Protokoll:
15136

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 15

  • date_rangeSitzungsnummer: 136

  • date_rangeDatum: 29. Oktober 2004

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: None Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 15:04 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 15/136 weiterer Personen (Drucksachen 15/1824, 15/3185) . . . . . . . . . . 12468 D (Drucksachen 15/3920, 15/4051) Peter Dreßen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gerlinde Kaupa (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär BMGS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Riegert (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Gerald Weiß (Groß-Gerau) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Peter Dreßen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Katherina Reiche (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Ute Berg (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulrike Flach (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jörg Tauss (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulrich Kasparick, Parl. Staatssekretär BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Kretschmer (CDU/CSU) . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Helge Braun (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 12457 B 12457 C 12458 C 12460 C 12461 C 12462 C 12463 D 12464 D 12465 B 12468 D 12470 D 12472 C 12473 B 12474 A 12475 D 12476 B 12477 A 12478 B Deutscher B Stenografisch 136. Sitz Berlin, Freitag, den 2 I n h a l Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 18: – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesse- rung des unfallversicherungsrechtli- chen Schutzes bürgerschaftlich Enga- gierter und weiterer Personen (Drucksachen 15/3439, 15/4051) – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung des unfallversicherungsrechtlichen Schut- zes bürgerschaftlich Engagierter und Z B A s V F ( 1 T G B w C w S 12457 A 12457 A Götz-Peter Lohmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Gerlinde Kaupa (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 12466 C 12467 C undestag er Bericht ung 9. Oktober 2004 t : usatztagesordnungspunkt 7: eschlussempfehlung des Ausschusses nach rt. 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsaus- chuss) zu dem Gesetz zur Änderung der orschriften über Fernabsatzverträge bei inanzdienstleistungen Drucksachen 15/2946, 15/3483, 14/3870, 5/4062) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 19: roße Anfrage der Abgeordneten Helge raun, Katherina Reiche, Thomas Rachel, eiterer Abgeordneter und der Fraktion der DU/CSU: Abwanderung deutscher Nach- uchswissenschaftler und akademischer pitzenkräfte („Braindrain“) 12468 C Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . . . Ulrike Flach (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12480 B 12481 A II Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Freitag, den 29. Oktober 2004 Tagesordnungspunkt 20: – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Joachim Stünker, Hermann Bachmaier, Sabine Bätzing, weiteren Ab- geordneten und der Fraktion der SPD so- wie von den Abgeordneten Volker Beck (Köln), Irmingard Schewe-Gerigk, Claudia Roth (Augsburg), weiteren Abge- ordneten und der Fraktion des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Überarbei- tung des Lebenspartnerschaftsrechts (Drucksachen 15/3445, 15/4052) . . . . . . . – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Rainer Funke, Jörg van Essen, Sibylle Laurischk, weiteren Abge- ordneten und der Fraktion der FDP einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Lebenspartnerschafts- gesetzes (Lebenspartnerschaftsgesetz- ergänzungsgesetz – LPartGErgG) (Drucksachen 15/2477, 15/4052) . . . . . . . Brigitte Zypries, Bundesministerin BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Daniela Raab (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jörg van Essen (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christine Lambrecht (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Michaela Noll (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Ute Granold (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Christine Lambrecht (SPD) . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 21: Antrag der Abgeordneten Wolfgang Bosbach, Hartmut Koschyk, Thomas Strobl (Heilbronn), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Einsatz der automatisierten Er- fassung von Kraftfahrzeugkennzeichen durch den Bundesgrenzschutz (Drucksache 15/3713) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ole Schröder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Frank Hofmann (Volkach) (SPD) . . . . . . . . . . Dr. Ole Schröder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Gisela Piltz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Silke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Roland Gewalt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . T Z d G G ( O D F R A W K H T A H b t e s ( H S O S F T Z d G s r ( T A D S d r p ( 12482 A 12482 B 12482 C 12483 C 12485 A 12486 A 12486 C 12487 C 12488 C 12489 B 12490 C 12491 D 12492 A 12493 A 12493 C 12494 C 12495 B 12496 B agesordnungspunkt 22: weite und dritte Beratung des von der Bun- esregierung eingebrachten Entwurfs eines esetzes zur Einführung der Europäischen esellschaft (SEEG) Drucksache 15/3405) . . . . . . . . . . . . . . . . . . laf Scholz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Norbert Röttgen (CDU/CSU) . . . . . . . . . Olaf Scholz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ritz Kuhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ainer Funke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . lfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . olfgang Meckelburg (CDU/CSU) . . . . . . . . laus Brandner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . ans-Jürgen Uhl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 23: ntrag der Abgeordneten Wolfgang Bosbach, artmut Koschyk, Thomas Strobl (Heil- ronn), weiterer Abgeordneter und der Frak- ion der CDU/CSU: Häftlingshilfestiftung rhalten und finanziell ausreichend aus- tatten Drucksache 15/3763) . . . . . . . . . . . . . . . . . . artmut Büttner (Schönebeck) (CDU/CSU) . ebastian Edathy (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . tto Fricke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ilke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ritz Rudolf Körper, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 26: weite und dritte Beratung des von der Bun- esregierung eingebrachten Entwurfs eines esetzes zur Gründung einer Bundesan- talt für Immobilienaufgaben (BImA-Er- ichtungsgesetz) Drucksachen 15/2720, 15/4056, 15/4066) . . agesordnungspunkt 25: ntrag der Abgeordneten Dr. Werner Hoyer, r. Claudia Winterstein, Sabine Leutheusser- chnarrenberger, weiterer Abgeordneter und er Fraktion der FDP: Die finanzielle Vo- ausschau der EU den neuen Aufgaben an- assen Drucksache 15/2978) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12497 C 12497 D 12498 C 12500 B 12501 A 12502 C 12503 B 12504 B 12505 B 12506 C 12508 A 12508 B 12509 D 12511 A 12511 D 12512 C 12513 C 12514 A Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Freitag, den 29. Oktober 2004 III Dr. Claudia Winterstein (FDP) . . . . . . . . . . . . Axel Schäfer (Bochum) (SPD) . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 12514 B 12515 B 12527 A Patricia Lips (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Claudia Winterstein (FDP) . . . . . . . . . Bartholomäus Kalb (CDU/CSU) . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 24: – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Kontrolle von Unter- nehmensabschlüssen (Bilanzkontrollge- setz – BilKoG) (Drucksachen 15/3421, 15/4055, 15/4054) – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung interna- tionaler Rechnungslegungsstandards und zur Sicherung der Qualität der Ab- schlussprüfung (Bilanzrechtsreformge- setz – BilReG) (Drucksachen 15/3419, 15/4055, 15/4054) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Antrag der Abgeordneten Joachim Stünker, Hermann Bachmaier, Sabine Bätzing, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Jerzy Montag, Volker Beck (Köln), Irmingard Schewe- Gerigk, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Anwendung internationaler Rechnungsle- gungsstandards in Deutschland sachge- recht und transparent fortentwickeln (Drucksache 15/4036) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Alfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marco Wanderwitz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rainer Funke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Olaf Scholz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A E D N n p A E V z G s e n A Z – – ( P A Z d e ( p B J A O A A 12516 C 12518 C 12519 A 12519 C 12520 B 12520 C 12520 C 12520 D 12521 D 12523 C 12524 C 12525 A 12526 D nlage 2 rklärung nach § 31 GO der Abgeordneten r. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- EN) zur Abstimmung über den Entwurf ei- es Gesetzes zur Überarbeitung des Lebens- artnerschaftsrechts (Tagesordnungspunkt 20) nlage 3 rklärung nach § 31 GO des Abgeordneten olker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) ur Abstimmung über den Entwurf eines esetzes zur Ergänzung des Lebenspartner- chaftsgesetzes (Lebenspartnerschaftsgesetz- rgänzungsgesetz – LPartGErgG) (Tagesord- ungspunkt 20) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 4 u Protokoll gegebene Rede zur Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur Überarbeitung des Lebenspartnerschaftsrechts Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Lebenspartnerschaftsgesetzes (Lebenspartnerschaftsgesetzergänzungs- gesetz – LPartGErgG) Tagesordnungspunkt 20) etra Pau (fraktionslos) . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 5 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Entwurfs eines Gesetzes zur Gründung iner Bundesanstalt für Immobilienaufgaben BlmA-Errichtungsgesetz) (Tagesordnungs- unkt 26) ernhard Brinkmann (Hildesheim) (SPD) . . . ochen-Konrad Fromme (CDU/CSU) . . . . . . nja Hajduk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . tto Fricke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 6 mtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12527 C 12528 C 12528 D 12529 B 12530 D 12532 D 12533 B 12534 B Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Freitag, den 29. Oktober 2004 12457 (A) ) (B) ) 136. Sitz Berlin, Freitag, den 2 Beginn: 9.0
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    Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Freitag, den 29. Oktober 2004 12527 (A) ) (B) ) hene Stiefkindadoption könne gleichsam als TüröffnerWilhelm fSchmidt (Salzgitter), SPD 29.10.2004 ürchtung äußerte, die in der Gesetzesnovelle vorgese- tes, Hermann Barth, der anlässlich der Anhörung des Rechtsausschusses in der vergangenen Woche die Be- Schmidbauer, Bernd CDU/CSU 29.10.2004 Anlage 1 Liste der entschuldigte * A s n l d r s ü Ü n n G h s z t B Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Bonde, Alexander BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 29.10.2004 Bury, Hans Martin SPD 29.10.2004 Carstens (Emstek), Manfred CDU/CSU 29.10.2004 Carstensen (Nordstrand), Peter H. CDU/CSU 29.10.2004 Dörflinger, Thomas CDU/CSU 29.10.2004 Fischbach, Ingrid CDU/CSU 29.10.2004 Fischer (Frankfurt), Joseph BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 29.10.2004 Fischer (Göttingen), Hartwig CDU/CSU 29.10.2004 Göllner, Uwe SPD 29.10.2004 Goldmann, Hans- Michael FDP 29.10.2004 Heinen, Ursula CDU/CSU 29.10.2004 Hoffmann (Chemnitz), Jelena SPD 29.10.2004* Kopp, Gudrun FDP 29.10.2004 Kumpf, Ute SPD 29.10.2004 Leibrecht, Harald FDP 29.10.2004* Dr. Lippold (Offenbach), Klaus W. CDU/CSU 29.10.2004 Rauber, Helmut CDU/CSU 29.10.2004 Repnik, Hans-Peter CDU/CSU 29.10.2004 Dr. Riesenhuber, Heinz CDU/CSU 29.10.2004 Schauerte, Hartmut CDU/CSU 29.10.2004 Scheffler, Siegfried SPD 29.10.2004 S S V W W W W A (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht n Abgeordneten für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung des Europarates nlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Antje Vollmer (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Überarbeitung des Lebenspartnerschaftsrechts (Tagesord- nungspunkt 20) Das Eintreten für die Gleichstellung von gleichge- chlechtlichen Partnerschaften und gegen die Diskrimi- ierung von Schwulen und Lesben gehört zu den zentra- en politischen Zielen von Bündnis 90/Die Grünen. In iesem Bereich ist in den vergangenen Jahren viel er- eicht worden – insbesondere haben sich die gesell- chaftliche Toleranzkultur und das Verständnis gegen- ber Minderheiten positiv gefestigt. Der Entwurf zur berarbeitung des Lebenspartnerschaftsrechts stellt ei- en weiteren Schritt auf dem Wege des Abbaus von Be- achteiligungen für Lesben und Schwule dar. Er schließt erechtigkeitslücken bei Rechten und Pflichten. Des- alb unterstütze ich das vorliegende Gesetz. Allerdings habe ich in Hinsicht auf die zukünftige ge- etzgeberische Entwicklung erhebliche Bedenken in Be- ug auf die in § 9 vorgeschlagene Regelung zum Adop- ionsrecht im Lebenspartnerschaftsgesetz. Ich teile die efürchtung des Vizepräsidenten des EKD-Kirchenam- chröder, Gerhard SPD 29.10.2004 chwanitz, Rolf SPD 29.10.2004 eit, Rüdiger SPD 29.10.2004 eisskirchen (Wiesloch), Gert SPD 29.10.2004 ellenreuther, Ingo CDU/CSU 29.10.2004 ieczorek-Zeul, Heidemarie SPD 29.10.2004 immer (Karlsruhe), Brigitte SPD 29.10.2004 bgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich 12528 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Freitag, den 29. Oktober 2004 (A) ) (B) ) genutzt werden, um langfristig das volle Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare zu erreichen. Eine solche Absicht ist auch wiederholt von den Befürwortern ange- kündigt worden. Mit der Adoption aber geht es nicht um Emanzipationsbestrebungen oder um Statusfragen von benachteiligten gesellschaftlichen Gruppen, sondern al- lein um die Frage des Kindeswohls. Kinderperspektive muss einen Vorrang vor Erwach- senenbedürfnissen und -wünschen haben, selbst wenn dies der berechtigte und sehr verständliche Kinder- wunsch ist. In der Kinderrechtskonvention der UN heißt es: Jedes Kind hat, soweit möglich, das Recht, seine El- tern zu kennen. Jeder weiß, dass die Frage danach, wer die eigenen Eltern sind, für junge Menschen eine zen- trale, manchmal quälende Frage der Selbstfindung sein kann. Durch eine Adoption oder neue Formen der künstlichen Befruchtung verschwindet aber der ur- sprüngliche Elternteil oder manchmal sogar beide Eltern vollständig aus dem Blickfeld. Biologische Eltern und Kind werden einander fremd und entfremdet. Dieses sollte generell nur in Ausnahmefällen und dann, wenn das Kindeswohl wirklich nicht anders gesichert werden kann, geschehen. Kinder aus gleichgeschlechtlichen Lebenspartner- schaften machen Diskriminierungserfahrungen. Nicht unvermeidlich, aber doch häufig. Gegen solche Erfah- rungen kann man anerziehen und anargumentieren, viel- leicht können Jugendliche sogar daran wachsen. Ich fürchte aber, dass das generelle Recht auf Adoption hier eher problemverschärfend statt problemlösend wirkt, worauf auch ernst zu nehmende kinderpsychologische Stellungnahmen hinweisen. Der Staat ist nicht so omni- potent, alle Schicksalskonstellationen ausgleichen zu können. Er sollte es auch nicht versuchen. Wohl wissend, dass heute viele Kinder bei einem ein- zelnen Elternteil aufwachsen und die Pluralität der Le- bensformen zunimmt, bin ich davon überzeugt, dass die Erfahrung des Lebens mit einem weiblichen und einem männlichen Elternteil, die Erfahrung von Polaritäten, für Kinder im Grundsatz produktiv und essenziell ist. In der gesellschaftlichen Realität gibt es viele Mög- lichkeiten, die Probleme von Kindern in gleichge- schlechtlichen Lebenspartnerschaften praktisch zu lösen. Schon heute können Schwule und Lesben als Einzelper- sonen die Adoption eines Kindes beantragen. Die Part- ner in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung können durch das Kleine Sorgerecht unter anderem Mitentschei- dungsmöglichkeiten bezüglich des täglichen Lebens des Kindes erhalten. Die bestehenden Regelungen und Mög- lichkeiten zur juristischen Absicherung zum Beispiel im Erbrecht reichen aus, um das Kindeswohl in gleichge- schlechtlichen Partnerschaften von der rechtlichen Seite her zu sichern. Trotz dieser Bedenken in Bezug auf den § 9 und seine späteren Auswirkungen stimme ich wegen der übrigen positiven Aspekte im Gesetz, die sich tatsächlich auf die Gleichstellung beziehen, dem Gesetzentwurf zu. A E z l b l g E h e w k D m s A p P s d H A d s s V s s g H g w (C (D nlage 3 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Volker Beck (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Lebenspartnerschaftsgesetzes (Lebenspartner- schaftsgesetzergänzungsgesetz – LPartGErgG) (Tagesordnungspunkt 20) Ich stimme aus rein formalen Gründen gegen den ntwurf der FDP zum Lebenspartnerschaftsgesetzergän- ungsgesetz. Inhaltlich unterstütze ich ausdrücklich die Gleichstel- ung im Steuerrecht und anderen Rechtsgebieten; hier leibt der Entwurf allerdings auch hinter meinen Vorstel- ungen – beispielsweise bei der Hinterbliebenenversor- ung – zurück. In zahlreichen Bestimmungen nimmt der ntwurf nicht auf die aktuelle Rechtslage Bezug – bis in zum Bundessozialhilfegesetz, das gar nicht mehr xistierte, als der Entwurf von der FDP eingebracht urde. Mit der Zustimmung zum FDP-Entwurf würde ein sinnvoller Gesetzesbeschluss zustande kommen. ie Koalition wird und muss die Themen des Entwurfs it der Vorlage eines eigenen Lebenspartnerschaftsge- etzergänzungsgesetzes aufgreifen. nlage 4 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung: – Entwurf eines Gesetzes zur Überarbeitung des Lebenspartnerschaftsrechts – Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Lebenspartnerschaftsgesetzes (Lebenspartner- schaftsgesetzergänzungsgesetz – LPartGErgG) (Tagesordnungspunkt 20) Petra Pau (fraktionslos): Das so genannte Lebens- artnerschaftsgesetz soll novelliert werden. Vorab: Die DS im Bundestag wird dem vorliegenden Gesetz zu- timmen. Zur Erinnerung: Nach Klagen unionsgeführter Bun- esländer gab das Verfassungsgericht für die so genannte omoehe grünes Licht; denn sie kollidiere nicht mit rt. 6 des Grundgesetzes. Heterosexuellen werde durch ie Lebenspartnerschaft nichts genommen. Der Richter- pruch machte deutlich: Rot-Grün hätte schon beim ur- prünglichen Gesetz weiter gehen können. Beschlossen werden soll heute die Einführung eines erlöbnisses, sodass eine Zeugnisverweigerung für chwule oder lesbische Paare auch vor ihrer Partner- chaftseintragung schon gilt. Die Hinterbliebenenversor- ung wird der gesetzlichen Rentenversicherung von eteropaaren angeglichen; Sonderregelungen über emeinsame Güterstände entfallen. Auch im Erbrecht erden gleichgeschlechtliche Paare gleichgestellt. Au- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Freitag, den 29. Oktober 2004 12529 (A) ) (B) ) ßerdem sind Regelungen zur „Stiefkindadoption“ vorge- sehen. Dass CDU und CSU gerade gegen diese Veränderung wettern, wirft ein bezeichnendes Licht auf ihre Wahrneh- mung von gesellschaftlichen Realitäten. Um ihr anti- quiertes Familienbild zu pflegen, blockieren sie eine Re- gelung, die den Kindern dient. Auch wenn wir, die PDS im Bundestag, dem Gesetz zustimmen, bleiben wir bei unserer grundsätzlichen Kri- tik an der Ursprungsregelung: Sie versuchen, die Rege- lungen zur Ehe in vielen Bereichen möglichst gleichwer- tig zu übertragen. Unserer Ansicht nach muss das Familienrecht – wie auch das Steuerrecht – grundsätz- lich überarbeitet werden. Es gibt immer mehr Scheidun- gen, Patchworkfamilien, viele unterschiedliche Lebens- formen, in denen Menschen dauerhaft oder zeitweise zusammenleben und Verantwortung füreinander über- nehmen – über die engen Grenzen der Kleinfamilie hin- aus. Dieser Realität muss Rechnung getragen werden, diese Verhältnisse müssen abgesichert werden. Eine Ehe oder Lebenspartnerschaft für das ganze Leben abzu- schließen ist für viele einfach keine Realität mehr. Ziel der Politik sollte es sein, gleichberechtigte Bezie- hungen abzusichern. Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Gründung einer Bundesanstalt für Immobilien- aufgaben (BImA-Errichtungsgesetz) (Tagesord- nungspunkt 26) Bernhard Brinkmann (Hildesheim) (SPD): Die Umstrukturierung der Bundesvermögensverwaltung ist Teil eines umfangreichen Modernisierungsprozesses der Bundesfinanzverwaltung. Rund 6 000 Beschäftigte der Bundesvermögensverwaltung haben diese Veränderung zu bewältigen. Viele von ihnen haben zahlreiche Infor- mationswünsche an uns gerichtet und Sorgen über den Wegfall ihnen anvertrauter Aufgaben geäußert, wenn die neue Organisation verstärkt Bundesvermögen verwertet. Wenn wir aber den Gedanken von wirtschaftlichem Han- deln ernst nehmen, können wir zwar auf eine ausgewo- gene Verkaufsreihenfolge drängen, aber nicht entbehrli- che Liegenschaften im Bestand halten, nur um den vertrauten Arbeitsplatz zu sichern. Verwaltungsaufgaben kundenorientiert wahrzuneh- men heißt auch, sich Veränderungen zu stellen und Neues anzupacken. Deshalb haben wir auch den Dialog mit den Gewerkschaften gesucht und die Fragen der so- zialverträglichen Überleitung der Beschäftigten einver- nehmlich lösen können. Der Hinweis auf den Ausbau der BImA zum zentralen Dienstleister des Bundes in Liegenschaftsfragen – worauf ich später nochmals kurz eingehen werde – hat die Befürchtungen der Beschäftig- ten um ihren Arbeitsplatz vor Ort klären können. t d w j d s h g t s M a a r g R a k m T d F v B D d t d E g l o n d d c G a d k w D K B „ e A k s s z s d g z (C (D Die SPD-Fraktion ist sich der besonderen Verpflich- ung gegenüber den rund 6 000 Beschäftigten der Bun- esvermögensverwaltung und der künftigen BImA sehr ohl bewusst. Die „Mitnahme“ der Beschäftigten ist bei edem Umstrukturierungsprozess von ganz entscheiden- er Bedeutung. Vom Reformprozess überzeugte Be- chäftigte haben keine Existenzängste und sind auch och motiviert, die vielfältigen Veränderungen mitzutra- en und positiv zu begleiten. Daher bin ich Herrn Minis- er Eichel für seinen Brief vom 27. September 2004 be- onders dankbar. Die schriftlichen Zusagen des inisters haben nach wie vor Bestand und daran sollte uch niemand zu rütteln versuchen. In dem Brief wird usdrücklich bestätigt, dass es infolge des Umstrukturie- ungsprozesses keine betriebsbedingten Kündigungen eben wird und die sozialverträgliche Umsetzung des eformprozesses ebenfalls im Vordergrund steht. In § 12 Abs. 1 des Gesetzentwurfs ist geregelt, dass für lle, also sowohl für die übergeleiteten als auch für die ünftig neu eingestellten Arbeitnehmerinnen, Arbeitneh- er und Auszubildenden der Bundesanstalt diejenigen arifverträge und sonstigen Bestimmungen zur Anwen- ung kommen, die für die Tarifkräfte des Bundes gelten. ür die Beschäftigten der Bundesvermögensverwaltung erbleibt es also nach Überleitung bei dem Tarifrecht des undes einschließlich der sonstigen Bestimmungen. azu zählen auch der Tarifvertrag Altersversorgung und ie Pflicht zur Zusatzversorgung, VBL. Kollege Fromme hat dankenswerterweise die Bera- ungen zum Gesetz straff geführt und durch seine Fragen azu beigetragen, dass wir alle einen tiefen, nachhaltigen indruck vom heutigen Ist-Zustand der Bundesvermö- ensverwaltung, BVV, erhalten haben. Bereits in den etzten Jahren sind – im Vorgriff auf die anstehende Um- rganisation – Korrekturen der Ausgabenansätze vorge- ommen worden. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, ass die BVV neben den fiskalischen Aufgaben rund um ie Immobilien des Bundes auch umfangreiche hoheitli- he Aufgaben wahrnimmt, zum Beispiel Betreuung der aststreitkräfte. Sie steht heute schon anderen Ressorts ls Dienstleister zur Verfügung – insbesondere die Bun- esforstverwaltung, die auch zur BVV gehört. Im gegenwärtigen Haushaltssystem gibt es dafür eine Vergütung oder Kostenerstattung – die Aufgaben erden im Wege der Amtshilfe unentgeltlich erbracht. ies muss man bedenken, wenn man glaubt – wie Herr ollege Fromme dies tut – sich über die Zukunft der ImA Sorge machen zu müssen. Hier sind wir als Haushälter“ gemeinsam aufgefordert, zu prüfen, wie ine verursachungsgerechte Zuordnung der entstehenden ufwendungen haushaltstechnisch umgesetzt werden ann; dies gilt nicht nur für die BImA, sondern insge- amt für die vielen internen Verrechnungen in der ge- amten Bundesverwaltung. Zu den uns vorgetragenen Prognosen und Annahmen ur Zukunft der BImA gibt es einen qualitativen Unter- chied in der Bewertung durch die Berichterstatter. Aber iese Ungewissheit ist nichts Ungewöhnliches. Sie be- leitet uns immer dann, wenn wir unsere Zustimmung u Veränderungen geben, deren Auswirkungen erst in 12530 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Freitag, den 29. Oktober 2004 (A) ) (B) ) einigen Jahren messbar sind. Deshalb haben wir uns im Haushaltsausschuss entschlossen, über Mandate im Ver- waltungsrat der BImA den Veränderungsprozess zu be- gleiten. Die Bundesvermögensverwaltung verwaltet derzeit circa 36 000 Liegenschaften, wobei unter den Begriff auch ehema-lige Standort- und Truppenübungsplätze fallen, über 60 000 Wohnungen und 1 700 Dienstliegen- schaften aus dem eigenen Ressortvermögen. Diese Zahl von Liegenschaften lässt sich nicht binnen weniger Mo- nate ordnungsgemäß bewerten. Eine gründliche Überprüfung der bisherigen Erlöser- wartungen bei einem Verkauf wird Jahre dauern, verbun- den mit dem Risiko, am Ende des Bewertungsprozesses aufgrund der Marktentwicklung überholte Zahlen zu ha- ben. Zudem wären in dieser Zeit qualifizierte Werter- mittler stark belastet und ihrer gutachtlichen Tätigkeit in Einzelfällen entzogen. Wichtig ist es jetzt, eine Ver- kaufsreihenfolge festzulegen, die es wahrscheinlich er- scheinen lässt, die vereinbarten Einnahmeziele in 2005 zu erreichen. Wir haben auch darüber diskutiert, ob es ratsam ist, die Entscheidung über die Umstrukturierung noch ein Jahr zu verschieben, bis das kaufmännische Rechnungs- wesen bundesweit in der BVV eingeführt worden ist und ein Nebeneinander von Kameralistik und Doppik ver- meidbar wäre. Die Entscheidung für den Startbeginn am 1. Januar 2005 ist aus anderen Gründen notwendig. Wir wollen den Umstrukturierungsprozess jetzt zu Ende bringen, um den Beschäftigten klare Zukunftsperspektiven zu vermitteln. Dazu gehören auch die mit einem einheitlichen Liegen- schaftsmanagement verbundenen Aufgaben. Die bisher bei der einheitlichen Verwaltung aller Dienstliegenschaf- ten im Geschäftsbereich des BMF gewonnenen Erfahrun- gen haben in zwei Jahren zu Einsparungen von 10 bis 15 Prozent der bis dahin veranschlagten Ausgaben ge- führt. Weitere Ressourcen lassen sich erschließen, wenn die BImA diese Aufgabe auch für andere Ressorts wahr- nimmt. Der Übergang der Liegenschaften einzelner Ge- schäftsbereiche soll stufenweise von 2006 bis zum Jahr 2010 erfolgen. Durch das schrittweise Vorgehen können frei werdende personelle Kapazitäten der BImA – vor- zugsweise in den Sparten „Verkauf“ und „Facilityma- nagement“ – nahtlos für diese neuen Aufgaben einge- setzt werden. Das Bundesministerium der Finanzen berichtet jähr- lich, jeweils zu den Haushaltsberatungen zum Einzel- plan 08 (erstmals zum Haushalt 2007) über den Stand der Umsetzung des einheitlichen Liegenschaftsmanage- ments. Den Beschäftigten der BVV bzw. der BImA wird damit eine Perspektive gegeben, die erwarten lässt, dass alle mit Tatkraft an die Umsetzung der neuen Aufgaben herangehen. Die Anhörung von Sachverständigen vor dem Haus- haltsausschuss am 28. April 2004 hat Klarheit geschaf- fen, dass ein Betrieb gewerblicher Art, BgA, der die Steuerpflicht auslösen würde, zum Zeitpunkt der Grün- d g d ü s v l K a d f d d n G a w d m A ß i A I v V w t k B n A h l B m p g r P s r s B h g s s h (C (D ung der BImA nicht vorliegt, Stichtag. Diese Aussage eht davon aus, dass der BImA uneingeschränkt das ingliche Eigentum an den Liegenschaften unentgeltlich bertragen wird. Dies haben wir durch Änderungsvor- chläge zum BImA-Errichtungsgesetz sichergestellt. Der erbindlichen Auskunft des zuständigen Finanzamtes iegt dieser Sachverhalt zugrunde. Damit besteht keine örperschaftsteuerpflicht. Die Übertragung des Eigentums der Liegenschaften uf die BImA fällt unter die Steuerbefreiungsvorschrift es § 4 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes. Diese Auf- assung ist im Kreise der Referatsleiter Verkehrsteuer in er Sitzung im Mai 2004 bestätigt und beschlossen wor- en. Dies gilt auch für land- und forstwirtschaftlich ge- utzte Grundstücke, sodass auch für diese Grundstücke runderwerbsteuer nicht anfällt. Nicht zuletzt konnten auch die durch den Bundesrat ufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen geklärt erden: Die Anhörung vor dem Haushaltsausschuss hat ie Auffassung der BReg bestätigt, dass eine Zustim- ungspflicht des Bundesrates nicht gegeben ist. Schließlich haben wir uns mit der Namensgebung der nstalt befasst und, da sich keine Taufpaten finden lie- en, den Verwaltungsvorschlag unverändert gelassen. In hm kommt die Rechtsform der neuen Organisation zum usdruck und vielleicht auch die Erkenntnis, dass der mmobilienbestand, den die BImA zu verwalten und zu erwerten hat, eher Gedanken an Vergangenes weckt als orstellungen von Dynamik und Zukunftsorientierung, ie sie sich im sicherlich „moderneren“ Begriff „Agen- ur“ wiederfinden. Ich danke meinen Kolleginnen und Kollegen für die ritische Begleitung des Gesetzgebungsvorhabens. Den eschäftigten der BVV und den ihre Interessen wahr- ehmenden Gewerkschaften danke ich für zahlreiche nregungen und ihr soziales Engagement. Der Anstalt wünsche ich guten Erfolg. Ich bitte um Zustimmung zum Gesetzentwurf. Jochen-Konrad Fromme (CDU/CSU): Wir beraten eute ein Gesetzgebungsverfahren, das uns schon sehr ange beschäftigt. Es geht um die Frage: Wie geht der und künftig mit seinem Immobilienbesitz um? Vorab einige Anmerkungen zum Verfahren. Es ähnelt ehr einer Achterbahnfahrt denn einem ordentlichen arlamentarischen Ablauf. Ausgehend von einem richti- en Grundgedanken haben Sie zunächst das Thema jah- elang mit den Bediensteten im so genannten „Nimbus- rozess“ erörtert. Nachdem dieser abgeschlossen war, chlummerte das Thema fast ein Jahr im Finanzministe- ium, bevor es dann holterdipolter durchgebracht werden ollte. Man fragt sich: Was steckt dahinter? Die letzten erichterstattergespräche und insbesondere die Haus- altsausschussberatung vom Mittwoch haben deutlich emacht, warum Sie es plötzlich so eilig haben. Es hat ich gezeigt, dass die wirtschaftlichen Grundlagen nicht timmen und dies wird von Tag zu Tag deutlicher. Des- alb muss das Vorhaben auf Biegen und Brechen durch- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Freitag, den 29. Oktober 2004 12531 (A) ) (B) ) gebracht werden, bevor eine breite Öffentlichkeit und möglicherweise auch Ihre eigenen Kolleginnen und Kol- legen die Windigkeit und den schwankenden Boden, auf dem Sie dieses Projekt verwirklichen wollen, erfassen und Ihnen möglicherweise hätten Widerstand leisten wollen. Die Ausschussunterlagen erreichten uns erst am Abend vor der Sitzung und waren in einem solch chaoti- schen Zustand, dass es erst einer besonderen Erläuterung bedurfte, bis selbst der Kundige begreifen konnte, was Sie eigentlich wollen und was Beschlussgegenstand sein soll. Aber nicht nur das: Sie waren nicht einmal in der Lage, den Vorgang so zu steuern, dass die parlamentari- schen Fristen ordnungsgemäß eingehalten werden kön- nen. Der Ausschussbericht, der die Probleme mit Ihrem Vorhaben deutlich macht, konnte nicht entsprechend den vorgeschriebenen Beratungsfristen erstellt werden. Als wir die Einhaltung verlangen wollten, drohten Sie mit ei- ner Sondersitzung in der sitzungsfreien Woche. Wir ha- ben uns schließlich auf dieses Verfahren eingelassen, um in der desolaten Haushaltslage, in der wir uns befinden, dem Steuerzahler nicht die Kosten einer Sondersitzung, die Sie zu vertreten hätten, zuzumuten. Man fragt sich: warum diese Eile? Ich wiederhole es, Sie haben Angst, dass die Wahrheit das Licht der Öffentlichkeit erblickt und es Ihnen auf diesem Wege unmöglich gemacht wird, wieder einmal eine Einrichtung mit gut dotierten Posten zu schaffen, mit denen Sie dann Ihnen gefällige Perso- nen bedenken können. Die BImA hat künftig unterschiedliche Aufgaben wahrzunehmen. Es sind dies: hoheitliche Aufgaben (Verwaltung nicht nutzbarer Liegenschaften), Wahrneh- mung der Vermieterfunktion für Bundes-Dienstliegen- schaften, Vermietungsvermögen und Durchführung des Abverkaufes von nicht mehr benötigten Liegenschaften sowie Verwaltung des Bundesforsts. Mit der Umstellung sollten drei Ziele gleichzeitig er- reicht werden: Einerseits sollte eine bessere Bewirt- schaftung der Immobilien Synergieeffekte bringen, an- dererseits sollte über dieses System aber auch dauerhaft die Finanzierung der hoheitlichen Aufgaben, wie zum Beispiel der Unterhalt aufgegebener Übungsplätze oder sonstiger Liegenschaften, die wirtschaftlich nicht ver- wertet werden können, abgesichert werden. Dazu sollte in der starken Abverkaufsphase eine Rückstellung auf- gebaut werden, die dann später zur Abdeckung der zu er- wartenden Defizite dienen sollte. Diese Ziele können mit Ihrem Entwurf nicht erreicht werden. Schon von Anbeginn wird die BImA ein strukturelles Defizit „erarbeiten“, wie der von Ihnen für das Jahr 2005 aufgestellte Wirtschaftsplan deutlich macht. Selbst bei hohen Abverkäufen, wie sie in der Anfangsphase durch- geführt werden sollen, gelingt es Ihnen nicht, die für die Finanzierung künftiger Lasten notwendige Rückstellung aufzubauen. Der Wirtschaftsplan 2005 sieht trotz hoher Verkaufsanteile überhaupt keine Zuführung zur Rück- lage vor. Deshalb ist mir schleierhaft, wie Sie das in Zu- kunft erreichen wollen und wie Sie darüber hinaus l,3 Milliarden Euro in den nächsten zehn Jahren für hö- h w R – s b a k d g f o m s k l U u d o I n t u l a R b s A t b v h r g t b d S v W B R s s d g d c w w d w ü N (C (D ere Zuführungen an den Bundeshaushalt erwirtschaften ollen. Dies ist nicht möglich. Man könnte dieses Verfahren mit der Bildung einer ückstellung für künftige Lasten ja begrüßen und wenn es denn möglich wäre, die Rückstellung auch tat- ächlich zu bilden – dies als nachhaltige Finanzpolitik etrachten. Aber in Wahrheit scheinen Sie etwas ganz nderes vorzuhaben. In § 7 haben Sie sich die Möglich- eit eingeräumt, dass der Finanzminister anordnen kann, ass die Rückstellung auch ohne Rücksicht auf die ei- entliche „Zweckbindung“ dem Bundeshaushalt zuge- ührt werden kann. Sie wollen sich also die Möglichkeit ffen halten, eventuell angesammelte Finanzmittel un- ittelbar für den Bundeshaushalt einzusetzen. Ange- ichts Ihres chronischen Finanzbedarfes und der Trick- iste, die Sie nicht einmal vor der Idee zurückschrecken ässt, die Pensionslasten der Post und der Bahn diesen nternehmen für einen geringfügigen Liquiditätsvorteil nd gravierende Langzeitfolgen „abzukaufen“ und damit reistellige Milliardenrisiken in den Haushalt zu ziehen, hne diese in der Finanzplanung auszuweisen, traue ich hnen auch zu, dass Sie die eigentlich für die künftige Fi- anzierung von feststehenden Lasten vorgesehenen Mit- el kurzfristig für Ihre Haushaltspolitik verschleudern nd dem Bundeshaushalt dieses Risiko nachhaltig auf- asten. Das kann auf keinen Fall gebilligt werden. Schon llein dies wäre ein Grund, das Vorhaben abzulehnen. Von Anfang an war offen, ob die Anstalt die richtige echtsform ist. Uns hat das nicht überzeugt und wir ha- en uns immer diese Frage offen gehalten. Das BMF elbst hat ja auch in den Berichterstattergesprächen zum usdruck gebracht, dass eigentlich die Form einer Kapi- algesellschaft viel richtiger wäre, und Sie haben nur vor estimmten Interessengruppen gekniffen und dies nicht ollständig umgesetzt. Ich erinnere nochmals an die An- örung, bei der alle Experten den Entwurf förmlich zer- issen haben. Keiner – auch nicht die von der Koalition eladenen – haben ein gutes Haar daran gelassen. Sie schrecken nicht einmal davor zurück, in den Bera- ungen den Eindruck zu erzeugen, dass Sie sich mit allen eteiligten Gewerkschaften geeinigt haben. Das ist nicht er Fall. Wichtige Teile des Personals, das Sie ja für die trukturveränderung benötigen, sind nach wie vor nicht on der Richtigkeit der neuen Strukturen überzeugt. enn auch diese Menschen jetzt mit der Einrichtung der ImA rechnen, dann ist das nicht Zustimmung, sondern esignation und Fügung in das unvermeidliche Schick- al, nicht aber Überzeugung! Auch die erheblichen Verbesserungen einiger techni- chen Regelungen im Berichterstatterkreis ändern nichts aran, dass die Grundvoraussetzungen nicht ordentlich eklärt wurden. Der wichtigste Punkt für die Ablehnung ieses Vorhabens liegt in den ungesicherten wirtschaftli- hen Grundlagen. Zum einen steht überhaupt nicht fest, elches Vermögen in die BImA wirklich eingebracht ird. Die Buchwerte haben in den meisten Fällen mit en wirklichen Verkehrswerten nur wenig zu tun. Es äre notwendig gewesen – und darüber waren wir uns ber lange Strecken einig –, zunächst eine wirkliche eubewertung des Vermögens vorzunehmen, um vor 12532 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Freitag, den 29. Oktober 2004 (A) ) (B) ) unliebsamen Wertberichtigungen – wie sie in anderen Umstrukturierungsbereichen in Milliardenhöhen zu ver- zeichnen waren – als Risiko auszuschließen. Woher wol- len Sie eigentlich die finanzielle Substanz zur Finanzie- rung solcher Risiken nehmen? Zum anderen geht es aber darum, dass Ihr wirtschaft- liches Konzept überhaupt nicht aufgehen kann. Sie ha- ben mit großem Optimismus vorgetragen, dass Sie die notwendigen Erträge erwirtschaften wollen. Optimismus ist eine gute Sache, aber er muss durch Fakten gestützt sein. Die Erfahrungen aus der Vergangenheit machen deutlich, dass der Betrieb der BlmA, so wie er jetzt von Ihnen im Ausschuss konzipiert worden ist, auf Dauer ei- nen operativen Verlust in zweistelliger Millionenhöhe erwirtschaften wird. Diesen Verlust und die geplante – von Ihnen sogar angekündigte – höhere Abführung an den Bundeshaushalt können Sie nur dadurch erbringen, dass Sie Verkaufserlöse erzielen. Angesichts der Schwan- kungen im Immobilienmarkt und des jetzigen Zustands wird das nur sehr schwer möglich sein. Ganz im Gegen- teil: Sie haben in den letzten Jahren alle Ziele verfehlt und weniger verkauft als beabsichtigt. Dabei besteht die große Gefahr, dass, nur um Liquidität zu erzielen, Bun- desvermögen verschleudert wird. Das ist unverantwort- lich. Sie haben die prognostizierten Einnahmen selbst um 75 Millionen Euro zurückgenommen. Zudem wurde die Kalkulation mit viel zu niedrigen Bewirtschaftungskosten und Personalkosten aufgestellt. Bei diesen beiden Posten entsteht ein Lücke von 66 bzw. 61 Millionen Euro, insgesamt 127 Millionen Euro. Nachdem sich dies nun gezeigt hat, wäre es an der Zeit gewesen eine ehrliche Bilanz zu ziehen und eine neue Kalkulation aufzumachen. Sie haben sich dem verwei- gert, weil damit offenbar geworden wäre, auf welch tö- nernen Füßen Ihr Vorhaben steht. Ja, ganz wichtige Teile der künftigen Kalkulation sind Ihnen völlig unbekannt. Sie haben in den Beratungen einräumen müssen, dass Sie den wichtigen Faktor der Kosten für den hoheitlichen Bereich, also die auch in Zukunft bestehenden Belastungen, überhaupt nicht ken- nen. Das ist unverantwortlich, ein finanzpolitischer „Blindflug“. Die Risiken bewegen sich insgesamt im dreistelligen Millionenbereich. Deshalb können wir die- ses Vorhaben nicht mittragen. Ich weise darauf hin, dass Sie erst im letzten Augen- blick Zahlen auf den Tisch gelegt haben, obwohl ich von Anfang an die Offenlegung der Kalkulation gefordert habe. Nachdem die Ergebnisse sich in ihren Konturen abzeichnen, ist mir klar, warum Sie diese Verschleierung versucht haben. Sie wollten verhindern, dass wir Argu- mente für die richtige Bewertung des Vorhabens finden. Wie unrealistisch Ihre Einschätzung ist, beweisen Sie schon mit der Vorlage der Umsetzung des Vorhabens BImA in die laufenden Haushaltsberatungen für den Bundeshaushalt 2005. Durch ein Vorhaben, das eigent- lich zur Verbesserung der Finanzlage des Bundes beitra- gen soll, wird der Haushalt sogar verschlechtert. Wie sich aus Ihren Änderungsanträgen ergibt, wird sich der Einzelplan 08 durch die Umsetzung des Vorhabens BImA im Ergebnis um 228 Millionen Euro verschlech- t d H g d E g c t n s k r d m f n d b v d l w h w d n d ö s b S a B j E s h d s s d w m s r i W b d „ (C (D ern! Die Einnahmen sinken dort durch Herausnahme er Immobilienbewirtschaftung und -verkäufe aus dem aushalt um 651 Millionen Euro. Gleichzeitig verrin- ern sich die Ausgaben aber nicht in diesem Maße, son- ern wesentlich geringer, nämlich nur um 423 Millionen uro. Damit haben Sie das Vorhaben selbst ad absurdum eführt und deutlich gemacht, dass sich Ihre wirtschaftli- hen Ziele auf diesem Wege nicht erreichen lassen. Hinsichtlich des Umgangs mit den Forstliegenschaf- en verhalten Sie sich vollkommen widersprüchlich. Ei- erseits wollen Sie die Bundesforsten, die jetzt noch Be- tandteil der Vermögensverwaltung und damit der ünftigen BImA sind, veräußern. Das hat übrigens in Ih- en eigenen Reihen großen Widerstand ausgelöst, weil ie Grünen ganz offensichtlich erkannt haben, dass da- it die über die rein fiskalische Funktion der Bundes- orsten hinausgehenden Aufgaben wie Naturschutz usw. ur noch schlechter erfüllt werden. Natürlich haben Sie iese Widerstände untergepflügt. Andererseits bauen Sie ei der LMBV eine neue Organisation auf, die künftig ermehrt forstliche Besitze verwalten soll. Ist hier wie- er einmal „linke Tasche, rechte Tasche“ geplant? Wol- en Sie sich über dieses Organisationschaos möglicher- eise mit einem Buchungstrick neue Mittel verschaffen? Ihr Handeln in diesem Zusammenhang und Ihre haus- altspolitische Not lassen leider auch solche Tricks er- arten. Deshalb können Sie unsere Unterstützung bei er Schaffung der Grundlagen für solche Tricksereien icht erwarten. Die Union lehnt diese verkorkste Verän- erung ab. Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): In den ffentlichen Verwaltungen müssen verstärkt privatwirt- chaftliche Instrumente zum Einsatz kommen. Da blei- en Verwaltungen des Bundes nicht außen vor. Ein chritt in diese Richtung ist die Gründung der Bundes- nstalt für Immobilienaufgaben. Die Wirtschaftlichkeit einer Umstrukturierung der undesvermögensverwaltung wurde im NIMBUS-Pro- ekt ermittelt, unter dem Augenmerk, dass der Bund als igentümer nur einen Teil seiner Verwaltung verselbst- tändigt. Jedoch bleibt die letzte Verantwortung weiter- in beim Bund. Bei der neuen Anstalt wird ein Verwaltungsrat gebil- et, in dem auch Abgeordnete des Bundestages vertreten ein werden. Der Rat nimmt eine beratende und unter- tützende Funktion ein und wird die Arbeit des Vorstan- es konstruktiv begleiten. Unter Abwägung von Merkmalen, wie Steuerung, irtschaftlichem Erfolg oder fachlichen Kriterien, ist an zu dem Entschluss gekommen, dass die Bundesan- talt für Immobilienaufgaben eine bundesunmittelbare echtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts werden soll, n der privatwirtschaftliche Arbeitsweise herrschen wird. ir sehen in der Gründung der Bundesanstalt für Immo- ilienaufgaben einen Schritt in die Richtung eines mo- erneren Staates. Genauso hat das Regierungsprogramm Moderner Staat – Moderne Verwaltung“ es vorgesehen. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Freitag, den 29. Oktober 2004 12533 (A) ) (B) ) Einzelne Kritikpunkte haben wir aufgenommen. Wir haben sie nicht nur zur Kenntnis genommen, sondern auch als Anregung für Verbesserungen verstanden. So haben wir die soziale Absicherung der Arbeitneh- mer und Arbeitnehmerinnen bei der Überleitung in die BImA gewährleistet. Es sind keine Kündigungen – we- der betriebsbedingte Beendigungskündigungen noch Änderungskündigungen – vorgesehen. Dies wird auch im BImA-Errichtungsgesetz festgeschrieben. Auch die Frage der Steuerpflicht ist geklärt. Die BImA unterliegt nicht der Körperschaftsteuerpflicht und muss auch keine Grunderwerbsteuer zahlen. Eine ver- bindliche Bestätigung des BMF liegt vor. Von einer fehlenden Zielsetzung, wie es aus den Rei- hen der Opposition zu vernehmen ist, kann keine Rede sein. Das große Ziel ist immerhin eine Verbesserung im Liegenschaftsmanagement. Das ist schließlich der An- lass für die Umgestaltung der Bundesvermögensverwal- tung. Somit muss auch im Hinblick auf die schwieriger ge- wordene Immobilienmarktsituation die Gründung der BImA befürwortet werden. Durch gezielte Personal- schulungen sind die Mitarbeiter den neuen Herausforde- rungen gewachsen. Durch das kaufmännische Rech- nungswesen wird eine nie da gewesene Transparenz in der Verwaltung der Bundesliegenschaften erreicht wer- den, womit sich die Ergebnisse der Unternehmensziele schwarz auf weiß abbilden lassen, Das Ziel der Effi- zienzsteigerung ist in sämtlichen Schritten bis zur end- gültigen Gründung der BImA allgegenwärtig gewesen. Auch haben wir den Koalitionsvertrag mit der SPD von 2002 nicht vergessen. In ihm haben wir vereinbart, die Bundesforsten nach den Standards des Forest Stewardship Council, FSC, zertifizieren zu lassen. FSC garantiert die Einhaltung anspruchsvoller ökologischer und sozialer Standards im Waldbau. Wir erwarten, dass diese Zertifizierung zeitnah umgesetzt wird. Die viele Arbeit, die in dem Projekt der Gründung ei- ner Bundesanstalt für Immobilienaufgaben steckt, zahlt sich nun aus. Die Vertretungen der Mitarbeiter der Bun- desvermögensverwaltung sind in die Umstrukturierung involviert gewesen. Die Berichterstatter des Einzel- plans 08 haben sich in der Vergangenheit intensiv mit diesem Thema auseinander gesetzt und den Umbaupro- zess unterstützt. Für diese Beratungsgespräche danke ich den Berichterstattern der Fraktionen und den Beteiligten in der Verwaltung. Otto Fricke (FDP): Die FDP, wie sollte es anders sein, unterstützt grundsätzlich das Ziel eines wirtschaft- lichen und ganzheitlichen Immobilienmanagements. Ich bezweifle aber, dass dieses Ziel erreicht wird. So beleg- ten die bisher tatsächlich erwirtschafteten Zahlen, dass hinsichtlich der Bewirtschaftungskosten für das Jahr 2003 lediglich 47 Millionen Euro eingeplant gewesen sind, die Mittelbeanspruchung für die Bewirtschaftung jedoch 113 Millionen Euro betragen hat. c g I r d A E s p U E t s e n s h g h e D e s F B m w k s G w B s E r g J b V f p e d l h A n d c h d d Z t w e (C (D Für die FDP kann ich festhalten, dass bei oberflächli- her Betrachtung die Zielsetzung der Organisationsform rundsätzlich unterstützenswert wäre. So sprechen Sie in hrem Gesetzentwurf von flacheren Hierarchien, straffe- en Strukturen, einer größeren Effizienz – auch bedingt urch die Einführung der kaufmännischen Buchführung. uf diese Art und Weise soll eine höhere Kosten- und rtragstransparenz erreicht werden. Dieses ist im Grund- atz nicht zu monieren. Doch bei Licht betrachtet, ent- uppt sich der Gesetzentwurf als ein Papier mit vielen nbekannten und hohem demokratischen Defizit. Der wahre Grund Ihres Gesetzentwurfes ist meines rachtens leider allein unter fiskalischen Gesichtspunk- en zu sehen. Die FDP kritisiert, dass einerseits die wirt- chaftlichen Grundlagen nicht den Angaben des Gesetz- ntwurfs entsprechen und die Renditeberechnungen icht stimmen. Allein die Mehrkosten bei der Bewirt- chaftung und die geringeren Verkaufserlöse führen ochgerechnet auf zehn Jahre eben nicht zu den pro- nostizierten Mehrerlösen. Zudem weist die FDP darauf in, dass die Errichtung der BImA nicht zwangsläufig zu iner Zusammenfassung aller künftig zu nutzenden ienstliegenschaften führen wird. Deshalb kann auch in sparsamerer Umgang mit den Immobilien in der ge- amten Bundesverwaltung nicht unterstellt werden. Die DP kritisiert ferner, dass der im Gesetzestext benutzte egriff eines „ganzheitlichen“ Immobilienmanage- ents nicht den Tatsachen entspricht, da die Bundes- ehrliegenschaften nicht mit einbezogen sind. Daher ann die FDP auch wenn sie das Ziel von höherer Wirt- chaftlichkeit bei der Verwaltung von Liegenschaften im rundsatz für unterstützenswert hält, dem Gesetzent- urf aus den vorgenannten Gründen nicht zustimmen. Schaut man sich auch die Veräußerungserlöse der undesvermögensverwaltung in den Vorjahren an, so tellt man dort schon eine rückläufige Tendenz bei den innahmen fest. Betrugen die Einnahmen aus Veräuße- ungen im Jahr 2000 noch rund 840 Millionen Euro, la- en sie im Jahr 2003 bei 600 Millionen Euro Soll und im ahr 2004 bei 550 Millionen Euro. Nun kann man darü- er streiten, ob die rückläufigen Einnahmen nur auf eine erschlechterung der allgemeinen Marktlage zurückzu- ühren sind. Fest steht jedoch, dass aus dem Immobilien- ortfolio durch den Verkauf weiterer Liegenschaften rstens der Bestand immer geringer wird und zweitens ie Qualität der Liegenschaften und damit die zu erzie- enden Preise in der gewünschten Form nicht mehr zu alten sein werden. Das Gesetz ist in puncto Zahlen, Berechnungen und nnahmen grundlegend falsch. Dies erinnert in unschö- er Art und Weise erneut an die vergangenen Haushalte, ie regelmäßig im Haushaltsvollzug wie ein Kartenhäus- hen in sich zusammen fielen und letztendlich nicht das ielten, was sie versprachen. Neben den erheblichen fiskalischen Risiken bestehen arüber hinaus weitere Probleme. Dies betrifft sowohl ie Organisationsstruktur als auch den Personalbereich. u klären ist unter anderem, welche berufliche Perspek- ive das neue Amt den jetzigen Beschäftigten bietet, enn beispielsweise in einigen Bundesvermögensämtern inhergehend mit dem angestrebten Verkaufstempo 12534 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Freitag, den 29. Oktober 2004 (A) ) (B) ) Aufgaben wegfallen. Was passiert dann mit diesen Be- schäftigten? Lassen Sie mich daher zusammenfassend festhalten: Der Gesetzentwurf verspricht viel, wird leider jedoch nicht viel halten. Die Folgen des Gesetzentwurfes wer- den uns in den nächsten Jahren immer wieder beschäfti- gen. Schließlich noch eine persönliche Anmerkung: In den letzten Jahren erleben wir immer öfter, dass die Bundes- regierung unter dem Deckmäntelchen der Privatisierung letztlich nur eines betreibt, nämlich die Transformierung einzelner Behörden oder Behördenteile in eine andere Organisations- oder Rechtsform. Dieses hat aber nur ei- nes zur Folge, nämlich dass die entsprechende Organisa- tionsform mehr und mehr der demokratischen Kontrolle der Parlamente entzogen wird. Man kann schon jetzt prophezeien, dass Fehler und Probleme, die im Bereich der BImA schlicht geschehen werden, weil halt Men- schen dort handeln und keine Computer. Wenn diese Fehler an die Öffentlichkeit kommen, wird dann der Po- litik der Vorwurf gemacht werden, sie hätte versagt. Das mag zwar im Moment nur die gegenwärtige Regierung treffen, aber es trifft letztlich uns alle. Es ist gut, wenn Politik sich verschlankt, aber sie muss auch die Kon- trolle behalten. Tut sie dies nicht, muss sie die Verant- wortung für Vorgänge übernehmen für die sie letztlich – weil nicht handelnd – keine Verantwortung trägt. Die stetige und weitere Verlagerung von Entscheidun- gen, insbesondere haushaltsrelevante Entscheidungen, in nicht demokratisch direkt kontrollierte Gremien ist daher falsch. Politik, die sich durch „Wegschieben“ in andere Gremien immer mehr ihrer Verantwortung entledigt, verliert mehr und mehr Gestaltungsmöglichkeiten. Ins- besondere im Verhältnis der Exekutive zur Legislative halte ich dieses dauerhaft für eine katastrophale Ent- wicklung, die durch den hier nun von der Koalition zur Entscheidung gebrachten Gesetzentwurf weiter verstärkt wird. Anlage 6 Amtliche Mitteilungen Die Fraktion der CDU/CSU hat mit Schreiben vom 27. Oktober 2004 mitgeteilt, dass sie den Antrag Ver- meidung von Spätabtreibungen – Hilfen für Eltern und Kinder (Drucksache 15/1566) zurückzieht. Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Auswärtiger Ausschuss – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über die Tätigkeit des Eu- roparates für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2003 – Drucksachen 15/3291, 15/3543 Nr. 1.1 – m V P t (C (D – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über die Tätigkeit des Eu- roparates für die Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 2003 – Drucksachen 15/3292, 15/3543 Nr. 1.2 – Haushaltsausschuss – Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushalts- und Wirtschaftsführung 2004 Überplanmäßige Ausgabe in Höhe von 20 539 T Euro bei Kapitel 06 40 Titel 681 12 – Eingliederungshilfen und Entschädigungen – – Drucksachen 15/3645, 15/3693 Nr. 1.11 – Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit – Unterrichtung durch die Bundesregierung Sondergutachten des Rates von Sachverständigen für Umweltfragen Meeresumweltschutz für Nord- und Ost- see – Drucksachen 15/2626, 15/3251 Nr. 1.1 – Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben itgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden EU- orlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische arlament zur Kenntnis genommen oder von einer Bera- ung abgesehen hat. Innenausschuss Drucksache 15/3135 Nr. 2.26 Finanzausschuss Drucksache 15/3779 Nr. 1.8 Drucksache 15/3779 Nr. 1.68 Drucksache 15/3779 Nr. 1.78 Drucksache 15/3779 Nr. 1.80 Drucksache 15/3779 Nr. 1.83 Drucksache 15/3779 Nr. 1.89 Drucksache 15/3779 Nr. 1.90 Drucksache 15/3779 Nr. 1.92 Drucksache 15/3779 Nr. 1.93 Haushaltsausschuss Drucksache 15/3779 Nr. 1.26 Drucksache 15/3779 Nr. 1.87 Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Drucksache 15/2373 Nr. 2.36 Drucksache 15/3403 Nr. 2.4 Drucksache 15/3403 Nr. 2.5 Drucksache 15/3403 Nr. 2.6 Drucksache 15/3403 Nr. 2.7 Drucksache 15/3403 Nr. 2.8 Drucksache 15/3403 Nr. 2.9 Drucksache 15/3403 Nr. 2.10 Drucksache 15/3403 Nr. 2.11 Drucksache 15/3403 Nr. 2.24 Drucksache 15/3403 Nr. 2.36 Drucksache 15/3403 Nr. 2.38 Drucksache 15/3403 Nr. 2.44 Drucksache 15/3403 Nr. 2.50 Drucksache 15/3403 Nr. 2.53 Drucksache 15/3403 Nr. 2.55 Drucksache 15/3403 Nr. 2.61 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Freitag, den 29. Oktober 2004 12535 (A) (C) (B) (D) Drucksache 15/3403 Nr. 2.66 Drucksache 15/3403 Nr. 2.69 Drucksache 15/3403 Nr. 2.81 Drucksache 15/3403 Nr. 2.87 Drucksache 15/3403 Nr. 2.88 Drucksache 15/3403 Nr. 2.91 Drucksache 15/3403 Nr. 2.92 Drucksache 15/3403 Nr. 2.97 Drucksache 15/3403 Nr. 2.98 Drucksache 15/3403 Nr. 2.99 Drucksache 15/3403 Nr. 2.100 Drucksache 15/3546 Nr. 1.1 Drucksache 15/3546 Nr. 2.8 Drucksache 15/3546 Nr. 2.12 Drucksache 15/3696 Nr. 2.5 Drucksache 15/3696 Nr. 2.13 Drucksache 15/3696 Nr. 2.20 Drucksache 15/3696 Nr. 2.26 Drucksache 15/3996 Nr. 2.28 Drucksache 15/3969 Nr. 2.40 Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft Drucksache 15/3546 Nr. 2.7 Drucksache 15/3779 Nr. 1.40 Drucksache 15/3779 Nr. 1.94 Drucksache 15/3779 Nr. 1.95 Drucksache 15/3779 Nr. 1.96 Drucksache 15/3779 Nr. 1.97 Drucksache 15/3779 Nr. 1.98 Drucksache 15/3779 Nr. 1.105 Drucksache 15/3779 Nr. 1.106 Drucksache 15/3779 Nr. 1.108 Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen Drucksache 15/3266 Nr. 2.3 Drucksache 15/3266 Nr. 2.18 Drucksache 15/3696 Nr. 1.1 Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 15/3403 Nr. 2.45 Drucksache 15/3403 Nr. 2.59 Drucksache 15/3403 Nr. 2.76 Drucksache 15/3403 Nr. 2.83 Drucksache 15/3696 Nr. 2.8 Drucksache 15/3779 Nr. 1.22 Drucksache 15/3779 Nr. 1.33 Drucksache 15/3779 Nr. 1.55 Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Drucksache 15/3779 Nr. 1.45 Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Drucksache 15/3779 Nr. 1.76 Ausschuss für Kultur und Medien Drucksache 15/3546 Nr. 1.2 136. Sitzung Berlin, Freitag, den 29. Oktober 2004 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6
Gesamtes Protokol
Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1513600000

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

Sitzung ist eröffnet.
Interfraktionell ist vereinbart worden, die heutige Ta-

gesordnung um die Beratung der Beschlussempfehlung
des Vermittlungsausschusses zu Fernabsatzverträgen auf
Drucksache 15/4062 zu erweitern. Der Punkt soll nach
Tagesordnungspunkt 18 aufgerufen werden. Sind Sie mit
dieser Vereinbarung einverstanden? – Das ist der Fall.
Dann ist so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 18 auf:
– Zweite und dritte Beratung des von den Frak-

tionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Geset-
zes zur Verbesserung des unfallversicherungs-
rechtlichen Schutzes bürgerschaftlich Enga-
gierter und weiterer Personen
– Drucksache 15/3439 –

(Erste Beratung 118. Sitzung)


– Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Verbesserung des unfallversicherungs-

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Redet
rechtlichen Schutzes bürgerschaftlich Enga-
gierter und weiterer Personen
– Drucksache 15/3920 –

(Erste Beratung 132. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Gesundheit und Soziale Sicherung

(13. Ausschuss)

– Drucksache 15/4051 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Peter Dreßen

Zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen de
des Bündnisses 90/Die Grünen liegt ein Entsc
antrag der Fraktion der FDP vor.

