Protokoll:
15152

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 15

  • date_rangeSitzungsnummer: 152

  • date_rangeDatum: 21. Januar 2005

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: None Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 13:19 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 15/152 Hartmut Koschyk (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 14287 A DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Andreas Scheuer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 14263 B Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Christel Humme (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Karl-Josef Laumann (CDU/CSU) . . . . . . . . . Irmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Petra Pau (fraktionslos) . . . . . . . . . . . . . . . . . Renate Gradistanac (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Norbert Röttgen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Rezzo Schlauch (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Günter Gloser (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast (SPD) . . . . . . Thomas Strobl (Heilbronn) (CDU/CSU) . Tagesordnungspunkt 22: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung des Urteils des Bundesverfas- sungsgerichts vom 3. März 2004 (akus- tische Wohnraumüberwachung) (Drucksache 15/4533) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Brigitte Zypries, Bundesministerin BMJ . . . . Daniela Raab (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 14262 B 14263 D 14266 A 14267 D 14269 D 14271 A 14271 C 14272 C 14274 A 14287 D 14289 D 14289 D 14291 C 14291 D 14292 D Deutscher B Stenografisch 152. Sitz Berlin, Freitag, den 2 I n h a l Tagesordnungspunkt 16: Erste Beratung des von den Abgeordneten Olaf Scholz, Hermann Bachmaier, Sabine Bätzing, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Irmingard Schewe-Gerigk, Volker Beck (Köln), Jutta Dümpe-Krüger, weiteren Abge- ordneten und der Fraktion des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Umsetzung euro- päischer Antidiskriminierungsrichtlinien (Drucksache 15/4538) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Olaf Scholz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ina Lenke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Maria Eichhorn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ T A H b t k ( T U T D E J 14257 A 14257 B 14259 C 14260 A Sebastian Edathy (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Otto Fricke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14276 C 14277 D undestag er Bericht ung 1. Januar 2005 t : agesordnungspunkt 17: ntrag der Abgeordneten Wolfgang Bosbach, artmut Koschyk, Thomas Strobl (Heil- ronn), weiterer Abgeordneter und der Frak- ion der CDU/CSU: Probleme mit der Tür- ei nicht ausblenden Drucksache 15/4496) . . . . . . . . . . . . . . . . . . homas Strobl (Heilbronn) (CDU/CSU) . . . . te Vogt (Pforzheim) (SPD) . . . . . . . . . . . . . homas Strobl (Heilbronn) (CDU/CSU) . . . . r. Lale Akgün (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . rnst Burgbacher (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . osef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14279 A 14279 A 14281 B 14282 A 14282 C 14284 C 14285 D Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Petra Pau (fraktionslos) . . . . . . . . . . . . . . . . . 14294 D 14295 D II Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 152. Sitzung. Berlin, Freitag, den 21. Januar 2005 Joachim Stünker (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Rainer Funke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 19: Antrag der Abgeordneten Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land), Katherina Reiche, Thomas neter und der Fraktion der FDP: Transparenz und Wettbewerb im öffentlichen Schienen- personennahverkehr (Drucksache 15/2752) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14296 B 14297 B 14308 D 14309 C Rachel, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion der CDU/CSU: Energieforschung zu- kunftsfähig gestalten (Drucksache 15/4507) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Axel Berg (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hellmut Königshaus (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) (CDU/CSU) . Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dieter Grasedieck (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 21: a) Erste Beratung des von den Abgeordneten Karl-Josef Laumann, Dagmar Wöhrl, Veronika Bellmann, weiteren Abgeordne- ten und der Fraktion der CDU/CSU einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verlängerung der Übergangsfrist bei der Weiterbildungsförderung im Falle gesetzlich festgelegter Ausbildungs- dauer (Drucksache 15/4385) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erste Beratung des von den Abgeordneten Dirk Niebel, Daniel Bahr (Münster), Rainer Brüderle, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherung der Weiterbildungsförderung bei ge- setzlich festgelegter Ausbildungsdauer (Drucksache 15/4147) . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 23: Antrag der Abgeordneten Horst Friedrich (Bayreuth), Hans-Michael Goldmann, Joachim Günther (Plauen), weiterer Abgeord- A L A Z – – ( H A M G A Z d ö g K E A H A A A 14298 A 14298 A 14300 C 14302 D 14304 A 14305 C 14306 A 14307 A 14308 C 14308 C nlage 1 iste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . nlage 2 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur Verlängerung der Übergangsfrist bei der Weiterbil- dungsförderung im Falle gesetzlich festge- legter Ausbildungsdauer Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung der Weiterbildungsförderung bei gesetzlich festgelegter Ausbildungsdauer Tagesordnungspunkt 21 a und b) ans-Werner Bertl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . lexander Dobrindt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . arkus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . udrun Kopp (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 3 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Antrags: Transparenz und Wettbewerb im ffentlichen Schienenpersonennahverkehr (Ta- esordnungspunkt 23) arin Rehbock-Zureich (SPD) . . . . . . . . . . . . nak Ferlemann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . lbert Schmidt (Ingolstadt) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . orst Friedrich (Bayreuth) (FDP) . . . . . . . . ngelika Mertens, Parl. Staatssekretärin BMVBW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 4 mtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14311 A 14312 A 14313 A 14314 A 14314 D 14315 B 14316 B 14317 B 14317 D 14318 C 14319 B Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 152. Sitzung. Berlin, Freitag, den 21. Januar 2005 14257 (A) ) (B) ) 152. Sitz Berlin, Freitag, den 2 Beginn: 9.0
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    1) Anlage 3 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 152. Sitzung. Berlin, Freitag, den 21. Januar 2005 14311 (A) ) (B) ) Wohlleben, Verena SPD 21.01.2005 Meckelburg, Wolfgang CDU/CSU 21.01.2005 für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver-sammlung des Europarates * Lohmann, Götz-Peter SPD 21.01.2005 Anlage 1 Liste der entschuldigt Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Dr. Addicks, Karl FDP 21.01.2005 Dr. Bietmann, Rolf CDU/CSU 21.01.2005 Dr. Bötsch, Wolfgang CDU/CSU 21.01.2005 Bury, Hans Martin SPD 21.01.2005 Carstens (Emstek), Manfred CDU/CSU 21.01.2005 Caspers-Merk, Marion SPD 21.01.2005 Connemann, Gitta CDU/CSU 21.01.2005 Daub, Helga FDP 21.01.2005 Dött, Marie-Luise CDU/CSU 21.01.2005 Erler, Gernot SPD 21.01.2005 Eymer (Lübeck), Anke CDU/CSU 21.01.2005 Fahrenschon, Georg CDU/CSU 21.01.2005 Geis, Norbert CDU/CSU 21.01.2005 Göllner, Uwe SPD 21.01.2005 Göring-Eckardt, Katrin BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 21.01.2005 Heinrich, Ulrich FDP 21.01.2005 Homburger, Birgit FDP 21.01.2005 Janssen, Jann-Peter SPD 21.01.2005 Jonas, Klaus Werner SPD 21.01.2005* Kauch, Michael FDP 21.01.2005 Kortmann, Karin SPD 21.01.2005 Laurischk, Sibylle FDP 21.01.2005 Lips, Patricia CDU/CSU 21.01.2005 Löning, Markus FDP 21.01.2005 M M O P P P R R R S S S S S S D D T W W D A (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht en Abgeordneten ogg, Ursula SPD 21.01.2005 ulthaupt, Gesine SPD 21.01.2005 stendorff, Friedrich BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 21.01.2005 feiffer, Sibylle CDU/CSU 21.01.2005 ieper, Cornelia FDP 21.01.2005 robst, Simone BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 21.01.2005 epnik, Hans-Peter CDU/CSU 21.01.2005 iemann-Hanewinckel, Christel SPD 21.01.2005 onsöhr, Heinrich- Wilhelm CDU/CSU 21.01.2005 ager, Krista BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 21.01.2005 chäfer (Bochum), Axel SPD 21.01.2005 chauerte, Hartmut CDU/CSU 21.01.2005 chultz (Everswinkel), Reinhard SPD 21.01.2005 elg, Petra BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 21.01.2005 inghammer, Johannes CDU/CSU 21.01.2005 r. Stinner, Rainer FDP 21.01.2005 r. Thomae, Dieter FDP 21.01.2005 ürk, Jürgen FDP 21.01.2005 eis (Stendal), Reinhard SPD 21.01.2005 icklein, Andrea SPD 21.01.2005 r. Winterstein, Claudia FDP 21.01.2005 bgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich 14312 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 152. Sitzung. Berlin, Freitag, den 21. Januar 2005 (A) ) (B) ) Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung – Entwurf eines Gesetzes zur Verlängerung der Übergangsfrist bei der Weiterbildungs- förderung im Falle gesetzlich festgelegter Ausbildungsdauer – Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherung der Weiterbildungsförderung bei gesetzlich fest- gelegter Ausbildungsdauer (Tagesordnungspunkte 21 a und b) Hans-Werner Bertl (SPD): Die höhere Lebens- erwartung wird in Zukunft zu einer höheren Nachfrage an Pflegekräften sowohl in der Alten- als auch in der Krankenpflege fuhren. Dadurch liegt es gleichermaßen im arbeitsmarkt-, gesundheits- und pflegepolitischen In- teresse, dass ausreichende Ausbildungsstrukturen erhal- ten bleiben und bestehende sowie künftige Beschäfti- gungspotenziale auch für arbeitslose Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer genutzt werden können. Es ist uns deshalb ein wichtiges Anliegen, dass von der Bundes- agentur für Arbeit geförderte Umschulungen in Gesund- heits- und Pflegeberufe weiterhin möglich bleiben. Die vorliegenden Anträge von CDU/CSU und FDP geben aus meiner Sicht zunächst Gelegenheit zur Fest- stellung, dass in dieser Grundeinschätzung fraktions- übergreifend Einvernehmen besteht. Das begrüße ich sehr. Unterschiede bestehen aber in der Frage, unter wel- chen Förderbedingungen künftig eine Weiterbildung durch die Bundesagentur für Arbeit in diesem Bereich erfolgen soll. Lassen Sie mich in dieser Frage zunächst auf den An- trag der FDP eingehen: Wie Sie wissen, hat bereits das von Ihnen noch zu Zeiten Ihrer Regierungsbeteiligung miteingebrachte Arbeitsförderungs-Reformgesetz eine generell um ein Drittel verkürzte Umschulungsförderung vorgesehen. Mit dem heutigen Antrag haben Sie sich of- fensichtlich von Ihrem ursprünglichen Anliegen verab- schiedet. Und was ich in diesem Zusammenhang noch erstaunlicher finde: Der Vorschlag zur Vollfinanzierung von Umschulungen im Gesundheitsbereich durch die Bundesagentur für Arbeit kommt von einer Fraktion, die in der Vergangenheit keine Gelegenheit ausgelassen hat, die Effizienz der deutschen Arbeitsmarktpolitik infrage zu stellen. Mehrmals hat der Kollege Niebel im Namen seiner Fraktion sogar die Auflösung der BA gefordert. Nun fordern Sie eine bedingungslose Alleinförderung durch die Beitragszahler genau dieser Bundesagentur, die Sie als „ineffiziente, zentralistische Mammutbe- hörde“ bezeichnen. Hinzu kommt Ihre Verfassungsklage gegen den Haushalt. Dies alles ist in meinen Augen schon eine bemerkenswerte Doppelzüngigkeit. Der Gesetzgeber hat bereits bei Schaffung des SGB III in den Jahren 1996/97 – also noch zu Regie- rungszeiten von CDU/CSU und FDP! – eindeutig in der Gesetzesbegründung klargestellt, dass die Bundesagen- tur für Arbeit nicht dauerhaft zu einer dreijährigen Voll- f d k s d d n t d g t B v d K l m l g m S s v d r l 2 t d U t d W g s A g K d s l f f r D j e s w d d I c r e (C (D inanzierung solcher Umschulungen herangezogen wer- en kann. Grundsätzlich dürfen Vollzeit-Umschulungen in aner- annte Ausbildungsberufe nur gefördert werden, wenn ie im Vergleich zur beruflichen Erstausbildung um min- estens ein Drittel verkürzt durchgeführt werden. In den ualen Ausbildungsberufen erfolgt die Verkürzung ohne ennenswerte Probleme. Jedoch ist im Bereich der Al- en- und Krankenpflege eine Verkürzung der Ausbildung urch die Ausbildungs- und Prüfungsverordnungen aus- eschlossen. Auch die Richtlinie des Europäischen Ra- es vom 27. Juni 1977 schreibt eine spezielle Vollzeit- erufsausbildung von drei Jahren oder 4 600 Stunden or. Um allen Beteiligten ausreichend Zeit für die notwen- igen Anpassungen einzuräumen, wurde schon mit In- raft-Treten des SGB III eine befristete Übergangsrege- ung geschaffen, nach der vorübergehend – und zwar bis aximal Ende 1999 – noch eine unverkürzte Umschu- ungsförderung zulässig bleiben sollte. Diese Über- angsfrist wurde seither wiederholt verlängert, zuletzt it dem Job-AQTIV-Gesetz auf Ende 2004. Wir als PD-Fraktion haben auf unserer Klausur in Leipzig be- chlossen, die Übergangsregelung bis 30. Juni 2005 zu erlängern, die Bundesregierung plädiert ebenfalls für iese Lösung. Die Bundesagentur für Arbeit hat in den letzten Jah- en insbesondere im Bereich der Altenpflege Umschu- ungen in erheblichem Umfang finanziert – mit rund 40 Millionen Euro. Sie hat damit nicht nur einen bedeu- enden Beitrag für eine bedarfsgerechte Versorgung in er Altenpflege geleistet, sondern durch die Zahlung von nterhaltsgeld und Übernahme von Weiterbildungskos- en, zum Beispiel Schulkosten, auch in weitem Umfang ie dabei entstandenen Ausbildungskosten getragen. enn aus fachlichen Gründen in Gesundheits- und Pfle- eberufen eine längere Umschulungszeit erforderlich ist, o dürfen die damit verbundenen Lasten nicht allein der rbeitsmarktpolitik auferlegt werden. Daran hält ganz zu Recht der von der CDU/CSU vor- elegte Antrag fest. Sie erinnern in Ihrem Antrag in aller larheit an die Finanzierungsverantwortung der Län- er – eine Verantwortung, die trotz der inzwischen über iebenjährigen Anpassungszeit noch immer nicht einge- öst wurde. Jetzt sind endlich weitergehende Anstrengungen er- orderlich, um – wie von diesem Haus stets gefordert – ür das dritte Umschulungsjahr eine dauerhafte Finanzie- ung außerhalb der Arbeitsforderung sicherzustellen. ie Sicherung der Finanzierung des dritten Jahres wird edoch maßgeblich davon abhängen, ob und inwieweit ntsprechend der föderalen Aufgabenverteilung insbe- ondere die Schulkosten von den Ländern übernommen erden. Wie Sie wissen, sind Fragen der Finanzierung des ritten Umschulungsjahres Gegenstand von Bund/Län- er-Gesprächen, die in Kürze fortgesetzt werden sollen. ch hoffe auf konstruktive Gespräche. Eine entspre- hende Gesetzesänderung wird vonseiten der Bundes- egierung in Kürze in die parlamentarischen Beratungen ingebracht. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 152. Sitzung. Berlin, Freitag, den 21. Januar 2005 14313 (A) ) (B) ) Dies ist auch vonseiten unserer Fraktion mit der Erwartung verbunden, dass die Finanzierungsverantwor- tung für unverkürzte, dreijährige Umschulungen ent- sprechend dem geltenden Recht im dritten Weiterbil- dungsjahr nicht auf Dauer von der Bundesagentur für Arbeit getragen werden soll. Wir erwarten von den Län- dern, die in der Föderalismuskommission auf ihrer um- fassenden Bildungszuständigkeit beharren, dass sie nicht länger auf die Beitragszahler deuten, sondern ihre Ver- antwortung für das dritte Umschulungsjahr in den Ge- sundheitsfachberufen wahrnehmen. Sie müssen die er- forderlichen rechtlichen Rahmenbedingungen für das dritte Weiterbildungsjahr außerhalb der Arbeitsförde- rung schaffen. Damit verbunden ist die Forderung, einen wachsenden Bedarf an Altenpflegerinnen und Altenpfle- gern verstärkt und vorrangig durch berufliche Erstausbil- dung zu decken und durch geeignete Maßnahmen die Verbleibsdauer in diesem Beruf nachhaltig zu erhöhen. Alexander Dobrindt (CDU/CSU): Lassen Sie mich zu Beginn der Debatte sagen, dass ein Auslaufen der Übergangsfrist bei der Weiterbildungsförderung zu ei- nem drastischen Einbruch bei der Weiterbildung im Be- reich der Gesundheitsfachberufe – ganz besonders bei der Altenpflege – zur Folge haben wird. Warum wird das so sein? Ab Januar 2005 werden Umschulungen im Bereich der Gesundheitsfachberufe mit dreijähriger Ausbildungszeit vom Arbeitsamt nur noch zweijährig gefördert. Das dritte Jahr muss aller- dings vom Beginn der Ausbildung an finanziell gesichert sein, ansonsten wird das Arbeitsamt auch die ersten zwei Jahre nicht fördern. Selbstverständlich bin auch ich der Meinung, dass dies keine originäre Aufgabe der Bundesanstalt für Ar- beit ist. Im Gegenteil, wir machen Vorschläge, die BA finanziell zu entlasten, die Beiträge und damit die Lohn- nebenkosten zu senken. 55 Milliarden Euro stehen im Haushalt der Bundesan- stalt für Arbeit. Das ist ein Riesen betrag, der von den Beitragszahlern aufzubringen ist. Und natürlich muss dieser gesenkt werden. Dennoch müssen wir feststellen, dass die erheblichen Kosten der Ausbildung zum Altenpfleger von demjeni- gen, der sich in einer Umschulungsphase befindet, wohl kaum aufgebracht werden können. Gleichzeitig lässt sich eine Verkürzung der Ausbildungsdauer von drei auf zwei Jahre aufgrund von anderen Bundes-, Landes-, und Europagesetzen nicht durchsetzen. Im Ergebnis führen diese beiden Problembeschrei- bungen zu einer drastischen Verringerung der Zahl der Auszubildenden im Gesundheitsbereich. Diese stehen dann später auch nicht als Pflegekräfte zur Verfügung. Darum bin ich der Überzeugung, dass wir eine wei- tere Übergangsregelung finden müssen, die die Ausbil- dung zur Pflegefachkraft auch zukünftig gewährleistet. Und weil wir hier über Fördergelder der BA reden müs- sen, wäre auch der Erfolg zu hinterfragen. Nahezu jedem Umschüler steht nach erfolgreicher Ausbildung ein Ar- beitsplatz zur Verfügung. Mit einer Vermittlungsquote v m r k s w v d g f d g f W t l d d u w m b v a h U s g z w H b Z r f w g b e e E g a p l M e b s z k h (C (D on beinahe 100 Prozent bei den Altenpflegern kann an von einer außerordentlich guten Maßnahme der BA eden. Ein weiterer Punkt ist: Wo sollen denn sonst in Zu- unft die benötigten Pflegekräfte herkommen, wenn wir ie nicht fördern und sie von allein nicht in der ge- ünschten Zahl zur Verfügung stehen? Wir haben bereits jetzt ein Problem, genügend moti- ierte Pflegekräfte für die wachsende Zahl von Pflegebe- ürftigen auszubilden. Ein Auslaufen der Übergangsre- elung würde dieses Problem im Jahr 2005 bzw. in den olgenden Jahren nochmals verschärfen, und ich gehe avon aus, dass eine ausreichende Versorgung im Pfle- ebereich mit Fachkräften zukünftig in hohem Maße ge- ährdet wäre. Man muss sich die Zahlen nur mal vor Augen führen: ir haben deutlich über zwei Millionen Pflegebedürf- ige in unserem Land. Laut einem Bericht des DIW Ber- in wird in den nächsten 15 Jahren die Zahl der Pflegebe- ürftigen um 50 Prozent steigen. Das heißt, es wird eutlich mehr als eine Million Menschen zusätzlich in nserem Land geben, die dringend Pflege benötigen. Verantwortlich dafür ist die demographische Ent- icklung in unserem Land. Die Menschen werden im- er älter, damit steigt auch die Anzahl derer, die pflege- edürftig sind. Weiterhin kommt es zu einer Ausweitung on chronischen Krankheitsbildern und natürlich nimmt uch die familiäre Pflegekapazität zunehmend ab. Wir aben heute Doppelverdienerstrukturen in den Familien. nd wir haben eine große Zahl von allein stehenden Per- onen, wir haben heute ein Familienbild, das eine Pfle- esituation, wie sie von einem älteren Menschen heute um Teil benötigt wird, gar nicht mehr vernünftig be- erkstelligen kann. Diese Pflegebedürftigen brauchen professionelle ilfe. Die steht nur zur Verfügung, wenn wir auch Aus- ildungsmöglichkeiten und Ausbildungsplätze bieten. urzeit werden jedes Jahr fast 10 000 Menschen im Be- eich der Altenpflege ausgebildet, 100 Prozent davon inden dann auch wieder einen Arbeitsplatz. Wir wissen eiter, dass wir künftig drastisch mehr Pflegekräfte auf- rund des demographischen Wandels in unserem Land enötigen. Und wir wissen auch, dass die Altenpflege in klassischer Umschulungsberuf geworden ist. Kaum iner der jungen Menschen entscheidet, wenn es um das rlernen eines ersten Berufes geht, spontan, Altenpfle- er zu werden. Da kann man einem 14-, 15-Jährigen uch keinen Vorwurf machen. Momentan erlernen circa 60 Prozent der Kranken- flegeschüler ihren Beruf im Rahmen einer Umschu- ung. Und wir wissen weiter, dass die pflegebedürftigen enschen, die zwangsläufig in den nächsten Jahren in rhöhter Zahl vorhanden sein werden, unsere Mithilfe rauchen. Daher ist es natürlich unsere Pflicht, dafür zu orgen, dass die Pflegekräfte in entsprechender Anzahl ur Verfügung stehen. Deswegen ist es auch von entscheidender Wichtig- eit, dass wir eine gemeinsame Lösung finden. Es geht ier in keiner Weise um irgendeinen Richtungsstreit. Die 14314 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 152. Sitzung. Berlin, Freitag, den 21. Januar 2005 (A) ) (B) ) Einigung ist wichtig für die Menschen in unserem Land und deswegen lassen Sie uns dieses Problem gemeinsam angehen, damit es auch dieses Jahr Pflegeschüler in aus- reichender Zahl gibt und keine Lücke entsteht, die wir dann später mühsam werden füllen müssen. Ausreichendes Personal wird zukünftig wieder wich- tiger werden. Es bleibt die Voraussetzung für die gute und angemessene Pflege und es ist die Voraussetzung für die Sicherung der Qualität der Pflege sowohl in stationä- ren als auch in mobilen Einrichtungen. Neben den gro- ßen technischen Fortschritten in der Apparatemedizin wird die Frage des ausreichenden Personals die größte Bedeutung für den Erhalt unseres Gesundheitssystems in der Zukunft haben. Lassen Sie uns jetzt in den nächsten Monaten die Grundlagen für eine vernünftig finanzierte und gestraffte pflegerische Ausbildung schaffen, um den Bedarf der nächsten Jahre zu decken. Dann sind wir auf einem gu- ten Weg. Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir beraten heute an dieser Stelle zwei Anträge der Opposi- tionsfraktionen, deren Zielrichtung ich nur unterstützen kann. CDU/CSU und FDP setzen sich für die Verlänge- rung einer sehr sinnvollen und in meinen Augen unver- zichtbaren Regelung ein: Die Finanzierung von Weiter- bildungen in Gesundheitsberufen muss auch weiterhin für die gesamte notwendige Dauer von drei Jahren gesi- chert sein. Es ist doch selbstverständlich, dass wir bei Berufen, für die auch in der Zweitausbildung eine sehr hohe Qualifikation vermittelt werden muss, weiterhin auf eine unverkürzte Lehrdauer eintreten. Ich möchte auch daran erinnern, dass wir nur durch die Untätigkeit der Bundesländer in eine Situation ge- kommen sind, in der der Bundesgesetzgeber nun kurz- fristig eine Verlängerung der Ausnahmegenehmigung formulieren muss. Es war allen Bundesländern seit Jah- ren klar, dass ab dem 1. Januar 2005 eine Förderung der Weiterbildung in Gesundheitsberufen durch die BA nur dann erfolgt, wenn bei Beginn der Ausbildung eine Finanzierung des letzten Ausbildungsjahres durch Dritte zugesagt ist. Diese Anschlussförderung sollte in der Re- gel aus den Landeshaushalten erfolgen. Kein Bundes- land bemühte sich aber bisher, eine entsprechende An- schlussfinanzierung auf die Beine zu stellen. Nun lese lese ich aber in Ihrem Antrag, dass sie für eine Verlängerung der ursprünglich bis zum 31. Dezem- ber 2004 befristeten Übergangsregelung um ein weiteres Jahr plädieren. Glauben Sie allen Ernstes, dass sie mit ei- ner solchen zugegebenermaßen sehr großzügigen Rege- lung die teilweise doch sehr trägen Länderministerien dazu bekommen werden, endlich durch eine abge- stimmte Lösung für die Förderung des dritten Jahres Pla- nungssicherheit zu schaffen? Das Gegenteil wird der Fall sein: Die Länder werden sich mit Verweis auf die großzügige Verlängerung des Bundes beruhigt zurück- lehnen und auch im Jahr 2005 keine Anstalten überneh- men, gemeinsam eine tragfähige Lösung für die Zukunft der Weiterbildung in Gesundheitsberufen zu finden. Im November 2005 werden wir alle wieder in dieser Runde z a d d g N S s s m t h H m ö s s p b h V s d E d b w e A g P d B a z F d r g v z D d d l a U o a F l d D z w m (C (D usammenkommen und feststellen müssen, dass wir uch für das Jahr 2006 eine neue Ausnahmeregelung fin- en müssen. Ich freue mich dennoch sehr, dass Herr Niebel mit iesem Antrag endlich einmal die Bedeutung von BA- eförderten Weiterbildungen anerkennen muss. Herr iebel, ansonsten stehen Sie doch immer hier an dieser telle und rechnen uns die immensen Kosten vor, die die o genannte Weiterbildungsindustrie nach Ihrer Auffas- ung völlig sinnlos verpulvert. Obwohl sie sonst nicht üde werden, den effizienten Umgang der BA mit Bei- ragsgeldern hoch und runter zu fordern, stellen Sie eute einen Antrag, der eine Mehrbelastung der BA- aushaltes um 250 Millionen Euro bedeutet. Meine Da- en und Herren von der FDP: Ihre späte Einsicht, dass ffentlich finanzierte Weiterbildung ein sinnvolles In- trument moderner Arbeitsmarktpolitik ist, honoriere ich ehr. Die Gesundheitsberufe sind ein zukunftsweisendes, ersonalintensives und zugleich gesellschaftspolitisch edeutendes Arbeitsmarktsegment. Den teilweise sehr ohen Kosten der Weiterbildung stehen ebenso hohe ermittlungsquoten gegenüber. Gleichzeitig steigt in un- erer alternden Gesellschaft der Bedarf an gut ausgebil- eten Fachkräften in pflegerischen Berufen. Über die rstausbildung ist dieser Bedarf an Fachkräften nicht zu ecken, hier sind wir unbedingt auf die Weiterbildung zw. Zweitausbildung angewiesen. Die Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen und SPD erden daher in der kommenden Woche einen Gesetz- ntwurf vorlegen, der eine weitere Verlängerung der usnahmeregelung um ein halbes Jahr vorsieht. Damit eben wir den Trägern der Weiterbildungsmaßnahmen lanungssicherheit, ohne den – aus meiner Sicht – be- auerlicherweise notwendigen Druck auf die laufenden und/Länder-Gespräche zurückzunehmen. Wir erwarten ber gleichzeitig von den Ländern, dass sie spätestens um Ablauf dieser Übergangsregelung eine dauerhafte inanzierung des letzten Maßnahmedrittels außerhalb er Arbeitsförderung sicherstellen. Gudrun Kopp (FDP): Für die Weiterbildungsförde- ung nach dem Recht der Arbeitsförderung des SGB III ilt seit 1. Januar 1998 der Grundsatz, dass die Dauer on staatlich geförderten Weiterbildungen im Vergleich ur Dauer beruflicher Erstausbildung um mindestens ein rittel der Ausbildungszeit verkürzt sein muss. Dies be- eutet, dass Berufsabschlüsse, die als Erstausbildung rei Jahre dauern, als Weiterbildung also innerhalb von ängstens zwei Jahren abgeschlossen sein müssen. In einigen Gesundheitsfachberufen – so zum Beispiel uch in der Logopädie – scheidet eine Verkürzung der mschulungsdauer jedoch aufgrund von Berufsgesetzen der bestehender Bundes- und Landesgesetze, teilweise uch aufgrund von EU-Richtlinien, aus. Das deutsche örderungsrecht sah bisher eine befristete Sonderrege- ung vor, wenn die Ausbildungsdauer bundes- oder lan- esrechtlich geregelt, aber noch nicht verkürzbar war. anach braucht eine Umschulung, die bis zum 31. De- ember 2004 beginnt, nicht verkürzt durchgeführt zu erden, wenn dies aufgrund gesetzlicher Regelung nicht öglich ist. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 152. Sitzung. Berlin, Freitag, den 21. Januar 2005 14315 (A) ) (B) ) In der Konsequenz heißt das, dass seit dem 1. Januar 2005 beginnende Umschulungen in Gesundheitsfachbe- rufen zwar weiterhin durch die Bundesagentur für Arbeit gefördert werden können. Dies gilt aber nur für zwei Drittel der Ausbildungszeit und auch nur dann, wenn die Finanzierung der Gesamtdauer der Maßnahme von An- fang an anderweitig sichergestellt ist. Dies ist eine unbillige Härte für die Auszubildenden in diesen Gesundheitsfachberufen. Und es ist auch ar- beitsmarktpolitisch nicht sinnvoll. In der Regel finden erfolgreiche Absolventinnen und Absolventen nach der Ausbildung schnell einen Arbeitsplatz. Insbesondere in den neuen Bundesländern besteht zum Teil bereits heute ein erheblicher Mangel an Arbeitskräften in Gesund- heitsfachberufen. Die Vermittlungsquote von Logopäden beträgt nach Abschluss der Ausbildung nahezu 100 Prozent. Hierbei handelt es sich zu einem großen Teil um Umschülerinnen, wie zum Beipiel Frauen nach der Erziehungsphase, die eine berufliche Neuorientie- rung anstreben. Die befristete Ausnahmeregelung betrifft Umschüler und nicht Auszubildende in der Erstausbildung. Das be- deutet, dass zukünftig die Umschüler die Kosten für das dritte Ausbildungsjahr selbst tragen müssten. Zwar ha- ben die Umschüler im Vergleich zu jungen Menschen in der Erstausbildung eine größere Berufs- und Lebens- erfahrung und sind zu einer intensiveren schulischen Ausbildung fähig. Aber sie haben häufig auch schwer- wiegendere soziale Probleme als junge Menschen in der Erstausbildung. In der siebenjährigen Übergangsphase konnten keine Finanzierungsbeteiligungen durch Dritte geschaffen werden. Auch eine Verkürzung der Ausbil- dungsdauer konnte nicht erreicht werden. Wenn der Ge- setzgeber eine Mindestausbildungszeit ohne Verkür- zungsmöglichkeit verlangt, darf dies nicht zulasten der Umschüler gehen. In Anbetracht der nicht unerheblichen Kosten für die Ausbildung werden sich nur wenige Um- schüler die Ausbildung leisten können, wenn sie sie selbst bezahlen müssen. Die Union will die Länder stärker zur Finanzierung des dritten Ausbildungsjahres in die Pflicht nehmen. Die Union will die Übergangsfrist um ein Jahr verlängern. Das wird nichts nützen. Die FDP will die Befristung der Ausnahmeregelung streichen, weil aus der Vergangen- heit ersichtlich ist, dass eine Finanzierung durch Dritte nicht erreicht wird, die Vermittlungsquote überaus er- folgreich ist und durch die demographische Entwicklung ein weiterer Fachkräftemangel programmiert ist. Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Transparenz und Wettbewerb im öffentlichen Schienenpersonen- nahverkehr (Tagesordnungspunkt 23) Karin Rehbock-Zureich (SPD): Wir beraten heute den Antrag der FDP zum Schienenpersonennahverkehr. B m d d d V r d N a H R P L k f r k p w f c w m f K g S s c L n f s d w l d r v c j d u z S d z S (C (D evor wir nun inhaltlich zu diesen Fragen diskutieren, üssen wir uns den rechtlichen Rahmen anschauen. Nur zu Ihrer Erinnerung: Mit der Bahnreform haben er Deutsche Bundestag und Bundesrat bestimmt, dass er Schienenpersonennahverkehr von den Bundeslän- ern wahrgenommen wird. Für die Übernahme dieser erantwortlichkeit erhalten sie vom Bund Regionalisie- ungsmittel in beträchtlicher Höhe. Über die Verwen- ung dieser Mittel bestimmten – dies ist auch nach der euordnung von 2002 so geblieben – die Bundesländer llein verantwortlich. Die Bundesebene hat hier keine andhabe – das bedauere ich sehr –, in diesem Bereich echenschaft zu fordern. Das betrifft sowohl uns als arlament und dies betrifft auch die Bundesregierung. Der korrekte Adressat für Ihren Antrag sind also die andesregierungen und die Landesparlamente. Zum Teil önnen sie Ihre Forderungen sogar direkt an Ihre Partei- reunde, die in einigen Landesparlamenten an der Regie- ung beteiligt sind, weitergeben. Dass aber die Vorgänge um die Vergabe von Ver- ehrsleistungen im Personenverkehr unbedingte Trans- arenz brauchen und wir diese Transparenz von den je- eiligen Bundesländern auch fordern sollten, halte ich ür sehr wichtig. Denn es gibt in diesem Bereich erhebli- hen Nachholbedarf – in vielen Ländern. Allerdings ird, was die Ausschreibungsquote angeht, das Bench- ark von Schleswig-Holstein gesetzt, einem Land – das inde ich sehr bezeichnend –, das von einer rot-grünen oalition geführt wird. Dort im Norden der Republik ibt es das ordentlichste Ausschreibungskonzept für den chienenpersonennahverkehr und den höchsten Aus- chreibungsprozentsatz. Dreierlei möchte ich in der Diskussion deutlich ma- hen: Erstens. Im bestehenden Rechtsrahmen können die änder ausschreiben; eine direkte Vergabe ist aber auch och möglich, und wird praktiziert: Nutznießer dieser reihändigen Vergaben sind aber nicht nur die DB Regio, ondern auch andere Anbieter. Zweitens. Die SPD-Bundestagsfraktion hat immer eutlich gemacht, dass sie den Ausschreibungswettbe- erb als Chance sieht, Qualität, Menge und Wirtschaft- ichkeit des Nah- und Regionalverkehrs auf der Schiene urch Ausschreibungs- und Vergabepolitik zu erhöhen. Drittens. Dass dabei die Mittelverwendung transpa- ent erfolgen sollte, ist klar. Wir brauchen Transparenz on der Wurzel her. Die Länder sollten offen legen, wel- he Summen der Regionalisierungsmittel in welche Pro- ekte fließen. Eins ist klar: Die Regionalisierungsmittel dürfen nicht azu dienen, ländereigene Aufwendung für den ÖPNV nd SPNV zu ersetzen. Die Regionalisierungsmittel sind ur Verbesserung des Mobilitätsangebots da, nicht zur anierung klammer Länderhaushalte. Festzuhalten bleibt: Das Modell der Regionalisierung es Personennahverkehrs ist aufgegangen. Die Nutzer- ahlen steigen, allein im letzten Jahr verzeichnete der PNV 1,5 Prozent mehr Fahrgäste. Und auch der 14316 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 152. Sitzung. Berlin, Freitag, den 21. Januar 2005 (A) ) (B) ) Wettbewerb hat sich entwickelt: Mittlerweile gibt es eine stattliche Anzahl von Konkurrenzunternehmen der DB AG, die erfolgreich in den Regionen Verkehr ma- chen. Der Anteil der Wettbewerber steigt auf derzeit rund 11 Prozent des Marktvolumens. Von den durchge- führten Ausschreibungsverfahren seit 1996 hat die DB Regio rund 50 Prozent gewonnen. Einfach und kurz: Wir lehnen den Antrag der FDP ab. Transparenz tut Not, da sind wir uns einig. Aber die von Ihnen geforderte Transparenz und damit auch die Kon- trollmöglichkeiten der gewählten Parlamente müssen in den Landesparlamenten eingefordert und ausgeübt wer- den. Nun noch einige Worte zu aktuellen Meldungen aus der Presse. Wir als SPD-Bundestagsfraktion werden ei- ner pauschalen Kürzung der Regionalisierungsmittel nicht zustimmen. Im Rahmen der Beratungen zwischen Ländern und Bundesregierung zur Revision des Regio- nalisierungsgesetzes wird aber sehr wohl genau zu prü- fen sein, welche Bundesländer mit ihren Geldern verant- wortlich und zweckentsprechend wirtschaften und welche möglicherweise die Gelder für den ÖPNV und SPNV nicht bestimmungsgemäß verwenden. Unabhän- gig davon brauchen wir in der mittelfristigen Finanzpla- nung Sicherheit für die Investitionsmittel in das Schie- nennetz. Die durch das Kabinett angekündigte zusätzliche Milliarde für die Schiene in Deutschland ist unbedingt notwendig, um Ausbau und Erhalt unseres Schienennetzes zu gewährleisten. Enak Ferlemann (CDU/CSU): Auch nach zehn Jah- ren Bahnreform beherrscht die DB AG den Markt der bestellten Zugkilometer. Was für den Fernverkehr trau- rige Tatsache ist, gilt auch für den öffentlichen Schienen- personennahverkehr, den SPNV. Ein Blick auf die Marktanteile der DB AG für den SPNV zeigt, dass die Konkurrenz nur ganz allmählich gegen die übermächtige Dominanz der DB AG Zugkilometer übernehmen kann. Seit 1996 stellt der Bund den Ländern über das Regionalisierungsgesetz Mittel zur Bestellung von Nah- verkehrsleistungen zur Verfügung. Die Länder haben ein hohes Interesse daran, dass sich Wettbewerb entwickelt. Denn nur dadurch sind Einsparungen zu erreichen, die finanzielle Spielräume eröffnen. An der Vorherrschaft der Bahn AG hat sich aber nur wenig geändert. Bisher sind von der Konkurrenz der Bahn AG nur wenige Stre- cken übernommen worden. Und damit hat der Bahn- kunde keinen Einfluss auf den Wettbewerb. Das ist ein Zustand, den wir nicht wollen, und deshalb findet der Antrag der FDP-Fraktion unsere Unterstützung. Warum ist der Wettbewerb im Schienenpersonennah- verkehr nach wie vor so unterentwickelt? Die Länder stehen schließlich nicht im Verdacht, den Wettbewerb verhindern zu wollen. Der Blick hinter die Kulissen macht einiges klarer. Ausgangspunkt der Vormachtstellung der Bahn AG ist der historische Vorteil der Bahn. Als sie sich 1994 von der Behörde zum Unternehmen wandelte, war die gesamte Infrastruktur bereits vorhanden: Züge, Gleise, P k e t A e w g k c N i d d Z g N z W d W i R r W k R n Q s G F n r E P f d D b i a A n e ß r t n b p s d f s (C (D ersonal. Diesen Vorsprung müssen sich mögliche Kon- urrenten erst erarbeiten. Das braucht Zeit, Geld und ine Wettbewerbsstruktur, die Neueinsteigern eine profi- able Chance eröffnet. Außerdem ist der Nahverkehr so organisiert, dass die nbieter im Nahverkehr Zuschüsse aus Steuergeldern rhalten. Nur so lohnt es sich für die Unternehmen, auch enig einträgliche Strecken zu befahren. Denn die Fahr- eldeinnahmen reichen oft nicht aus, um die Betriebs- osten vollständig zu decken. Das bedeutet eine zusätzli- he Schwierigkeit im SPNV. Des Weiteren ist in den ahverkehr je nach Gewinnmöglichkeit der Bahn AG nvestiert worden oder auch nicht. Die Ausgangslage ist amit nicht günstig. Es besteht ein enormer Nachholbe- arf, was nebenbei auch für die Bahnhöfe selber gilt. wangsläufig bestimmt dieser Nachholbedarf die Strate- ien der Länder: Investitionen statt konsumtiver Mittel. ur das ist sinnvoll und richtig. Mit diesen Schwierigkeiten müssen die Länder der- eit umgehen, auch wenn sie mittel- bis langfristig den ettbewerb wollen, um dann auch Erfolge für die Kun- en zu erreichen. Die Ursache dafür, dass der offene ettbewerb nur step by step, also in Wettbewerbsstufen n Gang kommt, liegt natürlich auch in den gesetzlichen ahmenbedingungen für die Vergaben, nach denen Di- ektvergaben an die DB Regio ohne die Beteiligung von ettbewerbern ermöglicht werden. Zur Begründung für den Abschluss langfristiger Ver- ehrsverträge wird die Planungssicherheit für die DB egio angeführt, die im Gegenzug erhebliche Investitio- en in neue Fahrzeuge für den SPNV zusichert und eine ualitätssteigerung bei der Leistungserbringung ver- pricht. Der Wettbewerb kommt also nur sukzessive in ang und ist letztendlich derzeit ein Drohmittel für den all, dass die DB Regio AG die zugesagten Investitionen icht realisiert. Nun kann man bei den Ländern ja hinterfragen, wa- um das so ist. Die haben schließlich ihr Konzept zur ntwicklung des Wettbewerbs vor dem Hintergrund der erspektiven und Problembereiche und damit Gründe ür ihr Vorgehen. Und diese sind: Der Wettbewerb befin- et sich noch am Anfang und auch die Wettbewerber der B AG können nicht von heute auf morgen, sondern nur ehutsam expandieren. Die Expansion des Wettbewerbs st nicht nur aufseiten der Unternehmen, sondern auch ufseiten der Aufgabenträger nur schrittweise möglich. usschreibungen müssen von den Aufgabenträgern icht nur vorbereitet und durchgeführt, sondern auch mit rheblichem Arbeitsaufwand nachbereitet werden. Au- erdem besteht Handlungsbedarf in den Bereichen Ta- ife, Vertrieb und Einnahmeaufteilung. Das Ziel unternehmensübergreifender Vertriebsstruk- uren und einheitlicher Regeln zur Einnahmeaufteilung immt viel Zeit in Anspruch. Es ist aber richtig. Deshalb ilanzieren die Länder die Regionalisierung des Schienen- ersonennahverkehrs im Zuge der Bahnreform, soweit sie ich dazu geäußert haben, grundsätzlich als positiv, aller- ings nicht ohne kritisch anzumerken, dass für einen unktionierenden SPNV auch die Rahmenbedingungen timmen müssen. Daher muss der Bund seiner Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 152. Sitzung. Berlin, Freitag, den 21. Januar 2005 14317 (A) ) (B) ) Aufgabenverantwortung im Bereich des Netzes künftig besser gerecht werden. Ausbau und Erhalt des Netzes müssen den Interessen aller Nutzer, nicht nur denen der DB AG dienen. Das muss der Bund als Eigentümer der DB sicherstellen. Die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen im Schleswig-Holsteinischen Landtag haben gegen Ende des Jahres 2004 einen Antrag in den Landtag einge- bracht. In diesem Antrag wird das ganz entscheidende Problem der Länder, den Wettbewerb zu entwickeln, be- leuchtet. Es gibt weiterhin Defizite in der Modernisie- rung der Schieneninfrastruktur. Deshalb soll den Län- dern zukünftig nach dem Willen der dortigen SPD und der Grünen ein größeres Mitspracherecht beim Einsatz von Bundesmitteln in die Schieneninfrastruktur zugebil- ligt und der Anteil der Finanzierung des Bundes für regionale Schienenstrecken erhöht werden. Zu meiner Freude und zur Unterstützung dessen, was meine Frak- tion stets gefordert hat, sieht man auch vonseiten der SPD und der Bündnisgrünen in Schleswig-Holstein nur den Weg, Netz und Betrieb vor einem möglichen Bör- sengang der Bahn zu trennen. Die Forderung nach Transparenz zur Stärkung der Position der Länder wird gleichermaßen erhoben, sodass das Anliegen der FDP- Fraktion auch aus dem rot-grün regierten Schleswig- Holstein unterstützt wird. Vor diesem Hintergrund wird aber auch klar, dass wir die DB Regio AG bzw. die Bahn AG nicht weiterma- chen lassen können wie bisher. In allen Debatten waren wir immer übereinstimmend der Meinung, dass nur durch Wettbewerb mehr Verkehr auf die Schiene zu brin- gen sein wird. Meine Fraktion unterstützt daher den Antrag und kann die Kolleginnen und Kollegen von der Regierungs- koalition auch mit Blick auf die Schleswig-Holsteiner nur ermuntern, dies ebenfalls zu tun. Albert Schmidt (Ingolstadt) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Für Bündnis 90/Die Grünen steht eine wei- tere Stärkung des öffentlichen Verkehrs auf Straße und Schiene im Zentrum einer nachhaltigen Verkehrspolitik. Mit der Bahnreform 1994 wurden die Strukturen der öffentlichen Finanzierung und der Marktorganisation im Bereich des Schienenpersonennahverkehrs – SPNV – vollständig neu geordnet. Diese Regionalisierung des Schienenpersonennahverkehrs mit der Umstellung auf ein klares Besteller-Ersteller-System war überaus erfolg- reich und wird übereinstimmend als erfolgreichster Teil der Bahnreform 1994 betrachtet. Auch wenn bisher nur rund 10 Prozent der SPNV- Leistungen von den Bundesländern im Wettbewerb ver- geben werden, so hat der Wettbewerbsdruck natürlich auch dazu geführt, dass die von den Ländern bei der DB AG verbliebenen 90 Prozent der SPNV-Leistungen deutlich kostengünstiger eingekauft werden konnten. Mit den eingesparten Mitteln konnten die Länder vieler- lei zusätzliche Leistungen einkaufen und dadurch das Angebot des öffentlichen Verkehrs vielerorts deutlich at- traktivieren. Die Einführung von Wettbewerb ist deshalb b t d r B B z e p v D p a B h t c d u w S 9 r r S W b L u r r l e z d r u w ü d b w p g s b n d – z b r – k (C (D ereits höchst erfolgreich und wirkungsvoll. Unbestrit- en bestehen aber Optimierungspotenziale. Deshalb wer- en wir im Hinblick auf die Revision der Regionalisie- ung sehr genau zu analysieren haben, inwiefern wir von undesseite Anreize setzen können, damit die vom und nach dem Regionalisierungsgesetz zur Verfügung u stellenden Mittel von den Ländern noch effizienter ingesetzt werden. Allerdings werden auch zukünftig die Länder in der olitischen Verantwortung für die Organisation des Nah- erkehr bleiben. Wenn Landesverkehrsminister mit ihren B-Regionalbereichen auf Schmusekurs gehen und un- rofessionell im Hinterzimmer große Verkehrsverträge bschließen, dann müssen die gleichen Minister ihren ürgern und den Gerichten auch Rede und Antwort ste- en, warum sie die Chancen der quantitativen und quali- ativen Verbesserung des SPNV-Angebotes nicht ausrei- hend genutzt haben. Wie man erfolgreich Nahverkehr organisiert, zeigen ie rot-grün regierten Bundesländer Schleswig-Holstein nd Nordrhein-Westfalen. Schleswig-Holstein beispiels- eise hat bereits über 40 Prozent seiner bestellten PNV-Leistungen im Wettbewerb vergeben. Im Übrigen hat der Deutsche Bundestag bereits am . November 2004 beschlossen, dass die Bundesregie- ung im Zusammenwirken mit den Ländern einen Be- icht erstellt, der die Erfahrungen zur Vergabepraxis im PNV in den Ländern analysiert. Einen gleich lautenden ettbewerbsbericht werden wir deshalb nicht mehr rauchen, wodurch der Antrag der FDP-Fraktion ins eere läuft. Horst Friedrich (FDP): Seit 1996 stellt der Bund nd damit der Steuerzahler, hauptsächlich der Auto fah- ende Steuerzahler, den Ländern über das Regionalisie- ungsgesetz Mittel für die Bestellung von Nahverkehrs- eistungen zur Verfügung. Das hat dazu geführt, dass der inst belächelte Nahverkehr auf der Schiene mittlerweile ur so genannten Cash-cow der Deutschen Bahn gewor- en ist. Es verwundert deshalb nicht, wenn die derzeit und 7 Milliarden Euro, die pro Jahr mit einer Steigerung m jeweils 1,5 Prozent bis 2007 ausgegeben werden, ge- isse Begehrlichkeiten wecken. Folgerichtig wird im Gutachten von Morgan Stanley ber die Börsenfähigkeit der Deutschen Bahn unter an- erem festgestellt, dass weitere Verluste bei Ausschrei- ungen im Schienenpersonennahverkehr vermieden erden müssen, wenn die Deutsche Bahn weiterhin Ka- italmarktfähigkeit erreichen möchte. Das ist allerdings enau der Knackpunkt. Nach § 8 Abs. 1 des Regionali- ierungsgesetzes sollen die Mittel der Finanzierung des edarfsgerechten Grundangebotes im Schienenperso- ennahverkehr dienen. Die Masse der Nahverkehre auf er Schiene wird auch zehn Jahre nach der Bahnreform allen Beteuerungen der Bahn zu mehr Wettbewerb um Trotz – immer noch zu 91 Prozent der bundesweit estellten Zugkilometer von der Deutschen Bahn gefah- en. Besonders bedenklich ist es, wenn die Länder dabei auch noch in den letzten Jahren – langfristige Nahver- ehrsverträge mit der Deutschen Bahn vereinbaren, ohne 14318 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 152. Sitzung. Berlin, Freitag, den 21. Januar 2005 (A) ) (B) ) dabei auf die Ersparnispotenziale einer Ausschreibung im größeren Umfang einzugehen. Bundesweit liegt das über Ausschreibungen erzielbare Sparpotenzial bei über 1 Milliarde Euro. Ausschreibungen sind zum einen nicht verboten und erreichen zum anderen in aller Regel, dass die gleichen Leistungen zu günstigeren Kosten angeboten werden bzw. für den gleichen Betrag höherwertigere Leistungen von Mitbewerbern erbracht werden. Es überrascht des- halb nicht, dass die DB Netz AG ausgerechnet in den Bereichen, in denen Mitbewerber der Bahn Verkehre ab- genommen haben oder aber in die Lücke gesprungen sind, weil die Bahn dort nicht mehr anbieten wollte, durch Regionalfaktoren die Preise für die Trassenbenut- zung teilweise drastisch erhöht hat. Hier muss man sich die Frage stellen, ob die Deutsche Bahn und die DB Netz AG tatsächlich die von ihr verlangten Regionalfaktoren dann in diese Strecken zurückfließen lässt, weil die Er- hebung der Regionalfaktoren ja mit der Begründung er- folgt ist, dass der Wartungsaufwand für diese Nebenstre- cken erheblich höher sei als auf den Hauptstrecken. So ganz nebenbei: Mit Wirkung von 1. Januar 2005 hat die Deutsche Bahn ihre Stationsgebühren für die Nutzung verfünffacht Es ist auch kein gutes Signal, wenn ein Land wie zum Beispiel Brandenburg einen langfristigen Verkehrsvertrag mit der Deutschen Bahn schließt – immerhin geht es um 2,5 Milliarden Euro für den Zeitraum von 2002 bis 2012 – und der verhandelnde Minister während der Verhandlungen offenbart, dass er in absehbarer Zeit auf der anderen Seite, nämlich bei der Deutschen Bahn, als Mitarbeiter tätig sein wird. Auch wenn strafrechtlich nichts zu beweisen war, unterstützt es eigentlich unsere Forderung nach deutlich mehr Trans- parenz bei der Vergabe dieser Nahverkehrsverträge. Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die Regiona- lisierungsmittel ausschließlich aus dem Mineralölsteuer- aufkommen des Bundes über die Länder weitergereicht werden, fordern wir deshalb richtigerweise mit unserem Antrag die Bundesregierung auf, im Rahmen ihrer Ei- gentümerfunktion gegenüber der Deutschen Bahn durch ihre Vertreter im Aufsichtsrat sicherzustellen, dass die Transparenz der gültigen Verträge, soweit sie durch frei- händige Vergabe und nicht durch Ausschreibungen zu- stande gekommen sind, hergestellt wird. Wir fordern darüber hinaus, dass dem Deutschen Bundestag und dem Verkehrsausschuss ein Wettbe- werbsbericht vorgelegt wird, in dem die Entwicklung des Wettbewerbs im Schienenpersonennahverkehr auf- gezeigt wird und – wenn nötig – die Ursachen für man- gelnden Wettbewerb offen analysiert werden. Wir for- dern ferner die Bundesregierung auf, ein Konzept vorzulegen, wie der Wettbewerb im Schienenpersonen- nahverkehr schnell und effektiv verstärkt werden kann. Es wird Sie nicht überraschen, wenn die FDP-Frak- tion, für die ich hier spreche, als Ergänzung ein Gesamt- schienenkonzept fordert, das der Bahn auch die Druck- möglichkeiten mit dem Fernverkehr nimmt. Es wird für alle Länder bei der Bestellung von Nahverkehrsverkeh- ren deutlich einfacher sein, wenn die Bahn das Drohpo- tenzial Fernverkehr nicht mehr so in der Hand hat und a a d e P d J f I s d F f e e W t w U g D L d n s v B d k h u K i a F w r T k l s A v t n B l ü n w i t E z (C (D usüben kann, wie sie es derzeit macht. Es kann nicht ngehen, dass wegen des Ausbaus eines Bahnhofs über as eigentliche Planungsziel hinaus oder der Bedienung ines Bahnhofs mit einer bestimmten Zugqualität als reis dafür – sehr vereinfacht dargestellt – die freihän- ige Vergabe von Nahverkehrsleistungen über zehn ahre verlangt wird. Dies ist nicht im Sinne der Bahnre- orm und dies sollte die Bundesregierung auch beenden. ch freue mich auf interessante Diskussionen im Aus- chuss und wäre für Unterstützung sehr dankbar. Angelika Mertens, Parl. Staatssekretärin beim Bun- esminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen: Die DP setzt sich für Transparenz und Wettbewerb im öf- entlichen Schienenpersonennahverkehr ein. Auf den rsten Blick liest sich das erfreulich. Transparenz ist ja twas, was wir alle immer und überall gerne haben. enn man aber genauer hinsieht, dann verbirgt sich hin- er dem vorliegenden Antrag etwas ganz anderes. Hier ird mal wieder kräftig ins Horn der DB-Gegner getutet, nd das auch noch auf plumpe Art, denn der Antrag eht von völlig falschen Voraussetzungen aus. Das gilt insbesondere für die Kernbehauptung, die B Regio erziele überhöhte Bestellerentgelte für ihre eistungen. Das ist einfach falsch. Tatsache ist vielmehr, ass das durchschnittliche Bestellerentgelt pro gefahre- en Zugkilometer bei DB Regio seit 1996 nahezu kon- tant ist. Alle Kostensteigerungen, die seit 1996 im Nah- erkehr angefallen sind, wurden nicht durch überhöhte estellerentgelte an die Länder weitergereicht, sondern urch Rationalisierungsmaßnahmen im Unternehmen ompensiert. Anderes zu behaupten, geht an der Wahr- eit vorbei und schadet in erster Linie dem Unternehmen nd seinen Mitarbeitern. „Bahn-Bashing“ scheint weiter onjunktur zu haben. Dieser Antrag versucht, den Eindruck zu erwecken, m SPNV herrsche Klüngelei und Vetternwirtschaft, das lles natürlich zu Lasten des Steuerzahlers, dessen bester reund ja bekanntlich die FDP ist. Das ist nun wirklich eit an der Wahrheit vorbei. Denn der von der Bundes- egierung gestaltete Ordnungsrahmen gewährleistet ransparenz und Wettbewerb, übrigens auch im Ein- lang mit dem hier maßgeblichen europäischen Recht. Ich will noch einmal daran erinnern, dass dieses Par- ament in ungewohnter Eintracht die Bahnreform be- chlossen hat. Dazu gehörte auch die Übertragung der usgaben- und Aufgabenverantwortung für den SPNV om Bund auf die Länder. Deshalb liegt heute folgerich- ig die Zuständigkeit für den SPNV bei den Ländern und icht beim Bund. Die von den Ländern eingerichteten estellerorganisationen entscheiden eigenverantwort- ich, ob sie die jeweiligen Leistungen freihändig oder ber Ausschreibungen an die jeweiligen Verkehrsunter- ehmen vergeben wollen. Das ist eine Regelung, mit der ir seither auch gut gefahren sind. Entgegen den Annahmen der Wettbewerbstheologen st eine Offenlegung der abgeschlossenen Verkehrsver- räge nicht erforderlich. Denn die wettbewerblichen ckpunkte der jeweiligen Verkehrsverträge wie Lauf- eit, Leistungsvolumen, Ausschreibungsnetze und Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 152. Sitzung. Berlin, Freitag, den 21. Januar 2005 14319 (A) ) (B) ) Ausschreibungszeitpunkt werden heute bereits veröf- fentlicht. Verträge, die nach § 4 Abs. 3 der Vergabever- ordnung abgeschlossen werden, müssen nach Abschluss in geeigneter Weise publiziert werden. Damit ist die For- derung nach Offenlegung der Verkehrsverträge überflüs- sig. Ähnlich verhält es sich mit der Forderung nach Vor- lage eines Wettbewerbsberichtes: Den legt die DB AG bereits jährlich vor. Der vorhandene Ordnungsrahmen ermöglicht Wettbe- werb im SPNV. Er hat den vielfältigen Markt der Ver- kehrsanbieter erst ermöglicht. Der beste Beweis dafür ist der zunehmende Anteil von Verkehrsleistungen, die nicht an die DB Regio AG vergeben werden: So stieg der Anteil von Wettbewerbern der DB AG am Bestell- volumen seit der Bahnreform von rund 3 auf 11 Prozent; von 1995 bis 2004 wurden rund 90 Millionen Zugkilo- meter im Wettbewerb vergeben; der Anteil der DB Regio an den im Wettbewerbsverfahren vergebenen Leistungen liegt bei knapp 50 Prozent, Stand: August 2004, Quelle: VDV. Diese Zahlen zeigen, dass uns um den Wettbewerb im SPNV wirklich nicht bange sein muss. Deshalb unter- stützen wir auch die europäische Politik, die mit der No- vellierung der einschlägigen EG-VO 1191/69 auch den Wettbewerb im SPNV gestalten will. Denn natürlich kann man die nationalen Entwicklungen nicht losgelöst von der europäischen Integration betrachten. Die ge- winnt auch im SPNV an Bedeutung und wird dort zu ei- nem gestaltenden Element. Der Antrag der FDP ist der Zeit hinterher. SPNV- Markt und Verkehrspolitik sind heute schon weiter. Anlage 4 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 807. Sitzung am 17. De- zember 2004 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen, einen Antrag gemäß Artikel 77 Absatz 2 Grundgesetz nicht zu stellen bzw. einen Einspruch ge- mäß Artikel 77 Absatz 3 nicht einzulegen: – Gesetz über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 2004 (Nachtragshaushaltsgesetz 2004) – Gesetz zur Änderung des Gräbergesetzes – Gesetz zur Neuregelung der präventiven Tele- kommunikations- und Postüberwachung durch das Zollkriminalamt und zur Änderung der Investitionszulagengesetze 2005 und 1999 (NTPG) – Erstes Gesetz zur Änderung des Transfusionsge- setzes und arzneimittelrechtlicher Vorschriften – Fünfundzwanzigstes Gesetz zur Änderung des Abgeordnetengesetzes und Einundzwanzigstes Gesetz zur Änderung des Europaabgeordnetenge- setzes – – – – – – – – – – – – – – m d n (C (D Neuntes Gesetz zur Änderung des Parteiengeset- zes Gesetz zur Änderung dienst- und arbeitsrecht- licher Vorschriften im Hochschulbereich (HdaVÄndG) Gesetz zum internationalen Familienrecht Gesetz zur Änderung des Ehe- und Lebenspart- nerschaftsnamensrechts Gesetz zur Neugestaltung des Umweltinforma- tionsgesetzes und zur Änderung der Rechts- grundlagen zum Emissionshandel Gesetz zur Durchsetzung der Gleichstellung von Sol- datinnen und Soldaten der Bundeswehr (Soldatin- nen- und Soldatengleichstellungsdurchsetzungs- gesetz – SDGleiG) Drittes Gesetz zur Änderung des Verkehrswege- planungsbeschleunigungsgesetzes Gesetz zur Änderung eisenbahnrechtlicher Vor- schriften hinsichtlich der Regelung der Interope- rabilität des transeuropäischen Eisenbahnsystems Erstes Gesetz zur Änderung des Signaturgesetzes (1. SigÄndG) Gesetz zur Fortentwicklung der Berufsaufsicht über Abschlussprüfer in der Wirtschaftsprüfer- ordnung (Abschlussprüferaufsichtsgesetz – APAG) Gesetz zu dem Protokoll V vom 28. November 2003 zum VN-Waffenübereinkommen Gesetz zu dem Abkommen vom 18. November 2002 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mit- gliedstaaten einerseits und der Republik Chile an- dererseits Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindun- gen … Strafrechtsänderungsgesetz – §§ 180 b, 181 StGB (… StrÄndG) Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben itgeteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 er Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den achstehenden Vorlagen absieht: Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft – Bericht gemäß § 56 a GO-BT des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Technikfolgenabschätzung hier: TA-Projekt – „Potenziale zur Erhöhung der Nah- rungsmittelqualität – Entwicklungstendenzen bei Nah- rungsmittelangebot und -nachfrage und ihre Folgen“ – Drucksache 15/1673 – 14320 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 152. Sitzung. Berlin, Freitag, den 21. Januar 2005 (A) ) (B) ) – Bericht gemäß § 56 a GO-BT des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Technikfolgenabschätzung hier: TA-Projekt – „Potenziale zum Ausbau der regio- nalen Nahrungsmittelversorgung – Entwicklungsten- denzen bei Nahrungsmittelangebot und -nachfrage und ihre Folgen“ – Drucksache 15/1674 – – Bericht gemäß § 56 a GO-BT des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Technikfolgenabschätzung hier: TA-Projekt – „Potenziale für eine verbesserte Ver- braucherinformation – Entwicklungstendenzen bei Nahrungsmittelangebot und -nachfrage und ihre Fol- gen“ – Drucksache 15/1675 – Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit – Unterrichtung durch die Bundesregierung Übereinkommen über nukleare Sicherheit Bericht der Regierung der Bundesrepublik Deutsch- land für die Dritte Überprüfungstagung im April 2005 – Drucksachen 15/3650, 15/3693, Nr. 1.10 – Haushaltsausschuss – Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushalts- und Wirtschaftsführung 2004 Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 06 25 Titel 671 01 – Erstattungen an Dritte für die Durchführung der Flug- gast- und Reisegepäckkontrolle – – Drucksachen 15/4128, 15/4290 Nr. 1.3 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushalts- und Wirtschaftsführung 2004 Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 1513 Titel 636 82 – Zuschuss des Bundes an die Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten in den neuen Ländern (ein- schließlich ehemaliges Ost-Berlin) – Drucksachen 15/4129, 15/4290 Nr. 1.4 – Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen – Unterrichtung durch den Präsidenten des Bundesrech- nungshofes Bericht nach § 99 BHO zum Gemeindeverkehrsfinan- zierungsgesetz als Instrument der Mischfinanzierung von Bund und Ländern nach Artikel 104 a Abs. 4 Grundgesetz – Drucksachen 15/4080 – Auswärtiger Ausschuss – Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Parla- mentarischen Versammlung der OSZE über die Dreizehnte Jahrestagung der Parlamentari- schen Versammlung der OSZE vom 5. bis 9. Juli 2004 in Edinburgh/Großbritannien – Drucksachen 15/3668, 15/4009 Nr. 1.1 – Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden E s B (C (D U-Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäi- che Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer eratung abgesehen hat. Auswärtiger Ausschuss Drucksache 15/3403 Nr. 1.5 Drucksache 15/3403 Nr. 2.3 Drucksache 15/3779 Nr. 1.2 Drucksache 15/3779 Nr. 1.4 Drucksache 15/3779 Nr. 1.23 Drucksache 15/3779 Nr. 1.42 Drucksache 15/3779 Nr. 1.70 Drucksache 15/3779 Nr. 1.71 Drucksache 15/4213 Nr. 1.5 Drucksache 15/4213 Nr. 2.5 Drucksache 15/4213 Nr. 2.8 Finanzausschuss Drucksache 15/3779 Nr. 1.107 Drucksache 15/4085 Nr. 1.2 Drucksache 15/4085 Nr. 1.3 Drucksache 15/4085 Nr. 1.10 Drucksache 15/4085 Nr. 1.16 Drucksache 15/4213 Nr. 2.1 Drucksache 15/4213 Nr. 2.2 Drucksache 15/4213 Nr. 2.16 Drucksache 15/4213 Nr. 2.20 Drucksache 15/4213 Nr. 2.27 Drucksache 15/4213 Nr. 2.28 Drucksache 15/4213 Nr. 2.29 Drucksache 15/4213 Nr. 2.30 Drucksache 15/4213 Nr. 2.45 Drucksache 15/4296 Nr. 1.4 Drucksache 15/4296 Nr. 1.5 Drucksache 15/4296 Nr. 1.8 Haushaltsausschuss Drucksache 15/4213 Nr. 2.14 Drucksache 15/4213 Nr. 2.52 Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Drucksache 15/3779 Nr. 1.12 Drucksache 15/3779 Nr. 1.13 Drucksache 15/4001 Nr. 1.2 Drucksache 15/4001 Nr. 1.4 Drucksache 15/4001 Nr. 1.11 Drucksache 15/4001 Nr. 1.12 Drucksache 15/4001 Nr. 1.16 Drucksache 15/4001 Nr. 1.18 Drucksache 15/4085 Nr. 1.11 Drucksache 15/4085 Nr. 1.12 Drucksache 15/4213 Nr. 2.6 Drucksache 15/4213 Nr. 2.19 Drucksache 15/4213 Nr. 2.24 Drucksache 15/4213 Nr. 2.25 Drucksache 15/4213 Nr. 2.33 Drucksache 15/4213 Nr. 2.35 Drucksache 15/4213 Nr. 2.50 Drucksache 15/4213 Nr. 2.51 Drucksache 15/4213 Nr. 2.55 Drucksache 15/4213 Nr. 2.57 Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft Drucksache 15/3779 Nr. 1.30 Drucksache 15/3779 Nr. 1.35 Drucksache 15/4085 Nr. 1.9 Drucksache 15/4213 Nr. 1.1 Drucksache 15/4213 Nr. 1.2 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 152. Sitzung. Berlin, Freitag, den 21. Januar 2005 14321 (A) (C) (B) (D) Drucksache 15/4213 Nr. 1.3 Drucksache 15/4213 Nr. 2.13 Drucksache 15/4213 Nr. 2.18 Drucksache 15/4213 Nr. 2.21 Drucksache 15/4213 Nr. 2.26 Drucksache 15/4213 Nr. 2.32 Drucksache 15/4213 Nr. 2.37 Drucksache 15/4213 Nr. 2.56 Drucksache 15/4296 Nr. 1.11 Drucksache 15/4296 Nr. 1.17 Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen Drucksache 15/4213 Nr. 2.12 Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 15/4213 Nr. 2.15 Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Drucksache 15/3546 Nr. 1.3 Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Drucksache 15/3779 Nr. 1.75 Drucksache 15/3779 Nr. 1.110 Drucksache 15/3779 Nr. 1.112 Drucksache 15/4085 Nr. 1.4 Drucksache 15/4213 Nr. 2.53 Ausschuss für Tourismus Drucksache 15/2373 Nr. 2.22 Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 15/3403 Nr. 2.13 Drucksache 15/3546 Nr. 2.16 Drucksache 15/3696 Nr. 2.25 Drucksache 15/4213 Nr. 2.7 Drucksache 15/4213 Nr. 2.43 152. Sitzung Berlin, Freitag, den 21. Januar 2005 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4
Gesamtes Protokol
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1515200000

