
orschung. Das erwarten die Menschen zu Recht. Sie
ingegen zerstören diesen Prozess. Wenn Sie das Gegen-
eil behaupten, wollen Sie davon ablenken.
Ich bedanke mich.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie der Abg. Ulrike Flach [FDP])



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516011000

Damit ist die Aktuelle Stunde beendet.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 5 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Verkehr, Bau- und
Wohnungswesen (14. Ausschuss)

– zu dem Antrag der Abgeordneten Hans-Günter
Bruckmann, Ludwig Stiegler, Sören Bartol,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
SPD sowie der Abgeordneten Winfried
Hermann, Albert Schmidt (Ingolstadt), Volker
Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der
Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Luftverkehrsstandort Deutschland – Koor-
dination und Kooperation verbessern –
Nachhaltigen Luftverkehr für die Zukunft
sichern

– zu dem Antrag der Abgeordneten Dirk Fischer

(Hamburg), Eduard Oswald, Dr. Klaus W.







(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer

Lippold (Offenbach), weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der CDU/CSU
Luftverkehrsstandort Deutschland sichern

– zu dem Antrag der Abgeordneten Horst
Friedrich (Bayreuth), Dr. Karl Addicks, Daniel
Bahr (Münster), weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der FDP
Flughafenkonzept für Deutschland

– Drucksachen 15/4518, 15/3312, 15/4517,
15/4876 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Hans-Günter Bruckmann
Norbert Königshofen

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Wider-
spruch höre ich nicht. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat zunächst
der Abgeordnete Hans-Günter Bruckmann.


Hans-Günter Bruckmann (SPD):
Rede ID: ID1516011100

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Beratun-
gen, die wir in den Ausschüssen des Deutschen Bundes-
tags zum Luftverkehrsstandort Deutschland durchge-
führt haben, zeigten erstens eindeutig, dass die
Fraktionen die nachhaltige Weiterentwicklung des Luft-
verkehrsstandortes Deutschland im Grundsatz wollen.
Allerdings haben sich unsere Auffassungen zu bestimm-
ten Fragen in Nuancen sehr deutlich unterschieden.

Zweitens zeigten die Beratungen, dass der nationale
und der internationale Luftverkehr seinen Beitrag zur
wirtschaftlichen Entwicklung unseres Landes und zur
Verbesserung der Mobilität leistet.

Drittens zeigten sie, dass die Luftfahrtindustrie in
Deutschland und Europa gut aufgestellt ist.

Fakt ist: Die Bundesregierung hat mit ihren Entschei-
dungen zur Förderung der zivilen Luftfahrt die Weichen
für die Zukunft richtig gestellt. Das Beispiel Airbus mit
dem Roll-out des A380 in Toulouse im Januar und die
strategische Entscheidung, die Entwicklung des A350
mit Darlehen zu fördern, waren richtig und notwendig.
Wenn man sich ansieht, wie sich der Markt für neue
Flugzeuge in den nächsten 20 Jahren entwickelt, wird
man feststellen können, dass es um ein Volumen von
1 300 Milliarden US-Dollar geht.

Die europäische und auch die deutsche Luftfahrtin-
dustrie haben sich in der Vergangenheit einen großen
Anteil an der Wertschöpfung in dieser Wachstumsbran-
che gesichert. Das wird auch in Zukunft so sein. Mit der
Airbus-Industrie hat Europa die USA im zivilen Bereich
zum ersten Mal bei der Anzahl neu ausgelieferter Flug-
zeuge geschlagen. Gleichzeitig haben sich die deutsche
und europäische Luftfahrtindustrie mit ihrer Modellpa-
lette gut aufgestellt. Wenn man die Prognosen ernst
nimmt – wir wissen ja: Planung ersetzt den Irrtum durch
den Zufall, und gute Planer wie wir überlassen nichts

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(C (D em Zufall –, haben wir in der nächsten Zeit eine erdoppelung des Weltluftverkehrs zu erwarten; man eht davon aus, dass es im Jahr 2020 so weit sein wird. Die vier größten europäischen Volkswirtschaften hat en im Jahr 2001 ein Passagieraufkommen von 520 Milionen Fluggästen. Wir erwarten für 2020 ein Volumen on über 1 Milliarde Fluggästen. Dabei stehen die euroäischen Metropolen mit ihren Hubs in London, Paris nd Amsterdam im Wettbewerb zu den deutschen Flugäfen, unseren Hubs in Frankfurt und München wie auch nseren sonstigen internationalen Flughäfen. Da kann an sagen, dass die Weiterentwicklung von großer, ja on nationaler Bedeutung ist. Auf der anderen Seite müssen wir eins erkennen: Wir üssen das eine tun, ohne das andere zu lassen. Was eine ich damit? Wir müssen nicht nur ökonomische, ondern auch ökologische Interessen berücksichtigen nd die Bürger bei unseren Planungen mitnehmen. Bei en Beratungen der Fraktionen in den Ausschüssen hat ich gezeigt, dass wir uns im Ansatz der Instrumente unerscheiden. Einig sind wir uns, dass wir die Bedingunen für den Luftverkehrsstandort Deutschland zu optiieren haben, damit er weiter international ettbewerbsfähig ist. Was wir dabei aber nicht vergesen dürfen: Auch der Luftverkehr muss sich nicht nur en Wünschen der Kunden nach Sicherheit, Pünktlicheit, Passagierkomfort und Wirtschaftlichkeit anpassen, ondern er muss selbstverständlich auch dem Gesichtsunkt eines modernen Umweltschutzes und den Kriteien der Nachhaltigkeit gerecht werden. Wir werden das Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm ovellieren, wie es unser Bundeskanzler im letzten Jahr uf dem Luftverkehrskongress gesagt hat. Zwar haben ie deutschen Verkehrsflughäfen bis zum Ende des ahres 2002 insgesamt rund 550 Millionen Euro ausgeeben – 420 Millionen Euro mehr, als nach dem Flugärmgesetz des Jahres 1971 notwendig waren –, aber rotz dieser anerkennenswerten Leistungen der Luftahrtindustrie und der Flughäfen zur Reduzierung des luglärms wird ein Teil der erreichten Verbesserungen adurch zunichte gemacht, dass wir mehr Flugbewegunen im deutschen Luftraum zu verzeichnen haben. Wir müssen also den Schutz der Menschen vor der elastung durch Fluglärm deutlich verbessern, den Bereibern der Flughäfen aber zugleich Planungssicherheit eben. Wir erwarten, dass wir Mitte dieses Jahres einen wischen den Ressorts abgestimmten Gesetzentwurf im arlament beraten können. Dann werden wir entscheien, wie das neue Fluglärmgesetz aussehen wird. Wir werden uns auch dafür einsetzen, die EU-Richt inien zu Betriebsbeschränkungen und Umgebungslärm n nationales Recht zu überführen. Dabei ist es ganz ichtig, dass wir bei der Forschungsförderung die Enticklung lärmarmer, umweltund klimafreundlicher lugzeuge und alternativer Treibstoffe stärker berückichtigen. Die Erfolge der Triebwerksindustrie in der ergangenheit zeigen ganz eindeutig einen Weg auf, der ür die Zukunft weitergegangen werden muss. Wir ollen den Treibstoffverbrauch und damit auch den O2-Ausstoß um weitere 50 Prozent reduzieren und wir Hans-Günter Bruckmann wollen den Ausstoß von Stickoxiden um 80 Prozent reduzieren. Wir wollen den Lärmpegel beim subjektiven Höreindruck um weitere 50 Prozent senken. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)





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(B) )


Jetzt zeigt sich, dass weitere Erfolge im Umwelt-
schutz durch die Luftfahrtforschung möglich sind.
Weitere Optimierungen im Triebwerksbau, Zellen-
design und Flightmanagement sind erfüllbare Herausfor-
derungen, durch die auch der Luftverkehr einen Beitrag
zum Klimaschutz leisten soll.

Die Generalversammlung der ICAO lässt die Vorrei-
terrolle der EU beim Klimaschutz weiter zu. Die verab-
schiedete Umweltresolution zeigt, dass die EU eine
Richtlinie über die Besteuerung von Kerosin bzw. eine
streckenbezogene Emissionsabgabe innerhalb der EU
vorbereiten und verabschieden kann. Eine solche Richt-
linie kann aber erst nach der Vollversammlung der ICAO
im Jahre 2007 zum Tragen kommen.


(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Norbert Lammert)

Als positiv empfinde ich auch die Aussagen der Luft-

verkehrswirtschaft, die den Vorstoß der britischen Regie-
rung unterstützen wollen, wonach der Luftverkehr in den
europäischen Emissionshandel aufgenommen werden
soll. Ich meine, wenn die Luftverkehrswirtschaft dies
selbst sagt, dann ist das ein Beitrag von nationaler und
internationaler Bedeutung.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Vor einem Jahr habe ich noch nicht erwartet, dass dieser
Weg, der dort aufgezeigt wird, möglich ist. Das zeigt
aber, dass im Dialog eine Weiterentwicklung von Posi-
tionen möglich ist.

Auf der anderen Seite müssen wir auch darüber nach-
denken, wie wir die Koordination und Kooperation ver-
bessern können. Es kann doch nicht sein, dass derzeit öf-
fentliche Mittel in Regionalflughäfen investiert werden,


(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Rausgeschmissenes Geld!)


die auf Dauer offensichtlich wirtschaftlich nicht tragfä-
hig sind.


(Beifall des Abg. Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Man muss nur die Tagespresse aufmerksam verfolgen,
um zu sehen, dass manche der dort ansässigen Billigflie-
ger in ihrer Flugplangestaltung nicht gerade stetig sind.
Von Stetigkeit kann schon gar keine Rede sein, wenn das
Unternehmen so schnell wieder vom Markt verschwin-
det, wie es dort aufgetreten ist, sich also sozusagen in
Luft auflöst. Jüngste Beispiele sind die Insolvenzen der
Billigflieger V-Bird und Air Polonia Ende letzten Jahres.
Nach dem Charleroi-Urteil des letzten Jahres muss man
davon ausgehen, dass es bei den Beihilfen eine Verände-
rung geben wird. Sie wissen, dass sie in der Höhe und
zeitlich begrenzt sein müssen. Es ist der richtige Weg,

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(C (D enn das dann in europäisches und nationales Recht umesetzt wird. Wir unterstützen die Initiative Luftverkehr und die undesregierung bei der Bearbeitung eines abgestimmen Masterplanes für eine bundesweit effiziente Flughaenplanung. Wir wollen eine bessere Koordination und ooperation sowie eine engere Verknüpfung mit dem esamten Infrastrukturnetz des Bundes. Deshalb sollte eprüft werden, ob und inwieweit eine Verlagerung der lanungskompetenz zugunsten des Bundes möglich ist nd ob nicht eine Bündelung von Kompetenzen und nsprechpartnern an einer zentralen Stelle die Position es Luftverkehrsstandortes Deutschland nachhaltig stären würde. Ich sage auch: Eine europäische Abstimmung und oordination ist ein Gebot der Stunde. Unstreitig ist, ass wir eine Harmonisierung der europäischen Rahenbedingungen brauchen, dass wir gleiche Standards m Bereich der Luftsicherheit zu organisieren haben und ass wir dabei Technologien einsetzen müssen, die geenseitig anerkannt werden und zukunftsfähig sind. Ich sehe gerade auf meiner Uhr, dass ich langsam um Schluss kommen muss. (Dirk Fischer [Hamburg] [CDU/CSU]: Das ist nicht deine Uhr! – Eduard Oswald [CDU/ CSU]: Sie gehört immer noch dem Bundestag!)


ir unterstützen die Bundesregierung und die Initiative
er Luftverkehrswirtschaft. Wir wollen, dass sich der
uftverkehrsstandort Deutschland nachhaltig und wett-
ewerbsfähig weiterentwickeln kann. Es muss aber auch
ehr deutlich sein, dass Ökonomie auf der einen und
kologie auf der anderen Seite zwei Seiten der gleichen
edaille sind.
Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr gute Rede!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1516011200

Nächster Redner ist der Kollege Norbert
önigshofen, CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Norbert Königshofen (CDU):
Rede ID: ID1516011300

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe
olleginnen und Kollegen! Zum dritten Mal innerhalb
urzer Zeit diskutiert der Deutsche Bundestag über den
uftverkehrsstandort Deutschland. Das zeigt, wie wich-
ig das Thema ist.
Der Luftverkehr wird für die moderne Volkswirt-

chaft in der Tat ein immer wichtigeres Segment – das
ilt für Deutschland, für Europa, ja, für die ganze Welt.
r wächst doppelt so schnell wie die Weltwirtschaft. Die
achstumsraten im Passagierverkehr liegen bei 5 Pro-
ent und bei der Luftfracht sogar bei 7 Prozent. Der






(A) )



(B) )


Norbert Königshofen

Luftverkehr hat pro Jahr rund 1,7 Milliarden Flug-
gäste. In Deutschland sind es 140 Millionen, die auf
rund 2 Millionen Flügen befördert werden. Rund
750 000 Arbeitsplätze hängen direkt oder indirekt vom
Luftverkehr ab; Tendenz weiter steigend. Hinzu kom-
men noch die Arbeitsplätze in der Tourismusbranche.
Deshalb wiederhole ich, was ich in der ersten Debatte
am 23. September vergangenen Jahres an dieser Stelle
gesagt habe: Die Luftfahrtbranche ist heute eine der we-
nigen Jobmaschinen in Deutschland. Dabei gilt folgende
Faustformel: 1 Million zusätzliche Fluggäste schaffen
rund 1 000 und 100 000 Tonnen zusätzliche Fracht rund
2 600 neue Jobs.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP])


Die positive Wirkung der Luftverkehrswirtschaft auf
Wachstum, Wohlstand und Beschäftigung ist also unbe-
stritten. Darüber sind wir uns über die Fraktionsgrenzen
hinweg einig. Wir bemühen uns seit Jahren gemeinsam,
den Luftverkehrsstandort Deutschland nach vorne zu
bringen. Mein Vorredner, der Kollege Bruckmann, hat
das gerade ebenfalls betont.


(Siegfried Scheffler [SPD]: Ja, das war auch eine sehr gute Rede!)


Auch die Anträge, die heute vorliegen, dienen diesem
Ziel. Sie kennzeichnet deshalb ein hohes Maß an grund-
sätzlicher Übereinstimmung. Aber wie so häufig steckt
der Teufel im Detail.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Nein, in Baden-Württemberg!)


Im Unterschied zu den Anträgen der anderen Fraktio-
nen bekennt sich der Antrag der CDU/CSU-Fraktion
zum Ausbau des internationalen Drehkreuzes Frank-
furt.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir wissen, dass dieser Ausbau in der Region umstritten
ist. Daher wollen wir hier Flagge zeigen. Es reicht nicht,
wenn Sprecher der Regierungsfraktionen wie bei den
letzten Debatten feststellen, dass eine Stärkung der
Drehkreuze Frankfurt und München eine Aufgabe von
nationaler Bedeutung sei. Auch der Hinweis auf den zu-
nehmenden Konkurrenzkampf mit Flughäfen in anderen
europäischen Metropolen wie London, Paris und Ams-
terdam ist wichtig und richtig. Aber man muss konkret
sagen, wie man Frankfurt und München unterstützen
will. In Frankfurt brauchen wir zum Beispiel den Bau
der neuen Landebahn und der neuen Wartungshalle für
den A380.

Wir wollen – das steht auch so in unserem Antrag –,
dass der gesamte Deutsche Bundestag durch ein klares
Bekenntnis zum Ausbau des Frankfurter Flughafens ein
Signal setzt. Die Basis unserer Parteien und die Bürger
im Frankfurter Raum sollen wissen: Wir im Deutschen
Bundestag sind dafür. Wenn ich „wir“ sage, hoffe ich,
dass das alle einschließt: CDU/CSU, FDP, SPD und
Grüne. Das muss die Botschaft des heutigen Tages sein.


(Beifall bei der CDU/CSU)


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(C (D Ein weiterer Punkt, bei dem man über Details sprehen muss, ist die Kerosinsteuer. Wir, die CDU/CSUraktion, haben uns immer gegen einen deutschen Aleingang ausgesprochen, wie ihn noch vor wenigen Wohen der Kollege Loske von den Grünen gefordert hat. un geht es um eine europäische Initiative des deutchen Finanzministers Eichel. Er will die Kerosinsteuer inführen, um die nationalen Haushalte zu entlasten. Sie oll auch, so lesen wir, zur Finanzierung der Entwickungshilfe herangezogen werden. Darüber hinaus hofft Finanzminister Eichel, die Bil igflieger zu treffen. Ob man die Billigflieger mit einer rhöhung der Kerosinsteuer wirklich trifft, bezweifle ch; denn diese Steuer fällt ja bei allen Fluglinien an, icht nur bei den Low-Cost-Carriern. Man muss sich naürlich fragen: Warum sind die Billigflieger so günstig? inerseits liegt das sicherlich an ihrer unbestrittenen konomischen Effizienz. Andererseits – das hat auch der ollege Bruckmann angesprochen – werden sie häufig on interessierten und meist kleineren Flughäfen mit ubventionen, also Steuergeldern, angelockt. Das vererrt den Wettbewerb und muss ein rasches Ende finden. evor man sich über eine Kerosinsteuer Gedanken acht, um die Billigflieger zu treffen, sollte man hier en Hebel ansetzen. Man sollte verhindern, dass öffentiches Geld fließt, wo es wenig Sinn macht. Nun müssen wir ein Weiteres bedenken. Die Kerosin teuer auf EU-Ebene einzuführen heißt ja nicht, dass sie berall in Europa erhoben wird. Es wird auch danach lughäfen in Europa geben, wo die Steuer nicht erhoben ird. Als Beispiel nenne ich nur den Flughafen Zürichloten. Darüber hinaus zeigt der Widerstand Großbrianniens, dass man den Wettbewerb im Luftverkehr lobal sehen muss. Europa ist kein abgeschotteter Markt, uf dem man sich ohne Konsequenzen seine eigenen ettbewerbsbedingungen schaffen kann. Wir stehen in inem knallharten weltweiten Wettbewerb, den wir jeden ag neu bestehen müssen. Länder wie Großbritannien, Griechenland und Spa ien wissen das und lehnen daher die Kerosinsteuer ab. a in solchen Fragen in der EU das Einstimmigkeitsrinzip gilt, wird die Kerosinsteuer vorerst auch nicht ommen. So wurde dann auch, wie das in Europa üblich st, zunächst die Europäische Kommission beauftragt, ine Studie über die Folgen der Kerosinsteuer erstellen u lassen. Es wird also noch einige Zeit dauern, bis das rste Geld in Eichels Kasse kommt. Ich glaube, dass es ei diesem Vorstoß nur um ein Beruhigungsmanöver für ie Grünen und die extremen Linken in der SPD geht. ie sollen beruhigt werden, damit man weiter seine Poliik machen kann. (Eduard Oswald [CDU/CSU]: Mal die Hand hoch, wer da gemeint ist!)


Nun komme ich zum dritten Streitpunkt, zur Novelle
um Fluglärmgesetz. Längst ist die Rechtsprechung der
eutschen Gerichte über die nach wie vor geltende Rege-
ung von 1971 hinweggegangen.


(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das stimmt!)







(A) )



(B) )


Norbert Königshofen

Die damals festgelegten Grenzwerte werden dem verän-
derten Verkehrsaufkommen und dem gestiegenen Lärm-
bewusstsein der Menschen nicht mehr gerecht.


(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Stimmt auch!)


Deswegen wollen wir, dass dieses veraltete Gesetz auf
der Grundlage eines fairen Ausgleichs zwischen Öko-
nomie und Ökologie endlich novelliert wird.


(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das wollen wir auch!)


– Ja, Sie wollen das auch. Seit 1998 haben Sie dazu fast
wöchentlich Ihren Willen bekundet, aber gehandelt ha-
ben Sie seit der Zeit nicht.


(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Sie haben vor 1998 Ihren Willen bekundet!)


Seit 1998 haben Sie dazu nichts gesagt.

(Siegfried Scheffler [SPD]: So ein Quatsch!)


– Das ist gar kein Quatsch, Herr Scheffler. Das Kabinett
kann sich vielmehr seit fast sieben Jahren nicht auf einen
gemeinsamen Entwurf einigen. Das ist die Wahrheit.


(Beifall bei der CDU/CSU – Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie hatten 16 Jahre lang Zeit!)


Jetzt geistert wieder ein Vorschlag durch die Gegend, der
die einseitige und ideologische Handschrift des Herrn
Trittin trägt.


(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: So ein Quatsch!)


– Genauso ist das.

(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Nein, unglaublicher Quatsch!)


Der eigene Verkehrsminister und der eigene Wirtschafts-
minister stimmen dem noch nicht einmal zu. Es gibt kein
abgestimmtes Konzept. Trittins Vorschlag geistert durch
die Welt, aber es passiert letzten Endes nichts. Ich will
Ihnen offen sagen: Wir werden diesem Entwurf von
Trittin nicht zustimmen; denn da ist von einem fairen
Ausgleich zwischen Ökonomie und Ökologie nicht die
Rede.


(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es geht um die Gesundheit!)


Dann könnten Sie sehr wahrscheinlich den Luftverkehr
in Deutschland dichtmachen und an jede weitere Erwei-
terung brauchte man nicht mehr zu denken.

Mit unserem Antrag wollen wir den Luftverkehrs-
standort Deutschland sichern und ausbauen. Nur so kann
unsere Luftverkehrswirtschaft ihre Rolle als Wohl-
stands- und Jobmaschine weiterhin wahrnehmen. Daher
bitte ich Sie: Springen Sie mal über Ihren Schatten!
Stimmen Sie unserem Antrag zu, damit hier heute ein or-
dentlicher Antrag verabschiedet wird!


(Beifall bei der CDU/CSU)


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(C (D Ich erteile dem Kollegen Winfried Hermann, Bünd is 90/Die Grünen, das Wort. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sind it dieser Debatte in der vierten Runde. Alle sind kunig und wir können ein Stück weit ein Resümee ziehen: as sind die wichtigen Punkte unserer Debatte, wo gibt s Gemeinsamkeiten und wo gibt es deutliche Unterchiede? Ich glaube, es wird schon aus den Anträgen und auch us den Debatten deutlich: Alle – ich sage bewusst: alle – etonen die Wichtigkeit des Flugverkehrs für Arbeitslätze, für die Wirtschaft, den Tourismus und die Gesellchaft insgesamt. (Eduard Oswald [CDU/CSU]: Das ist doch schon etwas!)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1516011400
Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516011500

Das ist schon etwas.
Unterschiedliche Auffassungen gibt es aber in der

rage, was dies bedeutet und wie wir hinsichtlich des
tetig zunehmenden Flugverkehrs zu verfahren haben.
ch will an dieser Stelle einige größere Unterschiede an-
prechen.
Alle Anträge beschäftigen sich mit der Frage, wie die

tandorte in Deutschland zu sichern sind und wo Flug-
äfen notwendig sind. Ich habe eine Deutschlandkarte
er Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen
itgebracht, auf der Flughäfen sowie internationale und
ationale Fluglandeplätze verzeichnet sind. Es ist er-
taunlich, wie viele Orte in Deutschland einen Flughafen
aben.


(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Oder haben wollen!)


in Thema, das uns in diesem Zusammenhang beschäfti-
en muss und das uns inzwischen auch vielfach ärgert,
st, dass sich an Orten, an denen es noch keinen zivilen
lughafen gibt, aber an denen ein Militärflughafen ge-
chlossen werden könnte, Kommunalpolitiker für die
utzung des Flughafens als Billigflughafen oder Char-
erflughafen aussprechen.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das ist leider sehr wahr!)


er Kollege Schmidt hat mir gesagt, dass in Bayern
leich mehrere Flughäfen geplant sind.


(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Memmingen und Lagerlechfeld!)


nter dem Gesichtspunkt einer effizienten und bezahl-
aren Infrastruktur halte ich es für absoluten Blödsinn,
berall in der Provinz neue Regionalflughäfen zu bauen.


(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Genau! Das ist herausgeschmissenes Geld!)







(A) )



(B) )


Winfried Hermann

Das kann sich niemand leisten und es ist auch nicht sinn-
voll.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Übrigens sind solche Regionalflughäfen auch keine

Jobmaschinen. Wenn überhaupt, dann können sie nur
dann funktionieren, wenn Kommunal- und Regionalpo-
litiker Subventionsmittel beschaffen und die Billigcar-
rier mit besonders günstigen Angeboten angelockt wer-
den. Das sind, wie ich meine, keine sinnvollen
Maßnahmen. Notwendig ist stattdessen auch im Bereich
der Infrastruktur eine Konzentration der Mittel. Es muss
schließlich nicht in jedem Fall geflogen werden. Das
Flugzeug muss vielmehr mit anderen Verkehrsmitteln
verknüpft werden. Zwischen den Metropolen und den
Flughäfen muss es gute Bahnverbindungen geben. Das
ist aber nicht finanzierbar, wenn es überall Kleinflughä-
fen gibt. Wir können uns das allenfalls für die acht Groß-
flughäfen vorstellen.

Insofern stelle ich zusammenfassend fest – ich glaube,
einige meiner Kollegen teilen diese Auffassung –: Erstens
ist ein Masterplan notwendig, der eine sorgfältige Koor-
dinierung und Systematisierung vorsieht. Ich meine, wir
sind als Bundespolitiker in der Pflicht, darauf hinzuwei-
sen, dass es nicht sinnvoll wäre, wenn jede Region einen
Regionalflughafen hätte.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Zweitens. Flugverkehr produziert viel Fluglärm.
Deswegen wird auch in allen Anträgen ein neues Flug-
lärmgesetz gefordert.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Aber nicht, um Lärm zu vermeiden, sondern um Rechtssicherheit zu schaffen!)


In diesem Zusammenhang muss ich darauf zu sprechen
kommen, Kollege Königshofen, aus welchem Grund wir
uns nicht einigen können. Es sei Ihnen zugestanden, dass
wir uns seit sechs Jahren in der Bundesregierung schwer
tun, einen gemeinsamen Gesetzentwurf zu erarbeiten.
Lange Zeit war die Streitfrage, welche Grenzwerte rich-
tig und mit welchen Kosten die Durchsetzung der
Grenzwerte und die Lärmschutzmaßnahmen verbunden
sind. Unter den Befürwortern des Gesetzes gibt es dann
sofort zwei Meinungen. Einige befürworten das Gesetz
unter der Voraussetzung, dass die Grenzwerte wie auch
die Kosten möglichst niedrig ausfallen. Andere setzen
sich für ambitionierte Grenzwerte ein und nehmen die
damit verbundenen Kosten in Kauf; diese sind ihrer An-
sicht nach von den Flugpassagieren zu tragen.

Sie haben heute ein schönes Beispiel geliefert, Herr
Königshofen. Sie haben zwar allgemein zugestanden,
dass ein entsprechendes Gesetz notwendig ist, aber die
CDU/CSU-Fraktion hat bis zum heutigen Tag kein einzi-
ges Eckpunktepapier vorgelegt, aus dem konkret hervor-
gehen würde, welche Grenzwerte Sie mittragen und wie
hoch die entstehenden Kosten sein dürfen. Ohne solche
konkreten Angaben bleiben Ihre Äußerungen nur wohl-
feile Bekenntnisse.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Norbert d v a w D n s c v A o m z b v n g k s W h d d s K f b E e s d s i z g u K F g g K (C (D Königshofen [CDU/CSU]: Da muss erst einmal die Mehrheit aus dem Busch kommen!)


Inzwischen liegt eine seriöse Berechnung der sich aus
em Trittin-Entwurf ergebenden Grenzwerte und Kosten
or. Lange Zeit wurde das Gesetz damit bekämpft, dass
stronomische Summen genannt wurden. Im Gespräch
aren 1 Milliarde, 2 Milliarden oder sogar 20 Milliarden.
er vorliegenden seriösen Berechnung zufolge ist bei ei-
igermaßen ambitionierten Grenzwerten, die dem ent-
prechen, was deutsche Gerichte in ihrer Rechtspre-
hung längst als sinnvoll beurteilen, mit Kosten in Höhe
on 600 Millionen bis 700 Millionen Euro zu rechnen.
uf zehn Jahre bezogen macht das jährlich 60 Millionen
der 70 Millionen Euro aus, die alle Flughäfen zusam-
en – sicherlich in jeweils unterschiedlicher Höhe –
ahlen müssten. Ich meine, dass das zumutbar ist. Das
rauchen wir; das ist dringend notwendig.


(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: 38 Cent pro Ticket mehr!)


Mein letzter Punkt ist der Klimaschutz, der bereits
on meinen Vorrednern angesprochen wurde. Ich bin
ach wie vor der Überzeugung, dass wir Maßnahmen er-
reifen müssen, wenn wir erkennen, dass der Flugver-
ehr wächst; man rechnet mit Wachstumsraten zwi-
chen 50 und 100 Prozent in den nächsten 20 Jahren.
ir wissen, dass inzwischen schon 9 Prozent der Treib-
ausgase auf den Flugverkehr zurückzuführen sind und
ass der Flugverkehr in circa 25 Jahren wahrscheinlich
er größte klimaschädigende Faktor im Verkehrssektor
ein wird. Dem Flugverkehr müssen daher die externen
osten angerechnet werden. Dafür gibt es zwei Ver-
ahren: Erstens. Wir brauchen dringend eine Kerosin-
esteuerung, und zwar möglichst auf europäischer
bene. Aber wir müssen sie nicht mehr europaweit
inheitlich durchsetzen; denn nach der neuen Energie-
teuerrichtlinie müssen sich nicht mehr alle, sondern nur
ie wichtigsten Länder verständigen. Das muss natürlich
ein; denn in ökonomischer und ökologischer Hinsicht
st es kontraproduktiv, wenn wir es alleine machen. Aber
umindest die Hauptflugverkehrsländer mit den wichti-
en Drehkreuzen sollten zusammen vorangehen. Das ist
nser Vorschlag.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Norbert Königshofen [CDU/CSU]: Sprecht mal mit Tony Blair!)


Zweitens. Langfristig muss der Flugverkehr in das
ioto-Regime einbezogen werden.

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1516011600

Herr Kollege, kommen Sie zum Schluss.

Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516011700

Ich komme zum Schluss. – Von 2012 an muss der

lugverkehr in das internationale Klimaschutz-Regime auf-
enommen werden. Der Flugverkehr darf nicht als einzi-
er Bereich weitermachen wie bisher. Alle müssen zum
limaschutz beitragen, auch der Flugverkehr.
Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)







(A) )



(B) )



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1516011800

Das Wort hat nun der Kollege Horst Friedrich, FDP-

Fraktion.


Horst Friedrich (FDP):
Rede ID: ID1516011900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lie-

ber Kollege Hermann, was Sie zum Schluss gesagt ha-
ben, ist das typische Nebelkerzenwerfen der Grünen.


(Ute Kumpf [SPD]: Jetzt kommt die Retourkutsche der FDP!)


Die Bundesregierung hat auf Anfrage der FDP-Frak-
tion in Person der Kollegin Hendricks deutlich gemacht,
dass sie derzeit gar nicht daran denkt, bilaterale Gesprä-
che aufzunehmen. Also sollten Sie uns nicht vorwerfen,
dass wir keine Vorschläge zu etwas gemacht haben, das
Sie selber noch gar nicht auf den Weg gebracht haben.
Bevor Sie sich öffentlich äußern, sollten Sie erst einmal
klären, was tatsächlich Ziel der Bundesregierung ist.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Genauso verfahren Sie mit den Flughafenkonzepten.

Wir brauchen keinen neuen Masterplan. Es liegt ja
bereits einer der Initiative Luftfahrt vor und er ist von
Ihnen begrüßt worden. Was wir bräuchten, ist die konse-
quente Überarbeitung des von Ihnen vorgelegten Flug-
hafenkonzeptes aus dem Jahre 2000; denn das passt
nicht mehr in die Zeit.


(Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben vom Masterplan gesprochen!)


– Einen Masterplan gibt es ja bereits. Alle Daten liegen
vor.

Warum passt Ihr Flughafenkonzept nicht mehr in die
Zeit? 90 Prozent des kompletten Luftverkehrs in
Deutschland werden an acht Flughäfen abgewickelt. Von
diesen 90 Prozent läuft rund die Hälfte über Frankfurt
und München. Die restlichen 10 Prozent verteilen sich je
nach Sichtweise – es kommt an, ob man alle Verkehrs-
landeplätze mit regelmäßiger Linienbedienung und alles
andere, was da kreucht und fleucht, einbezieht – auf
Kleinigkeiten. Man muss also zuerst in der Planung
Schwerpunkte setzen und Infrastrukturverknüpfungen
vornehmen und kann dann über ein Flughafenkonzept
nachdenken. Das erfordert auch die Überprüfung, wel-
che Flughafenkapazitäten überhaupt noch notwendig
sind. Das würde aber gleichzeitig bedeuten, dass Sie sich
zu vier, fünf oder sechs Startbahnen, die wir an bestehen-
den Flughäfen noch brauchen, positiv äußern müssten.
Das sieht man an Frankfurt.

Lieber Kollege Königshofen, es geht gar nicht darum,
ob man den Ausbau des Flughafens Frankfurt will
oder nicht. Das, was Sie verlangen, fällt nicht in die
Bundeszuständigkeit. Was in diese Zuständigkeit fällt,
ist ein neues Fluglärmgesetz. Das ist notwendig und
sollte endlich eingefordert werden, um Rechtssicherheit
zu schaffen, und zwar für beide Seiten. Es kann doch
nicht sein, dass auf der Grundlage eines Gesetzes von
1971 – mit dem entsprechenden Richterrecht als Konse-
quenz – jede Erweiterung eines Flughafens zu einem

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(C (D ürdenlauf wird, der gigantische Aufwendungen erforert. Frankfurt ist doch ein Beispiel dafür, was Bürokraie in Deutschland alles bewältigen muss. Das kann es och nicht sein, wenn wir der Meinung sind, dass eine rweiterung der Flughafeninfrastruktur für den Standort eutschland wichtig ist. Wenn das die Antwort darauf st, dann haben wir wirklich Probleme in Deutschland. Erschwerend kommt hinzu: Wir werden es auf keinen all schaffen, alle aufgrund der Konversion frei geworenen Militärflughäfen – ob nun von Kanadiern, Franosen, Engländern, Amerikanern oder von der deutschen uftwaffe – als zivile Flughäfen weiterzuführen. Der ollege Schmidt hat hier bereits zwei Beispiele eingeührt. Ich kann andere Beispiele nennen: Wir haben eien von der Infrastruktur her wunderbaren Flughafen in ahr in Baden-Würtemberg, der uns von den Kanadiern bergeben worden ist. Des Weiteren haben wir den Baen-Baden Airport, der hoch subventioniert ist. Außerem haben wir den Flughafen Basel/Mulhouse und wir aben ein Flughäfchen in Straßburg. Obwohl keiner dieer Flughäfen in der Lage ist, auf entsprechende Bearfssituationen konsequent zu reagieren, kostet jeder on ihnen Geld und fühlt sich jeder einzelne dieser Flugäfen benachteiligt, wenn ein anderer etwas hat, was er elbst nicht hat. Die Antwort der Politik müsste doch die Festlegung ein, dass es von der Potenzialanalyse her dieser oder jeer Flughafen sein soll; dieser oder jener erhält eine chienenund Straßenanbindung. Es kann doch nicht ein, dass eine Kommune beschließt, einen Flughafen uszubauen, und den Bund bittet, dort auch eine Autoahnund ICE-Anbindung zu schaffen, und zwar am esten noch mit entsprechenden Subventionen. Das düren wir uns auf Dauer nicht leisten. Das ist kein Konept. Die EU hat ja vorgemacht, wie es sein kann. Chareroi ist schon genannt worden. Es ist klar, dass es bestenfalls noch Ausgleichsmaß ahmen für Fluglinien geben darf, die etwas weniger ntwickelte Flughäfen anfliegen, und zwar in Höhe von 0 bis 50 Prozent und für maximal fünf Jahre; das alles teht im Endeffekt schon in den entsprechenden Richtliien. Danach muss sich das eigenwirtschaftlich rechnen. ei allem anderen, was in dieser Form erkennbar nicht unktioniert, muss man sich Gedanken machen dahin geend, ob es angesichts der vorhandenen Probleme noch inn macht, das auszubauen. Allein die Aussage, Lufterkehr schaffe Arbeitsplätze, die ja im Prinzip nicht alsch ist, löst doch in der Region kein einziges Problem. enn die Nachfrage nicht vorhanden ist und wenn das, as eigentlich positiv sein könnte, nicht zum Tragen geracht werden kann, dann schafft das keine neuen Areitsplätze, sondern kostet Subventionen, Geld, das wir h nicht haben, und hat unter Umständen noch zur Konequenz, dass an anderen Flughäfen Probleme entstehen nd diese anderen Flughäfen darunter leiden. Es gibt einen Ausbaubedarf; das ist völlig klar. Wir rauchen für diesen Ausbau Rechtssicherheit in Form ines neuen Fluglärmgesetzes. Außerdem brauchen wir ine abgestimmte Besteuerung im Bereich der Luftfahrt. Horst Friedrich Es darf also keine nationalen Alleingänge, auch keine bilateralen Abenteuer geben, sondern das muss in abgestimmter Form europaweit mit dem Ziel gemacht werden, das dann auch weltweit umzusetzen. Alles andere wäre tödlich. Dies alles steht in unserem Antrag und deshalb bitte ich Sie um Ihre Zustimmung. Danke sehr. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP)





(A) )


(B) )



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1516012000

Für die Bundesregierung erhält die Parlamentarische

Staatssekretärin Iris Gleicke das Wort.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


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Iris Gleicke (SPD):
Rede ID: ID1516012100


Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Deutschland war auch im Jahre 2004 Exportweltmeister.
Dieser Titel ist nicht zuletzt der Verkehrswirtschaft zu
verdanken, die es ja erst ermöglicht, dass Waren expor-
tiert werden.

Dabei spielt das Flugzeug als Verkehrsmittel eine be-
achtliche Rolle, was den Wert der Exporte angeht. Die
per Flugzeug exportierten Warenmengen und -werte
steigen kontinuierlich. Auch die Entwicklung der Passa-
gierzahlen bei den Airlines ist dynamisch. Nach den Kri-
sen der vergangenen Jahre wurden im Jahre 2004 wieder
mehr Passagiere befördert, als das im Jahre 2000 der Fall
war.

Dieses Wachstum bringt auch mehr Arbeitsplätze
rund um die Flughäfen mit sich. Man spricht in diesem
Zusammenhang gern, wie auch in der heutigen Debatte
wieder, von der Jobmaschine. Es ist keine Frage: Die
Bedeutung der Luftverkehrswirtschaft für den Wirt-
schaftsstandort Deutschland ist groß. Wir müssen dafür
sorgen, dass es weiterhin gut vorangeht. Ich bedanke
mich für die große Einigkeit hier im Hause in dieser
Frage.

Deutschland liegt in der Mitte Europas und der erwei-
terten EU und ist als zentrale Drehscheibe für den inter-
nationalen Luftverkehr in einer guten Ausgangsposition.
Aber auch unsere Nachbarn verfügen über moderne
Flughäfen. Wir stehen im Wettbewerb und stellen uns
diesem europäischen und internationalen Wettbewerb.

Der Antrag der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/
Die Grünen ist da äußerst hilfreich; denn damit wird das
Ziel verfolgt, die Rahmenbedindungen für den Luftver-
kehrsstandort Deutschland und seine Wettbewerbsfähig-
keit weiter zu verbessern. Es ist schade, dass sich die
Opposition diesem Antrag nicht anschließen mochte;
schließlich enthalten die nun vorliegenden Anträge eine
Vielzahl von Gemeinsamkeiten. Aber auch dann, wenn
sich die Opposition im Moment noch verweigert, ent-
steht kein Schaden; denn der Antrag der Koalitionsfrak-
tionen ist ausgewogen und umfassend. Besonders wich-
tig ist, dass hier nicht einzelne Flughäfen bevorzugt

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(C (D ehandelt werden. Das wäre auch ganz falsch; denn es ilt, den Gesamtstandort mit seiner flächendeckenden lughafeninfrastruktur zu erhalten und wettbewerbsfäig zu gestalten. In diesem Sinne wird die Bundesregierung unter an erem aufgefordert, die Verlagerung von Planungskometenzen zugunsten des Bundes zu überprüfen, um dem und eine stärker koordinierende Rolle im Interesse der esamtstandortpolitik zuzuweisen. Durch die Novellieung des Fluglärmgesetzes sollen auch die Belastungen urch Fluglärm deutlich verringert und den Betreibern lanungssicherheit verschafft werden. Einige der geforderten Maßnahmen sind bereits ein eleitet. Dazu zählen die Bewertung eines von der Inustrie vorgelegten Masterplans für die Entwicklung der lughafeninfrastruktur, die Novellierung des Fluglärmesetzes und die Umsetzung der EG-Richtlinie zu lärmedingten Betriebsbeschränkungen. Wir treten konsequent für einen starken Luftverkehrs tandort Deutschland ein. Die Bundesregierung arbeitet ktiv in der Initiative „Luftverkehr für Deutschland“ it, die von Vertretern der Luftverkehrswirtschaft getartet wurde und die von unserem Bundesminister r. Manfred Stolpe moderiert wird. (Hans-Günter Bruckmann [SPD]: Macht er gut!)


Eines ist mir ganz besonders wichtig: Mit dem Antrag
er Koalitionsfraktionen wird ausgehend von der
achstumsprognose für eine höhere Akzeptanz des
uftverkehrs plädiert. Auch deshalb ist es gut, dass die
ovellierung des Fluglärmgesetzes auf dem Weg ist. Ich
in zuversichtlich, dass ein fairer und guter Ausgleich
wischen den berechtigten Interessen der Bürgerinnen
nd Bürger und den berechtigten Interessen der Luftver-
ehrswirtschaft gefunden wird.
Aber auch in der Forschung – der Kollege
ruckmann hat es schon angesprochen – muss weiter an
ärmarmen und umweltfreundlichen Flugzeugen gear-
eitet werden. Es ist deshalb sinnvoll, alternative Treib-
toffe bei der Forschung stärker zu berücksichtigen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die Bundesregierung erhält mit dem Antrag von SPD
nd Bündnis 90/Die Grünen einen zukunftsorientierten
egweiser und das ist auch gut so. Ich bedanke mich an
ieser Stelle ausdrücklich.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ie alle Mobilitätsbereiche ist auch der Luftverkehr auf
ine hohe gesellschaftliche Akzeptanz zwingend ange-
iesen. Diese Akzeptanz gilt es zu bewahren und auszu-
auen. Das liegt in unser aller Interesse. Dieser Aufgabe
aben wir uns gemeinsam zu widmen.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1516012200

Zum Schluss dieses Tagesordnungspunktes hat der

Kollege Wilhelm Josef Sebastian, CDU/CSU-Fraktion,
das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Wilhelm Josef Sebastian (CDU):
Rede ID: ID1516012300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!

In allen Wortbeiträgen, also fraktionsübergreifend, ist
deutlich geworden, welche Bedeutung der Luftverkehrs-
standort Deutschland hat. Es ist aber höchste Zeit, dass
wir unser Augenmerk auf die Förderung des Luftver-
kehrs richten und dass wir dafür ein positives Klima
schaffen; denn der Luftverkehr nimmt – ich sage das mit
Blick auf die wirtschaftliche Situation in Deutschland –
eine immer wichtigere Position ein.

In der heutigen Zeit muss man froh sein, dass es noch
eine Branche gibt, die deutliche Wachstumsraten auf-
weist und vor allem zahlreiche Arbeitsplätze bereit-
stellt, ja, die Chance bietet, zusätzliche Arbeitsplätze zu
schaffen. Ich sage dies auch als Mitglied des Tourismus-
ausschusses; denn dieser Aspekt ist mir in der ganzen
Diskussion der letzten Monate etwas zu kurz gekom-
men.

Nur mit leistungsfähigen Flughäfen in Deutschland
und mit begleitender Infrastruktur bewältigen wir die
Aufgabe, das Reiseziel Deutschland für Menschen, die
nicht direkt aus Nachbarländern kommen, attraktiv zu
machen und den Menschen in Deutschland die Chance
zu geben, Reiseziele im Ausland zu vertretbaren Kondi-
tionen zu erreichen. Es ist eine staatliche Aufgabe, hier-
für die Rahmenbedingungen zu setzen. Ich bewerte es
positiv, dass dies jetzt fraktionsübergreifend erkannt
wurde.

Die Voraussetzungen für die Mobilität von Menschen
zu schaffen ist eine der vordringlichsten Aufgaben. In ei-
ner globalisierten Welt sind wir nicht nur auf moderne
Kommunikationstechniken, sondern auch maßgeblich
auf leistungsfähige Flugverkehrsnetze angewiesen.
Globalisierung ist das Stichwort, das uns auch im Hin-
blick auf die Stellung Deutschlands im internationalen
Luftverkehr bewegen sollte. Wer will ernsthaft bezwei-
feln, dass nur eine leistungsfähige Flughafenstruktur in
Deutschland den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit mit
anderen Staaten bewirken kann? Die naturgegebene geo-
graphische Lage im Herzen Europas sollte uns ermun-
tern, im Passagier- und Güterverkehr eine zentrale Be-
deutung zu erlangen. Für die Ansiedlung internationaler
Unternehmen in Deutschland ist ein wettbewerbsfähiges
Flughafennetz von entscheidender Bedeutung.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir alle sind uns sicherlich darüber einig, dass in ei-

nem koordinierten Vorgehen ein wichtiger Schlüssel für
den Erfolg der Bemühungen liegt. Dies bedeutet, dass
sich Bund und Länder in ihren Planungen hinsichtlich
der Flughafeninfrastruktur austauschen und abstimmen.
Es darf aber nicht so sein, dass durch bundesweite Vor-
gaben die Entwicklung neuer regionaler Standorte für
den Flugverkehr grundsätzlich unmöglich wird; denn

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(C (D uch die regionalen Flughäfen, denke ich, haben in unerem Land eine hohe Bedeutung. Im Zuge der allgemeinen Harmonisierungsbemühun en dürfen neue Regelungen und Belastungen mit Rückicht auf die Wahrung der Wettbewerbsgleichheit nicht n einem nationalen Alleingang vorgenommen werden. er Ruf nach mehr Steuern und Belastungen als der eisheit letzter Schluss ist im Übrigen völlig falsch. ine immer wieder geforderte Besteuerung von Kerosin st daher für uns kein Thema. Ebenso wie die Ökosteuer, ie wir als umweltpolitisch weitgehend wirkungslos ereben, ird eine solche Besteuerung nur zu einer Verteuerung, ber nie zu einer Verbesserung führen. Wir von der Union vertrauen auf die Kräfte der arktwirtschaft und für uns ist es besonders wichtig, im inne von Wirtschaftlichkeit, Energieverbrauch, Immisionsund Lärmschutz die technische Entwicklung eiter zu fördern. Eine ökonomische Grundwahrheit ist, ass nur technischer Fortschritt nachhaltiges Wachstum egründen kann. Wer die „FAZ“ vom 22. Februar geleen hat, konnte dort unter der Überschrift – ich zitiere – Der Fluglärm kann noch einmal halbiert werden“ inteessante technische Ansätze nachvollziehen. Interessant ist, im Antrag von SPD und Grünen zu le en, dass die Bündelung von Kompetenzen und Anprechpartnern an einer Stelle offenbar als wirksamer chritt zur Förderung des Luftverkehrsstandortes geseen wird. Aber wie üblich bleibt es nebulös: Es sei zu rüfen, ob und inwieweit so etwas geschehen kann. (Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil das eine Verfassungsfrage ist!)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Uwe Beckmeyer [SPD]: Na, na, na!)


urch die luftverkehrsübergreifende Bündelung von
ompetenzen und Know-how werden Experten aus
irtschaft, Forschung und öffentlicher Hand gemeinsam
ukunftsfähige Strategien für den Luftverkehrsstandort
eutschland entwickeln.
Der Antrag von Rot-Grün weist aber durchaus in die

ichtige Richtung und greift viele Punkte des Antrags der
DU/CSU-Bundestagsfraktion auf. An einer maßgebli-
hen Stelle weist er jedoch erneut einen erheblichen
ang zur Hasenfüßigkeit aus. Man traut sich regierungs-
eitig nicht, sich klar und eindeutig für den Ausbau des
lughafens Frankfurt auszusprechen.


(Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist auch nicht unsere Aufgabe!)


as ist der Grund dafür, dass wir bei aller Übereinstim-
ung in Einzelpunkten Ihrem Antrag heute nicht zu-
timmen können.
Symptomatisch für die Politik aus Halbheiten und fau-
n Kompromissen ist vor allem das Thema Fluglärm; es
at in der Debatte hier schon breiten Raum eingenom-
en. Leider muss man an dieser Stelle darauf hinweisen
das ist auch schon geschehen –, dass im rot-grünen Ge-
etzgebungsverfahren eine ganze Menge Sand im Ge-
riebe ist. Nachdem bereits Ende 2003 viele SPD-Bun-






(A) )



(B) )


Wilhelm Josef Sebastian

destagsabgeordnete in ihren von Fluglärm betroffenen
Wahlkreisen aus vordergründigen Motiven vollmundig
die kurzfristige Vorlage eines Gesetzentwurfs ankündig-
ten, warten wir heute, Anfang 2005, immer noch darauf.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Ruchbar wurde dann aber im letzten Jahr ein Referen-

tenentwurf aus dem Hause Trittin, der offenbar das Pa-
pier nicht wert war, auf dem er geschrieben stand.


(Siegfried Scheffler [SPD]: Das kann man so nicht sagen!)


Die Anhörung von Verbänden im letzten September hat
offenbar einen solchen Verriss zur Folge gehabt, dass der
Entwurf augenscheinlich wieder einkassiert wurde. Wie
anders wäre es zu erklären, dass heute immer noch
nichts auf dem Tisch liegt?


(Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der war nicht scharf genug!)


Auch in der heutigen Debatte ist ja wohl deutlich gewor-
den, welcher Meinungsstreit zwischen Trittin, Stolpe
und Minister Clement in diesen Fragen besteht.

Die Formulierung in Ihrem heute zur Abstimmung
stehenden Antrag zeigt, dass auch Ihnen selbst die Re-
gierung untätig vorkommt. Sie fordern nämlich die Bun-
desregierung auf, endlich einen Gesetzentwurf zur No-
vellierung des Fluglärmgesetzes vorzulegen.


(Hans-Günter Bruckmann [SPD]: Wir sind frei gewählte Abgeordnete!)


Man muss es sich einmal auf der Zunge zergehen lassen:
Die beiden Koalitionsfraktionen fordern ihre eigene Re-
gierung auf, etwas zu tun. Sie dokumentieren damit, dass
sie bisher untätig war.


(Hans-Günter Bruckmann [SPD]: Wir nehmen das Parlament sehr ernst!)


Machen Sie Minister Stolpe und Minister Trittin
Dampf, damit endlich etwas passiert. Alle Betroffenen
haben nämlich ein Recht, zu wissen, welche Richtlinien
zukünftig im Bereich Fluglärm gelten: die von Fluglärm
betroffenen Menschen, die Betreiber von Flughäfen, die
Fluggesellschaften und alle, die dort Arbeit finden. Nicht
wir von der CDU/CSU sind aufgefordert, diese Kriterien
vorzulegen, wie das eben schon einmal gefordert wurde.
Legen Sie einmal Kriterien vor. Wir werden Ihnen dann
sagen, ob wir sie für richtig halten.


(Siegfried Scheffler [SPD]: Ich dachte, ihr folgt uns dann!)


Wir fordern Sie nachdrücklich auf, zu handeln. Sie ha-
ben noch anderthalb Jahre Zeit, um zu handeln.


(Hans-Günter Bruckmann [SPD]: Die Zeit werden wir nutzen, Herr Kollege!)


Danach werden wir Ihnen zeigen, wie man es richtig
macht.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP] – Eduard Oswald [CDU/CSU]: Aber wie!)


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(C (D Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zu den Abstimmungen über die Be chlussempfehlung des Ausschusses für Verkehr, Baund Wohnungswesen auf Drucksache 15/4876. Der Ausschuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner Be chlussempfehlung die Annahme des Antrags der Frakonen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen auf Druckache 15/4518 mit dem Titel „Luftverkehrsstandort eutschland – Koordination und Kooperation verbesern – Nachhaltigen Luftverkehr für die Zukunft sihern“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – er stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – amit ist die Beschlussempfehlung mit Mehrheit angeommen. Unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt er Ausschuss die Ablehnung des Antrags der CDU/ SU-Fraktion auf Drucksache 15/3312 mit dem Titel Luftverkehrsstandort Deutschland sichern“. Wer timmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt agegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Auch diese eschlussempfehlung ist mit Mehrheit angenommen. Unter Nr. 3 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt er Ausschuss die Ablehnung des Antrags der Fraktion er FDP auf Drucksache 15/4517 mit dem Titel „Flughaenkonzept für Deutschland“. (Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Flughafen, nicht Fluchhafen!)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1516012400

Flughafen! Ich bin im Übrigen ziemlich sicher, Herr
ollege, dass mit und ohne Zweifel über die Intonation
as Abstimmungsverhalten ziemlich präzise das gleiche
ein wird.


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


er stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer
timmt dagegen? – Wer enthält sich? – Meine Vermu-
ung war nicht gänzlich falsch: Die Beschlussempfeh-
ung ist mehrheitlich angenommen.
Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 25 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Christian Ruck, Arnold Vaatz, Hermann
Gröhe, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der CDU/CSU
Folgerungen aus der Tsunami-Flutkatastrophe
vom 26. Dezember 2004 – Deutsche Entwick-
lungspolitik stärken und verstetigen
– Drucksache 15/4657 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung (f)

Auswärtiger Ausschuss
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für Tourismus
Haushaltsausschuss






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Norbert Lammert

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die

Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Dazu
höre ich keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlos-
sen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat zunächst
die Kollegin Christa Reichard, CDU/CSU-Fraktion.


Christa Reichard (CDU):
Rede ID: ID1516012500

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die ver-

heerende Flut vom 26. Dezember 2004 gehört zu den
schlimmsten Naturkatastrophen der jüngeren Ge-
schichte. Über zwölf Länder in Süd- und Südostasien so-
wie in Afrika sind betroffen, rund 300 000 Menschen ha-
ben ihr Leben verloren, darunter auch Hunderte
Deutsche.

Der Schock über das Unfassbare, aber auch Mitgefühl
und Anteilnahme mit allen Betroffenen haben Menschen
in aller Welt in unglaublichem Ausmaß aktiviert.

Großes Lob gebührt den nationalen und internationa-
len Hilfsorganisationen, die in kürzester Zeit reagiert
haben, um die Notversorgung der 5 Millionen zumeist
obdachlosen Überlebenden bestmöglich sicherzustellen.

Die Tsunamikatastrophe stellt allein wegen der vielen
betroffenen Länder hinsichtlich Koordination und Logis-
tik eine riesige Herausforderung für das nationale und
internationale Krisenmanagement dar. Die Bundesre-
gierung hat schnell reagiert und deutsche Hilfe richtiger-
weise auf die am schwersten betroffenen Regionen in
Aceh und Sri Lanka konzentriert. Auch der schnelle Ein-
satz der Bundeswehr war eine gute und richtige Ent-
scheidung.


(Beifall im ganzen Hause)

Im Namen der Unionsfraktion richtet sich mein Dank

an alle, die an den Hilfsmaßnahmen beteiligt waren, ob
Ministerialbeamte, Mitarbeiter von Hilfsorganisationen,
Soldaten oder private Helfer. Ebenso danke ich den vie-
len Mitbürgern, die durch ihre Spenden deutlich ge-
macht haben, dass ihnen das Schicksal und das Leid der
Menschen in der Unglücksregion nicht gleichgültig sind.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Die überwältigende internationale Anteilnahme und
Unterstützung für die Flutopfer sowie die Erfahrung,
dass schnelle internationale Hilfe in diesem Umfang
überhaupt möglich ist, werfen auch ein bemerkenswert
positives Licht auf die Globalisierung; dies möchte ich
besonders den Globalisierungskritikern mit auf den Weg
geben. Die deutsche humanitäre Soforthilfe, ob staatlich,
privat oder über Nichtregierungsorganisationen, hat ins-
gesamt gut funktioniert.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Natürlich gibt es auch Verbesserungsvorschläge. Des-
halb appelliere ich, auch die Manöverkritik sehr ernst zu
nehmen, damit wir für mögliche zukünftige Katastro-
phen noch besser gewappnet sind.