(C (D ung 9. Oktober 2004 0 Uhr Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich öre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Kollegen eter Dreßen, SPD-Fraktion, das Wort. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Alle hrenamtlich Tätigen und bürgerschaftlich Engagierten önnen sich freuen: Mit dem heute zu verabschiedenden esetzentwurf zur Verbesserung des unfallversicheungsrechtlichen Schutzes bürgerschaftlich Engagierter nd weiterer Personen wird die Arbeit im Ehrenamt icherer. Mit diesem Gesetz stärken wir ihre für die Geellschaft so wichtige Arbeit. Sie ist der Kitt in der Geellschaft, der vieles zusammenhält. Dies hat auch die nquete-Kommission „Zukunft des Bürgerschaftichen Engagements“ erkannt, die in ihrem Bericht festehalten hat, wie das Ehrenamt für die Zukunft zu stären ist. Was sind die wichtigsten Neuerungen? Es wird eröglicht, dass Frauen und Männer, die ehrenamtlich für ine privatrechtliche Organisation im Auftrag oder mit ustimmung von öffentlich-rechtlichen Institutionen akiv sind, für circa 2,50 Euro pro Jahr einen unfallversi ext cherungsrechlichen Schutz erhalten. Dies gilt auch für gewählte Ehrenamtsträger in gemeinnützigen Organisationen. In Zukunft wird man zum Beispiel den Platzwart in den Sportvereinen in den Vorstand wählen, um den unfallversicherungsrechtlichen Schutz zu ermöglichen. Auch die vielen aktiven Gewerkschaftsfunktionäre innerhalb des DGB und die Arbeitgeberverbände können den Nutzen dieser Neuerung genießen. Im Rettungswesen gibt es viele ehrenamtlich Tätige. Auch diese Männer und Frauen profitieren von den Neuerungen. Auch diejenigen, die bei internationalen Organisationen ehrenamtliche Aufgaben wahrnehmen, fallen unter das Gesetz. dass sich viele Menschen in Religionsgengagieren. Auch diese Gruppe wird von es Gesetzes positiv erfasst. Wir rechnen ür die Vereine, öffentlich-rechtlichen r SPD und hließungs Wir wissen, meinschaften e den Vorteilen d damit, dass f Peter Dreßen Institutionen und Kirchen 2,50 Euro pro Person und Jahr an zusätzlichen Kosten für den Versicherungsschutz entstehen. Das ist wahrlich eine günstige Relation. Wir haben im Gesetzgebungsverfahren einige Änderungen des Bundesrates übernommen. Wenn wir der Forderung nach Abschaffung der Schülerunfallrenten nicht nachkommen, so hat dies nicht nur haftungsrechtliche Gründe. Wir sind der Meinung, dass bei einem Unfall, der vielleicht lebenslange Beeinträchtigungen nach sich zieht, ein Schutz vorhanden sein muss. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Peter Dreßen (SPD):
Rede ID: ID1513600100




(A) )


(B) )


Das gilt auch für Auszubildende. Auch sie müssen ein
Recht auf Hilfe nach einem Unfall haben. Wir halten es
im Sinne eines sozialen Rechtsstaates nicht für verein-
bar, diese jungen Menschen von wesentlichen Teilen des
Schutzes der Unfallversicherung auszuschließen.

Dass bei den Berufsgenossenschaften bzw. den Un-
fallkassen im Organisationsbereich einiges verbessert
werden muss, pfeifen inzwischen die Spatzen von den
Dächern. Dabei können, nein müssen wir über die inhalt-
lichen Ziele, über Fusionen, sicherlich neue Wege gehen.
Die Erfahrungen mit der Rentenorganisation oder den
landwirtschaftlichen Alterskassen zeigen uns aber, dass
man hier nichts über das Knie brechen darf.

Ich finde es gut, dass wir, SPD und Bündnis 90/Die
Grünen, hierzu einen Entschließungsantrag eingebracht
haben. Ziel ist, dass auf Staatssekretärsebene eine
Arbeitsgruppe eingerichtet wird, die in spätestens vier
Jahren Ergebnisse vorlegen soll. Bis dahin gilt ein Mora-
torium, das verhindern soll, dass diejenigen, die bei der
gewerblichen Berufsgenossenschaft versichert sind,
durch Umfirmierung wechseln können.

Abschließend möchte ich noch einmal verdeutlichen:
Heute ist ein guter Tag für bürgerschaftlich Engagierte.
Ihre Tätigkeit wird sicherer; denn nicht selten sind die
ehrenamtlich geleisteten Tätigkeiten mit Gefährdungsri-
siken verbunden. Diese Tätigkeiten erfordern den solida-
rischen Schutz der Gesellschaft, der nun durch das Ge-
setz verstärkt wird.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Man stelle sich vor, es gäbe bei uns keine Sportver-
eine, Musikvereine oder andere kulturelle Vereine. Wir
wären in diesem Land ein ganzes Stück ärmer. Manche
unserer Kinder könnten keinen Teamgeist oder soziale
Kompetenz entwickeln. Auch manche Rettungseinrich-
tungen wären ohne ehrenamtliche Mitarbeiter nicht zu
halten. Etliche Kommunen bedienen sich ebenfalls der
Kompetenz und des Engagements vieler Bürger, was
– nebenbei bemerkt – dem Steuerzahler sehr viel Geld
spart.

Mit dem Gesetz wollen wir den ehrenamtlich Tätigen
nicht – wie sonst üblich – einen warmen Händedruck ge-
ben und Dankeschön sagen, sondern einen Schutz im
Ehrenamt bieten. Ich bitte Sie daher, dem Gesetzentwurf
zuzustimmen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


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(C (D Ich erteile das Wort Kollegin Gerlinde Kaupa, CDU/ SU-Fraktion. Sehr verehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Kolle innen und Kollegen! Wir beraten heute abschließend ber einen Gesetzentwurf, der von den ehrenamtlich Täigen schon lange erwartet wurde und der heute – Gott ei Dank – verabschiedet wird. Von der Enquete-Komission „Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements“ st vor über zwei Jahren eine Reihe von Handlungsempehlungen formuliert worden, zu denen auch eine besere versicherungsrechtliche Absicherung bürgerschaftich Engagierter gehört. Die gesetzliche Umsetzung der mpfehlung ist Gegenstand unserer heutigen Beratunen. Leider hat dies alles sehr lange gedauert, wir wissen, arum: weil sich die Regierungskoalition geziert hat, emeinsam mit der Union einen Gesetzentwurf einzuringen. Das hat die CDU/CSU-Bundestagsfraktion aber icht davon abgehalten, Ihren Gesetzentwurf und Ihren ntschließungsantrag, meine Damen und Herren von en Regierungsfraktionen, im Sinne des Ehrenamtes ohlwollend und mit viel Zustimmung zu begleiten. ch bin daher froh, dass wir heute die Verbesserung des nfallversicherungsrechtlichen Schutzes für bürgerchaftlich engagierte Menschen gemeinsam auf den Weg ringen. Die Gründe für das Gesetz sind – neben der schon ge annten Umsetzung der Handlungsempfehlungen der nquete-Kommission – vielfältig. Wir würdigen einereits die Tatsache, dass ohne die über 21 Millionen in eutschland ehrenamtlich Tätigen in vielen gesellschaftichen Bereichen unseres Landes faktisch wenig bis gar ichts laufen würde, und zwar sowohl im sozialen, irchlichen und kulturellen Bereich als auch im Sport, eim Gesundheitsdienst, beim Katastrophenschutz, beim ettungsdienst und in der Rechtspflege. Überall setzen ich Menschen ehrenamtlich, uneigennützig und unenteltlich für einen gemeinnützigen Zweck ein. Wir reagieren mit der Verbesserung des Unfallver icherungsschutzes auch auf eine Entwicklung, die daurch gekennzeichnet ist, dass in Zeiten knapper öffenticher Kassen bisher staatlich wahrgenommene ufgaben zunehmend ehrenamtlich erfüllt werden und ass dem Ehrenamt damit wachsende Bedeutung zuommt. Gleiches gilt für den Bereich religionsgemeinchaftlichen Wirkens. Die Notwendigkeit des Gesetzes, über das wir heute eraten, ist nicht zuletzt daraus entstanden, dass in manhen Bereichen ehrenamtlich Tätige nicht versichert der nicht versicherbar sind, ein nur durch untergeordete Regelungen bestimmter Versicherungsschutz exisiert und gelegentlich unklar ist, wer zuständiger Vericherer ist. Gerlinde Kaupa Zudem hat die Enquete-Kommission beschrieben, dass sich viele einzelne Engagierte sowie Vereine und Organisationen möglicher Risiken, denen sie in Ausübung dieser Tätigkeit begegnen können, nicht ausreichend bewusst sind. Hieraus hat sich der Handlungsbedarf für den Gesetzgeber ergeben. Vorreiter in dieser Sache sind übrigens einige unionsgeführte Bundesländer gewesen: Hessen und Niedersachsen haben für ihren jeweiligen Bereich bereits im vergangenen Jahr gehandelt und als Auffangregelung Rahmenverträge für Ehrenamtliche über einen Unfallversicherungsschutz und darüber hinaus über einen Haftpflichtversicherungsschutz abgeschlossen. (Dr. Michael Bürsch [SPD]: Das ist sehr verdienstvoll!)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1513600200

(Beifall bei der CDU/CSU)

Gerlinde Kaupa (CSU):
Rede ID: ID1513600300

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)





(A) )


(B) )


Die eher grundlegenden Regelungen, die mit der Geset-
zesvorlage des Bundes getroffen werden, gehen dem lan-
desseitigen Sicherheitsnetz vor.

Mit dem heutigen Beschluss werden der Kreis der ge-
setzlich und freiwillig zu Versichernden ausgeweitet, die
Möglichkeit geschaffen, per Satzung Ehrenamtliche in
den Versicherungsschutz zu bringen, Zuständigkeiten
der öffentlichen Unfallversicherungsträger und der ge-
werblichen Berufsgenossenschaft geregelt, Regelungen
über das Entstehen des Versicherungsschutzes sowie Re-
gelungen zur Beitragsberechtigung getroffen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat bei den Bera-

tungen Ihres Gesetzentwurfes gelegentlich auftretende
Bedenken zurückgestellt und den nach der Stellung-
nahme des Bundesrates von der Regierungskoalition ein-
gebrachten Änderungsanträgen weitgehend und dem Ge-
setzentwurf in der geänderten Fassung am Ende ganz
zugestimmt.

Lediglich zur Regelung der Zuständigkeit der Ver-
sicherungsträger und zur Frage, wie im Zuge einer Ge-
samtreform der Sozialversicherung die Unfallversiche-
rung auf die gewandelten Bedingungen des europäischen
Binnenmarktes auszurichten ist – der Kollege Gerald
Weiß wird sich dieses Themas nachher annehmen –, ha-
ben wir einen Entschließungsantrag – er wurde noch
nicht eingereicht – erarbeitet, der sich von dem der Ko-
alition wesentlich unterscheidet.

Ihre Ablehnung unseres Antrags – er ist zumindest im
Gesundheitsausschuss abgelehnt worden; so viel möchte
ich dazu nur sagen – wird die Notwendigkeit der Beant-
wortung der damit verbundenen Fragen nicht von der
Tagesordnung verschwinden lassen. Das Ganze wird uns
begleiten.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Im Gegenteil: Bei Nichtstun werden sich die Pro-

bleme der gesetzlichen Unfallversicherung verschärfen.
Insofern besteht dringender Handlungsbedarf. Wir müs-
sen noch in dieser Wahlperiode und nicht erst in der
nächsten nach Wegen suchen, um die gesetzliche Un-
fallversicherung auf gesunde Füße zu stellen.

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(C (D Da wir dem mit diesem Gesetzentwurf verbundenen nliegen positiv gegenüberstehen, kann ich für meine raktion sagen, dass wir darin einen Gewinn für das Ehenamt sehen. Existierende Lücken im Versicherungschutz werden geschlossen. Das begrüßen wir. Bestehenes Engagement wird stabilisiert und Hilfsbereitschaft ird geweckt. Hilfsbereite werden besser rekrutiert weren können, wenn die versicherungsrechtlichen Rahenbedingungen solidarischen Schutz für den Fall der älle gewähren. Insgesamt wird erwartet, dass über 2 Millionen Men chen von der heutigen Neuregelung profitieren werden. us dem Kreis der verschiedenen Nutznießer möchte ich erne eine Sparte herausgreifen: die Sportvereine. Der reis der Ehrenamtlichen ist auch deshalb so groß, weil ich die Regelung, die eine freiwillige Versicherung für ewählte Ehrenamtliche vorsieht, an die zahlreichen geeinnützigen Vereine in Deutschland richtet. Allein für en Bereich Sport rechnen wir mit einer halben Million dressaten, die durch Ergänzung von § 6 Abs. 1 GB VII erreicht werden. Zwar hat der Finanzausschuss des Bundesrates diesen unkt unter dem Eindruck möglicher ausufernder Kosenbelastungen und rechtssystematischer Erwägungen nders bewertet und damit dem einen oder anderen ganz besonders Frau Freitag, die zu diesem Zeitpunkt ber nicht auf der Höhe des Beratungsstandes war; aber ie Angelegenheit hat sich ja wieder beruhigt – vielleicht ine Schrecksekunde beschert; doch der Bundesrat hat m Ende die diesbezügliche Ergänzung des Gesetzenturfes ausdrücklich gebilligt. Wir von der CDU/CSUundestagsfraktion tun das auch. Zukünftig können sich die Vorstandsmitglieder von emeinnützigen Vereinen in der gesetzlichen Unfallvericherung freiwillig versichern lassen. Dies entspricht eier Forderung des DSB. Der Deutsche Sportbund arguentiert schon seit mehreren Jahren, dass Menschen, die ich in Ehrenämtern für den Sport und für andere Menchen über das übliche Maß hinaus engagieren, Anpruch auf den Schutz der Solidargemeinschaft haben ollen. Es war bislang auch nicht wirklich nachvollziehar, dass für Übungsleiter, Trainer, Platzwarte und Zeugarte über die Weisungsgebundenheit gegenüber dem orstand ein Beschäftigungsverhältnis angenommen erden kann, mit dem ein Unfallversicherungsschutz inhergeht, während dem Vorstand selbst dieser Vericherungsschutz vorenthalten bleibt. Dieser Widersinn ird mit der Gesetzesvorlage geändert. Ich hoffe, dass auch die Einbeziehung der Schieds ichter, Kampfrichter, Wertungsrichter usw. in den unallversicherungsrechtlichen Schutz sichergestellt wird; n der abschließenden Beratung im Gesundheitsauschuss haben wir darüber schon gesprochen. Ein unfallersicherungsrechtlicher Schutz kommt bislang nur zutande – so steht es in den Statuten der VBG –, wenn ine arbeitsoder dienstvertragliche Beziehung zu dem erein oder Verband besteht bzw. ein Zugang zur Tätigeit vom allgemeinen Arbeitsmarkt aus nicht möglich st. Diese Voraussetzung wird von den Schiedsrichtern icht erfüllt. Nach der in der Gesetzesänderung enthaltenen Gerlinde Kaupa Definition wird sich für diesen im Bereich des Sports eine wichtige Aufgabe erfüllenden Personenkreis auch nichts ändern. Das bedaure ich sehr. Der Herr Staatssekretär Thönnes hat in der Ausschusssitzung am Mittwoch bekundet, es sei gewollt, die Schiedsrichter in den Versicherungsschutz einzubeziehen. Eine Bestätigung habe ich leider noch nicht erhalten; vielleicht kommt sie noch. Wir alle müssen deshalb davon ausgehen, dass es in diesem Punkt offenbar noch Beratungsund Nachbesserungsbedarf gibt. Noch ein anderes Beispiel. Es gibt die Organisationsleiter im Sport. Da muss man unterscheiden. Wenn sie eine Aufgabe laut Satzung übernehmen, haben sie ein unversichertes Vorstandsamt; dann sind sie nicht versichert. Wenn sie aber ihre Organisationsleiteraufgabe gemäß Vertrag ausüben, dann sind sie versichert. Für denjenigen, der im Verein eine Aufgabe übernimmt, ist es also nicht einfach, herauszufinden, ob er versichert ist oder nicht. Es gibt Tennisvereine, in deren Satzung steht, dass die Mitglieder im Frühjahr soundso viele Stunden für die Herrichtung des Platzes leisten müssen. Wenn das so in der Satzung steht, sind sie nicht versichert. Wenn sie sich aber im Jahr zusätzlich in der Weise engagieren, dann sind sie versichert. Diese Unterscheidung ist idiotisch. (Dr. Uwe Küster [SPD]: Sehr unparlamentarisch! – Gegenruf des Abg. Andreas Storm [CDU/CSU]: Aber zutreffend!)





(A) )


(B) )


Deshalb muss unbedingt eine Regelung geschaffen wer-
den, die für alle durchsichtig ist. Da ist eine Nachbesse-
rung notwendig.


(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe)

– Jeder fühlt sich betroffen.

Noch ein Wort zur Schülerunfallversicherung, weil
sie vorhin angesprochen worden ist. Dabei ging es nur
um die Differenz zwischen Gesundheitsschadenaus-
gleich und Erwerbsschadenausgleich, darum, ab wann
die Rente gezahlt wird, ab dem Tag, an dem die Schule
oder das Ausbildungsverhältnis beendet wird, oder auch
schon vorher.

Alles in allem – damit bin ich schon am Schluss –
kommen wir mit unserer Zustimmung zu den Änderun-
gen des SGB VII der schon lange erhobenen Forderung
nach, dem bürgerschaftlichen Engagement in Deutsch-
land Anerkennung zu zollen und der zunehmenden Be-
deutung des Ehrenamts in unserer Gesellschaft Rech-
nung zu tragen.

Ich danke fürs Zuhören und freue mich unwahr-
scheinlich darüber, dass wir endlich einmal etwas ge-
meinsam verabschieden. Das könnten wir öfter tun.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Uwe Küster [SPD]: Was ist denn das? Haben Sie das mit Herrn Stoiber besprochen?)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1513600400

Ich erteile Kollegen Markus Kurth, Fraktion des

Bündnisses 90/Die Grünen, das Wort.

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(C (D Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! eine Damen und Herren! Frau Kaupa, ich lade Sie ern ein, viele Gesetzesvorhaben, die wir noch einbrinen werden, mit uns zusammen zu verabschieden. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513600500

Bürgerschaftliches Engagement ist ein Engagement
ür den sozialen Zusammenhalt unserer Gesellschaft.
er sich ehrenamtlich betätigt, übernimmt Verantwor-

ung für andere und für die Gesellschaft. Gerade in Zei-
en, in denen wir den Sozialstaat umbauen und die Ei-
enverantwortung erhöhen, nimmt bürgerschaftliches
hrenamtliches Engagement auf jeden Fall zu. Es ist
icht so, dass wir professionelle Angebote durch ehren-
mtliches Engagement ersetzen wollten; aber allein das
eispiel der rechtlichen Betreuung zeigt, dass wir ohne
hrenamtlich Engagierte in Teufels Küche kämen. Wenn
ir zum Beispiel keine ehrenamtlichen Betreuer von
icht Geschäftsfähigen hätten, wenn wir das alles über
erufsbetreuer leisten müssten, wären die Kosten für
en Staat sehr hoch.
Aus diesem Grund ist es für Bündnis 90/Die Grünen

egrüßenswert, dass mit dem vorliegenden Gesetzent-
urf ein bedeutendes Zeichen gesetzt wird. Dass die
olidargemeinschaft auch für die Gefährdungsrisiken
intritt, die mit dem ehrenamtlichen Engagement ver-
unden sind, ist ein wichtiges Symbol.
Die Enquete-Kommission „Bürgerschaftliches En-

agement“ hat in ihrem Bericht sehr deutlich darauf hin-
ewiesen, dass es nicht Sache des einzelnen Engagierten
ein kann, die mit dem Engagement verbundenen Risi-
en abzusichern. Es kann auch nicht erwartet werden,
ass sich diejenigen, die sich unentgeltlich für unser Ge-
einwesen einsetzen, im Schadensfalle mit der eigenen
rivaten Haftpflichtversicherung auseinander setzen
üssen. Erst recht geht es nicht an, dass sie völlig ohne
ersicherungsschutz dastehen.
Von daher sehen wir es in diesem Hause gemeinsam
it der CDU/CSU als vordringliche engagementpoliti-
che Aufgabe an, für einen angemessenen Unfallversi-
herungsschutz der Engagierten zu sorgen. Aus diesem
runde freue ich mich sehr, dass wir nun hier und heute
iesen Gesetzentwurf verabschieden und vom nächsten
ahr an mehr als 1,5 Millionen Menschen einen umfas-
enden Unfallversicherungsschutz bieten können.
Im genannten Bericht der Enquete-Kommission wird

och einmal ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich
äufig weder die Engagierten noch die Vereine oder Or-
anisationen der Gefahren bewusst sind, denen ehren-
mtlich Engagierte alltäglich ohne eine ausreichende
bsicherung ausgesetzt sind. Anlässlich dieses Gesetz-
ntwurfs habe auch ich mir noch einmal Gedanken da-
über gemacht, wie ich selbst als Jugendlicher und jun-
er Erwachsener unbekümmert als Jugendgruppenleiter
osgezogen bin. Welche Risiken ich dabei teilweise ein-
egangen bin, wird mir erst jetzt klar, da wir über diesen
esetzentwurf beraten. Ich freue mich, dass wir hier
etzt für eine grundlegende Sicherheit sorgen können.






(A) )



(B) )


Markus Kurth

Es geht aber nicht nur darum, diejenigen versiche-

rungsrechtlich abzusichern, die sich bereits seit langem
ehrenamtlich engagieren. Vielmehr verfolgen wir mit
dem vorliegenden Gesetz auch das Ziel, die Akzeptanz
unentgeltlicher Arbeit zu stärken. Gemäß dem Ur-
sprungsentwurf profitierten vor allem diejenigen von
dieser Neuerung, die sich in Kommunen, Kirchen, Ge-
werkschaften und Arbeitgeberorganisationen engagie-
ren. Ich möchte auf eine wichtige Änderung, die wir vor-
genommen haben, hinweisen: Wir eröffnen nun auch
den Unfallversicherungen die Möglichkeit, individuell
in ihren Satzungen zu regeln, welche weiteren Gruppen
ehrenamtlich Tätiger in den Versicherungsschutz einbe-
zogen werden können. Dadurch können auch gemein-
nützige Vereine und freie Initiativen leichter für Unfall-
versicherungsschutz ihrer Engagierten sorgen. Damit
kommen wir dem Ziel näher, alle Formen freiwilliger
Tätigkeit in ihrer ganzen Breite in den Versicherungs-
schutz einzubeziehen.

Vergessen wir nicht: Die Zukunft unserer Demokratie
und unseres Gemeinwesens hängt im Wesentlichen da-
von ab, ob wir es schaffen, dass sich in Deutschland eine
lebendige Zivilgesellschaft entwickelt, die das Engage-
ment möglichst vieler zur Entfaltung bringt. Demokratie
lebt von Beteiligung, auf allen Ebenen und in allen Or-
ganisationsformen.

Im Laufe des Gesetzgebungsverfahren haben die
Fraktionen von SPD und Bündnisgrünen weitere Ände-
rungen eingebracht, die vor allen Dingen darauf abziel-
ten, die Zustimmung des Bundesrates zu erhalten, um
das Gesetz pünktlich zum Jahresanfang in Kraft treten zu
lassen. Dazu gehört auch die Regelung, dass für privati-
sierte Unternehmen der Länder und Kommunen für die
Dauer von fünf Jahren der derzeitige Unfallversiche-
rungsträger zuständig bleibt. Meine Damen und Herren
von der Opposition, Sie haben diese Regelung zwar kri-
tisiert, aber wollen deswegen dem Gesetz Ihre Zustim-
mung nicht verweigern. Das freut mich. Man muss je-
doch sehen, dass auch die unionsgeführten Länder im
Bundesrat sehr vehement auf einer dementsprechenden
Regelung bestanden haben. Indem wir einem Wunsch
der Länder nachgekommen sind, wollen wir dafür sor-
gen, dass dieses Gesetz schneller den Bundesrat passiert
und in Kraft treten kann.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Sehen Sie das denn auch problematisch?)


Ich denke, dass wir mit dem genannten Moratorium
und den Berichten, die gemäß unserem Entschließungs-
antrag eingefordert werden sollen, Regelungen gefunden
haben, wodurch sichergestellt wird, dass die Länderkam-
mer zustimmen kann. Damit kann das von diesem Ge-
setz ausgehende Signal zu mehr Engagement möglichst
bald seine Wirksamkeit entfalten.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


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(C (D Ich erteile das Wort Kollegen Heinrich Kolb, FDP raktion. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die DP-Bundestagsfraktion unterstützt den Ausbau des ersicherungsrechtlichen Schutzes bürgerschaftlich Enagierter. ürgerschaftliches Engagement ist Ausdruck einer libealen Bürgergesellschaft. ine Bürgergesellschaft braucht aktive und ehrenamtlich ätige Bürger. Die Tätigkeit Ehrenamtlicher ist mit Risiken verbun en, die der Einzelne im Rahmen seines Engagements elten bedenkt oder die ihm nicht bewusst sind und die un besser als bisher unfallversicherungsrechtlich aufgeangen werden. Die Ausweitung des unfallversicheungsrechtlichen Schutzes Ehrenamtlicher trägt der Enticklung Rechnung, dass Gemeinden und Länder ermehrt zivilgesellschaftliche Gruppen, Verbände und ereine in ihre Aufgabenerfüllung einbeziehen. Sie chafft damit die notwendig Erweiterung des rechtlichen ahmens für eine liberale Bürgergesellschaft. Allerdings, Herr Kollege Dreßen – Sie neigen da anchmal zu überschießender Euphorie –, (Peter Dreßen [SPD]: Was gut ist, muss man auch sagen dürfen!)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1513600600
Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1513600700

(Zurufe von der SPD: Aha!)


(Widerspruch bei Abgeordneten der SPD)


ollten wir jetzt nicht den Eindruck erwecken, als ob der
nfallversicherungsrechtliche Schutz Ehrenamtlicher
it dem heutigen Tag vollkommen neu erfunden würde.
chon heute können sich viele Betroffene, zum Beispiel
ewerkschaftlich Tätige, auf eine gute, teilweise sogar
essere – wie wir in der Anhörung gehört haben – Absi-
herung stützen. Wäre es anders, müsste aus unserer
icht auch die Frage, ob sich die Mehrausgaben für alle
ommunen zusammen tatsächlich bei nur 150 000 Euro
ewegen, neu aufgeworfen werden.


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Schauen wir mal!)


Leider – das ist der Wermutstropfen, den ich in die
ebatte einbringen muss – entscheiden wir heute nicht
ur über die von uns unterstützten Verbesserungen für
hrenamtlich Engagierte, sondern auf Wunsch der Re-
ierungskoalition und zugegebenermaßen auf Drängen
es Bundesrats zugleich über Zuständigkeitsabgren-
ungen zwischen öffentlichen Unfallkassen und ge-
erblichen Berufsgenossenschaften bei Unternehmen
it öffentlicher Beteiligung. Die FDP lehnt die sachwid-
ige Verbindung dieser beiden zusammenhanglosen Ma-
erien in einem Gesetzgebungsverfahren ab. Die Neure-
elung der Zuständigkeiten in der Unfallversicherung
etrifft grundlegende Fragen der Abgrenzung zwischen
ffentlicher und gewerblicher Unfallversicherung und
edarf deswegen einer sorgfältigen Vorbereitung. Aus






(A) )



(B) )


Dr. Heinrich L. Kolb

diesem Grund fordern wir, dass die Ergebnisse der ge-
meinsamen Arbeitsgruppe der Unfallkassen und der Be-
rufsgenossenschaften, die an Lösungen der Zuständig-
keitsabgrenzungen arbeitet, abgewartet werden.

Die FDP-Fraktion lehnt die vorgelegte Neuregelung
der unfallversicherungsrechtlichen Zuständigkeiten von
Berufsgenossenschaften und öffentlichen Unfallkassen
aber auch inhaltlich ab. Der Gesetzentwurf der Regie-
rungskoalition sieht vor, die grundsätzliche Zuständig-
keit der gewerblichen Berufsgenossenschaften für er-
werbswirtschaftlich tätige Unternehmen mit öffentlicher
Beteiligung abzuschaffen und eine generelle Zuständig-
keit der öffentlichen Unfallkassen für Unternehmen mit
öffentlicher Beteiligung oder ausschlaggebendem öf-
fentlichen Einfluss festzulegen.

Erwerbswirtschaftlich tätige Unternehmen mit öffent-
licher Beteiligung würden damit im Ergebnis nicht mehr
am Lastenausgleichsverfahren der Berufsgenossenschaf-
ten beteiligt werden. Das führt – das muss man deutlich
sehen und auch benennen – zu Wettbewerbsvorteilen


(Peter Dreßen [SPD]: Das ist doch ein Nebenkriegsschauplatz!)


– nein, das ist ein wichtiger Punkt, Herr Dreßen; ich
werde ihn gleich noch vertiefen – gegenüber privaten
Wettbewerbern, die bei den Berufsgenossenschaften
Beiträge entrichten und am Lastenausgleichsverfahren
beteiligt sind.

Aus unserer Sicht bedeutend ist, dass es bei diesen
strittigen Fällen nicht nur um Unternehmen aus dem Be-
reich der Daseinsvorsorge geht, beispielsweise Kranken-
häuser, die mehr oder weniger zufällig in privater
Rechtsform betrieben werden. Die neue Rechtslage führt
dazu, dass beispielsweise auch kommunale oder andere
öffentliche Gebäudereinigungsbetriebe, die zum Beispiel
in Nordrhein-Westfalen insgesamt Lohnsummen im
dreistelligen Millionenbereich auszahlen, von den Bei-
trägen an die Berufsgenossenschaften und vom Lasten-
ausgleich ausgenommen würden, weil dann die Unfall-
kassen für sie zuständig wären. Das ist aus unserer Sicht
nicht tragbar,


(Beifall bei der FDP)

nicht nur weil es aus einzelwirtschaftlicher Sicht zu Ver-
zerrungen kommt, sondern auch weil – das ist ganz ent-
scheidend – dadurch einzelne Berufsgenossenschaften
bis zu 25 Prozent ihres Mitgliederbestandes verlieren
würden und damit selbst im Bestand gefährdet wären,
was in der Konsequenz zu einer weiteren Verschärfung
in der Frage des Lastenausgleichs zwischen den Berufs-
genossenschaften führen würde.

Deswegen hat die FDP-Bundestagsfraktion einen
Entschließungsantrag eingebracht, in dem sie fordert,
dass erwerbswirtschaftlich tätige Unternehmen – ob
mit oder ohne öffentliche Beteiligung – gleichen Wettbe-
werbsbedingungen unterstellt werden. Wegen der darge-
legten ordnungspolitischen Bedenken gegen die sach-
widrige Erweiterung wird sich die FDP-Fraktion,
obwohl sie das Grundanliegen der Ausweitung des un-

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(C (D allversicherungsrechtlichen Schutzes ehrenamtlich Täiger uneingeschränkt unterstützt, (Peter Dreßen [SPD]: Dann sagen Sie: Das ist ein gutes Gesetz und das andere machen wir später!)


nsgesamt der Stimme enthalten.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP – Dr. Uwe Küster [SPD]: Ein deutliches Jein!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1513600800

Ich erteile das Wort dem Parlamentarischen Staatsse-

retär Franz Thönnes.

F
Franz Thönnes (SPD):
Rede ID: ID1513600900

Herr Präsident! Meine werten Kolleginnen und Kolle-

en! Herr Dr. Kolb, Sie haben über den Teil des Geset-
es gesprochen, der durch eine Initiative des Bundesra-
es in den Entwurf aufgenommen wurde. Wir haben eine
bergangsregelung gefunden, die Ihrer Skepsis Rech-
ung trägt und zu einem guten Ergebnis führt. Wir soll-
en aber auf den Kern der heutigen Beratungen zurück-
ommen.


(Peter Dreßen [SPD]: So ist es!)

ir beraten ein Gesetz, von dem wir hoffen, dass seine
irkung nie genutzt werden muss. Denn wir wünschen
ll denjenigen, die sich ehrenamtlich engagieren, dass
ie bei ihrem Engagement keine Unfälle erleiden. Dann
uss dieser Schutz auch nicht greifen. Aber die Men-
chen sollen bei ihrem ehrenamtlichen Engagement die
ewissheit haben, dass sie den Unfallversicherungs-
chutz der Solidargemeinschaft haben, wenn einmal et-
as passiert.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Gerade die ehrenamtlich Engagierten haben ein An-
echt darauf, dass wir ihnen diese Sicherheit und Solida-
ität in unserer Gesellschaft geben. Sie sorgen mit ihrem
ngagement dafür, dass unser Gemeinwesen funktio-
iert. Sie sorgen dafür, dass alte und pflegebedürftige
enschen Zuwendung bekommen, vielleicht sogar
ehr, als das ansonsten in unserer durchorganisierten
elt möglich wäre.
Sie sorgen auch dafür, dass bei schwieriger finanziel-

er Lage in den Kommunen die eine oder andere Leis-
ung fortgeführt werden kann, sei es der Betrieb des
chwimmbades und der Bibliothek, sei es die Renovie-
ung des Klassenzimmers. Sie sorgen mit dafür, dass die
ugendlichen in ihrer Freizeit auf dem Fußballplatz oder
m Schachclub ihre Zeit sinnvoll gemeinsam mit anderen
erbringen können. Ferner sorgen sie in vielen Berei-
hen dafür, dass kranke oder behinderte Menschen einen
nsprechpartner haben, auf den sie sich verlassen kön-
en.






(A) )



(B) )


Pa
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1513601000


Das gesellschaftliche Leben wird durch bürgerschaftli-
ches Engagement bunter und vielfältiger. Vor allen Din-
gen gilt: Unser soziales Netz wird dadurch viel dichter
und sicherer, als wir es jemals durch gesetzliche Rege-
lungen gestalten könnten.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Klaus Riegert [CDU/CSU])


Deswegen will ich all denjenigen, die sich in diesen
Bereichen engagieren und einsetzen, ein großes Danke-
schön von dieser Stelle sagen. Sie leisten einen uner-
messlichen Beitrag für die Stabilität unserer Gesell-
schaft. Sie sind sozusagen das soziale Gesicht der
Gesellschaft in Deutschland.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Nun sagt man zwar „Ehre, wem Ehre gebührt“, aber
die bildhaften Lorbeeren, die man sich damit vielleicht
verdienen kann, schmücken zwar das Haupt, schützen es
allerdings nicht. Deswegen wollen wir zur Anerkennung
und zum Schutz des bürgerschaftlichen Engagements
den Kurs fortsetzen, den wir in der Vergangenheit mit
Erleichterungen und Verbesserungen eingeschlagen ha-
ben.

Ich erinnere daran, dass die Übungsleiterpauschale
auf 1 848 Euro angehoben worden ist. Inzwischen gilt
sie als steuerfreie Einnahme. Ich erinnere daran, dass
auch die Neuregelung der 400-Euro-Minijobs in Kombi-
nation mit der Übungsleiterpauschale neue Gestaltungs-
spielräume geschaffen hat,


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Das waren aber wir!)


die dazu beitragen, dass die Honorierung der Übungslei-
ter im Sportbereich steuer- und abgabenfrei ist. Das sind
nur zwei Beispiele.

Wir führen mit dem heutigen Gesetz weitere Verbes-
serungen ein. Wir wollen, dass diejenigen, die sich für
die Mitmenschen und für das Gemeinwohl engagieren,
Dankbarkeit erfahren und dass ihnen soziale Anerken-
nung zuteil wird. Und wir wollen ihnen den dringend
notwendigen Schutz zukommen lassen.

Nun wissen wir, dass wir nicht jede einzelne Tätigkeit
gesetzlich versichern können. Wir konzentrieren uns da-
her auf bestimmte Gruppen. Ich will zwei Gruppen he-
rausgreifen. Künftig ist derjenige versichert, der im Auf-
trag und mit Einwilligung der Kommune Aufgaben
erledigt, die eigentlich kommunale Aufgaben sind.


(Gerlinde Kaupa [CDU/CSU]: Das gilt schon jetzt!)


– Nein. Hier ist eine Einwilligung notwendig. – Die
Menschen sollen wissen, dass sie gesetzlich versichert
sind, wenn sie beispielsweise helfen, das Klassenzimmer
zu renovieren oder im Sommer Aufsicht in einem
Schwimmbad zu führen.

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(C (D Daneben sollen aber auch die gemeinnützigen Orgaisationen die Möglichkeit haben, ihre gewählten hrenamtsträger in der gesetzlichen Unfallversicheung zu versichern. Ich glaube, dies nimmt den größten eil des gesamten Regelungswerkes ein. Die Umsetzung wird unbürokratisch und verwal ungsmäßig sehr einfach durchgeführt werden. Der ame des Versicherten kommt erst im Leistungsfall ins piel. Die Vereine melden der zuständigen Unfallversiherung lediglich, um wie viele Personen es sich hanelt. Die Kosten sind bereits von den Kolleginnen und ollegen angesprochen worden. Der Preis für die Mitliedschaft wird wahrscheinlich 2,50 Euro pro Jahr und ersicherte Person betragen. Falls die kommunalen Gebietskörperschaften Beden en haben, sei ihnen an dieser Stelle gesagt: Sie sollten, bgesehen von diesem geringen Versicherungsaufwand, icht unterschätzen, dass die Wertsteigerung, die zum eispiel durch die Renovierung eines Klassenzimmers n einer Schule erfolgt, eine Gabe an die Gemeinde ist nd die Kommunen entlastet. Frau Kaupa, ich greife das auf, wonach Sie im Zu ammenhang mit dem Schiedsrichterwesen gefragt haen. Wir haben es noch einmal recherchiert. In den Geprächen, die in der Enquete-Kommission und auch mit en Sportverbänden geführt worden sind, hat dieser Beeich nie eine große Rolle gespielt. Wir werden das noch inmal mit dem DSB bereden. Wir müssen Klarheit beommen, wie es dort mit dem Versicherungsschutz ausieht. Einen Punkt will ich ergänzen, der denjenigen zugute ommt, die bereits heute im Bereich der Rettungskräfte ktiv sind und teilweise ihr Leben einsetzen, um anderes eben zu schützen. Diese Personen sind zwar versichert; ber Sachschäden, die sie erleiden, sind bisher nicht ersichert. Das bedeutet: Wir wollen, dass im Rahmen er schon bestehenden Versicherung Sachschäden, die m Rettungswesen ehrenamtlich Tätige erleiden, versihert sind. Es ist nicht einzusehen, dass ehrenamtliche ettungskräfte, die keinen Obolus für ihren Einsatz forern, bei persönlichen Sachschadensfällen im Einsatz inbußen erleiden. Das darf nicht passieren. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1513601100

Kollege Thönnes, gestatten Sie eine Zwischenfrage

es Kollegen Riegert?
F
Franz Thönnes (SPD):
Rede ID: ID1513601200

Aber selbstverständlich.


Klaus Riegert (CDU):
Rede ID: ID1513601300

Herr Staatssekretär, Sie haben das Problem der

chieds-, Kampf- und Wertungsrichter nur kurz ge-
treift. Es besteht in der Tat das Problem, dass diese
icht gewählt und daher keine Amtsträger im Verein
ind. Ich möchte eine Aufforderung in eine Frage






(A) )



(B) )


Klaus Riegert

kleiden: Sind Sie mit mir einer Meinung, dass wir versu-
chen sollten, diesen Bereich, der im Sport eine wichtige
Funktion hat, aber ähnlich wie die Justiz unabhängig
sein muss, in den Versicherungsschutz des Gesetzes auf-
zunehmen?

F
Franz Thönnes (SPD):
Rede ID: ID1513601400


Herr Riegert, wir hatten eine ähnliche Fallkonstella-
tion – Herr Kolb hat dies angesprochen – bei den Ge-
werkschaften. Wir hatten zunächst vorgesehen, dass die-
jenigen, die bei den Gewerkschaften und den
Arbeitgeberverbänden in einem Ehrenamt tätig sind,
„zwangsversichert“ werden. Wir haben uns darüber in-
formiert, wie es dort mit dem Versicherungsschutz aus-
sieht, und haben dann gesagt: Lasst uns das auf freiwilli-
ger Basis regeln; denn es gibt bereits eine Menge an
Versicherungsvereinbarungen, die die Verbände selbst
getätigt haben.

Vor diesem Hintergrund möchte ich sagen: Unsere
Grundlinie ist zwar klar; aber wir wollen versuchen, in
Gesprächen mit dem Deutschen Sportbund ein bisschen
mehr Klarheit zu erreichen. Dann werden wir schauen,
welche Möglichkeiten es an dieser Stelle gibt, damit
auch die von Ihnen genannten Personen versichert sind.
Wir müssen aber auch sehen, inwieweit sie schon jetzt
versichert sind. Ich glaube, darin sind wir uns einig.

Ich freue mich auch darüber, dass wir uns hier im
Hause insgesamt einig sind. Denn eigentlich ist die heu-
tige Stunde eine Nagelprobe – ich bitte Sie, das nicht ab-
wertend zu verstehen – in Bezug auf unsere sonntäg-
lichen Reden auf Verbandstreffen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Jetzt wollen wir mal nicht zu sehr dramatisieren, Herr Staatssekretär! So viel passiert durch dieses Gesetz nicht!)


Da sagen wir auch immer, dass wir das Ehrenamt stärken
wollen. Heute können wir das durch Handaufheben ge-
meinsam beweisen und helfen, dass dies in der Praxis
umgesetzt wird. Ich hoffe, alle tragen dazu bei, dass der
Bundesrat das ebenfalls möglich machen wird. Denn ich
bin mir sicher: Der Dank der Ehrenamtlichen


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Der ist Ihnen gewiss!)


wird unserer gesamten Gesellschaft zugute kommen und
mit dazu beitragen, dass wir in dieser sich rasant verän-
dernden Welt weiterhin ein gutes, stabiles Netz sozialer
Sicherheit haben.

Schönen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Klaus Riegert [CDU/CSU])



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1513601500

Ich erteile das Wort Kollegen Gerald Weiß, CDU/

CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


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(C (D Gerald Weiß Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und erren! Die CDU/CSU dankt den Millionen Menschen n Deutschland, die als Träger der aktiven Bürgergesellchaft ehrenamtlich engagiert sind. Die heutige gesetzeberische Entscheidung ist eine Abschlagszahlung auf en Dank, den die gesamte Gesellschaft diesen Menchen schuldig ist. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Deshalb machen wir mit – dies ist ein Stück Gemein-
amkeit und findet parteiübergreifend statt –, wenn es
arum geht, den Unfallversicherungsschutz Ehrenamtli-
her zu verbessern. Das ist ein großer Schritt in die rich-
ige Richtung. Er schafft bessere Rahmenbedingungen
ür die Menschen im Ehrenamt. Diese Leistungsverbes-
erung wurde im Konsens beschlossen. Dieser Konsens
st die angemessene Antwort auf das, was in der Gesell-
chaft an Selbstverantwortung und Mitverantwortung
eleistet wird. So weit, so gut!
Nicht gut finden wir, dass die rot-grüne Regierungs-

oalition – nach dem Prinzip „Gute Fracht, schlechte
eiladung“ – sachwidrig eine im Ergebnis falsche Rege-
ung in dieses Gesetzeswerk, das wir gemeinsam befür-
orten, hineingepackt hat. Diese Kritik können wir Ih-
en nicht ersparen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Heinrich L. Kolb [FDP])


Es geht um eine Neuregelung der Zuständigkeit für
etriebe und Unternehmen mit öffentlicher Beteiligung:
n Zukunft sind die öffentlichen Unfallkassen und nicht
ehr die Berufsgenossenschaften für sie zuständig.
ollege Kolb hat das hier völlig zutreffend dargestellt.
Heute ist es so, dass die Unternehmen, die in den ge-
erblichen Berufsgenossenschaften organisiert sind, am
astenausgleichsverfahren teilnehmen. Das gilt natür-
ich auch für die Unternehmen, die privatisiert wurden,
eispielsweise kommunale Krankenhäuser, die etwa als
tadtkrankenhaus GmbH rechtlich neu organisiert wur-
en. Mit diesem Gesetz wird die Möglichkeit eröffnet,
en Unfallkassen beizutreten. Im Ergebnis heißt das:
an kann sich auf recht billige Weise aus der Solidari-

ät, die es bei den gewerblichen Berufsgenossenschaften
urch den Lastenausgleich gibt, herausstehlen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Genau das ist das Problem!)


as ist selbstverständlich in keiner Weise zu akzeptieren.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1513601600

Kollege Weiß, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
ollegen Dreßen?
Gerald Weiß (Groß-Gerau) (CDU/CSU):
Ja, bitte.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wie halten Sie es mit der Solidarität, Herr Dreßen?)







(A) )



(B) )



Peter Dreßen (SPD):
Rede ID: ID1513601700

Damit halte ich es immer gut. – Kollege Weiß, das,

was Sie jetzt anmahnen, steht nicht im Gesetz, sondern
ist in der Entschließung – in ihr wird das Moratorium ge-
fordert – enthalten. Sie sind mit mir einer Meinung, dass
es hierzu bei Bund und Ländern verschiedene Auffas-
sungen gibt? Denn die Länder wollen eine entspre-
chende Regelung. Halten Sie es deshalb nicht für richtig,
dass wir diesen Weg beschreiten und ein Moratorium
brauchen?

In vier Jahren schauen wir – ich selbst habe erwähnt,
dass es einige Ungereimtheiten gibt –,


(Ina Lenke [FDP]: Dann lassen Sie das doch!)

ob es sich bewährt hat. In diesen vier Jahren können wir
eine ordentliche Reform der Berufsgenossenschaften
und der Unfallkassen hinbekommen, bei der auch für
dieses Problem eine Regelung gefunden werden kann.
Sie müssen doch zugestehen, dass diejenigen, die daran
arbeiten, gegensätzlicher Meinung sind. Wenn ich sehe,
wie lange wir für die Rentenorganisationsreform oder
für die Reform der landwirtschaftlichen Alterskassen ge-
braucht haben, dann muss ich feststellen, dass vier Jahre
sogar ein sehr kurzer Zeitraum sind. Die anderen haben
nämlich Jahrzehnte gebraucht, um die Angelegenheiten
einigermaßen in Ordnung zu bringen. Mit der Entschlie-
ßung wollen wir erreichen, dass wir Zeit gewinnen und
das Problem in Ruhe behandeln können.

Gerald Weiß (Groß-Gerau) (CDU/CSU):
Herr Kollege Dreßen, manchmal stehen die Sichtwei-

sen und Interessenslagen der Länder – ich selbst war
25 Jahre in der Landespolitik aktiv und war vier Jahre
Staatssekretär in einer Landesregierung – im Wider-
spruch zu dem, wofür der Bund Sorge tragen muss: Wir
müssen auch im Interesse der Beitragszahler in der ge-
setzlichen Unfallversicherung handeln. Die Gewerk-
schaften und die Arbeitgeber, die Selbstverwaltung, ha-
ben zu Recht ihre Stimme erhoben und gesagt, dass es
durch die Regelung, die Sie treffen, im Ergebnis Wettbe-
werbsverzerrungen geben wird, weil öffentliche Unter-
nehmen aus den Berufsgenossenschaften austreten und
zu den Unfallkassen wechseln. Diejenigen, die in den
Berufsgenossenschaften zurückbleiben, müssen dann
natürlich eine höhere Beitragslast tragen.


(Abg. Peter Dreßen [SPD] möchte Platz nehmen – Dr. Uwe Küster [SPD]: Herr Präsident!)


– Nein, ich bin noch nicht fertig.

(Dr. Uwe Küster [SPD]: Schauen Sie doch einmal dem Frager in die Augen! So viel Zeit muss sein!)


Der Beitragsdruck in der Sozialversicherung und in
der Unfallversicherung, besonders in Krisenbranchen, ist
doch weiß Gott schon heute viel zu groß. Deshalb ist der
Weg, den Sie eröffnen, falsch.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Abg. Peter Dreßen [SPD] möchte Platz nehmen)



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(C (D Nein, Ihre Frage ist noch nicht beantwortet. Ich muss ie noch um einen Augenblick Geduld bitten. Sie schlagen jetzt den Weg des Moratoriums vor. Da ei wissen Sie – Sie sind ein alter Fahrensmann, genau ie auch wir –, dass Sie diese Regelung doch im Leben icht mehr rückgängig machen können. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: So ist es! Schlecht ausgearbeitet!)


as kann kein Mensch mehr korrigieren, wenn es schon
ier Jahre Geltung hat.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

as ist eine Sackgasse. Man muss abwägen, welches In-
eresse man berücksichtigen will. Wir stellen das Inte-
esse der gesetzlichen Unfallversicherung und der
erufsgenossenschaften in den Vordergrund. Deshalb
öchten wir nicht gern eine solche Regelung ermögli-
hen. Auch Sie fühlen sich nicht ganz wohl in Ihrer
aut.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Deshalb hat er sich jetzt auch hingesetzt! – Peter Dreßen [SPD]: Weil wir dazu die Länder brauchen, die anders denken als wir!)


as hat Ihre Zwischenfrage bewiesen.
Ich nenne folgenden Fall: Was heute eine Stadtkran-

enhaus GmbH ist, kann morgen durch Umgründung
ielleicht Gesundheitszentrum GmbH heißen. Das wäre
ine neue Firma, für die dann die Unfallkasse und nicht
ehr die Berufsgenossenschaften zuständig wäre.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ja! Das ist leicht zu umgehen!)


chon hat man sich auf billige Weise aus dem Lasten-
usgleich gestohlen, den wir in der Berufsgenossen-
chaft haben. Das ist ein völlig inakzeptabler Weg.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Peter Dreßen [SPD]: Sie müssen Ihre CDU-regierten Länder fragen!)


Ihre Reaktion im Ausschuss war bezeichnend. Sie ha-
en gesagt: Wir geben jetzt noch einmal zu Protokoll,
ass wir diesen Missbrauch nicht wollen. – Auch wir
ollen ihn nicht. Deshalb darf man ihn gesetzlich gar
icht erst möglich machen. Das ist unsere Folgerung aus
iesem Sachverhalt.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Deshalb dürften Sie eigentlich dem Gesetzentwurf nicht zustimmen! Das wäre eigentlich logisch!)


Wir als Union sind jetzt in der Situation, dass wir den
erbesserten Unfallversicherungsschutz für ehrenamt-
ich Tätige, den wir wünschen, nur bekommen, wenn wir
iese unliebsame Ergänzung in Kauf nehmen. Sie brin-
en uns damit in eine erpresserische Situation. Aller-
ings ziehen wir daraus eine andere Folgerung als die
DP.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist schade! Das ist nicht konsequent!)







(A) )



(B) )


Gerald Weiß (Groß-Gerau)


Wir sagen: Der Inhalt dieses Gesetzes insgesamt ist uns
natürlich wichtiger als der Fremdkörper, den Sie drauf-
setzen. Deshalb werden wir nach verantwortlicher Ab-
wägung, obwohl Sie uns – das sage ich noch einmal – in
unangenehmer Weise in die Situation „Friss, Vogel, oder
stirb!“ bringen, diesem wichtigen Gesetz zustimmen.


(Erika Lotz [SPD]: In der gleichen Situation sind wir im Bundesrat! Deshalb machen wir es so!)


Jetzt greife ich den Reformimpetus auf, den mehrere
Redner in dieser Debatte angesprochen haben: Auch in
der gesetzlichen Unfallversicherung gibt es Reformbe-
darf. Diese Reformen dürfen nicht erst im Jahr 2008
– bis dahin soll nach Ihrem Willen eine Bund/Länder-
Kommission tagen – stattfinden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Dieser Reformbedarf ist – Kollegin Kaupa hat es mit
Recht ausgeführt – noch in dieser Legislaturperiode an-
zugehen. Sie wollen den Zeitrahmen bis 2008 stecken.


(Peter Dreßen [SPD]: 2006!)

– Nein, Sie haben gesagt, dass die Kommission bis 2008
Ergebnisse vorlegen soll.

Bis 2006 muss etwas passieren. Das Dringendste
muss jetzt angegangen werden. Ich nenne die Stich-
worte: Verbesserung des Lastenausgleichs, Erhöhung
der Effizienz und der Effektivität in der Berufsgenossen-
schaft. Die organisatorische Flurbereinigung in der Be-
rufsgenossenschaft muss fortgesetzt werden, und zwar
beschleunigter als in der Vergangenheit.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wir machen das dann, Herr Dreßen!)


Es gibt ja viele sinnvolle Vorschläge. Als Beispiel
nenne ich: Einmalzahlung statt der lebenslangen Aus-
zahlung einer Kleinrente. Wir wissen, dass viele Klein-
renten, die als Ausgleich für leichtere Unfälle ein Leben
lang gezahlt werden, für die Berufsgenossenschaften ei-
nen unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand be-
deuten. Man sollte über eine Einmalzahlung nachden-
ken.

