Protokoll:
15146

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 15

  • date_rangeSitzungsnummer: 146

  • date_rangeDatum: 3. Dezember 2004

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  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 17:08 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 15/146 Dr. Friedbert Pflüger (CDU/CSU) . . . . . . . 13632 C Dr. Andreas Schockenhoff (CDU/CSU) . . . . . Ulrich Heinrich (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kerstin Müller, Staatsministerin AA . . . . . . . Dr. Gesine Lötzsch (fraktionslos) . . . . . . . . . . Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministerin BMZ . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Egon Jüttner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 21: Dr. Christoph Bergner (CDU/CSU) . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 20: – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die parla- mentarische Beteiligung bei der Ent- scheidung über den Einsatz bewaffneter Streitkräfte im Ausland (Parlamentsbe- teiligungsgesetz) (Drucksachen 15/2742, 15/4264) . . . . . . . – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Jörg van Essen, Rainer Funke, Günther Friedrich Nolting, wei- 13612 C 13613 C 13614 B 13615 B 13616 A 13617 B 13621 A 13620 D 13634 B 13635 C Deutscher B Stenografisch 146. Sitz Berlin, Freitag, den 3 I n h a l Nachträgliche Ausschussüberweisung . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 7: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- wärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Einsatz bewaffneter deut- scher Streitkräfte zur Unterstützung der Überwachungsmission AMIS der Afrikani- schen Union (AU) in Darfur/Sudan auf Grundlage der Resolutionen 1556 (2004) und 1564 (2004) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 30. Juli 2004 und 18. September 2004 (Drucksachen 15/4227, 15/4257, 15/4259) . . Walter Kolbow, Parl. Staatssekretär BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g k ( D R D W M D J J 13611 A 13611 A 13611 C Antrag der Abgeordneten Dr. Werner Hoyer, Harald Leibrecht, Rainer Funke, weiterer Ab- undestag er Bericht ung . Dezember 2004 t : eordneter und der Fraktion der FDP: Zu- unft für Tschetschenien Drucksache 15/3955) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Werner Hoyer (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Gernot Erler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . udolf Bindig (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Friedbert Pflüger (CDU/CSU) . . . . . . . . . infried Nachtwei (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . elanie Oßwald (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . r. Gesine Lötzsch (fraktionslos) . . . . . . . . . ohannes Pflug (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . oseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . 13618 B 13618 C 13619 C 13623 A 13625 B 13627 D 13628 C 13629 D 13630 C 13632 A teren Abgeordneten und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Mitwirkung des Deutschen II Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 Bundestages bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr (Auslandseinsätzemitwir- kungsgesetz) (Drucksachen 15/1985, 15/4264) . . . . . . . Gernot Erler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christian Schmidt (Fürth) (CDU/CSU) . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jörg van Essen (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jörg van Essen (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Dieter Wiefelspütz (SPD) . . . . . . . . . . . . . Eckart von Klaeden (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Dieter Wiefelspütz (SPD) . . . . . . . . . . Rainer Arnold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Christian Schmidt (Fürth) (CDU/CSU) . . . Petra Pau (fraktionslos) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Hans-Peter Bartels (SPD) . . . . . . . . . . . . . Ruprecht Polenz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 22: – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung eisenbahnrechtlicher Vorschriften (Drucksachen 15/3280, 15/4419, 15/4427, 15/4420) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Än- derung eisenbahnrechtlicher Vorschrif- ten (Drucksachen 15/2743, 15/4419, 15/4427, 15/4420) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung ei- senbahnrechtlicher Vorschriften (Drucksachen 15/3932, 15/4235, 15/4420) Karin Rehbock-Zureich (SPD) . . . . . . . . . . . . Eduard Lintner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Albert Schmidt (Ingolstadt) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . H A E T a b c i Z A B o S l t ( D W D D S A 13635 C 13636 A 13637 C 13639 B 13641 A 13642 B 13642 D 13642 D 13643 A 13644 D 13645 C 13646 C 13647 A 13647 C 13648 A 13649 A 13650 D 13652 C 13652 D 13653 A 13653 A 13654 D 13656 D orst Friedrich (Bayreuth) (FDP) . . . . . . . . . Enak Ferlemann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . ngelika Mertens, Parl. Staatssekretärin BMVBW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nak Ferlemann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 23: ) Antrag der Abgeordneten Dr. Michael Fuchs, Wolfgang Bosbach, Hartmut Koschyk, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Bürokratische Hemmnisse beseitigen – Bessere Rah- menbedingungen für Arbeit in Deutsch- land (Drucksache 15/4156) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Dirk Niebel, Rainer Brüderle, Daniel Bahr (Münster), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Reform des Kündigungs- schutzgesetzes – Abschaffung von Hemmnissen für die Einstellung neuer Mitarbeiter (Drucksache 15/3724) . . . . . . . . . . . . . . . ) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Dirk Niebel, Daniel Bahr (Münster), Rainer Brüderle, weiteren Ab- geordneten und der Fraktion der FDP ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Lockerung des Verbots wiederholter Befristungen (Drucksachen 15/2804, 15/3990) . . . . . . . n Verbindung mit usatztagesordnungspunkt 8: ntrag der Abgeordneten Dirk Niebel, Rainer rüderle, Dr. Karl Addicks, weiterer Abge- rdneter und der Fraktion der FDP: Keine perrfrist bei Abschluss eines Abwick- ungsvertrags nach arbeitgeberseitiger be- riebsbedingter Kündigung Drucksache 15/4407) . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Michael Fuchs (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . alter Hoffmann (Darmstadt) (SPD) . . . . . . Dirk Niebel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . irk Niebel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Michael Fuchs (CDU/CSU) . . . . . . . . tephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU) . . . . nette Kramme (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13658 B 13659 B 13659 D 13661 B 13663 B 13663 C 13663 C 13663 D 13663 D 13665 B 13666 A 13667 B 13668 B 13668 D 13670 A 13671 C Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 III Tagesordnungspunkt 24: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung der präventiven Telekommunikations- und Postüberwa- chung durch das Zollkriminalamt (NTPG) (Drucksachen 15/3931, 15/4237, 15/4416) . . Karl Diller, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . Siegfried Kauder (Bad Dürrheim) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rainer Funke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Joachim Stünker (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 25: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen (Drucksachen 15/1709, 15/4417) . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses – zu dem Antrag der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN: Für ein modernes Biopatent- recht – zu dem Antrag der Abgeordneten Helmut Heiderich, Dr. Norbert Röttgen, Dr. Maria Böhmer, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der CDU/CSU: Die europäische Biopatentrichtlinie von 1998 umsetzen – zu dem Antrag der Abgeordneten Rainer Funke, Ulrike Flach, Daniel Bahr (Münster), weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der FDP: Rechtssicherheit für biotechnologi- sche Erfindungen durch schnelle Umsetzung der Biopatentrichtlinie (Drucksachen 15/2657, 15/1024 (neu), 15/1219, 15/4417) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Brigitte Zypries, Bundesministerin BMJ . . . . Dr. Norbert Röttgen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Dr. Reinhard Loske (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sibylle Laurischk (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . René Röspel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Helmut Heiderich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Dr. Wolfgang Wodarg (SPD) . . . . . . . . . . . C D T a b U D G U E D 13673 B 13673 C 13674 C 13676 A 13677 A 13677 C 13678 D 13679 A 13679 B 13680 B 13682 B 13683 C 13684 D 13685 D 13686 D hristoph Strässer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . r. Peter Ramsauer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 26: ) – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung dienst- und arbeits- rechtlicher Vorschriften im Hoch- schulbereich (HdaVÄndG) (Drucksachen 15/4132, 15/4418, 15/4428, 15/4429) . . . . . . . . . . . . . . . – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Änderung dienst- und arbeitsrechtlicher Vor- schriften im Hochschulbereich (HdaVÄndG) (Drucksachen 15/4229, 15/4299, 15/4418, 15/4428, 15/4429) . . . . . . . . – Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Freigabe der Personalstruktur an Hochschulen (Hochschulpersonalstrukturfrei- gabegesetz – HPersFG) (Drucksachen 15/3924, 15/4418, 15/4428, 15/4429) . . . . . . . . . . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung – zu dem Antrag der Abgeordneten Katherina Reiche, Thomas Rachel, Dr. Maria Böhmer, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der CDU/CSU: Flexiblere Personalstrukturen bei Drittmittelprojekten im Hochschul- bereich schaffen – zu dem Antrag der Abgeordneten Ulrike Flach, Cornelia Pieper, Dr. Karl Addicks, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Befristungen von Beschäftigungsverhältnissen im Hochschulbereich flexibilisieren (Drucksachen 15/4131, 15/4151, 15/4418 ) te Berg (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Christoph Bergner (CDU/CSU) . . . . . . . . rietje Bettin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) lrike Flach (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . delgard Bulmahn, Bundesministerin BMBF r. Peter Frankenberg, Minister (Baden-Württemberg) . . . . . . . . . . . . . . . . Ernst Burgbacher (FDP) . . . . . . . . . . . . . . 13687 C 13689 B 13689 C 13689 C 13689 C 13689 D 13690 A 13691 C 13693 A 13694 A 13695 A 13696 C 13697 A IV Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 Tagesordnungspunkt 27: Antrag der Abgeordneten Markus Löning, Ulrich Heinrich, Dr. Werner Hoyer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Deutsche Entwicklungszusammenarbeit mit China und Indien zu einer Zusammen- arbeit in Wirtschaft, Forschung und Aus- bildung umbauen (Drucksache 15/3823) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Markus Löning (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Detlef Dzembritzki (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Sibylle Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erich G. Fritz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 28: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Fortentwicklung der Berufs- aufsicht über Abschlussprüfer in der Wirt- schaftsprüferordnung (Abschlussprüfer- aufsichtsgesetz – APAG) (Drucksachen 15/3983, 15/4410) . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 29: Zweite und dritte Beratung des von den Frak- tionen der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP eingebrachten Ent- wurfs eines Neunten Gesetzes zur Ände- rung des Parteiengesetzes (Drucksachen 15/4246, 15/4404, 15/4438) . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Wolfgang Börnsen (Bönstrup) (CDU/CSU) zur namentlichen Abstimmung über die Be- schlussempfehlung des Auswärtigen Aus- schusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Unterstützung der Überwachungsmission AMIS der Afrikanischen Union (AU) in Darfur/ Sudan auf Grundlage der Resolutionen 1556 (2004) und 1564 (2004) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 30. Juli 2004 und 18. September 2004 (Zusatztagesordnungs- punkt 7) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A E J s A B s w U d ( t 2 A E R B C L S W D H S n l b m p A E R d m ü A g A E E E R t n A E D ü z S g 13698 D 13699 A 13700 A 13702 A 13703 B 13704 C 13705 C 13706 A 13706 C 13707 A 13707 C nlage 3 rklärung nach § 31 GO des Abgeordneten ürgen Koppelin (FDP) zur namentlichen Ab- timmung über die Beschlussempfehlung des uswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der undesregierung: Einsatz bewaffneter deut- cher Streitkräfte zur Unterstützung der Über- achungsmission AMIS der Afrikanischen nion (AU) in Darfur/Sudan auf Grundlage er Resolutionen 1556 (2004) und 1564 2004) des Sicherheitsrates der Vereinten Na- ionen vom 30. Juli 2004 und 18. September 004 (Zusatztagesordnungspunkt 7) . . . . . . . nlage 4 rklärung nach § 31 GO der Abgeordneten ené Röspel, Dr. Axel Berg, Willi Brase, Ulla urchardt, Nina Hauer, Horst Kubatschka, hristian Lange (Backnang), Dr. Christine ucyga, Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk, Christoph trässer, Rüdiger Veit, Hilde Mattheis, Hans- erner Bertl, Eckhardt Barthel (Berlin), Peter reßen, Klaus Barthel (Starnberg), Walter offmann (Darmstadt) und Ernst Kranz (alle PD) zur Abstimmung über den Entwurf ei- es Gesetzes über die parlamentarische Betei- igung bei der Entscheidung über den Einsatz ewaffneter Streitkräfte im Ausland (Parla- entsbeteiligungsgesetz) (Tagesordnungs- unkt 20) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 5 rklärung nach § 31 GO der Abgeordneten ita Streb-Hesse (SPD) zur Abstimmung über en Entwurf eines Gesetzes über die parla- entarische Beteiligung bei der Entscheidung ber den Einsatz bewaffneter Streitkräfte im usland (Parlamentsbeteiligungsgesetz) (Ta- esordnungspunkt 20) . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 6 rklärung nach § 31 GO des Abgeordneten rnst Kranz (SPD) zur Abstimmung über den ntwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der ichtlinie über den rechtlichen Schutz bio- echnologischer Erfindungen (Tagesord- ungspunkt 25) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 7 rklärung nach § 31 GO des Abgeordneten r. Hermann Scheer (SPD) zur Abstimmung ber den Entwurf eines Gesetzes zur Umset- ung der Richtlinie über den rechtlichen chutz biotechnologischer Erfindungen (Ta- esordnungspunkt 25) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13708 B 13708 C 13709 B 13709 C 13710 B Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 V Anlage 8 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Wolfgang Wodarg (SPD) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Umset- zung der Richtlinie über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen (Ta- gesordnungspunkt 25) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 9 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Reinhard Loske, Volker Beck (Köln), Cornelia Behm, Birgitt Bender, Alexander Bonde, Ekin Deligöz, Jutta Dümpe-Krüger, Franziska Eichstädt-Bohlig, Hans-Josef Fell, Katrin Göring-Eckardt, Peter Hettlich, Ulrike Höfken, Thilo Hoppe, Jutta Krüger-Jacob, Undine Kurth (Quedlinburg), Jerzy Montag, Winfried Nachtwei, Christa Nickels, Friedrich Ostendorff, Claudia Roth (Augsburg), Christine Scheel, Werner Schulz (Berlin), Ursula Sowa, Rainder Steenblock und Josef Philip Winkler (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) zur Abstimmung über den Entwurf ei- nes Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie über den rechtlichen Schutz biotechnologi- scher Erfindungen (Tagesordnungspunkt 25) . lung der Berufsaufsicht über Abschlussprüfer in der Wirtschaftsprüferordnung (Abschluss- prüferaufsichtsgesetz – APAG) (Tagesord- nungspunkt 28) Christian Lange (Backnang) (SPD) . . . . . . . . Dr. Rolf Bietmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Werner Schulz (Berlin) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rainer Funke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 11 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Neunten Gesetzes zur Än- derung des Parteiengesetzes (Tagesordnungs- punkt 29) Inge Wettig-Danielmeier (SPD) . . . . . . . . . . . Hartmut Koschyk (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jörg van Essen (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13710 C 13711 C 13712 A 13713 C 13714 B 13714 D 13715 B 13716 D 13717 B 13718 D Anlage 10 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Fortentwick- A A nlage 12 mtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13719 B Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 13611 (A) ) (B) ) 146. Sitz Berlin, Freitag, den 3 Beginn: 9.0
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    1) Anlage 11 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 13707 (A) ) (B) ) einmischt in innerafrikanische Angelegenheiten. Dieser DSchauerte, Hartmut CDU/CSU 03.12.2004 arfur direkt oder indirekt militärisch eingreift, tung. Auch unter dem Schlagwort einer „humanitären Intervention“ bleibt der Sachverhalt, dass sich, wer inScharping, Rudolf SPD 03.12.2004 Anlage 1 Liste der entschuldigte A i A j i f p t 5 Z P p U Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Andres, Gerd SPD 03.12.2004 Austermann, Dietrich CDU/CSU 03.12.2004 Dr. Brauksiepe, Ralf CDU/CSU 03.12.2004 Brunnhuber, Georg CDU/CSU 03.12.2004 Bülow, Marco SPD 03.12.2004 Edathy, Sebastian SPD 03.12.2004 Fischbach, Ingrid CDU/CSU 03.12.2004 Frechen, Gabriele SPD 03.12.2004 Freitag, Dagmar SPD 03.12.2004 Griese, Kerstin SPD 03.12.2004 Großmann, Achim SPD 03.12.2004 Hilbrecht, Gisela SPD 03.12.2004 Hintze, Peter CDU/CSU 03.12.2004 Hofbauer, Klaus CDU/CSU 03.12.2004 Homburger, Birgit FDP 03.12.2004 Ibrügger, Lothar SPD 03.12.2004 Irber, Brunhilde SPD 03.12.2004 Lehn, Waltraud SPD 03.12.2004 Leibrecht, Harald FDP 03.12.2004 Dr. Lippold (Offenbach), Klaus W. CDU/CSU 03.12.2004 Meckel, Markus SPD 03.12.2004 Neumann (Bramsche), Volker SPD 03.12.2004 Raab, Daniela CDU/CSU 03.12.2004 Rauen, Peter CDU/CSU 03.12.2004 S S D D S W W A (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht n Abgeordneten nlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Wolfgang Börnsen (Bönstrup) (CDU/CSU) zur namentlichen Ab- stimmung über die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Einsatz bewaffneter deut- scher Streitkräfte zur Unterstützung der Über- wachungsmission AMIS der Afrikanischen Union (AU) in Darfur/Sudan auf Grundlage der Resolutionen 1556 (2004) und 1564 (2004) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 30. Juli 2004 und 18. September 2004 (Zusatz- tagesordnungspunkt 7) Eine Beteiligung der Bundeswehr am Krieg im Sudan st der Beginn eines folgenreichen, unüberschaubaren benteuers in Afrika. Wer zum Militäreinsatz in Darfur a sagt, der ist in Zukunft gezwungen, auch bei anderen nnerafrikanischen Konflikten Einsatz zu zeigen; ein An- ang ohne Ende zeichnet sich ab. Hier, in diesem größten afrikanischen Land, zu einer olitischen Lösung des Konfliktes zu kommen ist in ers- er Linie Aufgabe der Afrikanischen Union. Diese aus 3 Mitgliedern bestehende Organisation wurde mit dem iel geschaffen, afrikanische Lösungen für afrikanische robleme zu erreichen. Der Militäreinsatz durch Trup- en aus Europa und anderen Teilen der Welt entlässt die nion dieses Erdteils weitgehend aus ihrer Verantwor- chultz (Everswinkel), Reinhard SPD 03.12.2004 eehofer, Horst CDU/CSU 03.12.2004 r. Solms, Hermann Otto FDP 03.12.2004 r. Stadler, Max FDP 03.12.2004 torm, Andreas CDU/CSU 03.12.2004 eiß (Groß-Gerau), Gerald CDU/CSU 03.12.2004 ohlleben, Verena SPD 03.12.2004 bgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich 13708 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 (A) ) (B) ) Respekt vor der Eigenständigkeit der Souveränität einer Region heißt nicht, sich auch mitverantwortlich zu wis- sen für die Beendigung von Töten und Vertreiben im Sudan. Das bedeutet, bei politischen Friedenslösungen mitzuwirken, bei der Linderung der Mörder über 1 Mil- lion Vertreibungsopfer, bei der Fürsorge für die Kriegs- opfer. Der Sudan mit seiner kolonialen Vergangenheit um- fasst eine Gesamtfläche, die ganz Westeuropa ausmacht. Jeder, der sich hier mit einem Militäreinsatz beteiligt, muss sich überlegen, welche Erfolgsaussichten er mit ei- nem Minikontingent an Soldaten hat, wie es der von der Bundesregierung vorgelegte erste Einsatz vorsieht, und muss wissen, dass eine westliche Intervention sehr wohl als ein Anschlag auf Muslime und Araber empfunden bzw. ausgelegt werden kann. Das Risiko, in einen Krieg ohne Ende einbezogen zu werden, ist für die Bundesrepublik und ihre Soldaten viel zu groß. Mit Blick auf unsere eigene Geschichte sollten wir an der Spitze derjenigen Staaten stehen, die auf friedliche politische Lösungen – mögen sie auch schmerzhaft lange dauern – setzen. Auch weltweite ter- roristische Anschläge und Überlegungen der Rohstoffsi- cherung dürfen unser Land nicht in die zunehmende Rolle eines Mit-Weltpolizisten zwingen. Hier leistet die Bundesregierung zu wenig Widerstand. Im Gegenteil: Immer mehr – so der Eindruck – wird die Militäraktion vor die Friedenslösung eines Konfliktes gestellt. Diese Ausrichtung kann ich auch aus christlicher Einstellung heraus nicht mittragen. Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Jürgen Koppelin (FDP) zur namentlichen Abstimmung über die Beschluss- empfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Einsatz be- waffneter deutscher Streitkräfte zur Unterstüt- zung der Überwachungsmission AMIS der Afri- kanischen Union (AU) in Darfur/Sudan auf Grundlage der Resolutionen 1556 (2004) und 1564 (2004) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 30. Juli 2004 und 18. September 2004 (Zusatztagesordnungspunkt 7) Nach der Begründung der Bundesregierung soll der Einsatz der Bundeswehr zur Unterstützung der Überwa- chungsmission AMIS der Afrikanischen Union (AU) in Darfur/Sudan ein sichtbares Zeichen setzen. Ich habe großes Verständnis dafür, dass Deutschland in dieser menschenrechtlichen Weise im Westen des Su- dan ein humanitäres Zeichen setzen will. Die Bundesre- gierung hat jedoch keine Klarheit darüber geschaffen, ob es bei diesem Einsatz bleibt oder langfristig die Bundes- wehr für einen neuen Auslandseinsatz in einem Krisen- gebiet, diesmal in Afrika, zur Verfügung stehen muss. Wegen dieser Unklarheit stimme ich mit Nein. A s h m t D V t r t a ü u d s r d B H n „ l d i n f w o „ h d g f z b g Z (C (D nlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten René Röspel, Dr. Axel Berg, Willi Brase, Ulla Burchardt, Nina Hauer, Horst Kubatschka, Christian Lange (Backnang), Dr. Christine Lucyga, Dr. Sigrid Skarpelis- Sperk, Christoph Strässer, Rüdiger Veit, Hilde Mattheis, Hans-Werner Bertl, Eckhardt Barthel (Berlin), Peter Dreßen, Klaus Barthel (Starnberg), Walter Hoffmann (Darmstadt) und Ernst Kranz (alle SPD) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes über die parlamen- tarische Beteiligung bei der Entscheidung über den Einsatz bewaffneter Streitkräfte im Aus- land (Parlamentsbeteiligungsgesetz) (Tagesord- nungspunkt 20) Die Bundeswehr ist nach den Erfahrungen der deut- chen Geschichte aus gutem Grund ein „Parlaments- eer“. Über die Entsendung deutscher Soldaten und ilitärische Einsätze entscheidet, anders als in den meis- en Ländern der Welt, nicht die Regierung, sondern der eutsche Bundestag. Es ist gut, dass die demokratische ertretung der Menschen in diesem Land die Verantwor- ung für Militäreinsätze übernimmt und eine transpa- ente öffentliche Debatte in jedem Fall führt. Wir bekräf- igen, dass sich diese Vorgehensweise bewährt hat und uch bei künftigen Einsätzen so verfahren werden sollte. Wir erkennen das Bemühen der Bundesregierung an, ber das Parlamentsbeteiligungsgesetz Rechtsklarheit nd größere Transparenz herzustellen. Allerdings enthält er vorliegende Gesetzentwurf aus unserer Sicht Be- tandteile, die möglicherweise über die bisherige erfolg- eiche und sinnvolle Verfahrensweise hinausgehen und ie Gefahr beinhalten, die Kontrollmöglichkeiten des undestages einzuschränken. Als kritische Punkte sehen wir insbesondere an: Die Ausgestaltung humanitärer Hilfsdienste und ilfsleistungen: Diese bedürfen laut Gesetzentwurf kei- er Zustimmung des Bundestags. Die Grenze zwischen humanitären Hilfsleistungen, bei denen Waffen ledig- ich zum Zwecke der Selbstverteidigung mitgeführt wer- en“ und Kämpfen geringer Intensität wird vorab nicht mmer eindeutig festzulegen sein und kann während ei- es Einsatzes schnell verschwimmen. Dies gilt gerade ür Nachkriegsgesellschaften ohne funktionierendes Ge- altmonopol wie zum Beispiel im Irak, in Afghanistan der im Sudan. Die Einsätze von geringer Bedeutung: So genannte Bagatelleinsätze“ sollen künftig vom Parlamentsvorbe- alt ausgenommen werden. Hierzu gehören wohl Erkun- ungsmissionen ohne Kampfauftrag oder die Beteili- ung einzelner Soldaten an Beobachtermissionen. Auch ür die Entsendung von Erkundungsteams mit lediglich wei oder drei Offizieren soll künftig kein Bundestags- eschluss mehr notwendig sein. Dies ist aber ausle- ungsfähig und nur schwer objektivierbar (Wann ist „die ahl der eingesetzten Soldaten gering“?). Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 13709 (A) ) (B) ) Die „Gefahr in Verzug“ ist nicht hinreichend objekti- vierbar. Das vereinfachte Zustimmungsverfahren: Dieses geht davon aus, dass die Zustimmung des Bundestages zum Einsatz bewaffneter Streitkräfte auch dann vorliegt, wenn nicht innerhalb von sieben Tagen nach Verteilung des Antrags von einer Fraktion oder 5 Prozent der Mit- glieder des Bundestages Einspruch erhoben wird. Ge- rade für Mitglieder einer Regierungsfraktion stellt dies de facto eine Hürde dar, da die Versagung der Zustim- mung schnell als Misstrauensvotum an die eigene Regie- rung interpretiert werden wird. Die automatische Verlängerung: Besonders der „auto- matische Verlängerungsmechanismus“ könnte sich als problematisch erweisen. Denn die Befristung der Ein- sätze war und ist ein durchaus sinnvolles Instrument, um die Zweckmäßigkeit und den Sinn des jeweiligen Einsat- zes regelmäßig zu prüfen. Irak und Afghanistan zeigen, dass sich die Sicherheitslage binnen kürzester Zeit grundlegend ändern kann. Deshalb ist es keine lästige Pflicht, sondern eine sinnvolle Vorgehensweise, wenn der Bundestag nach Ablauf einer bestimmten Frist jeden Einsatz deutscher Streitkräfte neu überprüfen und die Regierung diesen rechtfertigen muss. Der Parlamentsvorbehalt ist kein überkommenes Hin- dernis, sondern vielmehr eine Errungenschaft. Für die Behauptung, parlamentarische Entscheidungen seien zu schwerfällig und langsam, gibt es keinerlei Anhalts- punkte. Ob das angestrebte Parlamentsbeteiligungsge- setz in dieser Form deshalb wirklich dringend notwendig ist, darf bezweifelt werden. Umso mehr gilt es darauf zu achten, dass historisch gewachsene Kompetenzen und Kontrollrechte des Parlaments nicht leichtfertig zuguns- ten der Regierung aufgegeben werden. Wenn wir heute trotz unserer Bedenken zustimmen, erkennen wir eine in der SPD-Fraktion getroffene Mehr- heitsentscheidung an. Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Rita Streb-Hesse (SPD) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes über die parlamentarische Beteiligung bei der Entscheidung über den Einsatz bewaffneter Streitkräfte im Ausland (Parlamentsbeteili- gungsgesetz) (Tagesordnungspunkt 20) Ich stimme dem Gesetz trotz einiger inhaltlicher Be- denken zu. Es ist nachvollziehbar, dass mit dem Gesetz die Anre- gung des Bundesverfassungsgerichts vom 12. Juli 1994, Form und Ausmaß der parlamentarischen Mitwirkung näher zu gestalten, aufgegriffen wird. Allerdings habe ich Zweifel, ob und inwieweit die nun festgelegten Einzelheiten des Zustimmungs- und Unterrichtungsver- fahren, zum Beispiel bei der Definition humanitärer Hilfsdienste und Hilfsleistungen, bei so genannten Baga- t g g z g A r h M s z b d D w f a d t f v z e s H G d ü t l s z t P w t s s f w p G s d e u (C (D elleinsätzen bei Gefahr im Verzuge oder bei der Verlän- erung von Einsätzen im konkreten Fall, weiterhin die ewachsenen Kompetenzen und Kontrollrechte des ein- elnen Abgeordneten und des Parlaments ausreichend ewährleisten werden. nlage 6 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Ernst Kranz (SPD) zur Ab- stimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen (Tages- ordnungspunkt 25) Zunächst ist es eine ethische, aber auch eine patent- echtliche Grundsatzfrage, ob man Gene wie Stoffe be- andeln und patentieren darf. Ist die Isolierung eines seit illionen Jahren vorhandenen Gens und seine chemi- che Darstellung mithilfe einer automatisierten Sequen- iermaschine, und dies ohne jegliche Benennung des iochemischen Funktionszusammenhangs, eine „Erfin- ung“? Dazu kommt der wissenschaftspolitische Aspekt. urch diese in der Richtlinie verankerte Interpretation ird die Aneignung von Genen als vom Sequenzierer er- undenes „geistiges Eigentum“ ermöglicht, und zwar für lle biochemischen Funktionszusammenhänge. Das gibt em kapitalstarken „Pionier“ einen unverschämten Vor- eil gegenüber weniger kapitalstarken Forschern, die nun ür die wissenschaftlich viel anspruchsvollere und inno- ativere Arbeit mit den Genen hohe Patentgebühren be- ahlen müssen. Zwar wurde im Umsetzungsgesetz bei der Patent- rteilung durch deutsche Patentämter eine sinnvolle Ein- chränkung des unbegrenzten Stoffschutzes für Gene im inblick auf Funktion und Anwendung des jeweiligen ens vorgenommen. Allerdings wurde der Vorschlag, ieselbe Beschränkung auch in § 9 des Patentgesetzes zu bernehmen, der die Reichweite von Patenten im Gel- ungsbereich des deutschen Patentrechts regelt, abge- ehnt. Im Ergebnis gilt die sinnvolle und richtige Ein- chränkung des Stoffschutzes daher jetzt nur für die ukünftige Erteilung von Patenten durch deutsche Pa- entämter, nicht aber für die in Deutschland geltenden atente, die durch das Europäische Patentamt vergeben urden und werden. Da wohl über 90 Prozent aller Pa- ente auf Gene und Gensequenzen durch das Europäi- che Patentamt erteilt werden, bleibt die sinnvolle Ein- chränkung des Stoffschutzes, die das Umsetzungsgesetz ür § 1 des deutschen Patentgesetzes vorsieht, praktisch irkungslos. Es ist durch einen Umweg über das Euro- äische Patentamt deshalb weiterhin möglich, für den eltungsbereich des deutschen Patentgesetzes unbe- chränkte Stoffpatente auf Gene zu erhalten. Gene wer- en dadurch, obgleich sie nicht erfunden, sondern nur ntdeckt werden können, zu menschlichen Erfindungen mdefiniert, um sie kommerziell nutzbar zu machen. 13710 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 (A) ) (B) ) Dabei erhält ein Antragssteller ein Patent auf das Gen als solches, falls er eine einzige Funktion und/oder kom- merzielle Anwendung des Gens angeben kann. Gene und Gensequenzen können aber nach dem augenblick- lichen Stand der Forschung je nach Zusammenhang die verschiedensten biologischen Funktionen haben und auf verschiedenste Weise angewandt werden. Der Patentin- haber erhält daher ein Patent, das auch Anwendungen und Funktionen abdeckt, die er selbst noch gar nicht kennt, ja nicht einmal erahnen muss. Deckt jemand an- deres diese weiteren Funktion auf oder entwickelt er an- dere kommerzielle Anwendungen des Gens, so wird für seine erfinderische Leistung nicht mehr in erster Linie er selbst belohnt, sondern der Inhaber des Genpatents. Diese Regelung widerspricht der Grundidee des Patent- rechts, denn sie belohnt einen Patentinhaber für erfinde- rische Leistungen, die nicht er selbst, sondern andere er- bringen. Das ist in höchstem Maße forschungshemmend und wissenschaftsfeindlich. Da unbeschränkte Stoffpatente auf Gene und Gen- sequenzen de facto als Monopolpatente wirken, wird die Vergabe solcher Patente zu erheblichen Kostensteigerun- gen bei Diagnose-und Therapieverfahren führen, wie sich bereits heute vereinzelt zeigt. Das Genom ist eine endliche Ressource. Unbeschränkte Monopolpatente auf eine solche endliche Ressource zu vergeben, ist eine ökonomische Torheit sondergleichen. Einzig richtig wäre daher, die funktions- und anwen- dungsgebundene Beschränkung des Stoffschutzes auch so ins Patentgesetz einzufügen, dass sie im Geltungsbe- reich des deutschen Patentgesetzes auch die Wirkung von Patenten beschränkt, die das Europäische Patentamt vergibt. Wenn ich trotz meiner Bedenken zustimme, erkenne ich die in der SPD-Fraktion getroffene Mehrheitsent- scheidung an. Anlage 7 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Hermann Scheer (SPD) zur Abstimmung über den Entwurf eines Geset- zes zur Umsetzung der Richtlinie über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfin- dungen (Tagesordnungspunkt 25) Dem Gesetzentwurf zur Umsetzung der Richtlinie über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfin- dungen stimme ich nicht zu. Ich sehe bereits in der EU- Richtlinie, die diesem Gesetzentwurf zugrunde liegt, ein ebenso ungeklärtes wie untragbares verfassungsrechtli- ches Problem in Bezug auf elementare Grundsätze des Rechtsstaats. Die Europäische Patentübereinkunft schließt die Möglichkeit der Patentierung von Stoffpatenten aus. Das Europäische Patentamt ist eine Einrichtung einer Patentübereinkunft und nicht der EU. Die Mitgliedslän- der der Europäischen Patentübereinkunft sind nicht iden- tisch mit den EU-Mitgliedern. Es handelt sich infolge- d d t n d E w R ü k G c a s O t s A z n t s H G d ü t l s z t P w a t k § w E G s s E m d (C (D essen bei der Europäischen Patentübereinkunft und bei er EU-Richtlinie um zwei unterschiedliche interna- ionale Rechtskreise, von denen der eine den anderen icht einfach aufheben oder überwölben kann. Die Europäische Patentübereinkunft wurde vom Bun- estag ratifiziert. Sie ist damit geltendes Gesetz. Meines rachtens haben sich alle Regierungen der EU vertrags- idrig verhalten, indem sie im Ministerrat der EU- ichtlinie zustimmten, ohne die Europäische Patent- bereinkunft – vorher oder wenigstens nachher – aufzu- ündigen. Daraus ergibt sich, dass mit dem In-Kraft-Treten des esetzes zur Umsetzung der Richtlinie über den rechtli- hen Schutz biotechnologischer Erfindungen zwei sich n einem Kernpunkt widersprechende internationale Ge- etze künftig gleichzeitig in Kraft wären. Die EU- rgane haben sich selbst ermächtigt, internationale Ver- räge gegenstandslos zu machen und trotzdem weiter be- tehen zu lassen. nlage 8 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Wolfgang Wodarg (SPD) zur Abstimmung über den Entwurf eines Geset- zes zur Umsetzung der Richtlinie über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfin- dungen (Tagesordnungspunkt 25) Ich stimme dem Entwurf eines Gesetzes zur Umset- ung der Richtlinie über den rechtlichen Schutz biotech- ologischer Erfindungen nicht zu. Zwar wurde im Umsetzungsgesetz bei der Patenter- eilung durch deutsche Patentämter eine sinnvolle Ein- chränkung des unbegrenzten Stoffschutzes für Gene im inblick auf Funktion und Anwendung des jeweiligen ens vorgenommen. Allerdings wurde der Vorschlag, ieselbe Beschränkung auch in § 9 des Patentgesetzes zu bernehmen, der die Reichweite von Patenten im Gel- ungsbereich des deutschen Patentrechts regelt, abge- ehnt. Im Ergebnis gilt die sinnvolle und richtige Ein- chränkung des Stoffschutzes daher jetzt nur für die ukünftige Erteilung von Patenten durch deutsche Pa- entämter, nicht aber für die in Deutschland geltenden atente, die durch das Europäische Patentamt vergeben urden und werden. Da über 90 Prozent aller Patente uf Gene und Gensequenzen durch das Europäische Pa- entamt erteilt werden, bleibt die sinnvolle Einschrän- ung des Stoffschutzes, die das Umsetzungsgesetz für 1 des deutschen Patentgesetzes vorsieht, praktisch irkungslos. Es ist durch einen Umweg über das uropäische Patentamt somit weiterhin möglich, für den eltungsbereich des deutschen Patentgesetzes unbe- chränkte Stoffpatente auf Gene zu erhalten. Gene werden dadurch, obgleich sie nicht erfunden, ondern nur entdeckt werden können, zu menschlichen rfindungen umdefiniert, um sie kommerziell nutzbar zu achen. Dabei erhält ein Antragssteller ein Patent auf as Gen als solches, falls er eine einzige Funktion und/ Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 13711 (A) ) (B) ) oder kommerzielle Anwendung des Gens angeben kann. Gene und Gensequenzen können aber nach dem augen- blicklichen Stand der Forschung je nach Zusammenhang die verschiedensten biologischen Funktionen haben und auf verschiedenste Weise angewandt werden. Der Pa- tentinhaber erhält daher ein Patent, das auch Anwendun- gen und Funktionen abdeckt, die er selbst noch gar nicht kennt, ja nicht einmal erahnen muss. Deckt jemand an- deres diese weiteren Funktionen auf oder entwickelt er andere kommerzielle Anwendungen des Gens, so wird für seine erfinderische Leistung nicht mehr in erster Li- nie er selbst belohnt, sondern der Inhaber des Gen- patents. Diese Regelung widerspricht der Grundidee des Patentrechts, denn sie belohnt einen Patentinhaber für erfinderische Leistungen, die nicht er selbst, sondern an- dere erbringen. Das ist in höchstem Maße forschungs- hemmend und wissenschaftsfeindlich. Da unbeschränkte Stoffpatente auf Gene und Gen- sequenzen de facto als Monopolpatente wirken, wird die Vergabe solcher Patente zu erheblichen Kostensteigerun- gen bei Diagnose- und Therapieverfahren führen, wie sich bereits heute vereinzelt zeigt. Das Genom ist eine endliche Ressource. Unbeschränkte Monopolpatente auf eine solche endliche Ressource zu vergeben ist eine öko- nomische Torheit sondergleichen. Einzig richtig wäre daher, die funktions- und anwen- dungsgebundene Beschränkung des Stoffschutzes so ins Patentgesetz einzufügen, dass sie im Geltungsbereich des deutschen Patentgesetzes auch die Wirkung von Pa- tenten beschränkt, die das Europäische Patentamt ver- gibt. Gegen diesen Vorschlag ist vorgebracht worden, er verstoße gegen das Rückwirkungsverbot und sei zudem ein Verstoß gegen das Europäische Patentübereinkom- men. Beide Einwände sind jedoch nicht haltbar. Bei der Beschränkung der Wirkung eines Patents auf das, was der Erfinder erfunden hat, würde ihm nur das verweigert, was andere Erfinder später mit der gleichen natürlichen Ressource als neue technische Anwendung entwickeln und beanspruchen könnten. Eine solche so genannte un- echte Rückwirkung, ist im Gegensatz zur so genannten echten Rückwirkung absolut verfassungsgemäß. Das Bundesverfassungsgericht hat dies in der so genannten Nassaukiesungsentscheidung von 1981 ausdrücklich be- stätigt (BVerfGE 58, 300), in der es klarstellte, dass der Gesetzgeber das Recht hat, den Umfang vorhandener Eigentumspositionen zu gestalten. Insofern ist dieser Einwand meines Erachtens haltlos. Dasselbe gilt für den Einwand, es steht dem nationa- len Gesetzgeber nicht zur Disposition, die Wirkung von Patenten zu gestalten, die das Europäische Patentamt in München erteilt. Das ist nicht richtig. Gemäß § 64 des EPÜ fällt die konkrete Bestimmung der Wirkung eines gemäß dem Europäischen Patentübereinkommen (EPÜ) erteilten Patents in die Zuständigkeit der nationalen Ge- setzgebung des Bestimmungslandes. Von nationalen Wirkungseinschränkungen können und dürfen daher EPÜ-Patente ebenso erfasst werden wie nationale Pa- tente. Es steht dem Gesetzgeber also durchaus frei, auch die Wirkung von Biopatenten, die das Europäische Pa- t u n E a g l a V D g r § n e r S D s A S E f m D F g G w b d P (C (D entamt in München erteilt, im Sinne eines funktions- nd anwendungsgebundenen Stoffschutzes für den natio- alen Geltungsbereich auszugestalten. Das Europäische Patentamt ist keine Institution der U, sondern ein Amt, welches auf vertraglicher Basis uch von anderen Staaten, wie der Schweiz und Monaco, etragen wird. Es hat sich selbst die EU-Biopatentricht- inie zur maßgeblichen Regel gewählt. Sie deckt sich ber gerade im Bereich der Biopatente nicht mit den orschriften des Europäischen Patentübereinkommens. ieses eigenmächtige Auswechseln der Rechtsgrundla- en kann und darf nicht einer Festlegung der Patent- eichweite durch den nationalen Gesetzgeber gemäß 64 entgegengestellt werden. Der Gesetzentwurf in der vorliegenden Fassung misst un jedoch europäische und nationale Patente mit zwei- rlei Maß und ermöglicht es auf dem Weg über das Eu- opäische Patentamt, natürliche Gene – als wären sie nur toffe – in Deutschland mit Patentschutz zu belegen. – eshalb sehe ich für mich keine Möglichkeit, dem Ge- etzentwurf zuzustimmen. nlage 9 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Reinhard Loske, Volker Beck (Köln), Cornelia Behm, Birgitt Bender, Alexander Bonde, Ekin Deligöz, Jutta Dümpe- Krüger, Franziska Eichstädt-Bohlig, Hans-Josef Fell, Katrin Göring-Eckardt, Peter Hettlich, Ulrike Höfken, Thilo Hoppe, Jutta Krüger- Jacob, Undine Kurth (Quedlinburg), Jerzy Montag, Winfried Nachtwei, Christa Nickels, Friedrich Ostendorff, Claudia Roth (Augs- burg), Christine Scheel, Werner Schulz (Ber- lin), Ursula Sowa, Rainder Steenblock und Josef Philip Winkler (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfin- dungen (Tagesordnungspunkt 25) Ein modernes Biopatentrecht muss beides leisten: den chutz öffentlicher Interessen einerseits und Anreize für rfindungen andererseits. Wir halten Stoffpatente auf Gene oder Gensequenzen ür einen grundsätzlichen Irrweg – egal ob es sich um enschliche, tierische oder pflanzliche Gene handelt. ie Isolierung von Genen und die Identifizierung ihrer unktionen sind keine Erfindungen, sondern Entdeckun- en von in der Natur Vorhandenem. Die Gewährung von Stoffpatenten auf Gene oder ensequenzen ist auch forschungsfeindlich, weil sie issenschaftliche Anstrengungen im Bereich patentier- arer Gene für Dritte objektiv erschwert. Vor allem sehen wir die Gefahr von Bio-Monopolen, ie es großen Konzernen aufgrund ihrer ökonomischen otenz erlauben, Konkurrenten vom Markt fern zu 13712 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 (A) ) (B) ) halten und sich biologische Ressourcen aus den ärmeren Ländern anzueignen. Gleichzeitig müssen wir aber zur Kenntnis nehmen, dass die Probleme in der EU-Biopatentrichtlinie selbst liegen, die Stoffpatente auf Gene und Gensequenzen zulässt. Diese Richtlinie müssen wir als nationaler Gesetzgeber umsetzen. Mit der jetzigen Umsetzung in nationales Recht wird ein erster Schritt auf dem Weg zur Einschränkung von Stoffpatenten in der Gentechnik ge- tan. Das ist ein Erfolg unserer Position. Deshalb stim- men wir dem Gesetz in dieser Form zu. Diesem Schritt müssen aber weitere folgen. Insbesondere sehen wir die Notwendigkeit, die Biopatentrichtlinie in Brüssel mit dem Ziel zu überarbei- ten, strategische Patente und Vorratspatentierungen zu verhindern, Biopiraterie in den Ländern des Südens aus- zuschließen und Forschungsfreiheit sicherzustellen. Anlage 10 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Fortentwicklung der Berufsaufsicht über Ab- schlussprüfer in der Wirtschaftsprüferordnung (Abschlussprüferaufsichtsgesetz – APAG) (Ta- gesordnungspunkt 28) Christian Lange (Backnang) (SPD): Lassen Sie mich kurz darstellen, welches Ziel die Koalitionsfrak- tionen und die Bundesregierung mit dem vorliegenden Gesetzentwurf verfolgen: Unser Ziel ist es, ein berufs- standsunabhängiges und letztverantwortliches Gremium zu schaffen, das sich an internationalen Maßstäben orientiert und unter dessen Aufsicht der Berufsstand der Wirtschaftsprüfer und der vereidigten Buchprüfer steht, die die gesetzlich vorgeschriebenen Abschlussprüfungen der Unternehmen vornehmen. Gleichzeitig handelt es sich auch um eine Weiterentwicklung des bisherigen Qualitätskontrollverfahrens für den Berufsstand der Wirtschaftsprüfer, das in der letzten Legislaturperiode durch die Bundesregierung eingesetzt wurde. Die ex- terne Qualitätskontrolle wird mit dem vorliegenden Ge- setzentwurf überarbeitet sie wird transparenter und sach- gerechter gestaltet. Wir reagieren mit diesem Gesetz auf die internatio- nale Entwicklung bei der Prüfung von Jahresabschlüssen der Unternehmen. Denn das Berufsrecht der Wirtschafts- prüfer und der vereidigten Buchprüfer befindet sich der- zeit in einem starken Wandel. Unabhängig davon hatte die Bundesregierung bereits Anfang 2003 in ihrem Zehnpunkteprogramm zur Stärkung der Unternehmens- integrität und des Anlegerschutzes angekündigt, unter anderem das nationale Aufsichtsrecht über Abschluss- prüfer zu überprüfen und bis Anfang 2005 fortzuentwi- ckeln und zu konkretisieren. Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme vom 15. Oktober 2004 drei Änderungswünsche geäußert, die die Struktur des Gesetzentwurfs jedoch nicht verändern. Die Ergänzungsvorschläge betreffen die Einbeziehung d l g d s d t b s W g I a 3 d W W w S s A u a W s d G g l t i n e n – W i h a t s S s b c w d S (C (D er Prüfungsverbände der Genossenschaften in das Qua- itätskontrollverfahren über Abschlussprüfer bzw. es eht um die Berücksichtigung der spezifischen Situation er Sparkassen-Prüfungsstellen, wie auch der genossen- chaftlichen Prüfungsverbände, die Wert darauf legen, en Status als gleichwertige Abschlussprüfer zu behal- en. Wir haben keine Bedenken gegenüber den einge- rachten Änderungsvorschlägen – alle Änderungsvor- chläge des Bundesrates werden akzeptiert. Die vorliegende WPO-Novellierung wird von den irtschaftsprüfern und der betroffenen Wirtschaft be- rüßt. Und auch hier im Bundestag herrscht Einigkeit. m Wirtschaftsausschuss wurden der Gesetzentwurf und lle Änderungsanträge einstimmig verabschiedet. Die Anhörung zum vorliegenden Gesetzentwurf am 0. November 2004 hat dafür den Weg geebnet: Sowohl as Institut der Wirtschaftsprüfer, JDW, als auch die irtschaftsprüferkammer begrüßen die Novellierung der irtschaftsprüferordnung. Die Novellierung wird als esentlicher, wenn auch nicht abschließender Schritt zur tärkung und Anerkennung der deutschen Berufsauf- icht auch im internationalen Rahmen anerkannt. Die nhörung am 30. November 2004 wurde durchgeführt, m Unklarheiten bezüglich der Auslegung des § 4 WPO uszuräumen. Insbesondere die beiden Institutionen irtschaftsprüferkammer und IDW kamen zu unter- chiedlichem Beurteilungen bezüglich der Änderungen es § 4 WPO im Rahmen der Novellierung. Im Einzelnen geht es um folgende Problematik: Im esetzentwurf war die Änderung des § 4 der WPO vor- esehen. Zunächst sollte die Bestimmung künftig lauten: Zur Erfüllung der beruflichen Selbstverwaltungs- aufgaben wird eine Kammer der Wirtschaftsprüfer gebildet; diese wird bei der Prüfung, der Eignungs- prüfung usw. sowie bei der Annahme von Berufs- grundsätzen zugleich in mittelbarer Staatsverwal- tung tätig. Diese Bestimmung, die anscheinend zwischen beruf- icher Selbstverwaltung und mittelbarer Staatsverwal- ung unterscheiden will – durch das Wort „zugleich“ – st aber neuartig; sie findet sich in keinem der vorhande- en Kammergesetze, etwa der Rechtsanwälte, der Steu- rberater oder der Heilberufe. Deshalb haben wir in ei- em Änderungsantrag vom 9. November 2004 Ausschussdrucksache 15(9)1496 – die Streichung des ortes „zugleich“ in § 4 Abs. 1, Satz 1 beantragt. Denn n der Öffentlichkeit soll keinesfalls der Eindruck entste- en, dass die Aufgabe der Wirtschaftsprüferkammer ußerhalb der Aufsicht insbesondere im Bereich der In- eressenvertretung ausgeweitet werden soll. Die Wirt- chaftsprüferkammer sprach sich vehement gegen eine treichung des Wortes „zugleich“ aus, was aber offen- ichtlich auf einer Fehleinschätzung seitens der Kammer eruht. Ich möchte klarstellen, dass es sich bei der „berufli- hen Selbstverwaltung“ und der „mittelbaren Staatsver- altung“ nicht um unterschiedliche Rechtsinstitute han- elt, wie die Wirtschaftsprüferkammer in ihrer tellungnahme darzustellen versuchte. Die „berufliche Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 13713 (A) ) (B) ) Selbstverwaltung“ reicht nicht weiter als die mittelbare Staatsverwaltung. Mit dem Wort „zugleich“ wird aber erklärt, dass bestimmte im einzelnen aufgeführte Aufga- ben der beruflichen Selbstverwaltung zur „mittelbaren Staatsverwaltung gehören, während offensichtlich weiter gehende, im einzelnen aber nicht genannte, also anschei- nend unbegrenzt gedachte Aufgaben von der Kammer im Rahmen ihrer beruflichen Selbstverwaltung, wahrge- nommen werden können. Dieser Ansatz ist unhaltbar und von der Bundesregierung nicht gewollt. Bei diesem Ansatz wird außerdem übersehen, dass die Kammer eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, der alle Berufsangehörigen kraft Gesetzes zwangs- weise zugehören, es sich also um einen öffentlich-recht- lichen Zwangsverband handelt. Die Kammer übt gegen- über ihren Mitgliedern Hoheitsgewalt aus. Sie wird anstelle des Staates tätig, der die Erfüllung an sich ihm zustehender Aufgaben auf die Kammer als Körperschaft des öffentlichen Rechts übertragen hat. Jede Betätigung einer Kammer ist Selbstverwaltung und gehört damit zur mittelbaren Staatsgewalt. Ich betone noch einmal: Kam- mern üben ihre berufliche Selbstverwaltung ausschließ- lich im Rahmen der mittelbaren Staatsgewalt zur Erfül- lung öffentlicher Aufgaben aus. Die Streichung des Wortes „zugleich“ trägt diesem Verständnis Rechnung und ist damit zwingend erforderlich. Auch die weiteren Anregungen der Wirtschaftsprüfer- kammer sind bereits erledigt bzw. sind nicht sinnvoll. So regte die Wirtschaftsprüferkammer an, die Abschluss- prüferaufsichtskammer mit Berufsangehörigen zu beset- zen, um den Fachbezug zu sichern. Dies ist aber schon gewährleistet, da die Abschlussprüferaufsichtskammer eng mit der Wirtschaftsprüferkammer kooperieren wird. Außerdem sollen zu Beratungen Sachverständige hinzu- gezogen werden. Die Forderung nach der Aufnahme eines Aufgaben- katalogs für die Abschlussprüferaufsichtskammer in § 66 a Abs. 1 Satz 1 WPO anstatt einer Verweisung auf § 4 WPO ist nicht sinnvoll, da die derzeitige Regelung inhaltlich eindeutig, rechtsförmlich und schlank formu- liert ist. Zudem wird man Aufgabenkataloge kaum je ab- schließend formulieren können, sodass ein solcher Kata- log zu ständiger Überprüfung und Anpassung und damit auch zu einer unnötigen Aufblähung des Gesetzestextes führen würde. Dem Vorschlag der Wirtschaftsprüferkammer, die vorgesehenen Inhaltsvorgaben für Qualitätskontrollbe- richte in § 57 a Abs. 5 Nr. 3, 4 WPO zu streichen, weil sie zu detailliert seien, wird ebenfalls nicht entsprochen: Satzungsermächtigungen müssen inhaltlich genau be- stimmt sein. Generelle, unbestimmte Ermächtigungen, wie von der Wirtschaftsprüferkammer gewünscht, rei- chen verfassungsrechtlich nicht aus. Während der Anhörung am 30. November 2004 konnten die angesprochenen Punkte hinreichend geklärt werden, sodass nun einem zügigen In-Kraft-Treten des Abschlussprüferaufsichtsgesetzes nichts mehr im Wege steht. D d g s s F K e d n u v c A V g d r l d a f m i S e h k d g w t r s u A t D d S Z s s d l d E d g a p g W g (C (D Lassen Sie mich abschließend noch einmal festhalten: ie Streichung des Wortes „zugleich“ ist notwendig, um em Grundsatz des Staatsorganisationsrechts zu genü- en. Gleichzeitig hat diese Änderung keinerlei Ein- chränkung der Selbstverwaltungskompetenz der Wirt- chaftprüferkammern, wie offensichtlich befürchtet, zur olge: Die Änderung unterstreicht den Staatsauftrag der ammer. Dr. Rolf Bietmann (CDU/CSU): Mit dem Entwurf ines Abschlussprüferaufsichtsgesetzes trägt die Bun- esregierung einer internationalen Entwicklung Rech- ung. Kern des Gesetzentwurfs ist die Schaffung eines nabhängigen Kontrolleurs der Wirtschaftsprüfer und ereidigten Buchprüfer. In den USA existiert ein ähnli- hes Kontrollorgan bereits aufgrund des Sarbanes-Oxley ct. In der EU befindet sich derzeit eine Richtlinie in orbereitung, die ebenfalls die Einrichtung unabhängi- er Prüfungsebenen vorsieht. Die Union begrüßt die vorgelegte Fortentwicklung es Aufsichtsrechts der Wirtschaftsprüfer. Die Einfüh- ung der Abschlussprüferaufsichtskommission – APAK – eistet einen Beitrag zur Sicherheit und Verlässlichkeit es Prüfungswesens. Die APAK wird ein vom Staat un- bhängiges Kontrollgremium und wird weit gehende In- ormationsrechte gegenüber der Wirtschaftsprüferkam- er erhalten. Ihr wird eine abschließende Verantwortung n der Berufsaufsicht zukommen, wodurch sich das ystem der Qualitätskontrolle im Prüfungswesen weiter- ntwickelt. Die APAK wird aus dem heute schon beste- enden Qualitätskontrollbeirat der Wirtschaftsprüfer- ammer hervorgehen und personell und inhaltlich von er Wirtschaftsprüferkammer unabhängig sein. Die Mit- lieder der APAK müssen zudem Berufsfremde sein, as die Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit weiter un- erstreicht. Im Hinblick auf die in den vergangenen Jah- en national und international zu beklagenden Bilanz- kandale ist die Schaffung von Vertrauen für Investoren nd Anleger dringend geboten. Gestiegenes Markt- und nlegervertrauen in die von den Unternehmen vorgeleg- en Bilanzen wird daher helfen, das Investitionsklima in eutschland zu verbessern. Die Beratungen des Gesetzentwurfs und insbesondere ie im Zuge der Ausschussberatungen durchgeführte achverständigenanhörung ließen ebenfalls keinen weifel daran, dass eine berufsstandsunabhängige Auf- icht ein wichtiger und richtiger Schritt für die Wirt- chaftsprüfer ist. Dies haben die Sachverständigen und ie Interessenvertretungen der Wirtschaftsprüfer deut- ich hervorgehoben. Die Wirtschaftsprüferkammer und as Institut der Wirtschaftsprüfer sprachen sich für die inführung einer unabhängigen Aufsicht aus und stehen er Einführung der APAK grundsätzlich aufgeschlossen egenüber. Zugleich warnten die Interessenvertreter ber, die berufliche Selbstverwaltung der Wirtschafts- rüfer im Gesetzgebungsverfahren zu tangieren. Dieses Anliegen wird von der Union uneingeschränkt eteilt. Die Selbstverwaltung der freiberuflich tätigen irtschaftsprüfer ist – ebenso wie die Selbstverwaltun- en der übrigen verkammerten Freiberufler – eine in 13714 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 (A) ) (B) ) Deutschland seit Jahrzehnten gewachsene erfolgreiche Form der beruflichen Regulierung. Die Wirtschaftsprü- ferkammer nimmt die Selbstverwaltungsaufgaben anstelle des Staates in mittelbarer Staatsverwaltung wahr. Die Kammer erhält die Befugnisse zur Berufsre- gulierung vom Staat übertragen und übt diese eigenstän- dig aus. Allerdings wird durch das APAG die Selbstverwal- tung der Wirtschaftsprüferkammer nicht angetastet. Der Entwurf hebt im Gegenteil die Selbstverwaltungskompe- tenz ausdrücklich heraus. Soweit im Gesetzgebungsver- fahren durch den von den Koalitionsfraktionen einge- brachten Änderungsantrag im § 4 Abs. 1 APAG-E das Wort „zugleich“ gestrichen wird, bestehen dagegen keine durchschlagenden Bedenken. Die Selbstverwal- tungskompetenz der Wirtschaftsprüferkammer wird da- durch nicht verkürzt. Um es ganz klar zu sagen: Durch die Streichung erfolgt in keiner Weise eine Beschrän- kung der Selbstverwaltungsaufgaben der Wirtschaftsprü- ferkammer. Ließe man den Gesetzentwurf dagegen unverändert, so entstünde der Eindruck, berufliche Selbstverwaltung und mittelbare Staatsverwaltung seien unterschiedliche Rechtsinstitute, wobei die berufliche Selbstverwaltung weiter reicht als die mittelbare Staatsverwaltung. Die be- rufliche Selbstverwaltung entspricht von ihrem Umfang indes der in mittelbarer Staatsverwaltung wahrgenom- menen beruflichen Regulierung des Berufsstandes. Die Wirtschaftsprüferkammer ist eine Körperschaft öffentli- chen Rechts, deren Pflichtmitglieder die Wirtschaftsprü- fer sind. Eine Ausweitung der Kompetenzen über den konkreten gesetzlichen Auftrag hinaus wäre zum einen verfassungsrechtlich bedenklich und vor allem für die Integrität der Wirtschaftsprüferkammer als eines unab- hängigen Selbstverwaltungsorgans nachteilig. Von der beruflichen Selbstverwaltung ist die reine be- rufliche Interessenvertretung zu trennen. Interessenver- tretungen – so wichtig und bedeutsam sie für die Berufs- gruppen sind – liegen außerhalb der beruflichen Selbstverwaltung. Es ist ausschließlich Sache der Be- rufsträger, sich im Rahmen der Interessenvertretung zu organisieren. Daher ist es sachgerecht, das in § 4 Abs. 1 des ursprünglichen Gesetzentwurfes enthaltene Wort „zugleich“ aus Klarstellungsgründen zu streichen. Inso- weit sind Bedenken unbegründet, der Gesetzentwurf könnte die Selbstverwaltungsaufgaben beschränken. Zusammengefasst schafft der Gesetzentwurf für die Wirtschaftsprüfer eine wichtige Weiterentwicklung des Berufsaufsichtsrechts hin zu einer verbesserten Quali- tätskontrolle und Anpassung an gegebene internationale Rahmenbedingungen. Die Union stimmt daher dem Ge- setzentwurf in der im Ausschuss beschlossenen Fassung zu. Werner Schulz (Berlin) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Es ist außerordentlich zufriedenstellend, dass es gelungen ist, das Abschlussprüferaufsichtsgesetz nicht nur zügig zu beraten, sondern im Ausschuss für Wirt- schaft und Arbeit sogar einstimmig zu verabschieden. Mit diesem nun unstrittigen Gesetz hat die Bundesregie- r U G f s s w d g s o m A D g p s A s f „ W b b r i h h z S d d s P r H s d f N a i t R d i B D S s a t g A (C (D ung eine weitere Verbesserung von Anlegerschutz und nternehmensintegrität auf den Weg gebracht. Mit dem esetz sollen die Abschlussprüfer, also Wirtschaftsprü- er bzw. vereidigte Buchprüfer, unter eine vom Berufs- tand unabhängige Aufsicht gestellt werden. Die vorge- chlagenen Änderungen des Bundesrates wurden dabei eitestgehend übernommen. Die gewachsenen Strukturen der Selbstverwaltung urch die Wirtschaftsprüferkammer werden dabei nicht rundsätzlich infrage gestellt. Unterhalb der Rechtsauf- icht des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit und berhalb der Wirtschaftsprüferkammer wird ein Gre- ium geschaffen, welches die öffentliche, fachbezogene ufsicht über die Wirtschaftsprüferkammer wahrnimmt. iese Aufsichtskommission wird mit persönlichen Mit- liedern auf Zeit besetzt, die gegenüber der Wirtschafts- rüferkammer unabhängig und nicht weisungsgebunden ind. Damit haben wir ein geeignetes Instrument, um die ufsicht künftig besser zu gewährleisten. Im Gesetzgebungsverfahren stieß vor allem eine prachliche Änderung auf die Kritik der Wirtschaftsprü- erkammer. Streitpunkt war die Streichung des Wortes zugleich“ in § 4 der Wirtschaftsprüferordnung. Die irtschaftsprüferkammer zog daraus den Schluss, dass estimmte Aufgaben ausschließlich im Rahmen mittel- arer Staatsaufgaben liegen könnten und somit der be- uflichen Selbstverwaltung entzogen würden. Dies halte ch nicht für stichhaltig und dies wurde auch in der An- örung, die wir in dieser Woche kurzfristig durchgeführt aben, vom Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland urückgewiesen. Mehr noch: In einer gutachtlichen tellungnahme werden sogar verfassungsrechtliche Be- enken gegen das Wort „zugleich“ geltend gemacht und ie Forderung erhoben, dass das „Wort auf jeden Fall ge- trichen werden sollte“. Von daher hoffe ich, dass die raxis zeigen wird, dass sich der Gesetzgeber auf dem ichtigen Weg befindet. Durch die Neuregelungen werden für die öffentlichen aushalte keine zusätzlichen Kosten entstehen; ange- ichts der Kassenlage soll dies noch einmal betont wer- en. Alles in allem ist davon auszugehen, dass der Markt ür Prüfungsdienstleistungen von den vorgeschlagenen euregelungen profitieren wird. Weil im Gesetzentwurf uch europäische bzw. andere internationale Initiativen m Zusammenhang mit dem Prüfungswesen berücksich- igt worden sind, ist das Gesetz auch mit europäischem echt vereinbar. Zum Schluss möchte ich noch einmal betonen, dass ieses Gesetzgebungsverfahren und die Einstimmigkeit m Ausschuss gezeigt haben, dass wir im Deutschen undestag – fernab vom Schlachtenlärm der großen ebatten – nach wie vor in der Lage sind, konstruktive achpolitik zu betreiben. Angesichts der Politikverdros- enheit in unserem Lande muss man dies deutlich her- usstellen. Rainer Funke (FDP): Ich bedaure sehr, dass es uns rotz einer gemeinsamen Anhörung am Dienstag nicht elungen ist, die verschiedenen Interessenvertreter der bschlussprüfer für eine einvernehmliche Lösung zu Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 13715 (A) ) (B) ) gewinnen. Aber irgendwann ist der Zeitpunkt gekom- men, da muss der Gesetzgeber entscheiden. Und klar ist: Die Unabhängigkeit und Integrität des Abschlussprüfers zu stärken ist notwendig. Deshalb wird die FDP-Bundes- tagsfraktion dem Abschlussprüferaufsichtsgesetz auch zustimmen. Das Vertrauen in die Abschlussprüfer hat aufgrund der Skandale in den Vereinigten Staaten, aber auch in Deutschland in den vergangenen Jahren erheblich gelit- ten. Der vorliegende Gesetzentwurf versucht, hier ge- genzusteuern. Die Einrichtung einer nicht staatlichen Abschlussprüferaufsicht und deren Ausstattung mit den notwendigen Kontrollbefugnissen ist grundsätzlich richtig. Wahrscheinlich sind wir mittlerweile längst zu einem solchen Schritt gezwungen, weil nach dem Sarbanes-Oxley-Act in den USA die internationalen Kapitalmärkte eine solche Enforcement-Einrichtung auch von uns erwarten. Wir müssen den Ordnungsrahmen für Abschlussprü- fer nach den internationalen Vorfällen neu justieren. Und wir müssen mit einer solchen Prüferaufsicht klare Kante zeigen. Dass wir nicht alle Details des Gesetzes völlig unkritisch sehen, ist auch wahr. Aber die Ergebnisse der Expertenanhörung haben hier letztlich auch zu keinen sinnvollen Änderungvorschlägen geführt. Wir wollen die bewährte Aufsichtsfunktion der Wirt- schaftsprüferkammer mit der Abschlussprüferaufsichts- kommission nicht konterkarieren, sondern sie ergänzen. Deshalb werden wir im Vollzug des Gesetzes sehr genau darauf zu achten haben, wie klar diese neue Einrichtung auf den Bereich der Pflichtverletzungen im Zusammen- hang mit gesetzlich vorgesehenen Abschlussprüfungen zugeschnitten ist. Wenn sich dann herausstellen sollte, dass in der Praxis möglicherweise Überbürokratisierun- gen oder Unschärfen festzustellen sind, dann müssen wir als Gesetzgeber eben noch einmal ran. Anlage 11 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Neunten Ge- setzes zur Änderung des Parteiengesetzes (Ta- gesordnungspunkt 29) Inge Wettig-Danielmeier (SPD): Die Frage, wo Deutschland zur Weltspitze gehört und wo wir uns be- sonders anstrengen sollen, beschäftigt die Medien oft in allen Varianten. Ich kann Ihnen sagen: In Sachen Trans- parenz der Parteifinanzen sind wir Weltspitze. Die deutschen Parteien legen schon heute in einem Umfang finanziell Rechenschaft ab, der international vorbildlich ist. Sie geht in Teilen auch weit über das hi- naus, was beispielsweise Unternehmen berichten müssen. Ich nenne hier nur die besonderen Veröffentlichungs- pflichten für einzelne Einnahmearten, ein sehr aufwendi- ges Meldeverfahren zur Korrektur von Buchungsfehlern, umfangreiche Erläuterungspflichten und die Offenlegung von Vermögenswerten und „stillen Reserven“ nach dem Bewertungsgesetz, aber auch die besonderen Strafvor- schriften des Parteiengesetzes für Bilanzverschleierung. w d z s w i w G D d t s z s b v t b a P u R z k l l a n B m T u h L s E n b n V s r A n l a B F T d e (C (D Im Gegensatz zu Wirtschaftsunternehmen führen eitgehend ehrenamtliche Kassiererinnen und Kassierer ie Parteibücher, oft genug nach Feierabend am Wohn- immertisch. Sie sind in den vergangenen zwei Jahren eit der letzten Novelle des Parteiengesetzes mehr oder eniger freiwillig zu Experten in Sachen Handelsrecht m Allgemeinen und Parteienrecht im Besonderen ge- orden; nach Auffassung aller Praktiker ist hier eine renze für ehrenamtliche Arbeit erreicht. Das Parteiengesetz hat sich grundsätzlich bewährt. er Gesetzgeber musste das Rad hier nicht neu erfinden; ie Eingriffe der neunten Novelle in das bestehende Par- eiengesetz sind behutsam, in weiten Teilen eher klar- tellender Natur. Die Erfahrungen der letzten beiden Jahre haben ge- eigt, dass die Angleichung der Rechnungslegung politi- cher Parteien an das Handelsgesetzbuch bei allen Pro- lemen der Einführung insgesamt richtig war. Sie hat iele Unsicherheiten, etwa bei der einheitlichen Bewer- ung von Vermögen, beseitigt und erhöht die Vergleich- arkeit der Rechenschaftsberichte untereinander. Es sind ber auch neue Fragen entstanden, die sich alle um das roblem drehen: Wo endet das allgemeine Handelsrecht nd wo beginnt das besondere Parteienrecht bei der echnungslegung? Parteien sind keine Kapitalgesellschaften. Sie sind de- entral aufgebaut, ehrenamtlich geprägt und können eine Konzernrechnungslegung betreiben. Sie veröffent- ichen ihre Bilanzen nicht für den professionellen Bi- anzanalytiker, den Investor oder Kreditgeber, sie sind uch dem Unternehmensziel des Shareholder-Value icht verpflichtet. Vielmehr soll sich jeder Bürger, jede ürgerin ein Bild von den Finanzquellen und dem Ver- ögen einer Partei machen können. Die Mütter und Väter des Grundgesetzes wollten ransparenz der Parteifinanzen, damit die Wählerinnen nd Wähler erkennen können, wer oder was finanziell inter einer Partei steht. Das soll auch in Zukunft die eitfrage bei der Regelung der finanziellen Rechen- chaft sein. Der vorliegende Entwurf trägt hier zu einer weiteren rhöhung der Transparenz bei: So wurde die Forderung ach einem geschlossenen doppischen Rechnungsver- und ohne Rechnungsdifferenzen zwischen der Ein- ahme-Ausgabe-Rechnung auf der einen Seite und der ermögensrechnung auf der anderen Seite erstmals voll- tändig realisiert. Wir entsprechen damit einer Forde- ung, die die Parteienfinanzierungskommission in ihrem bschlussbericht erhoben hat. Auch die weitere Entwicklung der staatlichen Teilfi- anzierung ist auf eine neue, von der Öffentlichkeit eichter nachzuvollziehende Basis gestellt worden: Die ufwendige, komplizierte und daher wenig transparente erechnung eines parteienspezifischen Warenkorbs zur estlegung der absoluten Obergrenze der staatlichen eilfinanzierung wird durch eine Kombination vorhan- ener öffentlicher Indizes des Statistischen Bundesamts rsetzt. 13716 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 (A) ) (B) ) Ich hätte mir gewünscht, dass wir an einem weiteren Punkt eine Klarstellung getroffen hätten. Auf den Par- teien wie auch auf der für sie zuständigen Bundestags- verwaltung lastet ein bürokratisches Monster namens „Meldepflicht für bilanzielle Unrichtigkeiten“. Anders als Unternehmen können die Parteien selbst kleinste Bu- chungsfehler nicht durchgängig im nächsten Jahresab- schluss korrigieren und erläutern, sie müssen vielmehr unter Beteiligung ihrer Wirtschaftsprüfer ein zeit- und kostenintensives Meldeverfahren mit der Bundestags- verwaltung durchlaufen, bevor sie diese Korrekturen vornehmen dürfen. Das hat zu mehreren hundert Verwal- tungsverfahren geführt, die sich teilweise über mehrere Jahre erstrecken. Es geht hier wohlgemerkt nicht um den sensiblen Bereich der Spenden, sondern um simple Bu- chungsfehler in Höhen von oftmals 50 oder 100 Euro. Wir können nach meiner Auffassung auf einen großen Teil dieser Bagatellverfahren, die von der Öffentlichkeit ohnehin nicht wahrgenommen werden, verzichten. Sie sind in der aktuellen Situation nicht mehr als ein erzwun- genes Beschäftigungsprogramm für hoch bezahlte Be- amte und willkommenes Zusatzhonorar für die Wirt- schaftsprüfer, die bei jeder Korrektur eingeschaltet werden müssen. Ich habe daher große Sympathie für den weiter gehenden Änderungsvorschlag der CDU/CSU- Fraktion, wonach Unrichtigkeiten, die bilanziell nicht wesentlich sind, grundsätzlich im nächsten Rechen- schaftsbericht zu korrigieren und besonders zu erläutern sind. Das ist wesentlich schneller als ein mehrjähriges Verfahren; es ist auch transparenter und effizienter. Ent- gegen manchen öffentlichen Äußerungen werden die Prüfbefugnisse der Bundestagsverwaltung damit auch in keiner Weise eingeschränkt. Sie könnte nach wie vor jede Unrichtigkeit aufgreifen und bei konkreten Anhalts- punkten prüfen. Zudem beinhaltet dieser Vorschlag eine Ad-hoc-Veröffentlichungspflicht für wesentliche Un- richtigkeiten, die zeitnah veröffentlicht werden müssten. Es war in der Kürze der Zeit leider nicht möglich, die- sen Vorschlag interfraktionell umzusetzen. Er bleibt aber auf der Tagesordnung weiterer Beratungen, weil er eine vernünftige Lösung ist, die Transparenz erhöht und Bü- rokratie abbaut. Die in der Regel von den Kommunen den örtlichen Parteigliederungen zur Nutzung überlassenen Räume oder auch Werbeflächen werden nach Auskunft der Bun- destagsverwaltung wie bisher nicht als Einnahmen ge- führt. Deshalb konnte auf eine gesonderte Klarstellung verzichtet werden. Jede Änderung am Parteiengesetz, auch diese, wird von der Öffentlichkeit kritisch begleitet. Das ist gut so und dem stellen wir uns. Ärgerlich ist es, wenn mit Falschbehauptungen die immer gleichen öffentlichen Reflexe der immer gleichen Leute gegen die angebliche „Selbstbedienung“ und „Kungelei“ der Parteien bedient werden. Hinter diesen Reflexen stehen nicht nur funda- mentale Vorbehalte gegen die Parteien als Ort demokra- tischer Willensbildung, sondern auch ein Generalver- dacht gegenüber dem durch diese Parteien geprägten Parlamentarismus. w i b z t u l h m W s k n z w o d s L i G F e d g S e h i V m t w ö b g O d n h a s G t t P A w – (C (D Demokratie ist ohne Parteien nicht möglich. Die Mit- irkung der Parteien an der politischen Willensbildung st ohne finanzielle Mittel nicht möglich. Zu Recht ha- en die Bürgerinnen und Bürger einen Anspruch darauf, u wissen, woher das Geld jeweils kommt, wer die Par- eien unterstützt. Aber es geht nicht an, jedem Verein die ngefragte Förderung der Gesellschaft angedeihen zu assen, aber bei Parteien die Messlatte unüberwindbar och zu legen. Es sind im letzten Jahrzehnt die Schatz- eister der Parteien selber gewesen, die gemeinsam mit issenschaftlern, Experten und Abgeordneten ein Ge- etz erarbeitet haben, das weltweit führend ist. Und es ist ein Zeichen von „Kungelei“, wenn nach harten Ausei- andersetzungen in der Sache die Vorschläge schließlich u einem einvernehmlichen Ergebnis geführt haben. An elchem Denkmodell von demokratischem Prozess rientieren sich die Kritiker, wenn sie den Konsens in ieser Weise abmalen? Es ist vielmehr ein positives Zeichen für die politi- che Kultur in unserem Land, dass die Parteien in der age sind, ihre eigenen Angelegenheiten streitig, aber m Ergebnis einvernehmlich zu regeln. Es wäre fatal, die politische Konkurrenz auch auf dem ebiet der demokratischen Grundregeln auszutragen. ür jede in diesem Parlament vorhandene Mehrheit wäre s ein Leichtes, die jeweils unbequeme Opposition mit en Mitteln des Parteienrechts zu kujonieren und sie or- anisatorisch wie finanziell zu schwächen, ohne selbst chaden zu nehmen. Dieses Freund-Feind-Modell, das inst die politische Theorie in Deutschland entwickelt at, darf unser Handeln nicht bestimmen. Deshalb sind nterfraktionelle Gesetzentwürfe Ausdruck gemeinsamer erpflichtung für die funktionierende Demokratie. Hartmut Koschyk (CDU/CSU): Lassen Sie mich it einem Dank beginnen. Die ehrenamtlichen Mitarbei- er und Aktiven in den Parteien leisten für das Gemein- ohl weitaus mehr, als ihnen an Wertschätzung in der ffentlichen und veröffentlichten Meinung entgegenge- racht wird. Sie setzen in die Tat um, was unser Grund- esetz in Art. 21 beschreibt: Die Parteien wirken bei der politischen Willensbil- dung des Volkes mit. Die Ehrenamtlichen, insbesondere die Aktiven vor rt, geben Art. 21 ein Gesicht. Sie vor allem sind es, die iese Verfassungsnorm mit Leben erfüllen. Dafür sei ih- en von dieser Stelle herzlich gedankt. Parteien sind keine Jedermannsvereine, sondern sie aben den eben beschriebenen besonderen Verfassungs- uftrag. Diesen gilt es zu unterstützen, etwa durch ent- prechende Ausgestaltung des Parteiengesetzes. Dieses esetz muss auf der einen Seite erreichen, dass die Par- eien in der Lage sind, an der Willensbildung des Volkes atsächlich mitzuwirken. Auf der anderen Seite muss das arteiengesetz sicherstellen, dass auch die besonderen uflagen des Grundgesetzes für die Parteien umgesetzt erden. Ich zitiere erneut aus Art. 21: Sie die Parteien – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 13717 (A) ) (B) ) müssen über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechen- schaft geben. Wir haben daher in der vergangenen Wahlperiode mit dem 8. Gesetz zur Änderung des Parteiengesetzes eine umfassende Neuordnung auf diesem Gebiet vorgenom- men. Hintergrund war auf der einen Seite der Umgang mit Spenden, auf der anderen Seite die Erfassung von Unternehmensbeteiligungen von Parteien. Jeder erinnert sich. Also haben wir die staatliche Teilfinanzierung neu geregelt, die steuerliche Abzugsmöglichkeit von Spen- den begrenzt sowie die Beteiligung von Parteien an Wirtschaftsunternehmen transparent gemacht. Wir haben für die Rechnungslegung die Anwendung handelsrecht- licher Vorschriften vorgegeben, die Verantwortung der Parteivorstände für die Rechenschaftsberichte gesetzlich festgelegt und ein besonderes Verfahren beim Bundes- tagspräsidenten zur Prüfung der Richtigkeit der Angaben in den Rechenschaftsberichten eingeführt. Und wir ha- ben Verstöße gegen die Pflicht zur Abgabe richtiger Re- chenschaftsberichte erstmals mit strafrechtlichen Sank- tionen belegt. All diese Maßnahmen sind und bleiben richtig. Die Neuregelungen haben sich überwiegend bewährt. Das zeigen die Rückmeldungen der Praktiker, die jetzt über zwei Jahre Erfahrung mit dem novellierten Gesetz ha- ben. Bei der Evaluierung hat sich aber auch herausgestellt, dass es Schwachstellen gibt, die wir jetzt ausräumen wollen, um das Gesetz praxistauglich zu machen. Dabei geht es nicht um die Eingriffe in die Substanz, sondern um praxisorientierte Detailkorrekturen. Ich möchte nur die beiden – zeitlich – dringendsten Punkte nennen: Erstens. Wir müssen das Urteil des Bundesverfas- sungsgerichts vom 26. Oktober 2004 zu dem mit der 8. Novelle eingeführten so genannten Drei-Länder-Quo- rum umsetzen, damit es nicht doch zum 1. Januar 2005 in Kraft tritt. Dies ist der erste Punkt, der eine schnelle Verabschiedung dieses Gesetzes erfordert. Zweitens. Dringender Änderungsbedarf besteht zu- dem hinsichtlich der Rechnungslegungsvorschriften, die in der heutigen Fassung von den ehrenamtlichen Struk- turen der politischen Parteien praktisch nicht zu erfüllen sind. Auch hier ist eine rasche Verbesserung der Praxis- tauglichkeit dieser Vorschriften unverzichtbar. Die CDU/CSU-Fraktion hat den Gesetzentwurf nicht mit eingebracht. Er verbessert das Parteiengesetz zwar hinsichtlich seiner Praktikabilität und Transparenz, hätte unserer Meinung nach aber weitere wichtige Punkte um- fassen sollen, über die wir in den Gesprächen der Frak- tionen bereits weitgehend einig waren. Zwei davon hat- ten wir in unseren Änderungsantrag im Ausschuss aufgenommen. Erstens. Wir hätten es gerne gesehen, wenn wir uns auf die Einführung einer Ad-hoc-Veröffentlichungs- pflicht für Unrichtigkeiten in Rechenschaftsberichten, die 50 000 Euro übersteigen, hätten einigen können. Die b r a p s U G E d i n w S s a a n n z g B i d e z n t d s m k h r m g N B a P d m v g d c d d s u d d (C (D isher vorgesehene Berichtigung durch Neuabgabe be- eits abgegebener Rechenschaftsberichte hat sich auch us Sicht der Parteienfinanzierungskommission als un- raktikabel erwiesen. Das Vorliegen mehrerer Rechen- chaftsberichte über dasselbe Rechnungsjahr führt zu nübersichtlichkeit und beeinträchtigt dadurch die vom rundgesetz geforderte Transparenz der Parteifinanzen. s wäre also sinnvoll, in Umsetzung einer Empfehlung er Parteienfinanzierungskommission die Berichtigung m nächstfolgenden Rechenschaftsbericht vorzunehmen. Zweitens. Auch haben wir mit unseren Antrag im In- enausschuss dafür plädiert, schon jetzt den Wertungs- iderspruch aufzuheben, dass Parteien auf der einen eite zum Beispiel von Kommunen zur Verfügung ge- tellte Leistungen wie Raum- oder Plakatwandnutzung ls Einnahme verbuchen müssen, auf der anderen Seite ber keine Zuwendungen von Körperschaften entgegen- ehmen dürfen. Die Koalition hat unsere Anträge abgelehnt, weil sie och weiteren Erörterungsbedarf sieht, der in der kurzen ur Verfügung stehenden Zeit nicht zu erfüllen sei. Gleichwohl machen wir heute gemeinsam das – da reife ich ein Wort des Kollegen Dr. Wiefelspütz aus der eratung im Innenausschuss auf –, was derzeit möglich st. Ich bin Herrn Kollegen Dr. Wiefelspütz, dankbar, ass er die Vorschläge in unserem Änderungsantrag als rwägenswert bezeichnet und angeboten habt, dass wir eitnah – er sprach von zwei bis drei Monaten – zu ei- em gemeinsamen Ergebnis kommen. Bis dahin ist es wichtig festzuhalten, was mit der heu- igen Novelle erreicht wird, Herr Kollege Beck hat arauf im Ausschuss hingewiesen, dass der oben ge- childerte Wertungswiderspruch hinsichtlich der kom- unalen Leistungen für die Parteien nicht zum Tragen ommt und damit die Arbeit der Parteien vor Ort über- aupt möglich bleibt. Unter diesen Voraussetzungen und unter Hinweis da- auf, dass wir weitere Detailkorrekturen noch vorneh- en müssen, stimmen wir dem Gesetz in der jetzt vorlie- enden Fassung zu. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- EN): Erst 2002 wurde das Parteiengesetz novelliert. evor die Bestimmungen des Gesetzes überhaupt einmal ngewandt wurden, sollen nun die, die regeln, wie die arteien die Rechenschaftsberichte erstellen, schon wie- er novelliert werden. Das hat in der Öffentlichkeit Auf- erksamkeit und Misstrauen erregt, zu Recht. Die Be- ölkerung und die Medien haben viele gute Gründe, enau hinzusehen, wenn die Parteien Hand anlegen an as Parteiengesetz, also in eigener Sache Gesetze ma- hen oder verändern. Zu oft wurde in der Vergangenheit as Vertrauen missbraucht. Zu oft wurden die Parteien abei erwischt, wie sie versucht haben, das Parteienge- etz in ihrem Interesse zu verändern oder zu umgehen, m über die Herkunft ihrer Mittel oder deren Verwen- ung zu täuschen. Wir erinnern uns an die Millionen, ie, über staatsbürgerliche Vereinigungen geschleust, ins 13718 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 (A) ) (B) ) Ausland verschoben und im Koffer über die Schweizer Grenze geschafft wurden. Die Gesetzesnovelle, die wir heute beschließen, ist der kleine Rest einer größeren Novellierungsforderung, der nach langen internen Diskussionen unter allen Frak- tionen des Bundestages übrig geblieben ist. Sie enthält keine Einschränkung der Überprüfungs- möglichkeiten der Rechenschaftsberichte durch den Par- lamentspräsidenten. Sie enthält keine Bagatellklausel, wie sie in der Öffentlichkeit sehr kritisch diskutiert wur- den. Die Sensibilität der Öffentlichkeit hat sich also ge- lohnt. Wichtig ist in diesem Fall nicht so sehr, was in der Novelle steht, sondern, was nicht oder nicht mehr darin steht. Zu Letzterem gehört auch, dass sich jetzt im Ge- setzentwurf keine Regelung mehr findet, die so verstan- den werden kann, dass generell unentgeltliche Leistun- gen staatlicher Stellen für die Parteien – wie die Hingabe von Schulräumen und Stadthallen für Veranstaltungen oder von Plakatwänden für Wahlwerbung – unbegrenzt zulässig sind oder Unrichtigkeiten im Rechenschaftsbe- richt erst ab einer Höhe von 50 000 Euro im Einzelfall zeitnah öffentlich bekannt zu machen sind. In all diesen Punkten bleibt es bei den bisherigen ge- setzlichen Regelungen. Das heißt nicht, dass in diesen und anderen Punkten kein gesetzgeberischer Handlungs- bedarf besteht. Nein, da ist einiges unklar und regelungs- bedürftig. Aber Neuregelungen müssen gründlich durch- dacht, öffentlich diskutiert und streng an dem Gebot des Grundgesetzes orientiert sein; denn die Wählerinnen und Wähler müssen wissen können, aus welchen Finanzmit- teln sich die Parteien finanzieren, also welchen Interes- sen sie verpflichtet sein könnten. Auch ich sehe die Notwendigkeit zu weiteren Klar- stellungen und Ergänzungen. So sollte auch geklärt wer- den, ob Sanktionen in gleicher Schwere verhängt wer- den, unabhängig davon, ob eine Partei schuldhaft eine unrichtige Summe in einem Rechenschaftsbericht aus- weist ober ob es sich nur um einen Flüchtigkeitsfehler handelt. Zu überdenken ist auch, ob es richtig ist, dass Spen- den an politische Vereinigungen und Wahlbündnisse un- beschränkt steuerabzugsfähig sind, bei Parteispenden aber feste Grenzen eingezogen sind. Im nächsten Jahr können wir die ersten Erfahrungen auswerten, eine Anhörung durchführen und über solche Punkte nachdenken, reden und sehen, ob eine – und wel- che – größere Novelle notwendig ist. Auch mir fallen dazu eine ganze Reihe von Verbesse- rungen und Klarstellungen des Gesetzes ein. Alle müs- sen selbstverständlich daran gemessen werden, dass die Durchsichtigkeit der Parteifinanzen nicht leidet und die Steuerfinanzierung der Parteien nicht die Grenze über- steigt, die das Bundesverfassungsgericht zu Recht gezo- gen hat. Heute regeln wir erst einmal, was das Verfassungsge- richt von und in seiner Entscheidung vom 26. Oktober dieses Jahres von uns verlangt und was die Parteien- f f w D s w w s k 1 g R z R B p s A V r S s e J m d b e d h e s s G M e ü w 1 b d B h 1 t g b g i s s l (C (D inanzierungskommission des Bundespräsidenten emp- ohlen hat. Wir streichen die so genannte Drei-Länder-Klausel ieder, die mit der letzten Novelle eingeführt wurde. as bedeutet, dass kleine Parteien auch dann die vollen taatlichen Zuschüsse in Anspruch nehmen können, enn sie nicht mindestens in drei der letzten Landtags- ahlen 1 Prozent der gültigen Stimmen erzielt haben, ondern nur bei einer Landtagswahl. Diese Einschrän- ung auf drei Landtagswahlen sollte ohnehin erst ab . Januar 2005 gelten. Zwei kleine Parteien hatten dage- en das Bundesverfassungsgericht angerufen, das ihnen echt gab. Die Klausel entfällt also, bevor sie überhaupt ur Anwendung kommen konnte. Außerdem wird in dem Gesetz klargestellt, dass den echenschaftsberichten der Parteien eine kaufmännische ilanz zugrunde zu legen ist. Besonders die Wirtschafts- rüfer, die diese Berichte prüfen und Testate abgeben ollen, haben diese Klarstellung als Grundlage für ihre rbeit gefordert. Der Warenkorb ist entsprechend dem orschlag der Kommission nach neuen Regeln zu be- echnen. Diese Gesetzesnovelle ist ein kleiner, aber wichtiger chritt, weil sonst die Parteien nicht genau genug wis- en, wie sie ihre Rechenschaftsberichte noch für 2003 rstellen sollen. Es eilt, weil die Berichte bis Ende des ahres beim Bundestagspräsidenten eingegangen sein üssen. Das Gesetz enthält eine Fristverlängerung um rei Monate, damit den Parteien die notwendige Zeit leibt, um sich auf die Rechtslage einzustellen. Über den nächsten größeren, noch wichtigeren Schritt iner Gesetzesnovelle sollten wir die Gespräche unter en Fraktionen gleich im nächsten Frühjahr beginnen. Jörg van Essen (FDP): Der Deutsche Bundestag at in der vergangenen Wahlperiode mit großer Mehrheit ine grundlegende Reform des Parteiengesetzes be- chlossen. Aufgrund von Unregelmäßigkeiten im Zu- ammenhang mit Parteispenden in allen Parteien hat der esetzgeber grundlegende Korrekturen vorgenommen. it dem Achten Änderungsgesetz sind unter anderem ine Strafvorschrift für Verstöße gegen die Vorschriften ber die öffentliche Rechnungslegung eingeführt orden sowie eine Begrenzung von Barspenden auf 000 Euro. Aufgrund der Erfahrungen mit dem überar- eiteten Parteiengesetz hat sich gezeigt, dass insbeson- ere die großen Parteien weiteren Änderungsbedarf im ereich der Vorschriften über die Rechnungslegung se- en. Für die FDP trifft dies nicht zu. Wir haben bereits 999 einen Liberalen Parteiservice gegründet, der zen- rale Dienstleistungen für die Partei und ihre Unter- liederungen erbringt. Wir sind damit organisatorisch estens aufgestellt, um den Anforderungen des Parteien- esetzes bei der Rechnungslegung gerecht zu werden. Da die anderen Parteien den Nachbesserungsbedarf m Parteiengesetz jedoch schlüssig darlegen konnten, hat ich die FDP weiteren Reformen nicht verschlossen. Wir ind froh darüber, dass der Ursprungsgesetzentwurf mitt- erweile in wesentlichen Punkten deutlich abgespeckt Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 13719 (A) ) (B) ) wurde. Das eingeschränkte Prüfungsrecht der Bundes- tagsverwaltung und die Einführung einer Bagatellgrenze für Spenden bis zur Höhe von 1 000 Euro sind vom Tisch. Dies begrüßen wir ausdrücklich. Die jetzt vorge- schlagenen Änderungen werden das Parteiengesetz qua- litativ nicht wesentlich ändern. Sie sind lediglich geeig- net, die Bestimmungen über die Rechnungslegung der Parteien zu präzisieren und zu ergänzen. Der Bundesprä- sident wird künftig davon entpflichtet, die Parteienfinan- zierungskommission als ständige Einrichtung berufen zu müssen. Dies entspricht dem ausdrücklichen Wunsch der Parteienfinanzierungskommission. Vorgesehen ist da- rüber hinaus, dass der Rechenschaftsbericht künftig nach handelsrechtlichem Vorbild zu erstellen ist. Wichtig ist, darauf hinzuweisen, dass der Gesetzent- wurf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Oktober 2004 zur so genannten Drei-Länder- Klausel berücksichtigt. Der Gesetzgeber hatte ursprüng- lich vorgesehen, dass Parteien nur bei Erreichung eines bestimmten Quorums einen Anspruch auf den so ge- nannten Zuwendungsanteil der staatlichen Parteienfinan- zierung haben. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Regelung als verfassungswidrig anerkannt. Der Gesetz- entwurf sieht daher die Aufhebung des noch nicht in Kraft getretenen Drei-Länder-Quorums vor. Wir bedauern, dass ein Punkt letztlich nicht konsens- fähig war. Der Gesetzentwurf sah ursprünglich vor, öf- fentliche und kostenlose Leistungen an die Parteien aus dem Einnahmebegriff auszunehmen. Dadurch wurde be- rücksichtigt, dass sie bereits heute nicht als Einnahmen in den Rechenschaftsberichten der Parteien erfasst wer- den. Da diese Klarstellung im Einnahmebegriff nun nicht erfolgt, wird die Gewährung öffentlicher Leistun- gen künftig dem Spendenannahmeverbot unterfallen. Für die Parteien wird das auf allen Ebenen zu einer Er- schwerung ihrer praktischen Arbeit führen. Der Gesetzentwurf nimmt aber im Ergebnis einen an- gemessenen Interessenausgleich vor. Die grundlegen- den Änderungen des Achten Änderungsgesetzes des Par- teiengesetzes aus dem Jahre 2002 werden nicht berührt. Dennoch sind die neuen Änderungen geeignet, den be- sonderen Interessen der Parteien, einen rechtmäßigen Rechenschaftsbericht, der den Vorgaben des Parteienge- setzes voll und ganz genügt, gerecht zu werden. Anlage 12 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 806. Sitzung am 26. No- vember 2004 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen, einen Antrag gemäß Artikel 77 Absatz 2 Grundgesetz nicht zu stellen bzw. einen Einspruch ge- mäß Artikel 77 Absatz 3 nicht einzulegen: – Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2002/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2002 (Finanzkonglomeratericht- linie-Umsetzungsgesetz) – – – – – – – – – – – – – – – – – – – (C (D Gesetz zur Verbesserung des unfallversicherungs- rechtlichen Schutzes bürgerschaftlich Engagier- ter und weiterer Personen Fünftes Gesetz zur Änderung des Sechsten Bu- ches Sozialgesetzbuch Gesetz zur Änderung des Versicherungsaufsichts- gesetzes und anderer Gesetze Gesetz zur Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Steuerrecht und zur Änderung weiterer Vorschriften (Richtlinien-Umsetzungsgesetz – EURLUmsG) Gesetz zur Gründung einer Bundesanstalt für Immo- bilienaufgaben (BImA-Errichtungsgesetz) Gesetz zum Ausschluss von Dienst-, Amts- und Ver- sorgungsbezügen von den Einkommensanpassungen 2003/2004 (Anpassungsausschlussgesetz) Gesetz zur Änderung des Deutsche-Welle-Geset- zes Einundzwanzigstes Gesetz zur Änderung des Bundes- ausbildungsförderungsgesetzes (21. BAföGÄndG) Gesetz zur Anpassung von Verjährungsvorschrif- ten an das Gesetz zur Modernisierung des Schuld- rechts Gesetz zur Änderung des Patentgesetzes und an- derer Vorschriften des gewerblichen Rechtsschut- zes Gesetz zur Verlängerung der Geltungsdauer der §§ 100 g, 100 h StPO Gesetz zur Vereinfachung und Vereinheitlichung der Verfahrensvorschriften zur Wahl und Beru- fung ehrenamtlicher Richter Gesetz über die Rechtsbehelfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Anhörungsrügen- gesetz) Gesetz zur Überarbeitung des Lebenspartner- schaftsrechts Gesetz zur Kontrolle von Unternehmensabschlüssen (Bilanzkontrollgesetz – BilKoG) Gesetz zur Einführung internationaler Rechnungsle- gungsstandards und zur Sicherung der Qualität der Abschlussprüfung (Bilanzrechtsreformgesetz – BilReG) Gesetz zur Umsetzung gemeinschaftsrechtlicher Vor- schriften über die grenzüberschreitende Prozesskos- tenhilfe in Zivil- und Handelssachen in den Mitglied- staaten (EG-Prozesskostenhilfegesetz) Fünftes Gesetz zur Änderung des Abwasserabga- bengesetzes Gesetz zu dem Vertrag vom 17. April 2003 zwi- schen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik über die Änderung des Verlaufs der gemeinsamen Staatsgrenze im 13720 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 (A) (C) (B) (D) Bereich der Autobahnbrücke am Grenzübergang Waidhaus-Rozvadov/Roßhaupt – Gesetz zur Änderung des Übereinkommens vom 29. Mai 1990 zur Errichtung der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung – Gesetz zu dem Dritten Zusatzprotokoll vom 4. Juni 2004 zum Abkommen vom 16. Juni 1959 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steu- ern vom Einkommen und vom Vermögen sowie verschiedener sonstiger Steuern und zur Rege- lung anderer Fragen auf steuerlichem Gebiete – Gesetz zu dem Beschluss der im Rat der Europäi- schen Union vereinigten Vertreter der Regierun- gen der Mitgliedstaaten vom 28. April 2004 be- treffend die Vorrechte und Immunitäten von ATHENA – Gesetz zum EU-Truppenstatut vom 17. November 2003 – Gesetz zur Ergänzung des Entschädigungsgesetzes (Entschädigungsrechtsergänzungsgesetz – Ent- schRErgG) – Zweites Gesetz zur Änderung wohnungsrechtli- cher Vorschriften – Zweites Gesetz zur Änderung der Vorschriften zum diagnoseorientierten Fallpauschalensystem für Kran- kenhäuser und zur Änderung anderer Vorschriften (Zweites Fallpauschalenänderungsgesetz – 2. FPÄndG) Die Abgeordneten Dr. Uschi Eid und Josef Philip Winkler haben mitgeteilt, dass sie ihre Unterschrift auf dem Antrag Die Einheit der deutschen Sprache be- wahren auf Drucksache 15/4249 zurückziehen. Der Abgeordnete Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen) hat darum gebeten, bei dem o. g. Antrag auf Drucksa- che 15/4249 nachträglich in die Liste der Antragsteller aufgenommen zu werden. Die Vorsitzende des folgenden Ausschusses hat mit- geteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Finanzausschuss – Unterrichtung durch die Bundesregierung Unterrichtung der Bundesregierung über die erstmalig vorgelegten Konvergenzprogramme 2004 der neuen EU-Mitgliedstaaten – Drucksachen 15/3704, 15/4009 Nr. 2 – 91, 1 0, T 146. Sitzung Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7 Anlage 8 Anlage 9 Anlage 10 Anlage 11 Anlage 12
Gesamtes Protokol
Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1514600000