Die Sitzung ist eröffnet. Ich wünsche Ihnen allen ei-

nen guten Morgen und uns gute Beratungen.
Wir beginnen mit dem Tagesordnungspunkt 16:

Erste Beratung des von den Abgeordneten Olaf
Scholz, Hermann Bachmaier, Sabine Bätzing,
weiteren Abgeordneten und der Fraktion der SPD
sowie der Abgeordneten Irmingard Schewe-
Gerigk, Volker Beck (Köln), Jutta Dümpe-
Krüger, weiteren Abgeordneten und der Fraktion
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN einge-
brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umset-
zung europäischer Antidiskriminierungsricht-
linien
– Drucksache 15/4538 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen

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Redet
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss gemäß § 96

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache eineinviertel Stunden vorgesehen. –
Dazu höre ich keinen Widerspruch. Dann ist das so be-
schlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Kollegen
Olaf Scholz für die SPD-Fraktion das Wort.


Olaf Scholz (SPD):
Rede ID: ID1515200100

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

mehr als 200 Jahren haben die Menschen in F
in England und in den späteren Vereinigten S
Amerika die Demokratie erkämpft und sich

(C (D ung 1. Januar 2005 0 Uhr reiheiten und Grundrechte eingesetzt. Viele der Dinge, ie damals gesehen worden sind, sind noch heute Betandteil unserer Verfassungsordnung und der Verfasungsprinzipien. Dazu gehört auch und ganz zentral, ass der Staat niemanden wegen seines Geschlechts, ween seiner Behinderung, wegen seines Alters, wegen der exuellen Identität oder ethnischen Herkunft diskrimiieren darf. Heute, etwa 200 Jahre später, besteht eine Situation, n der wir das so selbstverständlich finden, dass wir saen: Solche Prinzipien sollen nicht nur gelten, wenn es m die Beziehung zwischen Staat und Bürgern, wenn es m Abwehrrechte geht, sondern auch dann, wenn es um ie Beziehung von Bürgerinnen und Bürgern, jedenfalls ächtigeren Bürgerinnen und Bürgern, zu anderen geht. as heißt, solche Prinzipien, wie sie unsere Verfassungsrdnung mittlerweile für jeden von uns selbstverständich hat werden lassen, sollen auch im Zivilleben und in er Zivilgesellschaft gelten. Das ist die mittelbare Wirkung der Grundrechte, etas, das wir unterstützen, das aber niemals oder fast nie nmittelbar durchgesetzt wird; der Gesetzgeber muss ber auch etwas tun, damit es dazu kommt. Die in man ext chem Kommentar gern geschriebene und an vielen Stellen wiederholte Behauptung, dass durch unsere Gesetzgebung bereits alles geregelt sei, ist nicht richtig. Manche künstliche Aufregung wäre nicht erklärbar, wenn sie richtig wäre. Was wir hier tun, ist also schon etwas Notwendiges. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der SPD und der FDP)


Worum geht es? Wir als anständige Bürgerinnen und
Bürger wollen Folgendes einfach nicht mehr hinnehmen:
Eine Gruppe Behinderter hat ein Hotel gebucht, er-
scheint dort und dann wird ihr gesagt: Ihr könnt hier

ollen nicht, dass ihr als behinderte Men-
tuhlfahrer die übrigen Gäste stört. – Das
n, die unerträglich ist und die wir nicht
n wollen.
Vor etwas
rankreich,
taaten von
für Grund-

nicht sein; wir w
schen, als Rolls
ist die Situatio
mehr hinnehme






(A) )



(B) )


Olaf Scholz


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, das ist die Situation, die

Sie immer vor Augen haben müssen, wenn Sie das, was
Sie hier vorhaben zu sagen, sagen,


(Heiterkeit bei der CDU/CSU – Ina Lenke [FDP]: Warten Sie doch erst einmal ab!)


wenn Sie aufschreiben, was Sie an verschiedenen Stellen
schon aufgeschrieben haben und was Sie auch anderswo
nachlesen können, nämlich dass es uns angeblich darum
gehe, in die Privatbeziehungen der Bürger hineinzu-
gehen.


(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Da meldet sich Ihr schlechtes Gewissen!)


Wenn man sich klar macht, was die Gefühle eines behin-
derten Menschen sind, der dort nicht eingelassen wird,


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Sie müssen Herrn Schröder verklagen!)


dann kommt man zu dem Schluss, dass es zynisch ist,
wenn man liest und hört, dass es ein unangemessenes
Vorgehen des Staates wäre, sich in diese Angelegenheit
einzumischen. Wir wollen uns einmischen – im Sinne
des Anstands, den wir hier in diesem Land zu vertreten
haben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


Es ist auch so, dass wir ein sehr pragmatisches Gesetz
gemacht haben. Das wichtigste Kennzeichen für den
Pragmatismus, den wir in diesem Gesetz haben walten
lassen,


(Dirk Niebel [FDP]: Definieren Sie doch einmal bitte „pragmatisch“!)


ist, dass man sich ohne besondere Lektüre dieses Geset-
zes gesetzeskonform verhalten kann.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf von der CDU/CSU: Dann können wir es ja gleich lassen! – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wozu brauchen wir dann überhaupt ein Gesetz?)


Wer so ist, wie wir alle sein wollen – trotz Ihrer Aufre-
gung glaube ich, dass Sie persönlich etwas für das Ge-
setz übrig haben – und wie ein anständiger Bürger sein
sollte, der wird mit diesem Gesetz keine Probleme haben
und braucht auch keinen Rechtsanwalt.


(Beifall bei der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Montesquieu! – Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Wer sich an die zehn Gebote hält, braucht auch keine Gesetze!)


Es ist auch nicht notwendig, dass jetzt viele Unterneh-
men die teuren Seminare besuchen, die überall angebo-
ten werden: „Wie bereite ich mich auf das Antidiskrimi-

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(C (D ierungsgesetz vor?“ Das ist verschwendetes Geld; das ollten die sparen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


er sich schon angemeldet hat, sollte sich wieder ab-
elden. Das ist nicht notwendig. Wenn Sie einen
echtsanwalt gefunden haben, der sagt, man müsse vor-
orgen und dokumentieren – was man überhaupt nicht
uss –,


(Markus Grübel [CDU/CSU]: Aber beweisen muss man es können!)


ann sollten Sie ihn auf Schadenersatz verklagen, weil er
ie falsch beraten hat. Das ist die Situation.


(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Markus Grübel [CDU/CSU]: Haben Sie das Gesetz überhaupt schon einmal gelesen?)


Ich glaube, dass wir uns in einer rechtlichen Kultur
efinden, die man folgendermaßen beschreiben kann:
erbandsvertreter, Rechtsanwälte und alle, die einen be-
aten – auch Politiker –, handeln ganz marktwirtschaft-
ich: Wenn man laut schreit, gibt es mehr Geld. Sicher-
ich hat die Tatsache, dass wir unseren Gesetzentwurf
or Weihnachten vorgestellt haben, auch dazu beigetra-
en, dass mancher Verbandsvertreter mehr an die Weih-
achtsprämie und an die Zusatzvergütung gedacht hat,
ls er gesagt hat: Ihr müsst noch einmal Geld an meinen
erband überweisen, weil ich euch vor etwas warnen
uss. Das war aber falsch und nicht notwendig.


(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPD)


nsofern, glaube ich, ist hier eine angemessene Betrach-
ung angebracht.
Das beliebteste Beispiel zu diesem Thema – ich will

s gerne aufgreifen; jeder darf dabei etwas Falsches sa-
en und sich dennoch gut fühlen – ist immer wieder – in
erschiedenen Varianten falsch nacherzählt –, dass je-
and, der sich um eine Wohnung beworben und sie
icht bekommen habe, nur behaupten müsse, er werde
iskriminiert, weil er homosexuell sei; schon müsse der
ermieter beweisen, dass das Gegenteil der Fall sei. Das
st grober Unfug. Das steht nicht im Gesetz. Das Gesetz
ird auch niemals so ausgelegt werden können. Aber all
ie, die das immer wieder behaupten, leben davon, dass
ie auf lauter Leute treffen, die erst einmal annehmen:
in Abgeordneter lügt nicht.


(Zurufe von der CDU/CSU)

iese Leute denken sich: Wenn er das sagt, wird das
ohl so im Gesetz stehen. – Es steht aber nicht im Ge-
etz. Deshalb sage ich Ihnen: Das werden Sie im Gesetz
icht finden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dirk Niebel [FDP]: Das ist ja eine Faschingsrede!)


Damit Sie es nicht so leicht haben, haben wir uns bei
er Gesetzgebung einen ganz wichtigen Schritt überlegt.






(A) )



(B) )


Olaf Scholz

Wir haben nämlich gesagt: In der Frage der Beweis-
erleichterung, die uns die EU in vielen Fällen vorge-
schrieben hat und die wir auch gerne umsetzen wollen,
greifen wir das auf, was wir schon in unserer Rechtsord-
nung haben. In § 611 a BGB steht, dass es eine Beweis-
erleichterung gibt, wenn jemand im Arbeitsleben wegen
seines Geschlechts diskriminiert worden ist. Das ist eine
pragmatische Regelung, bei der man all die unwahren,
schrillen Töne abtesten kann, die jetzt erklungen sind. Es
gab wegen dieses Paragraphen nämlich keine Prozess-
flut. Es hat auch keine Dokumentationspflichten und
keinen strukturellen Missbrauch wegen dieser Regelung
gegeben. Ja, am Anfang haben sich fünf naseweise
männliche Jurastudenten auf Frauenjobs beworben, in
der Hoffnung, dass jemand sagt: Ich nehme keine Män-
ner. Das hat halb geklappt, halb nicht. Nun hat die
Rechtsprechung das klargestellt. Sie können jedenfalls
an wenigen Händen abzählen, wie viele Verfahren es zu
diesem Thema gibt. Dann wissen Sie, dass es einfach die
Unwahrheit ist, zu sagen, hier drohe Bürokratie und hier
drohe eine Prozessflut. Das ist nichts weiter als Propa-
ganda, die keine Rechtfertigung in diesem Gesetzesvor-
haben hat.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die letzte der beliebten falschen Behauptungen lautet,
wir gingen hier unglaublich über die Vorgaben der Euro-
päischen Union hinaus. Zunächst einmal ist dazu zu sa-
gen: Wir machen das Gesetz nicht, weil die EU uns dazu
zwingt, sondern deshalb, weil wir das für richtig halten.
Wir bekennen uns zu dem, was wir da machen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Ina Lenke [FDP]: Das hat ja lange gedauert! Sie hatten fast ein Verletzungsverfahren am Hals! – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Warum lassen Sie sich dann so viel Zeit?)


Es ist auch richtig, dass es mittlerweile vier Richtlinien
gibt, die wir umsetzen müssen. Aber jeder, der den Satz
sagt oder schreibt, wir gingen über die Vorgaben hinaus,
hofft, dass ihn keiner fragt, was er eigentlich damit
meint. Denn dann müsste man antworten, dass damit
nicht gemeint ist, wir gingen bei der Ausgestaltung der
Rechte zu weit, etwa in Bezug auf Beweiserleichterung,
in Bezug auf die Unterstützung durch Antidiskriminie-
rungsverbände oder in Bezug auf ähnliche Dinge – diese
sind ja vorgeschrieben; das sollen wir machen –, sondern
dass wir in dem Punkt darüber hinausgehen, dass wir
zum Beispiel Menschen mit Behinderungen einbezie-
hen. Wenn Sie der Meinung sind, wir sollten für die
Menschen mit Behinderungen nichts tun, dann sagen Sie
das auch, statt sich auf einen so abstrakten, nicht hinter-
fragbaren Satz wie den zurückzuziehen, wir gingen über
die Vorgaben hinaus.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


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(C (D Herr Kollege Scholz, gestatten Sie eine Zwischen rage der Kollegin Lenke? Ich bin zwar fast am Ende meiner Rede, aber bitte. Herr Scholz, vielleicht sind Sie gleich mit Ihrem La ein am Ende, wenn Sie auf meine Frage antworten solen. Ich frage Sie, ob es richtig ist, dass Sie die Richtlinie 000/78/EG vom 27. November 2000 nicht, wie die EU s vorgeschrieben hat, bis zum Dezember 2003 umgeetzt haben. Sie sagten, dass Sie die Vorgaben der EU ar nicht brauchten; aber bis 2003 haben Sie gar nichts emacht. (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Frau Lenke, guten Morgen! – Zurufe von der SPD: Oh!)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1515200200
Olaf Scholz (SPD):
Rede ID: ID1515200300
Ina Lenke (FDP):
Rede ID: ID1515200400

s war fast ein Vertragsverletzungsverfahren anhängig.
ielleicht können Sie sich einmal dazu äußern.


Olaf Scholz (SPD):
Rede ID: ID1515200500

Ich bedanke mich für Ihre Frage.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)

s ist in der Tat so, dass mittlerweile eine ganze Reihe
on Richtlinien, die umgesetzt werden müssen, aufge-
aufen ist, und manche davon hätten schon umgesetzt
ein müssen. Das ist gar nicht zu bestreiten.


(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Das ist Ihnen aber völlig egal!)


in wenig müssen Sie sich – ich weiß nicht, wie Sie sich
ier einlassen wollen – oder wenigstens die Vertreter Ih-
er Partei und von der Union schon darauf verständigen,
as Sie sagen wollen. Wollen Sie sagen, wir gingen zu
eit, oder wollen Sie sagen, wir seien nicht rechtzeitig
enug fertig geworden? Beides ist nicht dasselbe.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das eine hat mit dem anderen doch nichts zu tun! Ganz unterschiedliche Zusammenhänge, Herr Scholz! – Zurufe von der CDU/CSU)


Deshalb will ich Ihnen gerne sagen, dass wir das sehr
ewusst so gemacht haben. Manchmal ist es nämlich so,
ass eine längere Beratungszeit dazu beiträgt, dass man
inen umfassenden und sorgfältig abgewogenen Gesetz-
ntwurf zustande bringt, so wie wir es jetzt geschafft ha-
en.


(Markus Grübel [CDU/CSU]: Die Regierung hat das nicht zustande gebracht!)


eshalb glaube ich, dass sich die lange Beratungszeit in
inem guten Ergebnis niedergeschlagen hat.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Olaf Scholz

Letzte Bemerkung: Wir hielten es für richtig, auf der

Ebene der Zivilgesellschaft und des Privatrechts zu blei-
ben.


(Zuruf von der CDU/CSU: Es gibt auch Strafrecht!)


Wir haben uns das, was die französischen konservativen
Juristen im Rechtsausschuss vorgetragen haben, nicht zu
Eigen gemacht. Diese haben vorgeschlagen, eine hohe
Behörde einzurichten, die in alle Privatbeziehungen in-
tervenieren kann, und das Strafrecht zu verschärfen. Wir
haben gesagt, die Menschen sollen das untereinander re-
geln. Dabei helfen wir ihnen. Das ist ein Fortschritt für
dieses Land.

Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1515200600

Das Wort hat nun die Kollegin Maria Eichhorn, CDU/

CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Maria Eichhorn (CSU):
Rede ID: ID1515200700

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr

Scholz, wir sind zwar in der Faschingszeit, aber dieses
Gesetz ist so weit reichend, dass es es verdient hätte,
sich ernsthaft mit ihm auseinander zu setzen. Das wer-
den wir tun.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zuruf von der SPD: Davon haben wir bisher nichts gehört!)


Meine Damen und Herren, vor dem Gesetz sind alle
Menschen gleich. Art. 3 unseres Grundgesetzes und ver-
schiedene Vorschriften schützen die Bürgerinnen und
Bürger vor Benachteiligungen aufgrund bestimmter
Merkmale wie Geschlecht, Abstammung, Religion, Be-
hinderung usw. Dieses unbestrittene Grundrechtsprinzip
hat Konsequenzen: Einer Frau darf nicht deshalb ein Ar-
beitsplatz verweigert werden, weil sie eine Frau ist. Wie
lässt sich dieses nachweisen? Steht dem nicht das Prin-
zip der Vertragsfreiheit entgegen? Es sollte doch jeder
Verträge abschließen können, mit wem er will.

Die Umsetzung der EU-Gleichbehandlungsrichtlinien
durch das vorliegende Gesetz gibt der Politik der Anti-
diskriminierung in Deutschland einen völlig neuen Stel-
lenwert. Der Gesetzentwurf geht weit über die von der
EU vorgeschriebenen notwendigen Regelungen hinaus.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sagen Sie doch mal, wo!)


Das gilt sowohl für die Diskriminierungstatbestände als
auch für die betroffenen Rechtsgebiete. Die EU verlangt
nur ein zivilrechtliches Diskriminierungsverbot auf-
grund der Rasse und der ethnischen Herkunft.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Und Sie wollen die Behinderten weiter diskriminieren!)


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(C (D Mit der Ausweitung der Diskriminierungstatbestände uf Religion, Weltanschauung, Behinderung, Alter, exuelle Identität und Geschlecht verfolgen Sie eine betimmte Ideologie (Sebastian Edathy [SPD]: Eine demokratische Ideologie!)


nd ändern die Wertmaßstäbe.

(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das heißt, in diesem Bereich wollen Sie das Recht auf Diskriminierung!)


s drängt sich die Frage auf, ob das Ziel wirklich die Be-
eitigung von Diskriminierung ist oder bereits der Schritt
ur Bevorzugung von Bevölkerungsgruppen mit be-
timmten Merkmalen.


(Nicolette Kressl [SPD]: So ein Blödsinn!)

iese Frage muss erlaubt sein.
So sucht man den Schutz der Familie bei den ge-

chützten Gruppen vergeblich.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Ina Lenke [FDP])

ie bildet unverändert auch heute noch die Basis unserer
esellschaft und die Basis der Finanzierung unserer So-
ialversicherungssysteme. Es stellt sich daher die Frage,
b nicht auch gesellschaftliche Gruppen ohne politische
nd weltanschauliche Extrempositionen den Schutz un-
erer Gesellschaft verdienen.


(Nicolette Kressl [SPD]: Was sind das denn für Extrempositionen bei Behinderten? Was soll das denn?)


Das Gesetz bringt weit gehende Einschnitte im ar-
eitsrechtlichen Bereich mit analoger Anwendung auf
eamte. Im Zivilrecht sind das Versicherungs- und das
ietrecht besonders betroffen. So schaffen Sie zusätz-
che Bürokratie und sorgen für eine noch stärkere Über-
egulierung unserer Gesellschaft.


(Zuruf von der SPD: So ein Quatsch!)

leine und mittelständische Betriebe werden besonders
arunter leiden. Das Gesetz ist ein Arbeitsplatzverhinde-
ungsgesetz,


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zurufe von der SPD: Ha, ha!)


nd das bei einer Rekordzahl von 4,4 Millionen Arbeits-
osen. Das ist unverantwortlich.


(Christel Humme [SPD]: Also diskriminieren wir weiter!)


Mit der Einrichtung einer Antidiskriminierungs-
telle, die beim Familienministerium vorgesehen ist,
eht der Gesetzentwurf ebenfalls über die EU-Richtli-
ien hinaus. Diese Richtlinien sehen eine solche Stelle
ur für die Benachteiligung wegen Rasse, ethnischer
erkunft und Geschlecht vor. Zusätzliche Bürokratie
ntsteht bei dieser Stelle durch die detaillierte Regelung






(A) )



(B) )


Maria Eichhorn

der Rechtstellung des Leiters und durch einen 16-köpfi-
gen Beirat, der Anspruch auf umfangreiche Geldleistun-
gen hat.

Eine der Hauptaufgaben dieser Stelle ist die Öffent-
lichkeitsarbeit, und das für schätzungsweise 5,6 Mil-
lionen Euro jährlich. Aber bei unserer hervorragenden
Haushaltslage sind das ja nur Peanuts.

Wenn man die eigentlichen Aufgaben der Stelle nach-
liest, stellt sich zugleich die Frage nach der Wirksamkeit
dieser Einrichtung. Erfahrungen mit der Ombuds-
mannstelle in Schweden zeigen jedoch, dass diese Stelle
zwar vermittelt, aber faktisch nichts durchsetzen kann.
Also viel Wind, aber kein Erfolg.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie wollen also die Stelle stärken! Sie wollen, dass sie überall interveniert! Interessante Position!)


Was ist Diskriminierung? Diskriminieren bedeutet
herabsetzen, herabwürdigen. Eine Rollstuhlfahrerin be-
richtet, ein Hotelbetreiber, der nach seinen eigenen Wor-
ten über einen barrierefreien Zugang verfügt und auch
Zimmer anbietet, die für Rollstuhlbenutzer geeignet
sind, habe ihr mitgeteilt, dass er nicht gerne Zimmer an
Rollstuhlfahrer vermiete. Weiter sagte er zu der darauf-
hin sprachlosen Frau, nebenan gebe es ein Altenheim;
sie solle doch dort nachfragen, ob ein Zimmer zur An-
mietung frei sei.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Deshalb wollen Sie es so lassen?)


Behinderte erfahren ebenso Diskriminierungen zum
Beispiel bei Reisen, bei Veranstaltungen, in der Gastro-
nomie, beim Abschluss von Versicherungsverträgen.
Dies wurde bei einem Werkstattgespräch der CDU/CSU-
Fraktion im Oktober bestätigt.


(Sebastian Edathy [SPD]: Sie reden mit den Leuten und wir handeln! Das ist der Unterschied!)


Diese Diskriminierungen müssen wir aufdecken und für
Abhilfe sorgen.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann wollen Sie doch über die EU-Richtlinie hinausgehen!)


Die Behindertenverbände haben zum vorliegenden Ge-
setzentwurf bereits Verbesserungsvorschläge gemacht.
Diese werden wir aufgreifen und im Gesetzgebungsver-
fahren wohlwollend prüfen.