Es gibt also Reformansätze zur Flurbereinigung der
Organisation der gesetzlichen Unfallversicherung, die
fortgesetzt werden müssen. Aus dieser Diskussion darf
sich der Deutsche Bundestag vor dem Hintergrund der
zu schaffenden Bund/Länder-Kommission nicht ausklin-
ken. Vielmehr müssen wir die elende Entparlamentari-
sierung der Politik beenden. Der Bundestag muss sich an
dieser Reformdebatte beteiligen. Er muss diese Fragen
parallel zu den lobenswerten Bemühungen, die in den
Ländern und in der Kommission unternommen werden,
aktiv erörtern und voranbringen. Daher kommen wir zu
folgendem Ergebnis: In verantwortungsvoller Abwä-
gung werden wir diesem wichtigen Gesetzentwurf zu-
stimmen.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D Ich erteile dem Kollegen Götz-Peter Lohmann, SPD raktion, das Wort. (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Uwe Küster [SPD]: Erkläre es ihm mal!)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1513601800


Götz-Peter Lohmann (SPD):
Rede ID: ID1513601900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
erte Gäste und Besucher!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Oh! Jetzt aber!)

ch werde etwas näher auf den Sportbereich eingehen,


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Jetzt aber mal grundsätzlich!)


icht, weil wir denken, dass der Sport etwas Besonderes
st, sondern, weil es nun einmal eine unbestrittene Tatsa-
he ist, dass der Deutsche Sportbund, in dem
7 Millionen Bürgerinnen und Bürger organisiert sind,
ie größte Bürgervereinigung in der Bundesrepublik
eutschland ist. Deshalb werde ich ein paar Aspekte aus
er Sicht des Sports ansprechen. Es ist zwar das Schick-
al der Redner, die zum Schluss an der Reihe sind, dass
anches schon gesagt wurde,


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Aber noch nicht von allen!)


ber ein paar Sätze möchte ich noch anbringen.
Vor kurzem war der Präsident des Deutschen Sport-

undes, Manfred von Richthofen, sowohl im Sportaus-
chuss als auch im Unterausschuss „Bürgerschaftliches
ngagement“ zu Gast. Ich kann mich gut daran erinnern,
ass er unseren Gesetzentwurf sowohl im Sportaus-
chuss als auch im Unterausschuss „Bürgerschaftliches
ngagement“ begrüßt hat. Daher möchte ich diese Gele-
enheit nutzen, um mich bei den Mitgliedern des Unter-
usschusses „Bürgerschaftliches Engagement“ ganz
erzlich für ihre Arbeit zu bedanken.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Dr. Michael Bürsch [SPD]: Das hilft mir über das Wochenende!)


Durch die geschaffenen Neuregelungen wird – auch
as ist schon gesagt worden – eine Lücke im Unfallver-
icherungsschutz für ehrenamtlich engagierte Bürgerin-
en und Bürger geschlossen. Dadurch können bis zu
Millionen weitere ehrenamtlich Tätige in den Genuss
ieses Versicherungsschutzes kommen,


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Und das alles für nur 150 000 Euro im Jahr!)


er bisher nur für ausgewählte ehrenamtliche Funktions-
räger die Folgen von Unfällen im Rahmen ihres bürger-
chaftlichen Engagements abfederte. Dieser Schutz wird
lso zukünftig ausgedehnt. Es werden nicht nur Trainer
nd Übungsleiter, sondern darüber hinaus auch alle ge-
ählten Funktionsträger versichert sein.






(A) )



(B) )


Götz-Peter Lohmann

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich ein paar

Zahlen nennen. Wie gesagt, in Deutschland treiben rund
27 Millionen Menschen aktiv Sport, neuerdings übrigens
auch wieder verstärkt Bundestagsabgeordnete. Sie tun
das in fast 90 000 Turn- und Sportvereinen. Allein in den
Sportvereinen – diese Zahl muss man sich auf der Zunge
zergehen lassen – werden Jahr für Jahr von rund 2,7 Mil-
lionen überwiegend ehrenamtlich tätigen Mitarbeitern
rund 500 Millionen Arbeitsstunden geleistet.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der CDU/CSU – Ina Lenke [FDP]: Das hat aber nichts mit dem heutigen Thema zu tun!)


Rund ein Fünftel der im Sportbereich bürgerschaftlich
Engagierten sind gewählte Ehrenamtsträger, denen nun
endlich die Möglichkeit eines umfassenden Unfallversi-
cherungsschutzes gewährt wird.

Die übrigen Zahlen, die ich noch nennen wollte, sind
größtenteils bereits angesprochen worden. Lassen Sie
mich daher noch folgenden Gedanken äußern: Das Ri-
siko eines gewählten Funktionsträgers in einem Sport-
verein ist in der Regel geringer als das eines Trainers
oder Übungsleiters, der mehrfach in der Woche auf
Sportplätzen oder in Sport- bzw. Schwimmhallen aktiv
ist. Wenn einem ehrenamtlich tätigen Funktionsträger
– aus welchen Gründen auch immer – dennoch etwas
passiert, soll er nach unserer Auffassung gleichermaßen
abgesichert sein. Denn es ist nicht einzusehen, dass ein
Trainer, der in diesen Tagen während der Übungszeit auf
der Sportanlage auf nassem Herbstlaub ausrutscht, in
den Genuss von berufsgenossenschaftlichen Unfallversi-
cherungsleistungen kommt, der Vereinsvorsitzende hin-
gegen, dem auf dem Weg zur Vorstandssitzung das glei-
che Missgeschick passiert, jedoch nicht.

Mit dieser Ungleichbehandlung soll in Zukunft
Schluss sein,


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


und das – darauf hat Herr Staatssekretär Thönnes hinge-
wiesen – bei im Vergleich zum Nutzen relativ geringen
Kosten und unbürokratisch. Die Landessportbünde rech-
nen mit einer sehr geringen zusätzlichen finanziellen Be-
lastung; die Zahlen wurden genannt. Der zuständige
Landessportbund soll in einem einfachen Verfahren die
Zahl der Versicherten melden und den Versicherungsbei-
trag entrichten. Erst im Leistungsfall müssen die persön-
lichen Daten des Einzelnen erfasst werden. Besonders
wichtig und beruhigend für alle Ehrenamtlichen ist auch,
dass die Leistungen von den Berufsgenossenschaften un-
abhängig von der Schuldfrage zur Verfügung gestellt
werden müssen; damit erübrigt sich jede Art von Streit
mit dem Unfallversicherungsträger über die Ansprüche
des Versicherten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1513602000

Kollege Lohmann, gestatten Sie eine Zwischenfrage

der Kollegin Kaupa?

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(C (D Bitte, meiner hochgeschätzten Kollegin Frau Kaupa erde ich das immer gestatten. Vielen Dank, lieber Götz-Peter. – Zum Sport gehört ja uch das Feiern und wir wissen, dass die Sportvereine erne feiern und Veranstaltungen organisieren. Ist in den egierungsfraktionen bereits geklärt worden, ob auch erjenige, der etwa beim Zeltaufstellen oder beim Auschank hilft, mitversichert ist? (Peter Dreßen [SPD]: Nein! Ehrenamtlich, um Gottes willen!)

Götz-Peter Lohmann (SPD):
Rede ID: ID1513602100
Gerlinde Kaupa (CSU):
Rede ID: ID1513602200

ass der Vorsitzende jetzt mitversichert sein soll, wissen
ir, aber es gibt ja noch mehr Leute, die ehrenamtlich tä-
ig sind.


Götz-Peter Lohmann (SPD):
Rede ID: ID1513602300

Es ist eigentlich nicht meine Aufgabe, aber ich
öchte dennoch um etwas Ruhe bitten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

ch schätze in der Tat sehr an der hochgeschätzten Kolle-
in Kaupa, dass sie in ihrer Heimat im Kreissportbund
ine ausgezeichnete, engagierte Arbeit leistet. Ich erin-

Franz Thönnes (SPD):
Rede ID: ID1513602400

r hat ausgeführt, dass zurzeit Gespräche zwischen dem
inisterium und dem Deutschen Sportbund geführt wer-
en. Ich weiß, dass noch Klärungsbedarf besteht; da-
über sind wir uns einig. Der DSB hat das, was wir heute
eschließen wollen, begrüßt. Er will, dass es heute be-
chlossen wird und dass das, was noch offen ist und ge-
lärt werden müsste, besprochen wird. Wir werden ge-
einsam darauf achten, dass das auch passiert.
Es fällt mir jetzt doppelt schwer, doch noch auf das

inzugehen, was Sie gesagt haben, Kollegin Kaupa. Sie
issen genau – ich erinnere mich an die Situation im
portausschuss und in dem Unterausschuss „Bürger-
chaftliches Engagement“ –, dass es eine Bundesrats-
nitiative gab und einen Mehrheitsbeschluss der unions-
eführten Länder im Finanzausschuss des Bundesrates
diese Initiative kam aus Ihrer Richtung –, mit der al-
en Ernstes die Streichung von Art. 1 Nr. 4 des Gesetz-
ntwurfes, über den wir hier sprechen, verlangt wurde.
ch hätte das jetzt nicht angeführt, wenn nicht diese
ritik gekommen wäre, aber nun muss ich meine Zu-
ückhaltung doch ablegen. Ich weiß aber auch – wir alle
issen das –, dass dieser Unfug mittlerweile vom Tisch
st. Für uns stellt sich nur die Frage: Was ist die Ursa-
he dafür, dass dieser Unfug nun Gott sei Dank vom
isch ist? War es der entschiedene Brief von Manfred
on Richthofen oder war es der gesunde Menschenver-
tand?


(Peter Dreßen [SPD]: Wahrscheinlich das Erstere! – Gerlinde Kaupa [CDU/CSU]: Die Entscheidung ist viel früher gefallen! – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Fragen über Fragen – keine Antwort!)







(A) )



(B) )


Götz-Peter Lohmann

Zum Schluss möchte ich nur noch sagen:
Menschen, die sich engagieren, haben Anspruch
auf den Schutz der Solidargemeinschaft.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

So lautete kürzlich die Überschrift einer Veröffentli-
chung des Deutschen Sportbundes. Diese Aussage sollte
unseren ungeteilten Beifall finden.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1513602500

Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den von den

Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen
eingebrachten Gesetzentwurf zur Verbesserung des unfall-
versicherungsrechtlichen Schutzes bürgerschaftlich Enga-
gierter und weiterer Personen, Drucksache 15/3439.

Der Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
empfiehlt unter Nr. 1 seiner Beschlussempfehlung auf
Drucksache 15/4051, den Gesetzentwurf in der Aus-
schussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die
dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen
wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? –
Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter
Beratung mit den Stimmen von SPD, CDU/CSU und
Bündnis 90/Die Grünen bei Stimmenthaltung der FDP
angenommen.

Dritte Beratung
und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Wer stimmt dagegen? – Stimmenthaltungen? – Der Ge-
setzentwurf ist mit der gleichen Mehrheit wie bei der
zweiten Beratung angenommen.

Unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung auf
Drucksache 15/4051 empfiehlt der Ausschuss für Ge-
sundheit und Soziale Sicherung, den Gesetzentwurf der
Bundesregierung auf Drucksache 15/3920 zur Verbesse-
rung des unfallversicherungsrechtlichen Schutzes bür-
gerschaftlich Engagierter und weiterer Personen für
erledigt zu erklären. Wer stimmt für diese Beschluss-
empfehlung? – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Diese
Beschlussempfehlung ist einstimmig angenommen.

Unter Nr. 3 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt
der Ausschuss, eine Entschließung anzunehmen. Wer
stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt
dagegen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung
ist mit den Stimmen von SPD und Bündnis 90/
Die Grünen gegen die Stimmen von CDU/CSU und FDP
angenommen.

Wir kommen nun zu dem Entschließungsantrag der
Fraktion der FDP auf Drucksache 15/4076. Wer stimmt
für diesen Entschließungsantrag? – Wer stimmt dage-
gen? – Enthaltungen? – Der Entschließungsantrag ist mit

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(C (D en Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen geen die Stimmen von CDU/CSU und FDP abgelehnt. Ich rufe Zusatzpunkt 7 auf: Beratung der Beschlussempfehlung des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuss)

Änderung der Vorschriften über Fernabsatz-
verträge bei Finanzdienstleistungen
– Drucksachen 15/2946, 15/3483, 14/3870,
15/4062 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Hans-Joachim Hacker

Wird das Wort zur Berichterstattung gewünscht? –
as ist nicht der Fall. Wird das Wort zu Erklärungen ge-
ünscht? – Das ist ebenso nicht der Fall.
Wir kommen damit zur Abstimmung. Der Vermitt-

ungsausschuss hat gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 seiner Ge-
chäftsordnung beschlossen, dass im Deutschen Bundes-
ag über die Änderungen gemeinsam abzustimmen ist.
er stimmt für die Beschlussempfehlung des Vermitt-
ngsausschusses auf Drucksache 15/4062? – Wer stimmt
agegen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung
st einstimmig angenommen.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 19 auf:

Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten
Helge Braun, Katherina Reiche, Thomas Rachel,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
CDU/CSU
Abwanderung deutscher Nachwuchswissen-
schaftler und akademischer Spitzenkräfte

(„Braindrain“)

– Drucksachen 15/1824, 15/3185 –

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich
öre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache und erteile der Kollegin
atherina Reiche, CDU/CSU-Fraktion, das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Katherina Reiche (CDU):
Rede ID: ID1513602600

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-

en! Deutschland ist ein starkes Exportland und unser
euerster Exportartikel sind kluge Köpfe.
Die Initiative „Neue soziale Marktwirtschaft“ hat in

iner sehr drastischen Kampagne auf den Exodus der
lügsten aufmerksam gemacht.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Das trifft es: „Kampagne“!)


ie sehen auf dem Plakat ein Gehirn in Plastik einge-
chweißt; es ist quasi versandfertig. Mit diesem Export-
rtikel verdienen wir kein Geld. Das kommt uns teuer zu
tehen.






(A) )



(B) )


Katherina Reiche

Bundesbildungsministerin Bulmahn hält den Brain-

drain für einen Mythos; denn was nicht sein darf, das
kann auch nicht sein. Wir wollten dem auf den Grund
gehen und haben eine Große Anfrage gestellt. Sie haben
uns geantwortet und teilten uns mit, dass Sie keine ge-
sicherten Aussagen über dauerhafte oder zeitweilige Ab-
wanderungen von Hochschulabsolventen und Wissen-
schaftlern machen können. Gleichzeitig verkündete die
Bundesbildungsministerin, es gebe keinen Braindrain.
Wie das zusammenpasst, weiß ich nicht.

Die Studien, auf die Sie sich beziehen, stützen Ihre
Thesen keineswegs. Die DFG hat ehemalige Stipendia-
ten befragt und festgestellt, dass von den vor zehn bis
15 Jahren geförderten deutschen Wissenschaftlern heute
12 bis 14 Prozent im Ausland leben. Von denen, die
Ende der 90er-Jahre gefördert wurden, leben bereits
22 Prozent im Ausland. Auch andere Studien zeigen,
dass die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu-
nehmend auswandern, insbesondere in die USA.

Der Braindrain ist nicht nur ein quantitatives, sondern
vor allem ein qualitatives Problem. Die Besten gehen.
Und von diesen Besten bleiben die Allerbesten dauerhaft
weg. Schlag auf Schlag haben zwischen 1998 und 2001
Deutsche für Physik und Medizin Nobelpreise geholt;
allerdings forschten alle vier Laureaten in den USA.

Der HRK-Präsident, Professor Gaehtgens, beschreibt
den Alltag an den Hochschulen mit folgenden Worten:
Wir können die Besten nicht halten. – Er schätzt, dass in
den USA 400 000 in Europa ausgebildete Akademiker
leben. Professor Bullinger, sonst der Kronzeuge der
Bundesregierung in Fragen der Innovation und Wissen-
schaft, von der Fraunhofer-Gesellschaft hat genau die-
selbe Erfahrung gemacht. Er sagt: Wir haben einen ho-
hen Wechsel von Wissenschaftlern in die USA. Schlimm
ist nicht, dass die Leute gehen. Schlimm ist, dass sie
nicht wiederkommen.

Warum geht die Elite? Warum wendet sie Deutsch-
land den Rücken zu? Die Gründe des Weggangs liegen
auf der Hand.


(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Zehn Jahre Kohl!)


Es sind die besseren Arbeitsbedingungen; jede Befra-
gung und jede Studie – ob vom Stifterverband, Berlin-
Polis oder wem auch immer – weisen darauf hin. Die
Eliten suchen die Offenheit, den Leistungswillen, wert-
volle Kontakte, flache Hierarchien und offensichtlich
das akademische Reizklima in den USA. Der Nobel-
preisträger Wolfgang Ketterle bringt es wie folgt auf den
Punkt: In den USA werden die jungen Leute systema-
tisch aufgebaut. Wer sich bewährt, bekommt eine Stelle.
In Deutschland herrscht für junge Forscher zu große Un-
sicherheit. Das demotiviert. – Seit 1990 forscht er in den
USA.


(Jörg Tauss [SPD]: Wer hat denn 1990 regiert?)


Das MIT hat ihm einen Blitzaufstieg ermöglicht. Als
dann 1997 das Traumangebot von der Max-Planck-Ge-
sellschaft kam, war es schon zu spät.

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(C (D Das Land von Albert Einstein und Otto Hahn ist heute or allen Dingen wegen seiner starren Strukturen und es Mangels an Freiheit für Wissenschaft und Forschung ein Magnet mehr. In Deutschland fehlen die Dynamik, er gewisse Kick, vor allem auch die gesellschaftliche nerkennung und die Offenheit für herausragende Forchungsleistungen. Dies hat Bundeskanzler Schröder vor urzem auf der Jahresversammlung von Acatech belagt. Ich will einige Defizite benennen. Die Juniorprofes ur war allenfalls ein Anfang, aber ein richtiges Tenurerack-System ist das noch lange nicht. Das Besoldungsecht wird der modernen Wissensgesellschaft generell icht gerecht. Das betrifft auch das reformierte Professoenbesoldungsrecht, insbesondere wenn für die meisten uf Jahre nur ein abgesenktes Grundgehalt realisiert ird. Forschung und Lehre sind zu starr getrennt. Das ilt aber nicht nur für das Wissenschaftssystem, sondern uch für die Wirtschaft. Für einen Wechsel zwischen issenschaft und Wirtschaft muss man viele Hürden berwinden. Wir pflegen unsere Absolventen zu wenig. Wir bilden ie zwar gut aus, aber wir fragen dann nicht mehr, wohin ie gehen und was sie eigentlich machen. Daran aber üssten wir ein großes Interesse haben. Dass wir das icht wissen, liegt auch an der mangelnden Datenbasis. n Deutschland wird das Klima zunehmend als technikeindlich wahrgenommen. Vor allen Dingen gelten wir ls ein Land, das bei den ganz modernen Forschungsfelern und Technologieentwicklungen nicht dabei ist. (Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Was ist mit der Nanotechnologie?)


an kann es nur gebetsmühlenartig wiederholen: Grüne
entechnik wird blockiert, Deutschland verabschiedet
ich von der Kernenergieforschung und der Transrapid
ährt in Schanghai.


(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Atomkraftwerke! Das ist die Zukunft! – Jörg Tauss [SPD]: Hinsken, bau doch mal eines in Bayern!)


as ist zwar alles nicht neu, aber leider hat sich nichts
eändert.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Der Siemens-Vorstand Klaus Wucherer resümiert:

deologische Abwehrkämpfe gegen Technik treiben die
orscher aus dem Land. – Wie reagiert die zuständige
undesbildungsministerin darauf? Wie üblich: erstens
it Wirklichkeitsverweigerung, zweitens mit PR und
rittens mit einem Diktat. Tolle Wissenschaftspreise
urden ausgelobt – das ist übrigens auch deshalb gut,
eil man so eine Menge PR hat –, aber diese Preise
chaffen keine Trendumkehr. Es gibt den Wolfgang-
aul-Preis und den Sofja-Kovalevskaja-Preis, die je-
eils mit mehr als 1 Million Euro dotiert sind. Damit
önnen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für
ier Jahre in Deutschland forschen. Aber nach diesem
tipendium kehren sie Deutschland wieder den Rücken.
on den 14 Paul-Preisträgern blieben ganze vier in






(A) )



(B) )


Katherina Reiche

Deutschland, von den 29 Kovalevskaja-Preisträgern
blieben ganze zehn hier.

Die Ursache ist klar: Die Preisgelder helfen über eine
Durststrecke hinweg, aber sie lösen nicht das strukturelle
Problem.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Die Juniorprofessur hat gezeigt, dass man trotz eines
richtigen Gedankens eine fulminante Bruchlandung hin-
legen kann. Frau Bulmahn ist für die Chaostage, die im
Herbst 2004 an den deutschen Hochschulen stattgefun-
den haben,


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Welche Chaostage?)


verantwortlich. Weil die Wahlfreiheit eingeschränkt
wurde und weil die Karrieremöglichkeiten unsicher sind
– durch ein miserabel vorbereitetes Gesetz, das das Bun-
desverfassungsgericht einkassiert hat –, hat sie es zu ver-
antworten, dass die Wissenschaftlerinnen und Wissen-
schaftler verunsichert sind.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Tauss sagt zu allem Ja und Amen! Jubel-Tauss!)


Schlimm ist in diesem Zusammenhang, dass Sie in Ihrer
Notreparaturnovelle die Befristungsregeln, die sich als
untauglich erwiesen haben, eins zu eins in Kraft setzen
wollen. Sie sind damit Lichtjahre von den Bedürfnissen
der Forscherinnen und Forscher entfernt. Wir stellen Ih-
nen gerne unseren Gesetzentwurf zur Verfügung.

Ich glaube, wir brauchen eine neue Politik, insbeson-
dere einen anderen Ansatz für die Hochschulen. Wir
müssen dafür sorgen, dass sich die Hochschulen ihre
Studenten selbst auswählen können. Wir dürfen ihnen
nicht verweigern, ihre finanziellen Mittel für Forschung
und Lehre aufzubessern. Frau Bulmahn hat zwar mit gi-
gantischen Werbeinitiativen versucht, ausländische Stu-
dierende nach Deutschland zu holen, was wir begrüßen,
weil wir den Kontakt zu den jungen Eliten brauchen,
aber die Aktion ist nicht zu Ende gedacht. Am Mittwoch
hat der DAAD-Präsident im Ausschuss gesagt, dass die
Abbruchquote der ausländischen Studierenden bei über
50 Prozent liegt.


(Jörg Tauss [SPD]: Falsch!)

Realistisch betrachtet hält er eine bessere Betreuung und
Heranführung der ausländischen Studierenden an das
Studium nur dann für möglich, wenn Geld oder Beiträge
eingeworben werden können. Da weigern Sie sich ganz
hartnäckig. Machen Sie den Weg für eine Stärkung der
Hochschulen frei, machen Sie den Weg für mehr Freiheit
der Hochschulen frei! Ich glaube, das ist der richtige
Weg.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Sie werden, meine Damen und Herren von der Koali-

tion und von der Bundesregierung, darauf hinweisen,
dass sich auch die Länder bewegen müssen. Ja, sie müs-
sen sich bewegen, aber wir sind hier im Deutschen Bun-

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(C (D estag, wir debattieren hier und hier müssen zuerst die ausaufgaben gemacht werden. Man wird Sie an Ihren aten messen, nicht an Ihren Worten. Nachdem Sie den ochschulbau im vergangenen Jahr schon drastisch von und 1,1 Milliarden Euro auf 900 Millionen Euro geürzt haben, (Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Stimmt doch gar nicht! Wie war es bei Ihnen?)


erden Sie ihn in diesem Jahr erneut kürzen, und zwar
m 63 Millionen Euro.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Das hängt doch von Ihnen ab!)


iesmal geschieht das durch die Hintertür, durch eine
perrung des Titels bis zur Abschaffung der Eigenheim-
ulage.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Weil Sie das blockieren!)


as ist eine unseriöse Politik. Dieser Betrug wird Ihnen
uf die Füße fallen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Ein letzter Punkt: Viele exzellente deutsche Wissen-

chaftler haben den Eindruck, dass sie in Deutschland
ar nicht erwünscht sind und man sich nicht um sie küm-
ert. Es gibt eine Privatinitiative, die German Scholars
rganization –


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Wann hat die sich gegründet? Mit wessen Unterstützung?)


hinter ihr stehen insbesondere Unternehmen –, die sich
arum bemüht, deutsche Wissenschaftlerinnen und Wis-
enschaftler nach Deutschland zurückzuholen. Im
MBF hat man gesagt, das sei eine klasse Idee, man be-
anke sich – und die GSO hat nie wieder etwas vom Mi-
isterium gehört.


(Jörg Tauss [SPD]: Das ist doch nicht wahr!)

enn Sie das effektive Politik nennen, dann weiß ich es
uch nicht.
Wir müssen jetzt alle Kräfte bündeln, die notwendi-

en Reformen vorantreiben und den Nachwuchswissen-
chaftlern in Deutschland eine Chance bieten, damit aus
em Braindrain ein Braingain wird.
Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1513602700

Ich erteile das Wort Kollegin Ute Berg, SPD-Frak-

ion.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ute Berg (SPD):
Rede ID: ID1513602800

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
raindrain, das Bild abwandernder Gehirne, geistert zur-
eit durch viele bildungspolitische Diskussionen, so






(A) )



(B) )


Ute Berg

auch heute hier. Das ist ein Szenario, das sicherlich so
manchen Horrorfilmregisseur inspirieren würde. Ich
kann Ihnen aber versichern: Das Bild ist falsch.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die dauerhafte Abwanderung von hoch qualifizierten
Wissenschaftlern ins Ausland – auf gut neudeutsch:
Braindrain – findet so nicht statt. Deutsche Wissen-
schaftler und deutsche Studierende gehen zwar ins Aus-
land, aber sie kehren auch zurück. Genauso kommen
ausländische Forscher hierher und kehren später in ihre
Heimatländer zurück. Es handelt sich also um einen
Austausch von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaft-
lern.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

nau das wollen wir!)

Um im Fachjargon zu bleiben: Es handelt sich um Brain-
circulation. Dies ist in Zeiten zunehmender Internationa-
lisierung ausdrücklich gewünscht und erforderlich. Die
Deutsche Forschungsgemeinschaft zum Beispiel hat in
einer Studie festgestellt, dass drei Viertel ihrer Stipendia-
ten Auslandserfahrungen sammeln, von denen aber
85 Prozent später wieder in Deutschland arbeiten.

Dass Deutschland eine weitgehend ausgeglichene
Wanderungsbilanz an Wissenschaftlern hat, hat auch
die OECD in einer internationalen Untersuchung vom
Juni 2001 festgestellt. Darin weist sie auch darauf hin,
dass der internationale Austausch für die beteiligten
Länder große Vorteile hat und insbesondere stimulierend
für innovative Entwicklungen wirkt.

Nicht ohne Grund verlangen Arbeitgeber in Wirt-
schaft und Wissenschaft Fremdsprachenkenntnisse und
internationale Erfahrung.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Besonders für Forscher, die sich auf dem internationalen
Parkett bewegen wollen, sind Auslandsaufenthalte von
existenzieller Bedeutung. Aber auch die Erfahrungen
mit den kulturellen Gepflogenheiten im Gastland sowie
die gesellschaftlichen Kontakte, die sich dort ergeben,
nützen unserem Land langfristig.

Nicht von ungefähr legen Firmen und Hochschulen
zunehmend Wert auf interkulturelle Kompetenz. Auch
deshalb arbeiten wir mit aller Kraft daran, das deutsche
Bildungswesen zu internationalisieren. Deshalb ist uns
zum Beispiel auch der Erfolg des Bologna-Prozesses so
wichtig. Wir wollen die Einführung von Bachelor- und
Masterstudiengängen in Deutschland und europaweit
forcieren. Wir brauchen nämlich den wissenschaftlichen
Austausch. Deshalb wollen wir vergleichbare Ab-
schlüsse und Studieninhalte, um bis zum Jahr 2010 einen
einheitlichen europäischen Hochschulraum zu schaffen.

Wir wollen, dass sich unsere Wissenschaftlerinnen
und Wissenschaftler international vernetzen. Darüber hi-
naus wollen wir ausländische Spitzenwissenschaftler in

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(C (D nser Land holen. Lange genug war unser Land durch ine Mauer abgeschottet. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Nach der verfehlten Technologiepolitik der Kohl-
egierung,


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU/CSU: Oh! – Dr. Uwe Küster [SPD]: Immer wieder auf die Hühneraugen!)


ach drastischen Kürzungen im Forschungshaushalt und
inem enormen Rückgang der Forschungs- und Ent-
icklungsaktivitäten in den 90er-Jahren –


(Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist die Wahrheit!)


n diesem Zusammenhang empfehle ich die Lektüre ei-
es „Spiegel“-Artikels vom 9. September 1996, über-
chrieben mit dem Titel „Wir verlieren die Köpfe“ – hat
ich diese Bundesregierung von Anfang an darauf kon-
entriert, Bildung und Forschung zu stärken. Seit 1998
aben wir die Ausgaben in diesem Bereich um rund
6 Prozent erhöht. Aber nicht nur in finanzieller Hin-
icht, sondern auch strukturell wurde seitdem viel getan,
m die Attraktivität des Wissenschaftsstandorts
eutschland zu steigern.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Mit ihrer Initiative zur Einführung der Juniorprofes-

ur – die Sie allerdings kurzfristig gestoppt haben; aber
zwischen geht die Entwicklung wieder in die richtige
ichtung – hat die Bundesregierung attraktive Stellen
ür junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ge-
chaffen, auf denen sie früh selbstständig forschen und
ehren können.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Ulrike Flach [FDP]: Wenn es klappt!)


Dank der Reform des Hochschulzugangs und der Pro-
essorenbesoldung können die Hochschulen autonome
ntscheidungen treffen, die – das wird Sie freuen, Frau
eiche – bei der Anwerbung von Spitzenkräften wichtig
ind. Aber auch mit speziellen Förderprogrammen – die
ie eben in Misskredit zu bringen versucht haben – wie
em Bio-Future-Preis und dem Emmy-Noether-
rogramm bietet die Bundesregierung dem wissen-
chaftlichen Nachwuchs interessante Förderangebote.
o erhält dieser die Möglichkeit, sich frühzeitig für Lei-
ngsaufgaben zu qualifizieren.
Bedeutende Schritte zur Verbesserung der Rahmen-

edingungen für den Wissenschafts- und Forschungs-
ereich sind zudem die Modernisierung des Zuwande-
ungsrechts und der Ausbau der Kinderbetreuung.


(Jörg Tauss [SPD]: Gegen Ihren Widerstand!)

Genau: gegen den erklärten Widerstand der CDU/CSU
ber einen langen Zeitraum.


(Beifall bei der SPD – Thomas Rachel [CDU/ CSU]: Das ist doch totaler Unsinn!)







(A) )



(B) )


Ute Berg

Auch Frau Süssmuth konnte Sie leider nicht rechtzeitig
auf die richtige Bahn bringen.

Aber wir dürfen uns nicht auf unseren Erfolgen ausru-
hen. Vielmehr müssen wir stetig an Verbesserungen ar-
beiten.

In Ihrer Großen Anfrage zum Braindrain sprechen
Sie, meine Damen und Herren von der CDU/CSU, wich-
tige Punkte an, nämlich die Investitionen in Bildung und
Forschung und die Spitzenförderung. Vor genau sieben
Tagen haben Sie in diesem Haus den Vorschlag der Bun-
desregierung abgelehnt, durch die Streichung der Eigen-
heimzulage ungefähr 6 Milliarden Euro für Forschung,
Wissenschaft und Bildung zu mobilisieren.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Sie fordern zwar permanent höhere Bildungsausgaben,
lehnen es aber ab, die notwendige Finanzierung sicher-
zustellen und dafür eine Subvention abzubauen, die an-
erkanntermaßen nicht mehr zeitgemäß ist.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Genau das gleiche Verhalten legen Sie bei der Spit-
zenförderung an den Tag. Sie bestätigen zwar, dass aka-
demische Spitzenkräfte ein wichtiger Standortfaktor
sind, und fragen, ob die Bundesregierung wirklich vor-
hat, die wissenschaftliche Elite zu fördern, wohl wissend
im Übrigen, dass die Regierung bereit ist, allein im Rah-
men ihrer Exzellenzoffensive dafür 285 Millionen Euro
jährlich zur Verfügung zu stellen.


(Jörg Tauss [SPD]: Zusätzlich!)

– Richtig, zusätzlich. – Aber gleichzeitig blockieren die
unionsgeführten Länder dieses Vorhaben. Seit drei Mo-
naten liegt der Vorschlag der Bundesregierung zur Ex-
zellenzförderung in der Bund/Länder-Kommission auf
Eis. Es wäre sehr verdienstvoll, wenn Sie mit der ganzen
Ihnen zur Verfügung stehenden Überzeugungskraft Ein-
fluss auf Ihre Parteifreunde in den Bundesländern neh-
men würden, meine lieben Kolleginnen und Kollegen
von der CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Dann würde sich unsere Position im Hinblick auf die
Anwerbung von Spitzenkräften nach Deutschland
– „Braingain“ genannt – weiter verbessern. Dann könn-
ten auch Sie ruhiger schlafen, ohne sich mit Albträumen
über „abwandernde Gehirne“ quälen zu müssen.

Sie sehen, dass die Bundesregierung eine Menge tut,
um Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu för-
dern und Deutschland als Standort attraktiv zu machen.
Nun müssen aber auch Sie sich fragen lassen, liebe Kol-
leginnen und Kollegen von der Opposition, welchen
Beitrag Sie dazu leisten wollen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Meine Empfehlung: Reden Sie den Standort Deutsch-
land nicht weiter schlecht und geben Sie Ihre Blockade-

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(C (D altung auf! Unterstützen Sie die Bundesregierung daei, die Attraktivität des Standortes Deutschland noch eiter zu steigern, damit die jungen Wissenschaftlerinen und Wissenschaftler auch in Zukunft gern hier leben nd arbeiten. Danke schön. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1513602900

Ich erteile das Wort Kollegin Ulrike Flach, FDP-Frak-

ion.

(Beifall bei der FDP)



Ulrike Flach (FDP):
Rede ID: ID1513603000

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Aus-

ührungen von Frau Reiche und Frau Berg haben eines
eutlich gezeigt: Unser großes Manko – auch in der heu-
igen Debatte – ist, dass wir nicht über verlässliche Zah-
en debattieren. Wir führen eine fast virtuelle Debatte
ber etwas, das wir alle offensichtlich erahnen und im-
er wieder sehr gerne ansprechen, nämlich dass die bes-
en Köpfe dieses Land verlassen. Aber die diesbezügli-
hen Statistiken sind alles andere als aussagekräftig.
eshalb lautet unsere erste Forderung: Die Bundeslän-
er müssen sich endlich bereit erklären, verlässliche
ochschulstatistiken auf den Tisch zu legen. Das ist
nser Problem.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


bwohl Sie diesen Gedanken im Rahmen der KMK, die
ir seit langem abschaffen wollen, offensichtlich verfol-
en, kann ich keine Verbesserung der Situation erken-
en. Das ist das eine.
Ich stimme der Bundesregierung in ihrer Antwort

usdrücklich zu, dass eine quantitative Bewertung des so
enannten Braindrains deutlich zu kurz greift. Wenn wir
ber dieses Thema ernsthaft debattieren wollen, müssen
ir selbstverständlich auch über die Gewinnung von
issenschaftlern aus dem Ausland sprechen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


s ist richtig, wenn deutsche Wissenschaftler und Hoch-
ualifizierte ins Ausland gehen. Wir unterstützen dies
nd fordern das auch von jedem jungen Menschen, der
n diesem Lande in Forschung und Wissenschaft tätig
ein will. Aber die jungen Menschen müssen natürlich
uch wieder zurückkommen. Vor diesem Hintergrund
ber war Ihre Aktion, Herr Kasparick – Sie vertreten ja
eute die Ministerin –, aus Sicht der FDP mehr mitleid-
rregend. Das, was Sie uns bisher als Erfolg verkauft ha-
en, ist alles andere als überzeugend und bewegt sich
ehr im virtuellen Raum, genauso wie die ganze Dis-
ussion.


(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Katherina Reiche [CDU/CSU])







(A) )



(B) )


Ulrike Flach

Ich möchte an dieser Stelle betonen: Wenn wir For-

scher in dieses Land zurückholen wollen, dann müssen
wir uns auch der Tatsache bewusst sein, dass es nicht nur
das Geld ist, das immer lockt. Ich kann für die FDP nur
sagen: Die Atmosphäre in diesem Lande stimmt nicht.
Es ist die Freiheit, die den Menschen hier fehlt. Eben das
aber bekommen sie in den USA geboten. Frau Reiche,
ich stimme Ihnen ausdrücklich zu: Die Offenheit der
Forschungsatmosphäre in dem Lande jenseits des
Ozeans lockt natürlich jeden jungen Menschen.

Nach unserer ersten Forderung – bessere Statistiken –
lautet unsere zweite deswegen: Ermöglichen Sie endlich
die Gedankenfreiheit, die wir in diesem Land so drin-
gend brauchen!


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Herr Tauss, ich sehe, was Sie mit allerlei Aktionen

versuchen. Was Sie da so in Gang setzen, ist allerdings
mehr instrumentarisch. Frau Reiche hat es aufgezeigt:
Vieles greift nicht. Sie haben mithilfe Ihres grünen Ko-
alitionspartners nicht nur die Atmosphäre eindeutig ver-
düstert, sondern Sie sind mit Ihren entscheidenden Ak-
tionen auch gescheitert. Gehen Sie doch einmal in eine
Versammlung mit jungen Forschern! Erleben Sie doch
einmal, wie das Urteil zur bundesweiten Einführung der
Juniorprofessur gewirkt hat! Es hat geradezu vernich-
tend gewirkt.

Oder verfolgen Sie doch einmal eine Debatte darüber,
wie sich der Föderalismus in diesem Lande auswirkt!
Die Föderalismusdebatte hat Unsicherheit bis weit über
die Grenzen dieses Landes hinaus hervorgerufen. Wir
haben uns vorige Tage von den Wissenschaftsattachés
unserer benachbarten Länder fragen lassen müssen, wie
lange wir uns in dieser Debatte eigentlich noch verfan-
gen wollen.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1513603100

Kollegin Flach, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Tauss?


Ulrike Flach (FDP):
Rede ID: ID1513603200

Ungern, aber ich tue es.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1513603300

Frau Kollegin Flach, Sie haben hier eine ganze

Menge Punkte angesprochen. Hatten Sie Gelegenheit,
das Protokoll unserer Anhörung zum Thema Juniorpro-
fessur nachzulesen? Zu dieser Anhörung hatten wir
Juniorprofessorinnen und Juniorprofessoren geladen.
Diese haben allesamt ihre Arbeitsmöglichkeiten nicht
nur als hervorragend beurteilt, sondern auch dringend
darum gebeten, dieses Instrumentarium aufrechtzuerhal-
ten und auf weitere Nachwuchsgruppen auszudehnen.
Die Anhörung hat ergeben, dass der eingeschlagene Weg
genau richtig ist. Können Sie das nicht einfach einmal
zur Kenntnis nehmen, anstatt die Situation des Wissen-
schaftsstandorts Deutschland hier mit wirklich falschen,
an den Haaren herbeigezogenen und inakzeptablen Pole-
miken, mit Ihrem – Entschuldigung! – Geschwätz be-
wusst schlecht zu machen?

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(C (D (Cornelia Pieper [FDP]: Das ist ja unmöglich, Herr Präsident!)



Ulrike Flach (FDP):
Rede ID: ID1513603400

Herr Präsident, muss ich mir das eigentlich bieten las-

en?

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1513603500

Sie können hemmungslos widersprechen.

Ulrike Flach (FDP):
Rede ID: ID1513603600

Ich werde auch hemmungslos widersprechen.
Im Gegensatz zu Ihnen, „lieber“ Herr Tauss, war ich
it der Ministerin vor wenigen Tagen auf einer Podiums-
iskussion, zu der auch eine ganze Reihe von Juniorpro-
essoren geladen waren. Von dieser Aktion – sie ging
brigens von der Organisation der Juniorprofessoren in
eutschland aus – haben wir beide, Frau Bulmahn und
ch, mit nach Hause nehmen müssen, dass diese Men-
chen durch dieses Hickhack natürlich schwer verun-
ichert sind.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Durch das Urteil!)


Sie wissen doch ganz genau – Herr Tauss, Sie brau-
hen sich gar nicht so künstlich aufzuregen –, dass die
DP immer für die Juniorprofessur war. Wir sind aller-
ings immer ein entschiedener Gegner Ihres Vorgehens
m Gesetz gewesen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ir wussten doch, dass die Länder dagegen klagen wer-
en. Wir wussten doch, dass die Länder Ihnen Knüppel
wischen die Beine werfen werden. Das haben wir auch
n diesem Hause immer wieder besprochen.


(Jörg Tauss [SPD]: Ja und?)

Die FDP ist für die Juniorprofessur; aber man kann

ie nicht gegen die Länder durchsetzen. Bei diesem Ver-
uch haben Sie Ihre große Schlappe erlebt. Herr Tauss,
ir werden in wenigen Tagen erleben, wie Sie beim
hema Studiengebühren erneut eine Schlappe erleiden.


(Cornelia Pieper [FDP]: Richtig!)

assen Sie uns das doch einfach einmal nüchtern be-
rachten: Die Juniorprofessur ist eine gute Sache; aber
ie ist von Ihnen grottenschlecht umgesetzt worden.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wenn man sich heute die Situation in Deutschland an-
chaut, erkennt man auf der einen Seite sehr schlecht
mgesetzte Gesetze und auf der anderen Seite den im-
er wieder unternommenen Versuch – vor allen Dingen
es grünen Koalitionspartners –, Forschungsfreiheit in
iesem Lande zu behindern. Unser Land wirkt nach
ußen doch nicht optimistisch und nicht aufbruchge-
timmt. Es ist vor allen Dingen von Konsenssuche, von
nirschenden Reformrädern und von langatmigen






(A) )


)

Ulrike Flach

Debatten bestimmt. Das ist doch der Grund, warum viele
Leute hier abgeschreckt werden. Wenn ich ein junger
Forscher wäre, würde ich mir dreimal überlegen, ob ich
hier bleibe.

Ich bin geradezu entsetzt – Herr Kasparick, vielleicht
können Sie uns das gleich einmal erklären –, dass der
Herr Bundeskanzler mitten in diesen Debatten jetzt
plötzlich neue Denkkulturen im Bereich der Gentechnik
fordert. Herr Kasparick, während die CDU und wir seit
Jahren versuchen, Sie davon zu überzeugen, dass wir in
diesem Land auf diesem Gebiet vorangehen müssen,
fängt der Bundeskanzler jetzt an zu denken.


(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Was ist denn das für eine Polemik? Das ist unter Ihrem Niveau, Frau Flach!)


Fazit dieser Situation: Wenn wir über abwandernde
Eliten reden, dann müssen wir uns der Tatsache stellen,
dass unser Land nach außen nicht mehr Forschungsop-
timismus und Forschungsfreiheit ausstrahlt. Das muss
verändert werden und dafür werden wir sorgen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1513603700

Ich erteile das Wort dem Kollegen Hans-Josef Fell,

Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513603800

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen von der Union,
in Ihrer Anfrage zur Abwanderung deutscher Nach-
wuchswissenschaftler haben Sie schon im zweiten Satz
einen großen Fehler gemacht. Sie schreiben, dass
Deutschland aufgrund des Rohstoffmangels besonders
auf Humanressourcen angewiesen ist. Richtig ist, dass
Deutschland arm an fossilen, atomaren und metallischen
Rohstoffen ist. Aber Deutschland ist reich an nach-
wachsenden Rohstoffen und erneuerbaren Energien.
Allerdings – das gebe ich zu – braucht es dafür die Er-
schließung großer Humanressourcen, vor allem damit
sich bei Ihnen und der FDP endlich die Erkenntnis
durchsetzt, dass wir hier große Chancen haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ihre Forschungsfeindlichkeit zeigt sich genau daran,
dass Sie die Blockaden für den Wissenschaftsstandort
Deutschland in diesen Bereichen aufrechterhalten, Sie,
Frau Flach, mit Ihrem Beharren auf der Grünen Gen-
technik, die 80 Prozent aller Verbraucherinnen und Ver-
braucher ablehnen, Sie, Frau Reiche, mit Ihrem Behar-
ren auf der Atomenergie. Glauben Sie endlich an die
anderen Bereiche! Wir haben da den besten Wissen-
schaftsstandort. Sie reden ihn immer schlecht. Es ist ge-
nau Ihre Wissenschaftsfeindlichkeit, die diesen Standort
schlecht macht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


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(C (D Wir sind uns einig darüber, dass die Stärkung des wisenschaftlichen Nachwuchses in Deutschland sehr wichig ist und zu einem hohen Anteil von Wissenschaftlerinen und Wissenschaftlern in Deutschland führen muss. llerdings stellen wir das Ziel des Wissenschaftlerausausches nicht infrage. Es ist gerade für junge Leute ichtig, Auslandserfahrungen zu sammeln. Daher ist ie Tatsache, dass es viele Deutsche im Studium und in er beruflichen Praxis im Ausland gibt, eine erfreuliche, ber die wir positiv reden sollten. Gleiches gilt für den ohen Anteil von ausländischen Wissenschaftlern und issenschaftlerinnen in Deutschland. Das ist gerade ein eweis für die hohe Attraktivität des Wissenschaftstandorts Deutschland. Nun zu der von Ihnen befürchteten Abwanderung von issenschaftlern aus Deutschland. Ich bitte um Ver tändnis dafür, dass ich den furchtbaren Begriff „Brainrain“ nicht verwende. Wer außer den Fachleuten verteht ihn? Niemand! Wir sollten hier im Parlament eine prache wählen, die die Bürgerinnen und Bürger versteen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Die von Ihnen gesehene Gefahr einer Abwanderung
ird von der OECD als völlig überschätzt bezeichnet.
o kehren nach einer Studie der DFG 85 Prozent aller
tipendiaten wieder nach Deutschland zurück. Die An-
ahl der Deutschen, die im Ausland studieren, wird für
as Jahr 2000 – ich gebe zu, dass die Basis für diese
ahlen erweitert werden müsste, um verlässliche Ergeb-
isse zu haben – mit 50 000 angegeben. Diese Zahl ist
eutlich geringer als die Anzahl der Bildungsausländer,
ie in Deutschland studieren, nämlich 113 000. Auch
ies ist ein Zeichen für den hohen Rang des Wissen-
chaftsstandorts Deutschland.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


Natürlich müssen wir auch dafür Sorge tragen, dass
iele Studierende sowie Spitzenforscher hier in Deutsch-
and beste Bedingungen bekommen. Die Bundesregie-
ung hat bereits erfolgreiche Maßnahmen dazu ergriffen,
um Beispiel das Emmy-Noether-Programm für exzel-
ente Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, die
raduiertenkollegs, hoch attraktive Förderpreise wie
en Sofia-Kovalewskaja-Preis oder den Bio-Future-
reis.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


All diese Maßnahmen müssen von weiteren begleitet
nd ergänzt werden; denn der internationale Wettbewerb
m die besten Köpfe ist eine Daueraufgabe. Sie, meine
amen und Herren von der Union, haben die Bundesre-
ierung erst in der letzten Woche in Ihrem Antrag zum
. Forschungsrahmenprogramm aufgefordert, den Aus-
ausch von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern
wischen forschenden Unternehmen und öffentlichen
orschungseinrichtungen weiter zu erleichtern und zu
rhöhen. Als Mittel dafür nennen Sie einen deutlichen fi-
anziellen Ausbau der Fördermaßnahmen. D’accord!

(B)







(A) )



(B) )


Hans-Josef Fell

Aber das reicht nicht aus. Hier müssen vor allem die
Bundesländer dazu angehalten werden, sich im Rah-
men der Tarifverhandlungen endlich für einen Wissen-
schaftstarifvertrag einzusetzen. Das wäre eine ent-
scheidende Basis auch für die Unterstützung, die Sie
immer anmahnen.

Eine Erhöhung der Forschungsmittel, vor allem der
Projektmittel, wird dazu beitragen, dass junge Wissen-
schaftler überhaupt genügend Arbeit bekommen können.


(Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Sie kürzen die Projektmittel in diesem Jahr wieder! 8 Prozent in diesem Jahr!)


Die Zwänge des engen Bundeshaushalts – das will ich
hier durchaus zum Ausdruck bringen – bereiten mir tat-
sächlich Sorgen. Aber ich appelliere auch an Sie, Herr
Kretschmer: Gehen Sie auf die Unionsministerpräsiden-
ten zu mit dem Ziel, damit auch die Länder endlich ihren
Beitrag zur Erhöhung der Forschungsmittel leisten, so
wie wir auf Bundesebene unseren Beitrag längst erbracht
haben!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Das ist nicht nur eine Aufgabe des Bundes. Wir stehen
zur Mischfinanzierung. Also leisten auch Sie Ihren poli-
tischen Input hierzu!

Diese Woche hat das Kabinett einen wichtigen Schritt
getan, um die Arbeitsbedingungen an Deutschlands
Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen zu verbes-
sern. Die HRG-Novelle gibt als Reaktion auf die Verfas-
sungsgerichtsentscheidung nun den mehr als 600 Junior-
professorinnen und -professoren genauso


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

wie den Ländern, die die Juniorprofessur in ihren Lan-
deshochschulgesetzen verankern wollen, Rechtssicher-
heit. Gemäß der Novelle liegt es nun in der Hand der
Länder, den gesicherten Aufstieg von der Juniorprofes-
sur zur Vollprofessur zu regeln. Das haben sie ja immer
lautstark gefordert. Die Regelungen zur Befristung se-
hen wir Grüne nach wie vor sehr kritisch. Die Zwölf-
Jahres-Regel mit ihren starren Anforderungen ist lebens-
fremd. Angesichts des Kompetenzstreites um die Hoch-
schulen in der Föderalismuskommission war aber eine
Wiederherstellung des alten Zustandes derzeit die einzig
mögliche Lösung. Dennoch bleibt unser Ziel weiterhin
ein Wissenschaftstarifvertrag. Helfen Sie mit, die Län-
dervertreter zurück an den Verhandlungstisch zu brin-
gen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ein weiterer Schritt der Bundesregierung ist der Pakt
für Forschung und Innovation. Wir freuen uns beson-
ders, dass auch die Förderung von Frauen in Wissen-
schaft und Forschung ein wichtiger Bestandteil sein
wird. Vorgestern im Ausschuss beschämte uns Professor
Frühwald von der Alexander-von-Humboldt-Stiftung
mit dem Hinweis, dass Korea ein Mittel gegen das merk-
würdige Phänomen des vermeintlichen Fehlens von

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(C (D rauen in der Spitzenforschung gefunden hat. Dort urde ein eigenständiger Preis nur für Frauen ausgelobt; lötzlich fiel den Forschungseinrichtungen auf, welch och qualifizierte Frauen bei ihnen arbeiten. Dieses Beipiel sollte auch in Deutschland Schule machen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Zwei Bemerkungen noch am Schluss:
Erstens. Bei aller Spitzenförderung dürfen wir die
reite nicht vergessen. Nur aus einer qualifizierten
reite kann eine herausragende Spitze kommen. Das
age ich mit aller Deutlichkeit als einer, der sich im
ayerischen Bildungssystem auskennt, insbesondere mit
lick auf Bayern. Dort geht es nämlich oft nur um die
pitze und die Breite wird sehr vernachlässigt.
Auch meine zweite und letzte Bemerkung geht vor al-

em, aber nicht nur in diese Richtung: Sie von der Union
aben lange verhindert, dass der Anwerbestopp für
och qualifizierte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
us den Beitrittsstaaten und für hoch qualifizierte Wis-
enschaftlerinnen und Wissenschaftler aus aller Welt
ufgehoben wird. Wenn wir als Forschungsstandort in-
ernational attraktiv sein wollen, müssen wir endlich auf-
ören, Forscherinnen und Forscher statt nach ihrer Qua-
ität nach ihrer Nationalität zu beurteilen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


enn andere Nationen derzeit den Fehler machen, sich
bzuschotten, sollten wir diese Gelegenheit gerade nut-
en, um als weltoffenes Land Menschen mit Ideen, Wis-
en und Tatkraft in unser Land einzuladen.
Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1513603900

Ich erteile das Wort dem Parlamentarischen Staats-

ekretär Ulrich Kasparick.
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Ulrich Kasparick (SPD):
Rede ID: ID1513604000

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zwei Vor-

bbemerkungen, die den Kanzler betreffen. Mich hat
ehr gefreut, dass er gemeinsam mit dem französischen
räsidenten die Idee verfolgt – das hat er auch öffentlich
esagt –, darüber nachzudenken, ob wir die Gelder, die
ir für Forschung ausgeben, nicht innerhalb des europäi-
chen Stabilitätspaktes als Investitionen behandeln soll-
en. Das würde uns und Frankreich in unseren jeweiligen
ationalen Haushalten erhebliche Spielräume eröffnen.
enau in diese Richtung müssen wir denken. Wir brau-
hen mehr Mittel im System, damit wir noch mehr für
nternationale Forschung tun können.


(Widerspruch des Abg. Michael Kretschmer [CDU/CSU])


Herr Kretschmer, Sie handeln ja sonst immer sehr
orgfältig.






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Ulrich Kasparick


(Jörg Tauss [SPD]: Na, na! – Gegenruf des Abg. Jörg van Essen [FDP]: Wenn Tauss widerspricht, muss er das wirklich sein!)


Deshalb möchte ich Sie noch einmal auf die Zahlen hin-
weisen, die wir Ihnen in der Antwort auf die Große An-
frage mitgeteilt haben.

Nach den Angaben des Statistischen Bundesamtes
gab es im Jahre 1998 45 000 deutsche Studierende im
Ausland, aber 55 900 im Jahre 2002. Im Jahre 1999 gab
es 113 000 ausländische Studierende in Deutschland;
im Jahre 2003 waren es mittlerweile schon 180 000. Das
entspricht in diesem Zeitraum einem jährlichen Zuwachs
von 10 bis 25 Prozent an ausländischen Studierenden,
die nach Deutschland kommen. Es ist wichtig, sich diese
Zahl vor Augen zu halten. Wenn Sie hier heute behaup-
ten, das Land blute aus, uns liefen die Leute weg, dann
sollten Sie sich wenigstens an die Zahlen halten, die uns
das Statistische Bundesamt mitgeteilt hat.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir alle, die aus der Forschungsszene sind, wissen,
dass Wissenschaft mittlerweile international ist. Mich
freut diese Situation. Es ist wünschenswert, wenn junge
Wissenschaftler ins Ausland gehen.


(Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es! – Ulrike Flach [FDP]: Die müssen zurückkommen, Herr Kasparick!)


Wir wollen, dass sie ins Ausland gehen, und wir wollen,
dass sie zurückkommen. Deswegen freut mich, dass
selbst diese sehr merkwürdige Studie von berlinpolis zu
dem Ergebnis kommt, dass nur 18 Prozent nicht zurück-
kehren wollen. Das heißt, der übergroße Teil der jungen
Wissenschaftler will sogar nach dieser wissenschaftlich
sehr merkwürdigen Studie zurückkommen. Man muss
sich einmal klarmachen, dass nur 304 Personen auf die
Internetbefragung von berlinpolis geantwortet haben.
Wer um die erforderliche Seriosität von wissenschaftli-
chen Befragungen weiß, dem muss ich das näher nicht
kommentieren.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1513604100

Kollege Kasparick, gestatten Sie eine Zwischenfrage

des Kollegen Kretschmer?

U
Ulrich Kasparick (SPD):
Rede ID: ID1513604200


Jederzeit.


Michael Kretschmer (CDU):
Rede ID: ID1513604300

Herr Staatssekretär, bevor Sie weitere Studien zitie-

ren, die Sie selbst für merkwürdig halten, möchte ich Sie
fragen, wie es sein kann, dass Wissenschaftler und Präsi-
denten von Forschungsorganisationen wie Bullinger und
Professor Winnacker sowie Wirtschaftsführer wie Sie-
mens-Vorstände uns sagen, die Besten gingen weg oder
kämen nicht wieder, aber Sie hier sagen, das Problem
existiere gar nicht. Ist es nicht besser, dem Problem in
die Augen zu schauen und eine Lösung zu finden, als

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(C (D ieder einmal an dem Problem vorbeizureden, die Wirkichkeit nicht wahrzunehmen und dann in einigen Jahren or einem Desaster zu stehen? Das haben Sie in Ihrer olitik schon häufiger erlebt. Sie müssten doch eigentich daraus gelernt haben. U Das ist Ihre Frage? Ja. Die Frage ist, Herr Staatssekretär, wie es sein ann, dass ausgewiesene Fachleute das Problem offenar erkennen, aber Sie uns hier sagen, es existiere nicht. rgendeiner scheint hier ein Wahrnehmungsdefizit zu haen. U Wir sind uns mit Herrn Professor Bullinger und den pitzen der deutschen Wissenschaftsorganisationen eiig, dass wir in einem gnadenlosen, knallharten internaionalen Wettbewerb um die besten Köpfe stehen. Geade deshalb freut es uns, dass wir bei der Zahl der usländischen Studierenden, die nach Deutschland komen, Zuwächse von jährlich bis zu 25 Prozent erzielt haen. Wenn wir das im Wettbewerb erreichen, dann ist as eine gute Zahl. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ulrich Kasparick (SPD):
Rede ID: ID1513604400

(Jörg Tauss [SPD]: Das war keine Frage!)

Michael Kretschmer (CDU):
Rede ID: ID1513604500

(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Ja, Sie!)

Ulrich Kasparick (SPD):
Rede ID: ID1513604600

Ich sage Ihnen noch ein Zweites: Wir sind uns mit
errn Bullinger, Herrn Gaehtgens, Herrn Winnacker,
en Spitzen der deutschen Wissenschaft völlig einig,
ass wir diesen Wettbewerb noch längst nicht gewonnen
aben, sondern dass der Wettbewerb zunimmt. Die
rage, die ich Ihnen jetzt stellen muss, lautet: Glauben
ie, dass Ihre Beiträge heute hier im Plenum junge Leute
rmutigen, nach Deutschland zu kommen?


(Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Ja, klar! – Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


lauben Sie das wirklich? Wir wollen, dass jungen Leu-
en aus dem Ausland die ganz klare Botschaft entgegen-
chlägt: Ihr seid in Deutschland willkommen; das, was
ir zu eurer Unterstützung tun können, werden wir
erne tun. Das ist die wichtige Nachricht, die ins Aus-
and gehen muss.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich will noch ein Weiteres sagen. Wir haben neulich
m Ausschuss – wie ich fand, sehr beeindruckende –
ahlen von den deutschen Unternehmen gehört, die sich
m dieses Themenfeld professionell bemühen. Wir wis-
en, dass das internationale Marketing Deutschlands als
ildungs- und Forschungsstandort in den Jahren bis






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Ulrich Kasparick

2001 nicht den Stellenwert hatte, den es brauchte. Wir
haben eine Baustelle übernommen und kommen Schritt
für Schritt voran. Das betrifft beispielsweise den sehr
komplizierten Bereich der Statistik. Wir brauchen ver-
lässlichere Zahlen. Mich freut sehr, dass die Alexander-
von-Humboldt-Stiftung, der Deutsche Akademische
Austauschdienst und die großen Stiftungen, die die in
Deutschland Studierenden unterstützen, zunächst einmal
in ihrem eigenen Bereich die Daten zusammentragen,
die wir dringend brauchen.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1513604700

Kollege Kasparick, gestatten Sie eine Zwischenfrage

des Kollegen Volker Beck?