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

Sitzung ist eröffnet.
Der in der 142. Sitzung überwiesene Gesetzentwurf

der Bundesregierung zur Vereinfachung der Verwal-
tungsverfahren im Sozialrecht auf Drucksache 15/4228
soll nachträglich noch dem Ausschuss für Wirtschaft
und Arbeit zur Mitberatung überwiesen werden. Sind
Sie damit einverstanden? – Ich höre keinen Wider-
spruch. Dann ist so beschlossen.

Ich rufe den Zusatzpunkt 7 auf:
Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

(3. Ausschuss)

Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur
Unterstützung der Überwachungsmission
AMIS der Afrikanischen Union (AU) in Dar-
fur/Sudan auf Grundlage der Resolutionen
1556 (2004) und 1564 (2004) des Sicherheitsra-
tes der Vereinten Nationen vom 30. Juli 2004
und 18. September 2004
– Drucksachen 15/4227, 15/4257 –
Berichterstattung:

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Redet
Abgeordnete Gert Weisskirchen (Wiesloch)

Joachim Hörster
Dr. Ludger Volmer
Harald Leibrecht
Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss)

gemäß § 96 der Geschäftsordnung
– Drucksache 15/4259 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Alexander Bonde
Lothar Mark
Herbert Frankenhauser
Dietrich Austermann
Jürgen Koppelin

Über die Beschlussempfehlung werden wir
mentlich abstimmen.

(C (D ung . Dezember 2004 0 Uhr Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre einen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Parlamen arischen Staatssekretär Walter Kolbow das Wort. W Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Einmal ehr muss sich dieses Haus mit der humanitären Katatrophe in Darfur und mit der Frage beschäftigen, was eutschland beitragen kann, um noch mehr Leid zu verindern und mehr Sicherheit für verfolgte Menschen zu rreichen. Dabei ist uns klar: Die Situation in Darfur kann ur mit internationaler Unterstützung verbessert werden. ür das Überleben der Menschen ist es angesichts der unähligen Opfer, die wir schon zu beklagen haben, wichtig, ass getroffene Waffenstillstandsvereinbarungen einehalten werden und die Hilfsorganisationen freien Zuritt haben, um den Menschen dort zu helfen. (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Walter Kolbow (SPD):
Rede ID: ID1514600100

er Darfurkonflikt gefährdet sowohl die bereits ausge-
andelten Ergebnisse des gesamtsudanesischen Frie-

ext
densprozesses als auch die Stabilität des Sudan und der
gesamten Region. Es liegt in unserem Interesse, die Fä-
higkeit der Afrikanischen Union zur Durchführung der
Mission AMIS, der African Union Mission in Sudan, zu
unterstützen. Ihr Ziel ist die Überwachung des Waffen-
stillstandsabkommens vom 8. April 2004, die Unterstüt-
zung von vertrauensbildenden Maßnahmen und die Ver-
besserung der Sicherheitslage, die immer noch durch
gegenseitige Übergriffe, Misshandlungen der Zivilbe-
völkerung und Plünderungen von Konvois der Hilfsor-
ganisationen gekennzeichnet ist. Es geht jetzt darum, die
Operation AMIS personell und materiell zu unterstützen,
damit die Afrikanische Union in Darfur wirksamer als
bisher handeln kann.

i der SPD und dem BÜNDNIS 90/
NEN sowie des Abg. Ulrich
DP])
später na-

(Beifall be DIE GRÜ Heinrich [F 13612 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 Parl. Staatssekretär Walter Kolbow Rechtliche Grundlage sind, wie wir wissen, die UN Resolutionen vom Juli bzw. vom September. Vor einer Woche hat der Sicherheitsrat mit der Resolution 1574 die Mitgliedstaaten erneut gedrängt, logistische Hilfe zu leisten. Der Sicherheitsrat billigt darin den Einsatz militärischer Beobachter einschließlich einer Schutztruppe, um das Waffenstillstandsabkommen einzuhalten. Für die Stärkung der Operation AMIS ist eine größere internationale Unterstützung zwingend erforderlich; denn den afrikanischen Truppenstellern fehlt es vor allem an Lufttransportkapazität. Die Niederlande, Großbritannien und die USA haben bereits Lufttransportleistungen erbracht. Deutschland will es ebenfalls tun. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Ulrich Heinrich [FDP])


(A) )


(B) )


Die Bundeswehr wird also, wenn Sie zustimmen
– wir hatten am Montag vertrauensvolle Unterredungen
in den Ausschüssen aufgrund der Nachfragen, die am
letzten Donnerstag und letzten Freitag aufgetaucht
sind –, afrikanische, voraussichtlich tansanische, Kon-
tingente in den Sudan transportieren und die Durchfüh-
rung der Überwachungsmission mit Lufttransporten in
das Einsatzgebiet unterstützen.

Vorgesehen ist der Einsatz von drei Transall-Trans-
portflugzeugen, die mit entsprechenden Selbstschutzan-
lagen ausgerüstet sind. Maximal werden 200 Soldaten
einschließlich Unterstützungs-, Sanitäts- und Siche-
rungskräften zum Einsatz kommen. Für den Fall eines
Angriffs auf ein deutsches Transportflugzeug auf suda-
nesischem Boden ist beabsichtigt, eine Sicherungskom-
ponente an Bord der Luftfahrzeuge mitzuführen, um
Flugzeug und Besatzung bei Bedarf sichern zu können.

Die Stationierung der Soldaten in Darfur ist nicht vor-
gesehen. Ihre zeitweilige Präsenz im Land ist direkt mit
dem Lufttransport verknüpft. Dieser wird der Afrikani-
schen Union grundsätzlich durch die Europäische Union
zur weiteren Abstimmung mit der sudanesischen Regie-
rung angezeigt. Ein Flug- bzw. Überfluggenehmigungs-
verfahren wird zentral von der Afrikanischen Union mit
diplomatischer Note von der sudanesischen Regierung
erbeten. Dieses Verfahren hat sich in der Vergangenheit
bewährt und es ist sichergestellt, dass es auch bei diesem
Einsatz Anwendung findet.

Das Mandat für den deutschen Einsatz soll mit Ihrer
Zustimmung auf sechs Monate begrenzt werden. Damit
wäre eine ausreichende Flexibilität für den Fall gegeben,
dass sich der bis Ende Februar 2005 geplante Aufwuchs
der Mission verzögern sollte. Damit hätten wir unseren
Beitrag zur Unterstützung von AMIS und zur Arbeitsfä-
higkeit dieser Operation geleistet. Deutschland und die
Staaten der Europäischen Union wollen AMIS nicht er-
setzen; aber wir wollen durch unseren Beitrag dem star-
ken politischen Willen der Afrikanischen Union, die Zü-
gel in der Hand zu behalten und selbst tätig zu werden,
Rechnung tragen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


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(C (D Ich möchte das Haus auf der Grundlage dieser meines issens gesicherten Informationen zur Sicherheitslage uch aus der Sicht des Verteidigungsministeriums bitten, em Antrag auch im Interesse des Erfolgs der Mission uzustimmen. Für diese Aufgabe ist die breite Zustimung dieses Hauses dringend notwendig. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1514600200

Ich erteile Kollegen Andreas Schockenhoff, CDU/
SU-Fraktion, das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Andreas Schockenhoff (CDU):
Rede ID: ID1514600300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die
DU/CSU-Fraktion wird dem Antrag der Bundesregie-
ung zum Einsatz deutscher Streitkräfte zur Unterstüt-
ung der AMIS-Mission zustimmen. Wir haben im Mai
ieses Jahres in einem interfraktionellen Antrag den
ölkermord, die Vertreibungen und die massiven Men-
chenrechtsverletzungen in Darfur angeprangert. Wir ha-
en gemeinsam vor einer humanitären Katastrophe
it dem Einsetzen der Regenzeit gewarnt. Heute müssen
ir feststellen, dass diese humanitäre Katastrophe unter
en Augen der Weltöffentlichkeit eingetreten ist, und
war auch deshalb, weil die Vereinten Nationen nicht
andlungsfähig waren.
In der UN-Vollversammlung haben afrikanische Staa-

en Resolutionen verhindert, die massive Menschen-
echtsverletzungen im Sudan und in Simbabwe verurteilt
ätten. Sie bezeichneten die vorgeschlagenen Resolu-
ionstexte – wörtlich – als „konfrontativ“ und „in keiner
eise geeignet, die Staaten Afrikas zur Kooperation zu
ewegen“. Solange afrikanische Regierungen die Kritik
n massiven Menschenrechtsverletzungen und einer ras-
istischen Politik in anderen afrikanischen Ländern als
iskriminierung ihres Kontinents zurückweisen, wird
ich die Misere Afrikas noch weiter verschärfen.
Im UN-Sicherheitsrat haben die USA eine Resolution

orgelegt, die den Druck auf die sudanesische Regierung
erstärkt und Sanktionen androht, falls sie ihr Verhalten
n Darfur nicht ändert. Zweimal mussten die USA ihren
esolutionsentwurf umschreiben und am Ende die Sank-
ionsandrohungen fallen lassen, bevor sich China und
ussland statt eines Vetos wenigstens zu einer Enthal-
ung durchringen konnten. China ist der größte Investor
n der sudanesischen Ölindustrie; Russland und Weiß-
ussland sind die größten Waffenlieferanten des Sudans.
ie „taz“ berichtet über diesen diplomatischen Eiertanz,
urch den die Menschen in Darfur im Stich gelassen
urden, zu Recht unter der Überschrift „Völkerrecht
richt Menschenrecht“.
Wir fordern die Bundesregierung auf, in ihrer stillen

elefondiplomatie gegenüber dem russischen Präsiden-
en und der chinesischen Führung, aber auch bei den
erhandlungen über die Reform der Vereinten Nationen
icht nur die Erweiterung des Sicherheitsrats, sondern

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 13613


(A) )



(B) )


Dr. Andreas Schockenhoff

auch vor allem die Handlungsfähigkeit des Sicher-
heitsrats in fundamentalen Menschenrechtsfragen zur
Sprache zu bringen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Die Afrikanische Union hat sich bei ihrer Gründung
vor zweieinhalb Jahren vorgenommen, bei Völkermord
und inneren Konflikten afrikanischer Staaten nicht weg-
zusehen, sondern einzugreifen. Wir begrüßen das Frie-
densengagement der Afrikanischen Union in Darfur als
einen ersten ernsthaften Testfall. Wir müssen die Trup-
pen stellenden Staaten in Afrika logistisch und finanziell
unterstützen, weil ein Scheitern ihrer Mission die AU
schwächen würde und weil wir afrikanische Krisen nur
in sehr begrenztem Maße von außen beheben können.

Der Generalsekretär des Rates und Hohe Vertreter für
die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU,
Solana, hat eine koordinierte Unterstützung der AU
durch die Europäische Union gefordert. Deutsche Offi-
ziere aus dem EU-Militärstab sind bereits nach Addis
Abeba entsandt, um die Afrikanische Union zu beraten.
Gestern hat die EU die Bosnienmission übernommen.
Sie wird damit zu einem auch militärisch handlungsfähi-
gen internationalen Akteur. Deshalb hätten wir es lieber
gesehen, wenn sich die Bundesregierung für eine ESVP-
Mission in Darfur eingesetzt und den Transport tansani-
scher Truppen im Rahmen eines europäischen Angebots
zugesagt hätte.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Vielleicht hätten sich dann auch die Irritationen zwischen
dem sudanesischen Außenministerium und dem deut-
schen Botschafter in Khartoum vermeiden lassen, deret-
wegen wir die Entscheidung des Bundestages auf heute
verschieben mussten. Der sudanesische Staatsminister
hat der Bundesregierung unterstellt, die Rebellenorgani-
sation in Darfur zu unterstützen. Statt diese Kritik bilate-
ral zurückzuweisen, hätte die Chance bestanden, im Rah-
men einer europäischen Sudanpolitik zu handeln.

Ich will in diesem Zusammenhang auch darauf hin-
weisen, dass die Bundesregierung im Auswärtigen Aus-
schuss erklärt hat, der Darfureinsatz der Bundeswehr
werde aus Mitteln der EU-Friedensfazilität für Afrika fi-
nanziert. Der Antrag, der uns heute zur Abstimmung
vorgelegt wird, sieht allerdings eine Finanzierung mit
Mitteln aus dem Einzelplan 14 des Bundeshaushaltes
vor.

Trotz dieser kritischen Anmerkungen ist es richtig,
deutsche Soldaten zum Transport von Truppen der Afri-
kanischen Union nach Darfur zu entsenden. Ohne eine
Lösung des Darfurkonflikts ist keine dauerhafte Befrie-
dung des gesamten Sudans möglich. Staatssekretär
Kolbow hat zu Recht darauf hingewiesen. Ein Zerfall
des flächenmäßig größten Staates in Afrika würde eine
der weltweit schlimmsten humanitären Krisen weiter
verschärfen und einen neuen Rückzugsraum für den in-
ternationalen Terrorismus schaffen. Deswegen liegt die
Überwachungsmission der Afrikanischen Union im
deutschen Interesse. Der Beitrag der Bundeswehr zum

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(C (D ufttransport ist angemessen und wird von uns mitgetraen. Vielen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1514600400

Ich erteile das Wort Kollegen Ulrich Heinrich, FDP-

raktion.


Ulrich Heinrich (FDP):
Rede ID: ID1514600500

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-

en! Als Entwicklungspolitiker begrüße ich den Antrag
er Bundesregierung ausdrücklich. Nachdem die Fragen
eines Kollegen Hoyer letzte Woche zufriedenstellend
eantwortet wurden, wird die FDP-Fraktion diesem An-
rag zustimmen.
Was sich derzeit in Darfur abspielt, ist mit das

chlimmste, was man sich vorstellen kann. Als ich im
ommer dieses Jahres die Darfurregion bereist habe, um
ir einen Überblick über die Lage zu verschaffen, habe
ch den Umständen entsprechend einigermaßen gesittete
erhältnisse vorgefunden. Aber nun müssen wir erleben,
ass sich die Situation laufend verschlechtert. Die
egierung in Khartoum hat alle ihre Zusagen nicht ein-
ehalten. Wir sind ständig vertröstet worden, während
ich die Situation immer weiter verschlechtert. Die
ombardierungen gehen weiter. Lager werden zwangs-
eräumt. Die mühsam errichtete Infrastruktur – Versor-
ung mit Wasser und Nahrungsmitteln; dafür hat CARE
esorgt – wurde mit dem Bulldozer radikal zerstört.
etztendlich wurden sämtliche Friedensversprechungen
ebrochen, bevor die Tinte, mit der die Unterschriften
eleistet worden waren, trocken war. Die Weltgemein-
chaft kann hier nicht länger zusehen. Es wäre ein Skan-
al, wenn wir, die Bundesrepublik Deutschland, nicht al-
es unternähmen, um die Situation dort zu verbessern.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich möchte die Bundesregierung hier ausdrücklich
afür loben, dass sie im UN-Sicherheitsrat massiven
ruck gemacht hat, um die Resolutionen überhaupt zu-
tande zu bringen. Nach langem Hin und Her wurden
etztendlich drei Resolutionen verabschiedet. Es kann
icht sein – diese Meinung vertrete ich seit langem –,
ass die EU selbst dort Missionen durchführt; vielmehr
üssen wir die AU unterstützen und sie in die Lage ver-
etzen, die notwendigen Maßnahmen mithilfe der AMIS
urchzuführen.
Afrika muss lernen, seine Probleme mit eigener Kraft

u lösen. Darfur wird die Nagelprobe sein. Wir werden
ehen, wie sich die afrikanischen Staaten in dieser Mis-
ion verhalten und welchen Beitrag sie leisten.
Afrika braucht unsere Unterstützung. Wir wollen mit

em heutigen Beschluss das klare Signal geben, dass
ir, die Bundesrepublik Deutschland, im Rahmen der
uropäischen Sicherheitspolitik unseren Beitrag leisten

13614 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004


(A) )



(B) )


Ulrich Heinrich

wollen. Aber es ist äußerst wichtig, dass neben dieser
Überwachungsmission bewaffnete Schutztruppen zur Si-
cherheit von humanitären Hilfeleistungen und zum
Schutz der Zivilbevölkerung vor Ort präsent sind.

Das Mandat gibt das zwar her; aber es kann bezwei-
felt werden, ob die geplanten zusätzlichen 2 300 Militärs
ausreichen werden. Wer die Größe dieses Gebietes kennt
– die Region Darfur ist etwa so groß wie Frankreich –,
der kann sich vorstellen, welche unglaublichen Leistun-
gen dort vollbracht werden müssen. Wenn die Gewalt in
diesem Land gestoppt werden soll, dann wird die AU die
militärischen Kräfte sicherlich aufstocken müssen.

Lassen Sie mich zum Schluss noch einen Blick in die
Zukunft werfen.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1514600600

Kollege Heinrich, kommen Sie bitte zum Ende. Sie

haben Ihre Redezeit schon weit überschritten.

Ulrich Heinrich (FDP):
Rede ID: ID1514600700

Um Darfur dauerhaft befrieden zu können, wird die

Marginalisierung dieser Region aufgehoben werden
müssen. Im Entwurf des Nord-Süd-Vertrages ist die
Beteiligung der Südregion festgelegt. Nötig ist eine ent-
sprechende Behandlung der Region Darfur. Anderenfalls
wird es dort wohl nie zur Ruhe kommen. Ich hoffe, dass
die Regierung in Khartoum einsichtig ist und das Signal,
das von der AU, aber auch von der Weltgemeinschaft
ausgeht, versteht.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1514600800

Ich erteile das Wort Staatsministerin Kerstin Müller.
Ke
Kerstin Müller (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514600900

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben

heute über das Mandat zur Entsendung von Transportka-
pazitäten der Bundeswehr für die AU-Mission in Darfur
zu entscheiden. Wie schon gesagt wurde, ist die Lage in
Darfur leider auch nach den vielen Anstrengungen, die
die internationale Gemeinschaft dort unternommen hat,
sehr dramatisch. Mehr als 1,6 Millionen Menschen sind
in Darfur auf der Flucht, über 200 000 haben sich in den
Tschad geflüchtet. Seit März dieses Jahres sind bis zu
70 000 Menschen ums Leben gekommen. Die Kämpfe
gehen weiter, und zwar trotz der Vereinbarungen der
Konfliktparteien in Abuja. Beide Seiten – ich sage das
sehr deutlich –, die Rebellenorganisationen und die su-
danesische Regierung, brechen immer noch den verein-
barten Waffenstillstand. Es sind wieder einmal die Men-
schen, es ist die Zivilbevölkerung, die massiver Gewalt
ausgesetzt sind und zwischen die Fronten dieses Kon-
flikts geraten.

Selbst Hilfsorganisationen, auch deutsche, sind in
den vergangenen Wochen angegriffen worden. Ich

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(C (D öchte an dieser Stelle einmal allen Mitarbeiterinnen nd Mitarbeitern der Hilfsorganisationen, die trotz der ich verschlechternden Sicherheitslage in Darfur unter insatz ihres Lebens für eine Linderung der Not der lüchtlinge und Zivilisten arbeiten, im Namen des ganen Hauses danken. Die Bundesregierung hat seit Beginn der Krise alles ersucht, im Rahmen der EU und der Vereinten Natioen, um die Gewalt in Darfur zu beenden. Auch aufrund der dramatischen Lage habe ich mich entschlosen, an der Sitzung des Sicherheitsrats in Nairobi, die or zwei Wochen stattgefunden hat, teilzunehmen. Ich abe vor dem Sicherheitsrat sehr deutlich gemacht, dass ie internationale Gemeinschaft bei fortgesetzten Menchenrechtsverletzungen in Darfur nicht untätig bleiben arf. Meine Damen und Herren, wir dürfen mit dem inernationalen Druck nicht nachlassen; wir müssen alles afür tun, dass es zu einem Ende der Gewalt in der Reion kommt. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Ulrich Heinrich [FDP])


(Beifall im ganzen Hause)


Die sudanesische Regierung und die Rebellenorgani-
ationen müssen endlich die Gewalt beenden. Die suda-
esische Regierung hat die Verantwortung, die Zivilbe-
ölkerung zu schützen. Sie muss die Gewalt beenden
nd die Janjaweed-Milizen entwaffnen. Auch die Re-
ellenorganisationen müssen ihre Angriffe auf Zivilisten
nd auf humanitäre Organisationen sofort einstellen. Ich
ppelliere noch einmal an beide Seiten, ähnlich wie im
ord-Süd-Konflikt endlich nach einer politischen Lö-
ung zu suchen und die Verhandlungen in Abuja fortzu-
etzen. Auf dem Weg des Krieges, mit dem Mittel der
ewalt wird es nicht zu einer Lösung des Konflikts
ommen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Vor dem Hintergrund der sich verschlechternden Situa-
ion in Darfur kommt den Bemühungen der Afrikani-
chen Union eine ganz besondere Bedeutung zu. In sei-
en Resolutionen hat der Sicherheitsrat der Vereinten
ationen die Überwachungsmission der Afrikanischen
nion ausdrücklich mandatiert. Um es noch einmal glas-
lar zu sagen: Dieser Mission hat auch die sudanesische
egierung zugestimmt. Noch am Dienstag hat der suda-
esische Außenminister die zu langsam erfolgende Auf-
tockung der Mission beklagt. Herr Schockenhoff, von
rritationen kann also keine Rede sein, abgesehen davon,
ass der sudanesischen Regierung die klare Haltung der
undesregierung angesichts der massiven Menschen-
echtsverletzungen in Sudan nicht besonders gut gefällt.
Auch Kofi Annan hat in Nairobi noch einmal aus-

rücklich an die internationale Gemeinschaft appelliert,
ie AU bei ihrer Mission zu unterstützen. Der Präsident
er AU-Kommission Konaré hat mir gegenüber gesagt,
r sehe das Engagement der AU in Darfur gar als eine

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 13615


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Staatsministerin Kerstin Müller

ganz zentrale Bewährungsprobe für die Afrikanische
Union an.

Deshalb ist klar: Es gilt für diese Mission „African
ownership“, das heißt, die Afrikanische Union wird
diese Mission in Eigenverantwortung durchführen. Je
mehr der Wille zu einer politischen Lösung aus der Re-
gion selbst kommt, desto erfolgversprechender ist,
glaube ich, eine solche Mission.

Allerdings ist für mich auch klar: Wir müssen alles
dafür tun, dass diese Bewährungsprobe erfolgreich ver-
läuft. Die Aufstockung der AU-Mission ist angelaufen.
Sie verfügt derzeit über circa 800 Mann. In den kom-
menden Wochen und Monaten soll die Mission auf bis
zu 3 320 Mann aufgestockt werden. Die Monitore der
AMIS-II-Mission sollen künftig nicht mehr nur den
Waffenstillstand überwachen; sie sollen auch Zivilisten
schützen, die unmittelbar bedroht sind.

Allerdings steht die Afrikanische Union vor enormen
organisatorischen und logistischen Herausforderungen,
die sie aus eigener Kraft nicht meistern kann. Deshalb
braucht sie unsere Unterstützung. Neben der Finanzie-
rung der Mission durch die EU-Friedensfazilität in Höhe
von 92 Millionen Euro hat die AU die internationale Ge-
meinschaft um logistische Unterstützung gebeten.

Die Bereitstellung von Transportkapazitäten der Bun-
deswehr wäre, glaube ich, ein besonders sichtbarer Bei-
trag unserer Unterstützung für das Gelingen der Mission.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben hier alle
gemeinsam im Mai dieses Jahres einen Antrag zur Lö-
sung der Darfurkrise verabschiedet. In diesem Antrag
wird die Bundesregierung zur Unterstützung der Frie-
densbemühungen der AU aufgefordert. Genau das wol-
len wir jetzt tun. Ich würde mich daher sehr freuen, wenn
unser Antrag auf Bereitstellung von Transportkapazitä-
ten die breite Unterstützung dieses Hauses finden würde
und wir damit einen kleinen, aber notwendigen Beitrag
zum Gelingen der AU-Mission in Darfur leisten würden.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1514601000

Ich erteile das Wort Kollegin Gesine Lötzsch.

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Sie stellt jetzt eine Tupolew zur Verfügung! Jetzt kommt die Botschaft direkt aus dem Kreml!)



Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1514601100

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Das Morden, das Vertreiben und das Vergewaltigen
von Tausenden unschuldiger Menschen im Sudan ist un-
erträglich und muss nach 21 Jahren Bürgerkrieg endlich
beendet werden. Was bietet uns die Bundesregierung
aber als Lösung für diesen schrecklichen Konflikt an?
Ich will nur einige Widersprüche benennen, die nicht ge-
klärt sind, die aber geklärt sein müssen, bevor der Bun-

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(C (D estag mit gutem Gewissen einem Mandat zustimmen ann. In der Beschlussempfehlung steht: Die Bundesregierung sieht im Friedensengagement der AU einen Ansatzpunkt für eine künftige Zusammenarbeit bei Konfliktlösungen in Afrika. as hört sich nach wirklich gleichberechtigter und verrauensvoller Kooperation an. Die Afrikanische Union at jedoch vor einer Woche die Resolutionsentwürfe der U, der USA und anderer westlicher Industrieländer zur erurteilung von Menschenrechtsverletzungen im Suan zurückgewiesen. Gemäß der Interpretation von Südfrika zeigt die Initiative, dass die EU und die anderen ndustrieländer … weiter nur in Entwicklungsländern – statt in den Gefängnissen des Iraks – nach Menschenrechtsverletzungen suchen. as hört sich wiederum nicht nach enger und vertrauensoller Zusammenarbeit zwischen der Afrikanischen nion und Europa an. Sehr skeptisch bin ich auch, ob eine multinationale frikanische Einsatzgruppe von kaum mehr als 000 Mann in einem Gebiet von der Größe Darfurs daür garantieren kann, dass über eine Million Menschen n ihre Siedlungen zurückkehren können. Da ist wohl uch Frau Staatsministerin Müller skeptisch; so sagte sie egenüber der „Zeit“: Wir können nicht jetzt schon sagen, die Afrikaner sind gescheitert, wo sie noch gar nicht richtig angefangen haben. ie Regierung fordert uns also auf, ein Bundeswehrandat für eine Initiative zu geben, deren Sinn sogar die uständige Staatsministerin mehr als bezweifelt. Meine Damen und Herren, ich könnte noch eine Viel ahl von Widersprüchen benennen, die deutlich machen, ass es wirklich hochgradig leichtfertig und verantworungslos wäre, dieses Mandat zu erteilen. (Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos] – Dr. Karl A. Lamers [Heidelberg] [CDU/CSU]: Zynisch!)


Es gibt aber aus der Sicht der PDS einen weiteren ge-
ichtigen Grund, das Mandat abzulehnen: Das sind die
aten des Rüstungsexportberichts. Dem Bericht zu-
olge wurden im Jahr 2003 Ausfuhrgenehmigungen für
eutsche Rüstungsgüter im Wert von fast 5 Milliarden
uro erteilt. Jeder friedliebende Mensch fragt sich doch
n Anbetracht dieser Zahl, ob das Friedensengagement
er Bundesregierung auch wirklich ehrlich gemeint ist.
ch habe nach dem Lesen des Rüstungsexportberichts
rnsthafte Zweifel und frage mich bei jedem Auslands-
insatz, ob es sich hier um eine Friedensmission oder um
ine robuste Form der Markterschließung für weitere
üstungsexporte handelt.


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos] – Ulrich Heinrich [FDP]: Unglaublich, was Sie da bieten!)


13616 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004


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Dr. Gesine Lötzsch

Die PDS lehnt das Bundeswehrmandat aus den ge-

nannten Gründen ab.
Vielen Dank.


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1514601200

Ich erteile das Wort Bundesministerin Heidemarie

Wieczorek-Zeul.
Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministerin für

wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung:
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Präsident! Die

internationale Gemeinschaft darf keine doppelten Stan-
dards benutzen. Wir dürfen nicht zusehen, wie ethnische
Vertreibung stattfindet. Diese darf es nirgendwo, auch
nicht in Afrika, geben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Ihnen, Frau Lötzsch, und anderen, die Zweifel haben,
sage ich: Wir beteiligen uns an diesem Einsatz in Darfur,
weil anders Menschenleben nicht geschützt und gerettet
werden können und weil wir nicht zusehen und zulassen
dürfen, dass vor unseren Augen das stattfindet, was die
renommierte International Crisis Group einen Völker-
mord in Zeitlupe nennt. Deshalb ist es wichtig, dass wir
den Mördern das Handwerk legen und dass wir alle dazu
beitragen, dass Hilfe zur Verfügung gestellt wird.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Es ist gesagt worden, warum sich die Situation so dra-
matisch gestaltet. 1,8 Millionen Menschen sind auf der
Flucht vor den Milizen und dem Militär der eigenen Re-
gierung. – Wenn ich darf, würde ich auch die Kollegen
da hinten, die sich offenbar über andere Fragen unterhal-
ten, bitten, zuzuhören. Das Thema ist, glaube ich, so
wichtig, dass wir uns alle damit beschäftigen sollten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Das geht zu weit! Die Bundesregierung hat nicht das Parlament zu kritisieren!)


– Ich bin ja auch Abgeordnete.

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Sie treten aber als Bundesregierung hier auf!)

– Es war auch keine Kritik. Ich glaube, jeder hat verstan-
den, was ich gesagt habe; das war völlig in Ordnung.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mittlerweile ist die

Vergewaltigung von Mädchen und Frauen ein systemati-
sches Mittel der perversen Kriegsführung geworden. An
eine sichere Rückkehr der Flüchtlinge ist ohne militäri-
schen Schutz nicht zu denken. Ihre Dörfer sind zerstört
und die Gefahr, wieder in die Hände der Milizen zu fal-
len, ist groß. Die Regierung in Khartoum hat – es ist ge-
sagt worden – bisher kaum oder gar keine wirksamen

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(C (D aßnahmen unternommen, um diesem Vorgehen Einalt zu gebieten. Die humanitäre Nothilfe hat zwar bisher dafür ge orgt, dass nicht noch mehr Menschen sterben. Die Notilfe war nur möglich, weil es im Frühjahr dieses Jahres inen Aufschrei der internationalen Gemeinschaft gegeen hat. Es ist gut, dass der Deutsche Bundestag im Mai it den Stimmen aller Parteien ein klares Signal ausgeendet hat. Deshalb war es möglich, mehr Menschenleen zu retten. Ich freue mich, dass wir für die Menschen mmerhin über 33 Millionen Euro für humanitäre Leisungen zur Verfügung stellen konnten. Ich bin erleichtert, liebe Kolleginnen und Kollegen, ass die Afrikanische Union jetzt ihre eigene Verantortung erkannt hat und wahrnehmen will. Ich darf hinufügen: Es wurde auch Zeit. Die Afrikanische Union at zugesagt, Truppen in die Region zu senden, um einen affenstillstand zu überwachen. Es fehlt ihr aber an Loistik. An Finanzmitteln hat die Europäische Union 2 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Für den Trupentransport haben andere europäische Länder Transortkapazitäten zur Verfügung gestellt. Auch hier muss eutschland seine Verantwortung wahrnehmen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


frika ist unser Nachbarkontinent. Wir sind in Afrika
in hoch anerkannter Partner. Die Probleme, die in
frika nicht gelöst werden können, fallen auch auf uns
urück.
Deshalb bitte ich Sie sehr herzlich, heute eine Ent-

cheidung – ich habe den Eindruck, dass sie von allen
raktionen getragen wird – für Humanität, für Nachbar-
chaftlichkeit und auch für wohlverstandenes Eigeninte-
esse zu treffen. Ich bitte Sie um ein überzeugendes Vo-
um.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Zum Schluss noch ein Wort zu einem Thema, das sehr
ng damit verbunden ist. Um dauerhaft Frieden im Sudan
arantieren zu können, muss die Regierung in Khartoum
eutlichere Signale erhalten, dass die internationale Ge-
einschaft keine Ausweichmanöver mehr dulden wird.
uch auf die Rebellen muss Druck ausgeübt werden, da-
it sie sich zu einem Schweigen der Waffen bekennen
nd dieses auch einhalten. Solch ein deutliches Signal an
lle Seiten wäre ein umfassendes UN-Waffenembargo.
ir dürfen nicht zulassen, dass sich, nachdem es ein
affenembargo der Europäischen Union gibt,


(Markus Löning [FDP]: In China gibt es doch eines! Was ist denn mit dem?)


icht auch die Vereinten Nationen, die sich in dieser
rage bislang nicht geäußert und entschieden haben, in
iesem Sinne verhalten. Die Staaten, die sich bisher aus
urchsichtigen Gründen gegen eine schärfere UN-Reso-
ution gestellt haben, müssen ihre Haltung ändern. Die
affenexporte in den Sudan nehmen pro Jahr um fast
0 Prozent zu. Das ist ein Skandal. Öl- und Waffenge-

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 13617


(A) )



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Bundesministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul

schäfte über Leichen hinweg darf die Weltgemeinschaft
nicht hinnehmen, liebe Kolleginnen und Kollegen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


In der Haushaltsdebatte zum Etat des Bundesentwick-
lungsministeriums hat mich der Kollege Ruck gefragt,
wie es beim Sudan mit der Entwicklungszusammenar-
beit aussieht. Ich sage an dieser Stelle: Solange Spreng-
bomben auf Hütten geworfen werden und solange Mili-
zen im Verbund mit regulärem Militär Strohdächer
anzünden, Frauen vergewaltigen, Männer töten, Men-
schen zu Sklaven machen und Brunnen vergiften, so
lange gibt es keine Entwicklungszusammenarbeit und
keine Entschuldung. Mit mir nicht! Ich hoffe, dass alle in
diesem Hause diese sehr klare Aussage unterstützen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Mordenden Milizen und Militärs muss ihr finsteres
Handwerk gelegt werden. Heute müssen wir ein Zeichen
setzen, damit das Vertrauen der Menschen in Darfur in
die Solidarität der internationalen Gemeinschaft nicht
enttäuscht wird. Für Darfur gilt – Frau Lötzsch, es wäre
gut, wenn auch Sie das gelernt hätten –: Ohne Friedens-
truppen wird es dort keinen Frieden geben.

Ich danke Ihnen sehr herzlich.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1514601300

Ich erteile das Wort Kollegen Egon Jüttner, CDU/

CSU-Fraktion.


Dr. Egon Jüttner (CDU):
Rede ID: ID1514601400

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her-

ren! Der Konflikt im Sudan ist mittlerweile zur größten
humanitären Katastrophe auf dem afrikanischen Konti-
nent geworden. Trotz zahlreicher Versprechungen der
sudanesischen Regierung hat sich die Menschenrechtssi-
tuation im Westsudan, in der Provinz Dafur, nicht ver-
bessert, sondern dramatisch verschlechtert.

Sudanesisches Militär geht brutal gegen Flüchtlinge
vor. Unter Einsatz von Tränengas und Schusswaffen wur-
den erst kürzlich 20 000 Flüchtlinge in Darfur umgesie-
delt. Humanitäre Nothilfe wird durch arabische Milizen
massiv behindert. Zwischen regierungsnahen Milizen
und Rebellen brachen erneut heftige Kämpfe aus. Vor
einer Woche hat das Welternährungsprogramm der Ver-
einten Nationen aufgrund der Kämpfe seine Hilfe im
nördlichen Darfur vorübergehend ausgesetzt. 300 000 Ver-
triebene sind jetzt ohne Nahrungsmittelhilfe.

Humanitäre Organisationen und UNO-Delegierte ha-
ben bereits vor mehr als einem Jahr vor einem Genozid
in Darfur gewarnt. Dennoch kam es weder zu einem in-
ternationalen Waffen- oder Ölembargo noch zu anderen
wirksamen Sanktionen gegen den Sudan. China, der
größte Investor in Sudans Ölindustrie, hat aus rein wirt-

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(C (D chaftlichen Interessen ein entschlossenes Handeln der ereinten Nationen blockiert. Diese Blockadehaltung ollte China ebenso wie der Waffenlieferant Russland ndlich aufgeben. (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Thilo Hoppe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Auch unseren afrikanischen Freunden müssen wir
lar sagen: Dass sie eine deutliche UN-Resolution zu
en Menschenrechtsverletzungen in Darfur verhindert
aben, ist das falsche Signal an ein menschenverachten-
es Regime.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Für die Sicherheitslage in Darfur ist die Beobachter-
ission der Afrikanischen Union von zentraler Bedeu-
ung. Deshalb begrüßen wir es, dass die Afrikanische
nion die Anzahl ihrer Soldaten deutlich aufstocken
ill. Denn bei dieser Mission geht es nicht nur um die
berwachung des Waffenstillstandes, sondern auch um
en Schutz der Zivilbevölkerung vor Bedrohung. Des-
alb muss dieser Beschluss so schnell wie möglich um-
esetzt werden. Bei der Umsetzung wird die Bundes-
ehr mit der Durchführung von Truppentransporten
inen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der humanitä-
en Situation leisten. Allerdings sollten wir uns darüber
m Klaren sein, dass mit diesem Einsatz die Bundeswehr
ie Grenze dessen erreicht, was sie in Afrika leisten
ann.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Die Überwachungsmission in Darfur wird zur ersten

roßen Bewährungsprobe für die Afrikanische Union.
hne internationale Unterstützung bei der Logistik und
inanzierung kann sie diese Bewährungsprobe jedoch
icht bestehen. Wenn die Afrikanische Union, was wir
lle wollen, künftig mehr Verantwortung übernehmen
oll, dann muss sie auch handlungsfähig sein. Ihre Hand-
ungsfähigkeit kann sie jetzt durch einen Erfolg in Dar-
ur unter Beweis stellen; denn es ist höchste Zeit, dass
ie Afrikaner ihre Probleme endlich selbst lösen.
Eine erfolgreiche Überwachungsmission kann zu-

ächst die Versorgung der Menschen in Form von Not-
ilfe gewährleisten. Mittelfristig sollte es aber nicht nur
m die Schaffung humanitärer Korridore gehen. Erfor-
erlich sind ebenso entwicklungspolitische Maßnahmen
uch friedensbildender Art. Sie müssen in die Nothilfe
ntegriert werden und zum Aufbau des Landes beitragen.
Angesichts der uns mit großer Sorge erfüllenden
enschenrechts- und Sicherheitslage in Darfur appel-

iere ich an die sudanesische Regierung, die arabischen
ilizen zu entwaffnen, die Zivilbevölkerung vor weite-

en Menschenrechtsverletzungen zu schützen, den inter-
ationalen Hilfsorganisationen uneingeschränkten Zu-
ang nach Darfur zu gewähren und den herrschenden
ustand der Straflosigkeit zu beenden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD])


13618 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004


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)

Dr. Egon Jüttner

Die Menschen in Darfur brauchen dringend Frieden.

Deshalb stimmen wir dem Antrag der Bundesregierung
auf Unterstützung der Überwachungsmission zu.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1514601500

Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über die Beschluss-

empfehlung des Auswärtigen Ausschusses auf Druck-
sache 15/4257 zu dem Antrag der Bundesregierung zum
Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Unterstüt-
zung der Überwachungsmission AMIS der Afrikani-
schen Union. Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf
Drucksache 15/4227 anzunehmen. Es ist namentliche
Abstimmung verlangt. Zu dieser namentlichen Abstim-
mung liegen mir zwei Erklärungen vor, und zwar von
den Kollegen Wolfgang Börnsen (Bönstrup) und Jürgen
Koppelin.1)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte, bei der
Stimmabgabe sorgfältig darauf zu achten, dass die
Stimmkarten, die Sie verwenden, Ihren Namen tragen.

Ich bitte nun die Schriftführerinnen und Schriftführer,
die vorgesehenen Plätze einzunehmen. – Sind alle Plätze
eingenommen? – Das ist der Fall. Dann eröffne ich die
Abstimmung.

Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine
Stimme nicht abgegeben hat? – Das ist offensichtlich
nicht der Fall. Dann schließe ich die Abstimmung und
bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der
Auszählung zu beginnen. Das Ergebnis der Abstimmung
wird Ihnen später bekannt gegeben.2)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie herz-
lich, Platz zu nehmen, damit wir die Beratungen fortset-
zen können und wir allen Rednern Gelegenheit geben zu
sprechen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 21 auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Werner Hoyer, Harald Leibrecht, Rainer
Funke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der FDP
Zukunft für Tschetschenien
– Drucksache 15/3955 –

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Stunde vorgesehen, wobei die Fraktion
der FDP neun Minuten erhalten soll. – Ich höre keinen
Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Kollegen
Werner Hoyer das Wort.

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1) Anlagen 2 und 3
2) Seite 13621

(C (D Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In ieser Debatte geht es nicht nur, ja nicht einmal in erster inie um Tschetschenien. Es geht um Widersprüche, chwere Fehler und beachtliche Risiken der deutschen usslandpolitik – Widersprüche, Fehler und Risiken, die as deutsche und das europäische Interesse an wirklich onstruktiven Beziehungen zu Russland aufs Spiel seten. Wir legen Ihnen heute einen Antrag vor, für den wir icht die ursprüngliche Autorenschaft beanspruchen. ieser Antrag wurde vom Kieler Parteitag von Bündis 90/Die Grünen wortgleich so beschlossen. n dem Antrag werden Menschenrechtsverletzungen urch russische Streitund Sicherheitskräfte in Tschetchenien offen angesprochen und massiv kritisiert. Das ernichtende, aber zutreffende Urteil lautet, die russiche Politik sei „nicht geeignet und in der Lage, den aukasus zu befrieden“. Der Kreml wird aufgefordert, ndlich eine politische Lösung für den Konflikt anzutreben. Der Antrag geht aber ausdrücklich über die reine schetschenienpolitik hinaus und ordnet das Thema in en Gesamtzusammenhang ein. Er kritisiert Präsident utin auch ausdrücklich für seine Maßnahmen zur „Forierung des russischen Zentralstaats“ und zur „Einchränkung der Presseund Meinungsfreiheit sowie der emokratischen Strukturen“. All das, liebe Kolleginnen nd Kollegen, ist wichtig und richtig und verdient Bechtung in der deutschen Russlandpolitik. Allerdings indet sich unglücklicherweise nichts davon in der Poliik der Bundesregierung wieder. iese Politik wird nun einmal von einem grünen Außeninister verantwortet. Es kann doch nicht sein, dass Außenminister Fischer uf dem eigenen Parteitag weiße Salbe auf die grüne eele schmiert und dann als Regierungsmitglied die Kriik und die Forderungen ignoriert, die er selbst beim Pareitag mit aufstellt. Herr Fischer macht in der Russlandolitik nahezu schweigend genau das mit, was seine artei zu Recht kritisiert. Der „Spiegel“ hat das zutrefend als „grüne Selbstverleugnung“ bezeichnet. (Beifall bei der FDP – Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist Unsinn und falsch!)

Dr. Werner Hoyer (FDP):
Rede ID: ID1514601600

(Zuruf von der CDU/CSU: Hört! Hört!)


(Beifall bei der FDP)


Uns geht es bei dieser Debatte aber vor allem darum,
ine neue, eine besonnene und konsistente Russlandpoli-
ik der Bundesregierung einzufordern. Gute Beziehun-
en und eine möglichst enge Zusammenarbeit mit
ussland sind und bleiben für die Europäische Union,
ber ganz besonders für uns Deutsche ein herausragend
ichtiges Ziel. Damit aus dieser Zusammenarbeit aber
ine wirkliche Partnerschaft werden kann, muss Russ-
and auf dem Weg zu Demokratie, Rechtsstaatlichkeit
nd Marktwirtschaft, also auf dem in den 90er-Jahren
ingeschlagenen Reformkurs weiter voranschreiten, ge-

(B)


Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 13619


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(B) )


Dr. Werner Hoyer

nauer gesagt, muss es dorthin zurückkehren, denn die
gegenwärtige Entwicklung gibt Anlass zu größter Sorge.

Präsident Putin hat mit seiner gelenkten Demokratie
eine neue Regierungsform etabliert und ein Paradoxon
zur Leitlinie gemacht: Lenkung und Demokratie. Mit
diesem Zusammenhang habe ich allerdings einige
Schwierigkeiten. Putins Politik ist nicht auf Reformen,
Demokratisierung und Rechtstaatlichkeit ausgerichtet,
sondern auf Stabilität, Machterhalt und die Bewahrung
und Wiederherstellung russischer Größe. Es gibt in
Russland kaum noch unabhängige elektronische Me-
dien. Die Justiz ist nicht mehr unabhängig und es gibt
keine – zumindest keine effektive – zivile Kontrolle über
die Sicherheitsorgane.

Darüber sind sich übrigens alle einig: die Russlandex-
perten in Deutschland, in Europa und in den Vereinigten
Staaten. Nur die deutsche Russlandpolitik sieht das of-
fensichtlich anders. Bundeskanzler Schröder hat den rus-
sischen Präsidenten im deutschen Fernsehen vor zehn
Tagen als „lupenreinen Demokraten“ öffentlich geadelt.
Er sprach von seinem Grundvertrauen darauf, dass Putin
Russland zu einer ordentlichen Demokratie machen
wolle. Was Putin anstrebt, ist allerdings keine ordentli-
che, sondern eine geordnete, eben eine gelenkte Demo-
kratie. Damit bremst und behindert er die Demokratisie-
rung, statt sie zu befördern.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Bei seinem Treffen mit Präsident Putin in Sotschi im
Sommer dieses Jahres ging der Bundeskanzler noch wei-
ter. Er testierte keine empfindliche Störung der Wahlen
in Tschetschenien und stellte dem Präsidenten für dessen
Tschetschenienpolitik damit sogar eine Art demokrati-
sches Gütesiegel aus. Die OSZE-Wahlbeobachtermis-
sion hat das ebenso wie die Sprecherin der EU-Kommis-
sion völlig anders gesehen und von weder freien noch
fairen Wahlen gesprochen. In dem heute vorliegenden
Antrag, zu dem auch Sie sich hier bekennen sollten, wer-
den die Wahlen als das bezeichnet, was sie wirklich wa-
ren: eine Farce.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Dr. Friedbert Pflüger [CDU/CSU])


Der Bundeskanzler bestätigt seinem Freund Wladimir
Putin auch im Hinblick auf den Jukos/Chodorkowski-
Prozess ausdrücklich, mit rechtsstaatlichen Mitteln vor-
zugehen. Das wiederum sieht der Koordinator für die
deutsch-russischen Beziehungen, der wirkliche Russ-
landkenner Erler, ganz anders. Er spricht von Zweifeln
an der russischen Rechtspraxis und Zweifeln an der Sou-
veränität von Präsident Putin im Umgang mit potenziel-
len Rivalen und Konkurrenten. Das sieht auch meine
Kollegin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger als Be-
richterstatterin der Parlamentarischen Versammlung des
Europarates so.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


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(C (D Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des ngesprochenen Kollegen Erler? Selbstverständlich. Herr Kollege Hoyer, ich schätze Sie als einen sehr se iösen Kollegen in diesem Hause. Deswegen bin ich ber Ihre Rede etwas verwundert und möchte Ihnen folende Frage stellen: Würden Sie mir zustimmen, dass es uch parlamentarische Möglichkeiten gibt, das Thema schetschenien selbst in die Hand zu nehmen und zu beandeln, wie das in meiner Fraktion zum Beispiel der ollege Bindig durch seinen langjährigen Einsatz im ahmen seiner Tätigkeit im Europarat macht und wie uch ich das mit demonstrativen Akten, Kontakten und esprächen mit russischen Menschenrechtsorganisatioen mache? Finden Sie es nicht ein bisschen dürftig, hier einen ntrag zu vertreten, der – so würde man das im bürgerlihen Leben sagen – ein Plagiat eines Beschlusses der rünen ist, und so zu tun, als hätten Sie als Parlamentaier keine einzige Möglichkeit, selbst tätig zu werden? ch habe zu diesem Thema noch nie einen Kollegen aus hrer Fraktion in irgendeiner Weise tätig werden sehen. Ihre letzte Bemerkung erschwert mir meine Antwort; n sich schien sie leicht zu sein. Denn ich finde es nicht air, dass Sie über die Bemühungen unserer Kolleginnen nd Kollegen im Menschenrechtsausschuss, in der Paramentarischen Versammlung des Europarates und im uswärtigen Ausschuss einfach hinweggehen. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1514601700
Dr. Werner Hoyer (FDP):
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Dr. h.c. Gernot Erler (SPD):
Rede ID: ID1514601900

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Dr. Werner Hoyer (FDP):
Rede ID: ID1514602000

nsonsten, Herr Kollege Erler, ist das schon ein Pro-
lem. Im Laufe meiner bisherigen parlamentarischen
ätigkeit habe ich noch nie zu dem Instrument gegriffen,
inen Antrag einer anderen Partei zu übernehmen und
inzubringen. Ich hatte allerdings die große Sorge, dass
ieser Antrag, den ich für sehr gut halte, von der Frak-
ion Bündnis 90/Die Grünen nicht in den Deutschen
undestag eingebracht wird, weil dann der Widerspruch
ur Russlandpolitik der Bundesregierung deutlich wer-
en würde.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


eswegen mögen Sie mir dieses Stilmittel verzeihen.
Ich denke, das Wichtigste ist, dass der Deutsche Bun-

estag, der in der Russlandpolitik nach meiner Auffas-
ung weiter ist als die Bundesregierung – das zeigen
uch viele Initiativen von Kolleginnen und Kollegen –,
n dieser Frage eine Position vertreten kann, durch die
ie Bundesregierung zum Jagen gebracht wird. Herr
ollege, wir haben doch am Beispiel der Chinapolitik

13620 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004


(A) (C)



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Dr. Werner Hoyer
und des Waffenembargos gesehen, wie der Deutsche
Bundestag durch seine Positionierung auch in der Bun-

schaft kommt. Dafür müssen wir die Reformen und die
Reformer in Russland unterstützen. Wir dürfen Russland
desregierung Bewegung ausgelöst hat.

(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Wir sind wei ter als der Kanzler!)

Genauso sollten wir das auch bei der Russland- und der
Tschetschenienpolitik machen; denn über die Ziele kön-
nen wir uns sehr schnell verständigen. Wir geben Ihnen
mit diesem Antrag die Gelegenheit, sich zu dem zu be-
kennen, was Bündnis 90/Die Grünen – wie ich finde,
sehr wortgewaltig und gut durchformuliert – auf ihrem
Parteitag beschlossen haben.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Meine Damen und Herren, der Bundeskanzler ist mit
Präsident Putin befreundet. Ich kritisiere das überhaupt
nicht, im Gegenteil: Gerade das deutsch-russische Ver-
hältnis braucht auch eine persönliche, eine emotionale
Dimension. Russland hat gegenüber dem Westen seit je-
her ambivalente Empfindungen: Oft hat es sich abge-
lehnt gefühlt, nicht hinreichend wahrgenommen in der
Größe und Bedeutung seiner Kultur, in seinem menschli-
chen Reichtum, ja in seiner Würde. Da ist russisch-deut-
sche Freundschaft ein gutes Gegenmittel. Wie oft ist
Bundeskanzler Helmut Kohl von denen, die uns heute
regieren, dafür kritisiert worden, dass er eine Freund-
schaft zu Präsident Jelzin gepflegt hat! Das ist als „Sau-
nabekanntschaft“ abqualifiziert worden. Ich frage mich
bisweilen, ob das größte Wunder in den russisch-deut-
schen Beziehungen des letzten Jahrzehnts, der friedliche,
völlig problemlose und würdige Abzug der russischen
Streitkräfte aus Ostdeutschland, ohne diese Freundschaft
möglich gewesen wäre.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ob der jetzige Bundeskanzler mit Präsident Putin im
Hinblick auf die Ukraine seine Freundschaft erstmals
tatsächlich einbringen kann, ist noch abzuwarten. Ich
muss es nach den Ergebnissen der gestrigen Gespräche
von Präsident Kutschma in Moskau leider eher bezwei-
feln. Jedenfalls darf diese Freundschaft nicht den Blick
auf die Realität in Russland und auf die Politik des
Kremls verklären, sie darf nicht zur alleinigen Leitlinie
der deutschen Russlandpolitik werden. Eine solche
Freundschaft muss belastbar sein.


(Beifall bei der FDP)

Gute freundschaftliche Beziehungen und eine enge

Zusammenarbeit mit Russland sind wichtig; darüber
sind wir uns einig. Die lange Geschichte der Beziehun-
gen ist immer durch Schwanken zwischen Extremen ge-
prägt gewesen. Dieses Schwanken zwischen Extremen
gilt es jetzt durch eine wirkliche Partnerschaft abzulö-
sen. Eine wirkliche Partnerschaft kann es nur mit einem
Russland geben, mit dem eine Wertepartnerschaft be-
steht, die auch gelebt wird. Wir können und sollten alles
daransetzen, dass es zu einer solchen echten Partner-

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(D icht auf den Dreiklang Stabilität, Kampf gegen den inernationalen Terrorismus und Energielieferant bzw. urzfristiger Absatzmarkt reduzieren. Langfristig kann ussland für uns und für alle Europäer sehr viel mehr ein. Um darauf hinzuwirken, müssen wir die russische ivilgesellschaft, die unter Präsident Putin so sehr unter eschuss gekommen ist, stärken. er Petersberger Dialog, den die Bundesregierung azu dankenswerterweise etabliert hat, wird leider imer mehr zu einem Feigenblatt des Kremls für eine seudozivilgesellschaft. Es gibt in Russland unzählige irklich kremlunabhängige NGOs, die von Putin nicht ugelassen werden. Auch mit diesen gilt es zu kooperieen, es gilt, sie gerade wegen des immer schärferen Wines aus dem Kreml zu unterstützen. Wer Putins gelenkte emokratie auch gegenüber den überaus mutigen kritichen Stimmen aus Russland öffentlich verteidigt, der ieht den Ansätzen für eine unabhängige kritische Zivilesellschaft in Russland den Boden unter den Füßen eg. Russisches Roulette und grüne Schizophrenie können ir uns in der Russlandpolitik wirklich nicht leisten. Das aben die russischen Reformer, diese überaus mutigen enschen, nicht verdient, die gegenwärtig mit angehal enem Atem, mit Hoffnung und Ängsten auf die Enticklung in Kiew, auf den Katalysator, der sich dort öglicherweise für die weitere Entwicklung ergibt, chauen. Dafür sind die Chancen, die sich für Russland, ür Deutschland und für Europa aus einer wirklich posiiven Entwicklung einer echten Partnerschaft ergeben önnten, zu groß. Wir dürfen diese Chancen nicht verassen. Umgekehrt mag ich an die Risiken, die mit einer auerhaften Autokratisierung Russlands einhergehen, ar nicht denken. Denn dauerhafte Stabilität lässt sich uf dem Wege, der am Beispiel Tschetscheniens zu bebachten ist, für das russische Riesenreich leider nicht rreichen; die dramatischen Entwicklungen in Tschetchenien haben uns nachhaltig darauf aufmerksam geacht. Herzlichen Dank. Ich komme zurück zu unserer namentlichen Abstimung über den Einsatz bewaffneter deutscher Streiträfte zur Unterstützung der Überwachungsmission MIS der Afrikanischen Union und gebe das von den chriftführerinnen und Schriftführern ermittelte Ergebis der namentlichen Abstimmung bekannt: Abgegeene Stimmen 553. Mit Ja haben gestimmt 540, mit Nein aben gestimmt zehn, Enthaltungen drei. Der Antrag der undesregierung ist damit angenommen. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 13621 Präsident Wolfgang Thierse Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 553; davon ja: 540 nein: 10 enthalten: 3 Ja SPD Dr. Lale Akgün Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Hermann Bachmaier Ernst Bahr Doris Barnett Dr. Hans-Peter Bartels Eckhardt Barthel Klaus Barthel Sören Bartol Sabine Bätzing Uwe Beckmeyer Klaus Uwe Benneter Dr. Axel Berg Ute Berg Hans-Werner Bertl Petra Bierwirth Rudolf Bindig Lothar Binding Kurt Bodewig Gerd Friedrich Bollmann Klaus Brandner Willi Brase Bernhard Brinkmann Hans-Günter Bruckmann Ulla Burchardt Dr. Michael Bürsch Hans Martin Bury Marion Caspers-Merk Dr. Peter Danckert Dr. Herta Däubler-Gmelin Karl Diller Martin Dörmann Peter Dreßen Elvira Drobinski-Weiß Detlef Dzembritzki Siegmund Ehrmann Hans Eichel Martina Eickhoff Marga Elser Gernot Erler Petra Ernstberger Karin Evers-Meyer Annette Faße Elke Ferner Gabriele Fograscher Rainer Fornahl Lilo Friedrich Günter Gloser Uwe Göllner Renate Gradistanac Angelika Graf Dieter Grasedieck Monika Griefahn Gabriele Groneberg Wolfgang Grotthaus K H B K A N H R R D G P M G S G J W Ir F E K C R J K J U D U H K H A D D W F K R A E N V D A H H U D C C C D E G G E D D T L C H U P arl Hermann Haack ans-Joachim Hacker ettina Hagedorn laus Hagemann lfred Hartenbach ina Hauer ubertus Heil einhold Hemker olf Hempelmann r. Barbara Hendricks ustav Herzog etra Heß onika Heubaum abriele Hiller-Ohm tephan Hilsberg erd Höfer elena Hoffmann alter Hoffmann is Hoffmann rank Hofmann ike Hovermann laas Hübner hristel Humme enate Jäger ann-Peter Janssen laus-Werner Jonas ohannes Kahrs lrich Kasparick r. h.c. Susanne Kastner lrich Kelber ans-Peter Kemper laus Kirschner ans-Ulrich Klose strid Klug r. Bärbel Kofler r. Heinz Köhler alter Kolbow ritz Rudolf Körper arin Kortmann olf Kramer nette Kramme rnst Kranz icolette Kressl olker Kröning r. Hans-Ulrich Krüger ngelika Krüger-Leißner orst Kubatschka elga Kühn-Mengel te Kumpf r. Uwe Küster hristine Lambrecht hristian Lange hristine Lehder r. Elke Leonhard ckhart Lewering ötz-Peter Lohmann abriele Lösekrug-Möller rika Lotz r. Christine Lucyga irk Manzewski obias Marhold othar Mark aren Marks ilde Mattheis lrike Mehl etra-Evelyne Merkel U A U M C G F D D D H H J J F D K G D C W R R D K M G O M T A A G B D S H O H U S D W H C W O K F W O G B S D D R E D D W D J D lrike Merten ngelika Mertens rsula Mogg ichael Müller hristian Müller esine Multhaupt ranz Müntefering r. Rolf Mützenich ietmar Nietan r. Erika Ober olger Ortel einz Paula ohannes Pflug oachim Poß lorian Pronold r. Sascha Raabe arin Rehbock-Zureich erold Reichenbach r. Carola Reimann hristel RiemannHanewinckel alter Riester einhold Robbe ené Röspel r. Ernst Dieter Rossmann arin Roth ichael Roth erhard Rübenkönig rtwin Runde arlene Rupprecht homas Sauer nton Schaaf xel Schäfer udrun Schaich-Walch ernd Scheelen r. Hermann Scheer iegfried Scheffler orst Schild tto Schily orst Schmidbauer lla Schmidt ilvia Schmidt agmar Schmidt ilhelm Schmidt einz Schmitt arsten Schneider alter Schöler laf Scholz arsten Schönfeld ritz Schösser ilfried Schreck ttmar Schreiner erhard Schröder rigitte Schulte wen Schulz r. Angelica Schwall-Düren r. Martin Schwanholz olf Schwanitz rika Simm r. Sigrid Skarpelis-Sperk r. Cornelie SonntagWolgast olfgang Spanier r. Margrit Spielmann örg-Otto Spiller r. Ditmar Staffelt L R C R D J J J D W F H R S J U D H H A P R G G D D H L In D A J H D B E B D W H U M C U Il P A N G E V D O D C R P A D J W D K (C (D udwig Stiegler olf Stöckel hristoph Strässer ita Streb-Hesse r. Peter Struck oachim Stünker örg Tauss ella Teuchner r. Gerald Thalheim olfgang Thierse ranz Thönnes ans-Jürgen Uhl üdiger Veit imone Violka örg Vogelsänger te Vogt r. Marlies Volkmer ans Georg Wagner edi Wegener ndreas Weigel etra Weis einhard Weis unter Weißgerber ert Weisskirchen r. Ernst Ulrich von Weizsäcker r. Rainer Wend ildegard Wester ydia Westrich ge Wettig-Danielmeier r. Margrit Wetzel ndrea Wicklein ürgen Wieczorek eidemarie Wieczorek-Zeul r. Dieter Wiefelspütz rigitte Wimmer ngelbert Wistuba arbara Wittig r. Wolfgang Wodarg altraud Wolff eidi Wright ta Zapf anfred Helmut Zöllmer DU/CSU lrich Adam se Aigner eter Altmaier rtur Auernhammer orbert Barthle ünter Baumann rnst-Reinhard Beck eronika Bellmann r. Christoph Bergner tto Bernhardt r. Rolf Bietmann lemens Binninger enate Blank eter Bleser ntje Blumenthal r. Maria Böhmer ochen Borchert olfgang Bosbach r. Wolfgang Bötsch laus Brähmig 13622 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 Präsident Wolfgang Thierse Helge Braun Monika Brüning Verena Butalikakis Hartmut Büttner Cajus Julius Caesar Gitta Connemann Leo Dautzenberg Hubert Deittert Alexander Dobrindt Vera Dominke Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Maria Eichhorn Rainer Eppelmann Anke Eymer Georg Fahrenschon Ilse Falk Dr. Hans Georg Faust Albrecht Feibel Enak Ferlemann Hartwig Fischer Dirk Fischer Axel E. Fischer (KarlsruheLand)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1514602100

(A) )


(B) )


(Hildesheim)


(Extertal)


(Darmstadt)


(Tuchenbach)


(Nürnberg)


(Wiesloch)


(Wolmirstedt)


(Reutlingen)


(A) )


(B) )


(Schönebeck)


Dr. Maria Flachsbarth
Klaus-Peter Flosbach
Dr. Hans-Peter Friedrich

(Hof)


Erich G. Fritz
Jochen-Konrad Fromme
Dr. Michael Fuchs
Hans-Joachim Fuchtel
Dr. Jürgen Gehb
Norbert Geis
Roland Gewalt
Eberhard Gienger
Georg Girisch
Michael Glos
Ralf Göbel
Josef Göppel
Peter Götz
Dr. Wolfgang Götzer
Ute Granold
Reinhard Grindel
Hermann Gröhe
Michael Grosse-Brömer
Markus Grübel
Manfred Grund
Karl-Theodor Freiherr von
und zu Guttenberg

Olav Gutting
Holger Haibach
Gerda Hasselfeldt
Klaus-Jürgen Hedrich
Helmut Heiderich
Ursula Heinen
Siegfried Helias
Uda Carmen Freia Heller
Michael Hennrich
Jürgen Herrmann
Bernd Heynemann
Ernst Hinsken
Robert Hochbaum
Joachim Hörster
Hubert Hüppe
Susanne Jaffke
Dr. Peter Jahr

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r. Egon Jüttner
artholomäus Kalb
teffen Kampeter
mgard Karwatzki
ernhard Kaster

(Bad Dürrheim)

olker Kauder
erlinde Kaupa
ckart von Klaeden
ürgen Klimke
ulia Klöckner
ristina Köhler (Wiesbaden)

anfred Kolbe
orbert Königshofen
artmut Koschyk
homas Kossendey
udolf Kraus
ichael Kretschmer
ünther Krichbaum
ünter Krings
r. Martina Krogmann
r. Hermann Kues
erner Kuhn (Zingst)

r. Karl A. Lamers

(Heidelberg)

r. Norbert Lammert
elmut Lamp
arbara Lanzinger
arl-Josef Laumann
era Lengsfeld
erner Lensing
eter Letzgus
rsula Lietz
alter Link (Diepholz)

duard Lintner
atricia Lips
r. Michael Luther
orothee Mantel
rwin Marschewski

(Recklinghausen)

tephan Mayer (Altötting)

r. Conny Mayer (Freiburg)

r. Martin Mayer

(Siegertsbrunn)

olfgang Meckelburg
r. Michael Meister
r. Angela Merkel
riedrich Merz
oris Meyer (Tapfheim)

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ans Michelbach
laus Minkel
arlene Mortler
r. Gerd Müller
tefan Müller (Erlangen)

ernward Müller (Gera)

ildegard Müller
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r. Georg Nüßlein
ranz Obermeier
duard Oswald
elanie Oßwald
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r. Friedbert Pflüger
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r. Norbert Röttgen
r. Christian Ruck
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nita Schäfer (Saalstadt)

r. Wolfgang Schäuble
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orbert Schindler
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ngela Schmid
ernd Schmidbauer
hristian Schmidt (Fürth)

ndreas Schmidt (Mülheim)

r. Andreas Schockenhoff
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(C (D laus-Peter Willsch atthias Wissmann erner Wittlich agmar Wöhrl lke Wülfing olfgang Zeitlmann olfgang Zöller illi Zylajew ÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN erstin Andreae arieluise Beck olker Beck ornelia Behm irgitt Bender atthias Berninger rietje Bettin lexander Bonde kin Deligöz r. Thea Dückert utta Dümpe-Krüger ranziska Eichstädt-Bohlig r. Uschi Eid ans-Josef Fell oseph Fischer atrin Göring-Eckardt nja Hajduk infried Hermann ntje Hermenau eter Hettlich lrike Höfken hilo Hoppe ichaele Hustedt utta Krüger-Jacob ritz Kuhn enate Künast arkus Kurth ndine Kurth r. Reinhard Loske nna Lührmann erzy Montag erstin Müller infried Nachtwei hrista Nickels riedrich Ostendorff imone Probst laudia Roth rista Sager hristine Scheel mingard Schewe-Gerigk ezzo Schlauch lbert Schmidt etra Selg rsula Sowa ainder Steenblock ilke Stokar von Neuforn ans-Christian Ströbele ürgen Trittin arianne Tritz r. Antje Vogel-Sperl r. Antje Vollmer r. Ludger Volmer osef Philip Winkler argareta Wolf Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 13623 Präsident Wolfgang Thierse (Beifall bei der SPD sow des BÜNDNISSES 90/DI derspruch bei der FDP)


(A) )


(B) )


vielmehr soll der Tschetschen
sches innenpolitisches Manöv
Mich erschreckt dieses Manöve


(Beifall bei der SPD und DIE GRÜN Ich habe immer gedacht, das Menschenrechte über alle Frak beiten, uns für die Menschen i von Menschenrechtsverletzung (Markus Löning [FDP]: D kanzler! Er hat auch eine ie bei Abgeordneten E GRÜNEN – Wi ienkonflikt für ein taktier missbraucht werden. r. dem BÜNDNIS 90/ EN)

s wir auf dem Gebiet der
tionen hinweg daran ar-
n Not und für die Opfer
en einzusetzen.
a sitzt der Bundes-
eigene Meinung!)