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(C (D Die von vielen erwartete zweite Katastrophe in Form on Seuchen und Krankheiten konnte verhindert weren. Doch jetzt erreichen wir die kritische Phase des bergangs von der Nothilfe zum Wiederaufbau. In Zuammenarbeit mit den regional und lokal Verantwortlihen müssen jetzt die richtigen Weichen gestellt werden, m einen wirklich nachhaltigen Wiederaufbau zu erreihen. Das Ausmaß der Zerstörung ist unvorstellbar: Allein der indonesischen Provinz Aceh sind über 1 150 Schun, 6 000 Kilometer Straße und 490 Brücken zerstört. riorität beim Wiederaufbau haben vor allem die Geundheitsversorgung, die Wasserverund -entsorgung, ohnunterkünfte, die materielle und soziale Infrastruk ur und natürlich der Schutz und die Betreuung der vieen betroffenen Kinder. Neben dem unermesslichen Leid der Menschen und en großen materiellen Schäden wird deutlich, dass auch ie Umwelt in der Krisenregion stark in Mitleidenschaft ezogen wurde. Korallenriffe, Mangrovenwälder und ischbestände sind vielerorts ernsthaft bedroht. Zudem at das Salzwasser die natürliche Vegetation und landirtschaftliche Flächen bis zu 3 Kilometer landeinwärts erstört. Eine intakte Umwelt – dazu zähle ich auch die ropenwälder Indonesiens – ist Voraussetzung für die achhaltige Entwicklung der Region. Wir müssen daher ie Appelle der Umweltorganisationen ernst nehmen nd uns dafür einsetzen, dass der Wiederaufbau nicht zu iner Abholzung der für das globale Weltklima so wichgen Tropenwälder führt. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die Unionsfraktion fordert in ihrem Antrag:
Die deutsche Unterstützung muss langfristig, se-
riös, solide finanziert, transparent und maßge-
schneidert konzipiert werden.

ierzu erwarten wir von der Bundesregierung zu gege-
ener Zeit konkrete Aussagen. Noch ist uns nicht klar,
ie die Summe von 500 Millionen Euro finanziert wer-
en und welche Projektschwerpunkte es geben soll.


(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: So ist es!)


Jetzt kommt es darauf an, durch die Koordinierung
it den betroffenen Ländern, anderen Gebern und priva-
n Hilfsorganisationen die bestmögliche und effizien-
ste Verwendung der Mittel sicherzustellen und die
iederaufbauhilfe in ein nachhaltiges entwicklungspoli-
sches Konzept einzubetten. Wenn über 200 Hilfsorga-
isationen an einem Ort arbeiten, kommt es zwangsläu-
ig zu Überlappungen und Doppelstrukturen, die durch
ine verbesserte Koordination vermieden werden soll-
n.
Im Zusammenhang mit der großen Spendenbereit-

chaft der Deutschen teile ich mit Bundespräsident
öhler die Hoffnung, dass die Hilfe für Süd- und Süd-
stasien einen Bedeutungszuwachs der Entwicklungs-
olitik insgesamt mit sich bringt. Wir dürfen auf keinen






(A) )



(B) )


Christa Reichard (Dresden)


Fall zulassen, dass nur die Krisen- und Katastrophenre-
gionen berücksichtigt werden, die besondere mediale
Aufmerksamkeit genießen.

Sehr wichtig erscheint mir auch Folgendes: Sowohl in
Aceh als auch in Sri Lanka toben seit Jahrzehnten anhal-
tende Bürgerkriege. Es besteht die Gefahr, dass durch
diese Bürgerkriege viele der Projekte und Hilfsmaßnah-
men wieder zerstört werden oder nicht ihre volle Wirkung
entfalten können. Daher halte ich die Beilegung der Bür-
gerkriege für die größte Herausforderung und zugleich
wichtigste Voraussetzung für einen wirklich nachhaltigen
Wiederaufbau und begrüße besonders die hoffnungsvol-
len Verhandlungen, die die indonesische Regierung mit
den Rebellen führt und über die uns heute der Botschafter
von Indonesien berichtet hat, sie seien auf einem guten
Wege. Wir wünschen Erfolg bei diesen Verhandlungen,
damit dann auch die Hilfsmaßnahmen zu einem guten
Wiederaufbau führen können.

Ich danke Ihnen.

(Beifall im ganzen Hause)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1516012600

Ich erteile das Wort der Kollegin Karin Kortmann,

SPD-Fraktion.


Karin Kortmann (SPD):
Rede ID: ID1516012700

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Frau Reichard hat darauf hingewiesen: Die
Tsunamikatastrophe hat der Welt vor Augen geführt,
dass wir alle auf einem verwundbaren Planeten leben.
Die Gewalt der Wassermassen, deren Schreckensbilder
uns Weihnachten via Fernsehen in unseren Wohnzim-
mern erreichten und aufschreckten, hat unermessliches
Leid über so viele Menschen und Familien gebracht, wie
wir es uns nie vorstellen konnten. Wir beklagen auch
heute noch die Toten und Verletzten, die Leidenden und
vor allem die Angehörigen der Vermissten, die in ihren
Herzen sicherlich noch immer große Hoffnung haben,
aber auch wissen, dass die Zeit Wunden heilen muss.

Ich möchte deswegen ebenfalls zu Beginn meiner
Rede sehr aufrichtig all jenen danken, die den Wettlauf
mit der Zeit aufgenommen haben und schnell, unbüro-
kratisch, oft auch unter Einsatz und Gefährdung ihres ei-
genen Lebens tatkräftig mit angepackt haben, um Hilfe
zu leisten.


(Beifall im ganzen Hause)

Die große Anteilnahme und auch die Spendenbe-

reitschaft in Deutschland sowie in vielen anderen Län-
dern der Welt sind beispiellos. Sie sind auch heute noch,
zwei Monate nach der Katastrophe, sichtbar. Vielerorts
finden noch immer Sammelaktionen und Benefizveran-
staltungen statt und die Kreativität bei der Vermittlung
von Hilfe ist unbegrenzt.

Sicherlich hat auch die schnelle Hilfe der Bundesre-
gierung mit dazu beigetragen, dass diese Solidaritäts-
welle in Gang gesetzt wurde. Der Bundeskanzler hat mit
seiner Idee der kommunalen Partnerschaften einen
ganz wichtigen Impuls gegeben. Die Globalisierung der

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(C (D olidarität hat damit einen Namen bekommen. Mehr als 000 Schulen, Kommunen und Unternehmen haben ittlerweile ihr Interesse an einer mittelund langfristien Unterstützung bei der „Kommunalen Servicestelle – artnerschaftsinitiative“ des BMZ in Bonn angemeldet, enschen, die wissen, dass, wenn die Soforthilfe beenet ist, die Aufbauarbeit im Sinne eines nachhaltigen ntwicklungsprozesses verlässlich fortgeführt werden uss. Die Meldungen der Servicestelle in Bonn zeigen, dass ie meisten Bewerbungen aus dem Bundesland Nordhein-Westfalen kommen, aus dem Bundesland, das nter Ministerpräsident Johannes Rau damals die komunale Entwicklungszusammenarbeit aufgebaut hat, der kommunale Eine-Welt-Beauftragte die Kommuen, Nichtregierungsorganisationen und kirchlichen ruppen in ihrem Engagement unterstützen, sie verneten und kooperative Formen der Zusammenarbeit aufauen. Wir erkennen daran: Hilfe ist nicht einfach zu erordnen, sondern sie braucht, wie wir am Beispiel von ordrhein-Westfalen sehen, auch ein gewachsenes Vertändnis von globaler Partnerschaft. Bonn war damit uch die erste Stadt, die gemeinsam mit der Deutschen elthungerhilfe und dem Bonner „General-Anzeiger“ m 3. Januar ein solches Bündnis für die Menschen im istrikt Cuddalore im Bundesstaat Tamil Nadu initiiert at. Wir haben festgestellt, dass dort an der Südküste Iniens die Deutsche Welthungerhilfe 1 992 Opferfamilien das sind rund 12 000 Personen; viele von ihnen sind ischer – unterstützt und ihnen eine neue Existenzgrundge gibt. Daran sehen wir: Das Rad muss nicht neu erunden werden. Gerade die Verbindung von Kommunen, chulen und Entwicklungsorganisationen ist außerorentlich hilfreich. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Diese Region ist wie viele andere Krisengebiete auf
ternationale Hilfe angewiesen. Gestern konnte man in
Spiegel online“ nachlesen, dass bisher rund 7 Milliar-
en US-Dollar für die Not- und Katastrophenhilfe, aber
uch für langfristige Entwicklungsprojekte weltweit zur
erfügung gestellt wurden.
Ich habe bereits gesagt, dass die große Spenden-

umme eine große Hypothek für diejenigen ist, die für
ie Mittelverwendung zuständig sind. Denn die vielen
pender wollen wissen, an wen ihr Geld geht. Sie wollen
issen, ob damit den armen Menschen geholfen wird
der ob das Geld in korrupten Strukturen versickert. Sie
ragen sich außerdem: Dient das Geld allein dem Aufbau
er Tourismusindustrie oder profitiert auch die ländliche
evölkerung davon? Werden neue Ungleichheiten zwi-
chen Tsunamigebieten und anderen vergessenen Kri-
enregionen der Welt geschaffen? Werden die öffentlich
ugesagten Mittel in Höhe von 500 Millionen Euro aus
em laufenden BMZ-Haushalt finanziert oder handelt es
ich um eine zusätzlich notwendige Hilfeleistung, die
icht zulasten anderer Regionen geht? Frau Reichard hat
u Recht darauf hingewiesen. Ich kann sie in ihrer Auf-
assung nur unterstützen.






(A) )



(B) )


Karin Kortmann


(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Kann die Regierung den Fraktionen darauf antworten?)


– Herr Weiß, hören Sie doch bitte zu!
Ich wünsche mir deshalb, dass das öffentliche Inte-

resse nicht nachlässt, sondern dass der Wunsch nach ob-
jektiver Berichterstattung bei der Bevölkerung und bei
den Medien weiter besteht. Diese Berichterstattung hat
um die Jahreswende entscheidend dazu beigetragen,
dass die Tsunamikatastrophe dieses große Echo fand und
dass es diese Mobilisierung gab. Ich sage an die Adresse
der Medien: Tragen Sie jetzt dazu bei, dass auch dem
weniger spektakulären Wiederaufbau Aufmerksamkeit
zuteil wird.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Andere „Tsunamis“ – beispielsweise die Vertreibung
und das Morden im Sudan, die HIV/Aids-Pandemien in
Südfrika – haben nicht diese mediale Aufmerksamkeit.
Das bedeutet weniger öffentliches Interesse und weniger
Unterstützung. Die Macht, aber auch die Kraft der Me-
dienberichterstattung entscheidet gerade in der Entwick-
lungszusammenarbeit über die Stärke und den Umfang
der öffentlichen und privaten Hilfe.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Liebe Kolleginnen und Kollegen der Union, Sie ha-
ben in Ihrem Antrag einen umfassenden Forderungskata-
log vorgelegt, den die Bundesregierung bearbeiten soll.
Ich darf in diesem Zusammenhang aber darauf hinwei-
sen, dass die Bundesregierung schneller gehandelt hat,
als Sie in der Lage waren, Ihren Antrag zu schreiben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Na, na! Sie haben zwei Monate später noch keinen Antrag vorgelegt!)


– Warum sollen wir ein Sammelsurium an Hilfeleistun-
gen zusammenstellen, wenn doch die Bundesregierung
seit dem zweiten Weihnachtstag in einer konzertierten
Aktion des Auswärtigen Amtes, des BMZ und des Ver-
teidigungsministeriums genau diese Leistungen er-
bringt?


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Frau Reichard, Sie haben eben mit Recht darauf hin-
gewiesen, dass es Klarheit in dem, was wir tun, geben
muss. Darin stimme ich Ihnen ausdrücklich zu. Verzei-
hen Sie mir, dass ich trotzdem auf den letzten Punkt Ih-
res Antrags hinweisen muss. Darin fordern Sie die Bun-
desregierung auf,

die Modalitäten der deutschen Zusammenarbeit den
modernen Erfordernissen anzupassen und ein Kon-
zept zur maßgeschneiderten Zusammenarbeit orien-
tiert an der Leistungsfähigkeit der Partner vorzule-
gen.

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(C (D ch habe gedacht, dies sei eine Verschlusssache. Walter iester sagte mir vorhin, dass die Rentenformel im Verleich zu dieser Forderung einfach zu erklären sei. (Markus Löning [FDP]: Das kann nur er sagen!)


ir wissen nicht, was Sie darunter verstehen. Sie müs-
en besser ausdrücken, was Sie tatsächlich wollen.
Von grundsätzlicher und entscheidender Bedeutung
ird sein, dass die Gebergemeinschaft zu einer weiteren
oordinierung ihrer Hilfeleistungen kommt. Die Viel-
ahl von Hilfsorganisationen – es gibt allein in Sri Lanka
000 – ist unter quantitativen Gesichtspunkten sicher-
ich beeindruckend. Diese Organisationen gleichen aber
insichtlich Effektivität, Transparenz und der Fähigkeit,
ie Eigenverantwortung der in den betroffenen Ländern
ebenden Menschen zu stärken, eher einem uneffektiven,
ultilateral tätigen Hilfetrupp. Wir müssen in der Tat
orge dafür tragen, dass nicht bei jeder multilateral er-
orderlichen Hilfe eine Wanderungsbewegung von Orga-
isationen, die es gut meinen, die aber nicht immer gut
rbeiten, stattfindet. Auf die Arbeit der Bundesregierung
abe ich wohlwollend hingewiesen.
Wir müssen aber auch darauf hinweisen – ich denke,

as ist der entscheidende Punkt –, dass die Regierungen
er betroffenen Länder die Hilfeleistungen nach den Kri-
erien der Bedürftigkeit vergeben und sie nicht aufgrund
arteipolitischen Machtkalküls missbrauchen. Damit
ietet sich hoffentlich die Chance, Bürgerkriegsparteien
u versöhnen und nach dieser fürchterlichen Katastrophe
u einem wirklichen Friedensprozess zu kommen. Denn
ir alle wissen: Ohne Frieden ist eine Zukunft nach dem
iederaufbau nicht tragfähig. Unsere Möglichkeiten da-
ei sind begrenzt. Bei aller gut gemeinten Unterstützung
on außen bleibt entscheidend, ob in den jeweiligen
taatsführungen und bei den Verantwortlichen in diesen
ändern der Wille zu einer vernünftigen Entwicklung
es eigenen Landes vorhanden ist.
Bei der Wiedererlangung von Existenzen wird zurzeit

er Schwerpunkt auf die Fischerei, auf die Ausstattung
it Booten, Netzen und Kühlanlagen, gelegt. Damit
ird der Schaffung einer Existenzgrundlage in umfang-
eichem Maße Rechnung getragen. Aber wir sollten
uch darauf achten, dass es nicht nur darum geht, die
änner auszustatten. Wir sollten dafür sorgen, dass auch

unge Frauen Existenzgrundlagen bekommen. Die
üngsten Fernsehberichterstattungen machen mich da
ehr nachdenklich. Unter dem Stichwort „Zurück zur
ormalität“ habe ich in der vergangenen Woche einen
eitrag darüber gesehen, dass der so genannte Sextouris-
us wieder floriert und Männer sagen: Schön, dass wir
a wieder ein Schnäppchen machen können! – Das ist
in wichtiger Punkt, den wir in der Entwicklungszusam-
enarbeit und in der Menschenrechtsarbeit berücksichti-
en müssen.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1516012800

Frau Kollegin, Ihnen ist sicher entgangen, dass Sie

chon seit einer Minute von der Großzügigkeit des Präsi-
enten leben.


(Heiterkeit bei der SPD und der CDU/CSU)







(A) )



(B) )



Karin Kortmann (SPD):
Rede ID: ID1516012900

Herr Präsident, ich danke für dieses nordrhein-westfä-

lische Verständnis.
Ich glaube, dass wir im Ausschuss – wenn ich diesen

Gedanken noch zu Ende führen darf –, was die Hilfeleis-
tungen und die Bemühungen angeht, einer Meinung
sind. Wir sagen allerdings: Die Bundesregierung hat ge-
handelt und handelt weiterhin. Deswegen danke für die
Anregungen! Aber sie werden bereits umgesetzt.

Herzlichen Dank, Herr Präsident.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1516013000

Bevor ich nun dem Kollegen Markus Löning das

Wort erteile, weise ich die Vermutung zurück, es gebe ei-
nen Nordrhein-Westfalen-Bonus bei der Bemessung von
Redezeiten.


(Heiterkeit bei der SPD – Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Das werden wir ja sehen!)


Bitte schön.


Markus Löning (FDP):
Rede ID: ID1516013100

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für diesen

Hinweis, Herr Präsident, bin ich natürlich sehr dankbar.
Ich werde mich bemühen, mich strikt an die Redezeit zu
halten.

Ich glaube, es ist selbstverständlich, dass wir in dieser
Debatte – das ist meines Wissens die erste Debatte, die
wir zu der Tsunamikatastrophe führen – zunächst einmal
deutlich machen, mit wie viel Dankbarkeit wir auf das
schauen, was die vielen Helfer dort geleistet haben. Ich
selbst bin vorletzte Woche in Banda Aceh gewesen und
habe gesehen, wie die Situation vor Ort ist. Vor Ort zu
sein führt noch einmal zu einer ganz anderen Erfahrung
als die Bilder, die schon im Fernsehen furchtbar wirken.
Die unmittelbare Wirkung vor Ort ist noch einmal ganz
anders.

Wenn man die Lage vor Ort gesehen hat, kann man
noch viel deutlicher empfinden, welche große menschli-
che Leistung unsere Helfer und die vielen Freiwilligen
erbringen, die beispielsweise gesagt haben: Natürlich
gehe ich mit dem THW für sechs Wochen nach Indone-
sien und helfe dort. – Ich habe einen Mann kennen ge-
lernt, der seinen Installateurbetrieb seinen Mitarbeitern
überlassen und gesagt hat: Ich gehe da hin, um zu helfen.
Ich denke, dass das unserer ganz besonderen Anerken-
nung bedarf.


(Beifall im ganzen Hause)

Lassen Sie mich generell zu diesem Thema ein paar

Punkte anmerken. Die Bundesregierung hat gesagt, sie
konzentriere sich auf Indonesien und Ceylon. Auch die
CDU/CDU hat das in ihrem Antrag gefordert. Ich finde
es schade, dass wieder einmal Afrika herausfällt. Ich
rege an, Somalia und das Horn von Afrika nicht zu ver-
gessen, wo es auch Betroffene gab. Es ist gut, dort zu
helfen, wo die Not am größten ist. Es ist aber auch wich-

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(C (D ig, dort zu helfen, wo vielleicht mit weit weniger Geld nd weit weniger spektakulär geholfen werden kann. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich möchte an dieser Stelle auf eines deutlich hinwei-
en: Zwei Länder, die betroffen sind, nämlich Indien und
hailand, haben gesagt, sie seien von sich aus, aus eige-
er Stärke, in der Lage, diese Katastrophe zu bewältigen.
ie Inder reden von einem Schaden in der Größenord-
ung von immerhin 450 Millionen bis 500 Millionen
ollar. Es geht dabei also nicht um Peanuts. Die Inder
aben gesagt, sie seien in der Lage, das selbst zu bewäl-
igen. Ich finde, auch die Anstrengungen, die dort unter-
ommen werden, bedürfen unserer Anerkennung.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


In einem anderen Punkt – er wurde hier schon ange-
prochen – möchte ich Ihnen widersprechen bzw. Sie
itten, den Antrag noch ein bisschen nachzubessern: die
rage der Bürgerkriege. Ich glaube, es ist nicht richtig,
ass dieser Punkt in Ihrem Antrag nur einer von vielen
st. Die Situation in den Ländern steht und fällt mit der
rage, ob die Bürgerkriege beendet werden. Es macht
och überhaupt keinen Sinn, dass unsere Schulen für den
ufbau einer Schule in Banda Aceh Geld sammeln,
enn als nächstes die GAM hingeht und die Schule wie-
er abbrennt, weil dort aus ihrer Sicht weiterhin zentrale
nhalte, die in Jakarta bestimmt werden – die GAM be-
ämpft das –, unterrichtet werden. Wir müssen sehr viel
ehr dafür tun, dass die Bürgerkriege beigelegt werden.
Das gilt im Übrigen genauso für Sri Lanka, dessen

ntwicklung seit vielen Jahren durch den Bürgerkrieg
lockiert wird. Sri Lanka könnte längst eine wesentlich
öhere Stufe in seiner Entwicklung erreicht haben, wenn
ieser Bürgerkrieg nicht jegliche Investition verhinderte.
ie Frage der Bürgerkriege muss aus meiner Sicht viel
tärker in den Fokus dessen rücken, was wir hier bespre-
hen.


(Beifall bei der FDP, der SPD und der CDU/ CSU)


Herr Ruck, lassen Sie mich zum Schluss noch eine
nmerkung zur ODA-Quote von 0,33 Prozent – Sie ha-
en sie angesprochen – machen. Die Bundesregierung
raucht keinen Plan mehr vorzulegen, wie sie die Quote
on 0,33 Prozent erreichen will; denn sie hat dem Irak
Milliarden Euro geschenkt und erreicht damit in die-
em Jahr auf jeden Fall die ODA-Quote von
,33 Prozent. Man kann darüber diskutieren, ob solch
ine Entschuldung überhaupt sinnvoll und richtig ist und
b sie für die ODA-Quote angerechnet werden soll. Es
leibt aber festzuhalten: Die Bundesregierung wird die
DA-Quote von 0,33 Prozent durch diese Entschuldung
rreichen.


(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Einmalig!)


An dieser Debatte stört mich, dass man jetzt aufgrund
er Hilfsbereitschaft der Menschen sagt: Entwick-
ungspolitik hat Konjunktur, also lasst uns doch einmal






(A) )



(B) )


Markus Löning

darüber reden, wie wir mehr Geld für die Entwicklungs-
politik einsetzen können, sei es durch Steuererhöhungen
oder sei es durch eine höhere Verschuldung. Das ist eine
Debatte, die ich nicht verstehe. Warum gehen wir nicht
den Weg, zunächst einmal die schwierigeren Themen an-
zugehen? Warum führen wir nicht eine Debatte darüber,
wo wir Entwicklungshilfe sinnvoll konzentrieren können
und wo es Länder gibt, die keine Entwicklungshilfe
mehr brauchen, bevor wir den Weg in eine weitere Ver-
schuldung gehen?

Ich schaue bei diesem Thema immer besonders gern
die Grünen an, weil sie 1998 hier angetreten sind und ge-
sagt haben: Wir wollen Generationengerechtigkeit in der
Finanzpolitik; wir wollen eine nachhaltige Finanzpolitik.


(Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)


Diese Ziele werden leichtfertig über Bord geworfen; sie
spielen nicht einmal mehr eine Rolle.


(Beifall bei der FDP – Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Rede fing gut an, endet aber albern!)


Ich finde, wir sollten zunächst die schwierigen Debatten
darüber führen, wie wir das Geld sinnvoll konzentrieren
können, bevor wir einfach mehr Geld verlangen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1516013200

Nachdem ich jetzt den Nachweis geführt habe, dass es

nicht nur für nordrhein-westfälische Kollegen Zuschläge
gibt, erhält der Kollege Ruck die Möglichkeit zu einer
Kurzintervention.


Dr. Christian Ruck (CSU):
Rede ID: ID1516013300

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin

von Herrn Löning direkt angesprochen worden und
möchte deshalb zwei Bemerkungen machen.

Erstens. Ich glaube schon, dass auch wir, die Opposi-
tion, aufgefordert sind, die Versprechen, die die Bundes-
regierung den Entwicklungsländern in Monterrey gege-
ben hat, gemeinsam umzusetzen. Wir jedenfalls stehen
zu dem Versprechen, das die Bundesregierung gegeben
hat, nämlich eine ODA-Quote von 0,33 Prozent zu er-
reichen. Man muss sich natürlich fragen – da gebe ich
Ihnen Recht –, wie die Erfüllung der Quote von
0,33 Prozent erreicht werden soll. Auch wir sind strikt
dafür, dass wir nicht in eine weitere Schuldenfalle tap-
pen, sondern dass wir uns über die Qualität der Ent-
wicklungshilfe und die Schwerpunkte der zukünftigen
Entwicklungshilfe, über die Länderauswahl, die Sekto-
renauswahl und auch über eine bessere internationale
Arbeitsteilung unterhalten. Das wird zu einem Schwer-
punkt auch der Diskussionen in diesem Hause zur Ent-
wicklungspolitik.

Dessen ungeachtet und vor dem Hintergrund der dra-
matischen Situation, dass in vielen Ländern dieser Welt
Erfolge bei der Armutsbekämpfung bisher ausgeblieben

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(C (D ind, halten auch wir es für richtig, zu dem zu stehen, as die Bundesrepublik bzw. die Bundesregierung verprochen hat, nämlich bis 2006 eine ODA-Quote von ,33 Prozent zu erreichen. Damit bin ich bei einem zweiten Punkt, über den wir eulich schon im Ausschuss diskutiert haben, nämlich er Frage des Schuldenerlasses zugunsten von Irak: Frau ortmann, ich erwarte, dass es in diesem Hause einen reiten Konsens darüber gibt, dass die Mittel, die für inen Schuldenerlass des Iraks eingesetzt wurden, nicht uf die ODA-Quote von 0,33 Prozent angerechnet weren dürfen. (Ute Kumpf [SPD]: Ist das mittlerweile noch eine Kurzintervention?)


arüber, ob ein Schuldenerlass für Irak sinnvoll ist, kann
an sicher streiten. Jedenfalls darf das nicht zu einem
rick werden, sodass man sagt: Gut, die ODA-Quote ha-
en wir erfüllt. – Ein solches Vorgehen würden wir nicht
ittragen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1516013400

Für die Bundesregierung spricht nun die Parlamenta-

ische Staatssekretärin Uschi Eid.
Dr
Ursula Eid-Simon (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516013500

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her-

en! Ich würde vorschlagen, dass wir über das Thema,
m das es gerade ging, in den dafür geeigneten Gremien,
m zuständigen Ausschuss und in den Fraktionen, disku-
ieren. Ich glaube, hier können wir uns verständigen.
ber heute, zwei Monate nach der verheerenden Flutka-
astrophe in Südostasien, will ich über den aktuellen
tand der Dinge berichten und Sie darüber informieren.
bwohl die Flutkatastrophe bereits zwei Monate her ist,
tehen wir immer noch völlig fassungslos vor dieser Tra-
ödie. Die Hunderttausenden Toten lassen uns nicht los,
och immer vermissen Familien Angehörige und täglich
erden, selbst nach so langer Zeit, weitere Tote gebor-
en.
Die Bundesregierung und die deutsche Bevölkerung

ind nicht zur Tagesordnung übergegangen. Damit straf-
en sie in der Öffentlichkeit geäußerte Befürchtungen
üge. Indonesien, Sri Lanka, Indien, die Malediven,
hailand und Somalia wurden nicht vergessen oder von
er Tagesordnung verdrängt. Im Gegenteil: Der Bundes-
ußenminister und die Bundesentwicklungsministerin
aben die betroffene Region besucht. Frau Ministerin
ieczorek-Zeul kam erst gestern aus Sri Lanka zurück,
o sie sich über die gegenwärtige Situation und den
ortschritt beim Wiederaufbau informiert hat.
Die noch immer andauernde Spendenbereitschaft

er Bevölkerung sowie die überaus positive Resonanz
uf die Partnerschaftsinitiative des Bundeskanzlers sind
rmutigend. Bisher wurden über 500 Millionen Euro ge-
pendet. 80 Partnerschaften wurden bereits vermittelt.
as Interesse von Schulen, Kommunen und Verbänden,






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretärin Dr. Uschi Eid

Partnerschaften einzugehen, ist so groß, dass die „Ser-
vicestelle Kommunen in der Einen Welt“ in Bonn seit
Januar mit zehn zusätzlichen Halbtagskräften besetzt
bleiben muss, die von acht Uhr morgens bis acht Uhr
abends Anfragen aus der Bevölkerung bearbeiten.

Die Beauftragte des Bundeskanzlers für die Partner-
schaftsinitiative der deutschen Fluthilfe, Frau Christina
Rau, ist die Garantin für eine gute Zusammenarbeit zwi-
schen Ministerien, Ländern und Kommunen auf der ei-
nen Seite und den Partnern in den betroffenen Gebieten
auf der anderen Seite.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Sie ist aber auch die Garantin für eine Kooperation, die
respektvoll mit den Partnern umgeht und auch ein Auge
darauf haben wird, dass das Recht auf Selbstbestim-
mung der Partner von der anrückenden Hilfswelle nicht
untergraben wird.

Wir dürfen nicht die Augen davor verschließen: Wenn
in einem Land wie Sri Lanka plötzlich über 1 000 Nicht-
regierungsorganisationen tätig sind, kann dies dazu füh-
ren, dass die Menschen vor Ort nicht mehr Herr im eige-
nen Haus sind, sondern die Helfer – wie gut auch immer
sie es meinen – das Geschehen bestimmen. Hier muss
man daher sehr koordiniert vorgehen.

Sehr geehrte Damen und Herren, die Bundesregie-
rung hat sofort nach dem Seebeben auf der ersten Geber-
konferenz der Vereinten Nationen 50 Millionen Euro für
die Nothilfe zur Verfügung gestellt. Dieses Geld diente
der dringend notwendigen Versorgung mit Medikamen-
ten, Decken und Nahrung. Wir dürfen nicht übersehen,
welch großartige Leistungen seit dieser Zeit erbracht
worden sind. Allein die Tatsache, dass es zum Beispiel
nicht zum befürchteten Ausbruch von Seuchen gekom-
men ist, ist ein Wunder. Dieses Wunder verdanken wir
der guten Hilfe vor Ort. Großen Respekt zolle ich den
Regierungen der betroffenen Länder, den nationalen und
regionalen Behörden sowie den Helferinnen und Hel-
fern, die selbstlos und aufopfernd bis zur Erschöpfung
zugepackt haben.


(Beifall im ganzen Hause)

Unser großer Dank – da schließe ich mich allen mei-

nen Vorrednern an – gilt den Durchführungsorganisatio-
nen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit sowie
der Bundeswehr, dem THW, den Hilfswerken und den
Nichtregierungsorganisationen. Viele Menschen haben
sich engagiert; das ist ein großartiges Vorbild.


(Beifall im ganzen Hause)

Bundeskanzler Schröder hat angesichts der Heraus-

forderungen des Wiederaufbaus der zerstörten Gebiete
500 Millionen Euro zugesagt. Diese werden über die
nächsten drei bis fünf Jahre ausgezahlt, und zwar sowohl
für Maßnahmen in Asien als auch für Maßnahmen in den
betroffenen ostafrikanischen Ländern; auch diese brau-
chen Frühwarnsysteme und entsprechende Katastro-
phenschutzpläne und -übungen. Dieses Geld, das zusätz-
lich zur Verfügung gestellt wird, ist für den mittel- und
langfristigen Wiederaufbau nötig. Gestern haben wir im
Ausschuss über diesen Punkt diskutiert und die Ministe-

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(C (D in hat umfassende Transparenz hinsichtlich der Verwenung dieser Gelder zugesagt, so wie es die beste Tradiion unseres Hauses ist. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Christian Ruck [CDU/ CSU]: Na ja! – Markus Löning [FDP]: Hört! Hört!)


Die Wiederaufbauhilfe folgt dem entwicklungspoliti-
chen Ziel, das Selbsthilfepotenzial der Überlebenden
u stärken. Der Wohnungsbau, die kommunale und so-
iale Infrastruktur, Wasser- und Stromversorgung, Hand-
erk und Kleinbetriebe stehen hierbei im Vordergrund.
en Betroffenen ist am meisten geholfen, wenn die
irtschaftskraft in den Ländern wieder gestärkt wird
nd wenn die Menschen wieder in die Lage versetzt wer-
en, für sich und ihre Familie selber zu sorgen.
Umweltaspekte müssen zukünftig stärker in den Mit-

elpunkt rücken. Erste Untersuchungen haben gezeigt,
ass intakte Mangrovenwälder und Korallenriffe die Be-
ölkerung vor der Wucht der Welle geschützt haben.
mweltschutz ist Katastrophenschutz und muss bei
iederaufbaumaßnahmen integraler Bestandteil sein.
ie wichtigste Voraussetzung dafür, dass der Wiederauf-
au gelingt, ist allerdings – das haben viele Vorredner
chon gesagt – der Frieden. Deswegen fordere ich von
ier aus alle beteiligten Gruppierungen auf, zusammen-
uarbeiten. In Sri Lanka müssen die Tamilenrebellen der
TTE und die Regierung ihre Friedensgespräche wieder
ufnehmen. Unverzichtbar ist der so genannte gemein-
ame Mechanismus, damit beide Konfliktparteien ge-
einsam dafür Sorge tragen, dass die Hilfe in alle Ge-
iete kommt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, sowohl in Sri Lanka

ls auch in Indonesien liegt in der Katastrophe auch die
hance, dass ihre Bewältigung produktiv genutzt wer-
en kann und durch gemeinsame Wiederaufbauaktivitä-
en ein Versöhnungsprozess erwächst. Wir wünschen
en betroffenen Menschen, dass diese Chance zum Frie-
en genutzt wird; auf diesem Weg haben beide Länder
nsere Unterstützung.
Danke schön.


(Beifall im ganzen Hause)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1516013600

Das Wort hat nun der Kollege Klaus-Jürgen Hedrich,
DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Klaus-Jürgen Hedrich (CDU):
Rede ID: ID1516013700

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen

nd Kollegen! Ich möchte den letzten Punkt aufgreifen,
e
Markus Löning (FDP):
Rede ID: ID1516013800
Wie immer
iegt in Katastrophen wie dieser auch eine Chance, eine
erausforderung. Deshalb sollte man sich noch einmal
ie vier oder fünf Krisengebiete in der Region vor Au-
en führen:






(A) )



(B) )


Klaus-Jürgen Hedrich

Da ist natürlich Aceh. Wir begrüßen es außerordent-

lich, dass gestern die zweite Runde der Verhandlungen
zwischen der indonesischen Regierung und den Rebel-
lengruppen zu Ende gegangen ist. Die GAM scheint ei-
nen autonomen Status für Aceh zu akzeptieren und auf
völlige Selbstständigkeit zu verzichten; da hat sich auch
Martti Ahtisaari, der frühere finnische Präsident, Ver-
dienste erworben. Diese Entwicklung stimmt hoffnungs-
voll.

In Sri Lanka ist es noch nicht ganz so günstig, aber
auch hier, Frau Ministerin, möchten wir uns bei Ihnen
bedanken, dass Sie diese Frage bei Ihrem Besuch dort
angesprochen haben; für das Land liegt in der Katastro-
phe eine große Chance.

Wir müssen übrigens überall in den von der Katastro-
phe betroffenen Gebieten darauf achten, dass keine Seite
– welche auch immer – die Not der Menschen in klin-
gende Münze umzusetzen versucht; was die tamilischen
Rebellen manchmal anstellen, ist auch nicht besonders
erfreulich.

Man sollte aber auch die anderen Krisengebiete be-
achten: Auch Papua im Osten Indonesiens ist eine
Frage, die immer noch nicht gelöst ist. Da die Insel Neu-
guinea des Öfteren von Tsunamis betroffen ist, hoffe ich,
dass es nicht auch dort erst einer Tsunamiwelle bedarf,
bis man sich zu einer vernünftigen Autonomieregelung
für dieses Gebiet durchringt.

Wir sollten in diesem Zusammenhang übrigens auch
die Situation in Südthailand nicht vergessen. Der mit
großer Mehrheit wiedergewählte Ministerpräsident von
Thailand, Thaksin, könnte sich hier große Verdienste er-
werben, wenn er auf die muslimische Bevölkerung im
Süden seines Landes zugehen würde, um auch dort Frie-
den zu stiften.

Ein weiterer Punkt, der uns in den nächsten Wochen
intensiver beschäftigen wird, ist, wie es mit dem Krisen-
herd Burma aussieht. Wir hatten heute eine Diskussion
mit dem malaysischen und mit dem indonesischen Bot-
schafter. Malaysia wird den Vorsitz in der ASEAN-Ge-
meinschaft ab Mitte dieses Jahres innehaben. Im Laufe
des nächsten Jahres wird dann Burma – Myanmar – den
Vorsitz übernehmen. Wir müssen uns natürlich bereits
heute fragen – einige der Kollegen waren anwesend; ich
sehe hier Renate Jäger und Alex Bonde –, wie die EU
reagiert, wenn sich die Situation in Burma nicht verbes-
sert. Sie hat Auswirkungen auf die gesamte Lage. Glück-
licherweise ist das Land von der Katastrophe weitestge-
hend verschont geblieben. Aber auch hier zeigt sich
wieder, dass sich das Regime letzten Endes weigert, die
Karten offen auf den Tisch zu legen.

Der Appell lautet also, diesen gesamten Prozess zu
nutzen, um die Verantwortlichen darauf hinzuweisen,
dass sie jetzt die große Chance haben, in ihren Ländern
Versöhnung zu stiften. Überall dort, wo wir das von
außen unterstützen können, sollten wir das auch tun. Ich
komme noch einmal auf das Beispiel von Myanmar bzw.
Burma zurück: Die schwierigen Probleme dort können
natürlich weder in Berlin noch in Washington, London
oder Brüssel gelöst werden. Sie müssen schon von den

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(C (D etroffenen in der Region selbst gelöst werden. Dabei önnen wir sie aber unterstützen. In diesem Zusammenhang sollten wir uns durchaus och einmal ins Gedächtnis zurückrufen – das ist auch chon zweioder dreimal angesprochen worden –, dass s Länder wie Indien und Thailand gibt, die sich bewusst afür entschieden haben, die Folgen der Katastrophe mit ren eigenen finanziellen und personellen Ressourcen nzugehen. Natürlich haben diese Länder die notwendien finanziellen Ressourcen. Trotz allem sollten wir aber icht vergessen, dass große Teile der indischen Bevölkeung bitterarm sind. Die Ungleichverteilung der natürichen und auch der finanziellen Ressourcen in diesem ande wirft andere Fragen auf, die natürlich auch mit er EZ zu tun haben. Markus Löning, ich vermute, dass wir uns bei der efinition von Entwicklungspolitik ein wenig missvertanden haben. Übrigens vermeide ich den Begriff „Enticklungshilfe“. Ich glaube, darüber sind wir inzwichen schon hinweg. (Ute Kumpf [SPD]: Über dieses Stadium sind wir hinaus! Es ist eine Zusammenarbeit!)


ch plädiere immer dafür, dass wir uns die Bereiche, in
enen wir mit den Ländern zusammenarbeiten, immer
ehr sorgfältig anschauen können. Wenn Sie sich die pri-
ate Ebene und die Kirchen in Indien anschauen, dann
rkennen Sie, dass ein großer Bestandteil der Arbeit dort
atürlich die unmittelbare Armutsbekämpfung ist. Zum
eispiel in der Wissenschaftskooperation ist Indien aber
atürlich ein sehr interessanter Partner.


(Ute Kumpf [SPD]: Oh ja! Sie sind teilweise gescheiter als die Schwaben! Das gibt es selten!)


rau Ministerin, ich würde es übrigens begrüßen, wenn
ie Zuständigkeit für die internationale Wissen-
chaftskooperation mehr bei Ihnen als woanders konzen-
riert wäre. Das Problem hatten wir aber schon einmal.
nsofern denke ich, dass auch dort große Chancen liegen.
as erkennt man, wenn man sich das anschaut.
Ich fasse zusammen: Die Krise – jetzt geht es um den
iederaufbau – bedeutet für die Länder eine große
hance und Herausforderung. Deutschland und die
uropäische Union sollten jede Chance nutzen, den Pro-
ess für Frieden und Versöhnung sowie zum Wiederauf-
au in dieser Region zu unterstützen.
Herzlichen Dank.


(Beifall im ganzen Hause)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1516013900

Ich erteile das Wort dem Kollegen Raabe, SPD-Frak-

ion.


Dr. Sascha Raabe (SPD):
Rede ID: ID1516014000

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

en! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bundespräsident
orst Köhler hat nach der Flutkatastrophe ein richtiges
ild gebraucht: Wenn man Menschen dauerhaft aus Ar-






(A) )



(B) )


Dr. Sascha Raabe

mut befreien will, dann reicht es nicht, ihnen jeden Tag
Fisch als Mahlzeit zu spendieren, sondern dann muss
man ihnen auch ein Fischerboot kaufen, damit sie sich
ihren Fisch selbst fangen können.


(Beifall bei der SPD)

So weit, so gut. In Zeiten der Globalisierung reicht das
aber noch nicht aus; denn wir müssen den Fischern mit
fairen Handelsbedingungen auch die Möglichkeit geben,
den Fisch zu einem guten Preis zu verkaufen.

Das Beispiel der Fischerei ist nicht zufällig gewählt.
Wir alle kennen die Opferzahlen der Katastrophe, die
mehr als einer Viertelmillion Menschen das Leben ge-
kostet hat. Aber die wirtschaftlichen Schäden durch
Zerstörung der Infrastruktur hätten eine Katastrophe
nach der Katastrophe zur Folge, wenn wir nicht schnell
und entschlossen handeln würden. In Sri Lanka sind
70 Prozent der Fischerboote und zehn von zwölf Häfen
zerstört. Dazu kommen natürlich die verheerenden Aus-
wirkungen auf den Tourismussektor und auf fast alle
Wirtschaftszweige durch Zerstörung der Straßen, Brü-
cken und anderer wichtiger Einrichtungen.

Der Tsunami hat von der Welt eine besondere Solida-
rität verlangt und die Welt hat besondere Solidarität ge-
geben. Die Hilfsbereitschaft in Deutschland ist bei-
spielhaft. Die privaten Haushalte haben bisher über
400 Millionen Euro gespendet und auch heute, zwei Mo-
nate nach der Flutkatastrophe, ist die Spendenbereit-
schaft ungebrochen. Auch die Bundesregierung hat
schnell und solidarisch gehandelt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die feste Hilfszusage in Höhe von 500 Millionen Euro
an die betroffenen Länder ist im internationalen Ver-
gleich unerreicht.


(Markus Löning [FDP]: Bisher ist es nur eine Zusage!)


Mehr noch: Zu dieser Summe wird, wo es sinnvoll er-
scheint, Schuldenerlass gewährt.

Manche in Deutschland sind stolz darauf, dass wir
Exportweltmeister sind. Manche sind stolz, deutsch zu
sein, aus Gründen, die ich nicht weiter ausführen
möchte. Andere, wie ich, sind stolz darauf, dass wir in
Bezug auf Solidarität und Hilfsbereitschaft Weltmeister
sind. Ich denke, das ist etwas, worauf wir im Interesse
der Menschen wirklich stolz sein können.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Es gilt das Motto der nachfrageorientierten
Entwicklungszusammenarbeit. Es ist schon angespro-
chen worden: Natürlich braucht ein Land wie Thailand
keinen Schuldenerlass. Die Hilfsmaßnahmen der Bun-
desregierung in Indonesien und Sri Lanka müssen in
Friedensinitiativen in die von Bürgerkriegen zerrütteten
Regionen eingebettet werden. Selbstverständlich wollen
wir auch die Chance nutzen, Indonesien als dem bevöl-
kerungsreichsten muslimischen Land der Erde zu zei-

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(C (D en, dass eine friedliche Koexistenz zwischen den Reliionen möglich ist. Entwicklungspolitik ist immer auch riedenspolitik. Wir können mit Selbstbewusstsein feststellen: Unsere ternationale Zusammenarbeit ist vorbildlich und wird ei unseren Partnern geschätzt und anerkannt. Anfang ieser Woche war Ministerin Heidemarie Wieczorekeul in Sri Lanka. Neben dem Erleben von viel Leid und offnung brachte sie für Deutschland auch gute Nachichten aus der Krisenregion mit; denn Sri Lanka schätzt eutschland als verlässlichen und willkommenen Parter. Überdies wird dort die Arbeit der deutschen Enticklungsorganisationen von allen Seiten hoch geachtet. Aber auch viele regionale Initiativen verdienen Lob. s wurde schon von Kollegin Kortmann gesagt, dass em Aufruf des Kanzlers, nachhaltige Partnerschaften u gründen, erfreulich viele Kommunen gefolgt sind. Da eute schon so viel von Nordrhein-Westfalen die Rede ar, lassen Sie mich als Hesse eine besondere Aktion us meiner Heimat, dem Main-Kinzig-Kreis, hervoreben. Hier wurde eine Partnerschaft mit dem Ort eruwala in Sri Lanka ins Leben gerufen. Rund 50 000 Euro wurden allein bei diesem kommunalen rojekt von Unternehmen, Bürgern, Kommunen und nstitutionen im Kreis gesammelt. Zielgenau wurden ithilfe einheimischer Experten bisher etwa 14 Schulen, lf Fischerboote und mehrere Häuser instand gesetzt. (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Thilo Hoppe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Elf Schulen aus dem Kreis wollen sich in Form von
chulpatenschaften dauerhaft engagieren. Diese Initia-
ive hat bereits spürbar gewirkt. In Beruwala kann mitt-
erweile wieder gefischt werden. Das erste Boot ist auf
en Namen „Main-Kinzig-Kreis“ getauft worden.


(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPD)


ch möchte dieses Boot als Symbol dafür nehmen, dass
ir Menschen dieser Welt alle im gleichen Boot sitzen,
anz egal ob es im Main-Kinzig-Kreis, in Nordrhein-
estfalen oder in Sri Lanka ist.
Unsere Hilfe darf nicht enden, wenn die Katastrophe

us den Köpfen der Menschen verschwunden ist. Jeden
ag sterben weltweit 24 000 Menschen an den Folgen
on Hunger und Armut. Deswegen müssen wir unser
ewusstsein dafür weiterentwickeln, dass unsere Verant-
ortung global ist, in Südostasien genauso wie in
frika.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

ie Katastrophe in Südasien hat uns auch Denkanstöße
ür die zukünftige Ausrichtung der Entwicklungszusam-
enarbeit gegeben. Es wurde deutlich, dass Entwick-
ungszusammenarbeit kohärent sein muss. Sie kann nur
ann kohärent sein, wenn sie mit einer stimmigen Wirt-
chafts- und Handelspolitik einhergeht.


(Beifall des Abg. Markus Löning [FDP])







(A) )



(B) )


Dr. Sascha Raabe

Schauen wir uns die Wirtschaftssektoren in den be-

troffenen Ländern an. Wenn wir an Thailand denken,
denken wir vor allem an die reichen Tourismusregionen
an den Küsten. In den ländlichen Gebieten herrscht aber
oft noch bittere Armut und die Menschen sind auf die
Landwirtschaft angewiesen. Thailand hat als Zuckerpro-
duzent enorme Wettbewerbsvorteile. Es kann seinen Zu-
cker aber nicht auf dem Weltmarkt absetzen, weil dort
EU-subventionierte Exporte die Weltmarktpreise drü-
cken und gleichzeitig durch Zölle und Protektionismus
der Markt bei uns abgeschottet wird.

Deshalb müssen wir für eine andere Handelspolitik
sorgen. Denn hätte Thailand mehr Geld gehabt und wäre
es besser entwickelt gewesen, dann hätte vielleicht mehr
Geld für ein Frühwarnsystem zur Verfügung gestanden
und dann wären viele Häuser stabiler gebaut gewesen.

Wir als SPD-Fraktion haben dies in all unseren Be-
schlüssen zur Welthandelsrunde und zum Zuckermarkt
immer deutlich gemacht. Von Ihnen, meine Damen und
Herren von der Opposition, hat es dazu im Bundestag
immer nur Gegenstimmen gegeben.


(Markus Löning [FDP]: Na, na!)

– Richtig, es war die CDU. – In dem Antrag, den Sie
heute im Bundestag eingebracht haben, gibt es sicherlich
viele Punkte, denen ich zustimmen kann. Aber niemand
von Ihnen hat bei diesem Antrag an die Handelspolitik
gedacht. Ich sage Ihnen: Ohne kohärente Handelspolitik
macht das alles keinen Sinn. Um beim Bild zu bleiben:
Es reicht nicht aus, Fischerboote zu kaufen, sondern der
Fischer muss seinen Fang auch zu fairen Preisen verkau-
fen können.

Der Fischereisektor ist ein bedeutender Wirtschafts-
zweig für die Entwicklungsländer. Zwei Drittel der Welt-
bevölkerung deckt über 40 Prozent des Proteinbedarfs
mit Fischereiprodukten. Allein in Ost- und Südasien gilt
Fisch als wichtigste Eiweißquelle für 1 Milliarde Men-
schen. Die Existenz von 300 bis 500 Millionen Men-
schen hängt von der Fischerei ab. Auch hier wird die
Existenz durch die Industrieländer gefährdet, die mit
subventionierten Fangflotten vor den Küsten Afrikas
und Asiens die Fischbestände räubern. Zum Teil ge-
schieht dies legal durch Zahlung von Lizenzgebühren an
oft korrupte Behörden, zum Teil auch illegal unter fal-
scher Beflaggung. Gleichzeitig wird der Marktzugang
von den USA durch unzulässige Antidumpingmaßnah-
men oder von Europa durch Zölle erschwert. Wir müs-
sen endlich damit aufhören, den Entwicklungsländern
die Märkte für ihre Produkte zu versperren. Das gilt für
alle Agrarprodukte, die für Entwicklungsländer bedeu-
tend sind.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Das Jahr 2005 soll nicht erst seit der schrecklichen
Flutkatastrophe in Südostasien das Jahr der Armutsbe-
kämpfung werden. Wir sind auch im fünften Jahr nach
der Festsetzung der Milleniumsentwicklungsziele und
im entscheidenden Jahr der WTO-Entwicklungsrunde.
Wir haben heute schon darüber diskutiert, wie man Ar-
mutsbekämpfung finanzieren kann. Eine Devisentrans-

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(C (D ktionsteuer, die so genannte Tobintax, würde eine solhe Möglichkeit bieten. Deshalb freue ich mich, dass, achdem Heidi Wieczorek-Zeul das schon länger forert, auch Bundeskanzler Schröder dies jüngst erstmals usdrücklich befürwortet hat; denn unkontrollierte Fianzspekulationen gehen schließlich oft zulasten der ntwicklungsländer. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ie erwähnen in Ihrem Antrag die Asienkrise von 1997.
eswegen erwarte ich von Ihnen aus der Union, dass Sie
icht immer gegen die Tobinsteuer anreden, sondern ihre
inführung unterstützen.


(Markus Löning [FDP]: Da haben sie mal Recht, wenn sie dagegen sind!)


Sie, Herr Löning, haben gefragt, wie man die ODA-
uote erhöhen kann, ohne sich weiter zu verschulden.
inerseits kann man bei den Agrarsubventionen, die in
uropa die Hälfte des EU-Haushaltes ausmachen und
eltweit bei über 300 Milliarden Euro liegen, etwas ma-
hen. Das ist das Sechsfache der Mittel für die Entwick-
ungszusammenarbeit. Herr Dr. Ruck, Sie haben vorhin
en Irak angesprochen. Es gehen pro Jahr 956 Milliar-
en Euro in die Rüstung und das Militär. Das ist ein An-
tieg von 18 Prozent seit 2002. Wenn wir, wie die Union
s gewollt hat, unsere Soldaten auch in den Irak ge-
chickt hätten, dann hätten wir noch weniger Geld für
ntwicklungszusammenarbeit.


(Zuruf des Abg. Dr. Christian Ruck [CDU/ CSU])


enn wir auch nur einen Bruchteil der Gelder für Rüs-
ung für die Entwicklungszusammenarbeit ausgäben,
ann hätten wir für die Armutsbekämpfung mehr Geld,
hne uns weiter verschulden zu müssen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1516014100

Herr Kollege, Sie müssen bitte zum Schluss kommen.

Dr. Sascha Raabe (SPD):
Rede ID: ID1516014200

Ich kann damit abschließen. – Wir müssen den Ent-
icklungsländern die Chance geben, ihre Stärken zu ent-
alten. Deswegen müssen wir eine faire Handelspolitik
etreiben. Aus diesem Grunde können wir Ihrem Antrag
icht zustimmen. Ich glaube aber, wir werden uns an an-
erer Stelle über eine gerechte Globalisierung weiter
onstruktiv streiten.
In diesem Sinne danke ich Ihnen für Ihre Aufmerk-

amkeit.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1516014300

Zum Schluss dieses Tagesordnungspunktes hat das
ort der Kollege Hartwig Fischer, CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )



(B) )



Hartwig Fischer (CDU):
Rede ID: ID1516014400

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr

Raabe, ich bin etwas enttäuscht über die Krittelei an un-
serem Antrag. Natürlich beansprucht ein Antrag im
Deutschen Bundestag nicht grundsätzlich Vollständig-
keit in jedem einzelnen Detail, aber wir haben mit unse-
rem Antrag die Möglichkeit geschaffen, dass sich das
Parlament mit dem Thema Tsunami befasst und dass wir
beleuchten können, was sich in den vergangenen acht
Wochen auch auf politischer Ebene abgespielt hat. Sie
wissen, dass es sehr viel Unterstützung für viele Maß-
nahmen der Bundesregierung gegeben hat und dass ein
gemeinsamer Dank an die Hilfsorganisationen erfolgt
ist. Es hat eine unglaubliche Spendenbereitschaft und
Anteilnahme der Bürgerinnen und Bürger gegeben.

Das Positive an der Katastrophe bestand darin, dass
die Welt zusammengerückt und bereit gewesen ist, über
Grenzen und politische Gegensätze hinweg zu handeln.
Ich will aber auch betonen, dass die Realität und die im
Fernsehen übertragenen Bilder grausam sind. Frau
Dr. Ober, Herr Löning und ich haben die Situation in
Banda Aceh erlebt und wissen von daher, dass eine rote
Fahne auf einem Steinhaufen bedeutet, dass noch immer
Tote darunter liegen, und dass eine weiße Fahne bedeu-
tet, dass diese Fläche abgesucht worden ist.

Wir haben erlebt, wie sich die Helfer dort mit der Un-
terstützung der verschiedenen Regierungen eingesetzt
haben. Wir haben aber auch feststellen müssen, dass es
noch unversorgte und unterversorgte Bereiche gibt. Wo
die Kameras fokussiert sind, passiert eine ganze Menge.
Aber in anderen Küstenstreifen 200 oder 300 Kilometer
entfernt läuft die Hilfe erst noch an.

Die NGOs haben viel geleistet. Ich habe selbst miter-
lebt, wie Luftfahrt ohne Grenzen innerhalb von drei Ta-
gen in der Lage war, eine Hilfsgüterlieferung nach Co-
lombo zu bringen, die sie auch mit dem Auswärtigen
Amt genau abgestimmt hatte.

Wir erleben, dass Partnerschaftsinitiativen in allen
Bundesländern, in vielen Kommunen und auch in Verei-
nen entstanden sind und dass selbst dort eine Koordina-
tion stattfindet, wo früher politische Gegensätze zwi-
schen den Ländern bestanden, die aber im Interesse der
Sache beiseite geschoben werden. Die Partnerschaftsini-
tiativen können dazu beitragen, dass auch die Menschen
näher zusammenrücken, wenn zum Beispiel Schulen,
Kirchen oder andere in diesen Initiativen dauerhaft und
nachhaltig zusammenarbeiten.

Wir müssen allerdings darauf achten, dass im Hinter-
land mancher Länder nicht der Eindruck entsteht, dass es
bei der Versorgung und dem Neuaufbau vernachlässigt
wird, wie wir es bereits in Gesprächen festgestellt haben.


(Ute Kumpf [SPD]: Loben Sie doch mal die Regierung!)


Alle Maßnahmen können nur gemeinsam mit den Ver-
antwortlichen vor Ort durchgeführt werden.

Es besteht kein Zweifel daran – dieser Punkt wurde
bereits angesprochen –, dass in der Flutkatastrophe auch
eine Chance besteht, nämlich die Chance auf Frieden in
Sumatra, in Indonesien und auf Sri Lanka. Es ist aber
nicht nur eine Chance, sondern auch eine Forderung. Die

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(C (D enschen, die bereit sind, sich dort zu engagieren und eld zu spenden – egal, ob es 5 Euro, 500 Euro oder ehrere Tausend Euro sind –, haben einen Anspruch arauf, dass zwischen den Rebellen und der jeweiligen egierung ernsthaft verhandelt wird. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Markus Löning [FDP])


ch erwarte, dass diejenigen, die politische Verantwor-
ung tragen, den Friedensprozess, der dort ermöglicht
ird, begleiten.
Ein Punkt macht mich im Zusammenhang mit der

lutkatastrophe sehr nachdenklich. Wir können glück-
ich darüber sein, dass die Bevölkerung insgesamt eine
olche Spendenbereitschaft an den Tag legt. Aber ich
laube, dass wir im Parlament, aber insbesondere auch
ie Medien aus der Katastrophe eine neue Verantwor-
ung abzuleiten haben. Dabei handelt es sich um die Ver-
ntwortung hinsichtlich der Frage, ob es ausreicht, den
okus immer nur über einen bestimmten Zeitraum auf
estimmte Bilder zu lenken.
Wer sich mit der Situation in Darfur, im Kongo oder

n Simbabwe befasst, wird feststellen, dass uns manch-
al über zwei oder drei Wochen eine Katastrophensitua-
ion vorgestellt wird, dass wir einige Zeit helfen und
ass die jeweilige Region dann wieder aus unserem
lickwinkel verschwindet. Ich glaube, dass wir im Par-
ament eine Verantwortung dafür haben, dass nicht nur
n Katastrophenfällen über nachhaltige Entwicklung
nd die Bereitschaft zu teilen diskutiert wird. Vielmehr
st eine breite Diskussion innerhalb der Bevölkerung und
it den Medien notwendig. Denn ohne die Medien kom-
en wir nicht weiter. Ich habe den Eindruck, dass durch
iese Katastrophe das Bewusstsein für das Elend in die-
er Welt geschärft worden ist und dass wir aufgrund die-
er Katastrophe die Chance haben, mehr Gemeinsamkeit
m Hinblick auf andere Gebiete zu erreichen. Wenn das
ine Lehre aus dieser Katastrophe ist, dann kann uns das
iel weiter bringen.
Vielen Dank.