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Ulrich Kasparick (SPD):
Rede ID: ID1513604800


Jederzeit.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513604900

Durch die Einwürfe des Kollegen von der CDU/CSU

wurde ich zu folgender Frage angeregt, Herr Kasparick:
Wie erklären Sie sich, dass die Union in der Forschungs-
politik eigentlich Braindrain allerorten sieht,


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

einerseits bei dem normalen Wechsel von deutschen
Wissenschaftlern und Spitzenkräften ins Ausland, ande-
rerseits zum Beispiel bei dem Wechsel aus Indien und
den USA nach Deutschland, wo im Zusammenhang mit
der Diskussion über das Zuwanderungsgesetz befürchtet
wurde, durch eine liberale Regelung der Aufenthaltstitel,
die es attraktiv macht, nach Deutschland zu kommen – –


(Ulrike Flach [FDP]: Wo ist die Frage? – Thomas Rachel [CDU/CSU]: Gar keine Frage!)


– Doch, ich habe gefragt, wie sich der Redner das er-
klärt. Herr Rachel, das müssen Sie schon aushalten.


(Thomas Rachel [CDU/CSU]: Sie haben wohl nicht zugehört!)


In Ihren Aussagen ist eine gewisse Widersprüchlich-
keit enthalten. Ist es vielleicht so, dass für die Union
angesichts ihrer Politik das größte Problem ist, zu akzep-
tieren, dass ein Austausch im Bereich der Hochleis-
tungsträger und der Wissenschaftler mittlerweile selbst-
verständlich ist?


(Thomas Rachel [CDU/CSU]: Das ist ein Diskussionsbeitrag, aber keine Frage, Herr Präsident! Das ist doch unmöglich!)


Es gibt Wissenschaftler, die von Deutschland ins Aus-
land gehen, und es gibt andere, die zu uns kommen. Das
ist ein Austausch von wissenschaftlicher Kompetenz und
damit wirtschaftlicher – –


(Thomas Rachel [CDU/CSU]: Setzen Sie sich doch auf die Rednerliste!)


– Es ist unmöglich, wie Sie hier dazwischen krakeelen.

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(C (D (Thomas Rachel [CDU/CSU]: Das ist doch keine Frage!)


ie sind offensichtlich nicht in der Lage, meine Syntax
u verfolgen. Seien Sie einmal ruhig! Sie haben nicht
as Wort.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Thomas Rachel [CDU/CSU]: Sie stellen keine Frage! Sie missbrauchen die Geschäftsordnung! Das ist peinlich, Herr Beck!)


Wollen Sie jetzt sprechen? Lassen Sie mich bitte zu
ort kommen!


(Thomas Rachel [CDU/CSU]: Sie sollen eine Frage stellen und keine Diskussionsbeiträge leisten!)


Wie erklären Sie sich dieses Durcheinander in der
ufstellung der Union? Teilen Sie meine Ansicht, dass
ie Union die Herausforderungen der Gegenwart offen-
ichtlich nicht meistern kann?


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Thomas Rachel [CDU/CSU]: Peinlich! – Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Rachel kann die Wahrheit nicht hören!)


U
Ulrich Kasparick (SPD):
Rede ID: ID1513605000

Herr Abgeordneter, ich habe für das Phänomen, das

ie gerade sehr zutreffend beschrieben haben, nur die
rklärung, dass man nicht zu Ende gedacht hat.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Eckart von Klaeden [CDU/ CSU]: Phrasendrescherwettbewerb!)


Worum geht es uns? Es geht uns darum, dass wir im
nternationalen Wettbewerb besser werden. Der Wettbe-
erb um die besten Leute ist einer der härtesten Wettbe-
erbe, die wir überhaupt haben, härter noch als in vielen
ereichen der Wirtschaft.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1513605100

Kollege Beck, Sie müssen schon stehen bleiben und

ich die Antwort auf Ihre Frage anhören.

U
Ulrich Kasparick (SPD):
Rede ID: ID1513605200

Die Frage ist beantwortet. Schönen Dank.

(Heiterkeit bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Uns liegt daran, dass noch wesentlich mehr im Be-

eich Bildung und Forschung getan wird, als wir in der
ergangenheit bereits getan haben. Ich fordere Sie von
ieser Stelle noch einmal auf: Begreifen Sie, dass es kei-
en wichtigeren Politikbereich in Deutschland gibt als
ie Stärkung von Bildung und Forschung!


(Jörg van Essen [FDP]: Das sieht man an der Präsenz der Bundesregierung! – Ulrike Flach [FDP]: Wo ist denn der Kanzler?)







(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Ulrich Kasparick

Wir brauchen eine nationale Kraftanstrengung. Aber wir
brauchen kein Gerede darüber, dass das Land angeblich
ausblutet; denn alle Zahlen, die uns vorliegen, wider-
sprechen klar dieser Aussage.


(Ulrike Flach [FDP]: Nein, das tun sie nicht!)

Das Statistische Bundesamt, eine sehr seriöse Quelle,
sagt, dass es eine Zuwanderung nach Deutschland mit
Wachstumsraten von jährlich bis zu 25 Prozent gibt.


(Ulrike Flach [FDP]: Die Datenbasis ist doch wackelig!)


Hören Sie also auf, den Standort Deutschland
schlechtzureden! Wir brauchen die jungen Wissenschaft-
ler in Deutschland. Wir brauchen aber auch mehr Geld.
Machen Sie den Weg dafür frei, indem Sie der Abschaf-
fung der Eigenheimzulage zustimmen! Das würde
7 Milliarden Euro ins System bringen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Meine herzliche Bitte an die Kollegen der Opposition ist
deswegen: Mehr Mut!


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1513605300

Ich erteile das Wort dem Kollegen Helge Braun,

CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1513605400

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Ich bin mit dieser Debatte so, wie sie läuft, nicht
einverstanden.


(Beifall des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])


Herr Staatssekretär und Frau Berg, welchen Eindruck
muss ein junger Wissenschaftler, der am Fernsehschirm
oder auf der Tribüne diese Debatte verfolgt, mitnehmen?
Wir haben heute nichts davon gehört, dass die Bundesre-
gierung oder die sie tragenden Fraktionen den Ansatz ei-
ner Bereitschaft zeigen, über weitere Verbesserungen der
aktuellen Arbeitsbedingungen in Deutschland für Wis-
senschaftler nachzudenken.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie nicht zugehört?)


Sie haben die ganze Zeit nur berichtet, was Sie alles
schon gemacht haben und wie wundervoll die Maßnah-
men der Bundesregierung greifen. Sie führen Scheinge-
fechte über die Eigenheimzulage oder über das Urteil
des Bundesverfassungsgerichts zur Juniorprofessur.

Das alles ist nicht das Problem, das junge Wissen-
schaftlerinnen und Wissenschaftler in Deutschland ha-
ben.


(Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Fragen Sie mal die Juniorprofessoren!)


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(C (D as Problem der Juniorprofessur muss natürlich gelöst erden, aber es ist nicht unser Problem, wenn Sie ein esetz machen, das vor dem Bundesverfassungsgericht icht standhält. Sie hätten in dieser Debatte die Chance gehabt, auf ie Probleme hinzuweisen: Exzellenzen wandern aus eutschland ab. Wir haben keine verlässliche Zahlenbais. Aber auch in diesem Punkt geht es durcheinander. Auf der einen Seite sagen Sie, die Zahlen würden das egenteil beweisen. Auf der anderen Seite steht in der ntwort auf die Große Anfrage, dass Sie keine solide ahlenbasis hätten. Das ist keine Grundlage für eine Arumentation hier. Ich stimme ja mit Ihnen überein, dass die Zahlenlage islang nicht hinreichend ist. ir sollten genau überlegen, wie wir die Zahlenlage veressern, ohne damit ein neues bürokratisches Monstererk ins Leben zu rufen. (Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum reden Sie dann den Standort so schlecht, wenn Sie kein Zahlenmaterial haben?)


(Ulrike Flach [FDP]: So ist das!)


(Beifall der Abg. Ulrike Flach [FDP])


Aber das Kernproblem ist ein anderes: Man kann den
raindrain aus meiner Sicht nicht immer nur an Zahlen,
n dem Saldo von Zu- und Abwanderung, festmachen.
enn wenn die fünf Besten gehen und dafür Hundert an-
ere kommen, dann ist das für Deutschland unter dem
trich keine positive Entwicklung.


(Ulrike Flach [FDP]: So ist das! – Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Na ja!)


eispiele helfen an dieser Stelle häufig auch nicht wei-
er. Viele Einrichtungen haben einen berühmten Wissen-
chaftler gesucht. Dieser ist dann aus den USA zurück-
ekommen, weil man ihm die Leitung eines Max-
lanck-Institutes übertragen hat. Daraufhin wird gesagt:
eht ihr, wir in Deutschland können es doch; wir können
issenschaftler zurückholen. Wenn man den Wissen-

chaftler nach seiner persönlichen Motivation, warum er
urückgekommen ist, fragt,


(Ulrike Flach [FDP]: Ja, das wird schlimm!)

ann erhält man oft die Antwort, dass der Grund hierfür
st, dass seine Frau der Überzeugung war, dass die Kin-
er ihre Schulausbildung in Deutschland erhalten und
ier kulturell aufwachsen sollen und nicht in dem Land,
n dem es die besten Forschungsrahmenbedingungen
ibt.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Es kommen doch auch Leute wegen der Exzellenz!)


as alles sind Entwicklungen, die wir wahrnehmen müs-
en.
Wenn sich in diesen Tagen 11 000 Wissenschaftler in
eutschland zu der Initiative „Wir wollen forschen – in
eutschland“ zusammenschließen – Wissenschaftler






(A) )



(B) )


Helge Braun

sind meist nicht diejenigen, die sehr stark politisch moti-
viert sind und sich zu irgendwelchen politischen De-
monstrationen zusammentun; die wollen in aller Regel
in ihrem Erkenntnisgewinn fortschreiten –, dann aber in
einer langen Liste Probleme beschreiben, die sie in
Deutschland haben, dann kann man das nicht einfach
übergehen und sagen: Die Bundesregierung tut alles,
was notwendig ist. Wir haben kein Problem; wir machen
so weiter.


(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Wir würden ja etwas tun! Aber Sie blockieren das doch!)


Das ist die falsche Botschaft dieser Debatte heute.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir müssen in ganz vielen Bereichen etwas tun. Sie
haben die ausdrückliche Bereitschaft der CDU/CSU-
Fraktion und von mir persönlich, an diesen Punkten mit-
zuwirken.


(Jörg Tauss [SPD]: Wo? Wann? Wie?)

Das beginnt bei einem flexiblen Dienstrecht an unseren
Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrich-
tungen. Wir brauchen Rechtssicherheit im Bereich der
Drittmitteleinwerbung, damit derjenige, der seine Auf-
gabe erfüllt und für seine Forschungsprojekte Gelder aus
der Industrie akquiriert,


(Jörg Tauss [SPD]: Das ist eure Gesetzeslage!)

nicht am Ende vom Staatsanwalt konsultiert wird.

Wir müssen das Forschungsklima in Deutschland
grundlegend verändern.


(Beifall der Abg. Ulrike Flach [FDP])

Das beginnt bei der Umsetzung der Biopatentrichtlinie.
Auch in vielen anderen Fällen besteht doch, wenn einer
forscht, die Frage, ob er in diesem Moment potenziell
nur für jemanden gehalten wird, der anstößige Dinge tut,
der mit Risiken zu tun hat und der der Gesellschaft etwas
zumutet, oder ob er für jemanden gehalten wird, der eine
Chance für neue Produkte und Innovationen in einem
Land bietet, das auch in Zukunft noch Arbeitsplätze
braucht und sich weiter ein hohes Lohnniveau leisten
kann, weil wir in Deutschland Spitzentechnologie pro-
duzieren und keine einfachen Produkte.

Zur DFG-Studie, die hier mehrfach angesprochen
worden ist. 15 Prozent der ehemaligen DFG-Stipendia-
ten bleiben langfristig im Ausland. Wer ist es denn, der
langfristig im Ausland bleibt? Das sieht man wundervoll
an den Nobelpreisen. Seit 1995 ist kein einziger Nobel-
preis mehr an Deutschland vergeben worden. Seit 1998
haben zwar immerhin vier deutsche Wissenschaftler den
Nobelpreis erhalten; diese üben aber ihre wissenschaftli-
che Tätigkeit in den USA aus. Das ist die Exzellenz ganz
oben. Diese vier tun mehr weh als manchmal Hundert
andere.

Dann wurde mehrfach im Hinblick auf die Hochschu-
len angesprochen, wie viele Studenten wir nach
Deutschland holen können. Das ist in vielerlei Hinsicht
gar nicht das Problem. Bei den vielen Ausländern an den
Hochschulen, die Sie als positiven Aspekt verzeichnen,

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(C (D ollten Sie einmal zur Kenntnis nehmen, dass weit mehr ls ein Drittel von ihnen nicht Bildungsausländer im lassischen Sinne sind, also Leute, die zum Studium ach Deutschland kommen. Es sind vielmehr zu mehr ls einem Drittel Menschen, die schon vorher in eutschland gelebt haben, die hier zur Schule gegangen ind und dann natürlich in Deutschland auch ihr Studium ufnehmen. Die würde ich im weitesten Sinne des Wores sogar als Bildungsinländer bezeichnen. Herr Tauss, Sie sollten einmal im Internet nachchauen, (Katherina Reiche [CDU/CSU]: Das kann Herr Tauss nicht!)


(Jörg Tauss [SPD]: Aber das zählen wir nicht!)


ie zum Beispiel Chinesen

(Jörg Tauss [SPD]: Das sind aber echte Aus länder!)

ür ein Studium in Deutschland werben. Dort gibt es
ann einen Vergleich der Auslandsstudienmöglichkeiten
ür Chinesen. Dort kann man die Angebote und damit
ie Attraktivität eines jeden Landes vergleichen.
Die Chinesen sind mittlerweile die größte Gruppe der

n Deutschland studierenden Ausländer. Bei der Frage,
as sie bewegt, in Deutschland zu studieren, stößt man
uf zwei Kernpunkte: Kernpunkt 1 ist das kostenlose
tudium, Kernpunkt 2 das ausdifferenzierte Angebot an
ulturwissenschaften. Das ist gut, das Problem ist aber,
ass es uns bei der zentralen Frage der Zukunftsfähigkeit
nseres Landes mehr um innovationsträchtige Studien-
lätze und einen Austausch von Wissenschaftlern in den
ereichen gehen muss, aus denen Innovationen hervor-
ehen. Das wird an der Stelle nicht bearbeitet.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Insofern ist die Kernfrage, an deren Beantwortung wir

rbeiten müssen, wie wir es schaffen können, dass mehr
unge Wissenschaftler – die durchaus ins Ausland gehen
ollen; Herr Fell hat das heute angesprochen, Frau
icklein in der letzten Woche bei der Diskussion um die
U-Forschung – ins Ausland gehen. Man darf jedoch
icht auf der einen Seite mehr Mobilität bei den For-
chern fordern und auf der anderen Seite sagen: Wir ha-
en Angst vor Abwanderung. Das darf kein Widerspruch
ein. Kernaufgabe ist es deshalb, den internationalen
ustausch zu intensivieren. Es ist wahr, dass die bundes-
eite Einführung der Bachelor- und Masterabschlüsse
ur Internationalisierung der Studiengänge beiträgt. Aber
urch diese Internationalisierung steigt auch der Wettbe-
erb. Dadurch erhöht sich die Gefahr, dass die Leute,
enn sie einmal ins Ausland gehen, auch dort bleiben.
Die Antwort darauf misst sich an der Frage, was wir

igentlich tun, um jemanden wieder nach Deutschland
urückzuholen. Hier müssen wir die Angebote erheblich
erbessern. Natürlich ist der Hinweis auf das Emmy-
oether-Programm richtig. Das ist ein guter Ansatz.
as kann aber noch lange nicht alles sein. An dieser
telle ist das Bessere immer des Guten Feind. Wer
laubt, dass die deutschen Wissenschaftler alle freiwillig






(A) )



(B) )


Helge Braun

ins Ausland gehen und sich die Entscheidung, ob sie
wegbleiben oder wieder zurückkommen, leicht machen,
liegt falsch. Jeder, der in Deutschland geboren und auf-
gewachsen ist, ist in seinem Heimatland verwurzelt und
will in der Regel sehr gerne auch langfristig in Deutsch-
land bleiben. Die Wenigsten – das wissen wir aus Um-
fragen der DFG – verlassen Deutschland von vornherein
mit dem Ziel, dauerhaft wegzubleiben.

Die Frage ist, ob wir ihnen ein Angebot zur Rückkehr
machen können, nachdem sie im Ausland zusätzliche
Qualifikationen erworben haben, ob wir ihnen eine Lan-
debahn bieten können in der Form, dass sie bei ihrer
Rückkehr kein schwieriges Bewerbungsverfahren mehr
durchlaufen müssen. Möglicherweise kann man schon
dann, wenn sie ins Ausland gehen, das Angebot unter-
breiten, dass eine Rückkehr möglich ist, nachdem sie
zwei Jahre im Ausland ihre wissenschaftliche Qualifika-
tion erhöht haben, dass vielleicht eine eigene Forscher-
gruppe geboten wird. In diesem Bereich müssen wir viel
mehr machen.


(Jörg Tauss [SPD]: All das machen wir! – Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das findet doch alles statt!)


Wenn das geschieht, bin ich sehr zuversichtlich, dass
Deutschland als große Forschungsnation eine wirkliche
Zuwanderung aus dem Ausland erhält, wir aber gleich-
zeitig diejenigen, die wir in Deutschland mit unserem
Geld teuer ausbilden, nutzbringend für Forschung und In-
novationen und wirtschaftliches Wachstum in Deutsch-
land einsetzen können.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1513605500

Ich erteile dem Kollegen Ernst Dieter Rossmann,

SPD-Fraktion, das Wort.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])



Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD):
Rede ID: ID1513605600

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Vergleichen wir den ersten Beitrag der CDU/CSU und
die eben von Herrn Braun gehaltene Rede. Frau Reiche,
Ihnen muss ich leider sagen: Die Art, wie Sie hier immer
aseptisch kalt, von nichts ankränkelbar und ohne etwas
zu hinterfragen den Einstieg in Debatten setzen, ist zum
Glück von Herrn Braun positiv widerlegt worden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich möchte an den Blickwinkel anknüpfen, den Herr
Braun in die Debatte gebracht hat, indem er fast symbo-
lisch gesagt hat: Stellen wir uns einmal vor, exzellente
Wissenschaftler deutscher oder ausländischer Herkunft
hätten diese Debatte im Parlament verfolgt. Welchen
Eindruck hätten sie? Ich glaube, sie hätten sich über ei-
nes gewundert, nämlich dass die größte Oppositionspar-
tei in diesem Bundestag eine Große Anfrage mit nur der

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(C (D inen Frage stellt, weshalb deutsche Wissenschaftler bwandern, und nicht fragt, weshalb viele andere Wisenschaftler auch zuwandern. Sie hätten sich in ihrer Exellenz missachtet gefühlt, die sie in dieses Land einringen, selbst wenn sie aus anderen Ländern zu uns ommen. Wir sollten versuchen, diesen Eindruck zu korigieren, weil dieser leicht nationale Unterton, der durch as Abschneiden des kompletten Bereichs der Zuwandeung durch die einseitige Fragestellung in Ihrer Großen nfrage hervorgerufen wird, einen schlechten Eindruck acht. Ich glaube, Sie denken nicht einmal so, wie Sie efragt haben. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Der Grundsatz muss doch das Leitbild von Interna-
ionalität sein und Internationalität heißt eben gerade
icht nationale Betrachtung und auch nicht Monopolisie-
ung nach dem Motto „Wir wollen alles und nur für un-
ere Leute“. Das Leitbild für Internationalität schließt
ielmehr den Grundgedanken ein: Kompetenz vor Pass.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


n dieser Leitlinie müssen wir uns orientieren. Ich kann
s auch einfacher formulieren: Was wäre, wenn alle
eutschen hier blieben? Wir wären verdammt arm. Was
äre, wenn alle Besten in einem Land wären? Die Welt
äre arm. Ich wollte an diesen einfachen Fragen noch
inmal grundsätzlich deutlich machen, dass wir zu Ba-
ancen kommen müssen. – So weit meine Grundbemer-
ungen.


(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Norbert Lammert)

Ich möchte jetzt eine analytische Bemerkung machen:

rau Flach, Sie haben Recht, das statistische Material
st noch nicht so differenziert aufbereitet, wie wir es uns
ünschen; das gilt vor allem dann, wenn es den Bereich
er Spitzenkräfte, der Exzellenzen betrifft. Denn diese
erden sich schwerlich mit statistischen Methoden er-
assen lassen.
Betrachtet man das Mosaik von Statistiken – sie fal-

en auf EU-Ebene mal besser, mal schlechter aus –, kann
an aber immerhin ein paar Grundtendenzen ausma-
hen. Wir haben einen deutlichen Nettozugewinn an
usländischen Studenten in Deutschland; das gilt
uch für die Doktoranden. Es promovieren mehr Auslän-
er bei uns als Deutsche im Ausland. Wir verzeichnen
uch einen Zugewinn bei den Akademikern; es gibt ei-
en deutlichen Import – vor allem aus Europa – an Aka-
emikern.
In Bezug auf die Spitzenkräfte ist die Situation of-

en. Ich glaube aber, dass wir mit fast allen Ländern
die Ausnahme bilden die USA – eine positive Bilanz
aben. Die Ausnahme muss man analytisch betrachten.
s sind wahrscheinlich mehr Spitzenkräfte aus Deutsch-
nd in den USA als US-amerikanische Spitzenkräfte in
eutschland. Ich halte das auch für plausibel.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513605700

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der
ollegin Flach?






(A) )



(B) )



Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD):
Rede ID: ID1513605800

Ich möchte gern meinen Gedanken zu Ende führen,

dann komme ich auf den Fragewunsch zurück.
Ich halte es deshalb für plausibel, weil das so etwas

wie ein Creaming-Effekt ist. Der Creaming-Effekt be-
steht darin, dass von dem Land, wo die größte ökonomi-
sche und wissenschaftliche Kompetenz liegt, auch die
meisten angezogen werden. Wir können uns so stark an-
strengen, wie wir wollen, es bleibt dabei: Den Effekt,
den wir in Deutschland bezüglich der anderen Länder er-
leben, erleben wir in umgekehrter Weise zu den USA.
Dieser Erkenntnis darf man sich nicht verweigern, man
muss sich mit ihr langfristig auseinander setzen. Ich will
gleich im dritten Teil meiner Rede ausführen, wie man
darauf reagieren kann.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513605900

Bitte schön, Frau Kollegin Flach.


Ulrike Flach (FDP):
Rede ID: ID1513606000

Herr Kollege Rossmann, ich stimme Ihrer quantiati-

ven Bewertung zu. Meine Aussage war aber eine andere
und deshalb möchte ich eine Frage an Sie richten. Wie
gehen Sie mit dem Umstand um, dass offensichtlich ge-
rade die Forscher, die in den Spitzentechnologien, den so
genannten Schlüsseltechnologien, tätig sind, den erklär-
ten Drang haben, in die USA zu gehen und dort zu blei-
ben? Das war meine Aussage. Als Beispiel möchte ich
anführen, dass zurzeit jeder zweite Stammzellforscher
überlegt, Deutschland zu verlassen.


(Jörg Tauss [SPD]: Das stimmt so auch nicht!)

– Herr Tauss, ich habe Herrn Rossmann gefragt.


Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD):
Rede ID: ID1513606100

Ich kann da nahtlos an den dritten Teil meiner Rede

anknüpfen. Ich glaube, wir tun gut daran, in zwei Rich-
tungen zu denken. In Bezug auf die USA kann es nur eine
europäische Antwort geben, weil Europa nur insgesamt
die ökonomisch – wissenschaftliche Potenz aufbringt,
sich gegen Amerika zu behaupten. An dieser Stelle sind
Sie wie wir darüber erfreut – wir haben uns dafür auch
engagiert –, dass es ein siebtes europäisches Rahmenpro-
gramm geben wird, das dazu beiträgt, Europa endlich
von einem Agrarinfrastrukturverbund in einen For-
schungsverbund umzuwandeln. Die Verdoppelung der
Mittel ist die beste Antwort auf die amerikanische Domi-
nanz.

Die zweite Antwort ist eine nationale Antwort. Da ich
dazu längere Ausführungen machen werde, bitte ich Sie,
sich wieder zu setzen. Der dritte Teil ist Ihnen gewidmet.

Die nationale Antwort kann nur so aussehen, dass
man in der ganzen Breite versucht, Deutschland für in-
ternationale, auch für amerikanische Potenzen attraktiv
zu machen. Wenn wir objektiv betrachten, was seit 1998
passiert ist, sehen wir, dass dort auf drei Ebenen gearbei-
tet wurde.

Zuerst ist da die wissenschaftliche Angebotsseite. Es
wird versucht, exzellente Wissenschaftler zu gewinnen.

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(C (D us diesem Grund werden Preise verliehen, die besser usgestattet sind als der Nobelpreis. Die DFG und die umboldt-Einrichtungen unterstützen Graduiertenkolegs und Kompetenznetzwerke und leisten ihren Beitrag u den Hochschulstrukturreformen. Darüber hinaus gibt s – sozusagen in der Warteschleife – noch Bemühungen u unserem Exzellenzprogramm mit den Spitzenuniveritäten, den Kompetenznetzwerken und den internatioalen Graduiertenkollegs. Das ist eine Antwort, die sich uf die Hochschulen und die Wissenschaft bezieht. Man muss aus unserem Kreise ausdrücklich anerken en, dass die DFG, die Alexander-von-Humboldt-Stifung und die Max-Planck-Gesellschaft ungemein viel un. Ihr Engagement geht über ihre reinen Planstellen hiaus. (Beifall bei der SPD sowie des Abg. HansJosef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und der Abg. Ulrike Flach [FDP])


enn wir das nicht anerkennen, dann verdrängen wir
as, was auf der Tribüne zu Recht als Reflexion aus un-
erem Kreis erwartet wird.
Die zweite Ebene betrifft die soziale Betreuung. Ich

inde, es ist kein Sich-Herablassen, wenn sich auch ein
rofessor Winnacker Gedanken darüber macht, dass
kademisch hoch qualifizierte Frauen und Männer Part-
er haben, für die auch Stellen gesucht werden müssen.
ass sich ein Herr Gruss, ein Herr Winnacker und ein
err Frühwald um diese Fragen kümmern, zeigt, dass
ier eine neue Qualität erreicht wird,


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. HansJosef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und der Abg. Ulrike Flach [FDP])


ie etwas Positives in die Entwicklung unserer Hoch-
chulen und Wissenschaftseinrichtungen bringt. Bei der
ax-Planck-Gesellschaft ist man sich nicht dafür zu
chade, sich auch über Kindertagesstätten Gedanken zu
achen. In Amerika, zum Beispiel in Harvard und Stan-
ord, geschieht das schon seit langem.


(Ulrike Flach [FDP]: So ist das!)

enn wir Ideen von dort übernehmen, dann ist auch das
ine Antwort.
Die dritte Ebene betrifft die Netzwerke im akademi-

chen und im wirtschaftlichen Bereich. Denjenigen, die
on Deutschland ins Ausland gehen, müssen Wege ge-
eigt werden, sich so zu vernetzen, dass sie sich besser in
en Wissenschafts- bzw. Wirtschaftsbereich integrieren
önnen. Wenn jetzt auch in Deutschland eine Auflösung
ancher Zerklüftungen stattfindet, sodass sich auch die
ax-Planck-Gesellschaft wieder stärker universitär an-
indet, dann kann dies zu einem wichtigen Transfer zwi-
chen Wissenschaft und Wirtschaft beitragen. Deshalb
autet meine Antwort auf Ihre Frage: Ich glaube, es ist
ut, dass man die große Komplexität dieser Fragen seit
iner gewissen Zeit stärker berücksichtigt. Nicht alle Zu-
tände in diesem Bereich sind gut; aber es kommt Schritt
ür Schritt zu Verbesserungen.
Nehmen Sie es mir nicht übel, wenn ich meine letzte
emerkung etwas einfacher formuliere: Dieser Prozess






(A) )



(B) )


Dr. Ernst Dieter Rossmann

hat seit 1998 deutlich an Dynamik gewonnen; das er-
kennt jeder an. Das erkennen auch die kompetenten
Leute aus Wissenschaft und Wirtschaft an. Man kann das
aber auch anders formulieren: Wenn Herr Rüttgers, die-
ser famose Zukunftsminister, nicht so lange geschlafen
hätte, dann hätte Frau Bulmahn mit ihren Initiativen auf
einem anderen Sockel anfangen können.


(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist jetzt sechs Jahre her!)


Es ist ein positives Fazit, dass unsere Ministerin mit ih-
rer Dynamik auf diesem Gebiet sehr viel getan hat. Aber
es ist ein bedauerliches Fazit, dass es in der Wissen-
schafts- und Forschungspolitik der letzten 15 Jahre in
Deutschland leider keine Kontinuität gegeben hat. Es ist
gut, dass wir jetzt eine andere Richtung einschlagen.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513606200

Ich schließe die Aussprache.
Zu diesem Tagesordnungspunkt sind keine Abstim-

mungen durchzuführen.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 20 auf:
– Zweite und dritte Beratung des von den Abgeord-

neten Joachim Stünker, Hermann Bachmaier,
Sabine Bätzing, weiteren Abgeordneten und der
Fraktion der SPD sowie von den Abgeordneten
Volker Beck (Köln), Irmingard Schewe-Gerigk,
Claudia Roth (Augsburg), weiteren Abgeordne-
ten und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Geset-
zes zur Überarbeitung des Lebenspartner-
schaftsrechts
– Drucksache 15/3445 –

(Erste Beratung 119. Sitzung)


– Zweite und dritte Beratung des von den Abgeord-
neten Rainer Funke, Jörg van Essen, Sibylle
Laurischk, weiteren Abgeordneten und der Frak-
tion der FDP eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Ergänzung des Lebenspartner-

(Lebenspartnerschaftsgesetzergänzungsgesetz – LPartGErgG)

– Drucksache 15/2477 –

(Erste Beratung 108. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsaus-
schusses

(6. Ausschuss)

– Drucksache 15/4052 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Christine Lambrecht
Olaf Scholz
Daniela Raab
Irmingard Schewe-Gerigk
Jörg van Essen

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(C (D Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Dazu höre ch keinen Widerspruch. Dann ist das so vereinbart. Ich eröffne die Aussprache und erteile zunächst der undesministerin Brigitte Zypries das Wort. Herzlichen Dank, Herr Präsident. – Meine Damen nd Herren! Gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschafen sind in Deutschland Realität. Ihr rechtlicher Rahmen st anerkannt und wird gelebt. Diese Tatsache hat auch as Bundesverfassungsgericht verfassungsrechtlich betätigt. Es hat den Weg für eine Weiterentwicklung des ebenspartnerschaftsrechts geöffnet, indem es den Geetzentwurf, den wir in der letzten Legislaturperiode verbschiedet hatten, für verfassungsgemäß erklärt hat. Es at ausgeführt, dass es verfassungsrechtlich nicht beründbar sei, aus dem besonderen Schutz der Ehe abzueiten, dass solche anderen Lebensgemeinschaften im bstand zur Ehe auszugestalten und mit weniger Rechen zu versehen seien. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf hat die Regie ungskoalition die erste Stufe der Weiterentwicklung des ebenspartnerschaftsrechts in Angriff genommen. Es ist llerdings noch manches zu tun. In der rechtlichen Ausestaltung ihres Zusammenlebens werden Lesben und chwule einerseits und Ehegatten andererseits noch imer an vielen Stellen ohne sachlichen Grund ungleich ehandelt. Die Vertreterinnen und Vertreter der CDU/CSU-Frak ion haben in den Beratungen deutlich gemacht, dass sie ie Fortentwicklung des Lebenspartnerschaftsrechts icht blockieren wollen. Das kann ich nur begrüßen. Sie ollten wirklich ihren Frieden mit diesem Gesetz machen nd die notwendigen Ergänzungen des Lebenspartnerchaftsrechts nicht behindern. (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1513606300

Ich meine, dass dies auch für die Zulassung der
tiefkindadoption gelten sollte. Wenn das leibliche
ind eines Lebenspartners in einer Lebenspartnerschaft
ufwächst und wenn sich der andere Lebenspartner um
ieses Kind kümmern und dauerhaft Verantwortung für
s übernehmen will, dann muss man diese Verbindung
echtlich absichern können.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Die Bedenken, die gegen diese Regelung angeführt
erden, halte ich nicht für stichhaltig. Auf der einen
eite wird vorgetragen, dass die Verbindung des Kindes
u einem leiblichen Elternteil gekappt werde und da-
urch erbrechtliche und unterhaltsrechtliche Ansprüche
erloren gingen. Das ist natürlich richtig. Aber klar ist
uch: Der leibliche Elternteil muss in die Adoption ein-
ewilligt haben. Dann muss man sich natürlich fragen,
elche Verbindung zu einem leiblichen Elternteil






(A) )



(B) )


Bundesministerin Brigitte Zypries

bestand, der einwilligt, dass sein Kind adoptiert wird.
Zum anderen ist es ja so, dass das Kind gleichzeitig an-
dere Ansprüche – neue Unterhaltsansprüche und neue
Erbrechtsansprüche – erhält: von dem Lebenspartner,
der es adoptiert. Die Einwilligung eines Elternteils kann
zudem nur dann erfolgen, wenn dieser Elternteil auch
bekannt ist. Wir wissen, dass es gerade in dieser Form
von Lebensgemeinschaften häufig Kinder gibt, bei de-
nen der Vater, der es in aller Regel ist – nein, der es im-
mer ist –,


(Heiterkeit)

nicht bekannt ist.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Das zeugt von Sachkenntnis, Frau Ministerin! – Erneute Heiterkeit)


– Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Das sind insbeson-
dere die Fälle, in denen eine künstliche Insemination
stattgefunden hat; davon gibt es ja verhältnismäßig viele.
Ich meine, wir müssen diesen Fällen besonders gerecht
werden, denn ein Kind, das in einer Lebenspartnerschaft
von zwei Frauen aufwächst, hat damit die Chance, eine
weitere verantwortliche – unterhaltspflichtige und sorge-
berechtigte – Person zu bekommen, die für es eintreten
kann, falls der leiblichen Mutter etwas zustößt, die aber
auch sonst für es da ist – mit einer anderen rechtlichen
Relevanz, als wenn sie nur mit in der Wohnung lebt. Ich
glaube, diesem Ansinnen, das eine ganze Zahl betroffe-
ner Paare vorgebracht hat, sollten wir nachkommen.

Selbstverständlich ist, dass staatliche Behörden nach-
prüfen werden, ob die Stiefkindadoption dem Wohl des
Kindes entspricht; das bleibt so wie bei allen anderen
Adoptionen auch.

Dem Antrag der FDP, gemeinsame Adoptionen durch
zwei Lebenspartner vorzusehen, können wir nicht zu-
stimmen, einfach deshalb, weil wir daran im Moment
durch internationale Verpflichtungen gehindert sind. Ab-
gesehen davon haben wir immer die Auffassung vertre-
ten, dass man das Recht der gesellschaftlichen Entwick-
lung entsprechend anpassen sollte. Wir sind dabei, im
Europarat eine Überarbeitung des entsprechenden Über-
einkommens zu betreiben; wir werden sehen, inwieweit
wir dafür auf europäischer Ebene Zustimmung finden.

Ein weiterer Gesichtspunkt, der mir wichtig erscheint
und wo wir eine Anpassung vornehmen, ist die Rege-
lung der Hinterbliebenenversorgung. Die Regelung
wird vorsehen, dass die Hinterbliebenenversorgung bei
homosexuellen Paaren genauso geregelt wird wie bei he-
terosexuellen Paaren. Jetzt habe ich nachgelesen, dass
vonseiten der CDU/CSU in den Ausschussberatungen
Bedenken geltend gemacht wurden, dass enorme Kosten
auf uns zukommen können. Meine Damen und Herren,
Sie wissen, wir haben derzeit 5 000 eingetragene Le-
benspartnerschaften, bei denen das Ganze überhaupt re-
levant werden kann. Bei dieser Zahl brauchen wir uns
keine Sorgen um die Rentenkassen zu machen. Zum an-
deren ist es so, dass wir aus den Daten der Lebenspartner
wissen, dass es sich in der Regel um Personen handelt,
die beide arbeiten, weshalb die Problematik sowieso
nicht eintritt. Wenn sie aber eintritt, wenn es so ist, dass

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(C (D iner der beiden Lebenspartner Kinder versorgt hat und eshalb nicht gearbeitet hat, dann ist es nur richtig, dass r eine Hinterbliebenenversorgung erhält, (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


nd dann gibt es überhaupt keinen Grund, dem Lebens-
artner diese zu verweigern.
Insgesamt bin ich der Auffassung, dass wir der recht-

ichen Gleichstellung lesbischer und schwuler Paare mit
iesem Gesetzentwurf wieder einen Schritt näher ge-
ommen sind. Im nächsten Schritt wird die Bundesregie-
ung einen Gesetzentwurf vorlegen, der die zustim-
ungspflichtigen Teile enthält. Sie wissen: Das ist in der
etzten Legislaturperiode im Bundesrat an den Parteien,
ie hier die Opposition stellen, gescheitert. Ich hoffe
ehr, dass sich Ihre Ankündigungen, Sie wollten dem
esetz keine Steine in den Weg legen, auch auf Ihre
ehrheit im Bundesrat beziehen und wir auch hinsicht-

ich der steuerlichen und der erbrechtlichen Gleichbe-
andlung einen Schritt weiterkommen können.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513606400

Das Wort hat nun die Kollegin Daniela Raab, CDU/
SU-Fraktion.

Daniela Raab (CSU):
Rede ID: ID1513606500

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit

eptember, als wir uns hier im Plenum das erste Mal mit
em Lebenspartnerschaftsgesetz und dessen Überarbei-
ung befasst haben, hat sich doch einiges ereignet. Für
nsere Fraktion hat es aber nichts gebracht. Es gab eine
ffentliche Anhörung und am Dienstagabend ein sehr
udimentäres und kurzes Berichterstattergespräch dazu.
ll das hätte uns einander vielleicht etwas näher bringen
ollen und können. Meine persönliche ablehnende Hal-
ung und auch die meiner Fraktion zu Ihren beiden Ge-
etzentwürfen, die wir heute beraten, hat sich dadurch
ber nicht geändert.
Die von Ihnen geplanten Änderungen im Lebenspart-

erschaftsrecht sind für uns so, wie sie vorliegen, absolut
icht akzeptabel.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie wären sie denn akzeptabel?)


n relativ kurzer Zeit haben Sie einen Entwurf gepinselt,
er von dem Bemühen geprägt ist, eine größtmögliche
nnäherung der eingetragenen Lebenspartnerschaf-
en an die Ehe herzustellen.


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Na, na! Etwas ernsthafter!)


Ich weiß gar nicht, warum Sie sich so aufregen, Sie be-
ommen doch ohnehin alles, was Sie wollen. – Das ist
hnen in dieser kurzen Zeit auch durchaus gelungen.
Fraglich dabei ist aber nicht nur die Verfassungsmä-

igkeit Ihres Vorgehens, sondern vielmehr auch die Sinn-
aftigkeit der von Ihnen vorgeschlagenen Regelungen. Das






(A) )



(B) )


Daniela Raab

Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom
17. Juli 2002 über die Verfassungsmäßigkeit des Le-
benspartnerschaftsrechts von 2001 nämlich ausdrücklich
festgestellt, dass die eingetragene Lebenspartnerschaft
gerade keine Ehe ist, sondern ein Aliud, also etwas ande-
res.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Deshalb dürfen wir das auch gleichstellen! Deswegen gibt es keinen Abstand!)


Was aber machen Sie? – Sie übernehmen die Vorschrif-
ten zur Ehe aus dem BGB kritiklos in Ihren Entwurf und
stülpen sie einfach der Lebenspartnerschaft über, ohne
einmal zu hinterfragen, ob das alles überhaupt zusam-
menpasst und ob nicht an manchen Stellen eigenständige
neue Regelungen für die Lebenspartnerschaften ange-
brachter wären.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das lassen Sie mal die Lesben und Schwulen selbst entscheiden!)


Ich möchte unseren verdienten Handwerkern im Lande
nicht allzu nahe treten, aber das ist wieder einmal keine
handwerkliche Meisterleistung, da wohl mit relativ hei-
ßer Nadel gestrickt wurde.


(Beifall bei der CDU/CSU – Joachim Stünker [SPD]: Was?)


Nicht nur das: Der größte Klops im rot-grünen Ent-
wurf – das wissen Sie natürlich auch – ist für uns die
Einführung der Stiefkindadoption für eingetragene Le-
benspartnerschaften. Vom FDP-Entwurf, in dem gleich
an ein allgemeines Adoptionsrecht herangegangen wird,
möchte ich vorerst nicht sprechen. Bei Ihnen von Rot-
Grün soll es also die Stiefkindadoption sein.

Ein homosexueller Lebenspartner soll das leibliche
Kind seines Lebenspartners bei Zustimmung des immer
noch existierenden Lebenspartners aus einer früheren
Beziehung adoptieren können, sofern dieser zustimmt.
Das lehnen wir schlicht und ergreifend ab,


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum denn? – Zuruf von der SPD: Wieso denn das?)


und zwar nicht nur, weil sich stark der Verdacht auf-
drängt, dass der Fuß in die Tür gebracht werden soll, um
bald ein allgemeines Adoptionsrecht durchzusetzen
– das ist in den letzten Beratungen durchgedrungen; die
FDP ist mit ihrem Entwurf hier übrigens viel ehrlicher
und direkter –,


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann können Sie dem ja zustimmen!)


sondern auch, weil es das so genannte kleine oder abge-
leitete Sorgerecht für Lebenspartner gibt. Das ist in § 9
des Lebenspartnerschaftsgesetzes bereits normiert. Er-
schwerend kommt hinzu, dass im Unterschied zu einer
herkömmlichen Adoption, wie wir sie bisher kennen, das
Kind hier keine Vollwaise oder Sozialwaise ist, sondern
regelmäßig noch einen Elternteil hat.

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(C (D Des Weiteren verliert das Kind auch materielle Anprüche gegenüber dem einen Elternteil. Denken Sie an as von der Frau Ministerin bereits angesprochene Unerhaltsund Erbrecht. Für unsere Ablehnung ist entcheidend, dass nach Ihrem Entwurf der leibliche Elterneil, den es immer noch gibt, all seine Rechte und flichten abtritt und sich für das Kind sozusagen komlett auflöst. (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist bei jeder Adoption so! Das ist nun einmal die Stiefkindadoption! Die gibt es aber schon, Frau Raab!)


Ihre Argumentation, das Kind ziehe nur Vorteile aus
iner solchen Adoption, läuft definitiv ins Leere. Bei al-
er juristischen und technischen Diskussion darf einzig
nd allein das Wohl des Kindes im Vordergrund stehen.
ir werden uns in Zukunft überraschen lassen, wie das

unktioniert.

(Michael Kauch [FDP]: Eben! Das Wohl des Kindes!)

Wie selbst einer Ihrer Experten, Professor Willutzki,

n der öffentlichen Anhörung zugeben musste, sind Dis-
riminierungserfahrungen bei Kindern mit einem
leichgeschlechtlichen Elternpaar nicht auszuschließen.
ie Folgen sind nach wie vor nicht abzusehen.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die leben aber trotz fehlender Stiefkindadoption schon zusammen! Daran können Sie gar nichts mehr ändern!)


inder sind untereinander gnadenlos. Das gilt selbst
ann, wenn es sich nur um kleine Auffälligkeiten han-
elt. Abstehende Ohren, das Gewicht, aber auch das
lternpaar können der Grund sein, weswegen sich Kin-
er dem Gerede von anderen Kindern oder auch deren
ltern ausgesetzt sehen.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil sie in der CSU sind! Das wäre ja verständlich!)


Das mögen Sie verurteilen; das ist Ihr gutes Recht.

(Zuruf von der SPD: Mittelalter!)


ie können das sagen, was auch Ihre Experten gesagt ha-
en: Dann wird es Zeit, dass sich das in unserer Gesell-
chaft ändert.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Ich war übrigens schwer übergewichtig!)


ur: Vielleicht wollen viele Menschen das gar nicht ge-
ndert haben, weil sie einfach noch nicht so weit sind
nd weil Sie die Gesellschaft bei Ihrer Gesetzgebung
ielleicht noch nicht richtig mitgenommen haben. Es ist
icherlich zu viel verlangt, dies dann die Kinder ausba-
en zu lassen.
Aus diesem Grund reicht, wie ich schon erwähnt

abe, das bisher zugesprochene kleine oder abgeleitete
orgerecht für eingetragene Lebenspartnerschaften aus.
ch denke, das ist genug Einflussnahme auf das Kind des
ebenspartners und muss nicht noch mehr ausgeweitet






(A) )



(B) )


Daniela Raab

werden. Für uns soll dies auch so bleiben. Das ist für uns
der einzig gangbare und akzeptable Weg, weshalb wir
heute Ihren Entwürfen leider nicht zustimmen können.

Danke.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513606600

Das Wort hat nun der Kollege Volker Beck, Bünd-

nis 90/Die Grünen.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513606700

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Heute ist

ein guter Tag für die Lesben und Schwulen. Auf dem
langen Marsch zur Gleichberechtigung der Homo-
sexuellen kommen wir heute wieder einen entscheiden-
den Schritt voran.

Wir beobachten heute auch, dass es eine gewisse ge-
sellschaftliche Entspannung in der Debatte um die
Rechtsstellung homosexueller Paare gibt. Das sehen wir
zum einen daran, dass die Zahl derjenigen, die diesen
Gesetzentwurf mittragen, gewachsen ist; ich freue mich
ausdrücklich, dass die FDP unser Anliegen unterstützt.
Das sehen wir zum anderen daran, dass die Aufregung in
dieser Debatte trotz der Rede über die langen Ohren er-
heblich abgenommen hat.


(Daniela Raab [CDU/CSU]: Es waren abstehende Ohren, aber das macht nichts!)


Es hat sich herausgestellt, dass alle Befürchtungen,
die bei der Einführung des Lebenspartnerschaftsgesetzes
geäußert wurden, nicht eingetreten sind. Das Abendland
ist nicht untergegangen, es wurde nicht weniger geheira-
tet und die Geburtenrate ist nicht zurückgegangen. Alles
ist auf einem guten Weg, und die Schwulen und Lesben
haben in dieser Gesellschaft endlich mehr Rechte.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


Bei dem Lebenspartnerschaftsgesetz ist es ein biss-
chen wie in jeder guten Ehe: Irgendwann wagt man den
großen Schritt und will heiraten, macht eine Hochzeits-
liste und wünscht sich so allerhand; manches bekommt
man und manches bekommt man nicht. So war das auch
bei der Verabschiedung des Lebenspartnerschaftsgeset-
zes in der letzten Wahlperiode. Heute sind wir dabei, den
Hausrat zu komplettieren, etwa bei der Hinterbliebenen-
versorgung und beim Verlöbnis. Wir führen die Stief-
kindadoption für leibliche Kinder des Lebenspartners ein
und beseitigen Ungereimtheiten beim Güterrecht, beim
Unterhaltsrecht und beim Scheidungsrecht.

Der Gesetzentwurf, den wir heute beschließen, ist
eine sehr gute Grundlage. Als die will ich es eindeutig
verstanden wissen, und zwar für ein Lebenspartner-
schaftsergänzungsgesetz, das wir als Koalition nach der
Verabschiedung dieses Gesetzentwurfs in Angriff neh-
men wollen und in dem wir die steuerrechtliche und
beamtenrechtliche Gleichstellung dieser Paare voran-
treiben wollen.

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(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


as Ergebnis wird dann nicht allein von der Koalition,
ondern auch von der Mehrheit im Bundesrat abhängen.
ir wollen die Diskriminierung beseitigen. Ich heiße je-
en in dem Bündnis, das überparteilich und über die
renzen von Koalition und Opposition hinweg entsteht,
illkommen, hieran mitzuwirken, um in beiden Häusern
ine Mehrheit zu erreichen.
Die Anhörung – Sie von der Union haben sie ange-

trebt, das ist Ihr gutes Recht – hat gezeigt, dass man ge-
en den vorliegenden Gesetzentwurf mit vernünftigen
nd guten Argumenten nicht ankommt. Einer Ihrer
achverständigen, Professor Helge Sodan, hat erklärt,
ass er die Regelungen dieses Gesetzentwurfs nicht
ag, aber verfassungsrechtlich seien sie in Ordnung. Ein
nderer von Ihnen benannter Sachverständiger, Profes-
or Wolf, hat gesagt, die Lebenspartnerschaft sei viel zu
ah an der Ehe. Das gefalle ihm nicht, weil für ihn die
bligatorische Zivilehe nach deutschem Muster abge-
chafft gehöre. – Das ist eine interessante Position der
onservativen in diesem Haus.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


rau Vonholdt, die dritte Sachverständige aus Ihren Rei-
en, hielt es mit dieser Frage ein bisschen anders. Sie ist
egen das Lebenspartnerschaftsgesetz, weil sie die Ho-
osexualität abschaffen will, und zwar durch Heilung,
egbeten oder was sie sonst noch alles in ihren Schrif-

en vertritt.

(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Buttiglione!)

Das zeigt: Mit einer vernünftigen Argumentation

ann man gegen die Gleichstellung homosexueller Part-
erschaften nicht sein. Niemandem wird eine Extrawurst
ebraten, sondern für uns gilt: Wer die gleichen Pflich-
en in der Partnerschaft übernimmt und damit dem Staat
nd der Gesellschaft Verantwortung abnimmt und diese
n die Lebensgemeinschaft verlagert, der muss auch die
leichen Rechte bekommen. Das Bundesverfassungsge-
icht hat zu Recht erklärt: Die gleichgeschlechtliche
artnerschaft bzw. die Lebenspartnerschaft nimmt der
he in ihrer Stellung und Bedeutung nichts weg, weil sie
inen anderen Personenkreis betrifft.
Deshalb ist es ein Aliud. Aus der Aliudtheorie des
undesverfassungsgerichts folgt gerade die Erlaubnis
ur vollständigen Gleichstellung und zur Nichtdiskrimi-
ierung der homosexuellen Paare.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Michael Kauch [FDP])


Ich habe heute gelesen, dass sich der hessische Justiz-
inister Wagner zu der Frage der Stiefkindadoption
eäußert hat. Er versucht, das Anliegen der Koalition mit
em Wort von der „schrankenlosen Gleichstellungsideo-
ogie“ zu denunzieren. Bei der Gleichberechtigung gibt
s kein Übermaß; das schließt sich denklogisch schon
us. Es geht vielmehr darum, dass man in der






(A) )



(B) )


Volker Beck (Köln)


Gesellschaft fair miteinander umgeht. Die Menschen-
würde unseres Grundgesetzes drückt sich gerade im
Gleichbehandlungsartikel aus. Er besagt, dass alle Men-
schen, ob heterosexuell oder homosexuell, ob schwarz
oder weiß, ob Mann oder Frau, welcher Religion auch
immer, in Bezug auf Würde und Rechte gleich sind. Es
ist für Homosexuelle auch nach dem heutigen Tag noch
nicht gänzlich Wahrheit geworden, dass sie gleich an
Rechten sind. Aber diese Koalition wird nicht müde
werden, daran zu arbeiten, dass dieses eines Tages Wahr-
heit wird.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513606800

Ich erteile dem Kollegen Jörg van Essen für die FDP-

Fraktion das Wort.


Jörg van Essen (FDP):
Rede ID: ID1513606900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ausgangspunkt aller Überlegungen der FDP-Bundes-
tagsfraktion in dieser Frage ist die simple Feststellung,
dass es für die Gesellschaft ein Fortschritt und wün-
schenswert ist, wenn zwei Menschen füreinander Ver-
antwortung übernehmen und das nach außen hin auch
dokumentieren.


(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Deswegen haben wir uns immer für die Stärkung die-
ser Möglichkeiten eingesetzt. Das Bundesverfassungs-
gericht hat festgestellt, dass das verfassungskonform ist.
Es hat aber auch Kritik geübt. Einige Regelungen haben
die Ehe benachteiligt. Das muss natürlich beseitigt wer-
den, und zwar schnell. Auf der anderen Seite müssen wir
feststellen, dass es zwar unglaublich viele Pflichten in
der jetzigen Regelung gibt, aber einen großen Mangel an
Rechten.

Nach über zwei Jahren macht die Koalition jetzt einen
ersten Schritt – aus meiner Sicht viel zu spät. Sie hätten
das schon viel früher tun können.


(Zuruf von der SPD: Sie auch!)

Es ist aber ein Schritt in die richtige Richtung. Deswe-
gen will ich für die FDP sagen: Wir werden mitstimmen,
weil es ein Schritt in die richtige Richtung ist.


(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Trotzdem ist es nur der erste Schritt. Viele weitere
Dinge sind noch zu erledigen. Deshalb teile ich die Eu-
phorie nicht, die Sie, Herr Beck, hier verbreitet haben.
Sie selbst haben angedeutet, dass Sie noch ein weiteres
Gesetz vorlegen werden. Das ist dringend notwendig.
Ich lade Sie ein: Stimmen Sie unserem Gesetzentwurf
zu!


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


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(C (D iner Ihrer Sachverständigen hat zu Recht gesagt, dass nser Gesetzentwurf der konsequentere ist. Deshalb ollte Sie nichts daran hindern, das auch zu tun. Darf der Kollege Beck Ihnen eine Zwischenfrage stel en, Herr van Essen? Selbstverständlich kann er das. (Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Jetzt antworte sehr lange! – Zuruf von der SPD: So verlängert man die Redezeit!)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513607000
Jörg van Essen (FDP):
Rede ID: ID1513607100


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513607200

Herr Kollege van Essen, würden Sie mir zustimmen,

ass das Plenum dem FDP-Entwurf eines Lebenspart-
erschaftsergänzungsgesetzes sinnvollerweise nicht zu-
timmen kann, sondern ihn nur als positive Anregung
itnehmen kann, weil darin Gesetze geändert werden
ollen, die es gar nicht mehr gibt? Ich nenne zum Bei-
piel das Bundessozialhilfegesetz, das inzwischen als
GB XII die Regelungen schon beinhaltet, die Sie in
iesem Gesetz vorschlagen.


Jörg van Essen (FDP):
Rede ID: ID1513607300

Herr Kollege Beck, ich bin Ihnen für diese Frage au-

erordentlich dankbar, weil Ihre Frage deutlich macht,
ie früh die FDP ihren Vorschlag bereits vorgelegt hat.


(Beifall bei der FDP – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Damals gab es das SGB XII auch schon und das Sozialhilfegesetz nicht mehr!)


ir sind in dieser Frage sehr viel schneller als Sie aktiv
eworden. Deshalb ist es natürlich möglich, dass in der
wischenzeit das eine oder das andere geändert wurde.
a, es gibt eine Fraktion in diesem Bundestag, die sich
m diese Fragen sehr viel intensiver gekümmert hat, als
s die Grünen getan haben.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Deshalb haben Sie auch von unserem Entwurf aus der letzten Wahlperiode abschreiben müssen!)


ielen Dank für die Frage!

(Beifall bei der FDP)


Es gibt einen Punkt, über den wir wesentlich anderer
uffassung sind als die Koalition, nämlich die Frage der
tiefkindadoption. Wir meinen, die Stiefkindadoption
eicht nicht aus. Das haben im Übrigen auch die von Ih-
en benannten Sachverständigen deutlich gemacht.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das teilen wir!)


err Beck, wenn Sie diese Auffassung teilen, dann frage
ch Sie, warum Sie das in der Koalition nicht durchge-
etzt haben.






(A) )



(B) )


Jörg van Essen


(Beifall bei der FDP – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil dafür Mehrheiten notwendig sind!)


Sie haben diese Frage immer wieder an uns gerichtet.
Jetzt sind Sie in der Regierung und damit in der Verant-
wortung.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das kennen Sie doch! – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Man kriegt nicht immer 100 Prozent!)


In den vergangenen Tagen habe ich immer wieder
Kommentare gelesen, in denen festgestellt wurde, es
gehe bei der Stiefkindadoption um die Selbstverwirkli-
chung homosexueller Menschen. Das ist aber nicht der
Grund, warum wir uns für die Möglichkeit der Stief-
kindadoption einsetzen. Vielmehr kann es – das ist völlig
klar – nur um die Kinder und damit um das Kindeswohl
gehen.


(Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das Kindeswohl entscheidet darüber, wer als Adop-
tionseltern ausgesucht wird. Dabei kann es sich zeigen,
dass heterosexuelle Paare nicht geeignet sind; es ist aber
genauso gut möglich, dass homosexuelle Paare nicht ge-
eignet sind. Es gibt aber auch homosexuelle Paare, die
sich genauso wie andere mit viel Liebe und Einsatz um
die Kinder kümmern, denen dies zugute kommt. Auf
Letztgenanntes kommt es schließlich an.

Im Übrigen hat die Anhörung gezeigt, dass es in Ber-
lin sehr viele positive Erfahrungen mit homosexuellen
Elternpaaren gibt. Ich möchte in dieser Debatte deutlich
machen, dass es sie in unserer Gesellschaft schon seit
langem gibt. Das ist vielen nicht bekannt. Mir sind keine
negativen Erfahrungen bekannt. Deshalb denke ich, dass
wir diesen Schritt gehen können. Viele Länder in Europa
tun das bereits. Deshalb hat mich Ihr formales Argument
nicht überzeugt, Frau Ministerin.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513607400

Herr Kollege!