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entlichkeit ist dadurch nicht zu
erden die existenzielle Not d
chenien weiterhin zum Ausga
achen.


(Beifall des Abg. Gert W loch] [SP iese zu beenden und den Me pektive für ein angstfreies Leb orrang vor den Bemühungen usslandpolitik als Ganzes zu ollen, dann beantragen Sie do chen Russlandpolitik (Markus Löning [FDP]: M rade!)

täuschen. Wir jedenfalls
er Menschen in Tschet-
ngspunkt unserer Politik

eisskirchen [Wies-
D])
nschen wieder eine Per-
en zu ermöglichen, muss
haben, hier Kritik an der
betreiben. Wenn Sie das
ch eine Debatte zur deut-

achen wir doch ge-
und um Tschetschenien auseinander zu setzen, solche effekthascherische Politik. Die informierte Öf-
FDP
Dr. Karl Addicks
Daniel Bahr (Münster)

Rainer Brüderle
Angelika Brunkhorst
Ernst Burgbacher
Helga Daub
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Horst Friedrich (Bayreuth)

Dr. Wolfgang Gerhardt
Hans-Michael Goldmann
Joachim Günther (Plauen)

Dr. Karlheinz Guttmacher
Dr. Christel Happach-Kasan
Klaus Haupt

Ulrich Heinrich
Dr. Werner Hoyer
Michael Kauch
Hellmut Königshaus
Gudrun Kopp
Sibylle Laurischk
Ina Lenke
Markus Löning
Dirk Niebel
Günther Friedrich Nolting
Hans-Joachim Otto

(Frankfurt)


Eberhard Otto (Godern)

Detlef Parr
Cornelia Pieper
Dr. Andreas Pinkwart
Dr. Rainer Stinner

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Nun erteile ich dem Kollegen Rudolf Bindig, SPD-
Fraktion, das Wort.


Rudolf Bindig (SPD):
Rede ID: ID1514602200

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Der Vorgang um den Antrag, den wir hier diskutieren
und der den Titel „Zukunft für Tschetschenien“ trägt, ist
schon bemerkenswert. Die FDP reicht dem Deutschen
Bundestag einen Text ein, der wortgleich einer Entschlie-
ßung des letzten Parteitages von Bündnis 90/Die Grünen
entspricht.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Als Antragsteller sind die Namen vieler Mitglieder der
FDP-Fraktion aufgeführt.

Dass sich die FDP in einer so wichtigen Frage den
Feststellungen und Wertungen der Grünen voll an-
schließt, erstaunt etwas, ist letztlich aber ihre Sache.


(Dirk Niebel [FDP]: Wir wollen mal sehen, wie die Grünen das sehen!)


Politisch hat das Vorgehen der FDP für mich allerdings
einen mehr als faden Beigeschmack.


(Zurufe von der FDP: Oh!)

Absicht der FDP ist es nämlich offensichtlich nicht, sich
ernsthaft mit den Problemen und Nöten der Menschen in

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(C (D ürgen Türk r. Guido Westerwelle r. Claudia Winterstein ein DU/CSU r. Wolf Bauer olfgang Börnsen illy Wimmer DP tto Fricke ainer Funke r. Heinrich L. Kolb Jürgen Koppelin Dr. Volker Wissing Fraktionslose Dr. Gesine Lötzsch Petra Pau Enthalten CDU/CSU Manfred Carstens Kurt-Dieter Grill FDP Gisela Piltz ch habe immer geglaubt, dass dies unser gemeinsames nliegen und unsere gemeinsame Triebkraft ist. (Dr. Werner Hoyer [FDP]: Das stimmt doch auch!)


(Bönstrup)


ie Tatsache, dass die FDP einen Antrag der Grünen
inreicht, um damit ein innenpolitisches Spiel zu treiben,
it dem Ziel, herauszufinden, ob man nicht da oder dort
ielleicht unterschiedliche Einschätzungen von Abge-
rdneten der Grünen, der SPD und der Bundesregierung
zw. dem Bundeskanzler bloßlegen kann, stellt meiner
einung nach einen Niedergang der menschenrechtli-
hen und außenpolitischen Seriosität der FDP dar.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Rainer Stinner [FDP]: Das nun wirklich nicht!)


a wir bei diesem Spiel nicht mitspielen wollen, sage
ch gleich: Wir wollen diesen Antrag zur weiteren Bera-
ung an die Ausschüsse überweisen. Das beantrage ich
iermit zugleich für die SPD-Fraktion.
Die verzweifelte Lage der Menschen in Tschetsche-

ien, die Leiden der Opfer, aber auch der schwere Dienst
er Sicherheitskräfte und Soldaten, die häufig auch nur
pfer in dieser Kriegsmaschinerie sind, verbieten eine

13624 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004


(A) )



(B) )


Rudolf Bindig

und schreiben Sie nicht „Zukunft für Tschetschenien“
über Ihren Antrag.

Der andauernde Konflikt in Tschetschenien ist die
offene Wunde in der Politik der Russischen Föderation
und eine Tragödie für die Menschen in Tschetschenien
und den angrenzenden Regionen im Kaukasus. Auch
wenn zurzeit andere politische Ereignisse die Schlagzei-
len beherrschen, so ist die politische und menschenrecht-
liche Lage in der Republik Tschetschenien doch weit da-
von entfernt, sich zu normalisieren oder bereits normal
zu sein. Fast täglich kommt es zu neuen Anschlägen und
Gewaltaktionen.

Am 10. Dezember ist der Tag der Menschenrechte. Es
ist daher angebracht, dass wir den Konflikt in Tschet-
schenien aus der Sicht der dort lebenden Menschen mit
ihren alltäglichen Nöten und Ängsten sehen und ihretwe-
gen die politischen Anstrengungen intensivieren, um den
Konflikt einzudämmen und die Lage der Menschen zu
verbessern. Voraussetzungen dafür sind, die Ursachen
des Konflikts zu analysieren und die Verursacher der
Tragödie klar zu benennen.

Schwerste Menschenrechtsverletzungen und straf-
rechtliche Akte werden von allen Konfliktbeteiligten
begangen. Unmissverständlich zu verurteilen sind Ter-
rorakte wie der Anschlag auf zwei Flugzeuge, die
abstürzten, das Selbstmordattentat in der Nähe einer
U-Bahn-Station in Moskau, die Geiselnahme von Hun-
derten unschuldiger Kinder und ihrer Familienangehöri-
gen in Beslan und das schreckliche Blutbad, welches die
Geiselnahme beendete. Für derartige Angriffe auf un-
schuldige Zivilisten kann es keine Entschuldigung ge-
ben.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Unmissverständlich zu verurteilen sind auch alle übri-
gen Morde, welche durch illegal bewaffnete Gruppen in
Tschetschenien, Inguschetien, Ossetien und Dagestan
stattgefunden haben und stattfinden.

Schwere Verbrechen an der Zivilbevölkerung werden
aber auch von den unterschiedlichen föderalen und pro-
russisch-tschetschenischen Sicherheitskräften während
ihrer Sonderoperationen in der Republik Tschetschenien
sowie in zunehmendem Maße in benachbarten Regionen
begangen. Die Liste der Menschenrechtsverletzungen ist
lang: Morde, Verschwindenlassen von Personen, Folter,
Geiselnahme, Vergewaltigung und willkürliche Inhaftie-
rung.

Diese Spirale der Gewalt aus terroristischen Akten il-
legal bewaffneter Gruppierungen einerseits und Gewalt-
aktionen der russischen Sicherheitskräfte andererseits
muss unterbrochen und umgekehrt werden. Ohne ein
Ende der Gewalt und ohne Bestrafung der Täter kann es
keine nachhaltige politische Lösung geben.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


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(C (D Der Konflikt hat vielfältige Ursachen. Es geht eben icht nur, wie die russische Regierung immer wieder beauptet, um die Konfrontation mit dem internationalen errorismus radikal-islamistischer Prägung. Der Konlikt hat seine Wurzeln vor allem in der russischen Gechichte selbst und in der Unterentwicklung der Region. urch das unterschiedslos brutale Vorgehen der russichen Sicherheitskräfte sowohl gegen die Zivilbevölkeung als auch gegen die tschetschenisch-nationalistichen Akteure ist der Konflikt selbst zu einer Brutstätte mmer neuer Gewalthandlungen geworden. Die aktuelle ewalt erneuert sich ständig aus dem Konflikt heraus, er wechselseitig Angst und Hass erzeugt. Zwar hat mit der Länge des Konfliktes auch der Ein luss international operierender Terroristen zugenomen. Aber dies ist nicht die Hauptursache dieses Konliktes. In Tschetschenien herrscht ein Klima der Strafloigkeit, da die tschetschenischen und föderalrussischen trafverfolgungsbehörden noch immer entweder nicht illens oder nicht in der Lage sind, die für die Menchenrechtsverletzungen Verantwortlichen zur Rechenchaft zu ziehen. Dieses Klima der Straflosigkeit ist inwischen auch auf Inguschetien übergesprungen. Damit roht sich der Konflikt im Nordkaukasus wie eine Epiemie auszubreiten und die Rechtsstaatlichkeit auch in nderen Gebieten der Russischen Föderation zu gefähren. Wie groß die Gefahr ist, zeigen zwei beängstigende ntwicklungen. Vom Generalstaatsanwalt der Russichen Föderation wird gefordert, dass der Staat das echt hat, Verwandte mutmaßlicher Terroristen als Geiel zu nehmen und ihnen Folter und Mord androhen zu önnen. Mit dieser Sippenhaft will man Terroristen wingen, sich zu ergeben. Beunruhigend ist auch, dass s schwere Verbrechen an jenen Menschen und ihren Failienangehörigen gegeben hat, die vor dem Europäichen Gerichtshof für Menschenrechte geklagt haben. Zur Beschreibung der Menschenrechtslage in der Re ublik Tschetschenien habe ich im Auftrag des Europaates einen umfangreichen Bericht erstellt, der auf der asis von Informationen von Nichtregierungsorganisaonen und offiziellen Quellen viele Einzelfälle schwerster enschenrechtsverletzungen dokumentiert. Der Bericht nd die Feststellungen sind von einigen – ich betone: eiigen – russischen Politikern heftig kritisiert worden. llerdings ist von offizieller russischer Seite in keinem onkreten Fall eine Unkorrektheit nachgewiesen woren. Die wachsende Kritik in Russland an menschenechtsorientierten Nichtregierungsorganisationen ist völig ungerechtfertigt und deshalb zurückzuweisen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


iese Organisationen leisten eine hervorragende Arbeit.
udem gilt es nicht, diejenigen zu kritisieren, die Men-
chenrechtsverletzungen aufdecken und dokumentieren,
ondern diejenigen zur Verantwortung zu ziehen, die
enschenrechtsverletzungen begehen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 13625


(A) )



(B) )


Rudolf Bindig

Gemeinsam sollten wir deshalb die Regierung der

Russischen Föderation erneut nachdrücklich dazu auf-
fordern, gegen die Menschenrechtsverletzungen durch
ihre eigenen Sicherheitskräfte einzuschreiten und das
Klima der Straflosigkeit in der Republik Tschetschenien
zu beenden. Damit Letzteres tatsächlich geschieht, ist
ein klares politisches Zeichen von höchster politischer
Ebene in Russland erforderlich, also von Präsident Putin
selbst. Er muss anordnen – er muss diese Anordnung mit
seiner Autorität versehen –, dass alle Sicherheits- und
Strafverfolgungsbeamten bei der Ausübung ihrer Pflich-
ten jederzeit die Menschenrechte wahren.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Er muss anordnen, dass sich alle ergriffenen oder ge-
planten Antiterrormaßnahmen im Einklang mit den
Menschenrechts- und Völkerrechtsnormen befinden.
Diese Auffassung sollten wir alle gemeinsam als Abge-
ordnete in Gesprächen und Kontakten mit Abgeordneten
in der Russischen Föderation sowie im Gespräch mit
russischen Regierungsmitgliedern vertreten.


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Der Bundeskanzler auch!)


– Ich weiß, dass auch der Bundeskanzler dies tut. Ich
finde es richtig, dass er zwischen einer Politik der Kon-
takte und der Gespräche, die versucht, Einfluss zu neh-
men, und einer Mikrofondiplomatie oder gar Megafon-
diplomatie, bei der man bestimmte Dinge nur nach
außen proklamiert und innen nichts erreichen kann, un-
terscheidet. Es muss die Möglichkeit gegeben sein, die
Probleme in Tschetschenien in Gesprächen direkt anzu-
sprechen.

Ich weiß, dass zum Beispiel der deutsche Außenmi-
nister, wenn er mit dem russischen Außenminister zu-
sammenkommt, in ganz intensiver Weise die Situation
anspricht und darüber diskutiert. Ich glaube, solch eine
Vorgehensweise ist besser, als den Antrag einer anderen
Partei zum Gegenstand eines eigenen Antrages im Deut-
schen Bundestag zu machen und damit nur innenpoliti-
sche Spiele zu betreiben. Wir können und wollen dies je-
denfalls nicht akzeptieren; wir können und wollen dabei
nicht mitmachen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1514602300

Ich erteile Kollegen Friedbert Pflüger, CDU/CSU-

Fraktion, das Wort.

(Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Jetzt hören Sie mal gut zu!)



Dr. Friedbert Pflüger (CDU):
Rede ID: ID1514602400

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Wenn wir über Tschetschenien reden, dann müs-
sen wir zunächst auch über die furchtbare Geiselnahme
in Beslan reden, wo tschetschenische Terroristen die
vielleicht grausamste Geiselnahme in der Geschichte
durchgeführt haben. Wir führen uns die Bilder vor Au-

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(C (D en: die Bomben, die an Girlanden über Hunderten von indern aufgehängt wurden; Kinder, die gezwungen urden, ihren Urin zu trinken; Kinder, mit deren Köpfen an Fenster eingeschlagen hat. Die Art und Weise, wie ort islamistische Fanatiker – Terroristen – gewütet haen, übersteigt alles, was jedenfalls ich bis dahin geseen habe. André Glucksmann sagt in einem Artikel in „Le onde“ vom 23. September 2004, wer zu so etwas fähig st, … der schreckt vor nichts mehr zurück. Schon gar nicht vor der Hölle. Heute eine gekidnappte Schule, morgen ein in die Luft gesprengtes Atomkraftwerk. Warum nicht, die Terroristen sorgen sich so wenig ums eigene Leben wie um das der anderen. r schreibt im selben Artikel: Die apokalyptische Szene, die sich da am 3. September unter unseren Augen abspielte, hat Zukunft. Eine scheußliche Zukunft. Wie eine dreistufige Rakete zielt sie nicht nur auf Kaukasien und Russland, sondern auf ganz Europa. In der Tat haben wir es hier mit einem Thema zu tun, as weit über den traditionellen Tschetschenienkonflikt, er Jahrhunderte alt ist, hinausgeht. Wir kennen die Berichte über den alten Konflikt zwi chen Tschetschenien und Moskau, etwa aus Leo olstois Buch „Hadschi Murat“ über die 40er-Jahre des 9. Jahrhunderts, als auch schon mit großer Brutalität uf beiden Seiten gekämpft wurde. Damals war das aber in separatistischer, ein nationalistischer, ein ethnischer onflikt. Durch die Islamisierung, durch die Ausbeuung dieses alten Konfliktes durch al-Qaida, durch die inanzierung der Leute, durch das Lehren in terroristicher Kriegsführung – so nennen das die Leute von alaida – ist eine neue Stufe der Brutalität entwickelt woren. Wir haben das zum ersten Mal richtig gesehen, als im ktober 2002 in einem Moskauer Musicaltheater Hunerte von Geiseln gefangen genommen worden sind. Ich abe einen Augenzeugen gesprochen. Er hat erzählt, uner den Geiselnehmern seien junge Leute im Alter von 6 oder 17 Jahren gewesen. Sie trugen islamistische pruchbänder, ohne über ein großes politisches Beusstsein zu verfügen. Sie haben aber immer gesagt, sie eien bereit, für den Emir und für Allah zu sterben. Hier erden junge Leute in einen furchtbaren Konflikt geetzt. Deswegen müssen wir an dieser Stelle zunächst sa en: Wenn es um den Kampf gegen den islamistischen errorismus geht, stehen wir an der Seite Russlands. ir sind in einer gemeinsamen Antiterrorkoalition. Die pfer von Beslan und Moskau sind uns genauso viel rauer wert wie die Opfer vom 11. September 2001 in ew York und Washington. Wenn wir über Tschetscheien reden, müssen wir zunächst den Opfern und ihren amilien in Russland unser Mitgefühl aussprechen. 13626 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 Dr. Friedbert Pflüger Wladimir Putin hat gestern in der indischen Zeitung „The Hindu“ gesagt: Europa und die USA unterstützen tschetschenische Terroristen. – Damit hat er nicht Recht. Das tun wir nicht. Wenn tschetschenische Terroristen in unserem Land Unterschlupf finden, dann werden wir sie festsetzen und ausweisen. Im Rahmen der Untersuchungen zum so genannten Volmer-Erlass ist offenbar geworden, dass zwei tschetschenische Terroristen, die an der logistischen Planung der Moskauer Geiselnahme beteiligt waren, die Brüder Arbi und Ruslan Daudov, offenbar mit einem Visum nach Deutschland kamen. So etwas darf nicht geschehen. Wir dürfen niemals, weder gegenüber Russland, noch gegenüber einem anderen Land in der Welt, den Eindruck vermitteln, Deutschland würde eine Zuflucht bieten, und sei es nur durch eine nachlässige Handhabung der Visapolitik. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


(Beifall im ganzen Hause)


(A) )


(B) )


Wenn es aber wahr ist, dass dieser Konflikt islamisiert
worden ist – ich glaube, das liegt auf der Hand und ist
spätestens seit 1996 der Fall –, und wenn es wahr ist,
dass dieser Konflikt eine internationale Dimension hat,
dann kann Herr Putin diesen Konflikt nicht mehr als rein
russische Angelegenheit bezeichnen. Wenn der Konflikt
eine internationale Dimension bekommt, dann liegt es in
unserem Interesse, zu wissen, wie man den Terrorismus
dort bekämpft.

Diesbezüglich läuft in Tschetschenien wirklich vieles
in eine furchtbare, falsche Richtung. Natürlich muss man
hart gegen Terroristen vorgehen, aber doch nicht gegen
das ganze tschetschenische Volk. Im Augenblick wird
aber alles in einen Topf geworfen. Von russischer Seite
wird nicht mehr zwischen dem nationalistischen Wider-
stand, den Islamisten und dem tschetschenischen Volk
unterschieden. Es gibt keinen Spielraum für Verhandlun-
gen, keinen Spielraum für internationale Vermittlungen.

Die Russen haben vor dem Hintergrund ihres riesigen
Reiches Sorge, dass Separationsbewegungen Schule
machen könnten. Wir wollen ganz deutlich sagen, dass
niemand ein Interesse an einer Destabilisierung der Rus-
sischen Föderation haben kann. Wer sich das ethnische
Geflecht, die vielen Völker, die im Nord- und Südkauka-
sus leben, diesen bunten Teppich von unterschiedlichen
Völkern und Religionen, die dort zusammenleben, an-
sieht, der kann nur sagen: Dagegen sind die Probleme,
die es auf dem Balkan gibt, ein Klacks.

Der Separatismus der Tschetschenen kann bei uns
keine Unterstützung finden; denn er würde zu weiteren
großen Problemen führen. Die Tschetschenen müssen
bei uns aber sehr wohl offene Ohren finden, wenn sie sa-
gen: Wir wollen im Rahmen der Russischen Föderation
unsere Rechte und mehr Autonomie. – Dann müssen wir
sie anhören und unterstützen. Diese Unterstützung dür-
fen wir nicht den Islamisten überlassen.


(Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD]: Tun wir das?)


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(C (D In diesem Zusammenhang ist es nicht klug, wenn der undeskanzler sagt: Die Wahl in Tschetschenien war akeptabel. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


uf dem Parteitag der Grünen – das wurde in den Antrag
er FDP übernommen – wurde gesagt: Die Wahl war
ine Farce. Die Europäische Union, wir alle haben das
esagt. Der Bundeskanzler sollte nicht das genaue Ge-
enteil sagen.
Ich finde es legitim, dass die FDP das aufgreift. Da-

urch wird deutlich, dass hier mit zwei Zungen gespro-
hen wird: Der Bundeskanzler macht Realpolitik und die
rünen gehen an die Basis und sagen: Schaut, wir ma-
hen Menschenrechtspolitik. – Das geht nicht zusam-
en. Sie müssen sich schon entscheiden, was Sie ma-
hen wollen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Rudolf Bindig [SPD]: Es geht um Innenpolitik!)


Es geht nicht um Innenpolitik. Es geht um die Klärung
er Positionen.


(Rudolf Bindig [SPD]: Es geht um Ihre innenpolitische Kleinkariertheit und nicht um die Nöte der Menschen!)


ollege Bindig, Sie haben Recht: Es muss ein Zusam-
enspiel zwischen einem lautstark und klar artikulieren-
en Parlament und einer auf stille Diplomatie setzenden
egierung geben. Aber stille Diplomatie darf kein Alibi
ür Nichtstun werden. Das ist der Verdacht, den wir in
iesem Fall haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Es läuft falsch in Tschetschenien. Es gibt ein sehr ein-

rucksvolles Buch von Anna Politkovskaja – ich werde
ie nächste Woche in Moskau sehen –


(Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD]: Haben Sie die schon einmal gesehen?)


it dem Titel „Tschetschenien – die Wahrheit über den
rieg“. Dort heißt es über einen tschetschenischen Fa-
ilienvater:

Issa … geriet … in ein solches Konzentrationslager
„Filtrationslager“ nennt man dort die Gefangenenlager –

am Rande von Chottuni. Sie drückten ihre Zigaret-
ten auf seinem Körper aus, rissen ihm die Nägel
von den Fingern, ließen wassergefüllte Pepsi-Cola-
Flaschen auf seine Nieren klatschen. … Offiziere
niedriger Dienstgrade, die die kollektiven Verhöre
durchführten, lachten den Tschetschenen ins Ge-
sicht, sie hätten knackige Hintern, und vergewaltig-
ten sie. Mit den Worten: „Weil uns eure Weiber
nicht ranlassen.“

ie Tschetschenen mussten eine furchtbare Tortur über
ich ergehen lassen. Rache dafür zu nehmen – so sagen
ugenzeugen – würde das gesamte Ziel ihres weiteren
ebens sein.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 13627


(A) )



(B) )


Dr. Friedbert Pflüger

Die Frage ist, ob die unvorstellbare Härte, mit der

Moskau dort vorgeht

(Markus Löning [FDP]: Das ist dieser lupen reine Demokrat!)

– das hat auch Herr Bindig in seinem Bericht festgestellt –,
nicht zu immer mehr Terrorismus führt. Ich glaube, diese
Frage müssen wir stellen. Wir stellen sie nicht, um Herrn
Putin in eine Ecke zu stellen oder um die Russische Fö-
rderation zu destabilisieren, sondern um bei der Lösung
dieses schlimmen Konfliktes zu helfen. Das hat mit In-
nenpolitik nichts zu tun,


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Doch!)

sondern es geht um Klärung, Herr Kollege Bindig.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das können Sie jemandem erzählen, der keine Ahnung hat!)


Herr Schröder sagt angesichts einer solchen Sachlage in
der „Süddeutschen Zeitung“, Putins Politik sei der rich-
tige Weg und der vom russischen Präsidenten einge-
schlagene Kurs führe zu innerer und äußerer Sicherheit
und werde von ihm solidarisch mitgetragen. Kollegin
Nickels von den Grünen sagt dazu, Schröders Interview
sei gut gemeint und schlecht gemacht gewesen.


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Das hat früher Herr Fischer zu Herrn Kohl gesagt!)


Die Kollegin Katrin Göring-Eckardt kritisiert Putin mit
den Worten, die Politik der unerbittlichen Härte werde
keine Lösung bringen.

Ich würde dem Außenminister raten, sich vielleicht
ein bisschen stärker in die Russlandpolitik einzumischen
und


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Ein bisschen mehr auf den Bundeskanzler einzuwirken!)


das nicht alles Herrn Schröder zu überlassen und – ich
sage noch einmal: Es geht nicht darum, Putin in eine
Ecke zu stellen – ein offenes Wort unter Freunden zu
sprechen. Sie sind sehr schnell, wenn es ein offenes Wort
gegenüber Amerika zu sagen gilt. Dann verweigern Sie
sich bitte auch nicht, wenn es um ein offenes Wort ge-
genüber Russland geht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Also doch Innenpolitik!)


Bei der Stiftung Wissenschaft und Politik gibt es ei-
nen angesehenen Wissenschaftler, Dr. Uwe Halbach. Er
hat neulich in einem kleinen Kreis bei Herrn Schäuble
einen Vortrag gehalten und die Zahl der Toten in Rela-
tion gesetzt. Tschetschenien hat ungefähr eine Bevölke-
rung von 1 Million Menschen. Nach sehr konservativen
Schätzungen sind 100 000 Zivilisten bei den Tschetsche-
nienkriegen seit 1994 ums Leben gekommen. Wenn man
das auf den Irak umrechnet, dann würde das bedeuten,
dass 2,5 Millionen Menschen im Irak gestorben wären.
Ich habe von der Friedensbewegung und unseren frie-
densbewegten Intellektuellen, die so „mutig“ auf die
Straße gegangen sind, um gegen den Irakkrieg zu de-

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(C (D onstrieren, kaum etwas zu der Tragödie in Tschetscheien gehört, die eine ganz andere Dimension gehabt hat. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Sie haben eine ziemlich einseitige Wahrnehmung!)


Ich komme zum Schluss. Wir müssen jetzt Putin das
ngebot machen, mit dem Europarat und der OSZE an
inem runden Tisch den Versuch zu unternehmen, neben
er Härte gegen Terroristen, die auch wir befürworten,
en anderen die Hand zu geben und vielleicht doch zu
berlegen, ob man nicht Verhandlungspartner auf tschet-
chenischer Seite braucht. Ist Maschadow wirklich das
leiche wie Bassajew? Ist der separatistische Wider-
tand wirklich das Gleiche wie der islamistische? Müss-
en wir hier nicht zusammen – noch einmal: nicht, um
utin in die Ecke zu stellen, sondern um ihm zu helfen –
arangehen, mit internationaler Unterstützung diesen
onflikt zu einer besseren Lösung zu führen? Das ist un-
er Plädoyer.
Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD]: Wer hat denn Sakajew eingeladen?)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1514602500

Ich erteile das Wort Kollegen Winfried Nachtwei,

raktion des Bündnisses 90/Die Grünen.


Winfried Nachtwei (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514602600

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ge-

tatten Sie mir zunächst eine Vorbemerkung. Die FDP
at einen guten Antrag zur Zukunft Tschetscheniens
orgelegt,


(Beifall bei der FDP)

llerdings unter fragwürdigen Umständen.


(Widerspruch bei der FDP)

r ist – darauf ist schon hingewiesen worden – wort-
leich mit dem Beschluss des Parteitags der Bündnisgrü-
en in Kiel Anfang Oktober. Im bürgerlichen Leben
ennt man solche Textübernahmen ohne Quellenangabe
eistigen Diebstahl.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Widerspruch bei der FDP)


Ich will mich aber nicht an der Form festhalten, son-
ern komme jetzt zum Inhalt. Vor drei Monaten erschüt-
erten die Geiselmorde von Beslan und die Sprengung
weier Passagierflugzeuge die Menschen in Russland
nd Europa. Diese Morde waren neue Höhepunkte einer
ürchterlichen Terrorserie gegen Zivilisten und brachten
ine neue Entgrenzung von Gewalt. Solche Taten sind
urch absolut nichts zu rechtfertigen. Mit solchen Ver-
rechern verbietet sich jeder Dialog.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Dr. Werner Hoyer [FDP])


13628 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004


(A) )



(B) )


Winfried Nachtwei

Das Massenverbrechen von Beslan lenkte den Blick

der Weltöffentlichkeit wieder für wenige Wochen auf
den Gewaltkonflikt in Tschetschenien. Er dauert in-
zwischen seit Ende des 18. Jahrhunderts an und vor zehn
Jahren – nämlich am 11. Dezember 1994 – eskalierte er
erneut in den so genannten ersten Tschetschenienkrieg
mit dem Einmarsch der russischen Truppen. Seit 1999
fielen diesem Krieg in diesem kleinen Land – es ist ge-
rade halb so groß wie die Schweiz – mehr als
100 000 Menschen zum Opfer. Mit 80 Prozent der Dör-
fer und Städte Tschetscheniens wurde zugleich die
Grundlage der tschetschenischen Gesellschaft zerstört.
Der enthemmte Gewaltkonflikt ist durch schwerwie-
gende Menschenrechtsverletzungen aufseiten föderaler
und prorussischer so genannter Sicherheitskräfte einer-
seits und von brutalen Angriffen verschiedener bewaff-
neter tschetschenischer Gruppen und Terroristen ande-
rerseits gekennzeichnet.

Es wurde schon darauf hingewiesen: Am Anfang die-
ses Tschetschenienkrieges spielten der extreme Islamis-
mus und Terrorismus fast keine Rolle. Aber die Art der
Kriegsführung fachte offensichtlich das Feuer des isla-
mistischen Terrorismus an. Heutzutage muss man davon
sprechen, dass Tschetschenien ein strategischer An-
griffspunkt für den islamistischen Terrorismus ist.

Allerdings bleibt es weiterhin falsch, den Tschetsche-
nienkonflikt auf einen äußeren Angriff durch islamisti-
sche Terroristen zu reduzieren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Es bleibt dabei, dass er erhebliche innere Ursachen hat.
Die Bundesrepublik und die Europäische Union ha-

ben ein eminentes Interesse an der Eindämmung des
Tschetschenienkonflikts, und zwar erstens wegen unse-
rer menschenrechtspolitischen Glaubwürdigkeit, zwei-
tens wegen unserer strategischen Partnerschaft mit Russ-
land und drittens, weil wir uns solche Brutstätten für
internationalen Terrorismus nicht leisten können.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der SPD)


Wir müssen nüchtern feststellen: Niemand hat für den
Tschetschenienkonflikt eine Lösung parat. Dazu sind die
Verfeindungen und Verwundungen zu tief und die Ge-
waltinteressen zu stark. Zu sehr haben sich die verschie-
denen Beteiligten in fürchterliche Sackgassen verrannt.
Trotzdem sind meiner Ansicht nach Ansatzpunkte für
eine notwendige und viel beschworene politische
Lösung erkennbar.

Erstens. Terrorismusbekämpfung muss Menschen-
rechte und humanitäres Kriegsvölkerrecht einhalten. Al-
les andere wirkt terrorismusfördernd. Die totale Feind-
wahrnehmung beider Seiten muss durchbrochen werden.
Auf russischer Seite muss den Tschetschenen gegenüber
zwischen Separatisten und wirklichen Terroristen unter-
schieden werden.

Zugelassen werden müssen unabhängige Dritte, etwa
Menschenrechtsverteidiger und OSZE-Beobachter, ge-
nauso wie demokratische Legitimität anstelle fernge-

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(C (D enkter Pseudodemokratie und Pseudotschetschenisieung. Hierfür sind die geplanten Wahlen im kommenden ahr eine entscheidende Bewährungsprobe. Mittelfristig önnte auch das Angebot eines Stabilitätspaktes für den aukasus durch die Europäische Union sehr hilfreich ein. Tschetschenien ist ein brennendes Thema der gemein amen Sicherheit in Europa. Hierfür ist ein offener Diaog zwischen Deutschland und Russland auf allen Ebeen unabdingbar. Danke schön. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1514602700

Ich erteile das Wort Kollegin Melanie Oßwald, CDU/
SU-Fraktion.


Melanie Oßwald (CSU):
Rede ID: ID1514602800

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die sieb-

en und achten Klassen der Staatlichen Internationalen
chule Berlin haben vor kurzem die Hintergründe der
ragödie von Beslan durchgenommen. Krönender Höhe-
unkt war eine Simulation der UNO, bei der die Schüler
n die Rolle von Mitgliedern des UN-Sicherheitsrates
chlüpfen mussten. Streng nach den Regeln und den Ge-
flogenheiten der UNO sollten sie eine realistische Lö-
ungsstrategie für den Tschetschenienkonflikt entwerfen.
ine Klasse befürwortete am Ende ihrer Sicherheitsrats-
itzung die völlige Unabhängigkeit Tschetscheniens bei
leichzeitig weit reichenden Antiterrorgarantien der
euen tschetschenischen Regierung. Die anderen drei
lassen kamen zu dem Schluss, dass ein Verbleib
schetscheniens in der Russischen Föderation bei größt-
öglicher innenpolitischer Selbstständigkeit die realis-
ischste Lösungsmöglichkeit für diesen schwer lösbaren
onflikt sein dürfte. Da kann man nur staunen: Siebt-
nd Achtklässler entwickeln Lösungsvorschläge! Aber
nsere Bundesregierung hat anscheinend keinen Lö-
ungsvorschlag in der Tasche, den Schröder seinem Bu-
enfreund Putin überreichen könnte.
Im Gegensatz zur offiziellen Schmusekurspolitik se-

en – Gott sei Dank – andere wie zum Beispiel die Grü-
en durchaus Anlass zur Kritik an der russischen Politik.
ine Änderung des Regierungskurses bewirkt dies aber
eider nicht. Im Gegenteil: Unser Bundeskanzler be-
auptet – ich möchte das wiederholen –, Putin sei ein lu-
enreiner Demokrat. Ich frage mich, ob wir nun viele
ussagen so ironisch sehen müssen wie diese. Es ist
ringender denn je, dass wir eingreifen und Russland in
ieser fast ausweglosen Situation helfen, um eine politi-
che und vor allem demokratische Lösung zu finden.
Die Ankündigung Putins, der Kampf gegen den inter-

ationalen Terrorismus erfordere eine Erneuerung der
esamten Politik für den Nordkaukasus, ist richtig. Die-
er Vorschlag geht aber leider in die falsche Richtung.
mmer deutlicher wird, dass es in diesem Konflikt nur
och Verlierer geben wird. Islamistische Kräfte unterlau-
en zunehmend die sezessionistischen Unabhängigkeits-

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 13629


(A) )



(B) )


Melanie Oßwald

bestrebungen der Tschetschenen zugunsten eigener
Ziele. Moskau darf einerseits keine Islamisierung seiner
südlichen Territorien zulassen und andererseits die Re-
gion nicht ohne geordnete Verhältnisse verlassen. Dies
ist ohne internationale Hilfe schlichtweg unmöglich. Die
Verweigerung der Unabhängigkeit und die fortgesetzte
Brutalität der russischen Truppen gegenüber der Bevöl-
kerung schüren eher das Abdriften der kaukasischen
Moslems in das radikale Lager der Islamisten. Das sind
Islamisten, die keine Hemmungen haben, Gewalt in die
ganze Welt zu tragen.

Die unschuldige Zivilbevölkerung Tschetscheniens
leidet – das ist heute bereits erwähnt worden – seit mehr
als zehn Jahren entsetzliche Qualen. Sie verliert jede
Hoffnung auf eine gute Zukunft und das Vertrauen in
Rechtsstaatlichkeit.

Aufrüsten statt verhandeln, das ist eher die Taktik
Putins im Tschetschenienkrieg. Seine Militärs kennen
bei ihrem Feldzug keine Kompromisse. Die eigentlichen
Ursachen des Konfliktes werden aber leider kaum ange-
sprochen, zum Beispiel die desolate wirtschaftliche und
soziale Lage im gesamten Kaukasus und insbesondere in
dieser Region. Es wird nichts getan, um zum Beispiel
die Bildungseinrichtungen wieder aufzubauen. Seit zehn
Jahren gehen die Kinder dort nicht mehr in die Schule.
Sie nehmen dafür an dem Kriegsgeschehen regen Anteil.

Es bedarf keiner großen Fantasie, sich die Situation
der Frauen, Männer und Kinder vorzustellen, deren Le-
bensgrundlagen seit fast einer Generation systematisch
zerstört werden und deren Väter, Brüder und Söhne vor
ihren Augen verschleppt, misshandelt oder getötet wer-
den. Die internationale Gemeinschaft ist aufgefordert,
dem Konflikt eine noch größere Aufmerksamkeit zu
schenken. Dies ist bis heute leider versäumt worden.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Werner Hoyer [FDP])


Die deutsche Regierung muss ihr wiederholt erklärtes
Menschenrechtsengagement – sie und auch mein Kol-
lege Bindig stellen es immer gern heraus; leider stehen
nicht alle dahinter – endlich ernst nehmen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Sie muss beim russischen Präsidenten darauf dringen,
die Menschenrechtssituation in seinem Land spürbar zu
verbessern. Was Menschenrechte angeht, darf es nicht
nur um PR oder um Macht gehen. Allein seit Jahresbe-
ginn kamen in Tschetschenien mehrere hundert Zivilper-
sonen ums Leben. Meist waren Sicherheitsdienste oder
Streitkräfte für diese Todesopfer verantwortlich.

Allein in dem Viertel des Landes, das als halbwegs si-
cher gilt – auch „Memorial“ darf dort regelmäßig doku-
mentieren –, kamen nur in diesem Jahr ums Leben:
83 tschetschenische Angehörige von Polizei und Armee,
acht Verwaltungsbeamte und 23 Rebellen. Es gab 294 Ent-
führungen. 146 Entführungsopfer wurden wieder freige-
lassen, 20 tot aufgefunden; die anderen 128 werden ver-
misst. Wie ich bereits gesagt habe, gilt dies nur für das

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(C (D iertel des Landes, das als befriedet gilt. Ich möchte das ieber nicht auf das ganze Land hochrechnen. Die Tschetschenen haben ein Recht, in Frieden und ürde zu leben. Auch die russischen Soldaten haben nspruch auf eine politisch durchdachte und vernünftige ösung dieses Bürgerkrieges. Wir müssen endlich den ut haben, mit Russland auch einen kritischen Dialog ber Demokratie und Menschenrechte zu führen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Werner Hoyer [FDP])


lles andere ist feige und hat mit politischer Verantwor-
ung nichts zu tun.
Meine Damen und Herren von der Koalition, die heu-

ige Debatte zeigt: Eigentlich sind wir uns einig, dass es
o nicht weitergehen kann. Ich finde es darum umso be-
auerlicher, dass Sie es nicht geschafft haben, den ange-
ündigten Antrag in die heutige Debatte einzubringen.


(Gernot Erler [SPD]: Das machen wir schon noch, Frau Kollegin!)


as wäre eher politisches Handeln gewesen, als heute
ur zu reden. Ich sehe die rot-grüne Russlandpolitik da-
it als gescheitert an.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1514602900

Ich erteile das Wort Kollegin Gesine Lötzsch.


Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1514603000

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her-

en! Wir als Abgeordnete der PDS begrüßen die Initia-
ive der FDP, die Situation in Tschetschenien auf die Ta-
esordnung des Bundestages zu setzen.
Ebenso wie in der Debatte am Mittwoch stelle ich die

rage: Was sind eigentlich die Ziele deutscher Außenpo-
itik? Bereits in der Debatte über die Situation in der
kraine ist immer wieder die Frage aufgeworfen wor-
en, wie Bundeskanzler Schröder seine demonstrativ en-
en Beziehungen zum russischen Präsidenten Putin
utzt, um auf dessen Politik einen gewissen Einfluss zu
ehmen.
Um nicht falsch verstanden zu werden: Ich finde es

ut und richtig, dass sich die Bundesregierung um gute
eziehungen zu Russland bemüht. Russland ist vom
esten lange genug gedemütigt worden. Der Bundes-
anzler ist zu der Auffassung gekommen, dass die De-
ütigung Russlands ein Irrweg und eine politische Sack-
asse ist. Das können wir als PDS nur unterstützen.


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos] – Dr. Friedbert Pflüger [CDU/CSU]: Das dachten wir auch! – Jörg van Essen [FDP]: Von Russland lernen heißt siegen lernen!)


Andererseits kritisieren wir die Zurückhaltung der
undesregierung in der Tschetschenienfrage. Gegen das
schetschenische Volk wird bereits zum vierten Mal ein
usrottungskrieg geführt. Der vierte Krieg begann im

13630 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004


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Dr. Gesine Lötzsch

September 1999 unter Putin. Er ist bis heute nicht been-
det. Putin setzt weiterhin auf Staatsterror und bewirkt
damit eine Steigerung des Gegenterrors.

Trauriger Höhepunkt war das tödliche Attentat auf
Präsident Kadyrow. In der Person Kadyrow lässt sich
das ganze tragische Schicksal Tschetscheniens nacher-
zählen. Kadyrow war ursprünglich der oberste muslimi-
sche Geistliche Tschetscheniens. Unter dem ersten Präsi-
denten Dudajew hatte er zum Heiligen Krieg gegen die
Russen aufgerufen. Später wurde er zur Marionette des
Kremls, gehasst und verachtet vom tschetschenischen
Volk und schließlich ermordet.

Im September wurden wir alle ohnmächtige Zeugen
der Geiselnahme in Beslan. Opfer waren Kinder, die ge-
rade noch freudig in die Schule gegangen waren. Nach
dem wenigen, was wir heute wissen, waren die Täter
nicht Tschetschenen, sondern Inguschen, die Opfer
nicht Russen, sondern Osseten. Die Inguschen sind mit
den Tschetschenen ethnisch und sprachlich nah ver-
wandt und wurden im Februar 1944 gleichzeitig mit die-
sen nach Mittelasien deportiert. Für diese Deportation
rekrutierten Stalins Geheimdienste Hilfstruppen. Zu die-
sen Hilfstruppen gehörten auch Osseten, westliche
Nachbarn der Inguschen.

Warum gehe ich so detailliert darauf ein? Wir müssen
uns darüber im Klaren sein, dass die Konflikte weit in
die Vergangenheit reichen. Es geht nicht nur um Tschet-
schenien, sondern um den gesamten Nordkaukasus. Die
Verhältnisse sind kompliziert – das leugnet niemand –,
aber trotzdem können wir von der Bundesregierung er-
warten, dass sie sich mit dieser komplizierten Situation
entsprechend auseinander setzt.


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])

Wir als PDS sind nicht länger bereit, eine Arbeitsteilung
zu akzeptieren, die da heißt: Schröder ist für die guten
Beziehungen zu Putin zuständig und Fischer redet über
die Menschenrechte.


(Jörg van Essen [FDP]: Wenn er es denn täte! – Gegenruf des Bundesministers Joseph Fischer)


Wir sollten für Tschetschenien die gleichen Maßstäbe
wie für die Ukraine anlegen. Freiheit, Frieden und Men-
schenrechte sind keine abstrakten Forderungen. Ein Weg
zu Frieden, Freiheit und Menschenrechten wird man für
Tschetschenien und den gesamten Kaukasus nur finden
können, wenn man sich mit der Geschichte – nicht nur
der letzten zehn Jahre – auseinander setzt. – Herr Fischer
wird noch sprechen; er braucht nicht dazwischenzuru-
fen.


(Gernot Erler [SPD]: Das hat er gar nicht gemacht!)


Die Bundesregierung ist gefordert, vom Kreml diplo-
matisch, aber konsequent die Achtung des Rechts auf
Selbstbestimmung auch der Tschetschenen einzufordern.
Diese Aufgabe ist schwierig, aber lösbar.

Vielen Dank.

(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])


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(C (D Ich erteile das Wort Kollegen Johannes Pflug, SPD raktion. Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und erren! Lassen Sie mich zunächst eine Bemerkung an en Kollegen Pflüger richten. Herr Kollege Pflüger, Sie aben einige Dinge angesprochen, auf die ich gerne einehen würde, was ich aber wegen meiner begrenzten Reezeit nicht tun kann. Zwei Dinge allerdings möchte ich och ansprechen. Wenn Sie sagen, dass die Friedensbewegung nicht ge en den Terror in Tschetschenien demonstriert, dann ist as schlichtweg falsch. Wir haben in Berlin demonsriert. Den Volmer-Erlass dafür verantwortlich zu machen, ass zwei Terroristen nach Deutschland eingereist sind, err Kollege Pflüger, ist absurd. Dann können Sie geauso gut Herrn Schrempp dafür verantwortlich machen, ass jemand mit einem Mercedes einen Unfall veruracht. (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Ludger Volmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Das war ein Ausflug in die Wirtschaft!)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1514603100
Johannes Pflug (SPD):
Rede ID: ID1514603200

Der Antrag der FDP zum Thema Tschetschenien ent-
ält viele Passagen, denen zugestimmt werden kann.
ber dieser Antrag enthält auch Formulierungen, die
esser unterblieben wären. Dazu gehört zum Beispiel ein
olch verquaster Satz wie:

Die Terroristen haben die zivilisatorischen und
menschlichen Mindeststandards in nicht vorstellba-
rer Weise unterschritten, …

ass die FDP die Ermordung von Schulkindern und ih-
en Eltern in den Kontext einer Formulierung wie „Un-
erschreiten von Mindeststandards“ stellt, ist nicht ak-
eptabel.


(Widerspruch des Abg. Dr. Werner Hoyer [FDP])


Dass Sie den Antrag von Bündnis 90/Die Grünen ab-
eschrieben haben, Herr Hoyer, ist keine Entschuldi-
ung dafür. Sie von der FDP sind es, die diesen Text in
en Deutschen Bundestag eingebracht haben. Deshalb
üssen Sie ihn auch verantworten.
Sie schreiben in Ihrem Antrag:
Der Terroranschlag von Beslan ist durch nichts zu
rechtfertigen.

as ist richtig. Es muss klar sein, dass es in der Beurtei-
ung von Terror nur konsequente Ablehnung und keine
elativierenden Betrachtungsweisen gibt. Die von der
ommission zur Reform der Vereinten Nationen soeben
instimmig angenommene Terrorismusdefinition ist,
eine ich, ein Fortschritt für die internationale Politik.
Wir können uns bei der Bekämpfung von internatio-

alen Terroristen keine Zweideutigkeiten erlauben. Des-

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 13631


(A) )



(B) )


Johannes Pflug

wegen begrüßt die SPD-Bundestagsfraktion – wie Sie es
auch tun – die politische Unterstützung, die die Bundes-
regierung der russischen Regierung beim Kampf gegen
den tschetschenischen und den internationalen Terroris-
mus zuteil werden lässt.


(Dr. Werner Hoyer [FDP]: Darüber sind wir uns einig!)


Der Deutsche Bundestag begrüßt insbesondere die
Aussagen der gemeinsamen Erklärung von Bundes-
kanzler Gerhard Schröder und dem russischen Präsident
Wladimir Putin, die anlässlich des Terroranschlags von
Beslan erarbeitet und am 9. September veröffentlicht
wurde. Darin heißt es unter anderem:

Deutschland und Russland verurteilen alle Akte
und Formen des Terrorismus, ungeachtet der zu-
grunde liegenden Motivation … Beide Länder wer-
den verstärkt zusammenarbeiten, um der globalen
Herausforderung durch den Terrorismus und seinen
Ursachen noch wirksamer entgegentreten zu kön-
nen.

Von besonderem Interesse ist eine Passage in dem
FDP-Antrag – oder soll ich sagen: in dem Grünen-An-
trag? –, die sich mit der Natur und den Zielen des tschet-
schenischen und des internationalen Terrorismus befasst.
Es heißt darin:

Der islamistische Terrorismus, der sich als Netz-
werk um den Kern von El Qaida organisiert hat,
versucht systematisch, die Südgrenze der GUS-Re-
gion zu zersetzen. Nachdem die Terrorgruppen Af-
ghanistan als Basis weitgehend verloren haben, bie-
tet der ungelöste und unkontrolliert eskalierte
Konflikt in Tschetschenien nun einen neuen An-
griffspunkt.
Von hier aus wollen Islamisten die gesamte Kauka-
sus-Region … destabilisieren. Ziel scheint nicht nur
die ideologische Herrschaft zu sein, sondern die
politische Schwächung von Gesellschaften und
Staaten, um im entstandenen Chaos machtpolitisch
Zugriff auf strategische Rohstoffe in Arabien und
Zentralasien zu erlangen, den Westen zu erpressen
und einen allgemeinen Krieg der Kulturen zu pro-
vozieren.

Einmal abgesehen davon, dass dies nur ein Teilaspekt
sehr komplexer Zusammenhänge und historischer Ent-
wicklungen in Tschetschenien ist, ist festzuhalten, dass
Vorschläge wie zum Beispiel der, die Staatengemein-
schaft müsse „Russland und die tschetschenische Gesell-
schaft vom Weg einer friedlichen Konfliktlösung“ über-
zeugen, nicht weiterhelfen. Wie soll denn die
Staatengemeinschaft Terrorgruppen, die Chaos produ-
zieren, um ihre Machtansprüche durchzusetzen, von ei-
ner friedlichen Konfliktlösung überzeugen?


(Dr. Werner Hoyer [FDP]: Wo steht das denn?)

Der Satz „Der Deutsche Bundestag fordert die Men-
schen in Tschetschenien … auf, offen für politische Lö-
sungen zu sein“ ist zwar ein gut gemeinter Ratschlag,
aber hilft natürlich auch nicht weiter.

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(C (D Nun haben wir – das gebe ich gerne zu – auch nicht en Stein der Weisen gefunden. Ich bin aber absolut daon überzeugt – der Kollege Bindig hat das ja auch geagt –, dass jede politische Lösung des Tschetschenienonflikts, zu der sich die russische Regierung mehrfach ekannt hat, mit einer energischen Untersuchung und erfolgung aller Menschenrechtsverletzungen vor Ort nd mit entschlossenen Maßnahmen gegen das sich ausreitende Klima der Straflosigkeit beginnen muss. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


artner für eine politische Lösung des Konflikts wird es
rst geben, wenn die Spirale von Gewalt und Menschen-
echtsverletzungen angehalten wird und die Menschen in
schetschenien durch Lösung der Flüchtlingsprobleme
nd einen tatsächlichen Wiederaufbau eine lebenswerte
ukunftsperspektive erhalten.
Da wir gerade in diesen Tagen hochsensibilisiert auf

ie Ukraine blicken und dort verstärktes Engagement der
uropäischen Union erwarten, sollten wir ebenso mit
lick auf Tschetschenien von der Europäischen Union
ordern, dass sie gemeinsam mit der russischen Regie-
ung die Möglichkeiten zu einer umfassenden Strategie
er Stabilisierung und Vertrauensbildung in der Kauka-
usregion, also so etwas Ähnliches wie einen Stabili-
ätspakt Kaukasus, auslotet. Die Ausrichtung muss so-
ohl auf die sieben russischen Föderationssubjekte im
ordkaukasus als auch auf die südkaukasischen Repu-
liken Georgien, Armenien und Aserbaidschan mit ihren
efährlichen und ungelösten Regionalkonflikten erfol-
en. Anderswo gemachte Erfahrungen mit Strategien zur
tabilisierung von Regionen sollten von der EU genutzt
erden.
Russland sollte trotz seiner ablehnenden Haltung ge-

enüber jeglicher internationaler Einmischung nicht
bersehen, dass sich das Tschetschenienproblem allmäh-
ich zu einem Flächenbrand ausbreiten könnte und die
ilfsbereitschaft und Solidarität der internationalen Völ-
ergemeinschaft dann schnell nachlässt. Das erleben wir
n Afghanistan, im Irak, im Sudan, im Kongo usw.
Im Süden Russlands herrscht ein Bürgerkrieg. Kriege

ind eine besondere Bedrohung für die Menschenrechte.
uf die Frage, wie man auf zivilisierte Weise schwer be-
affnete und gewaltbereite Terroristen bekämpfen kann,
at man in Tschetschenien noch keine befriedigende
ntwort gefunden. Dennoch bestehen wir darauf, dass
ei dem notwendigen Kampf gegen den Terrorismus die
erhältnismäßigkeit der Mittel gewahrt und die Rechte
er Zivilbevölkerung geschützt werden müssen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1514603300

Ich erteile das Wort Bundesminister Joseph Fischer.

13632 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004


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Joseph Fischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514603400

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bedauer-

licherweise führen wir hier eine zweigeteilte Debatte,
nämlich einmal eine innenpolitische über die Frage un-
serer Beziehungen zu Russland und zum anderen darü-
ber – das ist, wie ich meine, die wesentlich wichtigere –,
wie die Tragödie in Tschetschenien beendet werden
könnte. Dazu habe ich leider wenig gehört.

Lassen Sie mich mit dem ersten Teil der Debatte, dem
innenpolitischen Teil, beginnen. Es ist noch gar nicht so
lange her, dass Präsident Putin in Berlin war und hier im
Hause gesprochen hat. Ich habe bei dem Treffen sehr
sorgfältig zugehört. Vieles von dem, was hier angemahnt
wird, hätte dabei direkt vorgetragen werden können. Ich
habe aber wenig Diesbezügliches gehört. Außerdem gab
es während des Bundestagswahlkampfes – die Situation
war damals schon sehr schlimm – Reisen von Kanzler-
kandidaten nach Russland. Ich habe in der Auswertung
der Presseberichte wenig darüber gelesen, dass entspre-
chende Vorstellungen dort vorgetragen worden wären.
Darüber hinaus kann ich mich an den Besuch meines ge-
schätzten Kollegen, des früheren Außenministers Iwanow,
im Auswärtigen Ausschuss erinnern. Ich saß die ganze
Zeit dabei. Schon damals wäre all das vorzutragen gewe-
sen; aber es ist nicht vorgetragen worden.

Ich selbst war das letzte Mal am 12. Februar dieses
Jahres in Moskau. Ich habe mir jetzt die Agenturmel-
dungen heraussuchen lassen, acht Stück. Ich will nur
eine davon zitieren, nämlich Reuters:

Fischer legt deutsche Bedenken gegen Tschetsche-
nienpolitik dar
Bundesaußenminister Joschka Fischer hat bei der
russischen Regierung die deutschen Vorbehalte ge-
gen das Vorgehen Russlands in Tschetschenien un-
terstrichen – im direkten Gespräch mit Putin und
der russischen Delegation. „Wir haben intensiv
über die Entwicklung in Tschetschenien gespro-
chen“, sagte Fischer am Donnerstag nach einem
Gespräch mit dem russischen Präsidenten Wladimir
Putin in Moskau. „Ich habe unsere Besorgnis darge-
stellt, die Frage der Beachtung der Menschenrechte,
der Transparenz, die Frage der inneren Demokratie-
entwicklung.“ Der russische Außenminister Igor
Iwanow sagte bei einer gemeinsamen Pressekonfe-
renz mit Fischer, es sei kein Geheimnis, dass es
Meinungsverschiedenheiten zu Tschetschenien, der
Freiheit der russischen Medien und der Demokratie
in Russland gebe. Fischer und Iwanow betonten, sie
hätten in einem sehr offenen Gespräch diese Mei-
nungsverschiedenheiten ebenso besprochen wie
zahlreiche Themen, in denen Übereinstimmung
zwischen beiden Ländern bestehe.

Ich könnte Ihnen jetzt auch noch die anderen Zitate
vorlegen, meine Damen und Herren.


(Dr. Werner Hoyer [FDP]: Haben Sie das dem Bundeskanzler auch erzählt?)


– Angesichts dieser Meldung müssten Sie Ihren Vorwurf
eigentlich zurücknehmen. Sie sagten, Fischer würde zu
all dem nahezu schweigen. Jetzt weichen Sie nicht auf

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(C (D en Bundeskanzler aus. Ich weiß, dass er in ähnlicher rt und Weise alle Probleme mit dem Präsidenten angeprochen hat, und zwar nicht nur einmal, sondern mehrach. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


as Sie tun, ist kurzsichtig und schlechte Oppositions-
olitik.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1514603500

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
ollegen Pflüger?


Joseph Fischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514603600

Bitte, Kollege Pflüger.


Dr. Friedbert Pflüger (CDU):
Rede ID: ID1514603700

Herr Bundesminister, Ihre Äußerungen, die in den
genturmeldungen wiedergegeben worden sind, sind
ns natürlich bekannt.


(Rainder Steenblock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das merkt man nicht immer!)


rotzdem möchte ich Sie fragen: Finden Sie es richtig,
ass der Bundeskanzler – im Gegensatz zur EU – die
ahlen in Tschetschenien als akzeptabel bezeichnet hat?


Joseph Fischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514603800

Herr Kollege Pflüger, wir, auch der Bundeskanzler,

aben diesbezüglich eine klare Haltung eingenommen.

(Christian Schmidt [Fürth] [CDU/CSU]: Oh! Das ist etwas ganz Neues!)

ch weiß, dass er gerade in den Gesprächen mit Präsident
utin all die Punkte, auf die ich eben eingegangen bin,
räzise angesprochen hat.


(Widerspruch bei der CDU/CSU)

Sie müssen die Antwort schon mir überlassen. – Des-
alb kann ich Ihnen an diesem Punkt nur sagen: Es ist
ehr kurzsichtig, was Sie hier betreiben; denn Sie lenken
ur von dem Widerspruch ab, den es bei Ihnen gibt.


(Lachen des Abg. Eckart von Klaeden [CDU/ CSU])


ch weiß, dass es in der Politik oft schwer ist, Dilemmata
uzugeben.


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Was ist das denn für ein Eiertanz?)


Was für ein „Eiertanz“ denn? Verehrter Kollege, wenn
ie zu der Frage, wie Russland einzubinden ist, nichts
agen können und es dann als „Eiertanz“ bezeichnen,
enn ich auf dieses Dilemma hinweise, zeigt das doch
ur, in welchen Horizonten Sie tatsächlich denken.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Eckart von Klaeden [CDU/ CSU]: Antworten Sie doch darauf, ob die Wahlen akzeptabel sind oder nicht!)


Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 13633


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Bundesminister Joseph Fischer

Kollege Pflüger – Sie können sich ruhig setzen –

(Dr. Friedbert Pflüger [CDU/CSU]: Sie haben die Frage noch nicht beantwortet!)

– ich habe die Frage beantwortet –, den entscheidenden
Punkt haben Sie doch im ersten Teil Ihrer Rede ange-
sprochen – ich bedaure sehr, dass Sie das nicht weiter
ausgeführt haben –, nämlich in welche Richtung sich
Russland entwickelt und wie wir unsere Politik gestalten
müssen. Selbstverständlich ist die Tragödie in Tschet-
schenien dabei von zentraler Bedeutung. Sie haben zu
Recht diesen furchtbaren, grauenhaften Terrorismus an-
gesprochen: die Tatsache, dass die Unterdrückung der
Unabhängigkeitsbestrebungen in Tschetschenien dazu
geführt hat, dass es zunehmend zum Rekrutierungsfeld
des internationalen Dschihad-Terrorismus wird, und an-
dererseits die Konsequenzen, die das für die Entwick-
lung der russischen Demokratie insgesamt haben kann.

Angesichts der Entwicklung müssen wir klar zu unse-
ren Grundsätzen stehen. Wir haben immer die Grund-
sätze unserer Tschetschenienpolitik verfolgt, indem wir
zum einen auf eine politische Lösung des Konflikts ge-
drängt – ich komme gleich auf Elemente dazu zu spre-
chen – und zum anderen klar gemacht haben, dass die
territoriale Integrität Russlands beibehalten werden
muss. Eine weitere Auflösung der Russischen Födera-
tion birgt Konsequenzen, über die sich die wenigsten
Gedanken machen. Diejenigen, die dies so schlankweg
mit Unabhängigkeit gleichsetzen


(Dr. Werner Hoyer [FDP]: Haben wir nicht getan!)


– das habe ich Ihnen doch nicht vorgeworfen; wir müs-
sen uns in dieser Frage, in der Konsens besteht, ja nicht
streiten –, bedenken nicht, was das an weiterer Gewalt
und Instabilität mit sich bringen kann.

Herr Kollege Pflüger, auf meiner Reise in den Süd-
kaukasus vor einigen Monaten habe ich mit den Außen-
ministern und den Staatspräsidenten von Aserbaidschan,
Armenien und Georgien auch über die Tschetschenien-
frage diskutiert. In diesen Gesprächen habe ich zwei Fra-
gen gestellt. Erstens habe ich gefragt, wie man diesen
Konflikt und die Mentalität, die in Tschetschenien da-
hintersteckt, erklären kann. Ich sage ganz offen, dass ich
keine befriedigende Antwort erhalten habe. Meine Ge-
sprächspartner haben mir selbst gesagt, dass sie mir
keine Antwort auf diese Frage geben können. Zweitens
habe ich gefragt, was zu tun ist und wie sich dieser Kon-
flikt lösen lässt. Darauf habe ich sehr widersprüchliche
Antworten erhalten.

Auf unsere berechtigte Kritik kommt von der russi-
schen Seite sofort die Frage: Was schlagt ihr denn vor?
Wenn wir den Namen Maschadow erwähnen und fra-
gen, ob es keine Möglichkeit gibt, einen politischen Pro-
zess mit Maschadow zu beginnen, dann folgt prompt die
Antwort: Mit Terroristen werden wir dies nicht tun; er
hat zu viel Blut an den Händen. Außerdem wird darauf
verwiesen, dass es auch in der Phase zwischen dem ers-
ten Tschetschenienkrieg unter Jelzin und dem zweiten
Tschetschenienkrieg nicht funktioniert hat. Wir können

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(C (D ns doch noch alle sehr gut an die damaligen Zustände n Tschetschenien erinnern. Dennoch sind wir der Meinung, dass alle Möglichkei en ausgelotet werden sollten. Ein Waffenstillstand setzt llerdings Partner voraus. Man sollte sich daher überleen, ob es sinnvoll ist, den Ansatz mit Maschadow weier zu verfolgen. Ich möchte aber hinzufügen, dass dainter – zu Recht – große Fragezeichen stehen. (Dr. Friedbert Pflüger [CDU/CSU]: Natürlich!)


as wissen Sie nur zu gut. Das ist das Dilemma, das ich
u beschreiben versuche und über das wir nicht einfach
inwegdiskutieren dürfen.


(Dr. Werner Hoyer [FDP]: Tun wir auch nicht!)


Ich sage doch gar nicht, dass Sie das tun. Ich habe nur
esagt, dass wir das nicht dürfen.
Ein weiterer wichtiger Punkt in diesem Zusammen-

ang ist die Frage: Kann es gelingen – wenn man einen
artner findet –, einen langfristigen Waffenstillstand auf
er Grundlage der territorialen Integrität der Russischen
öderation zu erreichen? Ich warne davor, die These von
er Internationalisierung einfach in den Raum zu stellen.
enn das Problem mit einem möglichen Stabilitätspakt
ür den Gesamtkaukasus ist: Weder die südlichen Repu-
liken, die ihre Unabhängigkeit bewahren wollen und
ie ihre Besorgnis äußern, noch Russland, das auf seine
erritoriale Integrität achtet, werden diesen Pakt akzep-
ieren.
Den Ansatz, die Verhältnisse mit friedlichen Instru-
enten zu verbessern, um den Prozess in Gang zu set-
en, halte ich für richtig. Aber dieser Ansatz wird an den
ngsten und an den Widersprüchen in der Kaukasusre-
ion sozusagen hängen bleiben. Wir sollten nicht mei-
en, wir könnten den Stabilitätsansatz, wie wir ihn auf
em Balkan entwickelt haben, so einfach auf diese Re-
ion übertragen.
Wir müssen in dieser Situation auch verstehen, wie
ussland die Entwicklung im südlichen und im nördli-
hen Kaukasus sieht. Gestatten Sie mir, dass ich einige
emerkungen zu diesem Punkt mache. Ich mache mir
icht die Position Russlands zu Eigen, aber ich sage,
ass man die russische Seite verstehen muss. Es ist das
rauma des Abstiegs einer Supermacht, die sich einst
uf dem Niveau der Vereinigten Staaten befunden hat.
s ist – ohne jeden Zweifel – das Trauma der territoria-
en Desintegration. Das spielt bei der Ukrainepolitik
es russischen Präsidenten und der russischen Regie-
ung, aber auch bei der Haltung der russischen Öffent-
ichkeit eine ganz entscheidende Rolle.
Bei allem Verständnis für die Situation Russlands ist
eines Erachtens aber auch klar, dass eine erfolgreiche
odernisierung Russlands ohne den Übergang zu einer
odernen Marktwirtschaft, zu einer modernen Zivilge-
ellschaft, zu einer Teilung der Macht innerhalb der un-
erschiedlichen Institutionen sowie ohne eine Festlegung
uf demokratische Grundprinzipien – wir begreifen das
ls Freiheit in der Gesellschaft und in der Wirtschaft –

13634 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004


(A) )



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Bundesminister Joseph Fischer

nicht funktionieren kann. Ich bin der festen Überzeu-
gung, dass eine Erneuerung Russlands letzten Endes da-
von abhängt, ob Russland ein aktiver Faktor in einer
wissensgetriebenen, globalisierten Wirtschaft werden
kann. Eine solche wissensgetriebene, globalisierte Wirt-
schaft lässt sich nur mit freien Individuen, also mit freien
Bürgerinnen und Bürgern erfolgreich organisieren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1514603900

Herr Minister, Sie müssen bitte zum Ende kommen.


Joseph Fischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514604000

Ich komme zum Ende.
Meine Damen und Herren, es ist es wert, einmal aus-

führlich im Plenum oder im Ausschuss über die Russ-
landpolitik zu diskutieren.

Im Hinblick auf die Tragödie in Tschetschenien ste-
hen wir zu unseren Grundsätzen. Ich meine, dass dabei
– ohne dass das eine Einmischung bedeutet – die OSZE
und ihre Beobachtermission, aber auch der Europarat
eine wichtige Rolle des Aufeinanderzuführens spielen
könnten. Moskau zu überzeugen ist alles andere als ein-
fach; das sage ich hier in aller Klarheit. Dennoch werden
wir nicht ruhen, weil wir der Überzeugung sind, dass der
Tschetschenienkonflikt jenseits der großen humanitären
Tragödie ein gewaltiges Destabilisierungspotenzial hat.


(Rainder Steenblock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr richtig!)


Wir werden an unseren Grundsätzen festhalten und wei-
ter eine klare Sprache pflegen. Wir sind unseren Grund-
sätzen verpflichtet. Wenn diese aufgerufen sind, dann
werden wir zu unseren Grundsätzen stehen; das hat die
Bundesregierung immer wieder bewiesen. Aber wir
müssen auch die ganze Komplexität des Problems be-
greifen. Glauben Sie mir, die Entwicklung im Irak und
an anderen Orten macht die Argumentation gegenüber
der russischen Seite nicht unbedingt einfacher.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer)

Insofern verstehe ich die Nöte der Opposition auf der

einen Seite; ich will mich darüber nicht beschweren.
Aber auf der anderen Seite ist es dieses Thema wirklich
wert, vertieft und jenseits dieser innenpolitischen Spiele-
reien diskutiert und positiv vorangebracht zu werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514604100

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Christoph

Bergner, CDU/CSU-Fraktion.


Dr. Christoph Bergner (CDU):
Rede ID: ID1514604200

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Als ich den Antrag, von dessen Herkunft ich erst nach-
träglich erfahren habe, gelesen habe, hat mich die dort

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(C (D etroffene Lageeinschätzung zu zwei Kommentaren heausgefordert. Erster Kommentar: Wir sprechen über eine Region ieser Erde mit höchster Gewaltkonzentration. Wer die usgewiesenen Zahlen, 100 000 Tote, 6 000 Minenopfer m Jahr 2002 – das sind fünfmal mehr als im gleichen eitraum in Afghanistan – und 10 000 gefallene russiche Soldaten, ins Verhältnis zur Größe der Region mit 00 000 Einwohnern setzt – diese Region ist nicht viel rößer als der Freistaat Thüringen –, kann erst einmal eressen, über welches Inferno wir hier reden. Gemessen aran wünschte man sich natürlich mehr öffentliche ufmerksamkeit und mehr problembezogene Diskussioen in den politischen Debatten zu Tschetschenien. Wenn wir darüber hinaus die massive Militärkonzen ration – 100 000 Soldaten befinden sich zeitweise in ieser kleinen Region und 300 000 in der Umgebung – it dem Umstand in Zusammenhang bringen, dass ein roßteil staatlicher Gewaltaktivitäten außerhalb des riegsrechtes liegt, dann, finde ich, sollten wir unsere mpörung über das Verhalten der Amerikaner in Guananamo einmal ins Verhältnis zu unserer Empörung über ie Entwicklung in Tschetschenien setzen. (Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Werner Hoyer [FDP]: Beides ist empörend!)


Ein zweiter Kommentar scheint mir ebenfalls wichtig
u sein. Wir sprechen wirklich über eine Tragödie. Der
onflikt hat tragische Wurzeln – das ist schon mehrfach
ngesprochen worden –, die in die Zeit der zaristischen
olonisation und in die Zeit der stalinschen Deportatio-
en zurückreichen. Er hat aber auch tragische Wurzeln
m Wesen des tschetschenischen Volkes selber. Die Re-
ierung Maschadow ist nach dem Friedensabkommen,
as mit Lebed geschlossen worden war, erkennbar ge-
cheitert. Sie ist auch deswegen gescheitert, weil in die-
er Region ein Clandenken noch so stark vorherrscht,
ass es offenkundig extrem schwierig ist, Institutionen
er Staatlichkeit eigenverantwortlich zu etablieren. Auch
ies sollten wir im Blick haben, wenn wir über diesen
onflikt reden.
Angesichts einer solchen Lageeinschätzung plädiere

ch dafür, dass wir in unserem vergleichsweise behüteten
itteleuropa uns nicht mit altklugen Ratschlägen oder
it besserwisserischen Urteilen über die Situation äu-
ern;


(Dr. Friedbert Pflüger [CDU/CSU]: Sehr gut! – Zuruf von der SPD: Sehr richtig!)


ber ich kann uns angesichts der Dramatik auch nicht
mpfehlen, dass die Repräsentanten der deutschen Poli-
ik mit gespaltener Zunge sprechen. Dies scheint mir
indestens ebenso wichtig zu sein.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

In diesem Zusammenhang, Herr Minister Fischer,
ürde ich gern die FDP vor dem Vorwurf der innenpoli-
ischen Spielerei in Schutz nehmen,


(Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD]: Aber nur ein wenig!)


Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 13635


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(B) )


Dr. Christoph Bergner

denn wenn dieser Antrag zu einem Klärungsprozess in-
nerhalb der Bundesregierung führt,


(Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD]: Das ist nicht nötig!)


welche Positionen man denn nun gegenüber Russland in
Sachen Tschetschenien vertreten will, dann halte ich dies
für einen wichtigen und notwendigen Beitrag.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Ebenso halte ich es für wichtig, ja für unverzichtbar,

dass wir den Dialog mit Russland nicht nur als einen
Dialog hinter verschlossenen Türen nach dem Vorbild
bismarckscher Diplomatie führen. Die Politik der Euro-
päischen Union, die auf eine strategische Partner-
schaft setzt, wird doch nur dann glaubwürdig, wenn wir
einen Dialog der Zivilgesellschaften unterstellen. Zu
diesem Dialog gehört in punkto Tschetschenien sehr vie-
les, was zumindest mir bisher viel zu sehr verdrängt
wurde.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Dass einer der heute meistgefürchteten, gefährlichs-

ten Terroristen, Schamil Bassajew, noch Anfang der
90er-Jahre im Abchasienkonflikt für russische Interessen
gegen georgische Truppen gekämpft hat, macht doch
eine Diskussion über den Zusammenhang zwischen
tschetschenischem Terrorismus und seiner Vorge-
schichte notwendig.

Wenn russische Truppen – übrigens in einem sehr en-
gen Zusammenhang zur ersten Wahl Wladimir Putins
zum Präsidenten; dies war sogar ein Argument für seine
Wahl – mit großer Härte und mit dem Ziel eines Unter-
werfungsfriedens in Tschetschenien agieren, so müssen
wir uns nicht wundern, dass sie den Widerstand in die
asymmetrische Kriegführung treiben und es jetzt terro-
ristische Strukturen gibt, von denen wir zu Recht fürch-
ten, dass sie sich dem Netzwerk des islamistischen Ter-
rorismus anschließen.

Es gibt also viel Raum für offene Diskussionen –
nicht besserwisserisch, aber offen und nicht beschränkt
auf Diplomatie hinter verschlossenen Türen. Wenn die
heutige Debatte und der aus einem Parteitagsbeschluss
abgeleitete FDP-Antrag einen Beitrag dazu leisten, so
erachte ich dies für wichtig und notwendig. Gleichwohl
halte ich es nicht für richtig, über diesen Antrag sofort
hier im Plenum abzustimmen, denn im Hinblick auf das
Problem erkenne ich an dem Parteitagsbeschluss der
Grünen noch zu viele Mängel.

Weil die Lampe aufleuchtet, will ich nur noch zwei
Stichworte nennen. Wir werden mehr Nachdenklichkeit
investieren müssen, als wir in diesem Antrag finden,
wenn wir die Frage beantworten wollen, was Deutsch-
land und die EU zur Lösung des Tschetschenienkonflik-
tes beitragen können.

Hinsichtlich eines zweiten Punktes will ich durchaus
die Sichtweise des Bundesaußenministers unterstützen.

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(C (D Herr Kollege, jetzt können Sie wirklich nur noch ei en Schlusssatz sagen. Ich sage noch einen Satz, Frau Präsidentin: Auch ich alte die Sichtweise „Stabilitätspakt Kaukasus“ für nicht ielführend, sondern wünsche mir Aktivitäten, die zwichen den unterschiedlichen Handlungsrahmen im Südaukasus und im Nordkaukasus unterscheiden. Insofern ohnt es sich, über diesen Antrag im Ausschuss vertieend zu diskutieren. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD]: Das war wenigstens zur Sache! – Weiterer Zuruf von der SPD: Das war eine gute Rede!)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514604300
Dr. Christoph Bergner (CDU):
Rede ID: ID1514604400


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514604500

Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zum Antrag der Fraktion der FDP auf
rucksache 15/3955 mit dem Titel „Zukunft für Tschet-
chenien“. Mir ist gerade mitgeteilt worden, dass die
DP nach der Debatte auf die sofortige Abstimmung
erzichtet, sodass wir gemeinsam davon ausgehen kön-
en, dass Überweisung beantragt ist. Sind Sie damit ein-
erstanden? – Das ist der Fall. An welche Ausschüsse
oll überwiesen werden?


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Nur an den Auswärtigen Ausschuss!)


Sind Sie damit einverstanden? – Dann ist so beschlos-
en.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 20 auf:
– Zweite und dritte Beratung des von den Fraktio-

nen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Geset-
zes über die parlamentarische Beteiligung bei
der Entscheidung über den Einsatz bewaffne-

(Parlamentsbeteiligungsgesetz)

– Drucksache 15/2742 –

(Erste Beratung 100. Sitzung)


– Zweite und dritte Beratung des von den Abgeord-
neten Jörg van Essen, Rainer Funke, Günther
Friedrich Nolting, weiteren Abgeordneten und
der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs ei-
nes Gesetzes zur Mitwirkung des Deutschen
Bundestages bei Auslandseinsätzen der Bun-
deswehr (Auslandseinsätzemitwirkungsgesetz)

– Drucksache 15/1985 –

(Erste Beratung 100. Sitzung)


13636 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004


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Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäfts-
ordnung (1. Ausschuss)

– Drucksache 15/4264 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Dieter Wiefelspütz
Ronald Pofalla
Volker Beck (Köln)

Jörg van Essen

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Stunde vorgesehen. – Widerspruch höre
ich nicht. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat zunächst
der Abgeordnete Gernot Erler.


Dr. h.c. Gernot Erler (SPD):
Rede ID: ID1514604600

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

In der Bundesrepublik Deutschland hat das Parlament
bei Entscheidungen über Auslandseinsätze eine beson-
dere Verantwortung. Das ist anders als in anderen Län-
der. Diese Besonderheit findet in diesem Haus breite Zu-
stimmung. Das Parlamentsbeteiligungsgesetz will und
wird diese besondere Verantwortung stärken und kon-
kretisieren.


(Beifall des Abg. Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD] und des Abg. Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Meine Fraktion sieht im Parlamentsvorbehalt einen
Teil einer politischen Kultur der Zurückhaltung beim
Einsatz bewaffneter Kräfte im Ausland.


(Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)


Wir fühlen uns in dieser Frage durch die Erfahrungen
der letzten Jahre bestätigt. Die rot-grüne Bundesregie-
rung hat deshalb ein Gesamtkonzept für vorausschau-
ende Friedenspolitik, Krisenprävention und Frie-
denskonsolidierung entwickelt. Dass heute fast alle der
mehr als 7 000 deutschen Soldaten, die im Ausland tätig
sind, an Missionen zur Friedenskonsolidierung teilneh-
men, ist kein Zufall. Wenn wir heute Morgen den Be-
schluss gefasst haben, 200 Soldaten an einer Friedens-
mission in Darfur zu beteiligen, passt das genau in dieses
Konzept.


(Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD]: Ja!)

Hinter allen deutschen Einsätzen steht nicht nur eine
wohl erwogene Entscheidung der Bundesregierung, son-
dern auch eine sehr sorgfältige Abwägung aller Bundes-
tagsabgeordneten. Das soll auch so bleiben.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Jörg van Essen [FDP])


Ich selbst habe bei der Vorbereitung dieses Gesetzent-
wurfs eine koordinierende Funktion wahrgenommen und
kann sagen: Bisher war es wirklich selten der Fall, dass
wir uns so gründlich mit einem Gesetzentwurf beschäf-
tigt haben. Auch ist es nicht sehr häufig der Fall gewe-

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(C (D en, dass die Sachdiskussion mit den Fachkollegen so roduktiv war wie bei der Vorbereitung dieses Gesetzntwurfs. In diesem Sinne möchte ich denjenigen, die daran itgewirkt haben, meinen herzlichen Dank sagen. Das aren von der CDU/CSU insbesondere Christian chmidt und Ronald Pofalla, bei der FDP war es der ollege Jörg van Essen, bei unserem Koalitionspartner aren es Volker Beck und Winfried Nachtwei und in einer eigenen Fraktion waren es Erika Simm, Dieter iefelspütz, Rainer Arnold und Hans-Peter Bartels. Ihen allen möchte ich meinen herzlichen Dank sagen. (Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN], des Abg. Dr. Friedbert Pflüger [CDU/CSU] und des Abg. Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP])


Wir haben uns bei der Vorbereitung dieses Gesetzent-
urfes Zeit genommen. Am 17. Juni dieses Jahres haben
ir im Rahmen einer Anhörung auch die Expertise von
ußen genutzt und dabei Anregungen bekommen und
ertungen erfahren.
Ich möchte hier ausdrücklich sagen: Ich habe Respekt

or dem Gesetzentwurf der Kollegen von der FDP.
rotzdem ist es nicht zu einem gemeinsamen Gesetzent-
urf gekommen. Es gab nämlich einen wichtigen Unter-
chied: Die Liberalen haben die Einsetzung eines Aus-
chusses für besondere Auslandseinsätze für richtig
ehalten. Dafür gibt es nachvollziehbare Argumente.
ns war es aber wichtig, dass jeder einzelne Abgeord-
ete des Deutschen Bundestages weiterhin eine Verant-
ortung für Auslandseinsätze hat. Das ist für uns der
ern des Parlamentsvorbehalts. Deswegen konnten wir
ns nicht verständigen. Wenn man sich die Gesetzent-
ürfe genauer ansieht, wird man allerdings feststellen,
ass wir uns in der Sache näher sind, als es die Vorlage
onkurrierender Gesetzentwürfe suggeriert.
Dieses Gesetz wurde, nachdem wir den Entwurf vor-

elegt hatten, auch in der Öffentlichkeit kritisch betrach-
et und begleitet. Das ist zu begrüßen. Es gibt bis heute,
brigens auch in meiner eigenen Fraktion, Kolleginnen
nd Kollegen, bei denen noch Zweifel übrig geblieben
ind. Ich bin der festen Überzeugung, dass es uns in der
raxis, in der Anwendung dieses Gesetz gelingen wird,
u zeigen, dass diese Zweifel nicht berechtigt sind. Ich
ill hier noch einmal drei Punkte kurz herausgreifen:
Selbstverständlich – das ist der erste Punkt – werden
ir darauf achten, dass bei den humanitären Hilfs-
iensten und Hilfsleistungen durch die Bundeswehr im
usland, bei denen Waffen lediglich zur Selbstverteidi-
ung mitgeführt werden, kein Übergang in irgendeine
ndere Form von Mission, die in die Nähe eines bewaff-
eten Einsatz es gerät, möglich sein wird. Wir haben da-
it bei den bisherigen Auslandseinsätzen der Bundes-
ehr eine Menge Erfahrung gesammelt. Das Parlament
at jedes Recht, falls eine solche Gefahr sichtbar wird,
as zum Gegenstand der parlamentarischen Beratungen
u machen.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 13637


(A) )



(B) )


Gernot Erler

Der zweite Punkt betrifft Einsätze von geringer Be-

deutung, zum Beispiel im Falle der Vorausentsendung
einer Beobachtergruppe oder wenn einzelne Soldaten in
Friedensmissionen der Vereinten Nationen oder anderer
internationaler Organisationen eingesetzt werden sollen
oder ein Austausch vereinbart wird. Auch die Entschei-
dung über solche Einsätze von geringer Bedeutung
bleibt unter dem Parlamentsvorbehalt. Das vereinfachte
Zustimmungsverfahren ist auch ein Zustimmungsver-
fahren; das möchte ich ausdrücklich betonen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es soll nur verhindern, dass die Kompliziertheit des um-
fassenden Verfahrens zu einem Hemmschuh wird, wenn
es bei völlig unstreitigen Missionen darum geht, zwei,
drei uniformierte Kräfte in eine Friedensmission zu schi-
cken, Spezialisten, die dort gebraucht werden; in dem
Fall könnte das gewöhnliche Verfahren hemmend wir-
ken, weil es zu kompliziert ist.

Der dritte Punkt betrifft die Verlängerung von Ein-
sätzen nach dem vereinfachten Zustimmungsverfahren.
Diese wird nur dann überhaupt stattfinden, wenn die
Bundesregierung von einem vollständigen Konsens im
Deutschen Bundestag ausgehen kann und dafür auch
entsprechende Hinweise hat. Auch in dem Fall wird es
dabei bleiben, dass jede Fraktion das Recht hat, doch
eine Behandlung im Plenum des Deutschen Bundestages
zu verlangen, ebenso jede beliebige Gruppe, die mindes-
tens 5 Prozent aller Abgeordneten des Deutschen Bun-
destages ausmacht. Das heißt, auch bei der Verlängerung
gehen wir überhaupt kein Risiko einer irgendwie gearte-
ten Einschränkung des Parlamentsvorbehalts ein. Das
hatten wir nicht im Sinn. Aber es bedeutet ja nicht unbe-
dingt eine Stärkung des Parlamentsvorbehalts, wenn alle
vorher schon wissen, dass wir völligen Konsens über die
Verlängerung, die Fortführung der Mission bei unverän-
dertem Einsatz haben werden. Dann brauchen wir nicht
das komplette Verfahren. In einem solchen Fall macht es
Sinn, von dem vereinfachten Verfahren Gebrauch zu ma-
chen.

Ich komme zum Abschluss: Liebe Kolleginnen und
Kollegen, das Parlamentsbeteiligungsgesetz stärkt die
Rechte des Bundestages.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


Es regelt sie im Detail. Wir folgen damit einer Anre-
gung, die das Bundesverfassungsgericht dem Deutschen
Bundestag schon vor zehn Jahren gegeben hat. Ich bin
froh, dass wir heute hierbei zu einem Abschluss kom-
men. Wir bleiben bei unserer Grundsatzentscheidung für
ein Parlamentsheer. Wir tun das im Rahmen unserer
Kultur der Zurückhaltung bei internationalen Ein-
sätzen; das möchte ich noch einmal ausdrücklich beto-
nen. Insofern kann ich nur sagen: Dieses Gesetz, das wir
wirklich sehr gründlich vorbereitet haben und bei dem
wir wechselseitig viel voneinander gelernt haben, ver-
dient die breite Zustimmung dieses Hauses.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

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(C (D (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514604700

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Christian

chmidt.


Christian Schmidt (CSU):
Rede ID: ID1514604800

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen

nd Kollegen! Wir beraten heute über die verfahrensmä-
ige und inhaltliche Ausgestaltung eines wichtigen Par-
amentsrechts, nämlich des Zustimmungsvorbehalts
es Deutschen Bundestages für Auslandseinsätze der
undeswehr.
Das in seinen Grundzügen durch das Bundesverfas-

ungsgericht, wie bereits angesprochen, 1994 bestätigte
echt gibt dem Hohen Hause eine wichtige Mitverant-
ortung bei Entscheidungen für die Sicherheit und die
ußenpolitische Handlungsfähigkeit unseres Landes.
eswegen war es gut, dass sich alle Fraktionen in tief
reifenden Erörterungen bemüht haben, ein einvernehm-
iches Gesetz zustande zu bringen. Für die der Bedeu-
ung der Materie angemessene Beratung danke ich des-
egen den beteiligten Kolleginnen und Kollegen aus
llen Fraktionen.
Dass es nicht gelungen ist, zu einem gemeinsamen
esetzentwurf zu kommen, zeigt aber auch, dass der
pannungsbogen zwischen Parlamentsrecht einerseits
nd außen- und sicherheitspolitischer Verlässlichkeit an-
ererseits unterschiedlich bewertet wird. Die CDU/
SU-Fraktion stimmt beiden Gesetzentwürfen nicht zu.
ies heißt aber nicht, dass wir die gefundenen Regelun-
en für falsch halten.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach, das ist ja interessant!)


ir sind jedoch der Ansicht, dass sie nicht ausreichen.
ie stellen eine Festschreibung der Parlamentspraxis dar,
ie wir in den letzten zehn Jahren gefunden haben. Zu-
em wird in beiden Gesetzentwürfen richtigerweise da-
on ausgegangen, dass der Deutsche Bundestag ein
ückholrecht bei bereits begonnenen Einsätzen hat.
ir wollen aber eine umfassendere Regelung für vorher-

ehbare Einsatzrisiken und Einsatzszenarien der Zu-
unft und werden uns deswegen in einiger Zeit wohl
ieder in diesem Kreise treffen, um über die Fortent-
icklung dieser Gesetzgebung zu beraten.
Ich hoffe, dass auch im Folgenden Übereinstimmung

esteht: Die Zustimmung des Deutschen Bundestages
ntbindet die Bundesregierung nicht von ihrer Pflicht,
as Ob und das Wie des Einsatzes zu verantworten. Der
eutsche Bundestag eignet sich nicht zum Feldherrn. Er
erleiht den Entscheidungen der Bundesregierung
ine demokratische Legitimation. Allerdings geht
hne eine Entscheidung des Bundestages nichts. Ent-
cheidungen über Auslandseinsätze der Bundeswehr
erden vom Deutschen Bundestag grundsätzlich durch
orherige konstitutive, das heißt, verfassungsmäßige Zu-
timmung getroffen. Damit haben wir mehr Einfluss als
ie meisten anderen Parlamente. Dieser Einfluss ist aber

13638 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004


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Christian Schmidt (Fürth)


kein Selbstzweck. Einerseits verschafft er den Einsätzen
der Bundeswehr die genannte starke demokratische Le-
gitimation, andererseits nimmt er uns als Parlament in
die Verantwortung, außenpolitische Verlässlichkeit zu
beachten. Insoweit ähnelt er mehr der Ratifizierung völ-
kerrechtlicher Verträge, bei der die internationalen Be-
züge auch immer zu beachten sind.

Darüber hinaus muss der Bundestag aufgrund der Dy-
namik, die in solchen Einsätzen steckt, das zitierte Rück-
holrecht haben. Wenn sich in einem Einsatzgebiet die
Lage so verändert, dass eine Fortsetzung nicht mehr in
unserem Interesse oder nicht mehr verantwortbar er-
scheint, dann muss die Möglichkeit bestehen, dass der
Bundestag handelt. Allerdings liegt die Verantwortung
dafür schon allein aufgrund der umfassenderen Einschät-
zungsmöglichkeiten der jeweiligen Lage auch hier zuerst
bei der Bundesregierung. Diese Einschätzungs- bzw.
Handlungsmöglichkeit der Bundesregierung korres-
pondiert mit einem nachhaltigen Informationsan-
spruch des Parlaments und einer Informationspflicht
der Bundesregierung.

Um bei schutz- und geheimhaltungsbedürftigen Sach-
verhalten eine Information sicherzustellen, halten wir
den Vorschlag im Grundsatz für richtig, ein entsprechen-
des Gremium zu schaffen, das Adressat dieser Informa-
tion im formellen Bereich sein kann. Das Letztentschei-
dungsrecht muss allerdings beim Plenum verbleiben. Ich
denke, dass das Informationsgremium von großer Be-
deutung ist und dass wir den hier gefundenen Ansatz-
punkt noch weiterentwickeln müssen.

Einsätze mit erkennbar geringer Bedeutung sollten
die konstitutive Zustimmung des Bundestages in erleich-
terter Form durch ein Gesetz erhalten. Hierzu sind einige
gute Ansätze zu finden. Wenn ein Einsatz verlängert
wird und das Mandat dabei keine grundlegende Erweite-
rung erfährt, dann sollte der Bundestag nur dann damit
befasst werden, wenn dies der Wunsch einer Fraktion ist.
Auch insoweit besteht Einvernehmen.

Unterschiedliche Auffassungen bestehen hinsichtlich
des Verfahrens der Parlamentsbeteiligung bei den so ge-
nannten integrierten Verbänden.


(Dr. Friedbert Pflüger [CDU/CSU]: Richtig!)

Dies ist für uns eine sehr zentrale Frage. In einem Parla-
mentsbeteiligungsgesetz hätte als wesentlicher Punkt be-
rücksichtigt werden müssen, dass das Parlament gerade
im Bereich der internationalen Verpflichtungen seine
Entscheidung an derart vielen Faktoren orientieren
muss, dass im Sinne – das wiederhole ich – der außenpo-
litischen Verlässlichkeit und Glaubwürdigkeit unseres
Landes – diesen Terminus hat auch das Bundesverfas-
sungsgericht gebraucht – eine frühzeitige grundsätzliche
Klärung notwendig und angezeigt ist.

Wenn man bereit ist, gemeinsame Verbände aufzu-
stellen, muss man sich schon zu diesem Zeitpunkt
grundsätzlich darüber einigen, für welche Einsätze diese
Einheiten genutzt werden dürfen.


(Dr. Friedbert Pflüger [CDU/CSU]: Sehr wahr!)


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(C (D chon die geringe Vorwarnzeit von fünf Tagen, etwa bei er NATO Response Force, erfordert eine vorherige estlegung. Mit gutem Grund sind als Reaktion auf die odernen Bedrohungsszenarien und Risiken im Rahmen er NATO die Response Force und im Rahmen der EU ie Europäische Eingreiftruppe bzw. jetzt die Battle roups mit ihren kurzen Reaktionsund Einsatzbereitchaftszeiten von wenigen Tagen geschaffen worden. Die parlamentarische Reaktion hierauf ist aber nicht ur eine Frage des Zeitbudgets. Die politische und miliärische Wirksamkeit solcher Kräfte muss vorher klargeegt werden. as Argument, die Mitglieder des Bundestages könnten nnerhalb weniger Tage herbeigerufen werden, um daüber zu entscheiden, geht insofern am Problem vorbei. abei wird außer Acht gelassen, inwieweit wir die Wirkraft unserer internationalen Einsatzfähigkeit bei dieen Verbänden aufrechterhalten können. Wenn die Motoen zwar anlaufen können, aber der Einsatz einer nternationalen Truppe an deutschen Unwägbarkeiten er Parlamentsentscheidung scheitert, diese Kräfte auf er anderen Seite jedoch so eng verflochten sind, dass an nicht einfach auf den deutschen Anteil verzichten ann, ohne die Gesamtheit der Kräfte handlungsunfähig u machen, wird dies auf lange Sicht die politische Einlussmöglichkeit Deutschlands schmälern. Wir haben mit Interesse vernommen, dass dieses Pro lem auch in den Reihen der Regierung – ich entsinne ich einiger Äußerungen des Bundesverteidigungsmiisters – durchaus gesehen wird. Es scheint aber so zu ein, dass eine Mehrheit in der Koalition nicht bereit ar, dieser Frage näher zu treten. Wir werden uns aus em Zwang der Sachlage heraus aber beizeiten wiederreffen. Wir hatten deshalb vorgeschlagen – das halten wir für otwendig –, dass bei Entscheidungen über den Einsatz olcher Verbände in einem Gesetz der Einsatz auch ohne orherige Zustimmung des Bundestages im konkreten inzelfall möglich sein sollte. Ich habe das einmal als kleine Ratifizierung“ bezeichnet. Dabei wäre vorstellar, dass die Bundesregierung die Zustimmung des Bunestages zu einem konkreten Einsatz innerhalb von 0 Tagen einholen soll und kann. Im Übrigen meine ich, dass die Bundesregierung in em so gesetzten politischen Rahmen mit der Entsenung von bewaffneten deutschen Streitkräften zurückaltend umgehen muss. Ein Einsatz soll und muss die usnahme sein und darf nicht die Regel werden. Es gilt as Ultima-Ratio-Prinzip. Wir sind uns völlig einig, ass dies trotz der Vielzahl der Entscheidungen – gerade eute haben wir wieder eine gefällt – nie Routine werden arf; denn diese außergewöhnlichen Entscheidungen üssen aus der Verantwortung unseres Parlaments für nser Land außergewöhnliche Entscheidungen bleiben. ie Bundesregierung muss sich dabei auch einer gewisen Zurückhaltung befleißigen. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 13639 )


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU)


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Christian Schmidt (Fürth)


Ungeklärt bleibt auch die Frage einer Klarstellung in

der Verfassung. Wir haben darüber im Zusammenhang
mit dem Gesetz über den Auslandseinsatz nicht intensiv
diskutiert. Aber auch das kommt auf uns zu. Art. 87 a
des Grundgesetzes schreibt uns vor, dass die Bundes-
wehr nur zur Verteidigung und in ausdrücklich zugelas-
senen Fällen einzusetzen ist.


(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Erst einmal kommt ein Gesetz, bevor Sie über die Verfassung reden!)


Es reicht natürlich nicht aus, Herr Wiefelspütz, wenn der
Bundesverteidigungsminister erklärt, dass die Freiheit
auch am Hindukusch verteidigt werden muss, sodass
dies auch ein Verteidigungsfall ist. Vielmehr muss man
sich diesem Problem wirklich widmen.

Ich bin sehr zurückhaltend mit Forderungen nach ei-
ner Änderung oder Ergänzung der Verfassung. Aber über
diese Frage müssen wir uns trotzdem intensiv unterhal-
ten.


(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Hände weg von der Verfassung, Herr Schmidt!)


– Das ist interessant. Ich entsinne mich aus der Zeit vor
dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem
Jahre 1994 daran, dass damals aus Ihrer Fraktion ganz
andere Töne zu hören waren.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wir gehen bei der Beantwortung der Frage, was notwen-
digerweise zu tun ist, doch sehr nüchtern vom Prinzip
der Zurückhaltung aus.


(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Da haben Sie Recht!)


Wir werden diesen Gesetzentwürfen aus den genann-
ten Gründen nicht zustimmen können. Sie geben Sicher-
heit für das Verfahren, lösen aber die Probleme der Zu-
kunft nicht. Wir sind aber nicht am Ende aller Tage, wir
werden uns wiedersehen.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514604900

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Volker Beck.

(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Warum eigent lich? – Heiterkeit)



Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514605000

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Ti-

tel dieses Gesetzes – Parlamentsbeteiligungsgesetz – ist
eigentlich Ausdruck von Tiefstapelei. Er müsste eigent-
lich „Parlamentsentscheidungsgesetz“ lauten; denn von
einer bloßen Beteiligung des Parlaments an der Entsen-
dung deutscher Soldaten in bewaffnete Auslandseinsätze
kann auf Grundlage dieses Gesetzes wahrlich keine
Rede sein. Es bleibt dabei: Der Deutsche Bundestag ist
die entscheidende Instanz, die jedem dieser Einsätze erst
grünes Licht geben muss. Geschieht dies nicht, gibt es
keinen solchen Auslandseinsatz,

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(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


ei dem deutsche Soldatinnen und Soldaten in bewaff-
ete Unternehmungen einbezogen sind. Ausnahmen
erden ausdrücklich nicht geduldet. Ich finde, das ist
ichtig so.
Die Koalition stärkt mit diesem Gesetz nicht nur die
echte des Parlaments. Wir schaffen auch – das ist ganz
ntscheidend – die für die Soldatinnen und Soldaten er-
orderliche Rechtssicherheit und stärken vor allem die
ultilaterale Handlungsbereitschaft Deutschlands.
ch finde, die Soldatinnen und Soldaten haben einen An-
pruch darauf, dass nicht nur die Regierung hinter einem
insatz steht, sondern dass auch die Mehrheit des Parla-
ents ihren Einsatz, bei dem sie ihr Leben riskieren, un-
erstützt, dass sie also einen legitimierten Auftrag haben.
abei sollten wir bleiben. Das war eine der Leitideen für
iesen Gesetzentwurf.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Unser Gesetz stärkt die Bundeswehr als Parla-
entsheer. Sie wird nicht zum Ausschussheer, wie dies
eispielsweise die FDP mit ihrem Entsendeausschuss
orschlägt.


(Günther Friedrich Nolting [FDP]: Das ist doch Quatsch! – Jörg van Essen [FDP]: Das ist schlichter Unsinn!)


as würde partiell zu Einsätzen führen – das wurde ge-
ade angesprochen –, die eben nicht vom Plenum des
eutschen Bundestages legitimiert sind, sondern von ei-
em kleinen Klub der verschworenen Herren. Womög-
ich würde sogar – Sie wollen ja auch geheime Einsätze
ulassen – unter Geheimhaltungspflicht hier beschlos-
en, dass die Soldatinnen und Soldaten in eine bewaff-
ete Auseinandersetzung geschickt werden. In den USA
ibt es solche geheim geführten Einsätze, sozusagen ge-
eime Kriege, beispielsweise in Südamerika.


(Jörg van Essen [FDP]: Wir haben auch geheime Einsätze!)


ort weiß der amerikanische Kongress nicht, was die ei-
ene Armee im Ausland tut.


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Das ist manchmal notwendig, um das Leben der Soldaten zu schützen!)


as halten wir nicht für richtig.
Das Bundesverfassungsgericht hat dem Gesetzgeber

994 nahe gelegt, für bewaffnete Auslandseinsätze der
undeswehr konkrete und detaillierte Regelungen zu
reffen. Rot-Grün hat diese Empfehlung aus Karlsruhe
ufgegriffen


(Jörg van Essen [FDP]: Nein! Zunächst die FDP und dann sind Sie nachgekommen!)


nd umgesetzt. Aber nicht nur das: Wir gestalten den
ntscheidungsbereich des Karlsruher Urteils und schöp-
en diesen umfassend parlamentsfreundlich aus.

(B)


13640 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004


(A) )



(B) )


Volker Beck (Köln)


Die zweitgrößte Fraktion hier im Hause, die CDU/

CSU, hat sich anders als die FDP, die sich mit einem ei-
genen Gesetzentwurf an der Debatte beteiligt hat,


(Jörg van Essen [FDP]: Vorangegangen ist!)

nicht die Mühe gemacht, ihre Überlegungen zu konsoli-
dieren. Sie stellen keine Änderungsanträge. Ich kenne
von Ihnen eigentlich nur den Vorentwurf zu einem Eck-
punktepapier. Weiter sind Ihre Überlegungen nicht ge-
diehen, weil es zu diesem schwierigen Thema auch bei
Ihnen interne Auseinandersetzungen gegeben hat.


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Herr Beck, wir haben leider nicht die Mehrheit! Das ist das Problem!)


Das soll man hier nicht verschweigen. Ich bin mir nicht
sicher, ob alle Mitglieder Ihrer Fraktion Ihre entschie-
dene Kritik an bestimmten Punkten teilen, Herr Schmidt.


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Halten Sie erst einmal Ihre eigenen zusammen!)


Bei aller Konstruktivität, Herr Pofalla und Herr
Schmidt, im Ausschuss sollten wir die Differenzen, die
wir hatten und die dazu geführt haben, dass wir keinen
gemeinsamen Gesetzentwurf eingebracht haben, nicht
verdecken; denn die Öffentlichkeit hat einen Anspruch
darauf, zu verstehen, was uns in dieser Debatte bewegt
hat.

Ich verstehe nicht ganz, dass hier einerseits weitge-
hende Vorschläge gemacht, diese andererseits aber nicht
in Anträge umgesetzt werden. Herr Schmidt, Sie schla-
gen in Ihrem Entwurf eines Eckpunktepapiers vor, dass
wir bei bewaffneten Einsätzen der Bundeswehr im Rah-
men der NATO und der Europäischen Union die Zu-
stimmungspflicht des Bundestages vollständig aufhe-
ben. Das heißt, mit der Ratifizierung dieser Verträge
sollen wir quasi einen Persilschein für internationale
Einsätze ausstellen. Ich finde, unsere Soldatinnen und
Soldaten haben bei solchen Einsätzen und bei Einsätzen
in integrierten Verbänden mehr Rückhalt im Deutschen
Bundestag verdient. Deshalb lehne ich diesen Vorschlag
ganz eindeutig ab.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Sie schütteln hier mit dem Kopf, meine Kolleginnen
und Kollegen von der Opposition. Deshalb will ich Ih-
nen mit Erlaubnis der Präsidentin aus der „Süddeutschen
Zeitung“ einige Zeilen vorlesen, die Ihre Position sehr
prägnant zusammenfassen:

Die Union will hier die Entscheidung über den
Truppeneinsatz dem NATO-Rat überlassen. Dafür
besteht kein Anlass. Deutschland bleibt verlässli-
cher Partner, auch wenn sich der Bundestag das
Recht vorbehält, über jeden Einsatz zu befinden.
Die Erfahrung zeigt, dass Militärmissionen nicht
über Nacht beschlossen werden. Es bleibt genug
Zeit, den Bundestag zu befassen. Entscheidungen
womöglich über Leben und Tod bedürfen der öf-
fentlichen Debatte und sollten nicht in einer Minis-
terrunde fallen.

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(C (D (Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD]: Sehr richtig!)


ch finde, die „Süddeutsche Zeitung“ hat Recht. Das un-
ermauert unsere Argumentation.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Über bewaffnete Einsätze, über die Beteiligung
eutschlands an einem Kriegseinsatz entscheidet in
eutschland das gewählte Parlament und Blankoschecks
n Form von Ratifizierungsurkunden wird es mit dieser
oalition nicht geben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Die FDP hat einen eigenen Vorschlag gemacht. Ich
telle fest: In Bezug auf viele Elemente weisen unser Ge-
etzentwurf und Ihr Gesetzentwurf Schnittmengen auf.
ber eine entscheidende Differenz muss man doch he-
ausarbeiten: Sie wollen ein Sondergremium für ge-
eime Kriegseinsätze schaffen. Damit würde ein Tor
ür etwas geöffnet, was wir doch gerade nicht wollen
nd was sich mit einem umfassenden Parlamentsvor-
ehalt nicht verträgt. Geheime Kriegseinsätze, die nur
inem ausgewählten Kreis bekannt sind, darf es nicht ge-
en. Unser Gesetzentwurf bietet dagegen ein flexibles
nstrumentarium, das der gesamten Bandbreite von
enkbaren bewaffneten Einsätzen und vor allem auch
em Parlamentsvorbehalt gerecht wird.
Wir stärken das Parlament über den Status quo hi-

aus. In der verfassungsrechtlichen Literatur gibt es ei-
en Streit darüber, ob der Bundestag zum Beispiel ein
ückholrecht hat. Wir klären das jetzt gesetzlich ganz
lar. Wenn sich der Charakter eines Einsatzes verändert,
enn das Parlament zu einer neuen Auffassung gelangt,
ann kann das Parlament sagen: Wir beenden diesen
insatz. Dieser entscheidende Punkt weist, wie ich
inde, nach vorn.
Sie, Herr Schmidt, haben in Bezug auf die integrier-

en Verbände angemerkt, dass man innerhalb von zwei
agen einen Einsatz herbeiführen müsste. Ich kann mir
iese Konstellation nur bei Fällen vorstellen, bei denen
s sich um Gefahr im Verzug handelt, wo es ganz kon-
ret darum geht, Menschenleben zu retten. Für diese Si-
uation haben wir eine Möglichkeit geschaffen. Es wäre
a auch verrückt, wenn wir zusehen müssten und das
otwendige nicht getan werden könnte. Hier vertrauen
ir der Bundesregierung. Die Bundesregierung wird
interher das Parlament informieren und wir werden das
m Nachgang legitimieren. Die Bundesregierung ist also
andlungsfähig.
Hinsichtlich der Fälle, bei denen es sich nicht um Ge-

ahr in Verzug handelt, bei denen es vielmehr um eine
ichtige militärische Operation geht, kann ich mir gar
icht vorstellen – das höre ich auch von unseren Vertei-
igungspolitikern und den Militärs –, dass das ohne Vor-
ereitung in den internationalen Gremien oder ohne mi-
itärische Vorbereitung der Bundeswehr überhaupt
emacht werden kann. Eine Konstellation, dass der Bun-
estag nicht rechtzeitig einbezogen werden könnte, dass

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 13641


(A) )



(B) )


Volker Beck (Köln)


wir in einem solchen Fall nicht zusammentreten und
über einen Einsatz beschließen könnten, kann ich mir
nicht vorstellen. Ich halte dieses Fallbeispiel für künst-
lich und konstruiert.

Wir sorgen dafür, dass die Bundesregierung in Zu-
kunft öfters die Bereitschaft Deutschlands anbieten
kann, bei Kleinsteinsätzen mitzuwirken, weil wir auf-
grund des vereinfachten Verfahrens flexibler geworden
sind. Aber bei gefährlichen und politisch womöglich
streitigen Einsätzen müssen wir uns weiterhin im Ple-
num treffen und uns als Abgeordnete zu unserer Verant-
wortung für das, was die Bundeswehr im Ausland leisten
soll, bekennen. Ich finde, das ist die richtige Entschei-
dung. Dabei wird es in der Zukunft auch sicherlich blei-
ben, Herr Schmidt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514605100

Das Wort hat jetzt der Kollege van Essen.

Jörg van Essen (FDP):
Rede ID: ID1514605200

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Die heutige Debatte ist ein Beispiel dafür, dass auch aus
der Opposition heraus Dinge angestoßen und gestaltet
werden können.


(Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig! – Günther Friedrich Nolting [FDP]: Wohl wahr!)


Bereits in der letzten Legislaturperiode hatte die FDP
den Anstoß gegeben, über dieses Thema im Deutschen
Bundestag zu debattieren und zu einer Lösung zu kom-
men. Ich bin sehr froh, dass wir als kleinste Fraktion als
Erste einen vollständigen Gesetzentwurf dazu haben
vorlegen können.


(Beifall bei der FDP)

Uns ist das Thema deshalb wichtig, weil sich die FDP im-
mer besonders intensiv mit der Frage Recht und Einsatz
von Militär und Parlament und Einsatz von Militär aus-
einander gesetzt hat. Die Entscheidung des Bundesver-
fassungsgerichts von 1994, auf der alles, über das wir
hier debattieren, fußt, ist damals ebenfalls von der FDP
angestoßen worden. Ich erinnere daran, dass die Ent-
scheidung über den AWACS-Einsatz über der Türkei, für
den wir die Zustimmung des Bundestags für erforderlich
gehalten haben, von uns an das Bundesverfassungsge-
richt herangetragen worden ist, weil es für uns eine klare
Maxime gibt: Der Bundestag muss, wann immer es mög-
lich ist, die Zustimmung zu Auslandseinsätzen geben.


(Beifall bei der FDP)

Ich denke, dass die bisherige Debatte gezeigt hat, dass

es für die Beteiligung des Deutschen Bundestages an den
Auslandseinsätzen gute und wichtige Gründe gibt. Wer
sich die Praxis anschaut, stellt fest, dass nahezu immer
die Befassung des Deutschen Bundestages dazu geführt
hat, dass die Bundesregierung Klarstellungen vorneh-
men musste, egal wer die Bundesregierung gestellt hat.
Das war zu den Zeiten der Fall, als wir sie gestellt haben,
genauso wie jetzt. Es hat Präzisierungen zugunsten der

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(C (D oldaten gegeben. Die Befassung des Deutschen Bunestages hat auch dazu geführt, dass in Deutschland viel ntensiver als in vielen Nachbarländern über die Militärinsätze diskutiert worden ist. Von Kollegen aus anderen arlamenten, die uns besuchten, erfuhren wir, dass diese berrascht waren, wie intensiv wir uns mit diesen Ausandseinsätzen befassen. Ich finde, das ist eine positive radition in unserem Lande, die wir fortsetzen wollen. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Deshalb, Herr Erler, bin ich Ihnen ganz außerordent-
ich dankbar, dass Sie deutlich gemacht haben, dass alle,
ie sich an der Diskussion beteiligt haben, von einem
edanken geprägt waren: die Parlamentsbeteiligung
uszubauen und zu stärken.


(Gernot Erler [SPD]: Nicht alle!)

Bei denen, die sich an der Diskussion beteiligt hatten,
ar es so. Sie haben nicht umsonst den Kollegen ge-
ankt und sie namentlich aufgeführt. Ich war froh darü-
er, dass es so war.
Trotzdem gibt es Unterschiede zwischen dem Ent-
urf der Koalition und dem Entwurf der FDP. Ein we-
entlicher Unterschied ist schon angesprochen worden.
uf den würde ich gerne eingehen: Es handelt sich um
nseren Vorschlag zur Einrichtung eines besonderen
usschusses Herr Beck, es ist ein völlig absurder Vor-
urf, dass damit die Beteiligung des Deutschen Bundes-
ages ausgehebelt werden soll.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ch will das an einem Beispiel deutlich machen. Diejeni-
en, die etwas länger im Deutschen Bundestag sind, er-
nnern sich daran, dass die Bundesregierung sehr schnell
ber die Befreiung von Geiseln in Tirana in Albanien
ntscheiden musste.


(Günther Friedrich Nolting [FDP]: So ist es!)

ie hat damals ohne Zustimmung des Bundestages ge-
andelt, aber die Obleute unterrichtet. Was hätte eigent-
ich dagegen gesprochen, dass wir einen formalisierten
usschuss dazu gebracht hätten, sich mit dieser Frage zu
efassen und damit auch die parlamentarische Beteili-
ung sicherzustellen? Von daher ist dieser Ausschuss für
ns ein Mittel, in den Fällen, in denen besonders
chnelle Entscheidungen notwendig sind und in denen
ich die Bundesregierung auf das Bundesverfassungsge-
icht stützen könnte, die formalisierte Beteiligung des
arlaments sicherzustellen. Das wäre also eine Auswei-
ung gegenüber dem jetzigen Zustand.


(Beifall bei der FDP)

Ich denke, dass auch bei einem zweiten Punkt die
berlegungen richtig sind. Mich hat nicht gewundert,
ass der stellvertretende Generalinspekteur in der Anhö-
ung sehr viel Sympathie für unsere Überlegungen geäu-
ert hat.


(Günther Friedrich Nolting [FDP]: Minister Struck auch!)


13642 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004


(A) )



(B) )


Jörg van Essen

– Der Minister auch; im Übrigen auch der Bundesaußen-
minister.

Denn es wird auch in Zukunft geheime Einsätze ge-
ben, Herr Beck, auch wenn Sie das verneinen.


(Christian Schmidt [Fürth] [CDU/CSU]: Es gibt sie!)


Es wird solche Einsätze geben und es wird sie geben
müssen. Wenn wir uns als Bundestag an den Einsatzent-
scheidungen beteiligen, dann müssen wir auch zur
Kenntnis nehmen, dass der Schutz des Lebens der Solda-
ten bei besonders riskanten Einsätzen manchmal die Ge-
heimhaltung einer Operation notwendig macht. Dass es
sehr schnell zu einer solchen Situation kommen kann,
haben wir erlebt, als die Geiseln in der Sahara entführt
wurden.


(Günther Friedrich Nolting [FDP]: Letztes Jahr!)


Seinerzeit hätten wir nicht vorher im Deutschen Bundes-
tag eine Diskussion darüber führen können, wer wie und
unter welchen Kautelen die Befreiung der Geiseln vor-
nehmen würde, wenn die algerische Regierung ihre Zu-
stimmung gegeben hätte. Die Bundesregierung hatte
sich schon darum bemüht.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514605300

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen

Ströbele?

Jörg van Essen (FDP):
Rede ID: ID1514605400

Ja, gerne.

(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege van Essen, Ihr Vorschlag, einen Aus-

schuss für besondere Einsätze zu bilden, hat den Man-
gel, dass sich das Plenum des Bundestages dann grund-
sätzlich nicht mehr mit diesen Einsätzen befassen muss.


(Günther Friedrich Nolting [FDP]: Er hat es nicht verstanden!)


Meinen Sie nicht, dass damit die Entscheidung durch das
Plenum umgangen würde? Darin besteht der Unter-
schied zwischen diesem Fall und dem Einsatz in Tirana
oder anderen Einsätzen, bei denen zwar zunächst eine
eilbedürftige Entscheidung erforderlich sein mag, sich
aber nach unserem Gesetzentwurf der Bundestag in je-
dem Fall damit befassen und im Plenum darüber ent-
scheiden muss.


Jörg van Essen (FDP):
Rede ID: ID1514605500

Herr Kollege Ströbele, Sie haben offensichtlich unse-

ren Gesetzentwurf nicht gelesen. Denn daraus geht her-
vor, dass der Vorgang in die Zuständigkeit des gesamten
Bundestages fällt, sobald die Geheimhaltungsbedürftig-
keit nicht mehr besteht. Insofern wird das Plenum nicht
ausgeschlossen.

Im Übrigen kann der Deutsche Bundestag die Sache
jederzeit an sich ziehen, wenn er dies für richtig hält.
Von daher werden die verfassungsrechtlichen Vorga-

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(C (D en eingehalten. Das hat auch die Anhörung gezeigt. lle Verfassungsrechtsexperten haben uns in der Anhöung ausdrücklich bestätigt – darauf wollte ich auch Sie inweisen, Herr Kollege Schmidt –, dass sowohl der Geetzentwurf der Koalition als auch jener der FDP-Bunestagsfraktion in verfassungsrechtlicher Hinsicht nicht u beanstanden sind. Aber da Sie schon eine Zwischenfrage gestellt haben, ill ich noch einen zusätzlichen Punkt ansprechen, Herr ollege Ströbele. Es hat mich regelrecht geschockt, dass ie, als ich mit Ihnen über die Frage gesprochen habe, b wir bei geheimen Einsätzen – beispielsweise des ommandos Spezialkräfte – nicht auch eine Verantworung für das Leben der Soldaten haben, gesagt haben: as sind Soldaten; die kümmern mich nicht. (Günther Friedrich Nolting [FDP]: Ach ja! – Christian Schmidt [Fürth] [CDU/CSU]: Hört! Hört!)


olche Äußerungen finde ich empörend und sie werden
er Verantwortung, die wir als Abgeordnete gegenüber
en Soldaten haben, in keiner Weise gerecht.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Ronald Pofalla [CDU/CSU]: So ist er!)

Unsere Vorschläge werden gerade auch von militäri-

cher Seite unterstützt. Deshalb bin ich der Auffassung,
ass wir mit unserem Gesetzentwurf auf dem richtigen
eg sind.
Frau Präsidentin, ich komme damit zum Schluss. Es

esteht in vielen Punkten Übereinstimmung zwischen
ns und der Koalition. In einem Punkt gibt es zwar einen
esentlichen Unterschied, aber ich denke, dass wir einen
esetzentwurf verabschieden werden, der die Rechte
nd die Verantwortung des Bundestages stärkt. Deshalb
alte ich das für einen guten Tag für das Parlament, zu-
al wir das Ganze selbst erarbeitet haben.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514605600

Der Abgeordnete Ströbele hat das Wort zu einer
urzintervention.


(BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN)

Herr Kollege van Essen, ich stelle klar: Den Satz, den

ie mir in den Mund gelegt haben, habe ich nie gesagt.
as war auch nicht meine Meinung. Als Kanonier der
eserve kümmere ich mich selbstverständlich um die
oldaten und um ihr Schicksal.


(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Herr van Essen, wer hat denn jetzt die Wahrheit gesagt?)



Jörg van Essen (FDP):
Rede ID: ID1514605700

Herr Kollege Ströbele, ich stelle fest, dass wir beide
rtilleristen sind.


(Heiterkeit)

ber damit endet die Gemeinsamkeit auch schon.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 13643


(A) )



(B) )


Jörg van Essen

Ich bleibe bei meiner vorhin geäußerten Behauptung;

denn Ihre Bemerkung hat mich damals sehr berührt. Ich
finde nämlich, dass wir als Abgeordnete des Deutschen
Bundestages insbesondere gegenüber den Soldaten, die
sehr schwierige Missionen auszuführen haben – das sind
beispielsweise die Soldaten des Kommandos Spezial-
kräfte –, Verantwortung haben. Ich bin aber dankbar,
dass Sie heute jedenfalls klar machen, dass Sie die Posi-
tion, die Sie damals mir gegenüber vertreten haben, nicht
aufrechterhalten. Insofern war Ihre Intervention sicher-
lich hilfreich.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514605800

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Dr. Dieter

Wiefelspütz.


Dr. Dieter Wiefelspütz (SPD):
Rede ID: ID1514605900

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Der Deutsche Bundestag hat heute Vormittag zum
43. Mal seine Zustimmung zu einem Auslandseinsatz
deutscher Streitkräfte erklärt. Wir blicken inzwischen
auf eine gut zehnjährige Staatspraxis bei den Auslands-
einsätzen bewaffneter deutscher Streitkräfte zurück. Es
ist angesichts dessen an der Zeit, der Empfehlung des
Bundesverfassungsgerichtes Folge zu leisten und ein
Verfahrensgesetz zur Formalisierung der Entschei-
dungsprozesse, die die Beteiligungsrechte des Deut-
schen Bundestages betreffen, zu verabschieden.

Es ist der Bundesrepublik Deutschland gut bekom-
men, dass die äußerst schwer wiegende Entscheidung,
ob bewaffnete deutsche Streitkräfte im Ausland einge-
setzt werden, von der Bundesregierung und vom Parla-
ment verantwortet werden muss. Das ist in anderen Län-
dern anders. In Deutschland gibt es aber seit der
Streitkräfteentscheidung des Bundesverfassungsgerich-
tes vom 12. Juli 1994 die allseits respektierte Lage, dass
der Deutsche Bundestag einem Auslandseinsatz deut-
scher Streitkräfte konstitutiv zustimmen muss.

Das Parlamentsbeteiligungsgesetz, das wir heute ver-
abschieden, ist ein Verfahrensgesetz. Das sollte immer
bedacht werden. Man kann von diesem Gesetz nichts
verlangen, was es nicht zu leisten imstande ist. Die ent-
scheidende Frage, ob Bundesregierung und Parlament es
für richtig halten, Soldaten im Ausland einzusetzen, be-
antwortet dieses Gesetz nicht. Diese Entscheidung müs-
sen wir selber, und zwar jeder für sich, treffen. Das ist
eine ethische und außenpolitische Entscheidung, die mit
dem Parlamentsbeteiligungsgesetz überhaupt nichts zu
tun hat. Dieses Gesetz regelt das Verfahren. Das ist
wichtig genug. Deswegen macht es Sinn, auch über Ein-
zelheiten zu reden. Ich finde, die Hauptbotschaft muss
sein: Mit dem Parlamentsbeteiligungsgesetz sorgen wir
für Rechtssicherheit und Rechtsklarheit – das ist kein
geringer Wert –,

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(C (D (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


nd zwar für alle Beteiligten, für die Verfassungsorgane,
icht zuletzt auch für die Soldatinnen und Soldaten so-
ie für die Öffentlichkeit.
Die Verantwortung für die Entsendung von Soldaten

ns Ausland gemeinsam zu schultern ist eigentlich eine
rrungenschaft unserer politischen Kultur in Deutsch-
and von hohem Wert. Dies sollten wir nicht infrage stel-
en. Bei manchen Ansätzen, die in den Debatten skizziert
erden, habe ich den Eindruck, dass eine militärfachli-
he Rationalität absolut gesetzt wird. Ich persönlich sage
hnen sehr deutlich: Ich wünsche mir, dass sich der Bun-
estag trotz aller Überredungskünste niemals einer ver-
eintlichen militärischen Funktionalität und Rationalität
nterordnet.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich bin der Auffassung, dass es uns allen gut ansteht,
ass der Deutsche Bundestag seine Meinung zu militäri-
chen Einsätzen äußert und letztlich konstitutiv mitver-
ntwortet, ob Auslandseinsätze stattfinden oder nicht.
eswegen rate ich zu großer Vorsicht, wenn es um Inte-
rationsprozesse in der NATO oder in anderen Institutio-
en geht. Die wichtige Errungenschaft des Parlaments-
orbehalts darf nicht ohne weiteres infrage gestellt oder
emindert werden. Ich rate uns dazu, die Erfahrungen,
ie wir in den vergangenen zehn Jahren gesammelt ha-
en, auszuwerten. Das Gesetz, das wir Ihnen heute vor-
tellen, ist die Summe dieser Erfahrungen.
Wir kommen zu dem Schluss: Das Ganze hat sich be-
ährt. Das schreiben wir jetzt fest, wenn auch nicht für
ie Ewigkeit. Natürlich wird dieses Gesetz eines Tages
ovelliert werden. Aber mit Blick auf die Gegenwart
age ich vor dem Hintergrund unseres Erfahrungshori-
onts: Wir haben eine gute Lösung gefunden. Auf Ein-
elheiten werde ich noch eingehen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


An die Adresse der Union gerichtet, sage ich – das
ill ich Ihnen nicht ersparen –: Ich empfinde es als einen
einlich-blamablen Vorgang, dass Sie nicht die Kraft ha-
en, einen eigenen Gesetzentwurf vorzulegen.


(Ruprecht Polenz [CDU/CSU]: Nur damit Sie ihn ablehnen? – Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ie FDP hat sich mit einem respektablen Gesetzentwurf
eteiligt. Wir werden diesem Gesetzentwurf zwar nicht
ustimmen; aber wir bezeugen ihm unseren Respekt. Sie
chauen zu und haben zu der ganzen Veranstaltung keine
einung. Das will ich Ihnen einmal gesagt haben.


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Was sind das denn für Scheinheiligkeiten?)


13644 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004


(A) )



(B) )


Dr. Dieter Wiefelspütz

Ich finde es eigentlich peinlich, dass Sie im zentralen
Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik nicht hand-
lungs- und gestaltungsfähig sind.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Ronald Pofalla [CDU/CSU]: Ihr Auftritt ist einfach peinlich! Peinlich! Unglaublich!)


– Herr Pofalla, Sie wissen doch, dass das blamabel ist.
Reden Sie sich doch da nicht heraus! Ich werde sonst
immer leidenschaftlicher.

Es ist peinlich, dass Ihnen so etwas passiert. Das ist
eine blamable Veranstaltung. Sie werden Ihrem Auftrag,
in dem wichtigen Bereich der Außenpolitik eigene Vor-
schläge und ein eigenes Profil zu entwickeln, nicht ge-
recht. Sie haben diffuse, sehr unklare Meinungen.
Auf jeden Fall sind Sie nicht handlungsfähig. Es kommt
letztlich nicht auf Sie an – da haben Sie natürlich
Recht –; denn die Koalition ist auch auf diesem Feld
selbstverständlich sehr wohl handlungsfähig.


(Ronald Pofalla [CDU/CSU]: Tosender Applaus!)


Vor dem Hintergrund einiger Bedenken, die es auch
in den eigenen Reihen gibt, will ich noch einmal darauf
hinweisen, dass das Parlamentsbeteiligungsgesetz nach
meiner festen Überzeugung die Parlamentsrechte nach-
haltig stärkt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Jörg van Essen [FDP]: Genauso ist es!)


Die Definitionsmacht in Bezug auf alle wichtigen
Fragen liegt bei uns, beim Parlament, und nicht bei je-
mandem anders. Jeder – ich betone: jeder – militärische
Einsatz im Ausland bedarf der Zustimmung des Deut-
schen Bundestages. Das hätte man unter Umständen
auch anders regeln können. Wir haben uns für die parla-
mentsfreundliche Variante entschieden.

Die Informationsrechte des Parlamentes, die Informa-
tionsrechte eines jeden einzelnen Parlamentariers sind
gestärkt worden. Das war in der Vergangenheit – auch
unter sozialdemokratischen Verteidigungsministern –
nicht immer so ganz unproblematisch. Wir haben die
Rechte des Parlaments auf diesem Sektor gestärkt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ihre und unser aller Entscheidung hängt nämlich in der
Tat davon ab, dass wir vom Anfang bis zum Ende eines
militärischen Einsatzes gut, intensiv und umfassend in-
formiert sind. Das ist in unserem Gesetzentwurf festge-
schrieben.

Wir haben das umstrittene Rückholrecht in das
Gesetz aufgenommen. Ich freue mich darüber, dass in
dieser Frage inzwischen eine breite Mehrheit – sie ist
fraktionsübergreifend, sie reicht also bis in die Union hi-
nein – im Deutschen Bundestag besteht.


(Ronald Pofalla [CDU/CSU]: Das war immer so!)



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(C (D Wie Sie wissen, war das nicht immer so. Ich erinnere ie an Ihren Kollegen Scholz, an Herrn Schäuble und an ndere, die das anders sehen. Mehrheitlich mag das so ein, Herr Pofalla. (Ronald Pofalla [CDU/CSU]: Peinlicher Auftritt! Keine Ahnung!)


ber es gibt hier in der Tat eine erfreuliche Mehrheits-
uffassung.
Ich will hervorheben, dass das Plenum Herr des Ver-

ahrens bleibt, auch bei einem vereinfachten Zustim-
ungsverfahren. Bereits 5 vom Hundert der Mitglieder
es Deutschen Bundestages können – auch im verein-
achten Zustimmungsverfahren – eine erneute Be-
chlussfassung des Parlaments herbeiführen. Das heißt,
ir haben großen Wert darauf gelegt, dass das Parlament
ie letzte Entscheidungsgewalt hat und dass dabei kein
inzelner Parlamentarier übersehen wird.
Ich möchte zum Schluss kommen. Ich möchte hervor-

eben, dass das Parlamentsbeteiligungsgesetz vom Pri-
at der Politik geprägt ist. Der Deutsche Bundestag
ntscheidet darüber, ob ein Auslandseinsatz rechtmäßig
st oder nicht. Daran wollen wir nicht rütteln. Wir schrei-
en eine bewährte Praxis fest. Der konstitutive Parla-
entsvorbehalt ist ein wichtiger Bestandteil der politi-
chen Kultur in Deutschland. Mit diesem Gesetz festigen
ir ihn weiter.
Schönen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514606000

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Eckart von
laeden.


Eckart von Klaeden (CDU):
Rede ID: ID1514606100

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kolle-

en! Herr Wiefelspütz, in Ihrem Beitrag war meines Er-
chtens entschieden zu viel Eigenlob.


(Ronald Pofalla [CDU/CSU]: Das macht sonst keiner!)


as der Volksmund über Eigenlob sagt, dürfte auch Ih-
en bekannt sein. Es ist eine ganze Menge an Weihrauch
erströmt worden.
Wenn Sie fragen, warum wir keinen Gesetzentwurf

orlegen, antworte ich: Auf Blumen, wie Sie sie am
rab des Entwurfs der FDP abgelegt haben, können wir
irklich herzlich gern verzichten.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, Sie sprechen davon, Sie

ätten die Parlamentsrechte gestärkt und ausgeweitet.
ch will jetzt gar nicht bewerten, ob eine solche Auswei-
ung oder – vermeintliche – Stärkung der Parlaments-
echte im Sinne einer stärkeren Einbindung des Bundes-
ages vor einer Entscheidung über einen Einsatz
atsächlich auf eine Stärkung hinausliefe, aber Tatsache
st: Der Entwurf, der heute angenommen werden soll,

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 13645


(A) )



(B) )


Eckart von Klaeden

stellt eine solche Stärkung nicht dar. Sie versuchen
lediglich, wie ich finde, mehr schlecht als recht, die bis-
herige Praxis in ein Gesetz zu gießen, das dem derzeiti-
gen Zustand entspricht, aber nicht auf die Zukunft und
auf das ausgerichtet ist, was an möglichen und notwen-
digen Entscheidungen auf uns zukommen wird. Ich
werde dazu gleich noch etwas sagen, wenn es um die
Frage der integrierten Verbände, aber insbesondere auch
um die Frage der anderen Kombattanten geht.

Lassen Sie mich zunächst einmal sagen, dass ich mit
dem, was wir bisher an parlamentarischer Praxis, an
Kontrolle der Einsätze der Bundeswehr im Parlament
geübt haben, nicht in jedem Fall einverstanden bin. Ich
will an die erste Abstimmung zu Enduring Freedom
erinnern, die mit einer Vertrauensfrage des Bundeskanz-
lers verbunden war. Einige in der Fraktion der Grünen
sind der Auffassung gewesen – der Kollege Ströbele war
einer von denen –, dass dieser Einsatz falsch ist. Man ist
aber zu der Ansicht gekommen, dass man dem Einsatz
trotzdem zustimmen muss, weil die Vertrauensfrage ge-
stellt worden ist. Das hat dazu geführt, dass innerhalb
der Fraktion der Grünen zur Frage des Bundeswehrein-
satzes, zur Frage der Gefährdung des Lebens unserer
Soldaten gelost worden ist. Es ist gelost worden, wer da-
für stimmt und wer dagegen stimmen darf.


(Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ein Quatsch! Das stimmt nicht!)


– Doch! Die Kollegin Steffi Lemke hat hier damals aus-
geführt,


(Jörg van Essen [FDP]: Richtig! Ja!)

man habe sich nicht einigen können,


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sagen die Unwahrheit!)


man habe eine Mehrheit zustande bekommen wollen und
dann sei gelost worden;


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Sie bauen einen Popanz auf!)


einige hätten danach dagegen stimmen dürfen und an-
dere hätten dafür gestimmt.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514606200

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen

Ströbele?


Eckart von Klaeden (CDU):
Rede ID: ID1514606300

Gern. Bitte.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514606400

Bitte.

(Christian Schmidt [Fürth] [CDU/CSU]: Jetzt kommt schon wieder ein Schuss in die falsche Richtung! – Gegenruf des Abg. HansChristian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Solange er dich trifft!)


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(C (D Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Herr Kollege, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu neh-
en, dass Sie soeben die Unwahrheit gesagt haben? We-
er hat die Kollegin Lemke so etwas irgendwann ir-
endwo gesagt, schon gar nicht hier im Hause,


(Ursula Lietz [CDU/CSU]: Aber sicher! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Ich kann mich gut erinnern!)


och entspricht das den Tatsachen. – Im Gegensatz zu
hnen war ich dabei.


(Ursula Lietz [CDU/CSU]: Wir waren alle dabei!)


s ist nicht gelost worden, zu keinem Zeitpunkt. Es ist
icht einmal ernsthaft überlegt worden, ob gelost werden
ann. Das ist eine bösartige Unterstellung, die nicht da-
urch richtiger wird, dass das in der Presse gestanden
at, offenbar in der Ihnen nahe stehenden, die Sie in
iese Richtung falsch informiert hat.


Eckart von Klaeden (CDU):
Rede ID: ID1514606500

Herr Kollege Ströbele, ich bleibe bei dem, was ich ge-

agt habe. Das ist hier im Hause festgestellt worden. Die
ollegin Lemke hat für das Verfahren, das Sie gewählt
aben, auch noch einen besonders hohen Anspruch für
ich reklamiert


(Jörg van Essen [FDP]: So ist es nämlich!)

nd hat sich gegen die entsprechende Kritik aus unseren
eihen gewehrt.
Ich bleibe dabei: Wenn man der Ansicht ist, dass ein
undeswehreinsatz falsch ist, und wenn man der An-
icht ist, dass er das Leben unserer Soldaten gefährdet,
arf man auch dann, wenn die Vertrauensfrage gestellt
st, nicht dafür stimmen und über welches Verfahren
uch immer eine Mehrheit herstellen, Herr Kollege
tröbele. Das ist jedenfalls nicht vereinbar mit dem
eihrauch und dem Eigenlob in Bezug auf Ihren Ge-
etzentwurf.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich will einen weiteren Punkt ansprechen. Ich finde,

ass wir eine ganze Menge zu lernen haben, was die
arlamentarische Kontrolle der Bundeswehreinsätze
ngeht. Damit wende ich mich insbesondere an die SPD-
raktion; ich will den Kollegen Nachtwei von den Grü-
en dabei ausdrücklich ausnehmen.
Es ist ein Trauerspiel gewesen, was im Zusammen-

ang mit den März-Unruhen im Kosovo abgelaufen ist.
a ist uns vom Verteidigungsministerium über Monate
itgeteilt worden, dass dieser Einsatz erfolgreich gewe-
en ist. Dann hat es Presseberichterstattung gegeben, die
uf das genaue Gegenteil hingewiesen hat. Daraufhin hat
s aus der SPD zunächst einmal die Feststellung gege-
en, die Presseberichterstattung habe nicht zur Notwen-
igkeit der Auseinandersetzung darüber im Ausschuss
eführt. Nachtigall, ich hör’ dir trappsen! Bevor über-
aupt der Minister den Bericht abgegeben hat, hat man
ür die umfangreiche Information gedankt. Man hat

13646 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004


(A) )



(B) )


Eckart von Klaeden

gesagt, es sei alles aufgeklärt, bevor man überhaupt über
die Angelegenheit gesprochen hatte.

Ich habe im Verteidigungsausschuss zum Beispiel da-
rum gebeten, dass zur Frage der Zuständigkeit der deut-
schen Soldaten endlich einmal eine schriftliche Stellung-
nahme abgegeben wird. Sie liegt bis heute nicht vor. Ich
habe darum gebeten, dass der NATO-Bericht, in dem die
Ergebnisse der Untersuchung über die Vorfälle im
Kosovo im März festgehalten sind, den Abgeordneten
zur Verfügung gestellt wird. Er ist nach Auskunft von
General Kujat nicht klassifiziert. Dieser Bericht ist uns
bis heute nicht vorgelegt worden. Das hat doch mit einer
vernünftigen Kontrolle durch das Parlament und einer
seriösen Information des Parlaments über Einsätze
nichts zu tun.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Erst langatmig über Anträge zu beraten, sich aber, nach-
dem sie beschlossen wurden, den Schneid bei der parla-
mentarischen Kontrolle abkaufen zu lassen, ist doch
wirklich nicht vernünftig.

Auf die Frage der integrierten Verbände wird Kol-
lege Polenz in seinem Beitrag noch eingehen. Das
Hauptproblem liegt meiner Meinung nach darin, dass
eine konstitutive Zustimmung im Rahmen Ihres Geset-
zes nicht im Nachhinein erfolgen kann. Dadurch unter-
liegt der Einsatz dieser Verbände immer der Gefahr des
Opt-out Deutschlands. Das wird gerade diejenigen, de-
nen Sie immer wieder vorwerfen, dass sie zu unilatera-
lem Handeln neigen, umso stärker motivieren, unilateral
vorzugehen. Wer möchte, dass die internationalen Orga-
nisationen wie EU und NATO gestärkt werden und eine
Konsultation unter Bündnispartnern stattfindet, der darf
nicht durch ein kompliziertes und nicht kompatibles Ent-
scheidungsverfahren, das vor jedem Einsatz eine Parla-
mentsbeteiligung verlangt, die Entscheidungsfindung in
diesen Gremien erschweren. Das Problem Ihres Antrags
liegt eben gerade darin, dass auf diesen Punkt nicht ein-
gegangen wird. Das ist der erste Punkt.

Der zweite Punkt ist, dass Sie zum Einsatz anderer
Kombattanten kein Wort verlieren. Der Innenminister
hat jetzt vorgeschlagen, den BGS im Ausland einzuset-
zen. Sie, Herr Kollege Wiefelspütz, haben das für eine
besonders originelle und kluge Idee gehalten. Wenn
BGS-Beamte im Ausland eingesetzt werden und Uni-
form tragen, dann muss auch eine Parlamentsbeteiligung
stattfinden. Hier darf kein Umgehungstatbestand ge-
schaffen werden.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie hätten also in einem Parlamentsbeteiligungsgesetz,
wenn Sie schon über diese Frage nachdenken, auch die
Möglichkeit schaffen müssen, dass der Bundestag zu
solchen Einsätzen Stellung nimmt bzw. ihnen zustimmt.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das habe ich schon beantragt! Das ist richtig! Parlamentsbeschluss für Auslandseinsätze der Polizei!)


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(C (D Herr Wiefelspütz erhält das Wort zu einer Zwischen rage. Herr von Klaeden, ich möchte Sie bitten, zur Kennt is zu nehmen, dass heute schon BGS-Einsätze im Ausand stattfinden. (Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Das ist mir bekannt!)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514606600
Dr. Dieter Wiefelspütz (SPD):
Rede ID: ID1514606700

ichtig ist auch, dass der BGS nicht militärisch einge-
etzt werden darf und niemand darüber nachdenkt – ich
chon gar nicht –, das in Zukunft zu ändern. Polizei ist
olizei und bleibt Polizei.
Ich bitte Sie auch, zur Kenntnis zu nehmen, dass es

ür Polizeieinsätze keinen konstitutiven Parlamentsvor-
ehalt gibt. Vielleicht könnten Sie dazu ja noch einmal
tellung nehmen. Ich sehe da keinen Dissens zwischen
ns. Ich weiß nur, dass für Bundeswehreinsätze im Aus-
and der Zustimmungsvorbehalt des Parlaments gilt,
ährend für BGS-Einsätze im Ausland kein Zustim-
ungsvorbehalt des Parlaments existiert, und dass heute
chon sowohl Bundeswehr als auch BGS im Ausland
ingesetzt werden. Sie haben völlig Recht, dass vor die-
em Hintergrund keine Umgehungstatbestände geschaf-
en werden dürfen; dabei würde es sich um einen Miss-
rauch handeln. Es wird aber niemals dazu kommen,
ass für Polizeieinsätze im Ausland ein konstitutiver
arlamentsvorbehalt eingeführt wird. Diesen gibt es
eute nicht und diesen wird es auch in Zukunft nicht ge-
en.

Eckart von Klaeden (CDU):
Rede ID: ID1514606800

Herr Kollege Wiefelspütz, beschäftigen Sie sich ein-
al mit den Aufgaben, die nach den Verteidigungspoli-
ischen Richtlinien des Bundesverteidigungsministers
ie Stabilisierungskräfte der Bundeswehr im Ausland-
einsatz wahrnehmen sollen. Sie werden dann feststel-
en, dass dazu nicht nur militärische Einsätze gehören,
ondern auch die Wahrnehmung von Polizeiaufgaben. In
er sich daran anschließenden Diskussion zwischen dem
nnenminister und möglicherweise auch dem Verteidi-
ungsminister und Ihnen ging es, wenn ich es richtig
erstanden habe, darum, dass Aufgaben, die sonst von
tabilisierungskräften wahrgenommen würden, in Zu-
unft möglicherweise von BGS-Einheiten wahrgenom-
en werden sollen,


(Rainer Arnold [SPD]: Nein!)

eil diese von ihrer Ausbildung her dafür geeigneter
ind.
Ich bin nicht dagegen, dass man darüber nachdenkt.
enn aber die Beamten aus BGS-Einheiten, die anstelle
on Bundeswehreinheiten eingesetzt werden, im Aus-
and Uniform tragen, dann sind sie völkerrechtlich gese-
en Kombattanten und damit auch Soldaten. Ich habe
ie Sorge, dass hier ein Umgehungstatbestand geschaf-
en wird, wenn man, weil man in bestimmten Fällen die
arlamentarische Diskussion scheut, statt der Stabilisie-
ungskräfte, die die Aufgabe wahrnehmen könnten,

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 13647


(A) )



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Eckart von Klaeden

BGS-Einheiten ins Ausland schickt. Man muss also,
wenn man diese Überlegung für so bedeutend erachtet,
wie Sie sie hier dargestellt haben, auch für andere Kom-
battanten im Ausland eine entsprechende Regelung im
Gesetz verankern.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514606900

Gestatten Sie auch eine Zwischenfrage des Kollegen

Arnold?

Eckart von Klaeden (CDU):
Rede ID: ID1514607000

Ja.

Rainer Arnold (SPD):
Rede ID: ID1514607100

Herr Kollege, wären Sie bereit, zur Kenntnis zu neh-

men, dass es in Wirklichkeit nicht so kompliziert ist?
Auslöser dieser Debatte war etwas ganz anderes, näm-
lich dass wir erkennen, dass die Bundeswehr im Augen-
blick in hohem Maß polizeiliche Aufgaben im Ausland
übernimmt, und zwar deshalb, weil es nicht ausreichend
Polizeikräfte gibt, um diese Aufgaben zu erfüllen. Könn-
ten Sie erkennen, dass es möglicherweise sinnvoll ist,
darüber zu debattieren, ob es nicht die klügere Lösung
wäre, zu organisieren, dass die Polizei Polizeiaufgaben
wahrnimmt, wo diese jetzt von der Bundeswehr wahrge-
nommen werden, und die Bundeswehr weiterhin Bun-
deswehraufgaben, wo es welche gibt?


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Eckart von Klaeden (CDU):
Rede ID: ID1514607200

Herr Kollege Arnold, wenn Sie mir zugehört haben,

dann haben Sie festgestellt, dass ich diese Diskussion
durchaus als sinnvoll bezeichnet habe.


(Rainer Arnold [SPD]: Aber Sie verstehen es nicht!)


– Selbstverständlich verstehe ich das. Sie verstehen es
nicht! Ich rate Ihnen, einmal die Verteidigungspoliti-
schen Richtlinien Ihres Ministers zu lesen und sich mit
der Funktion von Stabilisierungskräften zu beschäftigen.
In die Funktion von Stabilisierungskräften fällt selbst-
verständlich, in einem Land, in dem staatliche Autorität
aufgebaut werden soll, Polizeiaufgaben mit wahrzuneh-
men. Das ist auch die selbstverständliche Aufgabe einer
Armee. Schon die Legionen des Augustus haben Polizei-
aufgaben wahrgenommen: Sie haben den Verkehr gere-
gelt, Evakuierungen vorgenommen, Straßen gebaut. Das
ist normales militärisches Handwerk. Da kann man nicht
differenzieren und sagen, die Armee sei nur zum Kämp-
fen da und nicht dazu, bestimmte – wie Sie es bezeich-
nen – polizeiliche Aufgaben wahrzunehmen. Bei uns im
Inland werden solche Aufgaben natürlich von der Polizei
wahrgenommen, aber bei einem Auslandseinsatz gehört
das zu den Aufgaben der Soldaten. Dass man im Aus-
land auch die Zusammenarbeit mit den Landespolizeien
oder dem BGS suchen kann, steht natürlich völlig außer
Frage.

Meine Aussage ist doch nur: Wenn es zu einer stärke-
ren derartigen Kooperation kommen soll – was ich für

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(C (D innvoll halte –, sind Einheiten des Bundes, Kombattanen, Soldaten im völkerrechtlichen Sinne betroffen, die n der Verantwortung des Bundestages stehen. Dann gibt s keinen sachlichen Grund, diese Einheiten anders zu ehandeln als die Bundeswehr. Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage, und zwar des ollegen Schmidt? Ja, gerne. Dann bitte ich aber, mit den Zwischenfragen etwas parsamer umzugehen. Damit bin ich sehr einverstanden. Frau Präsidentin, das ist meine erste Zwischenfrage. Aber Sie haben schon einen Redebeitrag abgegeben. Herr Kollege von Klaeden, verstehen Sie den Beitrag es Kollegen Arnold so, dass die Bundeswehr bei Polieieinsätzen im Ausland eine Tätigkeit ausübt, die, wenn ie von Polizeikräften geleistet wird, nicht parlamentaisch abgesichert ist, und befürchten Sie, dass Herr rnold insinuiert, dass eigentlich die Bundeswehr dann, enn sie keinen Einsatz im Sinne einer Armee, sondern inen Polizeieinsatz hat, ohne Parlamentsbeteiligung ingesetzt werden kann, oder erkennen Sie eine andere, iefer gehende Logik in den Bemerkungen des Kollegen rnold? (Gernot Erler [SPD]: Herr Schmidt, verstehen Sie Ihre eigene Frage?)


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514607300
Eckart von Klaeden (CDU):
Rede ID: ID1514607400
Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514607500
Eckart von Klaeden (CDU):
Rede ID: ID1514607600
Christian Schmidt (CSU):
Rede ID: ID1514607700
Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514607800
Christian Schmidt (CSU):
Rede ID: ID1514607900


Eckart von Klaeden (CDU):
Rede ID: ID1514608000

Herr Kollege Schmidt, das war eine sehr wohlwol-

ende Interpretation der Äußerungen des Kollegen
rnold. In Wirklichkeit sind sie, wie ich finde, gar nicht
u verstehen gewesen.


(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Haben Sie Herrn Schmidt verstanden?)


ber vielen Dank für diesen Versuch. Auch Herr Arnold
ollte sich eigentlich dafür bedanken, dass Sie die Dinge
n dieser Weise klargestellt haben.
Wenn es um die Frage der Parlamentsbeteiligung geht,
ie es auch das Verfassungsgericht formuliert hat, dann
ollten wir uns als Parlament auf das Ob der Einsätze
onzentrieren und das Wie und die Modalitäten der poli-
ischen Führung überlassen, um hinterher, falls etwas
chief geht, die Möglichkeit zu haben, zu kontrollieren,

13648 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004


(A) )



(B) )


Eckart von Klaeden

und nicht durch einen entsprechenden Beschluss gebun-
den zu sein. Die Modalitäten des Einsatzes können wir
als Parlamentarier doch sowieso nicht bis ins Detail be-
stimmen. Sie werden aber von der Regierung immer wie-
der in den Vorschlägen formuliert. Ich halte es gerade im
Sinne unserer Soldaten für vernünftiger, dass wir uns um
das Ob der Einsätze kümmern, um die politische Impli-
kation, und nicht um das Wie, sodass wir uns hinterher,
wenn etwas schief gegangen ist, wie zum Beispiel im
März im Kosovo, auf die Kontrolle konzentrieren und
auf diese Weise die notwendigen Sorgfaltsmaßstäbe
schaffen können, die bei der nächsten Einsatzvorberei-
tung Beachtung finden können.

Dazu gehört allerdings auch, dass die Regierungs-
koalition und insbesondere die SPD die Bereitschaft
haben, Vorgänge tatsächlich zu kontrollieren und auch
einmal zu kritisieren, dass uns vom Bundesverteidi-
gungsministerium über Monate hinweg nicht die Wahr-
heit gesagt worden ist.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der FDP)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514608100

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Petra Pau.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1514608200

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wir diskutieren heute abschließend über das so genannte
Parlamentsbeteiligungsgesetz. Schon der Name grenzt
an Etikettenschwindel.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


„Entsendegesetz“ trifft das Anliegen besser.

(Widerspruch des Abg. Peter Dreßen [SPD])


Schließlich geht es darum, die Bundeswehr möglichst
problemlos weltweit entsenden zu können und das Parla-
ment dabei so wenig wie möglich beteiligen zu müssen.
Blitzeinsätze des Militärs im Äußeren und „Light“-De-
mokratie im Inneren – das ist des Pudels Kern.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Die PDS im Bundestag lehnt beides entschieden ab.
Ich bezweifele übrigens heftig, dass das vorliegende

Gesetz grundgesetzkonform ist. Noch enthält die deut-
sche Verfassung eine Friedenspflicht. Noch hat die
höchste Volksvertretung über Auslandseinsätze der Bun-
deswehr zu entscheiden. Das gebietet das Grundgesetz.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Der vorliegende Entwurf von Rot-Grün aber bricht mit
beiden Grundsätzen: mit der Pflicht zum Frieden und mit
dem Recht des Bundestages.

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(C (D Nur zur Erinnerung: So lange ist es noch gar nicht er, da galten deutsche Kriegseinsätze als nahezu unvortellbar. Dann kam der Sündenfall. Zwar wurde noch imer von Kriegeinsätzen als Ultima Ratio geredet. Aber mmer mehr wurde die gern zitierte Ausnahme zur Reel. Es ist auch noch nicht so lange her, da mussten im undestag zwei Drittel einem Militäreinsatz zustimmen. ann wurde das Quorum gesenkt. Nun sollen die Abgerdneten noch mehr degradiert oder – wie die PDS im undestag – sogar vollständig aus diesem Prozess auseschaltet werden. Denn mit diesem Gesetz wird der inzigen Partei, die im Bundestag gegen weltweite Miliäreinsätze ist, ein Maulkorb verpasst. (Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Das Entsendegesetz dient einer beschleunigten Mili-
arisierung der Außenpolitik. Es folgt einer Anregung
er USA. Es dient den Wünschen der NATO und soll die
ilitärische Interventionskraft der EU stärken. Das Ge-
etz wird – davon gehe ich aus – wie gewünscht funktio-
ieren. Wird die Bundeswehr künftig in Marsch gesetzt,
ann muss der Bundestag der Regierung de facto das
isstrauen aussprechen, um den Einsatz zu beenden.
Auch das Ausmaß eines Auslandseinsatzes obliegt

icht mehr einer Abwägung im Bundestag. Er kann im
achhinein nur noch Ja oder Nein sagen. Damit entzieht
ich der Bundestag jedem Pro und Kontra. Er unterwirft
ich den Entscheidungen einer Regierung, die er eigent-
ich nach allen Regeln der Demokratie beauftragen und
ontrollieren soll.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


r behindert außerdem eine gesellschaftliche Debatte,
nstatt sie anzuregen.
Damit bin ich bei der eigentlichen und schrecklichen
otschaft, die Sie heute beschließen wollen. Der Bun-
estag entmündigt sich selbst,


(Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


eil er dem Militär im Weg steht, weil die höchste deut-
che Volksvertretung der NATO und der Bundeswehr
ur Last fällt. Ich hätte nie gedacht, dass es einmal so
eit kommt, noch dazu auf Antrag von SPD und
ündnis 90/Die Grünen. Die PDS im Bundestag lehnt
as ab – konkret und grundsätzlich.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos] – Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Weil Sie den Antrag noch nicht einmal gelesen haben! – Jörg van Essen [FDP]: Genau! Sie kann den Antrag nicht gelesen haben!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514608300

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Hans-Peter
artels.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 13649


(A) )



(B) )



Dr. Hans-Peter Bartels (SPD):
Rede ID: ID1514608400

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Wir haben in diesem Hause schon oft über die
neuen Anforderungen an unsere Bundeswehr diskutiert.
Wir haben darüber gesprochen, wie sich das sicherheits-
politische Umfeld nach 1989 und auch nach dem
11. September 2001 gewandelt hat und welchen neuen
Bedrohungen und Einsatzrealitäten wir uns heute gegen-
übersehen.

Die Transformation der Bundeswehr – das heißt:
die Ausrichtung unserer Streitkräfte auf die heute und
zukünftig wahrscheinlichsten Einsätze – ist unsere Ant-
wort auf die veränderten Bedingungen. Über das neue
Konzept und über Peter Strucks Hindukusch-Doktrin
gibt es im Grundsatz keinen Streit. Das ist eine gute Ba-
sis, auf der wir hier im Parlament gemeinsam arbeiten.

Das Gesetz, über das wir heute beraten, bringt zum
Ausdruck, wie viel sich geändert hat und dass wir als
Gesetzgeber mit dieser Entwicklung Schritt halten müs-
sen. In den Zeiten des Kalten Krieges stellten sich jeden-
falls die Fragen, die wir jetzt regeln, nicht. Der bewaff-
nete Konflikt, für den die Bundeswehr damals
vorgesehen war, wäre der dritte Weltkrieg gewesen, ge-
führt in der Mitte Europas. Da hätten sich die Fragen
nach Vorauskommandos und Einsätzen geringer Intensi-
tät gar nicht gestellt. Es ging damals immer um den
Worst Case, um die höchste Intensität.

Es spricht für dieses Parlament und das Verhältnis der
demokratischen Parteien untereinander, dass wir auch
ohne spezielle gesetzliche Grundlage seit nunmehr zehn
Jahren über Auslandseinsätze beschließen – und dies in
den allermeisten Fällen mit einer sehr breiten Mehrheit.
Trotz gelegentlicher politischer Differenzen bei der Be-
wertung einzelner Einsätze stand seit 1994 nie mehr das
parlamentarische Beteiligungsverfahren selbst im Zen-
trum der Diskussion. Dass wir hier im Bundestag über
die Teilnahme deutscher Soldaten an internationalen
Einsätzen abstimmen, ist mehr als nur die pflichtschul-
dige Erfüllung einer Vorgabe unseres Verfassungsge-
richts. Der Parlamentsvorbehalt ist zu einem Grund-
pfeiler unseres Verständnisses vom Charakter der
Bundeswehr geworden. Sie ist eine Parlamentsarmee.


(Beifall bei der SPD)

Die Debatten über viele Einsätze haben gezeigt, dass

wir uns der großen Verantwortung bewusst sind, die
mit der Beteiligung deutscher Streitkräfte an internatio-
nalen Missionen verbunden ist. Wir dürfen es uns nicht
leicht machen und wir machen es uns nicht leicht; da-
rüber besteht wohl fast Einigkeit in diesem Hause.

Weil das so ist, hätte ich mir gewünscht, dass wir
heute über einen Gesetzentwurf aller Fraktionen ent-
scheiden können. Dazu ist es nicht gekommen. Uns liegt
neben unserem Koalitionsentwurf auch ein FDP-Gesetz-
entwurf vor. Die Union hat das alles zwar kommentiert
und kritisiert. Auf einen eigenen Entwurf hat sie aller-
dings verzichtet. Vielleicht wurden von den Kollegen
Schäuble, Schmidt und Pofalla zu viele unterschiedliche
Linien vertreten. Da Sie nicht in der Verantwortung ste-

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(C (D en, müssen Sie sich auch nicht auf eine gemeinsame Liie einigen. Wir können zur Not damit leben. Insgesamt aber – das sollte nicht verschwiegen wer en – haben wir in den vergangenen Monaten fraktionsbergreifend sehr sachlich und konstruktiv über den Paramentsvorbehalt und seine Ausgestaltung diskutiert. as war dem Thema angemessen. Zur öffentlichen Anhörung am 17. Juni dieses Jah es waren als Sachverständige mit den Professoren chmidt-Jortzig und Scholz zwei ehemalige Kollegen eladen, die die parlamentarische Praxis aus eigener rfahrung als Abgeordnete und Minister kennen. Das earing hat bestätigt, dass wir mit unseren Regelungsorstellungen auf einem guten verfassungskonformen eg sind. Das gilt übrigens auch für den FDP-Entwurf. r ist verfassungsrechtlich absolut unbedenklich. Unser Entwurf ist – so viel Eigenlob sei erlaubt – eine ngemessene, schlanke und in einzelnen Regelungen legante Lösung. (Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Das ist nun wirklich übertrieben!)


ie Rechte des Parlaments bleiben voll gewahrt. Wir
leiben beim bisherigen Verfahren. Die Parlamentspra-
is der vergangenen Jahre stand für das Gesetz Pate.
iese Praxis hat aber auch gezeigt, wo noch Entschei-
ungsabläufe verbessert werden können. In einigen Fäl-
en, zum Beispiel bei Einsätzen geringer Intensität oder
ei der Verlängerung unstrittiger Mandate, wird es künf-
ig die Möglichkeit geben, ein vereinfachtes Zustim-
ungsverfahren anzuwenden. Die Zustimmung gilt in
iesen Fällen als erteilt, wenn nicht eine Fraktion inner-
alb bestimmter Fristen die Befassung des Bundestages
erlangt.
Das Gesetz enthält zudem eine Legaldefinition des
insatzes bewaffneter Streitkräfte. Es wird klarge-
tellt, dass vorbereitende Maßnahmen und Planungen
ie bisher Sache der Exekutive sind. Ebenso werden
ein humanitäre Hilfeleistungen der Bundeswehr, auch
enn die eingesetzten Soldaten zum Selbstschutz Waf-
en tragen, nicht dem Parlament zur Abstimmung vorge-
egt.
Schließlich verankern wir im Gesetz ein Rückhol-

echt des Parlaments. In der Begründung heißt es nüch-
ern, aber sehr richtig, diese Vorschrift beende „die bis-
er bestehende Unsicherheit, ob der Deutsche Bundestag
ie einmal getroffene Entsendeentscheidung aus eige-
em Recht wieder rückgängig machen kann oder nicht“.
ie Inanspruchnahme des Rechts, eine gegebene Zu-
timmung zu widerrufen, wird wahrscheinlich die ganz
roße Ausnahme bleiben. Es ist trotzdem wichtig. Nicht
ur das vereinfachte Verfahren gewinnt dadurch an Ak-
eptanz, dass wir als Parlament wissen, dass wir notfalls
in Ende des Einsatzes erzwingen können. Das Rückhol-
echt hat auch Bedeutung für andere Fälle.
In der vergangenen Woche haben wir mit großer
ehrheit der Beteiligung der Bundeswehr an der nun
U-geführten Operation Althea in Bosnien-Herzego-
ina zugestimmt. Im Antrag der Bundesregierung heißt

13650 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004


(A) )



(B) )


Dr. Hans-Peter Bartels

es, dass unsere Soldaten eingesetzt werden können, so-
lange ein Mandat des Sicherheitsrates der Vereinten Na-
tionen und ein entsprechender Beschluss der EU bzw.
des NATO-Rates sowie die konstitutive Zustimmung des
Bundestages vorliegen. Im Gegensatz zu den meisten
anderen Mandaten gibt es aber keine ausdrückliche zeit-
liche Befristung. Die Operation Althea wird uns also
nicht in regelmäßigen Abständen beschäftigen, weil eine
weitere Verlängerung um ein halbes oder ein ganzes Jahr
ansteht. Das war auch schon bei der NATO-geführten
Vorgängermission so. Wenn wir als Bundestag aber ein
solches zeitlich unbefristetes Mandat erteilen, hat es eine
gewisse innere Logik, dass wir auch das Recht haben
müssen, gegebenenfalls die Zustimmung zu widerrufen.