(Beifall im ganzen Hause)


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1516014500

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf
rucksache 15/4657 an die in der Tagesordnung aufge-
ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Besteht darüber Ein-
ernehmen? – Das ist offenkundig der Fall. Dann ist die
berweisung so beschlossen.
Ich rufe die Tagesordnungspunkte 7 a und 7 b auf:
a) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesre-

gierung
Bericht der Bundesregierung zur auswärtigen
Kulturpolitik 2003
– Drucksache 15/4591 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Kultur und Medien (f)

Auswärtiger Ausschuss
Sportausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Norbert Lammert

Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für Tourismus
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Kultur und Medien

(21. Ausschuss)

– zu dem Antrag der Abgeordneten Monika
Griefahn, Eckhardt Barthel (Berlin), Siegmund
Ehrmann, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der SPD sowie der Abgeordneten
Dr. Antje Vollmer, Claudia Roth (Augsburg),
Ursula Sowa, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Auswärtige Kulturpolitik stärken

– zu dem Antrag der Abgeordneten Günter
Nooke, Dr. Friedbert Pflüger, Bernd Neumann

(Bremen), weiterer Abgeordneter und der Frak-

tion der CDU/CSU
Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik
stärken

– Drucksachen 15/2659, 15/2647, 15/3244 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Monika Griefahn
Günter Nooke
Dr. Antje Vollmer
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)


Die Fraktionen haben sich auf eine Debattenzeit von
45 Minuten verständigt. – Ich höre keinen Widerspruch.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat als Erste die
Kollegin Monika Griefahn, SPD-Fraktion.


Monika Griefahn (SPD):
Rede ID: ID1516014600

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Heute liegt uns der achte Bericht der Bundesre-
gierung zur auswärtigen Kulturpolitik vor. Ich bin froh,
dass wir aus diesem Anlass endlich wieder eine Debatte
über dieses wichtige Thema führen. Der Bericht ist wirk-
lich gut gelungen. Anhand zahlreicher konkreter Bei-
spiele bietet er einen Überblick über die aktuellen
Schwerpunkte und die langfristigen Ziele der deutschen
Kultur- und Bildungspolitik im Ausland. Er hat bereits
die Forderung aus unserem Antrag aufgenommen, auch
aus anderen Ressorts zu berichten; das freut mich sehr.
Ich glaube, es ist wichtig, dass wir im gesamten Kultur-
und Bildungsbereich viel stärker zusammenarbeiten.

Die Debatte in den letzten Jahren – auch auf der par-
lamentarischen Ebene – hat Früchte getragen. Viele un-
serer Anregungen sind tatsächlich eingeflossen. Die
Ziele der auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik, von
denen die einzelnen Maßnahmen abgeleitet sind, stehen
im Vordergrund, nämlich die Wahrnehmung der kultur-
und bildungspolitischen Interessen Deutschlands, aber
auch die zahlreichen langfristig angelegten Maßnahmen.
Das bedeutet zum Beispiel die Vermittlung eines zeitge-
mäßen Bildes von Deutschland als Teil eines integrierten
Europas und auch, dass wir einen Wertedialog führen,
dass wir mit dem Dialog der Kulturen zur Konfliktprä-

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(C (D ention beitragen, dass wir die deutsche Sprache in der ulturellen Vielfalt erhalten und dass wir mit dem Dialog it dem Islam Demokratieimpulse in der islamischen elt unterstützen und verstärken. Das alles sind wich ige Punkte, die aufgegriffen worden sind. Bei der auswärtigen Kulturund Bildungspolitik ste en die Menschen im Ausland im Vordergrund. Das eißt, es geht hier nicht um die Arbeit zwischen den Reierungen, sondern um den Dialog Deutschlands, der ittlerorganisationen und der Menschen, die vor Ort tä ig sind, mit anderen Kulturen und damit um die Zivilgeellschaft und deren Multiplikatoren, ob das nun ein eutschkursangebot in Budapest, eine Ausstellung der ildenden Kunst in Beirut, eine Lesung und viele Begegungen von Günter Grass in Kalkutta, das Afrikafestival n Würzburg oder die Initiative „Bücher für den Irak“ ist. as alles sind ganz wichtige, praktische Beispiele. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


In der vorliegenden Bilanz wird deutlich, dass das
uswärtige Amt in seiner Kulturpolitik verstärkt
chwerpunkte gesetzt hat, auf die sich die Arbeit kon-
entriert. Einerseits bietet das die Möglichkeit, die kon-
rete Arbeit an wichtigen Stellen zu intensivieren. Ande-
erseits zeigt sich auch hier sehr deutlich die Folge der
chwierigen finanziellen Situation. Seit fast zehn Jah-
en werden die Mittel immer weiter gekürzt. 2003 stan-
en bei einem Gesamtetat von 552,4 Millionen Euro
iederum 8,1 Millionen Euro weniger als im Vorjahr zur
erfügung. Also ist der Anteil am Bundeshaushalt auf
,2 Prozent geschrumpft. Glücklicherweise konnten wir,
as Parlament, aber erreichen, dass die Mittel für die
uswärtige Kultur- und Bildungspolitik nicht als
ubventionen eingestuft werden, wie es im Koch/
teinbrück-Papier gefordert wird.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ußenkulturpolitik darf nicht unter den Subventionsbe-
riff fallen. Das muss auch so bleiben; denn es geht um
ichts Geringeres als die Bedeutung unseres Landes für
ndere Länder, die Völkerverständigung sowie die Un-
erstützung von kultureller Vielfalt und demokratischer
ntwicklung.


(Beifall bei der SPD)

Welches sind die zentralen Ziele? Eines ist zum Bei-

piel, Deutschland als Bildungs- und Forschungsstandort
eiter voranzubringen. In den 117 Auslandsschulen,
ie wir haben, sind immerhin 70 000 Schüler, von denen
3 000 nicht aus Deutschland stammen. Es gibt zahlrei-
he Programme zur Entsendung von Lehrern an insge-
amt 370 Schulen. Das sind zusammen rund 500 Schu-
en, die intensiv das Fach Deutsch anbieten. Sie sind
ichtige Instrumente dafür, Kindern und ihren Eltern
ußerhalb von Deutschland die Möglichkeit zu geben,
ine besondere Beziehung zu Deutschland und seiner
ultur aufzubauen.
Wir wissen: Wer als Kind begonnen hat, sich mit un-

erem Land und unserer Kultur zu beschäftigen, wird






(A) )



(B) )


Monika Griefahn

auch zum Studieren hierher kommen, wird geschäftliche
Beziehungen zu Deutschland haben, wird deshalb eine
starke Anbindung haben und Botschafter Deutschlands
in seinem Land sein.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Allerdings müssen wir angesichts des Rückgangs der
Entsendungen deutscher Firmen – und auch unserer ei-
genen Institutionen – ins Ausland das Auslandsschulwe-
sen insgesamt reformieren. Dafür wird es ein gemeinsa-
mes Konzept von Parlament, Auswärtigem Amt und
Kultusministerkonferenz geben. Ich bin sehr froh darü-
ber, dass wir jetzt daran arbeiten.

Der Hochschulstandort Deutschland ist weiter ver-
besserungsbedürftig und -fähig. Wir haben durch ver-
stärktes Hochschulmarketing und durch neue englisch-
sprachige Studiengänge an deutschen Hochschulen
einiges erreicht. Der Kollege Tauss wird sicherlich
gleich etwas dazu sagen. Der Deutsche Akademische
Auslandsdienst und die Alexander-von-Humboldt-Stif-
tung sind dabei wertvolle Partner, durch die die Bil-
dungs- und Forschungsarbeit und der Standort Deutsch-
land wirklich gestärkt werden und deren Alumnen später
in ihrem jeweiligen Land als Botschafter für Deutsch-
land wirken.

Wir haben aber auch ein Problem, und zwar hier im
Inland. Das besteht darin, dass die Geistes-, Sozial und
Kulturwissenschaften zurzeit in vielen Bundesländern
von starken Kürzungen bedroht sind.


(Jörg Tauss [SPD]: In Hamburg!)

– Nicht nur da, sondern auch an anderen Stellen. – Da-
durch kommen wir in die Situation, dass uns die Fach-
leute verloren gehen, die wir für die intensive Dialog-
arbeit brauchen. Als wir das Programm „Dialog mit dem
Islam“ begonnen haben – daran möchte ich in diesem
Zusammenhang erinnern – haben wir 27 junge Wissen-
schaftler überwiegend aus den Islam-, Politik- und So-
zialwissenschaften eingestellt. Diese haben hervorra-
gende Arbeit geleistet, zum Beispiel in Kabul, in der
Türkei und in anderen islamischen Ländern. Für uns ist
es sehr wichtig, gerade die positiven, offenen Tendenzen
in den islamischen Ländern zu unterstützen. Dafür brau-
chen wir qualifizierte Mitarbeiter. Wenn diese hier nicht
mehr ausgebildet werden können, dann können wir die
Dialogprogramme nicht weiter durchführen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich appelliere an Sie alle, in Ihren Hochschulen bzw.
in Ihren Bundesländern dafür einzutreten, dass die be-
treffenden Mittel nicht gekürzt werden, dass nicht alles
auf die technischen und die Naturwissenschaften kon-
zentriert wird. Als Mathematikerin finde ich es natürlich
wichtig, dass es die letztgenannten Wissenschaftszweige
gibt. Aber wir müssen auch die anderen Wissenschafts-
zweige entsprechend stark fördern.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


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(C (D Eine wichtige und erfolgreiche Arbeit leisten die 38 Goethe-Institute, die es überall im Ausland gibt. m letzten Jahr kamen mehr als 4,5 Millionen Besucheinnen und Besucher zu den 16 000 von diesen Instituten ngebotenen Veranstaltungen. Das ist zusammen mit den eutschkursen, die es dort gibt, ein umfassendes Angeot. Die starke Nachfrage zeigt, wie groß das Interesse n unserer Kultur im Ausland ist. Jetzt soll, wie es in dem Bericht heißt, das Ganze stär er angebotsorientiert gemacht werden, sprich: die Geühren sollen kostendeckend sein. Damit stoßen wir an renzen der Budgetbelastung. Die Elternbeiträge an den eutschen Schulen, in denen heutzutage bis zu 0 Prozent Gastlandschüler sind, und die Gebühren bei en Goethe-Instituten sind nicht in jedem Fall steigerbar. an kann das auch nicht mit der englischen Sprache ergleichen. Insofern müssen wir auch politisch überleen, was uns die Arbeit dieser Einrichtungen in betimmten Ländern wert ist und ob wir die Anbindung on Menschen aus diesen Ländern an Deutschland tatächlich wollen. Wir können nicht einfach sagen, dass ir das mit der englischen Sprache bzw. mit den englichen Schulen vergleichen müssen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Den Kürzungen darf auch nicht die Kulturarbeit in
leineren Ländern wie Vietnam, den baltischen Staaten
der der Mongolei zum Opfer fallen, die traditionell ein
ehr starkes Interesse an deutscher Kultur haben. Dem
ollten wir Rechnung tragen. Wir sollten keine Lücke
ntstehen lassen zwischen denen, die eine Anbindung an
nser Land bereits haben, und denen, die wir nicht so
tark fördern, weil wir das jetzt gerade nicht so wichtig
inden. Ich meine, hier muss Kontinuität gewahrt blei-
en. Andere Länder, gerade aus dem anglo-amerikani-
chen Bereich, werben sehr aggressiv um Studenten und
prachschüler. Ich meine, hier müssen wir einen politi-
chen Schwerpunkt setzen.


(Günter Nooke [CDU/CSU]: Das müssen wir machen!)


In diesem Punkt müssen wir auch überlegen, ob es
och länger gerechtfertigt ist, dass die finanziellen Mit-
l für die auswärtige Kultur- und Bildungspolitik zu
inem Viertel in der Europäischen Union der 15 verblei-
en. Das müssen wir im Zusammenhang mit der euro-
äischen Integration wirklich überlegen. Wir haben ja
chon heute Morgen eine längere Debatte über die euro-
äische Verfassung geführt. Die deutsch-französische
reundschaft ist wirklich sehr intensiv. Gleichzeitig gibt
s zum Beispiel ein Goethe-Institut in Bordeaux. Ich
telle mir die Frage: Wäre es nicht besser, ein Goethe-
entrum einzurichten, das von der Stadt, von der Uni-
ersität und von uns – wir könnten zum Beispiel Mittel
ür ein paar Programme bereitstellen – getragen wird? In
nderen Bereichen ist es ähnlich.
Wir müssen über einen weiteren Punkt diskutieren,

er in diesem Bericht angesprochen worden ist: die Bud-
etierung der Mittlerorganisationen. Wir kämpfen da-
um bereits seit vielen Jahren. Ich persönlich finde es






(A) )



(B) )


Monika Griefahn

gut, dass es in Italien seit Anfang dieses Jahres ein Pilot-
projekt zur Budgetierung des Goethe-Instituts gibt. Ich
muss aber auch sagen: Ich finde diesen Ansatz noch ein
bisschen zu zaghaft. Ich wünsche mir die Budgetierung
für alle Goethe-Institute und für alle deutschen Schulen,
und das mit einem Komplettbudget, das die Handlungs-
fähigkeit vor Ort wirklich ermöglicht, sodass die Mittel,
die erwirtschaftet werden, tatsächlich vor Ort ausgege-
ben werden können.

In dem Bericht der Bundesregierung wird betont, dass
ein Schwerpunkt auf der Krisenprävention und dem
euro-islamischen Dialog liegt. Dorthin ist auch Geld
geflossen. Wir haben auf diesem Gebiet viel erreicht.
Seit Mai 2000 bietet das Goethe-Institut Ankara in Zu-
sammenarbeit mit der deutschen Botschaft und dem tür-
kischen Außenministerium Kurse für Imame an. Diesen
islamischen Geistlichen die deutsche Sprache und Kultur
zu vermitteln, bevor sie bei uns in muslimischen Ge-
meinden predigen, ist wirklich eine erstklassige und
sinnvolle Sache. Ich glaube, es lohnt sich wirklich, dort
Energie zu investieren.

Das neue Goethe-Institut Kabul in Afghanistan hat es
tatsächlich geschafft, Begegnungen zustande zu bringen
und damit zur Demokratieentwicklung beizutragen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich erinnere auch daran, dass die Deutsche Welle vor Ort
Alphabetisierungsprogramme durchführt und Journalis-
ten ausbildet. Das alles sind nur wenige Beispiele, die
zeigen, wie man mit wenig Geld ganz viel erreichen
kann. Auf diese Art und Weise können wir sozusagen ei-
nen Fuß in diese Länder setzen.

Auch die Arbeit in der Breite ist wichtig. In den
letzten Jahren ist verstärkt der Ansatz verfolgt worden,
Lesesäle einzurichten. Inzwischen sind fast 60 in
25 Ländern eingerichtet worden. Letztes Jahr hatte ich
die Gelegenheit, mit Frau Limbach den Lesesaal in
Pjöngjang zu eröffnen. Wie wichtig es gerade in dieser
Zeit für Studenten und Bürger in Nordkorea ist, einen
Anlaufpunkt zu haben, um mit anderen Gedanken, mit
anderen Ideen konfrontiert zu werden und um andere In-
formationen zu bekommen, ist jedem offensichtlich. Das
ist wirklich ein zukunftsfähiges Modell.

Ich begrüße auch sehr, dass die Bundesregierung über
20 Buchmessen gefördert hat, so auch in China. Leider
ist die Buchmesse in Kuba letztes Jahr abgesagt worden.
Ich glaube, wir müssen uns mehr dort engagieren, wo die
Bürger sind. Die Bürger sind auf den Buchmessen. Dort
können wir sie erreichen. Da können wir einen Dialog
führen, als Anlaufpunkt dienen, Ideen verbreiten und zur
Demokratieentwicklung sowie zur Konfliktprävention
beitragen. Ich hoffe, wir werden diese Arbeit fortsetzen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die europäische Ebene spielt eine wichtige Rolle. Be-
sonders in der Kooperation mit unseren europäischen
Partnern können wir die Arbeit in vielen Ländern inten-
sivieren. Zum Beispiel ist die Planung der Unterbrin-

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(C (D ung des deutschen und des französischen Kulturinstits in Moskau in einem gemeinsamen Gebäude icherlich ein gutes Signal. Ich verweise auch auf die ielen Lesesäle gerade in Russland, die gemeinsam von eutschland und Frankreich eingerichtet worden sind. Wenn wir uns Europa anschauen, dann erkennen wir, ass wir noch sehr viel auf den Weg bringen müssen. ie Diskussion im Rahmen der Gemeinsamen Außennd Sicherheitspolitik wird immer noch zu gering gechätzt. Die auswärtige Kulturpolitik der Europäischen nion muss ein eigenes Standbein bekommen. Auch unere Verteidigungsund Sicherheitspolitiker müssen dies u ihrer Aufgabe machen, damit klar wird: Das ist ein ichtiges Mittel, um Krisenprävention zu betreiben. Es eht nicht nur darum, Polizeikräfte auszubilden, sondern uch darum, den Dialog vor Ort durch gemeinsame Antrengungen der Europäer zu organisieren. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1516014700

Das war ein wunderschöner Schlusssatz, Frau Kolle-

in.

Monika Griefahn (SPD):
Rede ID: ID1516014800

Ja.
Ich wünsche mir nur noch, dass die Herrschaften in

iesem Saal unseren Antrag, der vieles dessen, was ich
ier angesprochen habe, beinhaltet, unterstützen und
ass wir die auswärtige Kulturpolitik, wie wir es bislang
etan haben, sehr einvernehmlich vorantreiben.

(Günter Nooke [CDU/CSU]: Wir sollten den besseren Antrag unterstützen, nämlich unseren!)


Herr Nooke, ich sage Ihnen: Ihr Antrag geht sicherlich
n eine andere Richtung, auch wenn er viele unserer An-
ätze unterstreicht. Deswegen können Sie uns unterstüt-
en.
Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1516014900

Ich erteile dem Kollegen Dr. Klaus Rose, CDU/CSU-

raktion, das Wort.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Klaus Rose (CSU):
Rede ID: ID1516015000

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Es ist nicht einmal ein ganzes Jahr her, dass wir
en letzten Bericht diskutiert haben. Das ist auf den ers-
en Blick sehr erfreulich. Es scheint so zu sein, als wäre
ie auswärtige Kulturpolitik im Zentrum der Diskussion
m Parlament.
Wir haben vor einem Jahr eine große mediale Be-

leitung gehabt, weil es damals wegen der Koch/
teinbrück-Initiative, nach der man manches aus die-
em Bericht als Subvention betrachten sollte, Ärger gab.






(A) )



(B) )


Dr. Klaus Rose

So haben manche Zeitungen geschrieben, dass das Ende
der auswärtigen Kulturpolitik ansteht. Das alles ist Gott
sei Dank nicht eingetreten. Man hatte damals einen
Schuldigen: Die linke Seite des Hauses hatte mehr Koch
gelesen. Wir hatten mehr Steinbrück gelesen.


(Horst Kubatschka [SPD]: Aber das Ergebnis war immer das gleiche! – Heiterkeit)


Man konnte sich dann aussuchen, wer denn an der Mi-
sere der auswärtigen Kulturpolitik eigentlich schuld ist.


(Jörg Tauss [SPD]: Die Addition war das Schlimme! – Heiterkeit)


Inzwischen ist dieses Thema vom Tisch. Aber ist die
auswärtige Kulturpolitik in bessere Bahnen gekommen?


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Nein!)

Gibt es mehr Geld?


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Nein!)

Hat man ein neues Konzept? Kann man feststellen, dass
wirklich intensiv nachgedacht wurde, um großartige
neue Konzepte auf die Welt zu bringen, wie das früher
üblich war, als Sie noch in der Opposition waren und ge-
sagt haben, der Geist stehe links? Null ist vorhanden!
Fehlanzeige! Meine Damen und Herren von der heutigen
Regierungskoalition, Sie haben auch auf diesem Feld
nichts Besonderes bewerkstelligt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Die Kollegin Griefahn hat natürlich ein paar schöne

Dinge aufgezählt. Sie hat im Grunde genommen den Be-
richt vorgetragen. Ich möchte ein paar Punkte heraus-
greifen.

Mich ärgert da etwas. Man redet bei der auswärtigen
Kulturpolitik ja so schön von der Kultur. Es sind zwei
Anträge vorgelegt worden, die im Grunde genommen
das Gleiche wollen. Dass die beiden Anträge schon vor
einem Jahr gestellt wurden


(Monika Griefahn [SPD]: Unserer war eher da! – Gegenruf des Abg. Günter Nooke [CDU/ CSU]: Unserer!)


und erst jetzt diskutiert werden, zeugt schon von einem
seltsamen Demokratieverständnis hier im Parlament.
Auch dass es in den Ausschüssen so typisch lief – die
Koalition hat für ihren Antrag gestimmt und den unseren
abgebügelt; wir konnten dann natürlich nichts anderes
tun, als unseren Antrag aufrechtzuerhalten –, zeugt nicht
von einer besonderen Kultur. Sie sagen nun, dass wir ge-
meinsam etwas tun wollen, dass Parlament, Regierung
und sonst wer gemeinsam arbeiten sollen. Ich bin sehr
gespannt, wie das in der Zukunft besser werden soll,
nachdem Sie in der Vergangenheit ja anderes bewiesen
haben.

Es gäbe eine Reihe von Positionen innerhalb dieses
Berichts der Bundesregierung zur auswärtigen Kulturpo-
litik anzusprechen. Ich kenne die Materie aus vielen Jah-
ren intensiver Arbeit. Ich habe viele Auslandsbesuche
gemacht, auch Auslandsschulen, Goethe-Institute usw.

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(C (D esucht. Was mich ärgert, ist – das sage ich heute ieder –: Es findet nirgendwo Nachhaltigkeit statt. ie Stiftungen haben keine Planungssicherheit. Das ängt bei der Alexander-von-Humboldt-Stiftung an, auch enn sie vor kurzem ein schönes Jubiläum gefeiert hat, nd geht bis hin zu den politischen Stiftungen. Wenn an mit denen redet, erfährt man, dass sie im Grunde enommen keine Chance haben, sich für einige Jahre im oraus etwas vorzunehmen, weil immer das Damokleschwert des Sparens und der globalen Minderausgabe ber ihnen schwebt. Das ist doch keine zukunftsgerichte Kulturpolitik. (Jörg Tauss [SPD]: Eigenheimzulage, Herr Kollege! Ganz schnell! – Gegenruf des Abg. HansJoachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Jäger 90!)


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Richtig!)


Auf einen kulturell so hoch stehenden Zwischenruf
on Ihnen, Herr Tauss, habe ich gewartet. Sie verglei-
hen wirklich Äpfel mit Birnen. Wir reden von der Kul-
rpolitik.


(Jörg Tauss [SPD]: Wir reden von Bildung!)

as ist genau der Punkt, den ich jetzt wieder aufgreife.
Zu einem Punkt möchte ich die Bundesregierung et-
as fragen. Es wird in der UNESCO im Zusammenhang
it der WTO auch diskutiert, in welchem Maß interna-
onales Kulturgut weltweites Handelsgut werden soll.
s gibt europäische Regierungen, die der Meinung sind,
ass das unter keinen Umständen sein darf. Mich würde
chon interessieren, wie die Bundesregierung dazu steht,
ie man nach ihrer Auffassung nationales Kulturgut
öglicherweise schützen, möglicherweise besonders un-
rstützen kann, um die nationale Eigenart wirklich bei-
ubehalten. Bisher habe ich dazu wenig gehört. Aber das
t eine wichtige Frage unserer auswärtigen Kulturpoli-
k.
Wie die Kollegin Griefahn habe auch ich das Schrei-

en des Weltverbandes der deutschen Auslandsschulen
ekommen. Sie haben Alarm geschlagen. Da kann man
icht sagen, es gebe viele Schulen und es sei alles wun-
erbar.


(Monika Griefahn [SPD]: Das habe ich nicht gesagt!)


ie haben Alarm geschlagen, weil sie sich in ihrer Zu-
unftsfreudigkeit von der deutschen Seite eigentlich
ehr erwartet haben, weil sie eine wichtige Aufgabe
raußen in der Welt erledigen. Stattdessen hatten wir vor
urzem noch 1 044 Lehrer. Die Zahl sinkt, im nächsten
ahr um 69. Es wird also immer weniger gemacht. Sie
aben es zwar so dargestellt, dass man in Westeuropa
eniger tue und dafür Verschiebungen woandershin vor-
ehme. Das mag ja sein. Insgesamt ist aber festzuhalten,
ass auch die Konferenz des Weltverbandes Deutscher
uslandsschulen sehr besorgt ist, dass es nicht mehr ver-
ünftig weitergeht. Ich kann nur darum bitten, dass wir
den zuständigen Ausschüssen im Parlament gemein-
am diesbezügliche Überlegungen anstellen; denn auch
ie Auslandsschulen brauchen Planungssicherheit.






(A) )



(B) )


Dr. Klaus Rose

Ebenso muss es hier mehr Flexibilität geben und es darf
nicht etwas angerechnet werden, was nicht dazugehört.
So wurde die Europäische Schule, die in Frankfurt steht,
finanziell mit einbezogen. Dabei handelt es sich aber
doch um keine Auslandsschule.

Ich habe insgesamt das Gefühl, das ich hier und heute
zum Ausdruck bringen möchte, dass man von Ihrer Seite
aus, weder in der Fraktion noch in der Führung des Hau-
ses, der Kulturpolitik keine besonders große Aufmerk-
samkeit widmet.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Ich möchte deshalb – Sie wissen ja, dass ich sonst frei
spreche – Artikel aus zwei Zeitungen zitieren, in denen
das meiner Meinung nach sehr gut belegt wird. Klassi-
scher und drastischer als die „Süddeutsche Zeitung“
kann man die Misere in der auswärtigen Kulturpolitik
gar nicht beschreiben. Am 23. Dezember letzten Jahres
wurde das Auf und Ab beim Goethe-Institut kommen-
tiert. Bekanntlich gab es drei Generalsekretäre in vier
Jahren, nicht mitgerechnet die provisorischen Generalse-
kretäre. Da scheint etwas nicht ganz gut gelaufen zu
sein. Man hat zwar ein paar gute Programme mit der ara-
bischen Welt aufgelegt und vielleicht auch das eine oder
andere Gute gemacht. Aber ansonsten ist das Haupt-
merkmal der ganzen Arbeit fehlendes Geld. Der Kom-
mentator in der „Süddeutschen Zeitung“ zieht daraus
den Schluss: Sowohl dem Auswärtigen Amt wie seinem
Chef ist „das Kulturelle im Grunde fremd“. Es wird nur
die Kulturvermittlung bürokratisch abgewickelt.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: So ist es!)


Es ist leider wahr: Wenn sich ein Chef nicht um sein
Amt kümmert, dann kann man auch nicht erwarten, dass
er sich um die auswärtige Kulturpolitik kümmert. Nach-
dem sich gezeigt hat, wie fremd ihm alles ist, wundert
mich auch dieses Ergebnis nicht mehr.

Die Grünen haben zwar versucht, eine neue Auslän-
derpolitik zu machen. Das Ergebnis war ein Scherben-
haufen. Aber dem wichtigen Instrument „auswärtige
Kulturpolitik“ haben sie bisher keinerlei Impulse gege-
ben. Deshalb konnte auch die „Frankfurter Allgemeine
Zeitung“ am 15. Februar dieses Jahres schreiben:

Wir beginnen zu begreifen, daß die Grünen und ihr
Außenminister durch Visapolitik Kulturpolitik im
großen Stil betreiben, obwohl sie im eigenen Hause
die Mittel für auswärtige Kulturpolitik unbarmher-
zig immer weiter kürzen… Man kann nur von einer
Politik des Hasards reden.

Recht hat die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“: Hasar-
deure sind in der Politik nirgendwo gut,


(Jörg Tauss [SPD]: Oh, Herr Rose! – Eckhardt Barthel [Berlin] [SPD]: Auch nicht am Rednerpult!)


in der auswärtigen Kulturpolitik sowieso nicht. Meine
Damen und Herren speziell von der Regierung – Sie sind

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(C (D heute zahlenmäßig einigermaßen vertreten –, schreien Sie sich auch diese Kritik hinter Ihre (Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Ohren!)


ktendeckel und schauen Sie, dass Sie hier mehr brin-
en, als Sie in der letzten Zeit geleistet haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1516015100

Für die Bundesregierung hat jetzt das Wort die Staats-
inisterin Kerstin Müller.
K
Kerstin Müller (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516015200

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
err Kollege Rose, den Vorwurf, dass die auswärtige
ulturpolitik für uns keinen besonderen Stellenwert
abe, will ich hier direkt zu Beginn ganz entschieden zu-
ückweisen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Günter Nooke [CDU/CSU]: Das hilft aber nichts!)


ür uns – das haben wir auch ganz konkret in unserer
olitik der letzten Jahren gezeigt – ist die auswärtige
ulturpolitik ein unverzichtbarer, ein konstitutiver Teil
nserer Außenpolitik.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

rau Griefahn hat hierzu schon einiges gesagt. Ich werde
azu jetzt auch noch ausführen.
Wenn wir Krisen verhindern oder ausgebrochene
onflikte bewältigen wollen, müssen wir auf den Kul-
urdialog setzen. Dass das Motto „Kultur gegen Krisen“
ine Erfolgsgeschichte sein kann, hat diese Bundesregie-
ung immer wieder unter Beweis gestellt. Ein Beispiel
afür ist etwa der Stabilitätspakt Südosteuropa. Er setzt
it großem Erfolg gerade auch auf Kultur- und Bil-
ungsarbeit, etwa wenn der Deutsche Akademische
ustauschdienst auf dem Balkan Hochschulpartner-
chaften zwischen ehemaligen Kriegsgegnern vermittelt.
Auch in anderen Regionen, von deren Stabilität un-

ere eigene Sicherheit maßgeblich abhängt, leistet die
eutsche auswärtige Kultur- und Bildungspolitik ganz
ichtige Beiträge. Ich greife als Beispiel den Brenn-
unkt Afghanistan heraus. Gerade im kulturpolitischen
ereich haben wir hier viel gemacht. Ich möchte nur ein
eispiel anführen. In Afghanistan hat das Goethe-Insti-
ut im September 2003 als erstes westliches Kulturinsti-
ut nach dem Sturz des Talibanregimes seine Arbeit wie-
er aufgenommen. Das war für uns ein ganz wichtiger
unkt. Außerdem haben wir in Kabul in den letzten Jah-
en unter anderem zwei Schulen wieder aufgebaut, die
underten von Jungen und Mädchen eine neue Lebens-
erspektive geben. Mit solchen Initiativen leisten die
itarbeiterinnen und Mitarbeiter des Auswärtigen Am-

es und der Kulturmittler Pionierarbeit, und das oft unter
en schwersten Bedingungen.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)







(A) )



(B) )


Staatsministerin Kerstin Müller

Eine andere Herausforderung an die Kulturpolitik

stellt die Globalisierung dar. Sie beschränkt sich längst
nicht mehr nur auf das Wirtschaftsleben. Gerade Ideen
und Lebensstile verbreiten sich heutzutage mit großem
Tempo. Von manchen als Bedrohung der Vielfalt
menschlicher Lebensformen gefürchtet, wird kulturelle
Globalisierung oft aber auch als Bereicherung erfahren,
die zu neuen, bisweilen überraschenden Einsichten ver-
leitet. Das hat – ich will auch in diesem Zusammenhang
ein Beispiel nennen – zuletzt die eindrucksvolle Ausstel-
lung „Identity versus Globalisation“ der Heinrich-Böll-
Stiftung gezeigt, die ich im letzten Herbst in Berlin er-
öffnet habe.

Herr Rose, die auswärtige Kulturpolitik macht sich
gerade im Rahmen der UNESCO für ein zukunftswei-
sendes Übereinkommen zum Schutz der kulturellen
Vielfalt stark.


(Beifall dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ich kann das hier im Einzelnen nicht ausführen, weil da-
für die Zeit nicht reicht. Gerade in der letzten Woche ha-
ben wir im Auswärtigen Amt im Rahmen des Forums
„Globale Fragen“ eine große, sehr gut besuchte Debatte
durchgeführt, in der wir den Stand der Verhandlungen
dargestellt haben. Sie sind zu diesen Diskussionen herz-
lich eingeladen. Für uns ist das ein ganz wichtiges Anlie-
gen.


(Beifall dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Unter dem Vorzeichen der Globalisierung stellt sich
die auswärtige Kultur- und Bildungspolitik auch einer
anderen Aufgabe: In der modernen Informationsgesell-
schaft ist Wissen zum entscheidenden Produktionsfaktor
geworden. Heute besteht im Wettbewerb nur, wer am
weltweiten Ideenaustausch teilnimmt und die besten
Köpfe erreicht. Wir tragen entscheidend zur Stärkung
des Standorts Deutschland bei, wenn wir durch deutsche
Auslandsschulen, Sprachkurse oder Stipendien den in-
ternationalen Wissenstransfer stärken.

Auf diesem Gebiet haben wir in den letzten Jahren
Beachtliches erreicht. Auch das gehört zu der Bilanz.
Nach den USA und Großbritannien ist Deutschland
heute weltweit einer der beliebtesten Studienstandorte.
An diesem Erfolg hat auch die auswärtige Kultur- und
Bildungspolitik einen ganz entscheidenden Anteil.


(Beifall dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Vor diesem Hintergrund freue ich mich besonders,
dass es uns gelungen ist, die auswärtige Kultur- und
Bildungspolitik im Jahr 2005 weitgehend von Mittelkür-
zungen auszunehmen, und das trotz großer Ein-
sparungen im Bundeshaushalt. Ich danke in diesem Zu-
sammenhang Ihnen allen, über alle Fraktionsgrenzen
hinweg, für die Unterstützung und das Engagement. Ob
Steinbrück oder Koch – es bleibt dabei: Auswärtige Kul-
tur- und Bildungspolitik ist keine Subvention – diese
Idee war wirklich absurd –, sie ist eine Investition in un-
sere Zukunft. Deshalb werden wir auch weiter in diese
Zukunft investieren.

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(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ich möchte in diesem Zusammenhang ganz ausdrück-
ich die Anstrengungen der Mittlerorganisationen,
twa des Goethe-Instituts, würdigen, die in den letzten
ahren große Kreativität und Anstrengungen bei der Um-
etzung der Sparbeschlüsse gezeigt haben. Für die dabei
rreichten Effizienzgewinne in Verbindung mit neuer
chwerpunktsetzung, gebührt ihnen große Anerken-
ung.


(Beifall dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


azu rechne ich auch die neuen Programme, mit denen
ach dem Herbst 2001 der Dialog der Kulturen als Mittel
ur Krisenprävention gefördert wurde.
Eines ist klar: Angesichts knapper Mittel im Bundes-

aushalt bleibt die auswärtige Kultur- und Bildungspoli-
ik nur dann zukunftsfähig, wenn wir sie zielstrebig mo-
ernisieren und wirtschaftlicher machen. Auf diesem
eg sind wir bisher gut vorangekommen.
Selbstverständlich haben wir auch ein Konzept, wie

s weitergehen soll. Für die nächste Zeit sind drei wich-
ige Neuerungen vorgesehen. Ich möchte sie kurz erwäh-
en:
Erstens. Wir wollen die regionalen Schwerpunkte der
ulturarbeit anpassen. Wir wollen uns also noch stärker
ls bisher in Regionen engagieren, die von besonderem
ußenpolitischen Interesse sind. Dazu zählen die zukünf-
igen Staaten der Europäischen Union genau so wie Ost-
sien und der Nahe und Mittlere Osten.
Zweitens. Um trotz knapper Mittel weiterhin neue

deen anpacken zu können, gehen wir auch bei der Fi-
anzierung der Kulturarbeit neue Wege. Wir suchen stär-
er als bisher die Zusammenarbeit mit Privaten.
Drittens entwickelt das Auswärtige Amt die Steu-

rungsinstrumente der auswärtigen Kulturpolitik konse-
uent weiter. Vor wenigen Tagen hat das Auswärtige
mt beispielsweise zum zweiten Mal eine Zielvereinba-
ung mit der deutschen UNESCO-Kommission ge-
chlossen.


(Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD])

Ich bin davon überzeugt, dass diese Neuerungen die

eutsche auswärtige Kultur- und Bildungsarbeit dauer-
aft stärken werden. Wir handeln als Bundesregierung
arum ganz im Sinne der Beschlussempfehlung des Aus-
chusses für Kultur und Medien vom Mai letzten Jahres,
ie ich ausdrücklich unterstütze. Ich denke, in diesem
ntscheidenden Punkt sind wir uns doch über die Frak-
ionsgrenzen hinweg einig: Die auswärtige Kultur- und
ildungspolitik ist und bleibt ein konstitutiver Bestand-
eil deutscher Außenpolitik, dessen Zukunft wir sichern
üssen und wollen. In diesem Zusammenhang ist ge-
ade eine lebendige und kreative Kulturpolitik eine wirk-
ich nachhaltige und vernünftige Investition in die Zu-
unft.
Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)







(A) )



(B) )



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516015300

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Hans-Joachim

Otto.

(Jörg Tauss [SPD]: Aber bitte versöhnlich! – Gegenruf des Abg. Günter Nooke [CDU/ CSU]: Na, na, na!)



Hans-Joachim Otto (FDP):
Rede ID: ID1516015400

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich lau-

sche immer wieder ganz angetan den Reden von Frau
Griefahn und Frau Staatsministerin Müller.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sie sind wirklich voll von schönen Begriffen. Wir sind
beglückt, wenn wir das alles hören.


(Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD] – Monika Griefahn [SPD]: Wir wollten Sie beglücken, Herr Otto! – Jörg Tauss [SPD]: Stören Sie die Harmonie nicht!)


Meine Aufgabe ist es, diese schönen Worte mit der
nüchternen Realität etwas zu kontrastieren.

Der erste Satz Ihres Antrages lautet:
In den letzten Jahren, spätestens seit der „Konzep-
tion 2000“, gewinnt die auswärtige Kulturpolitik …
zunehmend an Bedeutung.

Dieser hoffnungsfrohe Befund steht leider in einem dia-
metralen Gegensatz zu den nüchternen Zahlen der Reali-
tät, insbesondere des Haushaltes.

Bereits der heute zu diskutierende Bericht der Bun-
desregierung weist nach, dass sich die Mittel des
Bundes für auswärtige Kultur- und Bildungspolitik
keineswegs vergrößert, sondern nachweislich und konti-
nuierlich verringert haben. Ich will Ihnen die Zahlen
noch einmal vor Augen rufen: 1997 – da war noch eine
andere Regierung dran – betrugen die Ausgaben für
AKP – auswärtige Kultur- und Bildungspolitik –
607,4 Millionen Euro; 2004 sind diese Mittel auf
543,6 Millionen Euro heruntergefahren worden. Das ist
eine Kürzung um 63,8 Millionen Euro, also um rund
15 Prozent. Von einem „zunehmend an Bedeutung ge-
winnen“ kann man da leider nicht sprechen.


(Beifall bei der FDP)

Noch bedenklicher ist – das müssen wir uns immer

vor Augen halten, wenn Sie von der großen dritten Säule
und der konstitutiven Bedeutung sprechen –, dass im
Zeitraum von 1993 bis 2003 der Anteil der Ausgaben für
die auswärtige Kultur- und Bildungspolitik am Gesamt-
haushalt des Auswärtigen Amtes von 32,8 Prozent auf
unter 25 Prozent gesunken ist. Es geht hier also nicht um
relative oder gleich bleibende Kürzungen im Rahmen
der übrigen Kürzungen des Auswärtigen Amts, sondern
es geht hier eindeutig um überdurchschnittliche Kürzun-
gen.

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(C (D Meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen on SPD und Grünen, in Ihrem Antrag fordern Sie an entraler Stelle, die Haushaltsmittel für die auswärtige Kulturund Bildungspolitik nachhaltig zu gestalten … Sie nicken, Frau Griefahn. Ich kann Ihnen nur sagen: iese Nachhaltigkeit möchte ich gerne einmal sehen. Weil „Nachhaltigkeit“ inzwischen zu einem rot-grü en Modewort geworden ist, habe ich mich einmal im uden informiert, was Nachhaltigkeit eigentlich heißt. s bedeutet: sich auf längere Zeit stark auswirkend. Ist lso Ihr „nachhaltig“ so zu verstehen, dass die seit Jahen sinkenden Haushaltsmittel auf längere Zeit noch eiter sinken sollen? Vor diesem Hintergrund hat die FDP-Fraktion im zu tändigen Ausschuss beantragt, die schöne Worthülse ie folgt zu konkretisieren: Eine nachhaltige Gestaltung der Haushaltsmittel für die auswärtige Kulturpolitik ist so zu verstehen, dass mit dem Haushalt 2005 der Ansatz der Haushaltsmittel für die auswärtige Kulturpolitik auf das Niveau vor dem Vermittlungsergebnis Koch/Steinbrück – zurückgeführt wird und für die Folgejahre zumindest eine Verstetigung dieses Mittelansatzes stattfindet. ir sind Kummer gewohnt, jeder Antrag der FDP wird on Ihnen zurückgewiesen. Interessant ist die Begründung, mit der Sie unseren ntrag zurückgewiesen haben. Im Ausschussprotokoll eißt es: Der Punkt des Änderungsantrags der Fraktion der FDP, der die nachhaltige Gestaltung des Haushalts betreffe, könne nicht mitgetragen werden, da es bereits um eine Festlegung für die Zukunft gehe. nschaulicher lässt sich der Beweis nicht führen, dass es hnen nur um unverbindliche, blumige Worthülsen geht tatt um eine belastbare und – jetzt verwende ich das ort – nachhaltige Zukunftsentscheidung. Wenn Sie bereits die Forderung nach einer Versteti ung der Mittel als eine unerträgliche Festlegung ablehen, dann können wir all Ihre hehren Beteuerungen von er wachsenden Bedeutung der auswärtigen Kulturpoliik schlicht und einfach vergessen. Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen ammert? Sehr gerne. Herr Kollege Otto, könnten Sie mir helfen, einen Zu sammenhang herzustellen zwischen der Zurückweisung des FDP-Antrages wegen der Bindewirkung für die Zukunft und dem Hinweis der Staatsministerin in dieser Debatte, dass es sich bei Kulturausgaben nicht um Subventionen, sondern um Investitionen in die Zukunft handele? Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Lammert. Es ist inte ressant, dass die Kolleginnen und Kollegen von den Koalitionsfraktionen die Mittel für die auswärtige Kulturund Bildungspolitik zu Recht als eine Investition betrachten, aber gleichzeitig nicht mit allen Fraktionen dazu beitragen wollen, diese Ausgaben zu verstetigen. Wenn wir ihr Argument von der Nachhaltigkeit – die Kolleginnen und Kollegen von Rot-Grün mögen dieses Wort – ernst nehmen würden, dann müssten sie zumindest einer minimalen Verstetigung, nämlich dem Halten des derzeitigen Niveaus, zustimmen. Frau Staatsministerin und die für den Ausschuss für Kultur und Medien zuständigen Kolleginnen und Kollegen der SPD und der Grünen, ich kann nicht verstehen, dass Sie einer solchen Konkretisierung des Nachhaltigkeitsbegriffs nicht zustimmen wollen. Herr Kollege Lammert, Sie haben völlig Recht: Wer von Investitionen in die Zukunft spricht, der muss wenigstens eine Verstetigung akzeptieren. Das ist die Minimalforderung, die wir an Rot-Grün stellen. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. Anje Vollmer)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516015500
Hans-Joachim Otto (FDP):
Rede ID: ID1516015600




(A) )


(B) )

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1516015700
Hans-Joachim Otto (FDP):
Rede ID: ID1516015800

Lassen Sie mich abschließend noch eine Bemerkung
zu einem anderen Punkt machen. Frau Griefahn und
Frau Müller, Sie haben immer davon gesprochen, dass
die regionale Schwerpunktsetzung wichtig sei. Eine
Ihrer Forderungen ist, die Mittel für Westeuropa auszu-
dünnen und stattdessen auf andere Regionen der Welt zu
verteilen. Frau Müller spricht in diesem Zusammenhang
von außenpolitisch interessanten Regionen. Es drängt
sich uns der Eindruck auf, dass je diktatorischer und
amerikafeindlicher ein Land ist, desto größer seine
Chancen sind, dass dort ein Goethe-Institut eröffnet
wird. Ich nenne als Beispiele Pjöngjang – dieses Beispiel
haben auch Sie erwähnt –, Algier, Peking und Havanna.
Stattdessen werden viel besuchte und etablierte Institute
in unseren europäischen Partnerländern und in den USA
reihenweise geschlossen.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Widerspruch des Abg. Jörg Tauss [SPD] – Eckhardt Barthel [Berlin] [SPD]: Das ist ein falscher Zungenschlag, Herr Kollege!)


Diese regionale Schwerpunktsetzung werden wir sehr
nachhaltig prüfen. Denn es geht nicht an, dass wir unsere
europäischen Partner, mit denen wir eine gemeinsame
europäische Identität begründen wollen, vor den Kopf
stoßen und stattdessen in Algier, Havanna und Pjöngjang
viel Geld ausgeben. Wir sollten damit etwas vorsichtiger

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(C (D ein. Der Drang hin zu Diktaturen sollte auf jeden Fall ritisch beleuchtet werden. Meine Kollegen von SPD und Grünen, ich denke, ass der Erfolg unserer auswärtigen Kulturund Bilungspolitik ganz entscheidend davon abhängt, ob wir in er Lage sind, im Parlament über die Fraktionsgrenzen inweg einen Konsens herzustellen. Ich sage Ihnen noch inmal: Ich kann nicht verstehen, wenn wir ganz im inne der Grünen Nachhaltigkeit in diesem Bereich forern, Sie aber jede Präzisierung ablehnen. Ich bitte Sie, ei den Haushaltsberatungen dafür Sorge zu tragen, dass ieser Bereich nicht weiter als Steinbruch dient, sondern ass wir eine Verstetigung der Mittel für die auswärtige ulturpolitik erreichen. Vielen Dank. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie verträgt sich das mit Ihren Steuersenkungen? Erst nimmt er uns das Geld und dann sagt er, wir müssen mehr ausgeben!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516015900

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Jörg Tauss.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1516016000

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ieber Kollege Otto, ich denke, dass Ihre Bemerkung
insichtlich Algier und Peking einen falschen Zungen-
chlag in die Debatte gebracht hat. Verfolgen Sie im
brigen einmal, was andere Staaten in diesen Ländern
nternehmen! Dann werden Sie erkennen, dass es gute
ründe gibt, hier etwas zu tun.
Es ist im Moment ein wenig schick, das eine oder an-

ere Reizwort in der politischen Debatte zu benutzen.
err Kollege Rose hat vorhin das Reizwort Visum er-
ähnt. Ein Zusammenhang erschließt sich mir nicht. Ich
ann mich aber gut an meine Oppositionszeit erinnern,
ls es für viele auswärtige Künstlerinnen und Künstler
ur sehr schwer möglich war, Visa zu bekommen. Ich
abe mich damals dafür eingesetzt, dass insbesondere
iele Künstler aus dem osteuropäischen Raum einreisen
onnten. Dazu stehe ich nach wie vor.
Oder denken wir an die Steuerpolitik. Sie haben aus-

ändische Künstlerinnen und Künstler mit Ihrer Steuer-
olitik ein Stück weit abgeschreckt. Wir haben das durch
nderungen der Steuergesetzgebung beseitigt.


(Monika Griefahn [SPD]: Ausländersteuern!)

iejenigen, die immer die Steuern senken wollen, wol-
en auch in diesem Bereich immer mehr Staatsausgaben.
as ist in diesem Zusammenhang ein weiterer Wider-
pruch.
Herr Kollege Otto und alle anderen Kolleginnen und
ollegen, wir sind uns einig, dass wir für die auswärtige
ulturpolitik gerne mehr Geld hätten. Ich glaube, es ist
nbestritten, dass dem so ist.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Stimmen Sie doch unserem Antrag zu!)







(A) )



(B) )


Jörg Tauss

– So gut sind Ihre Anträge dann auch wieder nicht, dass
man ihnen zustimmen könnte; denn sie sind, lieber Kol-
lege Otto, zum Teil nur mit Polemik gespickt.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Was? Ich habe Ihnen daraus vorgelesen! Wo ist da Polemik? Ganz nüchtern!)


– Ihr Vortrag hat es bewiesen.
Spätestens seit der „Konzeption 2000“ haben wir die

auswärtige Kulturpolitik als integralen Bestandteil der
Außenpolitik entscheidend gestärkt. Dass vieles noch
nicht wünschenswert umgesetzt werden konnte, ist ein
anderer Punkt. Dass wir nach der Verschuldungspolitik,
die Sie betrieben haben, Haushaltszwänge haben, ist
ebenfalls richtig.

Wir haben aber einiges bewirkt. Wir haben gerade
wegen verschiedener ökonomischer Zwänge Verbesse-
rungen durchgeführt. Ich erinnere an die Goethe-Insti-
tute, den DAAD und an andere Einrichtungen.

Herr Kollege Rose, Sie haben auf meinen Zuruf zur
Eigenheimzulage wieder hektisch reagiert. Vor einiger
Zeit gab es die Versteigerung der UMTS-Lizenzen. Die
Zinseinsparungen – wir haben mit diesen Erlösen unsere
Schulden reduziert – haben wir gezielt in Bildung, For-
schung und Wissenschaft investiert.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das war eine hervorragende Geschichte. Der Deutsche
Akademische Austauschdienst hat davon in hohem
Maße profitiert. Jetzt wäre es doch eigentlich nahe lie-
gend, zu sagen: Dieses Geld steht nicht mehr zur Verfü-
gung. Lassen Sie uns deshalb nach neuen Finanzierun-
gen suchen!

Ich sage Ihnen: Ich bin bereit, wenn wir die Eigen-
heimzulage abschaffen, eine Verpflichtungsermächti-
gung in den Haushalt zu schreiben – da macht der
Finanzminister mit –, damit speziell für den Deutschen
Akademischen Austauschdienst und andere Bereiche der
Bildungspolitik im Ausland etwas getan wird.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sie jammern im Übrigen ständig über Geld. Auch ich
jammere über Geld, insbesondere im Bildungsbereich,
obwohl wir hier zugelegt haben. Sie kürzen in Ihren
Ländern und haben während Ihrer Regierungszeit auf
Bundesebene in Permanenz gekürzt. Diese Krokodilsträ-
nen sollten wir uns – das wäre meine herzliche Bitte –
schenken.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Monika Griefahn [SPD])


– Mit Zwischenfragen könnte man meine Redezeit ver-
längern.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben nach dem

11. September 2001 5 Millionen Euro für den europä-

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(C (D sch-islamischen Dialog eingesetzt. Das war zusätzliches eld. Wir haben im Rahmen des Stabilitätspaktes für fghanistan 9,2 Millionen Euro aufgebracht. Davon haen in erheblichem Maße – das hat die Staatsministerin ngedeutet – gerade Bildungseinrichtungen profitiert, um Beispiel Hochschulen und das Sekundarschulween. Es gab in diesem Zusammenhang eine Förderung er Kulturinstitute, Medienkooperationen, als ganz beondere Priorität die Förderung von Frauen im Bildungsereich, den Wiederaufbau und die Förderung einer ädchenund Jungenschule in Afghanistan, die Austattung von Bibliotheken, die Übersetzung deutscher inderliteratur und eine Kooperation der Deutschen elle. Bei aller Kritik, die man erheben kann, ist es meine erzliche Bitte, dass man nicht so tun sollte, als wäre ichts geschehen. Es ist sehr viel Geld dorthin geflossen. as war gut angelegtes Geld. Das sollten wir auch künfig in diesen Bereichen so machen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ein weiterer Punkt, den Sie angesprochen haben, ist
ie Alexander-von-Humboldt-Stiftung, die sich dem in-
ernationalen Austausch qualifizierter Wissenschaftler
idmet. In diesem Jahr wurde in den „VDI-Nachrich-
en“ geschrieben, dass das deutsche Weltniveau wieder
siatische Forscher lockt. Zu Ihren Regierungszeiten gab
s solche Überschriften zu meinem Bedauern nicht. Da
aben wir die ein Stück weit vergrault. In den „VDI-
achrichten“ stand ferner:

Der Forschungsstandort Deutschland hat internatio-
nal einen besseren Ruf, als wir das hier zu Lande
wahrhaben wollen.

Wir haben hier also etwas verändert.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


ir haben den Sofia-Kovalevskaja-Preis für ausländi-
che Wissenschaftler eingeführt. Das ist ein hervorra-
endes Instrumentarium, Nachwuchswissenschaftler
ach Deutschland zu holen. All dies ist ein Beitrag, um
u Verbesserungen zu kommen.
Zum Deutschen Akademischen Austauschdienst habe

ch schon etwas gesagt. Immerhin gab es fast 32 000 ge-
örderte Ausländer, davon 7 666 Wissenschaftler und
ünstler und zusätzlich 22 000 Stipendiaten im Rahmen
es Sokrates/Erasmus- und des Leonardo-da-Vinci-Pro-
ramms.
Sie merken, ich rede relativ schnell, weil mir ein paar
inuten Redezeit vom Präsidium geklaut worden sind.


(Heiterkeit bei der SPD)

rau Präsidentin, das war keine Kritik.
Ich will es deutlich sagen: Bei allen Problemen, über

ie wir hier diskutieren, sollten wir die Kirche im Dorf
assen.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Auswärtige Kulturpolitik ist im Dorf!)







(A) )



(B) )


Jörg Tauss

Wir brauchen mehr Geld; ich stimme Ihnen zu. Bekannt-
lich ist Zufriedenheit der Feind allen Fortschritts. Des-
wegen wollen wir noch mehr tun. Das können wir und
wollen wir auch. Geben Sie uns die dazu erforderlichen
finanziellen Mittel! Die werden frei, wenn wir die Ei-
genheimzulage abschaffen.

Im Übrigen kann ich Ihnen sagen: Wir werden mit-
einander – da bin ich mir sicher – sinnvolle Aufgabenfel-
der in allen Bereichen der auswärtigen Bildungs- und
Kulturpolitik finden. Ihre Anträge lehnen wir zu meinem
Bedauern ab.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Das Bedauern ist schon sehr groß!)


Herr Nooke, Sie hätten gemeinsam mit uns einen Antrag
erstellen können. Wenn Sie das gemacht hätten, wären
wir vielleicht schon ein Stück weiter. Sie sind ja noch
jung – nicht ganz, aber ziemlich –,


(Heiterkeit)

also bestehen noch Chancen, dass wir es das nächste Mal
gemeinsam machen. Wir sind dabei im Sinne der Kultur-
politik zu jeder Kooperation bereit.

Ich bedanke mich.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Der Tauss muss in den Zirkus Krone!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516016100

Dem Präsidium fehlt nichts. Wir brauchen also nie-

manden zu beklauen.

(Heiterkeit – Jörg Tauss [SPD]: Zeit hat euch gefehlt!)

– Ja, für die gesamte Debatte fehlt manchmal Zeit.

Jetzt erteile ich dem Abgeordneten Günter Nooke das
Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Günter Nooke (CDU):
Rede ID: ID1516016200

Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren!

Ich will versuchen, ganz unaufgeregt zusammenzufas-
sen, worum es hier heute ging und eigentlich immer
noch geht.

Bei der Debatte zur Einbringung unserer Anträge
habe ich Vorbemerkungen gemacht, von denen ich zwei
in Kurzform wiederholen möchte.

Erstens. In keinem Bereich der Politik haben die An-
sprüche so Schwindel erregende Höhen erreicht wie in
der auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik.

Zweitens. Kein Bereich der auswärtigen Politik ist so
beschämend vernachlässigt worden wie die auswärtige
Kultur- und Bildungspolitik.

Ich füge heute eine weitere Bemerkung hinzu: Die
Koalition ist nicht fähig, die Grundlagen und Ziele der
auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik – ich nenne

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(C (D leich ein paar Details – zu formulieren. Den daraus reultierenden Kompetenzverlust mag man aus Sicht der pposition vielleicht sogar begrüßen. Da wir uns aber inig darüber sind, wie wichtig dieses Thema ist, sage ch: Der Kompetenzverlust ist für die Mittlerorganisatioen fatal. Der Außenminister hat im Ausschuss für Kultur und edien vor einem Jahr tränentreibend erklärt, es würden eitere Einschnitte „ins Mark“ der auswärtigen Kulturnd Bildungspolitik folgen. Er sagte, dass er leider ichts dagegen tun könne. Man könnte denken, er fühlte ich schon damals als Außenminister entmachtet; aber ch glaube, er hat es anders gemeint. Wir alle kennen darüber ist schon geredet worden – die finanzielle Siuation. Hier ist aber nicht das große Bedauern angeeigt, sondern es sind Ideen gefragt. Im Antrag der oalition findet sich keine einzige Idee, auch nicht im ericht für das Jahr 2003, den wir hier vorgelegt bekomen haben. (Jörg Tauss [SPD]: Haben Sie ihn gelesen? – Monika Griefahn [SPD]: Das ist schlicht falsch!)