Jörg van Essen (FDP):
Rede ID: ID1513607500

Herr Präsident, Sie wollen mich sicherlich auf die Re-

dezeit hinweisen. Sie haben völlig Recht. Sie ist abge-
laufen.

Ich denke, die heutige Debatte zeigt, dass wir einen
kleinen Schritt vorangehen. Aber es werden noch wei-
tere Schritte dringend notwendig sein. Die FDP wird
weiter entsprechenden Druck machen.


(Brigitte Zypries, Bundesministerin: Vor allen Dingen den Ländern!)


Ich halte das für die Pflicht einer liberalen Partei.
Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP)


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(C (D Ich erteile der Kollegin Christine Lambrecht, SPD raktion, das Wort. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr van ssen, Sie haben zu Recht darauf hingewiesen – das abe ich mit Freude vernommen –, dass Sie in dieser Leislaturperiode mit Ihrem Entwurf schneller waren als ie Koalition. Wir hätten noch viel schneller und schon iel weiter sein können, wenn Sie diesen Erkenntnistand bereits im Jahr 2000 bzw. 2001 gehabt und im undesrat nicht den ursprünglichen Entwurf verhindert ätten. Denn in diesem Entwurf war schon sehr viel von em enthalten, was wir jetzt in mühsamer Kleinarbeit owohl im zustimmungsfreien als auch im zustimmungsflichtigen Teil nachholen müssen. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513607600
Christine Lambrecht (SPD):
Rede ID: ID1513607700

Wie gesagt, wir könnten schon viel weiter sein. Da-
als haben Sie noch die Meinung vertreten, dass eine
ngleichung bzw. eine eingetragene Lebenspartner-
chaft nicht mit Art. 6 des Grundgesetzes vereinbar sei,
eil sie gegen den Schutz der Ehe und Familie verstoßen
ürde. Mittlerweile sind wir etwas weiter – Frau Raab
at darauf hingewiesen –: Aus einem Urteil des Bundes-
erfassungsgerichts geht hervor, dass die eingetragene
ebenspartnerschaft keinen Verstoß gegen Art. 6 des
rundgesetzes darstellt; sie ist mit der Verfassung ver-
inbar.
Frau Raab hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die

ingetragene Lebenspartnerschaft ein Aliud darstellt. Sie
st etwas völlig anderes als die Ehe. Insofern geht es da-
um, die unterschiedlichen Lebenssachverhalte nebenei-
ander zu betrachten und nur die künstlichen Unter-
chiede nach Möglichkeit aufzuheben. Das ist in
nserem Gesetzentwurf zur Überarbeitung des Lebens-
artnerschaftsrechts zu einem großen Teil geschehen.
Es ließe sich viel zu den einzelnen Themen ausführen.
eispielsweise wird das Verlöbnis eingeführt; das zieht
ls logische Konsequenz beispielsweise ein Zeugnisver-
eigerungsrecht im Strafprozess nach sich. Warum
ollte dieses Recht gegenüber dem Partner nicht gegeben
ein, sei es in einer Ehe oder in einer eingetragenen Le-
enspartnerschaft?
Wir beantworten aber auch eine Frage, die uns immer
ieder gestellt wurde: Warum sollte die Adoption nicht
öglich sein? Wir haben darauf mit der Stiefkindadop-
ion eine Antwort gegeben, die wir gesellschaftlich ver-
ntworten können. Damit ist Rot-Grün keinesfalls ir-
endein neues Teufelswerk eingefallen; vielmehr gibt es
ie Stiefkindadoption schon seit langem und es liegen
ereits entsprechende Erfahrungen damit vor.
Im Übrigen gibt es auch bisher bei der Adoption nicht

ur den Fall, dass eine Waise adoptiert wird und deswe-
en keine Rechte gekappt werden, Frau Raab. Selbstver-
tändlich werden in Deutschland auch Kinder adoptiert,
eren leibliche Eltern noch leben. Durch die Adoption
ird das Verhältnis zu den leiblichen Eltern ersetzt.






(A) )



(B) )


Christine Lambrecht

Man sollte den Gesetzentwurf gründlich lesen. Sie ha-

ben im Vorfeld drei Punkte kritisiert, die ich kurz anspre-
chen will, um die geltende Rechtslage zu verdeutlichen,
um deren Anwendung es schließlich geht.

Eine Adoption ist heutzutage nur möglich – das steht
ausdrücklich in § 1741 BGB –, wenn diese dem Wohl
des Kindes entspricht. Das Kindeswohl ist das Aller-
wichtigste. Wenn eine Adoption nicht dem Wohl des
Kindes dient, wird es sie nicht geben. Das ist richtig so
und auch wichtig.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Das wird ausführlich von den Experten des Jugendamtes
und darüber hinaus von einem Vormundschaftsrichter
geprüft. Es entscheidet also kein Schwulen- oder Les-
benverband über eine Adoption. Vielmehr wird bei jeder
Adoption – egal ob es sich um eine Stiefkindadoption
oder eine andere Adoption handelt – als Erstes geprüft,
ob sie dem Kindeswohl dient. Das ist richtig so und auch
wichtig.

Hinzu kommt, dass zwischen dem Kind und dem An-
nehmenden ein Kind-Eltern-Verhältnis bestehen muss
bzw. dass die Prognose ein solches erwarten lassen
muss. Auch das steht im Gesetz. Wenn das Kind es also
nicht will, wird es keine Adoption, auch keine Stief-
kindadoption, geben. Gegen den Willen des Kindes läuft
nichts.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


Es ist auch nicht möglich, dass eine Adoption gegen
den Willen des natürlichen Elternteils durchgeführt
wird, das heißt, dass ihm das Kind genommen wird,
wenn eine Kind-Eltern-Beziehung besteht, weil eine ent-
sprechende Einwilligung erforderlich ist. Eine solche
Einwilligung kann schon jetzt nur in einer sehr geringen
Anzahl von Ausnahmefällen ersetzt werden. Daher kann
einem liebenden Vater oder einer liebenden Mutter nicht
das Kind genommen werden, weil sich zwei Schwule
oder zwei Lesben ihren Lebenstraum erfüllen wollen.
Das ist auch richtig so; denn das Kind-Eltern-Verhältnis
darf nicht gekappt werden.

Sie haben des Weiteren behauptet, dass Kinder durch
eine Adoption ihrer Rechte bezüglich des natürlichen El-
ternteils beraubt würden. Das gehört natürlich zum We-
sen der Adoption. Aber auch hier erfolgt vorab eine Prü-
fung, ob dies zum Vorteil bzw. Wohl des Kindes ist. Nur
dann wird diese Rechtsfolge möglich sein. Das alles
muss geprüft werden, wobei die vermögensrechtliche
Frage beim Wohl des Kindes nicht im Vordergrund ste-
hen kann bzw. darf; denn es gibt sicherlich viele andere
Aspekte, die in Bezug auf eine positive Entwicklung der
Persönlichkeit entscheidend sind. Das alles macht aber
deutlich, dass Ihre Argumente gegen eine Stiefkindadop-
tion völlig ins Leere laufen; denn diese Form der Adop-
tion gibt es schon längst, hat sich bewährt und ist dort,
wo Probleme auftreten, nicht möglich.

Zu der von Ihnen angesprochenen Diskriminierung
der Kinder, die in gleichgeschlechtlichen Lebensgemein-

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(C (D chaften leben, kann ich nur sagen: Diese leben schon etzt in solchen Gemeinschaften und es mag sein, dass ie diskriminiert werden. Aber dieses Problem kann man icht lösen, indem man ihnen nicht die Rechtssicherheit ibt, die notwendig ist, um zu dem Partner, den sie lieen, eine Beziehung aufzubauen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513607800

Frau Kollegin Lambrecht, gestatten Sie eine Zwi-

chenfrage der Kollegin Noll?


Christine Lambrecht (SPD):
Rede ID: ID1513607900

Ja, bitte.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513608000

Frau Kollegin Noll.


Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1513608100

Sehr geehrte Kollegin Lambrecht, Sie haben gerade

ermanent auf das Kindeswohl verwiesen. Ich möchte
etzt die Diskriminierung und die Stigmatisierung der
inder ansprechen, die in gleichgeschlechtlichen Le-
enspartnerschaften leben. Wie steht das, was Sie gerade
orgetragen haben, im Einklang mit der Antwort der
undesregierung – Bundestagsdrucksache 15/3607 –, in
er festgestellt wird, dass diese Jungen und Mädchen in
hrem Alltag Diskriminierung erleiden? Diskriminierung
nd Stigmatisierung stehen schließlich in krassem Wi-
erspruch zum Kindeswohl.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Christine Lambrecht (SPD):
Rede ID: ID1513608200

Es ist schade, dass Sie bei der betreffenden Sachver-

tändigenanhörung nicht zugegen waren. Dort ist näm-
ich die Leiterin eines Jugendamtes auf diese Frage ein-
egangen. Sie hat zwar bestätigt, dass es
iskriminierung von Kindern gibt, die in solchen Le-
enspartnerschaften leben. Aber sie hat auch aufgezeigt,
ass die betroffenen Kinder damit umzugehen wissen,
ass sie gelernt haben, wie man solchen Diskriminierun-
en, die teilweise noch auf Gründen aus dem vorvorletz-
en Jahrhundert basieren, begegnen kann. Wenn Sie Kin-
ergärten und Schulen besuchen, dann werden Sie
eststellen, dass die Familienstrukturen heute ganz an-
ers sind. Deshalb können Kinder damit ganz gut umge-
en.
Wie gesagt, solche Diskriminierungen gibt es schon

etzt. Sie werden also nicht erst durch eine Stiefkind-
doption entstehen. Wenn ein Kind darunter leidet, wenn
s das als belastend empfindet, dann kann es das selbst-
erständlich bei der Prüfung im Rahmen eines Adop-
ionsverfahrens vortragen. Wenn es sagt, dass eine
doption zusätzlich belastend ist, dann wird es keine
doption geben, weil das Wohl des Kindes gefährdet
äre.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)







(A) )



(B) )


Christine Lambrecht

Die Anhörung hat ziemlich deutlich gezeigt, dass wir

uns mit dem Gesetz in verfassungsrechtlicher Hinsicht
nicht aufs Glatteis begeben bzw. dass wir damit kein
Neuland betreten und dass wir nur im Interesse der Kin-
der handeln. Das Wohl der Kinder steht eindeutig im
Vordergrund. Die Sachverständigen haben das in einer
Offenheit bestätigt, die – das muss ich zugeben – schon
verwunderlich war, bis auf eine Sachverständige, die die
Union benannt hatte. Die Ausführungen dieser Person
habe ich aber in meiner Entscheidungsfindung nicht son-
derlich berücksichtigt. Für diese Frau ist nicht nur die
Adoption durch Schwule und Lesben Teufelszeug. Sie
vertritt darüber hinaus beispielsweise die Position, dass
das Leben in einer nicht ehelichen Lebensgemeinschaft
zu einer tiefen Verunsicherung, zu einer Identitätsver-
wirrung und zu einer Zerstörung der Existenz führt.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513608300

Frau Kollegin Lambrecht!


Christine Lambrecht (SPD):
Rede ID: ID1513608400

Wer solch mittelalterliche Positionen vertritt, dessen

Meinung sollten wir hier bei der Beratung moderner und
zukunftsgerichteter Gesetzesvorhaben nicht berücksich-
tigen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513608500

Zum Schluss dieses Tagesordnungspunktes erteile ich

das Wort der Kollegin Ute Granold für die CDU/CSU-
Fraktion.


Ute Granold (CDU):
Rede ID: ID1513608600

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Herr Kollege Beck, Sie haben es auf den Punkt gebracht:
Heute ist ein guter Tag für Lesben und Schwule und ein
trauriger Tag für alle Kinder, die in diesen Beziehungen
leben.


(Widerspruch bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sie haben die Anhörung offenbar gänzlich missver-
standen. Das Einzige, was Sie daraus mitgenommen ha-
ben, ist die Diskriminierung und die Verunglimpfung der
von uns benannten Sachverständigen, die seriöse Daten
vorgetragen haben.


(Christine Lambrecht [SPD]: Zu Recht, völlig zu Recht!)


– Frau Kollegin, ich habe Sie ausreden lassen. Vielleicht
lassen auch Sie mich ausreden.


(Christine Lambrecht [SPD]: Zwischenrufe sind im parlamentarischen Raum erlaubt!)


Ich möchte auch an dieser Stelle darauf hinweisen,
dass die Kollegin Antje Vollmer von den Grünen schon
in der ersten Lesung und nun erneut – es liegt eine per-
sönliche Erklärung vor – zum Ausdruck gebracht hat,

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(C (D ass sie gegen die Volladoption und gegen die Stiefindadoption ist, weil das Kindeswohl und nicht das Elernwohl im Vordergrund steht. Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass ür eingetragene Lebenspartnerschaften Rechte und flichten vorgesehen werden dürfen, die denen der Ehe ahe kommen. Es hat auch festgestellt, dass eingetraene Lebenspartnerschaften keine Ehe, sondern ein liud sind. Es hat weiter nichts dazu gesagt, wie mit den indern aus diesen Beziehungen umzugehen ist. Es hat ich lediglich zu dem so genannten kleinen Sorgerecht eäußert. Wir akzeptieren selbstverständlich das Urteil des undesverfassungsgerichts. Auch wir wissen, dass dort, o bislang Pflichten für die Lebenspartner begründet urden, noch Handlungsbedarf besteht. Im Interesse der etroffenen sind jetzt auch Rechte einzuräumen, allerings in einem vertretbaren und insbesondere sinnvollen aß. Hier sind die Koalition und auch die FDP weit ber das Ziel hinausgeschossen. Wir haben eine sehr interessante Anhörung durchge ührt. Dabei haben wir einiges erfahren, was wir überenken und uns auch zu Herzen nehmen sollten. Herr rofessor Wolf hat bedauert – ich kann ihm nur eipflichten –, dass mit diesem Gesetzentwurf die hance vertan wird, eine eigenständige Regelung für die ebenspartner zu begründen. Man hat die Inhalte des herechts leider Gottes eins zu eins auf die Lebensparterschaften übertragen. Das ist geschehen, obwohl alleits bekannt ist – ich denke, darüber besteht in diesem aus kein Dissens –, dass gerade beim Eherecht ein ereblicher Reformstau besteht. Derzeit diskutieren wir über Vorschläge zur Änderung es Unterhaltsrechts. Was das Güterrecht angeht, wurde ie eheliche Zugewinngemeinschaft ungeprüft übernomen, obwohl deren Vorbild, die Hausfrauenehe, für die ebenspartnerschaft ungeeignet ist. Denn dieses Lebensodell wird gerade von Lebenspartnern nicht praktiiert; das ist wohl unbestritten. Der richtige Güterstand m Sinne einer Gleichberechtigung wäre hier die Güterrennung. Gleiches gilt im Übrigen für den Versorgungsusgleich, der in dieser Legislaturperiode ohnehin reforiert werden soll. Ich könnte noch eine beliebige Zahl von Beispielen afür anführen, was für Stückwerk hier abgeliefert urde, und zwar in einer Eile, die der Sache in keiner eise gerecht wird. Ich möchte mich noch kurz zur Stiefkindadoption ußern. Frau Ministerin, Sie haben heute Morgen im rühstücksfernsehen auf die Frage, ob eine Adoption ückgängig gemacht werden kann, nicht antworten könen. Ich gebe Ihnen die Antwort: Sie kann nicht rückängig gemacht werden. (Brigitte Zypries, Bundesministerin: Das stimmt nicht!)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ie Kinder sind dem, was Erwachsene hier auf den Weg
ringen, schutzlos ausgeliefert.






(A) )



(B) )


Ute Granold


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was fantasieren Sie denn hier für ein Zeug? – Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was für ein Unsinn!)


Ich muss sagen: Das ist – nicht nur angesichts der we-
nigen Fälle, die zu regeln sind – ein mehr als fragwürdi-
ges Unterfangen. Die soziale und materielle Sicherheit
der Kinder in Lebenspartnerschaften können die Lebens-
partner durch die vertragliche Übernahme von Unter-
haltsverpflichtungen oder durch Begründung von Erb-
recht auch ohne Adoption gewährleisten. Schon nach
geltendem Recht sind die eingetragenen Lebenspartner
mit den jeweiligen Stiefkindern verschwägert. Es steht
ihnen ein Zeugnisverweigerungsrecht zu. Es kann zu ih-
ren Gunsten im Todesfall des mit ihnen verpartnerten El-
ternteils eine Verbleibeanordnung für das Kind ausge-
sprochen werden.

Mit der beabsichtigten Stiefkindadoption würde ein
Kind die rechtliche Stellung eines gemeinschaftlichen
Kindes der eingetragenen Lebenspartner erlangen.
Gleichzeitig würde aber – das ist das Gravierende – die
Rechtsbeziehung zu dem biologischen Elternteil und
dessen Verwandten definitiv abgeschnitten.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Reden Sie gegen die Adoption?)


Wir haben in der Anhörung erfahren – ich rate den
Herren und Damen von der Koalition, die Stellungnah-
men noch einmal sorgfältig durchzulesen –, dass der
Grundrechtsschutz der Kinder, ihr Recht auf Vater und
Mutter, höherrangig zu bewerten ist als das Recht der
Lebenspartner auf freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit,
auf Selbstverwirklichung und auf – das ist nur ein ver-
meintliches Recht – ein Kind.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was Sie betreiben, ist Denunziation!)


Im Mittelpunkt, Frau Kollegin Lambrecht, steht in der
Tat das Kindeswohl. Das allein ist Maßstab für die Ent-
scheidung. Es geht nicht um kinderlose Partner, die gern
ein Kind haben wollen,


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In dem Fall haben sie schon ein Kind; sonst gibt es keine Stiefkindadoption!)


sondern es geht um die elternlosen Kinder, die eine Fa-
milie bekommen sollen. Das ist das Grundprinzip der
Adoption. Gerade in Stieffamilien haben die Kinder in
den weitaus meisten Fällen noch einen leiblichen erzie-
hungsfähigen und auch erziehungswilligen Elternteil.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nicht in jedem Fall! Der kann verstorben sein! Nicht einmal das ist richtig!)


Wenn sich die Eltern trennen, ist diese Bezugsperson
nach wie vor da.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es sei denn, sie ist tot!)


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(C (D ie bisherige Gesetzgebung und Rechtsprechung, auch ie Kindschaftsrechtsreform, besagen eindeutig, dass die erbleibenden Beziehungen des Kindes zu dem von ihm etrennten Elternteil gestärkt werden müssen. In dieser insicht arbeiten wir bis zum heutigen Tage an weiteren esetzen. Ich denke nur an die Diskussionen in den verangenen Sitzungswochen. Ich sage, dass die Stiefkindadoption in die falsche ichtung geht. Wir sollten die Stiefkindadoption prüfen. ie bringt Nachteile, und zwar nicht nur für die heteroexuellen Eltern, sondern auch für die jetzt infrage steenden Lebenspartner. Frau Granold, gestatten Sie eine Zwischenfrage der ollegin Lambrecht? Ja. Frau Granold, Sie haben eben das Recht des Kindes uf Vater und Mutter erwähnt und davon gesprochen, ass das Kind neben den Partnern in der eingetragenen ebenspartnerschaft noch einen erziehungsfähigen und rziehungswilligen Elternteil hat. Ich habe vorhin sehr usführlich, wie ich meine, die Voraussetzungen für eine doption dargestellt. (Jörg van Essen [FDP]: Das war sehr gut dargestellt!)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513608700
Ute Granold (CDU):
Rede ID: ID1513608800
Christine Lambrecht (SPD):
Rede ID: ID1513608900

eil das bei Ihnen offensichtlich nicht angekommen ist,
rage ich: Stimmen Sie mit mir darin überein, dass dann,
enn ein erziehungsfähiger und erziehungswilliger El-
ernteil da ist, der seine Rechte auch ausüben will und in
ie Adoption nicht einwilligt, eine Adoption, eine Stief-
indadoption in diesem Fall, rechtlich nicht möglich ist?


(Jörg van Essen [FDP]: Genau so ist es!)



Ute Granold (CDU):
Rede ID: ID1513609000

Ich stimme mit Ihnen darin überein, dass dann, wenn

er leibliche Elternteil nicht zustimmt, die Adoption aus-
eschlossen ist. Wir wissen aber von Fällen, in denen
us sachwidrigen Erwägungen, um sich nämlich Unter-
altspflichten zu entziehen, einer Stiefkindadoption zu-
estimmt wird.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann ist er ja nicht willig!)


ier ist das Kind den Erwachsenen schutzlos ausgelie-
ert.


(Beifall bei der CDU/CSU – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Keiner glaubt, dass das, was Sie hier erzählen, im Sinne des Kindeswohls ist! – Hans-Joachim Hacker [SPD]: Das ist ja wohl ein Eigentor! – Zuruf von der SPD: Das ist doch wohl nicht zu glauben!)







(A) )



(B) )


Ute Granold

Die Bundesregierung hat in der Antwort auf eine

Kleine Anfrage der Kollegin Noll selbst zugegeben, dass
es Benachteiligungen, Diskriminierungen und Stigma-
tisierungen der Kinder aus diesen Lebenspartnerschaften
gibt und die Kinder Angst vor Ausgrenzung haben.
Wenn Sie sagen, die Kinder hätten schon gelernt, damit
umzugehen, dann muss ich fragen: Warum muten Sie
den Kindern überhaupt zu, dass sie damit umgehen müs-
sen


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die leben bereits in diesen Familien! Sonst gibt es doch gar keine Stiefkindadoption! Was Sie sagen, ist doch unlogisch!)


und dass sie diesen Stress erleben müssen? Das soll jetzt
auch noch legalisiert werden!

Es gibt keine aussagekräftigen Studien – weder in
Deutschland noch im Ausland; Sie erklären das zwar im-
mer wieder, aber es gibt sie nicht; das hat uns die Anhö-
rung gezeigt –, die belegen, dass die Kinder keinerlei
Schäden erleiden. Ganz im Gegenteil, es gibt Hinweise
darauf, dass die Kinder psychische Schäden erleiden,
wenn sie in einer solchen Beziehung – sie soll auch noch
legalisiert werden – aufwachsen.

Die Kollegin Renate von Renesse, eine SPD-Kollegin
aus der letzten Legislaturperiode,


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die heißt immer noch Margot!)


– das ist egal –,

(Alfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär: Das ist nicht egal!)

hat im Rahmen der Beratungen eindeutig gesagt – ich zi-
tiere –: Das Adoptionsrecht darf niemals als ein Instru-
ment der Normalisierung gleichgeschlechtlicher Exis-
tenz missbraucht werden. – Genau das ist es aber, was
hier auf den Weg gebracht werden soll.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie wollen genau das zum Schaden der Kinder tun. Die
Kinder sind diejenigen, die sich nicht wehren können.

Deshalb noch einmal unsere Aufforderung an Sie:
Setzen Sie dieses unsägliche Verfahren aus! Geben Sie
eine Langzeitstudie in Auftrag, um zu erforschen, wie
sich Kinder in solchen Beziehungen entwickeln! Dann
können wir weiter darüber reden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513609100

Ich schließe die Aussprache.
Mir liegen zwei persönliche Erklärungen nach § 31

der Geschäftsordnung vor: zunächst eine der Kollegin
Vollmer zur zweiten und dritten Beratung des Gesetzent-
wurfs der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grü-
nen sowie eine zweite persönliche Erklärung des Kolle-
gen Volker Beck zum Gesetzentwurf der FDP. Bei der
zweiten könnte man sich über die Notwendigkeit dieser
persönlichen Erklärung sehr streiten,

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(C (D (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist aber zulässig, Herr Präsident!)


achdem der Kollege als Redner in der Debatte nicht nur
elegenheit hatte, zum Sachverhalt Stellung zu nehmen,
ondern das auch getan hat. Aber da wir keinen unnöti-
en Streit zum Wochenende entfachen wollen,


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

mpfehle ich, beide Erklärungen zu Protokoll zu neh-
en1). – Dagegen erhebt sich offenkundig auch kein Wi-
erspruch.
Wir kommen nun zu den Abstimmungen, zunächst zur
bstimmung über den von den Fraktionen der SPD und
es Bündnisses 90/Die Grünen eingebrachten Gesetzent-
urf zur Überarbeitung des Lebenspartnerschaftsrechts
uf der Drucksache 15/3445. Der Rechtsausschuss emp-
iehlt unter Buchstabe a seiner Beschlussempfehlung auf
rucksache 15/4052, den Gesetzentwurf in der Aus-
chussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem
esetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen wol-
en, um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Wer
nthält sich der Stimme? – Der Gesetzentwurf ist damit in
weiter Beratung angenommen.
Wir kommen zur

dritten Beratung
nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
er stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Gesetz-
ntwurf ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen
nd der FDP gegen die Stimmen der CDU/CSU-Frak-
ion und des fraktionslosen Abgeordneten Martin
ohmann angenommen.
Wir kommen nun zur Abstimmung über den Gesetz-

ntwurf der Fraktion der FDP zur Ergänzung des Le-
enspartnerschaftsgesetzes auf Drucksache 15/2477.
ier empfiehlt der Rechtsausschuss unter Buchstabe b
einer Beschlussempfehlung, diesen Gesetzentwurf ab-
ulehnen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf
ustimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt
agegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Der Gesetz-
ntwurf ist in zweiter Beratung mehrheitlich abgelehnt
orden. Damit entfällt nach unserer Geschäftsordnung
ie weitere Beratung.
Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 21 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten
Wolfgang Bosbach, Hartmut Koschyk, Thomas
Strobl (Heilbronn), weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der CDU/CSU
Einsatz der automatisierten Erfassung von
Kraftfahrzeugkennzeichen durch den Bundes-
grenzschutz
– Drucksache 15/3713 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)


Anlagen 2 und 3






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Norbert Lammert

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist eine
Debattenzeit von 30 Minuten vorgesehen. – Dazu höre
ich keinen Widerspruch. Dann ist das so vereinbart.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat zunächst
der Kollege Dr. Ole Schröder für die CDU/CSU-Frak-
tion.


Dr. Ole Schröder (CDU):
Rede ID: ID1513609200

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Vom Bundesinnenminister hören wir immer
wieder markige Ankündigungen, wie die innere Sicher-
heit in Deutschland verbessert werden kann. Schade ist
nur, dass Anspruch und Wirklichkeit so weit auseinander
fallen. Den Bürgern ist mit bloßen Versicherungen, es
werde alles getan, nicht geholfen. Innere Sicherheit kann
nur durch Taten erreicht werden. Mit einer besonders
einfachen Tat könnte die Regierung mehr Sicherheit für
die Bürger vor grenzüberschreitender Kriminalität errei-
chen. Sie könnte dafür sorgen, dass die Beamten vom
BGS bei ihrer Arbeit durch die automatisierte Erfassung
von Kraftfahrzeugkennzeichen unterstützt werden. Sehr
geehrte Kolleginnen und Kollegen, helfen Sie den Be-
amtinnen und Beamten vom BGS bei ihrer Arbeit.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Warum besteht so ein Handlungsbedarf? Die Anzahl

der zur Fahndung ausgeschriebenen Kraftfahrzeuge und
Kraftfahrzeugkennzeichen steigt. In diesem Frühjahr
waren es bundesweit circa 557 000 Kennzeichen und
circa 327 000 Kraftfahrzeuge. Hier geht es nicht nur um
Autodiebstahl, hier geht es auch um die so genannten
Anschlussstraftaten wie Einbrüche, Raubüberfälle und
Geiselnahmen.

Es kommt noch dicker, meine Damen und Herren:
Die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität in
Europa nimmt zu. Kriminelle Vereinigungen handeln
mit Menschen, Frauen werden zur Prostitution gezwun-
gen, organisierte Banden verschieben Autos europaweit,
Terroristen agieren ohne Rücksicht auf unsere Grenzen.

Die grenzüberschreitende Kriminalität stellt eine we-
sentliche Gefahr für die Sicherheit in unserem Lande
dar.


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


Wir bemühen uns zwar schon heute, diese Kriminellen
zu fassen. Es wird versucht, die Kraftfahrzeugkennzei-
chen im Rahmen von Fahndungen zu erkennen und dann
mit dem geführten Fahndungsregister abzugleichen.
Doch selbst die besten Beamten des Bundesgrenzschut-
zes sind nicht in der Lage, bei hoher Verkehrsdichte und
hoher Geschwindigkeit den schnell fließenden Verkehr
zu erfassen. So schnell kann kein Beamter schauen; da
stoßen die Beamten an ihre menschlichen Grenzen.

Jeder verantwortungsvolle Innenpolitiker sollte sich
überlegen, ob und wie wir den Beamten helfen können.

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(C (D ie Technologie dafür ist vorhanden, und sie ist nicht ur vorhanden, sondern auch erprobt; sie wird im Ausand erfolgreich eingesetzt. (Gisela Piltz [FDP]: Leider nicht nur im Ausland!)


uch in Deutschland – in Bayern, Brandenburg und
essen – ist diese Technik getestet worden.
Sehr geehrte Kollegen von den Grünen und von der

PD, hier droht Ihnen kein weiteres Mautdesaster.

(Beifall bei der CDU/CSU)


ie können unserem Antrag beruhigt zustimmen. Das
fz-Kennzeichen-Scanning ist bereits heute effektiv,
eistungsfähig und hat in der Praxis gute Fahndungser-
ebnisse gebracht. Damit können nämlich aus dem flie-
enden Verkehr heraus Kraftfahrzeugkennzeichen durch
ameras erkannt werden. Diese Daten werden dann au-
omatisch mit dem Fahndungsbestand abgeglichen. Der
ahndungsbestand bezieht sich nur auf Kennzeichen, die
m Zusammenhang mit Straftaten ausgeschrieben und
esucht werden.


(Frank Hofmann [Volkach] [SPD]: Nicht immer!)


Hier geht es nicht um die Erfassung von Kennzeichen
nbescholtener Bürger. Ist das Kennzeichen des vorbei-
ahrenden Fahrzeugs nicht im Fahndungsbestand, dann
ird es sofort und unwiederbringlich gelöscht und eben
icht gespeichert. Insgesamt ergeben sich für den BGS
ngeahnte Präventions- und Strafverfolgungsmöglich-
eiten von einer ganz neuen Dimension.
Vergessen wir aber nicht, liebe Kolleginnen und Kol-
gen, von wem wir das Mandat, für die innere Sicher-
eit zu sorgen, erhalten haben. Überlegen wir uns: Wie
ieht denn eine herkömmliche Kontrolle für die Bürger
eute aus? Ihre Fahrt wird unterbrochen. Sie müssen ihre
apiere vorzeigen, je nach Termindruck eine mehr oder
eniger unangenehme Prozedur. In der Zwischenzeit
ährt auf der Autobahn ein gestohlenes Kraftfahrzeug,
um Beispiel mit einem Schleuser, unbehelligt vorbei.
Wie sieht die Alternative für unsere Bürger aus? Sie

ahren an einem Kontrollpunkt vorbei. Ihr Kennzeichen
ird automatisch gelesen, mit dem Fahndungsregister
bgeglichen und anschließend sofort gelöscht. Sie kön-
en unbehelligt weiterfahren. Gleichzeitig wird das
ennzeichen des gesuchten Schleusers erfasst. Der BGS
ann nun seine eigentliche Arbeit aufnehmen und den
esuchten Schleuser dingfest machen.
Meine Damen und Herren, was stellt den größeren

ingriff in die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger dar?
Wir dürfen dem BGS die Nutzung dieser funktionie-

enden Technologie nicht weiter verwehren. Es hilft we-
ig, wenn wir immer mehr Fahndungsdaten des Schen-
ener Systems zur Verfügung haben, diese aber aufgrund
er fehlenden Technik nicht nutzen können.


(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Sehr richtig!)







(A) )



(B) )


Dr. Ole Schröder

Europa wächst zusammen. Eine größere Anzahl Bür-

ger kann sich in einem größeren Gebiet frei bewegen.
Das begrüßen wir alle. Doch wir müssen alles tun, um zu
verhindern, dass der Freiheitsgewinn für unsere Bürger
mit zusätzlichen Spielräumen für Kriminelle einhergeht.
Ich appelliere daher an den Bundesinnenminister, sich
dieser funktionierenden und innovativen Technik nicht
weiter zu versperren


(Beifall bei der CDU/CSU)

und sich dem Einsatz des Kfz-Kennzeichen-Scannings
nicht länger zu widersetzen. Meine Damen und Herren
von der Regierungskoalition, ich bitte Sie: Stimmen Sie
unserem Antrag zu!


(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513609300

Das Wort hat nun der Kollege Frank Hofmann für die

SPD-Fraktion.

Frank Hofmann (SPD):
Rede ID: ID1513609400

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Sehr geehrter Herr Dr. Schröder, das Bild, das Sie von
der inneren Sicherheit hier zeichnen, stimmt nicht mit
der Realität überein.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig!)


Weder das Lagebild „organisierte Kriminalität“ noch die
Polizeiliche Kriminalstatistik oder das Lagebild
„Schleusungskriminalität“ bestätigen Ihr Bild von der
inneren Sicherheit.

Erstens. Der Diebstahl von Kraftfahrzeugen ist von
2002 auf 2003 um mehr als 10 Prozent zurückgegangen.
Seit zehn Jahren gibt es hier – so die Kriminalstatistik –
einen sinkenden Trend. Die Wagensperre ist eine effi-
ziente Maßnahme, um Diebstähle zu verhindern.

Zweitens. Was unerlaubte Einreisen betrifft, haben
wir im Jahre 2003 einen Rückgang von 24,5 Prozent zu
verzeichnen. Der Rückgang bei den Schleusungen be-
trägt 16 Prozent.

Drittens. Das Bundeslagebild „Schleusungskrimina-
lität“ betrachtet als bedeutsam: Schiffsschleusung nach
Europa, Benutzung von Flugzeugen und der Bahn sowie
den grenzüberschreitenden Buslinienverkehr, nicht je-
doch das gestohlene Kfz, das mit Originalkennzeichen
über die Grenze gefahren wird.

Viertens. Sie behaupten, die Erfassung und der Ab-
gleich von Kfz-Kennzeichen an Grenzübergängen diene
der Aufdeckung unerlaubter Grenzübertritte, insbeson-
dere der Aufdeckung von Schleusungsdelikten, sowie
der Fahndung nach flüchtigen Straftätern. Mir ist nicht
bekannt, dass Kfz-Diebe insbesondere gestohlene Kfz
ohne Kennzeichendublette und ohne frisierte Papiere be-
nutzen, um damit Personen über die Grenze zu schleu-
sen.

In der Summe kann man also sagen: Sie kochen die
Gefahr für die innere Sicherheit hoch. Ihre Darstellun-
gen entsprechen aber nicht der Realität.

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(C (D (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


s muss Ihnen doch klar sein, dass man mit diesem Ein-
atz nicht auf großen Fischfang gehen kann.
Sie bezeichnen die automatisierte Erfassung von
raftfahrzeugkennzeichen und den automatisierten Ab-
leich mit dem Fahndungsbestand als effiziente Techno-
ogie. Soweit ich höre, handelt es sich um eine effiziente
echnologie bei Sonnenschein, aber nicht bei Regen.


(Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)

ie Erfassungsgeräte schaffen es wohl nicht, bei jedem
etter das Kennzeichen vollständig abzulesen. Von ei-
er effizienten Technologie kann deshalb meines Erach-
ens noch keine Rede sein. Ich sehe keinen Quanten-
prung für die Fahndung.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513609500

Herr Kollege Hofmann, darf der Kollege Schröder Ih-

en eine Zwischenfrage stellen?

Frank Hofmann (SPD):
Rede ID: ID1513609600

Wenn er unbedingt muss, darf er das.


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Um das Schlimmste zu verhindern!)



Dr. Ole Schröder (CDU):
Rede ID: ID1513609700

Danke, Herr Kollege Hofmann, dass Sie mir diese

wischenfrage erlauben.
In Bayern wurden im Rahmen eines halbjährigen, eng

efassten Testbetriebs 114 Treffermeldungen für zur
ahndung ausgeschriebene Personen und Kfz-Kennzei-
hen nach Diebstahl bzw. Unterschlagung erzielt. Ist Ih-
en das bekannt? Sie reden aber davon, dass wir in
eutschland keine Probleme mit unterschlagenen und
estohlenen Fahrzeugen haben.


Frank Hofmann (SPD):
Rede ID: ID1513609800

Sie haben mich missverstanden. Sie sollten das Ende
einer Rede abwarten. Ich habe davon gesprochen, dass
s diesen Quantensprung nicht gibt. Es gibt in Bayern
82 Treffermeldungen. Darunter sind die 114 Meldun-
en, die Sie gerade erwähnt haben. Die Anzahl der Tref-
ermeldungen sagt aber noch nichts über die Qualität
us. Die Qualität muss erst noch festgestellt werden.


(Beatrix Philipp [CDU/CSU]: Was?)

arten Sie meine weiteren Ausführungen ab. Sie wer-
en dann erkennen, welchen Weg wir vorschlagen.
Richtig ist – soweit ich das weiß –, dass dieses Sys-

em in den Ländern Bayern, Berlin, Brandenburg,
heinland-Pfalz und Thüringen erprobt worden ist. In
ayern ist man da wohl am weitesten. Ich kenne auch
en entsprechenden Gesetzentwurf.
Sie fordern dieses System für den BGS an den Grenz-

bergängen. Welche Grenzen kommen denn dafür noch
nfrage? Die Grenzen zur Schweiz, nach Polen und nach






(A) )



(B) )


Frank Hofmann (Volkach)


Tschechien. Der größte Teil der Grenze nach Tschechien
wird von der bayerischen Polizei abgedeckt. Für den
BGS bleiben ein kleiner Teil der Grenze nach Tsche-
chien sowie die Grenze nach Polen und die Grenze zur
Schweiz übrig. Wie lange könnten diese Maßnahmen an
den Grenzen noch vom BGS durchgeführt werden? In
naher Zukunft ist die vollständige Einbeziehung Polens,
Tschechiens und auch der Schweiz in den Schengen-Ver-
bund zu erwarten.

Stationäre Kennzeichenlesesysteme könnten deshalb
nur noch bis 2007 betrieben werden. Danach sind dies
EU-Binnengrenzen und können nicht mehr wie EU-Au-
ßengrenzen behandelt werden. Man muss sich deshalb
die Frage nach Effizienz, Verhältnismäßigkeit, Daten-
schutz und Sinnhaftigkeit stellen. Möglicherweise wird
dadurch der BGS mit kleineren Verfahren belastet, was
ihn von anderen wichtigen Aufgaben abhält.

Man muss sich auch darüber im Klaren sein, dass in-
ternationale Kfz-Verschieberbanden ihre Autos bereits
über die EU-Grenzen hinaus gebracht haben, bevor der
Diebstahl überhaupt in das Schengener Informationssys-
tem eingestellt wird. Auch bei anderen bekannten Ver-
bringungsweisen, wie zum Beispiel zerlegter Transport
oder Verladung auf LKWs, hilft uns das Kennzeichen-
Scanning nicht weiter. Hier zeigt sich: Auch wenn das
Lesegerät bei Nacht sowie bei Wind und Wetter erfolg-
reich ist, wird es keine Treffer landen.

Schwerpunkte des Einsatzes beim BGS sind die Ver-
hinderung der unerlaubten Einreise, die Bekämpfung der
Schleuserkriminalität, die internationale Kfz-Verschie-
bung sowie die Verhinderung der Ein- und Ausreise po-
tenzieller Gewalttäter zu Großveranstaltungen in der
Bundesrepublik. Ich sehe nicht, wie dieses Lesesystem
bei der Verhinderung der unerlaubten Einreise helfen
kann. Wer benutzt denn zur unerlaubten Einreise Autos,
die in der Fahndung ausgeschrieben sind?

Bei der Schleuserkriminalität habe ich aufgezeigt, mit
welchen Verkehrsmitteln geschleust wird. Bei der inter-
nationalen Kfz-Verschiebung habe ich aufgezeigt, dass
man Autos ohne Dubletten bzw. ohne andere Verände-
rungen gerade nicht über die Grenze bringt. Wo ist also
der Fortschritt für den BGS?

Vor einer abschließenden Entscheidung für den BGS
sind die Ergebnisse der laufenden Modellversuche und
insbesondere die Ergebnisse der Untersuchungen zu den
rechtlichen und technischen Möglichkeiten zur Einfüh-
rung eines automatischen Lesesystems abzuwarten. Da-
mit befassen sich die Fachleute im Rahmen der ständi-
gen Konferenz der Innenminister. Dem werden wir nicht
vorgreifen.

Natürlich ist es unsere Aufgabe, neue Techniken zu
erproben und sie, wenn sie ausgereift sind, auch einzu-
setzen. Für Schnellschüsse sind wir jedoch nicht zu ha-
ben.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D Das Wort hat nun die Kollegin Gisela Piltz für die DP-Fraktion. Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und ollegen! Die FDP-Fraktion könnte dem Antrag der DU/CSU-Fraktion dann zustimmen, wenn es sich daei tatsächlich nur um das Kfz-Kennzeichen-Scanning eim eigentlichen Grenzübertritt handeln würde. Denn s kann – das haben Sie, Herr Schröder, völlig zu Recht usgeführt – hier nicht allein um die Technik gehen. Ob un bei einer Grenzkontrolle ein Beamter das Kennzeihen in den Fahndungscomputer tippt oder ob man die oderne Technik nutzt und es automatisch eingelesen ird, das kann nun wirklich keinen Unterschied machen, obei es natürlich auch damit – das darf man nicht vereugnen – zu einer qualitativen Veränderung kommt. isher geht es mehr um verdachtsabhängige Kontrollen; emnächst wird jedes Kennzeichen erfasst. Das ist aus nserer Sicht ein Mittel zur effektiveren Strafverfolgung. (Dr. Ole Schröder [CDU/CSU]: Wir haben doch schon verdachtsunabhängige Kontrollen im grenznahen Raum!)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513609900
Gisela Piltz (FDP):
Rede ID: ID1513610000

(Dr. Ole Schröder [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


Leider beschränken Sie sich nicht auf den Grenzüber-
ritt. Dieses Kennzeichen-Scanning soll nach Ihrer Auf-
assung demnächst im Zuständigkeitsbereich des Bun-
esgrenzschutzes umfassend eingesetzt werden,


(Dr. Ole Schröder [CDU/CSU]: Wir haben doch jetzt schon verdachtsunabhängige Kontrollen im grenznahen Bereich!)


lso in einem Umkreis von bis zu 50 Kilometern.

(Dr. Ole Schröder [CDU/CSU]: Das haben wir doch auch jetzt schon!)

Der BGS erfüllt mittlerweile mehr Aufgaben als nur

en reinen Grenzschutz. Das bedeutet, dass es bis zu ei-
em flächendeckenden Kennzeichen-Scanning nur ein
leiner Schritt ist. Mit welcher Argumentation wollen
ie eigentlich eher kleineren Ländern entgegentreten,
ei denen schon 50 Kilometer nach dem Grenzübertritt
ie Hälfte des Landes erreicht ist? Würde man Ihre Vor-
tellung umsetzen, gäbe es bald ein komplettes Kennzei-
hen-Scanning.
Es ist ja so – dies stärkt uns in unseren Befürchtun-

en –, dass Bayern, Hessen und Thüringen das alles
teilweise ohne Rechtsgrundlage – schon getestet ha-
en. Darüber hinaus will der Bundesinnenminister, wie
ir wissen, den Bundesgrenzschutz zur Bundespolizei
mbauen. Wenn es im Rahmen dieses Umbaus noch eine
ompetenzerweiterung gibt, finden solche Maßnahmen
ben nicht nur im Grenzbereich statt. Damit würden wir
m deutschen Recht völlig neuen Boden betreten.


(Beifall bei der FDP)

Absolute verdachtsunabhängige Kontrollen sind dem

eutschen Recht bisher gänzlich fremd.

(Widerspruch bei der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Gisela Piltz

Die FDP hat sich stets mit guten Gründen gegen eine
Aushöhlung dieses Ausdruckes einer souveränen und
bewährten Rechtsstaatlichkeit ausgesprochen.


(Beifall bei der FDP)

Das Bundesverfassungsgericht hat in einer Entschei-

dung zur präventiven Telefonüberwachung vom März
dieses Jahres bereits festgestellt, dass die Voraussetzun-
gen im Rahmen der präventiven Überwachung umso
konkreter gefasst werden müssen, je weiter sie im Vor-
feld vorgenommen werden. Damit macht das Bundes-
verfassungsgericht klar, dass an eine präventive Maß-
nahme in diesem Bereich strenge Maßstäbe zu stellen
sind, weil der Betroffene „von einer Überwachung keine
Kenntnis hat und sich deshalb nicht selbst wehren kann“.
An diese Maßstäbe müssen sich glücklicherweise nicht
nur FDP-Kollegen in diesem Haus halten.

Im Übrigen haben schon die Datenschutzbeauftragten
der Länder und des Bundes vor dieser Kfz-Überwachung
gewarnt. Ich weiß, dass Sie die Bedenken der Daten-
schützer meist belächeln. Ich tue das nicht und meine ge-
samte Fraktion auch nicht.


(Beifall bei der FDP)

Ich möchte dazu noch einmal zitieren:

Es ist zu befürchten, dass mit dem Einsatz der auto-
matischen Kfz-Kennzeichenerfassung eine neue In-
frastruktur geschaffen wird, die künftig noch weit
tiefer gehende Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht
ermöglicht.

Die Frage, die ich heute an Sie stelle, lautet: Wollen
wir wirklich die Voraussetzungen schaffen, die bei ei-
nem weniger verantwortungsvollen Umgang eine totale
Überwachung des Bürgers so drastisch vereinfachen?
Nicht nur ich hoffe, dass Sie sich das noch einmal über-
legen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513610100

Nächste Rednerin ist die Kollegin Silke Stokar von

Neuforn, Bündnis 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich finde
es zum einen zunehmend köstlich, dass sich bei diesen
innenpolitischen Debatten zeigt, dass Rot und Grün auch
inhaltlich eine politische Gemeinschaft bilden, dass wir
also eine gemeinsame rot-grüne Innenpolitik machen,


(Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Was bleibt uns übrig!)


in der auch ein Abwägungsprozess stattfindet.
Zum anderen finde ich den Hinweis des Dreamteams

Merkel und Westerwelle, ab 2006 gemeinsam zu regie-
ren, zunehmend köstlich. Ich frage mich: Soll das eine

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(C (D weckgemeinschaft werden; denn wo sind überhaupt och inhaltliche Berührungspunkte? Ich finde das sehr nteressant. Ich glaube aber, die Bürgerinnen und Bürger ekommen mit, dass wir eine vernünftige, eine abwäende Innenpolitik machen. (Dr. Ole Schröder [CDU/CSU]: Sprechen Sie doch einmal zur Sache!)


ch bin fest davon überzeugt, dass Rot-Grün noch weit
ber 2006 hinaus für die Sicherheit, aber auch für die
reiheit unserer Bürgerinnen und Bürger eintreten wird.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Gisela Piltz [FDP]: Der Unterschied ist, dass wir an unseren Überzeugungen festhalten!)


Ich spreche jetzt zur Sache, nämlich zum Antrag der
DU/CSU. Ich finde es interessant – hier habe ich eine
ndere Einschätzung als die FDP –, dass die von Ihnen
egierten Länder den Begriff Bundespolizei und die da-
it verbundene Zuständigkeitserweiterung generell ab-
ehnen.


(Dr. Ole Schröder [CDU/CSU]: Hier geht es aber nicht um Bundespolizei, sondern um das Kennzeichen-Scanning!)


ie aber nehmen mit Ihrem Antrag eine Vermengung
on landespolizeilichen Aufgaben und der derzeitigen
renzpolizeilichen Aufgaben des BGS vor. Die Gefah-
enabwehr, also die Strafverfolgung beispielsweise in
ällen von Kfz-Diebstahl, gehört heute aber eben nicht
ur Kernaufgabe des BGS. Dies ist originäre Aufgabe
nserer Landespolizeien.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Soll es auch bleiben!)


Ich finde es aber – das möchte ich auch deutlich sa-
en – geradezu erschreckend, wie mit Grundsätzen unse-
es Rechtsstaates umgegangen wird. Wir haben nichts
egen die Technik des Scannings von Autokennzeichen.
ie aber wollen dies verdachtsunabhängig, permanent,
agebildunabhängig und unterschiedslos gegen jeden
ürger und gegen jede Bürgerin an jedem Ort einsetzen.
as bedeutet eine völlige Abkehr von dem rechtsstaatli-
hen Grundsatz der Unschuldsvermutung.


(Roland Gewalt [CDU/CSU]: Um Gottes willen!)


Sie müssen doch einmal zur Kenntnis nehmen – hier
eziehe ich mich auf die Stellungnahme der Daten-
chützer, die ernst zu nehmen ist –: Selbstverständlich
ird ein Eingriff in das informationelle Selbstbestim-
ungsrecht nicht dadurch besser, dass die Bürgerin-
en und Bürger keine Kenntnis davon haben und auch
icht merken, dass sie permanent überwacht und ihre
fz-Kennzeichen mit Fahndungsdateien abgeglichen
erden. Die Eingriffstiefe wird doch nicht dadurch ge-
inger, dass der Bürger die Kamera an der Autobahn-
rücke nicht bemerkt, die das Kennzeichen seines Fahr-
euges erfasst und mit der Fahndungsdatei abgleicht.
er nächste Schritt ist dann – wie in England – ein
canning der Autoinsassen. Danach wird dann in jedem






(A) )



(B) )


Silke Stokar von Neuforn

Fußballstadion geprüft, ob dort nicht vielleicht ein Ta-
schendieb sitzt.

Sie begründen die von Ihnen – unter Missachtung der
verfassungsschutzrechtlichen und datenschutzrechtli-
chen Regelungen – vorgeschlagenen Maßnahmen mit
dem lapidaren Hinweis: Es ist doch nicht so schlimm,
wenn wir eine permanente Überwachung aller Bürgerin-
nen und Bürger in unserem Land mit verschiedenen
technischen Überwachungsmitteln, die auch noch mit-
einander vernetzt werden, zulassen. So weit werden wir
nicht gehen.


(Beifall des Abg. Josef Philip Winkler Wir setzen moderne Überwachungstechnik in den Grenzen der Verfassung und des Datenschutzrechts ein. Gegen eine mobile Überwachung von Kennzeichen – zum Beispiel bei einer Schwerpunktaktion der Polizei – ist nichts einzuwenden. Aber wir können nicht so weit gehen, wie Sie es fordern. Sie schaffen den permanenten Überwachungsstaat. (Widerspruch bei der CDU/CSU – Otto Fricke [FDP]: Allgemeine Vorurteile!)


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir können doch nicht so weit gehen, dass wir an Au-
tobahnen, auf Bahnhöfen, in Fußballstadien und an
Grenzübergängen mit technischen Überwachungsinstru-
menten arbeiten. Wir können doch nicht überall Autos,
Gesichter, biometrische Merkmale und DNA registrie-
ren. Sie müssen doch einmal die Summe Ihrer Anträge
und Forderungen bilden! Mir wird dabei angst.


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Wir haben bei Ihnen Angst!)


Wir werden eine vernünftige Innenpolitik mit Augen-
maß betreiben. Dafür steht Rot-Grün. Wir werden in je-
dem einzelnen Punkt weiterhin abwägen, ob ein Mittel
geeignet und verhältnismäßig ist.

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513610200

Zum Schluss dieser Debatte hat das Wort der Kollege

Ronald Gewalt für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Roland Gewalt (CDU):
Rede ID: ID1513610300

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kol-

legin Stokar von Neuforn, Sie haben ein flammendes
Plädoyer für den Rechtsstaat gehalten. Schauen Sie sich
Frankreich, Großbritannien und die Schweiz an! Das
sind alteingesessene europäische Demokratien, die das
Kennzeichen-Scanning längst eingeführt haben. Also ein
bisschen gemach an dieser Stelle.

Das Scannen und Registrieren von Kfz-Kennzei-
chen zu Fahndungszwecken ist in vielen europäischen
Ländern längst Praxis bei der Polizei. Ich nenne das Bei-
spiel der Schweiz: Der Fahndungscomputer in der Zen-

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(C (D rale der Züricher Polizei schlägt etwa fünf Mal pro Tag larm, wenn an einer der Hauptverkehrsstraßen der tadt von den Aufzeichnungsgeräten das Kennzeichen ines gestohlenen Fahrzeugs gemeldet wird oder der ahrer zur Fahndung ausgeschrieben ist. Streifenwagen er Polizei riegeln dann das Gebiet sofort ab und, Herr ollege Hofmann, der Täter kann in vier von fünf Fällen das ist eine beeindruckende Bilanz – gefasst werden. (Clemens Binninger [CDU/CSU]: Das wollen die Grünen gar nicht! – Gegenruf des Abg. Frank Hofmann [Volkach] [SPD]: Quatsch!)


on den Kameras in der Schweiz werden das Kennzei-
hen, die Frontpartie, die Marke und das Modell des Wa-
ens erfasst. In Sekundenbruchteilen werden die Infor-
ationen an den Computer weitergegeben, der dann den
larm auslöst.
Die Erfolge – ich habe sie soeben angerissen – sind

eeindruckend. Sie waren ausschlaggebend dafür, dass
ie Videoüberwachung von Kraftfahrzeugen überall in
uropa auf dem Vormarsch ist. Großbritannien, Italien
nd die Schweiz haben hier eine Vorreiterrolle über-
ommen. Mittlerweile sind auch in Deutschland drei
odellversuche gelaufen, in Brandenburg gab es den
eitestgehenden, und zwar unter sozialdemokratischer
egierungsverantwortung.


(Zurufe von der CDU/CSU: Hört! Hört!)

ayern und Hessen haben begrenzte Versuche durchge-
ührt. Überall ist das Urteil der Polizei eindeutig.


(Frank Hofmann [Volkach] [SPD]: Wie war das in Thüringen?)


Das Kfz-Kennzeichen-Scanning ist ein viel verspre-
hendes Fahndungsmittel. So fällt auf, dass seit Einfüh-
ung der Videoüberwachung von Kraftfahrzeugen in Ita-
ien der Autodiebstahl – dort bekanntermaßen ein
roßes Problem – deutlich zurückgegangen ist. Ich habe
eute früh die Zahlen für Norditalien erhalten. Dort gab
s einen Rückgang des Autodiebstahls um 22 Prozent.
ch glaube, das kann sich sehen lassen, meine Damen
nd Herren von der SPD.


(Dr. Ole Schröder [CDU/CSU]: Allerdings!)

Man kann davon ausgehen, dass die Videoüberwa-

hung von Kraftfahrzeugen nicht nur eine Fahndungs-
omponente, sondern auch eine präventive Komponente
at, die für den Bürger die entscheidende ist. Frau Piltz,
m den Bedenkenträgern gleich den Wind aus den Se-
eln zu nehmen: Datenschutzprobleme bestehen eben
icht. Die Daten und Bilder, die von der Videokamera
rfasst werden, werden nicht gespeichert, sondern nur
it den Daten abgeglichen, die bereits im Fahndungs-
omputer sind. Eine Speicherung über Stunden und Tage
st überhaupt nicht vorgesehen und nicht notwendig.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eine sehr einseitige Wahrnehmung!)


nsofern verstehe ich Ihre Bedenken nicht.






(A) )



(B) )


Roland Gewalt

Gerade in Zeiten, in denen die Grenzkontrollen inner-

halb der Europäischen Union wegfallen – Ihr Argument,
Herr Kollege Hofmann, ist daher eher ein Argument für
die Einführung des Kennzeichen-Scannings –,


(Dr. Ole Schröder [CDU/CSU]: Das Argument habe ich auch nicht verstanden, Herr Hofmann!)


braucht man eine Kompensation hinter den Grenzen.
Deshalb sollte nicht nur der Polizei der Länder, sondern
auch dem Bundesgrenzschutz die Möglichkeit gegeben
werden, die Videoüberwachung von Kraftfahrzeugen
einzuführen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Noch sicherer wäre es, jedem einen Chip zu implantieren!)


Meine Damen und Herren, lassen Sie mich daran er-
innern, dass nicht nur die Innenminister der Union, son-
dern auch die der Sozialdemokraten – zum Beispiel Herr
Behrens aus Nordrhein-Westfalen und Herr Körting aus
Berlin – Interesse am Kfz-Kennzeichen-Scanning ge-
zeigt haben.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! – Frank Hofmann [Volkach] [SPD]: Es geht um den BGS, nicht um die Polizei der Länder!)


Allerdings wollen die sozialdemokratischen Innenminis-
ter – offensichtlich, um die Landespolizeigesetze nicht
ändern zu müssen – anders bezogene Kontrollen.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, das ist richtig! – Frank Hofmann [Volkach] [SPD]: Das ist okay! – Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Wir wollen keinen Big Brother!)


Diese Kontrollen, Frau Kollegin Stokar – das zeigen die
Pilotprojekte in Brandenburg, Bayern und Hessen –, sind
jedoch nicht ausreichend. Gerade die regelmäßigen Auf-
nahmen durch fest installierte Kameras und die anlass-
unabhängigen Kontrollen sind für einen Erfolg maßgeb-
lich. Deshalb setzen wir uns für sie ein.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bei anderen Maßnahmen setzen Sie sich gerade dagegen ein!)