Insgesamt haben wir, wie ich glaube, das richtige
Maß gefunden. Dort, wo es notwendig ist, haben wir
rechtliche Klarstellungen und Anpassungen vorgenom-
men. Aber wir haben uns im Wesentlichen auf die be-
währten Abläufe gestützt und sie lediglich mit einem
festeren rechtlichen Unterbau versehen.

Weshalb nun die FDP die Notwendigkeit sieht, zu-
sätzlich ein spezielles Sondergremium zu schaffen, ist
mir immer noch etwas unklar. Geheimhaltungsbedürf-
tige Einsätze – das wurde schon angesprochen – werden
bisweilen als Begründung genannt. Aber welche Aus-
landseinsätze sollen das sein? Den Kosovo, Bosnien, Af-
ghanistan oder den Sudan können sie wohl nicht betref-
fen. Geht es um Evakuierungsaktionen? Es ist doch klar,
dass diese nicht vor Beginn der Operation in aller Öf-
fentlichkeit diskutiert werden können. Für diese Fälle
brauchen wir keinen neuen Ausschuss und überhaupt
keine vorherige formale Befassung des Parlaments,
siehe § 5 unseres Gesetzentwurfs.


(Jörg van Essen [FDP]: Das gilt doch nur, wenn es um die Rettung von Menschenleben geht! Es gibt noch andere, zum Beispiel Aufklärungseinsätze!)


Beispiele für übrige Einsätze haben wir von Ihnen nicht
gehört.


(Jörg van Essen [FDP]: Der stellvertretende Generalinspekteur hat sie doch in der Anhörung genannt!)


Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir hier geheime Ein-
sätze beschließen müssten, sofern es nicht um die
schnelle Rettung von Menschenleben gehen sollte, also
etwa um Evakuierungen.


(Jörg van Essen [FDP]: Diese Beispiele wurden genannt!)


– Nein, es gibt keine Notwendigkeit, etwas, das wir
lange vorbereiten können, geheim zu halten. Abgesehen
davon glauben Sie doch auch nicht, dass es dann geheim
bleibt.

Wenn etwas geheim zu halten ist, dann haben wir im
Übrigen die Möglichkeit, im geheim tagenden Verteidi-
gungs- und Auswärtigen Ausschuss unsere Fragen be-
antwortet zu bekommen und die Erörterungen anzustel-
len, die Sie möglicherweise im Auge haben.

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(C (D (Jörg van Essen [FDP]: Im Plenum haben wir die Möglichkeit!)


ch erkenne nicht, dass wir dafür ein gesondertes Gre-
ium brauchen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Lassen Sie mich noch etwas zum Thema Geschwin-

igkeit anmerken. Bisweilen wird vermutet, unsere Pra-
is des Parlamentsvorbehalts sei zu langwierig und ver-
ögere im Ernstfall Einsätze etwa von NATO Response
orces oder EU Battle Groups. Das ist ein zäher Aber-
laube, gegen den sich auch empirisch argumentieren
ässt: Wenn eine schnelle Entscheidung erforderlich war,
ann waren wir immer sehr schnell. In dringenden Fäl-
en erfolgte die konstitutive Zustimmung des Bundesta-
es noch am Tag des Kabinettsbeschlusses. Ob hingegen
ie internationalen Abstimmungsprozesse oder die Bera-
ungen im großen NATO-Rat immer so schnell gehen
erden, sei dahingestellt. Ich habe da meine Zweifel.
Mit unserem Parlamentsbeteiligungsgesetz schaffen
ir in einem wichtigen Bereich Klarheit und Rechtssi-
herheit – für uns, aber auch für die Soldaten. Ich bin si-
her: Das Gesetz wird sich in der Praxis bewähren.
Schönen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514608500

Jetzt hat als Letzter in der Debatte der Abgeordnete
uprecht Polenz das Wort.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Ruprecht Polenz (CDU):
Rede ID: ID1514608600

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Ge-

etz, das die Koalition heute vorlegt, schreibt das bishe-
ige Verfahren fest und macht es vielleicht etwas prakti-
abler, gibt aber keinerlei Antwort auf Fragen, die aus
ukünftig absehbaren Entwicklungen resultieren, und
ird deshalb in Kürze überholt sein. Es ist absehbar,
ass wir auf die Notwendigkeit schneller und tragfähiger
ntscheidungen über die Beteiligung deutscher Kontin-
ente am bündnisgemeinsamen Einsatz reagieren müs-
en. Dies steht in einem Spannungsverhältnis zur demo-
ratisch-parlamentarischen Legitimation.
Herr Kollege Weisskirchen, wenn wir gemeinsam da-

an festhalten wollen, dass multilaterales Handeln
rundsatz deutscher Außenpolitik ist


(Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD]: Ja!)

nd dass wir in Zukunft mehr Integration unserer Streit-
räfte in Europa brauchen, weil das angesichts knapper
assen der einzige Weg ist, unsere Fähigkeiten in
uropa zu erhöhen, dann müssen wir auch hinsichtlich
er Parlamentsbeteiligung über die Folgen nachdenken.
as haben Sie nicht getan.


(Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD]: Doch! – Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben wir getan!)


Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 13651


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Ruprecht Polenz

Das Europa der EU gibt 60 Prozent des US-Budgets

für Verteidigung aus. Wir haben sogar 600 000 Soldaten
mehr als die Amerikaner, aber die Fähigkeiten bleiben
bekanntermaßen deutlich hinter denen der Amerikaner
zurück.


(Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist die Frage nach den deutschen Fähigkeiten!)


Angesichts knapper Kassen können wir hier nur einen
Ausgleich finden, wenn wir in Europa mehr gemeinsam
machen.

Der erste Schritt zu mehr Gemeinsamkeit wird der eu-
ropäische Lufttransport sein. Weitere Schritte müssen
folgen.


(Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD]: Das darf aber doch nicht das konstitutive Recht aushebeln!)


Dieses Mehr an vertiefter militärischer Integration ist
nur möglich, wenn man sich aufeinander verlassen kann
und wenn die Entscheidung, ob man sich beteiligt oder
nicht, diese vertiefte militärische Integration nicht in-
frage stellt.


(Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD]: Das tut es doch nicht!)


Damit geht zwangsläufig ein Verzicht auf bestimmte
Handlungsoptionen einher.


(Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD]: Nein!)

Wenn Sie sich vor dieser Frage drücken, werden Sie der
Sache nicht gerecht. Das hat auch etwas mit bestimmten
Formen von Souveränitätsverzicht, den man in der
Zukunft leisten muss, und damit zu tun, dass das auch
Folgen für die Art und Weise der demokratischen Legiti-
mation hat. Auf diese Frage geben Sie in Ihrem Gesetz-
entwurf keine Antwort.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD]: Doch! Eine ganz klare Antwort!)


– Kollege Weisskirchen, das Kernelement der vertieften
Integration ist die NATO Response Force. Das ist das
Schlüsselprojekt der Allianz. Deutschland hat dieser
Einrichtung in Prag zugestimmt. Ihre Besonderheit liegt
darin, dass die NATO Response Force weltweit inner-
halb von fünf bis 30 Tagen einsetzbar sein soll


(Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD]: Das schaffen wir auch!)


und ein breites Aufgabenspektrum – von Peacekeeping
bis zu Kampf- und Antiterroreinsätzen – abdecken soll.
Die NATO Response Force ist keine stehende Streit-
macht, sondern sie besteht aus Verbänden, die von den
Mitgliedstaaten nach einem Rotationsmodell bereitge-
stellt werden. Die Einheiten der Bundeswehr – so ist es
vorgesehen – sollen in jeden Zyklus entsprechend dem
tatsächlichem Gewicht und der beabsichtigten künftigen
Rolle Deutschlands in der NATO eingebunden sein.
Ab Oktober 2006 soll das ganze Unternehmen voll ein-
satzfähig sein.

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(C (D Sie drücken sich davor, zu sagen, dass die NATO esponse Force zwingend eine Reform unseres politichen Entscheidungsprozesses erfordert, (Gernot Erler [SPD]: Das machen wir aber nicht!)


eil der NATO-Einsatzbefehl für die NRF-Truppen in-
erhalb weniger Tage erfolgen kann. Die erfolgreiche
usführung eines solchen Befehls hängt nämlich von
er Bereitschaft aller Nationen ab, die zugesagten Fähig-
eiten für solche Einsätze bereitzustellen.


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Schnell bereitzustellen!)


enn die deutschen Kräfte nicht mit hinreichender Ver-
ässlichkeit bereitstehen, dann besteht die Gefahr, dass
an, weil die NATO Response Force insgesamt nicht
insetzbar ist, in eine Koalition der Willigen ausweicht,
as wir alle nicht wollen.
Jetzt müssen Sie sich Folgendes vor Augen halten:
ie Entscheidung über die NATO Response Force – sie
oll innerhalb von drei bis 50 Tagen einsetzbar sein – ist
on großer Eilbedürftigkeit geprägt. Das Zustimmungs-
erfahren innerhalb der NATO erfolgt – auch wenn sich
ollege Beck das nicht vorstellen kann – innerhalb we-
iger Tage. Wenn ausgearbeitete Eventualpläne vorlie-
en, geht das sehr zügig. Natürlich dauert das Verfahren
er Parlamentsbeteiligung deutlich länger. Das ist etwa
ann der Fall, Kollege Wiefelspütz, wenn es einen Dis-
ens gibt. Aber das mag im Geschäftsordnungsaus-
chuss, der bei den Beratungen die Federführung hatte,
icht ins Gewicht gefallen sein. Sie haben wahrschein-
ich gedacht: In den Parlamentsferien kann es keine
rise geben; denn sonst hätten Sie die Antworten, die
ie vorschlagen, so nicht geben können.
Die Übertragung der Befehlsbefugnis kann erst nach

er Zustimmung des Parlaments erfolgen. Also müssen
ir zu anderen Lösungen kommen.
Sie sagen – dadurch beruhigen Sie diejenigen, die in

hren eigenen Reihen diese Fragen gestellt haben –: Es
ibt die Regelung „Gefahr im Verzug“. Man muss al-
erdings wissen, dass die Regelung „Gefahr im Verzug“
uch in Ihrem Gesetzentwurf als Ausnahmeregelung for-
uliert ist.


(Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zu Recht!)


ie bezieht sich auf die absolute Ausnahme. So definiert
ie auch der juristische Terminus.


(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Da haben Sie Recht!)


Das Problem dabei ist: Wenn Sie die Regelung „Ge-
ahr im Verzug“ als generelle Anwendungsregelung für
en Einsatz der NRF vorsehen


(Gernot Erler [SPD]: Nein!)

zw. wenn die NRF ihrem Zweck entsprechend – sie soll
chnell eingesetzt werden – eingesetzt wird, dann nutzen
ie systematisch die für Ausnahmefälle bestimmte Re-
elung „Gefahr im Verzug“. Damit widersprechen Sie

13652 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004


(A) )



(B) )


Ruprecht Polenz

den Intentionen des Bundesverfassungsgerichts, das ein
solches Vorgehen nur als Ausnahme vorgesehen hat.


(Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das gilt auch weiterhin so!)


Für Sie ist „Gefahr im Verzug“ sozusagen die Regeler-
mächtigung für NRF-Einsätze. Das ist allerdings verfas-
sungsrechtlich nicht zulässig.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ein Zweites, Herr Nachtwei: In keinem Fall abge-

deckt durch eine Gefahr-im-Verzug-Regelung ist eine
rasche Entscheidung über den Einsatz der NATO
Response Force dann, wenn das zwar aus politischen
Gründen angezeigt und wünschenswert sein mag, aber
aus militärischer Sicht zweifelsfrei keine Gefahr im Ver-
zug vorliegt. Dann können Sie in keinem Fall auf diese
Regelung zurückgreifen; gerade bei Krisenprävention
oder Diplomatieunterstützung – beides ebenfalls Aufga-
ben der NATO Response Force – können solche Situa-
tionen eintreten.

Das Gesetz wird also im Hinblick auf die künftige In-
tegration und auf das Kernelement künftiger NATO-
Strategien den Anforderungen erkennbar nicht gerecht.
Es wäre besser gewesen, Sie hätten sich etwas mehr Zeit
gelassen und sich mit uns über diese Fragen intensiver
ausgetauscht.


(Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mit welcher Position bei Ihnen? So werden wir – das prophezeie ich Ihnen, Herr Kollege Erler – in spätestens zwei Jahren wieder hier sitzen und schauen müssen, wie wir die Fragen, die ich gerade angesprochen habe, dann besser regeln. Vielen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU – Gernot Erler [SPD]: Sie wissen gar nicht, was Ihre eigenen Kollegen gemacht haben!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514608700

Ich schließe damit die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den von den

Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen
eingebrachten Entwurf eines Parlamentsbeteiligungsge-
setzes, Drucksache 15/2742.

Es liegen verschiedene persönliche Erklärungen nach
§ 31 unserer Geschäftsordnung vor, und zwar der Abge-
ordneten Röspel, Berg, Brase und anderer – insgesamt
von 18 Abgeordneten der SPD – sowie der Abgeordne-
ten Rita Streb-Hesse, die wir damit zu Protokoll neh-
men.1)

Der Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Ge-
schäftsordnung empfiehlt unter Nr. 1 seiner Beschluss-
empfehlung auf Drucksache 15/4264, den Gesetzent-
wurf in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte
diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfas-

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1) Anlagen 4 und 5

(C (D ung zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Gegentimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist dait in zweiter Beratung mit den Stimmen von SPD und ündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen von CDU/ SU und FDP sowie der Abgeordneten Pau und Lötzsch ngenommen. Dritte Beratung nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – er stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzenturf ist mit dem eben festgestellten Stimmenverhältnis ngenommen. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Abstimmung über den von der Fraktion der FDP ein-
ebrachten Entwurf eines Auslandseinsätzemitwir-
ungsgesetzes, Drucksache 15/1985. Unter Nr. 2 seiner
eschlussempfehlung auf Drucksache 15/4264 emp-
iehlt der Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und
eschäftsordnung, den Gesetzentwurf abzulehnen. Ich
itte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wol-
en, um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthal-
ungen? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Bera-
ung mit den Stimmen des ganzen Hauses gegen die
timmen der FDP abgelehnt worden. Damit entfällt nach
nserer Geschäftsordnung die weitere Beratung.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 22 auf:
– Zweite und dritte Beratung des von der Bundes-

regierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten
Gesetzes zur Änderung eisenbahnrechtlicher
Vorschriften
– Drucksache 15/3280 –

(Erste Beratung 114. Sitzung)


– Zweite und dritte Beratung des von den Frak-
tionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/
DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines
Dritten Gesetzes zur Änderung eisenbahn-
rechtlicher Vorschriften
– Drucksache 15/2743 –

(Erste Beratung 100. Sitzung)

a)Beschlussempfehlung und Bericht des Aus-
schusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswe-
sen (14. Ausschuss)

– Drucksache 15/4419 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Eduard Lintner


(8. Ausschuss)

– Drucksache 15/4427 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Bartholomäus Kalb
Gunter Weißgerber
Franziska Eichstädt-Bohlig
Jürgen Koppelin

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 13653


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Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer

– Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-

gierung eingebrachten Entwurfs eines Vierten
Gesetzes zur Änderung eisenbahnrechtlicher
Vorschriften
– Drucksachen 15/3932, 15/4235 –

(Erste Beratung 132. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen

(14. Ausschuss)

– Drucksache 15/4420 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Eduard Lintner

Zu dem von der Bundesregierung eingebrachten Ent-
wurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung eisenbahn-
rechtlicher Vorschriften liegt ein Entschließungsantrag
der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP vor.

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich
höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat zunächst
die Abgeordnete Karin Rehbock-Zureich.


Karin Rehbock-Zureich (SPD):
Rede ID: ID1514608800

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Deutsch-
land ist mit seiner Lage mitten in Europa Transitland
Nummer eins und Verkehrsdrehscheibe. Diese geogra-
phische Lage verursacht, dass unser Schienenetz zentral
für Europa ist. Deshalb benötigen wir dringend die na-
tionale Umsetzung des Richtlinienentwurfes der EU.

Im Bereich der Liberalisierung brauchen wir uns den-
noch nicht zu verstecken. Obwohl wir bei der Umset-
zung hinterherhinken, wurde vonseiten der Kommission
festgestellt – es gibt übrigens eine Studie der IBM und
der Humboldt-Universität, die das Gleiche aussagt –,
dass Deutschland bezogen auf den Netzzugang und die
Liberalisierung des Netzes Vorbild für seine Nachbarn
ist. Die Novelle ist ein wichtiger Schritt.

Es wird uns immer wieder gesagt, dass wir dem Bei-
spiel Englands folgen sollten. Bei unseren politischen
Entscheidungen sollten wir den Rat, der uns allen dort
gegeben wurde, beherzigen. England macht zurzeit
nichts anderes, als die Fehler beim ersten Schritt vor
zehn Jahren mit großem Aufwand zu beheben.


(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: So ist es!)


Eines haben wir bei unserem Besuch in England gelernt:
Es kommt darauf an, alle Veränderungen im Eisenbahn-
wesen im Sinne der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der
Eisenbahnverkehrsunternehmen Schritt für Schritt vor-
zunehmen und nicht übers Knie zu brechen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die Richtlinien 2001/12/EG bis 2001/14/EG werden
mit diesem Gesetz umgesetzt. Gleichzeitig ist die Inter-

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(C (D perabilität im europäischen Eisenbahnwesen auf der agesordnung. Hier sind wir uns einig. Kontrovers disutieren wir die Umsetzung des 3. Änderungsgesetzes isenbahnrechtlicher Vorschriften. Wir haben zwei wichige Punkte auf den Weg gebracht: Erstens. Die Kontrollund Eingriffsmöglichkeiten der ettbewerbsaufsicht werden gestärkt. Es gibt eine eue, unabhängige Trassenagentur, die die Trassenpreise nd die Trassenvergabe im Vorgriff, also präventiv, überrüft und somit schon im Vorfeld dazu beiträgt, Diskriinierungen zu verhindern. Zweitens. Mit dem Eisenbahn-Bundesamt gibt es ine Aufsichtsbehörde, die im Nachhinein, also nachdem erträge geschlossen wurden, gegen Diskriminieungstatbestände vorgeht. Das Kartellamt mit seinen Befugnissen bezüglich kar ellrechtlicher Dinge ist eine dritte Kontrollinstanz, soass der Wettbewerb auf der Schiene wesentlich verbesert und diskriminierungsfreier als in der Vergangenheit estaltet werden kann. An dieser Stelle möchte ich noch einmal deutlich da auf hinweisen: Es ist notwendig und wichtig, dass das orliegende Gesetz aufwärts kompatibel ist. Das heißt, ür die Zukunft darf nichts festgeschrieben werden; eine eiterentwicklung ist also möglich. Mit diesem Gesetz aben wir die Tagesordnung bezogen auf die Bahnreorm ein weiteres Stück abgearbeitet. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der SPD)


Mit Ihren heute vorliegenden Anträgen möchten Sie
ie Struktur verändern. Gestern haben Sie Gutachten auf
en Weg gebracht, in denen die unterschiedlichen Mög-
ichkeiten überprüft werden. Dabei geht es auch um die
öglichkeit der Bildung einer Finanzholding, die Sie
ereits heute nach dem AEG gerne hätten, sowie um die
berprüfung einer Trennung von Netz und Betrieb. Da-
eben sollen unterschiedliche Lösungen – ich nenne das
igentums- und das Vertragsmodell – erarbeitet werden.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Darum geht es doch überhaupt nicht! Es geht um die Umsetzung der europäischen Vorschriften! Das ist doch intellektuell schmerzhaft!)


ch muss mich fragen, ob es Ihnen wirklich darum geht,
iese Möglichkeiten ernsthaft und seriös abzuklären,
der ob es Ihnen vielleicht um etwas ganz anderes geht.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das ist doch gar nicht die Frage! Thema verfehlt! – Eduard Oswald [CDU/CSU]: Der Kollege Lintner wird darauf antworten!)


Ein weiterer wichtiger Punkt, der im Allgemeinen Ei-
enbahngesetz enthalten ist, war die Vorschrift, verschie-
ene Verkehrssparten von der Infrastruktur funktional zu
rennen. Zusammen mit der Kommission haben wir im
undestag darüber diskutiert. Hier ist deutlich gewor-
en, dass die Gründung einer Holding, die wir vorge-
ehen haben, mit einer eigenständigen Bilanz- und

13654 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004


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Karin Rehbock-Zureich

Rechnungslegung, der Trennung der Aufsichtsratsman-
date und der Vorgabe einer eigenständigen Entscheidung
über das Netz eine gute Lösung ist. Insofern ist dieses
Gesetz EU-konform.


(Beifall bei der SPD – Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das glaubt bisher nur die SPD!)


– Das wird die Zukunft zeigen, Herr Friedrich.

(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Oder der Gerichtshof!)

Ich möchte noch auf weitere Punkte eingehen, die wir

als Koalitionsfraktionen zusätzlich in dieses Gesetz auf-
genommen haben. Es war uns sehr wichtig, die Weichen
gegen eine Schrumpfbahn zu stellen. Dabei geht es uns
um den Erhalt der Infrastruktur. Das heißt, Kapazitäts-
abbau und Stilllegungen werden verhindert. Bei Über-
nahmen wird sich die Preisfindung nach dem Ertrags-
wert richten. Es wird aber auch die Möglichkeit der
Pacht für diejenigen erleichtert werden, die ein Interesse
an der Nutzung der Netze haben. Dabei ist bei Pacht-
lösungen zu beachten, dass in Zukunft keine Rückzah-
lung der getätigten Investitionsmittel notwendig ist, so-
lange der entsprechende Teil der Strecke in Betrieb ist.
Das war für alle Mitwettbewerber ein ganz wichtiger
Punkt.

Wir haben ebenfalls dafür gesorgt, dass die Stellung
der Kommunen verbessert wird. Da viele wie auch ich
aus der Kommunalpolitik kommen, kennen wir alle die
Situation, dass oft mitten in den Städten nicht mehr ge-
nutzte Grundstücke der Bahn brachliegen und langsam
verfallen. An sich wäre es notwendig, diese anderweitig
zu nutzen; aber die Verhandlungen mit der DB AG und
ihren Immobilienabteilungen waren bisher zäh und
schwierig. Es wird jedoch in Zukunft möglich sein, dass
Städte und Gemeinden ein eigenes Antragsrecht erhal-
ten, um zu gewährleisten, dass diese Flächen umgewid-
met und einer anderen Nutzung zugeführt werden, wenn
sie für die Eisenbahn nicht mehr notwendig sind. Diese
Regelung haben wir im Sinne der Städte und Gemeinden
auf den Weg gebracht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Bei unseren Überlegungen haben wir auch immer die
Kunden im Blick gehabt. Die Kunden haben Anspruch
auf Informationen über alle Unternehmen, die die
Schiene nutzen. Diese Informationen sollen nicht nur auf
Anzeigetafeln in Bahnhöfen oder im Kursbuch zugäng-
lich sein, sondern überall muss eine übergreifende Infor-
mation möglich sein. Dies haben wir mit diesem Gesetz
ebenfalls auf den Weg gebracht.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514608900

Frau Kollegin, achten Sie bitte auf Ihre Redezeit.


Karin Rehbock-Zureich (SPD):
Rede ID: ID1514609000

Damit haben wir einerseits die notwendigen und

wichtigen Voraussetzungen zur Umsetzung der europäi-
schen Richtlinie geschaffen und andererseits für die Ge-
meinden und die Kunden Verbesserungen erreicht.

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(C (D Ich möchte gerade Sie von der Opposition auffordern: chauen Sie sich diesen Gesetzentwurf noch einmal geau an und stimmen Sie zu! (Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Nein, auf keinen Fall!)


ehen Sie Schritt für Schritt mit uns diesen richtigen
eg!


(Eduard Oswald [CDU/CSU]: Fahren Sie mit uns auf der Schiene, muss das doch heißen!)


ch möchte Sie einladen, unseren Gesetzentwurf zu un-
erstützen.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514609100

Frau Kollegin, Ihre Redezeit ist abgelaufen.


Karin Rehbock-Zureich (SPD):
Rede ID: ID1514609200

Ich lade Sie gleichzeitig ein, im gemeinsamen Inte-

esse für mehr Wettbewerb auf der Schiene und damit
ür mehr Nutzer zu sorgen. Daher fordere ich Sie im
inne von mehr Verkehr auf der Schiene auf, unserem
esetzentwurf zuzustimmen.
Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514609300

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Eduard Lintner.


Eduard Lintner (CSU):
Rede ID: ID1514609400

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
ollegen! Frau Rehbock-Zureich, Sie haben hier eigent-
ich nur die Vorstellung wiederholt, die Sie schon im
usschuss immer wieder geboten haben.


(Karin Rehbock-Zureich [SPD]: Was sagen Sie denn heute? – Ludwig Stiegler [SPD]: Sagst du denn jeden Tag etwas anderes?)


ie versuchen, Ihren Entwurf durch eine nebulöse und
ür Sie günstige Interpretation der europarechtlichen
orschriften zu retten. Nehmen Sie mir es nicht übel: Ih-
er Hausaufgabe, die Ihnen – und uns allen – das Paket
isenbahnrechtlicher Vorschriften der EU aufgibt, näm-
ich mit dieser Gesetzesnovellierung für einen diskrimi-
ierungsfreien Netzzugang für konkurrierende Be-
reiber von Schienenverkehr in den Mitgliedstaaten
er Europäischen Union zu sorgen, werden Sie nicht ge-
echt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ludwig Stiegler [SPD]: Und ihr versteht nichts von der Interpretation der Richtlinien! Das war eine interessengeleitete Argumentation!)


Dabei – das entspricht auch der Logik der vor
ehn Jahren gemeinsam auf den Weg gebrachten Bahn-
eform – müssten Sie eigentlich, um den Erfolg dieser
ahnreform nicht zu gefährden, ein Interesse daran ha-

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 13655


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Eduard Lintner

ben, für möglichst viel Unabhängigkeit und Selbststän-
digkeit bei der Trassenzugangsentscheidung zu sorgen.

Anliegen der Bahnreform damals war und ist es auch
nach wie vor, für Zuwachs im Personen- und Güterver-
kehr zu sorgen. Wir waren uns immer einig, dass dieser
Zuwachs nur über einen fairen Wettbewerb realisiert
werden kann, der allein in der Lage ist, die Betreiber zu
einem qualitativ verbesserten Angebot auf der Schiene
und einer marktgerechten Gestaltung zu zwingen.

Das britische Beispiel, das Sie so abgetan haben, ist
hier sehr informativ. Dort hat man zugegebenermaßen
zunächst eine falsche Konstruktion gewählt. Aber jetzt,
nach der Korrektur dieser Fehlkonstruktion, ist nicht
wegzureden, Frau Rehbock-Zureich – das haben Sie
wohlweislich nicht erwähnt –, dass sich in Großbritan-
nien ein Zuwachs im Personenverkehr um über
30 Prozent


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: So ist es! – Eduard Oswald [CDU/CSU]: Das ist höchst bemerkenswert!)


und beim Güterverkehr von 45 Prozent eingestellt hat.
Das sind traumhafte Ergebnisse,


(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Stimmt! – Karin RehbockZureich [SPD]: Sagen Sie doch einmal, von welchem Niveau! – Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Davon träumt die Deutsche Bahn doch nur!)


besonders wenn man diese Zahlen mit unseren mickri-
gen Ergebnissen vergleicht. Wir haben also wirklich al-
len Grund, uns dieses Beispiel genauer anzuschauen.


(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das stimmt!)


Im Übrigen haben Sie sich, Frau Kollegin Rehbock-
Zureich, die Entscheidungsfindung auch mit Blick auf
die ganze Prozedur sehr einfach gemacht. Sie wissen so
gut wie ich, dass sehr viele Gutachter, und zwar hoch
kompetente, wissenschaftlich ausgewiesene Gutachter,
innerhalb und außerhalb des Parlaments gehört worden
sind und diese im Ergebnis – das habe ich selten erlebt –
fast alle – jedenfalls soweit sie echt unabhängig waren –
die Auffassung vertreten haben, dass Ihr Gesetzentwurf
nicht der Vorgabe der europarechtlichen Vorschriften
entspricht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Eduard Oswald [CDU/CSU]: Das ist höchst bemerkenswert! – Uwe Beckmeyer [SPD]: Das ist ja eine seltsame Interpretation!)


Wenn ich mich an den Wissenschaftlern orientiere,
die höchste Autorität genießen, kann ich nur sagen:
Nach deren Überzeugung – und dem können wir eigent-
lich nur zustimmen – gibt es für die Umsetzung eigent-
lich nur zwei Wege, die ohne Einschränkung als europa-
rechtskonform bezeichnet werden können, nämlich
entweder die konsequente Trennung von Netz und Be-
trieb – das heißt im konkreten deutschen Fall die Aus-

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(C (D liederung der Netz AG aus dem bestehenden DB-Verund; (Renate Blank [CDU/CSU]: So wäre es richtig!)


iesen Weg wollen aber weder Sie noch die DB gehen –
der die Errichtung einer rechtlich, organisatorisch und
ersonell eigenständigen Trassenagentur, die über den
ugang zum Netz und die dafür zu erhebenden Entgelte
ntscheidet. Aber nicht einmal darauf wollen Sie sich
inlassen.
Sie haben uns nun eine halbherzige, kosmetische und

ebulöse Regelung vorgesetzt, mit der Sie meinen sich
us den Vorgaben des Europarechts stehlen zu können.
ie werden aber mit Sicherheit dann eingeholt werden,
enn die ganze Materie beim Europäischen Gerichtshof
andet und der Ihnen dann genau das sagen wird, was wir
hnen heute schon voraussagen.


(Karin Rehbock-Zureich [SPD]: Sie wollen da klagen oder was?)


Im Übrigen hoffen wir immer noch darauf, dass Sie
ich dieser Gefahr richtig bewusst werden – ich habe
ämlich den Eindruck, dass Sie das Ganze gar nicht rich-
ig und ernsthaft zur Kenntnis nehmen – und dass Sie
ich vielleicht doch noch dazu bereit finden, bei den Be-
atungen im Bundesrat und bei dem sich dann mögli-
herweise anschließenden Vermittlungsverfahren zu ei-
er europarechtskonformen Regelung zu kommen.
nsoweit appelliere ich sogar an Sie. Möglicherweise
ommen Sie doch noch zur Vernunft.
Es hat angesichts dieser Gesamtbewertung wenig

inn, sich mit den Details Ihres Gesetzentwurfes zu be-
assen. Dennoch will ich einige Bemerkungen dazu ma-
hen.
Die Bundesregierung tut so, als könne die Trassen-

gentur, die beim Eisenbahnbundesamt eingerichtet
erden soll, tatsächlich unabhängig und unbeeinflusst
on den Interessen der DB AG entscheiden. Wenn
ie die heutige Presse lesen, erfahren Sie, dass Herr
ehdorn ein weiteres Kuckucksei in das Nest Ihrer
ahnpolitik gelegt hat.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Im wahrsten Sinne des Wortes!)


r will sogar noch hinter die Vorgaben der Bahnreform
urück und will die Netz AG mit der Holding sozusagen
erschmelzen. Der zuständige Vorstand der Holding
äre dann zugleich der Vorstandsvorsitzende der
etz AG. Eine engere personelle Verzahnung kann es
igentlich nicht geben. Wie soll es diesem Herrn, der
orstand der Holding und Vorstandsvorsitzender der
etz AG ist und unter dessen Ägide die Trassenagentur
u entscheiden hat, möglich sein, beide Funktionen un-
eeinflusst voneinander auszuüben? Die eine Hand be-
ommt doch mit, was die andere tut bzw. tun soll.


(Uwe Beckmeyer [SPD]: Sie sagen etwas, was Sie gar nicht wissen!)


13656 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004


(A) )



(B) )


Eduard Lintner

Die Umorganisation, die sich da andeutet, wird uns noch
sehr beschäftigen müssen. Sie kann nämlich nicht den
Vorgaben der Bahnreform entsprechen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Auch Herr Mehdorn hat sich an diese Vorgaben zu hal-
ten.


(Karin Rehbock-Zureich [SPD]: Ohne uns geht doch gar nichts!)


Ich will auch noch auf Folgendes hinweisen: Sie wa-
ren ja noch nicht einmal in der Lage – obwohl Sie uns
über lange Zeit im Ausschuss in dieser Frage zuge-
stimmt haben –, diese so genannten Doppelmandate zu
verbieten. Selbst das findet sich in Ihrem Gesetzentwurf
nicht. Daran wird ja schon deutlich, dass Sie gar nicht
den Willen haben, die Trassenagentur so auszugestalten,
dass sie sich gegenüber der Holding durchsetzen und un-
abhängig entscheiden kann.


(Uwe Beckmeyer [SPD]: Schauen Sie mal genau in das Gesetz!)


Ein weiteres Beispiel. Wir waren uns doch ziemlich
einig darüber, die Anregung der Wissenschaftler aufzu-
greifen und die Monopolkommission damit zu beauftra-
gen, alle zwei Jahre ein Gutachten über das Ergebnis der
Arbeit der Trassenagentur zu erstellen.


(Karin Rehbock-Zureich [SPD]: Die Trassenagentur macht jedes Jahr ein Gutachten!)


Auch das haben Sie nicht aufgegriffen, einfach weil Sie
Angst davor haben, es könnte Ihnen alle zwei Jahre be-
stätigt werden, dass Ihre Konstruktion nichts taugt und
den Vorgaben des Europarechts nicht genügt.

Oder nehmen Sie den Netzbeirat. Die Anregung, ei-
nen solchen Beirat einzurichten, haben Sie zwar aufge-
griffen; aber er hat gerade einmal die Funktion einer
Schülermitverwaltung.


(Karin Rehbock-Zureich [SPD]: Das ist nicht richtig! Sie müssen das Gesetz lesen! – Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das ist wie auf einem Selbstfindungskongress, einfach dass man einmal darüber geredet hat!)


Er kann zwar der Hausleitung Vorschläge unterbreiten.
Ob sie sich dann aber überhaupt damit befassen muss, ist
nicht geregelt. Diesen Netzbeirat könnte man also ge-
nauso gut weglassen. Ein ernsthafter Manager wird sich
der Mitarbeit in diesem Beirat vielleicht sogar verwei-
gern.

Was mir aber sehr Leid tut, ist die Tatsache, dass Sie
sich, indem Sie sich einer unabhängigen Trassenagentur
verweigern, der Chance begeben, dass die DB AG in den
nächsten Jahren nachweist, dass diese Konstruktion sehr
wohl tragfähig ist und auf diese Art und Weise die Ziel-
setzung der Vorgaben des Europarechts verwirklicht
werden kann. Es könnte sich nämlich herausstellen, dass
Netzverwaltung und Entgeltgestaltung tatsächlich un-
abhängig vom Betrieb sein können. Dann hätten wir die
leidige Diskussion darüber, ob es eine Trennung von
Netz und Betrieb oder einen Verbund von beiden geben

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(C (D oll, vom Hals und die DB hätte die Chance, vor ihrem örsengang darauf hinzuweisen, dass die jahrelange Erahrung mit einer unabhängigen Trassenagentur zeigt, ass man sehr wohl Netz und Betrieb unter einem Dach assen kann. Aber diese Chance haben Sie der DB jetzt verbaut. ch fürchte, die Spitze der DB hat leider diese Möglicheit gar nicht erkannt, sonst hätte sie womöglich sogar uf Sie eingewirkt, doch lieber den Weg zu gehen, den ie Opposition vorschlägt. Im Ausschuss haben Sie – Frau Rehbock-Zureich, das aben Sie heute gar nicht gesagt – darauf hingewiesen, ass die Bundesrepublik Deutschland bei der Liberaliierung innerhalb Europas an der Spitze sei. Es ist gar icht zu bestreiten, dass wir weiter als Frankreich oder talien sind. Das ist aber hier nicht das Thema. Das hema ist, was die EU-Kommission mit ihrer Richtlinie on uns erwartet. (Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das ist der Punkt!)


as ist der Maßstab, und nicht, ob sich andere Länder in
er Europäischen Union möglicherweise schlechter ver-
alten als wir.


(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Norbert Lammert)

er Maßstab ist nicht Frankreich, sondern die EU-Richt-
inie. Der werden Sie mit diesem Gesetzentwurf nicht
erecht. Ich muss Ihnen leider sagen: Wenn es nach einer
ntsprechenden Entscheidung des EuGH zu einem De-
aster kommt, weil das ganze Gebäude in sich zusam-
enfällt, dann haben Sie das zu verantworten.
Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1514609500

Das Wort hat nun der Kollege Albert Schmidt, Bünd-

is 90/Die Grünen.

Albert Schmidt (Ingolstadt) (BÜNDNIS 90/DIE
RÜNEN):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die
ebatte heute entbehrt nicht einer gewissen Pikanterie.
ährend wir hier am heutigen Tag über unabhängigen
ettbewerb auf der Schiene und über Maßnahmen zur
nabhängigstellung insbesondere der Netzentscheidun-
en von der Holding debattieren und beschließen,


(Eduard Lintner [CDU/CSU]: Stimmt!)

ind gleichzeitig die Zeitungen voll von Überlegungen
nd sogar Plänen im Bahntower, genau das Gegenteil zu
achen.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Ich habe es schriftlich!)


er Vorstand der Holding, also des Konzerns, soll direkt
n die einzelnen Unteraktiengesellschaften, sofern sie
berhaupt noch Bestand haben, hineinregieren.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 13657


(A) )



(B) )


Albert Schmidt (Ingolstadt)



(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Leider die Wahrheit!)

Das wäre – ich will das hier so deutlich sagen – nicht nur
gegen das Deutsche-Bahn-Gründungsgesetz, nach dem
die Ausgründung von mindestens vier Aktiengesell-
schaften vorgeschrieben ist, sondern es wäre faktisch
auch das Gegenteil des Prinzips der Entherrschung, das
die Europäische Union in der Richtlinie vorgeschrieben
hat.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der FDP – Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Wo bleibt der Beifall bei der SPD?)


Ich will Ihnen dokumentieren, dass ich mich nicht auf
Zeitungsartikel beziehe. In dem Mitarbeiterbrief, den
der Vorstandsvorsitzende in diesen Tagen an die Kolle-
ginnen und Kollegen geschrieben hat, wird wörtlich for-
muliert:

… wollen wir mit Personenverkehr, Transport und
Logistik sowie mit Infrastruktur drei Bereiche

– ich sage: nur noch drei Bereiche –
bilden, die künftig direkt von den zuständigen Kol-
legen aus dem Holdingvorstand heraus gesteuert
werden.

So steht es in einem Schreiben – nicht in der Zeitung –
an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Über diese
neue Konstruktion ist jedenfalls mit den Verkehrspoliti-
kern des Deutschen Bundestages bis heute nicht mit ei-
ner einzigen Silbe diskutiert bzw. beraten worden. Des-
halb kann ich nur sagen: Wer glaubt, diesen Weg ohne
uns gehen zu können, der täuscht sich genauso wie bei
einem überstürzten Börsengang.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der FDP)


Zur Sache selbst, die uns heute beschäftigt: Das Ge-
setz, das heute zur Abstimmung vorliegt, ist ein gutes
Gesetz. Ich will Ihnen sagen, warum. Mit diesen Be-
schlüssen, die wir heute fassen, werden die Signale auf
Grün gestellt. Das ist im Prinzip immer gut.


(Beifall der Abg. Franziska Eichstädt-Bohlig [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


In diesem Fall ist es besonders gut, weil Grün hier heißt:
mehr und fairer Wettbewerb auf Deutschlands Schienen-
netz.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Na!)

Mit diesen neuen Spielregeln, die wir heute beschließen,
beginnt ein neues Zeitalter des Wettbewerbs auf der
Schiene, weil nämlich jetzt eine stabile Rechtsgrundlage
da ist, die für jedermann und für jedes Verkehrsunterneh-
men einklagbar ist. Das ist der eigentliche Fortschritt des
Gesetzes, das wir heute vorlegen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Nach der Einleitung dürfte er das jetzt nicht!)


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(C (D ir machen das, nicht, weil wir Wettbewerbsfetischisten ind oder weil wir glauben, dass mehr Wettbewerb alles ichtet. Nein, wir machen das, weil das im Interesse der ahrgäste und Kunden ist; denn mehr Wettbewerb beeutet letztlich mehr Qualität und günstigere Preise für ie Fahrgäste – die sehnen sich danach –, aber ebenso ür die Güterverkehrskunden. Auch aus diesem Grund aben wir den Gesetzentwurf eingebracht; es geht nicht ur darum, die EU-Vorgaben umzusetzen. Um einen diskriminierungsfreien Zugang zum Schie ennetz zu garantieren, haben wir als Kernpunkt des Geetzentwurfs – das ist schon ausgeführt worden – eine rassenagentur vorgesehen, die in Zukunft im Sinne eies neutralen Schiedsrichters, einer Wettbewerbsaufsicht ußerhalb – das ist eben falsch dargestellt worden; es ar ein Missverständnis – der Netz AG die Vergabe von ahntrassen an Bahnverkehrsunternehmen und die reise überwacht. Die Trassenagentur wird präventiv täig sein und unter anderem über Zutrittsund Akteneinichtsrechte gegenüber der DB Netz AG verfügen. Das st ein wichtiger und richtiger Schritt, der eine neue echtsqualität im deutschen Schienennetz bedeutet. Der Netzbeirat ist keine Schülermitverwaltung. Ich iderspreche Ihnen in diesem Punkt, Herr Kollege, auch enn ich die Polemik, die sich dahinter verbirgt, durchus verstehe. Die Netzkunden, nämlich die Eisenbahnerkehrsunternehmen, haben erstmals eine Plattform, m ihre Bedürfnisse und Beschwerden vorzubringen, (Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Aber zu welcher Qualität?)


ie – das schreibt der Gesetzentwurf vor – auch im Netz-
orstand zum Gegenstand der Beratungen gemacht wer-
en müssen. Entscheidend ist vor allem, dass die Tras-
enagentur als Aufsichtsbehörde mit am Tisch sitzt.
ieser Schiedsrichter wird jede Beschwerde sehr genau
rüfen. Er erfährt sozusagen in Echtzeit davon. Das ist
ichtig und notwendig, um einen fairen Wettbewerb zu
arantieren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die verbesserten Regelungen für die Stilllegung
ind bereits angesprochen worden. Künftig sind Rück-
aumaßnahmen – auch kleinere – genehmigungspflich-
ig, damit nicht einfach Kapazitäten von einem Monopo-
isten vernichtet werden, die somit nicht mehr von
nderen genutzt werden können.
Der Ertragswert als Richtschnur künftiger Preisbe-

echnungen bei der Übergabe von Trassen, sei es auf-
rund von Pacht oder Kauf, wurde bereits angesprochen.
uch das stellt einen Fortschritt dar. Das gilt auch für die
erbesserte Stellung der Gemeinden, die in Zukunft an-
ragsberechtigt sind, um bei der Freistellung von Grund-
tücken von Bahnbetriebszwecken keine langwierigen
erfahren durchlaufen zu müssen. Das alles sind Verbes-
erungen.
Für die Fahrgäste ist es interessant und wichtig, dass
ahrplaninformationen künftig unternehmensüber-
reifend veröffentlicht werden müssen. Die Fahrgäste

13658 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004


(A) )



(B) )


Albert Schmidt (Ingolstadt)


erhalten damit einen Anspruch auf uneingeschränkte In-
formationen über alle Anschlusszüge, auch die der Kon-
kurrenz. Der Connex-Streit gehört damit der Vergangen-
heit an. Das ist eine klare Ansage, die heute für die
Fahrgäste des Schienensystems insgesamt von Bedeu-
tung ist.

Die Trassenpreise – auch das war uns wichtig – sind
künftig nach oben gedeckelt. Es soll keine überhöhten
Monopolgewinne geben, sondern maximal die Deckung
der Vollkosten plus eine angemessene Rendite. Auch
müssen – gerade für Newcomer – Züge zu Grenzkosten
ermöglicht werden.

Abschließend bleibt die Frage zu klären – zumindest
für meine Fraktion ist sie noch offen –, ob all das von
mir dargestellte Positive ausreicht, um eine vollständige
Übereinstimmung mit dem europäischen Wettbewerbs-
und Eisenbahnrecht zu erzielen, und ob nicht mehr
Kompetenzen für die Trassenagentur, insbesondere
für eine Trassenagentur, die in der Frage der Trassenver-
gabe oder Trassenpreise nicht nur eine Überwachungs-
funktion wahrnimmt, sondern auch selbst entscheidet,
notwendig sind, um die europäischen Bestimmungen
rechtskonform umzusetzen. Diese Frage wird in den
nächsten Wochen und Monaten zu klären sein, sei es im
Bundesrat, sei es durch ein anzustrengendes Vermitt-
lungsverfahren oder auch durch die Kommission selbst.

Ich teile die Auffassung, die der Kollege Lintner ver-
treten hat: Je stärker die Trassenagentur ausgestaltet
wird,


(Eduard Lintner [CDU/CSU]: Ja!)

desto glaubhafter können wir die These untermauern,
dass es trotz einer integrierten Konzernstruktur – die wir
vorläufig behalten; sie steht nicht zur Diskussion – faire
Spielregeln gibt, die Diskriminierungen nicht nur ver-
hindern, sondern Diskriminierungspotenziale qua Kon-
struktion strukturell sogar ausschließen. Diese Chance
ist noch nicht, zumindest nicht vollständig, umgesetzt
worden. Trotzdem ist der Gesetzentwurf gut. Ich bitte
Sie deshalb um Ihre Zustimmung. Er ist, wie schon ge-
sagt wurde, aufwärts kompatibel.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1514609600

Das Wort hat nun der Kollege Horst Friedrich für die

FDP-Fraktion.

Horst Friedrich (FDP):
Rede ID: ID1514609700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit

dem Eisenbahngesetzeswerk, das der Bundesrat hoffent-
lich stoppen wird, würde Deutschland in der Umsetzung
der EU-Richtlinien einen bedenklichen Sonderweg ge-
hen.


(Karin Rehbock-Zureich [SPD]: So ein Quatsch!)


Das richtet sich besonders gegen die SPD, liebe Frau
Kollegin Rehbock-Zureich. Sie wollen nämlich weder
die große Trennung von Netz und Betrieb, wie sie von

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(C (D er EU vorgesehen ist, noch die kleine Regelung, also enigstens die Auslagerung der wesentlichen diskrimiierungsrelevanten Funktionen, nämlich der Trassenverabe und der Trassenpreisfestsetzung. Sie wollen diese unktionen im Wesentlichen bei der Deutschen Bahn beassen und glauben nach wie vor an das Märchen, dass an mit so genannten Chinese Walls die Unabhängigeit absichern kann. Sie gehen diesen Weg, obwohl Ihen alle unabhängigen Sachverständigen gezeigt haben, ass das so nicht funktionieren wird. s stellt sich die Frage: Warum gehen Sie diesen Sondereg? Denn der Verstoß gegen das, was im Rahmen des uropäischen Rechts mit der kleinen Trennung erreicht erden soll, ist doch offenkundig. Es ist ebenfalls offenkundig, dass seit Jahren die ahnreform in Deutschland zurückgedreht wird, ndem entgegen der ganz klaren Stufenregelung der ahnreform die Macht bei der Holding konzentriert wird nd die operativen Führungsgesellschaften Schritt für chritt entmachtet werden. Schon heute existieren die eienständigen Aktiengesellschaften eigentlich nur noch ormal. Die Bahnreform steht bei Ihnen nur noch im Geetz. Die Realität sieht völlig anders aus. Für uns stellt ich die Frage: Warum lassen Sie das zu? Die Antwort st relativ einfach: Sie haben nicht die Kraft und auch icht den Willen, den Bahnchef in die Schranken zu weien, der sich aus unserer Sicht um die Ziele und die Straegie der Bahnreform nicht im Geringsten schert. Sie haen die Taskforce zur Zukunft der Schiene schon vor rei Jahren zu einer Farce gemacht, indem Sie den Bahnhef dort aufgenommen haben. Ich habe Ihnen damals esagt, dass Sie dann auch die Frösche beauftragen önnten, den Sumpf trocken zu legen, in dem sie leben. (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der FDP)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP)


ber Sie glauben bis heute an das Märchen von der Sa-
ierung der Bahn, obwohl wir Ihnen seit längerer Zeit
as Gegenteil beweisen. Hätte es eines größeren Bewei-
es bedurft als die jetzige Revision der eigenen Zahlen
urch den Bahnvorstand und die Verlängerung bis 2009?
Liebe Kolleginnen und Kollegen von Rot-Grün, wäh-

end Sie hier ein Gesetz beschließen, von dem Sie glau-
en – das verkünden Sie jedenfalls –, es diene der Un-
bhängigkeit des Netzes und der Sicherung der
iskriminierungsfreiheit, führt der Bahnchef alle Bemü-
ungen ad absurdum, indem er die Konzernstrukturen
ochmals umbaut, um die Holding weiter zu stärken.
ährend Sie noch immer glauben, dass Chinese Walls

unktionieren, schreibt der Bahnvorstand – ich zitiere
us dem Mitarbeiterbrief vom 2. Dezember 2004 –:

… wollen wir mit Personenverkehr, Transport und
Logistik sowie mit Infrastruktur drei Bereiche bil-
den, die künftig direkt von den zuständigen Kolle-
gen aus dem Holdingvorstand heraus gesteuert wer-
den.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 13659


(A) )



(B) )


Horst Friedrich (Bayreuth)


„Aus dem Holdingvorstand heraus“, das ist das Ent-
scheidende; darum geht es.

Aber Sie glauben – wie Kindergartenkinder an den
Weihnachtsmann – noch immer, dass im Bereich Infra-
struktur zukünftig die Interessen der Wettbewerber
gleichberechtigt neben denen der Konzerntöchter be-
rücksichtigt werden. Das ist ungefähr so, als ob man
glaubte, dass Ostern und Weihnachten auf einen Tag fal-
len. Das kann doch wohl nicht die Realität sein.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Eduard Oswald [CDU/CSU]: Das wird bei Rot-Grün irgendwann der Fall sein, wenn sie es könnten!)


Sie wissen, dass es – Gott sei Dank – auch innerhalb
der SPD andere Überlegungen gibt. Der Verkehrsminis-
ter von Nordrhein-Westfalen, Herr Kollege Horstmann,
hat im September dieses Jahres einen mehrseitigen Brief
an den Bahnvorstand geschrieben. Unter anderem steht
dort der völlig richtige Satz:

Die Entstehungsgeschichte und der Wortlaut des
Bahngründungsgesetzes zeigen aber, dass der
DB AG in ihrer heutigen Erscheinung keineswegs
ein monolithischer Endstatus zugebilligt wurde.

Das ist eigentlich die Ausgangsbasis der Diskussion, die
Sie aber nach wie vor – aus meiner Sicht: völlig zu Un-
recht – ablehnen. Das ist Ihre Entscheidungssituation.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1514609800

Herr Kollege Friedrich, gestatten Sie eine Zwischen-

frage des Kollegen Ferlemann?

Horst Friedrich (FDP):
Rede ID: ID1514609900

Ja.

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1514610000

Bitte, Herr Ferlemann.

Enak Ferlemann (CDU):
Rede ID: ID1514610100

Herr Kollege Friedrich, Sie beklagen meiner Ansicht

nach vollkommen zu Recht, dass die Konzentration der
Macht bei der Holding und die Entmachtung der einzel-
nen Teilgesellschaften im Grunde genommen den Geset-
zen zur Bahnreform widersprechen. Teilen Sie meine
Auffassung, dass dies nicht nur formal ein Fehler ist,
sondern auch in der Sache völlig fehlgeht?


Horst Friedrich (FDP):
Rede ID: ID1514610200

Herr Kollege Ferlemann, Sie haben völlig Recht. Ich

stimme Ihnen ausdrücklich zu. Vielen Dank für Ihre
Frage.


(Zurufe von der SPD: Oh! – Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sind Gefälligkeitsfragen!)


Ich möchte die Auswirkungen an einem konkreten
Beispiel zeigen.

Das beste Beispiel ist eigentlich die Bahnpreisre-
form, „die Revolution im Fernverkehr“, wie es so schön

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(C (D n den Büchern der Bahn heißt. Diese Reform sollte den roßen Durchbruch bringen, gewissermaßen das Emporiehen der Bilanz in den Bereich der schwarzen Zahlen. (Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Die Revolution fraß ihre Kinder nachher!)


as neue Preissystem hat das Gegenteil von dem er-
eicht – Herr Kollege Schmidt, das werden Sie nicht
eugnen –,


(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ich leugne gar nichts!)


as es eigentlich erreichen sollte. Das Schlimme daran
st: Die Fachleute im Fernverkehr, die sich dagegen ge-
ehrt haben, wurden versetzt, in den Ruhestand ge-
chickt oder mundtot gemacht. Die Beschlüsse wurden
n der Konzernspitze gefasst, wo man von den eigentli-
hen Bedürfnissen weit entfernt ist.
Genau so wird es weitergehen. Wer sich weigert, die

raxisnähe der einzelnen Gesellschaften zu akzeptieren,
er muss damit rechnen, dass es Fehlentscheidungen
ibt.
Ich möchte noch einmal aus dem Brief von Herrn
orstmann zitieren:

So stoßen die auf Landesebene für den SPNV zu-
ständigen Aufgabenträger schon heute auf DB-
Unternehmen, die – je nach deren Finanzinteresse
im Einzelfall – entweder als unabhängige Konzern-
töchter oder als DB-Konzerninteressen wahrende
Unternehmen auftreten. Dieses chamäleonhafte
Verhalten gefährdet zurzeit ein nordrhein-westfäli-
sches Projekt der Fußballweltmeisterschaft; ich be-
nenne es hier nur als ein Beispiel, um die Nachteile
des Konstrukts eines privatisierten DB-Konzerns
mit gegenwärtigem Zuschnitt zu verdeutlichen.

iebe Kolleginnen und Kollegen von Rot-Grün, wenn
ie uns schon nicht glauben, dann glauben Sie vielleicht
hren eigenen Verkehrsministern. Sie wissen hoffentlich,
ovon sie reden. Dieses Gesetz wird mit großer Wahr-
cheinlichkeit vom Bundesrat abgelehnt werden und wir
ehen uns im Vermittlungsausschuss wieder. Vielleicht
eigen Sie dann etwas mehr Vernunft, was die Umset-
ung der EU-Regelungen angeht.
Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1514610300

Für die Bundesregierung spricht nun die Parlamenta-

ische Staatssekretärin Angelika Mertens.

A
Angelika Mertens (SPD):
Rede ID: ID1514610400

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich

laube, ein kurzer historischer Rückblick, was die Eisen-
ahnpakete angeht, lohnt sich.


(Eduard Oswald [CDU/CSU]: Geht es um die Zeit vor dem Krieg oder nach dem Krieg?)


13660 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004


(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretärin Angelika Mertens

Begonnen hat es mit dem Untätigkeitsurteil des EuGH
1985. Das zeigt auch, dass die Staaten kein besonderes
Interesse daran hatten, diesen Bereich zu regeln. Daraus
folgte dann die Richtlinie 91/440/EWG mit den vier Ele-
menten: Unabhängigkeit der Eisenbahn vom Staat, rech-
nerische Trennung Fahrweg/Betrieb, Netzzugangsrechte,
Entschuldung.

Deutschland ist im Zuge der Bahnreform hinsichtlich
der Liberalisierung des öffentlichen Eisenbahnverkehrs-
marktes deutlich über die Forderungen dieser Richtlinie
hinausgegangen. Im Zuge der zweiten AEG-Novelle, die
am 1. Juli 2002 in Kraft getreten ist, werden die Kompe-
tenzen und das Instrumentarium des Eisenbahn-Bundes-
amtes deutlich erweitert.

Mit der dritten und vierten Novelle befinden wir uns
sozusagen auf der Mittelstrecke. Es ist noch lange nichts
vollendet. Wir befinden uns gewissermaßen mittendrin.

Die europäische Entwicklung ist von folgenden
Eckpunkten geprägt: einerseits Liberalisierung ein-
schließlich Regulierung, andererseits Harmonisierung
und Interoperabilität. Beide Punkte bedingen einander.
Eine Angleichung der technischen Anforderungen und
die Regelung der Verantwortlichkeiten der Beteiligten
im Eisenbahnsektor sind eine unabdingbare Vorausset-
zung für die Marktöffnung.

Die angestrebte Interoperabilität ist nur dann von
Nutzen, wenn die Eisenbahnverkehrsmärkte parallel ge-
öffnet werden. Eine Liberalisierung des Eisenbahnver-
kehrsmarktes erfordert eine starke, sektorenspezifische
Aufsicht über den Netzzugang, wodurch Zugangshinder-
nisse aller Art erkannt und effektiv beseitigt werden kön-
nen. Das ist durch die Trassenagentur beim – nicht im –
EBA hervorragend gewährleistet.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1514610500

Frau Mertens, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Abgeordneten Lintner?
An
Angelika Mertens (SPD):
Rede ID: ID1514610600

Aus ganz persönlichen Zeitgründen möchte ich keine

Zwischenfrage zulassen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Eduard Lintner [CDU/CSU]: Die Bundesregierung spart jetzt auch Zeit!)


Herr Lintner, es tut mir Leid. Ein anderes Mal beant-
worte ich Ihre Frage gerne.

Die beiden Gesetzentwürfe sind schon gewürdigt und
auch kritisiert worden. Ich muss das hier nicht wieder-
holen. Wir haben lange Zeit darüber diskutiert und ge-
stritten. Es ist sicherlich das gute Recht derjenigen, die
eine andere Bahn oder andere Bahnen wollen, das an
dieser Stelle einzubringen.

Ich sage deutlich: Es war vor allen Dingen eine natio-
nale Schlacht, die hier geschlagen wurde. Ich hatte auch
das Gefühl, dass der europäische Aspekt hier überhaupt
nicht mehr wahrgenommen wird. Zeitweise hatte man
das Gefühl, man befinde sich in Deutschland sozusagen

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(C (D n einem Wettbewerbsentwicklungsland, einmal abgeseen davon, dass niemand über die Niemandsländer in iesem Bereich gesprochen hat. (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Wir reden auch über die deutsche Umsetzung und nicht über die französische!)


ch glaube, dass ein bisschen Fairness, übrigens auch ge-
enüber der Bahnreform, nicht hätte schaden können.
Ich möchte einfach noch einmal den Versuch unter-

ehmen, das übergeordnete Ziel des Dritten und des
ierten Gesetzes zur Änderung eisenbahnrechtlicher
orschriften und der so genannten Eisenbahnpakete zu
ürdigen:
Die Schiene spielt für die Sicherung der Mobilität

er Menschen in Europa nach wie vor eine besondere
olle. Die Bundesregierung hat sich ausdrücklich zu ei-
er nachhaltig wirksamen Stärkung des Verkehrsträgers
chiene bekannt und führt somit die Bahnreform auch
onsequent fort.


(Dirk Fischer [Hamburg] [CDU/CSU]: Konsequent? Was heißt hier konsequent?)


Die zunehmenden Abhängigkeiten und Verflechtun-
en der Verkehrspolitik werden bei allen anderen Ver-
ehrsträgern automatisch unterstellt; bei der Schiene ist
s zugegebenermaßen etwas komplizierter. Aber ich
rage mich, warum um alles in der Welt in der Diskus-
ion so getan wird, als handele es sich hierbei um eine
rt Modelleisenbahn, die immer nur im Kreis fährt.
Für Marktanteile und Zukunftschancen von Verkehrs-

rägern sind zukünftig die Bedingungen des europäi-
chen Verkehrsmarkts wesentlich wichtiger als natio-
ale Bezugsrahmen. Wir haben gemeinsam das
eißbuch „Die europäische Verkehrspolitik bis 2010“
egrüßt, vor allem deshalb, weil darin Initiativen zum
traßenverkehr aufgezeigt werden, zum Beispiel die von
er Kommission verfolgte Strategie zur Schaffung eines
ntegrierten europäischen Eisenbahnraums.
Wir haben in Deutschland mit der Bahnreform den
rundstein für mehr Wettbewerb im Eisenbahnmarkt
elegt. Wir verfügen im europäischen Vergleich über die
ntsprechenden Erfahrungen. Damit haben wir auch
xzellente Voraussetzungen dafür, um auf diesem Gebiet
rfolgreich zu sein – mit unserem eigenen Unternehmen,
ber auch mit anderen deutschen Unternehmen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben in den

etzten Monaten eine sehr deutsche Debatte geführt,
ämlich darüber, ob das Modell der integrierten Bahn
nd die Holdingstruktur der DB mit den EU-Vorgaben in
inklang stehen. Wir sagen: Ja. Dieses Modell wider-
pricht nicht der Forderung nach Öffnung für den Wett-
ewerb auf der Schiene, weil Wettbewerb nicht zwin-
end die institutionelle Trennung voraussetzt und der
iskriminierungsfreie Zugang zur Infrastruktur auch
urch alternative Regulierungslösungen gewährleistet
erden kann. Ich sage auch deshalb „eine deutsche De-
atte“, weil wir immer die Neigung haben, die Theorie
öher zu bewerten als die Praxis. Für das, was heute

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 13661


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Parl. Staatssekretärin Angelika Mertens

beim Netzzugang schon täglich praktiziert wird, brau-
chen wir uns in Europa nun wahrlich nicht zu verste-
cken.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ein Netzbetreiber ist immer ein Monopolist, egal
wie er konstruiert ist. Der Lokführer kann eben nicht
entscheiden, einmal eine andere Strecke zu fahren oder
gerade einmal eine Pause zu machen.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das kann er schon entscheiden!)


Der LKW-Fahrer kann darüber entscheiden; der Lokfüh-
rer kann es nicht. Insofern ist der Netzbetreiber, wie ge-
sagt, egal wem er gehört oder wie er konstruiert ist, im-
mer ein Monopolist.

Ein Netzbetreiber wird immer eine Entscheidung da-
rüber treffen müssen, welche Verkehre er bevorzugt.
Wenn man sich in Europa umschaut, dann stellt man
fest, dass vor allem die Systemverkehre bevorzugt wer-
den. Ich kenne kein Land, das die Systemverkehre letzt-
lich nicht gegenüber den Bedarfsverkehren bevorzugt;
denn sonst – das weiß eigentlich jeder, der ein bisschen
von der Bahn versteht – kann man einen Fahrplan sozu-
sagen knicken. Übrigens können Reichsbahner ein Lied
davon singen, wie so etwas gemacht wird. Die meistge-
hassten Leute bei der Reichsbahn in den 50er- und viel-
leicht auch noch in den 60er-Jahren waren, glaube ich,
die russischen Dispatcher, die nämlich mit ihren Be-
darfsverkehren täglich das Chaos produzieren konnten;
kein Fahrplan konnte dann eingehalten werden.

Meine Damen und Herren, ich möchte Sie ganz herz-
lich bitten, den beiden Gesetzentwürfen zuzustimmen,
damit wir die europäischen Vorgaben auch auf dieser
Ebene erfüllen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1514610700

Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der

Kollege Enak Ferlemann, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Enak Ferlemann (CDU):
Rede ID: ID1514610800

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Wie ich und viele andere auch vernommen ha-
ben, war das wohl Ihre letzte Rede zur Eisenbahnpolitik,
Frau Staatssekretärin. So war sie denn auch.

Worum geht es in der Eisenbahnpolitik? Eigentlich
geht es allen Fraktionen darum, dass wir mehr Verkehr
von der Straße auf die Schiene bringen. Das ist das hehre
Ziel, dem wir uns alle stellen wollen. Die Europäische
Union regelt das auf europäischer Ebene, indem sie Vor-
gaben macht. Sie sagt: Mehr Verkehr kommt nur durch
mehr Wettbewerb auf den Verkehrsträger Schiene, weil
es überall staatliche Monopolstrukturen gibt, die derzeit

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(C (D uropaweit eine leistungsfähigere Bahn verhindern. Dieem Anspruch, mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen, üssen wir durch mehr Wettbewerb gerecht werden. ierzu gibt es eine Richtlinie, die wir heute mit diesem ritten Gesetz zur Änderung eisenbahnrechtlicher Vorchriften umsetzen wollen. Irgendeine deutsche Bundesregierung muss diesen ingen zugestimmt haben, sonst wäre es auf EU-Ebene icht so weit gekommen. Darum verstehe ich gar nicht, arum Sie dieser Zielvorgabe mit dem Gesetzentwurf, en wir heute beschließen sollen, nicht nachkommen. Es ehört Risikofreude dazu, wenn man Risiken eingeht. ugleich gebietet aber die Vernunft, die Risiken auch zu egrenzen. Sie aber machen einen großen Fehler: Sie ollen heute einen Gesetzentwurf beschließen, der den isenbahnrechtlichen Vorschriften der EU nicht gerecht ird. er Gesetzentwurf, der heute im Deutschen Bundestag eschlossen werden soll, ist nämlich nicht EU-konform. Sie haben das Problem, dass Sie zwar dem Wettbeerbsgedanken näher treten wollen, zugleich aber imer im Kopf haben – das betrifft insbesondere die Bunesregierung –, wie Sie dem Quasi-Monopolisten eutsche Bahn etwas Gutes tun können. Deshalb wollen ie die Deutsche Bahn möglichst wenig Wettbewerb ussetzen. Diese beiden Ziele widersprechen sich. Desegen haben Sie bezüglich der Vergabe von Trassen und er Festsetzung von Trassenpreisen eine Lösung geählt, die nicht EU-konform ist. Im Übrigen – das haben wir auch im Fachausschuss iskutiert – geht es hierbei auch um die Frage, was die rassenvergabe alles umfasst. Geht es nur um die reinen chienenwege, also die Gleise, oder gehören dazu auch inrichtungen wie Bahnhöfe und Verladeanlagen? Diees ist nicht geklärt. Das hätte man im jetzigen Verfahren achen sollen. Sie werden diese Fragen nicht übergehen önnen. Sie werden sich relativ schnell wieder stellen. Sie versagen bei der Entherrschung der DB Netz G, wenn Sie die Vorgaben so umsetzen, wie Sie es wolen. Kollege Schmidt hat meiner Meinung nach heute ehr gut dargestellt, woran das System, das Sie heute geetzlich verankern wollen, krankt. Sie haben noch nicht inmal eine klare Trennung bei den Aufsichtsräten hinekommen. Die so genannten Chinese Walls, die Sie ufziehen wollen, halten nicht und werden durch den ahnvorstand jetzt schon wieder ad absurdum geführt. ir als Union haben eine andere Lösung vorgeschlagen, ie Sie unserem Entschließungsantrag entnehmen könen, nämlich eine vollkommen unabhängige Trassengentur, die sowohl die Preise festsetzt als auch über die ergabe bestimmt. (Zuruf von der SPD: Sie schlagen eine Regulierungsbehörde vor!)


(Widerspruch bei der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


ur so bekommen Sie auch wirklich echten Wettbewerb
uf die Schiene.

13662 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004


(A) )



(B) )


Enak Ferlemann

Sie haben einige Nachbesserungen vorgenommen;

das hat die Kollegin Rehbock-Zureich hier schon er-
wähnt. Dabei handelt es sich zugegebenermaßen um
Verbesserungen, aber die eigentliche Kernaufgabe, näm-
lich eine EU-konforme Trassenagentur zu errichten,
haben Sie nicht gelöst. Dieses Ziel haben Sie eindeutig
verfehlt. Nicht einmal die Minimallösung für eine Unab-
hängigkeit, wie sie die EU verlangt, erreichen Sie mit
diesem Gesetz. Diese Agentur beim EBA anzusiedeln,
ist eine Idee – das soll jetzt kein Vorwurf an das EBA
sein –, die überhaupt nicht trägt. Sie hatten keinen Mut
zum großen Wurf, warum auch immer. Man kann da nur
Vermutungen anstellen. Mutig wäre es gewesen, das jet-
zige Strukturmodell über Bord zu werfen.

Vor diesem Hintergrund finde ich es schon erstaun-
lich, dass der Kollege Schmidt im Ausschuss wie auch
heute hier inhaltlich eine hervorragende Rede gehalten
hat, die ich ohne weiteres unterschreiben kann.


(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das ist nicht erstaunlich! – Franziska Eichstädt-Bohlig [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Macht er immer!)


– Das macht er nicht immer, bei vielen Themen nicht,
aber hier bin ich mit ihm einer Meinung. Ich verstehe
nur nicht, Herr Kollege Schmidt, wieso Sie, wenn Sie
denn dieser Auffassung sind, die ich und auch meine
Fraktion teilen, einem so fatalen Gesetzentwurf zustim-
men können. Das macht keinen Sinn.


(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das habe ich doch begründet!)


Wenn es so ist, wie Sie sagen – ich teile das –, dann dür-
fen Sie diesem Gesetzentwurf heute nicht zustimmen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Sie haben sich aber, verehrter Herr Kollege, selber

eine hervorragende Brücke gebaut, indem Sie im Fach-
ausschuss die Kollegen der CDU/CSU- und der FDP-
Fraktion gebeten haben, auf die B-Länder einzuwirken,


(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Na, na, na! Das müssen Sie schon selber machen! Um alles kann ich mich nicht kümmern!)


ein Vermittlungsverfahren anzustreben, damit das, was
Sie für richtig halten und was auch wir für richtig halten,
über den Umweg der gut regierten CDU- und CSU-ge-
führten Bundesländer zu einer vernünftigen Regelung
führt,


(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das will ich jetzt nicht gehört haben! Das streichen wir aus dem Protokoll!)


wodurch dieses verheerend falsche Gesetz dann so korri-
giert wird, dass es EU-konform wird.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das haben Sie von uns verlangt. Ich sage Ihnen zu: Wir
werden alles daransetzen, diesem Wunsch, den Sie indi-
rekt geäußert haben, nachzukommen und ihn zu erfüllen.

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(C (D Wir werden also, wenn wir das Ziel haben, mehr Verehr auf die Schiene zu bringen, um ein Vermittlungserfahren nicht herumkommen. Wir warten das in aller uhe ab. Ich denke, dass wir auf der Grundlage des Entchließungsantrages, den meine Fraktion hier heute einebracht hat, auch dem Ziel näher kommen werden, ein ernünftiges EU-konformes Gesetz zum Wohle der ahnpolitik in diesem Lande zu konstruieren. Herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Eduard Oswald [CDU/CSU]: Sehr gute Rede! Ausgezeichnet!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1514610900

Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung, und zwar zunächst

ber den von der Bundesregierung eingebrachten Ent-
urf eines Dritten Gesetzes zur Änderung eisenbahn-
echtlicher Vorschriften auf der Drucksache 15/3280.
er Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
mpfiehlt unter Nr. 1 seiner Beschlussempfehlung auf
rucksache 15/4419, den Gesetzentwurf in der Aus-
chussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die
em Gesetzentwurf in dieser Fassung zustimmen wol-
en, um ihr Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Wer
nthält sich der Stimme? – Damit ist der Gesetzentwurf
n zweiter Beratung mit Mehrheit angenommen.
Wir kommen zur

dritten Beratung
nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
esetzentwurf in der gerade vereinbarten Fassung zu-
timmen wollen, sich von den Plätzen zu erheben. – Wer
timmt dagegen? – Möchte sich jemand der Stimme ent-
alten? – Damit ist der Gesetzentwurf mit der gleichen
ehrheit der Koalition gegen die Stimmen der Opposi-

ion angenommen.
Wir stimmen nun über den von der Bundesregierung

ingebrachten Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Ände-
ung eisenbahnrechtlicher Vorschriften auf den Drucksa-
hen – –


(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Nein, über den Entschließungsantrag von der CDU/ CSU! – Ute Kumpf [SPD]: Herr Lammert, Sie schwächeln! Gestern auch schon!)


Ich habe hier Unterlagen teilweise doppelt, was, wenn
ir auch die Beschlussfassung doppelt herbeiführen, die
ültigkeit sicher nicht beeinträchtigt.
Wir stimmen nun über den Entschließungsantrag der

raktionen der CDU/CSU und der FDP auf Drucksache
5/4434 ab. Wer stimmt für diesen Entschließungsan-
rag? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der
ntschließungsantrag ist mit Mehrheit abgelehnt.
Unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung auf der vor-

in genannten Drucksache 15/4419 empfiehlt der Aus-
chuss, den von den Fraktionen der SPD und des Bünd-
isses 90/Die Grünen eingebrachten Entwurf eines

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 13663


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Vizepräsident Dr. Norbert Lammert

Dritten Gesetzes zur Änderung eisenbahnrechtlicher
Vorschriften auf Drucksache 15/2743 für erledigt zu er-
klären. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –
Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? –
Diese Beschlussempfehlung ist einmütig angenommen.


(Ute Kumpf [SPD]: Jetzt kommt das Vierte Gesetz!)


Wir stimmen jetzt über den von der Bundesregierung
eingebrachten Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Ände-
rung eisenbahnrechtlicher Vorschriften auf den Drucksa-
chen 15/3932 und 15/4235 ab. Der Ausschuss für Ver-
kehr, Bau- und Wohnungswesen empfiehlt unter Nr. 1
seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 15/4420,
den Gesetzentwurf in der Ausschussfassung anzuneh-
men. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in die-
ser Fassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. –
Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist der
Gesetzentwurf in zweiter Beratung gegen die Stimmen
der FDP angenommen.

Dritte Beratung
und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist der
Gesetzentwurf mit der gleichen Mehrheit angenommen.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Nichts, Herr Kollege Beckmeyer, ist so häufig wie der Wechsel in der Demokratie!)


Unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung auf Drucksa-
che 15/4420 empfiehlt der Ausschuss, eine Entschlie-
ßung anzunehmen. Wer stimmt für diese Beschlussemp-
fehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der
Stimme? – Damit ist die Beschlussempfehlung mehr-
heitlich angenommen.

Hat irgendjemand den Eindruck, dass irgendein zur
Beschlussfassung empfohlenes Gesetz oder irgendein
Entschließungsantrag nicht zur Abstimmung gestellt
worden ist?


(Heiterkeit)

– Das ist offenkundig nicht der Fall. Dann ist dieser Ta-
gesordnungspunkt erledigt.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 23 sowie den Zu-
satzpunkt 8 auf:
23 a) Beratung des Antrags der Abgeordneten

Dr. Michael Fuchs, Wolfgang Bosbach, Hartmut
Koschyk, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der CDU/CSU
Bürokratische Hemmnisse beseitigen – Bes-
sere Rahmenbedingungen für Arbeit in
Deutschland
– Drucksache 15/4156 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung

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(C (D Ausschuss für Verkehr, Bauund Wohnungswesen Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuss für Tourismus b)

Niebel, Rainer Brüderle, Daniel Bahr (Münster),
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Reform des Kündigungsschutzgesetzes – Ab-
schaffung von Hemmnissen für die Einstellung
neuer Mitarbeiter
– Drucksache 15/3724 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung

c) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeord-
neten Dirk Niebel, Daniel Bahr (Münster), Rainer
Brüderle, weiteren Abgeordneten und der Frak-
tion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Ge-
setzes zur Lockerung des Verbots wiederholter
Befristungen
– Drucksache 15/2804 –

(Erste Beratung 114. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Wirtschaft und Arbeit (9. Ausschuss)

– Drucksache 15/3990 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Anette Kramme

P 8 Beratung des Antrags der Abgeordneten Dirk
Niebel, Rainer Brüderle, Dr. Karl Addicks, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Keine Sperrfrist bei Abschluss eines Abwick-
lungsvertrags nach arbeitgeberseitiger be-
triebsbedingter Kündigung
– Drucksache 15/4407 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)

Rechtsausschuss

Die Fraktionen haben sich auf eine Debattenzeit von
0 Minuten verständigt. – Dazu höre ich keinen Wider-
pruch. Dann ist es so vereinbart.
Ich eröffne die Aussprache und erteile zunächst das
ort dem Kollegen Michael Fuchs für die CDU/CSU-
raktion.


Dr. Michael Fuchs (CDU):
Rede ID: ID1514611000

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Der Bun-
eskanzler hat in seinen Regierungserklärungen immer
ieder mit vielen blumigen Worten davon gesprochen,
ass Bürokratie abgebaut werden soll und dass unnötiger
ürokratismus in Deutschland verschwinden soll. Nach-
em er sechs Jahre an der Regierung ist, fragen wir uns
atürlich, was in dieser Zeit passiert ist.


(Dirk Niebel [FDP]: Gute Frage!)


13664 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004


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Dr. Michael Fuchs

Passiert ist eigentlich nichts. Mir jedenfalls ist nichts Be-
sonderes aufgefallen. Wenn Sie heute Unternehmen fra-
gen, dann können Sie feststellen, dass so gut wie gar
nichts passiert ist.

Gestern gab es die erste Lesung eines Gesetzes, in
dem Vorschläge aus den Regionen zusammengefasst
wurden. Von diesen über 1 000 Vorschlägen aus drei
Testregionen wurden neun umgesetzt. Das sind noch
nicht einmal 9 Promille. Angesichts dieses Promillean-
teils muss man sagen: Das ist wirklich nicht berau-
schend.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Heute wird in den Zeitungen berichtet, dass Sie ein

neues Antidiskriminierungsgesetz auf den Weg bringen
wollen. Dieses Gesetz kompensiert natürlich den Abbau
von dem bisschen Bürokratie, der durch das gestern in
erster Lesung beratene Gesetz erbracht werden soll. In
Wirklichkeit wollen Sie doch keinen Bürokratieabbau.
Sie wollen weiter mehr Staat. Herr Müntefering hat vor
zwei Jahren kurz vor Weihnachten gesagt: Dem Staat
mehr Geld und den Bürgern weniger. Ihre Kollegin Vogt
hat vor kurzem gesagt, dass man sich nicht so stark an
den Bürokratieabbau heranwagen wolle; denn wir wür-
den einen starken Staat brauchen. Den Etatismus, den
Sie nach wie vor pflegen, sieht man an Ihrer gesamten
Gesetzgebung. Ich halte das für ausgesprochen falsch.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Ich möchte aus einem Brief des BDI an den Wirt-

schaftsminister, Ihren Gesetzentwurf betreffend, zitie-
ren:

Allerdings möchte ich nicht verhehlen, dass wir uns
von den von dem BMWA erarbeiteten Maßnahmen
mehr versprochen hatten. Das vorliegende Artikel-
gesetz enthält zwar den einen oder anderen Ansatz
zum Bürokratieabbau. Der große Wurf ist aber be-
dauerlicherweise nicht zu verzeichnen. Dieses Arti-
kelgesetz schafft keine merkliche Reduzierung von
Bürokratie.

