Gesamtes Protokol
Grüß Gott, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Sit-zung ist eröffnet.Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf:Befragung der BundesregierungDie Bundesregierung hat als Thema der heutigenKabinettssitzung mitgeteilt: Bundesforschungsbericht2004.Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Berichthat die Bundesministerin für Bildung und Forschung,Edelgard Bulmahn.Edelgard Bulmahn, Bundesministerin für Bildungund Forschung:Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen undKollegen! Das Bundeskabinett hat heute den Bundes-forschungsbericht 2004 verabschiedet. Dieses alle vierJahre im Auftrag des Parlamentes erstellte Werk ist dieumfassendste Bestandsaufnahme zur Forschungsförde-rung in Deutschland.Im ersten Bundesforschungsbericht dieser Bundesre-gierung aus dem Jahre 2000 mussten wir in unseremLand einen beispiellosen Raubbau an Forschung undtbHfmtiWss22BssüzdkbrWRedetEntwicklung konstatieren. Die Regierung Kohl hatte dieAusgaben in diesem für unser Land so wichtigen Zu-kunftsbereich allein zwischen 1992 und 1998 um rund670 Millionen Euro gekürzt. Die negativen Spätfolgender Kürzungen aus dieser Zeit sind teilweise heute nochspürbar.Diese Bundesregierung hat das Ruder herumgerissen.Das belegen die Zahlen eindrucksvoll. Zwischen 1998und 2003 sind die Ausgaben des Bundes für Forschungund Entwicklung um rund 1 Milliarde Euro auf jetzt ins-gesamt 9 Milliarden Euro gestiegen, und das trotz desungeheuren Drucks, die Finanzen des Bundes zu konso-lidieren. Unser entschiedenes Handeln hat auch die Wirt-schaft zu Investitionen ermutigt. So ist derAusgaben für Forschung und Entwicklung amlandsprodukt von 2,31 Prozent im Jahre 19982,52 Prozent angewachsen.
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ir haben diesen Kurs umgekehrt und kräftig in For-chung und Entwicklung investiert. Das war richtig undotwendig.Die Bundesregierung und die Koalitionsfraktionenind davon überzeugt, dass die Kerntechnik nicht derichtige Weg ist, um die Welt langfristig mit Energie zuersorgen. Wir müssen deswegen umsteuern und zurutzung regenerativer Energien übergehen. Sie wissenenauso gut wie ich, dass zum Beispiel der Vorrat anran begrenzt ist. Wir können die Energieversorgungangfristig also nicht auf Kerntechnik abstellen.Diese Bundesregierung hat das getan, was seit Jahr-ehnten überfällig war, und den regenerativen Energie-echnologien eine Chance gegeben. Wir haben dieorschungsförderung in diesem Bereich erheblich aus-ebaut. Inzwischen sind wir weltweit anerkannt und ste-en mit an erster Stelle. Im Bereich der Windenergie ha-en wir in Deutschland Zigtausende von Arbeitsplätzenchaffen können und sind Technologieweltmarktführer.m Bereich der solaren Energietechnologien, also bei derutzung der Sonnenenergie – diese wird langfristig si-herlich eine große Rolle spielen –, haben wir die Wei-hen gestellt, damit dieses wichtige Zukunftsfeld voneutschland nicht unbesetzt bleibt und wir eine gute
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Bundesministerin Edelgard BulmahnPosition auf dem Weltmarkt einnehmen können. Das istuns inzwischen gelungen. Ich denke, dass es richtig ist,einen klaren Schwerpunkt auf die Forschung und Ent-wicklung der regenerativen Energien zu setzten. Daswird sich auf der internationalen Energiekonferenz imJuni nachdrücklich zeigen.Sie müssen im Übrigen keine Sorge haben, dass dienotwendigen Forschungsmaßnahmen zum Beispiel imBereich Sicherheitsforschung nicht mehr durchgeführtwerden. Sie werden nach wie vor durchgeführt undfinanziert. Natürlich wird es auch weiterhin Forschunggeben müssen – diese wird auch weiterhin finanziertwerden –, die sich mit dem Problembereich der sicherenEndlagerung beschäftigt. Das ist vorsorgende For-schung, die wir betreiben müssen und auch weiterhin be-treiben werden.
Herr Kollege Fischer, jetzt ist Ihr Kollege Kretschmer
an der Reihe.