Herr Rose hat die „FAZ“ zitiert, wo die Visapolitik als
Kulturpolitik im großen Stil“ bezeichnet wurde. Es
äre gut, wenn das Auswärtige Amt im großen Stil Kul-
urpolitik betreiben würde – genau das wünschen wir
ns –, jedoch nicht mit ungesetzlichen Visaerlassen, son-
ern entsprechend dem gesetzlichen Auftrag des Aus-
ärtigen Amtes für die Kulturpolitik.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Bei der auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik geht

s um Kultur aus Deutschland, um deutsche Kultur und
m Deutschland als Kulturnation. Es geht um Interesse
n Deutschland und um deutsches Interesse. Es tut uns
llen gut, wenn wir uns in den Beziehungen zu unseren
artnern in der Welt um Vertrauen bemühen. Das Han-
eln des Außenministers und zusätzlich der vorliegende
ntrag machen es aber enorm schwierig, dies Vertrauen
ei den Mittlerorganisationen der auswärtigen Kultur-
nd Bildungspolitik und vor allem auch bei den Partnern
u gewinnen.
Ich möchte auf den vorgelegten Bericht über das Jahr

003 eingehen, der übrigens erst sieben Tage vor Weih-
achten 2004 – deshalb reden wir erst heute über unsere
nträge – vorgelegt wurde.


(Monika Griefahn [SPD]: Es ist ein guter Bericht! Das müssen Sie zugeben!)


m Bericht lernen wir als Erstes, dass der Anteil der aus-
ärtigen Kultur- und Bildungspolitik am Gesamthaus-
alt kontinuierlich gesunken ist. Wir lernen auch, dass
in Potenzial, diese Kürzungen durch „Optimierung“
so heißt es in dem Bericht – aufzufangen, nicht mehr
orhanden ist.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Aha!)

an muss das nicht dramatisieren; denn im Kulturaus-

ausch macht sich das nicht notwendig stärker bemerk-
ar als in anderen Bereichen der Kulturpolitik und den






(A) )



(B) )


Günter Nooke

Kulturinstitutionen. Es besteht jedoch ein gravierender
Unterschied: Die Auswirkungen werden überall auf der
Welt sichtbar. Sie werden uns von den Mittlern im Aus-
land immer wieder vor Augen geführt. Die Äußerung
von Unverständnis für das, was wir im Bereich der aus-
wärtigen Kultur- und Bildungspolitik machen, ist dabei
noch die freundlichste Form des Gesprächs. Wir dürfen
nicht aus den Augen verlieren, was im Ausland von der
deutschen Kultur- und Bildungspolitik erwartet wird.

Der Bericht zeigt weiter, dass die größte Teilsumme
der Mittel – das ist schon gesagt worden – im „Europa
der 15“ ausgegeben wird. Man hat den Eindruck, als sei
die EU-Osterweiterung für das Auswärtige Amt zufällig
gekommen. Angesichts der wachsenden Bedeutung auch
asiatischer Länder müssen wir darauf achten, dass die
Entwicklung, die wir als Deutschlands auswärtige Kul-
tur- und Bildungspolitik formulieren, der weltweiten Po-
litik in diesem Bereich nicht gleich zwei Schritte hin-
terherhinkt. Die auswärtige Kultur- und Bildungspolitik
muss dort vor Ort sein, wo es um deutsche Interessen
geht; auch das muss sie leisten.

Ich wiederhole gern folgenden Satz, der im Bericht
steht: Die deutsche auswärtige Kultur- und Bildungspo-
litik – so heißt es dort – dient der „Förderung deutscher
kultur- und bildungspolitischer Interessen“. Das ist im-
merhin gut gemeint. Im Antrag der Koalition findet sich
dieser Satz bezeichnenderweise nicht. Auch im Rück-
blick auf das Jahr 2003 findet sich hinsichtlich der Um-
setzung dieses Ziels nicht viel.


(Monika Griefahn [SPD]: Da sind doch so viele praktische Beispiele drin, Herr Nooke!)


Das hat damit zu tun, dass dieser Satz der jetzigen Hal-
tung des Auswärtigen Amtes widerspricht. Beim Lesen
des Berichts wird deutlich, dass es nicht darum geht, die
deutsche Kultur zum Exportschlager zu machen und das
Angebot, die deutsche Sprache zu lernen, auszubauen.
Vielmehr wird in zunehmendem Maße unter dem Mantel
des Dialogs der Kulturen gut gemeinte Vermittlungsar-
beit angeboten.


(Monika Griefahn [SPD]: Gucken Sie sich doch mal die schönen Beispiele an, die da drin stehen! Das ist doch wunderbar!)


Aber das ist nicht ausreichend und erst recht nicht gut:
weder für unser Land noch für andere Länder.

Abschließend noch eine Bemerkung zum Bericht. In
der Rubrik „… andere Einrichtungen der AKBP“ – so
heißt es dort in unschöner Sprache – wird nun auch die
Kulturstiftung des Bundes genannt. Sie leiste einen
„wichtigen und wertvollen Beitrag“ zum kulturellen
Austausch. Im Ergebnis ist das sicherlich richtig und
nicht zu beanstanden.

Als Einrichtung der auswärtigen Kultur- und Bil-
dungspolitik haben wir sie allerdings nicht gegründet,
Frau Griefahn. Als Kulturpolitiker sollten wir diese
freundliche Übernahme durch das Auswärtige Amt da-
her auch nicht mitmachen.

Nun komme ich zum Antrag der Koalition – Frau
Griefahn, Sie können ja eine Zwischenfrage stellen;

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(C (D ann darf ich länger reden –, der – das sage ich, weil Sie uch das vorhin nicht wussten – später als unser Antrag orgelegt wurde; schauen Sie auf das Datum. (Monika Griefahn [SPD]: Weil Sie Ihren Antrag eingereicht haben, als Sie unseren abgelehnt haben!)


hr Text steht total im Gegensatz zu dem Eindruck, den
ie durch die vonseiten der Koalition gehaltenen Reden
u erwecken versucht haben.


(Monika Griefahn [SPD]: Das ist unfair, was Sie jetzt betreiben!)


ezeichnend ist, dass die Koalition das Wort „Bildungs-
olitik“ nicht einmal in den Titel ihres Antrags aufge-
ommen hat. Dieser Begriff ist schlichtweg vergessen
orden.
Vor diesem Hintergrund erstaunt es dann nicht mehr,

ass Sie in Ihrem Antrag auch die Auslandsschulen ver-
essen haben, obwohl Sie jetzt über sie gesprochen ha-
en. Sind Sie doch mal ehrlich! So gesehen ist das nur
onsequent. Aber so kann man keine auswärtige Kultur-
nd Bildungspolitik machen. Das ist geschludert und
rob fahrlässig. Ich hoffe – das will ich allerdings nicht
ehaupten –, dass das nicht auch bedingt vorsätzlich ge-
chehen ist.


(Beifall bei der CDU/CSU – Monika Griefahn [SPD]: Zu den Schulen habe ich gesagt, dass wir gemeinsam etwas erarbeiten!)


ie Lehrenden und Lernenden an fast 120 deutschen
uslandsschulen jedenfalls werden Ihnen das nicht
achsehen.
Die in Ihrem Antrag formulierten Ziele bleiben weit

inter dem zurück, was selbst auf der Homepage des
uswärtigen Amtes für jedermann nachzulesen ist. Hät-
en Sie Ihren Antrag dort doch wenigstens abgeschrie-
en.


(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Nicht mal das!)


s ist grotesk, dass Sie mit Ihrem Antrag Ihre eigene Re-
ierung, die – zumindest verbal – schon weiter ist, als
ie es sind, auffordern wollen, mehr zu tun.
Was sollen zum Beispiel die Mittler von Ihrer Forde-

ung halten – ich zitiere –, „die Haushaltsmittel für die
uswärtige Kultur- und Bildungspolitik nachhaltig zu
estalten“?


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Ja, eben!)


achhaltig in Erinnerung geblieben ist mir die Tatsache,
ass sich die Mittel in ungebremstem Sturzflug befin-
en.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: So ist es! – Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Im nachhaltigen Sturzflug!)


ie Mittlerorganisationen wissen, dass sie jetzt völlig
m Stich gelassen werden: nicht nur vom Außenminister






(A) )



(B) )


Günter Nooke

– das war schon bekannt –, sondern auch – das ist neu –
von der Koalition.


(Monika Griefahn [SPD]: Das glauben Sie doch wohl selbst nicht!)


Bisher waren die Mittler – wie auch ich – der Auffas-
sung, die Kolleginnen und Kollegen würden für die Stär-
kung der auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik kämp-
fen, Frau Griefahn.


(Monika Griefahn [SPD]: Seien Sie doch einmal friedlich!)


– Es geht leider nicht friedlich. –

(Monika Griefahn [SPD]: Sie haben eine an dere Wahrnehmung als ich!)

Von einer Stärkung gibt es aber keine Spur. Sie fordern
die Regierung allen Ernstes auf – auch das ist ein Zitat –,
„die Funktions- und Arbeitsfähigkeit der Mittlerorgani-
sationen zu erhalten“. Ich betone: zu erhalten. Das ist
wirklich blanker Hohn und gleichbedeutend mit Untätig-
keit.

Wie groß Ihre Zweifel an der Arbeit des Auswärtigen
Amtes wirklich sind, zeigt Ihre dritte Forderung auf ein-
drucksvolle Weise: Man möge bitte arbeiten – Zitat –
„ohne dabei den umfassenden Ansatz der AKP zu ge-
fährden“. Ich wiederhole: ohne zu gefährden.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Sehr defensiv!)


Das lässt ja noch schlimmere Ahnungen zu:

(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Defi nitiv!)

Offenbar müssen Sie davon ausgehen, dass das, was das
Auswärtige Amt in die Wege leitet, schon per se eine po-
tenzielle Gefährdung darstellt.


(Monika Griefahn [SPD]: Das bezweifle ich!)

Zu dieser Lagebeschreibung haben nicht einmal wir von
der Opposition uns in unserem Antrag – der nicht nur
gut gemeint, sondern auch wirklich gut ist – verleiten
lassen. Mit Rücksicht auf die Mittler und die Rezeption
im Ausland hielten wir es für wenig hilfreich, hier ge-
meinsam zu schimpfen. Ich möchte gar nicht wissen, wie
Ihr Antrag im Ausland wahrgenommen wird. Ich kann
Ihnen nur raten, die Finger von diesem Text zu lassen; er
hilft keinem. Im Gegenteil: Ihr Antrag enthält keine ein-
zige konkrete, in die Zukunft weisende Idee. Ich ver-
mute, dass den Mittlern das Lesen Ihres offenkundig
hilflosen Textes eher Angst einjagt. Deshalb, Frau
Griefahn und liebe Kolleginnen und Kollegen von der
Koalition, konnten wir Ihrem Antrag wirklich nicht zu-
stimmen.


(Monika Griefahn [SPD]: Sie haben Ihren eigenen, seien Sie doch einmal ehrlich!)


Da unserer eher vorgelegen hat, wäre es vernünftig ge-
wesen, sich an einem guten Text verbessernd zu betäti-
gen, als über Nacht etwas hinzuschreiben, was nur pein-
lich ist.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


er Katalog unserer Forderungen ist lang, aber alle rich-
n sich an das Auswärtige Amt, das für die Rahmenbe-
ingungen zuständig ist,


(Monika Griefahn [SPD]: Sie richten sich an die Bundesregierung!)


it denen erfolgreiche Politik gemacht werden könnte.
ie zeigen, dass wir mit der auswärtigen Kultur- und Bil-
ungspolitik im besten Sinne noch viel vorhaben. Wenn
ir es mit der Investition in Köpfe ernst meinen, sollten
ir baldmöglichst eine andere Debatte über dieses
hema führen


(Jörg Tauss [SPD]: Sehr gut!)

nd im deutschen Parlament etwas wirklich Substanziel-
s dazu sagen; mit Ihrem Antrag haben Sie das jeden-
alls nicht getan.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie mit Ihrer Rede auch nicht!)


eshalb werden wir ihn wieder ablehnen.
Danke.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516016300

Den schönen Ausdruck „Sind Sie doch mal ehrlich“

erbuchen wir unter Dialektdeutsch, nicht?

(Günter Nooke [CDU/CSU]: Ja!)


Ich schließe damit die Aussprache. Interfraktionell
ird Überweisung der Vorlage auf Drucksache 15/4591
n die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse
orgeschlagen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist
er Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen.
Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Ausschus-

es für Kultur und Medien auf Drucksache 15/3244. Der
usschuss empfiehlt unter Buchstabe a seiner Beschluss-
mpfehlung, den Antrag der Fraktionen der SPD und des
ündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache 15/2659 mit
em Titel „Auswärtige Kulturpolitik stärken“ in der
usschussfassung anzunehmen.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Der ist ärmlich!)


Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Ge-
enstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfeh-
ung ist mit den Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die
rünen gegen die Stimmen von CDU/CSU und FDP an-
enommen.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Glaubt’s mir: Der ist wirklich ärmlich!)


Unter Buchstabe b seiner Beschlussempfehlung emp-
iehlt der Ausschuss die Ablehnung des Antrags der
DU/CSU auf Drucksache 15/2647 mit dem Titel „Aus-
ärtige Kultur- und Bildungspolitik stärken“. Wer
timmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegenstim-
en? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer

mit den Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen
gegen die Stimmen von CDU/CSU und FDP angenom-
men.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 8 a und 8 b auf:
a) Erste Beratung des von den Abgeordneten

Wolfgang Bosbach, Hartmut Koschyk, Thomas
Strobl (Heilbronn), weiteren Abgeordneten und
der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Ent-
wurfs eines Gesetzes zur Änderung des
Bundeswahlgesetzes zur Berücksichtigung

(Zweitstimmen-Berücksichtigungsgesetz)

– Drucksache 15/4717 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und
Geschäftsordnung
Rechtsausschuss

b) Erste Beratung des von den Abgeordneten
Wolfgang Bosbach, Hartmut Koschyk, Thomas
Strobl (Heilbronn), weiteren Abgeordneten und
der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Ent-
wurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundes-
wahlgesetzes zur Korrektur der Grundman-
datsklausel (Grundmandatskorrekturgesetz)

– Drucksache 15/4718 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und
Geschäftsordnung
Rechtsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Es gibt kei-
nen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat zunächst
der Abgeordnete Thomas Strobl.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Thomas Strobl (CDU):
Rede ID: ID1516016400

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Wir beraten zwei Gesetzentwürfe, die wir von
der Unionsfraktion eingebracht haben, weil wir der Auf-
fassung sind, dass unser Wahlrecht, das Wahlrecht der
Bundesrepublik Deutschland, in mehreren Punkten einer
Neujustierung bedarf. Zwei Dinge wollen wir damit al-
lerdings nicht erreichen: Erstens wollen wir unser be-
währtes Wahlrecht gar nicht grundsätzlich verändern.
Zweitens geht es uns auch nicht darum – dies möchte ich
ausdrücklich betonen –, dieses Thema in irgendeiner Art
und Weise zum Gegenstand einer überzogenen parteipo-
litischen Auseinandersetzung zu machen. Deswegen
möchte ich alle Kolleginnen und Kollegen des Hohen
Hauses bitten, unsere Vorschläge in den kommenden
Ausschussberatungen ganz offen zu prüfen.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das machen wir doch immer!)


Zunächst zu den Grundmandaten: Unser Wahlrecht
enthält zwei Sperrklauseln: Eine Partei kommt nur

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(C (D ann in den Deutschen Bundestag, wenn sie entweder indestens 5 Prozent der Stimmen erhält oder wenn sie rei Direktmandate erzielt; so das geltende Recht. Diese Sperrklauseln haben sich ganz grundsätzlich ewährt, weil sie einer Zersplitterung der Parteienlandchaft entgegenwirken. Die Väter und Mütter des rundgesetzes haben aus den Unzulänglichkeiten voranegangener Verfassungen die richtigen Schlüsse gezoen. Mit der Wiedererlangung der Einheit Deutschands ist nach unserer Auffassung allerdings eine erfassungsrechtlich bedenkliche Diskrepanz zwichen dem Stimmenaufkommen, das notwendig ist, um ie 5-Prozent-Hürde zu überwinden, und dem Stimmenufkommen, mit dem drei Wahlkreise direkt gewonnen erden können, entstanden. Bei der Wahl 1998 konnten mit 180 000 Stimmen drei ahlkreise gewonnen und damit für eine Partei der Einug in den Bundestag erreicht werden. Dagegen waren 355 288 Stimmen erforderlich, um die 5-Prozentürde zu überspringen. 0,6 Prozent der Stimmen reichen also aus, um drei Grundmandate und somit für eine artei den Einzug in den Bundestag zu erreichen. Dem tanden 5 Prozent gegenüber, die eben für die 5-Prozentürde erforderlich waren. Anders gesagt: Für das Überpringen der 5-Prozent-Hürde waren 2,3 Millionen Stimen erforderlich, wohingegen weniger als ein Zehntel ieser Stimmen, nämlich 180 000 Stimmen, ausreichten, m als Partei über die Grundmandatsklausel in den eutschen Bundestag zu ziehen. Der Grund liegt darin, dass die Proportionierung der rundmandatsklausel natürlich vor der deutschen Eineit geschrieben worden ist. Mit der Wiedervereinigung at sich die Anzahl der Wahlberechtigten allerdings um 9 Prozent erhöht. Ebenso stieg die Zahl der Wahlkreise n. In der alten Bundesrepublik gab es 248 Wahlkreise. iese Zahl stieg nach der Wiedervereinigung auf 328 nd wurde durch die Verkleinerung des Deutschen Bunestages zur letzten Bundestagswahl auf 299 gesenkt. Es ind damit aber immer noch 51 Wahlkreise mehr als vor er deutschen Einheit. Also: Es gibt ein Drittel mehr Wahlberechtigte und in Fünftel mehr Abgeordnete als vor der deutschen Eineit. Die Zahl der Grundmandate – drei – blieb jedoch leich und ist für eine Partei ausreichend, um in den undestag einzuziehen. Damit fallen die Grundmandatslausel und die 5-Prozent-Hürde unverhältnismäßig weit useinander. Anders gesagt: Die 5-Prozent-Klausel kann urch die Grundmandatsklausel – drei Direktmandate – ehr leicht unterlaufen werden. Das Problem ist ein Stück weit auch aktuell. Nehmen ie den SSW in Schleswig-Holstein. Dass er in den chleswig-holsteinischen Landtag einziehen kann, ist ine Ausnahme von der 5-Prozent-Klausel. (Zuruf von der SPD: Wieso kommen Sie nach der Wahl damit?)


enn Sie bedenken, dass diese Ausnahme darüber ent-
cheidet, wer in Schleswig-Holstein eine Landesregie-
ung bilden kann, und sich das für den Deutschen Bun-
estag vorstellen, dann erkennen Sie, so denke ich, dass






(A) )



(B) )


Thomas Strobl (Heilbronn)


wir Anlass haben, uns ganz ernsthaft gemeinsam darüber
zu unterhalten, ob wir wollen, dass eine Partei aufgrund
von drei Direktmandaten eventuell mit 30 oder 40 Abge-
ordneten in den Bundestag einziehen kann.


(Zuruf von der SPD: Vor der Wahl wäre das vernünftiger gewesen! – Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Nach der Wahl ist vor der Wahl!)


Wir meinen, eine Anpassung der Zahl der Grund-
mandate an die vor der Einheit geltenden Verhältnisse
ist notwendig. Deswegen beantragen wir, die Anzahl
der Grundmandate auf fünf zu erhöhen. Damit wäre
wieder eine verfassungsrechtlich angemessene Propor-
tion zur 5-Prozent-Klausel hergestellt.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Wohlgemerkt – ich sage es noch einmal –: Es geht

uns nicht darum, dass wir unser Wahlrecht und die
Sperrklauseln grundsätzlich ändern wollen. Wir halten
die Regelungen – insbesondere die 5-Prozent-Klausel –
für grundsätzlich richtig. Es geht uns um eine Anpas-
sung an die Verhältnisse im größer gewordenen wieder-
vereinigten Deutschland, also um eine verhältnismäßige
Annäherung der Grundmandatsklausel an die 5-Prozent-
Klausel. Nicht mehr und nicht weniger ist der Inhalt die-
ses Gesetzentwurfes.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das fällt Ihnen 15 Jahre später ein!)


Etwas komplizierter liegen die Fälle bei den so ge-
nannten Berliner Zweitstimmen. Dieses Problem ist
bei der Bundestagswahl 2002 in der Praxis zum ersten
Mal aufgetreten. Es fußt auf einer Regelungslücke im
Bundeswahlgesetz. Diese Regelungslücke sollten wir
endlich schließen. Das Bundesverfassungsgericht hat
diese Regelungslücke bereits in einer Entscheidung im
Jahre 1988 ausdrücklich festgestellt. Aber nicht nur das:
Es hat auch den Bundesgesetzgeber ausdrücklich aufge-
fordert,


(Barbara Wittig [SPD]: Zur Erwägung, nicht aufgefordert!)


diese Lücke zu schließen. Seither ist nichts geschehen.
Das heißt, der Gesetzgeber hat es seit 1988 unterlassen,
einen klaren Auftrag des Bundesverfassungsgerichts zu
erfüllen.


(Zuruf der Abg. Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


– Verehrte Frau Kollegin Stokar von Neuforn, wir soll-
ten das nicht zu einer Frage der Parteipolitik machen.
Das ist keine Frage der Mehrheitsverhältnisse hier im
Deutschen Bundestag und schon gar nicht die Frage, wer
die Bundesregierung stellt. Dies betrifft uns als Parla-
ment und unser Wahlrecht. Wir sollten gemeinsam bera-
ten und diskutieren und dies nicht zu einer Frage einer
parteipolitischen Auseinandersetzung machen. Das halte
ich für falsch.


(Beifall bei der CDU/CSU)


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(C (D s ist höchste Zeit, das nachzuholen, zumal eben 2002 ieser vom Bundesverfassungsgericht 1988 zunächst inmal theoretisch gesehene Fall Realität geworden ist, odass wir, Frau Stokar, zumindest seit 2002 doch einen usätzlichen Anlass haben, diese Thematik anzugehen, a sie in der Tat eingetreten ist. Aus Art. 38 Abs. 1 des Grundgesetzes folgt, dass der rfolgswert aller Stimmen bei allen Wählerinnen und ählern gleich sein muss. Es geht also um den gleichen ahlrechtsgrundsatz. Kein Wähler darf mit Erstund weitstimme sozusagen einen unterschiedlichen Erolgswert haben oder gar zwei Treffer erzielen. Das ist eispielsweise dann der Fall, wenn ein parteiloser Diektkandidat in einem Wahlkreis gewählt wird und dann s Parlament einzieht. Dieses Mandat wird aber nicht uf eine bestimmte Partei angerechnet, weil er keiner artei angehört. Mit den Zweitstimmen der Stimmzettel, auf denen ieser parteilose, direkt gewählte Erstkandidat angereuzt ist, wird allerdings ein doppelter Stimmerfolg erielt; denn die Wähler haben erfolgreich einen parteiloen Direktkandidaten gewählt und zusätzlich mit ihrer weitstimme an der politischen Zusammensetzung des eutschen Bundestages mitgewirkt. Nach geltendem echt des § 6 des Bundeswahlgesetzes werden diese weitstimmen nicht mitgezählt. Das ist auch so in Ordung. Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, ass diese Regelung rechtmäßig, ja sogar notwendig ist. Ähnlich stellt sich die Lage im Falle der so genannten erliner Zweitstimmen dar. Übrigens noch einmal: Dies t exakt der Fall, den das Bundesverfassungsgericht 988 theoretisch gesehen und daraufhin den Bundesgeetzgeber aufgefordert hat, diese Lücke im Wahlrecht zu chließen. Zu schließen, Frau Kollegin. Sagen Sie mir, wann sich er Bundesgesetzgeber mit dieser Thematik beschäftigt at, bevor die CDU/CSU diesen Antrag eingebracht hat. enau das ist das Problem. Nicht nur im Wahlrecht gibt s eine Menge Baustellen, aber Rot-Grün mit seiner ehrheit im Bundestag unternimmt leider nichts, um iese Baustellen abzuarbeiten. Deswegen müssen wir ntsprechende Anträge einbringen. (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Geschäftsordnungsausschuss hat sich damit befasst!)


(Barbara Wittig [SPD]: Zur Erwägung!)


Besonders bitter ist in diesem Fall, dass das Bundes-
erfassungsgericht den Bundestag aufgefordert hat,
ich mit dieser Thematik zu beschäftigen. Wenn wir den
ntrag nicht eingebracht hätten, dann hätte er sich bis
um heutigen Tag nicht damit befasst, weil Sie offen-
ichtlich nicht in der Lage sind, einen solchen Antrag zu
ormulieren.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Der Fall der Berliner Zweitstimmen ist im Gesetz

icht geregelt. Die Stimmen wurden bei der
undestagswahl 2002 einfach mitgezählt. Dies ist nach
nserer Auffassung ein klarer Verstoß gegen den Wahl-
echtsgrundsatz des gleichen Erfolgswertes der Stimmen






(A) )



(B) )


Thomas Strobl (Heilbronn)


und damit mit Verfassungsrecht nicht zu vereinbaren.
Richtig wäre gewesen, § 6 des Bundeswahlgesetzes ana-
log anzuwenden. Jedenfalls ist es hohe Zeit, diese Lücke
zu schließen. Konsequenterweise müsste der Zweitstim-
menausschluss bei den gewählten Erststimmenvertre-
tern, die einer Partei angehören, die an der 5-Prozent-
Klausel gescheitert ist, genauso gelten. Diese Gesetzes-
lücke – ich sage es noch einmal –, die wir seit 1988 hät-
ten schließen müssen, wollen wir mit diesem Gesetzent-
wurf schließen. Das Bundesverfassungsgericht hat uns
im Übrigen damals nicht nur wegen des Grundsatzes des
gleichen Erfolgswertes der Stimmen angemahnt, son-
dern auch durch seine Aussage, dass es gerade bei den
Wahlrechtsgrundsätzen vonnöten ist, dass wir Rechts-
klarheit haben. Diese Rechtsklarheit besteht in diesem
Punkt eben nicht. Das wird im Übrigen – das möchte ich
den Kollegen der SPD sagen – am sehr knappen Wahler-
gebnis des Jahres 2002 deutlich. Wenn nämlich der § 6
analog angewendet worden wäre oder man die Gesetzes-
lücke entsprechend dem Auftrag des Bundesverfas-
sungsgerichts bereits vor 2002 geschlossen hätte, dann
hätte die Union mehr Stimmen als die SPD erhalten.

Das Grundgesetz schreibt uns insbesondere beim
Wahlrecht vor, klare Regeln aufzustellen und den glei-
chen Erfolgswert der Stimmen zu gewährleisten. An
beide Aufgaben sollten wir herangehen. Wir sollten uns
insbesondere daranmachen, dem Auftrag des Bundes-
verfassungsgerichts nachzukommen. Wir wollen mit un-
serem Gesetzentwurf diese Gesetzeslücke schließen. Wir
wollen dem lang angemahnten Auftrag des Bundesver-
fassungsgerichtes nachkommen. Wir sollten diese Lücke
endlich schließen und dafür sorgen, dass alle Wählerin-
nen und Wähler in der Bundesrepublik Deutschland bei
ihrer Stimmabgabe bei einer Bundestagswahl den glei-
chen Erfolgswert mit ihren Stimmen haben. Ich würde
mich freuen, wenn das im ganzen Hause so gesehen
würde. Ich freue mich auf die weiteren parlamentari-
schen Beratungen hier im Plenum und dann in den Aus-
schüssen.

Besten Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516016500

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Barbara Wittig.


Barbara Wittig (SPD):
Rede ID: ID1516016600

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die

CDU/CSU hat einen Gesetzentwurf zur Änderung des
Bundeswahlgesetzes vorgelegt, mit dem geregelt werden
soll, dass die Zweitstimmen derjenigen Wähler nicht be-
rücksichtigt werden sollen, die mit ihrer Erststimme ei-
nem Wahlkreisbewerber zum Erfolg verholfen haben,
dessen Partei aber an der 5-Prozent-Klausel gescheitert
ist und auch keine drei Direktmandate erreichen konnte.

Wir wissen, dass sich dieser Fall bei der Bundestags-
wahl 2002 ergeben hat. Die PDS erreichte in den Berli-
ner Wahlkreisen 86 und 87 jeweils ein Direktmandat.
Sowohl der Bundeswahlausschuss als auch der Wahlprü-
fungsausschuss des Deutschen Bundestages haben sich
mit dieser Angelegenheit befasst, und zwar sehr intensiv.

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(C (D n beiden Ausschüssen war es streitig, ob im Hinblick uf die Vorschrift des § 6 des Bundeswahlgesetzes und ine hierzu ergangene Wahlprüfungsentscheidung des undesverfassungsgerichtes aus dem Jahre 1988 – Herr trobl hat sie angeführt – die so genannten Berliner weitstimmen berücksichtigt werden sollten. In diesem Zusammenhang – das hat Herr Strobl nicht rwähnt – möchte ich darauf hinweisen, dass das Bunesverfassungsgericht noch in diesem Jahr über eine ierzu anhängige Wahlprüfungsbeschwerde entscheiden ird. Nicht erwähnt hat Herr Strobl auch, dass das Bunesverfassungsgericht in diesem Zusammenhang eine ochmalige Auszählung der so genannten Berliner weitstimmen veranlasst hat. Das müsste Ihnen, Herr trobl, eigentlich bekannt sein. Das stand sogar in den edien und war für jedermann nachlesbar. Das Ergebnis üsste Ihnen erst recht bekannt sein. Es sieht so aus: uch ohne diese Zweitstimmen wäre es zu keiner andeen Sitzverteilung nach der Bundestagswahl 2002 geommen. Haben Sie das nicht gewusst, Herr Kollege? ielleicht haben Sie das nur unterschlagen. Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen von der DU/CSU: Die Entscheidung des Bundesverfassungserichts steht in diesem Jahr an. Unseres Erachtens beteht deshalb derzeit kein Bedarf für die Einleitung eines esetzgebungsverfahrens. Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen trobl? Ja. Frau Kollegin, es ist mir sehr wohl bekannt, dass sich n der Mandatsverteilung im Deutschen Bundestag ichts geändert hätte. Aber Sie können nicht die Tatsahe in Abrede stellen, dass die Union mehr Stimmen eralten hätte als die SPD. An der Mandatsverteilung hätte ich deswegen nichts geändert, weil die SPD-Fraktion berhangmandate hat. Das ist aber ein anderer Sachveralt. Sie sollten das fairerweise nicht miteinander verengen. Des Weiteren meine ich, dass uns die Tatsache, dass ürger gegen die Feststellung des Wahlergebnisses der undestagswahl 2002 in genau diesem Punkt vor dem undesverfassungsgericht Klage erheben, nicht davon ntlasten kann, dass wir bis zum heutigen Tag einem uftrag des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 988 nicht nachgekommen sind. Es wäre schließlich geug Zeit dafür gewesen. Besonders peinlich fände ich, enn das Bundesverfassungsgericht in diesem Verfahren ie Untätigkeit des Bundesgesetzgebers noch einmal ufgreifen und sie ihm sozusagen um die Ohren hauen ürde und wir bis zu diesem Zeitpunkt wirklich nichts etan hätten. Halten Sie es insofern vor dem Hintergrund er laufenden Verfahren nicht doch für nützlich, dass wir ns aufgrund unserer Initiative im Deutschen Bundestag it dem Thema beschäftigen? Lieber Herr Strobl, das steht doch gar nicht in Ab rede. Wir beschäftigen uns doch bereits seit 20 Minuten damit und werden uns auch in den Ausschüssen weiter damit beschäftigen. (Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir beschäftigen uns ständig mit Ihnen!)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516016700
Barbara Wittig (SPD):
Rede ID: ID1516016800
Thomas Strobl (CDU):
Rede ID: ID1516016900

(Beifall bei der CDU/CSU)





(A) )


(B) )

Barbara Wittig (SPD):
Rede ID: ID1516017000

Das steht insofern außer Zweifel.

(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Sie haben diese Debatte als überflüssig bezeichnet!)

Sie haben das Jahr 1988 angesprochen und bieten mir

damit die Gelegenheit, festzustellen, dass Sie zehn Jahre
Zeit gehabt hätten, zu handeln. Sie haben dies aber nicht
für nötig erachtet.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr richtig!)


Auch wir hätten seit 1998 durchaus handeln können.

(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Sie hätten schon damals als Opposition etwas machen können!)


Wir haben es aber nicht für notwendig erachtet.
Ihr Gesetzentwurf trägt den Titel „Zweitstimmen-Be-

rücksichtigungsgesetz“. Ich will nicht alle anderen Pro-
bleme, die Sie angesprochen haben, damit vermengen,
aber ich bin der Meinung, dass Ihr Gesetzentwurf eher
„Zweitstimmen-Nichtberücksichtigungsgesetz“ heißen
sollte. Denn es ist eindeutig, gegen wen er sich richtet.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Lassen Sie mich nun zu dem zweiten Gesetzentwurf
der CDU/CSU kommen, mit dem die Korrektur der so
genannten Grundmandatsklausel verlangt wird. Die
Grundmandate sollen von drei auf fünf angehoben wer-
den. Auch hierbei möchte ich darstellen, worum es aus
meiner Sicht geht.

Bei der Verteilung der Sitze auf die Landeslisten wer-
den nur die Parteien berücksichtigt, die mindestens
5 Prozent der im Wahlgebiet abgegebenen gültigen
Zweitstimmen erhielten oder die in mindestens drei
Wahlkreisen einen Sitz errungen haben. Sofern eine Par-
tei zwar die 5-Prozent-Grenze verfehlt, aber in mindes-
tens drei Wahlkreisen einen Sitz erringt, nimmt sie mit
allen Zweitstimmen unterhalb der 5-Prozent-Grenze an
der Sitzverteilung teil.

Ein Blick in die Vergangenheit macht deutlich, wem
die Grundmandatsklausel bisher genutzt hat. 1953 hat
die Grundmandatsklausel der Deutschen Partei und dem
Zentrum genützt. Damals gab es – auch das möchte ich
in diesem Zusammenhang erwähnen – sogar nur ein
Grundmandat.

1957 hat wiederum die Deutsche Partei davon profi-
tiert. 1994 war es – das ist bereits angesprochen wor-
den – die PDS. Sie erreichte nur 4,4 Prozent der Zweit-
stimmen, gewann aber vier Wahlkreise in Berlin.

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(C (D Es ist höchst interessant, was das Bundesverfassungsericht zur Grundmandatsklausel feststellt: Die Grundandatsklausel dient dem von der Verfassung legitimieren Zweck des Ausgleichs zum Teil sogar gegenläufiger iele, nämlich erstens ein funktionsfähiges Parlament zu chaffen und zweitens eine effektive Integration des taatsvolkes zu bewirken. Zudem – das ist, zumindest einer Ansicht nach, das Allerwichtigste – ergeben sich ür die Zahl der Grundmandate keine verfassungsrechtlihen Vorgaben. Das Bundesverfassungsgericht führt eiter aus: Im Übrigen ist es der Beurteilung des Gesetzgebers anheim gegeben, auf wie viele Wahlkreiserfolge er als Ausdruck eines besonderen politischen Gewichts abhebt. … Schon deshalb kann es von Verfassungs wegen nicht beanstandet werden, dass der Gesetzgeber nach Vergrößerung des Wahlgebietes durch die Wiedervereinigung Deutschlands die Anzahl der Grundmandate nicht erhöht hat. (Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Aber er kann!)

o weit das Bundesverfassungsgericht. Das betrifft so-
ohl Ihre als auch unsere Regierung. Ich möchte nur
och hinzufügen, dass diese Regelung seit Jahrzehnten
uf diese Weise angewendet wird.
Der Gesetzentwurf der CDU/CSU stellt aber gerade

arauf ab – das ist für mich schon ein bisschen merkwür-
ig –, dass sich die Zahl der Wahlberechtigten durch die
iedervereinigung um rund 29 Prozent, also um knapp

in Drittel, vergrößert habe und dass nun endlich gehan-
elt werden müsse. Lieber Herr Strobl, in diesem Zu-
ammenhang müssen Sie meines Erachtens zwei Fragen
eantworten. Erstens. Warum verlangen Sie erst jetzt, im
ahr 2005 – oder gerade jetzt? –, Konsequenzen, obwohl
hnen seit 1990 – seit 1990! – bekannt ist, dass sich die
ahl der Wahlberechtigten um knapp ein Drittel vergrö-
ert hat? Diese Frage müssen Sie mir beantworten; denn
ch kann es selber nicht. Zweitens. Aus welchen Grün-
en soll eigentlich bei einer Vergrößerung der Zahl der
ahlberechtigten um knapp ein Drittel die Zahl der
rundmandate um mehr als ein Drittel angehoben wer-
en?
Festzustellen ist: Die in der Begründung des Gesetz-

ntwurfs hergestellte Beziehung zwischen der Stimmen-
ahl, die aufzubringen ist, um die 5-Prozent-Sperrklau-
el zu überwinden, und derjenigen, mit der drei
ahlkreise direkt errungen werden können, würde sich
urch die Erhöhung auf insgesamt fünf Direktmandate,
ie Sie begehren, nur unwesentlich verändern. Die Dif-
erenz zwischen den erforderlichen Erststimmen und
weitstimmen ist – ich möchte nicht alles wiederholen –
n Wirklichkeit sehr geringfügig.
Sie haben vorhin sehr viele Rechenbeispiele genannt.

ch schlage vor, dass wir uns im Ausschuss intensiv mit
ahlen- und Rechenbeispielen beschäftigen. Sie behaup-
en aber, es gebe eine verfassungsrechtlich bedenkliche
ifferenz zwischen der Stimmenzahl, die aufzubringen
st, um die 5-Prozent-Sperrklausel zu überwinden, und
er Stimmenzahl, mit der man drei Wahlkreise direkt






(A) )



(B) )


Barbara Wittig

erringen kann. Gestatten Sie mir deshalb, noch einmal
auf das Bundesverfassungsgericht zu verweisen. Es hat
keine verfassungsrechtlichen Bedenken geäußert, wenn
weiterhin eine Differenz im bisherigen Umfang
zwischen der Stimmenzahl, die aufzubringen ist, um die
5-Prozent-Sperrklausel zu überwinden, und derjenigen
besteht, mit der man drei Wahlkreise direkt erringen
kann. So weit das Bundesverfassungsgericht. Ich musste
darauf bereits zum zweiten oder dritten Mal verweisen.

Ich möchte abschließend feststellen: Verfassungs-
rechtlich und wahlrechtlich lässt sich Ihr Anliegen kaum
begründen. Außerdem ist im Sinne der Ausführungen
des Bundesverfassungsgerichtes zu fragen, ob eine ef-
fektive Integration des Staatsvolkes bei einer Erhöhung
auf fünf Grundmandate noch gewährleistet ist. Vielmehr
ist wohl davon auszugehen, dass Ihr Anliegen politisch
motiviert ist. Der Bitte von Herrn Strobl, darüber im
Ausschuss intensiv zu sprechen, kommen wir natürlich
gerne nach. Wir befassen uns ja bereits damit. Wir wer-
den dort ausreichend Zeit und Gelegenheit haben, Ihre
politischen Anliegen zu prüfen und die Gegebenheiten,
die sich unter verfassungs- und wahlrechtlichen Ge-
sichtspunkten ergeben, dagegen abzuwägen. Auf die
Diskussion freue ich mich.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516017100

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Jörg van Essen.


Jörg van Essen (FDP):
Rede ID: ID1516017200

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wir behandeln heute zwei unterschiedliche Themen, die
nur eines gemeinsam haben, nämlich dass sie etwas mit
dem Wahlrecht zu tun haben. Ich möchte in den drei Mi-
nuten, die mir zur Verfügung stehen, zu beiden kurz Stel-
lung nehmen. Ich muss die Sachverhalte nicht wiederho-
len, da sie schon vorgetragen wurden. Ich möchte zuerst
mit den Berliner Zweitstimmen beginnen. Ich teile die
Auffassung des Kollegen Strobl, dass wir diesen Sach-
verhalt regeln sollten. Ich habe mich – genauso wie SPD
und Grüne – gegen das Ansinnen der CDU/CSU ge-
wandt, die Bestimmung in § 6 des BWG analog anzu-
wenden; denn ich glaube, dass gerade das Wahlrecht
sehr strikt sein muss und dass sich deshalb eine analoge
Anwendung verbietet. Wenn wir aber dort strikt sind,
dann sollten wir auch eine gesetzliche Regelung vorneh-
men. Von daher meine klare Aussage, dass auch ich hier
Regelungsbedarf in der Richtung sehe, die Sie darge-
stellt haben.


(Beifall bei der FDP)

Ich glaube aber, dass auch das, was die Kollegin

Wittig in dieser Debatte vorgetragen hat, wirklich über-
legenswert ist. In diesem Jahr wird es die Entscheidung
des Bundesverfassungsgerichts geben und das Bundes-
verfassungsgericht wird mit Sicherheit Ausführungen
dazu machen, die wir berücksichtigen müssen. Es macht
keinen Sinn, ein Gesetz gerade verabschiedet zu haben

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(C (D nd anschließend vom Bundesverfassungsgericht mögliherweise zu vernehmen, dass dabei dies oder jenes zuätzlich zu berücksichtigen gewesen wäre. Deshalb soll der muss das zwar auf die Agenda kommen, meiner uffassung nach aber erst für die Zeit nach der Entscheiung des Bundesverfassungsgerichts. Ich habe Sie auch o verstanden, dass Sie dazu bereit sind. Eines muss jedenfalls klar sein: Das Stimmengeicht muss gleich sein. Deshalb muss hier eine Ändeung erfolgen. Das Bundesverfassungsgericht hat uns as aber nur zu erwägen gegeben; es war kein Auftrag, ie Sie gesagt haben. Jedenfalls führt ein Nachdenken ber diese Frage zu der Entscheidung, dass wir da tatächlich etwas ändern müssen. Der zweite Punkt: Grundmandatsklausel. Die kleine en Fraktionen im Bundestag, meine eigene, aber auch ündnis 90/Die Grünen, wissen, wie schwierig es ist, in Direktmandat zu erringen. – Der Kollege Ströbele ächelt gerade, weil er ein solches Mandat errungen hat, llerdings unter großen Anstrengungen. – Also, das Eringen eines Direktmandats für kleinere Parteien ist ußerordentlich schwierig. Die Tatsache, dass drei Diektmandate errungen worden sein müssen, bevor die rundmandatsklausel zur Anwendung kommt, macht arüber hinaus deutlich, dass es sich um eine politische ewegung handeln muss, die offensichtlich Gewicht hat, twa ein regionales Gewicht, oder die aus anderen Grünen bei einer Bundestagswahl einen entsprechenden Erolg hat. Ich rate uns davon ab, hier eine Änderung vorunehmen. Die Hürde ist hoch, aber sie ist auch ein inderheitenschutz. Hierdurch besteht für politische ruppierungen, die sich neu gebildet haben, die Mögchkeit, gegebenenfalls auf diesem Wege in das politiche Geschehen einzugreifen. Ich sehe die Notwendigkeit für eine Änderung hier lso nicht. Ihre Berechnungen habe ich verstanden. Aber uch in diesem Punkt muss ich der Kollegin Wittig echt geben. Das Bundesverfassungsgericht hat uns inoweit keine Aufgaben gestellt. Wir haben hier eine roße Möglichkeit zu variieren. Wenn wir politisch klug ind, dann sollten wir daran nichts ändern. Mit dieser uffassung wird die FDP-Bundestagsfraktion in die Beatungen gehen. Ich freue mich darauf und ich denke, ass wir dabei zu vernünftigen Entscheidungen kommen önnen, und zwar quer durchs ganze Haus. Vielen Dank. Das Wort hat die Abgeordnete Silke Stokar. Silke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)


(Beifall bei der FDP und der SPD)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516017300
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der
usgang der Bundestagswahl 2002 war sehr knapp. Ich
ann mich noch gut an die kurze Sequenz erinnern, in
elcher der Herr Edmund Stoiber meinte, er sei Bundes-
anzler. Das war aber nicht so, wie zumindest wir hier






(A) )



(B) )


Silke Stokar von Neuforn

alle heute wissen. Rot-Grün hat die Bundestagwahl 2002
gewonnen.

Meine Damen und Herren von der CDU/CSU, ich
habe manchmal das Gefühl, dass Sie mit dieser Wahlnie-
derlage bis heute nicht angemessen umgehen können.


(Hermann Gröhe [CDU/CSU]: Das Ende von Rot-Grün ist absehbar!)


Wir haben jetzt, im Jahre 2005, erneut nachgezählt, und
zwar in zwei Wahlbezirken in Berlin, 86: Berlin-Mar-
zahn, 87: Berlin-Lichtenberg. Diese hoffentlich letzte
Nachzählung hat wohl auch für Sie ergeben, dass sich an
der Mandatsverteilung nichts ändert. Rot-Grün ist der
Sieger der Bundestagswahl 2002.

Ich erwähne das hier deshalb noch einmal, weil ich
das gleiche merkwürdige Erlebnis bei dem letzten Wahl-
abend in Schleswig-Holstein hatte. Ich bedauere, dass
jetzt noch einmal so ein Ton hineingekommen ist, indem
es hieß: der SSW. Seit Tagen wird die Minderheiten-
gruppierung des SSWs, die gerade vom Bundesverfas-
sungsgericht bestätigt worden ist, beschimpft und es
werden Neuwahlen gefordert. Für wenige Minuten gab
es an dem Wahlabend einen Ministerpräsidenten
Carstensen, der ebenfalls nicht kapiert hat, dass das
Wahlergebnis erst mit der Auszählung der Stimmen fest-
steht.

Ich weise hier extra darauf hin, weil Ihre beiden Vor-
lagen etwas mit Machterhalt und der Akzeptanz von
Wahlergebnissen zu tun haben.


(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Das ist ganz billig, Frau Stokar!)


Hier ist zur Genüge dargestellt worden, dass das Urteil
des Bundesverfassungsgerichts von 1988 nicht auf die
von Ihnen problematisierte Zweitstimmenregelung an-
wendbar ist.


(Beifall des Abg. Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Hier wurde zu Recht gesagt: Eine Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts steht aus. Wir werden diese
Entscheidung in Ruhe abwarten und dann prüfen, ob es
überhaupt Handlungsbedarf gibt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte auch etwas zu der immer wiederkehren-

den Diskussion über die Grundmandatsklausel sagen.
Ich bitte wirklich darum, dass wir in diesem Hause etwas
mehr Gelassenheit zeigen. Ich finde, es zeugt einfach
von der Vielfalt der Demokratie in unserem Lande, dass
zwei Frauen von der PDS in diesem Hause sitzen. Ich
hätte noch nicht einmal etwas dagegen, wenn sie hier
vorne einen vernünftigen Tisch hätten.

Wir alle tun uns doch hier überhaupt keinen Gefallen,
wenn wir erneut darüber diskutieren, ob es sinnvoll ist,
die Anzahl der Grundmandate auf fünf zu erhöhen. In
der Realität wäre das eine Ausschlussklausel. Sie versu-
chen, die Hürden für kleine Parteien zu erhöhen.

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(C (D Wir können mit der bisherigen Regelung gut leben; ie ist eine Minderheitenschutzklausel. Drei Direktmanate sind mit einem gewissen Stimmengewicht verbunen. Wenn eine Partei bei einer Bundestagswahl drei irektmandate errungen hat, dann können die Mandatsräger die Wählerinnen und Wähler als Abgeordnete iher Partei hier im Bundestag vertreten. Ich finde das richig. Ich sehe überhaupt keinen Anlass, hier erneut – das st ja nicht das erste Mal – eine Debatte über Grundmanate zu führen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


s gibt eine vernünftige Regelung und wir sollten an die-
er Regelung festhalten. Wir sollten die Größe haben, zu
agen: Minderheitenpositionen haben in der Demokratie
nd damit auch im Parlament ihren Platz.
Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516017400

Ich schließe damit die Aussprache.
Interfraktionell wird die Überweisung der Gesetzent-
ürfe auf den Drucksachen 15/4717 und 15/4718 an die
n der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorge-
chlagen. Gibt es dazu anderweitige Vorschläge? – Das
st nicht der Fall. Dann sind die Überweisungen so be-
chlossen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 9 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Menschenrechte und
Humanitäre Hilfe (16. Ausschuss)

– zu dem Antrag der Abgeordneten Rainer
Funke, Dr. Werner Hoyer, Rainer Brüderle,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
FDP
Für eine zügige Zeichnung, Ratifizierung
und Umsetzung des Zusatzprotokolls zur
UN-Antifolterkonvention

– zu dem Antrag der Fraktionen der SPD und des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Für eine Bekräftigung des absoluten Folter-
verbots

– Drucksachen 15/3507, 15/4396, 15/4826 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Christoph Strässer
Hermann Gröhe
Thilo Hoppe
Rainer Funke

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
einen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat zunächst

er Abgeordnete Christoph Strässer.






(A) )



(B) )



Christoph Strässer (SPD):
Rede ID: ID1516017500

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Uns allen, die
wir hier noch sitzen, wäre, glaube ich, wohler, wenn wir
diese Debatte nicht führen müssten. 60 Jahre nach Ver-
abschiedung der Charta der Vereinten Nationen, 57 Jahre
nach Verabschiedung der Allgemeinen Erklärung der
Menschenrechte hier im Deutschen Bundestag über das
Verbot der Folter diskutieren zu müssen ist ein bedrü-
ckender, aber, wie ich finde, notwendiger Umstand.

Uns liegen zwei Anträge zur Beratung vor, die beide
in die richtige Richtung gehen. Wir werden natürlich un-
seren eigenen Antrag verfolgen, weil er nach unserer
Auffassung den politischen Rahmen für die Diskussion
deutlicher bestimmt und hinsichtlich der Umsetzung des
Zusatzprotokolls zur UN-Antifolterkonvention auch
deutlich aktueller ist.

Seit einigen Tagen liegen die schriftlichen Urteils-
gründe des Landgerichts Frankfurt in einer Angele-
genheit vor, die die nationale Debatte über die Legitimi-
tät von Folter in Ausnahmesituationen über einen ganz
langen Zeitraum bestimmt hat. Das Urteil enthält auf der
einen Seite in wünschenswerter Klarheit eine Absage an
jegliche Form der Folter, gerade auch im strafrechtlichen
Ermittlungsverfahren, und auf der anderen Seite bei der
Strafzumessung Augenmaß wegen der furchtbaren Kon-
fliktsituation der ermittelnden Beamten von Polizei und
Staatsanwaltschaft. Es ist ein bemerkenswertes Urteil,
wie ich finde, das unser aller Respekt verdient.

Das Verbot von Folter ist ein elementarer menschen-
rechtlicher Bestandteil eines jeden Rechtsstaats. Trotz-
dem wird die Zulässigkeit von Folter national und inter-
national immer wieder diskutiert. Auf nationaler Ebene
wird an verschiedenen Stellen versucht, eine sehr emo-
tionale Situation zu einer Relativierung des absolut gel-
tenden Folterverbots zu benutzen. Betrachtet man allein
den Sinngehalt der Worte „absolut“ und „relativ“, so
wird eines sofort deutlich: Etwas absolut zu setzen und
es sofort wieder zu relativieren ist nach meiner Auffas-
sung logisch nicht möglich.

Das Absolute an diesem Verbot begründet sich aus
der Würde des Menschen, seinem freien Willen und sei-
nem angeborenen Menschenrecht auf Freiheit vor der
Willkür anderer. Art. 1 unseres Grundgesetzes steht eben
gerade nicht unter einem Gesetzesvorbehalt und ist inso-
weit einer Güterabwägung auch nicht zugänglich. Wer
diese humanitären und rechtlichen Grundprinzipien in-
frage stellt, untergräbt das Wertesystem rechtsstaatlicher
Gesellschaften.

Ich gehe darüber hinaus. Eine Aufweichung des Folter-
verbots ignoriert die Lehren der europäischen Aufklärung,
die die Grundlagen für Freiheit und Demokratie, für
Rechtsstaat und Menschenwürde aller vorbereitet hat
und auf die wir Europäer zu Recht auch deshalb so stolz
sind, weil deren Umsetzung durch lange Auseinander-
setzungen erkämpft werden musste.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Rainer Funke [FDP])


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(C (D iese unmissverständliche Wahrheit scheint nicht überll einzuleuchten. Dabei sind auch die kodifizierten straf-, verfassungs nd völkerrechtlichen Grundlagen des Folterverbots eineutig, und zwar ebenso buchstäblich wie der Widerpruch von absolut und relativ. Die verfahrensrechtliche eltung des Folterverbots im Strafermittlungsverfahren st durch § 136 a der Strafprozessordnung gesichert. Dain heißt es unmissverständlich: Die Freiheit der Willensentschließung und der Willensbetätigung des Beschuldigten darf nicht beeinträchtigt werden durch Mißhandlung, durch Ermüdung, durch körperlichen Eingriff, durch Verabreichung von Mitteln … In der aktuellen Diskussion werden das Recht auf othilfe nach § 32 StGB und der Notstand nach 34 StGB herangezogen. Es wird behauptet, in solchen ällen müsse eine Güterabwägung zwischen dem Recht es Verdächtigen, nicht gefoltert zu werden, und dem echt auf Leben des Bedrohten zulässig sein. Unter betimmten Umständen soll das Foltern des Verdächtigen egitim sein, wobei sich die Protagonisten dieser Gedanen schwer tun, eine andere Umschreibung für das zu inden, was real Folter ist. Einige gehen sogar so weit, estzustellen, dass sich der Staat durch den Schutz der ürde des Täters in diesem Fall zum Mittäter macht. Es ird auch nicht besser dadurch, glaube ich, dass diese edanken in einem renommierten Grundgesetzkommenar veröffentlicht sind, der bis zu diesem Zeitpunkt eine öllig andere Position hatte. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Rainer Funke [FDP])


Wer das in dieser Form ernsthaft vertritt, der verab-
chiedet sich von der naturrechtlichen Begründung des
echts durch Immanuel Kant als Freiheit des einen vor
er Willkür des anderen.
Das Verbot der Folter in der Bundesrepublik ist unter

nderem durch Art. 104 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes
ichergestellt, der wie folgt lautet:

Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch
körperlich mißhandelt werden.

er das Folterverbot aufweichen will, widerspricht ge-
ollt oder ungewollt den Grundsätzen unserer Verfas-
ung. Die Mütter und Väter unserer Staatsordnung haben
as absolute Verbot von Folter also an die Existenz des
rundgesetzes gekoppelt. Und sie taten gut daran.
Zahlreiche internationale Verträge wie die Allge-
eine Erklärung der Menschenrechte, der Internationale
akt über bürgerliche und politische Rechte, die europäi-
che Menschenrechtskonvention und die Europäische
rundrechte-Charta fordern ebenfalls das absolute Fol-
erverbot und diese Regeln gelten gemäß Art. 25 des
rundgesetzes als unmittelbares Bundesrecht.
Besonders deutlich ist Art. 2 Abs. 2 der UN-Konven-

ion gegen Folter. Dieser bestimmt, dass auch außerge-
öhnliche Umstände gleich welcher Art, sei es Krieg






(A) )



(B) )


Christoph Strässer

oder Kriegsgefahr, innenpolitische Instabilität oder ein
sonstiger öffentlicher Notstand, nicht als Argument für
Folter geltend gemacht werden dürfen. Die nationale wie
die internationale Rechtslage ist somit eindeutig: Die
Anwendung oder Androhung von Gewalt zur Abgabe ei-
ner Erklärung eines gefangenen Menschen unterliegt ei-
nem absoluten Verbot ohne irgendeine Ausnahme.

Wir, die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die
Grünen, wollen deshalb mit unserem Antrag „Für eine
Bekräftigung des absoluten Folterverbots“ die Absolut-
heit dieses Folterverbots national sowie international
noch stärker einfordern.

Ein wichtiger Schritt in diese Richtung ist es für uns,
sich für die Ratifizierung des Zusatzprotokolls zur UN-
Antifolterkonvention einzusetzen, international, aber
selbstverständlich auch vor unserer eigenen Haustür. Da-
mit Deutschland das Zusatzprotokoll ratifizieren kann,
bedarf es der Mitwirkung der Länder. Ich sage das Stich-
wort: Lindauer Abkommen. Leider fehlt immer noch
die endgültige Zustimmung von vier Bundesländern, al-
lesamt CDU-regiert. Ich weiß nicht, warum Hamburg,
Thüringen, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen der Rati-
fizierung noch nicht endgültig zugestimmt haben. In un-
serem Ausschuss im Deutschen Bundestag besteht je-
denfalls Übereinstimmung, dass dieses Abkommen
nunmehr schnell umgesetzt werden muss. Wir begrüßen
es deshalb außerordentlich, dass seit dem 1. Juli 2004
endlich Bewegung in die Diskussion gekommen ist und
nur noch die vier genannten Länder – ich nenne es ein-
mal so – Bedenkfrist beanspruchen. Die Kolleginnen
und Kollegen der CDU/CSU sollten einmal nachfragen,
was denn da eigentlich so lange dauert. Es gilt auf jeden
Fall festzuhalten, dass eine schnelle Ratifizierung im
Moment in der Hand dieser Länder liegt.