Genau da müssen wir ansetzen. Alle anderen Wirt-
schaftsverbände, ob ASU oder DIHK, haben sich in glei-
cher Weise geäußert.

Es wurden insgesamt 102 Projekte durchgeführt, von
denen nach zwei Jahren gerade einmal 17 abgeschlossen
sind. Clement hat angekündigt, dass bis zum Ende des
Jahres 40 Prozent abgeschlossen sein sollen. Ich bin ein-
mal gespannt, wie Sie es schaffen wollen, bis zum Ende
des Jahres 23 weitere Projekte abzuschließen. Ich bin
zwar ein unverbesserlicher Optimist. Aber ich habe
meine Zweifel, ob Ihre Fähigkeiten ausreichen, dieses
Ziel zu erreichen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Sie haben kein Konzept; Sie haben keine Richtung. Sie
wissen nicht genau, was Sie wollen. Im Wesentlichen
wollen Sie aber mehr Staat.

Wir haben bereits vor langer Zeit einen ersten Antrag
zu diesem Thema eingebracht. Wir hatten eine Anhö-
rung dazu. Sämtliche Wirtschaftsverbände haben uns be-

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(C (D tätigt, dass unser Antrag genau der richtige Weg war. ch will Ihnen die Drucksachennummer ins Gedächtnis ufen, damit Sie ihn noch einmal nachlesen können: Das st die Drucksache 15/1330. In diesem Antrag haben wir rundsätzliche Möglichkeiten benannt, wie die Bürokraie abgebaut werden kann. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn ie noch einmal darüber nachdenken würden. Denn das, as Sie jetzt machen, ist alles andere als das, was wir orgeschlagen haben. In dem neuen Antrag haben wir einige zentrale unkte aufgegriffen, die unserer Meinung nach sofort eändert werden müssen. Wir sind dafür, das Verbandslagerecht abzuschaffen bzw. ersatzlos zu streichen. s hat nur zu Verzögerungen geführt. Ich weiß natürlich, ass die Grünen meinen, dass wir das Verbandsklageecht brauchen. (Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


ber, verehrte Frau Kollegin, das hat uns bis jetzt keinen
entimeter weitergebracht.


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Für Schutzrechte sind wir immer!)


Sie sollten einmal sehen, dass am Frankfurter Flugha-
en mittlerweile mehr Papier verbraucht worden ist, als
ie neue Landebahn in Zukunft lang sein wird. Denn es
ibt mittlerweile 60 Aktenordner mit 17 500 Textseiten,
90 Pläne und Karten sowie 34 Gutachten. Das ist ein
eitrag zur Beschäftigung der Papierindustrie, aber nicht
u einem Investitionsprojekt, wie wir es in Deutschland
rauchen würden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 60 Aktenordner sind keine Landebahn!)


in Investitionsvolumen von mehr als 3,5 Milliarden
uro liegt brach, weil andauernd mit Verbandsklagen
ersucht wird, solche Projekte kaputtzumachen.
Oder nehmen wir das Verkehrswegeplanungsbe-

chleunigungsgesetz. Ich habe letzte Woche an der
aushaltsdebatte teilgenommen und habe mir gedacht:
er Bundeswirtschaftsminister hat ja vollkommen
echt. Er hat gesagt – deswegen bitten wir Sie, unserem
ntrag zuzustimmen –, dass er möchte, dass das
undesverkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz –
in tolles Wort! – auf ganz Deutschland ausgedehnt
ird, und zwar für immer. Was macht Ihre Fraktion? Sie
erlängern die Geltungsdauer dieses Gesetzes für die
euen Bundesländer gerade einmal um ein Jahr und sa-
en obendrein, das sei zum letzten Mal erfolgt. – So
ommen wir in diesem Lande nie weiter.


(Beifall bei der CDU/CSU)

ir bitten Sie daher darum, wenigstens hier mitzuma-
hen.
Im Arbeitsrecht kann man viele, viele Dinge kritisie-

en; das sollte man auch. Wir haben allein in Deutsch-

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 13665


(A) )



(B) )


Dr. Michael Fuchs

land mehr als 160 verschiedene Schwellenwerte. Das
kann nicht richtig sein; das kann kein Unternehmer mehr
auseinander halten. Denn so viele Schwellenwerte für so
unterschiedliche Tatbestände sind einfach Unsinn. Das
muss vereinfacht werden. Ich denke, darüber sollten wir
alle uns im Klaren sein.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Eins gehört für mich auch dazu: Gerade in einer Zeit,

wo wir um jeden Arbeitsplatz für Azubis kämpfen müs-
sen, sollten wir die Azubis aus der Schwellenwertbe-
rechnung generell herausnehmen. Ich halte das für sinn-
voll; denn es kann nicht sein, dass Azubis nicht
eingestellt werden, weil bei Erreichen des Schwellen-
wertes ein Unternehmen einen zusätzlichen Betriebsrat
stellen müsste. Das darf nicht der Fall sein. Hier geht es
darum, dass wir Arbeitsplätze für junge Leute schaffen.
Das ist für mich eines der wichtigsten gesellschaftspoli-
tischen Probleme.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wenn wir nicht bereit sind, grundsätzlich Dinge zu

verändern – dazu gehört für mich auch der zuletzt ge-
nannte Punkt –, dann werden wir auf dem Sektor Büro-
kratieabbau keinen Zentimeter weiterkommen. Lassen
Sie uns deswegen bitte gemeinsam noch einmal über das
Subsidiaritätsprinzip sprechen! Subsidiarität – wir alle
führen das ständig in unseren Sonntagsreden an – bedeu-
tet: Die kleinste Einheit soll es machen. Nur wenn wir
bereit sind, dies grundsätzlich anzugehen, werden wir in
der Lage sein, die Bürokratie in Deutschland wirklich
abzubauen. Ich möchte, dass hier etwas geschieht; denn
die deutsche Wirtschaft wird durch die Bürokratie mit
46 Milliarden Euro pro Jahr belastet.

Aufgabe dieses Parlamentes ist es, dafür zu sorgen,
dass diese Belastungen endlich zurückgeführt werden.
Helfen Sie bitte mit! Stimmen Sie unserem Antrag zu!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1514611100

Ich erteile das Wort dem Kollegen Walter Hoffmann,

SPD-Fraktion.


Walter Hoffmann (SPD):
Rede ID: ID1514611200

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Kollege Fuchs, ich möchte Ihnen in einem
Punkt ganz entschieden widersprechen:


(Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Das glaube ich!)


Sie haben gesagt, wir wollten keinen Bürokratieabbau.
Das ist im wahrsten Sinne des Wortes eine falsche Be-
hauptung. Sie können sagen, dass wir vielleicht nicht ge-
nug machen – das haben Sie ja geäußert – und dass die
Schwerpunkte nicht richtig gesetzt sind. Aber von der
Zielsetzung lassen wir uns nicht abbringen. Diese Pro-
blematik haben wir von Beginn dieser Legislaturperiode
an angepackt.

Sie haben selber erwähnt, dass wir gestern eine Fülle
von gesetzlichen Regelungen beschlossen haben. Darin

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(C (D eht es um die Beschleunigung von Gerichtsverfahren ei Handelssachen, um die nicht mehr bestehende flicht zur Erstellung von Abfallbilanzen bei privaten rzeugern, um Liberalisierungen im Hotelund Gasttättenrecht, um die Reduzierung von Prüfund Aufbeahrungspflichten für bestimmte Personengruppen usw. ch will alle diese Regelungen hier nicht noch einmal ufzählen. Die gestrige Beschlussfassung war ein Modul, eine tappe in einer Fülle von Maßnahmen und Regelungen, ber die wir uns auch hier in diesem Haus in den letzten ochen und Monaten, ja in den letzten Jahren in regeläßigen Abständen auseinander setzen. Sie alle haben um Ziel, Bürokratie abzubauen und mehr Gestaltungsöglichkeiten für die Unternehmen und für die handelnen Menschen insgesamt zu schaffen. Ab 1. Dezember dieses Jahres ist eine Verordnung in raft getreten, die eine schnellere Eintragung in das andelsregister ermöglichen soll. Sie wissen selbst, ass das mit zwei Monaten immer relativ lange gedauert at. In Zukunft wird dieser Zeitraum auf einen Monat erkürzt. 2007 wird dieser Vorgang auf elektronische erfahren umgestellt. Dadurch soll es nur noch 4 Stunden dauern, bis eine solche Eintragung im Hanelsregister erfolgt. Diese wenigen Beispiele zeigen – ich könnte sie x-be iebig fortführen –, dass wir auf dem richtigen Weg sind. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

llerdings möchte ich hier nicht mehr ständig Dinge
iederholen, die in der Substanz nichts Neues mehr
ringen,


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es!)


us meiner Sicht zum Teil bereits erledigt sind

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


nd die nicht dem Abbau von Bürokratie dienen,
ondern in vielen Bereichen eine Verschlechterung der
ituation zur Folge hätten.
Ich wähle ein Beispiel aus dem Themenbereich
rbeitsrecht – meine Kollegin wird dies nachher si-
herlich noch ausführlicher ansprechen –, weil Sie dies
ngeführt haben. Ihre Position dazu kenne ich: Das vor-
andene Arbeitsrecht blockiere die Einstellung von Per-
onen. Vor wenigen Tagen wurde eine umfangreiche
tudie des IAB veröffentlicht. Darin hat man meines
issens zum ersten Mal den Zusammenhang zwischen
ündigungsschutz und Einstellung untersucht. Dazu hat
an 50 000 Menschen in den Betrieben befragt und ge-
rüft, ob der bei uns vorhandene Kündigungsschutz eine
instellungsbremse darstellt. Dabei ist kein Zusammen-
ang plausibel nachgewiesen worden.
Deshalb sollten wir nicht auf jedes Pferd aufspringen,

as auf die Galopprennbahn geführt wird; vielmehr soll-
en wir genau prüfen, welche Vorschrift sinnvoll, richtig
nd notwendig ist, wie sie verbessert, entschlackt und
öglicherweise organisatorisch anders angepackt

13666 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004


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Walter Hoffmann (Darmstadt)


werden kann. Wenn der Abbau von Bürokratie auf diese
Weise in Angriff genommen wird, dann haben Sie uns
dabei an Ihrer Seite.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1514611300

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen

Niebel?


Walter Hoffmann (SPD):
Rede ID: ID1514611400

Ja, natürlich.


Dr. h.c. Dirk Niebel (FDP):
Rede ID: ID1514611500

Herr Kollege, Sie haben gerade die IAB-Studie zur

Wirkung des Kündigungsschutzes auf die Einstellungen
angesprochen. In dieser Studie wurde bekanntlich die
Veränderung des Einstellungsverhaltens nach der Ände-
rung des Kündigungsschutzgesetzes 1996 untersucht, in
deren Rahmen der Schwellenwert von fünf auf zehn Ar-
beitnehmer angehoben wurde. Ebenso wurden die Aus-
wirkungen der Absenkung des Schwellenwertes von
zehn auf fünf Arbeitnehmer nach der Regierungsüber-
nahme von Rot-Grün untersucht. Die Studie ergab, dass
aufgrund dessen keine signifikante Änderung festzustel-
len sei.

Ist Ihnen bekannt, dass ein Autor der Studie medien-
öffentlich auf die Frage, wie es denn bei anderen
Schwellenwerten von 50 oder 20 Arbeitnehmern gewe-
sen wäre, geantwortet hat, dass unter diesen Umständen
das Einstellungsverhalten deutlich verändert gewesen
sein könnte, weil eine derartige Veränderung des
Schwellenwertes tatsächlich die Einstellungsbarriere
aufgehoben hätte?


Walter Hoffmann (SPD):
Rede ID: ID1514611600

Herr Niebel, es ist richtig, dass der von Ihnen ange-

sprochene Autor die genannte Position vertreten hat – in
diesem Zusammenhang stimme ich Ihnen ausdrücklich
zu –, aber er hat eine Hypothese aufgestellt, die in dem
konkreten Fall nicht nachgewiesen wurde.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: „Könnte“, im Konjunktiv!)


Vielleicht verbindet er damit auch eine Hoffnung. Von
daher ist das auch keine seriöse Aussage, sondern eher
Wunschdenken eines Autors,


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


der hier einen Zusammenhang konstruiert, der zunächst
einmal empirisch nachgewiesen werden müsste.

Herr Fuchs, ich will noch einmal auf zwei Punkte ein-
gehen, die Sie hier genannt haben. Das Verbandsklage-
recht ist ein schwieriges Thema, bei dem ich nichts von
populistischen Aktivitäten halte. Mir ist sehr wohl be-
kannt, dass die Planungsprozesse sehr lange bzw. zu
lange dauern und dass wir hart daran arbeiten müssen,
sie zu verkürzen; auch das ist kein Thema. Ich komme
aus Südhessen und weiß, was im Zusammenhang mit der
neuen Halle am Frankfurter Flughafen geschehen ist.
Dabei kann einem wirklich angst und bange werden.

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(C (D Aber das Verbandsklagerecht kann nach meiner Aufassung nicht so pauschal beurteilt werden, wie Sie es ier getan haben. (Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Warum nicht?)


as Verbandsklagerecht dient auch zum Schutz von Be-
angen der Allgemeinheit; das ist unumstritten. Es greift
uch in solchen Fällen, in denen nicht mit der Klage ei-
es individuell Betroffenen zu rechnen ist. Das Ver-
andsklagerecht dient in vielen Fällen auch dazu, eine
ündelung von Klagen zu Massenverfahren zu erleich-
ern. Damit trägt es zur Entbürokratisierung und zur Ent-
astung der Gerichte bei. Es ist also nicht unbedingt ein
ortschritt – wir würden ihn allerdings begrüßen –, das
erbandsklagerecht abzuschaffen oder zumindest einzu-
chränken. Vielmehr muss man es meiner Auffassung
ach im konkreten Fall sehr differenziert bewerten.
Lassen Sie mich noch einen zweiten Punkt anspre-

hen, den Sie erwähnt haben: das Verkehrswegepla-
ungsbeschleunigungsgesetz. – Mein Gott, was für ein
ort! –


(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Alles selbst gemacht!)


ie fordern in Ihrem Antrag die Verlängerung der Gel-
ungsdauer dieses Gesetzes, das aus dem Jahre 1991
tammt. Diesen Antrag haben Sie schon im Herbst letz-
en Jahres gestellt. Er wurde von uns abgelehnt, weil sein
nhalt schon damals überholt war.
Am 25. November dieses Jahres – das haben Sie

elbst angesprochen – haben wir die Geltungsdauer die-
es Gesetz um ein Jahr verlängert. Wir haben sie aber
icht deshalb nur um ein Jahr verlängert, weil wir nicht
utig genug gewesen wären, sie sofort um mehrere
ahre zu verlängern, sondern deshalb, weil zurzeit an
ckpunkten gearbeitet wird, durch die das gesamte Plan-
eststellungsverfahren beschleunigt werden soll. Paral-
el dazu gibt es Abstimmungsprozesse mit den Ländern,
or allem mit den Verkehrsministern der Länder, die sich
m Oktober dieses Jahres getroffen haben. Diese Eck-
unkte sollen meines Wissens im Frühjahr nächsten Jah-
es in konkreten Regelungen zur Beschleunigung des
lanfeststellungsverfahrens münden.


(Abg. Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1514611700

Da Ihre Redezeit, wie Ihnen möglicherweise entgan-

en ist, inzwischen überschritten ist, kann ich nicht zur
erlängerung derselben Zusatzfragen zulassen.


(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Das ist leider korrekt!)



Walter Hoffmann (SPD):
Rede ID: ID1514611800

Darf ich wenigstens einen Abschiedssatz sagen?

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1514611900

Mit Vergnügen.


(Heiterkeit)


Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 13667


(A) )



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Walter Hoffmann (SPD):
Rede ID: ID1514612000

Meine Damen, meine Herren, ich möchte kurz und in

wenigen Sätzen eine persönliche Erfahrung schildern.

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1514612100

Sie hatten von einem Abschlusssatz gesprochen, den

Sie jetzt zu multiplizieren androhen.

(Dirk Niebel [FDP]: Das war sogar ein Ab schiedssatz! Er wollte doch gehen!)


Walter Hoffmann (SPD):
Rede ID: ID1514612200

Ich mache aus meinem Abschlusssatz ein oder zwei

Nebensätze, wenn Sie erlauben. – Ich persönlich bin der
Auffassung, dass wir die beschlossenen Gesetze umset-
zen sollten; denn wenn ich zum Beispiel mit Unterneh-
mern spreche, fällt mir immer wieder auf: Sie beklagen
sich darüber, dass es zu viel Bürokratie gibt, dass ihnen
die beschlossenen Gesetze kaum bekannt sind und dass
sie nicht umgesetzt werden. Daher meine ich: Es gibt
keinen Mangel an Beschlussfassung, sondern einen kon-
kreten Mangel an der operativen Umsetzung unserer
Maßnahmen. Hier sollten wir den entscheidenden
Schwerpunkt setzen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1514612300

Nächster Redner ist der Kollege Dirk Niebel für die

FDP-Fraktion.

Dr. h.c. Dirk Niebel (FDP):
Rede ID: ID1514612400

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Ich bin froh, dass ich meinen Flieger umgebucht
habe; denn dieses Thema ist wichtig. Gestern haben wir
die aktuellen Arbeitslosenzahlen erfahren. Die Zahl der
Arbeitslosen steigt weiterhin. Wir haben die Ausführun-
gen des Verwaltungsratsvorsitzenden der Bundesagentur
für Arbeit gehört und die hektische Reaktion der Herren
Müntefering und Clement vernommen. Die Tatsache,
dass die Bundesagentur für Arbeit mit den Aufgaben, die
Rot-Grün ihr zugewiesen hat, schlichtweg überfordert
ist, zeigt, dass hier in ein Wespennest gestochen worden
ist.

Manchmal frage ich mich, wie die Diskussion über
die Arbeitsmarktpolitik in diesem Land eigentlich ver-
läuft. Da wird von Hartz I bis Hartz IV und von der
Agenda 2010 geredet und so getan, als würde dadurch
das Problem der Massenarbeitslosigkeit bewältigt.


(Walter Hoffmann [Darmstadt] [SPD]: Das sagen Sie! Das ist doch noch gar nicht in Kraft getreten!)


Das ist mitnichten der Fall. Im besten Falle – allerdings
wirklich nur im allerbesten Fall – werden dadurch Ar-
beitsplätze in der Bundesagentur für Arbeit geschaffen.

Um das Problem der Massenarbeitslosigkeit zu be-
wältigen, müssen wir die Rahmenbedingungen verän-
dern. Nur dann können Arbeitsplätze erhalten bzw. ge-

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(C (D chaffen werden. Hier hat sich Rot-Grün eine eformpause verordnet. Das ist mit Sicherheit der falche Weg, um Menschen wieder in Beschäftigung zu ringen. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ber weil Sie sich diese Reformpause nun einmal ver-
rdnet haben, müssen wir versuchen, wenigstens die
röbsten bürokratischen Fehler rückgängig zu machen,
ie Sie begangen haben.
Daher hat die FDP-Fraktion drei Anträge in den Bun-

estag eingebracht, die wir in der heutigen Debatte bera-
en. Im ersten geht es um die Aufhebung des Verbotes
iederholter Befristungen. Wissen Sie eigentlich, was
ie mit diesem Gesetz gemacht haben? Das bedeutet in
er Konsequenz: Wenn ein Studierender in Heidelberg
ls Hilfskraft in der Unibibliothek arbeitet, dann wird er
eitlebens beim Land Baden-Württemberg – das ist näm-
ich der Arbeitgeber – nicht mehr sachgrundlos befristet
eschäftigt werden können, weil er ein Recht hat, sich
uf eine Dauerstelle einzuklagen. Ich erkenne an, dass
ie Kettenbefristungen verhindern wollen. Aber dann
olgen Sie unserem Vorschlag, ein Verbot wiederholter
eschäftigung vor Ablauf von drei Monaten einzufüh-
en. Nach drei Monaten muss man die Möglichkeit ha-
en, wieder hereinzukommen. Das schafft Arbeitsmög-
ichkeiten, übrigens auch für Ältere, die irgendwann in
rauer Vorzeit bei demselben Betrieb auch nur einen ein-
igen Tag befristet beschäftigt waren.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ein zweiter Punkt, der eigentlich jedem eingängig
ein müsste: Sorgen Sie dafür, dass bei Abwicklungsver-
rägen bei der Bundesagentur für Arbeit keine Sperr-
eiten verhängt werden. Sie haben das Arbeitsrecht so
ürokratisch gestaltet, dass Abwicklungsverträge bei be-
riebsbedingten Kündigungen die einzige Möglichkeit
ind, sich ohne einen Prozess vor dem Arbeitsgericht
ütlich zu einigen, wie man sich voneinander trennt.
enn jetzt durch die Bundesagentur für Arbeit Sperr-
eiten verhängt werden, wie das der Fall ist, bedeutet das
och, dass man bei einer betriebsbedingten Kündigung,
ie nicht von vornherein als unwirksam erkannt wird,
um Arbeitsgericht geht und dort einen Vergleich
chließt – dann gibt es keine Sperrzeit. Das Ergebnis ist
as gleiche wie beim Abwicklungsvertrag, bloß mit viel
ehr Bürokratie, mit viel mehr Folgekosten für die Ar-
eitnehmer und die Arbeitgeber: Die Kosten der Pro-
esse vor dem Arbeitsgericht werden hälftig aufgeteilt.
nd wir haben dadurch viel mehr Rechtsunsicherheit,
eil man als Arbeitgeber bis zu dem Moment, wo ein
ergleich oder ein Urteil vorliegt, nie weiß, ob man den
rbeitnehmer weiterhin beschäftigen und ihm rückwir-
end das Gehalt zahlen muss.
Das sind alles Kleinigkeiten, obwohl es viel richtiger
äre – damit komme ich zu unserem dritten und letzten
ntrag –, das Kündigungsschutzgesetz insgesamt zu
erändern. Denn es ist tatsächlich so, Kollege
offmann, dass das besondere Kündigungsschutzgesetz

13668 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004


(A) )



(B) )


Dirk Niebel

ein Einstellungshemmnis ist. Wenn wir den Schwellen-
wert für seine Geltung bei 50 Arbeitnehmern setzen, wie
wir es vorschlagen, dann beseitigen wir diese Einstel-
lungsbarriere. Sie können sich das nicht nur in Ländern
wie Neuseeland oder Australien oder Holland an-
schauen, sondern auch in dem viel geliebten Dänemark,
bei dessen Sozialpolitik das Herz eines jeden Sozialde-
mokraten höher schlägt: Hier gibt es fast keinen Kündi-
gungsschutz, viel weniger, als wir vorschlagen.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1514612500

Herr Kollege!


Dr. h.c. Dirk Niebel (FDP):
Rede ID: ID1514612600

Ich komme zum letzten Satz, Herr Präsident. – In die-

sen Ländern gibt es auch mehr Entlassungen, aber es
gibt bei kleinsten wirtschaftlichen Verbesserungen auch
mehr Einstellungen, also mehr Chancen, sich selbst den
Lebensunterhalt zu finanzieren. Wir haben unter Ihrer
Regierung wenn überhaupt nur kleinste Chancen für das
Wachstum der Wirtschaft, sodass wir jedes Potenzial
ausnutzen müssen. Springen Sie über Ihren eigenen
Schatten und unterstützen Sie wenigstens, wenn Sie
schon nicht weiterreformieren wollen, diese kleinen, we-
sentlichen, notwendigen Änderungen!

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1514612700

Ich erteile der Kollegin Thea Dückert, Bündnis 90/

Die Grünen, das Wort.

(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Nun kommt die richtige Antwort! – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau! Thea!)



Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514612800

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben

gerade von Herrn Niebel gehört, dass wir eine „Reform-
pause“ machten. Herr Niebel, ich glaube, Sie sind der
Einzige hier im Saal und auch im Lande, der so etwas
diagnostizieren würde.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Dirk Niebel [FDP]: Sie wickeln doch nur Ihre Regierung ab! Sonst machen Sie doch gar nichts!)


Ich erinnere nur an Ihre Kollegen, die sich allwöchent-
lich darüber beklagen, dass wir zu viele Gesetzentwürfe
einbringen, dass wir Gesetzentwürfe zu schnell einbrin-
gen; das ist doch Ihr Problem.


(Dirk Niebel [FDP]: Sie machen die falschen Gesetze, Frau Dückert!)


Nein, meine Damen und Herren, das wirkliche Problem
ist doch, dass es bei der Opposition Tabula rasa gibt,

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(C (D enn es um neue Vorschläge geht. Das lässt sich wunerbar an dem Antrag zeigen, der heute vorliegt und zu em Herr Fuchs von der CDU uns eben vorgetragen hat. arin sind lauter Ladenhüter, das ist eine Sammlung aler Vorschläge. Ich habe mit Interesse nach etwas Neuem esucht, ich habe sogar etwas gefunden: Sie schreiben, ass es nunmehr um die „materielle Entbürokratisieung“ geht. Ich habe mir überlegt, was das sein soll. Ich abe in dem Antrag gesucht: Sie schlagen unter anderem or, die Ausbildungsplatzabgabe abzuschaffen. (Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Etwas ganz Neues!)


err Fuchs, ich weiß nicht, ob Ihnen entgangen ist, dass
ine Ausbildungsplatzabgabe nicht existiert.


(Dirk Niebel [FDP]: Doch! Sie haben sie beschlossen! Sie wird bloß nicht erhoben!)


ir haben einen Ausbildungspakt abgeschlossen – mit
er Drohung einer Ausbildungsplatzumlage; das ist et-
as ganz anderes.


(Dirk Niebel [FDP]: Es bleibt beim Abkassieren!)


ir haben der Wirtschaft Beine gemacht und sie dazu
ebracht, mit uns den Ausbildungspakt abzuschließen,
ür den heute eine erste Zwischenbilanz vorgestellt
urde.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1514612900

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen

uchs?

Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514613000

itte sehr.


Dr. Michael Fuchs (CDU):
Rede ID: ID1514613100

Frau Kollegin, ist Ihnen entgangen, dass das Gesetz

ur Ausbildungsförderung, welches eine Ausbildungs-
latzabgabe vorsieht, nur ruht und dass es in diesem Ho-
en Haus von heute auf morgen mit Kanzlermehrheit be-
chlossen werden kann, sodass es immer noch als
amoklesschwert über der Wirtschaft hängt?


(Anette Kramme [SPD]: Gott sei Dank!)

as ist Ihnen wahrscheinlich entgangen. Ist Ihnen nicht
ekannt, dass sich das Gesetz noch im parlamentari-
chen Verfahren befindet?

Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514613200

Lieber Herr Kollege Fuchs, es mag sein, dass Ihnen

ntgangen ist, dass Sie permanent über eine Ausbil-
ungsplatzabgabe – ein Instrument, das wir niemals ent-
ickelt haben – schwadroniert und uns etwas unterstellt
aben. Sie haben Recht, dass wir über eine Ausbildungs-
latzumlage diskutiert und sie entwickelt haben. Dabei
atten wir das zentrale Ziel, die Ausbildungssituation
er Jugendlichen in diesem Lande zu verbessern, weil
ie unhaltbar ist.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 13669


(A) )



(B) )


Dr. Thea Dückert


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dirk Niebel [FDP]: Wer umgelegt wird, kann nicht mehr ausbilden!)


Wir haben jetzt einen Ausbildungspakt und keine
Ausbildungsplatzabgabe. Heute wurde die Zwischenbi-
lanz dieses Ausbildungspaktes vorgestellt. Wir können
feststellen, dass er gewirkt hat. Zum Beispiel bilden jetzt
25 000 Betriebe mehr aus. Ich bedauere es allerdings
sehr, dass immer noch 17 500 Jugendliche eine Ausbil-
dungsstelle suchen. Das ist schlecht. Daneben gibt es
noch einige in der Warteschleife. Auch das ist schlecht.
Bezogen auf Ihre Frage muss ich aber feststellen, dass
der Ausbildungspakt Bewegung gebracht hat. Das ist
auch ein Erfolg der Debatte, die wir über die Ausbil-
dungsplatzumlage geführt haben. Insgesamt befinden
wir uns zwar auf einem guten Weg, für die Jugendlichen
ist die Situation im Moment aber noch nicht gut genug.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ich will damit sagen, dass Sie etwas streichen wollen,
was nicht existiert, nämlich eine Ausbildungsplatzab-
gabe als materielle Entbürokratisierung. Ich glaube, das
beweist den immateriellen Gehalt Ihres Antrages. Man
könnte ihn als eine Art Nichts oder wehendes Vakuum
bezeichnen.

Sie schlagen in Ihrem Antrag materielle Entbürokrati-
sierungen vor. In einem ersten Punkt sprachen Sie eben
darüber, dass das Verbandsklagerecht abgeschafft wer-
den muss. Ich möchte nicht pingelig sein, Sie aber doch
darauf hinweisen, dass es unter anderem im EU-Recht
explizite Vorgaben gibt und dass sich die Bundesrepu-
blik Deutschland beispielsweise im Rahmen der Aarhus-
Konvention verpflichtet hat, Verbandsklagerechte einzu-
räumen.

Um den zweiten Punkt geht es mir hier viel eher.
Beim Verbandsklagerecht für Verbraucherschutzver-
bände geht es zum Beispiel um den unlauteren Wettbe-
werb. Einzelne sind nicht stark genug, sich wehren zu
können. Verbände können sich gegen die schwarzen
Schafe in diesem Bereich zur Wehr setzen. Herr Fuchs,
ich sage Ihnen: Das ist symptomatisch. Egal ob es sich
ums Arbeitsrecht oder andere Rechte handelt, bei Ihren
Anträgen geht es immer darum, Schutzrechte abzu-
bauen.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Genau, es geht um Ideologie!)


Das hat mit Entbürokratisierung überhaupt nichts zu tun.
Das sind Schutzrechte für die Menschen und ist gelten-
des Recht. Ich bin froh, dass wir die Verbraucherinnen
und Verbraucher im Hinblick auf den Verbraucherschutz
gegenüber dem Gesamtmarkt endlich stärken können.
Darum geht es in diesem Fall.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ihr Antrag ist sozusagen ein Warenhaus älterer Vor-
schläge. Sie schlagen vor, mit der Heraufsetzung von
Schwellenwerten zu entbürokratisieren. Ich will nur ein
Beispiel nennen. Wenn man genau hinschaut, erkennt

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(C (D an, dass auch das wieder den Abbau von Schutzrechen bedeuten würde. Nach Ihren Vorschlägen sollen für ugendliche Azubis zum Beispiel bei Betriebsratswahlen eine Schwellenwerte mehr berücksichtigt werden. eine Damen und Herren, das würde schlichtweg den bbau von Schutzrechten für Jugendliche bedeuten. ie sind Mitarbeiter in diesen Betrieben und haben als olche das gute Recht, ihre Jugendvertreter zu wählen nd im Betriebsrat aktiv zu sein. Das sind also Vorchläge von gestern. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


(Dirk Niebel [FDP]: So ein Quatsch!)


ir wollen, dass die jungen Menschen in den Betrieben
n den demokratischen Mitgestaltungsprozess eingebun-
en werden; denn es geht um ihre Rechte. Das ist ein
ichtiger Punkt.
Sie wollen beim Teilzeitgesetz die Schwellenwerte

eraufsetzen und werden auf Ihrem Parteitag in der kom-
enden Woche verkünden, dass Sie die Vereinbarkeit
on Familie und Beruf unterstützen. Damit wird deut-
ich, dass Sie hier eine Verdummung der Bevölkerung
etreiben. Teilzeitarbeit für Frauen zur Vereinbarung
on Familie und Beruf ist ein ganz wichtiger Baustein in
eutschland.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Für Männer auch!)


ir liegen im europäischen Vergleich noch nicht weit
enug vorne. Heute können 88 Prozent der Betriebe
ach diesem Gesetz keine Teilzeitarbeit anbieten und Sie
ollen diese Schwellenwerte auch noch heraufsetzen.
ein, ich sage Ihnen: Der Abbau von Wahlmöglichkei-
en und Rechten von Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh-
ern ist mit uns nicht zu machen.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


Wie ich sehe, Herr Präsident, muss ich zum Schluss
ommen. Das will ich dieses Mal freiwillig tun, wenn-
leich es noch viel zu sagen gäbe. Ich möchte Ihnen nur
it auf den Weg geben – das ist mein Rat für Ihren Par-
eitag –: Führen Sie mit Ihren Kolleginnen und Kollegen
n der Union einmal eine ehrliche Debatte über dieses
hema.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


ch bin froh, dass es bei Ihnen eine ganze Reihe Kolle-
en gibt, die diese Politik des Abbaus von Arbeitneh-
errechten nicht mitmachen. Aber sie finden leider kein
ehör, sondern dürfen nur hin und wieder eine Presse-
itteilung herausgeben. Dabei bleibt es. Leute wie
eehofer müssen in der CSU sogar gehen. Das ist
chade.


(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: So ein Unsinn! Wo haben Sie denn das her, gnädige Frau?)


13670 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004


(A) )



(B) )


Dr. Thea Dückert

Führen Sie innerhalb der Union eine Debatte und

kommen Sie nicht wieder mit solch merkwürdigen An-
trägen, wie sie hier vorliegen.

Danke.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dr. Peter Ramsauer [CDU/ CSU]: Sie waren auch schon mal besser! Das mit der „gnädigen Frau“ nehme ich zurück! – Dirk Niebel [FDP]: Ich fand es gnädig, dass sie doch noch aufgehört hat!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1514613300

Nächster Redner ist der Kollege Stephan Mayer,

CDU/CSU-Fraktion.


Stephan Mayer (CSU):
Rede ID: ID1514613400

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine verehrten Kolle-

ginnen! Sehr geehrte Kollegen! Seit November 2002
versucht Bundeswirtschaftsminister Clement verzwei-
felt, den groß angekündigten Masterplan Bürokratieab-
bau mit Inhalt zu füllen. Die Bilanz ist leider Gottes
mehr als dürftig. Ihr Masterplan Bürokratieabbau hat
sich vielmehr als Desasterplan herausgestellt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

So schreibt der „Focus“


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Ausgerechnet der „Focus“!)


in seiner letzten Ausgabe beispielsweise – ich zitiere –:
Doch der Entfesselungskünstler verhedderte sich,
Clements Bilanz bis heute ist mager …

In den drei ausgewählten Testregionen haben Sie zu-
nächst einmal über 1 000 Deregulierungsvorschläge ge-
sammelt – das ist eine beachtliche Zahl –, aber von den
1 000 Vorschlägen haben Sie nur ganze 29 Vorhaben für
wert befunden, im Bundeskabinett beraten und umge-
setzt zu werden. Das Schizophrene ist überdies, dass die
drei Regionen, denen Sie zunächst das Label Innova-
tionsregion verpasst haben, bis heute zwar testen woll-
ten, aber nicht testen durften. Sie haben diese Regionen
mit großem Tamtam als bürokratiefreie Regionen ange-
priesen, aber letztendlich ist die Bilanz mehr als bedau-
erlich.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wenn man nun einen Blick auf die Website des Bun-

desministeriums für Wirtschaft und Arbeit wirft, stellt
man fest, dass Sie dort vollmundig den Start einer zwei-
ten Runde mit Testregionen verkünden. Glauben Sie
denn wirklich, dass sich in Deutschland noch eine Re-
gion freiwillig zur Testregion küren lassen will, nach-
dem Sie mit den bisherigen Testregionen so stiefmütter-
lich und dilettantisch umgegangen sind? Dies ist ein
beredtes Beispiel dafür, wie Rot-Grün das Vertrauen von
Bürgern, Kommunen und eben auch Regionen fahrlässig
verspielt.


(Beifall bei der CDU/CSU)


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(C (D hre Ankündigung, neuerlich Testregionen auszuwählen, ürfte von den meisten Regionen in Deutschland eher als edrohung denn als Motivation empfunden werden. Frau Dückert, sehr verräterisch war die Aussage in Ih er Rede: Wir haben es geschafft, der Wirtschaft mit der usbildungszwangsabgabe Beine zu machen. (Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zwangsabgabe habe ich nie gesagt!)


ies hat in verräterischer Art und Weise signifikant ge-
eigt, wie Sie dazu stehen und wie Ihre Herangehens-
eise beim Bürokratieabbau ist.


(Jörg Tauss [SPD]: Sollen wir die Jugendlichen im Stich lassen?)


an müsse nur mit Zwang, Dirigismus und Sanktionen
eagieren, damit die Wirtschaft so agiere, wie man wolle.


(Jörg Tauss [SPD]: Unglaublich!)

ie Herangehensweise von der Union ist eine vollkom-
en andere. Wir setzen auf Eigeninitiative.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das haben wir gerade beklagt!)


ir setzen auf die Initialzündung, die dadurch entsteht,
ass man der Wirtschaft mehr Spielräume lässt, statt wie
ie auf Kontrolle und Dirigismus zu setzen.
Wir haben einen ersten Antrag mit dem Titel „Freiheit
agen – Bürokratie abbauen“ eingebracht. Damit haben
ir Ihnen einen methodischen Werkzeugkasten in die
and gegeben, wie man den Bürokratieabbau langfristig
rfolgreich umsetzen kann. Dieser erste Antrag wird
etzt durch einen zweiten unterstützt, in dem wir einige
anz konkrete Vorschläge machen. Sie wären gut bera-
en, diese aufzugreifen.
Erster Vorschlag. Verstecken Sie diese Ausbildungs-

wangsabgabe nicht nur einfach in der Schublade, in der
ie momentan liegt, sondern werfen Sie sie in den Pa-
iereimer.


(Beifall bei der CDU/CSU)

ch möchte noch einmal in aller Deutlichkeit darauf hin-
eisen: Die Ausbildungszwangsabgabe ist nicht vom
isch. Sie hängt nach wie vor als Damoklesschwert über
er Wirtschaft und kann jederzeit, wenn die Wirtschaft
icht so pariert, wie Sie das wollen – Stichwort: der
irtschaft Beine machen –, wieder herausgeholt wer-
en.
Zweiter Vorschlag. Vergessen Sie die geplante Ein-

ichtung des Bürokratiemonsters Bundesanstalt für Im-
obilienaufgaben, die allein 6 000 Mitarbeiter umfassen
ürde.
Nun ganz konkret zu einigen unserer Vorschläge: Die

etrieblichen Doppelprüfungen, die in vielen Unter-
ehmen stattfinden, sind ein Wahnsinn. Ich möchte Ih-
en dazu ein konkretes Beispiel aus meinem Wahlkreis
ringen. Ein Bäckermeister ist innerhalb kurzer Zeit von
ehreren Behörden besucht worden. Die erste Behörde
at ihn gelobt, weil er seine Backstube mit großen, glat-
en Fliesen ausgelegt hat.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 13671


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Stephan Mayer (Altötting)



(Wolfgang Grotthaus [SPD]: Der Bäckermeis ter war bestimmt der Herr Hinsken!)

Kurze Zeit später kam ein Vertreter einer zweiten Be-
hörde und hat genau dies mit dem Hinweis kritisiert,
beim nächsten Mal müsste er kleinere, gerillte Fliesen
anbringen, um die Rutschgefahr zu beseitigen.


(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Das war die Berufsgenossenschaft! Das Erste war das Gesundheitsamt! – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Ist das nicht dort, wo Herr Stoiber regiert?)


Die unterschiedlichen Behörden stellen beispiels-
weise auch verschiedene Anforderungen an das Anbrin-
gen von Feuerlöschern. Das ist ein Wahnsinn und wird
vor allem vom Mittelstand als absolut überflüssig erach-
tet.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Jörg Tauss [SPD]: So macht man das in Bayern! – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Überschrift: Bayern!)


Beispiel Statistikwesen. Wir fordern: Wer die Statistik
in Auftrag gibt, soll auch dafür bezahlen.

Das Bundesverkehrswegeplanungsbeschleuni-
gungsgesetz – nächstes Beispiel – hat sich in den neuen
Bundesländern bewährt, war erfolgreich und sollte des-
halb nicht nur über das eine jetzt beschlossene Jahr hi-
naus verlängert werden, sondern auch in ganz Deutsch-
land gelten. Ein weiteres konkretes Beispiel dazu aus
meinem Wahlkreis betrifft die A94, Herr Hoffmann. Sie
ist eine wichtige Verkehrsader für die südostoberbayeri-
sche Region und wird seit sage und schreibe 1970 ge-
plant, also seit 34 Jahren. Das verstehen die Bürger vor
Ort nicht.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Wie lange haben Sie denn mitregiert? – Klaus Brandner [SPD]: Die FDP hat 29 Jahre Zeit gehabt!)


Wir brauchen schneller wirkende Instrumentarien, wir
brauchen gesetzgeberische Maßnahmen, um die Verfah-
rensdauer von Großinvestitionsmaßnahmen entspre-
chend zu verkürzen.

Beispiel Verbandsklagerecht: Herr Hoffmann, ich
gebe Ihnen nicht Recht, wenn Sie sagen, das Verbands-
klagerecht sei erforderlich, um den Interessen der Öffent-
lichkeit bei Großinvestitionsmaßnahmen zur Geltung zu
verhelfen. Dem Interesse der Öffentlichkeit wird dadurch
Rechnung getragen, dass bei Großinvestitionsmaßnah-
men zahlreiche Träger öffentlicher Belange – viele sagen
sogar: zu viele – beteiligt werden. Aber was ist das Ver-
bandsklagerecht in der heutigen Form tatsächlich?


(Helmut Heiderich [CDU/CSU]: Eine Investitionsbremse!)


Es dient der Vertretung von Partikularinteressen. Glau-
ben Sie, dass der NABU letztendlich die Interessen der
Öffentlichkeit vertritt? Er vertritt reine Partikularinteres-
sen.

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(C (D Herr Kollege, Sie schauen gelegentlich auch einmal uf die Uhr? – Ich schaue selbstverständlich auf die Zeit, Herr Prä ident, und komme zum Ende. Es wäre wichtig, die Verbandsklagerechte neu zu valuieren, keine neuen Verbandsklagerechte mehr zu enennen und die alten abzuschaffen. Mit diesem Antrag haben wir Ihnen konkrete Hilfe tellungen an die Hand gegeben. Sie sind gut beraten, enn Sie sie übernehmen und endlich mit der Flickchusterei aufhören, die Sie mit dem so genannten Maserplan Bürokratieabbau begonnen haben. Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit. Zum Schluss dieses Tagesordnungspunktes hat die ollegin Anette Kramme für die SPD-Fraktion das ort. Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und ollegen! Ich habe einen kleinen sechsjährigen Freund. r ist ein großer Fan von Benjamin Blümchen. Immer enn sich der Kleine langweilt, stößt er ein kräftiges Törö!“ aus. Ich bin mir sicher, dass er genau das Gleihe machen würde, wenn er jetzt hier wäre. Meine Daen und Herren der Opposition, Sie langweilen dieses aus in schrecklicher Weise. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1514613500
Stephan Mayer (CSU):
Rede ID: ID1514613600

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1514613700
Anette Kramme (SPD):
Rede ID: ID1514613800

Alle Tage wieder prasseln Ihre Anträge auf den Bun-
estag nieder.


(Klaus Brandner [SPD]: Törö!)

hre Anträge sind aber nicht lustig wie mein kleiner
reund. Es ist vielmehr so, dass selbst der Schneemann
rostbeulen ob der Kälte Ihrer Forderungen bekommen
ürde. Sie sind mittlerweile in Ihrer Politik nur noch
art, zynisch und ohne menschliches Antlitz.


(Jörg Tauss [SPD]: Jawohl!)

Sie haben sich gemeinschaftlich darauf geeinigt, dass

er Kündigungsschutz geändert werden darf. Natürlich
ibt es Differenzierungen. Die Union fordert, dass der
ündigungsschutz ab 20 Arbeitnehmer gelten soll. Die
DP muss natürlich ihrem guten Ruf gerecht werden und
agt: 20, das reicht nicht aus, wir müssen auf 50 hochge-
en.


(Dirk Niebel [FDP]: Genau! – Jörg Tauss [SPD]: 60!)


eine Damen und Herren, sind Sie sich darüber im Kla-
en, wie viele Arbeitnehmer Sie damit vom Schutz aus-
ehmen? Bei der CDU/CSU ist es so: 90 Prozent der

13672 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004


(A) )



(B) )


Anette Kramme

Betriebe unterliegen dem Kündigungsschutz nicht mehr;
28 Prozent der Arbeitnehmer wären nicht mehr ge-
schützt. Herr Niebel von der FDP, jetzt hören Sie genau
zu: Bei Ihrem Vorschlag würden 94 Prozent der Betriebe
und 42 Prozent der Arbeitnehmer herausfallen.


(Dirk Niebel [FDP]: Dann wären immer noch 84 516 Betriebe übrig!)


Ihr Vorgehen ist schlichtweg rechtsbrecherisch. Sie han-
deln rechtswidrig.


(Dirk Niebel [FDP]: Das ist Quatsch!)

Betrachten Sie an dieser Stelle einmal die Entschei-

dung des Bundesverfassungsgerichts zur Kleinbetriebs-
klausel. Das Bundesverfassungsgericht hat deutlich ge-
macht, dass nur dann von einem einheitlichen Gesetz
abgewichen werden kann, wenn ein besonderer Grund
hierfür vorliegt. Bei der Kleinbetriebsklausel ist der Hin-
tergrund ganz einfach: Es sind die persönlichen Kon-
takte zwischen dem Betriebsinhaber einerseits und den
Arbeitnehmern andererseits, die es gestatten, hiervon ab-
zuweichen.

Aber Ihre Forderungen, meine Damen und Herren
von der Opposition, sind nicht nur rechtswidrig, sie sind
schlichtweg wirtschaftlich unsinnig. Es gibt keinen Zu-
sammenhang zwischen dem Kündigungsschutzge-
setz und der Arbeitslosigkeit als solcher.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Träumerin!)


Ich will an dieser Stelle vier Studien zitieren. Zu-
nächst die Studie von Zachert und Schramm von der
Universität Hamburg aus dem Jahre 2004:

Vier Fünftel der 22 Personalverantwortlichen gaben
an, dass das Kündigungsschutzgesetz für ihren
Betrieb kein Einstellungshindernis darstelle, eine
unmaßgebliche Rolle spiele oder sogar völlig irrele-
vant sei.

Friedrich und Hägele in einer Auftragsarbeit, die Sie
zu Ihren Regierungszeiten über das damalige Kündi-
gungsschutzgesetz veranlasst haben:

Im Ergebnis ist festzuhalten, dass die erhofften Be-
schäftigungswirkungen noch nicht eingetreten sind,
sondern sogar Beschäftigung abgebaut wurde.... Al-
lerdings warnen die Befragungsergebnisse vor
übertriebener Hoffnung bezüglich der Beschäfti-
gungswirksamkeit.

OECD-Beschäftigungsausblick von 1999:
Was die Effekte des Beschäftigungsschutzes auf die
Arbeitsmarktergebnisse betrifft, so stehen die Er-
gebnisse dieser Analyse in qualitativer Hinsicht
vielfach im Einklang mit den Ergebnissen früherer
Untersuchungen. Sie erhärten in der Tat die
Schlussfolgerung, dass die Rigidität der Beschäf-
tigungsschutzbedingungen praktisch nur einen ge-
ringen bzw. gar keinen Effekt auf das globale
Niveau der Arbeitslosigkeit hat.

(Dirk Niebel [FDP]: Sagen Sie doch mal was zu den Abfindungsverträgen!)


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(C (D Mein Kollege hat bereits den IAB-Kurzbericht zitiert; eshalb will ich an dieser Stelle darauf verzichten. (Klaus Brandner [SPD]: Es wäre besser, wenn das wiederholt würde!)


Meine Damen und Herren von der Opposition, für Sie
ind Arbeitnehmer Handelsware, nichts anderes.


(Dirk Niebel [FDP]: So ein Quatsch!)

ie behandeln sie wie ein Handy oder ein Auto, das ge-
auft wird. Und dann wundern Sie sich, dass diese Be-
andlung auch volkswirtschaftliche Auswirkungen hat.


(Dirk Niebel [FDP]: Sie sind unsäglich oberflächlich!)


ie soll ein solcher Arbeitnehmer, der immer unter der
uchtel des Arbeitgebers und der Fuchtel der willkürli-
hen Kündigung steht, eine Identifikation mit seinem
nternehmen entwickeln?


(Helmut Heiderich [CDU/CSU]: Aber in Ihrer Arbeitslosigkeit, da steht er gut?)


uch noch etwas anderes ist wichtig: Wie soll er Kauf-
ereitschaft entwickeln, wie soll er einen Kredit für ein
uto aufnehmen, wenn er nicht weiß, was morgen mit
einem Arbeitsplatz sein wird?


(Dirk Niebel [FDP]: Wie soll er einen Arbeitsplatz kriegen?)


Meine Damen und Herren von der FDP, Ihre einzigar-
ig dynamische Partei muss natürlich weitere Vorschläge
um Kündigungsschutz machen.


(Dirk Niebel [FDP]: Zum Glück! Wenigstens einer kümmert sich um die Menschen in diesem Land!)


er Kündigungsschutz soll demzufolge nur dann gelten,
enn ein Arbeitnehmer mehr als vier Jahre in einem Be-
ieb beschäftigt ist.


(Dirk Niebel [FDP]: Das ist eine Rechtsangleichung an das Teilzeitund Befristungsgesetz!)


er Arbeitnehmer soll bei der Einstellung eine Option
wischen Kündigungsschutz und materiellem Nachteils-
usgleich haben.
Meine Damen und Herren von der Dagobert-Duck-

artei, insbesondere der Kollege Niebel schreibt sich
eine vermeintliche Redekunst auf die Fahnen.


(Ernst Burgbacher [FDP]: So ein Stuss!)

u einer guten Rede gehört deren Verständlichkeit. Ich
chlage daher vor, dass Sie Ihre Anträge künftig einfa-
her formulieren, und gestatte mir, an dieser Stelle eine
ormulierungshilfe zu reichen.


(Dirk Niebel [FDP]: Die Anträge werden ja gar nicht geredet; sie sind geschrieben!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1514613900

Mit der Formulierungshilfe müssen Sie sich jetzt aber

ehr beeilen.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 13673


(A) )



(B) )



Anette Kramme (SPD):
Rede ID: ID1514614000

Die Bundesregierung wird aufgefordert, das gesamte

Arbeitsrecht abzuschaffen – das fasst Ihre Politik als
FDP zusammen.

Meine Damen und Herren der Opposition, ich hoffe,
dass Sie Ihre Anträge jedem Betrieb dieses Landes und
jedem Arbeitnehmer und jeder Arbeitnehmerin aushän-
digen.


(Dirk Niebel [FDP]: Vor allem den Arbeitslosen, weil die die Chance haben wollen, mitzumachen!)


Ich bin mir sicher, dass das eintreten wird, was in der
„Berliner Zeitung“ gestanden hat. Die Kunst, sich um
Kopf und Kragen zu reden,


(Dirk Niebel [FDP]: Die beherrschen Sie hervorragend!)


versteht in der Bundesrepublik Deutschland, abgesehen
von Guido Westerwelle, derzeit niemand so gut wie
Angela Merkel.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dirk Niebel [FDP]: So ein Geschwätz!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1514614100

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf

den Drucksachen 15/4156, 15/3724 und 15/4407 an die
in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorge-
schlagen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der
Fall. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzent-
wurf der Fraktion der FDP auf Drucksache 15/2804 zur
Lockerung des Verbots wiederholter Befristungen. Der
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit empfiehlt in seiner
Beschlussempfehlung auf Drucksache 15/3990, den Ge-
setzentwurf abzulehnen. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das Handzei-
chen. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der
Stimme? – Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung
mehrheitlich abgelehnt. Damit entfällt nach unserer Ge-
schäftsordnung die weitere Beratung.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 24 auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Neuregelung der präventiven Telekommu-
nikations- und Postüberwachung durch das
Zollkriminalamt (NTPG)

– Drucksachen 15/3931, 15/4237 –

(Erste Beratung 132. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsaus-
schusses (6. Ausschuss)

– Drucksache 15/4416 –

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(C (D Berichterstattung: Abgordnete Joachim Stünker Siegfried Kauder Hans-Christian Ströbele Rainer Funke Hierzu liegen ein Änderungsantrag der Abgeordneten esine Lötzsch und Petra Pau sowie ein Entschließungsntrag der Fraktion der FDP vor. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll diese ebatte 30 Minuten dauern. – Dazu höre ich keinen Wierspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat zunächst er Parlamentarische Staatssekretär Karl Diller. K Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und erren! Die Bekämpfung der Weiterverbreitung insbeondere von Massenvernichtungswaffen ist eine nach ie vor wichtige Aufgabe, zu der sich Deutschland auch uf internationaler Ebene verpflichtet hat. Unsere ufgabe ist es, die zuständigen Behörden mit den otwendigen Instrumenten auszustatten, damit sie den ingegangenen internationalen Verpflichtungen nachommen können. Dabei reicht es nicht aus, begangene Straftaten in die em Bereich mit den Mitteln der Strafprozessordnung zu erfolgen und Straftäter gerichtlich zur Verantwortung u ziehen; denn in solchen Fällen haben die Waffen in en meisten Fällen Deutschland bereits verlassen und er außenpolitische Schaden ist eingetreten. Deshalb üssen wir durch geeignete Maßnahmen dafür sorgen, ass solche unerlaubten Ausfuhren bereits im Vorfeld erhindert werden können. Zu den notwendigen Maßahmen zählt auch die 1992 geschaffene Möglichkeit er präventiven Telekommunikationsund Postüberachung, die durch das Zollkriminalamt bisher restriktiv nd mit größter Sorgfalt gehandhabt wurde. Nachdem das Bundesverfassungsgericht die bisheri en Regelungen im Außenwirtschaftsgesetz insbesonere wegen mangelnder Normenklarheit und -bestimmteit im März dieses Jahres für verfassungswidrig rklärte, wird mit dem vorliegenden Gesetzentwurf eine eue und vor allem verfassungsgemäße Grundlage herestellt. Hierzu sieht der Gesetzentwurf nach der Bechlussempfehlung des Rechtsausschusses eine Reihe on Regelungen vor, die ich mit Blick auf die Zeitknappeit und die nachfolgenden Tagesordnungspunkte jetzt icht einzeln aufführen will. Einen Punkt will ich allerdings ansprechen. Unter nderem werden die Datenerhebungsund -übermittungsregelungen konkretisiert. Dazu gehören auch rotokollierungs-, Kennzeichnungsund Löschungsflichten, die bei Übermittlungen durch den Datenempänger zu beachten sind. Diese Verfahrensvorschriften inden auch Landesbehörden. Deswegen halten wir 13674 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 Parl. Staatssekretär Karl Diller – wie vom Bundesrat gefordert – das Gesetz für zustimmungsbedürftig. Mit einigen der Einzelregelungen sind wir der Forderung des Bundesverfassungsgerichts nachgekommen, die von ihm aufgestellten Grundsätze aus seinen Urteilen zum G-10-Gesetz sowie zur akustischen Wohnraumüberwachung zu beachten. Offen geblieben ist dabei, in welchem Umfang diese Grundsätze auf die Neuregelung der präventiven Überwachungsmaßnahmen durch das Zollkriminalamt zu übertragen sind. Soweit die FDP insofern in einem Entschließungsantrag den Vorwurf erhebt, der Entwurf missachte insbesondere die Vorgaben zum Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung und sei damit verfassungswidrig, sind die Bundesregierung, die Koalitionsfraktionen und die CDU/CSU-Fraktion der Auffassung, dass dieser Vorwurf nicht haltbar ist. Wir verkennen nicht, dass bei der Umsetzung des Urteils zur akustischen Wohnraumüberwachung eine ausführliche parlamentarische Diskussion gerade auch zu diesem Punkte stattfinden muss. Der Gesetzentwurf sieht daher im Hinblick auf die beabsichtigte Herstellung vergleichbarer Regelungen sowohl für die präventive als auch für die repressive Telekommunikationsüberwachung nur eine Geltungsdauer bis zum Ende des kommenden Jahres vor. Aus der Sicht der Wirtschaft und insbesondere der neuen Bundesländer ist es besonders wichtig, dass in den vorliegenden Gesetzentwurf auch Änderungen der Investitionszulagengesetze 2005 und 1999 aufgenommen worden sind. Wie Sie wissen, steht das Investitionszulagengesetz 2005 unter dem Genehmigungsvorbehalt der EU-Kommission. Ohne diese Genehmigung kann das Investitionszulagengesetz 2005 nicht in Kraft treten. Mit der Änderung der beiden Investitionszulagengesetze sind wir der erst wenigen Tage alten Forderung der EU-Kommission nach einer nochmaligen Anpassung der Investitionszulagengesetze an die Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten vom 1. Oktober 2004 noch in diesem Jahr nachgekommen. Wir haben damit das hoffentlich letzte Hindernis für eine baldige Genehmigung aus dem Weg geräumt. Investoren, die bereit sind, sich 2005 in den neuen Ländern zu engagieren, müssen nämlich so schnell wie möglich Rechtsund Planungssicherheit erhalten. Ich bedanke mich und hoffe, einen Beitrag zur Beschleunigung des Sitzungsablaufs geleistet zu haben. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Karl Diller (SPD):
Rede ID: ID1514614200

(Helmut Heiderich [CDU/CSU]: Sehr gut!)


(A) )


(B) )



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1514614300

Herr Staatssekretär, ich bin hingerissen. Ich bestätige,

dass das so ist, und würde mir wünschen, dass es in Zu-
kunft so bleibt.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Zu Protokoll wäre noch besser gewesen!)


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(C (D Als nächstem Redner erteile ich dem Kollegen iegfried Kauder für die CDU/CSU-Fraktion das Wort. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! So schnell ie der Herr Staatssekretär kann ich meine Rede nicht erunterhaspeln; ich halte sie nämlich frei. Ich bin auch er Meinung, dass das Thema viel zu ernst ist, um die ede einfach herunterzulesen. (Beifall bei der CDU/CSU – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das ist eine ziemliche Überhöhung! Aber das kennen wir ja schon!)


(Beifall bei der CDU/CSU)

Siegfried Kauder (CDU):
Rede ID: ID1514614400

Worüber reden wir eigentlich? Wir reden über das
riegswaffenkontrollgesetz und das Außenwirtschafts-
esetz. Die Diskussion zu dem Gesetzentwurf, über den
ir heute abstimmen werden, begann im Jahr 1989. Ein
eutsches Unternehmen hatte unter Umgehung eines
mbargos eine Giftgasfabrik nach Libyen geliefert. Das
ntsetzen darüber war groß. Dabei geht es um Straftaten,
ie gut und gerne Freiheitsstrafen zwischen drei und fünf
ahren nach sich ziehen können. So etwas können weder
in deutscher Staat noch andere friedfertige Staaten zu-
assen.
Völker wollen und müssen in Frieden leben. Die Be-

iehungen zwischen den Völkern werden gestört, wenn
olchen Fällen nicht massiv Einhalt geboten wird. Aus
iesem Grund ist ein Gesetz erarbeitet und verabschiedet
orden, das dem Zoll die Möglichkeit bieten sollte,
icht erst dann, wenn Verdachtsmomente aufgetreten
ind, sondern bereits in der Planungsphase Telefonüber-
achungen – wie es damals noch hieß – und Postüber-
achungen durchzuführen.
Das Gesetz wurde im Jahr 1992 erlassen. Heute reden
ir über die sechste Befristung dieses Gesetzes. Das
eine ich nicht als Vorwurf gegenüber den Verantwortli-
hen; es zeigt vielmehr das Ringen vor dem Hinter-
rund, dass mit der Post- und Telekommunikationsüber-
achung Grundrechte Dritter und im Bereich der
lanungsphase auch solcher Bürger, die in strafrechtlich
elevanter Hinsicht möglicherweise nichts damit zu tun
aben, berührt werden. Insofern ist es kein Wunder, dass
as Gesetzgebungsverfahren in den Bereichen, in denen
s um Telefon- und Postüberwachung geht, von vielen
ntscheidungen des Bundesverfassungsgerichts beglei-
et ist.
Nun steht zur Diskussion, dass das Bundesverfas-

ungsgericht die § § 39 bis 41 des Außenwirtschaftsge-
etzes für verfassungswidrig hält und dass am selben
ag eine Entscheidung des Senats zum großen
auschangriff ergangen ist. Für Außenstehende ist es
berraschend, dass, obwohl derselbe Senat über die bei-
en Themen entschieden hat, in keiner der beiden Ent-
cheidungen auf die jeweils andere Bezug genommen
ird.


(Joachim Stünker [SPD]: Auch die sind nicht perfekt!)


Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 13675


(A) )



(B) )


Siegfried Kauder (Bad Dürrheim)


Trotzdem müssen wir uns mit der Frage beschäftigen,

ob die Grundsätze, die im Zusammenhang mit dem gro-
ßen Lauschangriff entwickelt worden sind, nicht auch
den Bereich des Außenwirtschaftsgesetzes betreffen.
Dabei handelt es sich um ein Dilemma, an dem wir noch
arbeiten müssen. Die § 39 bis 41 des Außenwirtschafts-
gesetzes sind bis zum Jahresende befristet. In dieser kur-
zen Zeit können wir diskussionswürdige verfassungs-
rechtliche Themen kaum mehr in der notwendigen Ruhe
diskutieren.

Deswegen sind wir zu einem anderen Ergebnis ge-
kommen: Man sollte die Argumentation am Wortlaut der
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ausrich-
ten. Das Bundesverfassungsgericht hat die § 39 bis 41
des Außenwirtschaftsgesetzes nur unter dem Gesichts-
punkt für verfassungswidrig erklärt, dass es an der Nor-
menklarheit und Normenbestimmtheit fehle.

Es waren zu langgliedrige Verweisungsketten vom
AWG über das Kriegswaffenkontrollgesetz bis hin zu
Rechtsverordnungen. Mit dem vorliegenden Gesetzent-
wurf wird meines Erachtens mit der notwendigen Klar-
heit versucht, diesen Mangel zu beseitigen. Deswegen ist
eine Verlängerung der gesetzlichen Ausführungsfrist ge-
rechtfertigt, allerdings nicht um zwei oder drei Jahre,
sondern nur bis zum Ende des Jahres 2005.

Über die Frage, ob die Rechtsgrundsätze, die das
Bundesverfassungsgericht zum großen Lauschangriff
erarbeitet hat, überhaupt auf die Telekommunikations-
und Postüberwachung anwendbar sind, sollte man mit
sehr großer Zurückhaltung diskutieren; denn es sind un-
terschiedliche Grundrechte berührt. Es geht zum einen
um Grundrechte betreffend den persönlichen Lebensbe-
reich und zum anderen um das Post- und Fernmeldege-
heimnis. Dort, wo es um den persönlichen Lebensbe-
reich geht, ist der Grundrechtsschutz wesentlich weiter
ausgestaltet. Hier gibt es einen so genannten qualifizier-
ten Gesetzesvorbehalt, während es bei der Telekommu-
nikations- und Postüberwachung nur um einen einfachen
Gesetzesvorbehalt geht. Es ist also Vorsicht geboten,
wenn man das Urteil des Bundesverfassungsgerichts
zum großen Lauschangriff eins zu eins auf die Regelun-
gen betreffend die Telekommunikations- und Postüber-
wachung übertragen will.

Das Gesetz, das wir heute verabschieden, hat trotz-
dem in einem entscheidenden Bereich eine Schwäche.
Es lässt die Überwachung auch Drittbetroffener zu, die
nach der so genannten IMEI-Gerätenummer aussor-
tiert werden. Jeder, der den Akku aus seinem Handy
nimmt, sieht auf der Rückseite des Gehäuses die aufge-
druckte IMEI-Gerätenummer. Der Außenstehende
meint, dass diese Nummer genauso einmalig und sicher
wie die Fahrgestellnummer eines Fahrzeuges ist. Dem
ist aber nicht so. Die IMEI-Gerätenummer kann elektro-
nisch verändert werden und wird vom Gerätehersteller
nicht nur für ein bestimmtes Gerät herausgegeben, wes-
wegen es Fälle geben kann, in denen die gleiche Num-
mer mehrfach vergeben worden ist. Es ist also absolute
Vorsicht geboten.

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(C (D Ich habe zu diesem Thema eine Entscheidung des undesgerichtshofes aus dem Jahr 1989 gefunden. Der amalige Richter hat – es ging um einen Haftbefehl – erebliche Bedenken gehabt und ausgeführt, die IMEI-Geätenummer dürfe nur dann kontrolliert werden, wenn in besonders starker Verdacht bestehe. Schon damals at man also erkannt, dass dort, wo Dritte betroffen sind nd wo es um Vorfeldermittlungen geht, besonders sorgältig gearbeitet werden muss. Deswegen wäre es uns am iebsten gewesen, wenn die Möglichkeit der Telekomunikationsund Postüberwachung unter Bezugnahme uf die IMEI-Gerätenummer ausgeschlossen worden äre. Man hat sich jetzt mit einer Krücke beholfen, inem festgelegt worden ist, dass mithilfe der IMEI-Geräenummer nur dann kontrolliert werden darf, wenn diese ummer einem bestimmten Betreiber zuordenbar ist. ch habe das technisch nachgeprüft und bin zu dem chluss gekommen, dass das nicht machbar ist. Desween sollten wir uns Gedanken darüber machen – wir haen noch ein Jahr Zeit –, ob wir diese Eingriffsmöglicheit völlig streichen. Uns liegt ein Änderungsantrag der Abgeordneten ötzsch und Pau vor, der von der Sache her durchaus iskussionswürdig ist. Es gibt in den § 39 bis 41 AWG ine Berichtspflicht. Da der Berichtszeitraum drei Jahre eträgt, die Geltungsdauer des Gesetzes aber nur um ein ahr verlängert wird, wird diese Pflicht für die Bundesreierung gar nicht zum Tragen kommen. Dieses Problem aben wir sehr wohl erkannt. Wir müssen das aber nicht eiter vertiefen; denn wir, die CDU/CSU-Bundestagsraktion, wollen das eine Jahr, das uns bleibt, nutzen, um ns Gedanken über die Verfassungsmäßigkeit und die raktikabilität des Gesetzes zu machen und in der ersten älfte des nächsten Jahres eine Sachverständigenanhöung zu beantragen, von der wir uns die notwendigen Inormationen erhoffen. Eines sollte man nicht vergessen: Wie groß ist denn er Anwendungsbereich der Überwachungsmöglicheiten nach § 39 bis 41 des Außenwirtschaftsgesetzes? as Zollkriminalamt leitet nur wenige Verfahren ein. Ich abe der Statistik entnommen, dass es vom Zeitpunkt es In-Kraft-Tretens des Gesetzes – 1992 – bis zum pril 1998 insgesamt 27 Maßnahmen gab. Von diesen 7 Maßnahmen mündeten zwölf – das darf man nicht erkennen – in ein strafrechtliches Ermittlungsverfahen. Die Trefferquote ist also außerordentlich hoch. enn man die Risiken einschätzt, die jemand – mögliherweise unter Umgehung eines Embargos – durch die ieferung von Kriegswaffen und Dual-use-Gütern heaufbeschwört, sind solche Maßnahmen meines Erachens durchaus gerechtfertigt. Es gibt also keinen Grund zur Panik. Nutzen wir die eit bis zum Ende des Jahres 2005, um darüber nachzuenken, wie wir dafür sorgen können, dass wir die Gelungsdauer dieses Gesetzes nicht ein weiteres Mal verngern müssen! Vielen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Joachim Stünker [SPD])


13676 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004


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Dr. Norbert Lammert (CDU):
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Das Wort hat nun der Kollege Christian Ströbele,

Bündnis 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!
Mit der Neuregelung der Telekommunikationsüberwa-
chung – dabei geht es nicht nur um die Überwachung
von Telefon und Post – durch das Zollkriminalamt schaf-
fen wir ein verfassungswidriges Gesetz ab. Wir beschlie-
ßen ein verfassungsgemäßes Gesetz, das an einem ande-
ren Ort angesiedelt ist.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist vernünftig!)


§ 39 ff. AWG sind – darauf ist schon hingewiesen
worden – vom Bundesverfassungsgericht im März für
verfassungswidrig erklärt worden. Wir kommen den
Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts, die in des-
sen Beschluss enthalten, in vollem Umfang nach. Das
muss man einmal ganz klar sagen.

Herr Kollege Funke, Sie werfen uns vor, auch dieses
Gesetz sei verfassungswidrig. Sie haben aber keinen ein-
zigen Punkt in diesem Gesetzentwurf gefunden, mit dem
dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts nicht
Rechnung getragen würde. Wir haben alles berücksich-
tigt; deshalb ist dieses Gesetz verfassungsgemäß.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Sie waren es, die vor zwölf Jahren ein Gesetz ge-
schaffen haben – 1998 haben Sie es uns hinterlassen –,
das für verfassungswidrig erklärt worden ist. Daher
wehre ich mich entschieden dagegen, dass Sie nun uns
darüber belehren wollen, wie ein verfassungsgemäßes
Gesetz in diesem Bereich aussieht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Widerspruch bei der FDP)


Wir haben mit dieser Neuformulierung gezeigt, dass wir
allen Petita des Bundesverfassungsgerichts folgen und
sie alle berücksichtigen.

Was dieses Gesetz auszeichnet, ist nicht nur, dass es
verfassungsgemäß ist, sondern auch, dass es die Bürge-
rinnen und Bürger, zumindest die Juristen, verstehen
können. Noch der Gesetzentwurf, über den wir hier in
erster Lesung beraten haben, war wiederum so kompli-
ziert und mit so vielen Verweisen versehen, dass selbst
Juristen – ich bin auch einer – und andere in diesem
Hause ihn nach mehrmaligem Lesen nicht verstanden
haben. Es war unklar, in welchen Fällen – das ist für die
Bürgerinnen und Bürger das Entscheidende –, das Tele-
fon abgehört und die Post kontrolliert werden darf und in
welchen Fällen nicht.

Wir haben es mit einer, wie ich finde, einmaligen Ak-
tion geschafft, dafür zu sorgen, dass dieses Gesetz, vor
allen Dingen in Bezug auf die Befugnisnorm, so schlank
und übersichtlich geworden ist, dass man, wenn man es

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(C (D iest, verstehen kann, in welchen Fällen das Zollkrimialamt befugt ist zu handeln. Wir haben ebenfalls dafür gesorgt, dass dieses Gesetz uch in anderen Bereichen verfassungskonform ist. Wir aben festgelegt, wann nur die Gerichte eine Überwahungsanordnung treffen können. Wir haben uns aber icht darüber verständigen können, ob – darauf haben ie bereits hingewiesen – das Parallelurteil des Bundeserfassungsgerichts zum großen Lauschangriff auch ier einschlägig ist, ob also der Kernbereich der Lebensührung auch bei solchen Maßnahmen gesetzlich gechützt werden muss. Um diese Frage ausführlich zu diskutieren und zu klä en, wollen wir eine Evaluation und eine Anhörung urchführen. Daher haben wir dieses Gesetz nochmals efristet. Die Zeit bis zum Ende dieses Jahres hat einfach icht ausgereicht, eine wirklich verfassungsfeste Formuierung zu finden. Die Zeit, eine solche Formulierung zu inden, müssen wir uns im nächsten Jahr nehmen. Ich in froh darüber, dass die Befristung kurz ist. Dadurch tehen wir unter Handlungsdruck. Im nächsten Jahr werden wir dieses Gesetz überden en. Zumindest im Hinblick auf diesen Punkt werden ir uns überlegen, ob es ergänzt werden muss. Wir weren sehen, ob wir in dieses Gesetz eine Formulierung ufnehmen, die auch hier diesen Kernbereich schützt. Es ibt vielleicht keinen absoluten Schutz, aber möglichereise ein Verbot der Verwertung solcher überwachten elefonate und Briefe, die den Intimbereich des Menchen betreffen. Die Resultate solcher Überwachungen üssten dann ausgesondert und sofort vernichtet weren. Solch eine Regelung wäre vorstellbar. Im Endergebnis sagen wir: Wir haben hiermit einen roßen Schritt voran getan. Die gesetzliche Regelung ist eines Erachtens auch nicht in dem Maße eine Bagaelle, wie Sie es geschildert haben. Von den Möglichkeien ist zwar sparsam Gebrauch gemacht worden – seit estehen der noch geltenden § 39 ff. AWG sollen es 1 Maßnahmen gewesen sein –, aber es soll eine große ahl von Telefonanschlüssen und Gegenständen des ostverkehrs betroffen sein. Auch diese Zahlen müssen ir jetzt bekommen. Wir müssen wissen: Sind es Tauende oder sind es Zehntausende? Wir wissen es jetzt icht genau. Aber zu sagen, es seien nur wenige Dutzend aßnahmen gewesen, ist nicht richtig. Der Deutsche Bundestag hat sich bei dieser Gesetzes eratung bewährt. Der Deutsche Bundestag hat gezeigt, ass er sich auch einen Gesetzentwurf, der von der Bunesregierung eingebracht worden ist, ganz genau anchaut. Dass ein solcher Gesetzentwurf aus dem Bundesag nicht so herausgehen muss, wie er hereingekommen st, hat sich in diesem Fall ganz besonders gezeigt. Der esetzentwurf ist jetzt deutlich besser. Deshalb bitte ich ie alle, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen. Wir haben ann ein verfassungsgemäßes, bürgerfreundlicheres Geetz. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 13677


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Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1514614600

Das Wort hat der Kollege Rainer Funke, FDP-Frak-

tion.


Rainer Funke (FDP):
Rede ID: ID1514614700

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kol-

lege Ströbele, ich gebe Ihnen natürlich darin Recht, dass
der Gesetzentwurf, so wie er in den Bundestag einge-
bracht worden ist, die verfassungsrechtlichen Anforde-
rungen nicht erfüllt hat und sehr verbesserungsbedürftig
gewesen ist, weil es erneut an der Normenklarheit ge-
fehlt hat.

Wir haben in letzter Minute mit den Formulierungs-
hilfen der Bundesregierung sicherlich Verbesserungen
herbeiführen können, aber im Ergebnis kommt der Ent-
wurf trotz dieser Verbesserungen in einem zentralen
Punkt der Aufforderung des Bundesverfassungsgerichts
nicht nach. Das Bundesverfassungsgericht hat in sei-
nem Beschluss deutlich darauf hingewiesen, dass bei der
Neuregelung die Grundsätze zu beachten sind, die der
Senat in seinem Urteil zur akustischen Wohnraum-
überwachung niedergelegt hat. Damit sind insbeson-
dere die Grundsätze zur Menschenwürde und zum Kern-
bereich privater Lebensgestaltung gemeint. Hierzu fin-
det sich auch in der jetzt vorliegenden Fassung des
Gesetzentwurfs keine einzige Aussage.

Bei den im Zollfahndungsdienstgesetz enthaltenen
Eingriffsbefugnissen geht es um präventive Maßnah-
men, bei denen es an einem abgeschlossenen oder in
Verwirklichung begriffenen strafbaren Handeln fehlt.
Nach den Worten des Gerichts besteht daher ein erhebli-
ches Risiko, dass die Überwachungsmaßnahmen an
ein Verhalten anknüpfen, das sich im Nachhinein als
strafrechtlich irrelevant erweist.

Die FDP ist sich bewusst, dass es sich bei den Straf-
taten nach dem Außenwirtschaftsgesetz im Zusam-
menhang mit der Lieferung von Gütern und Technologie
zur Herstellung von Massenvernichtungswaffen um be-
sonders schwerwiegende Straftaten handelt. Befugnisse
des Zollkriminalamtes zur Verhinderung dieser Strafta-
ten sind daher – darüber sind wir uns völlig einig – drin-
gend geboten. Gesetzliche Ermächtigungsvorschriften
für präventive Überwachungsmaßnahmen müssen je-
doch in besonderer Weise rechtsstaatlich und verfas-
sungsrechtlich einwandfrei ausgestaltet sein. Da die
Bundesregierung in ihrem Gesetzentwurf von jeglichen
den Kernbereich schützenden Regelungen absieht, ist
der Gesetzentwurf zweifelsohne mit einem hohen ver-
fassungsrechtlichen Risiko verbunden.


(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Petra Pau [fraktionslos])


Das sehen Sie doch genauso; denn sonst würden Sie die
Befristung bis zum 31. Dezember 2005 gar nicht vorneh-
men. Sie sehen sich jetzt nur unter dem Druck, dass eine
Zeit lang kein vernünftiges Gesetz da ist, dazu gezwun-
gen, Ihre verfassungsrechtlichen Bedenken zurückzu-
stellen, und rechtfertigen sich damit, dass dieses Gesetz
im Jahre 2005 erneut überprüft werden soll. Ich bin ge-
spannt, was bei dieser Überprüfung am Ende nächsten

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(C (D ahres herauskommt. Wir sind jedenfalls bereit, mitzuirken, ein verfassungsrechtlich zweifelsfreies Gesetz u schaffen. Vielen Dank. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1514614800

Das Wort hat zum Schluss dieses Tagesordnungs-

unkts der Kollege Joachim Stünker, SPD-Fraktion.


Joachim Stünker (SPD):
Rede ID: ID1514614900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
eine sehr verehrten Damen und Herren! Mit der Neu-

egelung, die wir heute Nachmittag hier verabschieden,
iefern wir, wie ich meine, einen guten Beweis für die in
iesem Fall wirklich fraktionsübergreifende sachliche
usammenarbeit im Rechtsausschuss. Wir liefern auch
inen Beweis dafür, dass wir dort über Fraktionsgrenzen
inweg sehr problemorientiert und streng am Rechts-
taatgedanken ausgerichtet zusammenarbeiten können.
ch bedanke mich dafür ausdrücklich, insbesondere bei
en Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU-Frak-
ion, aber auch bei den Kollegen von der Fraktion der
rünen.
Wir mussten hier in kürzester Zeit eine Lösung fin-

en, wie wir einerseits den Schutz ganz überragender
emeinschaftsgüter – es könnte um das Leben von
illionen von Menschen gehen – gewährleisten können
nd andererseits individuelle Freiheitsrechte wie das
echt auf informelle Selbstbestimmung des Einzelnen
erfassungskonform wahren können. Es war sicher nicht
mmer ganz einfach, diese beiden Pole zusammenzufüh-
en.
Das Bundesverfassungsgericht hatte uns mit seiner

ntscheidung vom 3. März abverlangt, die gesetzlichen
nforderungen an die Anordnung einer Telefonüberwa-
hungsmaßnahme im präventiven, also im polizeirechtli-
hen Bereich nicht niederschwelliger anzusetzen als im
trafprozessrechtlichen Bereich. Es hat daher – darauf
urde schon hingewiesen – die Vorschriften, die unter
hrer Federführung, Herr Kollege Funke, im Jahre 1992
ns Außenwirtschaftsgesetz geschrieben worden sind,
n wesentlichen Bereichen für verfassungswidrig erklärt.
ber – der Kollege Kauder hat darauf hingewiesen – das
igentliche Petitum dieser Entscheidung war, für Norm-
larheit für den Normadressaten zu sorgen. Mit dem
ehlen dieser Klarheit hat sich das Gericht eingehend
eschäftigt.
Ich meine, man darf diese gesetzliche Regelung auch

icht gering schätzen. Wenn wir nicht in dieser kurzen
eit bis zum 31. Dezember dieses Jahres zu einer Neure-
elung gekommen wären, Herr Kollege Funke, dann
äre eine Präventionslücke entstanden. Ich möchte nicht
issen, was in der öffentlichen Diskussion dazu gesagt
orden wäre, wenn die Bundesrepublik Deutschland ei-
en Beweis dafür abgeliefert hätte, dass sie nicht in der
age ist, auf nationalstaatlicher Ebene polizeirechtliche
chutzmechanismen dafür zu schaffen, dass keine

13678 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004


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Joachim Stünker

gefährlichen Massenvernichtungswaffen oder Chemika-
lien, die in ihrem Zusammenwirken als Massenvernich-
tungswaffen verwendet werden können, exportiert
werden.


(Rainer Funke [FDP]: Sie hatten Zeit dazu!)