Frau Ministerin, beim Lesen Ihres Papiers fällt das
ständige Vor und Zurück auf. Es gab – das ist aufge-
schlüsselt – zum Beispiel im Bereich der Biotechnologie
Zuwächse und Kürzungen. 2000/2001 gab es ein Minus
von 22,9 Prozent, im Jahr danach ein Plus von 7 Prozent.
Das erleben wir auch in diesem Jahr. Sie kürzen, redu-
zieren, machen Minderausgaben und legen um. Meine
Frage ist: Wie soll es unter diesen Bedingungen ein kon-
tinuierliches Wachstum geben?
Zweitens. Sie haben den Hightech-Masterplan ange-
sprochen. Wie viele von den darin formulierten Pro-
grammen sind tatsächlich schon gestartet bzw. können in
diesem Jahr neue Projekte auslösen? Beim Programm
Inno-Watt ist ein Minus von 20 Prozent zu verzeichnen.
Pro-Inno II ist noch gar nicht gestartet. Was ist hier An-
spruch und was ist Wirklichkeit?
Mein letzter Punkt bezieht sich auf die neuen Länder;
Sie haben das angesprochen. Natürlich ist Dresden das
Silicon Valley des Ostens. Aber uns ist doch allen klar,
dass dieses Silicon Valley, dieser Wachstumskern sehr
labil ist und so wie die anderen Cluster, die es gibt,
permanent vor dem Scheitern steht. Meine Frage lautet
– dazu steht relativ wenig in Ihrem Papier –: Was unter-
nimmt Ihr Haus, um diese Cluster weiterzuentwickeln
und voranzubringen? Inno-Regio kann es ja nun wirklich
nicht gewesen sein, weil dieses Programm auf eine ganz
andere Zielgruppe ausgerichtet ist.
Frau Präsidentin, ich darf vielleicht einen letzten
Punkt anfügen – herzlichen Dank für Ihre Geduld –:
Frau Ministerin, Sie erwähnen auch die Personalinten-
sität in Ost und West. Die Schere geht hier auseinander,
und zwar vor allen Dingen dort, wo die Unternehmen
selbst gefordert sind.
Herr Kollege, denken Sie bitte daran, dass es sich um
eine Regierungsbefragung handelt.
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Zum Hightech-Masterplan. Sie haben gefragt, wasereits umgesetzt wurde. Ich nenne ein Beispiel: Mitem Dachkapitalfonds haben wir das zur Verfügung ste-ende Wagniskapital deutlich erhöht. Für die Entwick-ung und Schaffung eines Dachkapitalfonds haben wirteuergelder in Höhe von 500 Millionen Euro bereitge-tellt, mit denen insgesamt 1,7 Milliarden Euro mobili-iert werden, um genau den Unternehmen, die ich vorhinenannt habe – junge, neu gegründete Unternehmen iner Biotechnologie, in den optischen Technologien undn den wichtigen Technologiefeldern, die für unser Landine große Rolle spielen –, Wachstumsmöglichkeitennd -chancen zu geben und um Existenzgründungen zunterstützen.Daneben haben wir zum Beispiel durch eine Verände-ung der Forschungsförderung auch in meinem Bereich auch das habe ich vorhin schon gesagt – Unterneh-ensgründungen in den zwei wichtigen Bereichen der
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Bundesministerin Edelgard BulmahnBio- und der Nanotechnologie mit unterstützt. Hier gibtes nun sowohl für Existenzgründungen als auch fürjunge und Erfolg versprechende wachsende Unterneh-men eine spezielle Förderlinie.Zu den neuen Bundesländern: 1999 hat die Bundesre-gierung das Programm „Inno-Regio“ gestartet. Der Kern-gedanke, der mit diesem Programm verfolgt wird, ist,Cluster in den neuen Bundesländern zu schaffen. Ichfreue mich sehr, dass jetzt endlich alle begreifen, worumes geht. Nach zwei bis drei Jahren war es ja auch langsaman der Zeit. Wir haben das in Gang gesetzt und entwi-ckelt, was jetzt in aller Munde ist; manchmal stellt sichder Erfolg in der Forschung und das Bekanntwerden ebennicht sofort ein. Deshalb widerspreche ich Ihrer Aussage,dass Inno-Regio es ja nicht gewesen sein könne. Genaudas wird heute von allen gefordert. Das haben wir bereits1999 gewusst und sind es deshalb auch angegangen.Wir setzen