Herr Staatssekretär, der Bundesinnenminister hat im
Übrigen nicht dasselbe Problem wie seine sozialdemo-
kratischen Kollegen in den Ländern. Er braucht keine
Angst davor zu haben, bei einer Gesetzesinitiative zur
Einführung anlassunabhängiger Kontrollen an der ei-
genen Fraktion zu scheitern;


(Dr. Ole Schröder [CDU/CSU]: Sie brauchen die Grünen doch gar nicht! Macht das doch einfach!)


denn im Bundesgrenzschutzgesetz sind bereits anlassun-
abhängige Videokontrollen vorgesehen. Es ist übrigens
eines der ganz wenigen bundesweit gültigen Polizeige-

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(C (D etze, in denen solche Kontrollen bereits vorgesehen ind. (Dr. Ole Schröder [CDU/CSU]: Machen Sie es doch einfach!)


eshalb richte ich folgenden Appell an Sie, Herr Staats-
ekretär, bzw. an die gesamte Bundesregierung: Wenden
ie dieses fortschrittliche Gesetz bitte an und geben Sie
em Bundesgrenzschutz die Möglichkeit, diese erfolg-
eiche Fahndungsmethode einzusetzen!
Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513610400

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 15/3713 an die in der Tagesordnung aufge-
ührten Ausschüsse vorgeschlagen. – Dazu stelle ich
invernehmen fest. Dann ist die Überweisung so be-
chlossen.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 22 auf:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Einführung der Europäischen Gesellschaft

(SEEG)

– Drucksache 15/3405 –

(Erste Beratung 118. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsaus-
schusses (6. Ausschuss)

– Drucksache 15/4053 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Dirk Manzewski
Olaf Scholz
Dr. Norbert Röttgen
Jerzy Montag
Rainer Funke

Zu diesem Gesetzentwurf liegt ein Änderungsantrag
er CDU/CSU-Fraktion vor.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für

ie Aussprache 45 Minuten vorgesehen. – Dazu höre ich
einen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort erhält zunächst

er Kollege Olaf Scholz für die SPD-Fraktion.

Olaf Scholz (SPD):
Rede ID: ID1513610500

Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen!
ir führen heute eine sehr wichtige Diskussion über den
esetzentwurf zur Einführung der Europäischen Gesell-
chaft. Hierbei geht es nicht nur darum, formal irgend-
inen Gesetzentwurf zu beschließen. Vielmehr geht es
arum, dass unsere Unternehmen mit anderen europäi-
chen Unternehmen auf einer guten Grundlage fusionie-
en können. Diese Grundlage schaffen wir heute. Das ist
ehr wichtig, weil in zusammenwachsenden Wirtschafts-
äumen nicht darauf verzichtet werden kann, dass den






(A) )



(B) )


Olaf Scholz

Menschen und den Unternehmen Rechtsformen zur Ver-
fügung gestellt werden, in denen sie sich zusammen-
schließen können. Das wird nun geschehen. Ich glaube,
das ist ein richtiger Schritt und ein guter Erfolg.

Diese Diskussion ist immer schwierig gewesen, weil
nicht klar war, wie die insbesondere in der Frage der
Mitbestimmung bestehenden unterschiedlichen Tradi-
tionen in den verschiedenen europäischen Ländern mit-
einander zu vereinbaren sind. Das hat dazu geführt, dass
es lange gedauert hat, bis auf europäischer Ebene eine
entsprechende Richtlinie ausgearbeitet wurde, die wir
jetzt in nationales Recht umsetzen können. Letztendlich
ist dabei allerdings etwas Gutes herausgekommen. Die
gute Botschaft für unser Land lässt sich wie folgt zusam-
menfassen: Die deutsche Form der Unternehmensmitbe-
stimmung wird auf europäischer Ebene gut funktionie-
ren.


(Otto Fricke [FDP]: Was aber nicht sinnvoll ist!)


Die Europäische Gesellschaft und die europäische Wirt-
schaft sind mit der deutschen Mitbestimmung vereinbar.
Das ist die Botschaft, die heute vom vorliegenden Ge-
setzentwurf ausgeht. Diese Botschaft ist positiv und wir
sollten sie weitersagen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren, das sehen auch andere so.

(Zuruf von der CDU/CSU: Ja, die Gewerk schaften!)

Erst vor kurzem hat Herr Schrempp verkündet, dass er
gute Erfahrungen mit der Mitbestimmung gemacht hat,
dass er es auf der Arbeitnehmerseite überall, wo er zu-
ständig gewesen ist, mit kompetenten Menschen zu tun
hatte und dass es, wenn es wirklich einmal Schwierig-
keiten gegeben hat, oft daran lag, dass sich diejenigen,
die eine unternehmerische Entscheidung zu treffen hat-
ten, diese nicht zugetraut haben, obwohl sie im Auf-
sichtsrat ein Zweitstimmrecht hatten. Also noch einmal:
Die Mitbestimmung ist europarechtskonform und auch
viele wichtige deutsche Unternehmerpersönlichkeiten
finden, dass sie etwas Gutes ist und wir sie in diesem
Land bewahren sollten.

Was ist in der Diskussion hier passiert? Sie haben ver-
sucht, zum Kampf gegen die Mitbestimmung zu blasen.
Sie haben gesagt: Das geht alles nicht. Der kleine Vor-
wand Europa sollte herhalten für ein Ende der Mitbe-
stimmung in Deutschland, insbesondere der paritäti-
schen. Der große Wind, den Sie da gemacht haben, ist in
der fachlichen Anhörung ein bisschen untergegangen.


(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Da haben Sie aber nicht zugehört!)


Denn was ist herausgekommen? Eine einzige kleine
Botschaft: In dem Fall, dass man sich in Deutschland
nicht für das bekannte dualistische System mit Vorstand
und Aufsichtsrat entscheidet, sondern für das monisti-
sche System eines Verwaltungsrates, zu dem die ge-
schäftsführenden Direktoren gehören, in diesem einen

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(C (D eltenen Fall soll es so sein, dass theoretisch eine Mehreit der Arbeitnehmerseite entstehen kann. Wegen dieser leinen Nebensache wollten Sie gleich die ganze Mitbetimmung abschaffen. Dabei reicht es völlig, das Stimmecht so zu regeln, dass es dann keine Mehrheit geben ann. Ihr großer Wind war ein lauer Luftzug. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Deshalb vielleicht eine letzte Bemerkung, auch als
trategische Warnung: Passen Sie auf, dass Sie sich hier
icht die zweite Kopfpauschale holen!


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513610600

Ich erteile das Wort dem Kollegen Norbert Röttgen,
DU/CSU-Fraktion.


Dr. Norbert Röttgen (CDU):
Rede ID: ID1513610700

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

en! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Unterneh-
ensmitbestimmung steht wieder auf der Tagesordnung.
ie ist ein Sachverhalt, mit dem man sich politisch be-
chäftigen muss, den man nicht ignorieren kann.
Zur Klarstellung: Die Unternehmensmitbestimmung

st nicht – das wissen wir, aber ich sage es hier bewusst –
ie Mitwirkung von Arbeitnehmern im Betriebsrat. Das
st nicht das Thema, sondern wir reden über die Mitbe-
timmung von Arbeitnehmern und Gewerkschaften im
ufsichtsrat großer Kapitalgesellschaften, nämlich sol-
her, die mehr als 2 000 Beschäftigte haben. Dieses
hema ist im Zusammenhang mit Europa wieder auf die
agesordnung gekommen.
Nun gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, mit die-

er Wirklichkeit umzugehen. Eine Möglichkeit besteht
arin, zu sagen: Wir nutzen das für unsere Interessen.
err Rogowski hat gesagt: Wir wollen diese Gelegenheit
utzen, um einen – angeblich – historischen Fehler zu
orrigieren. Das ist nicht die Auffassung der CDU/CSU-
undestagsfraktion und nicht die Auffassung der Par-
eien CDU und CSU. Wir halten die Auffassung, die er
ertreten hat, für falsch.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Es gibt eine zweite Möglichkeit, die auch taktisch ist

nd die Sie, Herr Kollege Scholz, zu meiner persönli-
hen Enttäuschung geradezu exemplarisch wieder vor-
eführt haben. Ich persönlich habe mich eigentlich sehr
arüber gefreut, dass der Verlust Ihres Amtes bei Ihnen
u einer vernunfttreibenden Persönlichkeitsentwicklung
eführt hat.


(Heiterkeit im ganzen Hause)

un haben Sie in dieser positiven Entwicklung gerade
inen kleinen Stopp eingelegt und sind wieder in Ihre
lte Rolle zurückgefallen. Schon ist es wieder schief ge-
angen. Bleiben Sie ein vernünftiger Parlamentarier,
ann werden Sie auch an dieser Debatte bereichernd teil-
ehmen.






(A) )



(B) )


Dr. Norbert Röttgen


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Solche Erfahrungen bleiben Ihnen ja erspart, Herr Röttgen!)


Das ist die persönliche Empfehlung, die ich Ihnen ge-
ben möchte.

Sie haben uns die zweite Möglichkeit vorgeführt, tak-
tisch auf dieses Thema zu reagieren, das uns die Wirk-
lichkeit – nichts sonst – serviert. Sie haben gesagt: Wir
ignorieren das, weil es parteitaktisch zu unserem Vorteil
ist – das ist Ihr wahrer Grund – und weil wir es partei-
taktisch nutzen wollen: gegen diejenigen, die sich in der
Sache mit einem real existierenden Wirtschafts- und Ar-
beitsmarktthema unserer Gesellschaft beschäftigen wol-
len. Sie haben ja die Warnung ausgesprochen, dass Sie
dieses Thema zur Verhetzung nutzen, die Gewerkschaf-
ten mobilisieren und die SPD stabilisieren wollen, aber
um die Sache nicht ringen wollen. Das ist der Vorwurf,
den ich Ihnen mache.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Das ist vielleicht parteitaktische Interessenwahrneh-

mung, aber Sie verletzen Ihre Pflichten, weil es hier um
deutsche Interessen geht. Es geht um Arbeitsplätze und
Unternehmen in Deutschland. Das ist die Frage, kein
Kulturkampf. Es geht um die ganz nüchterne, aber ge-
sellschaftspolitisch und wirtschaftspolitisch grundsätzli-
che Frage: Welche Bedeutung hat die Unternehmensmit-
bestimmung für die Wettbewerbsfähigkeit unseres
Landes als Standort internationaler Unternehmen? Sie ist
nicht akademisch oder theoretisch, sondern bedrohlich.
Es ist bedrohlich, wenn der Aufsichtsratsvorsitzende und
der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank erklären,
dass im Falle eines Zusammenschlusses die Holding
ihren Sitz ganz sicher nicht in Deutschland, sondern
vielleicht in Luxemburg oder in Amsterdam haben wird.


(Zuruf von der SPD: Skandal!)

– Sie halten das für einen Skandal. Das ist aber die Wirk-
lichkeit. Herr Kollege, unsere Aufgabe ist es, die Wirk-
lichkeit zu gestalten und sie nicht zu ignorieren, was Ihre
bevorzugte Variante der Behandlung des Themas ist. Wir
müssen gestalten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Ansonsten ist Deutschland als Unternehmenssitz und als
Sitz von Arbeitsplätzen der Verlierer.

Rhône-Poulenc und Hoechst haben sich zu Aventis
zusammengeschlossen. Der Sitz der Holding ist nicht in
Deutschland, sondern Straßburg. Wir könnten eine ganze
Latte von Unternehmen auflisten, die Deutschland nicht
nur aus Gründen der Unternehmensmitbestimmung, son-
dern auch aus steuerlichen Gründen meiden. Hier spielt
eine Vielzahl von politischen und rechtlichen Rahmen-
bedingungen eine Rolle, die durch Sie so gestaltet wer-
den, dass Deutschland als Sitz internationaler Unterneh-
men nicht attraktiv ist.

Entscheidend ist, dass es schlicht nicht funktioniert,
Deutschland zu verriegeln. Aus wirtschaftlichen und
rechtlichen Gründen kann es nicht gelingen, Deutsch-
land abzuriegeln, indem verhindert wird, dass Unterneh-

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(C (D en zu uns kommen oder dass sie unser Land verlassen. s gibt die Dienstleistungsfreiheit, die Niederlassungsreiheit und den europäischen sowie den globalen Markt. s ist eine Illusion, zu glauben, wir könnten eine Trutzurg bauen, mit der wir unser Land vor dem internatioalen und europäischen Wettbewerb schützen können. Das kann nicht gelingen. Sie wissen das in Wahrheit uch. Ich mache Ihnen die Diskrepanz zum Vorwurf, ass Ihre Problemkenntnis höher ist als Ihr Handeln und eden. Warum ist die Unternehmensmitbestimmung – ich ede von der paritätischen Mitbestimmung, die 1976 eineführt worden ist – ein Faktor bei der Wettbewerbsfäigkeit? Sie ist es, weil sie ohne internationale Nachahung geblieben ist. Sie ist ein deutsches Unikat eblieben und wird in weiten Teilen der Welt, insbesonere im angelsächsischen Wirtschaftsraum, nach wie vor ls fremd, abschreckend und bedrohend empfunden. Das st nicht bei allen, aber bei vielen die Wahrnehmung der eutschen Unternehmensmitbestimmung als einem einigartigen Modell, das insbesondere durch gewerkchaftlichen Einfluss geprägt ist. Wenn Sie daran nichts ndern, dann wird die Unternehmensmitbestimmung auf em Papier stehen bleiben und es wird immer weniger nternehmen geben, auf die sie Anwendung findet. Sie erden dann an einer papiernen Wirklichkeit bauen. Die ealität und die Interessen der Arbeitnehmer werden Sie adurch nicht thematisieren. wie des Abg. Otto Fricke [FDP])


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) so-


Wir können dem Thema nicht entfliehen. Dafür gibt
s drei konkrete Gründe. Über einen davon reden wir
eute, nämlich die Europäische Gesellschaft. Der erste
rund ist die Eingeführung einer europäischen Rechts-
orm einer Kapitalgesellschaft. Der zweite Grund ist die
usionsrichtlinie, die verhandelt wird. Wenn Sie das er-
eichen sollten, was Sie bei der Aushandlung der Richtli-
ie über die Europäische Gesellschaft erreicht haben,
ann werden deutsche Unternehmen fusionsunfähig
erden und als Partner nicht mehr infrage kommen. Der
ritte Grund, sich mit diesem Thema befassen zu müs-
en, weil sich die Wirklichkeit sonst von der Politik ver-
bschiedet und ihr eigenes Reglement schafft, ist der
uropäische Gerichtshof, der inzwischen in drei Ent-
cheidungen geurteilt hat, dass Unternehmen gezielt eine
usländische Rechtsform wählen können, um nationale
nternehmensrechtliche Bestimmungen zu umgehen.
as ist kein Missbrauch, sondern nach der Rechtspre-
hung des Europäischen Gerichtshofes die Wahrneh-
ung der Niederlassungsfreiheit. Sie können es nicht
erhindern. Es gibt keine rechtliche Grundlage dafür, zu
lauben, wir wären eine Insel in Europa und könnten
och etwas regeln. Das wird nicht der Fall sein.
Verantwortlich handelt der, der der Unternehmensmit-

estimmung eine europäische Perspektive bietet. Das ist
ine Aufgabe, die verantwortungsbewusst wahrgenom-
en werden muss. Taktisches Geschrei und Verhet-
ung – ich weiß nicht, ob das zu Ihrem parteipolitischen
orteil ist. Dem Land dienen Sie damit nicht.






(A) )



(B) )


Dr. Norbert Röttgen

Nun zum konkreten Gegenstand der Europäischen

Gesellschaft. Wir haben hier darüber zu entscheiden, ob
dieses Recht Wirklichkeit werden soll, ob es also Euro-
päische Gesellschaften in Deutschland geben soll, oder
ob dieses Recht in Deutschland totes Recht bleibt und
nur in anderen Ländern Wirklichkeit wird. Das ist
schwierig genug, weil diese Bundesregierung eine Auf-
fangregelung ausgehandelt hat: Wenn man sich nicht
auf ein Mitbestimmungsmodell verständigen kann, greift
das Mitbestimmungsrecht mit dem höchsten Niveau in
dem betroffenen Land. Das ist immer das deutsche
Recht. Allein mit dieser Regelung, die die deutsche Bun-
desregierung auf europäischer Ebene als Gesetzgeber
durchgesetzt hat, tragen Sie dazu bei, dass Deutschland
als Sitz eines Unternehmens nicht attraktiv ist, weil es
am Ende dazu kommen kann, dass das deutsche Recht
durchgesetzt wird. Diese Verantwortung tragen Sie.

Nun geht es aber darum, den verbliebenen Spielraum
zu nutzen oder diese Gesellschaftsrechtsform rechtlich
totzumachen; das ist der Vorschlag der Bundesregierung.
Es geht nicht darum, die Unternehmensmitbestimmung
abzuschaffen. Unser Vorschlag ist an keiner einzigen
Stelle darauf gerichtet. Wir unterscheiden uns gerade da-
rin, dass wir all diejenigen respektieren, die die existie-
rende deutsche Unternehmensmitbestimmung aufrecht-
erhalten wollen.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513610800

Herr Kollege Röttgen, der Kollege Scholz möchte den

von Ihnen vermuteten Persönlichkeitsschub durch eine
Zwischenfrage verdeutlichen.


Dr. Norbert Röttgen (CDU):
Rede ID: ID1513610900

In diesem Sinne freue ich mich auf die Zwischenfrage

und lasse sie selbstverständlich zu. Wir sollten ihm per-
manent Rehabilitierungschancen einräumen.


(Heiterkeit – Michael Grosse-Brömer [CDU/ CSU]: Vielleicht bekommt er dann einen neuen Job!)



Olaf Scholz (SPD):
Rede ID: ID1513611000

Ich möchte Ihnen nur eine Frage im Hinblick auf Ihre

Ausführungen stellen. Sie haben gesagt, dass die europäi-
sche Richtlinie dazu führt, dass die Mitbestimmung, die
in Deutschland eine Rolle spielt, auch dann gilt, wenn
ein deutsches Unternehmen in großem Umfang beteiligt
ist und kein Sitz in Deutschland gewählt wird. Welchen
Sinn machen dann Ihre Ausführungen zu Deutschland
als Firmensitz?


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eine ganz schwierige Frage!)



Dr. Norbert Röttgen (CDU):
Rede ID: ID1513611100

Meine Ausführungen machen im Hinblick auf die At-

traktivität eines deutschen Unternehmens als Partner und
Teil einer Europäischen Gesellschaft Sinn. Das ist die
Auswirkung.


(Olaf Scholz [SPD]: Sie haben gesagt, man wähle den Sitz gar nicht hier!)



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(C (D Es gibt zwei Möglichkeiten, die zur Durchsetzung der eutschen Mitbestimmungsrechte führen. Das ist entweer der Sitz oder die überwiegende Beteiligung einer eutschen Gesellschaft. Sie haben sichergestellt, dass eide Möglichkeiten dazu führen, dass das deutsche Unernehmensmitbestimmungsrecht greift. Damit haben ie dafür gesorgt, dass große Unternehmen, die eine berwiegende Beteiligung an einer Europäischen Gesellchaft haben, in dem Maße, wie unser Land für eine euopäische Gesellschaft unattraktiv wird, ihrerseits für die ahrnehmung dieser Chancen einer europäischen echtsform unattraktiv werden. (Beifall des Abg. Michael Grosse-Brömer [CDU/ CSU] – Rainer Funke [FDP]: So ist es!)

Den von Ihnen aufgebauten Zaun kann man nicht

urchdringen. Die einzige Möglichkeit ist, dass deutsche
nternehmen unser Land verlassen, entweder unter Ver-
leib als deutsches Unternehmen oder unter Annahme
iner ausländischen Rechtsform, was der EuGH ermög-
icht hat. Das ist der Punkt: Sie zwingen die Unterneh-
en zur Flucht: entweder aus der Rechtsform oder aus
em Land.
Der Unterschied zwischen uns liegt im Kern darin,

ass wir den Unternehmen nicht vorschreiben wollen,
as für sie die bessere Unternehmensmitbestimmung ist.
ie haben uns eben unterstellt, dass wir die Unterneh-
ensmitbestimmung abschaffen und an der Möglichkeit,
ach geltendem Recht Unternehmensmitbestimmung
uszuüben, etwas verändern wollen. Das stimmt schlicht
nd ergreifend nicht; das ist die Unwahrheit. Ich möchte
ies ganz ausdrücklich zurückweisen. Wir wollen jedem
nternehmen, das die gegenwärtige Unternehmensmit-
estimmung aufrechterhalten möchte, diese Möglich-
eit einräumen. Wir erkennen durchaus das Recht und
ie Vorteile, die die Unternehmensmitbestimmung hat,
ämlich die Integration von Arbeitnehmern und Ge-
erkschaften in die Verantwortung des Unternehmens
uch in schwierigen Phasen. Das bestreitet doch kein
ensch. Aber im Gegensatz zu Ihnen sagen wir: Wir ha-
en nicht das Recht, den Unternehmen von Gesetzes we-
en vorzuschreiben, dass dies der einzig denkbare Weg
st. Wenn die Unternehmensmitbestimmung des gelten-
en Rechts so attraktiv ist, wie Sie das immer betonen:
arum müssen Sie sie dann unter Monopolschutz stel-

en? Warum können Sie nicht die Wahlfreiheit ermögli-
hen, wie wir es attraktiv vorgeschlagen haben?
Herr Schrempp mag es so halten, wie er möchte. Aber

s gibt vielleicht auch Unternehmen, die auf der Grund-
age des monistischen Systems, des bekannten Systems
er angelsächsischen Welt, das ihnen vertraut ist, in
eutschland – der deutsche Standort bietet auch Vorteile –
rbeiten, Gewinne machen und Arbeitsplätze zur Verfü-
ung stellen wollen. Für sie wollen wir ein Signal set-
en, das einen pragmatischen, vernünftigen Kompromiss
wischen der Wahrung des Niveaus deutscher Unterneh-
ensmitbestimmung und einem Unternehmensfüh-
ungssystem aus der angelsächsischen Welt beinhaltet.
erade dieser Kompromiss ist es, der beide Prinzipien
iteinander in Übereinstimmung bringt und darum ein
chtes Angebot an die Wirtschaft, aber auch ein






(A) )



(B) )


Dr. Norbert Röttgen

Friedensangebot an alle, die guten Willens sind, ist. Ich
hoffe, Sie, die Koalition, werden sich bald zu diesem gu-
ten Willen bekennen, weil es um deutsche Interessen,
um die Interessen von Unternehmen in Deutschland und
von deutschen Arbeitnehmern geht.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau in der Reihenfolge!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513611200

Nächster Redner ist der Kollege Fritz Kuhn für das

Bündnis 90/Die Grünen.


Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513611300

Sehr verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Ich finde, man muss schon vorweg einige
Sätze über die Mitbestimmungsdiskussion, die gerade in
Deutschland tobt, verlieren. In einer Situation, in der wir
bei Opel und Karstadt doch offensichtliche Probleme der
Unternehmensführung und der langfristigen strategi-
schen Orientierung der Unternehmensführung haben,
treten Teile des Kapitals, in diesem Fall vertreten durch
den BDI-Chef, auf und sagen, die Mitbestimmung sei
ein historischer Irrtum. Das ist nicht zu akzeptieren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ich freue mich, dass Sie klar und deutlich gesagt ha-
ben, dass Sie das für Quatsch halten, was Rogowski for-
muliert hat.

Allerdings ist der Angriff auf die Mitbestimmung
breiter. In der schriftlichen Stellungnahme anlässlich der
Anhörung zu der Europäischen Gesellschaft, die wir im
Ausschuss durchgeführt haben, formulieren BDI und
BDA übereinstimmend, die Mitbestimmung in Deutsch-
land sei ein ernsthaftes „Investitionshindernis für die
Bundesrepublik Deutschland“.


(Rainer Funke [FDP]: Stimmt doch!)

Jetzt sind wir an einer spannenden Stelle. Sie sagen,
Rogowski täusche sich, wenn er von einem historischen
Irrtum spreche, aber Sie propagieren die These, die Mit-
bestimmung sei ein Investitionshindernis. Da sind Sie
nicht weit weg von Rogowski. Darauf will ich hinaus.
Wenn Sie öffentlich in Europa und in der Welt erzählen,
wir in Deutschland hätten die Mitbestimmung irgend-
wann einmal eingeführt, hielten sie aber für ein Investi-
tionshindernis, dann führen Sie einen ideologischen
Kampf gegen die Mitbestimmung in Deutschland.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wenn ich in England oder in den USA mit Leuten
aus der Wirtschaft über diese Frage rede, dann sagen
diese, Mitbestimmung sei für sie schwer zu verstehen
und passe vielleicht nicht gut in ihr System, aber ich
müsse erklären, warum viele deutsche Verbandsfunktio-
näre und deutsche Politiker, vor allem auf der rechten

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(C (D eite, permanent so schlecht über die Mitbestimmung edeten, während sie praktisch im betrieblichen Konflikt schauen Sie sich die Auseinandersetzungen bei Sieens und Daimler an; ich verweise auch auf die vor uns iegenden Auseinandersetzungen bei VW – und dann, enn es um Umstrukturierungen geht, perfekt funktioiere. Ich habe eine einfache Antwort. Wenn man sich ur Mitbestimmung bekennt, so wie Sie es gerade in Iher Rede getan haben, jedenfalls abstrakt, dann muss an auch für die Mitbestimmung im Innern und nach ußen werben und kann nicht sagen, eigentlich wolle an sie, aber sie sei leider ein Investitionshindernis. Da rgumentieren Sie meines Erachtens ideologisch nicht auber. (Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Ich habe das Gegenteil gesagt!)


Etwas anderes ist, dass wir die Mitbestimmung refor-
ieren können. Es gibt nichts, das so gut wäre, dass es
mmer so bleiben könnte, wie es ist. Also lassen Sie uns
rnsthaft und aufrichtig über die Punkte, die man verän-
ern kann und verändern müsste, diskutieren. Das be-
rifft zum Beispiel die Frage, wie hoch die Gesamtzahl
er Vertreter in den Aufsichtsräten sein muss. Ich
öre von vielen Aufsichtsräten, dass sie einfach zu groß
ind, um praktikabel sein zu können. Das betrifft sowohl
ie Seite des Kapitals als auch die Seite der Arbeitneh-
er.


(Rainer Funke [FDP]: Stimmen Sie doch unserem Antrag zu!)


a hilft Ihr Vorschlag, die Zahl der Vertreter der Arbeit-
ehmer auf ein Drittel zu stutzen und ihnen nur eine be-
atende Funktion zuzugestehen, nicht weiter.


(Rainer Funke [FDP]: Sie haben das doch abgelehnt!)


s ist doch die Abschaffung der Mitbestimmung, was
ie unter dem Stichwort Reform vorgeschlagen haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wir diskutieren hier und heute über die Europäische
esellschaft. Ich möchte Ihnen an einer Stelle wider-
prechen. Was wir jetzt gesetzlich umsetzen, ist ein guter
nd praktikabler Vorschlag. Es heißt, es wird zuerst da-
über verhandelt, wie man es machen will. In einem ge-
etzlich festgelegten Verhandlungsgremium wird also
erhandelt, ob man es anders machen will, als es der Fall
st, wenn man zu keinem Verhandlungsergebnis kommt.
ie haben eben in Ihrer Rede gesagt, dass sich die Rege-
ung auf jeden Fall nach dem Land mit der weitestgehen-
en Mitbestimmung richten wird. Ich glaube, dass Sie
ich darin täuschen. In den Verhandlungen wird ver-
ucht, die beste Lösung – das gilt auch für die Mitbe-
timmung – zu finden. Die Verhandlungen werden
chließlich von Akteuren geführt, die die Europäische
esellschaft wollen. Das in unserem Gesetzentwurf vor-
esehene Modell ist konstruktiv; Ihre Feststellung, dass
s destruktiv sei und zu einer schlechten Lösung führen
erde, ist nicht richtig.






(A) )



(B) )


Fritz Kuhn

Wir sehen das Problem an einer anderen Stelle, also

nicht in der Debatte über den Gesetzentwurf zur Einfüh-
rung der Europäischen Gesellschaft, den wir von den
Grünen unterstützen, sondern hinsichtlich der Fusions-
richtlinie. In diesem Zusammenhang stellt sich die
Frage, ob wir sozusagen im Gleichklang zu einer Ent-
scheidung über die Europäische Gesellschaft kommen
können oder ob es zu einer schlechteren, die Mitbestim-
mung diskreditierende Lösung kommen wird. Diese
Frage ist noch nicht geklärt. Wir von den Grünen halten
aber den vorliegenden Gesetzentwurf für den richtigen
Schritt und werden ihm deshalb zustimmen.

Ich rate abschließend, die Diskussion über die Mitbe-
stimmung aus dem ideologischen Kreuzfeuer herauszu-
halten, wenn es uns darum geht, etwas für Deutschland
und für die Arbeitsplätze zu tun.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das ist eine super Idee!)


– Machen Sie sich deutlich, was das heißt: Wir reden
über die Mitbestimmung im Aufsichtsrat! Sie hat sich im
Großen und Ganzen bewährt.


(Otto Fricke [FDP]: Keiner hat sie übernommen!)


– Die FDP spielt in dieser Debatte keine Rolle. Es ist
doch klar, dass Westerwelle eine andere Art von Kapita-
lismus in Deutschland will; ihm geht es nicht um die so-
ziale Marktwirtschaft. Das ist doch evident. Allein Ihr
Gerede zum Kündigungsschutz zeigt, welche Richtung
Sie einschlagen wollen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Zurück zum Thema: Man kann zwar durchaus einiges
reformieren, aber Sie – ich appelliere an die Union –
sollten in der Diskussion über die Reform der Mitbe-
stimmung den Verdacht entkräften, dass Sie die Mitbe-
stimmung via Reform erledigen wollen.


(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Das ist eine Unterstellung!)


Von diesem Verdacht sind Sie nicht frei. Stimmen Sie
heute dem Gesetzentwurf zu! Das wäre eine vertrauens-
bildende Maßnahme, um zu zeigen, dass Sie es mit der
Mitbestimmung ernst meinen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513611400

Für die Bundesregierung erhält jetzt der Parlamentari-

sche Staatssekretär Alfred Hartenbach das Wort.

(Otto Fricke [FDP]: Ich glaube, das war eine Zeile zu tief, Herr Präsident! – Alfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär: Herr Präsident, ich lasse natürlich dem Parlament den Vortritt!)



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(C (D Das nehme ich mit besonderem Vergnügen zu Protooll und rege an, das fett zu drucken, damit es in ähnlihen Situationen jederzeit als Präzedenzfall herangezoen werden kann. Das Wort hat der Kollege Rainer Funke für die FDP raktion. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit dem . Oktober dieses Jahres sind Unternehmen in der Euroäischen Union nicht mehr darauf beschränkt, die tradiionellen Rechtsformen wie die Aktiengesellschaft, die ociété Anonyme oder die britische Limited zu wählen. ie entsprechende Verordnung der EU ist nach jahrzehnelangem Ringen heute vor drei Wochen in Kraft getreen. Die Bundesregierung hat es jedoch nicht geschafft, as Gesetz zur Einführung dieser neuen Rechtsform so echtzeitig vorzulegen, dass es nach einem normalen arlamentarischen Verfahren pünktlich in Kraft treten önnte. Diese Situation alleine ist schon nicht zu akzepieren. Acht andere EU-Mitgliedstaaten haben die Ausührungsbestimmungen rechtzeitig erlassen. In Östereich ist die erste große SE gegründet worden. Doch nicht nur die mangelhafte Zeiteinteilung der undesregierung zeitigt Fehler, die es zu kritisieren gilt. or allem wegen der Regelung der Mitbestimmung könen wir diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen. s wurde schon ausreichend dargelegt, insbesondere von errn Dr. Röttgen, welche Auswirkungen die vorgeseene Mitbestimmungsregelung sowohl auf das dualistiche als auch auf das monistische System in der Bundesepublik haben wird. Ich verstehe die Sozialdemokraten und die Grünen in oweit überhaupt nicht. (Klaus Brandner [SPD]: Das können wir wiederum nicht verstehen! – Hans-Jürgen Uhl [SPD]: Herr Röttgen hat es auch nicht verstanden!)

Rainer Funke (FDP):
Rede ID: ID1513611500

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Ich glaube schon, dass er es richtig verstanden
at. – Wenn Sie glauben, dass die Aktiengesellschaft mit
er überbordenden überbetrieblichen Mitbestimmung
in gutes Modell ist, dann kann man sich in der Bundes-
epublik, aber auch im europäischen Ausland der Kon-
urrenz mit anderen Gesellschaftsformen stellen.
ann hätten Sie mit den Regelungen betreffend die SE
ie Möglichkeit eröffnen können, nicht nur eine betrieb-
iche Mitbestimmung, beispielsweise im Aufsichtsrat,
inzuführen, sondern auch die überbetriebliche Mitbe-
timmung durch Gewerkschaftsfunktionäre zu beseiti-
en. Dann gäbe es die traditionelle Aktiengesellschaft
uf der einen Seite und die SE auf der anderen Seite. Die
olge wäre ein Konkurrenzkampf zwischen diesen un-
erschiedlichen Gesellschaftsformen. Aber Sie haben ein
inheitliches System der überbetrieblichen Mitbestim-
ung gewählt.


(Beifall bei der FDP)







(A) )



(B) )


Rainer Funke

Wenn Sie einen solchen Konkurrenzkampf zugelas-

sen hätten, hätten wir in fünf oder sechs Jahren genau
sehen können, welches Modell von der Wirtschaft an-
genommen wird. Es geht doch nicht darum, Gewerk-
schaftsfunktionäre aus den Aufsichtsräten zu drängen,
sondern darum, dass in der Bundesrepublik investiert
wird und Arbeitsplätze geschaffen werden. Das wollen
wir. Wenn aber ein ausländischer Investor hier wegen
der Mitbestimmung nicht investiert – dafür mag es
sicherlich auch steuerliche Gründe geben –, dann haben
wir in der Bundesrepublik das Nachsehen. Das kann
nicht im Interesse beispielsweise von Herrn Eichel
– denn er braucht mehr Steuereinnahmen – und der deut-
schen Arbeitnehmerschaft sein.

Wir wollen, dass in Deutschland wieder Arbeitsplätze
entstehen, und nicht, dass unter dem Dach von Holding-
gesellschaften Produktion und Arbeitsplätze in die Nie-
derlande, nach Luxemburg oder – wie im Falle von
Aventis/Sanofi – nach Frankreich verlagert werden. Wir
wollen, dass hier bei uns ein Konkurrenzkampf zwi-
schen den einzelnen Systemen entsteht. Ein solcher
Konkurrenzkampf wird durch Ihr Gesetz aber nicht er-
möglicht. Deshalb lehnen wir Ihren Gesetzentwurf ab.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513611600

Nun erteile ich mit besonderem Vergnügen das Wort

dem Parlamentarischen Staatssekretär Alfred
Hartenbach.

A
Alfred Hartenbach (SPD):
Rede ID: ID1513611700


Sie sind auch mein Lieblingspräsident.
Verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kol-

legen! Bei der Opposition ist es wie mit den pawlow-
schen Hunden: Immer wenn wir über Wirtschafts-, Ge-
sellschafts- oder Arbeitsrecht reden, geht der Kiefer auf
und es wird das Lied vom Untergang Deutschlands – im-
merhin nicht vom Untergang des Abendlandes – durch
unsere Wirtschaftspolitik angestimmt. Es hat immer die
gleiche Melodie. So ist es auch hier. Ich bin natürlich an-
derer Meinung.


(Rainer Funke [FDP]: So viele Arbeitslose wie unter Ihrer Regierung haben wir doch noch nie gehabt!)


Mit der Einführung der Europäischen Gesellschaft
stärken wir die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unter-
nehmen. Immer mehr deutsche Unternehmen sind euro-
paweit tätig. Die neue Rechtsform erleichtert ihnen diese
grenzüberschreitende Betätigung und macht sie so fit für
den globalen Wettbewerb.


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Wovon reden Sie eigentlich?)


Zukünftig können Unternehmen mit Niederlassungen in
mehreren Mitgliedstaaten der EU eine Europäische Ge-

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(C (D ellschaft gründen. Sie können dann auch in anderen taaten auf der Basis vereinheitlichter Regeln tätig weren. Das spart Zeit und Kosten. Bisher mussten die Unernehmen für ihre Aktivitäten in Europa ein Netz von ochtergesellschaften errichten, für die jeweils unterchiedliche nationale Vorschriften galten. Dieser Aufand gehört mit der Europäischen Gesellschaft der Verangenheit an. Das müsste Ihnen, die Sie immer von ntbürokratisierung reden, doch lieb sein. Die Rechtsform der Europäischen Gesellschaft er aubt es Unternehmen, Landesgrenzen innerhalb der Euopäischen Union ohne weiteres zu überwinden. Ein mzug, also die Verlegung des Satzungssitzes von eiem Land in ein anderes, ist jederzeit möglich. Es kann ein, dass deswegen das eine oder andere Unternehmen us Deutschland wegzieht. Aber ausländische Unternehen können sich unter dem Dach der Europäischen Geellschaft – das ist wichtig – in Deutschland ansiedeln nd investieren. Diese Möglichkeit müssen wir eröffnen. Der Weg war lang. Rund 30 Jahre hat es gedauert, bis ie Verhandlungen in Brüssel zum Abschluss kamen. abei ging es besonders – dazu werden Herr Uhl und err Brandner etwas sagen; das muss nicht ich machen – m die Frage der Arbeitnehmermitbestimmung. Wie europarechtlich vorgegeben hat auch das SE-Ein ührungsgesetz zwei Teile: einen gesellschaftsrechtlihen und einen arbeitsrechtlichen. Für den Bereich des esellschaftsrechts sieht der Entwurf im Wesentlichen egelungen zum Schutz der Gläubiger und Minderheitsesellschafter bei Gründung und Sitzverlegung einer Geellschaft und zur Wahl zwischen verschiedenen Systeen für die Unternehmensleitung vor. Eine große Innovation ist die Garantie der Wahlfrei eit beim Leitungssystem. Die Gesellschaft kann das o genannte dualistische System mit Vorstand und Aufichtsrat wählen, wie wir es in Deutschland kennen. Sie ann sich aber auch für das so genannte monistische ystem entscheiden; dabei wird die Leitung der Gesellchaft einem Verwaltungsrat übertragen. Das monistiche System entspricht dem Board-Modell nach anglomerikanischem Vorbild. Für das deutsche Recht ist das eine neue Gestaltungsöglichkeit. Unser Einführungsgesetz sieht insoweit or, dass die Oberleitung der Gesellschaft beim Verwalungsrat liegt und dass die täglichen Geschäfte die gechäftsführenden Direktoren führen. Sie können gleicheitig Mitglieder des Verwaltungsrats sein. Daraus kann ich bei ihrer Bestellung oder Abberufung, aber auch bei eisungen ein Problem ergeben. Da sie nicht in eigener ache abstimmen dürfen, können sich die Abstimungsverhältnisse in diesen Fällen zwischen den Verretern der Anteilseigner und der Arbeitnehmer im erwaltungsrat verschieben. Darauf haben die Sachvertändigen in den Anhörungen hingewiesen. Wir waren ut beraten – da danke ich insbesondere den Koalitionsraktionen –, dieses Thema aufgegriffen und eine praktiable, gute und vernünftige Lösung gefunden zu haben. iese Lösung wird es auch diesem Verwaltungsrat eröglichen, im Konsens tätig zu werden. Parl Manchmal habe ich den Eindruck, dass Sie ein gespaltenes Verhältnis zur Politik haben. Einmal werfen Sie uns vor, in den europäischen Verhandlungen die Interessen der deutschen Politik und des deutschen Rechts zu wenig geltend zu machen. In diesem Falle werfen Sie uns wiederum vor, wir hätten auf deutsche Rechtspositionen viel zu viel Rücksicht genommen. (Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Sie machen es immer falsch! Das stimmt!)





(A) )


(B) )

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1513611800

So ist halt das Belieben der Opposition. In diesem Falle
war allerdings nicht Belieben, sondern unsere vernünf-
tige Entscheidung ausschlaggebend. Ich denke, wir wer-
den dieses Gesetz mit deutlicher Mehrheit verabschie-
den.

Herr Präsident, ich habe eine Punktlandung hingelegt.
Ich bedanke mich sehr herzlich.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513611900

Ich hätte Ihnen wegen Ihrer Freundlichkeit glatt zehn

Sekunden zusätzlich zugebilligt. Ich mache eine Notiz
für die nächste Debatte.

Nächster Redner ist der Kollege Wolfgang
Meckelburg für die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Wolfgang Meckelburg (CDU):
Rede ID: ID1513612000

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als Ver-

treter einer „gespaltenen Politik“ fällt es mir ein bisschen
schwer, hier zu sprechen. Ich sehe eher eine Schwierig-
keit in unserer gespaltenen Diskussionslage.


(Klaus Brandner [SPD]: Wo ist der Unterschied?)


– Den will ich Ihnen gerade klar machen.
Das Verhetzungspotenzial bestimmter politisch disku-

tierter Begriffe haben Sie, Herr Scholz, mit Ihrer Ein-
gangsrede eben sehr deutlich aufgezeigt. Sie haben am
Ende Ihrer Rede die Union aufgefordert, sich keine
zweite Kopfpauschale zu schaffen. Dahinter steckt doch
die Drohung – ich sage es so, wie Sie es sonst formulie-
ren –, dass Sie durch das ganze Land laufen werden, um
mit den üblichen Fallbeilargumenten bei der Diskussion
über die Themen „Mitbestimmung“, „Kündigungs-
schutz“ und „Tarifautonomie“ den Gralshüter zu spielen.

Gleichzeitig will ich Ihnen sagen: Diese Rolle haben
Sie längst aufgegeben. Wir brauchen eine sachliche De-
batte über all diese Themen.


(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Das können die nicht!)


Ich habe wirklich die Bitte an Sie – ich bin Vertreter der
Arbeitnehmergruppe; ich bin Mitglied des Ausschusses
für Arbeit und Wirtschaft; Herr Brandner, wir kennen

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(C (D ns, Sie wissen, wo ich politisch stehe –, mit uns über all iese Themen sachlich zu debattieren. Was ich meine, möchte ich am Beispiel Kündigungs chutz deutlich machen: Auch Sie haben die Hand gehoen, als wir beschlossen haben, dass in Betrieben mit bis u zehn Arbeitnehmern – vorher lag die Grenze bei ünf – neu eingestellte Mitarbeiter keinen Kündigungschutz mehr genießen. Sie haben vorgeschlagen, dass itarbeiter von Existenzgründern nicht 36 Monate, sonern 48 Monate keinen Kündigungsschutz genießen. aktisch ist es so, dass man ab 50 oder 52 Jahre aufrund der Möglichkeit von Befristungen gar keinen ündigungsschutz mehr hat. (Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann sind Ihre Anträge Unsinn!)


ennoch trauen Sie sich zu, bei diesem Stichwort als
ralshüter aufzutreten, der Sie längst nicht mehr sind.
as musste einmal gesagt werden, weil ich eine sachli-
he Debatte haben möchte.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Was die Mitbestimmung angeht, so gibt es eine Dis-

ussion. Die muss man nicht erfinden; die ist einfach da.

(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner)

as der BDI-Präsident Rogowski dazu gesagt hat, war
icherlich sehr dumm; denn historisch gesehen ist nach-
ollziehbar, warum das so gemacht worden ist und wa-
um das bis heute gilt. Es gibt viele Aussagen von Ver-
retern der Wirtschaft, die ich hier zitieren könnte – von
chrempp bis ich weiß nicht was –, die zum Inhalt ha-
en: Wir sind mit der deutschen Mitbestimmung gut ge-
ahren, weil es einen Teil sozialen Frieden, einen Teil
erlässlichkeit sowie die Möglichkeit bedeutet, länger-
ristige Absprachen zwischen Arbeitnehmern und Ar-
eitgebern zu treffen. – Darin stimmen wir alle sicher-
ch überein.
Es besteht für uns in der Union kein Grund, über die

aritätische Mitbestimmung in Unternehmen, wie sie
enn existiert, zu diskutieren. Das hat niemand von uns
orgeschlagen. Das haben wir nicht vor. Nehmen Sie das
itte zur Kenntnis! Aber wir können doch nicht die Au-
en vor Themen verschließen, die da sind. Wir werden
ns damit zunehmend beschäftigen müssen, und zwar
uf sachlicher Ebene. Das bedeutet, dass wir die Heraus-
orderungen, die neu gestellt werden, die 1976 so nicht
a waren, diskutieren müssen. Ich flehe Sie geradezu an:
assen Sie uns diese Diskussion in einem sachlichen
lima führen! Es geht nämlich um die Zukunft des
tandortes Deutschland und nicht um die Frage, ob Sie
urch Nennen bestimmter Begriffe ein Verhetzungs-
otenzial haben.
Wir können nicht einfach darüber hinweggehen, dass

s ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs gibt, das
um Beispiel eine Ltd. in den Niederlanden zulässt. Das
st so; da können wir beschließen, was wir wollen. Da ist
twas im Gange, bei dem wir Gestaltungsmöglichkeiten
aben müssen. Sie haben sich beim Thema Mitbestim-
ung letztlich auch schon in eine bestimmte Richtung






(A) )



(B) )


Wolfgang Meckelburg

bewegt, sodass Sie nicht mehr als Gralshüter auftreten
können. Helmut Kohl konnte das noch. Er hat die paritä-
tische Mitbestimmung versprochen und hat versucht, sie
in Europa durchzusetzen. Wir haben es nicht geschafft.
Auch Sie haben es nicht geschafft. Sie haben Verhand-
lungslösungen zugelassen. Das ist der erste Schritt in
eine Richtung, bei der man zumindest formal zulässt,
über Alternativen zu reden und zu entscheiden.

Wir müssen uns mit dieser Frage beschäftigen; sie ist
einfach da. Wenn man eine Holding mit Sitz in der
Schweiz bilden kann und alle auf dem Papier bestehen-
den Mitbestimmungsrechte in ein anderes Land ver-
schwinden, dann kann uns das nicht egal sein. Wir soll-
ten uns zeitig, rechtzeitig und mit Gelassenheit damit
befassen; die Zeit dafür müssen wir uns nehmen. Wir
müssen eine Diskussion darüber führen, weil sonst etwas
passiert – das befürchte ich –, was ich hier häufig erlebt
habe, nämlich dass bestimmte Bevölkerungsteile die
Probleme, die anstehen, frühzeitig diskutieren, Sie aber
dastehen und „nein, nein, nein“ rufen. Dafür gibt es zig
Beispiele aus der Zeit, die ich dem Bundestag angehöre.
Es dauert dann immer drei, vier Jahre, bis der Druck so
groß ist, dass auch Sie das diskutieren.

Weil es viele Felder gibt, auf denen wir mit ansehen
müssen, dass Sie Gesetze verabschieden und dann rela-
tiv schnell wieder Korrekturen vornehmen, habe ich die
Bitte, dass Sie das in dem Fall nicht tun, sondern dass
wir eine Debatte über die Mitbestimmung führen, an der
das Parlament als gestaltende Kraft teilnimmt. Wir soll-
ten nicht zusehen, dass zehn, 20, 30, 40 deutsche Unter-
nehmen ins Ausland gehen – möglicherweise machen
Sie schon bei der Fusion eine Bauchlandung, weil Sie
das, was Sie in der nächsten Sitzungswoche im Bundes-
tag beschließen wollen, nicht durchsetzen können –, son-
dern rechtzeitig eine Diskussion führen, die auf die Zu-
kunft gerichtet ist und bei der mit diesem Thema positiv
umgegangen wird.

Deswegen sage ich am Schluss: Machen Sie nicht den
Fehler, durchs Land zu laufen und zu sagen, die CDU sei
gegen die Mitbestimmung in Unternehmen! Wir halten
nämlich daran fest. Aber wir müssen die Diskussion füh-
ren. Wenn wir nichtstuend zusähen, würden wir Gestal-
tungsmöglichkeiten aus der Hand geben. Darum bitte ich
Sie von Rot-Grün einfach, die Diskussion zu führen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1513612100

Das Wort hat der Kollege Klaus Brandner, SPD-Frak-

tion.


Klaus Brandner (SPD):
Rede ID: ID1513612200

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolle-

ginnen und Kollegen! Europa hat viel in Bewegung ge-
setzt: Die Zahl der grenzüberschreitend tätigen Unter-
nehmen nimmt zu; Fusionen, Übernahmen und die
Einrichtung von Zweigstellen im Ausland sind mittler-
weile Normalität in Europa geworden. Im Zuge dieser

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(C (D ntwicklung ist auch der Gesetzentwurf zur Einführung er Europäischen Gesellschaft zu sehen. Der Gesetzentwurf wird, wie wir es auch heute in der ebatte wieder erlebt haben, von einer Reihe vielfältiger iskussionen über die Mitbestimmung der Arbeitneher begleitet. Diese wird zum Teil lautstark als Irrtum er Geschichte bezeichnet. Von Abschaffung oder deuticher Reduzierung ist gar die Rede. Ich habe Herrn eckelburgs Worte und seinen Wunsch, eine sachliche ebatte zu führen, sehr wohl vernommen. Zur Sachlicheit gehört aber, dass man die Geschichte nicht aus den ugen verliert. Die Themen seien da, sagt er. Ich möchte hn nur daran erinnern, dass 1976 große Teile der hristlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft dem itbestimmungskompromiss mit den Freien Demokra en unter einer von meiner Partei geführten Bundesregieung zugestimmt haben. Die Argumente pro und kontra itbestimmung waren damals überhaupt keine anderen. nsofern gehört es zur Sachlichkeit, zu fragen, wie sich ie Arbeitnehmerschaft in der CDU bei diesem Thema n der Zukunft verhalten wird. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ind Ihre Arbeitnehmer für die Mitbestimmung oder sa-
en sie: Ja, die Stimmungslage draußen im Lande ist
chlecht, die Unternehmen wollen nicht mehr so; wir
üssen einfach diesen Diskussionsstand zur Kenntnis
ehmen und ducken uns weg.


(Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Ich habe mich gerade für die Mitbestimmung ausgesprochen!)


Ich frage mich, was für ein Bild von Unternehmens-
ührung hinter solchen Forderungen steht. Mitbestim-
ung – das möchte ich hier sagen – ist einer der grund-
egenden Erfolgsfaktoren des deutschen Wirtschafts-
nd Sozialsystems und ein Garant für den sozialen Frie-
en in unserem Land. Deshalb lassen wir auch nicht zu,
ass der Export der Mitbestimmung von Teilen der Frak-
ion der CDU/CSU als Hirngespinst und marktschädi-
end bezeichnet wird. Ihr Generalsekretär sagt ja sogar:
ir müssen die Mitbestimmung auf ein vernünftiges
aß zurückführen. Daran sieht man doch, wie die Argu-
entation der Arbeitgeberverbände in Ihren Reihen
latz gegriffen hat. Wenn Sie ernsthaft für die Mitbe-
timmung und das damit verbundene Gesellschafts-
odell eintreten wollen, dann helfen Sie doch bitte mit,
ass die Argumente, die für sie sprechen, vermehrt wer-
en, Fuß fassen und damit an Gewicht gewinnen. Dann
äre Ihre Argumentation ehrlich, dann könnten wir Ih-
en zustimmen.
Uns allen, meine Damen und Herren, ist doch klar,

ass die zunehmende Globalisierung von den Unterneh-
en flexible Strukturen und dynamische Reaktionen auf
ie Wettbewerbslage fordert.


(Dr. Reinhard Göhner [CDU/CSU]: So ist es!)

ns allen sollte aber auch bewusst sein, sehr geehrter
err Göhner, dass die Unternehmen diesen Anforderungen






(A) )



(B) )


Klaus Brandner

ohne die Motivation und ohne den Einsatz ihrer Arbeit-
nehmer nicht gerecht werden können.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Deshalb sage ich ganz deutlich: Für uns, für die SPD,
sind die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, also die
Menschen, die wichtigste Ressource eines Unterneh-
mens. Deshalb sind wir für die Teilhabe auf einer gesetz-
lichen Grundlage.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Reinhard Göhner [CDU/ CSU]: Da können wir voll zustimmen!)


Unsere Unternehmen bestehen im internationalen
Wettbewerb nur dann, wenn zwischen Unternehmens-
führung und Mitarbeitern ein hohes Maß an Identifika-
tion mit den Zielen und dem Aufgabenverständnis des
Unternehmens einhergeht. Grundlage hierfür ist eine of-
fene und ehrliche Beteiligung der Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmer sowie eine umfassende Informations-
und Anhörungspolitik der Unternehmen.


(Dr. Reinhard Göhner [CDU/CSU]: Alles richtig!)


Wir wollen nicht, dass das, wie von Ihnen angesprochen,
vom Goodwill abhängt. Herr Funke sprach ja sogar von
einem Angebotsmodell, in dessen Rahmen die Beteili-
gung angeboten werden soll und quasi nur der, der sie
möchte, auch beteiligt wird.

Nein, in einem Rechtsstaat wollen wir eine gesetzli-
che Grundlage dafür haben, weil wir aus der Geschichte
wissen, dass diese Beteiligungsrechte erst erstritten wer-
den mussten und den Arbeitnehmern nicht geschenkt
worden sind. Mitbestimmung und Teilhabe sind Angele-
genheiten, für die wir über Jahrzehnte politische Aus-
einandersetzungen führen mussten.


(Otto Fricke [FDP]: Die Gesellschaft hat sich doch weiterentwickelt!)


Deshalb wollen wir nicht, dass ein Teil der Mitbestim-
mung auf einer allgemeinen Goodwillbasis beruht. Das
Prinzip der gleichen Augenhöhe lässt sich nur dann ver-
wirklichen, wenn es dafür auch einen Rechtsgrundsatz
gibt.

Dass Mitbestimmung auch Mitverantwortung bedeu-
tet, zeigen im Übrigen eindrucksvoll die Krisen, die wir
in den letzten Jahren erlebt haben, und auch aktuell die
Beispiele Karstadt-Quelle und Opel.

In diesem Zusammenhang recht zynisch davon zu re-
den, dass die Mitbestimmung diese Krisen nicht verhin-
dern konnte, bedeutet, den Menschen in diesem Lande,
die Teilhabe organisieren und Verantwortung überneh-
men, mit der Faust ins Gesicht zu schlagen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Denn wir wissen doch nur zu gut: Mitbestimmung be-
deutet eben nicht, dass man das wirtschaftliche Sagen
hat, sondern bedeutet, dass man Teilhabe auf einer
Ebene hat, auf der soziale Verantwortung eingefordert
werden kann.

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(C (D Den hohen Stellenwert einer Mitbestimmungskultur at auch der europäische Gesetzgeber erkannt. Mit der ei der Europäischen Gesellschaft gefundenen Kombiation aus Verhandlungslösung und flankierender Aufangregelung ist ein entscheidender Schritt zu einem soialen Europa gelungen. Deshalb, meine Damen und erren – Herr Kollege! – ich komme zum Schluss –, bin ich davon überzeugt, ass mit diesem Gesetz die Europäischen Gesellschaften hren Sitz in Deutschland nehmen können und dass sie as auch tun werden. Außerdem bin ich davon übereugt, dass der Standort Deutschland gerade aufgrund er Teilhabe durch Mitbestimmung viele Vorteile bietet. afür werden wir auch weiter eintreten. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1513612300
Klaus Brandner (SPD):
Rede ID: ID1513612400


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1513612500

Das Wort hat der Kollege Hans-Jürgen Uhl, SPD-

raktion.

Hans-Jürgen Uhl (SPD):
Rede ID: ID1513612600

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die

eue Gesetzgebung bietet die Chance, Mitbestimmung
nd Mitverantwortung der Arbeitnehmer in den Unter-
ehmensorganen zum Standard in Europa zu machen.
in soziales Europa muss die Beteiligung der Arbeitneh-
er und der Gewerkschaften an den Unternehmensent-
cheidungen auch in einer Europäischen Aktiengesell-
chaft gewährleisten.
Mit unserem Gesetz sichern wir die bewährte deut-

che Mitbestimmung. Ich zitiere: Wer die deutsche Mit-
estimmung infrage stellt, riskiert Produktivitätsver-
uste der deutschen Wirtschaft. Das sagte kürzlich der
merikanische Wirtschaftsforscher Edward Lazear von
er Stanford University. Ich hoffe, Herr Rogowski hat
as wahrgenommen.
Recht hat dieser amerikanische Wissenschaftler; denn

ualifizierte Mitbestimmung ist ein Standortvorteil für
eutschland.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

ie hat mit dafür gesorgt, dass wir nach wie vor die füh-
ende Exportnation sind. Sie hat stabile gesellschaftliche
nd betriebliche Beziehungen hervorgebracht. Deutsch-
and ist streikarme Zone. So wenige Streiktage wie wir
at kein vergleichbares Industrieland.
Das zeigt: Mitbestimmung ist ein effektives Instru-
ent des Interessenausgleichs und der Konfliktbewälti-
ung. Das kann nur funktionieren, wenn sich Arbeitneh-
ervertreter und Manager auf gleicher Augenhöhe
egegnen.
Was erleben wir in diesen Monaten? Verbandsfunk-

ionäre aus dem Arbeitgeberlager wollen Mitbestim-






(A) )



(B) )


Hans-Jürgen Uhl

mung, Tarifautonomie und Kündigungsschutz kippen.
Meine Damen und Herren von der Opposition, auch in
Ihren Reihen wollen das viele. Wer sagt, Mitbestimmung
sei ein Investitionshindernis, wie wir das eben hier als
Zwischenruf gehört haben, der stellt letztlich die Mitbe-
stimmung infrage. Wenn BDI-Präsident Rogowski die
Mitbestimmung als Irrtum der Geschichte bezeichnet,
dann legt er die Axt an den in Deutschland bewährten
sozialen Frieden.