Ich füge hinzu: Die Bundesregierung ist diesen Län-
dern schon weit entgegengekommen, indem sie die Aus-
stattung des nationalen Präventionsmechanismus, der
ja gefordert wird, so heruntergefahren hat, dass die ent-
sprechende Länderkommission nur noch aus vier ehren-
amtlichen Sachverständigen und einem kleinen Sekreta-
riat besteht. Mit dieser Ausstattung kann sie allerdings
wohl kaum den vielfältigen Aufgaben nachgehen, die ihr
zu übertragen sind. Wir kritisieren dies ausdrücklich und
sagen, an die Adresse des Bundesministeriums der Justiz
gerichtet: Wir werden an dieser Stelle auf Nachbesserun-
gen drängen, damit die Aufgaben vernünftig erfüllt wer-
den können. Es stößt aber gerade unter diesem Umstand
auf absolutes Unverständnis, wenn selbst angesichts des
gewählten Modells eines schlanken Präventionsmecha-
nismus die genannten vier Bundesländer ihre Bedenken
immer noch nicht zurückgestellt haben und eine schnelle
Zeichnung verhindern.

Sehr geehrter Herr Kollege Funke, angesichts dieses
Standes der Debatte sollten Sie sich nach meiner Über-
zeugung ernsthaft überlegen, den Antrag Ihrer Fraktion
zurückzuziehen und Ihre Arbeitskraft zum Beispiel in
Niedersachsen, wo Ihre Partei an der Regierung beteiligt
ist, einzubringen und sich dort für eine schnellstmögli-
che Zustimmung einzusetzen. Das würde uns, wie ich
glaube, weiterbringen.


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(C (D (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Rainer Funke [FDP]: Wir waren nur schneller! Deswegen ziehen wir nicht zurück!)


Es ist aber kontraproduktiv, wenn sich das irgendwie
ollierend überholt.
Immer wieder wird das Verbot von Folter im Kontext

er Bekämpfung des Terrorismus auf internationaler
bene von Rechtsstaaten, auch von Rechtsstaaten west-
icher Prägung, infrage gestellt. Vielfach geht es dabei
m Maßnahmen zu präventiven Zwecken der Terroris-
usbekämpfung, also zur Verhinderung bevorstehender
erroristischer Anschläge. Alle internationalen Verträge
prechen, wie bereits erwähnt, eine deutliche Sprache.
ie Realität sieht indes anders aus. In Guantanamo wird
eit 2002 nach Berichten nicht nur von Amnesty Interna-
ional die Menschenwürde durch grausame, entwürdi-
ende Methoden außer Kraft gesetzt. Wir erleben dies in
fghanistan und in vielen anderen Ländern; zum Teil
edient man sich auch – ich nenne es einmal so – des Er-
ahrungsschatzes von Staaten außerhalb der westlichen
emokratien, um auf bestimmte Ereignisse zu reagieren
nd entsprechende Ergebnisse zu erzielen.
Begründet wird diese Vorgehensweise mit der rechtli-

hen Einstufung der Gefangenen als ungesetzliche feind-
iche Kämpfer. Ich sage es an dieser Stelle ganz deutlich:
ieses Vorgehen ist nach allen internationalen Verträgen
icht nur rechtswidrig, sondern unmenschlich und für ei-
en echten Demokraten unerträglich.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP und der Abg. Petra Pau [fraktionslos])


er Schutz und die Sicherheit des Einzelnen, meine Da-
en und Herren, ist die Existenzbegründung für jeden
echtsstaat. Dieser Schutz des Menschen ist immer auch
er Schutz vor der Willkür durch den Staat.
Deshalb fordern wir – ich sage dies zum Schluss noch

inmal nachdrücklich –, das absolute Folterverbot im In-
nd Ausland, auch im Kampf gegen den internationalen
errorismus, zu verteidigen, und lehnen außerdem kon-
equent jegliche Form des so genannten Feindstrafrechts
b. Ein Rechtsstaat darf keinen rechtsfreien Raum dul-
en, geschweige denn schaffen. Denn rechtsfrei bedeutet
echtlos. Und rechtlos bedeutet – es sei mir gestattet,
homas Hobbes zu zitieren –: homo homini lupus. Für
lle die, die des Lateinischen nicht mächtig sind, gibt es
ie schöne deutsche Übersetzung: Der Mensch ist dem
enschen ein Wolf. Über diesen Zustand sollten wir in
nseren freiheitlichen Demokratien hinweg sein. Ich
itte Sie deshalb um Zustimmung zu unserem Antrag.
Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie der Abg. Petra Pau [fraktionslos])



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516017600

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Hermann Gröhe.






(A) )



(B) )



Hermann Gröhe (CDU):
Rede ID: ID1516017700

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Es ist jetzt genau eine Woche her, dass ich ein
sehr ausführliches Gespräch mit einem Arzt im Behand-
lungszentrum für Folteropfer in Berlin führte. Ein-
drucksvoll schilderte er mir die verschiedenen Thera-
pieformen, deren Ziel es ist, gefolterten Menschen zu
helfen. Doch er schilderte nicht nur die vielfältigen The-
rapiebemühungen, die darauf gerichtet sind, das Leid der
oft nach vielen Jahren noch traumatisierten Kinder,
Frauen und Männer zu lindern. Er schilderte mir auch
die Methoden der Folterknechte. Er sprach von den Be-
mühungen, einem Kurden zu helfen, den seine Peiniger
in einen Raum warfen, dessen Boden mit Glasscherben
übersät war. Dann hetzten sie Hunde auf den nahezu un-
bekleideten Mann, deren Pfoten mit einer Art Schuh vor
den Scherben geschützt waren. Diese schreckliche Quä-
lerei fand ihre Fortsetzung in einem Raum, auf dessen
Boden Salz angehäuft war, das beim Eindringen in die
offenen Wunden zu unvorstellbaren Schmerzen führte.

Entsetzt steht man vor der grausamen Fantasie derje-
nigen, die sich solche Quälereien von Menschen einfal-
len lassen. Doch ich stelle in dieser Debatte auch dank-
bar fest, dass es Menschen gibt, die nicht beim Entsetzen
stehen bleiben und sich beispielsweise in dem Behand-
lungszentrum für Folteropfer engagieren, das von Kolle-
ginnen und Kollegen aus allen Bundestagsfraktionen un-
terstützt wird.

Nach Angaben von Amnesty International wurden in
den vergangenen Monaten in über 130 Ländern Men-
schen gefoltert und misshandelt. Opfer werden zum Bei-
spiel engagierte Personen ethnischer Minderheiten, op-
positionelle Politiker, Studentenführer, kritische
Journalisten, Angehörige religiöser Minderheiten, Men-
schenrechtsverteidiger und Menschen, die gegen unge-
rechte soziale Verhältnisse protestieren. Opfer von Folter
sind aber auch Menschen, die verdächtigt werden, Straf-
taten begangen zu haben und von denen Geständnisse er-
presst werden sollen. Sogar Kinder werden gefoltert,
etwa bei der Verhaftung ihrer Eltern oder wenn sie selbst
ins Gefängnis geworfen werden. Kinder werden zudem
gefoltert und misshandelt, um sie in Kriegen, vor allem
in Bürgerkriegen, als Kindersoldaten missbrauchen zu
können.

Wir wissen um die politischen Rahmenbedingungen,
die die Gefahr der Folter verstärken: Haft ohne jeden
Kontakt zur Außenwelt – so genannte Incommunicado-
Haft –, unfaire Prozesse, in denen unter Folter erpresste
Geständnisse als Beweismittel Anerkennung finden,
Straflosigkeit bis hin zum offiziellen Gewähren der Im-
munität für Folterer, mangelnde Ausbildung der Sicher-
heitskräfte oder gar Ausbildung zur Folter, Erziehung
und Ausbildung zu absolutem Gehorsam sowie Presse-
zensur, gerade wenn es um das Fehlverhalten von Si-
cherheitsorganen geht. Die Änderung dieser Rahmenbe-
dingungen muss unser Ziel sein. 139 Staaten sind
inzwischen Vertragsstaaten der Antifolterkonvention.
Zahlreiche Vertragsstaaten sehen sich jedoch selbst mas-
siven Foltervorwürfen ausgesetzt.

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(C (D (Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner)


Mit dem Ziel, Präventionsmechanismen zur Verhin-
erung von Folter und Misshandlung in Gewahrsamsein-
ichtungen zu schaffen, wurde das Zusatzprotokoll zur
N-Antifolterkonvention im Dezember 2002 von der
eneralversammlung der Vereinten Nationen verab-
chiedet. Bereits am 14. März 2002 hatte sich der Bun-
estag in einer einstimmigen Beschlussfassung für ein
olches Fakultativprotokoll ausgesprochen. Nun zeich-
et sich eine baldige Einigung des Bundes mit den Län-
ern über diese Zeichnung des Zusatzprotokolls ab. Als
nionsfraktion begrüßen wir dies ausdrücklich. Im Hin-
lick auf entsprechende Bemerkungen des Kollegen
trässer füge ich hinzu, dass deutliche Appelle unserer
undestagsfraktion, namentlich unseres stellvertreten-
en Fraktionsvorsitzenden Bosbach, an die Landesregie-
ungen zu dieser sich abzeichnenden Einigung beigetra-
en haben. Deswegen werden wir gern dem FDP-Antrag
ustimmen, dessen Annahme geeignet ist, dabei zu hel-
en, dass dieser Prozess zügig zu einem guten Ergebnis
eführt wird.
Was den Antrag der Regierungsfraktionen angeht, so

ebe ich gern zu, dass das Bemühen verdienstvoll ist,
ine Bekräftigung des absoluten Folterverbots in den Zu-
ammenhang der verschiedenen Debatten zu diesem
hema zu stellen. Leider führt diese Bemühung jedoch
ur fragwürdigen Vermischung höchst unterschiedlicher
achverhalte. Ungenauigkeiten führen zudem zu unfai-
en Beurteilungen. So heißt es in dem rot-grünen Antrag
ach Ausführungen zum in Guantanamo Bay angewand-
en Feindstrafrecht:

Die rechtswissenschaftlichen Überlegungen in
Deutschland sind ähnlich.

ies ist in dieser Allgemeinheit völlig falsch; denn die
anz überwältigende Mehrheit der juristischen Äußerun-
en in der Bundesrepublik Deutschland hat sich klar ge-
en derartige Vorstellungen von einem Feindstrafrecht
ewandt und steht selbstverständlich zur Absolutheit des
olterverbots. Gewiss meinen Sie Ihre Formulierung
icht als Generalvorwurf. Aber die Ernsthaftigkeit des
hemas erfordert eben präzisere Formulierungen.
Erwähnt sei schließlich das zwischenzeitlich erfolgte
erichtsurteil im Fall des ehemaligen Vizepräsidenten
er Frankfurter Polizei, dessen Klarheit in der Bekräf-
igung der Absolutheit des Folterverbots Sie, Kollege
trässer, selbst ansprachen. Dieses Urteil hat die entspre-
henden Passagen Ihres Antrags zu überholten Aussagen
emacht.
Da auch ich zugleich nicht verhehlen will, dass Ihr
ntrag eine Reihe von sehr wichtigen Feststellungen
nd begrüßenswerten Forderungen enthält, werden wir
ns bei diesem Antrag der Stimme enthalten.
Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)







(A) )



(B) )



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516017800

Das Wort hat die Kollegin Christa Nickels, Bünd-

nis 90/Die Grünen.


Christa Nickels (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516017900

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Im Namen des Kampfes gegen den Terrorismus müssen
wir als Menschenrechtler nach wie vor einige Ausprä-
gungen der Art, wie dieser Kampf geführt wird, massiv
und deutlich kritisieren. Es ist traurig, dass etliche Jahre
nach dem 11. September 2001 das Thema Folter immer
noch auf der Agenda steht und dass wir diese Praktik
auch innerhalb der demokratischen Staaten nach wie vor
anklagen und bekämpfen müssen. Das ist einer der
Gründe, warum wir gut daran tun, hier im Parlament re-
gelmäßig und ohne nachzulassen die universelle Geltung
der unveräußerlichen Menschenrechte einzufordern, ge-
rade auch im Kampf gegen den Terrorismus.

Die Erosion des Folterverbots – man glaubt, Men-
schenrechte suspendieren zu müssen, um Menschen-
rechte zu verteidigen – bekommen wir leider auch im ei-
genen Land zu spüren. Hermann Gröhe, das ist
tatsächlich eine Tendenz, die es hierzulande so vor eini-
gen Jahren noch nicht gab und die uns beunruhigen
muss. Wir müssen auch seitens des Menschenrechtsaus-
schusses intensiv und kontinuierlich daran arbeiten, sie
zu stoppen.

Die Bilder aus Abu Ghureib haben zwar einhelliges
Entsetzen hervorgerufen; trotzdem gerät die Gewissheit,
dass Folter ein Anschlag auf die Menschenwürde ist,
auch in manchen Debatten in Deutschland ins Rutschen.
Das zeigt die öffentliche Debatte um den mittlerweile
verurteilten Polizeipräsidenten Herrn Daschner ebenso
wie die Berichte aus einigen Kasernen, in denen im Rah-
men militärischer Übungen unmenschliche, erniedri-
gende und grausame Methoden simuliert worden sind.

Regierung und Parlament – und zwar im Parlament
einmütig über alle Fraktionsgrenzen hinweg – haben
nach diesen Vorfällen eindeutig klargestellt, dass das
Folterverbot keine Ausnahme duldet. Darüber bin ich
wirklich außerordentlich froh.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Trotzdem bekommt vor diesem Hintergrund die anste-
hende Ratifizierung des Zusatzprotokolls zur Antifolter-
konvention der Vereinten Nationen eine zusätzliche,
ganz andere Gewichtung, als sie bisher schon hatte.

Gerade rechtsstaatliche Demokratien sind gefordert,
eine Erosion des Folterverbots zu verhindern, und zwar
vor allen Dingen dadurch, dass auch innerstaatlich alle
menschenrechtlichen Konventionen und Instrumente
rechtlich und praktisch verankert werden. Dabei geht es
nicht zuletzt – das ist sehr wichtig – um unsere eigene
Glaubwürdigkeit. Wenn wir andere Menschen und Staa-
ten auffordern wollen, die Menschenrechte zu achten
und zu stärken, dann müssen wir sie im eigenen Land in
beispielhafter Weise umsetzen, wohl wissend – das sage
ich ganz ausdrücklich –, dass wir natürlich im Vergleich
zu vielen anderen Ländern dieser Erde in guten und si-

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(C (D heren rechtsstaatlichen Verhältnissen leben. Auch vor em Hintergrund, dass wir im Rahmen der Reform der ereinten Nationen vonseiten der Demokratien mehr erantwortung anstreben, muss die innerstaatliche menchenrechtliche Situation nicht nur gut sein, sondern beipielhaft. Ich bin der Justizministerin sehr dankbar, dass in ihrem aus ein Konzept für die praktische Umsetzung des Zuatzprotokolls erarbeitet worden ist, das auch endlich einen urchbruch gebracht hat, weil es vielen Bundesländern eröglicht hat, die Bedenken gegen die Ratifizierung aufugeben. Herr Staatssekretär, Sie wissen ja, dass wir onseiten unseres Ausschusses diese Bemühungen sehr achdrücklich und intensiv unterstützt haben. Die Koaliionsfraktionen haben ihrerseits Bemühungen unternomen, auf der Länderschiene Rückenwind zu geben. Wir aben gemeinsam mit der SPD unsere Fraktionen in den andtagen angeschrieben mit der Bitte, der Ratifizierung es Zusatzprotokolls nicht länger im Wege zu stehen. Es gab ein Fachgespräch im Herbst, in dem wir inten iv darum geworben haben, dass das arbeitsfähige Konept, das aus dem Justizministerium vorgelegt worden st, auch bei den Menschenund Bürgerrechtsorganisaionen Zustimmung finden konnte. Das Konzept sah eine emeinsame Länderkommission vor, in die jedes Bunesland einen ehrenamtlich tätigen Sachverständigen ntsenden sollte. Die Reisekosten für die Sachverständien und die Kosten für das Kommissionssekretariat mit amals vier Mitarbeitern sollten von den Ländern geeinsam getragen werden. Ich habe allerdings volles Verständnis dafür, dass re ommierte Nichtregierungsorganisationen nicht bereit ind, dass Magersuchtmodell mitzutragen, zu dem das isher schon sehr schlanke Konzept inzwischen zusamengestrichen worden ist. Es ist eine Illusion zu glauben, ass ein solches Magersuchtmodell mit gerade einmal vier xperten und einem einzigen Sekretariatsmitarbeiter, über as zurzeit verhandelt wird, all die Aufgaben erfüllen ann, die eine solche Kommission laut Fakultativprotooll zu leisten hat. Die Kommission soll regelmäßig Kontrollbesuche in trafvollzugseinrichtungen, psychiatrischen Anstalten, m Polizeigewahrsam sowie in den geschlossenen Abteiungen von Altenund Pflegeheimen sämtlicher Bundesänder machen. Anschließend soll sie den zuständigen ehörden Empfehlungen geben, einen Jahresbericht ertellen und schließlich mit dem VN-Unterausschuss für ie Prävention gegen Folter zusammenarbeiten. Ich verstehe ehrlich gesagt nicht, wo das Problem ist. n den Kosten kann es eigentlich nicht liegen. Denn bei em ursprünglichen Modell wären nach Expertenschätungen für kleine Bundesländer jährlich Kosten im vier-, llerhöchstens im fünfstelligen Bereich zu veranschlaen gewesen. Das fällt in einem Landeshaushalt nun irklich unter die Rubrik Kleinigkeiten. Wir unterstützen die Bundesregierung, vor allem auch as Justizministerium, ausdrücklich darin, die ursprüngiche Version zu realisieren. Ich appelliere an die Christa Nickels Bundesländer, den guten Reden jetzt gute Taten folgen zu lassen. Danke schön. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Rainer Funke [FDP]: Die sind heute doch gar nicht da! Kein Interesse!)





(A) )


(B) )



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516018000

Das Wort hat der Kollege Rainer Funke, FDP-Frak-

tion.


Rainer Funke (FDP):
Rede ID: ID1516018100

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In ei-

nem stimmen wir alle überein: Es darf in Deutschland
für Folter keinen Raum geben – unter keinen Bedingun-
gen, auch nicht in absoluten Ausnahmefällen und auch
nicht in Ansätzen oder nur als Androhung.


(Beifall im ganzen Hause)

Das ist eine der Lehren unserer Geschichte, eine der
Grundlagen unserer freiheitlichen Rechtsordnung, eines
der Grundprinzipien, auf denen unser Gemeinwesen auf-
gebaut ist.

Die Diskussion um den erschütternden Mordfall von
Metzler im vergangenen Jahr hat gezeigt, wie schnell der
gesellschaftspolitische Konsens aufgrund von tagespoli-
tischen Stimmungen in dieser wichtigen Frage brüchig
geworden ist. Umso wichtiger ist es, dass die Verant-
wortlichen in der Politik, also wir, hier an einem Strang
ziehen.

Deutschland hat aufgrund seiner historischen Verant-
wortung, seiner Verfassung und seiner menschenrechts-
politischen Ansprüche darüber hinaus aber auch die Ver-
pflichtung, Vorreiter im Kampf gegen die Folter auf der
ganzen Welt zu sein. Wie notwendig das ist, zeigen die
erschütternden Berichte von Amnesty International und
von anderen Nichtregierungsorganisationen fast täglich
aufs Neue.

Wir können uns als Politiker, sei es als Regierungs-
vertreter oder als Abgeordnete, in Gesprächen vor Ort
gegen Folter stark machen. Wir können mit NGOs zu-
sammenarbeiten und wir können den Weg über die Me-
dien gehen. Aber uns steht ein weiterer Weg zur Verfü-
gung, nämlich das internationale Recht, das die
Grundlage für ein weltweites Folterverbot schaffen
muss.

Die FDP-Bundestagsfraktion hat deshalb bereits Ende
Juni letzten Jahres einen Antrag im Deutschen Bundes-
tag eingebracht, in dem wir uns für eine zügige Zeich-
nung, Ratifizierung und Umsetzung des Zusatzproto-
kolls zur UN-Antifolterkonvention aussprechen. Es geht
uns dabei um den Inhalt dieses Zusatzprotokolls, den wir
für umsetzbar und für umsetzenswert erachten.

Es geht uns aber durchaus auch darum, dass Deutsch-
land eine Vorreiterrolle bei der Ratifikation internationa-
ler Abkommen in diesem wichtigen und hochsensiblen
Bereich einnimmt. Ich weiß, die Bundesregierung kün-
digt seit längerem an, sich in einem Abstimmungspro-

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(C (D ess mit den Ländern zu befinden. Die Innenministeronferenz der Länder hat bereits im letzten Sommer rüfung zugesagt. Passiert ist aber bislang nichts, außer ass weiter gestritten wird und angeblich erste mündlihe Einigungen vorliegen. Dieses Zögern tut der orbildfunktion Deutschlands nicht gut; es schwächt nsere Glaubwürdigkeit beim weltweiten Kampf gegen olter. (Beifall bei Abgeordneten der FDP und der SPD)


Ich sage Ihnen zu, Herr Kollege Strässer, dass ich
ich bei den Ländern, in denen wir an der Regierung be-
eiligt sind, dafür einsetzen werde, dass diese Länder als-
ald ebenfalls zeichnen werden.


(Beifall bei der FDP, der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir haben im Sommer die Initiative ergriffen. Rot-
rün hat daraufhin im Dezember mit einem eigenen An-
rag nachgezogen. Im Antrag von Rot-Grün ist verklau-
uliert und in einer Fülle von allgemeinen Beobachtun-
en und Forderungen –


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516018200

Herr Kollege, Sie müssen zum Ende kommen.


Rainer Funke (FDP):
Rede ID: ID1516018300

– ich weiß – der Appell an die Bundesregierung ver-

teckt, das Zusatzprotokoll zu unterzeichnen. Dazu sage
ch: Vielen Dank, dass Sie das so nett verpackt haben.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ie sind Verpackungskünstler.
Ich möchte es klar und deutlich sagen: Ratifikation

etzt, und zwar so schnell wie möglich!
Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516018400

Das Wort hat die Kollegin Petra Pau.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1516018500

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
ir diskutieren heute über zwei Anträge. Der eine
ommt von der SPD und dem Bündnis 90/Die Grünen.
n ihm wird bekräftigt, dass das Folterverbot absolut und
usnahmslos gilt. Die PDS im Bundestag teilt diese Auf-
assung. Das Folterverbot leitet sich direkt aus Art. 1 des
rundgesetzes ab: „Die Würde des Menschen ist unan-
astbar.“ Das heißt die Würde jedes Menschen, auch sol-
her Menschen, die scheinbar oder tatsächlich unter Ver-
acht stehen.
Wer indes Folter rechtfertigt, wer die Würde eines
enschen gegen die Würde eines anderen abwägt, der






(A) )



(B) )


Petra Pau

gibt einen fundamentalen und historischen Anspruch
dem Ermessen preis. Die PDS will das nicht.

Allerdings diskutieren wir heute nicht nur abstrakt.
Wir hatten eine sehr konkrete Debatte rund um die Fol-
terdrohungen des Vizepräsidenten der Frankfurter Poli-
zei. Wir kennen die Äußerungen von Professor
Wolffsohn, der Folter unter bestimmten Bedingungen für
legitim hält. Ähnlich äußerten sich übrigens – damals in
einer ganz eigenartigen Koalition – Wolfgang Bosbach,
CDU, und Oskar Lafontaine, SPD. Umso erfreuter war
ich heute, zu hören, dass Wolfgang Bosbach gegenüber
Landesregierungen aktiv geworden ist.

Wir erleben außerdem, wie in Kriegs- und Krisenge-
bieten gefoltert und Folter trainiert wird. Wir wissen,
dass der Präsident der USA Folter zulässt – und das
nicht nur in Guantanamo. Auch deshalb sollte der Bun-
destag ein ganz klares Zeichen gegen jedwede Folterpra-
xis und gegen jeden Legitimationsversuch setzen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD und
den Grünen, daher finde ich es unverständlich, dass Sie
heute den Antrag der FDP, über den wir auch beraten,
ablehnen. Die FDP will, dass die Bundesrepublik
Deutschland die Antifolterkonvention der UNO zeichnet
und ratifiziert. Ich finde das richtig, zumal die Konven-
tion eine Folterdefinition enthält, die keine der bemühten
Ausnahmen vom Folterverbot zulässt.

Rot-Grün hat auch heute wieder auf Abstimmungs-
probleme mit den Bundesländern verwiesen, die sich
aus den unterschiedlichen Kompetenzen von Bund und
Ländern ergeben. Außerdem sei man in der Praxis schon
weiter als im Antrag der FDP unterstellt. Das ist völlig
klar; Kollege Funke hat auf den zeitlichen Ablauf ver-
wiesen.

Mich überzeugen beide Bedenken überhaupt nicht,
zumal die UNO-Konvention erst dann an Kraft gewinnt,
wenn sie von genügend Staaten ratifiziert wird.


(Rudolf Bindig [SPD]: Der Bund kann es nicht ohne die Länder! Die Länder müssen ran! Das ist das Problem!)


– Ja, aber Sie könnten ein wenig aktiver werden, indem
Sie mit der Annahme des Antrages der FDP Ihren Willen
unterstreichen und bekunden.


(Rudolf Bindig [SPD]: Seit einem Jahr schreiben wir Briefe an die Länder!)


Insofern bleibt der schlechte Geschmack, dass der
Antrag einfach nur von der falschen Seite kommt. Ich
finde, wenn es um den Schutz der Grund- und Men-
schenrechte geht, dann sollte es keine richtige und keine
falsche Seite geben, wenn beide dasselbe wollen.

Deshalb wird die PDS im Bundestag heute schlicht
beiden Anträgen zustimmen.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516018600

Letzte Rednerin in dieser Debatte ist die Kollegin

Daniela Raab, CDU/CSU-Fraktion.

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(C (D Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen nd Kollegen! Folter ist menschenverachtend, abscheuich und in keiner Weise hinnehmbar. Eigentlich braucht an es gar nicht eigens zu betonen, dass wir alle hier im aal – die Debatte hat dies wenig überraschend gezeigt – olter in jeglicher Form und zu welchem Zweck auch mmer aufs Schärfste verurteilen und ablehnen. Uns liegen nun zwei Anträge zur Folterthematik vor: iner von der FDP und einer von der Regierungskoaliion. Wir werden uns dem Antrag der FDP anschließen. ei der Abstimmung über den Antrag der Regierungskolition werden wir uns enthalten. Der Forderung eines generellen Folterverbotes, wie in eiden Anträgen enthalten, schließen wir uns selbstvertändlich voll und ganz an; darüber besteht Einigkeit. Meine Damen und Herren von der Koalition, Sie ha en in Ihrem Antrag einiges miteinander verbunden, was icht miteinander verbunden werden darf. Deswegen önnen wir Ihren Antrag leider – wirklich leider – nicht edingungslos mittragen. Zum Hintergrund unserer heutigen Debatte ist zu sa en, dass 1984 die UN-Antifolterkonvention verabschieet wurde und dass sie danach durch die UN-Mitgliedtaaten bedauerlicherweise zögerlich umgesetzt wurde. ittlerweile haben allerdings mehr als 145 Staaten der 91 Mitgliedstaaten die Antifolterkonvention angenomen. Das Protokoll trat nach der Ratifizierung durch die rsten 20 Vertragsstaaten am 26. Juni 1987 in Kraft und ilt in der Bundesrepublik seit dem 31. Oktober 1990. Nach jüngsten Angaben von Amnesty International das ist bereits mehrfach angesprochen worden – wird edoch immer noch in 132 Staaten von Polizei und staatichen Stellen gefoltert, sodass es die Vereinten Nationen ür nötig befanden, ein Zusatzprotokoll zu erstellen. Dieem „Zusatzprotokoll zum Übereinkommen gegen Foler und andere grausame, unmenschliche oder erniedriende Behandlung und Strafe“ stimmte dann die UNeneralversammlung im Dezember 2002 zu. Darin weren neben der Folter auch andere grausame, unmenschlihe und entwürdigende Behandlungen oder Bestrafunen verboten. Das Zusatzprotokoll sieht zum einen – das unterstüt en wir sehr – die Einrichtung eines internationalen Greiums, eines Unterausschusses, vor, das dem Komitee ur Bekämpfung der Folter untersteht und Untersuchunen in Gefängnissen oder an anderen Orten, an denen ich Gefangene befinden, durchführen kann. Außerdem ollen die Mitgliedstaaten – auch das unterstützen wir atürlich – zum selben Zweck innerstaatliche unabhänige Gremien einrichten. Vorbeugung steht also im Vorergrund. Folter muss von vornherein verhindert werden nd darf nicht erst dann beklagt werden, wenn sie schon ollzogen worden ist. Bisher wurde das Zusatzprotokoll von 27 Staaten ge eichnet, aber nur von drei Staaten ratifiziert. Es ist ofensichtlich, dass die Ratifizierung des Zusatzprotokolls urch Deutschland auf bestem Wege ist. Sie ist aber leier immer noch nicht vollzogen worden. Es hapert – wir Daniela Raab alle haben das schon beklagt; ich denke, darüber sind wir uns wirklich einig – an der Umsetzung durch die Länder. Deshalb ist die Forderung der FDP, dass möglichst zügig vonseiten der Bundesregierung die notwendigen Voraussetzungen für eine Lösung mit den Ländern geschaffen werden, mehr als berechtigt. Ich glaube, es ist auch klar, dass wir die Bundesregierung dabei unterstützen. (Rudolf Bindig [SPD]: Die Länder müssen jetzt mal zustimmen!)

Daniela Raab (CSU):
Rede ID: ID1516018700




(A) )


(B) )


– Ich habe Ihnen gerade gesagt, dass wir die Bundesre-
gierung dabei unterstützen werden. Wir wollen uns doch
nicht bei diesem Thema streiten.

Wir werden – da bin ich zuversichtlich – die entspre-
chenden Hürden nehmen; schließlich haben wir ein ge-
meinsames, parteiübergreifendes Ziel. Es wäre daher ein
gutes Zeichen, wenn wir im Bundestag – durch unsere
Beschlussfassung – und auch die Akteure in den Län-
dern diese Bemühungen unterstützten und damit ein
Signal setzten.

So weit, so gut.
Ich möchte aber, wenn Sie erlauben, noch begründen,

warum wir uns bei Ihrem Antrag enthalten und dem An-
trag der FDP voll und ganz zustimmen werden. Sie ge-
hen in Ihrem Antrag auf den Fall Daschner ein. Dabei
geht leider eines unter: Es ging bei diesem Fall nicht um
vollzogene Folter – das wäre katastrophal –, sondern um
den brutalen Notstand einer Kindesentführung, bei dem
wahrscheinlich von polizeilicher Seite schlicht und er-
greifend nicht überblickt werden konnte, was man ei-
gentlich tat, als man anordnete, man möge den Entführer
mit Folter bedrohen. Das zuständige Gericht hat das ent-
sprechend erkannt – Herr Strässer hat es vollkommen
richtig gesagt – und hat es auch in seiner Urteilsfindung
berücksichtigt. In Ihrem Antrag – das kann man leider
herauslesen – unterstellen Sie, in der öffentlichen Mei-
nung gebe es die Tendenz, das absolute Folterverbot aus-
zuhebeln. Diese Tendenz – das muss ich ganz klar
sagen – kann ich in der öffentlichen Debatte nicht mehr
erkennen. Deswegen gefällt uns Ihr Antrag vom Wort-
laut her nicht so gut. Wir halten die Formulierung für et-
was unglücklich.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Seien Sie heute Abend nicht so streitsüchtig!)


Im gleichen Atemzug nennen Sie Guantanamo Bay,
wo es anerkanntermaßen zu einer Aushebelung der ame-
rikanischen Bürgerrechte und – das ist noch viel schlim-
mer – der Rechte aus der III. Genfer Konvention zum
Schutz von Kriegsgefangenen gekommen ist. Der Zu-
stand dort ist unbestritten unhaltbar, grausam und men-
schenunwürdig; wir alle können dafür nur tiefste Ab-
scheu empfinden. Das Problem ist nur, dass Sie in Ihrem
Antrag die Behauptung aufstellen, die rechtswissen-
schaftlichen Überlegungen in Deutschland gingen zu-
mindest zum Teil in eine ähnliche Richtung. Allein, hier
einen Zusammenhang herstellen zu wollen, halte ich für
unglücklich. Es bleibt natürlich nicht aus, dass es in der
Rechtswissenschaft einige verquere Meinungen, ganz
bewusst vorgetragen, zu diesem Thema gibt. Ich denke

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(C (D ber, wir müssen ganz deutlich herausstellen, dass diese einungen Minderheitenmeinungen sind. Es ist auch lar, dass wir alle nicht dieser Meinung sind. Wir können s definitiv nicht unterstützen, dass Sie einen solch pauchalen Zusammenhang herstellen. Der Antrag der FDP enthält die notwendigen Fakten. Ich habe bereits gesagt, dass wir Sie bei der Umset ung in den Ländern unterstützen werden, wo wir könen. Beide Seiten, der Bund und die Länder, sind nun in er Pflicht. Das ist so; da haben Sie völlig Recht. Wo wir it Ihnen zusammenarbeiten können, möchten wir das ern tun. Erst dann können wir zufrieden sein und erst ann haben wir ein ausreichendes Zeichen gegen Folter esetzt. Aus diesem Grunde schließen wir uns, weil uns ieser Antrag näher ist, dem Antrag der FDP an. Ich danke Ihnen. Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus chusses für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe auf rucksache 15/4826 und beginnen mit der Abstimmung u Buchstabe b der Beschlussempfehlung. Unter uchstabe b empfiehlt der Ausschuss die Ablehnung des ntrags der Fraktion der FDP auf Drucksache 15/3507 it dem Titel „Für eine zügige Zeichnung, Ratifizierung nd Umsetzung des Zusatzprotokolls zur UN-Anti-Foler-Konvention“. Wer stimmt für diese Beschlussempehlung? – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Die Beschlussmpfehlung ist mit den Stimmen der Koalition gegen die timmen der CDU/CSU und der FDP sowie der Kollein Petra Pau angenommen. Unter Buchstabe a seiner Beschlussempfehlung emp iehlt der Ausschuss die Annahme des Antrags der Frakionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen auf rucksache 15/4396 mit dem Titel „Für eine Bekräftiung des absoluten Folterverbots“. Wer stimmt für diese eschlussempfehlung? – Gegenprobe! – Enthaltunen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen er Koalition und der Kollegin Petra Pau bei Enthaltung er CDU/CSU und der FDP angenommen. Ich rufe Tagesordnungspunkt 10 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Rainer Brüderle, Gudrun Kopp, Dirk Niebel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Anti-Benachteiligungsgesetz für den deutschen Mittelstand auf den Weg bringen – Drucksache 15/4734 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Rechtsausschuss Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner FDP fünf Minuten erhalten soll. – Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kollegin Gudrun Kopp, FDP-Fraktion. Frau Präsidentin! Sehr geehrte Herren und Damen! Wir legen Ihnen heute Abend ein Anti-Benachteiligungsgesetz für den Mittelstand vor. Dies tun wir aus dem einfachen Grund, weil wir unbedingt möchten, dass in Anbetracht der schwierigen Wirtschaftslage, in der wir uns gegenwärtig befinden – die Wachstumsraten sind gering, die Arbeitslosenzahlen exorbitant hoch –, der Fokus auf den deutschen Mittelstand gerichtet wird. Daher bitten wir Sie um besonders große Aufmerksamkeit. Im Jahr 2004 hat es 110 000 Insolvenzen gegeben. 40 000 davon waren Firmeninsolvenzen. Da Sie sich immer wieder weigern, weitere Reformen durchzuführen, nenne ich Ihnen ein Beispiel: Wir halten es für unabdingbar, dass der Kündigungsschutz gelockert wird. Wir möchten den Kündigungsschutz lockern, um mehr Beschäftigung zu ermöglichen. (Rudolf Bindig [SPD]: Es wird doch keine Beschäftigung geben! Das ist eine ausgelutschte Platte!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516018800




(A) )


(B) )

Gudrun Kopp (FDP):
Rede ID: ID1516018900

(Dr. Werner Hoyer [FDP]: Das ist Wahnsinn!)


(Zuruf von der SPD: Nicht schon wieder!)


Große Unternehmen, die Gewinne erwirtschaften,
Maßnahmen zur Effizienzsteigerung durchführen und in
deren Folge Personal abbauen müssen, können sich das
leisten. Kleine oder mittelständische Unternehmen hin-
gegen, die ihre Beschäftigten aufgrund ihrer schlechten
Auftragslage nicht mehr behalten und zum Beispiel
keine Abfindungen mehr zahlen können, müssen allein
aus Kostengründen in die Insolvenz gehen. Dann gehen
Arbeitsplätze unwiederbringlich verloren.


(Rudolf Bindig [SPD]: So ein Blödsinn! Für über 52-Jährige gibt es doch gar keinen Kündigungsschutz mehr! Stellen Sie die doch alle ein!)


– Ich kann verstehen, dass Sie das nicht nachvollziehen
können. Aber es ist absolut notwendig, diesen Unterneh-
men die nötige Luft zum Atmen zu geben, um so Be-
schäftigung zu ermöglichen.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Außer heißer Luft kommt da nichts! – Rudolf Bindig [SPD]: Mir bleibt die Luft weg vor solcher Einfalt! – Gegenruf des Abg. Dr. Werner Hoyer [FDP]: Das kapiert der Küster nie!)


– Die Arbeitslosenquote ist so hoch, weil Sie nicht ver-
stehen, um was es geht.


(Widerspruch bei der SPD – Rudolf Bindig [SPD]: Die Arbeitslosigkeit haben Sie ge – e d d G u U k D w l s W f S d t 3 J s d g ü s d n – P k s d K U (C (D schaffen! Wir müssen die Situation jetzt mühselig verbessern!)


Es ist doch schon spät. Regen Sie sich doch nicht über
twas auf, was Sie selbst verursacht haben und nun an-
eren in die Schuhe schieben wollen!


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Seien Sie doch nicht so zänkisch!)


Wir wollen eine Steuerreform für alle. 80 Prozent
er Unternehmen in Deutschland sind personengeführte
esellschaften


(Zuruf von der SPD: Das wissen wir!)

nd zahlen Einkommensteuer. Wir möchten, dass diese
nternehmen von einer echten Steuerreform profitieren
önnen.


(Zuruf von der SPD: Machen wir doch!)

as ist notwendig, um vielen das Überleben und die
eitere Beschäftigung von Menschen überhaupt mög-
ich zu machen.
Wir fordern eine Änderung des Betriebsverfas-

ungsgesetzes.

(Dr. Uwe Küster [SPD]: Natürlich!)


ir möchten, dass die Schwelle, ab der ein Betriebsrat
reigestellt wird, 500 Beschäftigte beträgt und nicht, wie
ie immer propagieren, 200.


(Beifall bei der FDP – Dr. Werner Hoyer [FDP]: Man muss hier einmal die Wahrheit sagen dürfen!)


Wir möchten die künstliche Konkurrenz ansprechen,
ie Sie von Rot-Grün gerade den mittelständischen Un-
ernehmen bringen. Ich nenne als Beispiel die Ich-AGs.
60 000 Existenzgründungen hat es im vergangenen
ahr gegeben. Davon hatten 330 000 staatliche Unter-
tützung,


(Zuruf von der SPD: Na und?)

as heißt, wir wissen gar nicht, wie lange diese Existenz-
ründungen am Markt bestehen werden, ob sie sich
berhaupt halten können. Langzeitarbeitslose Personen
tehen häufig günstiger da, wenn sie eine Ich-AG grün-
en, weil sie dann im ersten Jahr zumindest 600 Euro
etto an staatlicher Unterstützung einnehmen.


(Rudolf Bindig [SPD]: Das sollen sie auch! – Weiterer Zuruf von der SPD: Sollen sie arbeitslos bleiben?)


Es ist ja okay, man gönnt es ihnen ja, nur löst es das
roblem nicht. Wir unterstützen staatlicherseits eine
ünstliche Konkurrenz und machen den mittelständi-
chen Unternehmen das Leben zusätzlich schwer.


(Beifall bei der FDP)

Das gleiche Desaster bei den 1-Euro-Jobs. Sie wer-

en sehen, diese 1-Euro-Jobs werden gerade in den
ommunen dazu führen, dass reguläre Arbeit in großem
mfang wegfallen wird.






(A) )



(B) )


Gudrun Kopp


(Zuruf von der SPD: Das müssen Sie erst ein mal nachweisen!)

Das ist ein Riesenproblem.


(Rudolf Bindig [SPD]: Es geht um zusätzliche gemeinnützige Tätigkeiten! So einen Wirrwarr, den man hier hört! Dabei kann man doch nicht ruhig sitzen bleiben! – Dr. Uwe Küster [SPD]: An dieser Stelle darf jeder so viel Unfug reden, wie er möchte! Das ist auch gut! Das ist Meinungsfreiheit!)


– Schreien Sie doch nicht so laut! Es wird dadurch nicht
besser.

Ich nenne als Weiteres das ERP-Sondervermögen.
Sie lassen es zu, dass 2 Milliarden Euro aus dem ERP-
Sondervermögen abgezogen werden und nicht mehr zur
Verfügung stehen,


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Das ist doch unglaublich!)


um mittelständischen Unternehmen nachgefragte Exis-
tenzgründungskredite zu geben. Dafür haben Sie die
Hand gehoben.

Sie verantworten auch, dass die Energiepreise für Un-
ternehmen und für Privatverbraucher durch eine unver-
antwortliche Energiepolitik in enorme Höhen gestiegen
sind.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Wollen Sie nicht noch etwas hineinmixen?)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516019000

Frau Kollegin, Sie hatten schon fünf Minuten. Sie

müssen zum Schluss kommen.

(Dr. Uwe Küster [SPD]: Die Kollegin ist am Ende!)



Gudrun Kopp (FDP):
Rede ID: ID1516019100

Letzter Satz: Schreien Sie weniger, werden Sie tätig

und machen Sie eine Politik, die dem Mittelstand nützt
und ihm nicht die Beine wegschlägt!

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP – Rudolf Bindig [SPD]: Wirrkopf!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516019200

Nächster Redner ist der Kollege Christian Lange,

SPD-Fraktion.


Christian Lange (SPD):
Rede ID: ID1516019300

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Liebe Frau Kopp, verehrte Kollegen der FDP,
ich glaube, der beste Beitrag zur Antibenachteiligung
des deutschen Mittelstandes wäre es gewesen, wenn Sie
einmal positiv über Handwerk und Mittelstand in
Deutschland gesprochen hätten – heute Abend hier, vor
allen Dingen aber draußen bei den Leuten.

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(C (D (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Otto Fricke [FDP]: Machen Sie es doch!)


enn mittlerweile haben wir eine Spirale, ausgelöst
urch Ihre Unwahrheiten und Halbwahrheiten, die sich
n der Tat negativ auf die Entwicklung der deutschen
onjunktur auswirkt.
Sie hätten zum Beispiel sagen können, dass wir im

ahr 2004 rund 137 000 neue Unternehmen in Deutsch-
and hatten.


(Zuruf von der SPD: Hört! Hört! – Joachim Günther [Plauen] [FDP]: Wie viele?)


as ist der größte Gründungssaldo seit 1993.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

as kann man doch auch einmal erwähnen, wenn man
ber den Mittelstand in Deutschland spricht; das gehört
ich doch.
Das Statistische Bundesamt bezifferte die Zahl der

elbstständigen im Jahr 2002 mit 3,64 Millionen Men-
chen. Heute dagegen sind es 4,31 Millionen Menschen.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Das muss man doch loben!)


uch das kann man an dieser Stelle einmal sagen.
Stattdessen stellen Sie unter anderem wider besseres
issen auf die 1-Euro-Jobs ab.


(Zuruf von der SPD: Genau!)

enn Sie wissen genau – das ist der erste Punkt –, dass
ir im SGB II zu den Arbeitsgelegenheiten festgelegt
aben, dass öffentlich geförderte Beschäftigung gegen-
ber anderen Eingliederungsleistungen immer nachran-
ig anzustreben ist.
Zweiter Punkt. Sie wissen genau, dass sie zusätzlich

nd gemeinnützig zu sein haben.
Dritter Punkt. Sie wissen genau, dass im Gesetz eine

egional ausgerichtete so genannte Monitoringstelle
mpfohlen ist, die genau das verhindern soll, was Sie be-
aupten, dass nämlich Arbeitsplätze verdrängt werden.


(Barbara Wittig [SPD]: Jetzt wissen sie es endlich!)


Wir haben dafür Sorge getragen, dass der Mittelstand
rotz der 1-Euro-Jobs leben kann. Ich bitte Sie, dafür zu
erben und sich dafür einzusetzen, dass diese Monito-
inggruppen zum Beispiel auch in Ihrem Wahlkreis tat-
ächlich arbeiten. Das wäre ein Beitrag für den Mittel-
tand und das Handwerk in Deutschland und ganz
ebenbei auch in Ihrem Wahlkreis.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Schließlich haben Sie wieder einmal auf die Ich-AGs
bgestellt. Das ist eine Ihrer berühmten Leiern. Die FDP
st – zumindest lese ich das immer wieder einmal – die
artei des Mittelstandes.






(A) )



(B) )


Christian Lange (Backnang)



(Dr. Werner Hoyer [FDP]: Das stimmt! Wo er Recht hat, hat er Recht!)

Ich frage mich wirklich, warum Sie eigentlich die Men-
schen diskreditieren, die während ihrer Langzeitarbeits-
losigkeit ihr Schicksal in die eigenen Hände nehmen und
es wagen wollen. Statt auf Dauer Transferleistungen zu
erhalten, wollen sie die Ich-AG nutzen, um eine eigene
Selbstständigkeit auszuprobieren. Wir helfen ihnen da-
bei. Sie müssten eigentlich jubeln und sagen, dass Sie
genau das wollen. Wir wollen mehr Selbstständige in
Deutschland. Das kann ein Weg dahin sein.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Aber nein, Sie sagen, das könne keiner sein.


(Gudrun Kopp [FDP]: Das trägt nicht wirklich!)


Ob es einer sein wird, wird sich in der Tat erst in den
nächsten ungefähr zwölf Monaten herausstellen. Wir ha-
ben Sorge dafür getragen, dass die entsprechenden Über-
prüfungen stattfinden können.

Bis jetzt ist unklar, ob die Abbruchquote von 16 bis
20 Prozent, auf die Sie in Ihrem Antrag abstellen, darauf
zurückzuführen ist, dass diese Menschen als Selbststän-
dige gescheitert sind oder dass sie ihre Förderanträge
nicht gestellt haben. Die Regionaldirektion Nordrhein-
Westfalen etwa hat der Bundesagentur für Arbeit mitge-
teilt, dass sie beispielsweise im April 2004 rund ein
Fünftel der Abgänge darauf zurückführt, dass die Betrei-
ber der Ich-AGs im zweiten Geschäftsjahr schlicht und
einfach vergessen haben, einen neuen Antrag zu stellen.

Ich bitte Sie, das zumindest einmal zur Kenntnis zu
nehmen und vor allen Dingen zu sehen: Selbst wenn die
Abbruchquote bei den neu gegründeten Ich-AGs
20 Prozent betragen würde, wäre das nicht außerge-
wöhnlich hoch, sondern läge im ganz normalen Bereich.
Bei Selbstständigen, die neu auf den Markt kommen, be-
trägt die Abbruchquote im Schnitt nämlich 20 Prozent.
Wenn eine falsche Geschäftsidee gewählt wird, kommt
es zum Abbruch. Die Quote wäre also noch nicht einmal
überdurchschnittlich hoch. Sie nehmen die durchschnitt-
liche Abbruchquote bei den nicht geförderten Selbststän-
digen nicht zur Kenntnis und behaupten schlicht, dass
das alles Subventionitis sei und in den Ofen ginge. So
unterstützen Sie die Kultur der Selbstständigkeit in
Deutschland sicher nicht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich komme nun zu Ihrer immer wieder vorgetragenen
Polemik in Sachen Kündigungsschutz. Ich will Ihnen
sagen: Diese Bundesregierung und diese Koalitionsfrak-
tionen haben dazu beigetragen, dass der Kündigungs-
schutz angemessen gelockert wurde, indem wir den
Kündigungsschutz für Betriebe mit zehn oder weniger
Beschäftigten – das sind kleine und mittlere Unterneh-
men – ab dem 1. Januar 2004 aufgehoben haben. Wir ha-
ben die Kriterien der Sozialauswahl gelockert, sodass
zum Beispiel Menschen mit besonderen Kenntnissen
und Fähigkeiten bei der Sozialauswahl nicht als Erste
herausfallen. Gerade in einer kritischen wirtschaftlichen

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(C (D age benötigt der Handwerker bzw. das kleine Unterehmen diese Mitarbeiter nämlich. Wir haben dafür georgt, dass diese trotz der Sozialauswahl weiterhin im etrieb bleiben können. Das ist eine Flexibilisierung des ündigungsschutzes im Sinne von Existenzgründern nd im Sinne von Handwerk und Mittelstand. Das Ziel, das Sie mit Ihrem Antrag verfolgen, ist icht eine Flexibilisierung, sondern eine Abschaffung es Kündigungsschutzes. Wer Ihren Antrag genau urchliest, kann das erkennen. Sie fordern zum Beispiel ine vierjährige Wartezeit bis zum Einsetzen des Kündiungsschutzes und den Ausschluss der Betriebe mit bis u 50 Arbeitnehmern vom gesamten Kündigungsschutz. as bedeutet, dass 96 Prozent der Betriebe in Deutschand in Zukunft nicht mehr unter den Kündigungsschutz allen würden. as wäre keine Flexibilisierung, sondern eine faktische bschaffung. Das ist etwas anderes. Sagen Sie das bitte uch so, damit die Menschen das verstehen können. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Gudrun Kopp [FDP]: Genau!)


(Zuruf von der SPD: Unglaublich!)


Bei Ihren üblichen Auseinandersetzungen um den
echtsanspruch auf Teilzeit ist es genau so. Sie hatten
ergessen, dieses Thema, das auch in Ihrem Antrag
teht, zu erwähnen.


(Gudrun Kopp [FDP]: Da steht noch viel mehr drin!)


ieser Rechtsanspruch ist gerade für die Arbeitnehmer
n kleinen und mittleren Unternehmen eine ausgespro-
hene Erfolgsgeschichte. Seit In-Kraft-Treten dieses Ge-
etzes ist die Zahl der Teilzeitbeschäftigten um
00 000 auf circa 7,2 Millionen Menschen gestiegen.
ie Teilzeitquote ist damit trotz der rückläufigen Ent-
icklung der Zahl der Erwerbstätigen um 2,6 Prozent
uf 22,4 Prozent im Jahre 2003 gestiegen. Das bedeutet,
as ist kein Einstellungshindernis. Im Gegenteil: Teil-
eitarbeit wird vereinbart, wenn der Arbeitnehmer eine
eduzierung der Arbeitszeit wünscht und der Wunsch
m Unternehmen realisierbar ist. Das heißt, der Arbeitge-
er kann den Teilzeitantrag aus betrieblichen Gründen
blehnen.
Das ist mittelstandsfreundlich. Deshalb ist es eine Er-

olgsgeschichte. Ich hätte mich gefreut, wenn Sie gesagt
ätten: Sie sind auf dem richtigen Wege; denn das ist
ittelstandspolitik, wie wir sie uns vorstellen. – Diese
ittelstandspolitik würde tatsächlich auch einer FDP gut
nstehen.
Ganz zum Schluss komme ich zum Thema Mitbe-

timmung. Da ich aus Baden-Württemberg stamme,
ill ich Ihnen die Geschichte von Daimler-Chrysler er-
ählen. Wenn wir von Mitbestimmung sprechen, spre-
hen wir nicht vom Handwerk oder von kleinen und
ittleren Unternehmen. Bei mir im Schwäbischen wird
war manchmal der Daimler auch als Mittelständler be-
eichnet, aber das ist mehr humoristisch gemeint.






(A) )



(B) )


Christian Lange (Backnang)


Nehmen Sie einmal zur Kenntnis, was bei Daimler-

Chrysler vereinbart worden ist: Nach intensiven Ver-
handlungen im Sommer 2004 – das ist noch nicht sehr
lange her – ist es gelungen, ein Reformpaket zu beschlie-
ßen, das dem Unternehmen jährlich Einsparungen von
500 Millionen Euro bringen wird und gleichzeitig ein
klares Bekenntnis des Unternehmens zum Standort
Deutschland beinhaltet. Beschäftigungssicherung und
keine betriebsbedingten Kündigungen bis zum 31. De-
zember 2011 gehen mit mehr Arbeitsflexibilität, gerin-
geren Zuwachsraten bei den Entgelten und dem Aus-
schöpfen weiterer Effizienzpotenziale bei Neuanläufen
von Produkten einher. Das zeigt die Flexibilität bei der
Mitbestimmung, die heute in Betrieben möglich ist. Da-
für brauchen wir weder ein Nein zur Mitbestimmung
noch eine Veränderung.


(Otto Fricke [FDP]: Noch ein Gesetz!)

Die Mitbestimmung hat sich bewährt. Das hat zwar

nichts mit dem Mittelstand zu tun – das will ich
zugestehen –, steht aber in Ihrem Antrag. Es muss je-
doch erwähnt werden, dass das eine gute Sache ist. Des-
wegen wollte ich es zum Schluss angeführt haben. In
diesem Sinne: Bitte ziehen Sie Ihren Antrag zurück! Ich
glaube, das wäre für Handwerk und Mittelstand in
Deutschland der beste Beitrag.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516019400

Das Wort hat der Kollege Hartmut Schauerte, CDU/

CSU-Fraktion.

(Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: Von Hartmut kommt immer etwas Gutes!)


Hartmut Schauerte (CDU):
Rede ID: ID1516019500

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Lange, wir haben
gerade wieder festgestellt, wie die Rituale in der Debatte
ablaufen. Wenn die Opposition einen Antrag stellt,
schimpfen Regierung und Koalition darüber, ohne auch
nur im Ansatz aufzuzeigen, was sie als eigentlicher Ver-
antwortungsträger tun wollen. Umgekehrt ist es häufig
auch so. Bei dem Ernst der Lage ist das aber nicht ange-
messen und diese Rituale können wir den Menschen
auch nicht mehr vermitteln.

Der Antrag der FDP enthält eine Menge positiver
Punkte. Einige halten wir nicht für richtig. Die entspre-
chenden Punkte werden wir in den Ausschussberatungen
vertiefen. Aber dieser Antrag wird den gleichen Weg wie
unser Antrag vor zwei Jahren nehmen, in dem wir ein
15-Punkte-Programm zu dem, was der Mittelstand da-
mals brauchte, vorgelegt haben. Ich vermute, dass die
Abfasser des FDP-Antrags in unserem Antrag nachge-
schaut haben, was die Union gefordert hat. Unser Antrag
ist mit viel Verve beraten und dann kaputtgemacht wor-
den. Aber über diese Dinge will ich gar nicht reden.