Ich will einen weiteren Fall schildern. Einem 70-jäh-
rigen Bankkunden wurde mit Hinweis auf sein Alter der
Dispositionskredit gekündigt, obwohl sich seine Vermö-
gensverhältnisse nicht geändert hatten. Auch Jüngere
sind von Diskriminierung betroffen. Über 50-Jährige
– das wissen wir – haben kaum noch Chancen auf dem
Arbeitsmarkt.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Deshalb haben wir das Alter mit aufgenommen!)


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(C (D Trotz aller Gleichstellungsbemühungen seit Jahrzehnen fließt das Merkmal „Geschlecht“ in die Bewertungsraxis der Arbeit, die überwiegend von Frauen verrichtet ird, immer noch mit ein. rauenarbeit wird systematisch unterbewertet. Selbsterständlich gilt der Rechtsanspruch „gleiches Entgelt ür gleichwertige Arbeit“. Doch gibt es andere Möglicheiten, Frauenund Männerarbeit unterschiedlich zu beahlen. Das gilt auch bei höherem Ausbildungsniveau. o lag der durchschnittliche Nettoverdienst im ahre 2002 bei Männern in höheren Positionen bei 454 Euro und bei Frauen in gleicher Position bei urchschnittlich nur 1 626 Euro. Wir sind uns einig: Auch hier gibt es noch viel zu tun. ber gibt das Antidiskriminierungsgesetz darauf die ichtige Antwort? Das ist die Frage. (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Geben Sie mal eine Antwort!)


(Elke Ferner [SPD]: Aha!)


(Zurufe von der SPD: Aha!)


ie unklaren Definitionen im Gesetzentwurf werfen
iele Fragen auf. Die Formulierungen sind vielfach we-
er rechtlich noch fachlich durchdacht. Rechtsanwälte
nd Gerichte können sich über viel zusätzliche Arbeit
reuen. Wer meint, diskriminiert worden zu sein, braucht
iesen Verdacht nur noch glaubhaft zu machen. Der Be-
chuldigte muss dann vor Gericht seine Unschuld bewei-
en. Dies führt zu langen und schwierigen Gerichtsver-
andlungen.
Ein Vermieter wird danach künftig nachweisen müs-

en, dass er einen Mieter abgelehnt hat, weil er an seiner
ahlungsfähigkeit zweifelt, und nicht etwa deswegen,
eil er zum Beispiel eine dunkle Hautfarbe hat. Die
eweislastumkehr wird für viele zur Diskriminierungs-
alle.


(Sebastian Edathy [SPD]: Wo steht die denn? – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn die im Gesetz stünde, dann wäre es schon schlimm!)


as zeigen Erfahrungen in den USA und in Großbritan-
ien.
Bereits in der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass
egelungen, die eigentlich schützen sollten, kontrapro-
uktiv waren. Ich erinnere nur an die von Ihnen einge-
ührte gesetzliche Regelung zur Teilzeitarbeit.
Meine Damen und Herren, das Ziel des vorliegenden
esetzentwurfes, bestimmte Personenkreise umfassend
u schützen, mag vielleicht juristisch erreicht werden. Es
st jedoch äußerst zweifelhaft, ob der Schutz dieser Per-
onen tatsächlich erreicht werden kann. Hinzu kommt,
ass das Risiko von Schadensersatzansprüchen dazu
ühren kann, dass der Kontakt mit den Geschützten von
ornherein vermieden wird. So sagt der Haus- und
rundbesitzerverein: Die geplanten gesetzlichen Verän-
erungen im Bereich des Mietrechts helfen nicht den ge-
chützten Personen, sondern erschweren die Integration






(A) )



(B) )


Maria Eichhorn

von Minderheiten. Andere wiederum, die wie der Deut-
sche Juristinnenbund das Gesetz begrüßen, stellen fest,
dass die Verbesserungen gering ausfallen.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die wollen weitergehen! Wollen Sie auch weitergehen? Sagen Sie doch einmal, was Sie wollen! Minus und Plus kann man nicht gleichzeitig wollen!)


Nikolaus Piper warnt in einem Kommentar der „SZ“
vom 1. Dezember 2004 – Herr Scholz, die „Süddeutsche
Zeitung“ ist ja keine Zeitung, die Ihnen schlecht geson-
nen ist – vor einer überzogenen Antidiskriminierungs-
politik, die in eine Falle gerate. Ich zitiere:

Das gut Gemeinte richtet sich in der Überdosis ge-
gen das eigentlich verfolgte Ziel. Nicht der Erfolg
der potenziell Diskriminierten ist das Ergebnis, son-
dern die ökonomische und gesellschaftliche Läh-
mung.

(Sebastian Edathy [SPD]: So ein Unsinn!)


Er fährt fort:
Die Bundesregierung wäre gut beraten, die von
Brüssel verordnete Politik so behutsam wie mög-
lich umzusetzen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der FDP)


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1515200800

Ich erteile das Wort dem Kollegen Volker Beck,

Bündnis 90/Die Grünen.

Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1515200900

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bei-

trag der Union lässt mich – das muss ich Ihnen geste-
hen – etwas ratlos zurück.


(Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Man sollte sich schon entscheiden, ob man, wie es man-
che, insbesondere die betroffenen Verbände, tun, kritisie-
ren will, dass man noch mehr hätte machen können und
wir nicht weit genug gegangen seien, oder ob man kriti-
sieren will, dass wir viel zu weit gegangen seien. Da
sollte man sich schon entscheiden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Die Tatsache aber, dass es in beide Richtungen Kritik

an unserem Gesetzentwurf gibt, zeigt, dass wir einen
ausgewogenen Kompromiss


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


zwischen einerseits einem wirksamen Diskriminierungs-
schutz und andererseits keiner unnötigen Belastung der
Wirtschaft und der Anbieter von Dienstleistungen gefun-
den haben.

Ziel dieses Gesetzes ist es, jedem Bürger und jeder
Bürgerin in unserem Land einen gleichberechtigten Zu-
gang zum Markt, zum Handel mit Waren und Dienstleis-

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(C (D ungen und zum Arbeitsmarkt, zu verschaffen. Ziel diees Gesetzes ist es nicht, den Bürgerinnen und Bürgern orzuschreiben, wie sie zu denken haben. in gleichberechtigter Zugang zum Markt gewinnt in eiten, in denen sich der Staat aus immer mehr Bereihen zurückzieht und das Angebot privaten Trägern berlässt, zunehmend an Bedeutung. Wer heute keinen leichberechtigten Zugang zu Waren und Dienstleistunen und zum Arbeitsmarkt hat, hat keine Chance, sich in ieser Gesellschaft frei zu entfalten und sich selbstverntwortlich zu engagieren, wie wir es aber bei der genda 2010 von den Menschen erwarten. Deshalb ist as, was wir mit diesem Gesetz bewirken wollen, nur air. Man muss die Dinge auch zu Ende denken, Frau Kol egin Eichhorn. Es ist richtig: In diesem Gesetzentwurf teht nicht das Verbot der Diskriminierung aufgrund des amilienstandes. Würden wir dies aber in das Gesetz ufnehmen, handelten wir mit Zitronen. Dann dürfte ämlich niemand mehr Ehepaare und Familien bevorzuen, sie würden den Sanktionen dieses Gesetzes unteriegen. ir respektieren den verfassungsrechtlichen Schutz on Ehe und Familie. Wir haben mit Interesse zur enntnis genommen, dass dies offensichtlich nicht mehr er Frauenpolitik der Union entspricht. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist großzügig!)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


In der Tat gehen wir mit diesem Gesetz an einer Stelle
eutlich über das uns von der EU Vorgeschriebene hi-
aus: Wir wollen die Diskriminierung im Zivilrecht
icht nur hinsichtlich Rasse, ethnischer Herkunft und,
ie wir dies neuerdings tun müssen, Geschlecht untersa-
en. Man soll auch Behinderte, alte Menschen, religiöse
inderheiten wie Juden und Muslime sowie Homo-

exuelle nicht diskriminieren dürfen; das scheint Sie,
enn ich das richtig vernommen habe, am meisten zu
tören.
Ich kann mir angesichts unserer Geschichte – wir
erden jetzt den 60. Jahrestag der Befreiung vom Fa-
chismus begehen – schlichtweg nicht vorstellen, dass
ir in Deutschland ein Antidiskriminierungsgesetz ver-
bschieden, nach dem Behinderte und Juden nicht vor
iskriminierung geschützt werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Die Werteordnung des Grundgesetzes erteilt der Dis-
riminierung und der Ausgrenzung aufgrund bestimmter
ersönlichkeitsmerkmale eine klare Absage. Das ist in
rt. 3 des Grundgesetzes geregelt. Art. 3 des Grundge-
etzes bindet aber unmittelbar nur den Staat und seine
rgane. Das heißt: Der Staat darf den Bürger nicht dis-
riminieren. Wir wollen aber, dass die Bürger die glei-
hen Möglichkeiten haben, wenn es zum Beispiel darum
eht, Versicherungsverträge abzuschließen oder eine






(A) )


)

Volker Beck (Köln)


Wohnung zu mieten, und nicht aufgrund bestimmter
Merkmale, zum Beispiel weil sie zu alt sind, weil sie
eine Frau oder eben ein Mann sind, weil sie schwul oder
heterosexuell sind oder weil sie behindert sind, davon
ausgeschlossen sind. Wir wollen jedem die gleichen
Chancen und Möglichkeiten eröffnen.

Was ist heute Realität? Es ist zwar nicht flächen-
deckend der Fall, kommt aber immer wieder vor, dass
Frauen höhere Tarife bei Kranken- und Lebensversiche-
rungen zahlen. Homosexuellen werden Lebensversiche-
rungsverträge pauschal verweigert. Menschen nicht
deutscher Herkunft, Schwule und Lesben sowie Behin-
derte erfahren vergleichbare Diskriminierungen im Gas-
tronomiebereich. Solche Leute will man nicht bedienen,
man will sie dort nicht haben. Ausländisch aussehenden
jungen Männern wird der Zugang zu einer Diskothek
verweigert. Behinderte Menschen werden oft in einem
Ferienhotel nicht aufgenommen, weil man unterstellt, sie
würden die anderen Gäste stören. Das wollen wir abstel-
len. Bislang ist dies durch unsere Rechtsprechung ge-
deckt. Es gibt Gerichtsurteile, nach denen der Wert der
Leistung eines Reiseveranstalters gemindert werden
kann, wenn Behinderte am Nebentisch ihre Mahlzeit
einnehmen. Das ist eine Ungeheuerlichkeit. Sie können
doch nicht wollen, dass das so bleibt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Besonders gravierend sind die Benachteiligungen im
Arbeitsleben, bei der Einstellung, beim beruflichen Auf-
stieg, bei den Arbeitsbedingungen und bei der Entloh-
nung. Deshalb haben wir dafür gesorgt, dass das abge-
stellt wird.

Lassen Sie mich kurz zum Schluss kommen.

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1515201000

Möchten Sie, bevor Sie zum Schluss kommen, eine

Zwischenfrage zulassen?

Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1515201100

Aber selbstverständlich.

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1515201200

Der Kollege Scheuer hatte sich gemeldet. Bitte schön.

Andreas Scheuer (CSU):
Rede ID: ID1515201300

Herr Kollege Beck, Sie malen hier das Bild von einer

Gesellschaft in Deutschland, die voller diskriminierter
Gruppen und voller ekliger verschiedener Auffassungen
ist. Sind Sie allen Ernstes der Meinung, dass in Deutsch-
land solch eine Gesellschaft voller Diskriminierung,
Neid und Hass vorherrscht?


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1515201400

Ich bin der Meinung, dass ich die Gesellschaft richtig

beschrieben habe und dass sie nicht voller Diskriminie-
rung ist. Ich habe das eben in meiner Rede ausgeführt:
Solche Diskriminierungen kommen nicht flächen-
deckend vor, aber in bestimmten Bereichen immer wie-
der.

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(C (D Kürzlich lief bei RTL eine Fernsehsendung, in der ehn Versicherer befragt wurden, wie sie es mit Lebensersicherungen für Homosexuelle, die eine eingetraene Partnerschaft haben, halten. Das Ergebnis war: ebensversicherungen und Krankenversicherungen vereigern einen Vertrag, weil sie Homosexuelle offenichtlich für krank halten und deshalb ein höheres Riiko befürchten. Wenn Sie einmal unsere Frauenpolitiker fragen, wie ie Konditionen für Versicherungsverträge aussehen, ann werden sie Ihnen sagen, dass Frauen bei Verträgen m Bereich der Lebensversicherung einfach überall mehr ahlen als Männer. – Sie bleiben bitte stehen, bis ich Ihre rage beantwortet habe, Herr Scheuer. Wenn man eine rage stellt, muss man die Antwort aushalten. Das ist nsere Regel hier. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


ibt es dafür, dass Frauen mehr zahlen als Männer, ei-
en guten Grund? Wir wissen aus versicherungsmathe-
atischen Berechnungen, dass es andere Kriterien gibt,
ie für den Schadensverlauf und für das Risiko des Ver-
icherers wesentlich relevanter sind.
Wir werden mit diesem Gesetz dafür sorgen, dass

ersicherer in Zukunft nur aufgrund von versicherungs-
athematischen Kriterien unterschiedliche Tarife auslo-
en können. – Sie wollen nicht mehr lernen, deshalb er-
pare ich Ihnen den Rest. Bitte setzen Sie sich, Herr
ollege!


(Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Geschlechtergerechtigkeit und der Ausbau des Diskri-
inierungsschutzes sind keine Luxusartikel, sondern
otwendige Zutaten einer wirksamen Modernisierungs-
olitik. International kann keine Volkswirtschaft beste-
en, die nur nach Altvätersitte geführt wird. Im Zeitalter
er Globalisierung ist die Anerkennung von Diversity
in wichtiges Element für wirtschaftlichen Erfolg. Nie-
and hat die Illusion, dass Diskriminierung nun per
nopfdruck über Nacht verschwindet. Ein Antidiskrimi-
ierungsgesetz ist aber ein wichtiges gesellschaftspoliti-
ches Signal der Integration: ein Signal für das ernsthafte
emühen um Geschlechtergerechtigkeit und ein Signal
egen die Herabwürdigung und Ausgrenzung von Men-
chen, weil sie anders sind. Es wäre schön, wenn wir we-
igstens darüber einer Meinung wären.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1515201500

Das Wort hat nun der Kollege Heinrich Kolb für die

DP-Fraktion.


Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1515201600

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich
ill zu Beginn meiner Rede hier sehr deutlich und un-
issverständlich sagen: Die FDP-Bundestagsfraktion

(B)







(A) )



(B) )


Dr. Heinrich L. Kolb

wendet sich wie schon bisher auch heute und in der Zu-
kunft mit aller Entschiedenheit gegen Diskriminierung
und Intoleranz.


(Beifall bei der FDP)

Wir treten dafür ein, bestehende Diskriminierungen zu
beseitigen und die Rechte von Minderheiten zu stärken.
Wir wollen die gleichen Rechte und auch die gleichen
Chancen für alle Menschen,


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und jetzt kommt das Aber!)


und das unabhängig von ihrer Rasse, ihrer ethnischen
Herkunft, ihrem Geschlecht, ihrer Religion, ihrer Welt-
anschauung, ihrer Behinderung, ihres Alters oder ihrer
sexuellen Identität.


(Beifall bei der FDP)

Die FDP-Bundestagsfraktion steht auch für EU-Ver-

tragstreue. Herr Kollege Beck, für uns folgt daraus un-
zweifelhaft, dass die geltenden EU-Antidiskriminie-
rungsrichtlinien in nationales Recht umzusetzen sind,
und zwar in einer Weise, die sicherstellt, dass die mit den
Richtlinien verbundenen Zielsetzungen erreicht werden.
Dabei fangen wir übrigens nicht bei null an; denn schon
bisher tragen viele Vorschriften unseres deutschen
Rechts dazu bei, Diskriminierung und Benachteiligung
zu verhindern und Chancengleichheit zu fördern.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich denke, die FDP-Bundestagsfraktion kritisiert mit
Recht, dass die Bundesregierung ihrer Verpflichtung zur
Umsetzung der Richtlinien 2000/43/EG und 2000/78/EG
nicht rechtzeitig nachgekommen und erst nach Andro-
hung eines Vertragsverletzungsverfahrens tätig gewor-
den ist. Das steht doch in klarem Widerspruch dazu, dass
Sie, Herr Scholz, und Sie, Herr Beck, sich hier hinstellen
und sagen: Das ist uns ein wichtiges Anliegen. – Wenn
ich heute hier auf die Regierungsbank schaue, muss ich
feststellen: Nicht ein Minister Ihrer Regierung ist hier
vertreten! Das zeigt, wie ernst und wie wichtig Sie die-
ses Thema nehmen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo ist Ihr Parteiund Fraktionsvorsitzender?)


Wahrscheinlich sind Frau Renate Schmidt und Frau
Zypries gerade noch dabei, sich über die Zuständigkeit
zu streiten; sonst wären sie möglicherweise hierher ge-
kommen. Die Besetzung der Regierungsbank ist ein
Skandal, Herr Beck.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn Ihnen sonst nichts einfällt!)


Die FDP-Bundestagsfraktion – Herr Beck, das sage
ich, um Gemeinsamkeiten festzuhalten – will, dass die
geltenden EU-Antidiskriminierungsrichtlinien umge-
hend umgesetzt werden,

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(C (D (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber nicht nur für Behinderte, sondern auch für Juden und für Schwule und Lesben!)


nd zwar nicht nur diejenigen, die überfällig sind, weil
hre Umsetzungsfrist bereits abgelaufen ist, sondern
uch die Richtlinien, deren Umsetzungsfrist noch läuft.
s macht aus unserer Sicht keinen Sinn, jetzt nur das
berfällige zu erledigen und in einem Jahr oder in zwei
ahren wieder anzufangen.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das Gesetz ist ja noch nicht einmal verkündet!)


ir sagen Ja zur Umsetzung der Richtlinien aus einem
uss.


(Beifall bei der FDP)

Die FDP-Bundestagsfraktion – Herr Beck, das unter-

cheidet uns; ich bitte Sie, jetzt zuzuhören – will eine
ins-zu-eins-Umsetzung der Richtlinien – nicht weni-
er, aber auch nicht mehr.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das heißt also: nicht für Behinderte, nicht für Schwule und Lesben und nicht für Juden!)


ir lehnen den Gesetzentwurf der Koalition ab, weil er
ach unserer Auffassung – das will ich in der Folge be-
euchten – weit über die EU-Richtlinien hinausgeht. Die-
er Gesetzentwurf ist für uns ein erneuter Ausdruck der
ot-grünen Staatsgläubigkeit. Er atmet den Geist der
utmenschen, die den widerspenstigen Bürger mit der
eule des Gesetzes Mores lehren wollen.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist der Ansatz der Union! Da müssen Sie sich schon in Brüssel beschweren!)


Aber wir meinen: Der Abbau von Diskriminierungen
ässt sich nicht – jedenfalls nicht allein – per Gesetz ver-
rdnen. Das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.
ir brauchen eine Veränderung des Bewusstseins, keine
rozessflut; denn damit wäre niemandem, der diskrimi-
iert wird, geholfen. Was wir brauchen und entwickeln
üssen, ist eine Kultur des Miteinanders, in der Dis-
riminierung und Vorurteile geächtet und Vielfalt und
nterschiedlichkeit akzeptiert und toleriert werden.


(Beifall bei der FDP – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was denn nun?)


Ich will Ihnen ja sagen, was unserer Meinung nach ge-
an werden kann und soll.
Bei der Umsetzung der Richtlinien muss man eines

ehen:

(Zuruf von der SPD: Was denn?)


icht alles, was im Hinblick auf die EU-Richtlinien neu
u regeln ist, muss in einem eigenen Gesetz geregelt
erden.






(A) )



(B) )


Dr. Heinrich L. Kolb


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt geht es also um Gesetzesästhetik! – Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das ist doch ein reines Ablenkungsmanöver!)


Wir glauben zum Beispiel, dass der zivilrechtliche Rege-
lungsteil der EU-Antidiskriminierungsrichtlinien – so-
wohl aus rechtssystematischer Sicht als auch um für die
Bürger die Übersichtlichkeit und Verständlichkeit des
Rechtssystems zu erhalten und zu vergrößern – besser
im BGB als in einem Antidiskriminierungsgesetz enthal-
ten sein sollte.


(Beifall bei der FDP – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn wir einen anderen Standort finden, dann stimmen Sie also zu?)


– Herr Beck, am Schluss meiner Rede mache ich Ihnen
ein Angebot.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Darüber können wir reden!)


Die FDP-Bundestagsfraktion lehnt den von der Koali-
tion vorgelegten Entwurf eines Antidiskriminierungsge-
setzes insbesondere aufgrund folgender Regelungen des
Gesetzentwurfs ab:


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil Sie es im BGB haben wollen!)


Die nach § 24 des Entwurfs vorgesehene Unterstützung
durch Antidiskriminierungsverbände und die Ermög-
lichung der Abtretung der Forderung Benachteiligter auf
Schadensersatz oder Entschädigung in Geld an diese
Verbände führt zu einem modernen Ablasshandel in Sa-
chen Antidiskriminierung.


(Beifall bei der FDP)

Es mag sein – ich bin mir sogar sicher –, dass hier ein

neuer, blühender Wirtschaftszweig einstehen würde und
dass es in Antidiskriminierungsverbänden und in der
Folge auch in Rechtsanwaltskanzleien und bei Gerichten
zu Beschäftigungswundern käme. Aber die Wirkung der
Regelungen des § 24 auf weite Bereiche unseres Alltags-
und Wirtschaftslebens wäre verheerend. Hier – das muss
man sagen – schütten Sie das Kind mit dem Bade aus.
Unsere Zustimmung bekommen Sie für diese Regelung
nicht.


(Beifall bei der FDP)

Die im Gesetzentwurf vorgesehene Umkehr der Be-

weislast geht nach unserer bisherigen Einschätzung zu
weit. Sie öffnet dem Missbrauch Tür und Tor. Hier müs-
sen im Hinblick auf die im deutschen Rechtssystem an-
sonsten geltende Unschuldsvermutung die in den Richt-
linien vorgesehenen Spielräume bei der Anpassung des
nationalen Rechts genutzt werden.

Mit dem § 18 des Gesetzentwurfs werden den Ge-
werkschaften neue Rechte im Betrieb zugewiesen. Die-

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(C (D er Vorschrift zufolge sollen sie, wenn ich das richtig ese, quasi als arbeitsrechtlicher Antidiskriminierungserband auch ohne den Willen oder die Zustimmung eies Benachteiligten tätig werden und vor Gericht Rechte eltend machen können. Liebe Kolleginnen und Kolleen – wahrscheinlich insbesondere von der SPD –, das ag ja als ein Stärkungsmittel für die an Mitgliederchwund leidenden Gewerkschaften gedacht sein, ist ber weder erforderlich noch sachgerecht. Die Schaffung einer neuen Antidiskriminierungs telle als eigener Behörde mit umfassendem bürokratichen Apparat und Stellenkegel ist wahrscheinlich der eitrag der Grünen zum Antidiskriminierungsgesetz. ier wird erneut – ich will sagen: ziemlich hemmungsos – die grüne Klientel bedient. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP)


rau Schewe-Gerigk hat, wie es heute Morgen in einer
ickermeldung hieß, gesagt, dass sich die Grünen noch
ehr Stellen gewünscht hätten. Auch diese Aussage
pricht Bände.
Wir meinen, die EU-Richtlinien machen diese Büro-

ratie nicht erforderlich. Stattdessen wäre nach unserer
uffassung die inhaltliche Stärkung der auch schon bis-
er vorhandenen Beauftragten sinnvoll; Frau Beck und
err Haack sind ja heute Morgen hier oder waren zu-
indest hier. Eventuell auftretende Lücken hinsichtlich
er nach EU-Recht notwendigen Kompetenzen und Ziel-
ruppen können durch eine Stelle im Bundesministerium
ür Familie, Frauen, Senioren und Jugend geschlossen
erden.


(Beifall bei der FDP)

ber wir brauchen kein neues bürokratisches Monstrum,
eine neue Behörde.
Zum Schluss, liebe Kolleginnen und Kollegen, will

ch an Sie appellieren – Herr Kollege Beck, wenn Sie
ir freundlicherweise Ihre Aufmerksamkeit schenken
ürden –: Es wäre schön, wenn es gelingen könnte, für
as wichtige Vorhaben der Umsetzung der EU-Anti-
iskriminierungsrichtlinien einen breiten Konsens in
iesem Hause herzustellen.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann müssen Sie sich aber ein bisschen bewegen!)


ir sind dazu bereit, bisher wollen Sie das aber offen-
ichtlich nicht. Jedenfalls ist der Entwurf, den Sie, ohne
uch nur ansatzweise Rücksprache mit der Opposition
u halten, vorgelegt haben, hierfür keine Basis. Das ist
edauerlich, weil wir in der Vergangenheit bei ähnlichen
orhaben, etwa bei der Verbesserung der Rechte behin-
erter Menschen, einen solchen Konsens immer haben
erstellen können.


(Beifall bei der FDP)







(A) )



(B) )


Dr. Heinrich L. Kolb

Deswegen meine Bitte, bei den jetzt anstehenden

Ausschussberatungen den Versuch dazu zu unterneh-
men – auf der Basis des jetzt gültigen Rechts wird un-
sere Zustimmung zum ADG jedenfalls nicht möglich
sein.

Danke schön.

(Beifall bei der FDP – Abg. Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] meldet sich zu einer Zwischenfrage)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1515201700

Ich hätte die Redezeit des Kollegen Kolb ja allzu gern

durch eine Zwischenfrage verlängert. Der Wunsch nach
einer Zwischenfrage hätte aber rechtzeitig angezeigt
werden müssen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Lassen Sie ihn doch eine Kurzintervention machen und ich antworte danach!)


– Um Gottes Willen, diese Anregung habe ich nicht ein-
mal gehört.

Nun hat die Kollegin Christel Humme für die SPD-
Fraktion das Wort.


Christel Humme (SPD):
Rede ID: ID1515201800

Herr Präsident! Liebe Kollegen! Liebe Kolleginnen!

Ich freue mich von ganzem Herzen, dass es uns gelun-
gen ist – nach zähem Ringen; das gebe ich zu –, heute
endlich ein Antidiskriminierungsgesetz in der ersten Le-
sung im Bundestag zu haben. Ich danke beiden Fraktio-
nen und allen Beteiligten recht herzlich dafür.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Denn ich weiß ganz genau, dass dieses Antidiskriminie-
rungsgesetz von den Betroffenen wirklich sehr ungedul-
dig erwartet worden ist. Leider zeigt ein Blick in die
Wirklichkeit – Frau Eichhorn, Sie haben das ja schon
durch viele Beispiele beschrieben –, dass dieses Antidis-
kriminierungsgesetz dringender denn je vonnöten ist.
Erst im letzten Jahr wurde eine Studie von Professor
Heitmeyer von der Universität Bielefeld veröffentlicht,
die bestätigt hat, dass wir es in unserer Gesellschaft zu-
nehmend mit Fremdenfeindlichkeit zu tun haben. Was
uns fehlt, ist eine Antidiskriminierungskultur, wie sie
in angelsächsischen Ländern und auch in nordeuropäi-
schen Ländern in den letzten 30 bis 50 Jahren zu einer
Selbstverständlichkeit entwickelt worden ist. Darum
– das sage ich Ihnen ganz offen – habe ich überhaupt
kein Verständnis dafür, dass Sie, meine Herren und Da-
men von der Opposition, mit so einer Vehemenz und mit
viel Polemik gegen unser Gesetz agieren.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Denn Schutz vor Diskriminierung sollte unsere gemein-
same Aufgabe sein. Diesem Schutz haben wir uns ver-
pflichtet – Sie in Ihrer Regierungszeit auch –: In den
letzten 50 Jahren haben wir die verschiedensten völker-
rechtlichen Übereinkommen ratifiziert. Wir haben damit

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(C (D en Schutz vor Diskriminierung als allgemeines Menchenrecht anerkannt und zu einem zentralen Wert unseer Gesellschaft gemacht. Auf der Grundlage internatioaler Verpflichtungen haben wir Gott sei Dank schon iele Vorschriften zur Antidiskriminierung entwickelt. Die Richtlinien gehen aber darüber hinaus: Einen um assenden arbeits-, sozialund zivilrechtlichen Schutz, ie ihn die europäischen Richtlinien jetzt vorschreiben, ibt es bei uns in Deutschland noch nicht. Diesen schafen wir jetzt mit diesem Antidiskriminierungsgesetz. Wir ollen, dass es Diskriminierung wegen des Geschlechts, er ethnischen Herkunft, der Religion, der Weltanschaung, der sexuellen Identität, des Alters und der Behindeung künftig nicht mehr gibt. Dazu setzen wir die Richtinien im Arbeitsrecht eins zu eins um. Im Zivilrecht ehen wir über die Richtlinien hinaus: Wir nehmen die ehinderung als Merkmal hinzu. Ich frage Sie: Wollen Sie denn allen Ernstes, dass in ukunft ein Mensch mit Behinderung und weißer Hautarbe weniger geschützt ist als ein Mensch mit Behindeung und dunkler Hautfarbe? Das wäre die Konsequenz hres Vorschlages! (Beifall bei der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wir müssen uns gemeinsam überlegen, wie wir das machen!)


Liebe Kollegen, liebe Kolleginnen, ich habe gestern
it Erstaunen in der „Welt“ gelesen, die Arbeitgeber
ühlen sich durch unser Antidiskriminierungsgesetz dis-
riminiert.


(Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Da geht es schon los!)


iese Arbeitgeber sagen, wir brauchten kein neues Ge-
etz, unsere gesetzlichen Regelungen seien ausreichend.
enau diese Arbeitgeber frage ich, warum Frauen – Frau
ichhorn hat das bestätigt – für eine gleichwertige Ar-
eit heute noch immer im Durchschnitt 30 Prozent weni-
er Gehalt bekommen als Männer. Im europäischen Ver-
leich ist das übrigens ein Negativrekord. Warum
erdienen Frauen weniger, haben aber höhere Aufwen-
ungen für die Kranken- und Rentenversicherung? Wa-
um müssen Frauen aufgrund der Tatsache, dass sie Kin-
er bekommen, noch immer Benachteiligungen am
rbeitsplatz befürchten?
Ich frage die Arbeitgeber, die so argumentieren, wei-

er: Wie erklären Sie den Menschen, die über 50 Jahre
lt sind, dass sie allein aufgrund ihres Lebensalters und
öllig unabhängig von ihrem Können, ihrer Erfahrung
nd ihrer Einsatzbereitschaft aus dem Arbeitsleben aus-
egrenzt werden? Welche Begründung geben Sie den
enschen, die aufgrund ihrer Hautfarbe als nicht
eutsch wahrgenommen werden und denen die Teil-
ahme am öffentlichen Leben – in Discos und Kneipen,
ei der Wohnungssuche, bei Auswahl- und Bewerbungs-
esprächen – allein aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu ei-
er ethnischen Gruppe erschwert wird? Ich denke, diese
eispiele machen deutlich, dass wir unserer Verantwor-
ung, die Menschen vor Diskriminierung zu schützen,
och nicht ausreichend gerecht geworden sind.






(A) )



(B) )


Christel Humme

Kritiker – vor allen Dingen Sie von der Opposition –

warnen davor, dass Unternehmen durch eine Klageflut,
durch Bürokratie und durch Verwaltungsaufwand belas-
tet würden. Ich halte das für Horrorszenarien und vorge-
schobene Argumente.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Wolfgang Zöller [CDU/ CSU]: Sie sind realitätsfremd!)


Ich möchte das anhand eines Beispiels belegen.
Am vergangenen Dienstag hat die Bundesvereini-

gung der Deutschen Arbeitgeberverbände eine Veran-
staltung zum Antidiskriminierungsgesetz durchgeführt.
Ziel war es natürlich, das Antidiskriminierungsgesetz in
wesentlichen Punkten zu kritisieren. Erstaunlich dabei
war, dass am Nachmittag, als die eingeladenen Unter-
nehmer zu Wort kamen und ihr Unternehmenskonzept
vorstellten, ganz schnell klar wurde, dass sie sich vor
dem Gesetz nicht fürchten. Gerade die mittelständische
Industrie ist im Großen und Ganzen sehr gut vorbereitet;
denn viele Unternehmer haben bereits heute erkannt,
dass es ihnen auch ökonomisch nützt, wenn sie dazu bei-
tragen, ein tolerantes, offenes und familienfreundliches
Arbeitsklima mit dem Blick auf Vielfalt zu schaffen.
Kurzum: Wer eine Personalpolitik betreibt, die den Plus-
punkt Vielfalt in der Personalstruktur erkennt, der wird
bereits präventiv Benachteiligungen verhindern.

Lassen Sie uns das ganze Gesetz ein wenig unaufge-
regter diskutieren. Ich glaube zwar, dass die gesell-
schaftliche Wirklichkeit auf der einen Seite viel Diskri-
minierung widerspiegelt, auf der anderen Seite gibt es in
ihr aber bereits Entwicklungen, die sehr weit über das hi-
nausgehen, was wir hier diskutieren. Es geht um Schutz
vor Diskriminierung. Dieses Ziel erreichen wir mit unse-
rem Gesetz, wenn es nicht mehr zu Klagen und Scha-
densersatzprozessen kommt. Optimal wäre es deshalb,
wenn sich Arbeitgeber und Tarifparteien bereits im Vor-
feld für Antidiskriminierung einsetzen würden, wie es
im Gesetz ja auch vorgesehen ist.

An dieser Stelle sage ich aber auch sehr deutlich:
Funktioniert das im Vorfeld, also präventiv, nicht, dann
nützt den Benachteiligten ein Gesetz als Papiertiger
überhaupt nichts.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


In Konfliktsituationen brauchen sie Hilfe und Beistand
durch Verbände, um ihre Rechte durchzusetzen. Ich
denke, das ist von großer Bedeutung; denn Personen, die
sich, allein auf sich gestellt, gegen eine Benachteiligung
wehren müssen, schrecken zunächst einmal vor einer
Durchsetzung ihrer Rechte zurück, weil sie wiederum
persönliche Benachteiligungen erfahren bzw. befürch-
ten. Das hat die jetzige Praxis gezeigt.

Ich bin sehr froh, dass es uns gelungen ist – das sage
ich hier noch einmal ganz deutlich –, mit dem Gesetz
auch die Verbände zu stärken, die sich seit Jahrzehnten
in verantwortungsbewusster und beeindruckender Weise
für die Verhinderung und Beseitigung von Diskriminie-
rung eingesetzt haben. Diesen Verbänden, die die Dis-

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(C (D ussion des Antidiskriminierungsgesetzes positiv begleiet haben, sage ich auch an dieser Stelle noch einmal erzlichen Dank. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Lassen Sie mich zum Abschluss noch zu einem wich-
igen Baustein des Gesetzes kommen, nämlich der Ein-
ichtung der nationalen Gleichstellungsstelle. Ich halte
iese Stelle wirklich für den wichtigsten Baustein; denn
ort werden die Betroffenen nicht nur beraten, sondern
ort wird auch Öffentlichkeitsarbeit betrieben. Herr
cheuer, Sie haben vorhin gesagt, dass unsere Gesell-
chaft umdenken muss und dass wir eine Antidiskrimi-
ierungskultur benötigen. Nur diese Stelle kann das er-
eichen. Dieser Stelle wird ein Beirat zugeordnet, in dem
ichtregierungsorganisationen zusammen mit den Tarif-
arteien vertreten sind. Dadurch haben die Tarifparteien
influssmöglichkeiten und die Chance – das werden wir
it dieser Stelle bewirken –, präventive Streitschlich-
ng zu erreichen. Darum geht es.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir alle haben es in

er Hand. Die Gleichbehandlung aller Menschen muss
elbstverständlich sein. Damit dies selbstverständlich
ird, brauchen wir dieses Gesetz.
Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1515201900

Für die CDU/CSU-Fraktion hat nun das Wort Karl-

osef Laumann.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Karl-Josef Laumann (CDU):
Rede ID: ID1515202000

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich

laube, dass wir einvernehmlich der Debatte vorwegstel-
en dürfen, dass die Diskriminierung eines Menschen
egen äußerer Merkmale oder Veranlagung für einen
nständigen Menschen schlicht und ergreifend etwas
nanständiges ist.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Gerade für uns Unionsabgeordnete hängt das zutiefst
it unserem christlichen Menschenbild zusammen;
enn das christliche Menschenbild ist immer von der un-
erletzbaren Würde eines jeden Menschen ausgegangen
nd hat im Übrigen immer ein sehr tolerantes Menschen-
ild vertreten. Das wird es auch in Zukunft tun.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich halte es für völlig richtig, dass sich eine Gesell-

chaft Regeln gibt, die allen deutlich machen, dass Dis-
riminierung schlecht ist und geahndet werden muss. Ich
abe also im Grundsatz nichts gegen ein Antidiskrimi-
ierungsgesetz. Uns liegt heute ein Gesetzentwurf vor,
it dem wieder einmal EU-Recht umgesetzt wird. Wir






(A) )



(B) )


Karl-Josef Laumann

wissen, dass Brüssel gerne und viel regelt. Das ist auch
hier passiert.

Es liegen uns drei EU-Richtlinien vor, die die Diskri-
minierung wegen des Geschlechtes, die Diskriminierung
wegen Rasse und ethnischer Herkunft und die Diskrimi-
nierung wegen Religion, Weltanschauung, Alter, Behin-
derung und sexueller Ausrichtung verbieten und sanktio-
nieren. Diese Richtlinien betreffen überwiegend den
Bereich des Arbeitsrechtes, also das Verhältnis zwischen
Arbeitgeber und Beschäftigten. Die Richtlinie zur Nicht-
diskriminierung wegen Rasse und ethnischer Herkunft
betrifft darüber hinaus auch den zivil- und sozialrechtli-
chen Bereich. In einem vereinten Europa, in dem die na-
tionalen Grenzen immer mehr an Gewicht verlieren, ist
es richtig und im Interesse aller, einheitliche Regelungen
festzuschreiben. Trotzdem betreffen die drei EU-Richt-
linien Deutschland in anderer Weise als andere Länder.

So kennen zum Beispiel der angloamerikanische, aber
auch der skandinavische Rechtsraum kaum Arbeit-
nehmerschutzrechte. Sie haben den Arbeitnehmer-
schutz vorwiegend über Antidiskriminierungsgesetze
geregelt. Was hier bei uns passiert, ist, dass wir im
Grunde unserer Rechtstradition eines ausgeprägten Ar-
beitnehmerschutzes die Antidiskriminierungsgesetze an
die Seite stellen, die teilweise den gleichen Sachverhalt
regeln. Da haben jetzt die Arbeitgeber – das kann ich
auch nachvollziehen – das Gefühl, von zwei Rechtsräu-
men eingeschränkt zu werden. Ich finde, das hätten Sie
schlicht und ergreifend bedenken müssen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Was ziehe ich daraus für eine Schlussfolgerung?

Wenn unsere Rechtstradition nun einmal so ist, dass sie
Schutzrechte vorsieht, dann hätten Sie bei der Umset-
zung der EU-Richtlinie darauf achten müssen, dass Sie
sie restriktiv umsetzen. Dass die EU-Richtlinie umge-
setzt wird, ist in Ordnung. Aber Sie hätten nicht über den
Standard der EU-Richtlinie hinausgehen müssen.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sagen Sie uns einmal, wo wir im Arbeitsrecht mehr gemacht haben! Das wüsste ich doch gerne!)


– Dazu komme ich gleich.
Ein weiterer Tatbestand: So wie die Bundesregierung

das EU-Recht umsetzen will, befürchte ich, dass sich das
Zusammenleben in den Betrieben in Deutschland verän-
dern wird. Ich nenne Ihnen einmal ein Beispiel. Ein vor-
sichtiger Arbeitgeber wird in Zukunft bei Einstellungen
immer darauf achten, sich an formale, objektiv nach-
weisbare Kriterien zu halten.


(Christel Humme [SPD]: Das sollte er doch auch heute schon tun!)


Das sind – das ist auch die Einstellungspraxis des öffent-
lichen Dienstes – vor allen Dingen Zeugnisnoten und
Benotungen von Abschlüssen. Auf der anderen Seite
wissen wir doch auch, dass bei jeder Einstellung neben
den Noten die Sympathie, Empfehlungen und die Frage,
ob der Bewerber ins Team passt, wichtig sind. Dieses
Gesetz wird in Wahrheit dazu führen, dass diejenigen,

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(C (D ie gemessen an den objektiven Kriterien vielleicht nicht o gute Bewerbungsunterlagen haben, aber durch ihre ersönlichkeit einiges wettmachen könnten, bei denjenien, die jetzt nur noch formal entscheiden, den Kürzeren iehen. Glauben Sie bloß nicht, dass diese Regelung für lle nur gut ist. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


er Mensch ist mehr als die Summe formaler Kriterien.
r ist vielmehr – das wissen wir alle – auch eine Persön-
chkeit. Ich finde, sie darf dabei nicht auf der Strecke
leiben. Letzten Endes können Kriterien wie Persönlich-
eit, Sympathie und Teamfähigkeit vor Gericht nicht so
indeutig nachgewiesen werden wie Examensnoten,
chulnoten oder Noten von Gesellenbriefen.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das steht alles nicht im Gesetz, was Sie hier erzählen!)


eswegen geht damit ein gutes Stück Menschlichkeit in
er Arbeitswelt verloren.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Es gibt noch einen weiteren Punkt. Natürlich sieht die
U-Richtlinie vor, dass Diskriminierung geahndet wer-
en muss. Aber es wäre richtig gewesen, wenn wir, wie
s bisher in Deutschland in § 611 a des Bürgerlichen Ge-
etzbuches geregelt ist, die Höhe des Schadenersatz-
nspruchs begrenzt hätten, damit das kalkulierbar ist.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist jetzt Zivilrecht und nicht Arbeitsrecht!)


ie unbegrenzte Höhe des Schadenersatzes schreibt die
U-Richtlinie nicht zwingend vor.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

ie hätten sich an dem § 611 a orientieren und damit
ehr Kalkulierbarkeit und Rechtssicherheit in den Ar-
eitsbeziehungen erreichen können.
Ich will ein anderes Beispiel nennen. Ich meine die so

enannten Abmahnvereine. Sie wissen, dass ich immer
afür war, dass Verbände ihre Mitglieder vor Gericht
ertreten können. Ich habe es immer für richtig gehalten,
ass Gewerkschaften, Behindertenverbände oder der
dK ihre Klientel vor Sozialgerichten oder Verwal-
ngsgerichten in ihren sozialen Angelegenheiten vertre-
n, weil ich weiß, dass viele kleine Leute nicht vor Ge-
icht gehen würden, wenn sie das Prozessrisiko tragen
üssten. Es ist völlig in Ordnung, dass das über einen
eitrag beispielsweise zum VdK geschieht. Ich habe
uch nichts dagegen, dass Antidiskriminierungsver-
ände die Vertretung ihrer Leute vor Gericht überneh-
en. Was aber machen Sie? Sie haben die neue Idee,
ass ein Mensch einem Verband seinen Schadenersatz-
nspruch abtreten kann, der Verband diesen Anspruch
or Gericht geltend macht und unter Umständen das
eld oder Teile des Geldes behält, das als Schaden-
rsatz gezahlt wird. Das ist gegenüber dem bisherigen
ustand eine ganz andere Qualität.






(A) )



(B) )


Karl-Josef Laumann


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Damit tun Sie sich keinen Gefallen. Viele Antidiskri-
minierungsverbände werden in Zukunft geradezu für
Fälle werben. Sie werden medienwirksam Prozesse füh-
ren, um weitere Fälle zu finden. Sie werden sich daran
auch noch bereichern. Ich verstehe nicht, was an dieser
Politik sozial sein soll.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ich befürchte, dass Sie auch noch auf die Idee kommen,
das Klagerecht im Sozialrecht und im Verwaltungsrecht
für den VdK und andere in dieser Weise zu ändern.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Sie sollten sich wegen dieser Denke wirklich schämen,
weil Sie das Kind mit dem Bade ausschütten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Ich will Ihnen ein weiteres Beispiel nennen. Die EU-

Richtlinie sieht auch nicht die Haftung der Arbeitgeber
wegen des diskriminierenden Verhaltens Dritter vor.


(Nicolette Kressl [SPD]: Peinlich, Herr Laumann!)


In Ihrem Gesetzentwurf ist sie aber enthalten. Das hätten
Sie nicht zu tun brauchen. Unterstellt, in eine Bank, in
der viele weibliche Mitarbeiter beschäftigt sind, kommt
ein muslimischer Mitbürger – das ist ein sehr realer Fall,
den ich jetzt beschreibe –, der sich in Geldangelegenhei-
ten nicht von einer Frau beraten lässt. Es ist völlig klar,
dass das eine Diskriminierung ist. Das ist nicht in Ord-
nung. Da sind wir uns völlig einig. Aber was soll jetzt
der arme Arbeitgeber machen? Er könnte die Frau auf
einen Arbeitsplatz ohne Kundenkontakt versetzen und
einen Mann mit ihrer Aufgabe betrauen, damit das Pro-
blem für diesen Kundenbereich – diese Kunden will man
ja behalten – gelöst wird. Wenn die Frau aber mit dieser
Versetzung nicht einverstanden ist und der Kunde sein
Verhalten nicht ändert, ist der Arbeitgeber dafür haftbar.
Er kann aber für diese Situation nichts. Es ist doch gera-
dezu irrsinnig und weltfremd, was Sie hier vorschlagen.
Dafür werden wir Ihnen unsere Hand nicht reichen kön-
nen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich glaube, dass dieser Gesetzentwurf sehr deutlich

macht, dass Rot-Grün von unserer Gesellschaft ein völ-
lig anderes Bild hat als wir von der Unionsfraktion und
wahrscheinlich auch die FDP-Fraktion.