also auf die Entwicklung von Innovations-clustern. Dieser Ansatz wird sowohl mit Inno-Regio alsauch mit den Wachstumskernen verfolgt, die wir 2001gestartet haben und die heute ebenfalls in aller Mundesind. Auch hier setzen wir bei kleinen, Erfolg verspre-chenden Unternehmen an und bringen sie mit sehr gutenForschungseinrichtungen zusammen. Ich habe eben einBeispiel in Sachsen-Anhalt genannt. Ich könnte weitereBeispiele in Jena, in Greifswald und im Berliner sowie imBrandenburger Umland nennen. Wir haben hier eine sehrerfolgreiche Förderstrategie auf den Weg gebracht. AlleExperten sind einhellig der Meinung, dass unser Ansatzrichtig war. Deshalb wird das Programm fortgesetzt.Wir begleiten diesen speziellen Förderansatz durcheine zielgerichtete Forschungsförderung, zum Beispielfür die optischen Technologien und für den gesamten Be-reich der Elektronik. Ich nenne als Stichworte die Chip-entwicklung und Chipproduktion, um noch einmal aufDresden zurückzukommen. Es geht aber darüber hinaus;es geht auch um Bio- und Nanotechnologie. Es geht umdie gesamte Zuliefererindustrie, zum Beispiel für die Au-tomobilbranche, oder die Inno-Regio-Technologien inder maritimen Wirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern.Das zeigt – das sage ich ausdrücklich –, dass dies derrichtige Ansatz war. Das ist der Grund, warum wir dorteinen Schwerpunkt gesetzt haben. Wir finanzieren For-schung und Entwicklung mit der Zielsetzung, wirtschaft-liches Wachstum in Gang zu setzen und Arbeitsplätze zuschaffen.Last, not least komme ich zum Personal. Wenn Siesich den Bundesforschungsbericht anschauen, werdenSie feststellen, dass wir die neuen Bundesländer nichtnur finanziell überproportional fördern – ein Viertel derBundesausgaben für Forschung und Entwicklung fließenin die neuen Bundesländer –, sondern dass die neuenBundesländer beim öffentlich finanzierten Personal inden Forschungseinrichtungen gleichgezogen haben. Siesind von ihrer Qualität her genauso gut. Dafür tut sich zuwenig in der Wirtschaft. Das entscheidet aber nicht dieBundesregierung; das entscheiden die Unternehmen.
Über Inno-Regio führen wir die verschiedenen An-ätze zusammen, das exzellente Potenzial in den öffent-ich finanzierten Forschungseinrichtungen mit dem iner Wirtschaft, und tragen so zu wirtschaftlichemachstum bei.
Liebe Kollegen, mir liegen sehr viele Wortmeldungen
or. Ich bitte im Sinne der Kollegialität darum, die Fra-
en möglichst kurz zu halten.
Die nächste Frage hat die Kollegin Reiche.
Frau Ministerin, Herr Clement will den Sparerfrei-etrag abschaffen, Herr Eichel will daran festhalten. Maloll die Goldreserve geplündert werden, mal nicht. Jetztoll die Eigenheimzulage daran glauben. Andere in Ihrerraktion fordern, die Einnahmen aus der Erbschaftsteuerür die Bildung einzusetzen. Sie rechnen mit einem Pluson schlappen 250 Millionen Euro. Ich frage Sie, wasei den Verhandlungen mit Minister Eichel tatsächlicherauskommen wird und wie Sie angesichts des Chaosn Ihren eigenen Reihen mit dem Weg, den Sie ein-eschlagen haben, jemals auf eine Anhebung der Ausga-en auf 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts kommenollen.Edelgard Bulmahn, Bundesministerin für Bildungnd Forschung:Liebe Frau Reiche, die Bundesregierung – das ist imabinett von allen Kolleginnen und Kollegen, insbeson-ere vom Bundeskanzler, nachdrücklich unterstrichenorden – will diesen sehr erfolgreichen Kurs fortsetzen.nser Kurs ist, mehr Mittel für Bildung und Forschungereitzustellen. Wir wollen mit dem Raubbau Schlussachen, der unter Ihrer Regierungsverantwortung be-rieben wurde.Wir geben den Investitionen Vorrang und werden da-ür Subventionen abbauen. Das wird für Sie der Lack-ustest sein.