Ich möchte gerne mit Ihnen gemeinsam darüber nach-
denken: Wo stehen wir eigentlich? Ist das, was wir jetzt
an neuer Wettbewerbsfähigkeit und neuem Potenzial er-

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(C (D eicht haben, ausreichend? Wenn das nicht ausreicht, tellt sich die Frage: Was können wir noch tun? Ich will hre einzelnen Maßnahmen wirklich nicht kritisieren. an kann der Ich-AG eine Menge Positives abgewinen; darüber, ob der hohe Aufwand, der dafür betrieben ird, im richtigen Kosten-Nutzen-Verhältnis steht, erden wir nach dem Monitoring nachzudenken haben. ie haben die Entscheidungen mit Ihrer Mehrheit getrofen. Ich sage Ihnen für die Union sogar: Ich würde mir ünschen, Sie hätten mit diesen Methoden Erfolg, damit ir weiterkommen. Das ist nämlich wichtiger, als diesen treit zu vertiefen und zu verlängern. Wir können aber mit der Position, die wir erreicht ha en, in keiner Weise zufrieden sein. Die Bertelsmanntiftung hat in einem Standortranking festgestellt: Unter en 21 Industrienationen, mit denen wir uns zu vergleihen haben, nehmen wir den 21. Platz ein. Unsere Tenenz ist eher schlechter geworden. Wir können auch icht evaluieren, wie viel an neuer Wettbewerbsfähigkeit ir gewonnen haben, wie wir uns besser aufstellen könen, welche Wachstumsimpulse das für Beschäftigung nd Binnenkonjunktur bringt und welche Zukunftshancen darin stecken. Wir finden nichts, auch wenn ir genau hinschauen. Deswegen kritisiere ich jetzt nicht alle einzelnen aßnahmen. Aber selbst die Summe aller Maßnahmen, ie im Wesentlichen Sie ergriffen haben, reicht bei weiem nicht aus, um uns einen nennenswerten Vorteil in em härter werdenden Wettbewerb in der Welt zu eröffen. Das muss uns doch umtreiben! Ich sehe allerdings icht, dass Sie etwas Neues suchen, sondern im Moment rkenne ich eigentlich nur, dass – das ist meine größte orge – die Regierung anderthalb Jahre vor der Wahl agt: Das war es eigentlich. Richtiges, Wichtiges, chwieriges werden wir jetzt nicht mehr machen. – Ich uss deswegen dem Mittelstand in Deutschland sagen: tellt euch darauf ein, dass ihr vor Ablauf von drei Jahen keine bessere Situation bekommt, als ihr sie jetzt abt, weil nichts Neues, Weltbewegendes, Verbesseungsfähiges mehr in der Pipeline ist. Es gibt nur noch Verteidigungsgefechte für das We ige, das wir miteinander auf den Weg gebracht haben. n der Zeit, in der wir das Wenige auf den Weg gebracht aben, sind unsere Wettbewerber schneller als wir geween. Das heißt, der Abstand hat sich tendenziell eher verrößert als verkleinert. Das ist die Lage und das ist das, as die Mittelständler wissen, die auf der internationaen Bühne arbeiten und sich ihre Wettbewerbspreise jeen Tag auf die Bildschirme holen. Deswegen kommt ein neues Vertrauen auf. Wir könnten einiges tun, zum Beispiel im Bereich des nergierechts. Wir kommen aber nicht voran. In der onzentrationsbewegung und der Preisgestaltung zum eispiel könnten wir etwas tun. In den letzten Jahren atten wir in Deutschland eine Steigerung der Energieosten um 30 bis 40 Prozent. Als ob es uns zu gut ginge! enn wir hohe Löhne haben wollen, können wir nicht uch noch hohe Energiepreise haben. Es ist zu viel, was ie Volkswirtschaft zu tragen hat. Aber es gibt keine Be Hartmut Schauerte wegung. Noch nicht einmal das Energiewirtschaftsrecht kommt. Das Antidiskriminierungsgesetz ist nun leider beim Familienministerium gelandet. Dieses Gesetz – der Arbeitgeberverband hat heute eine Fachtagung dazu abgehalten – belastet den Arbeitsmarkt und verschlechtert die Bedingungen für die Immobilienwirtschaft. Es stellt sich die Frage, welche Probleme auf die Leute zukommen, die Wohnungen vermieten. Das sind die beiden Hauptfelder. Wir brauchen uns doch nicht darüber zu streiten, dass wir Behinderte und Benachteiligte nicht diskriminieren wollen. Bei der deutschen Gründlichkeit müssen wir aber damit rechnen, dass wir dann, wenn wir das machen, was Sie vorhaben, 27 000 bis 40 000 zusätzliche Klagen in Deutschland haben werden. (Beifall bei der CDU/CSU – Rudolf Bindig [SPD]: Das ist doch ein neuer Popanz!)


(Beifall bei der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


In England gab es bei einer Bevölkerung von
57 Millionen im Jahr 2003 27 000 Klagen. Dort gibt es
ein ähnlich schlechtes Antidiskriminierungsgesetz. Es ist
übrigens der Vater oder die Mutter des deutschen Anti-
diskriminierungsgesetzes. Damals, als die Engländer es
beschlossen hatten, haben sie es für so gefährlich für ih-
ren Standort gehalten, dass sie empfohlen haben, es eu-
ropaweit zu verbreiten. Sie sind darauf hereingefallen.
Diese große Zahl von Klagen stellt ein Beschäftigungs-
programm für Rechtsanwälte dar, von denen ich einer
bin. Wenn Sie so weitermachen, dann wird mein Beruf
so lukrativ, dass ich wieder in ihn hineinwechsele.


(Anton Schaaf [SPD]: Das würde weiterhelfen!)


Es ist also wirklich interessant, welche Chancen Sie
aufzeigen. Da kommen wir nicht weiter. Das ADG ist
eine ganz schlimme Geschichte.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Kommen wir zur Unternehmensteuerreform.

Clement sagt, sie müsse sein, Rezzo Schlauch äußert
sich gar nicht dazu. Übrigens, was hatten die Menschen
Hoffnung, als Sie Mittelstandsbeauftragter wurden!


(Ute Vogt, Parl. Staatssekretärin: Nur kein Neid!)


Ich habe Ihre warnende Stimme bei der Durchsetzung
von Mittelstands- und Wirtschaftsinteressen in der Bun-
desregierung bis heute nicht ein einziges Mal vernom-
men;


(Christian Lange [Backnang] [SPD]: Da sind wir wieder beim üblichen Ritual!)


blanke Fehlanzeige.
Ich muss zum Schluss kommen.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das wird auch Zeit!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516019600

Ja, Herr Kollege, Sie müssen zum Schluss kommen.

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(C (D Beim Bürokratieabbau ist nichts passiert. Den könn en wir erreichen und der würde uns nicht viel kosten. In achen Arbeitsmarktentriegelung ist zu wenig passiert. s reicht noch nicht. Ich warne vor dem Stillstand, der ich jetzt abzeichnet. (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Immer die gleichen Floskeln!)

Hartmut Schauerte (CDU):
Rede ID: ID1516019700

er ist meine größte Sorge.

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516019800

Herr Kollege, Sie wollten und Sie müssen zum

chluss kommen.

Hartmut Schauerte (CDU):
Rede ID: ID1516019900

Ich bin dabei. – Ich bitte Sie: Gehen Sie noch einmal

n sich und überlegen Sie, was wir noch zusätzlich tun
üssten, damit wirklich neue Hoffnung keimen kann.
onst haben wir drei dunkle bewegungslose Jahre vor
ns.


(Rudolf Bindig [SPD]: Wieso denn drei? – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Wenn, dann sechs! Aber drei?)


as hält der deutsche Mittelstand nicht mehr aus.
Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516020000

Das Wort hat der Parlamentarische Staatssekretär

eim Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit, Rezzo
chlauch.
R
Rezzo Schlauch (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516020100

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr
ollege Schauerte, Sie haben die Aufmerksamkeit des
lenums dadurch geweckt, dass Sie eingangs angekün-
igt haben, sich nicht an den üblichen Ritualen beteili-
en zu wollen.


(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und dann war es nichts!)


n der ersten Hälfte Ihrer Rede habe ich gedacht, dass
ie das möglicherweise durchhalten würden, zum
chluss ist sie aber doch wieder wie die Eingangsrede
eil dieser Rituale geworden.
Es ist zwar richtig, dass der Mittelstand zurzeit aus

erschiedenen Gründen dem Druck von vielen verschie-
enen Seiten ausgesetzt ist. Das bestreitet niemand. Aber
o zu tun, als ob nichts geschehen sei, wie es Frau Kolle-
in Kopp getan hat, die mit riesigem Gestus riesige For-
erungen stellt, bringt uns nicht weiter.


(Gudrun Kopp [FDP]: Damit sind Sie aufgefordert!)


Wenn Sie eine Steuerreform für alle fordern, Frau
opp, dann möchte ich Sie daran erinnern – auch wenn
h weiß, dass Sie das nicht gerne hören –, dass wir für






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Rezzo Schlauch

den Mittelstand eine relevante Steuersenkung durchge-
führt haben, und zwar haben wir den Spitzensteuersatz
von 53 Prozent auf 42 Prozent und den Eingangssteuer-
satz von 25 Prozent auf 15 Prozent gesenkt. Das bedeu-
tet in absoluten Zahlen eine Entlastung des deutschen
Mittelstands in Höhe von 17 Milliarden Euro. Sie hätten
sich doch darüber gefreut, wenn Sie in Ihrer Regierungs-
zeit zumindest dazu in der Lage gewesen wären, bei-
spielsweise beim Spitzensteuersatz die Steuerbelastung
unter 50 Prozent zu drücken.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516020200

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Schauerte?
Re
Rezzo Schlauch (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516020300

Nein, danke. Ich habe vorhin aufmerksam zugehört

und will jetzt meine Rede im Ganzen vortragen. – Frau
Kollegin Kopp, in diesem Punkt vermisse ich jegliche
Differenzierung. Da wird lediglich mit großem Gestus
eine Steuerreform für alle gefordert.


(Gudrun Kopp [FDP]: Herr Clement hat doch selber eine weitere Steuerreform gefordert!)


Es trifft nicht zu, dass ich mich in der Frage einer Un-
ternehmensteuerreform drücke, Herr Schauerte. Wenn
wir aber über die Fortsetzung einer Unternehmensteuer-
reform diskutieren – beispielsweise durch das Modell ei-
nes dualen Systems, das im Sachverständigenrat zur Dis-
kussion steht – und sich alle dafür aussprechen, dann
müssen wir höllisch aufpassen, dass wir die Entlastung
des Mittelstands, die wir mit der Einkommensteuerre-
form und den gesenkten Tarifen erzielt haben, nicht in
einem Schritt wieder aufheben. Denn entgegen der im-
mer wieder erhobenen Forderung einer großen Steuerre-
form für den Mittelstand haben wir für den Mittelstand
bereits eine erhebliche Entlastung und sehr viel niedri-
gere Steuertarife als bei den Körperschaften erreicht.
Das muss bei der wohlfeilen Forderung einer neuen
Steuerreform berücksichtigt werden, damit man nicht
dem Mittelstand sozusagen wieder einmal vor das
Schienbein tritt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die Steuerreform stellt den zentralen Punkt der Ent-
lastung dar. Auf die weiteren Punkte will ich gar nicht
eingehen. Wer hat denn beispielsweise aus der Notwen-
digkeit der Finanzierung des Mittelstands heraus, die ein
dringendes und großes Problem darstellt, damit angefan-
gen, eine leistungsfähige, professionelle und effektive
Mittelstandsbank aus KfW und DtA zu schmieden, was
jahrelang versäumt worden war? Wer hat denn neue Pro-
gramme für die Finanzierung aufgelegt, um die vorhan-
dene Zurückhaltung der großen Banken, insbesondere
der Geschäftsbanken, bei der Kreditierung zumindest ei-
nigermaßen auszugleichen?


(Gudrun Kopp [FDP]: 2 Milliarden!)


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(C (D Sie führen in der Begründung Ihres Antrags an, das fW-Ifo-Mittelstandsbarometer beweise, dass wir den ittelstand links liegen gelassen hätten. Frau Kopp, ich eiß nicht, ob Sie das Mittelstandsbarometer von letzter oche richtig gelesen haben, aber dort steht klar: Damit bleibt festzuhalten, dass die Verbesserung des Ifo-Geschäftsklimas für die gesamte gewerbliche Wirtschaft inklusive seiner beiden Teilkomponenten einzig einzig! – auf die positive Entwicklung des Mittelstandes zurückzuführen ist. as bestärkt und ermutigt uns, den im Rahmen der genda 2010 eingeschlagenen Kurs konsequent fortzuetzen. Herr Schauerte, natürlich muss man darüber diskutie en, mit welchen Maßnahmen man diesen Kurs fortsetzt. ber Sie können dabei nicht so vorgehen, wie Sie es tun. ch habe heute hier den ganzen Tag gesessen und habe rlebt, wie Sie in der Diskussion über den Stabilitätsnd Wachstumspakt sowie über die Maastricht-Kriterien ine Philippika nach der anderen geritten haben. Deshalb inde ich es äußerst unseriös, wenn Sie nun wirtschaftsolitische Forderungen stellen, die zwar für meine Beriffe durchaus diskutabel sind, aber im Haushalt negaiv zu Buche schlagen. Dabei wissen Sie ganz genau nehmen Sie einmal Regierungshandeln vorweg! –, ass wir in einer äußerst schwierigen Haushaltssituation ind. Wenn es nach mir ginge, würde die Istund Sollbeteuerung sofort verändert. Das wäre für den Mittelstand it Sicherheit ein weiterer vernünftiger Schritt. Darüber iskutieren wir auch. ber Sie wissen ganz genau, dass Sie in der ersten Disussion nach einer solchen Änderung sofort fragen würen, ob die 1,5 Milliarden Euro – das wäre in etwa das ntlastungsvolumen – negativ zu Buche schlagen und ob as Einhalten der im Maastricht-Vertrag sowie im Stabiitätsund Wachstumspakt festgelegten 3-Prozent-Verchuldungsgrenze gefährdet ist. Ich erwarte von einer seiösen Mittelstandsdiskussion eine differenziertere erangehensweise. Liebe Kollegin Kopp, die Umsetzung Ihrer Forderung ach Abbau des Kündigungsschutzes, so wie Sie ihn usgestaltet haben – Sie sehen eine betriebliche Anwenungsschwelle von 50 Arbeitnehmern vor –, würde das ündigungsschutzgesetz in 96 Prozent aller Betriebe obolet machen. Eine solche Flurbereinigung unseres Soialstaatsprinzips können Sie vielleicht vertreten. Aber or dem Hintergrund, dass – das habe ich heute gelesen – err Kubicki etwas mehr Warmherzigkeit von der FDP efordert hat, kann ich nur sagen, dass das Ausdruck konomischer Kälte ist. Wenn es das alleine wäre, würde ch noch sagen: Okay, darüber können wir reden. Aber ielleicht sollten Sie einmal bedenken, dass eine solche aßnahme in wirtschaftspolitischer Hinsicht natürlich Parl. Staatssekretär Rezzo Schlauch zur Verunsicherung, zur Angst beitragen und das Binnenklima noch mehr kaputtmachen würde. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


(Gudrun Kopp [FDP]: Weiter so!)


(Gudrun Kopp [FDP]: Dann los!)





(A) )


(B) )


Insofern glaube ich, dass das, was Sie fordern, in kei-
ner Weise geeignet ist, die Situation des Mittelstandes zu
verbessern. Was ich gar nicht begreifen kann, ist – hier
komme ich auf den Kollegen Lange zurück –: Wie kann
eine Partei, die sich die Selbstständigkeit auf die Fahnen
schreibt, sozusagen die Hilfestellung für eine Verbreite-
rung der Kultur der Selbstständigkeit auf diese Art und
Weise diskreditieren?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Da haben Sie Ihre uralten Grundsätze, die Sie immer vor
sich hergetragen haben, völlig außer Acht gelassen. Der
Selbstständige, der aus einer Ich-AG oder aus dem Über-
brückungsgeld kommt, hat genau das gleiche Recht wie
alle anderen Selbstständigen, unsere Achtung dafür zu
bekommen, dass er in das Risiko gegangen ist. Die
Selbstständigen, die zu der Klientel der FDP gehören,
sind da also keinen Deut besser. Ich finde es gut, dass
wir damit angefangen haben, auch vonseiten des Staates
zu einer Kultur der Selbstständigkeit zu ermutigen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Gudrun Kopp [FDP]: Das ist eine wunderbare Warmherzigkeit gegenüber den Arbeitslosen!)


Auch in Ihrem Antrag tun Sie so, als ob wir in den so-
zialen Sicherungssystemen gar nichts gemacht hätten.
Ihnen ist offenbar entgangen, dass wir hier etwas getan
haben, was Sie versäumt haben. Die FDP ist 16 Jahre
lang dem Slogan „Die Rente ist sicher“ nachgelaufen,
ohne dass sie auch nur einen Muckser getan hätte.


(Zurufe von der FDP)

Die Einführung der privaten Kapitaldeckungsvorsorge,
die wir vorgenommen haben, hätte Ihnen gut angestan-
den. Sie haben das aber nicht getan.


(Gudrun Kopp [FDP]: Was wollen Sie denn?)

Wir haben diesen Weg eingeschlagen und werden ihn

fortsetzen. Ich kann Sie völlig beruhigen, Herr Kollege
Schauerte, indem ich Ihnen sage, dass wir den Mittel-
stand mit weiteren Maßnahmen entlasten werden.

Für konstruktive Vorschläge der Opposition, die den
Wirtschaftsstandort Deutschland und den Mittelstand in
Deutschland voranbringen, sind wir offen. Der vorlie-
gende Antrag leistet allerdings keinen Beitrag dazu.
Aber die Hoffnung stirbt zuletzt.

Ich bedanke mich.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516020400

Das Wort hat der Kollege Matthäus Strebl, CDU/

CSU-Fraktion.

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(C (D Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und erren! Herr Staatssekretär Schlauch, von der Rente zuück zum Mittelstand. Man kann nicht oft genug betoen, welche tragende Rolle der Mittelstand bei uns in eutschland eigentlich spielt. Obwohl das von vielen mmer wieder gesagt wird, auch in der heutigen Debatte ier, hat man angesichts der rot-grünen Politik nicht den indruck, dass diese Erkenntnis bei der Regierungsbank ngekommen ist. Dabei sprechen die Fakten für sich. Die rund 3,3 Mil onen mittelständischen Unternehmen in Deutschland erringen fast 50 Prozent der Bruttoinvestitionen und 0 Prozent der Bruttowertschöpfung. Damit stellt der ittelstand 70 Prozent der Arbeitsplätze und 80 Prozent er Ausbildungsplätze in Deutschland. In den mittelstänischen Unternehmen in Deutschland wird oftmals über edarf ausgebildet. Der Mittelstand ist somit das Rückrat einer starken Wirtschaft und muss entsprechend geördert und darf nicht gehemmt werden. Umso alarmierender sind die Zahlen, die uns bezüg ich Wirtschaft und Arbeit seit Monaten erreichen. Die ahl der Firmenpleiten ist dramatisch. Wie die Kollegin opp schon gesagt hat, gab es im vergangenen Jahr 0 000 Insolvenzen. Das bedeutet, dass in Deutschland twa alle zwölf Minuten eine Firma Pleite geht. Dabei ibt es sozusagen kein freies Wochenende, sondern das eht von 0 Uhr am Sonntag bis 24 Uhr am Samstag. Alarmierend ist auch, dass die psychologisch bedeu ende Marke von 5 Millionen Arbeitslosen überschritten orden ist. Ich befürchte, dass das so weitergehen wird. ies liegt nicht allein an Hartz IV mit dem ALG II. Mit er neuen Zählweise sind lediglich 200 000 arbeitsfäige Sozialhilfeempfänger in die Arbeitslosenstatistik ufgenommen worden, die früher dort gefehlt haben. as geht darauf zurück, dass die makroökonomischen edingungen nicht stimmen. Dafür trägt Rot-Grün die erantwortung. Die Prognosen für die Zukunft sind nicht optimisti cher. Das Schweizer Forschungsinstitut Prognos erwaret erst ab 2008 eine Besserung auf dem Arbeitsmarkt, eil, so im „Handelsblatt“ vom 22. Februar 2005 nachulesen, die Reformansätze falsch sind und nicht richtig reifen. Eigentlich müsste jeder vernünftige Mensch nun zu em Schluss kommen, dass der Mittelstand sehr stark efördert werden muss. Doch weit gefehlt: Statt starker örderung erfährt der Mittelstand immer stärkere Einchränkungen. Der politische Maßnahmenkatalog dieser undesregierung liest sich wie ein Strafgesetzbuch für en Mittelstand: (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Lachen bei der SPD – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Da klatschen aber nur drei ganz Müde!)

Matthäus Strebl (CSU):
Rede ID: ID1516020500

(Beifall bei der CDU/CSU)


ährend große Kapitalgesellschaften steuerlich entlastet
erden, werden Personengesellschaften mit einem viel






(A) )



(B) )


Matthäus Strebl

zu komplizierten Steuerrecht – unseres ist eines der
kompliziertesten – belastet. Die Bürokratielasten für
mittelständische Unternehmen – auch das wurde heute
schon gesagt – steigen immer weiter. So verursachen
zum Beispiel die staatlichen Bürokratiepflichten bei
Großunternehmen etwa 5,5 Stunden Arbeit pro Jahr,
während bei den Kleinunternehmen pro Jahr 64 Stunden
anfallen.


(Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: Das meiste am Wochenende!)


Ein
Rezzo Schlauch (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516020600
Die Bundesregierung ist wirklich fleißig – her-
vorragend! Allein in der vergangenen, also in der
14. Wahlperiode wurden rekordverdächtige 489 neue
Gesetze verkündet.


(Rudolf Bindig [SPD]: Einige Hundert, die Sie gemacht haben, abgelehnt! Gott sei Dank!)


Da sprechen Sie von Bürokratieabbau und vielem ande-
ren mehr.

Durch vielfältige Mehrbelastungen, zum Beispiel
durch immer höhere Energiepreise, wird die ohnehin
schwache Eigenkapitaldecke des Mittelstandes weiter
geschwächt. Außerdem wurden dem ERP-Sondervermö-
gen für Mittelstandsförderung auf Beschluss der Bun-
desregierung 2 Milliarden Euro entzogen, um Haushalts-
löcher zu stopfen.

Hinzu kommen die nicht unwesentlichen Herausfor-
derungen – ich möchte sie ebenfalls nennen – durch die
Billigarbeitskräfte aus dem Osten – ein Resultat der EU-
Osterweiterung –, die dem Handwerk und kleineren Be-
trieben erheblich zu schaffen machen werden. Es darf
nicht passieren, dass unsere deutschen Arbeitskräfte we-
gen Einwanderung von Arbeitskräften aus dem Osten
mit untertariflicher Bezahlung auf der Straße stehen. Das
macht den Mittelstand kaputt. Dies ist, schlicht gesagt,
das Ausbeuten von Menschen auf Kosten deutscher Mit-
bürger. Wir müssen gemeinsam die richtige Lösung die-
ses Problems finden. Die hohen Lohnnebenkosten sind
ein weiteres Problem.

Die Summe dessen ist: Dem Mittelstand geht allmäh-
lich die Puste aus. Es liegt auf der Hand, dass der Kanz-
ler der Bosse seine ruhige Hand nicht nur für die großen
Unternehmen bewegen darf, sondern auch für den Mit-
telstand.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Wofür sind Sie eigentlich? Das würde uns jetzt interessieren! – Rudolf Bindig [SPD]: Machen Sie mal Vorschläge!)


Wir brauchen daher eine groß angelegte Mittelstandsof-
fensive, die den Mittelstand in den verschiedenen Berei-
chen entlastet und einen fairen Wettbewerb garantiert.

Wichtig ist vor allen Dingen: Wir brauchen eine mit-
telstandsfreundliche Wirtschaftspolitik, Unternehmens-
gründungen, Vereinfachungen und Deregulierung, um

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(C (D ie Unternehmen von staatlichen und gesellschaftlichen ufgaben zu entlasten. (Weitere Zurufe des Abg. Rudolf Bindig [SPD])


Herr Kollege Bindig, passen Sie auf, damit Sie etwas
itbekommen! – Die Tarifparteien sollten unter ande-
em aufgefordert werden, Öffnungsklauseln in Tarifver-
ägen zur Beschäftigungssicherung zu verankern.
Ich komme zum Schluss.

(Rudolf Bindig [SPD]: Kein Vorschlag bisher! – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Nur Sprechblasen!)


er Mittelstand steht seit Jahrzehnten für eine hervorra-
ende Ausbildung, Arbeitsplätze und Innovationen in
eutschland. Lassen Sie uns zusammenstehen und alles
afür tun, dass der Mittelstand gestärkt wird! Es müssen
ringend Maßnahmen ergriffen werden, um den Mittel-
tand zu erhalten.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516020700

Herr Kollege, jetzt müssen Sie zum Schluss kommen.


Matthäus Strebl (CSU):
Rede ID: ID1516020800

Das ist der Schlüssel für mehr Arbeitsplätze in
eutschland.
Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516020900

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf
rucksache 15/4734 an die in der Tagesordnung aufge-
ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
erstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
o beschlossen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 11 auf:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Fünften
Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die
Festlegung eines vorläufigen Wohnortes für
Spätaussiedler
– Drucksache 15/4486 –

(Erste Beratung 151. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Innenaus-
schusses (4. Ausschuss)

– Drucksache 15/4950 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Hildegard Wester
Erwin Marschewski (Recklinghausen)

Josef Philip Winkler
Dr. Max Stadler






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die

Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Parla-
mentarische Staatssekretärin Ute Vogt.

U
Ute Vogt (SPD):
Rede ID: ID1516021000


Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Die Änderungen des Wohnortzuweisungsgesetzes wur-
den im Deutschen Bundestag schon immer, jedenfalls
solange ich mich erinnern kann, mit großer Einigkeit be-
schlossen. Vielleicht kommt das daher, dass dieses Ge-
setz in den Medien eine eher geringe Aufmerksamkeit
genossen hat und noch genießt, dafür allerdings umso
größere Aufmerksamkeit bei den betroffenen Spätaus-
siedlern und auch bei denjenigen, die in den Ländern die
Verantwortung für die finanzielle Unterstützung tragen,
für die das also eine große Wirkung hat.

Das zweite Änderungsgesetz zum Wohnortzuwei-
sungsgesetz, das aus dem Jahr 1996 stammt, wurde da-
mals beschlossen, um zu regeln, dass diejenigen, die als
Spätaussiedler einem bestimmten Land zugewiesen wer-
den, in diesem Land auch ihren Wohnsitz nehmen und
nur dort die regulären Sozialhilfeleistungen erhalten
können. Sinn war, eine damals sehr starke Ungleichheit
bei der Verteilung der Spätaussiedler auf die Länder ab-
zubauen und ein Stück mehr Gerechtigkeit zu erreichen,
was die Kostenbelastung für die einzelnen Bundesländer
angeht. Man hat daher geregelt, dass bei einem Umzug
an einen neuen Ort die betroffenen Spätaussiedler So-
zialhilfe nur noch in einem sehr begrenzten Umfang
– Übernahme der Verpflegungskosten – erhalten. Es war
gut und richtig, denke ich, dass dieses Gesetz schon da-
mals, unter anderer Regierung, auf den Weg gebracht
wurde, und es war auch gut und richtig, dass wir das ge-
meinsam mit den Ländern so getragen haben.

Wir haben damit nicht zuletzt erreicht, dass die
Akzeptanz der Spätaussiedlerinnen und Spätaussied-
ler in den einzelnen Kommunen verbessert wurde, weil
nicht ein Ort einen Zuzug in großem Maße zu verkraften
hatte, sondern der Zuzug innerhalb Deutschlands breiter
verteilt werden konnte. Insofern kam dieses Gesetz auch
den Betroffenen unmittelbar zugute. Die Verteilung auf
mehrere Schultern hat natürlich wesentlich bessere Inte-
grationsmöglichkeiten zur Folge.

Kern der heute zur Beratung stehenden Änderung ist
folgender: Wir wollen auf einige besondere Fälle einge-
hen. Diese Änderung ist uns vonseiten des Bundesver-
fassungsgerichts aufgegeben worden. Das Bundesver-
fassungsgericht hat deutlich gemacht – darüber sind wir
froh und darüber können wir uns gemeinsam erfreut zei-
gen –, dass der Kern der Regelung, nämlich die Wohn-
ortzuweisung, verfassungsmäßig ist und auch in Zukunft
bestehen bleiben kann.

Neu geregelt werden sollen besondere Härtefälle. Sie
sollen anders behandelt werden, als das in der Vergan-
genheit geschehen ist. Bei den Härtefällen geht es da-

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(C (D um, dass Ehegatten oder Lebenspartner oder Eltern und hre minderjährigen Kinder aufgrund von Verteilungsnd Zuweisungsentscheidungen an verschiedenen Orten eben müssen oder dass die Zuweisung einer Erwerbstäigkeit entgegensteht. Die Änderung wird am Grundsatz er Regelung aber nichts ändern. Der gerechte Ausleich zwischen den Ländern bleibt erhalten. Aber sie ird dazu führen, dass Härtefälle, die einzelne Familien etroffen haben, in Zukunft besser berücksichtigt weren können. Wir wollen die Gelegenheit nutzen, auch einige edaktionelle Änderungen vorzunehmen. Die redaktioellen Änderungen betreffen die Angleichung des ohnortzuweisungsgesetzes an Neuregelungen zum Areitslosengeld II. Das Wohnortzuweisungsgesetz betrifft islang nur die Sozialhilfe. Da sich durch Hartz IV auch n diesem Bereich etwas geändert hat, wollen wir mit em vorliegenden Gesetzentwurf klarstellen, dass auch as Arbeitslosengeld II entsprechend einbezogen wird. Es erschien uns wichtig, noch einen letzten Punkt auf unehmen. Auf Bitten der Länder schaffen wir eine Vorchrift ab, die ursprünglich für die gerechtere Verteilung er Kosten gedacht war, nämlich die Kostenerstattung wischen den Ländern. Auf Bitten der Länder legen ir fest, dass diese Erstattung künftig wegfällt, weil sich n der Praxis gezeigt hat, dass der bürokratische Aufand, um die Verteilung vorzunehmen, weit größer ist ls die Verteilungswirkung, also die finanzielle Entlasung der einzelnen Haushalte. In diesem Sinne wird das Gesetz, denke ich, verbes ert. Wir nehmen die Erfahrungen auf, die in den letzten ahren mit dem Gesetz gemacht wurden. Wir sind froh arüber, dass wir uns in diesem Hause über Folgendes inig sind: Im Grundsatz ist ein solches Wohnortzuweiungsgesetz nach wie vor notwendig. Damit erreichen ir, dass die Integration der Spätaussiedler, die in diesen agen unsere vorrangigste Aufgabe ist, besser organiiert wird und in den betroffenen Städten eine höhere kzeptanz findet. In diesem Sinne freue ich mich zum einen, dass wir es öglich gemacht haben, dass in Zukunft für einige Härefälle Abhilfe geschaffen werden kann, zum anderen ber darüber, dass wir uns einig sind in der Auffassung, ass dieses Gesetz weiterhin anzuwenden ist. Ich hoffe, ass es noch mehr Fälle gibt, insbesondere in der Innenolitik, wo wir die Beschlüsse in solch einer Einmütigeit fassen, wie es bezüglich dieses Wohnortzuweisungsesetzes abzusehen ist. Danke schön. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516021100

Nächster Redner ist der Kollege Erwin Marschewski,
DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)







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Erwin Marschewski (CDU):
Rede ID: ID1516021200

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Die Union wird der Änderung des Wohnortzu-
weisungsgesetzes zustimmen. Dies deshalb, weil es der
Forderung des Bundesverfassungsgerichtes entspricht,
unbillige Härten bei der Verteilungs- und Zuweisungs-
entscheidung zu vermeiden. Ich finde, es ist gut, dass
diese Gesetzesänderung erfolgt. Sie greift dann, wenn
Ehegatten, Eltern oder Kinder verschiedenen Wohnorten
zugewiesen werden oder wenn die Zuweisungsentschei-
dung der Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit entge-
gensteht. Ich denke, dass diese Änderung die Integration
fördert, dass sie für den Arbeitsmarkt gut ist und last, not
least dem Schutz der Familie Rechnung trägt, obwohl
natürlich den Spätaussiedlern durch die erhebliche Be-
einträchtigung der Freizügigkeit eine ganze Menge zu-
gemutet wird. Aber diese Änderung war und ist notwen-
dig.

Durch das Wohnortzuweisungsgesetz, das wir damals
beschlossen haben – die Frau Staatssekretärin hat es vor-
hin gesagt –, werden die Lasten für die zu erbringenden
Leistungen gerechter aufgeteilt und die Integration er-
heblich verbessert.

Meine Damen und Herren, von 1988 bis heute sind
fast 3 Millionen Spätaussiedler und ihre Angehörigen
nach Deutschland gekommen: aus den Staaten Mittel-,
Ost- und Südosteuropas, vor allen Dingen aus den Nach-
folgestaaten der früheren Sowjetunion. Diese Menschen
mussten – das wissen wir – über Jahrzehnte schlimmes
Leid erdulden. Nach Hitlers Überfall auf die Sowjet-
union 1941 wurden sie pauschal der Kollaboration mit
den Nazis verdächtigt, ihre Siedlungsstrukturen wurden
zerschlagen, sie wurden umgebracht, vergewaltigt oder
verschleppt: nach Sibirien, in den Ural, nach Usbekistan
oder nach Kasachstan – oft nur allein die Kinder, ohne
ihre Eltern. Wir haben versucht, dieses Leid zu mildern:
durch Hilfen im Ausland, aber auch durch die Rückkehr-
möglichkeit nach Deutschland gemäß Art. 116 des
Grundgesetzes.

Ich finde, die Eingliederung in unsere Gesellschaft
ist insbesondere in den Jahren des starken Zuzugs erfolg-
reich verlaufen. Die Spätaussiedler fanden eine neue
Heimat. Sie waren und sind eine Bereicherung für un-
sere Gesellschaft,


(Beifall im ganzen Hause)

wobei der Zuzug vieler kinderreicher Familien insbeson-
dere zu einer Verjüngung der Gesellschaft beigetragen
hat.

Aber für eine gute und schnelle Integration sind wei-
tere Anstrengungen notwendig. In den Zeiten der uni-
onsgeführten Bundesregierung haben wir zusammen mit
den Damen und Herren der FDP den Besuch von
Sprachkursen gefördert, Bildungs- und Ausbildungshil-
fen gewährt und vor allen Dingen Angebote zur sozialen
Beratung und Betreuung gemacht.

Wir wissen aus unseren Erfahrungen, dass sich die In-
tegrationsanforderungen in den letzten Jahren erheblich
erhöht haben; denn junge Leute ohne Sprachkenntnisse
haben keine Chance, sich zu integrieren, haben keine

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(C (D hance auf dem Arbeitsmarkt und keine Chance in der esellschaft. Das ist das Problem, das wir alle, Frau ollegin, aus unseren Wahlkreisen kennen. Deswegen st es meiner Meinung nach dringend vonnöten, sich dieer Aufgabe besonders anzunehmen. In diesem Zusammenhang möchte ich etwas Kritik an em, was hier tatsächlich geschehen ist, üben. Leider hat ie Bundesregierung dies in der unmittelbaren Verganenheit nicht getan; dies sage ich mit großer Besorgnis. Wenn Sie dies nicht glauben, Frau Kollegin, nenne ich hnen einmal ein paar Fakten. Sie haben die Gelder für ie Projekte zur Integration und Eingliederung um 5 Prozent gekürzt. Sie haben die Gelder für Integraionsmaßnahmen für junge Spätaussiedler gestrichen. ies ist nicht gut. Wir wollen, dass die jungen Leute inegriert werden. uch bei den Sprachfördermaßnahmen sind von Ihnen egrenzungen eingeführt worden. (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Tunnelblick!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Widerspruch bei der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


eswegen haben die jungen Spätaussiedler oftmals
eine Chance auf Ausbildung. Es ist sogar zu befürch-
en, dass sie auf Dauer auf die Sozialsysteme angewie-
en sein werden.
Warum Sie außerdem bei den Unterstützungsmaß-

ahmen in den Herkunftsgebieten den Rotstift ange-
etzt haben, ist mir unverständlich. Unser Ziel muss es
och sein, den Bleibewillen dieser Menschen in Russ-
and und den anderen Staaten der ehemaligen Sowjet-
nion zu fördern.


(Frank Hofmann [Volkach] [SPD]: Richtig! Aber nicht so wie Waffenschmidt!)


Warum Sie diese Mittel gestrichen haben, verstehe ich
icht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es werden aber doch auch weniger!)


eswegen appelliere ich an Sie, dass wir dies gemein-
am revidieren.
Meine Damen und Herren, Aussiedlerpolitik ist die
ufgabe des gesamten Parlaments, es ist gemeinsame
ufgabe aller Fraktionen. Dies haben wir, Max Stadler,
ei der Diskussion über das Zuwanderungsgesetz im
ermittlungsverfahren positiv bewiesen. Ich halte es für
ut, dass wir in diesem Verfahren beschlossen haben,
ass es bei der Anerkennung des allgemeinen Kriegsfol-
enschicksals bleibt. Ich halte es auch für gut, dass die
egelung für das Führen des Abstammungsnachweises
nverändert geblieben ist. Es ist doch bekannt, dass
ltern in den 40er- und 50er-Jahren aus Angst vor Re-
ression ihre deutsche Abstammung verbargen. Des






(A) )



(B) )


Erwin Marschewski (Recklinghausen)


Weiteren war es notwendig, den Ehegatten und Kindern
aufzugeben, Grundkenntnisse der deutschen Sprache
mitzubringen, um so bessere Voraussetzungen für Beruf
und Integration zu haben.


(Frank Hofmann [Volkach] [SPD]: Das machen wir doch!)


– Das haben wir gemeinsam beschlossen; ich halte dies
ja für gut.

Vereinbart wurde in den Verhandlungen zum Zuwan-
derungsgesetz – auch dies kann Herr Kollege Stadler
bezeugen –, den Beirat für Vertriebenen-, Flüchtlings-
und Aussiedlerfragen weiterzuführen. Die dort betei-
ligten Vertreter gesellschaftlich relevanter Gruppen aus
Bund und Ländern sowie aus Städten und Gemeinden,
von Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden können
konkrete Anregungen aus ihren praktischen Erfahrungen
vor Ort dem Bundesinnenminister unterbreiten. Deswe-
gen sollte er, Frau Staatssekretärin, diesen Beirat bald
wieder einberufen. Bitte, auch eine nahezu unfehlbare
Bürokratie wie die des Herrn Bundesinnenministers
sollte bereit sein, entsprechende Ratschläge aufzuneh-
men.


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Dieses Image ändern wir gerade mit dem Untersuchungsausschuss! – Heiterkeit bei der CDU/ CSU)


Meine sehr verehrten Damen und Herren, Art. 116
des Grundgesetzes gilt und dies soll auch so bleiben. Die
Union steht nach wie vor zu einer Aufnahme von Spät-
aussiedlern in Deutschland, auch wenn es Probleme gibt
– ich sage dies ausdrücklich –, vor denen wir die Augen
nicht verschließen dürfen. Trotzdem kommt eine Ände-
rung oder Abschaffung des Art. 116 Grundgesetz für uns
nicht in Frage. Das Schicksal dieser Menschen verbietet
dies.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Vielleicht nützt hier der Satz unseres ehemaligen

Außenministers Genscher: Ich bin doch nicht zu den
Diktatoren gefahren und habe mit ihnen darüber verhan-
delt, die Tür einen Spalt aufzubekommen, um jetzt, wo
sie offen ist, sie wieder zu schließen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Max Stadler [FDP]: Sehr guter Schluss!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516021300

Das Wort hat der Kollege Josef Winkler, BÜND-

NIS 90/DIE GRÜNEN.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der
Bundesregierung soll das Gesetz geändert werden – es
wurde bereits gesagt –, mit dem Spätaussiedlern für ei-
nen vorübergehenden Zeitraum ein spezieller Wohnort
zugewiesen wird. Dieser Gesetzentwurf geht zurück auf

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(C (D in Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 17. März 004. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil icht nur die Verfassungskonformität der mit dem ohnortzuweisungsgesetz einhergehenden Einschränung des Grundrechts auf Freizügigkeit bestätigt. Karlsuhe kommt in seinem Urteil auch zu dem Schluss, dass ie im Gesetz vorgesehene Sanktion, also der Auschluss vom Sozialhilfebezug, sofern ein Spätaussiedler n einem anderen als dem ihm zugewiesenen Ort Aufnthalt nimmt, erforderlich, verhältnismäßig und zumutar und damit im Ergebnis auch verfassungsgemäß sei. Trotzdem hat uns das Bundesverfassungsgericht auf etragen, durch Änderung der gesetzlichen Grundlagen nbillige Härten für Spätaussiedler bei der vorläufigen ohnortzuweisung zu vermeiden. Der Kollege arschewski hat das bereits angesprochen. Der Umsetung dieses Auftrages des Bundesverfassungsgerichts ient der vorliegende Gesetzentwurf. Ich werde zwei spekte dieses Entwurfs kurz ansprechen. Zum Ersten finde ich es sehr erfreulich, dass wir jetzt ine Härtefallregelung geschaffen haben. Eine solche ärtefallregelung sollte im Übrigen nicht nur bei Spätussiedlern greifen, sondern auch bei anderen Zuwandeern. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Erwin Marschewski [Recklinghausen] [CDU/CSU]: Dafür haben wir die Härtefallkommission!)


Ich weiß, wir haben das im Zuwanderungsgesetz gere-
elt; es gibt aber noch zwei unionsregierte Bundeslän-
er, in denen es noch keine Härtefallkommission gibt,
iedersachsen und Baden-Württemberg.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Niedersachsen hat es immer noch nicht kapiert!)


as passt zwar nicht ganz zum Thema; trotzdem ergeht
er Appell an die Union, sich auch hier dafür einzuset-
en, dass die Möglichkeiten des Gesetzes vollständig
usgenutzt werden.


(Beifall der Abg. Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Die Härtefallregelung in diesem Gesetz soll es er-
öglichen, dass Ehegatten bzw. solche Personen, die
ine eingetragene Lebenspartnerschaft eingegangen
ind, dann nachträglich einem anderen Wohnort zuge-
iesen werden können, wenn die zunächst erfolgte
ohnortzuweisung dazu geführt hätte, dass die Ehe-
zw. Lebenspartner an getrennten Wohnorten hätten le-
en müssen. Man sollte von der Logik her eigentlich
einen, dass das schon vorher so gewesen wäre. Es ist
ber gut, dass das Verfassungsgericht uns noch einmal
it der Nase darauf gestoßen hat.
Auch der Änderungsantrag der Regierungskoalition,

ie Lebenspartnerschaften nicht unter „Sonstiges“ abzu-
andeln, sondern als eigenständigen Rechtsbegriff in das
esetz aufzunehmen, ist durchaus verständlich und hilf-
eich gewesen.






(A) )



(B) )


Josef Philip Winkler

Zum Zweiten haben wir die Kostenerstattung zwi-

schen den Ländern bei der Gewährung von Sozialhilfe
aufgehoben; denn mit dem In-Kraft-Treten des SGB XII
zum 1. Januar 2005 ist die Kostenerstattungsvorschrift
des alten § 107 Bundessozialhilfegesetz ersatzlos gestri-
chen worden.

Ich bin froh, dass wir diesen Gesetzentwurf heute mit
der Zustimmung der Opposition beschließen können.
Das kommt im innenpolitischen Bereich wirklich selten
vor. Dadurch, dass wir im Zuge der Ausschussberatun-
gen den beiden Empfehlungen des Bundesrates gefolgt
sind, können wir uns hoffentlich auch der Zustimmung
der Länderkammer sicher sein. Ich freue mich auch, dass
die Union, vertreten durch Herrn Marschewski – wo ist
er denn? –


(Jochen–Konrad Fromme [CDU/CSU]: Er kommt sofort wieder!)


– es ist gut, dass er nicht da ist, weil ich ihn zitiere –,

(Heiterkeit)


in der gestrigen Sitzung des Innenausschusses die
Grundrechtsanliegen von gleichgeschlechtlichen Le-
benspartnerschaften, hier betreffend das Zusammenle-
ben dieser Lebenspartner, ausdrücklich unterstützt hat.


(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Da ist er wieder!)


– Leider zu spät, um zu widersprechen.

(Heiterkeit)


Ich bedanke mich ausdrücklich für diesen Sinneswan-
del der Union und bedanke mich herzlich für Ihre Auf-
merksamkeit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. JochenKonrad Fromme [CDU/CSU])



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516021400

Das Wort hat der Kollege Max Stadler, FDP-Fraktion.

Dr. Max Stadler (FDP):
Rede ID: ID1516021500

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Es wäre sehr reizvoll gewesen, wenn wir vor der
heutigen Debatte eine kurze Pause hätten machen kön-
nen, um ein kleines Experiment durchzuführen. Man
hätte die Zuhörer, auch wenn es zu dieser Abendstunde
nicht mehr allzu viele sind, fragen können, ob sie der
Meinung sind, dass jeder Bürger in Deutschland frei ent-
scheiden darf, in welcher Stadt bzw. in welcher Kom-
mune er wohnen möchte. Ich bin mir ziemlich sicher,
dass die Antwort in allen Fällen Ja gewesen wäre. Auch
wenn man nicht das Grundrecht auf Freizügigkeit,
verbrieft in Art. 11 des Grundgesetzes, kennt, entspricht
dies doch dem allgemeinen Rechtsbewusstsein. Es er-
scheint eher ein Merkmal eines anderen Staatswesens als
das einer freiheitlichen Demokratie, wenn der Staat be-
fiehlt, wo man seine Wohnung zu nehmen hat.

Die Regelung, dass für eine bestimmte Bevölkerungs-
gruppe, nämlich für die Spätaussiedler, dieser selbstver-

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(C (D tändliche Grundsatz der freien Wohnsitzwahl nicht gilt, ar schon immer ein Fremdkörper in unserem Rechtsystem. Pro forma haben zwar auch diese das Recht, ihen Wohnsitz selbst zu wählen. Faktisch aber besteht für ie der Zwang, den Wohnsitz zu wählen, der ihnen zugeiesen worden ist, weil ansonsten staatliche Leistungen, uf die sie in der Anfangszeit angewiesen sind, nicht geahlt werden würden. Die FDP hatte immer Bedenken, einem solchen rundrechtseinschränkenden Gesetz zuzustimmen. Wir aben dies in der alten Koalition mit der CDU/CSU nur uf ausdrücklichen Wunsch vieler Kommunen getan die SPD hat ebenfalls zugestimmt –, die der Meinung aren, für eine Übergangszeit müsse man aus bestimmen Gründen eine solche Notlösung akzeptieren. Nachdem Rot-Grün an die Regierung gekommen war, st die Übergangszeit abgelaufen. Trotzdem hat der undestag dieses fragwürdige Gesetz noch einmal verängert. Die FDP konnte da nicht mehr mitmachen, weil s keine Gründe für eine Verlängerung gab. Wir sind deswegen froh, dass uns das Bundesverfas ungsgericht jetzt aufgegeben hat, einige Korrekturen orzunehmen, damit wenigstens Härtefälle beseitigt erden können. In der Vergangenheit war es so, dass ufgrund dieses Eingriffsgesetzes Familien und Eheparter auseinander gerissen werden konnten. Kinder konnn nicht an dem Wohnort ihrer Eltern leben. Ich frage ich daher, ob es wirklich ein Ruhmesblatt für den eutschen Bundestag ist, dass Karlsruhe uns aufgeben uss, diesen Zustand zu beseitigen. Hätten wir nicht seler darauf kommen können? (Beifall bei der FDP sowie des Abg. Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


(Dr. Werner Hoyer [FDP]: Aber die Grünen!)


Da nun aber aufgrund der Vorgabe des Bundesverfas-
ungsgerichts diese Härten mit dem heutigen Gesetz be-
eitigt werden, stimmt die FDP dem selbstverständlich
u. Denn es bewirkt eine Verbesserung der Situation der
etroffenen. Ich mache aber noch einmal deutlich: In ei-
em freiheitlichen Land sollte wirklich jeder die Mög-
chkeit haben, seinen Wohnsitz selber zu wählen.


(Beifall bei der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516021600

Letzte Rednerin in dieser Debatte ist die Kollegin
ildegard Wester, SPD-Fraktion.


Hildegard Wester (SPD):
Rede ID: ID1516021700

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Für
eine Fraktion kann ich heute Abend nur meine Zufrie-
enheit darüber ausdrücken, dass es nach relativ kurzer
eit gelungen ist, den Empfehlungen des Bundesverfas-
ungsgerichts nachzukommen und heute dieses Gesetz
orzulegen, das vielen Menschen in unserem Land
nicht nur den Zuwanderern, sondern auch uns – Er-
eichterungen bringt.






(A) )



(B) )


Hildegard Wester

Die Menschen, die als Spätaussiedler hierher kom-

men, müssen sich in einer Aufnahmestation, einem so
genannten Grenzdurchgangslager, registrieren lassen.
Von hier aus werden sie auf die Länder verteilt. Nun
müssen sie – wenn sie ihren Lebensunterhalt nicht aus
eigenen Mitteln bestreiten können – eine neuerliche Zu-
weisung hinnehmen, und zwar zu ihrem dann jedenfalls
für drei Jahre festgelegten Wohnort. Dieser Wohnort
wird nicht etwa nach den Wünschen der Betroffenen
ausgesucht. Die Zuweisung erfolgt aus Kostenvertei-
lungsgründen und soll verhindern, dass es zu einer zu
starken Konzentration zugewanderter Personen kommt.

Die Auffassung, dass eine solche Konzentration ne-
ben den hohen Kosten für die betroffenen Kommunen
auch eine geringere Integrationsbereitschaft seitens der
betroffenen Spätaussiedler bedeuten könnte, hat mit
dazu beigetragen, dass es seinerzeit bei Erlass des Geset-
zes eine breite Zustimmung zu den wesentlichen Punk-
ten dieses Wohnortzuweisungsgesetzes gegeben hat.

Versetzt man sich aber einmal in die Lage dieser
Menschen, die dieser Prozedur unterliegen – das wurde
eben schon angesprochen –, kann man sich allerdings
leicht vorstellen, dass diese mit anderen Hoffnungen und
Vorstellungen in die Bundesrepublik gekommen sind.
Sehr häufig leben Verwandte schon in Deutschland. Sie
wollen natürlich gerne in deren Nähe ziehen. Sogar bei
sehr nahen Verwandten – etwa Kindern oder Eltern, aber
auch bei Eheleuten oder Lebenspartnern – kann es sein,
dass diese nicht unbedingt an denselben Ort gewiesen
werden. Gott sei Dank sind diese Fälle nicht massenhaft;
aber sie kommen leider vor.

Unser Grundgesetz, das die Familie in Art. 6 unter
den besonderen Schutz der staatlichen Gemeinschaft
stellt, gilt aber grundsätzlich für alle Bürgerinnen und
Bürger. Deshalb ist es für mich besonders wichtig, dass
in Zukunft Menschen einen Härtegrund geltend machen
können, wenn sie in der Situation sind, dass sie von ih-
ren Kindern oder ihrem Lebens- bzw. Ehepartner ge-
trennt sind.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die Einführung dieser Härtefallregelung wird mei-
ner Meinung nach auch die Möglichkeiten der Integra-
tion deutlich verbessern und letzten Endes Kosten spa-
ren. Denn es ist davon auszugehen, dass diese
Menschen, die dann wieder in häuslicher Gemeinschaft
mit ihren Angehörigen leben, schneller Anstrengungen
unternehmen werden, in Arbeit zu kommen. Anders als
vorher können sie zum Beispiel unverzüglich darange-
hen, sich eine gemeinsame Perspektive aufzubauen, und
müssen nicht darauf warten, dass die Frist der Bindung
an den Wohnort – sie beträgt drei Jahre – abgelaufen ist.
Sie können dadurch, dass sie schon früher an den Wohn-
ort ihrer Verwandten ziehen, Anstrengungen im Hinblick
darauf unternehmen, einen Arbeitsplatz zu finden, und
sitzen nicht, wie das vielfach der Fall ist, auf gepackten
Koffern, um ihren zugewiesenen Wohnort verlassen zu
können.

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(C (D Dass es nicht die angestrebte gesellschaftliche, berufiche und schulische Integration fördert, wenn diese enschen in ihrem zugewiesenen Wohnort nur darauf arten, dass sie von dort wegkommen, liegt auf der and. Schlimmstenfalls handelt es sich bei diesen drei ahren um eine verlorene Zeit; denn sie werden, wie ich ben schon ausführte, sicherlich nicht bereit sein, sich in iesen drei Jahren in ihren neuen Wohnort zu integrieen. Natürlich werden wir dieses abwartende Verhalten urch die neue Härtefallregelung nicht vollends abstelen können; das liegt auf der Hand. Denn dieser Härterund bezieht sich nur auf die enge Familie und die Parterschaft. So wird es leider weiter Menschen geben, die arauf warten, sich nach diesen drei Jahren frei in unseem Land bewegen zu können. Die Notwendigkeit, die isherige Situation zu ändern, ist hinlänglich beschrieen worden. Letzten Endes stehen wir natürlich dazu. Integrationswillen und Integrationsfähigkeit dieser enschen zu erreichen liegt natürlich nicht im Rege ungsbereich dieses Gesetzes. Das ist Aufgabe der Komunen und der Träger vor Ort. Hier geht es, wie ich chon ausführte, hauptsächlich um die Kostenverteilung wischen Kommunen und Trägern. Deswegen ist es besonders gut, dass wir einen weite en Härtegrund einführen werden, nämlich den der rleichterung der Arbeitsaufnahme. Ich halte es für esonders wichtig, dass wir den Menschen die Möglicheit geben, eine Arbeit an einem anderen Ort auch dann nnehmen zu können, wenn diese ihren Lebensunterhalt och nicht voll abdeckt. Frau Kollegin, darf ich Sie an Ihre Redezeit erinnern? – Ja, noch einen Aspekt. – Es ist von zentraler Bedeu ung – das weiß jeder hier im Hause –, dass man durch rbeit die Möglichkeit der Integration in unsere Gesellchaft hat. Ich freue mich besonders, dass wir gemeinsam diese nderungen an diesem Gesetz vornehmen werden. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516021800
Hildegard Wester (SPD):
Rede ID: ID1516021900


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516022000

Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun-

esregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Ände-
ung des Gesetzes über die Festlegung eines vorläufigen
ohnortes für Spätaussiedler, Drucksache 15/4486. Der

nnenausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh-
ung auf Drucksache 15/4950, den Gesetzentwurf in der
usschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die
em Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen
ollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? –
nthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner

Beratung mit den Stimmen des ganzen Hauses angenom-
men.

Dritte Beratung
und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzent-
wurf ist damit in dritter Beratung ebenfalls mit den Stim-
men des ganzen Hauses angenommen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 12 a und 12 b auf:
a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dirk

Fischer (Hamburg), Eduard Oswald, Dr. Klaus
W. Lippold (Offenbach), weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der CDU/CSU
Grünes Licht für gesetzlich normierte Fahr-
gastrechte
– Drucksache 15/4504
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für Tourismus
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Verkehr, Bau- und
Wohnungswesen (14. Ausschuss)

– zu dem Antrag der Abgeordneten Peter H.
Carstensen (Nordstrand), Dirk Fischer (Ham-
burg), Ursula Heinen, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der CDU/CSU
Mehr Rechte für Fahrgäste im öffentlichen
Personenverkehr

– zu dem Antrag der Abgeordneten Gudrun
Kopp, Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Haftung der Deutschen Bahn AG für Ver-
spätungen einführen
– Drucksachen 15/1236, 15/1711, 15/3233 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Karin Rehbock-Zureich

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Parla-
mentarische Staatssekretär Achim Großmann.

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Achim Großmann (SPD):
Rede ID: ID1516022100


Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Dass ich ausgerechnet dann sprechen muss,
wenn sich Alemannia Aachen im Schlussspurt befindet,
um im UEFA-Pokal eine Runde weiterzukommen, trifft
mich sehr hart.


(Dr. Werner Hoyer [FDP]: Es sieht ja sehr gut aus! – Hans-Peter Kemper [SPD]: Wie steht es denn?)



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(C (D Ich hoffe, dass es weiter so bleibt und dass in den letzen Minuten nichts mehr anbrennt. (Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Hoffentlich ist das Spiel nicht verpfiffen!)


Dem Deutschen Bundestag liegen drei Anträge zu
en Fahrgastrechten im öffentlichen Personenverkehr
or. Es ist klar: Der Verbraucherschutz ist ein wesentli-
hes Anliegen dieser Bundesregierung, gerade auch im
ereich der Eisenbahn und des gesamten öffentlichen
ersonenverkehrs. Die Bundesregierung unterstützt da-
ei jede vernünftige Lösung, die auf gesicherten Kennt-
issen beruht und den Interessen aller Beteiligten zugute
ommt. Zu den Beteiligten gehören zunächst die Reisen-
en, die einen Anspruch auf ein modernes Fahrgastrecht
aben und sicher, bequem und preiswert fahren wollen.
azu gehören aber auch die Verkehrsunternehmen, die
issen müssen, welche Qualität sie bieten müssen, und
ie uns dann sagen, was die Umsetzung eines entspre-
henden Fahrgastrechts kostet. Um hierbei zu gesicher-
en Erkenntnissen zu kommen, hat dieses Haus den An-
rag der Koalition „Qualitätsoffensive im öffentlichen
ersonenverkehr – Verbraucherschutz und Kundenrechte
tärken“ angenommen.
Um eine umfassende neutrale Prüfung zu ermögli-

hen, hat die Bundesregierung in Umsetzung dieses Be-
chlusses ein Gutachten in Auftrag gegeben. Darin
ird, wie es eine ordentliche Recherche erfordert, zu-
ächst einmal eine Bestandsaufnahme gemacht. Das
utachten soll Antwort auf die folgenden Fragen geben:
elche Rechte gibt es bislang bei den einzelnen Ver-
ehrsträgern? Kann man bessere Standards, zum Bei-
piel aus dem Luftverkehr, einfach übertragen oder sind
ie Verhältnisse so unterschiedlich, dass man unter-
chiedliche Regelungen braucht? Welches Bild ergibt
ich im europäischen Vergleich? Was wird die Umset-
ung von Fahrgastrechten kosten? Wie wirken sich gege-
enenfalls verbesserte Haftungsregelungen auf die Fahr-
reise aus?
Wir erwarten das Gutachten für den Sommer dieses

ahres. Die Forschung wird, wie Sie vielleicht wissen,
on einem Ausschuss begleitet, in dem die Unternehmen
nd die Verbraucherschützer, aber auch die so genannte
eutrale Bank zusammenkommen und der die Forscher
ei der Erarbeitung dieses Gutachtens unterstützt. Es
eht uns dabei um eine breite, solide, seriöse Basis.
Die Tatsache, dass ein Gutachten erstellt wird, führt

ber nicht dazu, dass wir die Hände in den Schoß legen.
ch will Ihnen das an einigen Beispielen zeigen. Wir er-
arten, dass in Kürze das Vertragsgesetz zur Änderung
es Übereinkommens über den internationalen Eisen-
ahnverkehr in Kraft tritt. Dann wird es international
nd national eine Haftung für Verspätungen und für
usfälle von Zügen geben. Das heißt, es gibt dann nach
17 der Eisenbahn-Verkehrsordnung einen Anspruch
uf Erstattung von Übernachtungs- und Benachrichti-
ungskosten. Ein großes Ärgernis jedes gestrandeten
eisenden, nämlich den völligen Haftungsausschluss bei
usfall und Verspätung von Zügen, gibt es dann nicht
ehr.