Von daher, Herr Kollege Funke, machen Sie sich ein

Stück weit als Liberaler – entschuldigen Sie, wenn ich
das so sage; Sie wissen, dass ich Sie persönlich sehr
schätze – einen schlanken Fuß, wenn Sie in diesem Fall
sagen, Sie machen da nicht mit, weil eine Frage, die
nach einem ganz anderen Urteil des Gerichtes noch of-
fen war, in diesem Gesetz Ihrer Meinung nach nicht be-
friedigend geregelt wird. Ich sage Ihnen ebenso wie die
Kollegen Kauder und Ströbele ganz deutlich: Wir neh-
men für uns in Anspruch und gehen davon aus, dass wir
hier eine verfassungskonforme Regelung gefunden ha-
ben. Eine Entscheidung über die Frage, ob das so ist
oder nicht, hat letzten Endes nur das Gericht zu treffen.
Sie sind 1992 ja auch davon ausgegangen, dass Ihre Re-
gelungen verfassungskonform gewesen sind. Ich kann
mir nicht vorstellen, dass Sie damals anderer Meinung
gewesen sind, Herr Kollege Funke.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Lassen Sie mich deshalb noch einmal ganz kurz zu-
sammenfassen, was die wesentlichen Verbesserungen
sind, die wir vorgenommen haben: Wir haben mit der
Neuregelung einen hinreichenden Rechtsschutz für
sämtliche Betroffenen sichergestellt. Anlass, Zweck
und Grenzen des Eingriffs sind in der Ermächtigung be-
reichsspezifisch, präzise und normenklar festgelegt wor-
den. Die Ermächtigung lässt erkennen, bei welchen An-
lässen und unter welchen Voraussetzungen ein Verhalten
zu einer Überwachung führen kann. Der Normbefehl ist
für den Adressaten erkennbar konkret definiert, und die
Behörden, an die Überwachungserkenntnisse weiter
übermittelt werden dürfen, sind im Text des Gesetzes si-
cher definiert. Es ist sichergestellt, dass der Übermitt-
lungszweck mit dem ursprünglichen Eingriffszweck
wertungsmäßig übereinstimmt. Außerdem haben wir die
Regelung geschaffen, dass ein Gericht die Verwertbar-
keit der gewonnenen Informationen überprüfen kann.
Wir haben die Anforderungen an die gerichtliche Kon-
trolle wesentlich restriktiver gefasst, als das im alten
Recht der Fall gewesen ist.

Ich denke, wir können deshalb heute Nachmittag mit
gutem Gewissen dieser Neuregelung zustimmen. Wir
geben damit den Ermittlungsbehörden das Instrumenta-
rium, das sie brauchen; denn wir wissen, dass Telefon-
überwachung kriminologisch eines der ganz wesent-
lichen Ermittlungsinstrumente ist. Mit der erneut gefun-
denen Befristung nehmen wir aber auch uns selber in die
Pflicht, hier weiterzuarbeiten und weitere Feinarbeit zu
leisten, um in diesem sensiblen Bereich der Grundge-
setzartikel 1 und 2 – Schutz der Persönlichkeitsrechte –
und 10 – Post- und Fernmeldegeheimnis – im Ergebnis
sattelfeste rechtsstaatliche Lösungen zu finden.

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(C (D Schönen Dank. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1514615000

Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun-

esregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Neurege-
ung der präventiven Telekommunikations- und Post-
berwachung durch das Zollkriminalamt, Drucksachen
5/3931 und 15/4237. Der Rechtsausschuss empfiehlt in
einer Beschlussempfehlung auf Drucksache 15/4416,
en Gesetzentwurf in der Ausschussfassung anzuneh-
en. Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Abgeordne-
en Dr. Gesine Lötzsch und Petra Pau auf Drucksache
5/4448 vor, über den wir zuerst abstimmen. Wer stimmt
ür diesen Änderungsantrag? – Das wird nicht reichen.
er stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Ände-

ungsantrag ist mit großer Mehrheit abgelehnt.
Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der
usschussfassung zustimmen wollen, um das Handzei-
hen. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der
esetzentwurf ist damit in zweiter Beratung mit großer
ehrheit angenommen.
Wir kommen zur

dritten Beratung
nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
er stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Gesetz-
ntwurf ist mit der Mehrheit der Stimmen der Mitglieder
es Bundestages angenommen.
Wir kommen nun zum Entschließungsantrag der

raktion der FDP auf Drucksache 15/4435. Wer stimmt
ür diesen Entschließungsantrag? – Wer stimmt dage-
en? – Wer enthält sich? – Der Entschließungsantrag ist
ehrheitlich abgelehnt.
Ich rufe nun die Tagesordnungspunkte 25 a und 25 b

uf:
a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-

gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Umsetzung der Richtlinie über den rechtli-
chen Schutz biotechnologischer Erfindungen
– Drucksache 15/1709 –

(Erste Beratung 97. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsaus-
schusses (6. Ausschuss)

– Drucksache 15/4417 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Christoph Strässer
Dr. Norbert Röttgen
Jerzy Montag
Sibylle Laurischk

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 13679


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Vizepräsident Dr. Norbert Lammert

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

richts des Rechtsausschusses (6. Ausschuss)

– zu dem Antrag der Fraktionen der SPD und

des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Für ein modernes Biopatentrecht

– zu dem Antrag der Abgeordneten Helmut
Heiderich, Dr. Norbert Röttgen, Dr. Maria
Böhmer, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der CDU/CSU
Die europäische Biopatentrichtlinie von
1998 umsetzen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Rainer
Funke, Ulrike Flach, Daniel Bahr (Münster),
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
FDP
Rechtssicherheit für biotechnologische Er-
findungen durch schnelle Umsetzung der
Biopatentrichtlinie

– Drucksachen 15/2657, 15/1024 (neu), 15/1219,
15/4417 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Christoph Strässer
Dr. Norbert Röttgen
Jerzy Montag
Sibylle Laurischk

Zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Um-
setzung der Richtlinie über den rechtlichen Schutz bio-
technologischer Erfindungen liegt ein Änderungsantrag
der FDP-Fraktion vor.

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Dazu
höre ich keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlos-
sen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort zu-
nächst der Bundesministerin Brigitte Zypries.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1514615100

Vielen Dank, Herr Präsident! Meine sehr geehrten

Damen und Herren! Ihnen liegt der Entwurf eines Geset-
zes zur Umsetzung der Richtlinie über den rechtlichen
Schutz biotechnologischer Erfindungen vor. Was sich so
lapidar anhört, ist eine der wichtigsten Regelungen für
den Wirtschafts- und Forschungsstandort Deutschland.
Denn wir müssen, um den Lebensstandard unserer Ge-
sellschaft zu sichern, unsere Anstrengungen auf die
Märkte der Zukunft konzentrieren. Dazu gehört die
Bio- und Gentechnologie.

Wir wollen die hier bestehenden Chancen nutzen.
Dazu brauchen wir auch ein leistungsfähiges Biopatent-
recht. Das hat die Europäische Union erkannt. Sie hat
eine Richtlinie verabschiedet, die wir jetzt mit diesem
Gesetz umsetzen; zu spät, wie wir alle wissen, das will
ich gar nicht beschönigen. Sie war bis zum 30. Juli 2000
in nationales Recht umzusetzen. Darüber hat es im Deut-
schen Bundestag lange Diskussionen gegeben. Ich bin
froh, dass diese Diskussionen jetzt beendet werden

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(C (D onnten und wir damit Rechtstreue gegenüber der Euroäischen Union dokumentieren. Der Gesetzentwurf, meine Damen und Herren, orien iert sich sehr eng an den Vorgaben der Richtlinie. Das at die Sachverständigenanhörung am 29. September ier im Hause gezeigt. Die große Mehrheit der Sachvertändigen hat den Regierungsentwurf in allen streitigen unkten als richtlinienkonform bestätigt. Im Rechtsausschuss hat der Entwurf jetzt noch eine nderung erfahren. Dabei geht es um die Einschränkung es absoluten Stoffschutzes für natürliche menschliche ensequenzen. Diese letztlich ethisch begründete Sonerregel ist meines Erachtens mit den Vorgaben der ichtlinie und des WTO-TRIPS-Abkommens noch verinbar. (Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner)


Die Diskussion um das Biopatentrecht ist mit der Ver-
bschiedung des heutigen Gesetzes nicht zu Ende. Die
rundsätzliche Frage, was aus dem Patentrecht werden
oll, wird ebenso wie die mehr spezielle Frage, wie die
ituation beim Biopatentrecht ist, seit längerem in der
ffentlichkeit sehr kontrovers diskutiert. Dies ist hin-
ichtlich der Biopatentrechts nur allzu verständlich; denn
chließlich bringt die Biotechnologie neben großen
hancen auch sehr schwierige ethische Fragestellungen
it sich. Auf der einen Seite gibt es große Hoffnungen
uf medizinischen Fortschritt. Auf der anderen Seite gibt
s die Sorge, dass der Homunkulus irgendwann aus der
lasche kommt und nicht mehr einzufangen ist. Die Wi-
ersprüche zu den ethischen Grundwerten unserer Ge-
ellschaft werden also immer wieder deutlich.
Ich glaube aber, dass gerade die Skeptiker die Reich-
eite des Patentrechts in diesem Zusammenhang deut-
ich überschätzen. Denn Schwerpunkt im Patentrecht ist,
ass dem Erfinder ein Schutzrecht für seine schöpferi-
che Leistung gegeben wird, mehr eben aber nicht. Es ist
eine Erlaubnis damit verbunden, das Patent zu nutzen
nd damit in einer bestimmten Art und Weise umgehen
u können. Das Patentrecht regelt nämlich nicht – darauf
uss man immer wieder hinweisen –, was Forschern er-
aubt und was ihnen verboten ist. Das richtet sich nach
en jeweils einschlägigen Fachgesetzen, wie zum Bei-
piel dem Embryonenschutzgesetz. Die Debatte darüber,
as wir eigentlich dürfen, sollte man also sinnvoller-
eise von der Debatte über die Reichweite eines Paten-
es abtrennen, weil die Frage, was erforscht werden darf,
orgelagert ist.
Die zum Teil sehr emotionale Kritik an der Biopatent-

ichtlinie ist deshalb weitgehend unberechtigt. Das
chlagwort „Kein Patent auf Leben“ ist zwar griffig,
ber irreführend. Denn es gibt kein Patent auf Leben. Pa-
entiert werden vielmehr Ideen des Erfinders, die sich
um Beispiel in einem bestimmten technischen Verfah-
en oder in einem neuen Stoff niederschlagen. Das Le-
en selbst ist natürlich sehr viel mehr als eine patentier-
are chemische Substanz.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


13680 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004


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Bundesministerin Brigitte Zypries

Die Richtlinie will auch kein neues Patentrecht schaf-

fen. Ihr Ziel war es, das geltende Patentrecht im Bereich
der Biotechnologie EU-weit zu harmonisieren und zu
verbessern. Sie stellt auch unter dem Blickwinkel der
Ethik eine Verbesserung gegenüber der bisherigen
Rechtslage dar, weil sie die Grenzen der Patentierbar-
keit klarer umschreibt. Die Richtlinie weitet das Patent-
recht also nicht aus, sondern schränkt es ein, auch und
gerade aus ethischen Gründen. Indem die Richtlinie die
bestehenden allgemeinen Patentverbote konkretisiert,
bringt sie eine zusätzliche bioethische Sensibilität in un-
ser Patentrecht.

Ich habe vorhin schon gesagt, dass die Debatte über
das Patentrecht mit der Verabschiedung dieses Gesetzes
nicht abgeschlossen sein wird. Denn die technischen
Entwicklungen auf diesem Gebiet zwingen uns alle,
weiter zu diskutieren und die bestehenden Regelungen
immer wieder zu überprüfen. Deutschland wird diesen
Diskussionsprozess innerhalb der Europäischen Union
vorantreiben. Die Richtlinie war, so meinen wir, ein
Fortschritt. Aber sie kann nicht der Weisheit letzter
Schluss bleiben. Deshalb werden wir die Aufforderung
aus dem Antrag der Koalitionsfraktionen, dass sich die
Bundesregierung EU-weit für eine Verbesserung einset-
zen möge, sehr ernst nehmen. Darauf können Sie sich
verlassen.


(Beifall bei der SPD)

Heute geht es aber erst einmal darum, den notwendi-

gen ersten Schritt zu tun und für die Umsetzung der
Richtlinie zu sorgen. Solange wir sie nicht umgesetzt
und uns damit vertragstreu und europatreu verhalten ha-
ben, wird es auch keine Diskussion auf europäischer
Ebene über Veränderungen geben. Diese Erfahrung
mussten wir schon auf anderen Gebieten machen.

In diesem Sinne bitte ich um Ihre Zustimmung zu die-
sem Gesetzentwurf.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514615200

Das Wort hat der Kollege Dr. Norbert Röttgen, CDU/

CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Norbert Röttgen (CDU):
Rede ID: ID1514615300

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Diese

Debatte und der Gesetzentwurf, über den wir heute bera-
ten, drehen sich um den Schutz von Erfindungen auf
dem Gebiet der Biotechnologie. Dieses Thema wirft ein
ganzes Bündel von grundsätzlichen und bedeutenden
Fragestellungen auf. Das ist ein Bündel von morali-
schen, rechtlichen, wirtschaftlichen und forschungspoli-
tischen Fragen. Dieser Komplexität müssen wir gerecht
werden.

Ich glaube, dass der vorliegende Gesetzentwurf den
Anforderungen gerecht wird. Es geht insbesondere um
die moralische Frage des Schutzes vor Patentierung. Es
geht darum, zu regeln, dass der menschliche Körper in

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(C (D ll seinen Phasen und in all seinen Teilen nicht patentfäig ist. Dies ist eine im Gesetzentwurf ausdrücklich voresehene Regelung. Es geht rechtspolitisch um den Schutz des Eigentums. s ist ein Fundament unserer Verfassungsordnung bzw. esellschaftsordnung, aber auch der grundrechtlichen ntfaltungsfreiheit der Forscher, diesen zu gewährleisen. Bei dem Schutz biotechnologischer Erfindungen geht s forschungspolitisch um den Schutz der Ergebnisse on Forschung, um den Schutz der Möglichkeit der Verertung durch den Forscher. Es ist eine elementare Basis er Forschung, wenn man dem Forscher sagen kann: eine Innovation, die du aufgrund persönlichen Einsates erzielst, wird am Ende geschützt werden. Das ist eine esentliche Bedingung für Forschung. Es geht schließlich um die wirtschaftspolitische Be eutung der Biotechnologie. Das ist ein riesiger Markt. s geht um den Schutz von Investitionen in Innovatioen. Weil sich die Bedeutung dieses Themas so auffächert nd schon in jedem Segment beachtlich ist, aber in der ündelung allemal sehr hoch ist, stimmt Ihre Feststelung, Frau Ministerin, dass es sich um ein ganz grundleendes, wichtiges Gesetz im Sinne der Freiheit, im Sinne es Schutzes des Menschen und im Sinne der Forschung nd der wirtschaftlichen Bedeutung handelt. Daher müsen wir auf die Vorgeschichte dieses Gesetzes eingehen. (Jörg Tauss [SPD]: Deswegen haben wir uns Zeit gelassen! – Hans-Joachim Hacker [SPD]: Jetzt kommt das Aber!)


enn diese Bedeutung fordert von der Politik eine be-
ondere Verantwortung; das kann gar nicht bestritten
erden. Wenn die Bedeutung so fundamental ist – das
st ja Konsens; das haben Sie festgestellt; auch ich habe
s gerade festgestellt; die Zurufe bestätigen es –, dann
edeutet dies eine besondere Verantwortung der Politik
n diesem Bereich.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Ich bedanke mich für diesen Zuspruch.
Darum müssten Sie meiner weiteren Feststellung zu-

timmen, nämlich der Schlussfolgerung daraus: dass die
undesregierung dieser Verantwortung nicht gerecht
eworden ist. Das kann gar nicht bestritten werden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Hans-Joachim Hacker [SPD]: Herr Röttgen, warum wieder diese Polemik? – Weitere Zurufe von der SPD)


Das ist keine Polemik; das ist Logik, Herr Kollege. –
enn wenn die Bedeutung so ist, dann hätte es zwingend
rfolgen müssen, dass Sie die nötige Umsetzung in den
etzten sechs Jahren erreicht hätten. Wenn es so ist, dann
ätten Sie nicht einfach den Zeitraum von sechs Jahren
erstreichen lassen können, sondern hätten schon seit
echs Jahren die Möglichkeit gehabt, die nötigen Ant-
orten zu geben, die wir heute geben. Sechs Jahre lang

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 13681


(A) )



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Dr. Norbert Röttgen

haben Sie dies nicht getan; sechs Jahre lang haben Sie
die Rechtssicherheit und Rechtsklarheit für Forscher, für
Bürger, für Menschen, die sich moralisch für dieses
Thema interessieren, nicht hergestellt. Das ist Ihre Ver-
antwortung und Ihr Versagen. Daran besteht kein Zwei-
fel; das kann nicht bestritten werden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Es sind nicht nur diese sechs Jahre, in denen Sie der

Bedeutung dieses Themas nicht gerecht wurden, ins
Land gegangen. Über vier Jahre lang hatte es die Bun-
desregierung zudem zu verantworten, dass die Bundes-
republik Deutschland ihre Pflichten als Mitgliedstaat
der Europäischen Union verletzt hat.


(Jörg Tauss [SPD]: Na, na!)

– Nicht „na, na!“. Das ist der Tatbestand, Herr Kollege.


(Jörg Tauss [SPD]: Soll ich die Richtlinien herausholen, die ihr nicht umgesetzt habt?)


Sie können diesen Tatbestand schlicht nicht bestreiten
oder Sie ignorieren die Wirklichkeit. Sie verletzen über
vier Jahre sehenden Auges die Pflichten, die die Bundes-
republik Deutschland auf einem wichtigen Gebiet, wie
wir alle anerkennen, eingegangen ist. Wenn es kein Ver-
sagen der Politik ist, wenn man pflichtwidrig handelt,
dann weiß ich nicht, was noch als Versagen der Politik
bezeichnet werden kann.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Frau Justizministerin, was sollen eigentlich die Bür-

ger denken, von denen der Staat Rechtsgehorsam erwar-
tet? Ordnungswidrigkeiten werden belangt. Wenn sich
der Bürger rechtswidrig verhält, führt dies zu Sanktio-
nen. Das Wesen des Staates ist es, dass er Recht kreiert
und Recht durchsetzt. Der Staat verstrickt sich in einen
immensen Widerspruch, wenn er selber die von ihm
übernommenen Rechtspflichten zum Schaden der Bür-
ger und zu seinem eigenen Schaden verletzt. Es torpe-
diert die Glaubwürdigkeit des Staates, wenn er die
Pflichten, die er selber eingeht, anschließend nicht er-
füllt. Diesen Vorwurf müssen Sie sich gefallen lassen,
meine Damen und Herren.


(Widerspruch bei der SPD)

Sie haben jahrelang Ihre Pflichten verletzt, aber nicht

wegen der Komplexität des Themas oder wegen der
Richtlinie, sondern einzig und allein wegen der Uneinig-
keit in der Koalition, die zum Schaden des Landes
nicht in der Lage war, diese Anforderung umzusetzen.
Sie nehmen sozusagen das Land und die Interessen der
Bürger als Geisel Ihrer politischen Uneinigkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch bei der SPD)


Sie haben moralisch verwerflich gehandelt.

(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Bleiben Sie auf dem Teppich!)

Nach Jahren der Untätigkeit – wir haben gerade Akti-

vitätsankündigungen gehört – kam dann endlich der Ent-
wurf aus dem Bundesjustizministerium.

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(C (D (Hans-Joachim Hacker [SPD]: Der Parteitag ist erst nächste Woche!)


as war sein Inhalt? Frau Zypries, die Bundesjustizmi-
isterin, hat die Richtlinie einfach abgeschrieben. Jahre-
ang passiert gar nichts; die Bundesrepublik wird vor
em Europäischen Gerichtshof verklagt. Was macht die
inisterin? Sie schreibt einfach die Richtlinie ab.
Es ist eine wahnsinnig kreative, führungsstarke Leis-

ung, die Richtlinie schlicht abzuschreiben. Was hätte
ie Umsetzung einer solchen Regelung bewirkt? Sie
ätte erneut die politische Schwäche der Koalition doku-
entiert. Alle wichtigen Fragen wären offen geblieben.
icht eine einzige Frage – jedenfalls nicht die Kernfra-
en, die sich auf diesem Gebiet stellen – wäre durch Ihre
ins-zu-eins-Umsetzung beantwortet worden; alles wäre
ffen geblieben. Dies hätte bedeutet, dass über Jahre hi-
aus Rechtsunsicherheit bestanden hätte, die von Ihnen
u verantworten gewesen wäre. So haben Sie es gewollt.


(Jörg Tauss [SPD]: Es hat so gut begonnen! So ein komisches Ende!)


ußerdem wäre dies eine Verlagerung der Entschei-
ungshoheit gewesen.
Es stellt sich doch die Frage, wer eigentlich über die
oralischen, die wirtschafts- und forschungsrechtspoli-
ischen Fragen entscheidet.


(Jörg Tauss [SPD]: Die Gesellschaft!)

ir waren immer der Auffassung, dass hierüber die Po-

itik, der Deutsche Bundestag als Repräsentant des deut-
chen Volkes entscheiden muss. Das ist völlig richtig.
enn es aber nach dem Entwurf von Frau Zypries ge-
angen wäre, hätten wir hier gar nichts entschieden;
tattdessen hätten die Gerichte entschieden. Das ist der
alsche Ort für politische Entscheidungen. Darum hat
nser Antrag dies thematisiert und kritisiert.
Nun ist es endlich so weit: Der Gesetzentwurf liegt

or. Wir haben ihn verändert. Er ist nicht inhaltsgleich
it dem Entwurf, den die Bundesjustizministerin einge-
racht hat. Er hat im Parlament substanzielle Verände-
ungen erfahren;


(Jörg Tauss [SPD]: Jetzt ist er wieder da!)

ies begrüßen wir. Deshalb sind wir da; auch das be-
rüße ich. Der Gesetzentwurf beinhaltet nun nach jahre-
angen Verzögerungen und jahrelanger Untätigkeit in
einen entscheidenden Teilen die Aspekte, die wir als
DU/CSU immer befürwortet und gefordert haben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

uch andere, auch die Grünen haben sich für Verände-
ungen eingesetzt. Wir waren diesbezüglich immer einer
einung. Bei der SPD war es nicht so klar erkennbar.
ie Bundesregierung jedenfalls hat eine völlig andere
osition. Jetzt liegt ein Gesetzentwurf vor, der inhaltlich
em entspricht, was wir immer gefordert haben. Wir hät-
en das Gleiche schon Jahre früher haben können; das
äre zum Vorteil unseres Landes gewesen. Es handelt
ich also gewissermaßen formal um einen Gesetzentwurf

13682 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004


(A) )



(B) )


Dr. Norbert Röttgen

der Bundesregierung. Inhaltlich ist es der Gesetzentwurf
von CDU/CSU und auch von Teilen der Grünen,


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Widerspruch bei der SPD)


die ermöglicht haben, dass es zu diesem Entwurf gekom-
men ist. Das ist überhaupt keine Frage.

Noch in der letzten Woche hat es an einer ganz ent-
scheidenden Stelle eine substanzielle Veränderung gege-
ben. Frau Zypries hat es eben auch selber gesagt. Sie war
dafür, einen uneingeschränkten Patentschutz einzuräu-
men, so wie das bei Chemikalien, bei Stoffpatenten an-
derer Art, bei physikalischen Patenten der Fall ist. Damit
wäre der Besonderheit des menschlichen Genoms
eben nicht Rechnung getragen worden. Es ist überein-
stimmende Auffassung, dass wir gerade im Hinblick auf
die Reichweite des Patentschutzes den Besonderheiten
des menschlichen Genoms Rechnung tragen müssen, in-
dem wir den Patentschutz darauf beschränken, was Ge-
genstand der Erfindung ist. Eine Überbelohnung muss
sowohl aus Erwägungen hinsichtlich der Gerechtigkeit
als auch aus forschungspolitischen Erwägungen unter-
bleiben. Das hätte der Entwurf der Regierung nicht ge-
währleistet.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514615400

Herr Kollege, Sie müssen zum Ende kommen.


Dr. Norbert Röttgen (CDU):
Rede ID: ID1514615500

Ich komme zum Ende, weil ich die wesentlichen

Punkte vorgetragen habe.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514615600

Nein, weil Ihre Redezeit zu Ende ist.


Dr. Norbert Röttgen (CDU):
Rede ID: ID1514615700

Dass wir jetzt einen guten Gesetzentwurf haben, ist

dem Parlament zu danken. Das ist eine Leistung des Par-
laments, die es in überfraktioneller Arbeit vollbracht hat.
Die Bundesregierung hat auf diesem entscheidenden Ge-
biet versagt; insofern ist es gut, dass es das Parlament
gibt, das an dieser Stelle korrigiert hat. Dazu gratuliere
ich uns.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514615800

Das Wort hat der Kollege Reinhard Loske, Bünd-

nis 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Jenseits des wortreichen Lamentos von Norbert Röttgen
stelle ich fest: Die CDU/CSU-Fraktion stimmt unserem
Gesetzentwurf zu und das ist gut so.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


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(C (D Wir reden heute über eine EU-Richtlinie, die schon um Zeitpunkt ihrer Verabschiedung, im Jahre 1998, icht mehr auf der Höhe der Zeit war und die es heute rst recht nicht mehr ist: die Biopatentrichtlinie. Durch ie werden Stoffpatente auf Gene oder Gensequenzen ewährt. Dabei wird von einem Stoffbegriff ausgeganen, der dem Chemikalienrecht entlehnt ist. Aber mitlerweile wissen wir, dass Gene nicht nur Stoffe sind, ondern dass sie auch Informationsträger innerhalb eines ußerst komplexen Wirkungsgefüges sind, eshalb der Primitivindikator Stoffpatent einfach nicht ehr angemessen ist. (Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Das richtet sich jetzt aber an die Bundesregierung!)


(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Ja!)


An der Stoffpatentierung von Genen wird umfassende
esellschaftliche Kritik geäußert, die sich aus den ver-
chiedensten Quellen speist. Da gibt es zum einen den
ehr fundamentalen ethischen Kritikpunkt, dass es
rundsätzlich keine Patente auf Leben geben darf und
ass es sich bei einem Genom um ein gemeinsames Erbe
er Menschheit handelt, das allen gehört und deshalb
icht privatisiert werden darf. Diese Position ist in der
ergangenheit vor allen Dingen von den Kirchen, aber
uch von Organisationen wie „Kein Patent auf Leben“
der „Greenpeace“ vertreten worden. Wir finden: zu
echt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Da ist zum anderen die Sorge, dass es zu Biomonopo-
en kommt und dass dadurch große Konzerne ihre Preise
ür Medikamente, Therapien oder pflanzliches Saatgut
n die Höhe treiben könnten. Dieser Kritikpunkt ist im-
er wieder von den Krankenkassen, der Bundesärzte-
ammer oder dem Bauernverband vorgetragen worden.
ir finden: zu Recht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Da ist die Sorge, dass sich großzügige Stoffpatente
uf Gene forschungsfeindlich auswirken könnten, weil
ie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler davon ab-
alten, an bereits patentierten Genen zu forschen. Diese
osition hat übrigens auch einmal die Deutsche For-
chungsgemeinschaft vertreten. Jetzt hat sie sie aller-
ings gemeinsam mit dem VCI verändert. Ich jedenfalls
laube, dass auch diese Sorge, die von vielen Wissen-
chaftlerinnen und Wissenschaftlern vorgetragen wird,
achvollziehbar ist.


(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Ja!)

Last but not least wird darauf hingewiesen, dass eine

u großzügige und zu umfassende Biopatentierung im
ord-Süd-Verhältnis zu dem führen könnte, was man
emeinhin als Biopiraterie bezeichnet: dass sich große
onzerne die genetische Vielfalt in den Entwicklungs-
ändern aneignen könnten.
Diese verschiedenen Quellen der Kritik können wir

achvollziehen. Viele dieser Kritikpunkte teilen wir.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 13683


(A) )



(B) )


Dr. Reinhard Loske

Deswegen haben wir immer für eine Doppelstrategie
plädiert: Auf der einen Seite soll die unvermeidliche
Umsetzung der Biopatentrichtlinie in nationales Recht
– die Ministerin hat darauf hingewiesen, dass wir natür-
lich EU-rechtstreu sind – unter Ausschöpfung vorhande-
ner Handlungsspielräume erfolgen. Auf der anderen
Seite setzen wir uns dafür ein, dass die Biopatentrichtli-
nie in Brüssel überarbeitet wird mit dem Ziel, dass sie
auf der Höhe der Zeit ist; denn sie ist und bleibt das ei-
gentliche Problem. Im Rahmen unserer nationalen Ge-
setzgebung können wir den Sinn und Charakter der EU-
Patentrichtlinie, wie sie heute ausgestaltet ist – ich sage:
leider –, nicht außer Kraft setzen.

Ziel muss es sein, ein EU-weit einheitliches Biopa-
tentrecht zu schaffen, das – darauf hat Kollege Röttgen
zu Recht hingewiesen – Erfindungen belohnt und Über-
privilegierungen ausschließt


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


– in diesem Spannungsfeld bewegen wir uns –, das für
ein fairen Interessenausgleich sorgt und sicherstellt, dass
die internationalen Verträge zur biologischen Vielfalt
und zur biologischen Sicherheit umgesetzt werden.

Deswegen behandeln wir heute zweierlei: zum einen
unseren Gesetzentwurf, den wir – darauf komme ich
gleich noch kurz zu sprechen – unter Ausschöpfung un-
serer Handlungsmöglichkeiten gestaltet haben, zum an-
deren unseren Antrag, in dem wir die Bundesregierung
auffordern, sich in Brüssel dafür einzusetzen, dass die
Biopatentrichtlinie den Erfordernissen unserer Zeit an-
gepasst wird. Wir wissen natürlich, dass die Kommis-
sion das alleinige Initiativrecht hat. Aber ich glaube:
Wenn insgesamt fünf Mitgliedstaaten die Möglichkeit
ergreifen, ihre Gestaltungsspielräume auszuschöpfen,
dann signalisiert das der Kommission, dass es hier Ver-
änderungsbedarf gibt.

Nun zu unserem Gesetzentwurf. Was uns sehr wichtig
ist und in der Tat keine Eins-zu-eins-Umsetzung dar-
stellt, ist Folgendes: Wir haben in § 1 des Gesetzent-
wurfs geschrieben, dass der Stoffschutz auf menschli-
che Gene deutlich eingeschränkt wird. Das war eine
gemeinsame Position von vielen Kolleginnen und Kolle-
gen. Es ist in der Tat gut, dass diese Formulierung in den
Gesetzentwurf aufgenommen wurde. Im Begründungs-
teil des Gesetzentwurfes stellen wir klar, dass wir davon
ausgehen, dass es in Zukunft auch bei tierischen und
pflanzlichen Genen keinen umfassenden Stoffschutz
mehr gibt, weil die bloße Sequenzierung mithilfe von
Maschinen bzw. Technik keine erfinderische Leistung
mehr ist. Wo ist das Erfinderische daran? Wir haben im
Gesetzentwurf noch einmal klargestellt, dass Keimzellen
grundsätzlich nicht patentierungsfähig sind. Wir haben
in den Ausschussberatungen präzisiert, dass auch biolo-
gische Verfahren nicht patentierbar sind. Wir haben für
die Landwirtschaft Regelungen zum Züchterprivileg und
zum Sortenschutz getroffen. Wir haben in dem Gesetz-
entwurf auch einen Herkunftsnachweis vorgesehen
– auch das ist durch die ursprüngliche Richtlinie nicht
vorgegeben –: Wenn bekannt ist, woher das biologische
Material kommt, dann muss dies bekannt gegeben wer-

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(C (D en. Wir wollen, dass der Herkunftsnachweis eines Taes zwingend wird, damit es nicht zu Biopiraterie ommt. Mit dem Antrag, von dem ich bereits sprach, ordern wir die Bundesregierung auf, sich entsprechend inzusetzen. Ich weise abschließend noch einmal darauf hin: Das, as wir hier machen, ist keineswegs – wie wir von der DP wahrscheinlich gleich wieder hören werden – ein ationaler Alleingang: Wir sind nach Spanien, Italien, ortugal und Frankreich das fünfte Land, das Einschränungen beim Stoffpatent vornimmt; das muss die Komission zur Kenntnis nehmen. Übrigens setzt auch die chweiz, die dem Europäischen Patentübereinkommen ngehört, obwohl sie nicht Mitglied der Europäischen nion ist, diese Richtlinie ganz ähnlich um wie wir. Wir rauchen ein Biopatentrecht, das den Erfordernissen unerer Zeit gerecht wird und das vor allen Dingen ethisch erantwortbar ist. Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514615900

Das Wort hat die Kollegin Sibylle Laurischk, FDP-

raktion.


Sibylle Laurischk (FDP):
Rede ID: ID1514616000

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist

aum zu glauben: Über vier Jahre, nachdem die Frist zur
msetzung der Biopatentrichtlinie abgelaufen ist, wird
er Bundestag heute die Umsetzung der Richtlinie in
eutsches Recht beschließen.


(Jörg Tauss [SPD]: Gut Ding will Weile haben! – Gegenruf des Abg. Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Wir müssen Ihnen etwas häufiger vorhalten, was für eine Schnecke Sie sind!)


Wunder dauern etwas länger. – Erst Ende Oktober die-
es Jahres hat der Europäische Gerichtshof Deutschland
egen der Nichtumsetzung der Richtlinie verurteilt; der
undesregierung wurden hohe Strafen angedroht. Der
pruch der Richter hat Wirkung gezeigt. Dass die Um-
etzung der Richtlinie in nationales Recht endlich ge-
ingt, müsste eigentlich ein Grund zur Freude sein. Aus
icht der FDP-Bundestagsfraktion ist das leider nicht der
all.


(Beifall bei der FDP)

Der Gesetzentwurf, den die Bundesregierung im ver-

angenen Jahr vorgelegt hat, sah eine Eins-zu-eins-
msetzung der Richtlinie vor. Eine Eins-zu-eins-
msetzung bedeutet die Erteilung eines Stoffpatentes
uf die DNA-Sequenz ohne Beschränkung auf die
onkrete Anwendung. Dessen ungeachtet hat sich die
oalition in den letzten Wochen auf eine Einschränkung
eim Stoffschutz geeinigt. Nun soll der Stoffschutz auf
ie im Patentanspruch beschriebene konkrete Anwen-
ung beschränkt werden. Leider konnten Sie, Frau
inisterin, sich mit Ihren ersten Vorstellungen in der
oalition nicht durchsetzen. Die allgemeine Meinung

13684 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004


(A) )



(B) )


Sibylle Laurischk

der Fachjuristen und Patentrechtler trat leider in den
Hintergrund. Dies ist aus Sicht der FDP-Bundestagsfrak-
tion sehr bedauerlich.


(Beifall bei der FDP)

Die Anhörung, die der Rechtsausschuss im September
zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung durchführte,
ergab ein eindeutiges Bild: Die überwiegende Mehrheit
der Sachverständigen hat sich für eine Eins-zu-eins-Um-
setzung ausgesprochen.

Die Entscheidung der Koalition wird erhebliche Aus-
wirkungen auf den Forschungsstandort Deutschland
haben. Insgesamt hat Rot-Grün im Jahr der Innovation
eine erschreckende Bilanz:


(Jörg Tauss [SPD]: Was?)

In der Stammzellenforschung, in der Grünen Gentechnik
und jetzt auch im Bereich der biotechnologischen Erfin-
dungen entwickelt sich Deutschland immer mehr zum
Schlusslicht in Europa.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU] – Jörg Tauss [SPD]: Das stimmt doch nicht! – Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das Gegenteil ist der Fall! – Zuruf von der SPD: Schwarzmalerei!)


– Dann sprechen Sie einmal mit Vertretern der
Forschung und mit denjenigen, die in Deutschland wirt-
schaftlich arbeiten müssen. – Die hoch entwickelte deut-
sche Volkswirtschaft, meine Damen und Herren insbe-
sondere von den Sozialdemokraten, ist auf ständige
Innovation angewiesen.


(Zuruf von der SPD: Das wollen wir auch!)

Dazu stimmen die gesetzlichen Rahmenbedingungen lei-
der nicht mehr. Gerade für die Vertreter von kleinen, mit-
telständischen Unternehmen und so genannten Start-ups
wird der Kompromiss der Koalition erhebliche Konse-
quenzen haben. Ein umfassend gesichertes Patent auf ihr
geistiges Eigentum ist oft ihr einziges Kapital, mit dem
sie auf dem Markt bestehen können. Es ist daher falsch,
zu behaupten, ein umfassender Patentschutz schütze ein-
seitig die Interessen großer Konzerne. In der Begrün-
dung des Gesetzentwurfes heißt es – ich zitiere –:

Dieser „absolute“ Stoffschutz ist notwendig, nicht
zuletzt im Interesse eines effektiven Innovations-
schutzes.

Dies soll nun aber nicht mehr gelten.
Es entspricht bereits heute der internationalen
Rechtspraxis, dass der Stoffschutz im Biotechnolo-
giebereich umfassend gewährleistet wird.

Diese Aussage ist dem Antrag der FDP-Fraktion mit
dem Titel „Rechtssicherheit für biotechnologische Erfin-
dungen durch schnelle Umsetzung der Biopatentrichtli-
nie“ wortwörtlich zu entnehmen. Das Europäische Pa-
tentamt orientiert sich seit Jahren eng an der Richtlinie.

In dem Gesetzentwurf der Bundesregierung heißt es
weiter: Ziel der Richtlinie sei es, gemeinschaftsweit har-

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(C (D onisierte Regelungen für die Patentierung von Innovaionen auf dem Gebiet der belebten Natur festzuchreiben. – Das Gegenteil wird nun erreicht. Deutschand wird mit der eingeschränkten Umsetzung der ichtlinie hinter internationalen Standards zurückbleien. Die von den Kritikern gegen eine Eins-zu-eins-Um etzung vorgebrachten Argumente sind leicht zu wideregen. So wird beispielsweise der gefürchteten Monoolbildung durch die Möglichkeit der Vergabe von wangslizenzen und durch das TRIPS-Übereinkommen er WTO ausreichend entgegengewirkt. Gerade die Verreter der Rechtsprechung betonen, dass marktbeherrchende Patentinhaber dem Behinderungsund Diskriinierungsverbot des § 20 GWB unterliegen. Auch der immer wieder geäußerten Gefahr von Über elohnungen kann begegnet werden. Insbesondere dann, enn die erfinderische Leistung in der bloßen Zurverfüungstellung einer Sequenz mit einer bestimmten Funkion liegt, muss der Schutz auf die Funktion begrenzt erden. In der Anhörung wurde deutlich, dass der echtsprechung ausreichende gesetzliche Möglichkeiten ur Verfügung stehen, um eine Überprivilegierung von atentinhabern zu vermeiden. So sehr die FDP die Umsetzung der Richtlinie in eutsches Recht auch begrüßt: Den zögerlichen und albherzigen Weg, den Rot-Grün dafür wählt, lehnen wir b. Er ist inkonsequent, patentrechtlich völlig verfehlt nd ein weiteres Armutszeugnis für die Kompetenz der undesregierung im Bereich von Wissenschaft und Forchung. Nächster Redner ist der Kollege René Röspel, SPD raktion. (Jörg Tauss [SPD]: Erzähl’ ihnen jetzt mal, um was es geht!)


(Beifall bei der FDP)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514616100


René Röspel (SPD):
Rede ID: ID1514616200

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten
amen und Herren! Als ich 1999 das erste Mal in Be-
ührung mit der Biopatentrichtlinie kam – ich war erst
eit einigen Monaten Mitglied des Bundestages –, war
ch als Biologe doch sehr erstaunt, dass man Gene erfin-
en kann und dass das patentierbar ist. Bis dahin war ich
avon ausgegangen, dass sie im Menschen vorhanden
ind und höchstens entdeckt werden können. Es stellte
ich mir die Frage, ob man sie erfinden und ein Patent
afür erhalten kann.


(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Nein, kann man nicht, das steht fest!)


Ich habe mich von den Juristen schnell belehren las-
en, dass es relativ üblich und auch Bestandteil der
echtsprechung ist, Naturstoffe patentieren lassen zu
önnen, wenn sie aus der Natur isoliert werden. Diesen
ernprozess habe ich hinter mir. Auf der anderen Seite
aben die Naturwissenschaftler und Mediziner, die an

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 13685


(A) )



(B) )


René Röspel

der Diskussion beteiligt waren, den Juristen mitunter er-
klären müssen, dass menschliche Gene, also das
menschliche Erbgut, keine normalen Naturstoffe sind
und dass sie eben nicht ohne weiteres patentiert werden
können, wie das zum Beispiel in der Richtlinie der Euro-
päischen Union steht.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es war ein sehr interessanter und langer Diskussions-
prozess. Ich glaube, alle Seiten haben dazugelernt. Die-
ser Prozess war auch notwendig. Das Problem der Richt-
linie, die 1998 verabschiedet worden ist und eigentlich
schon zu diesem Zeitpunkt nicht mehr auf dem aktuellen
Stand der Wissenschaft und Technik war – Reinhard
Loske hat es gesagt –, war nämlich, dass man ein Gen,
welches man mit einer Funktion beschrieb, für alle An-
wendungen und Funktionen, die mit diesem Gen zusam-
menhingen, patentieren lassen konnte. Das heißt, jeman-
dem, der ein Gen patentieren ließ, wurden gleichzeitig
auch alle Anwendungen und Funktionen geschützt.
Dabei war es egal, ob er sie genannt oder nicht genannt
hat und ob er sie gekannt bzw. geahnt hat oder nicht. Das
kann aus unserer Sicht nicht richtig sein, weil es nicht
zur Leistung desjenigen gehört, der das Patent erhält,


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


und weil es alle anderen, die andere Funktionen dieses
einen Gens untersuchen, in ihrer Forschung stört und be-
hindert, wodurch Probleme für sie geschaffen werden.

Das ist das Kernproblem dieser Richtlinie, über das
wir in der letzten Legislaturperiode nicht nur in der rot-
grünen Koalition und in der Enquete-Kommission, son-
dern auch mit vielen Verbänden außerhalb des Parlamen-
tes sehr intensiv diskutiert haben: mit den Kirchen, die
das sehr kritisch sahen und sehen, mit Misereor, mit den
Forschern, die daran beteiligt waren und sind, mit
Greenpeace, mit Krankenkassen und mit den Kranken-
hausverbänden. Diese sagen: Wenn ihr diesen umfassen-
den Stoffschutz erteilt, dann, so befürchten wir, werden
Monopole dazu führen, dass zum Beispiel Medikamente,
Therapie- und Diagnostikverfahren viel teurer werden.
Wir haben zur Kenntnis zu nehmen, dass sich zum Bei-
spiel die Kosten für eine Brustkrebsuntersuchung wegen
der Patentproblematik verdreifacht haben.

Wir haben fünf Jahre lang sehr intensiv diskutiert. Ich
glaube, es war eine sinnvolle und notwendige Diskus-
sion,


(Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD])

an deren Ende ein guter Kompromiss steht. Er ist nicht
das, was ich für nötig erachte, aber es ist mehr, als ich
noch vor Wochen und Monaten für möglich gehalten
habe. Schließlich müssen wir berücksichtigen, was wir
in nationales Recht umsetzen können und was uns die
europäische Richtlinie vorschreibt. Insofern ist es ein
guter Kompromiss, weil wir den Stoffschutz beschrän-
ken. Es soll nur noch das patentiert werden können, was
als Anwendung genannt wird, nicht mehr das, was nicht
genannt worden ist. Wir haben in Deutschland das

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(C (D achbare getan. Deutschland setzt die Richtlinie kriisch um. Damit geben wir ein Signal nach Europa. Das st wichtig; denn das ist die Ebene, auf der nachträglich n Verhandlungen eine Änderung erzielt werden kann. Lassen Sie mich zum Schluss noch einige Bemerkun en an Herrn Röttgen und an die FDP richten. Herr öttgen, wenn Sie die Protokolle der letzten Jahre wirkich genau durchschauen, werden Sie Folgendes feststelen: Wenn wir so gehandelt hätten, wie es die CDU/CSU mmer gefordert hat, nämlich die Richtlinie schnell eins u eins umzusetzen (Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Das haben wir nie gefordert!)


schauen Sie bitte in die Protokolle, auch wenn es eine
bliche Ausnahme in der Enquete-Kommission gab –,
ann hätten wir heute in unserem Gesetzentwurf nicht
ie vernünftige und sinnvolle Formulierung, die von vie-
n mitgetragen wird.
An die FDP gewandt: Sie haben gesagt, wir hätten

ünf Jahre gebraucht, um eine juristisch einwandfreie
ormulierung zu finden. Ich frage mich, warum Sie fünf
ahre lang nichts anderes gemacht haben, als eine Eins-
u-eins-Umsetzung zu fordern. Es war daher erstaunlich,
ass Sie am letzten Mittwoch vor der Ausschusssitzung
inen Formulierungsvorschlag zu einem Teilpunkt ge-
acht haben.

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514616300

Herr Kollege, Sie haben Ihre Redezeit überschritten.

René Röspel (SPD):
Rede ID: ID1514616400

Sie haben lange genug Zeit gehabt. Wir haben eine

ernünftige Lösung gefunden. Deutschland hat seine
ufgaben gemacht. Jetzt ist wieder Europa an der Reihe.
Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514616500

Das Wort hat der Kollege Helmut Heiderich, CDU/
SU-Fraktion.

Helmut Heiderich (CDU):
Rede ID: ID1514616600

Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen!


(Jörg Tauss [SPD]: Jetzt loben Sie uns mal!)

ndlich haben sich die Fraktionen von SPD und Grünen
ach jahrelangen Streitereien auf die Verabschiedung der
o genannten Biopatentrichtlinie geeinigt. Die Behaup-
ung von Kollegen Röspel, dies sei die Leistung der
oalition, geht völlig fehl. Sie als Regierung haben bis
or zwei Wochen jahrelang auf der Eins-zu-eins-Umset-
ung bestanden. In der Koalition haben Sie sich ständig
estritten, weil Sie immer wieder den falschen Ratge-
ern Ihr Ohr geliehen haben.
Herr Kollege Röspel, spätestens seit der Entschei-

ung des Europäischen Gerichtshofes von 2001 auf-
rund der Klage von Italien und den Niederlanden war

13686 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004


(A) )



(B) )


Helmut Heiderich

doch völlig klar, dass am Ende der Debatte nichts ande-
res als ein Stoffpatent stehen würde. Dass Sie sich dies-
mal am Schluss nicht wie am vergangenen Freitag bei
der Verabschiedung des Gentechnikgesetzes den emotio-
nalen Ratgebern angeschlossen haben, ist gut für unser
Land. Aber deswegen sollten Sie sich nun nicht zum Er-
finder dieser Lösung machen.


(Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben es bei euch entdeckt!)


Sie haben nur das vollzogen, was Ihnen andere vor an-
derthalb Jahren vorgelegt haben.


(Beifall bei der CDU/CSU – René Röspel [SPD]: Wo waren denn Ihre Formulierungsvorschläge?)


Meine verehrten Kollegen von Rot-Grün, wir haben
in unserem Antrag sehr genau beschrieben – das können
Sie dort nachlesen –, welche Lösung wir vorschlagen.
Wir haben diese Lösung schon vor anderthalb Jahren
hier im Parlament präsentiert. Ich will sie einmal schlag-
wortartig darstellen. Wir haben gesagt – das ist auch un-
sere jetzige Auffassung –: Stoffschutz: ja; Überbeloh-
nung: nein. Diese Lösung bedeutet, dass Forscher und
Unternehmer einen unanfechtbaren Patentschutz für ihre
Erfindungen brauchen. Das ist einfach unumgänglich,
weil nur so – das wissen Sie genauso wie wir – die
hohen Investitionskosten für eine Produktentwicklung
gesichert werden können.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Ulrike Flach [FDP])


Wenn heute für die Entwicklung eines einzigen Medi-
kaments 500 Millionen Euro benötigt werden, dann ist
der volle Patentschutz dafür eine zwingende Vorausset-
zung. Verfahrenspatente oder ähnliche Vorschläge, die
Sie jahrelang präsentiert haben, reichen nicht, weil sonst
kein Investor mehr das Entwicklungsrisiko eingehen
wird. Damit widerlegt sich auch das Argument, das eben
wieder genannt worden ist, durch Patentierung würden
Medikamente teurer, verehrter Kollege Loske.

Vielmehr ist der Umkehrschluss richtig: Ohne eine
verlässliche Patentierung würden moderne Medikamente
erst gar nicht entwickelt und damit den Patienten zu
deren Heilung auch nicht zur Verfügung stehen. In
Deutschland haben wir heute bereits immerhin mehr als
100 Produkte aus gentechnischer Herstellung. Also
brauchen wir die Patentierung und sollten nicht ständig
so tun, als wäre dieses Problem anderweitig lösbar.


(Jörg Tauss [SPD]: Ist das nicht ein bisschen plump?)


Andererseits, Herr Kollege Tauss, ist der Wissens-
stand über das menschliche Genom heute ein anderer
als 1998. Damals hätte sich sicherlich niemand träumen
lassen, dass unsere persönliche genetische Ausstattung
inzwischen auf drei Stellen hinter dem Komma genau,
also zu 99,999 Prozent, entschlüsselt ist und dass von
den ursprünglich einmal perspektivisch genannten
100 000 Genen, die man dem Menschen sozusagen als
Krönung der Schöpfung zurechnete, gerade einmal
22 000 übrig geblieben sind.

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(C (D Das aber heißt doch gerade, dass humane Gene nicht indimensional, wie man damals glaubte, sondern mehrimensional oder multifunktional sind. Wenn also mehere Erfindungen auf demselben Gen möglich sind, wäre s eine Überbelohnung, dem Ersterfinder gleich das geamte Gen für seinen Patentanspruch zu sichern. Deswegen haben wir als CDU/CSU schon vor andert alb Jahren in unserem Antrag vorgeschlagen, die eichweite eines Patents zu begrenzen und diese eichweite konkret auf den Umfang festzulegen, den der rfinder funktionell und gewerblich nachgewiesen soie in seiner Patentschrift beschrieben hat. (Jörg Tauss [SPD]: Sehen Sie, so unvernünftig sind Sie doch gar nicht!)


(Jörg Tauss [SPD]: Ja eben!)


as ist ganz konkret der Inhalt unseres Antrags und der
iegt diesem Hause immerhin seit anderthalb Jahren vor.
enn Sie sich etwas mehr beeilt und sich diesem Vor-
chlag angeschlossen hätten, wäre die Verabschiedung
es Biopatentrechtes schon über die Bühne gegangen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Erfolg hat viele Väter!)


Herr Kollege Loske, ich kann verstehen, wenn es Ih-
en etwas Mühe macht, unserer vorauseilenden Arbeit
u folgen, aber dass diese Arbeit richtig und gut war,
ollten Sie anerkennen. Das wäre das Mindeste, was Sie
un können.


(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Das ist auch eine Frage der Gerechtigkeit!)


rlauben Sie mir, an dieser Stelle zu den Einwendungen
er FDP Stellung zu nehmen, die Forschung würde da-
urch behindert.


(Jörg Tauss [SPD]: Nicht so pauschal!)

ch glaube, genau das Gegenteil ist der Fall. Würden wir
ie zu weit gehenden Ansprüche zulassen, die als so ge-
annte Vorratspatente oder auch strategische Patente
ezeichnet werden, dann wäre doch kaum noch ein Wis-
enschaftler oder Unternehmer bereit, in dem schon ab-
esteckten Claim noch initiativ zu werden und dort for-
chend weiterzuarbeiten.


(Jörg Tauss [SPD]: Das ist das Problem!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514616700

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
ollegen Wodarg?

Helmut Heiderich (CDU):
Rede ID: ID1514616800

Selbstverständlich.

Dr. Wolfgang Wodarg (SPD):
Rede ID: ID1514616900

Herr Heiderich, ich habe eine Frage. Sie haben davon

esprochen, dass Gene multifunktional seien und dass
ie gefundene Regelung deshalb gut sei. Wir haben hier
mmer über das menschliche Genom gesprochen. Kön-
en Sie mir darin zustimmen, dass auch pflanzliche

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 13687


(A) )



(B) )


Dr. Wolfgang Wodarg

Gene multifunktional sind? Welche Konsequenz sollte
man Ihrer Meinung nach daraus ziehen?


Helmut Heiderich (CDU):
Rede ID: ID1514617000

Zum einen kann ich Ihnen an dieser Stelle nicht voll

zustimmen, weil die Forschung auf diesem Gebiet noch
nicht so weit ist.


(Jörg Tauss [SPD]: Die Vermutung kann man haben!)


Zum anderen – das ist vorhin schon gesagt worden –
ist es auch aus ethischer Sicht ein Unterschied, ob man
über das menschliche Genom oder über das Genom einer
Pflanze spricht.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir haben immer gesagt – das können Sie auch in unse-
rem Antrag nachlesen –, dass wir aus dieser ethischen
Überlegung heraus der Auffassung sind, dass wir die
Reichweitenbeschränkung beim menschlichen Genom
vertreten können, nicht aber bei Pflanzen und in anderen
Bereichen. Dem entsprechend sieht auch unser Vor-
schlag aus. Dass Sie ihm gefolgt sind, zeigt, dass Sie
letztendlich zu denselben Erkenntnissen gekommen
sind.


(Jörg Tauss [SPD]: Da sind die Pflanzen aber gar nicht glücklich!)


Die „FAZ“ hat kürzlich sehr anschaulich eine Analo-
gie mit der Goldgräberzeit hergestellt: Findet jemand
eine Goldader und kann deren Existenz nachweisen, so
soll er für deren Umfeld ein Schutzrecht erhalten, aber
nicht gleich einen Anspruch auf eine ganze Region oder
gar ein ganzes Land. Ich glaube, dieses Beispiel macht
deutlich, worum es bei der Begrenzung der Reichweite
geht. Ich glaube, sie behindert die Forschung nicht. Sie
gibt im Gegenteil den Anreiz, auch die noch unerforsch-
ten Gebiete unverzüglich in Angriff zu nehmen und dort
weiter zu forschen.

Meine Damen und Herren, wir haben eben schon ge-
sagt: Wir freuen uns, dass wir zu dieser gemeinsamen
Lösung gekommen sind. Wir hätten sie längst haben
können, wenn Sie uns früher gefolgt wären.

Wir wollen aber noch einmal deutlich machen – das
hat Herr Wodarg angesprochen –, dass mit der heutigen
Entscheidung zum ersten Mal ethisch-moralische
Grundsätze ins Patentrecht aufgenommen werden, das
eigentlich ein reines Wirtschaftsrecht ist; das sollte man
nicht übersehen. Vorschriften etwa zum Schutz von Em-
bryonen und zum Schutz der menschlichen Identität
werden nun konkret im Patentrecht verankert. Das ist,
glaube ich, ein ganz wesentlicher Fortschritt gegenüber
dem, was wir bisher im Patentrecht hatten. Dieses Er-
gebnis hätte es durchaus verdient, dass wir schneller zu
ihm gekommen wären.

Dass die Patentrichtlinie auf europäischer Ebene fort-
entwickelt werden muss, ist selbstverständlich. Die Wis-
senschaft schreitet fort. Es gibt völlig neue Gebiete der
Wissenschaft. Ich denke hier nur an die Stammzellfor-
schung, an davon abgeleitete Therapien und an spätere

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(C (D edikamente. Auch diese Fragen sind in der Patentichtlinie noch nicht enthalten, weil man 1998 daran berhaupt noch nicht denken konnte. Um noch einmal auf die Pflanzen zurückzukommen: etztlich ist eine klare Regelung zum Vorrang des Sorenschutzes in dieser Richtlinie verankert. Auch das ist in entscheidender Fortschritt. Meine sehr veehrten Kolleginnen und Kollegen, das rgebnis – einerseits ein eindeutiger Schutz für den Erinder, andererseits eine ebenso eindeutige Begrenzung er Reichweite des Patents beim menschlichen Genom – st eine gute, nach unserer Auffassung die beste Lösung ür die Zukunft des Biotechnologiestandortes Deutschands. Deswegen werden wir dem, was wir Ihnen schon ange vorgelegt haben und worauf wir uns jetzt einigen, atürlich gerne zustimmen. Vielen Dank. Das Wort hat der Kollege Christoph Strässer, SPD raktion. Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und erren! Nach den vielfältigen unterschiedlichen Einchätzungen zum Geburtsrecht an diesem Gesetzentwurf öchte ich nur an eine Geburtswehe erinnern, die nicht on der rot-grünen Koalition und dieser Bundesregieung verursacht wurde, sondern in Ihrer Regierungszeit, eine Damen und Herren von der CDU/CSU. Die Zutimmung zur und die Erwirkung der Biopatentrichtlinie m Jahre 1998 – nach einer zehnjährigen Diskussion, (Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Das war auch richtig so!)


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514617100

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Christoph Strässer (SPD):
Rede ID: ID1514617200

u einem Zeitpunkt, als diese, wie Kollege Loske richtig
esagt hat, schon überhaupt nicht mehr in Übereinstim-
ung mit den konkreten Entwicklungen in der Technik
owie in der ethischen, rechtlichen und patentrechtlichen
orschung zu bringen war – war der eigentliche Geburts-
ehler,


(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Nein!)

it dem wir jetzt über Jahre zu tun hatten. Das war ein
reignis Ihrer Regierungstätigkeit. Ich möchte das, wenn
ir über Urheberschaft reden, noch einmal deutlich er-
ähnen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das Zweite sage ich in Richtung FDP. Ich glaube, hier
ird einfach ignoriert, was wir in unseren Diskussionen
n den letzten fünf, sechs Jahren nachvollzogen haben
nd was jetzt – ich sage: endlich – in einen konkreten
esetzentwurf mündet.


(Helmut Heiderich [CDU/CSU]: Immerhin da sind wir gleich!)


13688 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004


(A) )



(B) )


Christoph Strässer

Es geht nämlich um die Frage, wie das Patentrecht und
insbesondere das europäische Patentrecht auszugestalten
und zu organisieren ist.

Sie haben über die Anhörung geredet. Sie müssten
die Mehrheit der Sachverständigen, die dort geredet ha-
ben, so wie wir verstanden haben:


(Zuruf von der FDP: Die waren auf unserer Seite!)


In der aktuellen Patentrechtspraxis ist es ohnehin ausge-
sprochen selten, dass noch Stoffschutz gewährt wird.
Das gilt für Stoffe aller Art, aber insbesondere für bio-
technologische Erfindungen. Das haben sowohl die
Richter des Patentrechts und die Patentanwälte als auch
der anwesende BGH-Richter sehr deutlich bestätigt. Wir
vollziehen nach, was in der patentrechtlichen Praxis seit
langem üblich ist. Deshalb ist es völlig falsch, zu sagen,
wir machten hier ein neues Patentrecht und schränkten
Patente ein. Vielmehr schaffen wir eine konsequente und
rechtsstaatlich saubere Lösung für die Gerichte, die hier
schon anders entscheiden, als es nach dem deutschen Pa-
tentrecht möglich ist. Deshalb ist das eine gute Rege-
lung.


(Beifall bei der SPD – Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Dafür haben Sie so lange gebraucht, wenn das so einfach ist?)


Lassen Sie mich dazu eine Ergänzung machen. Ich
denke, dass man die Positionen an dieser Stelle wirklich
klarstellen muss.


(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Ja!)

Ich will die Frage der Entwicklung und der Beschrei-

bung von Funktionen natürlicher und menschlicher Gene
nicht wiederholen. Die zentrale Frage ist, wie der Stoff-
schutz organisiert werden soll. Konkrete Formulierun-
gen haben Sie übrigens nicht vorgelegt. Es ist zwar
schön, Entschließungsanträge zu schreiben; aber als es
ans Eingemachte ging – das gilt auch für die erste Le-
sung –, haben Sie sich nicht wirklich an dieser Diskus-
sion beteiligt.


(Helmut Heiderich [CDU/CSU]: Aber bitte! Lesen Sie doch einmal die Protokolle!)


Sie vergießen jetzt Krokodilstränen. Das, was wir ge-
macht haben, ist das konkrete Ergebnis einer ganz kon-
kreten Politik. Darüber sollten wir uns jetzt streiten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Helmut Heiderich [CDU/ CSU]: Wir waren doch vor Ihnen auf dem Markt! – Gegenrufe von der SPD: Oh!)


– Auf dem Markt sind Sie; das ist richtig. Die Frage ist
nur, wessen Interessen Sie vertreten. Das müssen wir
nicht weiter thematisieren. Das ist ganz klar.

Es gibt einen Punkt, über den wir uns in Zukunft strei-
ten werden und streiten müssen – deshalb ist auch Ihre
Kritik leider nicht berechtigt –, den wir hier nicht regeln
konnten, den wir aber regeln müssen. Es geht um die
Frage des Nebeneinanders von Patenten, die nach
deutschem Patentrecht beantragt werden, und den Paten-

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(C (D en, die beim Europäischen Patentamt über das EPÜ bentragt werden. Wenn Sie sich die Statistiken anschauen, ann wissen Sie, dass ein Großteil der Patente, um die es uch hier geht, über das EPÜ beantragt wird. Diese Paente erfassen wir gegenwärtig mit dem deutschen Paentrecht nicht. Das war der Konfliktpunkt, über den wir ns in den letzten Tagen, Wochen und Monaten sehr inensiv Gedanken gemacht haben. Ich finde es vernünftig nd richtig, dass wir diese Diskussion zum Anlass nehen, auch an die Fragen des europäischen Patentrechts nd des europäischen Patentschutzes heranzugehen; enn es kann nicht sein, dass durch das EPÜ rechtliche ormen zur Disposition gestellt werden und es niemanen gibt, der über die Einhaltung dieser Normen wacht. as gilt auch für den EuGH. Vielmehr betreibt das Euroäische Patentamt seine eigene Politik. Wenn es Ergebis dieser Diskussion ist, an diese Fragen heranzugehen, ann haben wir auch für das Patentrecht und für die Enticklung des Patentrechts einiges getan. Darüber weren wir sicherlich in den nächsten Wochen und Monaten och weiter diskutieren. Ich glaube, wir haben ein gutes Gesetz und Recht icherheit geschaffen. Die Wirtschaft, die Forschung und uch diejenigen, die ethische Bedenken haben, sollten iermit leben können. Deshalb sage ich: Stimmen Sie zu, ann haben wir ein gutes Gesetz. Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514617300

Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun-

esregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Umset-
ung der Richtlinie über den rechtlichen Schutz biotech-
ologischer Erfindungen auf Drucksache 15/1709. Dazu
iegen uns Erklärungen nach § 31 der Geschäftsordnung
on den Kollegen Dr. Hermann Scheer, Ernst Kranz,
r. Wolfgang Wodarg sowie 25 MdBs des Bündnis-
es 90/Die Grünen vor.1)
Der Rechtsausschuss empfiehlt unter Buchstabe a sei-

er Beschlussempfehlung auf Drucksache 15/4417, den
esetzentwurf in der Ausschussfassung anzunehmen. Es
iegt ein Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf
rucksache 15/4436 vor, über den wir zuerst abstim-
en. Wer stimmt für diesen Änderungsantrag? – Wer
timmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Änderungsan-
rag ist mit den Stimmen der Koalition und der CDU/
SU gegen die Stimmen der FDP abgelehnt.
Ich bitte nun diejenigen, die dem Gesetzentwurf in

er Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Hand-
eichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Ge-
etzentwurf ist damit in zweiter Beratung mit den Stim-
en der Koalition und der CDU/CSU gegen die
timmen der FDP angenommen.

Anlage 9

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 13689


(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Gegenprobe! – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist
damit in dritter Beratung mit demselben Stimmergebnis
wie in zweiter Beratung angenommen.

Tagesordnungspunkt 25 b: Wir setzen die Abstim-
mungen über die Beschlussempfehlung des Rechts-
ausschusses auf Drucksache 15/4417 fort. Der Aus-
schuss empfiehlt unter Buchstabe b seiner Beschluss-
empfehlung die Annahme des Antrags der Fraktionen
der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen auf
Drucksache 15/2657 mit dem Titel „Für ein modernes
Biopatentrecht“. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh-
lung? – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Die Beschluss-
empfehlung ist mit den Stimmen der Koalition bei Ge-
genstimmen der CDU/CSU und der FDP angenommen.

Unter Buchstabe c seiner Beschlussempfehlung emp-
fiehlt der Rechtsausschuss die Ablehnung des Antrags
der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 15/1024

(neu) mit dem Titel „Die europäische Biopatentrichtlinie

von 1998 umsetzen“. Wer stimmt für diese Beschluss-
empfehlung? – Wer stimmt dagegen? –


(Unruhe)

Ich wiederhole die Abstimmung: Unter Buchstabe c

seiner Beschlussempfehlung empfiehlt der Rechtsaus-
schuss die Ablehnung des Antrags der Fraktion der
CDU/CSU auf Drucksache 15/1024 (neu). Wer stimmt
für die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses? –
Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Beschluss-
empfehlung ist mit den Stimmen der Koalition und der
FDP gegen die Stimmen der CDU/CSU angenommen.


(Abg. Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU] meldet sich zu Wort)


– Herr Kollege Ramsauer.


Dr. Peter Ramsauer (CSU):
Rede ID: ID1514617400

Frau Präsidentin, das eben Geschehene veranlasst

mich zu der Frage, was an der Abstimmung, die wir zu-
nächst durchgeführt haben, so fehlerhaft gewesen sein
soll, dass eine Wiederholung erforderlich war. Das Ab-
stimmungsverhalten der SPD war eindeutig.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514617500

Die Klarheit der Abstimmung war nicht gegeben. Es

war unübersichtlich, Herr Kollege Ramsauer.

(Beifall bei der SPD)


Wir setzen die Abstimmungen fort. Schließlich emp-
fiehlt der Ausschuss unter Buchstabe d seiner Beschluss-
empfehlung die Ablehnung des Antrags der Fraktion der
FDP auf Drucksache 15/1219 mit dem Titel „Rechtssi-
cherheit für biotechnologische Erfindungen durch
schnelle Umsetzung der Biopatentrichtlinie“. Wer
stimmt für die Beschlussempfehlung des Ausschusses? –

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(C (D er stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Beschlussmpfehlung ist damit mit den Stimmen der Koalition nd der CDU/CSU gegen die Stimmen der FDP angeommen. Ich rufe nun die Tagesordnungspunkte 26 a und b auf: a)


tionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/
DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Änderung dienst- und arbeits-
rechtlicher Vorschriften im Hochschulbereich

(HdaVÄndG)

– Drucksache 15/4132 –

(Erste Beratung 139. Sitzung)

– Zweite und dritte Beratung des von der
Bundesregierung eingebrachten Entwurfs ei-
nes Gesetzes zur Änderung dienst- und
arbeitsrechtlicher Vorschriften im Hoch-
schulbereich (HdaVÄndG)

– Drucksachen 15/4229, 15/4299 –

(Erste Beratung 140. Sitzung)


– Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur
Freigabe der Personalstruktur an Hoch-

(Hochschulpersonalstrukturfreigabegesetz – HPersFG)

– Drucksache 15/3924 –

(Erste Beratung 139. Sitzung)

aa) Beschlussempfehlung und Bericht des Aus-

schusses für Bildung, Forschung und Tech-
nikfolgenabschätzung (17. Ausschuss)

– Drucksache 15/4418 –
Berichterstattung:
Abgordnete Ulrike Flach
Ute Berg
Thomas Rachel
Grietje Bettin


(8. Ausschuss)

– Drucksachen 15/4428, 15/4429 –
Berichterstattung:
Abgordnete Carsten Schneider
Klaus-Peter Willsch
Anna Lührmann
Jürgen Koppelin

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Bildung, Forschung
und Technikfolgenabschätzung (17. Ausschuss)

– zu dem Antrag der Abgeordneten Katherina
Reiche, Thomas Rachel, Dr. Maria Böhmer,

13690 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004


(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner

weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
CDU/CSU
Flexiblere Personalstrukturen bei Drittmit-
telprojekten im Hochschulbereich schaffen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Ulrike Flach,
Cornelia Pieper, Dr. Karl Addicks, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Befristungen von Beschäftigungsverhältnis-
sen im Hochschulbereich flexibilisieren

– Drucksachen 15/4131, 15/4151, 15/4418 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Ulrike Flach
Ute Berg
Thomas Rachel
Grietje Bettin

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kolle-
gin Ute Berg, SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)


Ute Berg (SPD):
Rede ID: ID1514617600

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-

legen! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der Bundes-
regierung und der Koalitionsfraktionen, den wir heute
verabschieden wollen, schaffen wir Rechtssicherheit für
die Hochschulen und die Wissenschaftlerinnen und Wis-
senschaftler. Das ist notwendig geworden, nachdem das
Bundesverfassungsgericht im Juli mit seiner Entschei-
dung zur Juniorprofessur auch das neue Befristungsrecht
außer Kraft gesetzt hat.


(Jörg Tauss [SPD]: Wegen dieser Prozesshanseln da!)


Die Regelungen für befristete Arbeitsverträge
der fünften HRG-Novelle haben wir – übrigens
nach Abstimmung mit den Wissenschaftsministerinnen
und -ministern der Länder – in modifizierter Form in den
neuen Gesetzentwurf übernommen.


(Jörg Tauss [SPD]: Da haben die erst gemerkt, was sie angerichtet haben!)


Der Bundesrat hat daher am vergangenen Freitag keine
Einwände gegen den Gesetzentwurf erhoben.

In meiner Rede am 12. November habe ich sehr stark
auf die Juniorprofessur Bezug genommen und die Chan-
cen dargestellt, die sich daraus für den wissenschaftli-
chen Nachwuchs und den Wissenschaftsstandort
Deutschland ergeben. Heute gehe ich stärker auf die
Zeitvertragsregelungen ein. Dabei handelt es sich zwar
auf den ersten Blick um eine sehr trockene Materie, die
aber ebenso existenzielle Auswirkungen für die betroffe-
nen Menschen und die Wissenschaftseinrichtungen in
Deutschland hat.

Ich will an dieser Stelle noch einmal deutlich machen,
vor welchem Problem wir in der Praxis stehen. Viele

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(C (D issenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben chwierigkeiten, nach ihrer Qualifikationsphase eine auerhafte Beschäftigung unterhalb der Professur zu ekommen. Das liegt daran, dass eine unbefristete Bechäftigung im öffentlichen Dienst praktisch mit einem nkündbaren Arbeitsverhältnis gleichzusetzen ist. Wer 5 Jahre im öffentlichen Dienst beschäftigt ist, wird unündbar. Daher stellen Wissenschaftseinrichtungen, insesondere Universitäten, nur in Ausnahmefällen unberistet ein. Sie binden sich damit nämlich sozusagen ebenslänglich, zumindest was das Berufsleben der Wisenschaftlerinnen und Wissenschaftler betrifft. Sie könen dann in der Personalplanung nicht mehr flexibel auf erausforderungen im Wissenschaftsund Forschungsereich reagieren. Die Lösung dieses Problems liegt aber nicht, wie Sie, eine Damen und Herren von der Opposition, vorschlaen, in einer Ausweitung der Befristungsmöglichkeiten ach der Qualifikationsphase. Das wäre nicht nur für die etroffenen Menschen eine Zumutung, die sich ständig on Befristung zu Befristung hangeln müssten, sondern uch europaund verfassungsrechtlich höchst problemaisch. Sowohl das deutsche als auch das europäische rbeitsrecht sehen als Regelfall das unbefristete Arbeitserhältnis vor. Befristete Arbeitsverhältnisse müssen usnahmecharakter haben. uch der Wissenschaftsrat spricht sich explizit gegen usätzliche Befristungsmöglichkeiten aus, also explizit egen das, was Sie in Ihrem Antrag als Ergänzung vorchlagen, meine Damen und Herren von der CDU/CSU. Das steht in Ihrem Antrag; ich kann das zitieren. Wir wollen wie der Wissenschaftsrat stattdessen das ündigungsrecht wissenschaftsspezifisch erweitern. (Katherina Reiche [CDU/CSU]: Sie wissen, dass Sie das niemals erreichen werden!)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der SPD – Zuruf von CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514617700

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
ollegen Bergner? – Herr Kollege Bergner, ich weise
ber darauf hin, dass es schon sehr spät ist, dass es noch
iele Tagesordnungspunkte gibt und dass es Mitarbeite-
innen und Mitarbeiter in diesem Hause gibt, die irgend-
ann einmal in das wohlverdiente Wochenende gehen
ollen.


(Dr. Christoph Bergner [CDU/CSU]: Frau Präsidentin, ich verzichte, wenn Sie bei meiner Rede ein bisschen großzügiger sind!)


Bitte, Frau Berg.


Ute Berg (SPD):
Rede ID: ID1514617800

Frau Präsidentin, ich bitte Sie, mir die Zeit, die ich da-

urch verloren habe, gutzuschreiben; das wäre nett.
Wie gesagt, der Wissenschaftsrat spricht sich explizit

egen das aus, was Sie in Ihrem Antrag als Ergänzung

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 13691


(A) )



(B) )


Ute Berg

vorschlagen. Wir wollen wie der Wissenschaftsrat statt-
dessen das Kündigungsrecht wissenschaftsspezifisch er-
weitern. Die Hürden für eine betriebsbedingte Kündi-
gung sollen herabgesetzt und der dauerhafte Wegfall
von Drittmitteln soll als Kündigungsgrund anerkannt
werden. Wir wollen damit erreichen, dass Wissenschafts-
einrichtungen in Zukunft nicht mehr davor zurückschre-
cken, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nach
der Qualifizierungsphase unbefristet einzustellen. Da-
mit bieten wir den betroffenen Menschen eine verlässli-
che Zukunftsperspektive.

Die Neuregelung des Kündigungsschutzes muss aber
durch eine Reform des BAT flankiert werden. Der steht
einer solchen Neuregelung derzeit entgegen. Das heißt,
dass § 53 des Bundesangestelltentarifs, der besagt, dass
nach 15 Jahren im öffentlichen Dienst die Unkündbarkeit
eintritt, aufgehoben werden muss. Nun laufen zurzeit,
wie Sie wissen, Verhandlungen über eine grundlegende
Reform des BAT. Wir alle sollten als Bundesbildungspo-
litikerinnen und -politiker dafür kämpfen, dass die Län-
der wieder an den Verhandlungstisch zurückkehren und
die Tarifverhandlungen nicht weiter boykottieren.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie der Abg. Ulrike Flach [FDP])


Bund, Länder, Wissenschaftseinrichtungen und die Inte-
ressenvertretungen der Beschäftigten müssen ein massi-
ves Interesse daran haben, dass die Verhandlungen
erfolgreich abgeschlossen werden. Solange diese Ver-
handlungen nicht abgeschlossen sind, können wir keine
gesetzlichen Änderungen beschließen; denn das würde
als Eingriff in die Tarifautonomie gewertet. Ein entspre-
chender Beschluss kann also zum jetzigen Zeitpunkt
nicht getroffen werden, weil er rechtlich nicht haltbar
wäre.

Beide Aspekte des Änderungsvorschlags zur Weiter-
beschäftigung der Wissenschaftler – der tarifliche und
der gesetzliche – müssen in Einklang gebracht werden.


(Dr. Christoph Bergner [CDU/CSU]: Das ist falsch!)


Um genügend zeitlichen Spielraum dafür zu bekommen,
haben wir im neuen Gesetz die Übergangsphase für
das Zeitvertragsrecht bis 2008 erweitert. Bis dahin
können die betroffenen Wissenschaftler weiterhin sach-
grundlos befristet angestellt werden und bis dahin wer-
den wir eine dauerhafte Lösung für die betroffenen Men-
schen erreicht haben.

Ich bin sicher, dass Sie sich der Logik meiner Argu-
mentation nicht verschließen konnten und nun unserem
Gesetzentwurf sowie dem Antrag der Koalitionsfraktio-
nen zustimmen werden. Folgerichtig müssen Sie dann
natürlich die Anträge von CDU/CSU und FDP sowie
den Gesetzentwurf des Bundesrates ablehnen. Dafür be-
danke ich mich schon im Voraus sehr herzlich.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


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(C (D Das Wort hat der Kollege Dr. Christoph Bergner, DU/CSU-Fraktion. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Da der err Kollege Tauss mit Blick auf das Bundesverfasungsgerichtsurteil von Prozesshanseln sprach, möchte ch vorausschicken: Nicht Gerichtsschelte, sondern Reierungsschelte ist hier angebracht. rau Bulmahn hat mit der fünften Novelle zum Hochchulrahmengesetz die Wissenschaftsfreiheit beschnitten nd in die Kompetenzen der Länder eingegriffen. Letztees hat zu einer Normenkontrollklage geführt, die erfolgeich war. Sie müssen noch mit weiteren Richtersprüchen ie diesem rechnen. Insoweit wären Regierungsschelte nd das Nachdenken über das eigene Handeln sehr viel ngebrachter als Gerichtsschelte. Wir befinden uns nun in einer fatalen Situation; wir tehen vor einem Scherbenhaufen: Wir müssen den chaden reparieren, der mit dieser Novelle angerichtet urde. Wir sind uns einig, dass Nachwuchswissenchaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler, die aufrund der Befristung ihrer Arbeitsverträge auf rechtlich nsicherem Grund stehen, jetzt Rechtssicherheit brauhen; ie Befristungsregelungen der fünften HRG-Novelle ind vom Bundesverfassungsgericht nämlich aufgehoen worden. Herr Tauss, hören wir damit auf. – Wir sind uns einig, ass wir für die Nachwuchswissenschaftlerinnen und achwuchswissenschaftler Rechtssicherheit schaffen ollen und dass dies durch die Annahme der Beschlussmpfehlung gewährleistet wird. Deshalb werden wir der eschlussempfehlung zustimmen. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514617900

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Dr. Christoph Bergner (CDU):
Rede ID: ID1514618000

(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Jörg Tauss [SPD]: Ja, nach der Klage!)


(Jörg Tauss [SPD]: Sehen Sie!)


Ich kann Ihnen allerdings nicht ersparen, Sie darauf
inzuweisen, dass Sie einer anderen Gruppe die Schaf-
ung eines angemessenen Rahmens schuldig bleiben:
en Drittmittelwissenschaftlern. Auf der Internetseite
ww.maintainbrains.de stellen junge Wissenschaftlerin-
en und Wissenschaftler ihre Initiative „Wir wollen for-
chen – in Deutschland“ vor. Auf dieser Internetseite
ind Zuschriften von Betroffenen zu finden. In diesen
uschriften werden nicht nur die Probleme der Nach-
uchswissenschaftler behandelt, sondern auch die
robleme derer, die – weil moderne Wissenschaft
rojektmittelbezogen ist – ihre Arbeit auf der Basis von
rojektmitteln ausführen.

13692 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004


(A) )



(B) )


Dr. Christoph Bergner

Der sachliche Grund für eine Befristung im Nach-

wuchsbereich auf zwölf oder 15 Jahre ist durchaus sinn-
voll; denn es geht um das Erreichen einer Qualifikation.
Dafür sollte man keine unendlichen Zeiträume vorgeben.
Die pauschale Übertragung dieser Befristung auf den
Drittmittelbereich ist dagegen völlig unangemessen und
führt zu ausgesprochenen Fehlsteuerungen. Ich verweise
nur auf die Proteste auf der erwähnten Internetseite und
auf zahlreiche Leserbriefe in überregionalen Zeitungen.
Das Ganze ist ein unmittelbares Ergebnis der
fünften HRG-Novelle.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Auch wenn wir der Modifikation der fünften HRG-

Novelle zustimmen, müssen wir darauf aufmerksam ma-
chen: Es wird zu wenig korrigiert. Wir bleiben einem
wichtigen Sektor unserer Wissenschaft in Bezug auf
seine Entwicklung eine angemessene Antwort schuldig.
Moderne Wissenschaft bedeutet projektmittelbezogene
Forschung und projektmittelbezogene Forschung bedeu-
tet Mittelvergabe im Wettbewerb. Zeitlich befristete Pro-
jektmittel bedürfen eines Rechtsrahmens, damit perso-
nal- und arbeitsrechtliche Verhältnisse geklärt sind.


(Jörg Tauss [SPD]: Lebenslänglich befristet läuft nicht in Europa!)