(Ute Kumpf [SPD]: Das stimmt!)

Dieses Bild beruht auf der Vorstellung, dass man alles
bis in die letzte Kleinigkeit durch Gesetze regeln und
strafbewehren muss.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was wollen Sie denn bei den Behinderten machen, Herr Laumann? Wollen Sie die im Regen stehen lassen?)


Das würde bedeuten, dass man den Menschen nicht
mehr traut.

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(C (D Wir hingegen trauen den Menschen zunächst einmal nd setzen auf wenige Regelungen und Grundsätze, die urchschaubar sind. Machen Sie sich klar, dass es bei iesen Fragen nicht in jedem Punkt der Keule des Gesetes bedarf! Das hat sich schon in der Vergangenheit geeigt. Erforderlich ist vielmehr die Zivilcourage der enschen, die sich einmischen, wenn sie Diskriminie ungen beobachten, und deutlich machen, dass ein solhes Verhalten zu weit geht. Das ist viel wirksamer. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wir trauen den Menschen in Deutschland etwas zu.
ir wollen keinen Staat, der in jeden Lebensbereich hi-
einplant und mit der Gesetzeskeule kommt. Wir haben
ertrauen zu unseren Bürgern und deswegen können wir
s uns auch erlauben, in vielen Punkten auf staatliche
ingriffe zu verzichten. Das unterscheidet uns sehr von
ot-Grün.
Schönen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum haben Sie denn nichts zu Behinderten gesagt? Zu den Behinderten haben Sie nichts zu sagen!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1515202100

Nächste Rednerin ist die Kollegin Schewe-Gerigk,
ündnis 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr

aumann, Sie haben sich heute nicht gerade als Vorsit-
ender des Arbeitnehmerflügels geoutet.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Zurufe von der CDU/CSU: Was?)


Es waren die Grünen, die vor 20 Jahren als erste ein
ntidiskriminierungsgesetz vorgelegt haben, das den
chutz vor Ungleichbehandlung von Frauen zum Ziel
atte. Heute beraten wir ein umfassendes Antidiskrimi-
ierungsgesetz,


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Nach wie vor ohne sonderliches Interesse seitens der Bundesregierung!)


as alle Diskriminierungsmerkmale erfasst und sowohl
ür das Arbeits- als auch für das Zivilrecht gilt.
Ich frage Sie, Herr Laumann, welchen Sinn es ma-

hen soll, wenn man Frauen vor Diskriminierung
chützt, aber behinderte Menschen nicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ilse Falk [CDU/CSU]: Wieso denn nicht? Das stimmt doch überhaupt nicht!)


Weil das im Zivilrecht nicht zwingend vorgeschrieben
st. Wir machen ein Gesetz, das Diskriminierung und






(A) )



(B) )


Irmingard Schewe-Gerigk

Ausgrenzung aufgrund bestimmter Persönlichkeitsmerk-
male eine klare Absage erteilt. Es ist ein Gesetz mit
Augenmaß, das nicht jegliches unterschiedliches Han-
deln verbietet, sondern Differenzierung zulässt, wenn es
dafür eine sachliche Begründung gibt. Ich nenne nur die
Stichwörter Jugendtarife, Seniorenteller und Frau-
ensauna. All dies wird noch möglich sein. Trotzdem
macht der von uns eingebrachte Gesetzentwurf deutlich,
dass Privatautonomie da endet, wo andere Menschen
diskriminiert werden. Das Gesetz wird zur Modernisie-
rung der Gesellschaft beitragen.

Ich frage mich, was der Hauptgeschäftsführer der Ar-
beitgeberverbände und CDU-Abgeordnete Göhner – lei-
der ist er heute nicht anwesend, aber wir wissen ja, dass
er sein Abgeordnetenmandat als Nebentätigkeit betreibt;
wenn es um die eigenen Angelegenheiten geht, kann
man wohl nicht immer hier sein – mit seinen Horror-
szenarien über das Gesetz beabsichtigt. Ich halte das,
was in diesem Zusammenhang betrieben wird, für eine
ganz miese Stimmungsmache.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das, was Sie machen, ist Stimmungsmache!)


Selbstverständlich ist auch mit Klagen zu rechnen.
Blieben diese aus, dann wäre ein solches Gesetz gar
nicht notwendig; dann hätten wir uns die Arbeit sparen
können. Aber von einer Klagewelle zu sprechen soll nur
die Menschen im Lande verunsichern.

Gerade für die Geschlechtergerechtigkeit ist das Anti-
diskriminierungsgesetz ein wichtiger Baustein. Darum
war uns Grünen der horizontale Ansatz – das heißt, dass
alle Diskriminierungsmerkmale erfasst werden – beson-
ders wichtig. Denn gerade Frauen sind häufig von Mehr-
fachdiskriminierung betroffen. Frauen mit Migrations-
hintergrund oder Behinderung sowie ältere Frauen
tragen das höchste Risiko, auf dem Arbeitsmarkt be-
nachteiligt zu werden.

Das schon bestehende arbeitsrechtliche Verbot der
Diskriminierung aufgrund des Geschlechts werden
wir jetzt erweitern. Vor Benachteiligung im Arbeitsle-
ben, bei der Einstellung, dem beruflichen Aufstieg, den
Arbeitsbedingungen, aber auch bei der Entlohnung, gibt
es jetzt einen wirksamen Schutz. Dieser ist gerade bei
der Entlohnung notwendig; denn heute, im
21. Jahrhundert, verdienen Frauen im Durchschnitt im-
mer noch 30 Prozent weniger als Männer. Ich finde, es
ist an der Zeit, dies zu beenden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Bei einem groben Verstoß gegen das Diskriminie-
rungsverbot können jetzt der Betriebsrat oder eine im
Betrieb vertretene Gewerkschaft vom Arbeitgeber ver-
langen, die Benachteiligung zu unterbinden. Das ist doch
wohl eine Selbstverständlichkeit. Anderenfalls können
sie auch dagegen klagen.

Das Benachteiligungsverbot gilt nun auch für privat-
rechtliche Versicherungen aller Art. Unisextarife wer-
den damit zwar noch nicht automatisch durchgesetzt,

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(C (D enn Versicherungsunternehmen aber wegen des Gechlechts differenzieren, unterliegen sie einer gesteigeren Darlegungspflicht. Künftig können auch Frauenverände benachteiligte Personen in zivilrechtlichen erfahren unterstützen oder eine Abtretung verlangen. Von großer Bedeutung ist für uns die Einrichtung iner Antidiskriminierungsstelle. Frau Eichhorn, Sie aben gesagt, das alles sei aufgeblasen. Wir haben jeenfalls die bestehenden Strukturen mit den Behinderenbeauftragten und den Integrationsbeauftragten geutzt, damit das Modell möglichst klein bleibt. 0 Personen für das gesamte Bundesgebiet sind sicherich nicht zu viel. Alle Opfer von Diskriminierung weren dort eine Anlaufstelle haben. Wichtig ist uns Grünen auch ein wirksamer Schutz or Altersdiskriminierung. Frau Eichhorn, das haben ie ebenfalls aufgegriffen. Obwohl Sie vorhin Beispiele ür die Diskriminierung alter Menschen genannt haben, enden Sie sich gegen unser Gesetz. Sie sollten sich entcheiden, welche Linie Sie verfolgen wollen. Gerade bei er Altersdiskriminierung belegt Deutschland einen raurigen Spitzenplatz. 60 Prozent der Betriebe beschäfigen keine über 50-jährigen Menschen mehr. Ich finde, as können wir nicht länger hinnehmen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Für mich ist das Entscheidende an dem Gesetz der
erspektivwechsel. Bisher waren Diskriminierte Opfer
nd Bittsteller. Nun sind sie es nicht mehr. Sie können
ithilfe des Gesetzes ihre Rechte einfordern und durch-
etzen.
Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. Ich möchte

ur noch darauf hinweisen, dass 2005 nicht nur das
instein-Jahr, sondern auch – das wird oft vergessen –
as Schiller-Jahr ist. Da wir in diesem Jahr den
00. Todestag Schillers begehen, haben wir darüber
achgedacht, ob es nicht sinnvoll ist, einige seiner Zitate
ier im Bundestag zu verwenden.

(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das sollten Sie ma chen, wenn Sie wieder mehr Zeit haben!)

Nein, es ist ganz kurz. – Ich finde, zu unserer heutigen
ebatte passt nach 20-jähriger Diskussion über ein Anti-
iskriminierungsgesetz folgendes Schiller-Zitat ganz
ut: „Der Worte sind genug gewechselt, nun lasset Taten
olgen.“


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist aber nicht das Originalzitat!)


Doch, das ist das Original.
Ich danke Ihnen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1515202200

Ich habe keinen Zweifel, dass uns der gute Schiller in

iesem Jahr noch sehr oft begleiten wird.

(Heiterkeit)







(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Norbert Lammert

Ich weise nur vorsichtshalber darauf hin, dass das inner-
halb der Redezeit erfolgen sollte.


(Heiterkeit)

Ich erteile nun das Wort der Kollegin Petra Pau.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1515202300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

PDS im Bundestag begrüßt, dass endlich der Entwurf ei-
nes Antidiskriminierungsgesetzes zur Beratung vorliegt;
denn ein solches Gesetz ist überfällig. Der Anspruch auf
Schutz vor Diskriminierung ergibt sich aus Art. 1 des
Grundgesetzes, wonach die Würde des Menschen un-
antastbar ist, und zwar die Würde jedes Menschen, und
aus Art. 3 des Grundgesetzes, wonach alle Menschen
vor dem Gesetz gleich sind. Der Anspruch auf recht-
lichen Schutz ergibt sich aber vor allem aus dem tägli-
chen Leben. Denn es gibt vielfach Diskriminierungen im
Alltag und im Arbeitsleben: Diskriminierung von
Frauen, Migranten, Juden sowie Menschen mit Behinde-
rungen. Man könnte diese Liste ohne weiteres fortsetzen.

Wir begrüßen ebenfalls, dass SPD und Bündnis 90/
Die Grünen den umfassenden Entwurf eines Antidiskri-
minierungsgesetzes vorgelegt haben. Das war nicht im-
mer so beabsichtigt, obwohl es die PDS ständig gefor-
dert hat. Der vorliegende Gesetzentwurf sieht die
Ahndung von Diskriminierungen wegen der ethnischen
Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder der Welt-
anschauung, einer Behinderung, des Alters oder der se-
xuellen Identität vor. Diesem komplexen Ansatz stim-
men wir zu, allemal weil es bereits hinreichend
Widerspruch dagegen gibt, und zwar nicht nur aus der
Wirtschaft.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Unsere grundsätzliche Zustimmung gilt dem Anlie-
gen und dem Ansatz, nicht aber allen Details und vorge-
schlagenen Lösungen. Der Entwurf lässt zum Beispiel
zu viele und zu vage formulierte Ausnahmen zu. Wir ha-
ben außerdem Fragen zur Berechnung und zur Wirksam-
keit der Sanktionen, wenn wider das Gesetz diskrimi-
niert wird. Wir haben des Weiteren Diskussionsbedarf
hinsichtlich der Ausgestaltung und der Arbeitsweise der
Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Darüber sollten
wir in den kommenden Wochen im Interesse der Men-
schen, deren Würde im Alltag durch das Gesetz ge-
schützt werden soll, sachlich streiten.

Die PDS ist jedenfalls bereit, den Gesetzentwurf zu
verbessern. Deshalb werden wir uns zugleich gegen alle
Versuche wenden, den Entwurf zu verwässern.

Danke schön.

(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [frak tionslos])



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1515202400


Das Wort hat nun die Kollegin Renate Gradistanac für
SPD-Fraktion.

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(C (D Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und erren! Ich beginne nicht mit Schiller, sondern mit ant: Wenn die Gerechtigkeit untergeht, hat es keinen Wert mehr, dass Menschen auf Erden leben. as ist ein hartes Wort. Aber wir alle wissen, wie es ist, enn wir ungerecht behandelt werden, und wie sensibel ir reagieren, wenn wir das Gefühl haben, einer Benacheiligung oder einer Diskriminierung ohnmächtig gegenberzustehen. Mit der heutigen ersten Lesung unseres ntidiskriminierungsgesetzes wollen wir erreichen, dass ie Antidiskriminierungskultur in Deutschland einen höeren Stellenwert erfährt. ie Antidiskriminierungskultur muss als wesentlicher esellschaftlicher Wert gesehen werden. Dazu braucht es ine breite öffentliche Unterstützung und auch Ihre Unerstützung, Herr Kolb. Mit diesem Gesetz werden wir nicht nur vier EUleichbehandlungsrichtlinien umsetzen; es steht darüber inaus in engem Zusammenhang mit der internationalen eiterentwicklung des Schutzes aller Menschen vor iskriminierungen. Das Gesetz verbietet – das ist heute chon mehrmals angesprochen worden – die Benachteiigung von Menschen aufgrund des Geschlechts, der ethischen Herkunft, der Religion oder der Weltanschaung, des Alters, aufgrund einer Behinderung oder der exuellen Identität. Als Sozialdemokratin bin ich stolz auf unser Lebens artnerschaftsgesetz und das Ergänzungsgesetz mit Veresserungen für gleichgeschlechtliche Partnerschaften. s geht doch darum, dass zwei erwachsene Menschen üreinander Verantwortung übernehmen. Im Gegensatz u Frau Merkel bin ich der Meinung, dass auch hier reue, Verlässlichkeit, Bindung, Geborgenheit, Halt und oziale Verantwortung weitergegeben werden. Nach der Ermordung von Rudolph Moshammer geis erten Begriffe wie – ich zitiere – „Ermittlungen im Hoosexuellenmilieu“ durch die Medien. Niemand titelte päter „Täter aus dem Heterosexuellenmilieu“. Dies äme uns auch absurd vor. Dass Homosexualität daurch in die Nähe von Kriminalität gerückt wurde, haen nur die Betroffenen, also die Schwulen und ihre Verände, öffentlich kritisiert. Der CSU-Kollege Norbert Geis bezeichnete Homo exualität gar als Perversion der Sexualität. Für andere st Homosexualität immer noch wider die Natur, eine ünde, eine Krankheit oder eine Krise der Identität. ückblickend auf meine sechs Jahre Abgeordnetentätigeit muss ich feststellen: Ich habe bei keinem anderen hema so viele unangemessene und abstoßende E-Mails nd Briefe erhalten, vor allem von Männern. Renate Gradistanac Ich wünsche mir, dass sich die Menschen endlich mit ihren eigenen Ängsten und Vorurteilen auseinander setzen und sie nicht auf andere projizieren. Und ich wünsche mir, dass zu guter Letzt auch die Kirchen ihre Standpunkte überdenken. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Norbert Röttgen [CDU/ CSU]: Eine Moralpredigt!)

Renate Gradistanac (SPD):
Rede ID: ID1515202500

(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)





(A) )


(B) )


Wir jedenfalls setzen mit unserem Antidiskriminierungs-
gesetz ein weiteres Zeichen zur Anerkennung unter-
schiedlicher sexueller Identitäten.

Lesben und Schwule, aber auch bisexuelle, transsexu-
elle und zwischengeschlechtliche Menschen


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Kümmern Sie sich um die Mehrheit in der Gesellschaft, nicht ständig um die Randgruppen! Nur noch Randgruppen!)


können künftig selbstbewusster und selbstverständlicher
ihre Identität leben und besser am gesellschaftlichen Le-
ben teilnehmen, so auch am Arbeitsplatz. Viele Schwule
und Lesben verheimlichen ihre sexuelle Identität, weil
sie Diskriminierungen durch Kollegen und Kolleginnen
oder auch durch Vorgesetzte befürchten. Eine Studie
kommt zu dem Ergebnis, dass nur 4 Prozent am Arbeits-
platz immer offen mit ihrer Homosexualität umgehen
konnten. Man könnte jetzt einwenden, dass die sexuelle
Identität etwas Privates ist. Dieser Einwand kann nicht
gelten, wenn Menschen aufgrund ihrer sexuellen Identi-
tät gegen Vorurteile und Benachteiligungen im Beruf zu
kämpfen haben, wenn sie in der Angst leben, den Ar-
beitsplatz zu verlieren oder erst gar nicht zu bekommen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Lesben und Schwule sollen zukünftig auch weniger

Probleme bei der Wohnungssuche, beim Abschluss von
Versicherungen, bei der Hotelsuche und bei Restaurant-
besuchen haben; da würde sich noch einiges mehr anfüh-
ren lassen.

Als Feministin mit dem typisch schwäbischen Namen
Gradistanac


(Heiterkeit bei der SPD)

weiß ich, dass Gesetze Diskriminierungen, die Herabset-
zung und Entwürdigung von Menschen nicht immer ver-
hindern. Aber künftig können sich die Betroffenen bes-
ser und wirkungsvoller zur Wehr setzen. Unterstützung
erfahren sie einmal durch die Antidiskriminierungs-
stelle, die berät, informiert und vermittelt, und zum an-
deren durch die Verbände, die Diskriminierte ermutigen
– das wünsche ich mir jedenfalls –, damit Diskriminierte
zu ihrem Recht kommen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1515202600

Nächster Redner ist der Kollege Dr. Norbert Röttgen

für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


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(C (D Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her en! Wir reden heute in dieser Debatte der Sache nach ber ein Gesetz zur Bekämpfung der Vertragsfreiheit. as ist das Thema dieses Gesetzes. (Beifall bei der CDU/CSU – Sebastian Edathy [SPD]: Das ist Unsinn! – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Quatsch!)

Dr. Norbert Röttgen (CDU):
Rede ID: ID1515202700

Das ist kein Unsinn. – Kollege Scholz, wenn sich in
ukunft, nachdem dieses Gesetz in Kraft getreten sein
ird, die Vermieter in Deutschland nicht mehr den als
ieter aussuchen können, den sie gern als Mieter hätten,
ann hat Vertragsfreiheit in unserem Land nicht mehr die
leiche Qualität.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Ernst Burgbacher [FDP])


ie legen die Axt an die Vertragsfreiheit in unserem
and.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie wissen, dass Sie die Unwahrheit sprechen!)


inen vergleichbar massiven Angriff auf die Vertrags-
reiheit in unserem Land hat es seit Jahren, selbst in Ihrer
egierungszeit, nicht gegeben.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Vertragsfreiheit ist nicht irgendeine Petitesse. Ver-

ragsfreiheit ist ein elementarer Bestandteil der Freiheit
er Person. Unsere Rechtsordnung basiert auf den
rundrechten. Unser Grundgesetz nennt das Recht auf
ie freie Entfaltung der Persönlichkeit gleich nach
rt. 1, ganz vorn. Das ist ein Basiswert unserer Grund-
echtsordnung.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann kommt die Gleichheit! Das gehört alles zusammen!)


nsere Gesellschaftsordnung, unsere Wirtschaftsverfas-
ung sind ohne Freiheit nicht denkbar.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ohne Menschenwürde auch nicht!)


arauf zielen Sie ab.
Die Freiheit ist Element der Menschenwürde.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Unsere Vorstellung vom Menschen ist die, dass er ein

reier Mensch ist.

(Zurufe von der SPD: Von allen!)


Ich komme gleich auf die Normierung im Grundgesetz
um Thema Diskriminierung zu sprechen. – Weil das so
st, weil Freiheit ein Fundamentalwert in unserer Gesell-
chaft ist, weil unsere Gesellschaft davon lebt, macht
ieser Gesetzentwurf die grundlegend unterschiedlichen
esellschaftspolitischen Vorstellungen von CDU/CSU,






(A) )



(B) )


Dr. Norbert Röttgen

auch FDP, auf der einen Seite und Rot-Grün auf der an-
deren Seite deutlich.


(Markus Grübel [CDU/CSU]: Und PDS!)

Wir wollen diese Gesellschaft, die sich vom Einzel-

nen ableitet, die sich von der Autonomie des Einzelnen
ableitet, die auf die Freiheit des Einzelnen setzt,


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dazu gehört auch die Freiheit, eine Chance am Markt zu haben, finde ich!)


auch auf die Verantwortungspflicht des Einzelnen setzt.
Wir wollen sie, weil wir dem Einzelnen etwas zutrauen.
Wir trauen ihm Leistung zu. Wir trauen ihm allerdings
auch Anstand zu. Dafür braucht er nicht einen Gesetz-
geber, der ihn über das belehrt, was anständiges Verhal-
ten ist.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie trauen dem Einzelnen offenbar nicht. Sie sind da-

rin auch ganz offen. Herr Kollege Ströbele hat eben da-
zwischengerufen: Kontrolle ist besser als freie Entschei-
dung des Einzelnen. – Sie haben ein anderes
Staatsverständnis. Sie wollen den Staat, der den Einzel-
nen bevormundet, der den Einzelnen erzieht, der den
Einzelnen moralisch bewertet. Sie wollen sozusagen den
freien Menschen überwinden zu einem guten Menschen.
Was gut ist, bestimmt die rot-grüne Regierung. Darin
kommt Ihre politische Ideologie zum Ausdruck.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch bei der SPD)


– Sie brauchen sich gar nicht zu bemühen. Sie sind in der
heutigen Debatte sehr offen gewesen – das begrüße ich
sehr –; damit werden die fundamentalen Unterschiede
deutlich.

Kollege Scholz hat hier wörtlich gesagt „Wir“ – also
Sie, der eine Teil des Hauses und der Bevölkerung – „als
anständige Bürgerinnen und Bürger“. Ihr Kollege Beck
sagte – ich habe das mitgeschrieben –: Wir wollen doch
den Menschen nicht vorschreiben, was sie denken. Wel-
che Großzügigkeit spricht daraus, dass Sie den Men-
schen das Denken nicht vorschreiben können!


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

Ich möchte Sie als Kollege im Haus und als Bürger

dieses Landes fragen: Wer gibt Ihnen das Recht zu einer
derartigen Hybris und Arroganz, wissen zu wollen, was
für die Menschen gut ist und wie der Einzelne leben soll.
Wie können Sie wollen, dass es der Staat ihnen vor-
schreiben soll? Wer gibt Ihnen das Recht zu einer sol-
chen Hybris und Arroganz?


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ute Kumpf [SPD]: Sie sind keine Frau! Sie wissen nicht, was Diskriminierung ist!)


Sie wollen nicht die Freiheit des Einzelnen.

(Ute Kumpf [SPD]: Doch!)


Sie setzen den Einzelnen, der von seiner Freiheit Ge-
brauch macht, auf die Beklagtenbank des Gerichts.
Technisch heißt das Beweislastumkehr. Für die Nicht-

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(C (D uristen, die vielleicht zuhören, möchte ich erklären, was as wirklich heißt. In der Realität heißt das, dass derjeige, mit dem kein Vertrag abgeschlossen wurde, der lso nicht durch einen Vertragsabschluss begünstigt urde, nur noch plausibel Tatsachen behaupten muss, ie für eine Diskriminierung sprechen. Er muss die Tatachen nicht beweisen, er muss nur die Behauptung auftellen, er sei diskriminiert worden. Danach muss sich erjenige, der den Vertrag abgeschlossen hat, vor Geicht entlasten. (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie reden Unfug!)


r muss den Beweis führen, dass er sich nicht diskrimi-
ierend verhalten hat. Sie bringen den Bürger in eine Be-
lagtenposition, er muss sich für sein Verhalten rechtfer-
igen. Das ist das Gegenteil von Freiheit, wie wir sie
efinieren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Ich will noch einmal betonen: Wir führen heute eine

achliche Debatte, aber es ist auch eine Grundsatzdebatte
esellschaftspolitischer Art. Der intellektuelle Keim Ih-
es Gesetzentwurfs ist das Misstrauen. Wer die fachliche
ebatte verlässt und ideologisch anfängt, den Menschen
u misstrauen, der handelt in dem Geist Ihres Gesetzent-
urfs.


(Sebastian Edathy [SPD]: Unsinn!)

er anfängt, das Misstrauen zu organisieren, der endet
anz zwangsläufig in Bürokratie,


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir sind nicht so blauäugig wie Sie!)


n Regulierungswut, in Absurditäten und am Ende auch
n Ungerechtigkeiten, von denen ein paar schon darge-
tellt worden sind.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das muss ein Paradies sein, in dem ihr lebt!)


Dass kein einziges Mitglied der Bundesregierung an
ieser Debatte teilnimmt, unterstreicht die Bedeutung
es Gesetzentwurfs.


(Zuruf der Abg. Nicolette Kressl [SPD])

Vielleicht schauen Sie einmal ins Grundgesetz. Die
undesregierung besteht aus dem Bundeskanzler und
en Bundesministern. Manche fühlen sich vielleicht wie
itglieder der Bundesregierung, sind es gleichwohl
icht. Kein Mitglied der Bundesregierung ist bei dieser
ebatte anwesend. Sie sollten sich also überlegen, ob es
erechtfertigt ist, die Abwesenheit einzelner Mitglieder
er CDU/CSU-Fraktion in denunziatorischer Weise zu
ritisieren, wie das die Kollegin getan hat.


(Beifall bei der CDU/CSU – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Göhner verdient auch mehr als der Bundeskanzler! Das ist das Problem!)







(A) )



(B) )


Dr. Norbert Röttgen

Sie werden in Ungerechtigkeit landen und die Verlie-

rer sind diejenigen, die unternehmerische Freiheit gel-
tend machen wollen oder Mietverträge abschließen wol-
len. Die Bürger sind die Verlierer. Eine Familie, die sich
nicht auf eine diskriminierende Eigenschaft berufen
kann – Familien gehören in diesem Land nach Ihrer Auf-
fassung nicht zu den Diskriminierten –, hat keinen
Schutz vor Ihnen. Normale Bürger, die nicht irgendeinen
Minderheitenstatus aufweisen, sind die Verlierer Ihres
Gesetzentwurfs. Die Mehrheit ist der Verlierer.


(Beifall bei der CDU/CSU – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das heißt, wir würden Familien bevorzugen!)


Nun sagen Sie, dagegen sei schon argumentiert wor-
den.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1515202800

Herr Kollege Röttgen, gestatten Sie eine Zwischen-

frage des Kollegen Rezzo Schlauch?


Dr. Norbert Röttgen (CDU):
Rede ID: ID1515202900

Ja, gern.


Rezzo Schlauch (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1515203000

Herr Kollege Röttgen, ich gehe davon aus, dass Sie

mit mir der Meinung sind, dass ein Land, das wir alle
kennen, nämlich die USA – das von sich selber behaup-
tet, es sei der Hort der Freiheit; ob das so ist, kann jeder
selber beurteilen –, und seine Repräsentanten den Ge-
danken der Antidiskriminierung in viel schärferem Maße
als wir gesetzlich festgelegt haben. Würden Sie daraus
den Schluss ziehen, dass dieses Land die Freiheit ge-
nauso missachtet, wie Sie es unserem Gesetzentwurf un-
terstellt haben?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Olaf Scholz [SPD]: Das ist antiamerikanisch! – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unerhört! Antiamerikanisch!)



Dr. Norbert Röttgen (CDU):
Rede ID: ID1515203100

Ich bedanke mich für die Frage, die Sie mir als Abge-

ordneter gestellt haben. Ich möchte sie Ihnen auch unter
Berücksichtigung Ihrer Eigenschaft als Parlamentari-
scher Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium
beantworten. Ich will die Antwort offen gestanden nicht
selbst formulieren, sondern antworten, indem ich Ihnen
Teile eines Schreibens der amerikanischen Handels-
kammer in Deutschland, das an mich gerichtet ist, zi-
tiere.


(Lachen bei Abgeordneten der SPD)

Ich glaube, dass die amerikanische Handelskammer

in Deutschland eine Vorstellung vom amerikanischen
Diskriminierungsrecht hat.

Ich zitiere nun aus dem Schreiben, das an mich und
sicherlich auch an viele andere gegangen ist – vielleicht
hören Sie zu, Herr Schlauch, während ich zitiere –:



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(C (D Wir die amerikanische Handelskammer – sind aber der Meinung, dass das deutsche Rechtssystem einen wirksamen Schutz gegen Diskriminierungen jeglicher Art bietet. Wir befürchten, dass der Gesetzentwurf der Bundesregierung die Wirtschaft belasten wird. Das Gesetzgebungsvorhaben könnte eine massive Einschränkung der unternehmerischen Freiheit bedeuten. iese Sorgen machen sich amerikanische Unternehmer n Deutschland. Deren Interessen werden nämlich von ieser Handelskammer vertreten. (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er hat nach Amerika gefragt!)


(Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: So ist es!)


(Lachen bei Abgeordneten der SPD)


as ist also eine klare Aussage darüber, wie amerikani-
che Unternehmer in Deutschland dieses Gesetzge-
ungsvorhaben beurteilen. Es handelt sich völlig zutref-
end um eine Einschränkung von Freiheit,


(Ute Kumpf [SPD]: Sie haben die Frage nicht beantwortet!)


ie es in Amerika in dieser Weise nicht gibt. Sie gibt es,
ie Kollege Laumann dargestellt hat


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Stimmt nicht! – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben die Frage nicht beantwortet!)


vielleicht hören Sie einfach einmal zu –, in Form einer
umulation und Kombination eines hohen, detailorien-
ierten Arbeitsschutz- und Kündigungsschutzrechts mit
inem Diskriminierungsrecht in den USA definitiv nicht.
ie Kombination beider Rechte gibt es nirgendwo. So
twas wird es in Zukunft nur in Deutschland geben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Nicolette Kressl [SPD]: Das ist Ihr Verständnis von Freiheit!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1515203200

Herr Kollege Röttgen, lassen Sie eine weitere Zwi-

chenfrage zu?

Dr. Norbert Röttgen (CDU):
Rede ID: ID1515203300

Die lasse ich gerne zu.

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1515203400

Bitte schön.

Rezzo Schlauch (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1515203500

Herr Kollege Röttgen, ich kann Ihnen in diesem

unkt nicht folgen,

(Lachen und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Rezzo Schlauch

und zwar deswegen, weil das amerikanische Antidiskri-
minierungsgesetz, wie Sie genau wissen, viel schärfere
Normen vorsieht als unseres. Stimmen Sie mit mir über-
ein, dass die amerikanische Handelskammer in Deutsch-
land eine eindeutige Interessenvertretung der Industrie
ist und dass ihre Aussagen nicht mit den Intentionen ei-
nes amerikanischen oder deutschen Gesetzgebers zu ver-
gleichen sind, der selbstverständlich die politische Auf-
gabe hat, unterschiedliche Interessen auszugleichen?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Nicolette Kressl [SPD]: So hat er seinen Freiheitsbegriff definiert!)



Dr. Norbert Röttgen (CDU):
Rede ID: ID1515203600

Ich stimme mit Ihnen völlig überein, dass die ameri-

kanische Handelskammer in Deutschland die Interessen
amerikanischer Unternehmen und Investoren in
Deutschland repräsentiert. Darum ist dieses Gesetz, das
Sie heute einbringen, ein schlechtes Signal für den
Standort Deutschland, wenn es darum geht, für Investi-
tionen ausländischer Unternehmen in Deutschland zu
werben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Lachen bei der SPD)


– Ja, meine Damen und Herren, so ist es.
Sie sagen immer, das Gesetz sei gut. Wir reden heute

aber nicht allein über einen innenpolitischen Tatbestand,
sondern auch über Wirtschaftspolitik, lieber Kollege
Schlauch aus dem Wirtschaftsministerium.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: So ist es!)

Wir sind eine exportorientierte Nation. Wir brauchen
ausländische Investitionen. Wir als CDU/CSU wollen,
dass Deutschland attraktiv für Investitionen ausländi-
scher Unternehmen ist, weil diese Arbeitsplätze in
Deutschland schaffen. Deshalb dürfen wir sie nicht ab-
schrecken.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Mit diesem Gesetz schrecken Sie aber Unternehmen,
insbesondere auch ausländische, von Investitionen in
Deutschland ab. Darum ist dieses Gesetzesvorhaben
falsch.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch bei der SPD)


Ein weiterer Gesichtspunkt: Sie wollen dieses Gesetz
dadurch rechtfertigen, dass Sie auf die Bedeutung des
Schutzes vor Diskriminierung verweisen. Das war
durchgängig Ihr Argument. Gegen dieses Argument
muss ich Ihnen vortragen – Sie selber haben das zum
Teil ausgeführt –, dass im geltenden deutschen Recht,
vom Zivil- über das Arbeitsrecht bis hin zum Grundge-
setz – die Vorschriften sind zitiert worden –, ein umfas-
sender Diskriminierungsschutz gewährleistet ist. Dieser
reicht vom einfachen Recht bis hin zum Grundgesetz.
Art. 3 und Art. 1 des Grundgesetzes bilden schon die
Grundlage für einen umfassenden Diskriminierungs-
schutz.

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(C (D Was es im geltenden Recht allerdings nicht gibt – inofern ist die Aussage richtig, dass Ihr Gesetz etwas eues bringt –, ist die so genannte Beweislastumkehr. Es urde ja schon darüber gesprochen, dass sich nun der inzelne rechtfertigen muss. Was es im geltenden Recht icht gibt, ist der so genannte Kontrahierungszwang mit chadensersatzfolge, dass also einem ein Vertragsparter durch ein Gerichtsurteil aufgezwungen werden kann. as gibt es bislang nicht. Was es im geltenden Recht icht gibt, ist die Möglichkeit zur Verbandsklage in der orm, dass Ansprüche abgetreten werden können und nter dem Vorwand des Diskriminierungsschutzes Gechäfte gemacht werden können. Es besteht die Gefahr, ass sich hier ein eigener Geschäftszweig in Deutschand entwickelt. ll das haben wir nicht und es ist gut, dass wir das nicht aben. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wir wollen es auch nicht!)


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ganz genau!)


Ihr zweiter Vorwand lautet, dass Sie europäische
ichtlinien umsetzen müssen. Dazu will ich Ihnen zwei
unkte sagen.
Erstens. Es gibt drei europäische Richtlinien, die frist-

erecht umzusetzen Sie versäumt haben. Das lässt zu-
indest Rückschlüsse auf Ihre Motivation und Ihr En-
agement zu. Wenn die CDU/CSU die Bundesregierung
estellt hätte, dann hätte sie anders verhandelt. Die
ichtlinien hätten dann im Ergebnis anders ausgesehen.
uch das wäre eine Einwirkungsmöglichkeit gewesen.
Zweitens. Sie setzen nicht nur diese Richtlinien um.

ie gehen sogar weit über das hinaus, was das europäi-
che Recht verlangt.


(Christel Humme [SPD]: „Weit“ ist übertrieben!)


Nun mögen Sie nicht akzeptieren, dass wir es sind,
ie das kritisieren. Darum möchte ich an dieser Stelle die
undesjustizministerin als Zeugin sprechen lassen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Die wahrscheinlich aus eben diesem Grund nicht hier ist!)


s ist ganz interessant, was sie zu diesem Thema gesagt
at. Im Übrigen hätte ich es gut gefunden, wenn sie
eute an dieser Debatte teilgenommen hätte.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


enn die Minister haben auch Pflichten gegenüber dem
arlament.
Die Bundesjustizministerin Zypries hat dieses Gesetz

on Anfang an und bis zum heutigen Tage abgelehnt.
an stelle sich einmal vor: Die verantwortliche Ministe-

in der von Ihnen gestellten Bundesregierung lehnt die-
es Gesetz dezidiert ab. Sie hat sich auch – das ist nichts
eues – in vielen anderen Punkten in der Koalition nicht
urchgesetzt. Aber dieser Gesetzentwurf ist das wahr-
cheinlich wichtigste rechtspolitische Vorhaben in dieser






(A) )



(B) )


Dr. Norbert Röttgen

Legislaturperiode, das nicht von der Bundesjustizminis-
terin getragen wird. Dass die Federführung vom Justiz-
ministerium auf das Familienministerium übertragen
wurde, dokumentiert ihre Niederlage und ihre Schwä-
chung als politisches Führungsorgan in dieser Bundesre-
gierung.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Da die Ministerin in dieser Debatte nicht anwesend

ist, möchte ich wenigstens zitieren, was sie in der
„Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom 8. März 2003
geäußert hat.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir kennen das, Herr Röttgen! Sie können sich setzen!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1515203700

Herr Kollege, Sie müssen jetzt gegebenenfalls die

Kurzfassung dieses Zitats vortragen. Sonst klappt es
auch bei großzügiger Interpretation Ihrer Redezeit nicht
mehr.


(Heiterkeit)



Dr. Norbert Röttgen (CDU):
Rede ID: ID1515203800

Ich denke, dass es alle – insbesondere die Kollegin-

nen und Kollegen von SPD und Grünen – interessiert,
was die Justizministerin dazu sagt. Ich verkürze das Zitat
und führe nur die schönsten Passagen an. Sie wendet
sich gegen das Gesetz ihrer Amtsvorgängerin Däubler-
Gmelin


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben wir auch nicht eingebracht!)


mit dem Argument, es würde die Privatautonomie in
weiten Bereichen aushebeln.


(Peter Hintze [CDU/CSU]: Da hat sie Recht!)

Weiterhin sagt sie, dass zudem etliche Ausnahmerege-
lungen erforderlich seien, etwa um Frauenparkplätze
und Altenrabatte zu gestalten. Ohnehin glaube sie nicht,
dass es im Alltagsleben so viele Diskriminierungen
gebe, dass neue Vorschriften erforderlich seien. Sie
glaube ebenfalls nicht, dass man durch Rechtspolitik
eine Gesellschaft gestalten könne. Frau Zypries hat
Recht. Aber sie ist bei Ihnen zum Schweigen verurteilt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Eine allerletzte Bemerkung.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schluss!)


Es ist eine grundsätzliche gesellschaftspolitische De-
batte, die wir führen werden. Ihr Gesetzentwurf ist eine
Kampfansage an die Freiheit in unserem Land. Dement-
sprechend werden wir diese Debatte mit Ihnen führen.

Herzlichen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU – Beifall des Abg. Dr. Heinrich L. Kolb [FDP])


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(C (D Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der ollege Edathy für die SPD-Fraktion. Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und erren! Herr Kollege Röttgen, ich bin nicht ganz sicher, as ich für schlimmer halten soll: Ihre unsägliche Rede der den starken Beifall, den Sie für diese Rede bekomen haben. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU/CSU: Oh! – Manfred Grund [CDU/CSU]: Jetzt hören Sie doch auf! Unglaublich!)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1515203900
Sebastian Edathy (SPD):
Rede ID: ID1515204000

er sagt, wir wollen den Geist des Grundgesetzes auch
ur Grundlage für das Arbeits- und Zivilrecht nehmen,
er hat Recht. Aber wer sagt, das sei wider die Freiheit
erichtet, der hat Unrecht. Der Freiheitsbegriff, den
err Röttgen hier für die CDU/CSU vorgetragen hat, be-
nhaltet die Freiheit, zu diskriminieren. Das ist aber nicht
ie Freiheit, die wir meinen.


(Beifall bei der SPD – Zuruf von der CDU/ CSU: So ein Schwachsinn!)


Ich finde die Rolle der Liberalen in diesem Bereich
esonders problematisch. Ich werde gleich noch darauf
ingehen.


(Ina Lenke [FDP]: Sie haben nicht zugehört, Herr Edathy!)


Frau Lenke, schreien Sie hier bitte nicht herum!

(Ina Lenke [FDP]: Bleiben Sie mal sachlich! – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wer nichts zu sagen hat, poltert ein bisschen mehr herum!)


Wir sind der Gesetzgeber in diesem Land. Was wäre
ine zentralere Aufgabe des Gesetzgebers in Deutsch-
and, als Bürgerrechte zu sichern und gerade denen bei-
ustehen, die in einem freien Markt immer die Schwä-
heren sind? Es ist Aufgabe der Demokratie und des
ozialen Rechtsstaates Bundesrepublik, für einen Aus-
leich zu sorgen. Das kann man doch nicht ernsthaft in-
rage stellen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir handeln übrigens – das sei in Richtung einiger
ollegen gesagt, die gemeint haben, wir gingen zu
eit – lange nicht so weitgehend wie zum Beispiel
roßbritannien und die Niederlande. Auch die USA sind
n diesem Zusammenhang vom Kollegen Schlauch mit
echt erwähnt worden.
Wir handeln mit Grund.

(Manfred Grund [CDU/CSU]: Ich bin nicht dabei! Ich möchte nicht in Haftung genommen werden!)


ir tun gut daran, an einer Stelle über eine Eins-zu-eins-
msetzung der EU-Richtlinien hinauszugehen, nämlich






(A) )



(B) )


Sebastian Edathy

an der Stelle, wo es um die Frage geht: Schaffen wir
durch eine Beschränkung auf den Aspekt „Diskriminie-
rung wegen ethnischer Herkunft und Zugehörigkeit“ und
durch Ausblendung anderer Diskriminierungsmerkmale
eine Hierarchisierung von Diskriminierungsopfern
oder wollen wir das nicht? Wir wollen das nicht.

Frau Eichhorn, mich würde einmal interessieren, was
Sie der Behinderten antworten, die sich an Sie gewandt
und gesagt hat, es sei für sie verletzend, nicht nachzu-
vollziehen und empörend, dass sie von einem Hotel
nicht aufgenommen wurde. Was sagen Sie ihr denn? Sie
sehen zwar das Problem. Aber wie sieht Ihre Antwort
aus?

Rot-Grün gibt eine Antwort.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es soll keine Selektion mehr in Diskotheken und keine
Abweisung von Behinderten und homosexuellen Paaren
in Hotels geben. Das alles, Herr Röttgen, ist nicht durch
das Grundgesetz gedeckt; das wissen Sie doch ganz ge-
nau.


(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Natürlich ist es gedeckt!)


Art. 3 des Grundgesetzes bindet die staatlichen Organe
bzw. staatliches Handeln.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wenn dies nicht durch das Grundgesetz gedeckt wäre, könnten Sie nicht ein solches Gesetz vorlegen!)


Es ist aber so, dass das Zivilrecht kein grundrechtsfreier
Raum in diesem Land sein kann.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Ina Lenke [FDP]: So ein Quatsch! – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Sie hatten wohl keine Zeit, sich auf Ihre Rede vorzubereiten!)


Ich will etwas zum Thema „Angriff auf die Freiheit“
sagen. Herr Röttgen hat gesagt, das, was wir machten,
sei ein Angriff auf die Freiheit. Er hat weiter ausgeführt,
die Vertragsfreiheit in diesem Land nehme, wenn der
Entwurf, den wir vorgelegt haben, beschlossen werde,
Schaden.


(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Genauso ist es!)


Herr Röttgen, dazu will ich sagen: Zur Vertragsfreiheit
gehören immer zwei Parteien. Wenn Sie sagen, Sie woll-
ten die Vertragsfreiheit wahren, dann heißt das für mich,
dass Sie den Regelungen, die wir schaffen wollen und
die den Menschen die Gewährleistung geben, dass sie
nicht aufgrund eines bestimmten Merkmales willkürlich
von der Eingehung eines Vertrages ausgeschlossen wer-
den dürfen, zustimmen müssten. Denn,


(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Da bin ich aber gespannt! Jetzt muss das Argument kommen!)


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(C (D err Röttgen, auch sittenwidrige Verträge sind nicht zussig. er für eine maximale Vertragsfreiheit ist, ist vielleicht uch dafür, den Drogenhandel freizugeben; auch das ollen wir nicht. Es ist doch vollkommen klar, dass die ertragsfreiheit in einem demokratischen Rechtsstaat er Ausgestaltung bedarf. Das, was wir tun, ermöglicht s erst ganz vielen Menschen, Vertragsfreiheit überhaupt Anspruch zu nehmen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Eben!)


as ist denn mit der Vertragsfreiheit der Behinderten,
ie abgewiesen worden ist, des Jugendlichen, der auslän-
isch aussieht und nicht in die Diskothek kommt, und
es älteren Menschen, dem der Dispositionskredit ge-
ündigt wird?


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Wenn es geht, noch ein bisschen lauter!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1515204100

Herr Kollege Edathy, gestatten Sie eine Zwischen-

rage des Kollegen Fricke?


Sebastian Edathy (SPD):
Rede ID: ID1515204200

Ja.


Otto Fricke (FDP):
Rede ID: ID1515204300

Lieber Kollege Edathy, man kann auch durch eine ge-
isse Lautstärke andere Leute diskriminieren. Auch das
st eine Art Diskriminierung.


(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Oh!)