(A) )



(B) )


Pa
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1516022200
Auf Betreiben der Bundesregierung

gibt es nun bei der Deutschen Bahn AG eine Kunden-
charta Fernverkehr mit einem doppelten verbraucher-
schutzrechtlichen Gewinn: Zum einen gibt es dadurch
seit Oktober letzten Jahres Beförderungsbedingungen,
die einen einklagbaren Anspruch auf Entschädigung bei
einer Verspätung von mehr als 60 Minuten einführen.
Zum anderen ist die in der Kundencharta Fernverkehr
vereinbarte Schlichtungsstelle Mobilität ins Leben geru-
fen worden und hat ihre Arbeit aufgenommen.


(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Und zwar erfolgreich!)


Die DB AG hat sich zur Unterstützung dieser von der
Bundesregierung initiierten neutralen und verkehrsträ-
gerübergreifenden Einrichtung verpflichtet. Diese
Schlichtungsstelle wird zunächst durch das Verbraucher-
schutzministerium als Projekt für drei Jahre gefördert
und erhält für seine Arbeit 1,5 Millionen Euro. Danach
soll sie sich durch Beiträge der Verkehrsunternehmen
tragen, die sich der Schlichtungsstelle freiwillig an-
schließen können. Sie fördert die außergerichtliche Bei-
legung von Streitigkeiten. Der Schlichtungsvorschlag
lässt aber den Rechtsweg offen, sodass niemandem, der
sich hier beteiligt, Rechte verloren gehen. Zurzeit bietet
diese Schlichtungsstelle ihre Hilfe bei Problemen im
Bahn- und Flugverkehr an; später soll noch der Schiffs-
verkehr hinzukommen.

Ein weiteres Beispiel dafür, dass die Dinge im Fluss
sind, ist Folgendes: Die Europäische Kommission hat im
Rahmen des dritten Eisenbahnpaketes einen Vorschlag
für eine Verordnung vorgelegt, in der die Fahrgastrechte
im grenzüberschreitenden Eisenbahnverkehr geregelt
werden. Die Bundesregierung beteiligt sich intensiv an
diesen Diskussionen. Auch in diesem Paket müssen wir
sowohl die Chancen als auch die Risiken – darüber habe
ich eben schon gesprochen – berücksichtigen.

Beim Luftverkehr sind wir schon einen Schritt wei-
ter. Mit dem In-Kraft-Treten der Denied-Boarding-Ver-
ordnung vom 17. Februar 2005 ist eine weitere Stärkung
der Fluggastrechte erreicht worden. Die Beträge für
Entschädigungen, die die Fluggesellschaften ihren Pas-
sagieren bei Nichtbeförderung zahlen müssen, sind an-
gehoben worden. Außerdem werden Ansprüche auf Ent-
schädigungen und die Unterstützung bei der Streichung
von Flügen und großen Verspätungen garantiert. Die zu-
ständige Beschwerde- und Durchsetzungsstelle für
Deutschland ist das Luftfahrt-Bundesamt in Braun-
schweig. Es wertet die Beschwerden der Passagiere da-
raufhin aus, ob die Luftfahrtunternehmen die Bestim-
mungen der Verordnung korrekt umgesetzt haben, und
ergreift im Falle von Verstößen geeignete Maßnahmen
gegenüber den Unternehmen.

Meine Damen und Herren, Sie sehen: Die Bundes-
regierung schreibt den Verbraucherschutz auch im Ver-
kehrsbereich groß.


(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Oh ja! Mehr Schein als Sein!)


Aber, liebe Opposition – auch das sage ich ganz
deutlich –, ein Mehr an Anträgen bringt kein Mehr an

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(C (D erbraucherschutz. Deshalb sage ich noch einmal: Waren wir, bevor wir mit weiteren Aktivitäten beginnen, as Gutachten und den anschließenden Bericht der Bunesregierung ab. (Eduard Lintner [CDU/CSU]: Warten können Sie ja gut!)


rst auf dieser Grundlage kann entschieden werden, ob
nd welche Änderungen des geltenden Personenbeförde-
ungsrechts vorgeschlagen werden können. Ich bin si-
her, dass Regelungen gefunden werden, die den Ver-
raucherschutz ausreichend berücksichtigen, ohne dass
ie wirtschaftliche Betätigung der Verkehrsunternehmen
it all den aufgezeigten negativen Folgen unangemes-
en beeinträchtigt oder die öffentliche Hand über Gebühr
elastet wird. Die Komplexität der Materie gebietet eine
eriöse und in allen Konsequenzen durchdachte Reform.
ch denke, darüber sind wir uns alle einig.
Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516022300

Nächster Redner ist der Kollege Eduard Lintner,
DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Eduard Lintner (CSU):
Rede ID: ID1516022400

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
ollegen! Herr Staatssekretär Großmann, ich reibe mir
twas verwundert die Augen; denn normalerweise über-
chlagen sich vor allem die Grünen, wenn es darum geht,
aftungsregelungen zu schaffen, die der jeweiligen
undschaft – notfalls wider jede Praktikabilität und
hne Rücksicht auf die Kosten – maximalen Schutz ver-
eihen sollen. Wenn es aber um die Deutsche Bahn geht,
ollen die Damen und Herren von der Koalition von ih-
er sonst an den Tag gelegten Strenge überhaupt nichts
ehr wissen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

on Ihnen werden – die Rede, die Sie gerade gehalten
aben, war dafür ein gutes Beispiel – angebliche Verbes-
erungen gerühmt, obwohl sich materiell-rechtlich ei-
entlich nur sehr wenig geändert hat.
Meine Damen und Herren, zwar hat die Bahn zum

. Oktober die ihren Fahrgästen ihrer Meinung nach
ustehenden Rechte schriftlich in einer ein wenig groß-
purig als Kundencharta bezeichneten Regelung fixiert.
abei handelt es sich allerdings lediglich um Geschäfts-
edingungen, die die Bahn jederzeit einseitig ändern
ann.


(Zuruf von der CDU/CSU: Hört! Hört!)

ie Maxime lautet offenbar: Der Kunde soll nur so viele
echte haben, wie es die Bahn in Einschätzung der Ge-
echtslage für absolut unvermeidbar hält. Herausgekom-
en sind dabei alles andere als ausgewogene und die






(A) )



(B) )


Eduard Lintner

Interessen der Kunden angemessen berücksichtigende
Schadenersatzregelungen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Gudrun Kopp [FDP]: Traurig!)


So ist zum Beispiel auch das Urteil der Stiftung Wa-
rentest entsprechend drastisch und negativ. Ihr Fazit lau-
tet wörtlich: „Die Kunden haben keine Rechte und kön-
nen bestenfalls auf Kulanz hoffen.“


(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Genau richtig! Skandal!)


Auch im Vorschlag der Europäischen Kommission, auf
den Sie abgestellt haben, wird die Notwendigkeit gese-
hen, die Kundenrechte gesetzlich zu normieren, statt sie
nur in AGBs, also einseitig, zu regeln.

In Art. 10 des einschlägigen Ratsdokuments schlägt
die Kommission für den Fall von Verspätungen und Aus-
fällen eine Regelung vor, die weitaus großzügiger und
kundenfreundlicher als die Regelung ist, die in der Kun-
dencharta der Deutschen Bahn vorgesehen ist.

Die Bahn will mit ihren Formulierungen zugleich
sicherstellen, dass § 17 der Eisenbahn-Verkehrsordnung
weiterhin Gültigkeit hat, der bis heute jegliche Ansprü-
che von Bahnkunden bei Verspätung und Zugausfall aus-
schließt. Das heißt im Klartext: Über die von der Bahn
gewährten Entschädigungsansprüche hinaus wird es
auch künftig keine weiteren Verpflichtungen gegenüber
den Kunden geben. Besonders problematisch für die
Kunden – ich bitte Sie, sich das noch einmal zu über-
legen – ist, dass die Bahn nur bei eigenem Verschulden
haften will. Was zunächst recht plausibel klingt, führt in
der Praxis in vielen Fällen zu einem Haftungsaus-
schluss. Denn der Kunde muss der Bahn ihr eigenes Ver-
schulden nachweisen. Einen solchen Beweis kann der
Kunde ohne die aktive Mitwirkung der Bahn aber meist
nicht führen. Der Kunde ist also überhaupt nicht in der
Lage, einen entsprechenden Einwand der Bahn zu wi-
derlegen. Dies ist umso gravierender, als wir mittler-
weile wissen, dass der größte Teil der Verspätungen eben
nicht, wie von der Bahn in der Vergangenheit oft be-
hauptet, auf irgendwelche dem Einfluss der Bahn entzo-
gene Ursachen zurückzuführen ist. Vielmehr liegt er im
Verantwortungsbereich der Bahn selbst; nur kann der
Kunde den Beweis dafür normalerweise nicht führen.

Auch die Höhe der vorgesehenen Entschädigung ist
eigentlich blamabel: Selbst bei mehreren Stunden Ver-
spätung werden nur 20 Prozent des Fahrkartenwertes er-
setzt – und auch das nicht in bar, sondern als Reisegut-
schein, der wiederum nur beim Erwerb einer neuen
Fahrkarte eingesetzt werden kann. Nur am Rande
möchte ich hier bemerken: Gerade die für die Bahn be-
sonders attraktiven Kunden, nämlich die Netzkartenin-
haber, gehen völlig leer aus: Sie haben nichts von einem
Reisegutschein.


(Uwe Beckmeyer [SPD]: So wie Sie! – Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Seien Sie doch froh, dass Sie eine Netzkarte haben!)


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(C (D ie Regelungen gelten im Übrigen nur für die Fernzüge nd nicht für Regionalzüge. Deshalb kann man das Uril der Stiftung Warentest nur uneingeschränkt nachollziehen. Das Beispiel der Deutschen Bahn zeigt, wie berech gt die Einschätzung der EU-Kommission ist – und em haben wir uns ja angeschlossen –, dass die Kundenechte im Schienenpersonenverkehr vom Gesetzgeber elbst geregelt werden müssen und nicht nur über Allgeeine Geschäftsbedingungen der Unternehmen. ine solche Regelung hätte im Übrigen den Vorteil, dass ie für alle Schienenpersonenverkehr betreibenden Geellschaften gelten würde und nicht nur, wie hier, für die eutsche Bahn AG allein. Jetzt muss sich der Kunde ich stelle mir das plastisch vor –, wenn er Züge von erschiedenen Eisenbahnunternehmen benutzt, durch oneinander abweichende Allgemeine Geschäftsbedinungen wühlen, wenn er zu seiner Entschädigung komen will. Es geht nicht darum, von der Bahn Unzumutbares zu erlangen; dies zeigt bereits die Tatsache, dass eine anze Reihe anderer Unternehmen – im Ausland wie im nland, auch beim Schienenpersonennahverkehr – weitus großzügigere Regelungen vorgesehen haben. Das eweist wiederum, dass das Betreiben von Schienenperonenverkehr auch unter kundenfreundlicheren Hafngsbedingungen durchaus möglich ist. (Werner Kuhn [Zingst] [CDU/CSU]: Das sind Tatsachen!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dass die Bahn bei der von ihr selbst gestalteten Kun-
encharta vor allem ihre eigenen Interessen im Auge
at, kann man ihr nicht vorwerfen: Der Vorstand hat die
ufgabe, die Interessen des Unternehmens bestmöglich
u vertreten; dazu gehört sicher auch die Abwehr von
chadenersatzforderungen. Zu beklagen ist aber, dass
ie Parteien der Regierungskoalition nicht für den im
inne des Bahnkunden nötigen Interessenausgleich sor-
en. Politische Interessenvertretung ist hier gefragt und
icht Verharmlosung und Wegschauen, wie Sie, Herr
taatssekretär, es leider gerade praktiziert haben.
Meine Damen und Herren, die Chance, für einen opti-
alen Schutz der Bahnkunden zu sorgen, besteht immer
och; es ist noch nicht zu spät. Ich darf Sie herzlich ein-
den, sich noch eines Besseren zu besinnen und mit uns
usammen ein gerechtes und ausgewogenes Haftungs-
echt für den Schienenpersonenverkehr zu schaffen,
uch damit Sie Ihrem eigenen Anspruch, den Sie so gern
lakativ vor sich hertragen, gerecht werden: eine kun-
enfreundliche Regierung zu sein.
Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516022500

Das Wort hat die Kollegin Ulrike Höfken,
ündnis 90/Die Grünen.






(A) )



(B) )



Ulrike Höfken-Deipenbrock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516022600

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau

Präsidentin! Sie hätten es fast angesprochen: Ein großes
Lob gebührt NRW, nämlich den Ministern Frau Höhn
und Herr Horstmann,


(Werner Kuhn [Zingst] [CDU/CSU]: Und dem Herrn Lintner für seine Rede!)


die im Gegensatz zur Opposition einen sehr guten und
konkreten Vorschlag zur Verbesserung der Fahrgast-
rechte vor allem im Nahverkehr vorgelegt haben. Auch
die Pauschalierung und Deckelung wurden übrigens be-
rücksichtigt. Ich denke, Sie können nichts anderes tun,
als zur Wahl dieser Regierung in NRW aufzurufen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Gitta Connemann [CDU/ CSU]: Unser Antrag liegt eineinhalb Jahre länger vor! Peinliches Thema!)


Rot-Grün bearbeitet dieses Thema mit einer auch in
der Praxis wirksamen Doppelstrategie. Vieles ist gerade
auch Dank des Engagements unserer Verbraucherminis-
terin, Frau Künast, erreicht worden.


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Das viele Loben wird jetzt aber langsam langweilig!)


Es gibt in der Praxis tatsächlich konkrete Verbesse-
rungen – neben dem, was Herr Großmann schon vorge-
stellt hat –: kundenfreundliche Änderung der Bahntarife;
Erhalt der Speisewagen; Wiedereinführung der Bahn-
card 50. Sie haben im Übrigen Recht: Die Bahn könnte
natürlich auch noch ihr Image „aufhübschen“. Sie sucht
ja gerade nach einem neuen Namen und sollte versu-
chen, ihr Image durch einen besseren Kundenservice zu
verbessern.

Es gibt die bereits vorgestellte DB-Kundencharta und
die Schlichtungsstelle Mobilität, die, das möchte ich hier
einmal sagen, ihre Arbeit sehr erfolgreich aufgenommen
hat. Ich denke, unsere Überlegung war richtig, hier auch
den Flugverkehr einbeziehen zu wollen. Bei einem
Großteil der Anfragen bei der Schlichtungsstelle Mobi-
lität geht es um den Flugverkehr. Eine Zusammenfüh-
rung in diesem Bereich wäre sicher auch für die Zukunft
gut.

Wir warten nun auf die Entscheidungsgrundlagen,
also auf das bereits erwähnte Gutachten und die noch
eingehenden EU-Vorschläge. Ich bin davon überzeugt,
dass das eine gute Grundlage sein wird, auf der eine sys-
tematische Auswertung und Bewertung dessen, was not-
wendig ist, erfolgen kann.

Noch zu Ihrem Antrag: Das, was Sie einfordern, ist
schon längst erfüllt.


(Gudrun Kopp [FDP]: Was? Das gibt es doch nicht!)


Ich nenne beispielsweise die Punkte betreffend die
Schlichtungsstelle und die Fahrplanauskunft. Ich denke,
dass wir auf der Grundlage der Gutachten, die uns vor-
liegen werden, weitere Maßnahmen diskutieren werden.


(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Sehr peinlich!)


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(C (D Ich möchte noch sagen, was mich an dem Beitrag der DU/CSU ganz besonders gefreut hat (Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Donnerwetter, Lob von der falschen Seite!)


und ich nehme an, dass dieser Gedanke auch in dem
eitrag der FDP zum Ausdruck kommen wird –: Sie tre-
n in einem weit gefächerten Wirtschaftsbereich mit
ehr vielen Arbeitsplätzen für überaus weitgehende Haf-
ungsregelungen im Sinne des Verbraucherschutzes ein.
ch finde, das steht in einem erstaunlichen Gegensatz zu
hrem Agieren zum Beispiel im Bereich der Gentechnik.
ort verteufeln Sie genau die Haftungsregelungen, die
ie hier vehement einfordern. Das ist eine bemerkens-
erte Angelegenheit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Eckart von Klaeden [CDU/ CSU]: Super Vergleich!)


Ich höre jetzt mit Freude, dass Sie die verschuldens-
nabhängige Haftung analog dem BGB hier eifrig ver-
eten. Ich erwarte, dass Sie das auch in allen anderen
ereichen tun.
Herzlichen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516022700

Nächste Rednerin ist die Kollegin Gudrun Kopp,

DP-Fraktion.

(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Jetzt kommt was Vernünftiges!)


Gudrun Kopp (FDP):
Rede ID: ID1516022800

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Herren und
amen! Die Deutsche Bahn AG kann es sich aussuchen:
öchte sie ein normales Unternehmen sein oder möchte
ie ein gemeinwohlorientierter Staatsbetrieb sein?


(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Das ist genau die Frage!)


iese Bundesregierung gibt der Deutschen Bahn AG die
öglichkeit, eine Sonderstellung einzunehmen und Son-
errechte als Monopolist für sich in Anspruch zu neh-
en. Wir reiben uns die Augen: Die rot-grüne Bundesre-
ierung stellt den Verbraucherschutz hier plötzlich sehr
eit hinten an. Ich nenne Ihnen drei Tatsachen, die dies
ntermauern:
Erste Bevorzugung. Gemessen an der Verkehrsleis-

ung wird die Infrastruktur der Deutschen Bahn AG,
lso das Schienennetz, vom Staat in etwa viermal so
och bezuschusst wie alle anderen Verkehrsträger.


(Werner Kuhn [Zingst] [CDU/CSU]: Das ist sehr interessant, Frau Kollegin!)


Die zweite Bevorzugung der Deutschen Bahn AG be-
ieht sich auf die Finanzierung des Schienennetzes. Dort
ewährt die Bundesregierung der Deutschen Bahn AG
erlorene Zuschüsse, also Zuschüsse, die nicht zurück-
ezahlt werden müssen.






(A) )



(B) )


Gudrun Kopp


(Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie etwas gegen Wirtschaft?)

Damit soll die Bahn von Abschreibungen entlastet und
ihr wirtschaftlich geholfen werden. Das ist Staatswirt-
schaft und hat mit Marktwirtschaft nichts zu tun.


(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das ist Investitionstätigkeit! – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Sie wollen doch, dass wir investieren!)


Dritte Bevorzugung. Im Nahverkehr werden der
Deutschen Bahn AG aus dem Mineralölsteueraufkom-
men pro Jahr 7 Milliarden Euro an Zuschüssen für die
Bereitstellung von Zügen gezahlt. Die Aufträge für diese
7 Milliarden Euro werden sogar zu 90 Prozent ohne jeg-
liche Ausschreibung vergeben.


(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: So ein Quatsch!)


Die Verhandlungen sind meist geheim und die Mittel
werden entsprechend durchgereicht. Dies ist eine über-
mäßige Bevorzugung der Deutschen Bahn AG.

Wir als FDP-Bundestagsfraktion fordern eine Gleich-
stellung der Deutschen Bahn AG bei den Haftungsrege-
lungen, wie sie für alle anderen Unternehmen auch gel-
ten.


(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zum Beispiel im Luftverkehr!)


Wir möchten, dass die Verbraucher ein Recht auf Ent-
schädigung haben. Sie sollen nicht wie jemand auftreten
müssen, der von der Kulanz der Bahn AG abhängig ist.
Wir fordern die rot-grüne Bundesregierung auf, ihren
hehren Worten endlich Taten folgen zu lassen und diesen
Sonderstatus der Deutschen Bahn AG zum Wohle des
Verbraucherschutzes zu beenden. Mehr Rechte für Ver-
braucher – Sie sollten beweisen, dass es Ihnen damit
ernst ist.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516022900

Das Wort hat die Kollegin Karin Rehbock-Zureich,

SPD-Fraktion.


Karin Rehbock-Zureich (SPD):
Rede ID: ID1516023000

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Liebe Frau Kopp, ich möchte darauf hinweisen,
dass Investitionen sicherlich im Sinne der FDP sind,


(Gudrun Kopp [FDP]: Auf Staatskosten?)

weil wir durch Investitionen ins Schienennetz – so wie
durch Investitionen in Straßennetze – Arbeitsplätze er-
halten und sichern. Aber das ist nicht Ihr Thema. Man
hat Ihnen angemerkt, dass Sie sich damit nicht beschäf-
tigt haben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


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(C (D Wir reden heute über die Verbesserung der Fahrgastechte. Das ist im Verkehrsbereich ein wichtiges Thema. ede neue Regelung, die wir einführen wollen, muss den esamtmarkt des öffentlichen Verkehrs regeln. Das eißt, es geht um die gleichen Rechte für Bus, Straßenahn, U-Bahn und S-Bahn; denn Regionalverkehr und ernverkehr müssen gleichgestellt werden. Wenn wir esetze erlassen, brauchen wir einen einheitlichen ahmen. Selbstverständlich muss dies für alle Unterehmen gelten. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Sie suggerieren einfache und unkomplizierte Lösun-
en. Herr Kollege Lintner, ich bin enttäuscht: Sie for-
ern die Aufhebung des Haftungsausschlusses nach § 17
er EVO, der Eisenbahn-Verkehrsverordnung. Ich erin-
ere an die Vereinbarungen im COTIF-Abkommen.
enn dies von allen ratifiziert wird, wird der aktuell gel-
nde § 17 EVO geändert. Die Bundesrepublik hat die-
es Abkommen schon längst unterschrieben. Das heißt,
s gilt fortan die Haftung bei Ausfall, Verspätung und
nschlussversäumnis auch für die Kunden der DB AG.
ies ist richtig so.
Die Kollegin Höfken hat schon auf die Kundencharta

ingewiesen, die seit dem 1. Oktober des vergangenen
ahres auf der Tagesordnung ist. Sie ist ein richtiger und
ichtiger Schritt. Aber mit dem Einstieg in die Verbes-
erung der Kundenrechte bei der DB AG sind wir sicher
icht am Ende der Diskussion angelangt. Mit der neu
ingerichteten Schlichtungsstelle werden die Sorgen und
öte der Kunden aufgegriffen.
Wir müssen vor dem Hintergrund des Verkehrsmark-
s immer Folgenutzen und -risiken abschätzen. Da
uss ich Ihnen vorwerfen, dass Sie das in Ihren Anträ-
en überhaupt nicht berücksichtigen. Selbstverständlich
t die Verbesserung des Schutzes der Verbraucher. Darin
egt der Nutzen für die Verbraucher.
Wir haben aber auch folgende Situation: Wenn das öf-

entliche Unternehmen versucht, das Haftungsrisiko zu
inimieren und dies nicht ausschließlich über Qualitäts-
teigerungen erreicht werden kann, dann kann das be-
euten, dass Taktverkehre gestrichen werden. Dann
tellt sich die Frage: Werden wir möglicherweise das
ind mit dem Bade ausschütten? Wollen wir, dass der
erbraucher aufgrund der starken Haftungsregelungen
war eine Ausfallentschädigung bekommt, der Zug aber
icht mehr fährt, weil der Taktverkehr, der bisher in en-
em zeitlichem Abstand stattgefunden hat, nicht mehr
orhanden ist? Das kann nicht im Interesse der Verkehrs-
olitik sein.
Wichtig ist, wie wir dieses für die Verbraucher wich-

ge Thema handhaben. Der richtige Schritt ist, dass wir
ns im Sommer das Gutachten anschauen, das von der
undesregierung in Auftrag gegeben wurde. Daraus
üssen wir Schlussfolgerungen ziehen und dann müssen
ir entscheiden, wo wir noch Handlungsbedarf haben
nd welche Folgen Veränderungen zeitigen. Dann haben
ir eine Entscheidung auf den Weg gebracht, die im
inne der Verbraucher ist, aber auch im Sinne des Ver-






(A) )



(B) )


Karin Rehbock-Zureich

kehrsmarktes. Das bedeutet: weiterhin bezahlbare Preise
und gute Verbindungen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516023100

Letzte Rednerin in dieser Debatte ist die Kollegin

Gitta Connemann, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Gitta Connemann (CDU):
Rede ID: ID1516023200

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Berlin,

3. Februar 2004. Auf dem Spielplan steht großes Staats-
theater. Der Titel des Stücks: „Der entrechtete Fahrgast“
oder „Die Kundencharta der Bahn“. Spielort: die Bun-
despressekonferenz. Hauptdarsteller: Ministerin Künast,
Minister Stolpe und der Vorstandsvorsitzende der Deut-
schen Bahn AG, Hartmut Mehdorn. Stimmung: traute
Eintracht. Alle drei sind sich einig, ein großes Werk zu
präsentieren.


(Werner Kuhn [Zingst] [CDU/CSU]: Ist das ein Drama?)


Die Kritiker urteilen allerdings später „Drama“ bzw.
„Posse“. Ich zitiere insoweit den Fahrgastverband „Pro
Bahn“:

Das Getöse, mit dem diese Charta der Presse vorge-
stellt wurde, steht wieder einmal in umgekehrtem
Verhältnis zur wirklichen Leistung.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Der Inhalt des Stücks: Die Bahn verpflichtet sich, ihren
Kunden eine Entschädigung von 20 Prozent bei Verspä-
tungen oder Zugausfällen zu zahlen, allerdings nur im
Fernverkehr, nicht bei verspäteten Anschlusszügen usw.
Die Liste der Fälle, in denen der Kunde nach wie vor mit
leeren Händen dasteht, ist außerordentlich lang.

Was sagt jetzt die selbst ernannte oberste Verbrau-
cherschützerin dieses Landes?


(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ernannt wurde sie vom Bundeskanzler, nicht von sich selbst!)


Ich zitiere Ministerin Künast aus einer Pressemitteilung
vom 3. Februar 2004:

Die Kundencharta der Bahn hat für den Verbrau-
cherschutz Vorbildcharakter … Gesetzliche Rege-
lungen für die Bahn erscheinen deshalb nicht not-
wendig …

(Manfred Helmut Zöllmer [SPD]: Das wollen Sie doch sonst immer!)

Das ist Hohn in den Ohren jedes Fahrgastes. Frau Minis-
terin Künast weiß doch selbst: Die Bahn kann das We-
nige, das sie zugesteht, jederzeit ändern; denn es sind nur
Allgemeine Geschäftsbedingungen. Nach wie vor gilt
die Eisenbahn-Verkehrsordnung aus dem Jahre 1938, die
sämtliche Haftungen für den Reisenden ausschließt.

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(C (D icht ohne Grund urteilt auch die Präsidentin des Verraucherzentrale Bundesverbandes, Professor Edda üller, in einer Pressemitteilung vom 1. Dezember 004: Für Teile der Bundesregierung scheint es die Verbraucher als Fahrgäste … einfach nicht zu geben. ehr richtig. So sieht es auch die Europäische Kommission. Sie ordert in ihrem Verordnungsvorschlag vom 3. März 004 – ich zitiere –: … Fragen, beispielsweise zur Haftung des Eisenbahnunternehmens, zu Ausgleichszahlungen bei Verspätungen und Zugausfällen … müssen jedoch gesetzgeberisch statt durch freiwillige Vereinbarungen … geregelt werden, um die Durchsetzbarkeit der Fahrgastrechte zu gewährleisten. ie Bundesregierung hat nicht reagiert. Abwarten statt npacken heißt einmal mehr die Devise, und zwar zuasten der Fahrgäste. Das ist eine unendliche Geschichte. enken Sie nur an das Kapitel mit der Überschrift Trennung von Netz und Betrieb“. Es geht um mehr ettbewerb auf der Schiene, und zwar zugunsten der ahrgäste. (Uwe Beckmeyer [SPD]: Sagen Sie dazu mal etwas Genaueres!)


ie Geschichte stockt. Es wird eine Taskforce eingesetzt.
er Kanzler beruft dafür nur einen einzigen Eisenbahnun-
rnehmer: Hartmut Mehdorn. Die Taskforce sprach sich
päter – oh Wunder – für den Verbleib des Schienennetzes
nter dem Dach der Deutschen Bahn AG aus. Eine Posse!


(Uwe Beckmeyer [SPD]: Ist das ein Beschluss des CDU-Parteitags?)


Oder denken Sie an das Kapitel mit der Überschrift
Den Bock zum Gärtner gemacht“. 2003 forderten wir,
ie Mitglieder des Bundestages, die Bundesregierung
uf, endlich einen Gesetzentwurf für eine verbindliche
egelung der Rechte von Fahrgästen vorzulegen. Die
undesregierung tat, was sie gerne tut: Sie schrieb ein
utachten aus, und zwar zu dem Thema: Wie können die
undenrechte gestärkt werden?
Wer aber erhielt den Auftrag? – Der ehemalige Chef-
rist der Bahn, jetzt Geschäftsführer einer Bahntochter.
amit wurde der Bock zum Gärtner gemacht.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie der Abg. Gudrun Kopp [FDP])


iese Posse war so offensichtlich, dass das Gutachten
eu ausgeschrieben werden musste. Das war übrigens
uch für Bundesminister Stolpe eine peinliche Situation.
assiert ist in Sachen Stärkung der Fahrgastrechte seit-
er nichts.
Das wird mittlerweile sogar den eigenen Parteifreun-

en zuviel. So fordert die nordrhein-westfälische Ver-
raucherschutzministerin Bärbel Höhn in einer Presse-
itteilung vom 10. November 2004, dass „die veralteten






(A) )



(B) )


Gitta Connemann

Haftungsprivilegien … in der Eisenbahn-Verkehrsord-
nung für die Anbieter von öffentlichen Verkehrsmitteln
gestrichen werden“ müssten.


(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Mit oder ohne Visum?)


Ich gratuliere zu dieser Erkenntnis. Genau das steht in
unseren Anträgen. Offensichtlich beginnt auch Rot-Grün
– jedenfalls auf Landesebene – langsam zu erkennen,
dass die Rechte der Fahrgäste verbessert werden müs-
sen. Wir fordern dies schon lange.

Unsere Anträge für eine Stärkung der Rechte von
Fahrgästen liegen seit 2003 vor. Sie, meine Damen und
Herren von der Koalition, haben alle abgelehnt – und
zwar ohne Zögern –, unter anderem mit der dünnen Be-
gründung, ein Gesetzgebungsverfahren dauere zu lang.

Meine Damen und Herren von der Koalition, das kön-
nen Sie heute ändern. Stimmen Sie unseren Anträgen zu!
Sie haben ohnehin schon zuviel Zeit vertan. Es ist die
Aufgabe einer Bundesregierung, die Rechte der Verbrau-
cher zu schützen – nicht mit schönen Worten, sondern
mit Taten. Kommen Sie endlich Ihrer Pflicht nach, da-
mit, wenn im nächsten Jahr der Vorhang für Sie fällt, we-
nigstens einer klatscht: der Fahrgast!


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516023300

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf

Drucksache 15/4504 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Tagesordnungspunkt 12 b: Wir kommen zur Be-
schlussempfehlung des Ausschusses für Verkehr, Bau-
und Wohnungswesen auf Drucksache 15/3233. Der Aus-
schuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner Beschlussempfeh-
lung die Ablehnung des Antrags der Fraktion der CDU/
CSU auf Drucksache 15/1236 mit dem Titel „Mehr
Rechte für Fahrgäste im öffentlichen Personenverkehr“.
Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegen-
probe! – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist
mit den Stimmen der Koalition bei Gegenstimmen der
CDU/CSU und der FDP angenommen.

Unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt
der Ausschuss die Ablehnung des Antrags der Fraktion
der FDP auf Drucksache 15/1711 mit dem Titel „Haf-
tung der Deutschen Bahn AG für Verspätungen einfüh-
ren“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Ge-
genprobe! – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung
ist mit den Stimmen der Koalition bei Gegenstimmen
der FDP und der CDU/CSU angenommen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 13 auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Swen
Schulz (Spandau), Heinz Schmitt (Landau), Jörg
Tauss, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der SPD sowie der Abgeordneten Ursula Sowa,

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(C (D Marieluise Beck weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Geistes-, Sozialund Kulturwissenschaften stärken – Drucksache 15/4539 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Kultur und Medien Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre einen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege wen Schulz, SPD-Fraktion. Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und erren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieen heute die Stärkung der Geistes-, Sozialund Kulturissenschaften – endlich, möchte ich sagen. Denn wenn ir im Parlament wie auch in der sonstigen politischen ebatte über Wissenschaft und Forschung sprechen, ann geht es oftmals in erster Linie um die Ingenieurnd Naturwissenschaften und die Steigerung der technoogischen Leistungsfähigkeit. Das ist ohne Zweifel von entraler Bedeutung. Aber ich glaube, dass wir die Finanzierung der Wis enschaft gelegentlich zu einseitig mit ihrer volkswirtchaftlichen Bedeutung begründen. (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


(Beifall bei der SPD)

Swen Schulz (SPD):
Rede ID: ID1516023400

hne Frage ist das ein Trend der Politik, ja der Gesell-
chaft: Alles muss effizient und effektiv sein.
Wir Bildungs- und Forschungspolitiker haben, woll-

en bzw. mussten uns auf diese Sprache und diese Krite-
ien einlassen. Wer Unterstützung für sein Politikfeld or-
anisieren will und sogar mehr Geld dafür haben
öchte, muss deutlich machen, wofür es gut ist, besser
esagt: welchen Gewinn es bringt.
Wenn wir aber Wissenschaft mit diesem Maßstab
essen, kommen Leute schnell auf die Idee, zwischen
rtragreichen und weniger lukrativen Wissenschaften zu
nterscheiden. Wissenschaftspolitik wird zum Invest-
ent der öffentlichen Hand, gemessen an Gewinnkate-
orien der Privatwirtschaft. Der Wissenschaftsminister
amburgs streicht dann eben ein Drittel der Geistes- und
ozialwissenschaften und der Berliner Finanzsenator
ragt sich, wozu denn diese vielen Germanisten gut sein
ollen. Diese Klage könnte ich ausführlicher gestalten,
ber die Aufforderung ist klar: Wir dürfen keine kurz-
ichtige Ökonomisierung der Bildungs- sowie der Wis-
enschafts- und Forschungspolitik zulassen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Swen Schulz (Spandau)


Wir müssen ebenfalls realisieren, dass die Wissen-

schaft kein leicht steuerbares System ist. Wir können
nicht einfach oben Geld hineinstecken und glauben, dass
unten Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze heraus-
kommen. Wissenschaft ist ein komplexes System. Nicht
immer können wir vorher wissen, was hinterher nützlich
sein wird. Wir wissen aber im Grundsatz – das haben wir
auch in unserem Antrag festgehalten –, dass Geistes-,
Sozial- und Kulturwissenschaften einen spezifischen
und unverzichtbaren Beitrag zur Förderung von gesell-
schaftlichen Innovationen leisten, wobei das beschrie-
bene Steuerungsproblem ebenfalls besteht. Auch die
Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften sind nicht
einfach nach Nützlichkeitskriterien zu lenken. Man kann
nicht oben Geld hineinstecken und unten kommen Frie-
den, Integration und Gerechtigkeit heraus. Vielleicht
muss auch nicht alles auf den ersten Blick nützlich sein.
Reduzieren wir also dieses Gerede und beginnen wir
wieder, Bildung und Wissenschaft um ihrer selbst willen
mit Freude und ohne Hintergedanken zu fördern, zumin-
dest ein bisschen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wenn man sich die Wissenschaftsgeschichte an-
schaut, dann ist ganz deutlich, dass Innovationen
schwerlich geplant werden können, sondern dass sie ent-
stehen, wenn der Wissenschaft Raum, Zeit und Mittel
dafür gelassen werden. Es ist ebenfalls fraglich, inwie-
weit eine Steuerung vorgenommen werden sollte. Poli-
tik agiert tendenziell kurzatmig, bei den einen mehr, bei
den anderen weniger. Wer hat sich schon für die Bil-
dungsforschung interessiert, bevor es die PISA-Studie
gab? Ich behaupte: Wenn es nach der Mehrheit der Poli-
tik und der Bevölkerung gegangen wäre, hätten wir die
Bildungsforschung möglicherweise eingestellt und das
Geld für andere Zwecke genutzt. Es gibt viele weitere
Beispiele dafür, von der Friedensforschung bis zu den Is-
lamwissenschaften. Letztere haben heute Nachmittag in
der Debatte über die auswärtige Kulturpolitik eine Rolle
gespielt.

Gleichwohl kann mein Petitum hier kaum darauf ab-
zielen, einfach nur den Wissenschaftlern mehr Geld zu
geben und uns auf das Warten und Hoffen zu beschrän-
ken. Die Freiheit der Wissenschaft darf nicht zum Alibi
für die Selbstverwirklichung von Wissenschaftlern wer-
den. Die Öffentlichkeit hat das Recht, zu erfahren und zu
kontrollieren, was mit den eingesetzten staatlichen Mit-
teln geschieht. Die Politik muss sehr wohl Schwerpunkte
im öffentlichen Interesse setzen dürfen. Aber Politik
muss der Wissenschaft auch einen freien Raum lassen, in
dem nicht die Nützlichkeit von Forschung überprüft
wird, wohl aber ihre wissenschaftliche Exzellenz. Wir
haben das in dem Antrag von SPD und Grünen festge-
halten. Qualitätskontrolle und ausgeprägter Wille zur
Veränderung sind für alle Wissenschaften wichtig, auch
für die Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften. Da-
bei sind Evaluierungen und der Wettbewerb als Steue-
rungsinstrumente hilfreich. Das ist aber etwas anderes
als eine kurzsichtige Ökonomisierung. Wir dürfen die
Wissenschaft nicht dem freien Spiel der Marktkräfte un-
terwerfen.

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(C (D (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wenn ich zu Beginn meiner Rede einen Dualismus
wischen Ökonomie und Geist, zwischen Nützlichkeit
nd Wissenschaftsfreiheit angedeutet habe, dann möchte
ch nun darauf hinweisen, dass dieser, wenn wir das Wis-
enschaftssystem gut organisieren, überwindbar ist. Die
pannendsten Entwicklungen entstehen an den Berüh-
ungspunkten von Disziplinen und in Teamarbeit. In-
enieure und Naturwissenschaftler treffen Geistes-, So-
ial- und Kulturwissenschaftler, solche Projekte
enötigen wir dringend. Eine Stärkung der Geistes-, So-
ial- und Kulturwissenschaften führt somit letztlich doch
ur Stärkung der Leistungsfähigkeit Deutschlands, und
war sowohl in technologischer als auch in gesellschaft-
icher Hinsicht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition
von der CDU/CSU sind leider nur zwei Kollegen an-
esend –, ich denke, dies ist ein Feld, auf dem wir
urchaus zusammenarbeiten können. – Nun ist Herr von
laeden, die Nummer drei, erschienen. Schönen Dank!
ch biete Ihnen für die Regierungskoalition ausdrücklich
as Gespräch an. Wir wollen eine Anhörung zu dem
hema Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften
urchführen. Es wäre gut, wenn wir die Vorlage von
PD und Grüne gemeinsam fortentwickeln könnten. Das
äre bei allem Streit, den wir an anderen Stellen haben,
uch ein positives Signal für die politische Kultur.
Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516023500

Das Wort hat der Kollege Bernward Müller von der
DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Er hat hier leider nicht viele Mitstreiter bei diesem Thema!)



Bernward Müller (CDU):
Rede ID: ID1516023600

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Herr Schulz, lassen Sie mich zunächst eine Vor-
emerkung machen. Bei der Darstellung Ihres Antrags
st deutlich geworden, dass man Ihnen in dem zustim-
en kann, was Sie über die Rolle, die Wichtigkeit der
eisteswissenschaften sagen,


(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Das ist doch erfreulich!)


ass es aber noch einen erheblichen Diskussionsbedarf
ezüglich des konkreten Inhalts Ihres Antrags gibt. Da-
auf werde ich noch zu sprechen kommen.
Genauso wie Sie freue ich mich darüber, dass wir uns

eute mit dem Thema Geisteswissenschaften befassen.
ch bin allerdings nicht mit dem einverstanden, was in






(A) )



(B) )


Bernward Müller (Gera)


Ihrem Antrag geschrieben steht. Dazu habe ich einige
kritische Anmerkungen zu machen.

Es ist wichtig, dass wir über die Situation der Geistes-
wissenschaften sprechen; denn von vielen Wissenschaft-
lern wird festgestellt, dass es seit etwa 15 Jahren einen
stetigen Abbau der Kapazitäten und der Mittel im Be-
reich der geisteswissenschaftlichen Forschung und
Lehre gibt. Scherzhafterweise könnte man sagen: Den
Universitäten geht der Geist aus.


(Zurufe von der SPD)

– Ich habe betont: scherzhafterweise.

Kritisch zu erwähnen ist auch die Lage in den so
genannten kleinen Fächern wie Archäologie oder klassi-
sche Philosophie. Diese Fächer kämpfen um ihre Legiti-
mation im Wettstreit mit einer zunehmend naturwissen-
schaftlich orientierten Gesellschaft.

Doch wer nun hofft – sicherlich gibt es viele Men-
schen, die darauf hoffen, meine sehr verehrten Damen
und Herren insbesondere von der Koalition –, dass Ihr
Antrag dazu geeignet ist, zur Verbesserung der Lage der
Geisteswissenschaften beizutragen, der wird angesichts
der Fassung Ihres Antrags, die uns heute vorliegt, ent-
täuscht sein.


(Beifall bei der FDP – Gabriele Hiller-Ohm [SPD]: Das glaube ich nicht!)


Ihr so genannter Antrag geht allenfalls als Willensbe-
kundung durch. Um es klar zu sagen: Der Antrag ist eine
Ansammlung vager, unbestimmter, globaler Aussagen.
Er enthält nichts, was von den Wissenschaftlern konkret
eingefordert werden könnte.

Schauen wir uns das noch genauer an. Wir beginnen
mit dem Titel. Darin heißt es: Geistes-, Sozial- und Kul-
turwissenschaften stärken. – Es ist schon ein Zeichen da-
für, wie wenig Sie sich mit der Thematik befasst haben
müssen, wenn Sie gerade die Geistes-, Sozial- und Kul-
turwissenschaften einfach in einen Topf werfen. Die So-
zialwissenschaften, die sich meist einer empirischen Me-
thodik bedienen und somit den Naturwissenschaften
nahe sind, stehen zum Beispiel in einem ganz anderen
Kontext als die Geisteswissenschaften.

Ihre Initiative differenziert nicht ausreichend und
führt zu einer unscharfen Benennung aller drei Wissen-
schaftszweige und damit im Ergebnis zu einer diffusen
Zielsetzung des gesamten Antrags. Damit ist niemandem
geholfen, zuletzt den Geisteswissenschaften, die, anders
als die in unsere Gesellschaftskultur gut integrierten So-
zialwissenschaften, unter erheblichen Legitimationspro-
blemen leiden. Ich plädiere daher für eine klare und
deutliche Definition dessen, was gemeint ist und was
besser als bisher gefördert werden soll.

Somit leidet Ihre begrüßenswerte Initiative schon an
der Grundkonzeption. Ihrem Antrag fehlen Klarheit und
konkrete Zielsetzung.

Es fehlt noch mehr. Man fragt sich: Wo findet sich in
Abschnitt II die Substanz? Oder wollen Sie etwa – ich
gebrauche dieses Wort jetzt einfach einmal – die Lobhu-

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(C (D elei, die Sie bezüglich der Politik der Bundesregierung etreiben, als substanziellen Beitrag zur Förderung der eisteswissenschaften bezeichnen? Das reicht nicht. Die eisteswissenschaften brauchen mehr als eine Beweihäucherung der Bundesregierung und Ihre Sonntagsreen. Kommen wir also zum Herz des Antrags, zum Forde ungskatalog im Abschnitt III. Im Grundsatz kann ich hren Vorschlägen hinsichtlich der Forschungskollegs nd der Förderung des Akademieprogramms zur Grundagenforschung zustimmen. (Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Das ist doch schon mal was!)


Jawohl, das kann ja auch eine Basis sein. – Das sind
irksame Instrumente zur Stärkung der Geisteswissen-
chaften in Deutschland.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Sehen Sie! Donnerwetter!)


ier sollten wir in der weiteren Diskussion ansetzen und
eutlich herausarbeiten, wie diese Instrumente konkret
ussehen und produktiv eingesetzt werden können.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Doch dann enthalten Ihre Forderungen auch Aspekte,
ie nicht nur mich, sondern auch andere in Staunen ver-
etzen. Bitte erklären Sie mir: Wie kommen Sie gerade
n diesem Zusammenhang dazu, ein besonderes Gewicht
uf die Förderung in Ostdeutschland zu legen? Um Ost-
eutschland zu helfen, gibt es eine ganze Reihe anderer
elder, auf denen Sie sich betätigen können. Haben Sie
undierte Hinweise darauf, dass es besondere Defizite in
en Geisteswissenschaften in den neuen Bundesländern
ibt? Ich komme aus einem neuen Bundesland und das
ürde mich sehr interessieren. Mir ist kein spezifischer
edarf bekannt.
Ist es nicht eher so, dass in den Geisteswissenschaften

n den Universitäten und Hochschulen der neuen Länder
erade seit der Wende ein frischer Wind mit jungen, ehr-
eizigen Professoren weht? Ich habe den Eindruck, dass
hre Forderungen in dieser Hinsicht schematisch in je-
em Antrag auftauchen müssen.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Nein, so was machen wir nicht!)


Ich möchte mich noch kurz der Finanzierungsfrage
uwenden. Wichtig ist: Wir brauchen eine solide Finan-
ierung, natürlich auf der Basis des Haushalts. Aber
enn man so etwas in Ihrem Antrag konkret sucht: Fehl-
nzeige! Fehlanzeige gilt auch, was die Finanzierung der
msetzung der Vorschläge angeht.


(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Machen wir das zusammen! Machen wir das!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516023700

Herr Kollege, Sie müssen jetzt zum Schluss kommen.

chauen Sie bitte auf die Uhr!






(A) )



(B) )



Bernward Müller (CDU):
Rede ID: ID1516023800

Fehlanzeige gilt darüber hinaus in Bezug auf Um-

schichtungsmöglichkeiten. Sie haben den Antrag ver-
fasst. Das hätte da sicherlich hineingehört. Wenn man
sich die einzelnen Punkte dieses Antrags etwas genauer
anschaut, dann sieht man: Sie wollen auch hier hineinre-
gieren. Sie sprechen von „Autonomie“.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516023900

Herr Kollege, Sie müssen jetzt zum Schluss kommen.

Bernward Müller (CDU):
Rede ID: ID1516024000

Danke, Frau Präsidentin. – Aber in Wahrheit geht es

Ihnen um das Hineinregieren. Sie bestellen die Musik;
Sie wollen sie aber nicht bezahlen. Das kann so nicht
weitergehen.

Ich komme zum Schluss. Sie haben die Anhörung an-
gesprochen. Wir als Union werden Ihnen geeignete Vor-
schläge unterbreiten, die zur Weiterentwicklung dieser
Frage beitragen. Ich kann Sie nur auffordern, mit uns zu-
sammenzuarbeiten.

Herzlichen Dank.

(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Bringen Sie Geld mit!)


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516024100

Das Wort hat die Kollegin Ursula Sowa, Bündnis 90/

Die Grünen.

(Beifall bei der SPD)



Ursula Sowa (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516024200

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Als Nichtgeisteswissenschaftlerin stehe ich voll und
ganz hinter diesem Antrag. Ich habe recherchieren las-
sen, welche Berufsgruppen hier im Bundestag vertreten
sind. Abgesehen von der überraschenden Erkenntnis
– ich habe keine Aufsplitterung nach Fraktionen vorneh-
men lassen –, dass gut 75 Prozent über eine abgeschlos-
sene Hochschulbildung verfügen, war ich auch über die
Fächeraufteilung erstaunt, die sich – bei allen Unschär-
fen – abgezeichnet hat. Der Anteil der Geistes-, Sozial-
und Kulturwissenschaftler und -wissenschaftlerinnen
unter ihnen überflügelt sogar den der Juristen, die fast
genauso stark sind wie die Naturwissenschaftler und die
Ingenieure; das ist doch erstaunlich. So gesehen, müsste
in diesem Hause eigentlich eine sehr starke Lobby für
die Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften vorhan-
den sein.

Um mit Professor Böckenförde aus Freiburg zu spre-
chen:

Was betreiben und vermitteln denn die Geisteswis-
senschaften? Sie bewahren, erweitern und vermit-
teln je von Neuem das Wissen über die eigene Spra-
che, Geschichte, Literatur und Kunst; über die
Bedingungen und Möglichkeiten des Zusammenle-
bens und Zusammenwirkens von Menschen in einer
Gesellschaft (Recht, Ökonomie, Soziologie); über
die Selbstvergewisserung und die Beantwortung

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(C (D der Sinnund Identitätsfrage der Menschen (Philosophie, Theologie, Psychologie)

Grundlage für das Verständnis der Welt, …

it einem Wort: Besonders wir hier im Bundestag soll-
en von der wichtigen Funktion der Geistes-, Sozial- und
ulturwissenschaften für unsere Gesellschaft überzeugt
ein.
Wir sind heute mit komplexen Prozessen wie der Er-
eiterung und dem Zusammenwachsen des europäi-
chen Raums oder der Globalisierung konfrontiert und
üssen deren Folgen bewältigen. Die Geistes-, Sozial-
nd Kulturwissenschaften stellen Methoden bereit, um
iese politischen und kulturellen Entwicklungen und
rozesse zu reflektieren und zu analysieren.


(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms)


ielleicht brauchen wir sie auch des Öfteren in der Poli-
k.
Was heißt das nun konkret für einzelne Fächer, zum
eispiel die Islamwissenschaft? Vor den Ereignissen
es 11. September 2001 galt sie als ein klassisches Bei-
piel für ein so genanntes exotisches oder Orchideen-
ach. Die Islamwissenschaft beschäftigt sich mit histori-
chen und gegenwärtigen islamischen Gesellschaften.
ine ihre Aufgaben besteht meines Erachtens darin, fun-
ierte Kenntnisse über eine Weltkultur und wichtige
achbarkultur Europas zu erarbeiten und an uns zu ver-
itteln. Im besten Falle stellt besseres gegenseitiges
erstehen einen entscheidenden Beitrag zur Konfliktprä-
ention dar.
Kurzum: Die Geistes-, Sozial- und Kulturwissen-

chaften stehen wie die Kunst schnell unter dem Gene-
alverdacht des L’art pour l’art und des Luxus, den sich
ine Gesellschaft gleichsam leisten können muss. Ange-
ichts der aktuell schwierigen ökonomischen Situation
eraten, wie auch meine Vorredner gesagt haben, gerade
ie Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften in Be-
rängnis. Um den Fokus der Innovationsinitiative der
undesregierung, die ich für richtig und wichtig halte,
uch auf die Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften
u richten, haben wir aus den Regierungsfraktionen die-
en Antrag eingebracht.


(Beifall bei der SPD – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Wir klatschen für die Grünen mit!)


Ich danke Ihnen. Der Geist ist manchmal unsichtbar.
Der Punkt, der mir darin am allerwichtigsten ist, ist

ie Beförderung eines neuen strukturellen Förderkon-
epts für die Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften
n Form von themenzentrierten interdisziplinär arbeiten-
en Forschungskollegs. Sie bieten die Chance, die Stär-
en der Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften zu
efördern, die beispielsweise in transdisziplinären und
uch interkulturellen Perspektiven bestehen. Wie ich
offe, bietet der aufgrund der Blockadehaltung der
DU-geführten Bundesländer bisher leider auf Eis
iegende Exzellenzwettbewerb – 500 Millionen Euro
iegen hier auf Eis, lieber Herr Müller; ich bin davon






(A) )



(B) )


Ursula Sowa

überzeugt, dass man sich eines Besseren belehren lässt –
die Gelegenheit zur Errichtung solcher Forschungs-
kollegs.


(Beifall bei der SPD)

Wir unterstreichen die Bedeutung der Geistes-, So-

zial- und Kulturwissenschaften allerdings nicht nur mit
wohlfeilen Worten, sondern haben gleichzeitig dafür ge-
sorgt, dass im Haushalt 2005 für die Geisteswissen-
schaften sage und schreibe 1,5 Millionen Euro mehr zur
Verfügung stehen,


(Beifall bei der SPD)

während die CDU/CSU in den Haushaltsverhandlungen
um 1,9 Millionen Euro kürzen wollte.


(Beifall bei der SPD – Zurufe von der SPD: Hört! Hört! – Bernward Müller [Gera] [CDU/ CSU]: Wir wollen ein Mehr an Aufwuchs! Förderung, nicht Status quo!)


Ich möchte mit Folgendem schließen: Die Geistes-,
Sozial- und Kulturwissenschaften sind nicht das Aschen-
puttel der Wissenschaft, das in Dreck und in Lumpen ge-
hüllt sein Leben fristen und sich seiner Existenz schä-
men muss. Allerdings lässt sich das grimmsche Märchen
nicht nur als Überwindung von sozialen Grenzen durch
Bescheidenheit, Fleiß und Unterwürfigkeit lesen.
Aschenputtel war in der Lage, die sozialen und kulturel-
len Differenzen zum Königshof und vor allem zum Kö-
nigssohn zu überwinden. Oder denken Sie etwa, dass sie
an drei Abenden schweigend mit ihm getanzt hat und er
allein dadurch von ihr so hingerissen war? Mit einer Por-
tion Ungehorsam, Klugheit und kulturwissenschaftli-
chem Wissen lässt sich sogar ein Prinz gewinnen.

In diesem Sinne danke ich Ihnen.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Bernward Müller [Gera] [CDU/CSU] – Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Endlich mal eine Monarchistin im Parlament! – Bernward Müller [Gera] [CDU/CSU]: Und das von den Grünen!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516024300

Das Wort hat die Kollegin Ulrike Flach von der FDP-

Fraktion.


Ulrike Flach (FDP):
Rede ID: ID1516024400

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Herr Schulz, Frau Sowa, dass die FDP die Bedeutung
der Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften sehr
hoch einschätzt, dürfte Ihnen genauso bekannt sein wie
uns.


(Ursula Sowa [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da bin ich erleichtert!)


Trotzdem, so muss ich sagen, haben wir große Probleme
mit dem Antrag, den Sie uns vorgelegt haben.


(Beifall des Abg. Bernward Müller [Gera] [CDU/CSU])


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(C (D err Schulz, wir sind gern bereit – Sie wissen das –, im usschuss Anträge zu unterstützen; wir tun das auch äufiger. Aber der Antrag, den Sie uns vorgelegt haben, piegelt so ungefähr alles wider, was sich nach unserem afürhalten eine rot-grüne Mannschaft so an Gutem in ieser Welt vorstellen kann. Das ist uns entschieden zu enig. (Lachen bei der SPD – Bernward Müller [Gera] [CDU/CSU]: Wohl wahr! Wir wollen Taten sehen!)


Überlegen Sie einmal, was alles darin ist! Es ist die
eschlechterforschung darin. Es ist die Friedens- und
onfliktforschung darin. Es sind die Migrations- und die
ntegrationsforschung darin. Es sind natürlich der gesell-
chaftliche Diskurs, die Humanisierung der Arbeitswelt,
as kontextbezogene Studium und die interkulturelle
ildung darin. Es ist sozusagen ein Stakkato all der Vo-
abeln, die man bei Ihnen natürlich auch sofort vermu-
et. Wir werden im Laufe dieser Debatte einen eigenen
ntrag einbringen. Dann können wir vergleichen, wer in
iesem Lande mehr für die Geisteswissenschaften tut:
ie oder wir.


(Beifall bei der FDP – Ursula Sowa [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein Wettbewerb der Exzellenzen! Wunderbar!)


Nun lassen Sie uns etwas zur Realität zurückkehren.
Erstens. Sie haben gerade gesagt, im Haushalt spie-

ele sich die von Ihnen geforderte Schwerpunktsetzung
ider. Einen Schwerpunkt legen Sie in Ihrem Antrag auf
stdeutschland. Angesichts dessen frage ich mich natür-
ich, warum Sie die geistes- und bildungswissenschaftli-
hen Einrichtungen der Blauen Liste seit Jahren so
erkwürdig behandeln. Im Jahre 2003 begann die Un-
erstützung mit einem Etat in Höhe von 21,4 Millionen,
nzwischen liegt er bei 18,1 Millionen. Das ist die Reali-
ät. Sie steht im Gegensatz zu dem Antrag, in dem so ge-
an wird, als ob Geistes- und Sozialwissenschaften vor
llen Dingen im ostdeutschen Raum besonders gestärkt
ürden.


(Otto Fricke [FDP]: Pfui!)