– Herr Kollege Tauss, sprechen Sie doch einmal mit den
Betroffenen.


(Jörg Tauss [SPD]: Ständig!)

Für sie ist das kein Problem. Sie finden es besser, auf ei-
ner befristeten Drittmittelstelle zu sitzen und in Deutsch-
land zu forschen, als aufgrund einer fehlenden Regelung
im Hochschulrahmengesetz – das ist das eigentliche Pro-
blem – ins Ausland verwiesen zu werden.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich entnehme der Rede der Kollegin Berg, dass Einig-

keit über das Vorhandensein dieses Problems besteht.
Unser Lösungsansatz sieht die Angabe eines sachlichen
Grundes für die Verlängerung der Befristigung von
Drittmittelstellen vor. Das Ganze könnte über die Ein-
führung eines § 57 b im Hochschulrahmengesetz gere-
gelt werden. Sie lehnen unseren entsprechenden Antrag
ab. Das ist nicht zu verstehen.


(Jörg Tauss [SPD]: Weil dasselbe Bundesverfassungsgericht das sofort wieder korrigieren würde!)


– Nein, Herr Kollege Tauss.
Der von Ihnen vorgeschlagene Weg ist rechtlich sehr

viel fragwürdiger und sehr viel problematischer. Das,
was wir vorschlagen, ist konform mit der EU-Richtlinie.


(Jörg Tauss [SPD]: Nein!)

Die EU-Richtlinie gibt eine Mindestfrist von 15 Jahren
vor; gleichzeitig wird in ihr die Angabe eines sachlichen
Grundes zur Verlängerung befristeter Arbeitsverhält-
nisse gefordert. Die Angabe eines solchen sachlichen
Grundes wollen wir in einem § 57 b des Hochschulrah-
mengesetzes regeln. Damit würden wir uns konform mit
der EU-Richtlinie verhalten.

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(C (D Wir haben keine Probleme mit § 53 BAT-West. Auch ihm wird die Verlängerung der Frist von 15 Jahren mit er Festlegung eines sachlichen Grundes verknüpft. Ich will Ihnen die Schwierigkeiten kurz andeuten, die er Vorschlag des Wissenschaftsrats und Ihre Vorgeensweise nach sich ziehen. Sie wollen wissenschaftspezifische Kündigungsgründe einführen. Das bedeutet ichts anderes, als dass man jemanden unbefristet eintellen muss, obwohl die Mittel nur befristet vorhanden ind. (Edelgard Bulmahn, Bundesministerin: Keine Ahnung von Wissenschaftspolitik!)


Das ist genau der Punkt. Sie wollen ein unbefristetes
rbeitsverhältnis und gleichzeitig einen neuen Kündi-
ungsgrund für den Fall des Auslaufens von Drittmit-
ln.


(Jörg Tauss [SPD]: Sie wollen ihn also rausschmeißen!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514618100

Herr Kollege, ich muss Sie trotz allem an die Redezeit

rinnern.

Dr. Christoph Bergner (CDU):
Rede ID: ID1514618200

Frau Präsidentin, noch zwei Sätze. – Ich möchte den
anzler einer Universität sehen, der sich auf ein solches
nternehmen einlässt!
Ich möchte aber noch ein Zweites sagen. Jeder Ar-

eitsrichter wird die Frage stellen: Gibt es nicht noch an-
ere Drittmittelprojekte, mit denen die Stelle dann finan-
iert werden kann? – Man kommt aber zu einer den
elangen von Wissenschaft nicht adäquaten Zuteilung
on Personalressourcen,

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514618300

Herr Kollege Bergner!

Dr. Christoph Bergner (CDU):
Rede ID: ID1514618400

wenn man den Beschäftigten von einer Drittmittel-

telle, für die er eine Qualifikation hat,

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514618500

Herr Kollege Bergner!

Dr. Christoph Bergner (CDU):
Rede ID: ID1514618600

auf eine andere Drittmittelstelle setzt, für die er keine
ualifikation hat. Ihr Weg ist der falsche Weg. Sie haben
inen großen Fehler gemacht, indem Sie unserem Vor-
chlag nicht zugestimmt haben.
Schönen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch des Abg. Jörg Tauss [SPD] – Ulrike Flach [FDP]: Dann dürfen Sie nicht zustimmen!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514618700

Das Wort hat die Kollegin Grietje Bettin, Bündnis 90/
ie Grünen.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 13693


(A) )



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Grietje Bettin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514618800

Frau Präsidentin! Meine liebe Kolleginnen und Kolle-

gen! Heute stehen wir vor der Wiederherstellung der
Rechtssicherheit für unsere jungen Nachwuchswissen-
schaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler. Die
Rechtsgrundlage für die Juniorprofessur und die für be-
fristete Arbeitsverträge in der Wissenschaft wird wieder-
hergestellt. Um diese Rechtssicherheit zu bekommen,
haben wir aus grüner Sicht eine Kröte geschluckt. Gern
hätten wir diese Novelle für Verbesserungen an der
Zwölfjahresregel genutzt. Jetzt soll diese Regel nahezu
unverändert im Gesetz stehen bleiben. Zustimmen kön-
nen wir dem Gesetzentwurf aber trotzdem, weil wir
gleichzeitig eine Entschließung vorlegen, erfreulicher-
weise zusammen mit der FDP. Darin finden wir unsere
grünen Ziele sachlich und juristisch gut begründet aufge-
nommen und dargestellt:

Erstens. Wir streben eine Weiterentwicklung des wis-
senschaftsspezifischen Befristungs- und Kündigungs-
rechts an, die die notwendige Flexibilität und Rechtssi-
cherheit für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
sowie für Institutionen gleichermaßen schafft.

Zweitens. Wir fordern gemeinsam die Einführung ei-
nes eigenen Tarifs für Forschung und Lehre, und zwar
gemeinsam mit den Tarifpartnern. Die Ausgestaltung der
Arbeits- und Qualifikationsbedingungen sowie die Be-
fristungs- und Kündigungsregelungen sollen damit weit-
gehend in die Hände der Tarifpartner überführt werden.
Beides wollen wir im Laufe des nächsten Jahres ange-
hen.

Die Neuregelung, die wir heute verabschieden, setzt
eine Übergangsfrist bis Februar 2008. So lange können
und wollen wir die Wissenschaftlerinnen und Wissen-
schaftler aber nicht warten lassen. Sie brauchen Sicher-
heit für ihre Lebensplanung. Deswegen muss die Neure-
gelung bis Ende 2006 stehen, liebe Kolleginnen und
Kollegen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jörg Tauss [SPD]: Schauen wir mal!)


Die Änderungen, die ich eben beschrieben habe, wä-
ren schon heute möglich gewesen, wenn die unionsge-
führten Länder nicht die Taktiererei vor die Sachent-
scheidung gestellt hätten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Hätten wir uns sofort nach dem Urteil des Bundesver-
fassungsgerichts zusammengesetzt, wie Frau Ministerin
Bulmahn vorgeschlagen hatte, hätten wir gut und gern
gemeinsam eine Weiterentwicklung auf den Weg brin-
gen können; das zeigen auch die Anträge der Unions-
fraktion und der FDP-Fraktion zu diesem Thema.


(Jörg Tauss [SPD]: Der Frankenberg muss erst einmal drei Monate überlegen! Das müssen wir ihm zugute halten!)


– Tja.
Leider gibt es allerdings beunruhigende Neuigkeiten

aus der Förderalismuskommission. Derzeit sieht es näm-

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(C (D ich so aus, als ob die Personalstruktur und das Dienstecht nicht mehr im Hochschulrahmengesetz vorgegeben erden sollen, sondern in die Hände der Länder gelegt erden. (Jörg Tauss [SPD]: Um Gottes willen! Tut uns das nicht an!)


esonders prekär dabei ist: Die Länder müssen nach
em bisherigen Stand keine einheitlichen Regelungen
ereinbaren. Das entspricht dem Entwurf, den der Bun-
esrat diesem Parlament zur Abstimmung vorgelegt hat.
ieber Herr Frankenberg, damit ist Ihre Beteuerung, Sie
ollten den Verhandlungen in der Förderalismuskom-
ission nicht vorgreifen, wohl hinfällig. Ihr Entwurf un-
ermauert, dass es Ihnen nicht um die Sachentscheidung
eht.


(Beifall der Abgeordneten der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich fürchte die Fol-

en, die sich aus der Verlagerung dieser Kompetenz er-
eben können. Die Konsequenz wäre die Preisgabe der
undeseinheitlichkeit von Qualifikationswegen und
ersonalkategorien. Um zu verdeutlichen, was das
ieße, wiederhole ich: Vor Einführung der bundesein-
eitlichen Regelung, wie sie im Rahmengesetz steht, gab
s im damaligen Westdeutschland an den Hochschulen
und 70 verschiedene Personalkategorien. Das wäre un-
erer Einschätzung nach aber noch nicht das
chlimmste.
Diese 70 Personalkategorien bezogen sich immerhin

uf die klaren Qualifikationsschritte Hochschulab-
chluss, Promotion und Habilitation. Wenn wir aber
uch bei diesen Qualifizierungsschritten den Weg zurück
n die Kleinstaaterei wählen, geraten wir schnell in eine
ituation, wie sie für Lehramtsstudierende seit jeher är-
erliche Realität ist:


(Beifall bei der SPD und der FDP)

hr Abschluss wird nicht überall in Deutschland aner-
annt. Es liegt in der Willkür der Länder, ob im Einzel-
all eine Anerkennung ausgesprochen wird oder nicht.
ine solche Entwicklung bei den Abschlüssen von wis-
enschaftlichen Qualifikationsschritten wäre in höchs-
em Maß schlecht für die Mobilität der Wissenschaftle-
innen und Wissenschaftler innerhalb Deutschlands und
amit natürlich auch für unser Bestehen im weltweiten
ettbewerb um die klügsten Köpfe.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)


Gerade deshalb kann ich den Antrag, der ja von Ihrer
andesregierung, Herr Frankenberg, in den Bundesrat
ingebracht wurde, nicht verstehen. Natürlich werden
ie jetzt sagen, die Länder werden das untereinander ko-
rdinieren. Vielleicht geschieht das. Damit wären aber
inmal mehr die Parlamente faktisch von der Debatte
usgeschlossen. Stattdessen würde beispielsweise die
andesregierung in Sachsen darüber mitbestimmen, was
n Schleswig-Holstein zu gelten hat. Ich habe damit
das tut mir Leid – ein grundsätzliches Problem. Ihre
orstellung von Föderalismus ist, dass die Regierungen

13694 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004


(A) )



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Grietje Bettin

die Sachen ausdealen und die Parlamente nur noch abni-
cken sollen, ohne selbst gestalten zu können.


(Beifall bei der SPD – Jörg Tauss [SPD]: PISA überall! – Gegenruf des Abg. Dr. Christoph Bergner [CDU/CSU]: Na, na!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir als Grüne set-
zen uns dafür ein, zum einen die Parlamente an wichti-
gen politischen Diskussionen von Anfang an zu beteili-
gen und zum anderen die Mobilitätschancen von
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in ganz
Deutschland aufrechtzuerhalten. Dafür muss der Bund
die Zuständigkeit für das Dienstrecht an Hochschulen
behalten. Um das zu erreichen, sollten wir aus fachpoliti-
scher Sicht gemeinsam an einem Strang ziehen.

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514618900

Das Wort hat die Kollegin Ulrike Flach, FDP-Frak-

tion.


Ulrike Flach (FDP):
Rede ID: ID1514619000

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und

Herren! Die Regierungskoalition hat uns heute eine Re-
paraturnovelle vorgelegt, die notwendig wurde – darüber
haben wir eben bereits ausführlich gesprochen –, weil
das Bundesverfassungsgericht die 5. HRG-Novelle ge-
kippt hat. Ich will an dieser Stelle für die FDP sehr klar
und deutlich sagen: Wir werden dieser Reparatur zustim-
men, weil wir Sicherheit für die Betroffenen wollen und
weil wir die Juniorprofessur für richtig, für zukunftswei-
send und für notwendig erachten. Wir werden dieser No-
velle zustimmen, auch wenn wir uns mehr Flexibilität
für die aus Drittmitteln finanzierten Stellen wissen-
schaftlicher Mitarbeiter, genau wie es Herr Bergner eben
angeführt hat, und mehr Flexibilität im Bereich der Stu-
dierenden gewünscht hätten.

Ich möchte die Gelegenheit nicht verstreichen lassen,
auf drei Punkte hinzuweisen, die über das, was wir heute
besprechen, hinausgehen:

Erstens. Die finanzielle Situation der deutschen
Hochschulen ist kritisch. Das Missverhältnis zwischen
Drittmitteleinwerbung und Stellen an Hochschulen ist
eklatant. Wir freuen uns natürlich, dass Mittel aus der
Wirtschaft eingeworben werden, wir kritisieren aber auf
das Schärfste, Herr Professor Frankenberg – ich bitte Sie
sehr, das mitzunehmen –, dass die Bundesländer die
Stellenzahl an Hochschulen zum Teil drastisch zusam-
menstreichen. Es besteht aktuell die Gefahr, dass die Ju-
niorprofessuren finanziell unzureichend ausgestattet
werden.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Zweitens. Erhebliche Probleme werden auf die
Juniorprofessur auch aufgrund des sich abzeichnenden
Ergebnisses der Föderalismuskommission zukommen.
Wir haben zurzeit circa 1 000 Juniorprofessoren, wir

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(C (D rauchen 3 000. Dafür brauchten wir eigentlich neues eld. ch bin sehr gespannt, wie viele Juniorprofessorenstellen ach Auslaufen der Förderung durch den Bund erhalten leiben. Angesichts der Recherchen des Bundesrechungshofes – auch das sage ich sehr deutlich – wird die DP sehr genau danach schauen, was an den Universitäen wirklich passiert: Kommt das Geld wirklich den uniorprofessuren zugute oder stattet sich vielleicht jeand gut aus oder werden Baumaßnahmen vorgenomen? Solche Vorkommnisse können wir nicht dulden, rau Bulmahn. (René Röspel [SPD]: Gegen wen richtet sich die Kritik?)


(Jörg Tauss [SPD]: Eigenheimzulage!)


Drittens. Ihre Reparaturnovelle bringt uns leider auch
einen Schritt weiter bei der Schaffung eines Wissen-
chaftstarifvertrages.


(Jörg Tauss [SPD]: Das müssen Sie in BadenWürttemberg machen!)


rau Berg, Sie wissen, dass Sie auf die Unterstützung
er FDP zählen können. Wir hoffen sehr, dass ein sol-
her endlich einmal kommen wird.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Jörg Tauss [SPD])


Meine Damen und Herren, dieses wird heute, wenn
ch das richtig einschätze, was Frau Bettin eben zu den
rgebnissen der Föderalismuskommission gesagt hat,
ie letzte HRG-Novelle sein, die wir hier zusammen dis-
utieren.


(Jörg Tauss [SPD]: Seien Sie nicht so pessimistisch! Weisheit kommt manchmal von oben!)


ch bedaure dies für die FDP. Wir waren die Einzigen,
ie ein wirklich verschlanktes HRG vorgelegt haben.


(Beifall bei der FDP)

ch hätte mich gefreut, wenn auch Frau Bulmahn das ge-
an hätte, wie sie es immer versprochen hat. Das hätte
ielleicht die Verhandlungen mit den Ländern erleichtert.
Wir befinden uns also jetzt in der Situation, dass wir

ine Bildungsministerin haben, die Gefahr läuft, nur
och Dekorationscharakter zu haben oder zur reinen
orschungsministerin zu verkommen.


(Jörg Tauss [SPD]: Also wirklich! Forschung ist ja auch nicht übel!)


Das „verkommen“ nehme ich zurück.

(Jörg Tauss [SPD]: Seien Sie mal optimis tisch!)

ch glaube, die Zeit für die deutschen Hochschulen wird
rotz Juniorprofessur nicht leichter werden.


(Beifall bei der FDP – Jörg Tauss [SPD]: Deshalb brauchen wir die Eigenheimzulage! – Gegenruf der Abg. Ulrike Flach [FDP]: Von mir können Sie sie haben!)


Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 13695


(A) )



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Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514619100

Das Wort hat die Bundesministerin für Bildung und

Forschung, Edelgard Bulmahn.

Edelgard Bulmahn, Bundesministerin für Bildung
und Forschung:

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolle-
ginnen und Kollegen! Wir diskutieren heute über eine
Novelle, die notwendig geworden ist, nachdem die
5. HRG-Novelle im Juli dieses Jahres durch das Bundes-
verfassungsgerichtsurteil insgesamt für nichtig erklärt
wurde. Die Entscheidung war umstritten; das zeigt das
Minderheitenvotum. Das nützt aber den Betroffenen
überhaupt nichts. Deshalb haben wir diese Novelle sehr
schnell erarbeitet und vorgelegt.

Um, Herr Bergner, einem kollektiven Gedächtnisver-
lust vorzubeugen, erinnere ich daran, dass das, was wir
in der 5. HRG-Novelle niedergelegt hatten, dem klaren
Votum des Wissenschaftsrats entsprach. Im Wissen-
schaftsrat sind alle Länder und Wissenschaftsorganisa-
tionen vertreten – nur so viel zur Auffrischung Ihres Ge-
dächtnisses.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Mit der jetzt vorliegenden Novelle schaffen wir wie-
der Rechtssicherheit, sowohl für die Juniorprofessorin-
nen und Juniorprofessoren als auch für die befristeten
Beschäftigungsverhältnisse. Wir mussten so schnell rea-
gieren, weil die Länder, die die Juniorprofessur jetzt in
ihre Landesgesetzgebung aufnehmen wollten, praktisch
keine bundesrechtliche Grundlage mehr hatten. Das trifft
im Übrigen auch für das Land Baden-Württemberg zu.
Deshalb habe ich, gemeinsam mit den Wissenschaftsmi-
nistern und -ministerinnen der Länder, sehr schnell die
Eckpunkte erarbeitet und den Gesetzentwurf hier vorge-
legt. Ich will mich ausdrücklich bei allen Beteiligten für
die konstruktive Mitwirkung bedanken, durch die das so
schnell möglich war.

Unser Ziel war, dass – ich denke, das wird uns gelin-
gen – zum Anfang des nächsten Jahres wieder für alle
Beteiligten Rechtssicherheit hergestellt ist.


(Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD])

Ich denke, das ist sowohl im Interesse der jungen Wis-
senschaftlerinnen und Wissenschaftler wie auch im Inte-
resse der Hochschulen und Forschungseinrichtungen
notwendig und wichtig.


(Beifall bei der SPD und der FDP)

Wir sind uns alle einig – das will ich deutlich unter-

streichen –, dass die Juniorprofessur ein wichtiger Karri-
ereweg für junge Wissenschaftlerinnen und Wissen-
schaftler ist. Das zeigt sich im Übrigen auch an der
großen Zahl der jungen Wissenschaftler, die sich um die
Juniorprofessur bewerben.

Besonders freut mich, dass sehr viele junge Wissen-
schaftlerinnen von dieser Möglichkeit Gebrauch ma-
chen.


(Beifall bei der SPD)


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(C (D ir haben hier einen deutlich höheren Anteil als übliherweise, nämlich einen Anteil von 30 Prozent. Ebenso st der Anteil der Bewerbungen aus dem Ausland deutich höher. Es ist ja auch unser gemeinsames Anliegen, m Ausland wieder attraktiver zu werden. Die Zahlen prechen dafür, dass die damals getroffene Entscheiung, diesen Karriereweg für junge Wissenschaftlerinen und Wissenschaftler zu eröffnen, richtig war. Ich setze darauf, dass die Länder, vor allem aber die niversitäten die Juniorprofessur auch wirklich gut einetzen. Ich sage das ausdrücklich, weil ich weiß, dass as an den Universitäten manchmal unterschiedlich geandhabt wird. Es liegt in der Verantwortung der Uniersitäten, den Juniorprofessoren das zu ermöglichen, as wir gesetzlich garantieren, nämlich eigenständige issenschaft und eigenständige Lehre. Dafür sollen die ittel verwendet werden, die sie aus dem Bundesproramm erhalten. Das ist ganz klar vereinbart und wird uch immer wieder überprüft. Ich sage allerdings ausrücklich auch: Es liegt in der Verantwortung der Uniersitäten, das zu gewährleisten. Das 2002 geschaffene Befristungsrecht, das ebenfalls estandteil dieser Novelle ist und durch das für die Quaifikationsphase auf die Angabe eines besonderen Sachrundes verzichtet wird – das ist ein Fortschritt; wir haen eine zwölfjährige Qualifikationsphase geschaffen, in er nicht immer wieder neu eine inhaltliche Begründung ür eine Befristung erfolgen muss –, wird mit dieser Noelle bestätigt. Zudem haben wir in dieser Novelle eine bergangsregelung bis zum Jahr 2008 vorgesehen. Frau Flach, auch ich hätte gerne eine flexiblere Rege ung vorgesehen. Herr Bergner, Sie reden an dem Prolem vorbei, wenn Sie sagen, dies könne man allein urch ein Gesetz regeln. Was wir brauchen, ist ein Wisenschaftstarifvertrag. (Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Grietje Bettin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und der Abg. Ulrike Flach [FDP])


enn wir den nicht haben, können wir auch durch noch
o sinnvolle gesetzliche Regelungen nichts ändern.
Ich habe deswegen die ausdrückliche Bitte an die

änder – mehr kann ich ja nicht tun –, aber auch an alle
bgeordneten, ihren Beitrag dazu zu leisten, dass wir ei-
en solchen Tarifvertrag bekommen. Denn wenn die
änder nicht mit im Boot sitzen, können wir zwar etwas
ür die außeruniversitäre Forschung auf den Weg brin-
en, aber nichts für die Universitäten tun, wo die meisten
etroffenen arbeiten.
Mein dringlicher Appell an die Länder ist, dass sie
itmachen. Sonst kann die jetzige Situation nicht verän-
ert werden. Ich halte, was bekannt ist, einen Wissen-
chaftstarifvertrag oder zumindest ein Fenster im BAT,
it dem genau diese Möglichkeit geschaffen werden
ann, für zwingend erforderlich.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie der Abg. Ulrike Flach [FDP])


13696 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004


(A) )



(B) )


Bundesministerin Edelgard Bulmahn

Die Bundesregierung unterstützt das Votum des Wis-

senschaftsrates. Um es einmal klar zu sagen: Was wir von
jedem mittelständischen Unternehmen verlangen, muss
man auch von einer Universität mit mehreren tausend Be-
schäftigten verlangen können. Da gibt es übrigens keinen
Dissens zwischen Bund und Ländern. Wir müssen und
wir wollen diesen Weg gemeinsam gehen. Diese Aufgabe
wird von allen sehr wohl erkannt. Ich hoffe, dass wir in
Kürze erste Fortschritte sehen werden, Frau Flach.


(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich mit

der klaren Aussage schließen, dass Deutschland insge-
samt innovationsfähiger und international wettbewerbs-
fähiger werden muss. Dazu gehört auch, dass wir mehr
Mittel in die Hochschulen investieren. Die Bundesregie-
rung tut das. Sie hat die entsprechenden Mittel um
23 Prozent erhöht.

Ich will allerdings als Reaktion auf Ihre Beiträge hier
sagen: Wir müssen auch den Mut und das Rückgrat ha-
ben, in den öffentlichen Haushalten umzuschichten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Das ist keine theoretische Diskussion. Wir diskutieren
über eine ganz wesentliche Umschichtung, mit der wir
jedes Jahr 6 Milliarden Euro zusätzlich für Wissenschaft
und Bildung mobilisieren können.


(Jörg Tauss [SPD]: Ja!)

Ich kann es einfach nicht verstehen – das sage ich an die
Adresse der CDU/CSU –, warum Sie sich dieser not-
wendigen Einsicht verschließen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Das Geld wird nicht à la Sterntaler in unseren Schoß fal-
len.


(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Die Redezeit ist längst vorbei! Das waren mehr als fünf Minuten, Frau Präsidentin!)


Wir müssen schon den Mut und die Courage haben,
diese Entscheidung zu treffen. Deshalb mein Appell:
Machen Sie einmal Ernst damit und bestehen Sie die Na-
gelprobe!


(Beifall bei der SPD)

Das liegt in unserem gemeinsamen Interesse.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Peter Ramsauer [CDU/ CSU]: Das waren doch mehr als zehn Minuten, oder?)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514619200

Das Wort hat der Minister für Wissenschaft, For-

schung und Kunst des Landes Baden-Württemberg, Herr
Professor Dr. Frankenberg.


(Jörg Tauss [SPD]: Wen haben Sie denn gewählt? Schavan oder Oettinger?)


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(C (D Dr. Peter Frankenberg, Minister (Baden-Württemerg)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auf je-

en Fall habe ich nicht Herrn Tauss gewählt,

(Ernst Burgbacher [FDP]: Das ist eine gute Entscheidung! – Jörg Tauss [SPD]: Ich stand ja auch nicht zur Wahl!)


nd dieses zum Wohl unseres Landes.
Internationale Hochschulrankings wie das der Jiao

ong University in Schanghai oder von „Times Higher
ducation Supplement“ zeigen, dass unter den ersten
0 Hochschulen in der Welt höchstens eine deutsche ist.
ie sind diese Hochschulen verfasst? Sie sind eigentlich
berhaupt nicht staatlich reglementiert. Sie unterliegen
uch keinem Rahmenrecht, was ihre Personalstruktur
ngeht. Es gibt für sie auch kein Dienstrecht, das lan-
esweit vorgegeben ist. Sie haben vielmehr ihr eigenes
ienstrecht und ihr eigenes Personalrecht.
In diesen Ländern gibt es zwischen den Hochschulen

uch eine höhere Mobilität, als es in Deutschland mit
einer hohen Reglementierungsdichte der Fall ist. Nicht
eglementierung schafft Mobilität, sondern Attraktivi-
ätsunterschiede, auch im Personal- und Dienstrecht.
iese Freiheit müssen wir unseren Hochschulen geben,
amit sie in ihren Strukturen in der Welt konkurrenzfä-
ig werden.


(Beifall bei der CDU/CSU)

uch müssen sie volle Freiheit, was das Personalrecht
ngeht, haben.
Wir haben eine gute Möglichkeit, eine solche Dezen-

ralisierung in Bezug auf das Personalrecht zu schaffen
nd individuellere Personalrechte der Hochschulen zu
erfassen. Diese Möglichkeit ist durch Art. 125 a Abs. 2
es Grundgesetzes gegeben. Demnach kann der Bund
en Ländern Regelungsfreiheit im Bereich der Personal-
truktur geben. Genau das wollen wir mit unserer Bun-
esratsinitiative erreichen.
Diese Freiheit wollen wir an die Hochschulen mög-

ichst weitergeben.

(Ulrike Flach [FDP]: Nicht „möglichst“, bitte!)

So weit wie möglich, Frau Flach.


(Jörg Tauss [SPD]: Aha!)

ies sind die internationalen Standards.


(Jörg Tauss [SPD]: Da haben wir in BadenWürttemberg schon Erfahrungen gemacht! Das kann ich Ihnen sagen!)


Herr Tauss, wenn Sie die Rankings gelesen haben,
ann können Sie nicht sagen, dass wir in Baden-
ürttemberg eine schlechte Hochschullandschaft haben.


(Jörg Tauss [SPD]: Gerade haben Sie die Rankings doch richtig hochgehalten!)


Sie müssen doch auf Ihr Land stolz sein.

(Lachen bei der SPD und der FDP – Jörg Tauss [SPD]: Tag und Nacht!)


Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 13697


(A) )



(B) )


Minister Dr. Peter Frankenberg (Baden-Württemberg)


Wettbewerb ist nur möglich, indem wir Unterschiede

zulassen, es Unterschiede von Land zu Land und von
Hochschule zu Hochschule gibt und sich die Länder über
die notwendigen Mindeststandards verständigen.

Diese Freiheit der Institutionen bzw. der Hochschulen
sollte auch Leitlinie für die Föderalismuskommission
sein.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Pläne, die Hochschulzulassung, die Abschlüsse oder gar
die Qualitätssicherung in eine konkurrierende Zustän-
digkeit des Bundes zu überführen, sind der Errichtung
einer wettbewerblichen und leistungsfähigen Hochschul-
landschaft nicht gerade förderlich.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514619300

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen

Burgbacher?

(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Was macht die FDP denn jetzt? – Jörg Tauss [SPD]: Sie dürfen doch nicht mehr, Herr Burgbacher! – Dr. Uwe Küster [SPD]: Herr Burgbacher, fassen Sie sich!)



(Baden-Württemberg)


Ja, bitte.


Ernst Burgbacher (FDP):
Rede ID: ID1514619400

Sie haben die Föderalismuskommission angespro-

chen. Ist Ihnen bekannt, dass die FDP dort einen Antrag
gestellt hat, die Autonomie der Hochschulen im Grund-
gesetz festzuschreiben, der leider von allen anderen Par-
teien dort abgelehnt wurde?


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: So was kann kommen, wenn es einen radikalen Liberalismus gibt!)



(Baden-Württemberg)


Mir ist der Antrag bekannt. Meine persönliche Mei-
nung ist: Wir sollten in diese Richtung gehen. Wenn die
Autonomie verfassungsmäßig verankert werden könnte,
wäre das sicherlich für unsere Hochschulen kein Negati-
vum.


(Beifall bei der FDP – Dr. Uwe Küster [SPD]: Radikal brutal!)


Wenn die konkurrierende Gesetzgebung so käme, wie
es der Bund in der Föderalismuskommission fordert,
dann hätte er eine Detailregelungskompetenz. Er könnte,
was die Zulassung betrifft, im Grunde genommen ein
Bundeshochschulgesetz schaffen, das die modernen Zu-
lassungsrechte der Länder wieder abschafft. Er könnte
Bundesevaluationsbehörden schaffen und eine Bundes-
zulassungsanstalt einrichten. Dann hätten wir kein wett-
bewerbliches und kein leistungsfähiges Hochschulsys-
tem mehr, sondern ein überreglementiertes, das
überhaupt nicht mehr in der Lage wäre, deutsche Hoch-

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(C (D chulen unter die ersten 50 internationalen Hochschulen u bringen. Ich komme damit zum Entwurf des Gesetzes zur Än erung dienstund arbeitsrechtlicher Vorschriften im ochschulbereich oder kurz: zur HRG-Reparaturnoelle. Dieses Gesetz ist nicht der beste Weg; aber es ist er zweitbeste. Der Entwurf der Bundesregierung bzw. er Regierungsfraktionen kommt uns insofern entgegen wir haben diesen Entwurf mitgestaltet –, als etwa weiere Personalkategorien durch die Länder eingeführt erden können, als die Habilitation nicht mehr diskrimiiert wird und als die Regelungsdichte, die zu der Vererfung vor dem Verfassungsgericht geführt hat, zuückgenommen wird. (Jörg Tauss [SPD]: Vor allem werden die Juniorprofessoren diskriminiert!)


(Jörg Tauss [SPD]: Jetzt aber!)


Junioren werden in Baden-Württemberg nie diskrimi-
iert, Herr Tauss.


(Jörg Tauss [SPD]: Gucken Sie mal die Zahlen an!)


Die Regelungen sind auch deshalb zustande gekom-
en, weil wir uns als Länder – Frau Bettin, anders als
ie es vermutet haben – sofort nach dem Urteil des Bun-
esverfassungsgerichts mit dem Bund zusammengesetzt
aben, um zu sehen, wie wir auf diesem Wege zu einer
invernehmlichen Regelung kommen, damit eine gesetz-
iche Regelung nicht wieder in die Grauzone verfas-
ungsrechtlicher Fragwürdigkeit gerät.


(Jörg Tauss [SPD]: Als es fertig war, habt ihr euch nicht mehr getraut!)


Das jetzige Gesetz ermöglicht eine Öffnung für Län-
erregelungen, etwa in den Personalkategorien. Es ver-
essert die Möglichkeiten für Länderregelungen, etwa in
er Zweiphasigkeit der Juniorprofessur und in den Ein-
tellungsvoraussetzungen. Ich darf besonders meinem
ollegen Professor Zöllner aus Rheinland-Pfalz, der die
-Seite koordiniert, danken, dass wir insgesamt zu die-
er konstruktiven Lösung finden konnten.
Der Gesetzentwurf ist eine akzeptable Lösung. Der
angel ist kommentiert und diskutiert worden, nämlich:
s fehlt eine Regelung für die Drittmittelbeschäftigten
enseits der Zwölfjahresgrenze. Wir müssen die Über-
angsfrist bis 2008 nutzen, um wissenschaftsverträgli-
he und wissenschaftsadäquate Regelungen für die Dritt-
ittelbeschäftigten zu finden. Das ist einer der großen
tandortnachteile, die wir gegenüber dem Ausland ha-
en.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Das rasche Handeln war notwendig. Es ist jetzt auch

otwendig, dass dieses Gesetz möglichst bis zum Beginn
es nächsten Jahres in Kraft tritt – um der Rechtssicher-
eit der Beschäftigten willen, aber auch um der Rechts-
icherheit der Hochschulen und der Länder willen.
Dieser Gesetzentwurf ist keine Entscheidung über die

ukunft des Hochschulrahmengesetzes. Dieser Ansicht

13698 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004


(A) )



(B) )


Minister Dr. Peter Frankenberg (Baden-Württemberg)


ist auch die Bundesregierung in ihren Ausführungen. Sie
bekundet ihre Bereitschaft, das HRG insgesamt auf den
Prüfstand zu stellen.

Die aktuellen Probleme, die durch das gesetzgebe-
rische Fiasko der Bundesregierung mit der 5. HRG-No-
velle ausgelöst worden sind, werden durch diese Novelle
vernünftig gelöst. Aber zur nachhaltigen Lösung der Zu-
kunftsprobleme unserer Hochschulen, zur größeren und
notwendigen institutionellen Freiheit unserer Hochschu-
len müssen sehr viel mutigere Schritte gegangen werden,
als wir sie bis jetzt gegangen sind.

Perikles sagte:
Das Geheimnis der Freiheit ist der Mut.

Von diesem Mut haben wir in Bezug auf die Hochschul-
landschaft noch viel zu wenig.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514619500

Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den von den

Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen
eingebrachten Gesetzentwurf zur Änderung dienst- und ar-
beitsrechtlicher Vorschriften im Hochschulbereich, Druck-
sache 15/4132. Der Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung empfiehlt unter Nr. 1 seiner
Beschlussempfehlung auf Drucksache 15/4418, den Ge-
setzentwurf anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen, um das Handzeichen. – Wer
stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf
ist damit in zweiter Beratung mit den Stimmen des gan-
zen Hauses angenommen.

Wir kommen zur
dritten Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen, sich zu erheben. – Wer
stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf
ist damit in dritter Beratung angenommen.

Unter Nr. 6 seiner Beschlussempfehlung auf Druck-
sache 15/4418 empfiehlt der Ausschuss für Bildung,
Forschung und Technikfolgenabschätzung, eine Ent-
schließung anzunehmen. Wer stimmt für diese Be-
schlussempfehlung? – Gegenprobe! – Enthaltungen? –
Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der Koali-
tion und der FDP bei Enthaltung der CDU/CSU ange-
nommen.

Wir kommen zur Abstimmung über die Beschluss-
empfehlung zu dem von der Bundesregierung einge-
brachten Gesetzentwurf zur Änderung dienst- und ar-
beitsrechtlicher Vorschriften im Hochschulbereich,
Drucksachen 15/4229 und 15/4299. Der Ausschuss für
Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung
empfiehlt unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung auf
Drucksache 15/4418, den Gesetzentwurf für erledigt zu
erklären. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –
Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Beschluss-

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(C (D mpfehlung ist damit mit den Stimmen des ganzen Haues angenommen. Wir kommen zur Abstimmung über den vom Bundes at eingebrachten Entwurf eines Hochschulpersonaltrukturfreigabegesetzes auf Drucksache 15/3924. Der usschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenbschätzung empfiehlt unter Nr. 3 seiner Beschlussempehlung auf Drucksache 15/4418, den Gesetzentwurf abulehnen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf ustimmen, um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Entaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beatung mit den Stimmen der Koalition und der FDP bei nthaltung der Union abgelehnt. Damit entfällt nach unerer Geschäftsordnung die weitere Beratung. Tagesordnungspunkt 26 b: Wir setzen die Abstimung über die Beschlussempfehlung des Ausschusses ür Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung uf Drucksache 15/4418 fort. Der Ausschuss empfiehlt nter Nr. 4 seiner Beschlussempfehlung die Ablehnung es Antrags der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 5/4131 mit dem Titel „Flexiblere Personalstrukturen ei Drittmittelprojekten im Hochschulbereich schaffen“. er stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegenrobe! – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist it den Stimmen der Koalition bei Gegenstimmen der DU/CSU und der FDP angenommen. Unter Nr. 5 seiner Beschlussempfehlung auf Druck ache 15/4418 empfiehlt der Ausschuss für Bildung, orschung und Technikfolgenabschätzung die Ablehung des Antrags der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/4151 mit dem Titel „Befristungen von Beschäftiungsverhältnissen im Hochschulbereich flexibilisieen“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Geenprobe! – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung st mit den Stimmen der Koalition bei Gegenstimmen er CDU/CSU und der FDP angenommen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 27 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Markus Löning, Ulrich Heinrich, Dr. Werner Hoyer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Deutsche Entwicklungszusammenarbeit mit China und Indien zu einer Zusammenarbeit in Wirtschaft, Forschung und Ausbildung umbauen – Drucksache 15/3823 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Auswärtiger Ausschuss Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die raktion der FDP fünf Minuten Redezeit erhalten soll. – ch höre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlosen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege arkus Löning, FDP-Fraktion. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 13699 Frau Präsidentin! Meine Damen! Meine Herren! Er lauben Sie mir, vor dem eigentlichen Beginn meiner Rede das Thema China aufzugreifen. Ich habe dem Ticker entnommen, dass der Bundeskanzler nicht beabsichtigt, den mit Zustimmung des ganzen Hauses von uns gefassten Beschluss, das Waffenembargo gegen China aufrechtzuerhalten, zu berücksichtigen. Er hat öffentlich erklärt, dass er sich nicht an dieses Votum halten wird, auch nicht bei der Abstimmung auf dem Europäischen Rat. Ich muss ehrlich sagen: Das ist ein dickes Ding. Hier appelliere ich auch die Kolleginnen und Kollegen von der Regierungskoalition: Das dürfen wir uns nicht gefallen lassen. Diese Missachtung des deutschen Parlaments ist unerhört. (Erich G. Fritz [CDU/CSU]: Da ist er ja genauso wie Putin! – Sibylle Pfeiffer [CDU/ CSU]: Aber so ist er!)


(A) )


(B) )

Markus Löning (FDP):
Rede ID: ID1514619600

(Dr. Werner Hoyer [FDP]: Unerhört!)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Lassen Sie mich zum Thema zurückkommen. Meine
Damen und Herren, wenn unsere Entwicklungspolitik
erfolgreich gewesen ist, müssen wir das anerkennen.
Dann müssen wir unsere klassische Entwicklungspolitik
mit Ländern, in denen das der Fall war, einstellen. Das
ist im Wesentlichen Inhalt unseres Antrags. Es geht um
zwei Länder, Indien und China, die in den letzten Jahren
in zwei Bereichen sehr erfolgreich gewesen sind: Erstens
haben sie es geschafft, ihre Wirtschaft sehr gut zu entwi-
ckeln und hohe Wachstumsraten zu erzielen. Zweitens
haben sie es geschafft, den Anteil der absolut Armen in
ihren Bevölkerungen deutlich zu reduzieren.

Auch der Zusammenhang zwischen diesen beiden
Tatsachen ist klar und deutlich: Nur der, der es schafft,
Wohlstand zu generieren und die Wirtschaft zu entwi-
ckeln, ist auch in der Lage, Armut zu bekämpfen. In In-
dien wurde in den letzten Jahren ein durchschnittliches
Wachstum von circa 8 Prozent pro Jahr erzielt. Diese
Entwicklung wurde Mitte der 90er-Jahre mit den Wirt-
schaftsreformen des jetzigen Premierministers eingelei-
tet. Es ist den Indern gelungen, den Anteil der absolut
Armen in ihrer Bevölkerung auf 25 Prozent zu reduzie-
ren. Das ist eine erhebliche Leistung, wenn man be-
denkt, dass noch vor circa 30 Jahren über 60 Prozent,
fast zwei Drittel, der Inder unterhalb der Armutsgrenze
gelebt haben.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Es sind sehr viel mehr geworden!)


Auch in China ist es gelungen, den Anteil der absolut
Armen auf circa ein Zehntel der Bevölkerung zu redu-
zieren.

Dagegen kann man einwenden, dass das immer noch
Hunderte von Millionen Menschen sind; das ist ganz
ohne Zweifel richtig. Allerdings sind wir uns in diesem

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(C (D aus auch ohne Zweifel darin einig, dass weiter daran earbeitet und dafür gekämpft werden muss, dass diejeigen, die immer noch in absoluter Armut leben, daraus efreit werden. Die Fragen sind allerdings: Wer muss as tun? Sind wir dafür verantwortlich? Oder müssen wir unseren Partnern sagen: Ihr habt ge eigt, dass ihr euch selbst helfen und eure Wirtschaft entickeln könnt und dass ihr in der Lage seid, Arbeitslätze zu schaffen und Armut effektiv zu bekämpfen; un könnt ihr die Armut, die noch vorhanden ist, selbst ekämpfen. Dann könnten wir uns aus der klassischen ntwicklungszusammenarbeit mit diesen beiden Länern zurückziehen und diese Zusammenarbeit auf zuunftstächtige Füße stellen. ie Zusammenarbeit mit diesen Ländern in den Bereihen Wissenschaft und Wirtschaft sowie im kulturellen ereich muss auf jeden Fall ausgebaut werden. Aber aus nserer Sicht kann unsere klassische Armutsbekämpung, die klassischen Programme der Entwicklungszuammenarbeit mit diesen Ländern, eingestellt werden. Ich möchte nur auf zwei sehr renommierte Institutio en verweisen: zum einen auf das DIE, zum anderen auf ie KfW. Beide machen deutlich, dass die Armutsbeämpfungsprogramme, die aufgelegt worden sind, nicht azu beigetragen haben, dass die Armut in den letzten ahren so stark zurückgegangen ist. Ich möchte noch einen weiteren Punkt, den ich für ntscheidend halte, ansprechen. Ich möchte, dass wir uneren Partnern, wenn wir auf gleicher Augenhöhe mit ihen reden und verhandeln, ins Gesicht sagen können: Es st jetzt eure Verantwortung, nicht mehr unsere. Ihr abt gezeigt, dass ihr sehr viel leisten könnt. Nehmt eure erantwortung nun auch wahr und sorgt dafür, dass der ohlstand, der in euren Gesellschaften erarbeitet wird, uch verteilt wird, sodass alle daran teilhaben können! Es war ein Erfolgsmodell in der Bundesrepublik eutschland und in Europa, dass immer die gesamte Geellschaft das Gefühl hatte, am steigenden Wohlstand zu artizipieren. Diesen Weg können wir daher nur empfehen. Aber wir können die Entscheidung, diesen Weg zu ehen, nicht für eine andere Gesellschaft treffen. Wir önnen den Chinesen oder Indern nicht sagen: Ihr müsst as machen. Diese Verantwortung müssen sie selbst bernehmen. Unsere Aufgabe kann es nur sein, Sie an iese Verantwortung zu erinnern. as, meine Damen und Herren, sollten wir tun. Damit kein Missverständnis entsteht, will ich noch inmal ganz klar sagen: Es geht nicht darum, die Zusamenarbeit einzustellen oder in irgendeiner Form zu verindern. Im Gegenteil, es geht darum, die Zusammenareit mit diesen für uns sehr wichtigen Partnern auf ukunftsträchtige Füße zu stellen, auf die Bereiche zu onzentrieren, die Zukunft haben. Aus meiner Sicht sind 13700 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 Markus Löning das im Wesentlichen die Bereiche Wissenschaft und Wirtschaft. Herr Kollege, schauen Sie bitte einmal auf die Uhr. Vielen Dank, Frau Präsidentin. Das war auch schon mein letztes Wort. Das Wort hat der Kollege Detlef Dzembritzki, SPD Fraktion. Frau Präsidentin! Liebe Frau Kollegin Pfeiffer! Liebe Kollegen! Es ist schön, mit Ihnen hier noch gemeinsam zu diskutieren, obwohl ich, Kollege Löning, nachdem ich Ihren Antrag gelesen und jetzt auch Ihre Rede gehört habe, der Meinung bin, dass wir uns diese Diskussion heute eigentlich nicht mehr hätten zumuten müssen. Denn die Entwicklungszusammenarbeit zwischen China bzw. Indien und der Bundesrepublik Deutschland steht auf zukunftsträchtigen Füßen. Sicherlich hätte man manche Details in anderer Runde noch diskutieren können. Aber Ihr Antrag trägt den missverständlichen Titel: Deutsche Entwicklungszusammenarbeit mit China und Indien zu einer Zusammenarbeit in Wirtschaft, Forschung und Ausbildung umbauen Das „umbauen“ klingt sehr nach „beschränken auf“. Die Bereiche, die Sie angesprochen haben, sind längst Bestandteil der Zusammenarbeit: Das wissen Sie auch, ich unterstelle Ihnen, dass Sie sich mit dem Programm des Ministeriums beschäftigt haben. Ich denke, dass wir gut beraten sind – mein Eindruck war, dass Sie das ebenfalls meinen –, mit beiden Ländern in den Bereichen Wirtschaft, Forschung und Ausbildung weiterhin intensiv zu kooperieren. Wir tun das nicht nur im Bereich der Entwicklungspolitik – beispielsweise mit Ausbildungund Dialogprogrammen, die von der Gesellschaft InWEnt sehr erfolgreich durchgeführt werden –, sondern wir tun das auch in anderen Politikbereichen: Es gibt zum Beispiel den Rechtsstaatsdialog gemeinsam mit dem Bundesjustizministerium. Darüber hinaus sind wir auch auf anderen Sektoren entwicklungspolitisch aktiv. Die Forderung nach dem Auslaufen dieser Aktivitäten bildet eigentlich den Kern des FDP-Antrags. Sie haben dies damit begründet, dass beide Länder aufgrund ihres beeindruckenden Wirtschaftswachstums in den letzten zehn Jahren quasi über den Berg sind und in der Lage sind, die noch anstehenden Probleme selbst zu lösen; beide hätten – so begründen Sie jedenfalls Ihren Antrag – inzwischen sowohl das fachliche Know-how als auch die Mittel dazu. Wir sind dagegen der Meinung, dass die Fortsetzung der breit angelegten Entwicklungs z g s D n A W g b v Z m a M C m u A T r s s t e P G u – g z w u e f v u w h m d ü m s I G a z (C (D usammenarbeit mit beiden Ländern auch künftig – übriens auch in unserem ureigenen Interesse – notwendig ein wird. (Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD] und des Abg. Thilo Hoppe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)


(A) )


(B) )

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514619700
Markus Löning (FDP):
Rede ID: ID1514619800

(Beifall bei der FDP)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514619900

(Beifall bei der SPD)

Detlef Dzembritzki (SPD):
Rede ID: ID1514620000

(Jörg Tauss [SPD]: Ja! Schade!)


enn neben den industriellen Wachstumskernen und In-
ovationspolen haben Indien und China ausgedehnte
rmutsräume, in denen 50 Prozent der Armen dieser
elt leben. Wir müssen diese Länder daher in ihren ei-
enen Reformprozessen unterstützen und so zur Armuts-
ekämpfung beitragen; ich habe Sie hoffentlich richtig
erstanden, dass wir hierüber einen Konsens haben.
In den vergangenen Jahren gingen diese Bemühungen

ug um Zug mit mehr Eigenverantwortung und auch
it mehr Eigenleistung der Partnerländer einher; also
uch hier rennen Sie offene Türen ein.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

aßnahmen der direkten Armutsbekämpfung wurden in
hina bereits 1999 beendet. Die internationale Geberge-
einschaft hatte diese Maßnahmen erfolgreich genutzt,
m China für eine aktivere und modernere Politik der
rmutsbekämpfung zu gewinnen. Heute stehen andere
hemen und Schwerpunkte im Vordergrund der Koope-
ation mit China. Hierfür einige Beispiele: Die Progno-
en zur Ausbreitung von HIV/Aids in Indien und China
ind extrem besorgniserregend und von globaler Bedeu-
ung. Daher ist ein EZ-Engagement in beiden Ländern
rforderlich.
Das gilt im Übrigen auch für Epidemien wie SARS,

olio, Lepra und TBC. Mit der Zusage im Bereich der
esundheitsförderung und der Bekämpfung von HIV
nd Aids in China in Höhe von 166 Millionen Euro
20 Millionen Euro davon stehen allein für Sonderpro-
ramme in Bezug auf die Bekämpfung von HIV/Aids
ur Verfügung – haben wir deutliche Signale gesetzt.
Als G-8-Mitglied haben wir uns für ein aktives Mit-
irken an der Ausrottung von Polio verpflichtet. Einer
nserer Schwerpunkte setzt in Indien an. Indien hat hier
ine Beispielfunktion für die angrenzenden Länder. Die
ür die Jahre 2001 bis 2004 gemachten Zusagen in Höhe
on 80 Millionen Euro für die Bekämpfung von Polio
nd HIV/Aids werden Sie sicherlich nicht zurückziehen
ollen.
Lieber Herr Kollege Löning, ich werde hier nicht um-

inkommen, mir die Bemerkung zu erlauben, dass ich
ich gewundert habe, dass der Bereich Aids/HIV und
ie Seuchen, die ich angesprochen habe, in Ihrem Antrag
berhaupt keine Rolle spielen, obwohl Sie hier sonst im-
er zu denen gehören, die am stärksten Kritik üben und
agen, dass wir uns zu wenig darum kümmern.


(Beifall bei der SPD)

ch sehe hier gewisse Widersprüchlichkeiten und im
runde auch eine Fehlorientierung, die Sie mit Ihrem
uf einen sehr begrenzten Bereich abzielenden Antrag
um Ausdruck bringen.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 13701


(A) )



(B) )


Detlef Dzembritzki

In der Entwicklungszusammenarbeit gerade mit die-

sen Ländern sollte zum Beispiel auch die gesellschafts-
politische Förderung von Frauen einen Schwerpunkt
bilden. Wer sich etwas intensiver mit den gesellschaftli-
chen Problemen beschäftigt – Ein-Kind-Familie mit al-
len Folgen und Konsequenzen, Rolle der Frau, Rolle der
Familie –, wird mir zustimmen, dass wir uns um diesen
wesentlichen Bereich weiterhin kümmern sollten, um
insbesondere eine Entwicklung zu fördern und im gesell-
schaftspolitischen Bereich einen Beitrag dazu zu leisten,
die Rolle und die Position der Frauen zu stärken.

Meine Damen und Herren, je mehr die Menschen in
Indien und China aus der Armut herausgeholt werden
und je mehr die Menschen dort beginnen können, sich
selbst zu erhalten und sich ihren Gesundheitsbedürfnis-
sen in persönlicher Verantwortung zu widmen, umso
mehr wird in diesen Ländern zum Beispiel auch der Be-
darf an Ressourcen und Energie steigen. Ich will Ih-
nen aus dem Energiebereich einige Zahlen nennen: Für
die nächsten Jahrzehnte plant allein China zusätzliche
Kraftwerke mit einer Gesamtleistung von 350 000 Me-
gawatt. Das ist das Dreieinhalbfache der Menge, die wir
in der Bundesrepublik im Augenblick jährlich verbrau-
chen.


(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Elektrische Leistung verbraucht man nicht!)


– Okay, ich bedanke mich für den abendlichen Zwi-
schenruf, der den wissenschaftlichen Wert dieser De-
batte sicherlich unterstreicht. Herr Kollege Ramsauer,
ich denke aber, dass zum Ausdruck kommt, dass wir auf-
grund dieses erhöhten Energieverbrauchs und aufgrund
der mangelnden Wirkungsgrade der dortigen Kohle-
kraftwerke gut beraten sind, zum Beispiel mit fachli-
chem Know-how dazu beizutragen, eine Effizienzsteige-
rung dieser Kraftwerke und eine Reduzierung von CO2– das ist durch die Entwicklungszusammenarbeit ja be-
reits erfolgreich geschehen – zu erreichen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Markus Löning [FDP]: Aber wer bezahlt das, Herr Dzembritzki?)


Das ist auch im Interesse Europas und Deutschlands.
Wenn man sich all das, was mit dem Kioto-Protokoll

zusammenhängt, anschaut, dann wird, klar, dass die Ent-
wicklung beider Länder von zentraler Bedeutung ist. Die
lange und vertrauensbildende entwicklungs- und um-
weltpolitische Kooperation und der daran anknüpfende
Politikdialog haben einen maßgeblichen Anteil an der
Bereitschaft beider Länder, die absehbaren Emissions-
steigerungen durch mehr Energieeffizienz und durch die
Nutzung regenerativer Energien zu drosseln. Ich denke,
dass hieran deutlich wird, dass in der Zusammenarbeit
und in der Vertrauensbildung die entscheidenden Aufga-
benfelder liegen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, das Vor-
gehen der klassischen Industrienationen nach dem Prin-
zip, erst reich zu werden und später sauber zu machen,

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(C (D önnen wir uns aufgrund der Gefährdungen, denen sich ie internationale Gemeinschaft gerade im Bereich der mweltpolitik gegenübersieht, zukünftig nicht mehr eisten. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


eswegen – Herr Kollege Tauss, ich sehe das genauso
ie Sie – sind wir darauf angewiesen, diese vernünftige
rbeit fortzusetzen.
Man muss auch darauf hinweisen, dass wesentliche

eile der finanziellen Mittel der Entwicklungshilfe, die
ür Indien und China zur Verfügung gestellt werden,
arktmittel sind. Von den 1,4 Milliarden Euro, die im
ereich der Energieeffizienz für beide Länder zur Verfü-
ung gestellt werden, sind 700 Millionen Euro Kredit-
ittel. Hieran sieht man die wachsende Eigenkraft der
änder. Ich denke, da rennen Sie offene Türen ein.
Angesichts dieses Marktes habe ich persönlich über-

aupt keine Schwierigkeiten und Probleme damit, dass
ich aus einer fairen Zusammenarbeit auch Chancen und
öglichkeiten für die deutsche Wirtschaft ergeben. Wir
ind eine exportorientierte Industrienation und stehen in
lobaler Konkurrenz. Wenn also aus diesen Ländern
ufträge nach Deutschland gehen, so ist das zum Teil
uch die Dividende einer vertrauensvollen Entwick-
ungszusammenarbeit. Aus diesem Grunde werde ich
ich immer dafür einsetzen, dass wir hier unsere Arbeit
ortsetzen.


(Beifall bei der SPD)

China und Indien analysieren sehr konkret, in wel-

hen Bereichen die Entwicklungszusammenarbeit mit
eutschland komparative Vorteile bietet, und nutzen
ie Erfahrungen, die sie mit uns machen, um ihre eige-
en für die Entwicklung dieser riesigen Länder notwen-
igen Reformmaßnahmen voranzutreiben. Genau das ist
ie Art, wie Entwicklungszusammenarbeit – nicht Ent-
icklungshilfe – heutzutage funktionieren sollte.
Anders als die FDP bewertet die internationale Ge-

ergemeinschaft die Chancen und Risiken der Zusam-
enarbeit mit Indien und China so wie die Bundesregie-
ung. Weltbank, Asiatische Entwicklungsbank und
eispielsweise auch Großbritannien streben vor diesem
intergrund an, die Entwicklungszusammenarbeit mit
hina auf hohem Niveau zu halten und die Entwick-
ungszusammenarbeit mit Indien – das gilt jedenfalls für
roßbritannien – signifikant zu erhöhen.


(Markus Löning [FDP]: Das ist die Ausnahme!)


ort hat man erkannt, dass die Entwicklungszusammen-
rbeit ein wichtiger Bestandteil einer vertrauensvollen
usammenarbeit ist und der enge Politikdialog den Aus-
ausch gerade auch in sensiblen Bereichen wie Friedens-
icherung und Menschenrechtsfragen ermöglicht.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514620100

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist zu Ende.

13702 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004


(A) )



(B) )



Detlef Dzembritzki (SPD):
Rede ID: ID1514620200

Aus diesem Grund sind wir gut beraten, in der ent-

wicklungspolitischen Kooperation mit diesen Ländern
einen Baustein in der Strategie für friedliche Entwick-
lung zu sehen, die auch im Interesse unseres Kontinentes
ist.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514620300

Das Wort hat die Kollegin Sibylle Pfeiffer, CDU/

CSU-Fraktion.


Sibylle Pfeiffer (CDU):
Rede ID: ID1514620400

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen,

die hier noch ausharren! Lieber Kollege Dzembritzki,
ich widerspreche Ihnen immer sehr ungern; das wissen
Sie. Sie haben gesagt: Diese Diskussion können wir uns
sparen. – Ich glaube überhaupt nicht, dass wir uns das
sparen können.


(Detlef Dzembritzki [SPD]: Zu diesem Zeitpunkt, meinte ich!)


– Schon gar nicht zu diesem Zeitpunkt. Ich hoffe, dass
Phoenix noch auf Sendung ist. – Unsere steuerzahlenden
Bürger haben ein Recht darauf, zu wissen: Was machen
Entwicklungspolitiker mit dem Geld? Wir müssen sie
alle davon überzeugen, dass wir mit den staatlichen Mit-
teln sehr sorgfältig umgehen und dass wir uns sehr gut
überlegen, wofür wir Geld ausgeben, wo wir etwas un-
terstützen und was wichtig ist.

Wenn sich schon Frau Kolonko von der „FAZ“ – das
war am Dienstag – mit diesem Thema auseinander setzt,
dann ist es richtig, dass wir darüber auch im Bundestag
diskutieren. Deshalb, Kollege Löning, bin ich sehr froh,
dass Sie diesen Antrag eingebracht haben. Es wurde
höchste Zeit, dass wir uns dieses Themas annehmen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Was wir hier aber tun, ist, uns in Einzelheiten zu zer-

fleddern. Wir müssen uns erst einmal überlegen: Was
wollen wir eigentlich? Was heißt es, Entwicklungshilfe
zu betreiben? Was bedeutet es, Entwicklungszusammen-
arbeit mit Entwicklungsländern, aber auch mit Schwel-
lenländern, wie zum Beispiel China und Indien, zu be-
treiben?

Ich habe einmal auf die Internetseite des BMZ ge-
schaut und dort Folgendes gefunden:

Eine Welt ohne Armut, Furcht und ökologische
Zerstörung – Entwicklungspolitik hat das Ziel, die-
sem Ideal ein Stück näher zu kommen. Sie fördert
Demokratie und Frieden, wirtschaftliches Wachs-
tum und eine gerechtere Verteilung der Erträge,
Chancengleichheit, den Schutz der Umwelt und die
Sicherung der natürlichen Ressourcen.

So das BMZ.

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(C (D Ich meine, dass Ziel der deutschen Entwicklungszuammenarbeit auch und vielleicht vor allem sein muss, ie deutschen Interessen im Bereich der Außen-, Wirtchaftsund Sicherheitspolitik so zu vertreten, dass eutschland etwas davon hat. Sprich: Die wirtschaftlihe Zusammenarbeit mit aufstrebenden Ländern muss so estaltet werden, dass dadurch positive Synergien für eutschland und insbesondere die deutsche Wirtschaft rei werden. Unter diesem Gesichtspunkt halte ich die ntwicklungszusammenarbeit für wichtig. Sie muss aber ielführend betrieben werden. Viel schwieriger ist es, die Fragen zu beantworten: er braucht eigentlich Entwicklungshilfe? Gehören hina und Indien dazu? In beiden Ländern sind in en letzen Jahren beeindruckende Reformen im wirtchaftlichen, politischen, rechtlichen oder auch gesellchaftlichen Bereich vorgenommen worden, die wahre nderungsbereitschaft hin zu westlichen Demokratieorstellungen beweisen. Beide Länder haben ein beachtches Wirtschaftswachstum vorzuweisen, das seinesleichen sucht. So mancher europäischer – vielleicht uch deutscher – Finanzminister würde tatsächlich vor eid erblassen. Stimmt. – Beide Länder verfügen über ein großes Poenzial an jungen, gebildeten, zukunftsfähigen und fortchrittsorientierten Menschen. Diesen Trend gilt es aufechtzuerhalten. China hat genug Geld. China hat so viel Geld, dass es ittlerweile in der Welt sogar als Geberland auftritt, so eispielsweise in Afrika und Südafrika. Es unterhält ein igenes großes Raumfahrtprogramm und hat hinter den SA und Russland das drittgrößte Verteidigungsbudget n der Welt. Trotzdem gibt es einige Fragen, die es zu beantworten ilt: Reicht es aus, dass diese Länder das Geld, den illen und das Potenzial für nachhaltige Veränderungen aben, oder brauchen sie Unterstützung? Wenn ja, wie st sie zu leisten? Ich denke dabei an Probleme, die mit em Aufbau einer Zivilgesellschaft – das gilt insbesonere für China – verbunden sind, an die Wahrung der enschenrechte sowie der Religionsund Pressefreiheit. uch die Stellung der Frau in beiden Gesellschaften ist in Thema. Beim Umweltschutz sieht es auch nicht viel anders us. Darauf hat auch der Kollege Dzembritzki hingewieen. Wir wissen, welche Dramen sich an den Staudämen abgespielt haben. Bei all dem stellt sich die Frage: önnen wir angesichts solch großer Probleme überhaupt nterstützung leisten? Das bezieht sich insbesondere auf hina, ein Land, das ungeheuer groß ist. Weiterhin frage ich mich: Sind deutsches Wissen und eutsche Technologie bei der Unterstützung dieser Läner nicht unbedingt erforderlich? (Hellmut Königshaus [FDP]: Aber müssen wir es bezahlen?)


(Markus Löning [FDP]: Der sowieso!)


Kommt doch gleich.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 13703


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Sibylle Pfeiffer

Auch um die Bildungs-, Gesundheits- und sozialen

Sicherungssysteme ist es in beiden Ländern nicht gut be-
stellt. Ich nenne hier nur die Themen Armut und staatli-
che Rente. Wir alle wissen, wovon wir reden.

Ich bin fest davon überzeugt, dass sowohl China als
auch Indien nach wie vor unsere Unterstützung brau-
chen. Es fragt sich bloß, in welcher Art und Weise. Ist
die Infrastruktur, die wir aufgebaut haben, richtig? Sind
die Strukturveränderungen, die wir mit unserer Entwick-
lungszusammenarbeit in Gang gesetzt haben, richtig?
Ich denke, gute Ansätze sind vorhanden.

Es wäre nicht richtig, vorhandene Infrastrukturen
durch das BMZ und seine Durchführungsorganisationen
einfach zu ignorieren. Ich glaube, wir haben das Recht
und vor allem die Pflicht, sie zu nutzen, sofern sie vor-
handen sind.

Ich gestehe – ich denke, man hört das aus meiner
Rede heraus –: Ich persönlich bin mit meinen Überle-
gungen, wie die Entwicklungszusammenarbeit – so sie
geleistet wird – anders und damit auch sinnvoller und
richtiger eingesetzt werden kann, noch nicht am Ende.
Ich gestehe, dass diese Diskussion auch in unserer
Arbeitsgemeinschaft noch nicht beendet ist. Gehen Sie
aber davon aus, lieber Herr Kollege Löning, dass ich Ih-
rem Antrag sehr viel Sympathie entgegenbringe. Ich
glaube jedoch, er ist nicht ganz durchdacht. Verbunden
mit dem Eingeständnis, dass das Thema auch auf unserer
Seite noch nicht ganz durchdacht ist, freue ich mich auf
die Diskussionen in der Arbeitsgemeinschaft und im
Ausschuss. Auch nachdem ich Ihre Rede gehört habe,
Herr Kollege Löning, denke ich, dass wir zu einem guten
Ergebnis kommen werden. Es gibt noch viele Fragezei-
chen im Hinblick auf die Entwicklungszusammenarbeit
mit den Ländern China und Indien, aber auch mit
Schwellenländern überhaupt. Das ist ein großes Thema.
Wir werden die Fragen des Wie und Wo gemeinsam dis-
kutieren.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514620500

Nächster Redner ist der Kollege Thilo Hoppe, Bünd-

nis 90/Die Grünen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)



Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514620600

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Bevor ich mit meiner Rede beginne, möchte ich auf Ih-
ren ersten Satz, Herr Löning, eingehen. Die grüne Frak-
tion hält selbstverständlich die Aufrechterhaltung des
Waffenembargos für absolut notwendig, egal was andere
Redner dazu sagen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Markus Löning [FDP] – Markus Löning [FDP]: Sagt das mal eurem d t r s C s v t h u b O h w Z V s s S s l i i e b s R d k D I i u s s b v g d D m G v k (C (D Kanzler! – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er ist doch nicht da!)


Kommen wir jetzt zum Thema der Debatte. Obwohl
er FDP-Antrag in seinem lyrischen Teil, in der Situa-
ionsanalyse, viel Richtiges sagt, können wir den Forde-
ungsteil aus einem ganz einfachen Grund nicht unter-
tützen: Die Hauptforderung, Deutschland solle sich in
hina und in Indien aus der Armutsbekämpfung verab-
chieden – in zwei Ländern, in denen trotz aller positi-
en Statistiken noch immer mehr als 50 Prozent aller ex-
rem Armen dieser Welt leben –, ist für uns nicht
innehmbar.
Herr Löning, ich stimme Ihnen zu, dass wir in Indien

nd China nicht mit den gleichen EZ-Instrumenten wie
eispielsweise in Mosambik präsent sein müssen. Die
bleute waren im August letzten Jahres in Indien und
aben an der Evaluierung von zwei Projekten mitge-
irkt. Wir konnten sie beobachten. In der Tat sind uns
weifel gekommen, ob es sinnvoll ist, Indien bei der
ermarktung verbilligter Kondome finanziell zu unter-
tützen.
Ich gebe Ihnen Recht: Die indische Regierung muss

tärker an ihre eigene Verantwortung erinnert werden.
ie muss mehr Geld in die Basisgesundheitsdienste
tecken und deutlich mehr Geld in die Entwicklung länd-
icher Räume als in die Raumfahrt und in die Rüstung
nvestieren. Aber unter der neuen indischen Regierung
st eine Trendwende eingeleitet worden.
Mit der Vermarktung verbilligter Kondome habe ich

in Beispiel zitiert, das man hinterfragen kann. Wir ha-
en aber auch sehr positive Ansätze gefunden, die sehr
innvoll sind, zum Beispiel die Unterstützung Indiens im
ahmen der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit
urch Beratung beim Aufbau einer solidarischen Kran-
enversicherung.


(Zuruf von der SPD: Kopfpauschale!)

as ist Armutsbekämpfung par excellence, und zwar mit
nstrumenten, die zu den Ankerländern passen.


(Markus Löning [FDP]: Exportieren wir sie nach Indien! Dann sind wir sie endlich los! Kein Problem!)


Ich kann Ihnen zustimmen, dass Leistungen, die wir
m Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit in China
nd Indien erbringen, nicht gratis sein müssen. Aber das
ind sie heute schon nicht.
Die deutsche bilaterale EZ mit Indien und China ba-

iert auf Konzepten, die der Bedeutung der hier zur De-
atte stehenden Ankerländer gerecht werden. Dies gilt
or allem – das hat der Vorredner, Dzembritzki, schon
esagt – für die Rolle und Bedeutung dieser beiden Län-
er für den weltweiten Klima- und Ressourcenschutz.
ies ist nicht Umweltschutz allein, sondern hat sehr viel
it Armutsbekämpfung zu tun.
Der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung
lobale Umweltveränderungen – WBGU – hat gerade
orgestern ein Gutachten mit dem Titel „Armutsbe-
ämpfung durch Umweltpolitik“ herausgebracht. Der

13704 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004


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Thilo Hoppe

Tenor ist: Globale Armutsbekämpfung setzt globale
Umweltpolitik voraus.

Von Klimakatastrophen sind Entwicklungsländer in
ganz besonderem Maße betroffen. Vor allem sie müssen
für die Umweltsünden des Nordens teuer bezahlen. Des-
halb gilt es, gemeinsam zu handeln und durch eine enga-
gierte Umweltpolitik die Umsetzung der Millenniums-
ziele zu unterstützen. Mit anderen Worten: Wenn es uns
nicht gelingt, die wirtschaftliche Entwicklung in China
und Indien von Ressourcenverbrauch und parallel stei-
gender Umweltbelastung zu entkoppeln, dann öffnen wir
nicht nur im engen Sinne des Wortes Tür und Tor für die
Verwüstung Chinas. Vielmehr werden dann Millionen
von Bangladeschern in den Fluten der ansteigenden
Meere untergehen.

Gerade im Umweltbereich gilt es, sich besonders zu
engagieren – nicht nur um die umweltrelevanten Millen-
niumsziele der Energie- und Wasserversorgung zu errei-
chen, sondern auch um etwas für den Klimaschutz und
für nachhaltiges Wirtschaftswachstum zu tun. Genau
dies macht die Bundesregierung, indem sie diese An-
sätze in der EZ mit China und Indien ganz besonders un-
terstreicht und sie auf Platz eins setzt.

In beiden Ländern ist die Entkopplung von Wirt-
schaftswachstum und Anstieg des Energieverbrauchs
die große Herausforderung. Die Schonung natürlicher
Ressourcen zahlt sich konkret aus – umso mehr, je stär-
ker die staatlichen Rahmenbedingungen hierauf ausge-
richtet sind und umweltgerechtes Verhalten zum Beispiel
durch die Staffelung von Nutzungsgebühren und andere
marktwirtschaftliche Instrumente belohnt wird. Gerade
in diesem ordnungspolitischen Bereich – bei der Frage,
wie eine Mischung von Ordnungsrecht und marktwirt-
schaftlichen Instrumenten in die gebotene Balance ge-
bracht werden kann – hat Deutschland einiges an Bera-
tungsleistung anzubieten.

Im Rahmen der globalen Zukunftssicherung sind
China und Indien unverzichtbare Partner, um eine Trend-
wende beim Weltproblem Armut und eine Wende im
globalen Umweltverbrauch zu erzielen.


(Markus Löning [FDP]: Die Trendwende haben die längst geschafft!)


Darüber hinaus besitzen sie als regionale Schwerpunkt-
länder so etwas wie eine Lokomotivfunktion. Wie be-
reits gesagt: Angesichts der wirtschaftlichen Leistungs-
fähigkeit Indiens und Chinas kann bei der FZ durchaus
daran gedacht werden, den Zuschussanteil zu reduzieren.
Auch für andere EZ-Dienstleistungen können die För-
deranteile gesenkt und deshalb auch höhere Rechnungen
ausgestellt werden. Wir stimmen Ihnen zu, dass da eini-
ges auf den Prüfstand muss.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514620700

Herr Kollege Hoppe, schauen Sie bitte auf die Uhr!


Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514620800

Ich komme zum Schluss. Umweltschutz und Armuts-

bekämpfung sollten das überwölbende Ziel bleiben.

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(C (D Danke schön. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514620900

Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege Erich

ritz, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Erich G. Fritz (CDU):
Rede ID: ID1514621000

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
eine Damen und Herren! Herr Hoppe, ich bin Ihnen
ankbar, dass Sie wenigstens ein Wort zum Verhalten
es Bundeskanzlers in China gesagt haben. Diese ekla-
ante Missachtung des Parlaments muss angesprochen
erden. Dieses Verhalten war insbesondere bei einem
taatsbesuch nicht richtig. Es ist nicht das erste Mal,
ass der Bundeskanzler in dieser Weise mit dem Parla-
ent umgeht. Deshalb muss in der nächsten Sitzungs-
oche darüber ausführlich gesprochen werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Zu diesem FDP-Antrag: Die FDP stellt die richtigen

ragen. Fragen ist gut, denn – das wissen wir – derje-
ige, der nicht fragt, bleibt dumm.


(Markus Löning [FDP]: Richtig!)

ich stört aber ein wenig, dass China und Indien in
inem Antrag abgehandelt werden; denn zu unterschied-
ich sind die Herausforderungen, die Situationen, die
ntwicklungsmöglichkeiten und die Bedürfnisse dieser
eiden Länder. Wenn Sie gefragt hätten, wie wir in der
ntwicklungszusammenarbeit mit Schwellenländern
mgehen sollen, dann hätte man eine allgemeine Diskus-
ion führen können, in der es um Kategorien, Größen-
rdnungen usw. gegangen wäre.


(Markus Löning [FDP]: Dazu gehören die beiden auch!)


Die beiden gehören dazu, aber warum eigentlich nur
ie beiden? Beide haben eine gewisse Größe,


(Sibylle Pfeiffer [CDU/CSU]: Brasilien aber auch!)


ie haben eine große Bevölkerung, sie haben ausgezeich-
ete Wachstumsraten und sie öffnen sich dem Markt,
enn auch in unterschiedlichem Maße. Warum aber nen-
en Sie nicht auch Brasilien oder Südafrika?


(Markus Löning [FDP]: Nehmen Sie die doch mit auf!)


ei diesen Ländern könnte man dieselben Fragen stel-
en.
Auf den ersten Blick ist die Frage, die die FDP stellt,

inleuchtend, vor allen Dingen deshalb, weil Japan diese
rage gerade beantwortet und die Notwendigkeit der
eiteren Entwicklungszusammenarbeit mit China ver-
eint hat. Ich will nicht alles wiederholen, was hier
chon gesagt worden ist. Ich will klar machen, dass es
berhaupt nicht darum gehen kann, die Entwicklungszu-

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004 13705


(A) )



(B) )


Erich G. Fritz

sammenarbeit und alle Projekte von einem Tag auf den
anderen einzustellen; denn wenn man sich die Entwick-
lung in beiden Ländern anschaut, dann stellt man fest,
dass der wirtschaftliche Erfolg längst nicht dazu führt,
dass die grundlegenden Probleme eines Entwicklungs-
landes in Kürze verschwinden könnten. Das schaffen die
Länder nicht aus eigener Anstrengung.

Dabei geht es nicht nur um Geld, sondern vor allem
um die Bedürfnisse nach Qualifizierung, Beratung, Zu-
sammenarbeit, Technologietransfer und um das Verbrei-
ten von Know-how, um den Menschen Perspektiven zu
geben.


(Sibylle Pfeiffer [CDU/CSU]: Das ist richtig!)

Das geht weit über die konkrete Zusammenarbeit hinaus
und wirkt sich auf die Entwicklung der Demokratie und
die Veränderung gesellschaftlicher Strukturen aus. Das
betrifft auch das Bewusstsein, dass es die eigene Auf-
gabe ist, sich um die Entwicklung von Sozialsystemen
zu kümmern und dafür zu sorgen, dass die Armen nicht
achtlos am Rande bleiben.

Angesichts der Disparitäten, die in China zwischen
den sich schnell entwickelnden Küstenregionen und dem
Binnenland neu entstehen, und angesichts der Verwer-
fungen in den armen Regionen, die auch ethnische Wur-
zeln haben, muss man sich überlegen, ob man vielleicht
eine Neukonzentration bzw. eine Neujustierung in die-
sem Bereich braucht. Das heißt aber nicht, dass wir die
Entwicklungszusammenarbeit aufgeben dürfen. Wir
wissen, dass dann, wenn bestimmte Regionen zu kurz
kommen oder wenn das wirtschaftliche Niveau gegen-
über dem ursprünglichen Zustand sinkt, ein Gewaltpo-
tenzial entstehen und schnell Brüche in einer Entwick-
lung auftreten können, die scheinbar kontinuierlich
bergauf geht. Diese Brüche kann man oft nicht mehr
kontrollieren. Für solche Gefährdungen braucht man das
Instrument der Entwicklungszusammenarbeit.


(Sibylle Pfeiffer [CDU/CSU]: Das ist richtig!)

Deshalb ist die Diskussion richtig.

Auch die Frage, ob die Mittel richtig eingesetzt sind,
muss gestellt werden. Überprüft werden muss auch im-
mer wieder, inwiefern sich für uns Vorteile aus der Ent-
wicklungszusammenarbeit – der SPD-Kollege hat be-
reits die Wirkung als Türöffner für die Wirtschaft
angesprochen – ergeben. Darin gebe ich Ihnen völlig
Recht.

Wir als Union halten einen ganzheitlichen Ansatz bei
der Entwicklungsarbeit für notwendig. Dieser Ansatz
– den übrigens auch die EU-Kommission in einem kürz-
lich gefassten Beschluss erneut bestätigt hat – sieht vor,
dass die zwischen der EU und Indien vereinbarte Part-
nerschaft fortgeführt wird. Sie umfasst folgende Maß-
nahmen: die Zusammenarbeit bei der Konfliktpräven-
tion, Terrorismusbekämpfung und Nichtverbreitung von
Massenvernichtungswaffen, die Stärkung der wirtschaft-
lichen Partnerschaft durch einen politischen Dialog, die
Zusammenarbeit bei der Entwicklungspolitik im Sinne
der Millenniumsziele – diese dürfen wir ebenfalls nicht

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(C (D us den Augen verlieren – sowie die Förderung des kulurellen und wissenschaftlichen Austauschs. Ich bin sehr dafür, zu prüfen, wie die außenwirtschaft ichen Instrumentarien zu verbessern sind und was man un kann, um gerade für den Mittelstand, der auch regioale Impulse geben kann, den Zugang dazu zu verbesern. Deshalb freue ich mich auf die weitere Diskussion. ch denke, es ist richtig, Fragen zu stellen. Die Beantortung dieser Fragen wird aber sicherlich etwas länger auern als das Fragen selbst. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514621100

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 15/3823 an die in der Tagesordnung aufge-
ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
erstanden? – Das ist der Fall. Dann sind die Überwei-
ungen so beschlossen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 28 auf:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Fortentwicklung der Berufsaufsicht über
Abschlussprüfer in der Wirtschaftsprüferord-

(Abschlussprüferaufsichtsgesetz – APAG)

– Drucksache 15/3983 –

(Erste Beratung 135. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Wirtschaft und Arbeit (9. Ausschuss)

– Drucksache 15/4410 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Thea Dückert

Die Redner Christian Lange, Dr. Rolf Bietmann,
erner Schulz und Rainer Funke haben ihre Reden zu
rotokoll gegeben1).
Wir kommen deshalb zur Abstimmung über diesen
esetzentwurf. Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
mpfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf
rucksache 15/4410, den Gesetzentwurf in der Aus-
chussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die
em Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen
ollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? –
nthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter
eratung mit den Stimmen des ganzen Hauses angenom-
en.

Dritte Beratung
nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
egenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf
st mit den Stimmen des ganzen Hauses angenommen.

Anlage 10

13706 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Dezember 2004


(A) (C)



(B) (D)


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 29 auf:

Zweite und dritte Beratung des von den Fraktio-
nen der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ-
NEN und der FDP eingebrachten Entwurfs eines
Neunten Gesetzes zur Änderung des Parteien-
gesetzes
– Drucksache 15/4246 –

(Erste Beratung 140. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Innenaus-
schusses (4. Ausschuss)

– Drucksachen 15/4404, 15/4438 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Dieter Wiefelspütz
Hartmut Koschyk
Volker Beck (Köln)

Dr. Max Stadler

Die Redner Inge Wettig-Danielmeier, Hartmut
Koschyk, Hans-Christian Ströbele und Jörg van Essen
haben ihre Reden zu Protokoll gegeben1).

Wir kommen deshalb zur Abstimmung über den von
den Fraktionen der SPD, des Bündnisses 90/Die Grünen
und der FDP eingebrachten Gesetzentwurf. Der Innen-

ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung, den
Gesetzentwurf in der Ausschussfassung anzunehmen,
Drucksachen 15/4404 und 15/4438. Ich bitte diejenigen,
die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustim-
men wollen, um das Handzeichen. – Gegenstimmen? –
Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter
Beratung mit den Stimmen des ganzen Hauses angenom-
men.

Dritte Beratung
und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf
ist damit in dritter Beratung mit den Stimmen des ganzen
Hauses angenommen.

Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-
ordnung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
destages auf Mittwoch, den 15. Dezember 2004, 13 Uhr,
ein.

Ich wünsche allen Kolleginnen und Kollegen, allen
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, aber auch unseren
Besucherinnen und Besuchern auf der Tribüne ein schö-
nes Wochenende.

Die Sitzung ist geschlossen.