ir werden sehen, ob Sie ihn bestehen.Wir werden einen entsprechenden Gesetzentwurf ein-ringen und die Eigenheimzulage streichen. Damit kön-en wir rund 7 Milliarden Euro für Wissenschaft, For-chung und Entwicklung und Innovationen bis zumahre 2008 mobilisieren. Damit werden wir im
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Bundesministerin Edelgard BulmahnJahre 2005 beginnen. Ich erwarte, dass sich die Oppo-sition nicht auf Ankündigungen beschränkt und nurmehr Geld für Bildung und Forschung fordert. Vielmehrmuss sie bereit sein, mit ihren Ankündigungen Ernst zumachen, und der Streichung der Eigenheimzulage zu-stimmen. Das ist für sie der Lackmustest. Wir werden– darüber gibt es innerhalb der Koalitionsfraktionenbreites Einvernehmen – Investitionen den Vorrang vorSubventionen geben.
Deswegen gebe ich die Frage an Sie zurück.
Herr Kollege Koppelin, bitte.
Frau Ministerin, eine kurze Anmerkung zu dem, was
Sie eben gesagt haben: Wie wäre es, statt das zu strei-
chen, was Sie vorgeschlagen haben, die Subventionen
für die Steinkohle zu streichen? Daran sollten Sie einmal
denken. Dadurch würden Sie auch Mittel bekommen.
Meine Frage betrifft einen Bereich, den Sie nicht an-
gesprochen haben, die Luft- und Raumfahrtforschung.
Darüber haben wir sehr intensive Diskussionen im Haus-
haltsausschuss gehabt. Können Sie mir bitte die Steige-
rungen im Bereich der Luft- und Raumfahrtforschung
nennen?
Edelgard Bulmahn, Bundesministerin für Bildung
und Forschung:
Lieber Kollege, wir haben gerade in der Luft- und
Raumfahrtforschung sowohl durch die Projektförderung
des Bundeswirtschaftsministeriums als auch durch die
institutionelle Förderung, die durch mein Ministerium
erfolgt - für mein Ministerium kann ich die Zahlen nen-
nen; das DLR hat jedes Jahr eine Steigerung von
3 Prozent erhalten –, zum Beispiel erreicht, dass wir mit
dem neuen Airbus weltweit führend sind.
Alleine dadurch werden rund 2 000 Arbeitsplätze ge-
schaffen. Hinzu kommen die Arbeitsplätze der Zuliefer-
industrie. Wir haben es durch die gezielte Forschungs-
förderung in diesem Bereich geschafft, dass Airbus
inzwischen weltweit der Flugzeugbauer ist.
Das heißt aber nicht, dass wir uns auf den Lorbeeren
ausruhen. Wir sind in dieser Technologie führend und
werden durch die gezielte Forschungsförderung das Zu-
kunftsflugzeug in Deutschland und Europa bauen.
Herr Kollege Kasparick, bitte.
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Vielen Dank, Frau Ministerin, auch für die Ausdauer;
ie Zeit wurde ja überschritten.
Ich beende nun die Fragen zu den Themenbereichen
er heutigen Kabinettssitzung und gebe dem Kollegen
öbel das Wort, der eine Frage zum Bereich „Sonstiges“
n die Bundesregierung stellen möchte.
Wir haben am Wochenende in Ramstein die sterbliche
ülle eines GSG-9-Beamten aus dem Irak in Empfang
enommen, wie man leider sagen muss. Ein weiterer Be-
mter kam bei dem Vorfall am 7. April in Falludscha zu
ode und ist vermisst. Wir haben heute Morgen im In-
enausschuss gehört, dass es entgegen einigen Presse-
erlautbarungen keine offizielle Anfrage an die Ameri-
aner gegeben hat, ob die Beamten der GSG 9 bzw. des
undesgrenzschutzes auf dem Luftweg nach Bagdad
ransportiert werden können.
Vor dem Hintergrund frage ich die Bundesregierung,
b sie im Kabinett über diesen Vorfall beraten hat und ob
nd, wenn ja, gegebenenfalls durch wen eine Anfrage an
ie Vereinigten Staaten gerichtet wird, ob Beamte, die
en Schutz der Botschaft in Bagdad sicherstellen, künf-
ig, je nach Sicherheitslage vor Ort, auch auf dem Luft-
eg, nämlich mit den amerikanischen Militärtranspor-
ern, reisen können.