Zweitens. Ihr Hätschelkind, die Deutsche Stiftung
riedensforschung: Sie haben Mittel in Höhe von der-
eit 1 Million Euro eingestellt, um das Stiftungskapital
u erhöhen. Unabhängig von der Tatsache, ob diese Stif-
ung es wert ist, dem Volk weitere Schulden aufzubür-
en, frage ich mich natürlich, ob Sie sich wirklich ein-
al ernsthaft überlegt haben, ob diese Stiftung auch das
ringt, was wir uns alle erhoffen. Die paar Männeken,
ie dort arbeiten, sollen jetzt erneut mehr Mittel bekom-
en, um sie dann weiterzugeben.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Na, na, ziemlich despektierlich!)


ie ziehen damit eine Zwischenebene ein, während andere
tiftungen in diesem Land, die sich seit vielen Jahren in-
nsiv mit Friedens- und Konfliktforschung befassen, so-
usagen draußen im Regen stehen. Diesen Einsatz von
eld kann die FDP so mit Sicherheit nicht unterstützen.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Das wissen wir!)







(A) )



(B) )


Ulrike Flach

Nun wissen wir natürlich, dass bei so kurzen Debat-

tenpunkten der FDP nur drei Minuten zustehen. So
möchte ich zum Schluss noch auf einen Punkt hinwei-
sen: Nach der Debatte, die wir heute Mittag alle zusam-
men gegen die Kollegen von CDU/CSU geführt haben,
finde ich es sehr grotesk, dass Sie uns heute Abend einen
Antrag vorlegen, in dem Sie so tun, als ob Sie gemein-
sam mit den Ländern etwas stemmen könnten.


(Marion Seib [CDU/CSU]: Richtig! – Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Wir sollten es versuchen!)


Dies ist angesichts der derzeitigen Situation – so könnte
man fast sagen – eine Verdummdeubelung dieses The-
mas. Sie haben so viele Kühe auf dem Eis, die Sie nicht
herunterbekommen, weil die Länder blockieren.


(Gabriele Hiller-Ohm [SPD]: Das ist ja frauenfeindlich! – Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Doch, mit Ihrer Hilfe, Frau Flach!)


Jetzt aber stellen Sie eine neue Kuh dazu. Das wird
nichts werden, Herr Schulz. Warten wir also lieber, bis
unser Antrag kommt. Der wird besser sein.


(Beifall bei der FDP)


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516024500

Das Wort hat der Kollege Heinz Schmitt von der

SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Heinz Schmitt (SPD):
Rede ID: ID1516024600

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Flach,
leider kommt von der FDP nichts Neues außer den übli-
chen Standardvorurteilen, dass Friedensforschung nichts
tauge, 1 Million dafür zu viel sei usw. Sie hätten gestern
Nachmittag mit mir zu einer Veranstaltung gehen sollen,
an der Friedensforscherinnen und Friedensforscher aus
der ganzen Republik teilgenommen haben. Da ging es
nicht um Geld, sondern um Inhalte.


(Otto Fricke [FDP]: Also brauchen Sie das Geld nicht!)


Schade, dass Sie nicht dabei waren, denn dann würden
Sie sich heute nicht so unqualifiziert äußern.


(Beifall bei der SPD)

Das war gestern eine sehr wichtige Erfahrung. Das Geld
ist dort sehr wohl gut angelegt.

Natürlich müssen wir als Politiker auch die richtigen
Schlüsse aus den Forschungsergebnissen ziehen, also für
eine bessere Verzahnung der Erkenntnisse mit unserer
Arbeit sorgen. Das Geld ist dort viel besser investiert als
in Rüstungsprojekten. Darüber sollten wir uns einig sein.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Herr Müller, Sie haben erfreulicherweise das Signal

gegeben, dass wir gemeinsam etwas machen können.
Das haben wir wohlwollend aufgenommen. Lassen Sie

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(C (D ns in den nächsten Wochen daran arbeiten! Vielleicht ekommen wir da etwas hin. Wir machen uns also heute stark für Geistes-, Sozial nd Kulturwissenschaften, also für Wissenschaften, die igentlich nicht so – wir haben es ja schon mehrfach geört – im Rampenlicht der Öffentlichkeit stehen, insbeondere im Vergleich zu den Naturwissenschaften. Wir erfolgen jährlich die Verleihung der Nobelpreise, die nsbesondere für wissenschaftliche Höchstleistungen in en Naturwissenschaften vergeben werden. Mit Naturissenschaften verbinden wir Innovation, technischen ortschritt, neue Märkte, wirtschaftliches Wachstum, rbeitsplätze und vor allen Dingen Gewinne. Es braucht aher umso mehr Überzeugungskraft, um Investitionen n Gesellschaftswissenschaften zu begründen. Wir sind war als Entscheidungsträger tagtäglich mit den Ergebissen – Frau Flach, das ist wichtig – der Geistesund ozialwissenschaften befasst, die Beurteilung dieser orschungen und deren Stellenwert hängen aber oft von er politischen Einstellung ab. Wir erinnern uns doch – Sie haben es gerade bestä igt –, wie schwer sich manche bei der Friedensund onfliktforschung tun. Weil diese einer politischen ewertung unterliegt, ist nicht selten die Neigung zu eobachten, gesellschaftswissenschaftliche Forschung eringer als die so genannten exakten Naturwissenschafen zu schätzen. (Ulrike Flach [FDP]: Das tun wir ja nicht, Herr Schmitt!)


Die Gesellschaftswissenschaften sind dennoch von
erausragender Bedeutung, auch wenn ihre Beurteilung
urchaus unterschiedlich ausfällt. Sie sind Korrektiv,
deengeber und Wegweiser für künftige Entwicklungen
nd versetzen uns in die Lage, den technischen und na-
urwissenschaftlichen Fortschritt mit humanen Gesichts-
unkten, mit sozialen Werten und mit Orientierung zu
erbinden und zu begleiten. Ohne diese Orientierung
äre der technische Fortschritt blind und damit frag-
ürdig. Außerdem werfen Geistes-, Sozial- und Kultur-
issenschaften interdisziplinäre und interkulturelle
ragestellungen auf und bringen fachübergreifende For-
chungsprojekte in Gang.
Gerade den politischen Entscheidungen müssen künf-

ig vermehrt ganzheitliche Betrachtungen zugrunde
iegen. Als ein Beispiel nenne ich die demographische
ntwicklung: Warum kommen in unserem Land mit sei-
em nach wie vor sehr hohen Wohlstand immer weniger
inder zur Welt? Warum entscheiden sich gerade junge
kademikerinnen nicht für Kinder und Familie?


(Ute Kumpf [SPD]: Weil die Männer schwächeln! Das ist ein Problem der Männer, nicht der Frauen! – Ulrike Flach [FDP]: Weil die Männer fehlen!)


Wenn Sie das so schnell beurteilen können, dann be-
undere ich Ihre Weitsicht.


(Heiterkeit)

Zwei weitere Beispiele: Was bedeuten die Verände-

ungen in der modernen Arbeitswelt oder die rasante






(A) )



(B) )


Heinz Schmitt (Landau)


Entwicklung der IuK-Technologien für die Menschen im
Allgemeinen und für die Arbeitnehmerinnen und Arbeit-
nehmer im Speziellen? Gibt es Zusammenhänge zwi-
schen bestimmten Krankheiten und Lebensereignissen
der Menschen? Es gibt Zusammenhänge; diese müssen
aber noch aufbereitet werden.

Ich trete mit Überzeugung für starke Gesellschafts-
wissenschaften ein, weil, wie wir eben schon gehört ha-
ben, gegenwärtig tief greifende Umstrukturierungen in
der Wissenschaftslandschaft und an den Universitäten
stattfinden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Auch die Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften
stehen damit vor neuen Herausforderungen. Es ist uns
deshalb besonders wichtig, diese Disziplinen im Wand-
lungsprozess zu unterstützen und ihnen auch in Zukunft
einen gebührenden Platz in der Wissenschaftslandschaft
zu sichern.

Die Veränderungen in der Wissenschafts- und For-
schungslandschaft dürfen nicht zulasten der Gesell-
schaftswissenschaften insgesamt gehen. Geistes- und
Sozialwissenschaften brauchen auch in Zukunft unsere
besondere Wertschätzung und müssen weiterhin bei po-
litischen Entscheidungen Berücksichtigung finden.

Mit unserem Antrag haben wir Vorschläge gemacht,
wie dies zu erreichen ist. Frau Flach, Sie haben die
Schwerpunkte aufgezeigt. Ich danke Ihnen herzlich, dass
Sie unseren Antrag so schön wiedergegeben und seine
Schwerpunkte betont haben. Ich bitte Sie alle um Zu-
stimmung zu unserem wichtigen und richtungweisenden
Antrag. Es wäre gut – Zeichen dafür gibt es –, wenn wir
bei diesem Thema parteienübergreifend zusammenkom-
men könnten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516024700

Das Wort hat jetzt die Kollegin Marion Seib von der

CDU/CSU-Fraktion.


Marion Seib (CSU):
Rede ID: ID1516024800

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten

Damen und Herren! Die Wissenschaftslandschaft in
Deutschland befindet sich im Umbruch; dies wissen wir
alle. Forschungsprojekte, die hohe Drittmittel und eine
schnelle Verwertung versprechen, haben in solchen Zei-
ten oftmals sehr viel bessere Karten als die langfristigen
Projekte der Geisteswissenschaften. Deshalb stehen die
Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften unter einem
enormen Rechtfertigungsdruck.


(Ute Kumpf [SPD]: Und das im Jahr Schillers!)


Diese Entwicklung kann nicht kommentarlos hingenom-
men werden. Hier sind wir mit Ihnen allen einer Mei-
nung.

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(C (D Die Geisteswissenschaften spielen eine zu wichtige olle, als dass sie an den Rand gedrängt werden dürften. ie geisteswissenschaftlichen Fächer sind in ihrer Breite nd Vielfalt absolut notwendig, um in der Gesellschaft erantwortungsvolle Debatten über ethische Fragen ühren zu können. Der Streit um das therapeutische Kloen hat eindrucksvoll gezeigt, dass Geisteswissenschafen dort Antworten geben können, wo die Naturwissenchaften schweigen müssen. (Ulrike Flach [FDP]: Jetzt hätte ich so gerne geklatscht!)


Die Geisteswissenschaften hinterfragen den techni-
chen Fortschritt, bieten Lösungen abseits ausgetretener
fade an und entwickeln Visionen, von denen auch die
aturwissenschaften profitieren. Die Geisteswissen-
chaften sind aber wie die Naturwissenschaften gefor-
ert, mit den gewaltigen Veränderungen in Wissenschaft
nd Forschung Schritt zu halten. Den gegenwärtigen
rozess der Umgestaltung müssen sie als eine besondere
hance zum Herausstreichen ihres Stellenwertes begrei-
en.
Momentan sind die Geisteswissenschaften durch eine

reite Vielfalt eng definierter wissenschaftlicher Spezial-
isziplinen geprägt. Die Zersplitterung der Fächer hat
abei ein oftmals nicht mehr sinnvolles Maß erreicht.
in wichtiger Beitrag der Geistes-, Sozial- und Kultur-
issenschaftler zur Stärkung ihrer eigenen Disziplinen
uss darin liegen, sich zu vernetzen, interdisziplinär zu
rbeiten und Schwerpunkte zu bilden.
Aufgabe der Politik ist es, darauf zu achten, dass

iese Neuordnung nicht zu einer Schwächung, sondern
u einer Stärkung der Ressourcen führt. Damit diese
ufgabe erfolgreich bewältigt werden kann, müssen
chwerpunkte gesetzt werden. Ein erster Schwerpunkt
egt in der Betonung des Elitebewusstseins auch und ge-
ade in den Geisteswissenschaften. Hier agieren die be-
offenen Wissenschaftler oftmals noch viel zu zaghaft.
Die Naturwissenschaften haben es geschafft, sich in

er Öffentlichkeit als Schrittmacher, als Elite zu positio-
ieren. Gleiches müssen wir bei den Geisteswissen-
chaften erreichen.


(Zuruf von der SPD: Haben wir doch!)

n Bayern sind die ersten Schritte in diese Richtung be-
eits mit der Gründung des Elitenetzwerks getan worden.
ier sind Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften
leichberechtigt mit Natur- und Ingenieurwissenschaften
einen optimalen Förderrahmen eingebunden. Hier
ann interdisziplinär und überuniversitär geforscht wer-
en.
In Ihrem Antrag haben Sie die Bedeutung des For-

chungskollegs für die Profilierung der geisteswissen-
chaftlichen Forschung hervorgehoben. Gerne werden
ir diesen Ball aufnehmen. Denn Geistes-, Sozial- und
ulturwissenschaftler benötigen derzeit zwei Dinge in
anz besonderem Maße: Zeit für die Forschung, das
eißt Entlastung von zeitintensiven Prüfungs- und Lehr-
erpflichtungen, sowie Orte für das grenzüberschrei-
nde, interdisziplinäre Gespräch. Derartige Orte können






(A) )



(B)


Marion Seib

wichtige Impulse für weitere Forschungsprojekte geben.
Institute in den Vereinigten Staaten haben dies erfolg-
reich vorgemacht.

Wir müssen daneben einen öffentlichen Prozess der
Verständigung über die Rolle und die Funktion der
Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften anstoßen.
Das Interesse junger Menschen, ein geisteswissenschaft-
liches Fach zu studieren, ist erfreulich groß. Leider spie-
gelt sich dieses große Interesse nicht auf dem Arbeits-
markt aufseiten der Arbeitgeber wider. Für die Mehrheit
der Geisteswissenschaftler gibt es jenseits der Universi-
täten und Forschungseinrichtungen kaum adäquate Ar-
beitsmöglichkeiten.

Wenn wir die Geistes-, Sozial- und Kulturwissen-
schaften stärken wollen, so kommt es gerade jetzt darauf
an, dass die Politologen, Soziologen und Islamwissen-
schaftler in der Wirtschaft nicht nur als Exoten wahrge-
nommen werden. Geisteswissenschaftler, die den rauen
Wind der Wirtschaft gespürt haben,


(Ute Rumpf [SPD]: Die bringen Managern interkulturelle Kompetenz bei!)


können dazu beitragen, neue Perspektiven in die Wissen-
schaft einzubringen. Sie bringen während dieser Zeit
aber auch neue Impulse und Sichtweisen in die Wirt-
schaft ein.

Die Chancen, dass die Firmen und Wirtschaftsver-
bände diesem Anliegen Gehör schenken, stehen zurzeit
nicht schlecht. Der Mangel an jungen, gut ausgebildeten
Arbeitnehmern wird in den nächsten Jahren zunehmen.
Die deutsche Wirtschaft wird nicht mehr ausreichend
Betriebswirte und Ingenieure in Deutschland finden. Die
Firmen werden gezwungen sein, in Bereichen wie Mar-
keting, Kommunikationsmanagement und Personalfüh-
rung stärker als bisher auf die vermeintlichen Exoten
zurückzugreifen, zumal die Geisteswissenschaftler in
besonderem Maße über Fähigkeiten verfügen, auf die es
in Zukunft ganz besonders ankommt, zum Beispiel die
interkulturelle Kommunikationsfähigkeit.

Wenn wir über die Rolle der Geisteswissenschaften
diskutieren, müssen wir aber aufpassen, dass wir nicht in
die Ideologiefalle hineingehen. Ihr Antrag macht dies
deutlich. Zitat:

Gestärkt werden müssen insbesondere die Frauen-
und Geschlechterforschung, die Friedens- und Kon-
fliktforschung, die Migrations- und Integrationsfor-
schung sowie die Bildungsforschung …


(Ursula Sowa [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben die Ideologieforschung vergessen!)


So wichtig einzelne Aspekte der genannten Gebiete auch
sein mögen, eine einseitige Betonung dieser Bereiche
führt uns bei der Förderung der Geisteswissenschaften
eher in eine Sackgasse als auf eine Autobahn. Hier muss
auch bei Ihnen, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen,
noch ein Umdenkungsprozess einsetzen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, 2007 feiern
wir ein Jahr der Geisteswissenschaften. Bis dahin kön-
nen wir entscheidende Schritte in die Wege leiten, um

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1)

(C (D ie Geistes-, Sozialund Kulturwissenschaften fit zu achen für den globalen Wissenschaftswettbewerb. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Heinz Schmitt [Landau] [SPD])



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516024900

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf
rucksache 15/4539 an die in der Tagesordnung aufge-
ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
erstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
o beschlossen.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 14 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Sportausschusses (5. Ausschuss) zu
dem Antrag der Abgeordneten Klaus Riegert,
Peter Letzgus, Norbert Barthle, weiterer Abge-
ordneter und der Fraktion der CDU/CSU
Internationale sportliche Großveranstaltun-
gen gleichermaßen fördern
– Drucksachen 15/544, 15/4088 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Dagmar Freitag
Klaus Riegert
Winfried Hermann
Detlef Parr

Die Reden zu diesem Tagesordnungspunkt sollen zu
rotokoll genommen werden. Es handelt sich um die Re-
en der Kollegin Dagmar Freitag und des Kollegen Axel
chäfer von der SPD sowie der Kollegen Klaus Riegert
nd Eberhard Gienger von der CDU/CSU, des Kollegen
infried Hermann vom Bündnis 90/Die Grünen und des
ollegen Detlef Parr von der FDP.1)
Wir kommen zur Abstimmung über die Beschlussemp-

ehlung des Sportausschusses auf Drucksache 15/4088 zu
em Antrag der Fraktion der CDU/CSU mit dem Titel
Internationale sportliche Großveranstaltungen gleicher-
aßen fördern“. Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag
uf Drucksache 15/544 abzulehnen. Wer stimmt für
iese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? –
er enthält sich? – Die Beschlussempfehlung ist mit den
timmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen
on CDU/CSU und FDP angenommen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 15 auf:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundes-
regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Umsetzung von Vorschlägen zu Bürokra-
tieabbau und Deregulierung aus den Regionen
und zur Änderung wohnungsrechtlicher Vor-
schriften
– Drucksache 15/4231 –

(Erste Beratung 145. Sitzung)


Anlage 4
)






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Wirtschaft und Arbeit (9. Ausschuss)

– Drucksache 15/4673 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Walter Hoffmann (Darmstadt)


Es liegt ein Änderungsantrag der Fraktionen der SPD
und des Bündnisses 90/Die Grünen vor.

Auch die Reden zu diesem Tagesordnungspunkt sol-
len zu Protokoll genommen werden. Es handelt sich um
die Reden von Hubertus Heil, SPD, Dr. Michael Fuchs,
CDU/CSU, Birgit Homburger, FDP,


(Beifall bei der SPD)

und Rezzo Schlauch für die Bundesregierung.1)

Zu diesem Tagesordnungspunkt sind einige Erklärun-
gen nach § 31 der Geschäftsordnung abgegeben wor-
den.2)

Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun-
desregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Umsetzung
von Vorschlägen zu Bürokratieabbau und Deregulierung
aus den Regionen und zur Änderung wohnungsrechtlicher
Vorschriften auf Drucksache 15/4231. Der Ausschuss für
Wirtschaft und Arbeit empfiehlt in seiner Beschlussemp-
fehlung auf Drucksache 15/4673, den Gesetzentwurf in
der Ausschussfassung anzunehmen. Hierzu liegt ein Än-
derungsantrag der Fraktionen der SPD und des Bündnis-
ses 90/Die Grünen vor, über den wir zuerst abstimmen.
Wer stimmt für den Änderungsantrag auf Druck-
sache 15/4938? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält
sich? – Der Änderungsantrag ist mit den Stimmen der
Koalitionsfraktionen und der CDU/CSU-Fraktion gegen
die Stimmen der FDP-Fraktion angenommen.

Ich bitte nun diejenigen, die dem Gesetzentwurf in
der Ausschussfassung mit der soeben beschlossenen Än-
derung zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Ge-
genstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist
damit in zweiter Beratung mit dem gleichen Stimmen-
verhältnis wie zuvor angenommen.

Interfraktionell ist vereinbart, trotz Annahme eines
Änderungsantrags in der zweiten Beratung unmittelbar
in die dritte Beratung einzutreten. Sind Sie damit einver-
standen? – Das ist der Fall.

Dritte Beratung
und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf
ist in dritter Lesung mit dem gleichen Stimmenverhältnis
angenommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 16 auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Marlene
Mortler, Peter H. Carstensen (Nordstrand), Gerda

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1) Anlage 5
2) Anlage 2 und 3 3)

(C (D Hasselfeldt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU Das deutsche Biosiegel erfolgreich umsetzen – Drucksache 15/4840 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Auch hier sollen die Reden zu Protokoll genommen erden. Es handelt sich um die Reden der Kollegen einhold Hemker und Gustav Herzog von der SPD, der ollegin Marlene Mortler, CDU/CSU, sowie der Kolleen Friedrich Ostendorff, Bündnis 90/Die Grünen, und ans-Michael Goldmann, FDP.3)

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 15/4840 an die in der Tagesordnung aufge-
ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
erstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
o beschlossen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 17 auf:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Regelung bestimmter Altforderungen

(Altforderungsregelungsgesetz – AFRG)

– Drucksache 15/4640 –

(Erste Beratung 151. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzaus-
schusses (7. Ausschuss)

– Drucksache 15/4963 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Stephan Hilsberg
Manfred Kolbe

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
einen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red-

er dem Kollegen Stephan Hilsberg von der SPD-Frak-
ion das Wort.


Stephan Hilsberg (SPD):
Rede ID: ID1516025000

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich

ehe gerade, dass viele von Ihnen fluchtartig den Saal
erlassen. Ich hoffe, das hängt nicht mit mir, sondern
her mit der Materie zusammen.


(Otto Fricke [FDP]: Die Regierung sieht das auch so!)


as kann ich verstehen. Wenn es nach mir gegangen
äre, hätten wir heute Abend nicht zu reden brauchen.
ass wir das jetzt tun, hängt mit der in einer Demokratie
mmer wieder vorkommenden mangelnden Übereinstim-
ung zwischen Opposition und Regierung zusammen,

Anlage 6






(A) )



(B) )


Stephan Hilsberg

was ich aber in diesem spezifischen Fall des Altforde-
rungsregelungsgesetzes nicht verstehe.

Es gibt bestimmte Vorwürfe gegen das Altforderungs-
regelungsgesetz; ich will daher zwei Vorbemerkungen
machen. Ihm wird zum einen vorgeworfen, es befördere
Bürokratie. Das Gegenteil ist der Fall. Durch dieses Ge-
setz wird die durch das Ausufern langwieriger Rechts-
streite entstehende Bürokratie verhindert. Es wird dem
Gesetz zum anderen vorgeworfen, es bringe zu wenig
Geld in die Kassen des Entschädigungsfonds. Das Ge-
genteil ist der Fall. Durch dieses Gesetz werden Rück-
forderungen in zweistelliger Millionenhöhe geradezu
verhindert. Beide Sachverhalte sind vernünftig und sehr
richtig.

Es handelt sich um eine komplizierte Materie. Wir ha-
ben im Ausschuss lange darüber geredet. Nur diejenigen,
die sich intensiv damit beschäftigen, haben den Genuss,
richtig in die Thematik hineinzukommen. Das hängt mit
der Materie an sich zusammen.

Wir befinden uns im Entschädigungsrecht auf einem
Rechtsgebiet, in dem der Deutsche Bundestag bereits
1990/1991, als darüber entschieden wurde, aber auch
Anfang der 50er-Jahre bei Entschädigungen in Vermö-
gensfragen infolge von NS-Unrecht einen Weg beschrit-
ten hat, auf dem er versuchte, so viel Vermögen wie
möglich zurückzugeben, so viel wie möglich zu entschä-
digen, ohne gleichzeitig die Rechte Dritter zu tangieren.
Das führt zu ausgesprochen komplizierten Rechtsfragen
und Rechtsentscheidungen.

Wenn man diesen Weg einmal eingeschlagen hat,
dann muss man ihn zu Ende gehen. Das ist auch hier der
Fall. Dann hat man immer wieder einmal – auch
60 Jahre nach den entsprechenden Fällen, die da zu re-
geln sind – Regelungsbedarf, damit das, was ursprüng-
lich intendiert war, auch tatsächlich umgesetzt werden
kann. Um nichts anderes geht es. Das mag kompliziert
sein. Aber dann redet man eben nachts um 21.30 Uhr
noch einmal darüber; ich bin gerne bereit dazu. Man
lernt ja auch durch dieses Gesetz hinzu. Das ist vielleicht
nicht schlecht. Dann kommt man etwas häufiger in der
Redeliste des Bundestages vor; manche brauchen das.

Worum geht es im Einzelnen? Zwei Punkte sind zu
regeln. Das Gesetz beinhaltet drei Artikel. Art. 1 be-
schäftigt sich mit der Behandlung von alten Krediten,
bei denen der Kreditgeber in den 50er-Jahren seinen Sitz
in der alten Bundesrepublik hatte. Die entsprechenden
Vermögenswerte, um die es da geht, haben in der dama-
ligen sowjetischen Besatzungszone bzw. in der ehemali-
gen DDR gelegen. Darum gab es eine Auseinanderset-
zung vor Gericht. Die hat dazu geführt, dass berechtigte
Entschädigungsforderungen nicht eingeholt werden kön-
nen. Das regeln wir heute. Das hat im Fachgespräch völ-
lige Übereinstimmung gefunden; da gab es keine Pro-
bleme.

Der zweite Fall betrifft das Gebiet der so genannten
fehlgeschlagenen Entschädigungen. Worum geht es
bei fehlgeschlagenen Entschädigungen? Folgender Fall:
Jemand erhält ein altes Grundstück zurück, das er einmal
besessen hat. Gleichzeitig wird er für ein ehemaliges

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(C (D nternehmen entschädigt, das nicht mehr existiert. enn jetzt der Wert des Grundstückes eine deutliche ertsteigerung erfahren hat, dann ist es völlig legitim, ass diese Wertsteigerung mit der Entschädigung verechnet wird. Denn warum soll der Betreffende zum chluss Nutznießer des Entschädigungsprozesses sein? as zahlt dann nämlich der Steuerzahler, das heißt die llgemeinheit. Wenn das eintritt, dann spricht man von ehlgeschlagener Entschädigung. Jetzt gibt es dabei noch einen weiteren Punkt; das acht die spezifische Fallgruppe aus. Die Fachleute haen uns gesagt: Es sind vielleicht 20 Leute, die das insesamt betrifft. Mehr sind das gar nicht. Deshalb reden ir heute darüber; das muss aber sein. (Manfred Kolbe [CDU/CSU]: Deshalb machen wir ein Gesetz!)


Ja, das muss sein. Ich habe es am Anfang gesagt, Herr
olbe: Wenn wir das nicht machen würden, würden im
mkehrschluss Forderungen auf Entschädigungen ent-
tehen, die bereits nach dem gleichen Prinzip getätigt
urden. Da geht es um eine Forderungssumme in zwei-
telliger Millionenhöhe. Das können wir uns nicht leis-
en. Das hat auch etwas mit Gerechtigkeit zu tun.
Es geht also auch noch um die fehlgeschlagenen Ent-

chädigungen für den Fall, dass gleichzeitig Altkredit-
orderungen zu Buche schlagen. Ich will das an dieser
telle beenden.
Wir schaffen Rechtsklarheit und weniger Bürokratie.

(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Manfred Kolbe [CDU/CSU]: Ein Beschäftigungsprogramm für Rechtsanwälte!)


ir verhindern mit diesem Gesetz – ich sage das ganz
lar und deutlich –, dass es zu unendlichen Prozessen
ommt. Wir müssen diesen Weg gehen. Dies ist gerecht.
s wird keiner begünstigt. Vielmehr muss jeder, der eine
ntsprechende Entschädigung bekommt, alte Kredite da-
egen aufrechnen. Das ist nur recht und billig so.
Meine Damen und Herren, ich bitte um Zustimmung.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516025100

Das Wort hat der Kollege Manfred Kolbe von der
DU/CSU-Fraktion.


(Ute Kumpf [SPD]: Bitte auch so schnell, Herr Kollege Kolbe!)



Manfred Kolbe (CDU):
Rede ID: ID1516025200

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch

ach Auffassung meiner Fraktion hätte diese Debatte un-
erbleiben können. Wir wollen dieses Gesetz nicht. Wir
erden dieses Gesetz ablehnen. Herr Kollege Hilsberg,
ir werden sehen, wer zustimmt. Sie werden diesem Ge-
etz zustimmen. Von uns aus hätte das Ganze unterblei-
en können; denn dieses Gesetz ist überflüssig.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)







(A) )



(B) )


Manfred Kolbe

Herr Kollege Hilsberg, es ist nicht in Ordnung, dass Sie
klammheimlich so etwas beschließen wollen. Wenn Sie
schon solch ein Machwerk einbringen, dann müssen Sie
auch in öffentlicher Debatte dazu stehen.


(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Gelbe Karte! – Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die 20 Betroffenen schauen jetzt zu!)


Worum geht es? Es geht um mehr als 100 Jahre alte
Darlehensforderungen, die hypothekarisch gesichert
sind, also um Darlehensforderungen aus der Kaiserzeit.
Nachdem in diesem Zusammenhang zehn Jahre lang
nichts passiert ist, fällt dem Bundesfinanzminister Eichel
jetzt auf einmal ein, dass hier vielleicht noch einige Hun-
derttausend, vielleicht auch ein paar Millionen Euro zu
holen sind. Das ist ein Stück aus dem Tollhaus, ein
Schildbürgerstreich, den wir nicht mitmachen, zumal er
Leute trifft, die im Osten investiert haben und keinesfalls
von Grundstückswertsteigerungen profitieren. Herr
Hilsberg, ich weiß nicht, wo Sie leben. Unsere Wahl-
kreise liegen recht nah beieinander. In meinem Wahl-
kreis gibt es einen Verfall des Immobilienmarktes und in
Ihrem Wahlkreis, in der brandenburgischen Provinz,
sieht es auch nicht besser aus.

Art. 1 dieses Gesetzes soll die Rechtsinhaberschaft
hinsichtlich dieser Forderungen regeln. Es sind Altdarle-
hensforderungen, die aus der Kaiserzeit stammen und
die Kreditinstitute in den westlichen Besatzungszonen
gegenüber Unternehmen aus der sowjetischen Besat-
zungszone hatten. Die Unternehmen im Osten wurden
enteignet. Deshalb gingen die Forderungen ins Leere.
Die Institute haben deswegen im Zuge der Währungsre-
form von 1948 Ausgleichszahlungen erhalten: Der Bund
hat die entsprechenden Ausgleichsforderungen getilgt
und ist deshalb jetzt Berechtigter. So ist es bisher gewe-
sen und es hätte auch so weitergehen können. Keiner
hätte etwas dagegen.


(Stephan Hilsberg [SPD]: Doch! Die Verwaltungsgeschichte!)


Die KfW hat jetzt einen Prozess verloren, bei dem
wegen einer Sonderkonstellation – Unternehmenssitz im
Westsektor Berlins, besichertes Grundstück in Berlin-
Mitte, also im sowjetischen Besatzungssektor – damals
Ausgleichsforderungen fehlerhaft zugewiesen worden
sind, obwohl die Enteignung fehlging. In diesem einen
Sonderfall hat der Bund, der Entschädigungsfonds, nun
verloren. Was machen Sie? Sie legen ein Gesetz vor, um
diesen Sonderfall zu regeln. Ich halte das für ein Muster-
beispiel dafür, wie wir als Gesetzgeber nicht handeln
sollten. Wir sind als Gesetzgeber nicht dafür zuständig,
Einzelfallurteile zu korrigieren. So etwas zu tun, hat im-
mer ein Geschmäckle. Ich halte es ferner für überflüssig.
Wir alle beklagen die Gesetzesflut; aber wenn es einmal
konkret wird, handeln wir nicht entsprechend.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Der von Ihnen eingebrachte Gesetzentwurf greift in

Art. 2 ins Entschädigungsrecht ein, und das mehr als
zehn Jahre, nachdem wir 1994 ein sehr schwieriges Ge-
setzgebungsverfahren in diesem Bereich nach zwei Ver-

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(C (D ittlungsverfahren abgeschlossen hatten. Wer damals abei war, weiß, dass es eines der schwierigsten Gesetzebungsverfahren war. Mit Ihrem Gesetzentwurf möchen Sie jetzt einen Anspruch gegenüber dem Grundtückseigentümer bei so genannten fehlgeschlagenen nrechnungen begründen, den es bisher bei der Unterehmensrestitution nicht gab. Sie wissen, es gibt die Singularrestitution nach § 3 ermögensgesetz. Dort wurde die Grundschuld über den blösebetrag berücksichtigt. Es gibt die Unternehmensestitution nach § 6 Vermögensgesetz. Bei der Unternehensrestitution und ebenso bei der Restitution einzelner etriebsteile nach § 6 Abs. 6 a Vermögensgesetz kam es ie zur Eintragung des Ablösebetrages. Vielmehr wurde ie Grundschuld immer nur im Wege der Anrechnung erücksichtigt. Der Unternehmer bekam einen Entschäigungsbetrag für die Unternehmensteile, die er nicht urückbekam, zugesprochen. Den Wert der Grundtücke, die er zurückbekam, musste er sich auf die Entchädigung anrechnen lassen. Da der Wert der Grundtücke in den Jahren 1991 bis 1993 angerechnet wurde damals war er hoch –, ist der Entschädigungsfonds icht schlecht gefahren. Im Regelfall sind diejenigen chlecht gefahren, die sich diese Werte anrechnen lassen ussten. Zusätzlich wurden ehemalige Belastungen anerechnet. Das Modell ist – so weit, so gut – in Ordnung; nur am es teilweise zu so genannten fehlgeschlagenen Anechnungen, wenn nämlich der Wert der anzurechnenden rundstücke und die Belastungen höher waren als die ntschädigungssumme. Der Gesetzgeber war sich 1994 inig darüber, dass dann der zu zahlende Betrag bei null leibt: Derjenige, der die Unternehmensteile zurückbeam, der dort investierte – wir alle wollten, dass 1992, 993 und 1994 investiert wurde –, musste nichts zahlen, ondern erhielt einen so genannten Nullbescheid. Darauf ertraute er. Zehn Jahre lang ist nichts passiert. Auch Ihen ist 1998 nicht eingefallen, hier etwas zu ändern. Wir haben diese Gesetze 1994 gemeinsam beschlos en. Jetzt wollen Sie bei den fehlgeschlagenen nrechnungen überall dort, wo Sie wegen so genannter ehlgeschlagener Anrechnungen noch Luft sehen, neue nsprüche gegen die Grundstückseigentümer begrünen. Das halte ich für verfehlt; denn damit treffen wir enau die falsche Gruppe: diejenigen – es gibt in Ost nd West Betroffene –, die ihre Grundstücke 1994 nicht erkauft haben, sondern teilweise unter schwierigsten edingungen investiert haben. Ich sage Ihnen: Wenn wir ro Bundesland nur einen treffen (Dr. Volker Wissing [FDP]: Dann ist das einer zu viel!)


Sie sagen ja, es handele sich insgesamt um nur 20 bis
5 Fälle –, wenn pro Fall nur zehn Arbeitsplätze verlo-
en gehen, dann war das Ganze ein Schuss in den Ofen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Meine Damen und Herren von den Koalitionsfraktio-

en, Sie müssen nicht alles mitmachen, was Ihnen das
undesfinanzministerium vorlegt.






(A) )



(B) )


Manfred Kolbe


(Otto Fricke [FDP]: Sehr gut! Es ist ja noch nicht einmal ein Vertreter des Ministeriums anwesend!)


Sie sind als Parlamentarier frei. Denken Sie bitte darüber
nach, ob dieser Gesetzentwurf sinnvoll oder investoren-
und mittelstandsfeindlich ist. Wenn pro Land nur ein
Unternehmen betroffen ist, war das Gesetz ein Fehl-
schlag. Das Ganze wird Prozesse, Widersprüche und
rechtliche Gutachten nach sich ziehen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Richtig!)

Die Umsetzung dieses Gesetzentwurfs wäre bestenfalls
in einem Sinne wirtschaftsfördernd: als Wirtschaftsför-
derungsprogramm für Juristen.


(Ute Kumpf [SPD]: Sie machen jetzt also eine Seminareinheit für Nichtjuristen!)


Das ist aber nicht das, was wir im Osten am Notwen-
digsten brauchen.


(Ute Kumpf [SPD]: Das war sehr lehrreich!)

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und appel-
liere an die Vernunft der Mitglieder dieses Hauses.

Danke.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516025300

Die Rede der Kollegin Jutta Krüger-Jacob,

Bündnis 90/Die Grünen, wird zu Protokoll genommen.1)
Damit kommen wir zur Rede des Kollegen Dr. Volker

Wissing von der FDP-Fraktion.

Dr. Volker Wissing (FDP):
Rede ID: ID1516025400

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im

Finanzministerium muss wirklich Endzeitstimmung
herrschen:


(Ute Kumpf [SPD]: Was haben Sie eigentlich für einen beruflichen Hintergrund, Herr Wissing?)


Die Telekom-Aktien sind verkauft, die Post-Aktien sind
weg und sogar die Sparschweine auf Hans Eichels Tisch
sind geschlachtet. Sie treibt offenbar nur noch eine Frage
um: Wie kommt man an den letzten Cent? Schließlich ist
jemand fündig geworden. Es wurden ein paar offene
Forderungen gefunden, die zum Teil schon über
100 Jahre alt sind. Aber was interessiert das eine Bun-
desregierung, die auf jeden Cent angewiesen ist?


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, halten Sie es wirklich für

angemessen, diese alten Forderungen aus dem Schreib-
tisch zu kramen und uns ernsthaft zuzumuten, einen spe-
ziellen Gesetzentwurf zu verabschieden, um sie geltend
machen zu können? Sie von Rot-Grün haben es mit dem
Bürokratieabbau nie wirklich ernst genommen. Was Sie
aber jetzt vorhaben, ist bis ins kleinste Detail ein Parade-

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1) Anlage 7

(C (D eispiel für Ihre Liebe zur deutschen Bürokratie. Was iesen Gesetzentwurf betrifft, steht sein Vollzugsaufand in keinem Verhältnis zu den Einnahmen, die wir araus erzielen würden. Im Fachgespräch, das wir in der ergangenen Woche geführt haben, wurde das eindeutig estätigt. (Zuruf von der SPD: Die Vorschläge haben Sie doch gemacht, Herr Wissing!)


Ich möchte nicht veranschlagen, was allein die For-
ulierung des Gesetzentwurfes, die Durchführung der
nhörung und die Arbeitszeit der damit beschäftigten
itarbeiterinnen und Mitarbeiter gekostet haben.


(Zuruf von der SPD: Jetzt werden Krokodilstränen vergossen! Das glauben wir ja gar nicht!)


er Präsident des Sächsischen Landesamtes zur Rege-
ung offener Vermögensfragen hat Ihnen klar beschei-
igt: Unter dem Strich kostet dieses Gesetz mehr, als es
inbringt.


(Zuruf von der CDU/CSU: Und es schafft keine Arbeitsplätze!)


Ich sage Ihnen voraus: Mit diesem Gesetz schaffen
ie in Ostdeutschland ohne Not Unfrieden und Unsi-
herheit. Sie werden damit nichts Positives erreichen.
llerdings gehen Sie bewusst das Risiko ein, mittelstän-
ische Unternehmen in einer schwierigen Zeit hart zu
reffen und dadurch Arbeitsplätze zu gefährden. Dieses
isiko können Sie nicht mit dem lapidaren Hinweis bei-
eite schieben, dass das Ministerium, wie uns in der An-
örung gesagt wurde, in Härtefällen ein Stundungsange-
ot machen wird. Darauf lässt sich die FDP nicht ein.
ir machen dieses Spiel nicht mit, bei dem ostdeutsche
ittelständler mit uralten Forderungen überzogen wer-
en und am Ende auf die Großzügigkeit der rot-grünen
undesregierung angewiesen sind.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Der Mittelstand hat es mit Ihnen, meine Damen und
erren von Rot-Grün, schwer genug. Hören Sie endlich
uf, den Menschen, die in unserem Land anpacken wol-
en, immer neue Steine in den Weg zu legen. Sie haben
as Ziel einer erfolgreichen Wirtschaftspolitik längst
erfehlt. Was Sie uns vorlegen, sind kleinkarierte Ge-
etzentwürfe. Das ist Bürokratieaufbau in Reinkultur.
Sie müssen die finanziellen Probleme, die Sie gegen-
ärtig haben, lösen. Bringen Sie endlich Ihren Schul-
enhaushalt in Ordnung. Ein entschlossener Sparwille
nd eine solide Haushaltspolitik würden zur Lösung der
ot-grünen Finanzmisere beitragen. Wenn Sie in Zukunft
ine solide Finanzsituation erreichen wollen, müssen Sie
hre Schuldenpolitik beenden. Mit der Geltendmachung
istorischer Forderungen kommen Sie nicht weiter. Ver-
chonen Sie uns in Zukunft bitte mit solchen Gesetzent-
ürfen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Zuruf von der SPD: Die FDP ist doch die Partei, die dieses Land am längsten regiert hat und den größten Schuldenberg hinterlassen hat!)







(A) )



(B) )


Manfred Kolbe


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516025500

Das Wort hat der Kollege Dr. Hans-Ulrich Krüger von

der SPD-Fraktion.


Dr. Hans-Ulrich Krüger (SPD):
Rede ID: ID1516025600

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Hier ist eben mehrfach die Frage gestellt wor-
den, ob der Bundesgesetzgeber für jeden Einzelfall ein
Gesetz zur Verabschiedung bringen müsse, ob ein Ge-
setz also notwendig ist. Für einen Einzelfall sicherlich
nicht, Herr Kollege Kolbe. Aber wenn sich beim Vollzug
bestehender gesetzlicher Regelungen herausstellt, dass
etwas nicht funktioniert, dass für bestimmte Fallgruppen
Ungerechtigkeiten entstehen, dann besteht nicht nur die
Möglichkeit, dann ist es die Pflicht des Gesetzgebers,
entsprechend tätig zu werden.


(Beifall bei der SPD – Otto Fricke [FDP]: Dann macht das mal bei Hartz IV!)


Genau das ist beim vorliegenden Gesetzentwurf der Fall.
Worum geht es? Der Entwurf, der Ihnen vorliegt, soll

– bei einer in der Tat komplexen Materie – die Geltend-
machung von Altforderungen aus der Zeit vor 1945 im
Interesse der Rechtssicherheit einfach, klar und gerecht
regeln. Es geht um vor der Enteignung von Grundstü-
cken im Beitrittsgebiet gesicherte Forderungen von
Kreditinstituten. Die Kreditinstitute wurden wie auch
die landwirtschaftlichen Betriebe, zu denen die Grund-
stücke gehörten, enteignet. Heute, nach Rückgabe der
Grundstücke, ist unklar, wem die alten, seinerzeit be-
gründeten Forderungen zustehen. Durch diesen Gesetz-
entwurf wird für bestimmte Fälle klargestellt, dass auch
Forderungen von Kreditinstituten, die in der sowjeti-
schen Besatzungszone als enteignet galten, tatsächlich
aber nicht enteignet werden konnten, heute dem Ent-
schädigungsfonds zustehen. Der Entschädigungsfonds
leistet die Entschädigung für Vermögenswerte, die zwi-
schen der Zeit des Nationalsozialismus und der Wende
im Beitrittsgebiet entzogen wurden und nicht zurückge-
geben werden können.

Diese Aktivlegitimation des Entschädigungsfonds
ist im Übrigen auch dadurch gerechtfertigt, dass die Kre-
ditinstitute in der Bundesrepublik bereits früher durch
Gewährung von Ausgleichszahlungen für ihre Forderun-
gen entschädigt worden sind.


(Otto Fricke [FDP]: Aber das war doch immer Schadensersatz!)


Diese Institute hatten sich seinerzeit im Zusammenhang
damit verpflichtet, ihre diesbezüglichen Forderungen an
den Fiskus abzutreten.

Träfen wir diese Regelung nicht, müsste in einer un-
bestimmten Zahl von Fällen aufwendig recherchiert wer-
den, ob die besondere Fallkonstellation, wie sie auch der
höchstrichterlichen Rechtsprechung vorgelegt worden
ist – nämlich Belegenheit der Forderung im Westen –,
vorliegt. Bereits geleistete Zahlungen müssten rückabge-
wickelt, die Forderungen von den Kreditinstituten erneut
geltend gemacht und entsprechende Eingänge dann wie-
der an die öffentliche Hand abgeführt werden. Dies

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(C (D ürde einen erheblichen Rechercheaufwand und einen nnötigen Verwaltungsaufwand, unnötige Bürokratie beeuten. Dem betroffenen Schuldner, der die Verbindlicheiten einmal eingegangen ist und sie nach wie vor erfüln muss, letztendlich egal, wer nun sein Gläubiger ist. Die Regelung, wie wir sie jetzt vorschlagen, ist sach erecht und systematisch notwendig. Das gilt auch für rt. 2 des Gesetzentwurfs. Auch hier wird für eine betimmte Fallgruppe klargestellt, dass ursprüngliche Bestungen, also die heute bestehenden Forderungen, noch u erfüllen sind. Es geht um die sachgerechte Entschädiung entzogener landwirtschaftlicher Betriebe, die heute ls solche nicht mehr bestehen und daher nicht mehr zuückgegeben werden können, bei denen aber oft die rundstücke zurückgegeben werden können. Dabei weren die alten Verbindlichkeiten grundsätzlich nicht wie den übrigen Fällen der Einzelrestitution schon bei der ückgabe der Grundstücke berücksichtigt, sondern erst ei der Entschädigung. Die vorgeschlagene Regelung entspricht daher der eit jeher im Entschädigungsgesetz niedergelegten Koneption. Dort ist eine Anrechnung der Verbindlichkeien auf die Entschädigung vorgesehen. Diese Anrechung schlägt aber wegen des übersteigenden Wertes der urückgegebenen Grundstücke in vielen Fällen fehl. Die erechtigten erhielten also einerseits – das wird von Ihen infrage gestellt, aber es ist so – wertvolle Grundstüke zurück und andererseits zusätzlich eine Schuldenbereiung. Diese Personen wären also im Vergleich zu enjenigen, die nur eine Entschädigung erhielten, bevorilt. Daher haben wir die Pflicht wahrgenommen und mit er Regelung für eine ausgewogene und gerechte Beandlung all dieser Fälle „hoher Grundstückswert – iedrige Entschädigung“ gesorgt. Wir haben die erforerliche Klarstellung vorgenommen und auch dafür georgt, dass bei der Abwicklung der einzelnen Fälle – es eht durchschnittlich lediglich um 6 000 Euro – niemand efürchten muss, dass der von Ihnen so häufig beschrieene Mittelstand substanziell gefährdet wird. Die Länder sind der Meinung, dass dieses Verfahren utreffend und in Ordnung ist. Dies haben auch die achverständigen im Fachgespräch so gesehen. Ich bitte ie daher: Schließen Sie sich diesem fachgerechten Vom der Länder und der Sachverständigen an. Schönen Dank. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516025700

Als letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt hat

er Kollege Dr. Peter Jahr von der CDU/CSU-Fraktion
as Wort.


Dr. Peter Jahr (CDU):
Rede ID: ID1516025800

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Mein Wortbeitrag zum so genannten Altforde-
ungsregelungsgesetz wird sich mit den Wirkungen auf






(A) )



(B) )


Manfred Kolbe

restituierte landwirtschaftliche Unternehmen in den
neuen Bundesländern beschäftigen.

Dass auch landwirtschaftliche Betriebe von diesem
Gesetz betroffen sind, ist nicht weiter verwunderlich.
Hier geht es ja im Wesentlichen auch um landwirtschaft-
liche Schuldverschreibungen. Grund und Boden waren
bereits in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine
bankübliche Sicherheit. Im Übrigen bin ich immer wie-
der erstaunt darüber, wie exakt und detailliert verfügbar
diese alten Schuldverschreibungen heute noch in Papier-
form vorhanden sind. Eine nicht ganz ernst gemeinte
Schlussfolgerung könnte deshalb sein: Gib alle Akten
deiner Bank, da geht nichts verloren, vor allen Dingen
nicht, wenn es sich um das Geld der Bank handelt.

Wenn man etwas genauer hinschaut, wollen Sie mit
dem vorliegenden Gesetzentwurf zwei Probleme lösen.
Zum einen wird noch einmal eindeutig geklärt, wer nun
eigentlich Eigentümer dieser alten Schuldverschreibun-
gen ist. Eigentlich ist es ganz logisch: Die Banken er-
hielten in den langen Jahren des Bestehens der Bundes-
republik für die enteigneten Kredite von der
Bundesrepublik Deutschland eine Entschädigung. Damit
gehören die Altforderungen jetzt dem Bund. Gerade weil
es noch Banken geben soll, die das nicht einsehen wol-
len, ist eine Klarstellung richtig und notwendig. In wel-
cher Form dies geschieht und ob hier eine Verwaltungs-
vorschrift ausreicht, ist strittig. Wir sind der Meinung,
die bestehende gesetzliche Lage hätte ausgereicht. Diese
Frage hätte man im Ausschuss diskutieren müssen, sie
allein begründet keinen eigenen Gesetzentwurf.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Der zweite Punkt, um den es geht, ist natürlich auch

logisch und schließt sich an. Was wird nun mit diesen
Schuldverschreibungen? Der Bund ist wild entschlossen,
dieses Geld einzutreiben. Daraus ergeben sich weitere
Fragen: Lohnt der gesetzgeberische Aufwand und was
ist mit dem Vertrauensschutz für die Betroffenen?

Zur ersten Frage. Hier gibt es unterschiedliche Zah-
len. Die KfW erwartet Einnahmen in Höhe von etwa
6 Millionen Euro, während andere bereits von
12 Millionen Euro gesprochen haben. Die KfW geht von
1 000 Einzelfällen aus, während Sie von wenigen Ein-
zelfällen gesprochen haben.


(Stephan Hilsberg [SPD]: Waren Sie in der Anhörung dabei?)


Auch wenn es nur wenige Betroffene sind, wollen Sie
ein neues Gesetz erlassen. Ich erwarte natürlich, dass
Schuldverschreibungen aus der Kaiserzeit dreimal um-
gerubelt und noch einmal verändert wurden. Hier dürf-
ten keine großen Einzelzahlen zu erwarten sein.


(Stephan Hilsberg [SPD]: Sind ja auch nicht!)

– Sehen Sie. – Wenn das Gesetz erlassen wird, muss da-
für ein flächendeckendes Verwaltungsverfahren mit Wi-
derspruchsrecht in Gang gesetzt werden. Es drohen
mehrjährige Prozesse. Das zu erwartende finanzielle Er-
gebnis rechtfertigt damit in keiner Weise den notwendi-
gen Aufwand.

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(C (D as einzige, was entsteht, sind gut bezahlte Arbeitslätze in warmen Amtsstuben. Das kann aber nicht unser iel sein. Ich weiß auch nicht, ob das dann bereits artz V ist. (Ute Kumpf [SPD]: Soll das witzig gewesen sein?)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Zur zweiten Frage, dem Vertrauensschutz. Für die
etroffenen wird die Zahlungsaufforderung, für einen
redit zum Beispiel aus dem Jahre 1901 zu zahlen, wie
in schlechter Witz klingen. Gerade für landwirtschaftli-
he Betriebe gilt: Nach der Wende wurde die Hofstelle
n einem erbärmlichen Zustand übernommen. Der ehe-
alige Vierseitenhof war nur noch in Ansätzen erkenn-
ar. Gerade deshalb lag in den meisten Fällen eine so
enannte fehlgeschlagene Anrechnung vor. Meine Vor-
edner sind darauf schon eingegangen.
Weil der restituierte Verkehrswert einschließlich der
ypothek die Entschädigungssumme überstieg, hat der
esetzgeber im Jahre 1994 mit dem Hinweis auf die an-
tehenden Investitionen für Unternehmen auf eine Nach-
ahlung verzichtet. Ich denke, das war richtig so. Was
amals Recht war, ist heute billig. Ich denke, es wäre
infach unanständig, die neu gegründeten Unternehmen
eute, nach über zehn Jahren, mit finanziellen Forderun-
en zu belasten, obwohl man früher zumindest den Ein-
ruck erweckt hat, alle Verbindlichkeiten seien begli-
hen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wie schlecht muss es dieser Regierung eigentlich ge-

en, dass sie heute noch Hypotheken von vor dem Ersten
eltkrieg eintreiben muss? Aus dieser Sicht ist es nicht
anz unwahrscheinlich, wenn das Eichel-Ministerium
och weiter recherchiert und vielleicht noch Schuldver-
chreibungen aus dem Dreißigjährigen Krieg überprüft.


(Otto Fricke [FDP]: Was meinen Sie, wo die gerade sind?)


Wahrscheinlich sind sie dabei, nachzugucken; denn es
ind sicherlich noch Schuldverschreibungen aus dem
reißigjährigen Krieg vorhanden. Das wäre noch eine
inanzierungsquelle.
Zusammenfassend stelle ich fest: Die CDU/CSU-

raktion wird dieses Gesetz aus drei Gründen ablehnen:
rstens: im Sinne der Klarstellung. Dass die Altverbind-
ichkeiten dem Bund gehören, ist als Klarstellung regel-
ar und somit ist kein Gesetz notwendig. Zweitens: im
inne des Verwaltungsaufwandes. Wegen einer mögli-
herweise einzunehmenden Summe von vielleicht 6 Mil-
ionen Euro und wegen des unangemessenen Verwal-
ungsaufwandes ist dieses Gesetz volkswirtschaftlicher
nsinn.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

rittens: im Sinne des Vertrauensschutzes.
Ich danke Ihnen, dass Sie zugehört haben.


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Manfred Kolbe

Ich sage Ihnen: Uns regt so ein Gesetzentwurf noch auf.
Im Gegensatz zu Ihnen sind wir noch erregbar, was nicht
nur Freude bereitet. Das spricht auch für uns Menschen
in den neuen Bundesländern.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516025900

Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den von der

Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Altfor-
derungsregelungsgesetzes, Drucksache 15/4640. Der
Finanzausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh-
lung auf Drucksache 15/4963, den Gesetzentwurf in der
Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die
dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen
wollen, um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Ent-
haltungen? – Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung
mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die
Stimmen der Oppositionsfraktionen angenommen.

Dritte Beratung
und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die zu-
stimmen wollen, sich zu erheben. – Gegenstimmen? –
Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist mit dem gleichen
Stimmenverhältnis angenommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 18 auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Michael Meister, Heinz Seiffert, Leo
Dautzenberg, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der CDU/CSU
Abziehbarkeit von Aufwendungen zur Alters-
vorsorge
– Drucksache 15/4843 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Haushaltsausschuss

Hier sollen alle Reden zu Protokoll genommen wer-
den. Es handelt sich um die Reden der Kollegen Horst
Schild von der SPD, Klaus-Peter Flosbach von der
CDU/CSU, Christine Scheel1) vom Bündnis 90/Die Grü-
nen und Carl-Ludwig Thiele von der FDP. 2)

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 15/4843 an die in der Tagesordnung auf-
geführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit
einverstanden? – Dann ist die Überweisung so beschlos-
sen.

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1) Redebeitrag wird zu einem späteren Zeitpunkt abgedruckt
2) Anlage 8

3)
4)

(C (D Ich rufe den Tagesordnungspunkt 19 auf: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Pflanzenschutzgesetzes – Drucksache 15/4737 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Auch hier sollen die Reden zu Protokoll genommen erden. Es handelt sich um die Reden der Kollegen ustav Herzog, SPD, Dr. Peter Jahr, CDU/CSU, riedrich Ostendorff, Bündnis 90/Die Grünen, r. Christel Happach-Kasan, FDP, und des Parlamentaischen Staatssekretärs Dr. Gerald Thalheim.3)

Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent-
urfs auf Drucksache 15/4737 an die in der Tagesord-
ung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es
nderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann
st die Überweisung so beschlossen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 20 auf:

Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Dreizehnten Geset-
zes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes
– Drucksache 15/4736 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft (f)

Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung

Auch hier werden die Reden zu Protokoll genommen.
s handelt sich um die Reden der Kollegen Dr. Wilhelm
riesmeier, SPD, Julia Klöckner und Peter Bleser, CDU/
SU, Friedrich Ostendorff, Bündnis 90/Die Grünen,
ans-Michael Goldmann, FDP, und wiederum des Parla-
entarischen Staatssekretärs Dr. Gerald Thalheim.4)
Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent-
urfs auf Drucksache 15/4736 an die in der Tagesord-
ung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es
nderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann
st die Überweisung so beschlossen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 21 auf:

Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD
und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN einge-
brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Organisa-
tionsstruktur der Telematik im Gesundheits-
wesen
– Drucksache 15/4924 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung

Anlage 9
Anlage 10






(A) (C)



(B) (D)


Manfred Kolbe
Auch diese Reden sollen zu Protokoll genommen

werden. Es handelt sich um die Reden der Kollegen Eike
Hovermann und Dr. Carola Reimann von der SPD,
Matthias Sehling, CDU/CSU, Birgitt Bender vom Bünd-
nis 90/Die Grünen und Detlef Parr von der FDP-Frak-
tion.1)

Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent-
wurfs auf Drucksache 15/4924 an die in der Tagesord-

nung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie
damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die
Überweisung so beschlossen.

Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-
ordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen
Bundestages auf morgen, Freitag, den 25. Februar 2005,
9 Uhr, ein.

Die Sitzung ist geschlossen.