Ich frage Sie, ob Sie es vorhin wirklich ernst gemeint
aben, als Sie gesagt haben, dass das Zivilrecht der
undesrepublik Deutschland ein grundrechtsfreier
aum sei. Ist es nicht vielmehr so, dass wir dahin ge-
end übereinstimmen, dass die Regelungen des Grund-
esetzes in das Zivilrecht an sehr vielen Stellen dadurch
ineingekommen sind, dass wir dort Allgemeinklauseln
aben, in denen klar geregelt wird, dass das Grundrecht
rittwirkung auch zwischen Zivilpersonen entfaltet?


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Gott sei Dank!)



Sebastian Edathy (SPD):
Rede ID: ID1515204400

Herr Kollege, ich will Ihnen eine Geschichte erzäh-

en; ich versuche, mich kurz zu fassen.

(Otto Fricke [FDP]: Wenn Sie dabei antwor ten, ist das okay!)

ch habe zu Beginn dieser Wahlperiode in Berlin die
ohnung wechseln wollen. Ich habe mir eine Wohnung
ngesehen. Der Hausbesitzer wohnt in Frankfurt. Es
ing also nicht um eine Einliegerwohnung; ihm gehört






(A) )



(B) )


Sebastian Edathy

vielmehr ein ganzes Mietshaus. Ich habe dann ein ent-
sprechendes Formular ausgefüllt und Angaben zu mei-
nen Einkommensverhältnissen und zu dem, was ich be-
ruflich tue, gemacht.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Oje, SPD-Abgeordneter!)


Ich dachte, es würde ein paar Tage dauern und dann be-
käme ich den Mietvertrag zugeschickt. Stattdessen rief
der Hausbesitzer meine Mitarbeiterin in meinem Büro an
und sagte: Edathy, das klingt irgendwie ausländisch. Was
ist das denn für einer? Meine Mitarbeiterin hat am Tele-
fon geantwortet: Der Vater ist gebürtiger Inder. Dann
kam die Nachfrage, ob auch ich Inder sei. Daraufhin
meinte meine Mitarbeiterin richtigerweise, dass man
deutscher Staatsbürger sein müsse, um Mitglied des
Bundestages werden zu können. Daraufhin sagte dieser
Vermieter: Wenn der Vater Inder ist, kocht der Sohn
doch bestimmt mit ganz scharfen Gewürzen. Den Ge-
stank bekomme ich nicht mehr aus der Wohnung, ver-
mutlich muss ich den Putz abklopfen. – Ich habe die
Wohnung nachher zwar angeboten bekommen – ich
habe sie aus Anstand nicht genommen –, aber eines kann
ich Ihnen sagen: Wäre ich nicht der Abgeordnete Edathy
gewesen, sondern der Schlossermeister oder der Student
Edathy, wäre mir die Wohnung nicht angeboten worden
und das ist eben keine schützenswerte Freiheit im Zivil-
rechtsverkehr, sondern diskriminierendes Handeln.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir sollten Diskriminierungsopfern die Möglichkeit in
die Hand geben, dagegen tätig werden zu können. Das
muss möglich sein.

Ich würde gar nicht in einem Land leben wollen, in
dem der reine Markt herrscht. Es kann doch nicht sein,
dass wir in diesem Hause grundsätzlich darüber diskutie-
ren müssen, dass auch der Markt Regelungen braucht.
Ich persönlich halte es für überfällig – das hat auch et-
was damit zu tun, dass wir im Gegensatz zu anderen
europäischen Ländern keine Kultur der Antidiskriminie-
rungsgesetzgebung haben –, die Bestandteile des Grund-
gesetzes, die staatliches Handeln im Sinne einer fairen
demokratischen Gesellschaft binden, auf den Zivil-
rechtsverkehr zu übertragen. Ich verstehe nicht, was da-
gegen einzuwenden ist, es sei denn, Sie sagen, dass Sie
auch in Zukunft wollen, dass sich der Gastwirt aufgrund
bestimmter Merkmale wie Behinderung, ausländisches
Aussehen oder offensichtliche Homosexualität aussu-
chen kann, wen er bedient und wen nicht. Das kann aber
doch nicht ernsthaft die Position der Liberalen sein.

Lassen Sie mich als Abschluss der Beantwortung Ih-
rer Frage einen Satz von Hannah Arendt zitieren, der in
der Bibliothek des Bundestages im Marie-Elisabeth-
Lüders-Haus nachgelesen werden kann. Dieser Satz
– man kann ihn nur unterstreichen – lautet:

Freiheit ist denkbar als Möglichkeit des Handelns
unter Gleichen.

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(C (D ie wissen ganz genau, dass dies auch für Betriebe gilt, uch für das Angebot und das Entgegennehmen von eistungen. (Otto Fricke [FDP]: Und wie heißt der zweite Teil?)


iese Gleichheit bei der Wahrnehmung von Chancen
uss durch Spielregeln unterstützt werden, die der Ge-
etzgeber mit Augenmaß definiert. Genau dies machen
ir mit dem Gesetzentwurf, den wir vorgelegt haben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich wünsche uns intensive Beratungen. Wir werden
ns natürlich in den Ausschüssen hinreichend Zeit neh-
en, um mit den Vertreterinnen und Vertretern der Op-
osition darüber zu diskutieren. Eines aber müssen wir
m Auge behalten: Dieses Gesetz ist kein Selbstzweck.
s wird, soll und muss einen Beitrag dazu leisten, dass
ir unserer Gesellschaft einen besseren Rahmen für ihr
andeln geben.
Damit ist kein Misstrauen verbunden. Herr Röttgen,

s hat mich gewundert, dass Sie als Rechtspolitiker – das
ar einer Ihrer zentralen Vorwürfe – gesagt haben, in
iesem Gesetz werde unterstellt, die Menschen verhiel-
en sich falsch. Dass ein anständiger Mensch nicht Mord
nd Totschlag verübt, ist klar. Trotzdem sind Mord und
otschlag verboten. Dass man, wenn man eine Dienst-
eistung anbietet, einen Menschen mit Behinderung
icht ablehnt, muss auch klar sein. Ebenso muss selbst-
erständlich sein, dass kein Mensch wegen seines Alters,
einer sexuellen Orientierung oder seines Geschlechts
bgelehnt werden darf. In vielen Fällen ist dies auch
elbstverständlich. Ich bin ganz sicher, dass dieses Ge-
etz nur zur Anwendung kommen wird, dann aber eben
egründet, wo diese Selbstverständlichkeit im Handeln
erletzt wird. Ich glaube daher auch nicht, dass wir Pro-
esslawinen zu erwarten haben. Aber jedem Bürger in
iesem Lande, egal in welcher Eigenschaft er auftritt, ob
ls Arbeitgeber, als Kneipenbesitzer oder als Wohnungs-
ermieter, muss klar sein, dass die Grundlagen des Zu-
ammenlebens in diesem Land Respekt und Achtung
ind. Nichts anderes als die Erreichung von Respekt und
chtung und die Durchsetzung von Bürgerrechten ist
iel dieses Gesetzes.
Noch einen Satz zum Schluss: Es ist mehrfach gesagt
orden, dass Ministerin Renate Schmidt heute nicht hier
st. Sie ist erkrankt und daher entschuldigt.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wo ist Frau Zypries? Wo ist der Bundeskanzler?)


iese Diskriminierung gegenüber einem Mitglied der
undesregierung wollen wir Ihnen bis zur Verabschie-
ung des Gesetzes noch durchgehen lassen.
Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1515204500

Ich schließe die Aussprache.






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Norbert Lammert

Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent-

wurfs auf Drucksache 15/4538 an die in der Tagesord-
nung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es
dazu anderweitige Vorschläge? – Das ist offensichtlich
nicht der Fall. Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 17 auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten
Wolfgang Bosbach, Hartmut Koschyk, Thomas
Strobl (Heilbronn), weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der CDU/CSU
Probleme mit der Türkei nicht ausblenden
– Drucksache 15/4496 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Auswärtiger Ausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll die
Aussprache 45 Minuten dauern. – Ich höre dazu keinen
Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile zunächst dem
Kollegen Thomas Strobl für die CDU/CSU-Fraktion das
Wort.


Thomas Strobl (CDU):
Rede ID: ID1515204600

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Ich möchte mit Genehmigung des Herrn Präsi-
denten mit einem Zitat beginnen:

Die leitenden Staatsmänner der europäischen Na-
tionen und die Mitglieder der bisherigen wie der
neuen EU-Kommission sind im Begriff, uns alle
leichtfertig zu überfordern. Überforderung und
Übereifer können zum Zerfall des Jahrhundert-Vor-
habens der Integration Europas führen. Am Ende
könnte eine bloße Freihandelszone übrig bleiben.

Das war am 25. November vergangenen Jahres in einem
großen Artikel in der „Zeit“ nachzulesen. Der Artikel
stand unter der Überschrift: „Bitte keinen Größenwahn“.
Der Verfasser dieses Artikels ist kein Geringerer als Alt-
bundeskanzler Helmut Schmidt, der ja bekanntermaßen
der Sozialdemokratischen Partei angehört.

Nun, die SPD hat nicht immer auf Helmut Schmidt
gehört und auch in dieser Frage scheint sie es nicht zu
tun. Denn in dem Artikel warnt Helmut Schmidt ein-
dringlich vor einem Beitritt der Türkei zur EU und am
Ende des Artikels lehnt er ihn mit guten Argumenten
rundweg ab. Ich zitiere nochmals aus demselben Artikel:

Monnet und Schuman, Adenauer und de Gaspari,
Churchill und de Gaulle waren Staatsmänner von
ungewöhnlichem Weitblick – keiner von ihnen hat
die europäische Integration bis über die kulturellen
Grenzen Europas ausdehnen wollen. Die heutigen
Epigonen sollten jedenfalls wissen: Nur dann, wenn
sie sorgfältig einen Schritt nach dem anderen tun,
können sie hoffen, ihre Nationen auf dem Wege
mitzunehmen.

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(C (D Davon ist diese rot-grüne Bundesregierung allerdings eilenweit entfernt. ie haben sich dafür entschieden, einen EU-Beitritt der ürkei zu unterstützen. (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie Helmut Kohl! – HansChristian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auch ältere Männer können sich irren!)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ie haben sich in der EU massiv dafür eingesetzt, Ver-
andlungen mit der Türkei zu führen, die einen Beitritt
ieses großen Landes in die EU zum Ziel haben. Beides
ind politische Entscheidungen, die diese Bundesregie-
ung kraft ihres Mandates fällen kann. Sie wird sie aller-
ings 2006 vor den Wählerinnen und Wählern auch zu
erantworten haben.


(Zuruf von der SPD: Keine Bange!)

Eigenartig mutet jedoch die Art und Weise an, mit der

iese Regierung einen EU-Beitritt offensichtlich erzwin-
en will. Während bei innenpolitischen Reformen zwi-
chenzeitlich wieder des Kanzlers ruhige Hand zu spü-
en ist, wird der EU-Beitritt der Türkei mit großem
ruck und einer fast schon fahrlässigen Leichtfertigkeit
Umgang mit den Problemen, die die Türkei nach wie

or hat und macht, betrieben. Viel schlimmer noch: Es
cheint, als würden jegliche Bedenken und viele doch
tsächlich vorhandenen Probleme mit der Türkei
chlicht unbeachtet beiseite geschoben. Es hat doch
ahrlich nichts mehr mit vernünftiger und verantwortli-
her Politik zu tun, wenn Berichte und Fakten über mas-
ive Verletzungen von deutschem oder internationalem
echt und internationalen Gepflogenheiten durch die
ürkei von der Bundesregierung offiziell nicht zur
enntnis genommen werden.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: So ist es!)

anche solcher Vorgänge werden von der Bundesregie-

ung regelrecht vertuscht und vor der deutschen Öffent-
ichkeit zurückgehalten.


(Dr. Klaus Rose [CDU/CSU]: Wie beim Visum!)


Rot-grüne Politiker sprechen immer gern davon, man
üsse die Menschen mitnehmen, wenn man sie von et-
as überzeugen wolle. Das ist wahr. Aber in Sachen
ürkei-Beitritt haben Sie sich offensichtlich dazu ent-
chlossen, gar nicht erst zu versuchen, die Menschen von
hrer ja wahrlich falschen und unvernünftigen Politik zu
berzeugen. Das werden wir Ihnen nicht durchgehen las-
en.


(Beifall bei der CDU/CSU)

eine Damen und Herren von Rot-Grün, Sie müssen
ich den Problemen schon stellen und deswegen haben
ir heute diesen Antrag eingebracht.
Eines der genannten Probleme betrifft die Praxis

echtsmissbräuchlicher Wiedereinbürgerungen ehe-
als Türkischer mit deutschem Pass. Was ist gesche-
en? – In § 25 des deutschen Staatsangehörigkeitsgeset-
es ist vorgesehen, dass ein Deutscher seine






(A) )



(B) )


Thomas Strobl (Heilbronn)


Staatsangehörigkeit mit dem Erwerb einer ausländischen
Staatsangehörigkeit verliert. Das heißt: Ein türkisch-
stämmiger Deutscher, der sich in der Türkei wiederein-
bürgern lässt, verliert kraft Gesetzes die deutsche Staats-
angehörigkeit.

Diese Regelung hat ihren Grund. Wir haben immer
gesagt – und an diesem Standpunkt hat sich nichts
geändert –, dass wir keine doppelten Staatsbürgerschaf-
ten wollen. Wer Deutscher werden will, soll und muss
sich zu unserem Staat bekennen und dies dadurch doku-
mentieren, dass er sich für eine, nämlich die deutsche
Staatsbürgerschaft entscheidet. Nun war nachzulesen,
dass es von der türkischen Regierung einen Runderlass
gibt, in dem den Gouverneursämtern die Weisung erteilt
wird, die in Deutschland verlangten Registerauszüge zu
manipulieren


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

und so den Wiedererwerb der türkischen Staatsangehö-
rigkeit gegenüber den deutschen Behörden zu vertu-
schen. Nach Angaben des türkischen Außenamtsstaatse-
kretärs handelt es sich um 40 000 bis 50 000 Fälle
– möglicherweise mehr – von türkischen Staatsangehöri-
gen, die durch Verstoß gegen die Regeln des deutschen
Staatsangehörigkeitsrechts illegal im Besitz eines deut-
schen Passes sind.


(Dr. Friedbert Pflüger [CDU/CSU]: Hört! Hört!)


Meine Damen und Herren, verehrte Frau Staatssekre-
tärin, ich frage Sie ganz konkret: Wie gehen Sie mit die-
sem schweren Verstoß gegen unser deutsches Recht um?
Haben Sie diesen Vorgang überhaupt zur Kenntnis ge-
nommen? Haben Sie das gegenüber der türkischen Re-
gierung thematisiert?


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Alle Fragen sind längst beantwortet!)


Oder ist das ein Fall, der erneut beweist, dass es die Bun-
desregierung mit der Durchsetzung deutschen Rechts
nicht so genau nimmt, wenn es ihr politisch nicht in den
Kram passt,


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben wir alles schon in der Fragestunde beantwortet!)


wie wir es auch vom im Zusammenhang mit dem
Fischer/Volmer-Erlass entstanden Schleuserskandal um
die massenhafte und unkontrollierte Erteilung von
Schengen-Visa durch verschiedene deutsche Botschaften
kennen?


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD]: Das musste ja wieder kommen!)


Diese und andere Fragen werden wir Ihnen heute und
in Zukunft stellen, bis die deutsche Öffentlichkeit von
Ihnen, meine Damen und Herren von der rot-grünen
Bundesregierung, eine zufrieden stellende Antwort be-
kommt. Es wäre wirklich unerträglich, wenn diese skan-
dalöse Vertuschungsaktion der türkischen Regierung

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(C (D achträglich durch die Bundesregierung legalisiert ürde. Wir fordern die Bundesregierung auf, mit der türki chen Regierung eine klare Vereinbarung zu treffen, um iesen Vorgang aus der Welt zu schaffen. Wie glauben ie eigentlich, meine Damen und Herren von Rot-Grün, ie deutsche Bevölkerung von einem Beitritt der Türkei ur EU überzeugen zu können, wenn Sie bei solch eklaanten Verstößen der Türkei gegen elementare Regeln es zwischenstaatlichen Zusammenlebens eine so laxe, a desinteressierte Haltung an den Tag legen? Solange olche Vorgänge passieren können, ist die Türkei für eien Beitritt zur EU nicht bereit. Viel mehr noch: Das nterlassen solcher Rechtsverstöße ist eine elementare rundvoraussetzung, um überhaupt über einen Beitritt er Türkei zur Europäischen Union verhandeln zu könen. Das gilt auch für einen anderen in der Presse dokuentierten Fall. Es gibt in der Türkei offensichtlich nach ie vor eine Rechtspraxis, um missliebigen Staatsbürern, die sich im Ausland aufhalten, die türkische Staatsürgerschaft zu entziehen, um ihnen die Rückkehr in die ürkei zu versperren. Dadurch werden auch Abschieungen aus Deutschland in die Türkei unmöglich. Von dieser Praxis profitieren nach Erkenntnissen der olizei auch Schwerstkriminelle, deren Abschiebung in ie Türkei durch die Ausbürgerung blockiert wurde. inschlägige Fälle sind in Berlin, Essen und anderswo okumentiert. Auch hier liegen einige Fragen auf der and: Warum hat der Bundesinnenminister nicht nachaltig gegenüber der Türkei interveniert? Warum ist iese Frage nicht im Vorfeld der Entscheidung darüber, b Beitrittsgespräche mit der Türkei geführt werden, ematisiert worden? (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ NEN]: Woher wissen Sie das denn?)


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

as gedenkt die Bundesregierung zu tun, um dieser völ-
errechtswidrigen Praxis ein Ende zu setzen? Auch hier
ilt: Es reicht nicht aus, auf die anstehenden Beitrittsver-
andlungen zu verweisen, wie es die Bundesregierung
mer gerne tut. Sie verfahren nach dem Motto: Das al-
s wird sich schon klären. Nein, die Beendigung solcher
orgänge ist erst die Voraussetzung dafür, dass man mit
er Türkei in Beitrittsverhandlungen eintritt.
Ich zitiere noch einmal Helmut Schmidt im bereits

enannten Artikel der „Zeit“:
... so kann es doch nicht Aufgabe der EU sein, ihren
Mitgliedsstaaten den Rechtsstaat, Demokratie und
persönliche Freiheit zu bringen. Alle bisherigen
Mitgliedsstaaten haben diese Grundwerte entschei-
dend aus eigenem Antrieb im eigenen Land ver-
wirklicht, bevor sie sich der EU angeschlossen ha-
ben – und nicht etwa zum Zwecke des Beitritts.

Die Bundesregierung scheint angesichts der gravie-
enden Sicherheitsprobleme, die die Türkei mit sich
ringt, ganz ähnlich verfahren zu wollen. Dem jüngsten
erfassungsschutzbericht zufolge sind in den aktiven






(A) )



(B) )


Thomas Strobl (Heilbronn)


islamistischen Organisationen, die eine Mitgliederzahl
von über 30 000 Personen aufweisen, 27 000 türkische
Staatsangehörige.


(Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD]: Das wird auch noch schnell hineingemengt! – Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Hört! Hört!)


Daraus folgt zunächst einmal, dass Millionen Menschen
türkischer Herkunft in Deutschland friedlich leben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Aber auch der Verweis auf die friedliebende und schwei-
gende Mehrheit darf nicht dazu führen, dass man die
Augen vor den Problemen mit den extremistischen Isla-
misten unter der türkischen Bevölkerung verschließt,
wie es die rot-grüne Regierung bis heute tut.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, Sie verschließen die Augen
vor der „türkischen Realität“ in Deutschland.


(Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: So ist es!)


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1515204700

Herr Kollege, denken Sie bitte an die Redezeit!

Thomas Strobl (CDU):
Rede ID: ID1515204800

Das hat auch die öffentliche Anhörung des Deutschen

Bundestages zum Thema „Islamistische Einflüsse auf
die Gesellschaft und ihre Auswirkungen auf Integration
und Sicherheit“ klar erbracht.


(Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Dieses Thema wird tabuisiert!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1515204900

Herr Kollege!

Thomas Strobl (CDU):
Rede ID: ID1515205000

– Ich komme sofort zum Ende.
Meine Damen und Herren, wir können nicht zulassen,

dass die Türkei auf diese Art und Weise ihre eigenen
Probleme nach Deutschland verlagert – übrigens insbe-
sondere wegen der großen Mehrheit der hier lebenden
Türken: Auch deren Integration wird durch eine solche
Politik letztlich erschwert.

Besten Dank fürs Zuhören.

(Beifall bei der CDU/CSU – Ute Kumpf [SPD]: So ein Quatsch!)


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1515205100

Zu einer Kurzintervention erteile ich der Kollegin Ute

Vogt das Wort.

Ute Vogt (SPD):
Rede ID: ID1515205200

Ganz herzlichen Dank, Herr Präsident. – Herr Kol-

lege Strobl, Sie haben Fragen gestellt, die ich Ihnen gern
beantworten möchte. Ich kann Ihnen einen Blick ins Ge-
setz empfehlen; das erleichtert zuweilen die Rechtsfin-
dung.

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(C (D ie mit dem Sachverhalt umzugehen ist, ist relativ klar. ach unserer Schätzung sind etwa 48 000 türkische taatsangehörige betroffen. Nach § 25 des Staatsangehöigkeitsgesetzes haben diese durch die Annahme der türischen Staatsbürgerschaft die deutsche Staatsbürgerchaft verloren. Ab dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme ieser Tatsache durch den Betroffenen, zum Beispiel ansslich der Verlängerung eines Passes oder wenn er heiaten möchte, hat der Betroffene nach dem neuen uwanderungsgesetz bzw. nach dem neuen Aufenthaltsesetz sechs Monate Zeit, eine Aufenthaltserlaubnis zu eantragen. In diesen sechs Monaten besteht auf diese ufenthaltserlaubnis auch ein gewisser Anspruch. Die eutsche Staatsbürgerschaft muss schlichtweg neu beanragt werden. Die Sache ist also nicht rückgängig zu mahen, sondern der Betroffene muss ganz neu die deutche Staatsbürgerschaft erwerben, weil diese durch esetzeskraft verloren gegangen ist. Was die weitere Praxis angeht, so kann ich Ihnen sa en, dass es mit der jetzigen türkischen Regierung natürich ein Übereinkommen gibt; die Praxis, die türkische taatsangehörigkeit, die zuvor entzogen wurde, unbeerkt erneut zu erteilen, wurde inzwischen abgestellt. Zur Frage der Ausbürgerungen kann ich Ihnen sagen Sie können das ja nicht wissen, weil Sie nicht jedes al dabei sind, wenn der Herr Innenminister mit seinem rkischen Kollegen spricht –, dass diese sehr wohl auch nhalt der Gespräche sind. Wir hoffen, da sehr bald zu eier gemeinsamen Regelung zu kommen. Sie brauchen lso nicht zu befürchten, dass wir Themen, die in der Tat roblematisch sind, nicht mit entsprechender Klarheit um Ausdruck bringen. Ich will darauf hinweisen, dass die positive Aussicht uf einen Beitritt sicherlich sehr viel dazu beiträgt, die erhandlungen mit der Türkei zu beschleunigen und einacher zu gemeinsamen Übereinkommen zu kommen, ls es noch vor ein paar Jahren der Fall war. In diesem inne: Helfen Sie mit, dass zum Beispiel die Staatsbürer informiert werden. Diese Probleme betreffen übriens nicht nur die Gruppe der Türken. Ähnliche Proleme gibt es bei Aussiedlern aus Russland, die deutsche taatsbürger sind: Sobald sie ihren russischen Pass verngern lassen, haben sie genau dasselbe getan, nämlich ine zweite Staatsbürgerschaft angenommen, ohne eine enehmigung dafür zu haben. Damit verlieren auch sie re deutsche Staatsbürgerschaft. Es liegt an uns allen insoweit kann ich nur appellieren –, die Folge eines olchen Verhaltens, nämlich den Verlust der deutschen taatsbürgerschaft, publik zu machen, darüber zu inforieren. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Zuruf von der CDU/CSU: Ach was!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1515205300


Zur Erwiderung, Herr Kollege Strobl.

(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Der Antrag wird zurückgezogen!)







(A) )



(B) )



Thomas Strobl (CDU):
Rede ID: ID1515205400

Herr Präsident! Ich bin dankbar, dass Frau Staatsse-

kretärin Vogt hier einräumt – ich höre das im Übrigen
zum ersten Mal von einem Mitglied der Bundesregie-
rung –, dass es ein handfestes Problem gibt. Vielleicht
sagen Sie auch zu anderen angesprochenen Problemen
etwas, zum Beispiel zu den Ausbürgerungen, die die
Türkei vornimmt und mit denen sie Abschiebungen aus
Deutschland verhindert, oder zu den 27 000 extremisti-
schen, islamistischen Türken, die in der Bundesrepublik
Deutschland leben. Ich bin jedoch schon dankbar, dass
Sie zu dem einen Punkt konzedieren, dass es ein Pro-
blem gibt. I

Frau Staatssekretärin, ich möchte Ihnen dazu eine
Frage stellen. Am 5. Januar 2005 stand in der „Frankfur-
ter Rundschau“ – das ist ja nicht gerade ein rechtsradika-
les, ausländerfeindliches Hetzblatt –:

Die Europäische Union (EU) muss sich langfristig
auf den Zustrom von nahezu drei Millionen Zuwan-
derern einstellen, wenn sie den Türken nach einem
eventuellen Beitritt Freizügigkeit gewährt. Zu die-
ser Einschätzung kommt die Statistikbehörde DIE
in Ankara. Einer Studie des staatlichen Statistik-
amts der Türkei zufolge wollen 2,7 Millionen Tür-
ken in den ersten 15 Jahren nach einem EU-Beitritt
ihres Landes in eines der 25 Mitgliedsländer aus-
wandern.

(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner)

In den Mitgliedstaaten der Europäischen Union leben

ungefähr 4 Millionen Türken, 2,5 Millionen davon in
Deutschland. Im gleichen Artikel ist davon die Rede,
dass bis zu 4 Millionen Türken nach Europa kommen
könnten. Ein Großteil davon wird wiederum nach
Deutschland kommen.


(Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD]: Diese Statistik ist getürkt!)


Schauen Sie sich diese Zahlen an! Das wird dazu führen,
dass die Anzahl der in Deutschland lebenden Türken
massiv zunehmen und sich möglicherweise verdoppeln
wird.

Fr
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1515205500



(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Das ist keine Fragestunde!)


Glauben Sie wirklich, dass diese massiven Probleme
– ein Problem hat Frau Vogt gerade eben eingeräumt –
kleiner werden, wenn die Anzahl der aus der Türkei
nach Deutschland kommenden Menschen sehr viel grö-
ßer wird und es durch die Freizügigkeit und den EU-Bei-
tritt möglicherweise sogar zu einer Verdoppelung der in
Deutschland lebenden Türken kommen wird?


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Zahl wird sich vielleicht verdoppeln, die Türken nicht! – Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD]: Stellen Sie lieber F K r i d n g 1 T e D W d d n v s b h – c d g A b s g – g J a w (C (D eine Große Anfrage, das wäre vernünftiger! – Weiterer Zuruf von der SPD: Das ist doch jetzt keine Regierungsbefragung!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1515205600


Nächste Rednerin ist die Kollegin Lale Akgün, SPD-
raktion.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Sie wird uns das jetzt beantworten! – Gegenruf des Abg. Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir reden jetzt über den Antrag und nicht über Ihre Frage!)



Dr. Lale Akgün (SPD):
Rede ID: ID1515205700

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
ollegen! Herr Strobl, ich danke Ihnen für Ihre Ausfüh-
ungen; denn seit ich diesen Antrag gelesen habe, habe
ch mir wirklich Gedanken darüber gemacht, was Sie mit
iesem Bauchladenantrag „Probleme mit der Türkei
icht ausblenden“ wollen. Sie haben nach dem Motto
ehandelt: immer rein in den Antrag.
Sie selbst haben jetzt gesagt, dass der Antrag vom

4. Dezember 2004 der vergebliche Versuch war, drei
age vor dem Europäischen Rat der Öffentlichkeit noch
inmal die letzten Argumente zu präsentieren, um in
eutschland Stimmung gegen die Türkei zu machen. Ihr
unsch war es ja, die Türkei als nicht europatauglich
arzustellen und damit den Beschluss der EU zu torpe-
ieren, Beitrittsverhandlungen mit der Türkei aufzu-
ehmen. Wir alle wissen, dass sich der Europäische Rat
on Ihrem Papier nicht sonderlich hat beeindrucken las-
en. Er hat die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen
eschlossen. Das ist gut so. Trotzdem müssen wir uns
eute mit Ihrem Gemischtwarenantrag beschäftigen.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Aha! Probleme sind für Sie also Gemischtwaren! – Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Sagen Sie doch einmal etwas zu den Problemen!)


Es sind Gemischtwaren, weil Sie ganz unterschiedli-
he Probleme in einen Topf geworfen haben. Ich nenne
as Problem der Islamisten, das Problem der Staatsbür-
erschaft usw. Ich will versuchen, Ordnung in diesen
ntrag zu bringen, und beginne mit dem ersten Punkt,
ei dem es um die Staatsangehörigkeit geht.
Sie behaupten, türkischstämmige Deutsche würden

ich mithilfe der türkischen Regierung heimlich und ille-
al eine zweite Staatsangehörigkeit aneignen.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Das hat die Frau Staatssekretärin gerade bestätigt!)


Hören Sie doch einmal zu. – Um es klarzustellen: Es
ibt keine rechtsmissbräuchliche Wiedereinbürgerung.
ede und jeder Deutsche ist völlig frei darin, jede Staats-
ngehörigkeit jedes Staates anzunehmen, die ihm erteilt
ird.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es!)







(A) )



(B) )


Dr. Lale Akgün

Das Problem dabei ist, dass die Annahme einer ausländi-
schen Staatsangehörigkeit den automatischen Verlust der
deutschen Staatsbürgerschaft zur Folge hat.


(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Das muss man aber wissen!)


Das steht in § 25 des Staatsangehörigkeitsgesetzes.
Diese Regelung gilt seit dem 1. Januar 2000, also seit
In-Kraft-Treten des von uns initiierten Staatsangehörig-
keitsrechts. Bis dahin galt das alte Staatsangehörigkeits-
recht, durch das allen in Deutschland lebenden und ein-
gebürgerten Türkischstämmigen und anderen sehr wohl
die Möglichkeit eingeräumt wurde, eine zweite Staats-
bürgerschaft wiederzuerlangen, ohne die deutsche zu
verlieren.

Viele der jetzt Betroffenen haben die Wiedereinbürge-
rung übrigens schon lange vor dem 1. Januar 2000 bean-
tragt.


(Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD]: So ist das!)


Sie haben dadurch die deutsche Staatsangehörigkeit ver-
loren, oft ohne sich dessen bewusst zu sein. Diese
Menschen haben schlichtweg den Fehler begangen, die
Änderungen in einem Paragraphen des Staatsangehörig-
keitsrechtes im Jahr 2000 nicht verfolgt zu haben und
die Rechtsfolge des Verlustes der deutschen Staatsange-
hörigkeit nicht zu kennen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Sie sollten die Menschen nicht dümmer machen, als sie sind! – Gegenruf des Abg. Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es kann ja nicht jeder Jurist sein!)


Dies betrifft die Wiedereinbürgerung in die Türkei,
wie die Staatssekretärin eben ausgeführt hat, aber auch
ehemalige sowjetische Staatsbürger, die die Staatsange-
hörigkeit eines der Nachfolgestaaten der Sowjetunion
beantragt haben. Diese Menschen werden für ihr fehlen-
des Wissen sanktioniert, und zwar mit dem Verlust der
deutschen Staatsbürgerschaft. Sie hingegen, Kolleginnen
und Kollegen von der Union, dürfen Ihr geballtes juristi-
sches Unwissen sogar in Form eines Antrages in die
Welt hinausposaunen. Ich frage Sie: Sind Sie wirklich
nicht in der Lage, zwischen einer Rechtsfolge und einem
Rechtsmissbrauch zu unterscheiden? Das kann ich nicht
glauben. Ich fürchte, Sie vertauschen die Begriffe ab-
sichtlich, weil sich der Ausdruck Rechtsmissbrauch
leichter dazu benutzen lässt, Menschen in die Nähe kri-
mineller Handlungen zu rücken und einen ganzen Staat
als nicht rechtsstaatlich zu diskreditieren.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


In der Tat gibt es in diesem Themenbereich einen Pro-
blemdruck.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Aha!)

Es geht aber nicht etwa darum, die Handlungsweise tür-
kischer Behörden infrage zu stellen, sondern darum, dass

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(C (D ir uns der etwa 50 000 betroffenen Menschen in eutschland annehmen. Wir müssen sie dabei unterstüten, wieder einen sicheren Aufenthaltsund Staatsangeörigkeitsstatus zu erlangen. Unser Anliegen ist es, die etroffenen zu beraten und ihnen Wege aufzuzeigen, ie sie ihre eigene Rechtsunsicherheit beenden können, ie sie eine Aufenthaltserlaubnis, eine Niederlassungsrlaubnis und eine erneute Erlangung der deutschen taatsbürgerschaft erreichen können. In dieser Sache sind wir intensiv tätig, seitdem das roblem auf dem Tisch ist. Das geschieht nicht, wie Sie ieder unterstellen, indem wir Gesetzeserleichterungen chaffen, Sondervereinbarungen, Geheimabkommen der Ähnliches anstreben. Nein, wir beraten die betroffeen Menschen in diesem Land, wie sie im Rahmen der estehenden Gesetze vorgehen können, um möglichst nbürokratisch ihren Status zu verbessern. Ich halte das icht für rechtsmissbräuchlich oder falsch, sondern für ie Pflicht einer verantwortungsvollen Regierung. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ir sind dabei, eine Broschüre in deutscher, türkischer
nd russischer Sprache herauszubringen, um die Betrof-
enen aufzuklären und ihnen Wege aufzuzeigen, im Rah-
en der bestehenden Gesetze wieder einen sicheren
ufenthaltsstatus zu erlangen.
Im zweiten Punkt Ihres Antrages geht es um eine An-

ahl von circa 300 bis 400 Personen, die der türkische
taat ausgebürgert hat – in der Regel wegen Nichtableis-
ng des Wehrdienstes –, und zwar unabhängig davon,
b diese Leute kriminell sind oder nicht, und auch unab-
ängig davon, ob sie durch die Ausbürgerung staatenlos
erden oder nicht. Diese Praxis ist ein Problem. Wir
ind damit überhaupt nicht einverstanden.


(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Ach ja! Hört! Hört!)


Im Gegensatz zum Titel Ihres Antrages jedoch blen-
en wir diese Probleme nicht aus, sondern gehen sie seit
ngem und nachdrücklich an. Besonders Bundesminis-
r Schily hat dies in den vergangenen Monaten bei der
rkischen Seite nachdrücklich angemahnt. Dies betrifft
sbesondere die Reform des türkischen Staatsangehö-
igkeitsrechts und die Harmonisierung im Rahmen der
eitrittsverhandlungen mit der Türkei. Dieser Prozess ist
uf dem Weg und wir werden ihn kritisch begleiten.
Der dritte Punkt Ihres Antrages hat nun wirklich

ichts mehr mit Unwissenheit zu tun. Entschuldigen Sie,
ber er ist schlicht eine Unverschämtheit, weil Sie erneut
ie Anwesenheit türkischstämmiger Menschen als ein
icherheitsrisiko darstellen.


(Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD]: Ja! – Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Es geht nicht um türkischstämmige Menschen! Es geht um Islamisten!)


ie schüren Ängste, um politisch Stimmung zu machen,
dem Sie die Begriffe Kriminalität, Islamismus, Extre-
ismus, Türken, Mitgliedschaft der Türkei in der EU,






(A) )



(B) )


Dr. Lale Akgün

Bildungsferne und Einbürgerung einfach aneinanderrei-
hen, muslimische Jugendliche als tickende Zeitbomben
bezeichnen und alle Bemühungen um eine Integration
gezielt torpedieren.


(Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Eine Frechheit! – Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/ CSU]: Eine Verallgemeinerung machen Sie gerade!)


Sie fragen nach dem Gesamtkonzept dieser Bundes-
regierung zur Bewältigung von Sicherheitsrisiken. Wenn
Sie sich anschauen, was diese Regierung im Bund tut,
und wenn Sie sich einmal vor Augen führen, was sozial-
demokratisch geführte Landesregierungen in Deutsch-
land tun, dann werden Sie ein Gesamtkonzept erkennen.
Unser Gesamtkonzept besteht aber eben nicht nur aus si-
cherheitspolitischen Maßnahmen. Ein Gesamtkonzept
zur gesellschaftlichen Integration besteht aus vielen poli-
tischen Bereichen. Dazu gehören das Bekämpfen von
Extremismus, das Fördern des demokratischen Islam in
Deutschland, aber auch eine gezielte Förderung von Ar-
beit, Bildung und Ausbildung. Ihr Gesamtkonzept lautet
hingegen: Bildung kürzen, Schüler früher selektieren,
bundesweite Studiengebühren, die Politik aus dem Be-
mühen um Ausbildungsplätze heraushalten, Gelder für
Integration in den von Ihnen regierten Bundesländern
kürzen, Turbokapitalismus und Entsolidarisierung. Ihr
politisches Konzept ist ein Risiko für Integration und Si-
cherheit in unserem Land.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Der Berliner „Tagesspiegel“ schrieb am 7. Januar die-
ses Jahres zu Ihrer ratlosen Programmatik:

In CDU und CSU geht Angst um. Es ist die Angst
vor der eigenen Schwäche.

Ihre Schwäche soll nicht unsere Sorge sein. Aber wir
können es nicht tolerieren, wenn Sie versuchen, Ihre ei-
gene Angst vor Bedeutungslosigkeit zu bekämpfen, in-
dem Sie in der Gesellschaft Vorurteile gegenüber ande-
ren Menschen schüren, indem Sie Angst vor
notwendigen politischen Veränderungen schüren. Das
können wir nicht zulassen. Ich werde Ihnen bei jedem
Versuch dieser Art immer ganz deutlich sagen: Ihre Poli-
tik ist schäbig.


(Beifall bei der SPD – Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Sehr sachlich!)


Ich würde mir wünschen, Sie würden in den Zuge-
wanderten, vor allem in den muslimischen Zugewander-
ten, nicht nur Gewalt und Terrorismus sehen.


(Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Das ist unglaublich tolerant, was Sie hier bieten!)


Ich würde mir wünschen, Sie würden auch die Bereiche-
rung durch die Zuwanderung sehen.


(Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Das ist eine schäbige Rede!)


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(C (D uch positive Annäherungen, liebe Kolleginnen und ollegen von der Union, sind möglich. Ich möchte ein eispiel geben. Heute ist Opferfest. Das ist der höchste slamische Feiertag. Ich möchte daher allen Muslimen in eutschland ein gesegnetes und friedliches Opferfest ünschen. Das tue ich auch in Ihrem Namen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1515205800

Nächster Redner ist der Kollege Ernst Burgbacher,

DP-Fraktion.


Ernst Burgbacher (FDP):
Rede ID: ID1515205900

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ine Vorbemerkung will ich jetzt doch machen. Ich bin
eit 9 Uhr im Plenum. Es wurde heute Morgen – auch
ur Kernzeit – noch kein Minister der Bundesregierung
ier gesehen.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Es kommt auch keiner mehr!)


iebe Kolleginnen und Kollegen von den Regierungs-
raktionen, ich fordere auch Sie auf, diese Brüskierung
es Parlaments durch die Bundesregierung nicht hinzu-
ehmen. Wir dürfen das nicht mitmachen!


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Die machen schon wieder Urlaub!)


Zur Sache: Dieser Antrag muss unter zwei verschie-
enen Aspekten behandelt werden, einmal in Bezug auf
ie Zielrichtung, zum anderen in Bezug auf die konkre-
en Punkte. Zunächst zur Zielrichtung, liebe Kolleginnen
nd Kollegen von der Union. Sie haben diesen Antrag
m 14. Dezember im Zusammenhang mit der EU-Ent-
cheidung eingebracht. Die Entscheidung, Verhandlun-
en mit der Türkei aufzunehmen, ist gefallen. Es ist
och keine Frage, dass sich auch eine Nachfolgeregie-
ung im Jahr 2006 an diese Entscheidung halten müsste.
eshalb müssen Sie zumindest den Punkt des Antrages
ndern, damit er wirklich ernst genommen werden kann.
ein Mensch kann davon ausgehen, dass eine Regierung
ie Verhandlungen nicht weiterführen würde. Das sollte
an hier klarstellen.


(Beifall bei der FDP – Thomas Strobl [Heilbronn[ [CDU/CSU]: Wir wollen eine privilegierte Partnerschaft und auch die kann das Ergebnis der Verhandlungen sein!)


Was die Einzelfragen, die Sie hier aufgelistet haben,
etrifft, muss ich sagen, dass es sicherlich richtig ist,
ass der Runderlass der türkischen Regierung bezüglich
er Staatsangehörigkeit aus dem Jahr 2001 im
ärz 2004 aufgehoben wurde. Aber, Frau Staatssekretä-

in Vogt, es kommt jetzt darauf an, wie die Durchfüh-
ung aussieht. Es ist völlig richtig, Frau Akgün, wir müs-
en auch an die Betroffenen denken und daran, wie wir
enen, die zum Teil aus Unwissenheit gehandelt haben,
elfen können. Wir müssen uns aber auch fragen, wie
ir eigentlich darüber informiert werden,






(A) )



(B) )


Ernst Burgbacher


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


ob diese deutschen Staatsbürger wieder die türkische
Staatsangehörigkeit angenommen haben oder nicht.
Diese Frage müssen Sie uns schon noch genauer beant-
worten. Das Problem ist da und das müssen wir lösen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Das ist genau der Punkt!)


Wir müssen auch bei den Ausbürgerungen nicht nur
auf das Recht schauen, sondern auch auf die Rechtspra-
xis. Es kann nicht sein, dass Menschen, die bei uns kri-
minell werden, ausgebürgert werden und damit nicht
mehr abgeschoben werden dürfen. Das werden wir nicht
mittragen.


(Beifall des Abg. Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU] – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer bestreitet das denn? Wer trägt das denn mit?)


Auch das ist in der Praxis zu behandeln.
Es ist richtig, dass wir ein Gesamtkonzept zur Bewäl-

tigung aktueller und künftiger Sicherheitsrisiken brau-
chen. Ich warne allerdings auch hier vor Verallgemeine-
rungen und davor, den Islam pauschal zu verurteilen.


(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Das machen wir nicht!)


Wir müssen sehr differenziert vorgehen. Darüber, dass
wir Sicherheitskonzepte brauchen, sind wir uns, glaube
ich, in diesem Hohen Haus alle einig.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


In Wirklichkeit geht es doch um eine andere Frage.
Die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei werden auf-
genommen. Tatsache ist, dass heute weder die Türkei
beitrittsfähig noch die EU fähig ist, die Türkei aufzuneh-
men.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie tritt ja auch nicht bei!)


Deshalb gibt es – das hat die FDP in der damaligen De-
batte auch deutlich gemacht – für uns zwei unverrück-
bare Grundsätze. Der eine Grundsatz lautet: Die Ver-
handlungen werden sehr lange dauern. Ein Zeitraum
von zehn bis 15 Jahren ist realistisch. Wir werden uns
gegen alles zur Wehr setzen, was zu einem Automatis-
mus der Beschleunigung führt. Die Verhandlungen wer-
den, wie gesagt, sehr lange dauern.


(Beifall bei der FDP – Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Sehr gut!)


Der zweite Grundsatz lautet: Die Verhandlungen
müssen ergebnisoffen sein. Es geht nicht an, mit der
Aufnahme der Verhandlungen das Ergebnis vorwegzu-
nehmen;

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(C (D (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau das haben die Regierungen ja beschlossen!)


s muss völlig klar sein, dass am Ende der Verhandlun-
en ein Ja oder ein Nein stehen kann.


(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Oder eine privilegierte Partnerschaft!)


abei ist sowohl die Situation in der Türkei als auch die
nnerhalb der Europäischen Union zu berücksichtigen.
Es gibt vieles, was die Türkei selbst leisten muss.


(Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD]: Wer bestreitet das denn!)


er Schutz von Minderheiten ist in der Türkei nach wie
or bei weitem nicht gewährleistet.


(Beifall bei der FDP – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das steht alles im Beschluss der Regierungschefs!)


ie Religionsfreiheit ist dort bis heute nicht gegeben.
er Vorrang des Zivilen vor dem Militärischen ist in der
ürkei nicht garantiert. Es ist noch nicht zu einer Ein-
tellung jeglicher Art von Folter gekommen. In diesen
unkten muss in den Verhandlungen eine Lösung erzielt
erden;


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Völlig richtig!)


ndernfalls ist der Beitritt der Türkei nicht möglich.
Zu berücksichtigen sind auch die von Ihnen angespro-

henen Punkte, Herr Strobl. Notwendig sind nicht nur
echtliche Regelungen, sondern es geht auch um die
msetzung in der Rechtspraxis.
Insofern stelle ich abschließend fest: Wenn Ihr Antrag

rnsthaft weiter beraten werden soll, dann muss er geän-
ert werden. Wir werden an unseren Prinzipien festhal-
en. Die Entscheidung ist gefallen. Sie ist auch von einer
achfolgeregierung 2006 mitzutragen. Aber die beiden
rundsätze – lange Dauer und ergebnisoffene Verhand-
ungen – müssen gelten und Bestand haben.
Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1515206000

Nächster Redner ist der Kollege Josef Winkler, Bünd-

is 90/Die Grünen.

(BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
ollegen! Ich bin immer wieder beeindruckt, wie stark
er Einfluss der rot-grünen Bundesregierung auf euro-
äischer Ebene aus Sicht der Opposition sein muss.
enn Sie gehen offenbar davon aus, dass wir es mit un-
eren verqueren Ansichten schaffen, alle Staats- und Re-
ierungschefs der gesamten Europäischen Union von
undeskanzler Schröder und Außenminister Fischer






(A) )



(B) )


Josef Philip Winkler

überzeugen zu lassen, wider besseres Wissen Beitritts-
verhandlungen mit der Türkei aufzunehmen.

Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]:
Wenn sie sich in anderen Fragen in Europa
auch so einbringen würden, wäre es gut!)

– Vielleicht sollten Sie sich zukünftig mit Ihren Außen-
politikern abstimmen, Herr Strobl. – Dieses Lob für die
Bundesregierung nehmen wir gerne an.

Allerdings sind die Vorschusslorbeeren, die Sie uns
gewähren, nicht ganz angemessen. Denn alle Bedenken,
die Herr Burgbacher vorgebracht hat, sind in dem Be-
schluss der Staats- und Regierungschefs berücksichtigt
worden. Es trifft nicht zu, dass beschlossen wurde oder
von Rot-Grün in irgendeiner Form befürwortet würde,
dass die Türkei der EU um jeden Preis beitreten sollte.
Die von Ihnen vorgebrachten Bedenken sind Schein-
argumente gegen von uns gar nicht vorgebrachte Argu-
mente. Insoweit weise ich es zurück, dass wir uns an ei-
ner solchen Diskussion überhaupt beteiligen müssten.

Ich komme jetzt zu dem Staatsangehörigkeitsrecht,
das Sie angesprochen haben, Herr Strobl. Die von Ihnen
aufgeworfene Frage wurde seitens der Bundesregierung
schon einmal dem Kollegen Jüttner beantwortet. Das
liegt allerdings schon etwas zurück und ist Ihnen viel-
leicht entgangen, weil er kein Innenpolitiker ist. Aber
dass der Erlass im März 2004 aufgehoben wurde, ist
schon seit November bekannt und wurde in einer Bun-
destagsdrucksache schriftlich dokumentiert.

Sie haben von einem gewissen Ruch der Illegalität
gesprochen. Eines ist sicher: Vor der Reform war es
deutschen Staatsbürgern möglich, durch eine Einbürge-
rung im Ausland bei gewöhnlichem Aufenthalt ganz le-
gal eine doppelte Staatsbürgerschaft zu erhalten. Es han-
delt sich dabei um eine Gruppe, die ihre Anträge zum
Teil weit vor dem In-Kraft-Treten der Reform gestellt
hat. Da nicht jeder eine so gute juristische Bildung auf-
weist wie Sie, konnten nicht alle Betroffenen wissen,
dass die Reform mit ihrem In-Kraft-Treten auch rück-
wirkend für früher gestellte Anträge gilt.


(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Machen Sie doch die Leute nicht dümmer, als sie sind!)


Die Betroffenen sind jetzt zum Teil in einer sehr mise-
rablen Situation, weil sie aufgrund des Erlasses der tür-
kischen Regierung die deutsche Staatsbürgerschaft ver-
loren haben. Sie sind aber keine Kriminellen. Wir sind
uns sicherlich einig, dass die Erlasslage in der Türkei in-
akzeptabel war. Dies ist inzwischen auch aufgrund der
Intervention der Bundesregierung abgestellt worden.
Nun muss es darum gehen – wie bereits die Kollegin
Dr. Akgün ausgeführt hat –, in Dialog mit den Betroffe-
nen zu treten und ihnen zu helfen, wieder Deutsche zu
werden, wenn sie es möchten. – An dieser Stelle wäre
ein bisschen Applaus durchaus angemessen, Herr Kol-
lege Ströbele.


(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Lachen bei der CDU/CSU und der FDP)



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(C (D Ich bin völlig überrascht, dass es keinen spontanen eifall gab; denn ich finde, dass ich es schlüssig vorgeragen habe. (Heiterkeit bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Manfred Grund [CDU/CSU]: Wenn ’s hilft, übernehmen wir auch gerne den Applaus!)


Ich merke es.
Von offizieller türkischer Seite ist bestätigt worden,

ass es sich um etwa 50 000 Anträge handelt. Ich habe ja
ereits ausgeführt, dass die entsprechende Regelung von
ns abgelehnt wird. Wenn ich einmal von den aktuellen
ällen absehe und mir die Altfälle anschaue, bin ich den-
och der Meinung, dass wir mehr als 40 Jahre nach der
nwerbevereinbarung mit der Türkei noch einmal da-
über nachdenken sollten – ich weiß, dass Sie das nicht
erne hören –, ob nicht zumindest für die erste Genera-
ion der Einwanderer, die enorme Hilfe beim Aufbau der
undesrepublik Deutschland geleistet haben, eine
oppelte Staatsbürgerschaft ein gutes Angebot der
undesrepublik wäre, um ihre Leistungen zu würdigen.


(Zurufe von der CDU/CSU: Aha!)

ch kann jedenfalls für meine Fraktion sagen, dass wir
as nicht für alle Zeiten ausschließen.


(Beifall des Abg. Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Also doch doppelte Staatsbürgerschaft!)


Herr Strobl, ich gebe es zu: Sie haben mich entlarvt.

(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

nsere Beschlusslage dazu ist immer klar gewesen. Ich
leibe dabei, dass auch die Migranten enorme Leistun-
en beim Aufbau Deutschlands erbracht haben.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Ehrlich ist der Josef wenigstens!)


ch weiß, dass das nicht die Zustimmung des ganzen
auses findet. Aber wir bleiben dabei, dass das durchaus
ngemessen wäre.
Abschließend möchte ich noch etwas zu Punkt 4 Ihres
ntrags sagen, meine Damen und Herren von der CDU/
SU. Sie vermischen ständig Extremismus, türkische
itbürger, Islamismus, Zuwanderung und „Verdoppe-
ng der Türken in Deutschland“ miteinander. Ich bin
brigens der Meinung, dass sich nur die Zahl der Türken
erdoppeln kann, dass sich aber die Türken selber nicht
erdoppeln können. Bei deutschen Mitbürgern sind Sie
ielleicht ein bisschen genauer in der Idiomatik. Ihre
ermischung von Begriffen aus dem Staatsbürger-
chaftsrecht mit den eben genannten lehnen wir jeden-
alls ab.


(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Wenn Sie es nicht verstanden haben, erkläre ich es Ihnen später!)







(A) )



(B) )


Josef Philip Winkler

Man kann es schon als schäbig bezeichnen, wenn Sie
Dinge, die völlig legal sind, und Mitbürger, die hier bei
uns friedlich ihrer Arbeit nachgehen, mit einer extremen
Minderheit, die sich prozentual kaum beziffern lässt, in
Zusammenhang bringen und fordern, dass man dagegen
etwas tun müsse.


(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Das tun wir doch überhaupt nicht!)


Meine Damen und Herren von der CDU/CSU-Bun-
destagsfraktion, Ihren Versuch, sich politisch auf Kosten
der türkischstämmigen Migranten in Deutschland zu
profilieren, weisen wir entschieden zurück. Das, was ge-
tan werden muss, damit die Abkommen mit der Türkei
so eingehalten werden, wie wir das als gleichberechtig-
ter Partner erwarten können, wird die rot-grüne Bundes-
regierung tun.

Herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1515206100

Das Wort hat der Kollege Hartmut Koschyk, CDU/

CSU-Fraktion.

Hartmut Koschyk (CSU):
Rede ID: ID1515206200

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen!

Herr Kollege Winkler, Frau Kollegin Akgün, man merkt
an Ihren Ausführungen sehr deutlich, dass die Bundesre-
gierung die Probleme, die im Vorfeld einer Vollmitglied-
schaft der Türkei in der Europäischen Union bestehen,
viel offensiver hätte aufgreifen müssen. Aber dazu sind
Sie nicht bereit. Sie versuchen vielmehr, diese Probleme
entweder auszublenden oder zu bagatellisieren.


(Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD]: Das ist doch Unsinn! Das ist doch gerade widerlegt worden!)


Herr Kollege Winkler, Sie müssen sich schon ent-
scheiden: Halten Sie es für ein Problem, dass deutsche
Staatsangehörige türkischer Herkunft durch zahlreiche
Aufrufe türkischer Behörden auch die türkische Staats-
angehörigkeit im Sinne einer doppelten Staatsangehörig-
keit angenommen haben, und sollte die Bundesregierung
Ihrer Meinung nach dagegen vorgehen? Oder sind Sie
eigentlich doch für die doppelte Staatsbürgerschaft
– Sie haben sich in diesem Sinne geäußert –, und zwar
nicht nur von Türken in Deutschland mit deutscher
Staatsangehörigkeit, sondern auch von anderen Zuwan-
derern?


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, aber offen, nicht verdeckt!)


Sie müssen sich schon entscheiden.
Der türkische Staat hat durch Runderlass aktiv für ein

Aushöhlen unseres Staatsangehörigkeitsrechts ge-
worben. Das haben Sie quasi als Kavaliersdelikt be-
zeichnet.


(Zuruf von der SPD: Haben Sie nicht zugehört?)


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(C (D ie sagen, dieser Missstand sei beseitigt worden und telle jetzt kein Problem mehr da. Sie bagatellisieren, as das auch für die Berechenbarkeit der türkischen Poitik im Hinblick auf ihre Zusagen auch im Zuge des eitrittsverfahrens bedeutet. Wir sind nicht bereit, das inzunehmen. (Beifall bei der CDU/CSU – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da haben Sie aber nicht zugehört!)


Liebe Frau Kollegin Akgün, Sie haben sich über die
ormulierung „tickende Zeitbombe“ in unserem Antrag
ünstlich aufgeregt. Liebe Frau Kollegin Akgün, ich will
ie darauf hinweisen, dass diese Formulierung ein Ex-
erte bei der Anhörung des Bundestagsinnenausschusses
um Thema „Probleme des Islamismus in Deutschland“
enutzt hat. Von den rund 30 000 vom Bundesamt für
erfassungsschutz festgestellten Islamisten in Deutsch-
and sind 27 000 türkischer Herkunft.
Hinzu kommt all das, was wir bei der Anhörung des
undestagsinnenausschusses gerade im Hinblick auf die
ürkische Gemeinschaft in Deutschland von Fachleuten
auch von einem türkischen Journalisten; was er dazu
esagt hat, war sehr beeindruckend – gehört haben. Das
lenden Sie hier einfach aus. Daran merkt man, dass Sie
n Bezug auf Probleme im Zusammenhang mit der Voll-
itgliedschaft der Türkei in der Europäischen Union
cheuklappen angelegt haben und dass Sie nicht wollen,
ass hier die wirklichen Probleme debattiert werden.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Es gibt doch ernst zu nehmende Warnungen. Der Kol-

ege Strobl hat Helmut Schmidt zitiert. Ich möchte den
ehr bemerkenswerten Aufsatz von Valéry Giscard
’Estaing in der „FAZ“ erwähnen. Ich verweise auf
en Historiker Heinrich August Winkler, Mitglied der
PD, und den Verfassungsrechtler Ernst-Wolfgang
öckenförde. Außerdem verweise ich auf die klare Posi-
ion – dafür bin ich dankbar –, die die beiden großen
irchen in Deutschland in dieser Frage eingenommen
aben. Ich erinnere an das, was Kardinal Lehmann und
ischof Huber dazu gesagt haben. Sie haben auf die un-
elösten Probleme in den Bereichen der Religionsfrei-
eit, der Gleichstellung von Mann und Frau und der
enschen- und Minderheitenrechte in der Türkei ver-
iesen.

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1515206300

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
ollegen Gloser?

Hartmut Koschyk (CSU):
Rede ID: ID1515206400

Herr Kollege Gloser, bitte.

Günter Gloser (SPD):
Rede ID: ID1515206500

Herr Kollege Koschyk, Sie haben aufgegriffen, was

hr Kollege Strobl vorhin ausführlich dargelegt hat. Auf
em Europäischen Rat 1997 haben die Mitglieder der
chwarz-gelben Bundesregierung der Türkei die Per-
pektive gegeben, der Europäischen Union beizutreten,
bwohl die Türkei damals, was Demokratie, innere






(A) )



(B) )


Günter Gloser

Strukturen und anderes angeht, weit hinter dem zurück-
lag, was sie heute aufgrund des eingeleiteten positiven
Prozesses erreicht hat.


(Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Herr Gloser, das sehen Sie falsch!)


1997 war die Europäische Union der 15 von der Per-
spektive einer europäischen Verfassung und der damit
verbundenen Handlungsfähigkeit weit entfernt. Warum
hat die schwarz-gelbe Regierung dann diese Beitritts-
perspektive gegeben? Diese Position ist durch den
CSU-Landesgruppenvorsitzenden Michael Glos im De-
zember 1997 nachdrücklich bekräftigt worden. Wie er-
klären Sie diesen Widerspruch? Müssten Sie heute nicht
wenigstens „Das war zumindest grob fahrlässig“ sagen?


(Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Die Türkei war für uns nie Beitrittskandidat! Das wissen Sie genau!)



Hartmut Koschyk (CSU):
Rede ID: ID1515206600

Herr Kollege Gloser, die Union hat sich immer für

enge und über die jetzigen Bindungen hinausgehende
Bindungen der Türkei an die Europäische Union ausge-
sprochen, ganz im Sinne einer privilegierten Partner-
schaft,


(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: So ist es!)


wie wir, die Union, und übrigens auch der österreichi-
sche Bundeskanzler Schüssel – in Österreich wird es
eine Volksbefragung zu diesem Thema geben – sie in
dieser Frage vertreten.

Eines ist doch interessant, Herr Gloser.

(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Was Volker Rühe dazu sagt, ist interessant!)

Sie von der Koalition von SPD und Grünen, die sich im-
mer so offen für plebiszitäre Elemente im Grundgesetz
zeigen, haben eines doch schon sehr deutlich gemacht:
Es könnte in Deutschland über alles eine Volksabstim-
mung geben, aber über das Thema Türkei – das haben
die Verantwortlichen Fischer und Müntefering klarge-
stellt – würden Sie nie eine Volksbefragung zulassen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Sie haben Angst vor dem Volk!)


Das zeigt, Herr Kollege Gloser, dass Sie unsicher gewor-
den sind.

Ich möchte in Erinnerung rufen, dass wir vom Innen-
ausschuss im Juni letzten Jahres unter Ihrem Vorsitz,
Frau Kollegin Akgün, eine Reise in die Türkei durchge-
führt haben, bei der wir sehr deutlich gespürt haben, wie
vieles im Hinblick auf die Rechtssituation der Kirchen
völlig ungeklärt ist. Wir haben erfahren, dass die Nut-
zung von Eigentum für religiöse und karitative Zwecke
systematisch behindert wird und dass zudem eine ganze
Reihe von faktischen Problemen besteht, nicht so sehr
– das will ich einräumen – bei den deutschen evange-
lischen und deutschen katholischen Kirchengemeinden
dort, aber – liebe Frau Kollegin Akgün, das haben wir

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(C (D ehr deutlich gehört – bei den assyrischen Christen, bei en orthodoxen Christen und bei den aramäischen Chrisen. Ich will noch etwas ansprechen, liebe Frau Kollegin kgün, nämlich die völlig unbefriedigende Situation on Deutschen, die auf Dauer in der Türkei leben, die robleme, die uns bei unserem Besuch Frauen, die mit ürkischen Partnern verheiratet sind, geschildert haben, ragen des Aufenthaltsrechts, Fragen der Berufsausbung. Beispielsweise können deutsche Frauen manche erufe nicht ergreifen. All die Probleme sind in unserem ericht über die Türkeireise sehr eindeutig dokumentiert orden. Ich habe bis jetzt aber keine Initiative der Bunesregierung feststellen können, die darauf abzielt, zum eispiel die unbefriedigende Rechtssituation von Deutchen zu verbessern, besonders die von deutschen rauen, die mit türkischen Partnern verheiratet waren, ann geschieden wurden oder verwitwet sind. Professor Böckenförde hat die Entscheidung vom 7. Dezember zu Recht als Stunde der Wahrheit und als cheideweg für die EU bezeichnet. Die Türkei ist nach eographischer Ausdehnung, Bevölkerungszahl, natioaler und kultureller Identität, ökonomischer und politicher Struktur von einer Bedeutung und Eigenart, dass ie Frage nach dem Konzept der europäischen Einiung unausweichlich ist. Wir wollen, dass die Debatte in Deutschland so ernst eführt wird, auch im Parlament, wie sie dankenswertereise gerade von den Verantwortlichen der großen Kirhen in Deutschland geführt wird. Ich bin sehr dankbar afür, dass Bischof Huber in einem Interview im Berlier „Tagesspiegel“ vor wenigen Tagen deutlich gemacht at, (Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Sehr beachtlich!)


r habe die große Sorge, dass die Vollmitgliedschaft der
ürkei in der Europäischen Union die Gefahr in sich
irgt, dass sich die Europäische Union nicht mehr zu ei-
er handlungsfähigen politischen Gemeinschaft entwi-
kelt, sondern zu einer Freihandelszone auseinander
trebt.
Ich mache mir auch die Worte von Kardinal Lehmann

u Eigen, der die Probleme durch einen Beitritt der Tür-
ei zur Europäischen Union, durch eine Vollmitglied-
chaft, in eine Frage gekleidet hat: Die Frage ist doch, ob
uropa eine Identität hat, die stark auf Christentum und
udentum, auf Antike und Aufklärung gründet. Ergeben
ich da nicht Abgrenzungen? – Ich meine, da ergeben
ich Abgrenzungen.
Lieber Herr Kollege Beck, Sie haben auf die Äuße-

ungen von Bischof Huber im „Tagesspiegel“ mit der
emerkung reagiert, Sie setzten sich dafür ein, dass
uropa Wertegemeinschaft und nicht Christenclub wird.


(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Das ist es nämlich!)


amit haben Sie sich dieses unsägliche Wort von Herrn
rdogan von Europa als Christenclub zu Eigen ge-
acht – und dies in einer Auseinandersetzung mit dem






(A) )



(B) )


Hartmut Koschyk

Vorsitzenden des Rates der EKD. Dies zeigt, welch trau-
rige Wertvorstellungen Sie von Europa als Wertegemein-
schaft auf dem christlich-jüdischen Fundament haben.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Was haben die für Wertvorstellungen? Die haben doch keine Werte!)


Diese Debatte – wir haben die Probleme in unserem An-
trag aufgezeigt – muss geführt werden.

Der Kollege Winkler hat an einer Stelle seiner Rede
schon sehr deutlich auf den Teil des Beschlusses des Eu-
ropäischen Rates verwiesen, der derzeit in der Türkei
Katzenjammer auslöst, nämlich dass die Verhandlungen
in der Tat – das ist der große Erfolg der Union beim Be-
schluss des Europäischen Rates – ergebnisoffen geführt
werden


(Lachen bei der SPD)

und dass diese Verhandlungen abgebrochen werden kön-
nen, wenn zum Beispiel eine bestimmte Zahl von Mit-
gliedstaaten der Europäischen Union dies will. Das zeigt
doch, wie unsicher sich die Staats- und Regierungschefs
bei der Entscheidung des Europäischen Rates am
17. Dezember gewesen sind. Es zeigt übrigens auch,
dass hier Politik über die Köpfe der Mehrheit der Bevöl-
kerung in den europäischen Ländern hinweg gemacht
wird.

Sie wissen auch – zumindest spüren Sie es –, dass Sie
für Ihre Position in dieser Frage in der deutschen Bevöl-
kerung keine Mehrheit haben. Wir werden nicht zulas-
sen, dass die bestehenden Probleme von Ihnen einfach
weggedrückt, ausgeblendet oder bagatellisiert werden.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1515206700

Nächste Rednerin ist die Kollegin Dr. Cornelie

Sonntag-Wolgast, SPD-Fraktion.

Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast (SPD):
Rede ID: ID1515206800

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Herr Koschyk! Meine verehrten Kollegen der CDU/
CSU-Fraktion, offenbar können Sie es nicht lassen. Sie
wissen doch, dass die Zeit über Sie hinweggegangen ist,
dass die EU am 17. Dezember den Auftakt der Beitritts-
verhandlungen beschlossen hat. Sie wissen darüber hi-
naus, dass Sie sich europäisch isoliert haben. Jetzt spie-
len Sie die schlechten Verlierer und gerade der letzte
Beitrag hat bewiesen:


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Wir vertreten die Mehrheitsmeinung der deutschen Bevölkerung, im Gegensatz zu Ihnen!)


Sie müssen stören und sticheln, Sie wollen Angst und
Misstrauen säen


(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Wer tut das?)


und Sie vermengen in unzulässiger Weise Islamismus
mit Türkei. Das geht nicht.


(Beifall bei der SPD)


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(C (D ch gebe Ihnen Brief und Siegel: Wir werden, wie Gott ei Dank auch die Mehrheit der Bürger, Ihnen auf dieem Weg nicht folgen. Gerade weil die europäische Einigung ein schwieriger rozess ist, ist es nötig, damit in aufklärerischer und achlicher Atmosphäre umzugehen. Er verträgt keine auschale Verunglimpfung und Hetzerei. Genau das tun ie. Das ist unzulässig und fahrlässig. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Hartmut Koschyk [CDU/ CSU]: Frau Präsidentin, das müssen Sie zurückweisen! Hetzerei lasse ich mir hier im Parlament nicht sagen!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1515206900

Frau Kollegin, Sie wissen, dass Sie mit diesem Be-

riff sehr unparlamentarisch argumentiert haben. Ich
itte Sie, den Begriff zurückzunehmen.


Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast (SPD):
Rede ID: ID1515207000

Ich nehme ihn zurück. Ich glaube, es ist im Beitrag

es Kollegen deutlich geworden, was er damit bezweckt.

(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Unver schämtheit!)


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1515207100

Gestatten Sie jetzt eine Zwischenfrage des Kollegen

trobl?

Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast (SPD):
Rede ID: ID1515207200

Ja.

Thomas Strobl (CDU):
Rede ID: ID1515207300

Frau Kollegin Sonntag-Wolgast, was veranlasst Sie

u solch schwerwiegenden Vorwürfen gegen die CDU/
SU-Bundestagsfraktion, die lediglich darauf hingewie-
en hat, dass von den 30 000 extremistischen Islamisten,
ie es in der Bundesrepublik Deutschland gibt und von
enen eine erhebliche Gefahr für unser Land ausgeht –


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie kommen Sie darauf?)


das können Sie mit mir gemeinsam im aktuellen
erfassungsschutzbericht nachlesen, Herr Kollege
tröbele –, eben 27 000 aus der Türkei kommen? Was ist
aran eine unzulässige Vermengung? Was ist daran
etze?


(Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Das sind nur Fakten!)



Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast (SPD):
Rede ID: ID1515207400

Die unzulässige Vermengung geht aus dem Gesamtte-

or eindeutig hervor. Ich beziehe mich auf die Wortwahl
hres Antrags. Darin wird gehäuft von „rechtsmiss-
räuchlicher Wiedereinbürgerung“, von „Schwerkrimi-
ellen“, von „Drogen- und Gewaltdelikten“, von „Si-
herheitsrisiken“, von „Rechtfertigung von Gewalt“, von
terroristischer Bedrohung“ und von „geistig-politi-
chem Einfluss von Islamisten“ gesprochen. Das ist der






(A) )



(B) )


Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast

Grund dafür, dass ich dies in aller Schärfe anprangern
muss.


(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Sie müssen sich mit den Fakten auseinander setzen!)


– Ich gehe von der Wortwahl Ihres Antrags und vor al-
lem vom Beitrag des Kollegen Koschyk aus.


(Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Gehen Sie die Probleme an! – Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Gehen Sie auf die Fakten ein!)


– Ich komme jetzt dazu, wenn Sie mir die Gelegenheit
geben. Keiner behauptet, Herr Kollege, dass der Beitritts-
prozess ein Spaziergang bei schönem Wetter sein wird.
Niemand blendet Probleme mit der Türkei aus. Genauso
wenig sollten übrigens die Probleme mit anderen Bei-
trittskandidaten ausgeblendet werden. Es stimmt, dass es
Schwierigkeiten bei der Wiedereinbürgerung oder bei
der Ausbürgerung gibt.


(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Aha!)


Die Türkei ist – auch das muss ich sagen – für ihre
Staatsbürger verantwortlich. Sie hat die anstehenden
Probleme zu lösen und darf sie nicht bei uns abladen, vor
allen Dingen nicht bei den hier lebenden Migranten tür-
kischer Herkunft, aber ebenso wenig bei den in der Tür-
kei lebenden Bürgern aus anderen Staaten. Das ist völlig
unstrittig. Um dies zu verdeutlichen, ist die Bundesregie-
rung, wie wir gehört haben, seit langer Zeit tätig.

Die bestehenden Konflikte etwa bei der Frage, was
mit den Anträgen von Menschen türkischer Abstam-
mung auf Einbürgerung geschieht, die die Anträge schon
vor dem 1. Januar 2000 gestellt haben, aber von der Tür-
kei die entsprechenden Bescheide noch nicht bekommen
haben, und, da sie sich auf altes Recht bezogen, noch mit
ihrer Wiedereinbürgerung rechneten, müssen auf der so-
liden aktuellen rechtlichen Grundlage gelöst werden,
und zwar human. Das ist doch völlig klar.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


All diese Bemühungen haben aber doch viel größere
Aussicht auf Erfolg, wenn sie mit der Perspektive eines
EU-Beitritts verbunden sind – man kann ruhig sagen,
dass das ein permanentes, willkommenes Druckmittel
darstellt –, als dann, wenn sie mit einer Politik der Ab-
weisung und des Misstrauens verbunden werden, wie
Sie sie betreiben.

Das ist ganz offensichtlich. Wir sind uns doch hof-
fentlich darüber einig, dass es darum gehen muss, dass
sich möglichst viele der dauerhaft hier bei uns lebenden
Ausländer einbürgern lassen. Dafür haben wir die Be-
mühungen im neuen Gesetz klar und einfach gefasst.
Wir haben Anforderungen an die Sprachkenntnisse und
an die Hinwendung zu unserer Verfassung aufgestellt.
Wir wollen eben diese Menschen mit vollen Rechten
und Pflichten auf gleiche Augenhöhe und mit voller po-
litischer Teilhabe hier bei uns integrieren.

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(C (D Es stimmt schon, dass Mehrstaatigkeit in der Regel ermieden werden soll. Das besagt ja auch das reforierte Staatsangehörigkeitsgesetz. Es stimmt aber nicht, ass generell keine doppelten Staatsangehörigkeiten xistieren können. Mehrfachstaatsangehörigkeiten, die ach dem Abstammungsprinzip oder als Folge von binaionalen Ehen zustande gekommen sind, bleiben unangeastet. (Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Darum geht es doch gar nicht!)


ch darf an die deutsch-türkische Enkeltochter des Alt-
undeskanzlers Helmut Kohl, an Otto von Habsburg und
ndere erinnern. Die Reihe ließe sich beliebig fortsetzen.
atürlich gilt auch das Prinzip der Gegenseitigkeit.


(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Darum geht es doch gar nicht! Es geht um 50 000 ganz andere Fälle! Frau Vogt hat es eingeräumt! – Gegenruf von der SPD: Sie wollen nicht zuhören, Herr Strobl!)


Ich rede von Ihrer Neigung, schon wieder die doppelte
taatsbürgerschaft zu verteufeln.
Viele Menschen streben nun einmal danach – das

önnen Sie doch gar nicht leugnen –, ihre jetzige Staats-
ngehörigkeit mit der ihres Herkunftslandes zu verknüp-
en.


(Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Sie reden am Thema vorbei!)


abei müssen sie – das muss man ihnen klar machen –
ie aktuelle Gesetzeslage beachten; ebenso muss das
uch der Herkunftsstaat tun. Es ist aber falsch, sie zu
riminellen abzustempeln. Das tun Sie aber praktisch
it Ihrem Antrag. Dagegen wehren wir uns.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Es ist, wie ich finde, nicht nur falsch, sondern direkt
efährlich, wenn Sie aus Mängeln der türkischen
echtspraxis – die, um das noch einmal zu betonen, be-
oben werden müssen – eine terroristische Bedrohung
bleiten. Das haben Sie heute Vormittag getan. Was soll
enn in diesem Zusammenhang diese unselige Ver-
uickung mit Kriminalität und islamistischem Extre-
ismus?


(Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Unsinn bleibt Unsinn!)


as soll in Ihrem Antrag der Schwenk zu „Zahlen und
ktivitäten radikaler Islam-Anhänger“ in Deutschland
ei Freizeitaktivitäten und in Ferienlagern?


(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Das ist das Ergebnis der Anhörung!)


ch habe da wahrhaftig nichts zu beschönigen. Es gilt
ber schon festzuhalten, Herr Kollege, dass nach jünge-
en Untersuchungen die türkischen Zuwanderer, die, wie
ir wissen, überwiegend muslimisch geprägt sind, die
eutsche Gesellschaftsordnung in hohem Maße akzep-
eren und dass lediglich 1 Prozent – das muss ich jetzt






(A) )



(B) )


Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast

einmal Ihren Behauptungen entgegenhalten – der Mus-
lime in Deutschland islamistischen Organisationen zuzu-
rechnen sind. Diese sind aber fest im Blick der Sicher-
heitsbehörden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Was soll also, liebe Kolleginnen und Kollegen, die
Brunnenvergifterei, die offenbar mit diesem Antrag be-
zweckt wird?


(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Jetzt geht das schon wieder los! Mäßigen Sie sich einmal!)


Ihre Haltung ist sonnenklar, Herr Kollege Strobl: Die
Europapolitik der Bundesregierung muss verunglimpft
werden, das Klima zwischen Türken und Deutschen
muss verschlechtert werden und es muss Stimmungsma-
che betrieben werden – das alles im Hinblick auf die
Landtagswahlen.


(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Unsinn! – Günter Gloser [SPD]: Sonthofen!)


Das ist doch der Sinn Ihres Antrages. Ich prophezeie Ih-
nen, Sie werden damit Schiffbruch erleiden. Für mein
Land Schleswig-Holstein kann ich sagen:


(Jürgen Koppelin [FDP]: Sie wohnen doch in Hamburg und nicht mehr in Schleswig-Holstein!)


Wir wollen friedlich mit diesen Menschen leben; wir las-
sen uns nicht in irgendeiner Weise in eine feindselige
Ecke stellen, Herr Kollege Koppelin. Wir pflegen gute
Partnerschaft mit den bei uns lebenden Migranten und
anderen – nationalen – Minderheiten. In Nordrhein-
Westfalen werden Sie mit solchen Methoden ebenso we-
nig punkten.

Die Zeiten, in denen Doppelpasskampagnen gegen
doppelte Staatsangehörigkeit wie in Hessen noch funk-
tionierten, sind vorbei. Das funktioniert jetzt nicht mehr.
Schon bei der Kampagne „Kinder statt Inder“ von Herrn
Rüttgers hat sich herausgestellt, dass dies nicht mehr
zieht. Lassen Sie also solche Manöver bleiben!

Eine letzte Anmerkung. Sie fordern wieder einmal
schnell ein neues Gesamtkonzept „zur Wahrung der in-
neren Sicherheit und zum Kampf gegen den islamistisch
geprägten Terrorismus“.


(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Das fordern wir! Da haben Sie Recht!)


Es gibt aber längst ein Gesamtkonzept. Ich nenne die
Anti-Terror-Pakete I und II, die demnächst evaluiert
werden. Ich nenne ferner die umfassenden Gepäck- und
Sicherheitskontrollen an den Flughäfen, die Verbote isla-
mistischer Organisationen – vom Kalifatsstaat bis al-
Aqsa –, die Maßnahmen gegen Hassprediger, die im
neuen Zuwanderungsgesetz enthalten sind. Aber vor al-
lem gilt unser Prinzip: erhöhte Wachsamkeit, hoher Er-
mittlungsdruck auf der notwendigen gesetzlichen Basis,
aber auch verstärkte Bemühungen um Integration und
Prävention. Dabei müssen wir – in diesem Punkt unter-

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(C (D cheiden wir uns – die Balance zwischen konsequentem orgehen gegen islamistischen Terror einerseits und der ahrung bürgerlicher Freiheitsrechte andererseits hal en. Panikmache und Verängstigung gehören allerdings icht zu unserem Konzept. Das haben Sie sich auf die ahnen geschrieben. Ihr Ansatz ist offenbar, wie auch hr Antrag zeigt: Polarisierung und Desintegration. Mahen Sie sich bitte keine Hoffnungen, dass wir Ihnen dain folgen! Danke schön. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1515207500

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 15/4496 an die in der Tagesordnung aufge-
ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit
inverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überwei-
ung so beschlossen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 22 auf:

Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umset-
zung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts

(akustische Wohnraumüberwachung)

– Drucksache 15/4533 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
einen Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Frau Justiz-
inisterin Brigitte Zypries.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1515207600

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und
erren! Die akustische Wohnraumüberwachung hat von
hrer Einführung im Jahre 1998 bis heute für Diskussio-
en in der Öffentlichkeit und in der Politik gesorgt wie
aum ein anderes Gesetzgebungsvorhaben im Bereich
es Strafprozesses. Dabei wird die Wohnraumüberwa-
hung tatsächlich nur in ganz wenigen Fällen angeord-
et. Im Jahre 2003 waren es ganze 37 Fälle und damit
ogar etwas mehr als der bis dahin vorhandene Jahres-
urchschnitt von 30 Fällen.
Die akustische Wohnraumüberwachung stellt in jeder
insicht eine Ausnahme dar. Durch kein anderes Ermitt-
ungsinstrument ist es möglich, derartig weit in den pri-
aten Bereich der Bürgerinnen und Bürger einzudringen.
ndererseits ist die akustische Wohnraumüberwachung
wenn alle anderen Mittel versagen – das letzte Mittel,
m schwer zugängliche Kriminalitätsstrukturen zu erfor-
chen, schwerste Straftaten aufzuklären und für die Zu-
unft zu verhindern.






(A) )



(B) )


Bundesministerin Brigitte Zypries

Seit der Einführung dieses Instruments 1998 sind die

Gefahren für die Sicherheit in Deutschland nicht weni-
ger geworden. Die Aufhebung der Grenzen, der ver-
stärkte Reiseverkehr und der verstärkte Tourismus haben
zur Folge, dass Hindernisse für international operierende
Formen der Kriminalität wegfallen. Das sehen wir zum
Beispiel an der Betäubungsmittelkriminalität. Dort wur-
den in fast 90 Prozent aller Verfahren, in denen man die
akustische Wohnraumüberwachung durchgeführt hat,
Bezüge zur international organisierten Kriminalität fest-
gestellt. Es ging jeweils um sehr massive Taten. Bei den
Drogendelikten wurde pro Verfahren durchschnittlich
wegen 62 Kilogramm Heroin bzw. 47 Kilogramm Ko-
kain ermittelt. In Einzelfällen ging es um Rauschgift in
einer Menge von 1 000 Kilogramm.

Auch die Ereignisse von Madrid haben gezeigt, dass
Deutschland Ziel von terroristischen Anschlägen sein
kann und dass die Wohnraumüberwachung auch im Zu-
sammenhang mit dem Kampf gegen den Terrorismus ein
wichtiges Mittel ist und bleiben muss.

Nun darf aber das Ziel, Straftaten zu bekämpfen und
die Rechtsordnung zu schützen, nicht dazu führen, dass
der Schutz des Einzelnen vor der staatlichen Kontrolle
völlig aufgegeben wird.


(Beifall des Abg. Joachim Stünker [SPD])

Der Konflikt zwischen Freiheit und Sicherheit zeigt sich
hier in zugespitzter Form. Denn die Menschen fürchten
sich nicht nur vor terroristischen Anschlägen, sie fürch-
ten sich auch davor, dass sie am Ende keine Rückzugs-
möglichkeiten ins Private mehr haben, dass sie am Ende
keine Räumlichkeiten mehr haben, wo sie ungeschützt
mit nahen Angehörigen oder Freunden sprechen können,
ohne dass sie Gefahr laufen müssen, diese Gespräche
später einmal ausgebreitet zu sehen.

Das Bundesverfassungsgericht hat nicht zuletzt des-
halb in der Entscheidung vom 3. März 2004 deutlich ge-
macht, dass der Staat durch die akustische Wohnraum-
überwachung nicht in den unantastbaren Kernbereich
privater Lebensgestaltung eingreifen darf. Der absolut
geschützte Kernbereich privater Lebensgestaltung ist vor
Abhörmaßnahmen zu schützen.

Die Vorgaben der Entscheidung aus Karlsruhe hat die
Bundesregierung in dem Ihnen jetzt vorliegenden Ent-
wurf umgesetzt. Mit diesem Entwurf werden sowohl ein
umfassender Schutz der Menschenwürde als auch die
Praktikabilität der Maßnahme der Wohnraumüberwa-
chung gewährleistet, soweit sie mit den Vorgaben des
Bundesverfassungsgerichts vereinbar ist.

Lassen Sie mich kurz auf die Eckpunkte zu sprechen
kommen. Abhören wird künftig überhaupt nur dann zu-
lässig sein, wenn es um den Verdacht einer besonders
schweren Straftat geht, einer Straftat also, für die das
Gesetz eine Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren vor-
sieht. Ich nenne Mord, Totschlag, schwere Betäubungs-
mitteldelikte oder die Bildung einer terroristischen Ver-
einigung.

Die Wohnraumüberwachung darf künftig nur dann
angeordnet werden, wenn aufgrund tatsächlicher An-

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(C (D altspunkte anzunehmen ist, dass keine Äußerungen aus em absolut geschützten Bereich der privaten Lebensgetaltung erfasst werden. Das kann man natürlich nur gaantieren, wenn man quasi live mithört, um sich dann geebenenfalls auszuschalten. Wir sehen, dass das in der raxis zu Schwierigkeiten führen wird. Aber dies entpricht den Vorgaben des Gerichts und ist deshalb eins u eins umzusetzen. Das Abhören von Gesprächen mit Berufsgeheimnis rägern, mit Rechtsanwälten, Notaren, Abgeordneten der Ärzten, wird generell unzulässig sein. Darüber hinaus sieht der Gesetzentwurf einen zusätz ichen Schutz durch Verfahren vor. Es können künftig ur noch eigens dafür eingerichtete, spezialisierte Kamern bestimmter Landgerichte eine Wohnraumüberwahung anordnen. Sie müssen regelmäßig von Polizei und taatsanwaltschaft unterrichtet werden. Die Betroffenen üssen nach Beendigung der Maßnahme unterrichtet erden. Sie erhalten damit die Möglichkeit des gerichtlihen Rechtsschutzes. Auch die Interessen des Parlaments will die Bundes egierung mit diesem Gesetzentwurf weiter stärken. Die erichtspflicht wird ausgebaut. Künftig wird jährlich zu wölf verschiedenen Punkten berichtet werden, um die arlamentarische Kontrolle nach Art. 13 Abs. 6 des rundgesetzes zu stärken. Meine Damen und Herren, die Tatsache, dass über iesen Gesetzentwurf bzw. dieses Verfahren so viel disutiert wurde, zeigt, dass unsere Demokratie nach wie or eine Streitkultur im positiven Sinne ist. Das ist gut o. Ich gehe davon aus, dass die Anhörung, die, wie ich ehört habe, beschlossen werden soll, die Diskussion beeichern wird. Ich bin sehr optimistisch, dass wir bis Juni ieses Jahres – zu diesem Zeitpunkt läuft die Frist ab, in er wir eine Regelung getroffen haben müssen; insofern öchte ich die wenigen Augen, die hier sind, darauf ichten – einen Gesetzentwurf verabschiedet haben weren, der nicht nur die verfassungsmäßigen Rechte wahrt, ondern auch die staatlichen Interessen im Hinblick auf ie Strafverfolgung zum Zuge bringt. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1515207700

Nächste Rednerin ist die Kollegin Daniela Raab,
DU/CSU-Fraktion.

Daniela Raab (CSU):
Rede ID: ID1515207800

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen,

ie Sie sich fraktionsübergreifend zu dieser Mittags-
tunde tapfer – ich finde das sehr löblich – zu diesem
hema eingefunden haben! In seinem Urteil vom
. März 2004 hat das Bundesverfassungsgericht Art. 13
bs. 3 unseres Grundgesetzes als verfassungsrechtliche
rundlage für die akustische Wohnraumüberwachung
ür verfassungsgemäß erklärt. Das ist zwar erfreulich,
ber für uns alle sicherlich wenig überraschend.
Allerdings kommt das Gericht zu dem Schluss, dass

ie einfachgesetzlichen Regelungen des so genannten






(A) )



(B) )


Daniela Raab

großen Lauschangriffs in der Strafprozessordnung zum
Teil nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Das Ge-
richt geht von einem bereits erwähnten absolut geschütz-
ten Kernbereich der privaten Lebensgestaltung aus. Die-
ser Kernbereich bezieht sich überwiegend auf die
Privatwohnung. Ein Abhören des gesprochenen Wortes
soll dort in Zukunft nur unter sehr strengen Vorausset-
zungen möglich sein. Das Gericht verlangt deshalb von
den strafverfolgenden Behörden vor Beginn der Abhör-
maßnahme eine Prognose, inwieweit die Gefahr besteht,
dass in diesen Kernbereich unzulässigerweise eingegrif-
fen wird. Wird das Abhören nach dieser Prognose durch-
geführt, hat es sich auf strafverfahrensrelevante Inhalte
zu beschränken. Die Anforderungen an die Recht-
mäßigkeit der akustischen Wohnraumüberwachung sol-
len also umso strenger sein, je größer die Wahrschein-
lichkeit ist, dass Gespräche mit höchstpersönlichem
Inhalt abgehört werden. Deshalb sollen Überwachungs-
maßnahmen auch hier nur dann ergriffen werden dürfen,
wenn schon vor der Maßnahme keine Anhaltspunkte da-
für bestehen, dass geschützte Gesprächsinhalte zu erwar-
ten sind. Sollten sich diese Gesprächsinhalte dennoch
während des Abhörens ergeben – die Frau Ministerin hat
das erwähnt –, muss die Abhöraktion sofort abgebrochen
werden. – So weit in aller Kürze die Forderungen des
Bundesverfassungsgerichts.

Ich möchte wirklich keine Majestätsbeleidigung be-
treiben, aber doch gerne anmerken, dass ich persönlich
nicht erkennen kann, weshalb weitere Einschränkungen
bei der akustischen Wohnraumüberwachung überhaupt
notwendig waren,


(Beifall bei der CDU/CSU)

gerade wenn man weiß, dass mit diesem Instrument in
der Praxis höchst sensibel umgegangen wird und sein
Einsatz immer nur letztes Mittel ist, um Ermittlungen
voranzutreiben oder zum Ende zu bringen; die Frau
Ministerin hat das bereits angesprochen. Jedem Richter,
jedem Staatsanwalt, jedem Polizisten und jedem von uns
ist selbstverständlich klar, dass beim Abhören von Pri-
vaträumen in Persönlichkeitsrechte eingegriffen wird.
Deshalb gibt es ja auch diesen sensiblen Umgang damit.
Liegen jedoch Anhaltspunkte vor, dass eine Person
schwere Verbrechen begangen haben könnte oder kon-
kret vorhat, sie zu begehen, muss das Schutzbedürfnis
unserer Bevölkerung gegenüber dem Persönlichkeits-
recht des Tatverdächtigen klar überwiegen.


(Joachim Stünker [SPD]: Und der Dritte?)

Bisher wurde diese Abwägung immer in verantwortli-
cher Weise getroffen. Anzeichen für eine leichtfertige
Anordnungspraxis gibt es nicht. Leider hat dies das Bun-
desverfassungsgericht etwas anders gesehen.

Die Bundesregierung hat nun versucht, die betreffen-
den Vorschriften der Strafprozessordnung dem Urteil an-
zupassen. Man muss zugeben, dass das nicht leicht war.
Nun liegt uns dieser wirklich nicht begeisternde Entwurf
vor. Besonders bedenklich stimmt meine Fraktion die
Neuregelung von § 100 c der Strafprozessordnung, der
die konkrete Durchführung einer Abhörmaßnahme re-
geln soll. Nehmen Sie dessen Abs. 4 in diesem Entwurf:

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(C (D ieser besagt bekanntlich, dass eine Abhörmaßnahme ur dann angeordnet werden darf, wenn im Vorfeld beeits davon ausgegangen werden kann, dass keine Äußeungen erfasst werden, die dem schon viel zitierten ernbereich privater Lebensgestaltung unterfallen können. em anordnenden Richter werden hier hellseherische ähigkeiten abverlangt. Woher soll er das denn wissen? (Beifall bei Abgeordneten der SPD – HansChristian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es ist immer so, dass der Richter eine Prognose erstellen muss!)