Herr Staatsminister, bitte.
Herr Kollege, wir sind über den Tod der beiden Bun-esgrenzschutzbeamten erschüttert. Ich glaube, ich kannicht nur für die Bundesregierung, sondern auch für dieitglieder des Deutschen Bundestages den Angehörigennser Mitgefühl und unsere Anteilnahme aussprechen.Die Situation im Irak ist, wie wir alle wissen, gefähr-ich. Das gilt nicht nur für die Ein- und Ausreise, son-
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Staatsminister Hans Martin Burydern auch für die tägliche Arbeit unserer Mitarbeiter inder Botschaft. Diesen Mitarbeitern möchte ich bei derGelegenheit genauso wie den Bundesgrenzschutzbeam-ten, durch deren Schutz die Arbeit überhaupt erst mög-lich ist, meine Hochachtung für den Dienst aussprechen,den sie unter sehr schwierigen und sehr gefährlichen Be-dingungen für unser Land tun.
Bei jeder Ein- und Ausreise, aber auch bei jeder Be-wegung im Land ist selbstverständlich die Sicherheits-lage zu prüfen und zu beurteilen. Das geschieht. Das ge-schieht durch die Beteiligten gemeinsam. Das war auchvor dem Konvoi, den Sie angesprochen haben, so.Ich muss darauf hinweisen, dass auch der Luftweg,auf den Sie abstellen – wir kommen in der Fragestundenoch auf das Gesamtthema zu sprechen –, keineswegsohne Risiko ist. Der Flughafen in Bagdad ist auch einJahr nach Kriegsende aus Sicherheitsgründen immernoch nicht offiziell eröffnet. Die Sicherheit ist nicht ge-geben, weil die Maschinen bei Start und Landung immerwieder von Aufständischen beschossen werden, sowohlmit Maschinengewehren als auch mit schultergestütztenBoden-Luft-Raketen. Mehrere Maschinen mussten nachBeschuss notlanden. Trotz aller Sicherheitsvorkehrun-gen werden monatlich mehrere Flugzeuge durch Be-schuss getroffen. Anfang April, also zum Zeitpunkt derFahrt des Konvois, wurde eine Frachtmaschine von einerSAM-7-Rakete getroffen, deren Sprengstoff jedoch nichtexplodierte.Der Flughafen und die Zubringerstraße sind mit diegefährlichsten Brennpunkte im Irak, weil es keine Aus-weichrouten gibt. Anschläge gegen Koalitionsstreit-kräfte finden dort ständig statt.Im Übrigen war bekannt, dass grundsätzlich keineMitflugmöglichkeit auf US-Militärflugzeugen besteht.Das Auswärtige Amt hatte bei Entsendung der erstenMitarbeiter nach Einstellung der Hauptkampfhandlun-gen die US-Botschaften in Berlin und Amman sowie dieUS-Besatzungsbehörde in Bagdad hierüber unterrichtetund sie um Hilfestellung gebeten. Die US-Behörden sag-ten zu, im Rahmen des Möglichen Informationen überdie Sicherheitslage zur Verfügung zu stellen. Sie beton-ten bei dieser wie auch bei anderen Gelegenheiten, dasseine weitergehende Unterstützung, beispielsweise durchMilitärbegleitung, nicht möglich sei und dass US-Luft-transportkapazitäten durch eigenen militärischen Bedarfund den der Koalitionstruppen ausgelastet seien.Selbstverständlich prüfen wir gemeinsam mit demBundesministerium des Innern und anderen Ländern, dievor der gleichen Situation stehen, für die Zukunft nocheinmal intensiv alle Möglichkeiten, um unter den gege-benen Umständen Transporte so sicher wie eben mög-lich durchführen zu können.
Vielen Dank, Herr Staatsminister.
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Herr Kollege Koppelin, Bewertungen solcher Art ste-
hen mir nicht zu. Ich hielte es auch für falsch, wenn ich
mich dazu äußerte. Es bleibt aber dabei: Der Kurs der
Bundesregierung wird fortgesetzt.
Eine Zusatzfrage des Kollegen Türk.