(Beifall bei der SPD)

Fragen wir uns: Wie wäre wohl der Strukturwandel

im Bergbau, bei Eisen und Stahl und in der Autoindus-
trie in Deutschland ohne Mitbestimmung abgelaufen?
Das kann jeder in den Regionen des sozialen Kahl-
schlags in England und den USA besichtigen. So etwas
in Deutschland auch künftig zu verhindern, dafür treten
wir ein. Wir stehen für den Sozialstaat und nicht für Ka-
pitalismus pur.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren, Mitbestimmung vermittelt
den Arbeitnehmern bei notwendigen Veränderungs-
prozessen Sicherheit. Die Herausforderungen der Glo-
balisierung müssen gemeinsam mit den Arbeitnehmern
und ihren Gewerkschaften und nicht ohne sie beantwor-
tet werden. Unternehmerische Zukunftsentscheidungen
werden durch Mitbestimmung nicht verhindert, wohl
aber optimiert und abgefedert. Hätte man bei Opel in
Rüsselsheim und in Bochum mehr auf die Arbeitneh-
mervertreter gehört, wäre man dort jetzt nicht in dieser
Misere.


(Beifall bei der SPD)

Im Gegensatz zu Herrn Rogowski und seinen politi-

schen Freunden wissen viele Manager dies nur allzu gut.
Daimler-Chrysler-Chef Jürgen Schrempp und Por-

sche-Chef Wedekind bekennen sich offen zur deutschen
Mitbestimmung. Sie wissen die soziale und wirtschaftli-
che Kompetenz der Arbeitnehmervertreter zu schät-
zen. Deshalb sind Rogowski und Co. völlig auf dem
Holzweg. EnBW-Chef Utz Claassen bringt es auf den
Punkt:

Nur wer die Menschen im Unternehmen mitnimmt,
kann erfolgreich reformieren und restrukturieren.


(Otto Fricke [FDP]: Ja, das stimmt!)

Der Sanierungserfolg der EnBW wäre ohne die
Mitwirkung der Arbeitnehmer so nicht möglich ge-
wesen.


(Otto Fricke [FDP]: Auch das stimmt!)

Um hier einer weiteren Legendenbildung vorzubeu-

gen: Auch ausländische Investoren sehen die Mitbestim-
mung nicht als Hindernis. Das hat der Geschäftsführer
der Amerikanischen Handelskammer in Deutschland in
der „Financial Times Deutschland“ unter der Überschrift
„Mitbestimmung schreckt US-Firmen nicht ab“ erklärt.

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(C (D Grundsätzlich muss gelten: Europäische Richtlinien ürfen keine Flucht aus der deutschen Mitbestimmung rmöglichen. (Dr. Reinhard Göhner [CDU/CSU]: Tun sie aber!)


uropäische Regelungen dürfen in keinem Fall zu ei-
em Wettlauf um die geringsten Arbeitnehmerrechte
ühren. Deutsche Mitbestimmungs- und Beteiligungs-
echte können Vorbild für Europa sein. Es gibt sie übri-
ens auch in Tschechien und in der Slowakei. Dort sit-
en ebenfalls Arbeitnehmervertreter und externe
ewerkschafter in den Aufsichtsräten. Wir kennen das
uch aus Österreich.


(Dr. Reinhard Göhner [CDU/CSU]: Drittelparität!)


Denn wer hat mehr Interesse an der positiven Ent-
icklung eines Unternehmens als ein sozial verantwort-
ich handelnder Betriebsrat und Gewerkschaftler, der
esser als jeder andere weiß, dass die Zukunft der Ar-
eitsplätze im globalen Wettbewerb vom ökonomischen
rfolg und einer nachhaltigen, flexiblen Unternehmens-
trategie abhängt?
Deshalb wollen wir auch zukünftig wirtschaftliche
ompetenz und soziale Verantwortung in den Unterneh-
en sicherstellen, indem die Entscheidungen über Zu-
unftsinvestitionen, Innovationen und Beschäftigung ge-
einsam von Kapitalvertretern, Arbeitnehmervertretern
nd Vorständen getroffen werden.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1513612700

Herr Kollege, Sie müssen zum Schluss kommen.


Hans-Jürgen Uhl (SPD):
Rede ID: ID1513612800

Die Mitbestimmung ist kein Auslaufmodell. Sie kann

in Exportschlager für Europa und die ganze Welt sein.

(Beifall bei der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1513612900

Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den von der
undesregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Ein-
ührung der Europäischen Gesellschaft auf Druck-
ache 15/3405. Der Rechtsausschuss empfiehlt in seiner
eschlussempfehlung auf Drucksache 15/4053, den Ge-
etzentwurf in der Ausschussfassung anzunehmen.
ierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU/
SU vor, über den wir zuerst abstimmen.
Wer stimmt für den Änderungsantrag auf Druck-

ache 15/4075? – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Der
nderungsantrag ist mit der Mehrheit der Stimmen der
oalition abgelehnt.
Ich bitte nun diejenigen, die dem Gesetzentwurf in

er Ausschussfassung zustimmen wollen, um das
andzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? –
er Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung mit den






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner

Stimmen der Koalition bei Gegenstimmen der CDU/
CSU und der FDP angenommen.

Dritte Beratung
und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Gegenprobe! – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist
mit den Stimmen der Koalition bei Gegenstimmen der
CDU/CSU und der FDP angenommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 23 auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten
Wolfgang Bosbach, Hartmut Koschyk, Thomas
Strobl (Heilbronn), weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der CDU/CSU
Häftlingshilfestiftung erhalten und finanziell
ausreichend ausstatten
– Drucksache 15/3763 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Haushaltsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege
Hartmut Büttner, CDU/CSU-Fraktion.


Hartmut Büttner (CDU):
Rede ID: ID1513613000

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ein

42-seitiger Bericht des Bundesinnenministeriums vom
13. Januar dieses Jahres kam so ganz harmlos daher. Ei-
gentlich sollte diese Ausarbeitung nur ausloten, ob es
Möglichkeiten gibt, die Gerechtigkeitslücken für Ent-
schädigungsleistungen von bisher zu kurz gekommenen
Opfergruppen der beiden Diktaturen in Deutschland zu-
mindest etwas zu schließen.

Die Notwendigkeit hierfür sahen nicht nur wir von
der CDU/CSU, sondern beispielsweise auch die 22. Or-
dentliche Bundesdelegiertenkonferenz der Grünen. In ei-
nem – angenommenen – Antrag forderten die Grünen
neben vielen einzelnen Verbesserungen eine

Bestandsgarantie und ausreichende finanzielle Aus-
stattung der Stiftung der ehemaligen Häftlinge des
DDR-Systems.

Im Zusammenhang mit der Koalitionsvereinbarung
für diese Legislaturperiode wurde von SPD und Grünen
zudem beschlossen: Wir wollen weiter dafür sorgen,
dass Menschen, die für die Demokratie gekämpft haben,
nicht vergessen werden. Die Stiftung für ehemalige poli-
tische Häftlinge soll gestärkt werden.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, machen wir auch!)


Damit haben Sie bei uns und – das ist noch viel wichti-
ger – bei den Betroffenen zu Recht die Erwartungshal-
tung erzeugt, dass mit Vorschlägen für Verbesserungen
zu rechnen ist.

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(C (D Stattdessen war der von mir genannte Bericht das terbeglöcklein für die Abwicklung von zwei Opferstifungen. Zum einen sollte die Heimkehrerstiftung im ahr 2005 ihre Arbeit einstellen. Zum anderen – das ist as Thema unseres heutigen Antrages – wird auf eite 40 ganz ausdrücklich „eine Aufhebung und Abicklung“ der Stiftung für ehemalige politische Häftinge zum Ende des nächsten Jahres gefordert. Die Häftlingshilfestiftung ist eingerichtet worden daran will ich erinnern –, um den politischen Gefangeen des SED-Regimes, die sich heute noch in einer soialen Notlage befinden, etwas Unterstützung zu gewähen. Die Stiftungslösung ist 1969 ganz bewusst vom esetzgeber gewählt worden, um hiermit eine Interesenvertretung aus dem Kreis der Betroffenen zu ermöglihen. Der Grundsatz „Betroffene entscheiden über Beroffene“ hatte in den letzten 35 Jahren dazu beigetragen, ie Akzeptanz der Entscheidungen über Anträge wesentich zu erhöhen. Die Vorlage vom 13. Januar 2004 ist ein bisschen ehr als eine reine Meinungsäußerung von einigen achleuten aus dem Innenministerium. Auf Seite 42 des erichts wird ausdrücklich dargestellt, dass die getroffeen Aussagen unter den Bundesministerien für Justiz, ür Finanzen und für Gesundheit und Soziale Sicherung bgestimmt worden sind. Damit ist dieses harmlos ercheinende Schriftstück eine eindeutige Willenserkläung aller mit Opferfragen befassten Ministerien der undesregierung geworden. (Sebastian Edathy [SPD]: Das ist eine Entscheidung des Parlaments!)


ie Bundesregierung will also eine Abwicklung der
äftlingshilfestiftung bis Ende 2005.
Das Bekanntwerden dieses Vorhabens löste unter den

erbänden der Opfer der SED-Diktatur einen Sturm der
mpörung aus.


(Sebastian Edathy [SPD]: Der von Ihnen entfacht worden ist!)


ahlreiche Betroffene protestierten. So lehnte beispiels-
eise der Bund der Stalinistisch Verfolgten die Bewer-
ung der Bundesregierung, die Stiftung habe ihren
weck erfüllt und die Unterstützungsleistungen seien
ach dem Häftlingshilfegesetz abzuwickeln, ganz ent-
chieden ab. Der BSV verlangte, dass die Stiftung so
ange bestehen bleiben soll, wie noch Betroffene leben.


(Beifall bei der CDU/CSU)

ur Erinnerung: Die letzten Haftopfer des SED-Staates
aben die Kerker erst im Herbst 1989 verlassen können.
In dem Antrag meiner Fraktion haben wir diesen Ge-

anken aufgegriffen. Wir wollen, dass die Stiftung für
hemalige politische Häftlinge bis zur Erledigung ihrer
ufgaben bestehen bleibt und mit den zu ihrer Aufga-
enerfüllung nötigen Finanzmitteln ausgestattet wird.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Herr Ludwig von der Stiftung für ehemalige politi-

che Häftlinge erläuterte in einer Meldung der Nachrich-






(A) )



(B) )


Hartmut Büttner (Schönebeck)


tenagentur ddp, dass viele ehemalige Häftlinge nach der
Haft nur schlecht bezahlte Jobs bekamen und heute häu-
fig arbeitslos oder arbeitsunfähig sind. Im Jahr 2003 sind
7 069 Unterstützungsanträge gestellt worden, von de-
nen 5 477 von der Stiftung bewilligt worden sind. Es ist
schon ein entwürdigender Zustand, dass die Stiftung
Jahr für Jahr darum kämpfen muss, Leistungen aus vor-
liegenden genehmigten Anträgen auch tatsächlich be-
zahlen zu können. Ich halte das für entwürdigend.


(Beifall bei der CDU/CSU)

So lagen Ende September dieses Jahres mehr als

1 300 bewilligungsfähige Anträge vor. Dafür wurden
2,2 Millionen Euro benötigt. Alle für 2004 verfügbaren
Mittel waren aber bereits im April verbraucht.


(Sebastian Edathy [SPD]: Sagen Sie mal, was wir gemacht haben!)


– Das sage ich gleich, Herr Edathy. – Außerdem gab es
noch nicht bearbeitete Anträge mit einem Volumen von
2,3 Millionen Euro. Der Finanzbedarf für 2004 beträgt
also insgesamt 4,5 Millionen Euro.

Als Antwort auf Ihren Zwischenruf sage ich: Es ist
ein sehr gutes Beispiel für die Wahrnehmung der Fürsor-
gepflicht des demokratischen Deutschland gegenüber
den Opfern der SED-Diktatur, dass es uns in diesem Jahr
gelungen ist, zumindest den größten Teil des Finanzbe-
darfs für 2004 zu decken.


(Sebastian Edathy [SPD]: Na also!)

So konnten wenigstens 2,7 Millionen Euro der in diesem
Jahr nötigen 4,5 Millionen Euro zur Verfügung gestellt
werden.

Frau Stokar von den Grünen und Herr Wiefelspütz
– ihn sehe ich hier heute nicht – von der SPD haben in
vielen gemeinsamen Gesprächen über die Lage der
SED-Opfer immer wieder betont, dass eine Schließung
der immer größer werdenden Gerechtigkeitslücke mit ih-
nen nicht zu machen sei. Ich erinnere nur daran, dass
diese neue Lücke erst durch jüngste Urteile des Bundes-
verfassungsgerichts entstanden ist. Vor allem ehemals
staatsnahe Personen bis hin zu den Schergen des Staats-
sicherheitsdienstes sollten verbesserte Rentenzahlungen
erhalten. Der Deutsche Bundestag hatte diese Urteile ge-
setzlich umzusetzen.

Gleichzeitig haben sich SPD und Grüne aber gewei-
gert, unseren Anträgen auf Besserstellung auch der
SED-Opfer zuzustimmen. Sie wollten keine neuen Leis-
tungsgesetze. Dafür – auch das will ich sagen – sollten
aber die vorhandenen Stiftungen finanziell so ausgestat-
tet werden, dass sie diesen schwer geprüften Menschen
auch weiterhin in wirtschaftlichen Notlagen helfen kön-
nen. Das war Ihr Grundsatz, richtig?

Wenn Sie jetzt den abenteuerlichen Plan der Bundes-
regierung, die Abwicklung der Stiftung für ehemalige
politische Häftlinge bis spätestens 2005 zu betreiben,
durchgehen lassen, dann haben Sie die Öffentlichkeit
und die Opfergruppen jahrelang an der Nase herumge-
führt.

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(C (D Verbal haben sich einige von Ihnen von diesem Vor aben der Bundesregierung distanziert. Für unseren PD-Kollegen Stephan Hilsberg wäre ein Ende der Unerstützungszahlungen „ein Skandal“. Frau Stokar, Sie alten laut „Tagesspiegel“ die Abwicklungspläne Ihrer egierung für „unglücklich“ und „nicht schlüssig“. (Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie bitte?)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


In ähnlicher Weise wurde auch der stellvertretende
raktionsvorsitzende der SPD-Fraktion, Hans-Joachim
acker, in der „Berliner Zeitung“ zitiert.


(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Wer ist das?)


örtlich sagte er:
Es wäre paradox, die Stiftung zu schließen oder ihr
die Aufgaben wegzunehmen. Dort arbeitet ein
hochkompetentes Team mit viel Erfahrung im Um-
gang mit diesen Anträgen. Das kann man nicht ein-
fach bürokratisch abarbeiten.

Das ist auch meine Auffassung, zumal erst vor eini-
en Monaten alle Fraktionen des Bundestages gemein-
am die Antragsfristen für die Rehabilitierung ehemali-
er DDR-Häftlinge bis Ende 2007 verlängert haben.
ie Stiftung, welche über die Anträge entscheidet, soll
ber im nächsten Jahre ihre Arbeit einstellen.
Mit unserem Antrag, den wir heute in erster Lesung

eraten, geben wir Ihnen jetzt Gelegenheit, dem Recht
es Parlaments gegenüber der Regierung Geltung zu
erschaffen. Tun wir gemeinsam Gutes: Lassen Sie uns
ie Häftlingshilfestiftung erhalten! Statten wir die Stif-
ung mit den nötigen Finanzmitteln aus und zeigen wir,
ass die Opfer der SED-Diktatur in diesem Deutschen
undestag doch eine Lobby haben!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1513613100

Das Wort hat der Kollege Sebastian Edathy, SPD-

raktion.


Sebastian Edathy (SPD):
Rede ID: ID1513613200

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Herr Büttner, wer Ihre Rede gehört hat, die in
eilen sachlich war, die aber auch von einer einge-
chränkten Wahrnehmung der Realität zeugte, kann fest-
tellen: Ihr heutiger Antrag ist schon deswegen nicht
ilfreich, weil Sie zum einen aktionistisch vorgehen und
um anderen in Ihrem Antrag unrichtige Behauptungen
ufstellen.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Alle drei sind falsch!)


um Dritten haben Sie hier auch keine perspektivische
ntwort auf die Herausforderungen gegeben,


(Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Dann haben Sie nicht richtig zugehört!)







(A) )



(B) )


Sebastian Edathy

denen sich die Stiftung für ehemalige politische Häft-
linge gegenübersieht.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Worum geht es bei der Thematik? Herr Büttner, wir
haben seitens des Innenausschusses die Bundesregie-
rung, das Bundesinnenministerium, einvernehmlich ge-
beten, einen Bericht vorzulegen, aus dem unter anderem
die Situation der Stiftung für ehemalige politische Häft-
linge hervorgeht. Diesem Anliegen ist – das wurde von
dem Kollegen der CDU/CSU zumindest im Ausschuss
gewürdigt – in einer hervorragenden Form Rechnung ge-
tragen worden. Das umfangreiche Material, das uns vor-
gelegt worden ist, ist für die politische Willensbildung
im Parlament sehr gut geeignet.

Herr Kollege Büttner, eines ist klar: Auch die CDU/
CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag sollte so viel
Selbstbewusstsein besitzen, um festzustellen, dass die
Weiterentwicklung der Häftlingshilfegesetzgebung na-
türlich ein ureigenes Anliegen des Parlamentes ist. Es
wird nicht von der Regierung entschieden und die Regie-
rung hat auch nicht – Sie haben das in Ihrer Rede anders
dargestellt – die Frage der Leistungsgewährung themati-
siert.


(Hartmut Büttner [Schönebeck] [CDU/CSU]: Hat die Bundesregierung die Abwicklung der Stiftung vorgeschlagen oder nicht?)


Ich stelle für die SPD und den Koalitionspartner fest,
Herr Kollege Büttner: Während Sie durch die Lande zie-
hen und die Leute unnötig auf die Palme treiben, haben
wir, seit wir in der Regierung sind, in einem seriösen
Verfahren,


(Hartmut Büttner [Schönebeck] [CDU/CSU]: Sind Sie für die Abwicklung?)


auch durch die Bereitstellung finanzieller Mittel, dafür
Sorge getragen, dass politischen Opfern der SED-Dikta-
tur Gerechtigkeit widerfahren konnte. Wir haben in der
Sache gearbeitet und Sie machen Polemik.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir haben das auch bei der Haushaltsaufstellung be-
wiesen. Ich bin Ihnen dankbar dafür, dass Sie darauf hin-
gewiesen haben, dass wir es trotz aller Sparzwänge, de-
nen auch der Einzelplan 06 unterliegt, geschafft haben,
2,7 Millionen Euro zusätzlich für die Stiftung für ehema-
lige politische Häftlinge zur Verfügung zu stellen.


(Otto Fricke [FDP]: So stimmt das nicht!)

Das ist eine politische Leistung, die sich sehen lassen
kann.

Ich habe ein Problem mit dem, was Sie, Herr Büttner,
im Zusammenhang mit der Organisation ausgeführt ha-
ben. Man konnte den Eindruck gewinnen, dass für Sie
Organisationsfragen wichtiger sind als die politische
Zielsetzung. Ich will hier deutlich sagen: Für uns steht
nicht die Organisation im Mittelpunkt, für uns stehen die
Opfer im Mittelpunkt. Deren Lage gilt es zu betrachten

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(C (D nd es geht darum, sicherzustellen, dass ihnen Gerechigkeit widerfahren kann. Sie können die Frage nicht rnsthaft tabuisieren wollen, in welcher Form das gechieht. Man ging 1994 – damals waren die Mehrheitsverhält isse im Bundestag anders, als sie heute erfreulichereise sind – davon aus, dass bis Ende des Jahres 2005 owohl die Häftlingshilfestiftung als auch die Heimehrerstiftung ihre Aufgaben im Großen und Ganzen beältigt haben würden. Wir stehen also ohnehin vor der rage: Was wird in den Jahren 2006 und folgende? Wir aben eindeutig festgestellt: Die Gewährung von Leisungen wird überhaupt nicht tangiert, es geht darum, siherzustellen, dass Leistungen an die Opfer erfolgen önnen. Über die organisatorischen Fragen müssen wir ber ohne Zeitdruck, ohne Nervosität und ohne Hektik iskutieren können. Ich will auf vier Punkte hinweisen, mit denen wir uns uch im Ausschuss intensiv werden beschäftigen müsen. Die Zahl der Antragseingänge ist in den letzten Jahen tendenziell rückläufig. Wir haben zudem die Festtellung zu treffen, dass die schwierigen Fälle zwar mmer noch einen gewissen Anteil der Antragseingänge usmachen, dass aber über 80 Prozent der Entscheidunen mittlerweile auf der Grundlage des Strafrechtlichen ehabilitierungsgesetzes gefällt werden. Das sind Rouinefälle, die keiner individuellen Beratung bedürfen, ondern am Schreibtisch erledigt werden können. Es ommt hinzu – das haben Sie, Herr Büttner, leider nicht ngesprochen –, dass dann, wenn man die Ausschütungen, die über das Häftlingshilfegesetz gewährt weren, und die Verwaltungskosten der Stiftung vergleicht, in gewisses Missverhältnis festzustellen ist. Das weren Sie nicht bestreiten können. Viertens wird es schon us demographischen Gründen zunehmend schwieriger auch das haben Sie nicht erwähnt –, aus den Reihen er Betroffenen geeignete Personen für die Organe der tiftung zu gewinnen. Sinn einer Stiftung ist es aber uner anderem, dass man aus dem Kreis der betroffenen ürgerinnen und Bürger ehrenamtliche Mitarbeiter und itstreiter gewinnt. All das sind Fakten, über die wir zu diskutieren bereit ind. Es gibt keine Vorentscheidung und keinen Zeitruck in der Frage, wie es in der Organisation weitereht. Ich möchte schließen: Es ist eine Tatsache, dass Men chen – das gilt auch für die Zivildeportierten jenseits on Oder und Neiße –, die politische Opfer von Diktatuen geworden sind, Anerkennung, auch materielle, zuteil erden muss. Ich würde mich freuen, wenn wir das als rgebnis der Debatte heute einvernehmlich feststellen nd dann ohne unnötiges Pathos und mit der gebotenen achlichkeit in die Debatte über die Frage der Organisaion eintreten könnten. Es geht in erster Linie um die beroffenen Menschen, erst danach geht es darum, wie wir ie Hilfe für die Betroffenen organisieren. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1513613300

Das Wort hat der Kollege Otto Fricke, FDP-Fraktion.


Otto Fricke (FDP):
Rede ID: ID1513613400

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-

legen! Der Antrag der Union stellt, wie wir soeben ge-
hört haben, vor allem die Reaktion auf den Bericht des
Innenministeriums dar. Allerdings war ich, als ich mich
als Haushälter in dieses Thema einarbeiten durfte, über
die Reaktion insbesondere der Kollegin Stokar über-
rascht. Denn die Kollegin Stokar hat uns vorhin, als wir
über einen anderen Tagesordnungspunkt diskutiert ha-
ben, gesagt, dass sie immer Hand in Hand mit dem In-
nenminister gehe.


(Sebastian Edathy [SPD]: Was? Hand in Hand?)


– Das hat sie gesagt. Das können Sie im Protokoll nach-
lesen.

Nun hat sie aber gesagt, dass das, was hier vorgelegt
wurde, nicht mit den Regierungsfraktionen abgestimmt
worden sei. Ich bin sehr gespannt, wie das ausgeht; denn
– das muss ich als Haushälter sagen – es geht um Geld.
Die Haushälter der Koalition haben sich bei diesem
Thema nicht zu Wort gemeldet. Auch im Rahmen der
Berichterstattergespräche war noch keine derartige Re-
aktion festzustellen.

Nichtsdestotrotz müssen wir eines ganz klar sehen:
Wir haben es letztendlich mit „Kriegsfolgeschäden“ zu
tun, mit all dem, was uns Deutschen durch den Krieg an-
getan wurde, sei es über mehrere Ecken, sei es durch
einen Unrechtsstaat, der auf einem Teil des deutschen
Territoriums existiert hat. Wir müssen den Opfern ge-
genüber Fairness walten lassen und ihnen eine klare Per-
spektive geben. Darüber hinaus müssen wir zwischen
der Leistungsgewährung und der Frage, wer die Leis-
tung gewährt, trennen. Dabei müssen wir uns einigen,
wie die einzelnen Bereiche miteinander zu vereinbaren
sind.

Hier gibt es – da werden Sie mir zustimmen – im Mo-
ment noch ein paar Unklarheiten. Herr Büttner, auch Sie
haben gesagt: Es passt nicht zusammen, dass man einer-
seits Fristen bis 2007 verlängert, andererseits aber die
Stiftung auflösen will. Hier muss – das ist die Hauptauf-
gabe des Innenausschusses – in allen Bereichen Klarheit
geschaffen werden. Das gilt auch für die Heimkehrer.
Hier erwarte ich eine klare Richtlinie. Ich bin gespannt,
ob Herr Körper nachher etwas dazu sagen wird.


(Zuruf von der CDU/CSU: Das würden wir auch gerne hören!)


Wenn Herr Körper sich dazu äußert, wird Herr Diller
skeptisch gucken, weil es dabei immer wieder um Fi-
nanzfragen geht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Politik ist in der
Pflicht, endgültig klarzustellen, wie hinsichtlich der
Kriegsfolgeleistungen zu verfahren ist. Ich sage ganz
deutlich: Einerseits müssen wir 60 Jahre nach Kriegs-
ende – im Mai nächsten Jahres werden es 60 Jahre sein –
selbstbewusst sein, was unsere Vergangenheit in den

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(C (D etzten 60 Jahren angeht. Andererseits müssen wir aber uch besonders verantwortungsbewusst sein, was die eit davor betrifft. Diese Verantwortung werden wir uch in Zukunft tragen. Das bedeutet, zum einen Verantwortungsbewusstsein egenüber den Opfern zu zeigen, zum anderen aber elbstbewusst zu entscheiden, wann die Regelung beüglich der Stiftung ausläuft. (Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)


as muss man klar sagen. Ich bitte die Vertreter der
oalition, nicht im Fachausschuss zu sagen, dass man
as schon schaffen wird, während man im Haushaltsaus-
chuss sagt, dass kein Geld zur Verfügung steht. Wir ha-
en nämlich wirklich kein Geld. Es muss jetzt eine klare
inie gefunden und auch abgestimmt werden. Denn wir
üssen uns – Frau Präsidentin, ich komme zum
chluss – für diejenigen, die sich für unsere Demokratie
ingesetzt haben, und für diejenigen, die nicht in den Ge-
uss der Vorteile unserer Demokratie gekommen sind,
ngagieren. Wir dürfen sie nicht in der Luft hängen las-
en.
Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1513613500

Das Wort hat die Kollegin Silke Stokar, Bündnis 90/
ie Grünen.

(BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN)

Frau Vorsitzende! Meine Damen und Herren! Ich will

icht zu weiterer Verwirrung, sondern zur Schaffung von
larheit beitragen. Ich denke, dass ich in den Debatten
ber die Häftlingshilfestiftung, aber auch in denen über
ie anderen Themen der Vergangenheitsaufarbeitung,
mmer sehr deutlich und unmissverständlich Position im
inne der Betroffenen bezogen habe.
Ich verstehe allerdings nicht, warum Sie Ihren Antrag

um jetzigen Zeitpunkt einbringen. Denn wir haben über
en Bericht des Bundesinnenministeriums sowohl im
lenum als auch im Innenausschuss eine intensive De-
atte geführt, aus der auch heute zitiert wurde. Damals
abe ich dazu eine ganz klare Position vertreten, die
elbstverständlich auch heute noch gilt. Ich habe gesagt,
ass der Inhalt dieses umfangreichen Berichts sehr gut
st. Genauso klar und deutlich habe ich hier gesagt, dass
ir – damit meine ich meine gesamte Fraktion – das Ziel
es Berichts, die Auflösung der Stiftung bis zum
ahr 2005, nicht teilen.


(Beifall des Abg. Hartmut Büttner [Schönebeck] [CDU/CSU])


Dafür habe ich zwei Gründe angeführt: zum einen die
ier angesprochene Verlängerung der Frist für die Stel-
ung von Anträgen, die wir vorgenommen haben, und
um anderen das Argument – das ist inhaltlich für uns
in sehr wichtiger und tragender Grund –, dass in einer
tiftung Betroffene über die Anträge Betroffener






(A) )



(B) )


Silke Stokar von Neuforn

entscheiden sollten. An diesem Grundsatz halten wir
weiter fest.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Nächster Punkt, zu den Haushaltsmitteln. Von den
Haushältern ist gesagt worden – das ist richtig –, dass die
Bereitstellung von Mitteln bei dieser Haushaltssitua-
tion ein Kampf und eine Auseinandersetzung ist: In allen
Stiftungsbereichen wurden die Mittel global gekürzt.
Davon kann es auch hier keine Ausnahme geben. Es ist
uns aber gelungen, die Deckungslücke zu schließen. Wir
haben hier 2,7 Millionen Euro mobilisiert, meine Damen
und Herren! Da erwarte ich, dass Sie uns nicht angreifen,
sondern dass Sie sagen: Toll gemacht, Rot-Grün; gut,
dass ihr das hingekriegt habt. – Das geht zurück auf das
Engagement Einzelner; dann haben wir es in der Frak-
tion gemeinsam durchgesetzt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Sebastian Edathy [SPD]: „Koalition“ heißt das!)


Zum letzten Punkt, den Sie hier angesprochen haben.
Ich bitte, die Frage der Opfergruppen sehr differenziert
zu betrachten. Ich habe die Versprechungen, die ich auf
unserem Parteitag und auch hier gemacht habe, einge-
halten. Ich habe gesagt: Weil wir finanzielle Probleme
haben, können wir keine neuen Opfergruppen in den
Leistungsgesetzen bedenken; dazu stehe ich heute. Sie
haben hier Anträge gestellt, die Leistungen auf zusätzli-
che Opfergruppen auszuweiten. Ich habe gesagt: Das
können wir nicht finanzieren, für uns ist hier eine
Grenze; auch dazu stehe ich. Gleichzeitig haben wir die
Leistungen, die die anerkannten Opfer aus diesen Stif-
tungsgesetzen bekommen, schrittweise verbessert. Auch
in diesem Punkt habe ich mein Versprechen – ich gebe
zu: in kleinen Schritten, aber so ist das nun einmal in der
Politik – erfüllt.

Lassen Sie mich zum Schluss noch etwas zu Ihrem
Antrag sagen, damit das hier deutlich wird: Es kann und
wird keinen dauerhaften Bestand von Stiftungen in die-
sem Bereich geben. Jetzt ist nicht der Zeitpunkt für sol-
che Anträge, weil es dort noch genug zu tun gibt und die
Betroffenen das auch machen werden. Natürlich wird
immer wieder neu diskutiert. Aber was Sie hier in Ihrem
Antrag fordern – die Stiftung bestehen zu lassen, bis so-
zusagen der letzte Häftling Leistungen von ihr erhalten
hat –, können wir nicht machen, und zwar aus einem
ganz einfachen Grunde: Wir tragen die Verantwortung
dafür, dass die Steuermittel, die wir für die Opfer bereit-
stellen, auch bei den Opfern ankommen. Wir machen
keine Politik für Funktionäre in Geschäftsstellen, um das
sehr deutlich zu sagen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Deshalb werden wir immer wieder das Verhältnis zwi-
schen den Stiftungsmitteln, die an die Opfer gehen, und
denen, die für die Verwaltung verwendet werden, über-
prüfen. Dieses Verhältnis muss stimmen. Diese Diskus-

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(C (D ion werden wir auch im nächsten Jahr wieder führen – ber bitte sachlich und ohne Stimmungsmache. Danke schön. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Hartmut Büttner [Schönebeck] [CDU/CSU]: Dann können Sie unserem Antrag ja zustimmen! Wunderbar!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1513613600

Das Wort hat der Parlamentarische Staatssekretär

ritz Rudolf Körper.

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Fritz Rudolf Körper (SPD):
Rede ID: ID1513613700

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
er Bericht vom 13. Januar 2004 zu dieser Thematik ist
a schon des Öfteren angesprochen worden. Dieser Be-
icht ist auf Wunsch der Kolleginnen und Kollegen Ab-
eordneten erstellt worden, die sich mit dieser Thematik
eschäftigten und in Zukunft beschäftigen. Im Grunde
enommen handelt es sich hierbei nicht um eine Ent-
cheidung, nicht um einen Beschluss und auch nicht um
ie Auffassung der Bundesregierung, sondern um Erwä-
ungen des Bundesinnenministeriums zur Zukunft der
äftlingshilfe und der Heimkehrerstiftung.
Lieber Hartmut Büttner, ich muss ganz offen einge-

tehen: Ich finde es ein wenig schade, dass von der
DU/CSU-Fraktion – lassen Sie es mich so formulie-
en – offensichtlich kein Wert darauf gelegt wird, sich in
er Sache auseinander zu setzen und eine sachliche De-
atte zu führen.


(Hartmut Büttner [Schönebeck] [CDU/CSU]: Was machen wir denn hier?)


ch sage auch, warum: Bezeichnenderweise gehen Sie in
hrem Antrag nicht auf die institutionelle Schwäche des
tiftungsmodells ein. Darum geht es aber, wenn man
iese Diskussion führt. Wir erkennen, dass dieses Stif-
ungsmodell aufgrund der vorgesehenen Interessenreprä-
entation aus dem Kreis der Betroffenen an seine Gren-
en stößt und es zunehmend Schwierigkeiten bereitet,
ersonen aus den Interessenverbänden zu finden, die
ufgaben in den entsprechenden Gremien übernehmen.
ch denke, das ist ein Faktum, an dem man nicht vorbei-
ommt. Darüber muss man einfach diskutieren. Ich bitte
arum, sich das sehr sorgfältig anzuschauen und diese
iskussion nicht mit Emotion und Polemik in eine fal-
che Richtung zu lenken.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich sage auch noch etwas zur Finanzausstattung. Bei
er grundsätzlichen Neuregelung der Finanzausstattung
er Stiftungen Anfang der 90er-Jahre des vergangenen
ahrhunderts wurde davon ausgegangen, dass beide Stif-
ungen ihre Aufgaben bis zum Jahre 2005 erfüllt haben
ürden. Das ist keine Erfindung von uns. Dementspre-
hend sind die Stiftungsvermögen seinerzeit nochmals
ufgestockt worden, um eine Deckung der Verwaltungs-






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Fritz Rudolf Körper

ausgaben bis zu diesem Zeitpunkt zu ermöglichen. Es ist
sehr wichtig, dass man diesen Hintergrund kennt.

Indessen wird das Stiftungsvermögen der Häftlings-
hilfestiftung bereits im Jahre 2005 nicht mehr vollstän-
dig ausreichen, um alle Verwaltungskosten bestreiten zu
können. Vorsorglich eingeholte Schätzungen über den
mutmaßlichen Kostenaufwand einer administrativen Lö-
sung, das heißt, einer Ausführung des Häftlingshilfege-
setzes, des Heimkehrerstiftungsgesetzes und des Straf-
rechtlichen Rehabilitierungsgesetzes durch das
Bundesverwaltungsamt, haben ergeben, dass sich im
Jahre 2006 voraussichtlich erhebliche Einsparungen an
Verwaltungskosten ergeben würden. Auch das ist über-
legt worden.

Jetzt komme ich zu einem Punkt, den ich Ihnen ein
wenig verüble.


(Otto Fricke [FDP]: Jetzt wird es spannend!)

Es ging nie um die Infragestellung der Zahlung von
Leistungen oder der Hilfeleistungen, die diese Stiftun-
gen vorsehen. Es ging um die Frage, ob man sich an-
stelle des Stiftungsmodells auch andere administrative
Lösungen vorstellen könne oder nicht. Lieber Hartmut
Büttner, ich finde es ein bisschen schade, ja, sogar ein
bisschen schäbig, wie Sie mit dieser Frage umgegangen
sind.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Michael Kretschmer [CDU/ CSU]: Das ist ja unglaublich!)


Ich gebe zu, dass uns diese Überlegungen dazu geführt
haben, über die „Lebensdauer“ der Stiftungen nachzu-
denken. Ich denke, das ist in der Tat nicht verboten.

Abschließend will ich daran erinnern, dass im Inte-
resse einer klaren Willensbildung verschiedene Aspekte
auseinander gehalten werden sollten. Dies ist zum einen
die Unterscheidung zwischen der Frage, ob man weitere
Haushaltsmittel für die Gewährung von Unterstützungs-
leistungen bereitstellen soll, und der Frage, welche Ein-
richtung zweckmäßigerweise mit der Leistungsgewäh-
rung betraut werden kann. Zum anderen ist die
Unterscheidung zwischen den Leistungsanlässen not-
wendig. Hier muss die Thematik der Kriegsfolgeleistun-
gen von der Sonderthematik der SED-Unrechtsbereini-
gung unterschieden werden, auf die im Unterschied zu
den Kriegsfolgeleistungen ein Rechtsanspruch besteht.
Die Antragsbegründung ist eines von vielen Beispielen,
in denen Sie beide Themenkreise miteinander vermi-
schen.

Die im Bericht des Bundesministeriums des Innern
festgestellte so genannte Deckungslücke betrifft Leistun-
gen nach dem Häftlingshilfegesetz, auf die, wie bereits
erwähnt, kein Rechtsanspruch besteht.

Diese so genannte Deckungslücke, die im Übrigen
aufgrund einer überplanmäßigen Ausgabe des Bundes-
ministeriums des Innern in einer Gesamthöhe von
3,5 Millionen Euro für beide Stiftungen weitgehend ge-
schlossen ist, hat nichts mit den Unterstützungsleistun-
gen nach dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz zu
tun, außer der Tatsache, dass beide Arten von Unterstüt-

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(C (D ungsleistungen von der Häftlingshilfestiftung gewährt erden. Ich bin sehr dankbar, dass wir es geschafft haen, in diesem Jahr die überplanmäßigen 3,5 Millionen uro bereitzustellen. Ich denke, diese Ausgabe ist sehr innvoll verwendet worden. In diesem Sinne: Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1513613800

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 15/3763 an die in der Tagesordnung aufge-
ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
erstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
o beschlossen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 26 auf:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Gründung einer Bundesanstalt für Immo-
bilienaufgaben (BImA-Errichtungsgesetz)

– Drucksache 15/2720 –

(Erste Beratung 100. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Haushalts-
ausschusses (8. Ausschuss)

– Drucksachen 15/4056, 15/4066 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Franziska Eichstädt-Bohlig
Jochen-Konrad Fromme
Bernhard Brinkmann (Hildesheim)

Anja Hajduk
Jürgen Koppelin

Die Redner Bernhard Brinkmann, SPD, Jochen-Kon-
ad Fromme, CDU/CSU, Anja Hajduk, Bündnis 90/Die
rünen, und Otto Fricke, FDP, haben ihre Reden zu Pro-
okoll gegeben.1)
Wir kommen deshalb zur Abstimmung über den von

er Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur
ründung einer Bundesanstalt für Immobilienaufgaben,
rucksache 15/2720. Der Haushaltsausschuss empfiehlt
n seiner Beschlussempfehlung, den Gesetzentwurf in
er Ausschussfassung anzunehmen,


(Dr. Werner Hoyer [FDP]: Leider!)

rucksachen 15/4056 und 15/4066. Ich bitte diejenigen,
ie dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustim-
en wollen, um das Handzeichen. –


(Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Niemals!)

er stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzent-
urf ist in zweiter Beratung mit den Stimmen der Koali-
ion gegen die Stimmen der CDU/CSU und der FDP an-
enommen.

Anlage 5






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzent-
wurf ist in dritter Beratung mit den Stimmen der Koali-
tion gegen die Stimmen der CDU/CSU und der FDP an-
genommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 25 auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Werner Hoyer, Dr. Claudia Winterstein,
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Die finanzielle Vorausschau der EU den neuen
Aufgaben anpassen
– Drucksache 15/2978 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für die Angelegenheiten
der Europäischen Union (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die
Fraktion der FDP fünf Minuten erhalten soll. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kolle-
gin Dr. Claudia Winterstein, FDP-Fraktion.


Dr. Claudia Winterstein (FDP):
Rede ID: ID1513613900

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Heute vollzieht die EU einen sehr wichtigen
Schritt, nämlich die feierliche Unterzeichnung des euro-
päischen Verfassungsvertrages.


(Peter Hintze [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

Ein zweiter wichtiger Schritt steht uns bevor, nämlich
die Finanzplanung der EU.

Im Februar hat die Europäische Kommission ihren
Vorschlag für die nächste mittelfristige Finanzplanung
für die Jahre 2007 bis 2013 vorgelegt und dann im Juli
konkretisiert. Dieser Vorschlag enttäuscht. Mehr Geld
für neue Aufgaben soll her, ohne aber alte, lieb gewon-
nene Töpfe in ausreichendem Maße anzurühren. Kurz:
Es fehlt der Mut zur überfälligen Reform.


(Beifall bei der FDP)

1,14 Prozent des europäischen Bruttonationaleinkom-

mens will die Kommission ausgeben. Das jährliche Bud-
get liegt zurzeit bei 100 Milliarden Euro und würde bis
zum Jahre 2013 auf etwa 143 Milliarden Euro ansteigen.
Deutschlands Anteil am EU-Haushalt liegt zurzeit bei
etwa 22 Milliarden Euro. Nach den Schätzungen des
Bundesfinanzministeriums würden die Deutschen im
Jahre 2013 letztendlich Bruttozahlungen in Höhe von
satten 40 Milliarden Euro zu leisten haben. Das ist
schlicht nicht finanzierbar, schon gar nicht für Deutsch-
land. Die desaströse Haushaltspolitik von Rot-Grün hat
in Deutschland Schulden in Rekordhöhe verursacht.

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(C (D eutschland hat bis auf weiteres überhaupt keine finaniellen Spielräume mehr. Ziel muss sein, dass die EU wie bisher mit 1 Prozent es Bruttonationaleinkommens für ihre Aufgaben ausommt. Das hat die Bundesregierung bisher auch gefordert. s reicht aber nicht, die Kommission nur zum Sparen ufzufordern. Wo bleiben eigentlich die Vorschläge der egierung für den künftigen Finanzrahmen? Wir erwaren, dass Sie die Karten offen legen und mit präzisen orschlägen aufwarten. Die FDP legt mit diesem Antrag erste Vorschläge vor. ür uns heißt es: Umstrukturierung statt Aufstockung. s darf nicht um mehr Geld gehen, sondern es muss um ie Art der Verwendung der Gelder gehen. Der Kuchen ann nicht größer werden, er muss nur anders geteilt erden. Gefordert ist also eine mutigere Reform der usgabenstruktur. Ohne eine Verringerung und Neuausichtung der beiden größten Ausgabenposten, nämlich er gemeinsamen Agrarund der Strukturpolitik, die zuammen immer noch 80 Prozent des gesamten EUaushaltes ausmachen, ist ein modernes, auf die Zukunft erichtetes Europa nicht zu haben. Die Integration der neuen Mitgliedstaaten, die Sicher tellung europäischer Handlungsfähigkeit auf dem Feld er Gemeinsamen Außenund Sicherheitspolitik, der chutz unserer gemeinsamen Außengrenzen gegen Terorismus und internationale Kriminalität, Investitionen n Bildung und Forschung und damit auch in die Zukunft nserer Kinder – das sind die europäischen Zukunftsaufaben. Die Zukunft Europas liegt nicht auf Getreidefeldern, uch nicht auf Zuckerrübenfeldern, sondern in den Laoren. Statt in grüne Wiesen müssen wir in graue Zellen nvestieren. Bildung, Forschung und Entwicklung sind ie Pfeiler, auf die eine prosperierende Zukunft gestützt ein wird. Aus unserer Sicht müssen jetzt folgende Weichenstel ungen vorgenommen werden: Wir fordern das Ende der örderung nach dem Gießkannenprinzip in der Regioalpolitik. Wie ein Gärtner mit der Gießkanne verteilt ie EU die Gelder der Bürger im europäischen Garten nd gießt dabei auch eine ganze Menge Unkraut. (Hans-Joachim Hacker [SPD]: Unkraut ist auch eine Pflanze!)


(Beifall des Abg. Otto Fricke [FDP])


(Beifall bei der FDP)


ine Konzentration der Mittelvergabe auf die struktur-
chwächsten Regionen ist deshalb zwingend geboten.
ebiete, die aus der Förderung herausfallen, sollen eine
efristete Übergangsfinanzierung erhalten. Das haben
ir schon besprochen.
Ich möchte auch daran erinnern, dass die Strukturhil-

en nur Hilfe zur Selbsthilfe sind. Das heißt, sie schaden
em Entwicklungspotenzial der Regionen, wenn sie als
auerhafte Alimentation selbstverständlich werden.


(Dr. Werner Hoyer [FDP]: So ist es!)







(A) )



(B) )


Dr. Claudia Winterstein

Die Mittel aus dem Kohäsionsfonds wollen wir aus-
schließlich in die neuen Mitgliedstaaten fließen lassen.
Die dynamischen Volkswirtschaften in Osteuropa brau-
chen Unterstützung, und zwar vor allem beim Aufbau
der Infrastruktur, bei Innovationen und beim Umwelt-
schutz.

Wir wollen die Ausweitung der Kofinanzierung in der
gemeinsamen Agrarpolitik durch die nationalen Haus-
halte der Mitgliedstaaten. Dadurch kann ein verantwor-
tungsvollerer Umgang der Mitgliedstaaten mit den be-
reitgestellten Mitteln bewirkt werden. Wir fordern
außerdem generell kurze Verfallsfristen für Projektmit-
tel. Noch immer fließen große Summen an bereitgestell-
ten Geldern überhaupt nicht ab. Zurzeit sind das
105 Milliarden Euro.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1513614000

Frau Kollegin, Sie hatten bereits fünf Minuten. Sie

müssen jetzt zum Ende kommen.

(Dr. Uwe Küster [SPD]: Sie kann aber die gesamte Redezeit für alle Fraktionen haben! Sie macht das so gut!)



Dr. Claudia Winterstein (FDP):
Rede ID: ID1513614100

Bei den Verhandlungen über die Agenda 2007 geht es

um Konsequenzen, die weit über die nächste Legislatur-
periode hinausreichen. Die Bundesregierung ist aufge-
fordert, ihre Prioritäten klar auf wachstumsrelevante Be-
reiche auszurichten. Dabei muss die 1-Prozent-Grenze
auf jeden Fall Verhandlungsgrundlage bleiben.


(Beifall bei der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1513614200

Das Wort hat der Kollege Axel Schäfer, SPD-Frak-

tion.


Axel Schäfer (SPD):
Rede ID: ID1513614300

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Der heute zur Diskussion stehende Antrag der FDP-
Fraktion zeigt trotz mancher Bemerkungen der Kollegin
Winterstein, dass es doch in den wesentlichen Punkten
der finanziellen Vorausschau einen überparteilichen
Konsens gibt. Die von Deutschland zusammen mit
Frankreich, Großbritannien, Österreich, Schweden und
den Niederlanden eingenommene Position, die Ausga-
benobergrenze bei 1 Prozent des Bruttonationaleinkom-
mens festzusetzen, ist kritisch und realistisch. Sie ent-
spricht sowohl der tatsächlichen Situation in der EU
– wir liegen zurzeit bei 0,98 Prozent – als auch der zu-
sätzlichen Verantwortung der erweiterten Gemeinschaft.
Sie beinhaltet ein Wachstumsszenario mit Augenmaß
und Steigerungsraten für den EU-Finanzrahmen, die
über die Steigerungsraten der nationalen Haushalte hi-
nausgehen.

Dies zeigt: Deutschland ist bereit, seinen Beitrag zu
leisten, um Europa zu einem dynamischen, wissensba-
sierten und zukunftsorientierten Wirtschaftsraum weiter-
zuentwickeln. Nur zur Erinnerung: Das ist die Formel

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(C (D es so genannten Lissabon-Prozesses, der europäischen genda 2010. Die Notwendigkeiten der Konsolidierung auf nationa er Ebene müssen sich aber auch auf EU-Ebene widerpiegeln. er Stabilitätsund Wachstumspakt gibt hierzu eine lare Linie vor: Nur mit der Begrenzung des EU-Ausgaen-Volumens können die Anforderungen, die sich aus em Stabilitätsund Wachstumspakt ergeben, mit der otwendigkeit der nationalen Konsolidierung und der ntwicklung der EU-Finanzen in Einklang gebracht erden. Wir dürfen in diesem Zusammenhang kein gepaltenes Bewusstsein an den Tag legen; denn diese Fakoren sind untrennbar miteinander verknüpft. Lassen Sie mich klar und deutlich feststellen, um was s an dieser Stelle geht: Selbst wenn die Neuverschulung in Deutschland 2005 die 3-Prozent-Grenze unterchreitet, wird dennoch der haushaltspolitische Druck nverändert bestehen bleiben. Der Stabilitätsund achstumspakt und die Brüsseler Vorgaben – also die ährlichen länderspezifischen Berichte – schreiben uns ittelfristig einen ausgeglichenen Haushalt vor. Ein chrittweiser Abbau des strukturellen Defizits ist bis eit in die Periode der finanziellen Vorausschau 2007 is 2013 hinein erforderlich. Solange wir aber noch keinen ausgeglichenen Haus alt haben, müssen zusätzliche Einnahmen für den Defiitabbau verwendet werden. Da wir das Geld aber nur inmal ausgeben können, sind zusätzliche Ausgaben für as EU-Budget nicht ohne weiteres möglich. Wir plädieren deshalb für die strikte Anwendung des ubsidiaritätsprinzips. Das heißt, dass grundsätzlich in echter europäischer Mehrwert vorliegen sollte, wenn ie EU-Ebene tätig werden soll. Die EU-Kommission, ie entsprechende Bewertungen der für wichtig gehalteen europäischen Projekte vornimmt, muss dabei wisen, dass die Finanzierung auf nationaler Ebene erfolgt. as ist ein wichtiger Punkt, den die Kolleginnen und ollegen von der FDP vergessen haben. Denn Deutschand hat als Transitland erhöhte Aufwendungen und ann nicht noch die Handelsstraßen anderer Länder mitinanzieren. (Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Wir sollten erst einmal unsere Straßen bauen!)


(Beifall des Abg. Dr. Uwe Küster [SPD])


Ebenso wie die deutsche Politik muss auch der euro-
äische Haushalt auf die Lissabon-Strategie ausgerichtet
erden. In den vergangenen Jahren hat Deutschland
assive Anstrengungen im Forschungsbereich unter-
ommen. Das für das Jahr 2010 vorgesehene Ziel,
Prozent des Bruttonationaleinkommens für Forschung
uszugeben, haben wir in den öffentlichen Haushalten
chon fast erreicht. Wir werden diesen Sektor auf EU-
bene weiter unterstützen. Allerdings können wir nicht
ür die fehlenden Ausgaben anderer Länder in diesem
ereich aufkommen. Es gibt bekanntlich kein 3-Prozent-
usgabenziel für Forschung auf EU-Ebene.






(A) )



(B) )


Axel Schäfer (Bochum)


Für die Regionalpolitik wollen wir eine Konzentra-

tion auf die bedürftigsten Regionen erreichen. Eine
Streuung der Fördermittel nach dem Gießkannenprinzip
wird auch von uns abgelehnt. Die EU-Kommission hat
hierzu bereits in der letzten Finanzperiode wichtige Vor-
arbeiten geleistet, indem sie die Ziele von sieben auf drei
sowie die Gemeinschaftsinitiativen von 14 auf vier redu-
ziert hat. Im Zusammenhang mit den vor wenigen Mo-
naten erfolgten Beitritten ist die Gesamtzahl der Ziel-1-
Regionen von insgesamt 50 in der EU der 15 Staaten auf
69 in der EU der 25 angestiegen. Selbstverständlich be-
steht hier noch weiterer Handlungsbedarf. Doch sollten
wir nicht vergessen, dass jede Veränderung, ob nach
oben oder nach unten, auch Auswirkungen auf die För-
derregionen in Deutschland hat.

Im Bereich der Eigenmittel setzen wir uns auch für
eine gerechtere Lastenverteilung ein. Eine Entlastung
bei übermäßigen Nettosalden darf nicht weiterhin auf
nur ein EU-Mitglied beschränkt sein. Denn es existiert
für keinen anderen europäischen Staat ein so ungünsti-
ges Verhältnis zwischen Wohlstandsniveau und jährli-
chen Nettosalden wie für Deutschland. Die EU-Kom-
mission hat dazu einen guten Vorschlag unterbreitet, der
in die richtige Richtung weist. Auch in dieser Frage,
glaube ich, gibt es in diesem Hause grundsätzlich keine
Meinungsverschiedenheiten.

Wir sind der Auffassung, dass das Eigenmittelsystem
der EU klarer strukturiert werden muss und dass die Not-
wendigkeit, den „Britenrabatt“, der – das wissen Sie si-
cherlich – während der Zeit der CDU/CSU-FDP-geführ-
ten Regierung auf Druck von Maggie Thatcher
eingeführt worden ist, zu hinterfragen, auf der Tagesord-
nung bleiben muss. Wir haben das bereits im Jahre 1999
– im Rahmen der finanziellen Vorausschau für 2000 bis
2006 – etwas begrenzt.

Lassen Sie mich zusammenfassen: Im EU-Haushalt
– das ist das Besondere – bestimmen die Einnahmen die
Ausgaben. Eine Verschuldung gibt es nicht. Das europäi-
sche Haushaltsverfahren ist also ein bisschen anders als
unseres.

Deutschland hat während seiner Ratspräsidentschaft
im Jahre 1999 den Finanzrahmen für 2000 bis 2006 soli-
darisch und fair geregelt, das heißt, es wurde eine Eini-
gung gefunden. Die Bundesregierung hat in den vergan-
genen fünf Jahren europapolitisch exzellente Arbeit
geleistet, vom Konvent zur Grundrechte-Charta, über die
Bewältigung der Kosovokrise, den Rücktritt der Santer-
Kommission, die erfolgreiche Einführung des Euros, den
Zwischenschritt des Nizza-Vertrages über den Beitritt
von zehn neuen Mitgliedern bis zur heutigen feierlichen
Unterzeichnung des Vertrages über eine Verfassung für
Europa.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Auf diesem Fundament und in diesem Bewusstsein
wird die deutsche Europapolitik bei der finanziellen Vo-
rausschau 2007 bis 2013 nach einem klaren Maßstab
handeln. Dieser lautet: Es reicht nicht, nur den Preis, nur
die Zahlen zu kennen; man muss auch den Wert wissen.

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(C (D as wichtigste deutsche Interesse ist und bleibt die Einiung Europas, eine Einigung, die zwischen 25 gleichbeechtigten Partnern erzielt werden muss. Das bedeutet, ass Durchsetzungsfähigkeit einerseits und Komproissbereitschaft andererseits gefragt sind. Was uns 1999 elungen ist, wird auch diesmal gelingen. Denn der Buneskanzler des Jahres 1999 ist auch der Bundeskanzler ieses Jahres: Gerhard Schröder. Er ist ein Garant für ein uropäisches Deutschland. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1513614400

Das Wort hat die Kollegin Patricia Lips, CDU/CSU-

raktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Patricia Lips (CDU):
Rede ID: ID1513614500

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kol-

egen! Wie viel Geld braucht die Europäische Union?
ei allen Detaildiskussionen über die Höhe bzw. die
erteilung der Mittel für Agrarhaushalt, Strukturhilfe,
egionalförderung, Wettbewerbsfähigkeit, Sicherheit
nd vieles mehr – das sind ja wichtige Punkte – ist es
iese damit verbundene Grundsatzfrage, welche immer
ehr in den Vordergrund rückt. Vor dem Hintergrund
er bisher größten Erweiterung der EU im Mai dieses
ahres, des gemeinsamen Willens, die Integration zu ver-
iefen, und am Vorabend einer gemeinsamen europäi-
chen Verfassung bietet sich die Chance, mit der finan-
iellen Vorausschau für die Jahre 2007 bis 2013 diese
rage vielleicht ein bisschen besser als bisher zu beant-
orten.
Die Beiträge der Mitgliedstaaten bilden den wich-

igsten Teil auf der Habenseite der EU. Sie sind auch
iejenigen, um die – zumal in Zeiten klammer Haus-
alte – am stärksten gerungen wird und die bei der Be-
ölkerung sehr sensibel wahrgenommen werden. Gerade
ür unser Land, das sich durch die Wiedervereinigung in
en eigenen Grenzen noch in einem Aufholprozess be-
indet und im Gegensatz zu den meisten anderen EU-
ändern in unmittelbarer Nachbarschaft zu den neuen
itgliedstaaten liegt, ist dies von großer Bedeutung.
Wir sind mit Abstand der größte Nettozahler, aber nur

n absoluten Zahlen. Prozentual gesehen – bezogen auf
as Bruttoinlandsprodukt – haben wir diesen Rang leider
n andere Länder abgetreten. Dies ist im Umkehrschluss
atürlich ein unmissverständlicher Indikator dafür, dass
ir in hohem Maße an Wirtschaftskraft eingebüßt haben.
azu gehört auch die Tatsache, dass wir in punkto
urchschnittseinkommen nur noch in der Bezirksliga
pielen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Peter Altmaier [CDU/CSU]: Das ist das Problem!)


Blicken wir zurück. Im Jahre 1999 wurde unter deut-
cher Ratspräsidentschaft für die zurzeit laufende Pe-
iode – sie geht bis 2006 – erneut eine Beitragsober-
renze von 1,24 Prozent des Bruttonationaleinkommens
estgesetzt.






(A) )



(B) )


Patricia Lips

Bereits Ende vergangenen Jahres unterzeichneten

sechs Nettozahler, auch Deutschland – das ist also nicht
ganz neu –, einen Brief an die Europäische Kommission
mit der grundsätzlichen Absage an ein Mehr an finan-
zieller Unterstützung. Dies geschah 48 Stunden nach
dem ersten Scheitern der damaligen Verhandlungen über
den Vertrag über die europäische Verfassung und war
– Kolleginnen und Kollegen der Koalition, lassen Sie es
mich wiederholen – in Form, Stil, Zeitpunkt und vor al-
lem vor dem Hintergrund Ihres Zieles äußerst kontra-
produktiv.


(Beifall bei der CDU/CSU – Axel Schäfer [Bochum] [SPD]: Äußerst erfolgreich!)


Diese Vorgehensweise fördert nicht ein gesundes Ver-
handlungsklima, sondern sie reißt zusätzliche Gräben
auf.