(Joachim Stünker [SPD]: Sehr gut!)


Um das Überwachungsverbot für Gespräche im unan-
astbaren Kernbereich überhaupt einhalten zu können,
ind nun bereits vor der Beantragung der Abhörung um-
angreiche Ermittlungen nötig; das bestätigen uns die
raktiker. In der Praxis wird man also zunächst feststel-
en müssen, wie die Wohnung tatsächlich genutzt wird,
er dort wie regelmäßig verkehrt, ob die betreffenden
ersonen Tatbeteiligte sind oder nicht und wie hoch die
ahrscheinlichkeit ist, dass tatrelevante Gespräche ge-

ührt werden.

(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ NEN]: Also, es geht doch!)

ie Praktiker werden ihre reine Freude damit haben.


(Zuruf von der SPD: Jetzt bitte den Vorwurf „Wahrsagerei“!)


Richtig, das erfordert Wahrsagerei.

(Zuruf von der SPD: Sage ich doch!)


Der akustischen Wohnraumüberwachung werden so
ereits in der Anordnungsphase massive Hindernisse in
en Weg gestellt. Warum eigentlich?


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil das Grundgesetz das will, Frau Kollegin!)


ine Untersuchung des Max-Planck-Instituts, die von
er Ministerin bereits zitiert worden ist, hat ausdrücklich
rgeben, dass das Abhören von Wohnräumen im Rah-
en von Ermittlungen immer letztes Mittel ist und nur
ehr restriktiv angewandt wurde. Im Jahr 2003 wurden
undesweit nur 37 Überwachungsverfahren registriert.
war ist die Tendenz seit 2001 steigend. Dies hat aber
ichts mit leichtfertiger Anwendung zu tun, sondern
chlicht und ergreifend damit, dass die Kriminalität in
nserem Lande nun einmal nicht zurückgeht.
Besonders häufig wird in Betäubungsmittelverfahren

nd bei Tötungsdelikten abgehört, auch bei Drogende-
ikten, um teilweise hochprofessionelle Strukturen zu er-
ründen, und bei Verdacht auf Totschlag oder Mord, um
n einem letzten Versuch die Beweislage zu verbessern
der überhaupt erst in eine beweiswürdige Situation zu
ommen. In letzter Zeit geht es natürlich auch sehr häu-
ig darum, Terrorakte zu verhindern oder aufzuklären.






(A) )



(B) )


Daniela Raab

In der Studie wird ausdrücklich betont, dass eine Ab-

hörmaßnahme in jedem Verfahren, in dem sie bisher
durchgeführt wurde, Einzelfallcharakter hat und immer
subsidiär zu anderen Ermittlungsmethoden erfolgt.

Noch einmal von mir also die Frage: Warum bereits
bei Beantragung diese immensen Hindernisse, die mit
zügigen Ermittlungen und Praktikabilität nichts, aber
auch gar nichts zu tun haben?


(Beifall bei der CDU/CSU – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber mit dem Grundgesetz!)


– Ich habe das Urteil vorhin zitiert und angemerkt, dass
ich das sehr kritisch sehe.


(Joachim Stünker [SPD]: Sehr mutig!)

– Das muss man ja auch einmal sagen dürfen.


(Joachim Stünker [SPD]: Ja, natürlich!)

– Das sehe ich auch so.

Eine weitere Problematik bietet § 100 c Abs. 5 StPO.
Entsprechend der Vorgabe des Bundesverfassungsge-
richts ist eine Maßnahme sofort zu unterbrechen, wenn
höchstpersönliche Unterhaltungen beginnen. Die Er-
mittlungsbeamten dürfen vom weiteren Gesprächsver-
lauf keine Kenntnis mehr nehmen; das heißt, die Geräte
werden sofort abgeschaltet. Die Abhörmaßnahme kann
nur unter den bereits ausführlich erläuterten Vorausset-
zungen wieder aufgenommen werden. Auch das halten
wir für deutlich zu umständlich und zu kompliziert.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wollen Sie ein verfassungswidriges Gesetz?)


– Und so wird es vom Bundesverfassungsgericht, Herr
Ströbele, auch nicht gefordert. Ich empfehle die Lektüre
des Urteils.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! Lesen Sie einmal genau nach! Es ist fast wörtlich übernommen!)


Ganz abgesehen davon, dass ein erhöhter Zeit- und Per-
sonalaufwand vorprogrammiert ist, was nicht in unserem
Sinne sein kann. Ich werde Ihnen gleich sagen, wie wir
es regeln würden. Wir sind ja in der ersten Lesung; das
heißt, wir können uns nachher gern darüber unterhalten.

Der Bundesrat hat zu diesem Gesetzentwurf bereits
Stellung genommen und ich möchte erläutern, was der
Bundesrat zu § 100 c Abs. 5 StPO vorschlägt. Ich halte
diesen Vorschlag für nicht allzu schlecht. Der Bundesrat
sagt: Die Aufzeichnungsgeräte dürfen weiter laufen, so-
bald höchstpersönliche Gespräche beginnen, nur, die Er-
mittlungsbeamten müssen den Raum verlassen und dür-
fen nicht mehr weiter zuhören.


(Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP – Rainer Funke [FDP]: Sehr praxisnah!)


Dem zuständigen Gericht werden dann die kompletten
Aufzeichnungen vorgelegt. Der Richter kann dann über
die Zulässigkeit dieser Aufzeichnungen und womöglich

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(C (D ber den Fortgang der Maßnahme entscheiden. Der Voreil dieses Vorschlags liegt für mich auf der Hand: Mit er alleinigen Sichtung durch das Gericht, durch einen inzigen Richter, bleibt der Schutz der Privatsphäre eralten und es gehen dennoch keine Informationen verloen. Denn diese Gefahr besteht schlicht und ergreifend, enn Sie die Maßnahme abbrechen. Überdies nimmt an den Ermittlungsbeamten vor Ort den enormen Entcheidungsdruck. Denn wie sollen die wissen, wann sie auschen dürfen und wann nicht mehr? (Sabine Leutheusser-Schnarrenberger [FDP]: Das ist genau der Punkt!)


ch denke, diese Lösung widerspricht auch nicht den
orgaben des Bundesverfassungsgerichts. Der vorge-
chriebene Grundrechtsschutz bleibt genauso, wenn
icht noch besser, erhalten.
Unser Ziel muss es schließlich sein, trotz des engen
orsetts, das uns das Bundesverfassungsgericht aufge-
wungen hat, den immer noch verbleibenden gesetzge-
erischen Spielraum zu nutzen.
Was den Straftatenkatalog angeht, regen wir, wie

uch der Bundesrat, an, Straftaten gegen die sexuelle
elbstbestimmung gemäß den §§ 177 ff. StGB ebenfalls
ufzunehmen. Auch bei solchen Straftaten – denken Sie
itte nur an die Kinderschänderringe! – besteht das Be-
ürfnis, oft wirklich hochprofessionelle kriminelle
trukturen durch eine Wohnraumüberwachung aufzude-
ken. Warum diese Straftaten bisher nicht in den Strafta-
enkatalog aufgenommen worden sind, erschließt sich
ns nicht ganz.


(Beifall bei der CDU/CSU)

ber ich denke, auch bei dieser Frage gibt es Verhand-
ungsspielraum.
Ich bin der Meinung: Wir tragen die Verantwortung

afür, dass die akustische Wohnraumüberwachung kein
ahnloser Papiertiger wird, den keiner mehr anwenden
ann, weil er die Voraussetzungen nicht erfüllen kann.
ielleicht ist es möglich, in diesem Fall eine einver-
ehmliche Lösung zu finden. An uns soll es nicht schei-
rn. Wir sind selbstverständlich zu Verhandlungen be-
eit.
Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1515207900

Nächster Redner ist der Kollege Jerzy Montag, Bünd-

is 90/Die Grünen.


Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1515208000

Frau Präsidentin! Meine Kolleginnen und Kollegen!

in Wort zur Vorgeschichte. 1997 haben die CDU/CSU,
ie FDP und auch die SPD eine Verfassungsänderung
ur Ermöglichung der akustischen Wohnraumüberwa-
hung in diesem Hause durchgesetzt. Die FDP hat bei
ieser Auseinandersetzung eine Bundesjustizministerin
erloren. Die Grünen haben aus verfassungsrechtlichen
edenken heraus gegen eine solche Regelung gestimmt.






(A) )



(B) )


Jerzy Montag

Im März letzten Jahres erging eine Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts. In ihr hält das Bundesver-
fassungsgericht fest, dass die Verfassungsänderung, der
neue Art. 13 Abs. 3 des Grundgesetzes, nicht verfas-
sungswidrig ist und dass eben nicht jede akustische
Überwachung von Wohnraum gegen die in Art. 1 des
Grundgesetzes garantierte Menschenwürde verstößt.

Dieser Entscheidung können wir entnehmen, dass
darüber auch beim Bundesverfassungsgericht keine Ei-
nigkeit bestand. Die Minderheit, zwei Richterinnen, hat
eine andere Position vertreten, konnte sich aber nicht
durchsetzen. Frau Kollegin Raab, die Mehrheit gilt, auch
für uns, die Grünen. Ich persönlich halte an meiner Posi-
tion fest, dass wir mit der akustischen Wohnraumüber-
wachung zu weit gegangen sind und dass sie mit der
Verfassung nicht vereinbar ist. Das ist meine Position
und vielleicht die meiner Fraktionskolleginnen und -kol-
legen. Vielleicht haben auch Kolleginnen und Kollegen
aus anderen Fraktionen diese Auffassung.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der SPD)


Aber die Mehrheit des Bundesverfassungsgerichts gilt
auch für Sie. Sie können mosern, so viel Sie wollen,
Frau Kollegin Raab: Das Bundesverfassungsgericht hat
gesagt, dass wir einen engsten Rahmen setzen müssen.
Diesen engsten Rahmen haben wir, so gut es geht, prak-
tisch wortgleich in unseren Gesetzentwurf übernommen.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau! – Daniela Raab [CDU/ CSU]: Das macht es aber nicht besser!)


Meine Damen und Herren, die akustische Wohnraum-
überwachung ist erlaubt, sofern sie den absoluten Kern-
bereich der privaten Lebensgestaltung nicht verletzt.
Wann das der Fall ist, hängt nicht von den Örtlichkeiten
ab. Es kommt nicht darauf an, ob die Küche oder das
Schlafzimmer betroffen ist, sondern es kommt auf den
Inhalt der Kommunikation und auf das Verhältnis der
miteinander kommunizierenden Menschen an. Wenn die
Gefahr besteht, dass bei einer solchen polizeilichen
Maßnahme Gespräche mit höchstpersönlichem Inhalt
betroffen werden, dann darf nicht abgehört werden. Das
Bundesverfassungsgericht sagt, dass ein solches Risiko,
das zum Ausschluss der Abhörung führt, typischerweise
beim Abhören von Kommunikation in privilegierten
Verhältnissen besteht: in Ehe und Partnerschaft, mit na-
hen Familienangehörigen, engsten Freunden und Ver-
trauten.

Mit unserem Gesetzentwurf haben wir den Polizeibe-
hörden und den Richtern die Aufgabe übertragen – Frau
Kollegin Raab, hier haben Sie völlig Recht –, im Voraus
abzuklären und prognostisch zu bewerten, ob bei der ge-
planten Maßnahme in den höchstpersönlichen Bereich
eingegriffen wird. Dazu sagt das Bundesverfassungsge-
richt klar und knapp in einem Satz: Das geht auch. Tat-
sächlich geht es auch. Man muss genau die Bedingungen
abklären, von denen Sie gesprochen haben. Das ist keine
Kaffeesatzleserei. Diese Bedingungen müssen im Voraus
so intensiv wie möglich abgeklärt werden.

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(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – HansChristian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das machen Richter auch sonst!)


as ist auch handhabbar; denn dann kann die Polizei
em Gericht nach bestem Wissen und Gewissen einen
ericht vorlegen, in dem sie ihre Prognose tatsachenge-
tützt offen legt. Dann kommt es darauf an, was in die-
em Bericht steht.
Wenn die geplante Abhörung der Aufdeckung von

chwersten Straftaten dient, dann darf sie erfolgen. Die
olizei muss dafür Sorge tragen, dass nicht in den inti-
en Bereich eingegriffen wird. Das führt in Fällen, in
enen man befürchten muss, sowohl Verfahrensrelevan-
s wie auch Intimes zu hören – das ist in vielen Fällen
o –, dazu, dass in Echtzeit abgehört werden muss. Dann
uss abgeschaltet werden. In anderen Fällen kann die
olizei prognostisch davon ausgehen, dass keine intimen
espräche geführt werden. Ich finde, dass dann aufge-
eichnet werden könnte; denn das Bundesverfassungsge-
icht spricht in solchen Fällen von einer Grobsichtung
es Materials, um im Nachhinein etwas feststellen zu
önnen.
Meine Damen und Herren, die weiteren Kautelen sind
einem Satz rasch gesagt: Durch die akustische Wohn-
aumüberwachung dürfen nur schwerste Straftaten ver-
olgt werden. Dieses Gebot dürfen wir nicht umgehen,
dem wir Straftaten willkürlich hochsetzen. Und es
leibt dabei: Der absolute Schutz von Berufsgeheimnis-
ägern bleibt in unserem Gesetzentwurf in vollem Um-
ang erhalten. Wir laden Sie ein, in den Ausschüssen ge-
einsam mit uns über diesen Gesetzentwurf weiter zu
iskutieren.
Danke.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Zuruf von der CDU/CSU: Das Angebot nehmen wir an!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1515208100

Das Wort hat die Kollegin Petra Pau.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1515208200

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
uch das Jahr 2004 war für die Bürgerrechte aus meiner
icht ein verlorenes. Seit 2001 sind sie verstärkt im
taatlichen Visier von Rot-Grün, bei der CDU/CSU oh-
ehin. Der Trend zum autoritären Staat ist leider unge-
rochen.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


inen der wenigen Lichtblicke für verbriefte Grund-
echte gab es im März des vergangenen Jahres in Karls-
uhe: Das Bundesverfassungsgericht kritisierte wesentli-
he Teile des so genannten großen Lauschangriffs. Ich
abe das für die PDS im Bundestag ausdrücklich
egrüßt. Der große Lauschangriff wurde mit den
timmen der CDU/CSU, der SPD und der Mehrheit der
DP eingeführt. Ich danke Ihnen, Frau Kollegin






(A) )



(B) )


Petra Pau

Schnarrenberger, und auch Herrn Burkhard Hirsch
– beide FDP –, dass Sie sich der Mehrheitsmeinung Ihrer
Fraktion damals nicht angeschlossen haben und die
Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht bean-
tragt haben; Sie bekamen in wesentlichen Punkten
Recht. Deshalb diskutieren wir heute über ein modifi-
ziertes Gesetz zum großen Lauschangriff. Das ist aber
nur die kleine Lösung. Das Karlsruher Urteil hätte auch
eine große Lösung ermöglicht: die Chance zur Umkehr.

Seit Jahren werden immer mehr Bürgerrechte einer
vorgeblichen Sicherheit geopfert und der Staat dringt
immer tiefer in die Privatsphäre der Bürgerinnen und
Bürger ein. Die PDS lehnt das ab, so wie wir 1998 gegen
den großen Lauschangriff und 2001 gegen die so ge-
nannten Otto-Pakete waren.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Trotz des Urteils gibt es kein Umdenken. Die tiefer ge-
hende Botschaft des Karlsruher Urteils, nämlich den
Staat abzurüsten und die Bürgerrechte bewusst zu stär-
ken, wird mit diesem Gesetzentwurf weiter in den Wind
geschlagen, im Übrigen auch von den Grünen. Und na-
türlich in Bayern: Das Urteil war kaum verkündet, da
forderte Innenminister Beckstein mehr statt weniger
Überwachung. Auch hier im Bundestag werden Grund-
rechte weiter angegriffen. Das zeigt sich leider auch im
heute vorliegenden Gesetzentwurf. Kommentar der
Strafverteidigervereinigung: Der Wille der Bundesregie-
rung zum großen Lauschangriff ist ungebrochen. Selbst
dort, wo das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich
gegen das Lauschen und Spähen ist, also in der absolu-
ten Privatsphäre, öffnet der vorliegende Gesetzentwurf
Hintertüren und weitere Einstiegstore.

Zur Bürgerrechtskritik kommt aber auch die Effizi-
enzfrage: Das Max-Planck-Institut Freiburg hat sie ge-
stellt und kam zu dem Ergebnis: Der große Lauschan-
griff nützt wenig. Ich füge hinzu: Er schadet aber sehr
viel.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Deshalb teilt die PDS im Bundestag den Standpunkt
zahlreicher Kritiker: Der große Lauschangriff ist nicht
neu zu regeln, er ist schlicht abzuschaffen.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1515208300

Das Wort hat der Kollege Joachim Stünker, SPD-

Fraktion.


Joachim Stünker (SPD):
Rede ID: ID1515208400

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist wieder-
holt darauf hingewiesen worden, aber vielleicht sollte
ich auch selber darauf hinweisen: Die großen Schlachten
zum Thema der akustischen Wohnraumüberwachung
– oder dem „Lauschangriff“, wie wir es frei übersetzt
immer genannt haben – sind mit dem Karlsruher Urteil

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(C (D om März letzten Jahres geschlagen. Auch ich gehöre zu en Bekennenden wie Herr Montag, die eher dem Minerheitenvotum gefolgt wären. Nun hat Karlsruhe entschieden – das ist Gesetz und aran haben wir uns zu halten, Frau Kollegin Raab –, ass die untergesetzlichen Regelungen in der Strafproessordnung den Anforderungen des Art. 13 Abs. 3 des rundgesetzes eben nicht entsprechen. Von daher wird hre Kritik an dem Karlsruher Urteil, wie Herr achmaier vorhin zu Recht zwischengerufen hat, kein rdbeben in Karlsruhe herbeiführen, Frau Raab. (Daniela Raab [CDU/CSU]: Muss sie nicht! Es würde schon reichen, wenn der Gesetzentwurf verändert würde!)


ir müssen uns wohl an die Realitäten halten. Die Rea-
ität ist ganz einfach, Herr Kollege Röttgen: Das, was
998 noch unter der Kohl-Regierung verfassungswidrig
n der Strafprozessordnung geregelt worden ist, haben
ir jetzt verfassungsgemäß zu gestalten. Ich denke, wir
aben deutlich gemacht, dass wir die Ausgestaltung jetzt
o vornehmen müssen, dass wir sie in den Bereichen, wo
ir die Wohnraumüberwachung für unverzichtbar hal-
en, nämlich in den Bereichen der organisierten Krimi-
alität, des Terrorismus und bei besonders schweren
ormen der Kriminalität, zu verbessern haben. Dabei
eht es insbesondere darum, mit diesem Ermittlungs-
nstrument die Hauptverantwortlichen für Straftaten
u erreichen, nämlich die Organisatoren, die Finanziers,
prich die Drahtzieher, die nicht so sehr im Vordergrund
tehen, die Hintermänner, die die eigentlichen Täter
ind. Vor diesem Hintergrund haben wir den Gesetzent-
urf im letzten Sommer erarbeitet. Wir haben uns dabei
n den Leitgedanken gehalten, den das Bundesverfas-
ungsgericht vorgegeben hat: Vorkehrungen dafür zu
reffen, dass Eingriffe in den absolut geschützten Kern-
ereich der privaten Lebensgestaltung unzulässig sind.
Damit komme ich zu Art. 1 des Grundgesetzes, in

em es um die Würde des Menschen geht. Das Gericht
at uns gesagt, dass wir hier Vorkehrungen treffen müs-
en. Ich meine, von diesem Leitgedanken haben wir uns
n dem Gesetzentwurf stringent leiten lassen. Wir haben
iesen Gedanken präzise und rechtsstaatlich umgesetzt.
as heißt, es muss eine Prognose erstellt werden, mögli-
herweise muss das Gerät abgeschaltet werden und man
uss mit den Erkenntnissen, die man dabei gewonnen
at, in einer bestimmten rechtsstaatlichen Weise umge-
en.
Frau Justizministerin, ich bin Ihnen sehr dankbar,

ass die Bundesregierung in der Gegenäußerung zur
tellungnahme des Bundesrates genau diesen Leitge-
anken des Urteils präzise herausgearbeitet und den ins-
esamt zwölf Vorschlägen des Bundesrates, die zu einer
eiteren Aufweichung dieses Leitgedankens vorgetra-
en worden sind, wie ich meine, zu Recht nicht zuge-
timmt hat. Ich denke, sie konnte auch gar nicht zustim-
en; denn in dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts
wir werden das bei den weiteren Beratungen sehen –
urden dezidierte Vorgaben dafür gemacht, wie die un-
erverfassungsrechtliche Ausgestaltung der Wohnraum-
berwachung in der Strafprozessordnung letzten Endes






(A) )



(B) )


Joachim Stünker

aussehen soll. Daran werden wir nicht vorbeikommen,
wenn wir hier eine verfassungskonforme Regelung ver-
abschieden wollen.

Es ist überhaupt nicht zu bestreiten, dass das zukünf-
tig mit einem höheren Aufwand für die Ermittlungsbe-
hörden verbunden sein wird. Das ist eine der in dem Ur-
teil angelegten Konsequenzen, die so gewollt waren. Ich
meine, dieser Mehraufwand ist in der Praxis leistbar. Es
ist bereits darauf hingewiesen worden, dass in diesem
Bereich der Kriminalitätsbekämpfung Männer, Frauen
und Gerichte arbeiten, die jahrzehntelange Erfahrungen
haben. Diese werden die notwendigen Grundlagener-
mittlungen durchführen und Prognosen stellen, um Ent-
scheidungen treffen zu können. Das gilt insbesondere für
die Gerichte. Einer erfahrenen Strafkammer, die eine
Entscheidung zu treffen hat, ist genau bekannt, welche
Prognosen, Kautelen und Voraussetzungen sie dabei zu
prüfen hat. Wie ich schon sagte: Das Gericht hat diesen
Mehraufwand zu Recht bewusst in Kauf genommen, um
einen der obersten Werte unserer Verfassung, nämlich
die Menschenwürde, zu wahren.

Die Menschenwürde ist der letzte schützbare Raum
des Menschen im privaten, intimen Bereich. Hier ist die
sonst übliche Abwägung des öffentlichen Interesses an
einer Strafverfolgung oder das Einbauen der einen oder
anderen Kautele oder Öffnung absolut unzulässig. Von
daher kann man das nur so regeln, wie wir das hier getan
haben.

Ich lade Sie – auch Sie, Frau Kollegin Raab, von der
CDU/CSU-Fraktion – ein, mit uns gemeinsam im
Rechtsausschuss zu beraten. Wir werden eine Anhörung
durchführen. Sollten noch Verbesserungsvorschläge vor-
handen sein, so hören wir sie uns gerne an. Den Gestal-
tungsspielraum, den uns das Gericht vorgeben hat, ha-
ben wir aber bis an die Grenzen ausgenutzt. Darüber
hinaus wird es nichts geben können. Von daher meine
ich, dass wir zügig zu einem Ergebnis kommen können.
Somit könnten ab dem 1. Juli 2005 verfassungskonforme
Regelungen in der Strafprozessordnung stehen, sodass
wir die Geräte nicht abschalten müssen, weil es keine
gesetzliche Regelung gibt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1515208500

Das Wort hat der Kollege Rainer Funke, FDP-Frak-

tion.

Rainer Funke (FDP):
Rede ID: ID1515208600

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bei der

Diskussion über die akustische Wohnraumüberwachung
stehen wir vor der schwierigen Abwägung zwischen der
Sicherung und Wahrung der Grundrechte der Bürger auf
der einen Seite und der Freiheitsbedrohung durch die or-
ganisierte Kriminalität und deren Bekämpfung auf der
anderen Seite.

Unabdingbar war und ist es für die FDP, dass zum
Schutz der Grundrechte der Bürger strenge rechtsstaat-

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(C (D iche Kontrollen gewährleistet sein müssen. Vieles onnten wir in den parlamentarischen Verhandlungen im ahre 1997 – Kollege Montag hat das bereits erwähnt – rreichen, einiges ist am Widerstand der großen Koaliion aus SPD und CDU/CSU gescheitert. Das ist den rünen genauso ergangen. Für die FDP war immer wichtig, dass die Anordnung er Wohnraumüberwachung auf einer verfassungsfesten rundlage beruht. Das Bundesverfassungsgericht hat em Gesetzgeber klar und eindeutig aufgezeigt, welche renzen die Verfassung bei der Wohnraumüberwachung ieht. Die Verwunderung war daher sehr groß, Frau Miisterin, als das Bundesjustizministerium im Juni letzten ahres einen ersten Referentenentwurf zur Umsetzung es Urteils vorgelegt hat. Darin wurden unter anderem ie Überwachungsmöglichkeiten bei Personen, die ein eugnisverweigerungsrecht haben, verschärft. Im Sepember letzten Jahres allerdings hat die Bundesregierung araufhin einen neuen Entwurf vorgelegt. Hier ist anzurkennen, dass sich das Bundesjustizministerium erstals ernsthaft mit dem Urteil des Bundesverfassungsgeichts auseinander gesetzt hat. Der Entwurf bleibt jedoch kritikwürdig. An vielen tellen werden im Gesetzentwurf unbestimmte Rechtsegriffe und Generalklauseln benutzt, die die Praktikailität der novellierten Vorschriften in der Praxis äußerst chwierig gestalten werden. Eine Konkretisierung der orgaben des Bundesverfassungsgerichts ist im Gesetzntwurf an entscheidenden Stellen wenigstens bislang icht vorgenommen worden. Da müssen wir in der Tat in en Beratungen nachbessern. Eine aktuelle Studie des Max-Planck-Instituts kommt u dem Ergebnis, dass die Praxis – das ist bereits erähnt worden – ausgesprochen zurückhaltend und beutsam mit diesem Instrument umgeht. Für die FDP ist lar, dass die Regelungen in dem Gesetzentwurf nicht inter die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgeichts zurücktreten dürfen. Ich hoffe, dass sich die Bunesregierung dieser Auffassung anschließen wird. Die heutige Debatte gibt mir jedoch auch Gelegen eit, von der Bundesregierung erneut ein politisches Geamtkonzept für alle Überwachungsmaßnahmen einzuordern. Die Grundsätze des Bundesverfassungsgerichts ur akustischen Wohnraumüberwachung haben auch für ndere Überwachungsmaßnahmen weit reichende Beeutung. ie FDP lehnt es daher ab, immer nur einzelne Ermächigungsgrundlagen für Überwachungsmaßnahmen zu berarbeiten. Auf der Grundlage der Rechtsprechung es Bundesverfassungsgerichts und der Erkenntnisse aus er Wissenschaft ist die Bundesregierung daher aufgeordert, ein schlüssiges Gesamtkonzept vorzulegen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Ich schließe die Aussprache. Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent wurfs auf Drucksache 15/4533 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es dazu anderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 19 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Axel E. Fischer Thomas Rachel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU Energieforschung zukunftsfähig gestalten – Drucksache 15/4507 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege Axel Fischer, CDU/CSU-Fraktion. Axel E. Fischer Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es geht darum, Energieforschung zukunftsfähig zu gestalten. Das ist überaus wichtig; denn das, was die rotgrüne Bundesregierung im Bereich Energieforschung bisher vorgelegt hat, kann man weder als zukunftsfähig noch als nachhaltig bezeichnen. Wenn man es genau betrachtet, herrscht Fehlanzeige. Bis heute gibt es kein Energieforschungsprogramm. Wer sich im Vorfeld dieser Debatte mit der Tages ordnung beschäftigt hat, war – das muss man ehrlich sagen – ein wenig irritiert; denn vor zwei Tagen hieß es noch, heute ständen zwei Anträge zur Debatte. Jetzt aber ist nur noch der Antrag der CDU/CSU-Bundestagsfraktion übrig geblieben; denn der Antrag „Nationales Energieforschungsprogramm vorlegen“, der von Rot-Grün vor Weihnachten eingebracht worden war, ist von der Tagesordnung genommen worden. An diesem Antrag von Rot-Grün war besonders interessant, dass dieser Antrag federführend im Wirtschaftsausschuss behandelt werden sollte. Ich frage mich schon, warum ein solches Forschungsthema nicht im Forschungsausschuss federführend behandelt werden soll, sondern im Wirtschaftsausschuss. Da hat die Bundesforschungsministerin – das muss man klar sagen – auf ganzer Linie versagt. Diese Kritik möchten wir hier ganz deutlich anbringen. F n i t A P s g i h d m l d r d v l u d F v f v w k d n E 2 d H a s s 5 s d r w k t h B g g D W w d d w a (C (D rau Bulmahn scheint sich mehr in Bildungsdiskussioen zu gefallen, als sich um das Thema Forschung, das hr zusteht, zu kümmern. Sie regiert lieber in die Kompeenz von Bundesländern hinein, als das zu tun, was ihre ufgabe im Ministerium ist, nämlich ein entsprechendes rogramm zu erarbeiten. Das ist keine angemessene Forchungspolitik. Die Ministerin sollte sich einmal überleen, was eigentlich ihre Aufgaben sind. Mit diesem Antrag von Rot-Grün, der eigentlich auch m Ausschuss für Bildung und Forschung am Mittwoch ätte beraten werden sollen, dann aber kurzfristig von er Tagesordnung abgesetzt wurde, verhält es sich wie it der aktuellen Netzstudie der dena. Da gab es in den etzten Tagen ebenfalls bemerkenswerte Vorgänge. Die ena ist ein Institut, das zur Hälfte von der Bundesregieung getragen wird. Dieses Institut hat eine Studie über ie weitere Nutzung der Windenergie erstellt, die am ergangenen Mittwoch hätte veröffentlicht werden solen. Da die Medien in diesem Zusammenhang von schier nglaublichen Kosten sprechen, die der weitere Ausbau er Windenergie mit sich bringen soll, muss man die rage stellen, was eigentlich in dieser Studie steht. Laut Aussage der Medien sei in der Studie die Rede on Anschlusskosten in Höhe von 15 Milliarden Euro ür Offshore-Windkraftprojekte in Nordund Ostsee, on weiteren 3 Milliarden Euro Investitionen für den indkraftbedingten Netzausbau und erheblichen Zusatzosten durch die notwendige Vorhaltung einer wachsenen Zahl von Ersatzkraftwerken. Bundeswirtschaftsmiister Clement spricht dieser Tage von einer erwarteten inspeisevergütung von 5,4 Milliarden Euro, die ab 015 jährlich hinzukomme. Im Gegensatz dazu spricht ie energiepolitische Sprecherin der Grünen, Frau ustedt, von 1,15 Milliarden Euro Kosten für den Netzusbau, Regelund Reserveenergie bis 2015 und kritiiert die Äußerung von Bundesminister Clement. Sie agt, die Angabe über die Einspeisevergütung von ,4 Milliarden Euro sei zu hoch, so viel werde es nicht ein. Was stimmt denn nun eigentlich? Es ist richtig, ass der Kollege Feibel die Frage an die Bundesregieung gestellt hat. Wir brauchen Aufklärung und müssen issen, was hier passiert; denn nur mit klaren Zahlen önnen wir offen vor die Wählerinnen und Wähler treen. Sie sind es, die im Endeffekt für die Politik, die Sie ier machen, bezahlen müssen. Es gibt also in diesem ereich ohne Zweifel Forschungsbedarf. Die Energieforschung in Deutschland war in der Ver angenheit ein tragender Grundpfeiler für eine zukunftserichtete und zukunftsverträgliche Energiepolitik in eutschland. (Klaus Barthel [Starnberg] [SPD]: Diese Rede haben Sie doch vor ein paar Wochen schon einmal gehalten!)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)





(A) )


(B) )

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1515208700

(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU)


ichtige Beiträge zum Aufbau, Betrieb und zur Fortent-
icklung eines sicheren und kostengünstigen Systems
er Energieversorgung sind dringend notwendig. Von
em, was bisher geleistet wurde, zehren wir noch heute,
ie übrigens in vielen anderen Forschungsbereichen
uch. Wir sind aber schlecht für die Zukunft gewappnet.






(A) )



(B) )


Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land)


Die Qualität der Energieforschung in Deutschland ist in
ernster Gefahr.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Mittel für die Energieforschung des Bundes sinken
von 700 Millionen Euro im Jahr 1991 auf etwa
400 Millionen Euro im Jahr 2004. Das ist weniger als
die humanitäre Hilfe, die der Bundeskanzler jetzt den
Tsunamiopfern zugesagt hat.


(Dr. Axel Berg [SPD]: Sind Sie etwa dagegen?)


Das ist zudem weit weniger als die 2 200 Millionen
Euro, die die Verbraucher mit ihrer Stromrechnung im
Jahr 2004 zusätzlich für so genannten Ökostrom zahlen
mussten. Zukunftsträchtige Forschungsbereiche werden
von Ihnen gezielt ausgedünnt und viel versprechende
Entwicklungen abgewürgt.


(Horst Kubatschka [SPD]: Kernenergie, ja!)

Meine Feststellung ist: Diese Entwicklung darf so nicht
weitergehen.


(Horst Kubatschka [SPD]: Doch!)

Wir haben derzeit ein grobes Missverhältnis zwischen

Forschungsförderung und Markteinführung. Sie sa-
gen, wie wichtig Wissenschaft und Forschung seien, för-
dern jedoch den Einsatz unrentabler Techniken um ein
Mehrfaches stärker als die Forschung zur Verbesserung
dieser Techniken. Impulse in der Grundlagenforschung
fehlen. Stattdessen setzen Sie auf Markteinführung. Ein
Beispiel ist die Förderung der Einführung erneuerbarer
Energien. Die Gesamtkosten steigen stark, ohne riesige
Subventionen sind sie auf absehbare Zeit nicht marktfä-
hig und mit der geplanten Verteuerung der Energiever-
sorgung durch die Erstellung und den Betrieb unrenta-
bler Anlagen wird von Ihnen gezielt Wohlstand
vernichtet.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wenn bei einem Auto, das fährt, die Handbremse an-
gezogen wird, braucht man sich nicht zu wundern, wenn
die Bremse heiß wird und der Motor zu stottern anfängt.
So sieht es aus, meine Damen und Herren. Die langfris-
tige Wirkung dieser Politik ist eine Schädigung der
Volkswirtschaft in unserem Land.

Gleichzeitig erklärt Umweltminister Trittin, bei der
Fotovoltaik fehlten immer noch Entsorgungskonzepte.
Was soll denn mit den defekten Solarkollektoren passie-
ren?


(Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das gibt es schon längst!)


Wo sollen diese entsorgt werden? Auch dafür haben Sie
kein Konzept, predigen aber ständig die angeblich um-
weltfreundliche Energie, ohne dass bisher untersucht
wurde, welcher Forschungsbedarf besteht. Auch in die-
sem Bereich ist Forschung dringend notwendig.

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(C (D (Klaus Barthel [Starnberg] [SPD]: Wo tun wir die Brennstäbe hin, Herr Fischer? In den Schwarzwald?)


Bundesumweltminister Trittin mag durchaus Recht
ehabt haben, als er am vergangenen Wochenende fest-
estellt hat: Die Fotovoltaik kann in Regionen ohne
tromnetz schon heute mit Dieselaggregaten konkurrie-
en.


(Klaus Barthel [Starnberg] [SPD]: Da hat er Recht!)


ber in Deutschland gibt es nun einmal ein Stromnetz.
ei unserem bestehenden Stromnetz ist die Fotovoltaik
ben nicht rentabel und konkurrenzfähig. Bei Taschen-
echnern ist das etwas anderes. Würden die Milliarden in
ie Forschung statt in die Markteinführung fließen, dann
ürde das dazu beitragen, dass wir in diesem Bereich
ntsprechend vorankommen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Klaus Barthel [Starnberg] [SPD]: Wieso gibt es denn dann so viele Sonnenkollektoren in Baden-Württemberg?)


Heute aber werden dank Rot-Grün Investitionen in er-
ennbar unrentable Anlagen gefördert, in denen auf
ahrzehnte hin das Geld von Stromkunden und Steuer-
ahlern verbrannt und damit Wohlstand und Volksver-
ögen vernichtet wird.
Ein anderes Beispiel ist die Kernenergie. Die Bedeu-

ung der Kernkraft nimmt weltweit zu.

(Horst Kubatschka [SPD]: Wie lange schon?)


ehr als 30 Kernkraftwerke sind in Bau. Weltweit ist
in Vielfaches davon projektiert. Länder wie China und
üdafrika entwickeln in Deutschland stillgelegte Reak-
ortypen weiter


(Horst Kubatschka [SPD]: Unter der Regierung Kohl!)


nd werden diese Reaktoren betreiben und verkaufen.
ot-Grün aber vermittelt ein völlig anderes Bild und ver-
ebelt die Realitäten. Aber es ist eine Tatsache: Die
ernenergie ist weltweit auf dem Vormarsch, auch wenn
hnen das nicht passen mag.


(Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es werden mehr Reaktoren abgeschaltet als neu gebaut!)


Mit dem rot-grünen Ausstieg aus der Kernenergie und
er Kernforschung ist es wie mit dem Fahrer auf der Au-
obahn, der im Radio hört: „Auf der Autobahn kommt
hnen ein Falschfahrer entgegen. Fahren Sie äußerst
echts und überholen Sie nicht! Wir melden uns, wenn
ie Gefahr vorüber ist.“ Daraufhin sagt sich der Auto-
ahrer: „Einer? – Tausende!“


(René Röspel [SPD]: Den Witz habe ich noch nie gehört!)


hnlich ist es mit Ihrer Politik, meine Damen und Her-
en!






(A) )



(B) )


Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land)


Wie sieht es aktuell in Deutschland aus? In der Si-

cherheitsforschung war Deutschland früher führend. Der
europäische Druckwasserreaktor wird ständig weiterent-
wickelt und verbessert. Mit dem ITER entwickeln Staa-
ten der EU gemeinsam mit den Vereinigten Staaten von
Amerika, Russland, Südkorea, Japan und China einen
Kernfusionsreaktor, der im Erfolgsfall sicher verfügba-
ren Strom an praktisch jedem Ort der Erde erschwinglich
machen wird.


(Klaus Barthel [Starnberg] [SPD]: Ist der denn heute rentabel?)


Mit der industriellen Umsetzung der Transmutation
wird die Voraussetzung geschaffen, die hoch strahlenden
radioaktiven Abfälle bzw. Kernwaffenplutonium zur
Stromproduktion zu nutzen. Das Ergebnis sind kurzle-
bige Spaltprodukte. Das würde in Fragen der Entsorgung
radioaktiven Abfalls völlig neue Perspektiven bieten.


(Horst Kubatschka [SPD]: Sie sind aber wirklich leichtsinnig! – René Röspel [SPD]: Plutonium hat eine Halbwertzeit von 24 400 Jahren!)


Die Endlagerproblematik würde entsprechend ent-
schärft. Aber dieser Bereich wird von Ihnen stiefmütter-
lich behandelt.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Machen Sie mal ein Endlager in Karlsruhe!)


In all diesen Bereichen zeichnen sich viel verspre-
chende Entwicklungen ab, an denen sich deutsche For-
scher und die Forschung in Deutschland beteiligen soll-
ten. Der Forschungsstandort Deutschland – in der
Kerntechnik einst führend – soll hierbei jedoch nach
dem Willen von Rot-Grün außen vor bleiben. Sie wollen
aus rational nicht nachvollziehbaren, rein ideologischen
Gründen nach dem Ausstiegsbeschluss hinsichtlich der
Stromproduktion in Kernkraftwerken auch noch aus der
Kernforschung aussteigen. Das ist eine einäugige Poli-
tik, die wir so nicht mittragen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Was sind nun die Ziele einer zukunftsweisenden

Energieforschung? Wir müssen eine schlüssige Perspek-
tive für die langfristige Energieversorgung in Deutsch-
land eröffnen. Wir müssen den Zielen der Versorgungs-
sicherheit, der Wirtschaftlichkeit, der Kostengünstigkeit
und der Umweltverträglichkeit gleichermaßen Rechnung
tragen. Für zukünftige Generationen brauchen wir des-
halb Know-how in allen Bereichen. Wir brauchen keine
Denkverbote, sondern Freiheit der Forschung. Das muss
zu unserer Maxime in diesem Bereich werden.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Angesichts der Unübersichtlichkeit und der offenkun-

digen Abstimmungsprobleme zwischen den Ministerien
auf Bundesebene wäre die Bündelung der Kompetenzen
in einem Ministerium von entscheidender Bedeutung.
Energieforschung aus einer Hand! Deshalb fordere ich
– genauso wie in unserem Antrag –, die Energiefor-
schung beim Bundesministerium für Bildung und For-
schung anzusiedeln. Dorthin gehört sie.

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(C (D Wir brauchen wieder Verlässlichkeit und eine positive icht des technischen Fortschritts. Wir brauchen eine hancendebatte und keine Risikodebatte in unserem and. Nicht 0 : 0 spielen, sondern siegen wollen, das uss unsere Maxime sein. Das ist eine notwendige Voaussetzung für motivierte junge Wissenschaftler und orscher in Deutschland, die die Grundlagen für unseren ohlstand von morgen legen. Herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1515208800

Das Wort hat der Kollege Dr. Axel Berg, SPD-Frak-

ion.


Dr. Axel Berg (SPD):
Rede ID: ID1515208900

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten
amen und Herren! Liebe Kollegen! Der CDU/CSU-
ntrag, über den wir heute diskutieren, beinhaltet einige
eststellungen, mit denen meine Fraktion durchaus über-
instimmt. Lieber Axel Fischer, was ich aber nicht ganz
erstanden habe, ist, warum Sie so viel über die Netzaus-
austudie der dena gesprochen haben. Das ist zwar ein
ichtiges Thema. Aber nun geht es um die Forschung.
ie haben ein bisschen wenig zu dem Antrag Ihrer Frak-
ion gesagt. Insofern fällt es mir nicht leicht, auf Ihre
usführungen einzugehen.
Wir freuen uns jedenfalls, dass viele Erkenntnisse zu

hnen durchgedrungen sind, zum Beispiel – ich zitiere
us Ihrem Antrag – dass die „energetischen Ressourcen
napp sind“, dass die „Energieforschung in besonderer
eise überlebenswichtig“ für Deutschland ist und dass
ie „erneuerbaren Energien einen zunehmend wichtigen
eitrag leisten“ sollten. Solche Aussagen kann ich voll
nd ganz unterstützen. Aber mit dem Erkenntnisgewinn
llein ist es noch nicht getan. Wir müssen auch die richti-
en Schlussfolgerungen aus den Erkenntnissen ziehen.
ier hapert es bei Ihnen noch ein bisschen.
Wie Sie eben zu Recht ausgeführt haben – so steht es

uch in Ihrem Antrag –, wollen Sie bei der für Deutsch-
and überlebenswichtigen Energieforschung die Schwer-
unkte auf Kernfusion und Kernenergie legen. Sie schei-
en Folgendes vergessen zu haben: Trotz 50-jähriger
orschung liegt der Energieversorgungsbeitrag der
ernfusion heute bei 0 Prozent. Zum Thema Kern-
nergie muss ich Ihnen ebenfalls mitteilen, dass in
eutschland die Stilllegung aller Kernkraftwerke be-
chlossen wurde, und zwar aus mehreren guten Gründen.
ir wissen nicht, wohin mit dem atomaren Abfall.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Alles nach Karlsruhe!)


s gibt nach wie vor noch kein Konzept dafür. Außer-
em sind diese Technologien schlichtweg zu teuer. Aus
uten Gründen gibt es in der Bevölkerung keinerlei Ak-
eptanz für ihren Einsatz.






(A) )



(B) )


Dr. Axel Berg

Letztlich sprechen noch sicherheitspolitische Gründe

dagegen. Seit dem 11. September 2001 ist uns die Ge-
fahr zunehmend bewusst geworden, dass Kernkraft-
werke zum Ziel terroristischer Anschläge werden kön-
nen. Dagegen können wir nichts, aber auch gar nichts
tun.

Sie mogeln sich ebenfalls um die Beantwortung der
Frage nach der Finanzierbarkeit herum. Natürlich wäre
es prima, flächendeckend Forschung in allen Bereichen
zu betreiben. Doch den Goldesel, der das alles bezahlen
soll, haben wir trotz aller Forschung bisher noch nicht
züchten können. Insbesondere gilt das für die Kerntech-
nik. Nach meinem Wissen ist das Verhältnis von For-
schungsaufwand zu Energieausbeute auf keinem Gebiet
so schlecht wie bei der Atomkraft.

Wir müssen sicherlich Schwerpunkte bei der For-
schung setzen. Diese dürfen – jedenfalls nach meiner
Auffassung – aber nicht auf der Kernfusions- und der
Kernenergieforschung liegen. In Deutschland müssen
wir Entscheidungen zugunsten bestimmter Forschungs-
felder fällen, die sich an unserer langfristigen Energiepo-
litik orientieren. Priorität sollten dabei die Felder erhal-
ten, die die größten Chancen haben, Innovationen von
morgen zu liefern, und die als Wachstumstreiber neue
Beschäftigung schaffen. Doch Entschlusskraft bei der
Prioritätensetzung vermisse ich leider bei der Union. Sie
wollen gerne, dass überall ein bisschen geforscht wird.
Ich fürchte, dass uns das letztlich gar nichts bringen
wird.