Herr Staatssekretär, Deutschland war und ist ja einer
der Architekten des europäischen Stabilitäts- und
Wachstumspaktes. Jetzt wird versucht, die Defizitgrenze
von 3 Prozent neu auszulegen – ich sage: aufzuweichen.
Meinen Sie nicht auch, dass dadurch die Stabilität des
Euro gefährdet wird?
K
Der Euro ist eine außerordentlich stabile Währung.
Das sehen Sie zum einen im Verhältnis zu konkurrieren-
den Währungen dieser Welt, beispielsweise zum Dollar;
das sehen Sie zum anderen auch im Inland. Wir haben
nahezu absolute Preisstabilität in Deutschland.
Eine weitere Zusatzfrage, diesmal des Kollegen
Heinrich.
In der Sitzung des Ecofin-Rates am 25. November
2003 hat Deutschland vor dem Hintergrund der
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Nein, Sie dürfen nicht mehr; Sie dürfen nur eine Zu-
atzfrage stellen.
Ich rufe die dringliche Frage 2 des Kollegen Jürgen
oppelin auf:
Teilt die Bundesregierung die Äußerung des Bundesminis-
ters des Auswärtigen, Joseph Fischer, der laut „Der Spiegel“
Nr. 19, Seite 50, gesagt hat: „Nur sparen, streichen, kürzen
bringt uns nicht das notwendige Wachstum“?
K
Herr Kollege Koppelin, ich wiederhole mich: Wachs-
um und Konsolidierung gehören zusammen. Deswegen
erden wir unsere bisherige Strategie fortsetzen.
Her
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Hat es in der letzten Woche ein Treffen des Bundes-
anzlers, des Außenministers, des Finanzministers und
es SPD-Vorsitzenden gegeben und wurde bei diesem
reffen über Haushaltspolitik und auch über Investi-
ionsprogramme gesprochen?
Ka
Herr Kollege, auf der Bundespressekonferenz am
ontag dieser Woche hat Staatssekretär Anda für die
undesregierung zu diesen Fragen Stellung genommen.
s ist in der Tat über das Thema der Haushaltsgestaltung
esprochen worden.
Sie haben noch eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, da Sie ja Staatssekretär iminanzministerium sind, werden Sie uns doch jetzticher sagen können, was denn Inhalt der Gespräche ge-
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Jürgen Koppelinwesen ist, damit auch wir als Parlament endlich etwasdarüber erfahren. Ich kann schließlich nicht immer dieBundespressekonferenz begleiten.K
Herr Kollege Koppelin, über dieses Gespräch ist Ver-
traulichkeit vereinbart worden.
Eine Zusatzfrage des Kollegen Türk.
Herr Staatssekretär, die EU-Kommission hat ja den
Europäischen Rat vor dem EuGH wegen Bruch des Sta-
bilitätspaktes verklagt. Meinen Sie, dass der Rat eine
Chance hat, diese Klage abzuwehren, wenn in Deutsch-
land der Sparkurs verlassen bzw. die öffentliche Ver-
schuldung immer höher wird?
K
Herr Kollege, ich weise zunächst einmal darauf hin,
dass der Ecofin-Rat seinen Juristischen Dienst einge-
schaltet hat, um zu einer juristisch einwandfreien Beur-
teilung zu kommen, und dass man dem gefolgt ist, was
der Juristische Dienst des Ecofin-Rates empfohlen hat.
Insofern sehen wir der Auseinandersetzung vor dem Eu-
ropäischen Gerichtshof gelassen, natürlich auch interes-
siert entgegen. Im Übrigen gilt: Wir halten an dem Kon-
solidierungskurs fest.
Wir unternehmen alle Anstrengungen, das, was wir auf der
europäischen Ebene zugesagt haben, auch einzuhalten.
Eine weitere Zusatzfrage des Kollegen Grindel.
Herr Staatssekretär, Sie haben auf die Bundespresse-
konferenz und die Äußerung von Herrn Anda zu diesem
Sachverhalt hingewiesen. Ich möchte gerne den Kolle-
gen hier im Hohen Haus und Ihnen die Äußerung von
Herrn Anda noch einmal in Erinnerung rufen. Herr Anda
hat gesagt:
Der Bundeskanzler zieht die Konsequenz daraus,
dass er dem Verfahren, so wie es in der Regel und
auch hierbei geordnet abläuft, entsprechend seiner
Aufgabe mit großer Sorgfalt, aber auch in Zustän-
digkeit des betreffenden Ressorts belassend, dass er
diese Aufgabe weiterhin so wahrnimmt, das heißt,
dass der Finanzminister entsprechend die Arbeiten
so tut, die dann im Kabinett besprochen werden
müssen und besprochen werden sollen.