Zu Beginn dieses Jahres gab die Europäische Kom-
mission bekannt – wir haben es schon gehört –, dass für
die finanzielle Vorausschau der kommenden Periode
eine Fortschreibung der Beitragsgrenze von 1,24 Prozent
– diese Zahl wurde später um ein Zehntel Prozentpunkt
reduziert – gewünscht sei.

Wir kommen zu der in diesem Land gängigen Argu-
mentationslinie.

Erstens. In der Realität zeigte sich, dass selbst dies
pro Jahr in der Regel nicht ausgeschöpft wurde. Der
Haushalt für das laufende Jahr 2004 – es ist immerhin
das Jahr der Erweiterung; dieser Haushalt wurde aufge-
stellt für 25 Mitgliedstaaten – erreicht tatsächlich nur
plus/minus 1 Prozent und er bildete in dieser Größe wohl
keine Ausnahme.

Zweitens. Deutschland ist hoch verschuldet und
gleichzeitig größter Nettozahler in der EU. Der Impuls,
auch den nächsten Haushaltsrahmen bei diesen 1 Prozent
zu deckeln – der vor allem, aber nicht nur auf die reflex-
artige Forderung der Bundesregierung zurückging –, ist
verständlich, soweit das symbolhaft dazu dienen mag, zu
grundsätzlich größerer Sparsamkeit aufzufordern.

Zudem wurde festgestellt, dass auch ein hoher Anteil
an Fördermitteln der EU gar nicht abgerufen wurde.

Auch wenn die Ausgaben auf 1 Prozent gedeckelt
werden, steigen – je nach Wirtschaftswachstum in den
nächsten Jahren – die zugrunde gelegten absoluten Zah-
len. Deutschland ist mit seinem Beitrag daran nicht un-
maßgeblich beteiligt.

Wenn heute schon 1 Prozent des Bruttonationalein-
kommens der 25 Mitgliedsländer ausreicht, dann stellt
sich logischerweise die Frage, weshalb die Europäische
Kommission für die Zukunft eigentlich mehr benötigt.
Von der Kommission werden als Grund weitere Aufga-
ben genannt, denen sich die Europäische Union künftig
stellen will oder muss. Die Ausgabenkategorien wurden
hierfür neu gegliedert.

Darüber hinaus ist manche Passage in der geplanten
europäischen Verfassung mehr als ehrgeizig im Hinblick
auf die Kompetenzerweiterung der EU, also auf eine
weitere Verlagerung von Aufgaben auf die europäische

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(C (D bene. Bei aller Einsicht in die Notwendigkeiten pronostiziere ich, dass der Begriff der Subsidiarität – es eht um das, was der einzelne Mitgliedstaat regional esser bewerkstelligen kann; auch Sie, Herr Schäfer, haen diesen Begriff genannt – spätestens in einigen Jahen im Deutschen Bundestag fraktionsübergreifend nicht ehr nur noch ein geflügeltes Wort sein wird. Gegebeenfalls wird nämlich erst dann bei der eigenen Arbeit pürbar, welche Verantwortung wir abgegeben haben nd was uns bleibt. Ich fasse diese Gemengelage zusammen: Die Front erläuft zwischen den 1,14 Prozent der Europäischen ommission und den 1 Prozent der Bundesregierung. alls diese Daten die alleinige Verhandlungsgrundlage leiben – hinzukommen natürlich noch die Befürworter nd die Gegner der anderen 24 Nationen –, so kann es irendwann und irgendwie einen Kompromiss geben; der eitpunkt ist noch offen. Unbeantwortet bleibt die Frage, b diese Vorgehensweise allein tatsächlich zielführend st. Erreichen wir damit das, was wir erreichen wollen? Ein anderes Beispiel. Im Mittelpunkt zahlreicher Dis ussionen über den EU-Haushalt stehen naturgemäß ich sagte es bereits – die Bereiche Strukturhilfe und egionale Förderung. Eine Begrenzung auf 1 Prozent räfe natürlich vornehmlich diese Bereiche, da andere roße Bereiche, wie der Agrarhaushalt, bereits weitgeend festgelegt sind. Verständlich ist in diesem Zusamenhang das deutliche Unbehagen strukturschwächerer egionen – auch im eigenen Land, insbesondere in den euen Bundesländern, aber auch woanders –, die zurzeit och Fördermittel aus dem europäischen Haushalt erhalen. Ich finde es zumindest bemerkenswert, dass Regionen m eigenen Land Strukturhilfezusagen aus Europa teileise mehr Vertrauen schenken als Zusagen der eigenen undesregierung. Diese Regionen befürchten, dass sie us rein statistischen Gründen aus dieser Förderung heausfallen, da sich eine Begrenzung auf der einen Seite it einem wesentlich höheren Bedarf an Strukturhilfe in en Staaten, die neu hinzugekommen sind, plus der eigeen bisherigen Unterstützung auf der anderen Seite mahematisch zunächst nur schwer vereinbaren lässt. Den rgumenten, dass die meisten Gebiete weiterhin geförert würden oder ein annehmbarer Übergang geschaffen erde, wird oft nicht vertraut. Im Dezember 2002 veröffentlichte die Bundesregie ung ein Eckpunktepapier zur EU-Strukturpolitik nach 006. Darin heißt es: Nach 2006 muss ein ausreichender eihilferechtlicher Spielraum für eine nationale Strukturolitik in Deutschland gewahrt bleiben. – Diesen Worten st natürlich nichts entgegenzusetzen. Die Betroffenen ordern die Einhaltung. Das bedeutet jedoch, Kolleginen und Kollegen der Koalition, dass die Mittel aus trukturfonds nicht Begehrlichkeiten wecken dürfen dain gehend, sie gegebenenfalls zweckentfremdet einzuetzen, um beispielsweise die nationale Nettokreditaufahme im Haushalt zu senken. Das gilt übrigens auch eute schon da, wo Mittel aus dem EU-Haushalt stamen. Patricia Lips Wir stehen seit einem Jahr in einem unglaublichen Spannungsfeld. Das bleibt, denke ich, unwidersprochen. Das Ende des vergangenen Jahres war von einer Grundsatzauseinandersetzung über die europäische Verfassung geprägt. Prompt scheiterte diese Verfassung zunächst. In der Konsequenz ergab sich der bereits genannte Brief der Sechs, von welchem sich natürlich genau die Länder angesprochen fühlten, die die Verfasser – vermeintlich – für das Scheitern verantwortlich machten. Wir haben seit Jahren eine Auseinandersetzung über den Stabilitätsund Wachstumspakt inklusive einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof. Es ist vor allem Deutschland, das die Grenze ein ums andere Mal reißt und vermehrt aktiv Verbündete auf europäischer Ebene sucht, um sich aus diesem Dilemma zu befreien. Die Schuld für die Probleme, die wir in unserem Land mit dem Stabilitätsund Wachstumspakt haben, ist nicht im EU-Haushalt zu suchen – ich sage das nur, weil das vorhin so ein bisschen angeklungen ist –; die Probleme sind hier gemacht. Wir haben Probleme, bestimmte Dinge weiterzugeben, aber nicht umgekehrt. Gleichzeitig rückt Europa immer mehr in das Bewusstsein der Bevölkerung. Diese Entwicklung ist durchaus zu begrüßen. Europa bekommt ein Gesicht. Wir alle wollen natürlich eine Stärkung des Europäischen Parlaments mit dem Ziel von mehr Kontrolle der verschiedenen Organe auf dieser Ebene. Eine Auseinandersetzung darüber, wie dieses Ziel besser zu erreichen wäre, ist angebracht. Aufgrund der genannten Punkte ist es vor allem angebracht, zu hinterfragen, welchen Beitrag Deutschland in letzter Zeit zur Integration geleistet hat. Gerade dieses Land inmitten Europas – es ist zudem das größte und hat die meisten Nachbarn – (Günter Gloser [SPD]: Einspruch, Euer Ehren!)





(A) )


(B) )


hat die Aufgabe, verbindend und vermittelnd statt spal-
tend zu wirken; denn das können wir uns politisch und
finanziell nicht leisten.

Wir hatten gestern eine sehr emotionale Debatte zum
Thema Türkeibeitritt.


(Peter Hintze [CDU/CSU]: Eine sehr gute Debatte!)


– Es war auch eine sehr gute Debatte. Emotionale Dinge
können manchmal sehr gut sein. – Ich möchte jetzt aber
nicht noch einmal alle Argumente, das Für und Wider
bringen. Wir alle sind uns doch über Folgendes im Kla-
ren: Auch wenn es noch so viele Jahre dauern mag, bis
es zu einem endgültigen Beitritt kommt – mit einer Vor-
gehensweise wie der, die Sie aktuell zum EU-Haushalt
an den Tag legen, können Sie dieses große Land nicht in-
tegrieren.

Wie viel Geld braucht Europa? Die neue finanzielle
Vorausschau für die Zeit ab 2007 muss sich an den tat-
sächlichen und notwendigen Aufgaben der EU orientie-
ren. Eine Neuausrichtung der Beitragsobergrenzen mag
eine Möglichkeit sein, ist aber zu kurz gesprungen. Sie
kann nur Auslöser für Folgedebatten sein. Erst aus der
Aufgabendefinition kann das für die Aufgaben notwen-

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(C (D ige Ausgabenvolumen bestimmt werden. Dabei sind ie finanzielle Belastbarkeit der Mitgliedstaaten und die ortsetzung wirtschaftlicher Aufholprozesse in den Bunesländern zu beachten; hier ist der wirtschaftliche Umtrukturierungsprozess noch lange nicht abgeschlossen. ine Aufgabenkritik soll und kann zu zusätzlichen finaniellen Spielräumen führen. Aber noch mehr: Die Budets müssen nicht nur für die Regierungen, sondern ehr als bisher auch für die Bevölkerung nachvollziehar und transparent sein. Beitragsgerechtigkeit kann nicht für sich allein ste en, sondern verlangt gleichermaßen Ausgabengerechigkeit. Damit wird der Reformdruck auf die ausgabenreevanten Politikfelder der Europäischen Union ufrechterhalten und zur Sparsamkeit aufgefordert. Geade in der heutigen Zeit ist dies auch für eine höhere kzeptanz der Europäischen Union durch die Bürgerinen und Bürger essenziell. Vielen Dank. Das Wort hat der Kollege Rainder Steenblock, Bünd is 90/Die Grünen. Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Die Europäische Kommission hat uns einen
aushaltsvorschlag für die Periode von 2007 bis 2013
orgelegt. Ich glaube, wir täten gut daran, einmal zu
ürdigen, was die Kommission hier an positiven Aspek-
en dargestellt hat. Ich halte diesen Haushalt nämlich für
usgesprochen ausgewogen.
Wir stehen ja vor großen Herausforderungen. Eine

entrale europäische Herausforderung, vor der wir alle
tehen, ist es, die Erweiterung der Europäischen Union
olidarisch zu gestalten. Außerdem müssen auch die vor
ns liegenden Aufgaben wie Bildung, Innovation und
orschung stärker in den Vordergrund gestellt werden
nd die europäische Gesellschaft zukunftsfähig gemacht
erden. Angesichts dieser Herausforderungen, vor de-
en wir stehen, ist dieser Haushaltsentwurf aus meiner
icht vernünftig.
Ich glaube, dass wir gut beraten sind, wenn wir die
useinandersetzung um die finanzielle Vorausschau
das ist ja eine der wichtigsten Debatten im Zusammen-
ang mit dem Europa der Zukunft – nicht als reine Fi-
anzdebatte, also nur als Debatte um eine Prozentzahl,
ühren, sondern in dieser zentralen Zukunftsdiskussion
unächst einmal fragen, welche politischen Prioritäten
ir beschlossen haben und was wir eigentlich mit die-
em Europa leisten wollen.
Um wettbewerbsfähig zu bleiben und eine nachhal-

ige Entwicklung zu fördern, reicht es nicht aus, auf eu-
opäischen Gipfeln oder heute an diesem europäischen
eiertag anlässlich der Unterzeichnung der europäischen
erfassung den EU-Organen neue Aufgaben zuzuweisen
nd der Europäischen Union neue Pflichten aufzubür-






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Rainder Steenblock

den. Wenn wir Europa zur dynamischsten und wettbe-
werbsfähigsten wissensbasierten Region ausbauen wol-
len, wenn wir gleichzeitig den Lebensstandard in den
Beitrittsländern an den Durchschnitt in der EU heranfüh-
ren wollen, wenn wir wollen, dass auch von europäi-
scher Seite der internationale Terrorismus bekämpft und
der Korruption und der organisierten Kriminalität begeg-
net wird, dann brauchen wir hierfür natürlich auch eine
materielle Unterfütterung; denn wir wären doch un-
glaubwürdig, wenn wir nur Ziele definierten, aber mate-
riell nichts dazu beitrügen.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
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Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der

Kollegin Winterstein?


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Gerne.


Dr. Claudia Winterstein (FDP):
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Herr Steenblock, soweit ich weiß, haben sich Regie-

rung und Koalitionsfraktionen für die Einhaltung einer
Höchstgrenze von 1 Prozent des Bruttonationaleinkom-
mens ausgesprochen. Wenn ich Sie eben richtig verstan-
den habe, dann haben Sie sich als Sprecher der Grünen
hier für den Vorschlag der Kommission, der von einer
Höchstgrenze von 1,14 Prozent ausgeht, ausgesprochen.
Könnten Sie diesen Widerspruch vielleicht aufklären?


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das tue ich gerne, liebe Frau Kollegin. Ich habe mich
für gar keine Zahl ausgesprochen. Wenn Sie mir auf-
merksam gelauscht hätten, dann hätten Sie tatsächlich
meinen Gedankengang verstanden. Ich habe nämlich ge-
sagt, wir dürfen diese Debatte nicht als reine Finanzde-
batte führen, sondern müssen auch schauen, welche Auf-
gaben wir Europa übertragen haben. Natürlich muss der
EU-Haushalt effizient gestaltet werden und muss spar-
sam mit den Geldern umgegangen werden. Liebe Kolle-
gin, ich bitte Sie, dabei auch zur Kenntnis zu nehmen,
dass die nationalen Haushalte in den letzten sieben Jah-
ren doppelt so schnell gestiegen sind wie der EU-Haus-
halt. Zugleich ist der EU-Haushalt der einzige, der ohne
eine Verschuldung auskommt.


(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Das ist doch nicht wahr! – Otto Fricke [FDP]: Das stimmt doch nicht!)


– Das stimmt; diese Zahlen können Sie gerne in einer
Drucksache der EU-Kommission nachlesen. Die genaue
Nummer reiche ich Ihnen gerne noch nach. Sie können
gerne schauen, bei wie viel Prozent des Bruttonational-
produktes die jeweiligen nationalen Haushalte liegen. Im
Durchschnitt der EU-Staaten kommt man auf
45 Prozent, während der EU-Haushalt bei 1 Prozent
liegt. Schauen Sie sich dann auch an, welche Einsparpo-
tenziale realisiert werden. Sie sagen ja zu Recht, dass
immer ein Teil – Sie können ruhig stehen bleiben, liebe
Kollegin, ich antworte noch auf Ihre Frage – –


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(C (D (Dr. Claudia Winterstein [FDP]: Ich dachte, diese Ausführungen richteten sich an die Zwischenrufer!)


Darauf gehe ich als Nächstes ein; jetzt handelt es sich
och um die Antwort auf Ihre Frage.
Ich halte es vor diesem Hintergrund für wichtig, liebe
ollegin, sich erst einmal genau anzuschauen, welche
ufgaben durch die neue Verfassung an die EU übertra-
en wurden; dann kann man sagen, ob 1,0 oder 0,95 oder
ielleicht 1,14 Prozent als Höchstgrenze angemessen
ind. Das ist eine inhaltliche Debatte. Ich habe mich al-
erdings dafür ausgesprochen, diese inhaltliche Debatte
u führen. Das ist wichtig. Da unterscheiden wir uns
uch innerhalb der Koalition überhaupt nicht. – Vielen
ank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1513614900

Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage, und zwar

es Kollegen Kalb?

(BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Aber gerne.

Bartholomäus Kalb (CSU):
Rede ID: ID1513615000

Herr Kollege, würden Sie mir Recht geben, dass die

rage, ob Europa die dynamischste Wirtschaftsregion
erden kann oder nicht, nicht von dem Finanzvolumen,
as der EU zur Verfügung steht, abhängig gemacht wer-
en kann? Diese Aufgabe kann doch nicht gelingen,
enn die Mitgliedstaaten ihre Hausaufgaben nicht ma-
hen. Und würden Sie zweitens zur Kenntnis nehmen,
ass sowohl im Unterausschuss zu Fragen der Europäi-
chen Union als auch im Haushaltsausschuss des Deut-
chen Bundestages einstimmig und mit großem Nach-
ruck beschlossen wurde, die Regierung in dem
estreben zu unterstützen, dass der EU-Haushalt auf
Prozent des Bruttonationaleinkommens begrenzt wird?


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Ich bin gerne bereit, den letzten Punkt zur Kenntnis

u nehmen, frage mich aber, ob der Haushaltsausschuss
n seinen Beratungen auch schon einmal darüber nachge-
acht hat, den nationalen Haushalt auf x Prozent des
ruttonationalprodukts zu begrenzen.


(Dr. Werner Hoyer [FDP]: So etwas geht nicht!)


ch persönlich halte das für eine fragwürdige Strategie,
m das einmal deutlich zu sagen.
Aber ich will auch den ersten Teil Ihrer Frage beant-
orten: Natürlich ist es richtig, dass wir das Ziel der Lis-
abon-Strategie, die Sie hier ansprechen, also Europa
ettbewerbsfähig zu machen, nur dann erreichen, wenn
ir eine europäische Strategie haben, der sich alle Mit-
liedsländer verpflichtet fühlen.


(Beifall bei der SPD)







(A) )



(B) )


Rainder Steenblock

Natürlich müssen die Mitgliedsländer dafür in ihren je-
weiligen Haushalten sorgen; das ist überhaupt keine
Frage. Aber wir können – das wissen Sie ganz genau –
zum Beispiel im Forschungsbereich, wie Sie an der Pla-
nung für das 7. EU-Forschungsrahmenprogramm erken-
nen können, an vielen Stellen einen Mehrwert erreichen,
wenn wir das auf europäischer Ebene organisieren. Das
heißt – um die von Ihnen gestellte Frage zu beantwor-
ten –, wir brauchen Mittel nicht nur auf nationaler, son-
dern auch auf europäischer Ebene. Wir brauchen eine
nationale und eine europäische Strategie, die allerdings
zusammenpassen müssen.


(Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Deutschland hat beides nicht!)


Ich glaube, dass wir in der Debatte über die Frage, um
die es heute geht, Ehrlichkeit brauchen. Auch die nieder-
ländische Ratspräsidentschaft hat das deutlich gemacht.
Sie verfolgt die Strategie der politischen Prioritätenbil-
dung. Frau Lips hat das bereits angesprochen; in diesem
Punkt kann ich mich ihr anschließen. Zur Debatte über
die finanzielle Vorausschau ist von der niederländischen
Ratspräsidentschaft die Building-Block-Methode ein-
geführt worden. Hierbei werden die Finanzberatungen
auf eine breitere Grundlage gestellt, damit stärker auf
den Inhalt der verschiedenen Politikbereiche eingegan-
gen werden kann. Dies ist aus meiner Sicht ein richtiger
Ansatz, um zu erreichen, dass Anspruch und Wirklich-
keit in Europa wieder zusammenpassen. Wir dürfen
nicht politische Ziele formulieren, die Erwartungen bei
den Bürgerinnen und Bürgern wecken, aber dann nicht
die notwendigen finanziellen Mittel dafür bereitstellen.
Sonst besteht die Gefahr, wie Wim Kok hinsichtlich der
Halbzeitbilanz der Lissabon-Strategie schon gesagt hat,
dass die Europäische Union zu einem Synonym für ver-
fehlte Ziele und gebrochene Versprechen wird. Wir müs-
sen dafür sorgen, dass die Europäische Union nicht nur
mit hehren politischen Zielen, sondern auch mit den da-
für notwendigen Mitteln ausgestattet wird. Denn sonst,
liebe Kolleginnen und Kollegen, verlieren wir das Wich-
tigste: das Vertrauen der Menschen in die Zukunft Euro-
pas.


(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Da sind wir drauf und dran!)


Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1513615100

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf

Drucksache 15/2978 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 24 sowie Zusatz-
punkt 5 auf:
24 – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-

gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes

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(C (D zur Kontrolle von Unternehmensabschlüssen – Drucksache 15/3421 – – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung internationaler Rechnungslegungsstandards und zur Sicherung der Qualität der Abschlussprüfung (Bilanzrechtsreformgesetz – BilReG)


(Bilanzkontrollgesetz – BilKoG)


(Erste Beratung 118. Sitzung)

– Drucksache 15/3419 –

(Erste Beratung 118. Sitzung)


Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsaus-
schusses (6. Ausschuss)

– Drucksachen 15/4055, 15/4054 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Olaf Scholz
Marco Wanderwitz
Jerzy Montag
Rainer Funke

P 5 Beratung des Antrags der Abgeordneten Joachim
Stünker, Hermann Bachmaier, Sabine Bätzing,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD
sowie der Abgeordneten Jerzy Montag, Volker
Beck (Köln), Irmingard Schewe-Gerigk, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNIS-
SES 90/DIE GRÜNEN
Anwendung internationaler Rechnungsle-
gungsstandards in Deutschland sachgerecht
und transparent fortentwickeln
– Drucksache 15/4036 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
einen Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Parla-
entarische Staatssekretär Alfred Hartenbach.

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Alfred Hartenbach (SPD):
Rede ID: ID1513615200

Frau Präsidentin! Verehrtes Präsidium! Liebe Kolle-

innen! Liebe Kollegen! Es ist schön, Sie alle zu dieser
achmittäglichen Stunde hier zu sehen.


(Rainer Funke [FDP]: Wieso alle?)

Ich freue mich, dass ich Sie alle sehe.
Zu einem attraktiven Kapitalmarkt gehört ein moder-

es und transparentes Bilanzrecht. Mit den beiden Ge-
etzen, also mit dem Bilanzrechtsreformgesetz und dem
ilanzkontrollgesetz, die wir heute beschließen, werden
ir unsere Bilanzregeln auf hohem internationalen Ni-
eau fortentwickeln.






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Alfred Hartenbach

Ich darf mich an dieser Stelle herzlich für die kon-

struktive Atmosphäre bei der Beratung der beiden Ge-
setzentwürfe bedanken. Es ist gut, wenn bei diesen für
unseren Finanzplatz wichtigen Weichenstellungen alle
an einem Strang ziehen, und das – auch das muss ich
hier sagen – mit großer Sachkompetenz. Es war eine
reine Freude.

Mit dem Bilanzrechtsreformgesetz und dem Bilanz-
kontrollgesetz setzen wir weitere bedeutende Punkte un-
seres Zehn-Punkte-Programms zur Stärkung der Unter-
nehmensintegrität und des Anlegerschutzes um. Mit dem
Bilanzrechtsreformgesetz tragen wir der Internationali-
sierung des Bilanzrechts Rechnung. Wir geben den Un-
ternehmen in Deutschland sachgerechte Möglichkeiten
zur Anwendung der International Accounting Standards.

Wir stärken außerdem die Unabhängigkeit der Ab-
schlussprüfer. Als Ausgangspunkt dient eine General-
klausel. Sie lautet: Die Besorgnis der Befangenheit führt
zum Ausschluss des Abschlussprüfers – ein altehrwürdi-
ger juristischer Grundsatz. Niemand soll in eigener Sa-
che prüfen und urteilen. Wir unterfüttern diesen Grund-
satz mit einer Liste von Ausschlussgründen, die als
Regelbeispiele die Besorgnis der Befangenheit vermuten
lassen.

Der Grundgedanke ist dabei vor allem das Selbstprü-
fungsverbot. Es versteht sich von selbst, dass es für die
Unabhängigkeit schädlich ist, wenn Abschlussprüferin-
nen und Abschlussprüfer in die Situation kommen kön-
nen, bei einer Prüfung selbst das Resultat der eigenen
vorangegangenen Beratung, sprich: Dienstleistung, be-
werten zu müssen.

Verschärfte Anforderungen gelten für Kapitalmarkt-
unternehmen. So sind Abschlussprüfer von der Prüfung
eines solchen Unternehmens ausgeschlossen, wenn sie
zugleich auch gestaltende Rechts- oder Steuerberatungs-
leistungen für das Unternehmen erbringen. Ich möchte
aber betonen, dass das Gesetz für mittelständische Wirt-
schaftsprüfungsgesellschaften, die keine Kapitalmarkt-
unternehmen prüfen, keine so weit gehenden Regelun-
gen vorsieht. Das heißt also: so viel Belastung und
Regulierung wie nötig, so viel Freiheit wie möglich.

Die Bilanzskandale der letzten Jahre haben leider ge-
zeigt, dass es auch in der Wirtschaft ohne Kontrolle nicht
geht. Aber gerade im Wirtschaftsleben wollen wir dort,
wo es möglich ist, auf das Prinzip der Selbstregulierung
setzen und erst dann hoheitlich eingreifen, wenn es un-
vermeidlich ist. Diesen Weg gehen wir beim Bilanzkon-
trollgesetz. Wir schaffen ein zweistufiges so genanntes
Enforcementverfahren. Es geht um die Überprüfung
der Richtigkeit der Jahres- und Konzernabschlüsse von
Kapitalmarktunternehmen.

Auf der ersten Stufe soll eine privatrechtlich organi-
sierte Prüfstelle tätig werden. Sie begegnet den Unter-
nehmen auf gleicher Augenhöhe. Die Zusammenarbeit
mit dieser Stelle ist freiwillig. Verweigert das betroffene
Unternehmen die Zusammenarbeit mit dem privaten
Enforcementgremium, kommt auf der zweiten Stufe
– deswegen ist Herr Diller noch anwesend – die Bundes-
anstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zum Einsatz.

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(C (D ie kann die Prüfung mit hoheitlichen Mitteln durchseten. Die Wirtschaft will von unserem Angebot zur Selbst egulierung Gebrauch machen und hat bereits mit eburtshilfe des Bundesministeriums der Justiz einen rägerverein für eine Deutsche Prüfstelle für Rechungslegung, abgekürzt DPR, gegründet. Der Aufbau ieser Prüfstelle ist also auf einem guten Weg. Lassen Sie mich zum Schluss noch eines sagen. Wir ollen bei aller notwendigen Kontrolle nicht die Beweungsspielräume und die Innovationskraft unserer Unernehmer einengen. Wir wollen vielmehr durch funktioierende Finanzmärkte diese Spielräume gerade auch für en Mittelstand erweitern. Wir wollen das Vertrauen in ie Bilanzen und die Arbeit der Abschlussprüfer stärken, amit nicht einige wenige – eventuell schwarze Schafe – anze Märkte in Vertrauenskrisen stürzen können. Mit en heute zu verabschiedenden Gesetzen schaffen wir ie Grundlagen dafür. Ich danke Ihnen, dass Sie alle nachher zustimmen erden. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: So nett sind wir!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1513615300

Nächster Redner ist der Kollege Marco Wanderwitz,
DU/CSU-Fraktion.

Marco Wanderwitz (CDU):
Rede ID: ID1513615400

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
evor ich in der Sache ausführe, möchte auch ich einige
orte des Dankes sagen; denn die Beratung dieser bei-
en sachlich verbundenen Gesetzentwürfe, für die ich im
echtsausschuss der Berichterstatter der CDU/CSU-
undestagsfraktion bin, ist nach meiner Meinung bei-
pielhaft für eine gelungene Arbeit des Parlaments. Mei-
en Berichterstatterkollegen der anderen Fraktionen
öchte ich für die sachliche und konstruktive Beratung
anken, in deren Folge wir in einem straffen, aber nie
bereilten Verfahren im Konsens nahezu alle Punkte
icht nur zu unserer Zufriedenheit, sondern vor allen
ingen sachgerecht und allen Betroffenen gerecht wer-
end klären und einer Lösung zuführen konnten.
Mein Dank gilt auch den Sachverständigen, die uns

m Rahmen eines erweiterten Berichterstattergespräches
nterstützten. Die Zusammenarbeit sowohl mit dem
undesjustizministerium als auch mit den Ländern, die
ber die Stellungnahme des Bundesrates wertvolle Anre-
ungen gaben, kann und will ich nur loben. Meinen
ank dafür!
Gleichwohl das Bundesjustizministerium und damit

er Rechtsausschuss federführend sind, haben die Ge-
etzentwürfe vor allen Dingen einen finanz- und wirt-
chaftspolitischen Hintergrund. Mein Kollege Otto
ernhardt sprach als Berichterstatter der CDU/CSU im
inanzausschuss in der ersten Lesung der beiden Gesetz-
ntwürfe zu deren gesetzgeberischem Ziel. Daher
öchte ich mich an dieser Stelle ein wenig beschränken.






(A) )



(B) )


Marco Wanderwitz

Gemeinsam ist beiden Gesetzen, dass Bilanzskandale

der letzten Jahre – nicht nur, aber eben auch in Deutsch-
land – die Anleger erheblich verunsicherten. Um das
Vertrauen in den Finanzplatz Deutschland zu sichern,
mussten wir als Gesetzgeber handeln. Dieses Vertrauen
betrifft sowohl die Rechnungslegung der Unternehmen
wie auch das Institut der Abschlussprüfung. Der Anle-
gerschutz ist ein gewichtiges Schutzgut, dem wir vor al-
lem mit den Regelungen zur Unabhängigkeit der Ab-
schlussprüfer Rechnung tragen.

Im Bilanzrechtsreformgesetz werden die internatio-
nale Vereinheitlichung der Rechnungslegung und damit
die Vergleichbarkeit durch die Übernahme interna-
tionaler Rechnungslegungsgrundsätze gesichert. Das
Verfahren IAS steht somit auch für die internationale
Wettbewerbsfähigkeit kapitalmarktorientierter deutscher
Unternehmen.

Langfristig wird allerdings die Frage zu beantworten
sein, inwieweit die parallele Erstellung eines IAS-Ab-
schlusses und eines Abschlusses nach dem Handelsge-
setzbuch sinnvoll ist. Der HGB-Abschluss ist und bleibt
Maßstab für die Gewinnausschüttung und insbesondere
für steuerliche Zwecke und geht teilweise von funda-
mental anderen Grundlagen aus. Der IAS-Abschluss
kann dies nicht leisten.

Im Bilanzrechtsreformgesetz wird die Unabhängig-
keit der Abschlussprüfer gesichert. Damit werden die
Empfehlungen der EU-Kommission umgesetzt. Hier
zeigt sich aber auch ein Spannungsfeld zwischen dem
notwendigen Anlegerschutz, dem durch die Unabhän-
gigkeitsregelungen Rechnung getragen wird, und den In-
teressen der mittelständischen Wirtschaft und deren Prü-
fern. Regelungen, die auf die Abschlussprüfungen von
so genannten Unternehmen öffentlichen Interesses aus-
gerichtet sind, passen nicht notwendig auch auf mittel-
ständische Unternehmen. Hier galt es, genau auf die
potenziellen Wirkungen der Gesetzgebung zu achten.
Das ist uns meiner Einschätzung nach im Verfahren gut
gelungen.

Die Vorschriften sollen die gesetzgeberischen Ziele
erfüllen. Sie sollen aber auch so wenig nachteilige Wir-
kungen wie möglich haben. Der Nutzen muss wie bei je-
der Gesetzesfolgenabwägung überwiegen. Hier wies der
Regierungsentwurf eine ganze Reihe von Verbesse-
rungsnotwendigkeiten auf.

Daneben sei mir an dieser Stelle gestattet, zu sagen,
dass das Bundesjustizministerium im Laufe der Beratun-
gen an für meinen Geschmack zu vielen Stellen redak-
tionelle Änderungen vornehmen und Schreibversehen
beheben musste. Derartige Fehler sind leider ein weit
verbreitetes Übel der letzten Jahre, auch wenn es sich in
diesem Fall zwar um zahlreiche, aber zugegeben nur um
kleine Fehler handelte.

In der Sache weiter: Eine der gewichtigsten Verände-
rungen ist die Herausnahme der nicht kapitalmarktorien-
tierten Banken und Versicherungen aus dem Anwen-
dungsbereich der verschärften Unabhängigkeitsregeln
für Prüfer. Damit wurde eine unnötige Belastung von

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(C (D leineren und insbesondere nur regional tätigen Unterehmen dieses Bereichs und der Prüfer erreicht. In diesem Sinne wirkend und ebenfalls zielführend ist ie Sonderregelung einer so genannten internen Rotation ür genossenschaftliche Prüfungsverbände sowie die rüfungsstellen des Sparkassenund Giroverbandes, die m Zuge der parlamentarischen Beratungen gefunden urde. Die Gleichbehandlung mit Wirtschaftsprüfungsesellschaften an dieser Stelle hätte ohne Not das beährte gewachsene genossenschaftliche System der Beatung und Prüfung zerstört und damit letztlich in nnötiger Weise Kosten verursacht. Wieder gestrichen wurde außerdem die zunächst vor eschlagene Unabhängigkeitsregel, nach der Abschlussrüfer nicht tätig werden dürfen, wenn sie das zu prüende Unternehmen auch gerichtlich vertreten. Die eratungen haben für mich überzeugend ergeben, dass ieser Ausschluss unter der definierten Zielsetzung auch icht erforderlich war. Weiterhin nicht sachgerecht war der ursprünglich vor esehene endgültige Prüferausschluss nach der Zeichung von Bestätigungsvermerken über einen Zeitraum on fünf Jahren. Durch die nun festgelegte Dauer von ieben Jahren und insbesondere durch die vom Bundesat eingebrachte Möglichkeit, dass der Prüfer nach einer bkühlungsphase, also einem Zeitraum, in dem er ein nternehmen nicht geprüft hat, von mindestens drei Jahen erneut tätig werden kann, bleiben gerade kleinere rüfunternehmen wettbewerbsfähig. Das Miteinander on kleineren und großen Prüfunternehmen ist ein geachsenes System, das sich bewährt hat. Sachgerecht war es auch, die Pflicht zur Angabe der bschlussprüferhonorare im Bilanzanhang abweichend om Regierungsentwurf auf solche Unternehmen zu bechränken, die einen organisierten Kapitalmarkt in Anpruch nehmen; denn nur dort ist dieses Transparenzgeot erforderlich. Ich möchte noch einmal klar betonen, dass meine raktion die Forderung nach größtmöglicher Unabhänigkeit der Abschlussprüfer unterstützt. Daran besteht in dringendes öffentliches Interesse. Bei der gesetzlihen Umsetzung dieser Forderung ist allerdings Augenaß angezeigt. Daher ist es mir wichtig, noch einmal eutlich zu machen, dass die neue Umsatzabhängigkeitsrenze von 15 Prozent der Beobachtung bedarf. Diese egelung ist nach meiner Ansicht sehr streng und stellt leinere Prüfer vor nicht unerhebliche Probleme; Proleme, die freilich ob der Fünf-Jahres-Erheblichkeit und er gefundenen Übergangsvorschriften abschätzbar sind. ennoch halte ich hier potenziell eher eine Korrektur ach oben für möglich. Wir dürfen auf keinen Fall Regeungen schaffen, die verhindern, dass einzelne Wirtchaftsprüfer oder kleinere Wirtschaftsprüfungsgesellchaften Prüfaufträge auch von größeren Unternehmen ekommen. Dies nützte dem Anlegerschutz überhaupt icht und wäre zudem ordnungspolitisch bedenklich. So, wie es richtig und wichtig ist, kleinere und mitt ere Unternehmen nicht auf die Erstellung eines IASbschlusses zu verpflichten, war es wichtig, dass für Marco Wanderwitz diejenigen Unternehmen, die die internationalen Rechnungslegungsregeln freiwillig anwenden wollen, dies nun bereits für den nächsten Konzernabschluss zum 31. Dezember 2004 möglich ist. Der ursprüngliche Gesetzentwurf hatte das noch anders vorgesehen. Das Bilanzkontrollgesetz bringt eine zusätzliche Prüfinstanz – der Staatssekretär hat es bereits erwähnt – auch für ausländische Unternehmen, die in Deutschland entsprechend notiert, also an einer inländischen Börse, im amtlichen Handel oder im geregelten Markt zugelassen sind. Die derzeitige Praxis der Kontrolle der Jahresabschlüsse, der Konzernabschlüsse und der Lageberichte durch Wirtschaftsprüfer und Aufsichtsrat wird künftig durch ein weiter gehendes zweistufiges Verfahren abgelöst. Das mag auf den ersten flüchtigen Blick nach mehr Bürokratie klingen, ist es aber nicht. Da vor die potenzielle zweite Prüfungsstufe durch das Bundesamt für Finanzdienstleistungsaufsicht eine privatrechtlich organisierte Prüfstelle tritt, wird Bürokratie vielmehr abgebaut. Diese Instanz ist – wie schon erwähnt – mit der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung auch schon ins Leben gerufen. An dieser Stelle ergaben sich in den Beratungen eine Reihe von Notwendigkeiten zur Veränderung des Regierungsentwurfes, die auch umgesetzt wurden. Die Verschiebung des Termins für die eigentliche Prüftätigkeit vom 1. Januar auf den 1. Juli 2005 wegen der Notwendigkeit einer vorherigen Kostenerhebung bei den zu prüfenden Unternehmen mag einleuchten. Da der eigentliche Arbeitsgegenstand der Prüfstelle, nämlich die Abschlüsse für 2004, erst im späten Frühjahr zu erwarten ist, ist der tatsächliche Zeitverzug kürzer. Dennoch hätte ich mir hier eine andere Lösung, beispielsweise im Sinne einer Vorfinanzierung, gewünscht. Ich will auch nicht verhehlen, dass ich nicht mit letzter Sicherheit von der zweistufigen Prüfung überzeugt bin, oder ob nicht eine einstufige Prüfung durch das BaFin der bessere Weg gewesen wäre. Letztlich leiten mich aber das durchaus überzeugende konkrete Konzept und der Gedanke einer vorgeschalteten Selbstregulierung. Künftig müssen wir aber alle miteinander sehr genau beobachten, ob das Konstrukt im Sinne der Zielsetzung trägt. Mein Appell geht an die betroffenen Unternehmen, dieses Modell durch Kooperation mit Leben zu erfüllen. Die Gefahr einer Doppelprüfung bei Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten oder Versicherungsunternehmen im Sinne einer gleichzeitigen Prüfung durch die Prüfstelle nach den allgemeinen Regeln und das BaFin im Rahmen einer Sonderprüfung ist durch das abweichend vom Regierungsentwurf geschaffene Selbstanziehungsrecht des BaFin gebannt. Damit würde in diesen Fällen die erste Stufe der Prüfung entfallen – eine Zeitund Kostenersparnis ohne Qualitätsverlust. Insgesamt sind die beiden Gesetze – das möchte ich nochmals betonen – eine erfreuliche Umsetzung des Erforderlichen und als letzter Tagesordnungspunkt dieser Plenarwoche auch ein guter Schlusspunkt für diese. S l f f n s n n e A r D F w U g E P d S g K D i e G u i n d a a w l g D d v p v n (C (D Da es aber noch nicht 16 Uhr ist und daher auch die perrfrist einer mir bereits vorliegenden Pressemitteiung Ihres Hauses zu diesem Thema noch nicht abgelauen ist, sollten Sie vielleicht nach dem von mir Aufgeührten den Passus, „dass die Regierungsentwürfe mit ur wenigen Änderungen angenommen worden sind“, elbstkritisch hinterfragen. Nächster Redner ist der Kollege Jerzy Montag, Bünd is 90/Die Grünen. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Unter ehmensintegrität und Anlegerschutz in Deutschland zu rhalten und zu stärken sind zwei bedeutende politische ufgaben unserer Koalition im Bereich des Wirtschaftsechts. (Rainer Funke [FDP]: Das ist auch unsere Aufgabe!)





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(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1513615500
Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513615600

ie Bundesregierung hat im Maßnahmenkatalog vom
ebruar 2003 die Werkzeuge genannt, mit denen wir so-
ohl den Schutz der Anleger als auch die Integrität der
nternehmen stärken wollen. Das Bilanzrechtsreform-
esetz und das Bilanzkontrollgesetz setzen ganz konkret
mpfehlungen des Maßnahmenkatalogs um.
Das Enforcementverfahren und die einzurichtende

rüfstelle schaffen ein Instrument der Selbstkontrolle
er Wirtschaft. Wir setzen dabei gerade nicht auf mehr
taat, Herr Kollege Wanderwitz, sondern auf mehr En-
agement der Wirtschaft selbst, um die Richtigkeit von
apitalmarktinformationen zu stärken.


(Beifall des Abg. Rainder Steenblock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


as Bilanzrechtsreformgesetz stärkt die Abschlussprüfer
n ihrer Unabhängigkeit und Neutralität.
Es gibt aber auch Entwicklungen im deutschen und

uropäischen Bilanzrecht, die uns mit Sorge erfüllen.
anz konkret geht es um den Verlust von Transparenz
nd Demokratie bei der Entwicklung und Übernahme
nternationaler Rechnungslegungsstandards, der so ge-
annten IAS. Durch das Bilanzrechtsreformgesetz wird
as nationale Bilanzrecht an vier europäische Rechts-
kte, darunter auch an die EU-Verordnung zu den IAS
ngepasst. Das heißt konkret: Ab dem 1. Januar 2005
erden kapitalmarktorientierte Unternehmen in Deutsch-
and nach diesen Regeln bilanzieren müssen.
Die Erarbeitung der darin festgelegten Rechnungsle-

ungsstandards erfolgt jedoch nicht – wie es bisher in
eutschland rechtsstaatlicher Standard war – in einem
emokratisch legitimierten nationalen Gesetzgebungs-
erfahren, sondern im so genannten IAS-Board, einem
rivaten 14-köpfigen Gremium mit Sitz in London, das
on Industrieunternehmen, Banken, Versicherungsunter-
ehmen und Wirtschaftsprüfern finanziert wird.






(A) )



(B) )


Jerzy Montag

Folglich wird die Transparenz, die auf dem Kapital-

markt durch die Anwendung der neuen Standards er-
reicht werden soll, in einer Dunkelkammer geboren. In-
transparenz soll Transparenz schaffen, ein im Grundsatz
paradoxes und unmögliches Verfahren.

Der auf EU-Ebene im Rahmen des Komitologiever-
fahrens für die Übernahme der Regeln – zuerst in euro-
päisches und dann in nationales verbindlich geltendes
Recht – eigens eingesetzte Regelungsausschuss unter
dem Vorsitz der Kommission kann diese Standards le-
diglich annehmen; mitmachen und mitgestalten kann er
sie aber nicht und ändern auch nicht.


(Otto Fricke [FDP]: Dann müsste er sie auch bezahlen!)


Das Europäische Parlament ist außen vor und auch wir
als deutsches Parlament werden nicht gefragt. Auch dies
ist ein im Grundsatz unmögliches Verfahren.


(Otto Fricke [FDP]: Wer sitzt denn im Ministerrat und in der Kommission?)


Der von mir beschriebene Demokratie- und Transpa-
renzverlust ist ein großes Problem, die mit weiteren gra-
vierenden Konsequenzen verbundene Einführung der
IAS-Regeln birgt aber noch weitere Probleme. Ich nenne
hier die zu erwartenden Auswirkungen auf den Mittel-
stand und den kaum abschätzbaren Einfluss auf die künf-
tigen Besteuerungsgrundlagen von Unternehmen in
Deutschland.


(Otto Fricke [FDP]: Da hat er Recht!)

Für mittelständische und nicht kapitalmarktorientierte
Unternehmen besteht nach der EU-Verordnung zwar ein
Wahlrecht, entweder wie bisher zu bilanzieren oder nach
den neuen IAS-Regeln. Es steht aber zu befürchten, dass
sich auch der Mittelstand gezwungen sehen wird, diese
Rechnungslegung umzustellen, wenn Banken zuneh-
mend IAS-Bilanzen verlangen und auch Kooperations-
partner, insbesondere in der internationalen Zusammen-
arbeit, nach den neuen Regeln bilanzieren werden. Dies
wird enorme Kosten verursachen, die der Mittelstand
nicht oder nur sehr schwer schultern kann. Deshalb hal-
ten wir es für erforderlich, dass für mittelständische Un-
ternehmen so rasch wie möglich eine abgespeckte Ver-
sion der IAS-Regeln, die so genannten IAS light, fertig
gestellt wird.

Was den Einfluss auf die Steuerbilanz betrifft, so
konnten wir bereits der „Frankfurter Allgemeinen Zei-
tung“ vom 25. Oktober dieses Jahres entnehmen, dass es
schon Urteile des Europäischen Gerichtshofs gibt, die in
die Richtung deuten, dass die neuen IAS-Regeln in Zu-
kunft auch die Grundlage der Besteuerung darstellen
werden. Vor diesem Hintergrund ist es notwendig, dass
der Deutsche Bundestag gegensteuert. Gefordert sind
gesetzliche Vorgaben für die Steuerbilanz, die weiterhin
auf dem Realisationsprinzip aufbauen und übermäßige
Schwankungen bei der Berechnung von Steuereinnah-
men vermeiden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, durch unseren Ent-
schließungsantrag, den wir gleichzeitig mit den beiden
Gesetzentwürfen in den Bundestag eingebracht haben,

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(C (D achen wir auf diese Sorgen und Probleme aufmerkam. Darüber werden wir auch im Rechtsausschuss noch ehr sorgfältig diskutieren. Wie bei den beiden Gesetzntwürfen laden wir die Opposition auch bei diesem Entchließungsantrag zur gemeinsamen Zusammenarbeit in. Danke. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
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Nächster Redner ist der Kollege Rainer Funke, FDP-

raktion.

Rainer Funke (FDP):
Rede ID: ID1513615800

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zu-

ächst einmal möchte ich mich dem Dank an die Kolle-
en, die als Berichterstatter an diesen Gesetzentwürfen
itgewirkt haben, anschließen. Ich möchte mich auch
usdrücklich beim Bundesjustizministerium und insbe-
ondere bei Herrn Dr. Ernst bedanken, der eine wirklich
omplizierte Materie so dargestellt und erläutert hat,
ass sie jeder von uns verstanden hat. Ebenfalls möchte
ch mich bei den Sachverständigen bedanken, die uns
erade in der letzten Phase der Beratungen sehr geholfen
nd mit dazu beigetragen haben, dass eine Reihe von
estimmungen, die vielleicht zu bürokratisch waren und
ie Dinge verkompliziert hätten, beseitigt worden sind.
Dazu zählt in meinen Augen die Vermeidung der
oppelprüfung nach § 44 des Kreditwesengesetzes. Es
ird vermieden, dass die betroffenen Unternehmen einer
usätzlichen Belastung ausgesetzt werden und dass das
aFin eine unnötige, kostenintensive Doppelprüfung
ornehmen muss.
Ich glaube, dass die gute Zusammenarbeit zwischen

en Berichterstattern notwendig war, da mit beiden Ge-
etzentwürfen wichtige volkswirtschaftliche Ziele ver-
olgt werden.
Mit dem Bilanzkontrollgesetz sollen der Anleger-

chutz und die Unternehmensintegrität nachhaltig ge-
tärkt werden. Diese Ziele finden, wenn sie praktikabel
nd sinnvoll umgesetzt werden, unsere Unterstützung.
it dem Bilanzrechtsreformgesetz werden zunächst
orgaben des europäischen Bilanzrechts umgesetzt,
m die europäischen Unternehmen auf dem international
mworbenen Kapitalmarkt, insbesondere in Konkurrenz
um US-Kapitalmarkt, zu stärken. Auch zur Stärkung
es Vertrauens in die Aussagekraft von Unternehmens-
bschlüssen sowie in die Unabhängigkeit und das Testat
es Abschlussprüfers waren gute Regelungen dringend
otwendig; denn wir alle erinnern uns noch an Skandale
ie die um Enron und Parmalat.
Im Rahmen der Berichterstattergespräche haben wir

m Einverständnis zwischen allen Fraktionen bereits ei-
ige wichtige Änderungen am Gesetzentwurf der Bun-
esregierung vornehmen können. Unter anderem wur-
en der Ausschlussgrund der gerichtlichen Vertretung
estrichen, die Regelungen zur internen Rotation ver-
ünftig geändert und die nicht kapitalmarktorientierten






(A) )



(B) )


Rainer Funke

Banken und Versicherungen von den Unabhängigkeits-
regeln vollständig befreit. Auch die Schaffung einer
Sonderregelung für genossenschaftliche Prüfungsver-
bände war zu befürworten. Das Verbot der Verbindung
von Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung hat uns
nicht gefallen, aber das ist nun einmal eine Konzession
in einem Kompromiss; wir werden hierüber sicherlich
noch häufiger zu reden haben.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1513615900

Herr Kollege, darf ich Sie an die Zeit erinnern?


Rainer Funke (FDP):
Rede ID: ID1513616000

Vorletzter Satz. – Die Fragen des europäischen und

des weltweiten Bilanzrechts werden uns beschäftigen,
weil die Kapitalmärkte immer globaler werden und des-
wegen auch kompatibler sein müssen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1513616100

Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege Olaf

Scholz, SPD-Fraktion.


Olaf Scholz (SPD):
Rede ID: ID1513616200

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir

sprechen über ein in der Tat sehr wichtiges Gesetz, das
– wie man erkennen kann – die Aufmerksamkeit der Öf-
fentlichkeit in unserem Land, die es verdient, wohl nicht
bekommen wird. Es geht um Wirtschaftspolitik, ganz
handfeste sogar. Alles, worüber wir hier entscheiden, hat
etwas damit zu tun, wie sich unsere Unternehmen auf
den internationalen und nationalen Kapitalmärkten refi-
nanzieren können, ob es ihnen gelingt, im Wettbewerb
kräftig dazustehen oder nicht. Wer kein Gefühl für das
Thema hat, wird dies vielleicht nicht gleich denken, aber
man muss wissen, dass es von großer Bedeutung ist, Bi-
lanzen trauen zu können. Deshalb ist es richtig, Bilanzen
für die internationalen Finanzmärkte so zu erstellen, dass
ihnen geglaubt wird.

Im Wettbewerb der verschiedenen Bilanzierungsmög-
lichkeiten hat diesbezüglich eine Entwicklung stattge-
funden. International akzeptiert wird das, was auf dem
amerikanischen Kapitalmarkt üblich ist, die dortigen Ac-
counting Standards und eine internationale Variante da-
von, die jetzt für die Europäische Union und damit auch
für uns verbindlich wird. Das muss man zur Kenntnis
nehmen. Wäre unser Markt kapitalisierter, würden sich
unsere Unternehmen an den Börsen besser refinanzieren,
als sie das real tun, dann hätte das deutsche Bilanzrecht
dabei sicherlich eine größere Rolle gespielt. Aber so ist
es eben nicht; man muss die Realität anerkennen. Das
hat Europa getan und das tun auch wir mit dem Gesetz,
das wir heute beschließen wollen.

Natürlich stellen sich damit auch neue Fragen: Wie
kommen diese Bilanzierungsregeln zustande? Es ist zu-
nächst einmal nicht wichtig, ob dabei ein Mangel an De-
mokratie vorliegt. Wir haben letztendlich schon vor län-
gerer Zeit entschieden, dass Unternehmen internationale

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(C (D echnungslegungsstandards anwenden dürfen. Diese ntscheidung wollen wir nicht zurücknehmen – das könen wir auch nicht. Aber je internationaler es wird, desto eniger hat natürlich eine nationale Kultur – auch eine ationale Rechtsetzungskultur – Einfluss auf das, was eschieht. Dann kommt es immer wieder vor, dass man eststellt: Wäre doch schön, wenn dabei ein Diskussionsrozess, wie er bei uns stattfindet, eine größere Rolle pielen könnte. Zwei aktuelle Beispiele, mit denen wir heute konfron iert sind: Nach den neuen Rechnungslegungsvorschrifen wird das Kapital der Genossenschaften – auch der enossenschaftsbanken – nicht mehr ohne weiteres als igenkapital anerkannt. (Rainer Funke [FDP]: Es muss ja Fremdkapital sein!)


as über Jahrzehnte richtig funktioniert hat, wird jetzt
icht mehr ohne weiteres akzeptiert; wir als Gesetzgeber
n Deutschland können dabei kaum helfen. Das Gleiche
ilt – juristisch und intellektuell abgeleitet analog zur
echtsprechung und Meinungsbildung bezüglich des
enossenschaftskapitals – für die Bilanzierung des Ge-
ussrechtskapitals. Wir haben vor kurzem lesen können,
ass ein Unternehmen eine ganz neue Konstruktion ge-
ählt hat, weil es darauf reagieren musste, dass etwas,
as immer ging, jetzt nicht mehr geht.
Es ist also notwendig, etwas zu tun. Darum wollen
ir nicht nur diese beiden Gesetze einvernehmlich be-
chließen, sondern wir wollen heute auch einen Ent-
chließungsantrag auf den Weg bringen, über den wir
erne gemeinsam weiter diskutieren wollen. Es geht da-
um, herauszufinden: Was sollen wir eigentlich wollen?
as könnten wir politisch bewegen, damit wir in Europa
icht immer nur vor der Wahl stehen „Friss, Vogel, oder
tirb“, wenn es etwa um die Frage geht, wie wir uns ge-
enüber IAS 32 und IAS 39 verhalten; um die erwähnten
eispiele wieder aufzugreifen. Das haben wir getan und
ch glaube, das war richtig.
Das Gesetz insgesamt ist von meinen Vorrednern so

usführlich besprochen worden, dass ich nicht alles wie-
erholen will. Ich erwähne aber noch einmal die bessere
nabhängigkeit der Wirtschaftsprüfer börsennotierter
nd börsenorientierter Unternehmen. Dies war unbe-
ingt richtig und das haben wir erreicht. Wir sind aber
ur so weit gegangen, wie wir glaubten, verantworten zu
önnen. Es macht auch Sinn, dass man als Gesetzgeber
rst einmal schaut, was man anrichtet; denn durch dieses
esetz werden wir natürlich Verschiebungen auf dem
arkt der Wirtschaftsprüfer verursachen. Vielleicht wer-
en sich auch weitere Kosten daraus ergeben. Das muss
an ja immer mit bedenken.
Deshalb glaube ich, dass es richtig war, stückweise

orzugehen und zu schauen, was eigentlich geschieht.
adurch können wir später Veränderungen vornehmen,
enn wir erste Erfahrungen gesammelt haben. Aus mei-
er Sicht ist dies der richtige Weg. Die Unabhängigkeit
ird trotzdem gleichzeitig gestärkt.






(A) (C)



(B) )


Olaf Scholz
Ich habe mir bis zum Schluss aufgehoben, Folgendes

zu sagen: Ich denke, dass wir hier eine sehr gute Gesetz-
gebung machen. Das Ministerium hat ein intellektuell
sehr hoch stehendes Gesetz entwickelt. Ich glaube, dass
das in der öffentlichen Debatte gegenwärtig ein wenig
untergeht. Deutschland verfügt über eine Rechtsord-
nung auf einem hohen wissenschaftlichen Niveau.


(Otto Fricke [FDP]: Ja!)

Dieses Niveau zu erreichen ist uns mit der vorgelegten
Gesetzgebung wieder gelungen. Wir als Abgeordnete
haben uns bemüht, mitzuhalten, weshalb wir hier ge-
meinsam ein sehr gutes Gesetz vorgelegt haben.

Warum sage ich das? Bei all dem, was gegenwärtig in
diesem Bereich geschieht, kommt es immer auch darauf
an, dass wir das hohe Niveau unserer Rechtsordnung be-
wahren; denn sie ist auch ein Standortvorteil. Diesen be-
rücksichtigen die Unternehmen, wenn sie sich entschei-

Dritte Beratung
und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Gegenstimmen gibt es keine, Enthaltungen auch nicht.
Damit ist der Gesetzentwurf in dritter Beratung mit den
Stimmen des ganzen Hauses angenommen.

Noch zu Tagesordnungspunkt 24: Abstimmung über
den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf ei-
nes Bilanzrechtsreformgesetzes auf Drucksache 15/3419.
Der Rechtsausschuss empfiehlt in seiner Beschlussemp-
fehlung auf Drucksache 15/4054, den Gesetzentwurf in
der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen,
die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustim-
men wollen, um das Handzeichen. – Gegenstimmen? –
Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter
Beratung mit den Stimmen des ganzen Hauses angenom-
men.
den, wo ihr Konzernsitz sein soll. Darüber wird immer
wieder diskutiert. Es gibt in der Debatte viele Schlag-
worte. Unsere gut funktionierende Rechtsordnung in
Deutschland, auf die man sich verlassen kann und die in-
tellektuell gut durchdrungen ist, ist für die Unternehmen
oft viel wichtiger als das, was uns sonst aufregt. Insofern
leisten wir heute auch einen wichtigen Beitrag zur Wirt-
schaftsförderung.

Schönen Dank.

(Beifall im ganzen Hause)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1513616300

Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun-

desregierung eingebrachten Entwurf eines Bilanzkon-
trollgesetzes auf Drucksache 15/3421. Der Rechtsaus-
schuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf
Drucksache 15/4055, den Gesetzentwurf in der Aus-
schussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die
dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen
wollen, um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Ent-
haltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Be-
ratung mit den Stimmen des ganzen Hauses angenom-
men.

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Dritte Beratung
nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
egenstimmen und Enthaltungen gibt es nicht. Damit ist
er Gesetzentwurf in dritter Beratung mit den Stimmen
es ganzen Hauses angenommen.
Zusatzpunkt 5: Interfraktionell wird Überweisung der

orlage auf Drucksache 15/4036 an die in der Tagesord-
ung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie
amit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann sind die
berweisungen so beschlossen.
Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-

rdnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-

estages auf Mittwoch, den 10. November 2004, 13 Uhr,
in.
Ich wünsche allen Kolleginnen und Kollegen, allen
itarbeiterinnen und Mitarbeitern und den Besuchern
uf der Tribüne ein schönes Wochenende.
Die Sitzung ist geschlossen.