In Ihrem Antrag fordern Sie mehr Versorgungssi-
cherheit durch „die Entwicklung hin zu einer dezentra-
len Energieversorgung“. Aber „die heutige Struktur der
Stromversorgung mit Großkraftwerken“ soll erhalten
bleiben. Was wollen Sie denn nun? Entscheiden Sie sich
doch, ob Sie eine dezentrale oder eine zentrale Strom-
versorgung wollen. Wie heißt es so schön: Ein entschlos-
sener Mensch kann mit einem Schraubenschlüssel mehr
anfangen als ein unentschlossener mit einem ganzen
Werkzeugladen.

Unser Ziel ist eine am Leitbild der Nachhaltigkeit
ausgerichtete, qualitativ hochwertige und umweltver-
trägliche Energieversorgung. Das erfordert den Einsatz
modernster Technologien und natürlich den Ausbau der
erneuerbaren Energien.

Deutschland ist heute Europas führender Energie-
standort in Bezug auf Produktion, Verbrauch und Tech-
nologie. Nur mit Spitzenleistungen bei Forschung, Ent-
wicklung und modernsten Energieerzeugungsanlagen
wird der Energie- und Industriestandort Deutschland
auch weiterhin für hochwertige Dienstleistungen und
Produkte international attraktiv und wettbewerbsfähig
bleiben.


(Axel E. Fischer [Karlsruhe-Land] [CDU/ CSU]: Dann müssen Sie in die Forschung mehr investieren!)


Das gilt für die Versorgung in unserem Land genauso
wie für den Export. Was brauchen wir dafür? Ich denke,
wir brauchen dafür eine optimierte Verknüpfung von pri-
vater und öffentlicher Forschung und Entwicklung.

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(C (D Lasst uns bitte auch den Wettbewerb zwischen den orschungseinrichtungen stärken! Das Ringen um die esten Konzepte und die besten Ergebnisse ist mir noch u wenig ausgeprägt. Große Fortschritte werden wir nur ann erzielen, wenn das entscheidende Kriterium für die ittelvergabe die Qualität der Forschung ist. Gut fände ch eine Mittelzuteilung nach Exzellenzen. Wer exzellent orscht, bekommt mehr Mittel und umgekehrt. Die reine rundlagenforschung müssen wir davon natürlich ausehmen. Aber lasst uns das Einstein-Jahr als Auftakt für ie Änderung mancher Spielregeln nehmen! (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Des Weiteren brauchen wir Markteinführungs- und
odernisierungsanreize. Damit stärken wir wieder die

nnovationseffizienz. Damit schaffen wir Wertschöp-
ung, Investitionen und Beschäftigung in Deutschland.
urch die Liberalisierung ist der Wettbewerbsdruck be-
eits angestiegen. Deutschland steht unter Handlungs-
ruck. Da geht es uns nicht viel anders als unseren Nach-
arn in der Europäischen Union. Rund 80 Prozent aller
raftwerke in Europa sind älter als 30 Jahre. Man nimmt
n, dass ab 2010 der europaweite Neubaubedarf eine
rößenordnung von rund 200 000 Megawatt haben
ird. Das ist ungefähr das Doppelte des derzeitigen
eutschen Kraftwerkbestandes.
Weltweit wird die nachholende Industrialisierung der

ntwicklungsländer und der Schwellenländer zu einer
rdentlichen Steigerung der Nachfrage nach sicherer,
ach umweltverträglicher und nach bezahlbarer Energie
ühren. Diese Entwicklungen sehen wir alle ganz deut-
ch in China und in Indien. Der Energiehunger ist enorm
nd er wird noch steigen. Wir müssen also ohnehin in-
estieren. Bei diesen ohnehin notwendigen Investitionen
n Deutschland und im internationalen Kraftwerkspark
rgeben sich riesige Chancen, auch für den Klimaschutz.
ir wollen eine Initiative „Hightech für Effizienz und
rneuerbare Energien“, deren Früchte wir natürlich auch
eim Export ernten werden.
Mir ist der Punkt wichtig, wie wir die Ergebnisse bei

orschung und Entwicklung zeitnah in ganz konkrete
nvestitionsvorhaben umsetzen. Dabei müssen wir
otenziale ausschöpfen, aber auch politische und wirt-
chaftliche Rahmenbedingungen berücksichtigen. Als
tichworte nenne ich: Emissionshandel, Regulierung,
inanzierung in Bezug auf Binnenmarkt und Steuern.
ll das müssen wir zusammenbringen.
Das Ziel dabei sollte sein: die Stärkung der deutschen
ompetenz im Anlagenbau, bei Forschung und Ent-
icklung sowie bei IT im Sinne eines Forschungsver-
undes. Lasst uns die Komponenten Anlagenbau, Sys-
mtechnik und Netzintegration zusammenführen!
Das Erringen der Marktführerschaft auf dem Gebiet

er fossilen Kraftwerke bildet die Grundlage für einen
ohen deutschen Wertschöpfungsanteil. Was die Moder-
isierung von deutschen, aber auch von ausländischen
raftwerken, insbesondere ab 2010, angeht: Pro Kraft-
erksblock – nehmen wir einmal, Pi mal Daumen, einen






(A) )



(B) )


Dr. Axel Berg

Wert von 600 Megawatt an – können Modernisierungs-
maßnahmen im Anlagenbau inklusive Zulieferer, Ingeni-
eure etc. einen Beschäftigungseffekt von über
6 000 Arbeitsplätzen ausmachen. Das ist doch etwas.

Hinzu kommt der substanzielle Klimaschutzeffekt.
Allein die konsequente Umsetzung auf der Grundlage
des heutigen Standes der Technik und eine Steigerung
der Effizienz bei deutschen Kraftwerken von 35 Prozent
auf 47 Prozent könnte eine Kohlendioxidreduzierung
von 2,5 Milliarden Tonnen bis 2020 möglich machen.
Das bedeutete bis 2020 eine CO2-Reduktion von40 Prozent und entspräche damit den Zielen der „Ener-
gieagenda 2010“.

Wir müssen die Energieforschungsmittel also ver-
stärkt in Technologieforschung auf dem Erneuer-
bare-Energien-Sektor und in den Sektor der Effizienz-
technologien umleiten und die Ergebnisse müssen wir
auch den mittelständischen Unternehmen zugänglich
machen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Public-Private-Partnership-Modelle sind bei diesen For-
schungsprojekten unter Beteiligung der Industrie beson-
ders zu fördern.

Deswegen schließe ich mich Ihrer Forderung nach ei-
nem nationalen ressortübergreifenden Energiefor-
schungsprogramm an. Wir wissen, dass die Zeit des
preiswerten, stets verfügbaren Erdöls zu Ende geht. Wir
müssen jetzt die Weichen für eine positive wirtschaftli-
che Entwicklung in Deutschland stellen. Die Energiefor-
schung gehört genauso wie die Bildungs- und die Wis-
senschaftspolitik insgesamt zu den Grundpfeilern
unserer Vorsorge.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Inhalte eines solchen Programms müssen sein: Die
Verringerung des Energiebedarfs ist anzustreben. Die Ef-
fizienz muss mindestens um den Faktor 4 erhöht werden.
Erneuerbare Energien und Effizienztechnologien sollten
höchste Priorität haben – bei der Grundlagen- und bei
der Projektforschung. Die Zusammenarbeit der For-
schungseinrichtungen mit dem Forschungsverbund Son-
nenenergie und anderen Wissenschaftsbereichen, die et-
was mit Energie zu tun haben, muss besser vernetzt
werden. Außerdem müssen wir natürlich an die Spei-
chertechnologien denken. Sie sind in Deutschland bisher
etwas stiefmütterlich behandelt worden, was auch ver-
ständlich ist. Man hat ja kein Problem, Kohle oder Erdöl
jahrelang zu lagern; es funktioniert danach genauso gut
wie vorher. Aber die Energiespeicherung in dezentralen
Systemen und die Mehrfachverwertung von Energie
müssen wir jetzt richtig angehen.

Wir haben hier Potenziale von bisher nicht vorstellba-
ren Quellen. Denken Sie an Geothermie! Denken Sie an
die Meere, die Wellen-, Strömungs- und Gezeitenkraft-
werke! Es gibt viele spannende und schöne Sachen. Ich
denke auch an die biogenen Kraftstoffe.

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(C (D Die Großforschungseinrichtungen müssen – auch as ist noch ein sehr wichtiger Punkt – in Zukunft ihre chwerpunkte verlagern. (Beifall des Abg. Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])

urch die Aufstockung der Mittel gemäß der Lissabon-
trategie müsste das locker zu machen sein.
Wir haben unseren Antrag mit dem Titel „Nationales

nergieforschungsprogramm vorlegen“ im letzten De-
ember eingebracht. Nach der politischen Dynamik und
uch marketingtechnisch ist es verständlich, dass Sie
on der CDU/CSU einen eigenen Antrag vorlegen müs-
en.


(Zuruf des Abg. Axel E. Fischer [KarlsruheLand] [CDU/CSU])


Lieber Axel Fischer, Ihre Aufregung darüber, dass
eute nicht über den SPD-Antrag beraten wird, ist etwas
ünstlich. In der sich anschließenden Beratung wird Ihr
ntrag einbezogen. In der zweiten und dritten Lesung
erden die beiden Anträge gemeinsam behandelt. Viel-
eicht ist das auch wieder einmal eine Chance, von den
blichen Ritualen entsprechend den herrschenden Mehr-
eiten abzugehen.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1515209000

Herr Kollege, Sie müssen jetzt zum Ende kommen.

Dr. Axel Berg (SPD):
Rede ID: ID1515209100

Danke. Ich komme zu meinem letzten Satz. – Nach

en üblichen Ritualen kommt im Zweifelsfall natürlich
nser Antrag durch. Deswegen – das wirklich als letzten
atz – bitte ich Ihre Energiepolitiker und Forschungs-
olitiker, die wirklich eine konstruktive Arbeitshaltung
aben, ihre Vorstellungen einfach in unseren Antrag ein-
ubringen. Es gibt jede Menge Überschneidungen – au-
er halt bei der Atomkraft.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1515209200

Das Wort hat der Kollege Hellmut Königshaus, FDP-

raktion.


Hellmut Königshaus (FDP):
Rede ID: ID1515209300

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In der

at, es gibt viele Überschneidungen – das kann man im-
er wieder feststellen –, es gibt aber auch viele Unter-
chiede. Wir haben beispielsweise schon 2003 die Bun-
esregierung aufgefordert – insofern stimmen wir,
laube ich, mit der CDU/CSU überein –, uns doch end-
ich einmal ein aktualisiertes Energieforschungspro-
ramm vorzulegen. Da müssen nicht immer nur die
raktionen tätig werden; wir haben auch eine Bundes-
egierung. Eine solche Aktualisierung haben wir immer
och nicht. Obwohl der Bundesregierung eine riesige
char von Experten im eigenen Apparat sowie auch von
ermeintlichen und tatsächlichen Experten aus ihrem po-
itischen Milieu zur Verfügung steht, ist dazu bisher






(A) )



(B) )


Hellmut Königshaus

noch nichts gekommen. Alle Ihre Redner tun immer so,
als könne man Ihre Parteitagsbeschlüsse eins zu eins um-
setzen. Was ist denn nun? Wann kommen Sie da endlich
aus dem Knick? Muss die Opposition alles machen


(Heiterkeit bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


oder können wir damit rechnen, dass hier auch einmal
die Bundesregierung aktiv wird?


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Es geht hierbei schließlich um eine existenzielle Frage
für unser Land; denn wir brauchen wirklich neue
Energien. Das meine ich jetzt ausnahmsweise einmal


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Ehrlich!)

– auf Sie komme ich gleich zu sprechen – nicht nur im
übertragenen Sinn.

Energieforschung ist wirklich eine der entscheiden-
den Herausforderungen unserer Zeit. Noch, trotz der rot-
grünen Eskapaden, besitzt Deutschland die Fähigkeiten,
die wirtschaftliche Kraft sowie das wissenschaftliche
und technische Potenzial, sich den künftigen Herausfor-
derungen und insbesondere der eben schon angesproche-
nen Verknappung der herkömmlichen Energieträger zu
stellen. Aber Sie müssen die Mittel dann natürlich auch
zielgerichtet dafür einsetzen.

Heute importieren wir bereits über zwei Drittel der
Primärenergie und wir befinden uns demzufolge in einer
extremen wirtschaftlichen und politischen Abhängigkeit
von anderen. Diese Abhängigkeit – das ist völlig klar –
wird sich noch weiter verschärfen.


(Klaus Barthel [Starnberg] [SPD]: Wollen Sie Wismut wieder eröffnen?)


– Ich gehe gleich auf Sie ein.
Für Deutschland steht also sehr viel auf dem Spiel.

Wir müssen deshalb bei der Lösung der energiepoliti-
schen Aufgaben ohne ideologische Scheuklappen, dafür
mit Verlässlichkeit und Berechenbarkeit vorangehen.


(Klaus Brandner [SPD]: Das machen wir immer!)


Rot-Grün tut das, wie wir wissen, nicht.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Wir reden über die Energieforschung. In der Lehre
muss aber ebenfalls Kontinuität gewahrt bleiben; auch
das passiert nur zu selten. Denn auch dort, wo es Ihnen
nicht in den Kram passt, müssen wir weiterforschen,
etwa in der Kernforschung. Ich meine – das habe ich
auch in Ihren Beiträgen gehört –, dass es nach wie vor
eine sehr gute Zusammenarbeit zwischen den Hochschu-
len, den Forschungsinstituten und der Wirtschaft in der
Energieforschung gibt. Diese müssen wir stärken.
70 Prozent der Forschung werden von der Wirtschaft ge-
tragen. Die Wirtschaft braucht aber eine zeitnahe Amor-
tisation; sie kann nicht einfach in die Welt hineinfor-
schen. Sie braucht Verlässlichkeit.

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(C (D Wir können die Rahmenbedingungen nicht beliebig erändern, wie wir das in der Vergangenheit immer wieer erleben mussten. Die Wirtschaft braucht die Mögichkeit, die Ergebnisse ihrer Energieforschung rascher ufzunehmen und umzusetzen. Wir können der Wirtchaft nicht den Schwung nehmen, indem wir sie Ihren rünen Parteitagsbeschlüssen ausliefern. Dabei kommt insbesondere der Weiterentwicklung er konventionellen Kraftwerkstechnik eine entscheiende Bedeutung zu. Sie führen uns regelmäßig die indenergie vor. 1 000 Windenergieanlagen könnten ir ersetzen, wenn der Wirkungsgrad der herkömmlihen Kraftwerke um 1 Prozent erhöht würde. as ist der entscheidende Weg. Dass Sie ihn nicht gehen ollen, verstehen wir, seit wir wissen, wie in Schleswigolstein der Windenergieverband argumentiert und sich erhält. Sie haben es gerade nötig, mit dem Finger auf ndere zu zeigen. Schon heute zeigt sich zudem, dass der Abschied von er Kernenergie als nationaler Alleingang ein Irrweg ist. ie müssten zumindest für die Sicherheitsforschung in en bestehenden Kraftwerken eintreten. Sie können och nicht einfach alles abbrechen. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Dr. Axel Berg [SPD]: Das will überhaupt niemand!)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Natürlich tun Sie das.

(Dr. Uwe Küster [SPD]: Hören Sie doch auf, einen Popanz aufzubauen! Sie bauen einen Popanz auf, um sich an ihm abzuarbeiten! Ohne Popanz geht hier nichts!)


Nein, ich höre nicht auf. Auch wenn Sie es nicht gerne
ören, müssen wir es Ihnen sagen.
Die Bundesregierung geht einen sehr gefährlichen
eg der Abkopplung, den wir uns international über-
aupt nicht leisten können. Wir sind jedoch nicht so ein-
eitig wie Sie. Wir haben nie gesagt, dass alles, was Sie
achen, falsch sei. Unbestreitbar spielen die erneuerba-
en Energien im Gesamtkontext eine bedeutende Rolle.
as wollen wir überhaupt nicht in Abrede stellen.

(Dr. Uwe Küster [SPD]: Da bin ich aber froh, dass Sie noch Erkenntnisfähigkeit besitzen!)

ber sie müssen für einen breiten Einsatz in ein Gesamt-
onzept eingebunden sein, insbesondere bei den Ener-
iespeichertechnologien oder beim Wasserstoff.


(Dr. Axel Berg [SPD]: Alles in unserem Antrag enthalten!)


Wir wollen zu rationellen Energieübertragungs-
echnologien kommen. Wir wissen, dass das viel Geld
ostet. Wir müssen dieses Geld aber aufbringen, weil
ns Sparsamkeit am falschen Ende nach aller Erfahrung
eurer zu stehen kommt. Deshalb wollen wir mit Ihnen






(A) )



(B) )


Hellmut Königshaus

zusammenarbeiten. Schließlich handelt es sich um Zu-
kunftsinvestitionen in den Standort Deutschland. Wir
sind zur Kooperation bereit.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1515209400

Nächster Redner ist der Kollege Hans-Josef Fell,

Bündnis 90/Die Grünen.

Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1515209500

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Ich will ein paar Worte zu Herrn Fischer sagen.
Ein großer Teil Ihrer Rede hat das Thema verfehlt;


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Wir sind nicht in der Schule! Sie sind kein Gymnasiallehrer mehr!)


denn wir reden heute über Energieforschung und nicht
über Markteinführung, über dena-Studien oder sonst et-
was. Ich denke, es hätte Ihnen gut getan, wenn Sie sich
darauf konzentriert hätten.

Dass Sie die Energieforschungsmittel, die auch aus
unserer Sicht zu gering angesetzt sind, mit den Mitteln
aufrechnen, die wir als Soforthilfe für die Tsunamiopfer
zur Verfügung stellen –


(Axel E. Fischer [Karlsruhe-Land] [CDU/ CSU]: Habe ich nicht gegeneinander aufgerechnet! Ich habe einen Größenvergleich gemacht!)


– Sie haben das in Ihrer Rede aufgerechnet –, ist für
mich ganz schlimm; denn die Opfer brauchen diese Mit-
tel ganz dringend, und zwar unabhängig davon, wie hoch
die Mittel für die Energieforschung sind. Ich muss schon
sagen: Das hat mich sehr entsetzt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Energie – da stimme ich all meinen Vorrednern zu,
ausdrücklich auch denen von der Opposition – ist das
Fundament der Weltwirtschaft. 80 Prozent unserer Ener-
gie wird aus fossilen und atomaren Ressourcen erzeugt.
Dabei muss man wissen, dass dieses Fundament der
Weltwirtschaft und das Fundament für unseren Wohl-
stand selbst die größte Bedrohung für unseren Wohl-
stand und die Weltwirtschaft darstellt. Warum?

Zum einen kommen 80 Prozent aller Klimagasemis-
sionen aus der Verbrennung von Erdöl, Kohle und Erd-
gas. Wie stark die Klimaveränderungen in dieser Welt
bereits unsere Wirtschaft und die Menschen bedrohen,
das wissen wir seit einigen Jahren; denn seitdem nehmen
die Schäden immer mehr zu. Das hat die Münchner
Rück aufschlussreich zusammengestellt.

Zum anderen müssen wir feststellen, dass dieses
Energiesystem zu fast 90 Prozent auf begrenzten und zur
Neige gehenden Ressourcen, einschließlich der atoma-
ren, begründet ist. Dies muss uns doch noch mehr er-

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(C (D chrecken. Es stellt sich nicht nur, Herr Königshaus, die rage, ob Energie aus anderen Ländern geliefert werden ann. Es ist auch die Frage zu stellen, ob in anderen Länern genügend Energie zur Deckung des Weltenergiebearfs erzeugt werden kann. Genau dies ist bei einem ückgriff auf fossile und atomare Ressourcen nicht der all. Die neuesten Studien des Geologennetzwerks der As ociation for the Study of Peak Oil and Gas zeigen uns uf, dass unsere Energieversorgung in den nächsten Jahen in eine Krise kommen wird, insbesondere hinsichtich Erdöl, aber auch Erdgas. Diese Gefährdung der nergieversorgungssicherheit müssen wir doch viel rnster nehmen, als es in dem Antrag der Union der Fall st, der ausschließlich vom Tenor getragen ist: Lasst uns ei der Energieforschung so weitermachen wie bisher. ie setzen damit auf alte Verfahren, für die die Ressouren nicht ausreichen und die uns viele Probleme bereien. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der SPD)


ie sprechen hauptsächlich von Kernenergie und von
ossilen Energien.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Völliger Unsinn!)


rneuerbare Energien spielen für Sie nur eine ganz
leine Rolle. Den Aspekt der Energieeinsparung haben
ie übrigens völlig vergessen. Das ist nicht unsere Inten-
ion in Bezug auf den Umgang mit Energie.
Auch die Energieforschung muss sich anderen Gebie-

en zuwenden. Es reicht nicht alleine ein Beharren auf
er Kernenergie. Das wird schon deutlich, wenn man
ich anschaut, wie viele Mittel für die Kernenergiefor-
chung ausgegeben wurden. Mein Kollege Axel Berg ist
chon darauf eingegangen. Ich will Ihnen aber die Zah-
en noch einmal genau nennen: In den letzten 50 Jahren
urden in der gesamten OECD etwa 80 Prozent aller
ittel für Energieforschung für die Erforschung von
ernspaltung und Kernfusion ausgegeben. Herausge-
ommen ist dabei ein minimales Ergebnis: Nur
Prozent des Weltenergiebedarfs werden so gedeckt.
ieses stellt also den größten Forschungsflop der Welt
ar; dem hohen Aufwand an Forschungsmitteln steht ein
eschämendes Ergebnis gegenüber.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Dabei müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass mithilfe
er Kernfusion, in die riesige Geldbeträge gesteckt wur-
en, noch nicht eine einzige Kilowattstunde Strom er-
eugt wurde und auch in den nächsten 50 Jahren kein
ntsprechender Reaktor zu erwarten ist.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Woher wissen Sie denn das?)


an redet davon, dass man den ITER implementieren
ill. 7 Milliarden Euro Forschungsgelder sollen allein in
en Bau gesteckt werden. Aber auch dann werden wir






(A) )



(B) )


Hans-Josef Fell

erst in 30 Jahren wissen, ob wir in 50 Jahren einen ent-
sprechenden Reaktor zur Stromerzeugung bauen kön-
nen. Ich halte solche Pläne für absurd.

Wir müssen also die Mittel konzentrieren. Vor diesem
Hintergrund will ich etwas zur Kohleforschung sagen.
Das CO2-freie Kohlekraftwerk rückt ja immer mehr inden Blick. Von der Kohleindustrie werden große Geld-
beträge für die Forschung daran angemahnt. Ich kann
mich gut erinnern: Letzte Woche hat der Präsident des
Worldwatch Institute, Christopher Flavin, angeregt, dass
doch die Energiewirtschaft selbst, die in den letzten
Jahrzehnten mit ihren Kohlekraftwerken Dutzende,
wenn nicht Hunderte Milliarden Euro verdient hat und
zugleich die Atmosphäre mit Kohlendioxid vollgepumpt
hat, die Mittel für die Finanzierung der Forschung an der
Clean-Coal-Technik aufbringen sollte. Ich halte diesen
Vorschlag des Präsidenten des Worldwatch Institute für
gut.

Ich möchte noch einen Vorschlag unterbreiten. Wir
sollten heute festlegen – das würde ich gerne mit dem
Koalitionspartner diskutieren –, dass ab 2020 kein Koh-
lekraftwerk mehr CO2 emittieren darf.


(Katherina Reiche [CDU/CSU]: Was sagt denn die SPD dazu?)


Daraus würde sich eine enorme Dynamik für die Erfor-
schung dieser Technologie ergeben. Dann werden wir
sehen, ob sie sich am Markt etablieren kann und ob sie
kostengünstig umgesetzt werden kann. Ich glaube aber,
dass das nicht der Fall sein wird.

Die Enquete-Kommission hat uns vorgerechnet, dass
die Zusatzkosten für CO2-Sequestrierung zwischen3,5 und 9 Cent im Jahr 2020 liegen werden. Diese Kos-
ten kommen zu den Kosten der Stromerzeugung hinzu.
Damit würden die CO2-freien Kohlekraftwerke höhereStromerzeugungskosten haben, als sie heute bei einem
großen Teil der erneuerbaren Energien anfallen. Dies
kann nicht das Ziel sein.

Ich denke, wir sollten uns – so wie wir das vor-
schlagen – auf erneuerbare Energien und Energieeinspa-
rungen konzentrieren. Im Gegensatz zu den Aussagen
von Herrn Axel Fischer ist klar: Hier hat die Bundes-
regierung bereits neue und effektive Maßnahmen ergrif-
fen. Wir haben beispielsweise bei der solarthermischen
Stromerzeugung, bei der Geothermie, bei der Wind- und
Wasserkraft herausragende Erfolge zu verzeichnen, die
jetzt in unternehmerisches Handeln umgesetzt werden.

Auf diesem Weg werden wir weitermachen. Wir wer-
den die Forschungsförderung im Bereich der Energieein-
sparung und der erneuerbaren Energien weiter ausbauen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1515209600

Das Wort hat der Kollege Dr. Hans-Peter Friedrich,

CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


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(C (D Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und erren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Fell, Sie aben von dem Zusammenhang zwischen Wohlstand nd Energie gesprochen. In der Tat zeigt die Wirtschaftseschichte: Der Aufstieg aller westlichen Industrienaionen und der Wohlstand für alle sind immer von der erfügbarkeit der Energie abhängig gewesen. Die Wirtchaftsmacht China ist ein Beispiel für eine Nation, die inen ungeheuren Energiebedarf hat. Die wichtigste ufgabe der Energieforschung wird sein, Antworten auf ie entscheidende Frage zu finden: Wie können wir die enötigte Energiemenge zur Verfügung stellen, ohne unere Umwelt zu zerstören? (Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Sonne schafft das! Das ist die Antwort!)

Dr. Hans-Peter Friedrich (CSU):
Rede ID: ID1515209700

Wenn Sie diese Frage mithilfe der exzellenten deut-
chen Wissenschaftler beantworten wollen, dann müs-
en Sie optimale Rahmenbedingungen für ihre Arbeit
chaffen. Sie von Rot-Grün machen aber genau das Ge-
enteil. Sie schaffen keine optimalen Rahmenbedingun-
en, sondern Sie zerstören sie.


(Beifall des Abg. Axel E. Fischer [KarlsruheLand] [CDU/CSU] – Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! Wir setzen auf die Energiequelle Sonne!)


um einen kürzen Sie in unverantwortlicher Weise die
orschungsmittel im Energiebereich. Zum anderen ver-
ngen Sie das Spektrum der Forschung, indem Sie be-
timmte Bereiche von vornherein aus ideologischen
ründen ausblenden. Ich nenne beispielsweise die Kern-
nergie.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Sie sind mit dieser Politik dabei, deutsche wissen-

chaftliche Exzellenzen auf dem Gebiet der Kernenergie,
er Sicherheitstechnik und im Bereich des Ingenieurwe-
ens zu gefährden. Nachwuchsforscher verlassen dieses
and – ich sage das, lieber Herr Küster, weil Sie sich
orhin so echauffiert haben –, da sie unter der rot-grünen
egierung in ihrem Forschungsbereich Kernkraft keine
erspektive mehr sehen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: General Electric hat ein Forschungszentrum aufgebaut! Sie kommen in dieses Land!)


ie zerstören damit das volkswirtschaftliche Gut Wissen
nd Sie schädigen damit das wissenschaftliche Potenzial
ieses Landes in unverantwortlicher Weise.


(Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das glatte Gegenteil ist der Fall!)


Herr Berg, Sie haben vorhin Ihren Antrag vom De-
ember erwähnt. Darin stellen Sie fest, dass Sie eine
achhaltige Energiegewinnung wollen.


(Dr. Axel Berg [SPD]: Da sind wir gut!)







(A) )



(B) )


Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof)


Daneben wollen Sie eine größere Unabhängigkeit von
den fossilen Energieträgern. Aber Sie ziehen die fal-
schen Schlussfolgerungen. Wenn wir nämlich unabhän-
gig von Öl oder Gas werden wollen, dann dürfen Sie die
Kernenergie als alternative Energie zu Öl und Gas nicht
ausblenden, sondern müssen sie in den Fokus Ihrer Be-
trachtungen stellen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1515209800

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Fell?

Dr. Hans-Peter Friedrich (CSU):
Rede ID: ID1515209900

Aber selbstverständlich.

Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1515210000

Herr Kollege Dr. Friedrich, Sie haben gesagt, dass die

Wissenschaftler und auch die Unternehmen aus
Deutschland abwandern würden, weil hier entspre-
chende Rahmenbedingungen nicht vorhanden wären. Ist
Ihnen bekannt, dass in Garching bei München der große
Weltkonzern General Electric ein neues Forschungszen-
trum in Deutschland aufgebaut hat?


(Katherina Reiche [CDU/CSU]: Die Betonung liegt auf München!)


Die Begründung dafür war, dass am Wirtschaftsstandort
Deutschland – nicht am Wirtschaftsstandort Bayern –
die Forschungsaktivitäten herausragend sind und dass
die rot-grüne Bundesregierung und das Parlament politi-
sche Rahmenbedingungen geschaffen haben, die das
Fundament in der Energieforschung in Bezug auf erneu-
erbare Energien sind, worauf das Unternehmen seine
Aktivitäten besonders konzentrieren will.


Dr. Hans-Peter Friedrich (CSU):
Rede ID: ID1515210100

Lieber Herr Kollege Fell, das ist der entscheidende

Punkt. Nicht zufällig sind nämlich diese Unternehmer
bzw. Investoren nach München gegangen.


(Rezzo Schlauch, Parl. Staatssekretär: Ach, Bayern ist nicht Deutschland? Sagenhaft!)


Dort hat die Bayerische Staatsregierung das Thema
Garching seit vielen Jahrzehnten zu einem Schwerpunkt
der bayerischen Forschungspolitik gemacht. Es ist
Bayern gewesen, das die Rahmenbedingungen in dieser
Frage sehr exzellent herausgearbeitet hat.


(Rezzo Schlauch, Parl. Staatssekretär: Woher stammen die Mittel?)


Darauf sind wir – das sage ich hier als Bayer – stolz.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Ihre Politik hilft uns nicht weiter. Die Politik des Aus-
stiegs aus der Kernenergie, liebe Kollegen von Rot-
Grün, macht uns abhängiger von Öl und Gas als jemals
zuvor. Wir brauchen deshalb einen Energiemix, einen
Mix aus allen Energieträgern, und eine Energiefor-
schung, die innerhalb dieses Mix die Nutzung laufend
verbessert und optimiert.

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(C (D Jetzt komme ich auf das Thema Nachhaltigkeit zu prechen. Nachhaltig heißt, eine Balance zwischen ökoogischer, ökonomischer und sozialer Tragfähigkeit herustellen. Nicht umsonst haben diejenigen Länder in der elt, die die größten ökonomischen Probleme haben, uch die größten ökologischen Probleme. Diesen Zuammenhang sollten Sie immer sehen. Deswegen ist die Politik von Rot-Grün seit 1998, die nergiepreise in Deutschland um 50 Prozent zu erhöen, ein Irrweg. iese falsche Politik ist mit dafür verantwortlich, dass äglich Hunderte von Arbeitsplätzen im verarbeitenden ewerbe ins Ausland verlagert werden. (Axel E. Fischer [Karlsruhe-Land] [CDU/ CSU]: So ist es!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


ie Energieforschung muss die Wettbewerbsfähigkeit
er Energieträger verbessern, selbstverständlich auch die
er regenerativen Energien. Aber es ist ein Denkfehler,
enn Sie glauben, die Wettbewerbsfähigkeit der regene-
ativen Energien dadurch stärken zu müssen, dass Sie
ie anderen Energieträger sozusagen künstlich verteu-
rn. Die Konsequenz ist nämlich, dass die Industrie und
amit Arbeitsplätze aus unserem Land verschwinden
nd Sie in Deutschland sozusagen künstlich eine Ener-
iekrise schaffen, von der wir wissen, dass sie die Kon-
unktur abwürgt und Möglichkeiten eines konjunkturel-
en Aufschwungs vernichtet.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Axel Berg [SPD]: Glauben Sie selber diesen Unsinn?)

Die Energieforschung findet – das ist vom Kollegen
erg angesprochen worden – auch in der Wirtschaft in
roßem Umfang statt, aber leider nicht mehr in dem Um-
ang, wie es noch vor zehn Jahren der Fall war. Wenn Sie
nergieforschung wollen – das hat Kollege Königshaus
ngesprochen –, dann müssen Sie den Unternehmen die
öglichkeit geben, ihre Kapitalbasis zu verbreitern.
ede Entlastung der Unternehmen ermöglicht es ihnen,
ehr – auch in die Energieforschung – zu investieren.


(Dr. Axel Berg [SPD]: Also weg mit der Eigenheimzulage!)


Deswegen appelliere ich an die Forschungspolitiker:
berlassen Sie die Umsetzung von Forschungsergebnis-
en den Unternehmen! Denn sie wissen am besten, wie
an das, was in der Grundlagenforschung erarbeitet
orden ist, in marktfähige Produkte umarbeitet. Dazu
rauchen sie keine politischen Ratschläge.


(Beifall bei der CDU/CSU – René Röspel [SPD]: Das ist doch gerade das Problem in Deutschland: die Umsetzung!)


Letzter Punkt. Es gibt in der Bevölkerung ein Grund-
edürfnis nach individueller Mobilität. Das ist ein
tück Freiheit; das brauchen unsere Bürger. Die Ener-
ieforschung muss diesen Bereich schwerpunktmäßig
inbeziehen; denn die Lebensqualität auch in den ländli-
hen Räumen in unserem Land hängt davon ab, wie wir
iese Mobilitätsmöglichkeiten in der Zukunft absichern.






(A) )



(B) )


Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof)


Es wäre gut, wenn wir als Land der Automobilindustrie
unsere führende Rolle gerade in der Antriebstechnik be-
halten würden.

Die Energieforschung ist einer der Schlüsselbereiche
in der Forschungspolitik. Sie ist ökonomisch, ökologisch
und sozial von größter Relevanz. Schaffen Sie in der
Energieforschung endlich ein Klima der Vielfalt, der
Freiheit, der Innovationen und der Offenheit nach allen
Richtungen und hören Sie auf, rot-grüne Ideologie zum
Maßstab für die Forschungspolitik in Deutschland zu
machen! Nur so können Sie den weiteren Absturz dieses
Landes verhindern.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1515210200

Das Wort hat der Kollege Dieter Grasedieck, SPD-

Fraktion.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Dieter Grasedieck (SPD):
Rede ID: ID1515210300

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Herr Dr. Friedrich, wir müssen aus dem Jam-
mertal heraus. Das, was Sie hier dargestellt haben, ist
nicht die Realität in Deutschland.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Leider doch!)


Ich muss Ihnen sagen: Ich habe manchmal das Ge-
fühl, dass Sie Ihre eigenen Anträge nicht richtig durchle-
sen. Denn in vielen Bereichen stimmen wir – das muss
man feststellen – absolut überein. In einem Kernbereich
unterscheiden wir uns natürlich; aber in vielen Bereichen
sind wir einer Meinung. Ich will gleich einige Punkte an-
führen.

Herr Königshaus, Sie sprachen von der Sicherheit
der Nuklearenergie. Schauen Sie sich doch einmal un-
seren Haushalt an! Die Bundesregierung fördert schon
seit Jahren die Sicherheitsforschung im Bereich der Nu-
klearenergie, und zwar konstant mit rund 120 Millionen.
Sie sollten sich unseren Haushalt einmal etwas genauer
ansehen.

Wir wollen eine zukunftsfähige und zukunftssichere
Energieforschung, die in den kommenden Jahren ver-
antwortungsvoll gestaltet werden kann. Sie fordern von
der Bundesregierung mehr Geld für erneuerbare Ener-
gien. Wir stellen dafür schon seit 1998 mehr Mittel zur
Verfügung und dies bauen wir immer weiter aus. Auch
hier ist es wichtig, sich einmal den Haushalt etwas de-
taillierter anzusehen.


(Beifall des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])


Sie stellen unter anderem fest – das ist ganz
interessant –, dass die Förderung der erneuerbaren Ener-
gien zu mehr Arbeitsplätzen führt. Das ist eine völlig
neue Erkenntnis seitens der CDU/CSU.

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(C (D (Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Lesen Sie meine Reden von früher! Da steht das alles drin!)


chauen Sie sich einmal die Situation in diesem Bereich
n! Seit 1998 haben wir eine Steigerung der Zahl der Ar-
eitsplätze zu verzeichnen.


(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Das haben wir schon 1991 gesagt, auch schon früher! Sie sind schlecht informiert, Herr Kollege!)


Sie können gleich eine Zwischenfrage stellen, wenn
ie Lust haben. Das ist ja möglich.


(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Ich wollte Sie nur korrigieren! – Dr. Uwe Küster [SPD]: Das kann er doch nicht!)


1998 gab es 60 000 qualifizierte Arbeitsplätze, heute
ind es über 120 000 Arbeitsplätze im Bereich des Ma-
chinenbaus und der Windenergie. Ich könnte noch an-
ere Punkte aufführen.
Meine Damen und Herren von der CDU/CSU, Sie

ordern auch mehr Forschungsmittel für Biomasse. Das
ird bereits seit 1998 gemacht. Außerdem fordern Sie
ehr Mittel für Kompetenznetzwerke. Wir fördern
ompetenznetzwerke bzw. Clusterbildungen bereits
eit 2000 sehr intensiv. Wir legen Wert darauf, dass die
ndustrie mit den Universitäten und den Instituten zu-
ammenarbeitet. 94 Clusterbildungen sind dort entstan-
en.
Sie sehen also, dass die Bundesregierung viele Forde-

ungen erfüllt hat. Ich kann nur sagen: Das ist späte
DU/CSU-Erkenntnis. Abschreiben ist wahrlich ein gu-
es Kompliment für die Politik der Koalition.
Die CDU/CSU fordert allerdings auch mehr For-

chungsmittel für den Bau von Kernkraftwerken. An
ieser Stelle sagen wir: Nein, wir brauchen eine sichere
nd verantwortungsvolle Forschung. Herr Fischer, Sie
aben Nachhaltigkeit in der Forschung gefordert. Ist es
achhaltig, wenn man weiß, dass es keine Lösung für die
ndlagerung des radioaktiven Abfalls gibt?


(Axel E. Fischer [Karlsruhe-Land] [CDU/ CSU]: Wir können die Kernkraftwerke doch nicht nur aus ideologischen Gründen dichtmachen! Wir müssen Optionen offen halten!)


ein, wir glauben, dass unsere Kinder eine zukunftssi-
here und zukunftsfähige Energieerzeugung brauchen.
ir setzen deshalb auf erneuerbare Energien sowie auf
ffiziente Gas- und Kohlekraftwerke und auf Einsparun-
en.
Die CDU/CSU schreibt in ihrem Antrag, dass wir
ernenergie für die heimische Anwendung brauchen.
er baut denn Kernkraftwerke und wo werden sie ge-
aut? Wenn Sie sich einmal mit Vertretern der Industrie
nterhalten, werden Sie feststellen, dass niemand ein
ernkraftwerk bauen will. Vor zehn Jahren hat der Veba-
hef in einer Diskussion in Bonn darauf hingewiesen,
ass es sich nicht lohne, Kernkraftwerke zu bauen. Ers-
ens seien sie zu teuer – das ist ein wichtiger Faktor; im
oment kostet es 2 Milliarden – und zweitens sei das






(A) )



(B) )


Dieter Grasedieck

Uranvorkommen begrenzt. Seine Aussage war, dass die
Uranvorräte in 25 Jahren erschöpft sein werden. Interes-
sant ist auch der Bericht der „Financial Times“, in dem
darauf hingewiesen wird, dass die Uranpreise enorm ge-
stiegen sind. Im Januar 2004 kostete ein Pfund Uran
noch 7 Dollar, heute müssen 21 Dollar dafür gezahlt
werden. Mit weiteren Preissteigerungen ist zu rechnen.
So schreibt die „Financial Times Deutschland“.

Ferner muss man berücksichtigen: Fast die Hälfte der
Uranvorräte stammt aus Militärbeständen. Diese Vorräte
werden aber in 15 Jahren zu Ende gehen; das kann man
berechnen. Deshalb sagen die Vertreter der Energiewirt-
schaft: Ein Kernkraftwerk ist nicht wirtschaftlich. –
Nein, wir brauchen eine zukunftsfähige und sichere
Energieforschung.

Deshalb setzen wir erstens auf erneuerbare Ener-
gien.


(Axel E. Fischer [Karlsruhe-Land] [CDU/ CSU]: Sie sind teuer!)


Kollege Fell sprach schon davon, dass dadurch viele Ar-
beitsplätze geschaffen wurden. 60 000 Arbeitsplätze
sind im Bereich der Windenergie entstanden. Sie fordern
das doch auch in Ihrem Antrag, Herr Fischer. Lesen Sie
sich doch Ihren Antrag einmal durch! Auf diesem Gebiet
sind die Bundesregierung und die Koalition erfolgreich.
Wir sind bei den erneuerbaren Energien Weltmeister.

Zweitens brauchen wir von der Industrie, aber auch
von der Bundesregierung Mittel zur Erforschung effi-
zienter Techniken bei der Erzeugung von Strom aus
Braun- und Steinkohle. Wir brauchen die Clean Coal
Technology, die uns hilft, die Wirkungsgrade erheblich
zu verbessern. Wir sind auf diesem Sektor weltweit füh-
rend. Da müssen wir weitermachen, weil unser Ziel das
CO2-freie Kraftwerk ist. Das wäre zudem auch noch einExportschlager für unsere Industrie.

Drittens wollen wir auch noch weitere Potenziale bei
der Energieeinsparung ausschöpfen.

Wir Sozialdemokraten sind für eine sichere, zukunfts-
fähige und verantwortungsvolle Forschung. Machen Sie
einfach dabei mit und lesen Sie sich Ihren Antrag etwas
genauer durch! Wir haben ja noch Zeit; wir werden das
beraten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Uwe Küster [SPD]: Schöne Aufgabe für das Wochenende!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1515210400


Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlage auf

Drucksache 15/4507 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse zu überweisen, wobei die Federfüh-
rung, abweichend von der Tagesordnung, beim Aus-
schuss für Wirtschaft und Arbeit liegen soll. Gibt es dazu
anderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann
ist die Überweisung so beschlossen.

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(C (D Ich rufe die Tagesordnungspunkte 21 a und 21 b auf: a)


Josef Laumann, Dagmar Wöhrl, Veronika
Bellmann, weiteren Abgeordneten und der Frak-
tion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Verlängerung der Übergangsfrist
bei der Weiterbildungsförderung im Falle ge-
setzlich festgelegter Ausbildungsdauer
– Drucksache 15/4385 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)

Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Haushaltsausschuss

b) Erste Beratung des von den Abgeordneten Dirk
Niebel, Daniel Bahr (Münster), Rainer Brüderle,
weiteren Abgeordneten und der Fraktion der FDP
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Si-
cherung der Weiterbildungsförderung bei ge-
setzlich festgelegter Ausbildungsdauer
– Drucksache 15/4147 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)

Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Haushaltsausschuss

Die Rednerinnen und Redner Hans-Werner Bertl,
lexander Dobrindt, Markus Kurth und Gudrun Kopp
aben ihre Reden zu Protokoll gegeben.1) Deshalb kom-
en wir gleich zur Überweisung. Interfraktionell wird
berweisung der Gesetzentwürfe auf Drucksa-
hen 15/4385 und 15/4147 an die in der Tagesordnung
ufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es dazu
nderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann
ind die Überweisungen so beschlossen.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 23 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Horst
Friedrich (Bayreuth), Hans-Michael Goldmann,
Joachim Günther (Plauen), weiterer Abgeordne-
ter und der Fraktion der FDP
Transparenz und Wettbewerb im öffentlichen
Schienenpersonennahverkehr
– Drucksache 15/2752 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (f)

Haushaltsausschuss

Die Rednerinnen und Redner Karin Rehbock-
ureich, Enak Ferlemann, Albert Schmidt (Ingolstadt),
orst Friedrich (Bayreuth) und die Parlamentarische

Anlage 2






(A) (C)



(B) (D)


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner
Staatssekretärin Angelika Mertens haben ihre Reden
ebenfalls zu Protokoll gegeben.1) Interfraktionell wird
Überweisung der Vorlage auf Drucksache 15/2752 an
die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorge-
schlagen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der
Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen.

Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-
ordnung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
destages auf Mittwoch, den 26. Januar 2005, 13 Uhr, ein.

Ich wünsche allen Kolleginnen und Kollegen, den
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, aber auch unseren
Zuhörern auf der Besuchertribüne ein schönes Wochen-
ende.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Uwe Küster [SPD]: Tosender Beifall für die Präsidentin!)


Die Sitzung ist geschlossen.