Können Sie mir bitte erläutern, welche konkreten
Handlungsanweisungen der Bundeskanzler damit den
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Herr Kollege, wie Sie wissen, vollzieht sich das
aushaltsaufstellungsverfahren nach einem bestimmten
blauf. Wir sind schon in den Gesprächen mit den Res-
orts, allerdings noch nicht in großem Umfang auf der
bteilungsleiterebene, geschweige denn auf der Chef-
bene. All das steht für den Haushalt 2005 noch bevor.
Wir brauchen für eine qualifizierte Abschätzung nicht
ur die Daten, die uns die Forschungsinstitute vor etwa
ehn Tagen geliefert haben, und die konjunkturelle Ein-
chätzung des Wirtschaftsministeriums. Vielmehr sind
ir gespannt darauf, was die Steuerschätzer von Bund,
ändern und Gemeinden – zusammen mit den Experten
er Bundesbank und anderen Sachverständigen – uns
ach ihrem Treffen in Gotha Mitte des Monats als Schät-
ungen für das laufende Jahr und für die mittelfristige
inanzplanung vorlegen. Das werden wir uns anschauen
nd dann entsprechende Lösungsvorschläge erarbeiten.
Herr Kollege Heinrich, bitte.
Herr Staatssekretär, wird die Bundesregierung, wenn
ich abzeichnen sollte, dass sie im Jahr 2004 die Ver-
flichtungen, die sie am 25. November 2003 eingegan-
en ist, wiederum nicht einhalten kann – wenn also die
euverschuldung 2005 über der Dreiprozentgrenze lie-
en wird –, im Ecofin-Rat darauf hinwirken, dass die im
ertrag von Maastricht vorgesehenen Sanktionsmecha-
ismen wiederum ausgesetzt werden?
Ka
Die Bundesregierung – ich habe das gerade erklärt –
ird alles daran setzen, im nächsten Jahr die Dreipro-
entgrenze einzuhalten.
Ich rufe die dringliche Frage 3 des Kollegen Dietrich
ustermann auf:
Treffen Meldungen in den Medien zu, dass die Bundes-
regierung ihre Bemühungen um eine Konsolidierung des Bun-
deshaushalts aufgibt und ein schuldenfinanziertes Investiti-
onsprogramm in Milliardenhöhe anstrebt?
K
Herr Kollege Austermann, Sie haben eine nahezuentische Frage zu der eben beantworteten gestellt. Des-egen ist auch die Antwort identisch: Konsolidierung
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Parl. Staatssekretär Karl Dillerbleibt ein herausragendes Ziel. Ohne Konsolidierung er-reichen wir kein Wirtschaftswachstum. Deswegen gehö-ren Wachstum und Konsolidierung untrennbar zusam-men.Wir flankieren das Ziel der Haushaltskonsolidierungdurch umfangreiche Reformen, die die Wachstums- undBeschäftigungsaussichten entscheidend verbessern wer-den. Dazu gehört auch das, was der Bundeskanzler am25. März in der Regierungserklärung angekündigt hatund was eben Gegenstand der Ausführungen von FrauBundesministerin Bulmahn war, nämlich die Umsetzungeiner Innovationsoffensive. Durch das Streichen der Ei-genheimzulage – auch die Wirtschaftsforschungsinsti-tute haben uns die Streichung vor wenigen Tagen drin-gend empfohlen – sollen Mittel für Bund, Länder undGemeinden gewonnen werden. Die Gelder werden ent-sprechend dem Aufkommen der Einkommensteuer ver-teilt: Bund und Länder erhalten jeweils 42,5 Prozent, dieGemeinden 15 Prozent. Jede Ebene soll das eingesparteGeld für Investitionen in die Zukunft verwenden: derBund für die Stärkung von Forschung und Bildung, dieLänder für die Förderung qualifizierter Schulen – hierzugehören auch Schulsanierungsprogramme –, die Kom-munen für eine Verbesserung des Angebots bei der Be-treuung der unter Dreijährigen.
Ihre Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, Sie haben meine Frage nicht be-
antwortet, sodass ich der Meinung bin, dass das, was ich
jetzt frage, keine Zusatzfrage ist, sondern eine Wieder-
holung meiner Frage mit dem Ziel, darauf eine Antwort
zu bekommen. In einer meiner Fragen frage ich danach,
was damit gemeint ist, wenn Regierungsmitglieder sa-
gen, es gebe ein Ende der Zumutungen. Da Sie sagen,
der Konsolidierungskurs werde fortgesetzt, muss ich fra-
gen: Was bedeutet im Zusammenhang mit der Absicht,
den Konsolidierungskurs, den wir nicht erkennen kön-
nen, fortzusetzen, ein „Ende der Zumutungen“? Heißt
das, dass an anderer Stelle konterkarierend Maßnahmen
getroffen werden, die das wirtschaftliche Wachstum an-
kurbeln sollen?
K
Ein Streichen der Eigenheimzulage – die Eigenheim-
zulage gehört zu den größten Subventionen aus dem
Bundeshaushalt – würde notwendige Mittel freischau-
feln, um Zukunftsinvestitionen in einem Milliarden-
umfang anzustoßen. Als Haushälter wissen Sie, dass die
Eigenheimzulage über acht Jahre gewährt wird. Diejeni-
gen, die sie jetzt bekommen, werden sie auch in Zukunft
bekommen, bis die Förderung über acht Jahre ausgelau-
fen ist. Es geht darum, keine Neufälle mehr zu schaffen.
Das würde bedeuten, dass Bund, Länder und Gemeinden
im achten Jahr nach der Streichung der Eigenheimzulage
mehr als 6 Milliarden Euro zusätzlich zur Verfügung
hätten, um in die Zukunft zu investieren. Das ist mit ei-
nem Milliardenprogramm gemeint.
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Ich rufe die dringliche Frage 4 des Kollegen
ustermann auf:
Was versteht die Bundesregierung im Zusammenhang mit
dem angekündigten Ende des Sparkurses unter einem – die
„Welt“ vom 3. Mai 2004 – „Ende der Zumutungen“?
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Frau Präsidentin, das war eigentlich die Frage, die
ollege Austermann eben angesprochen hat, nämlich
ie Frage nach dem Ende der Zumutungen. Insofern ist
ie schon beantwortet.
Ihre Zusatzfragen.
Meldungen der gestrigen Nacht ist zu entnehmen,ass der Finanzminister in diesem Jahr von einer
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Dietrich AustermannNeuverschuldung von bis zu 47 Milliarden Euro aus-geht. Herr Staatssekretär, können Sie mir sagen, welchedie Hauptposten sind, die sich im Vergleich zu dem imFebruar dieses Jahres beschlossenen Haushalt verändernund die zu einer derart gravierenden Abweichung imHinblick auf die Staatsverschuldung des Bundes führen?K
Herr Kollege Austermann, ich habe schon vorhin da-
rauf hingewiesen, dass wir verlässliche Daten erst dann
vorlegen und Einschätzungen erst dann vornehmen kön-
nen, wenn in der nächsten Woche die Schätzung der
Steuereinnahmen für dieses Jahr durch den Steuerschät-
zerkreis, der sich aus Vertretern von Bund, Ländern und
Gemeinden sowie der Deutschen Bundesbank zusam-
mensetzt, vorliegt. Dann können wir uns über verlässli-
che Daten unterhalten.
Ich habe schon vor einigen Wochen im Haushaltsaus-
schuss darauf hingewiesen, dass die Deutsche Bundes-
bank mitgeteilt hat, dass sie nicht wie in der Vergangen-
heit einen milliardenschweren Bundesbankgewinn
überweisen kann. Diesen haben wir in der Vergangenheit
immer gemäß der Vereinbarung, die schon vor mehr als
zehn Jahren getroffen worden ist, verwendet, nämlich
7 Milliarden DM oder – jetzt in Euro – 3,5 Milliarden
Euro dem Haushalt zugeführt und den darüber hinausge-
henden Betrag des Bundesbankgewinns zur Schuldentil-
gung eingesetzt. Die Bundesbank hat uns in diesem Jahr
statt der erwarteten 3,5 Milliarden Euro weniger als
250 Millionen Euro überwiesen. Mit diesem riesigen
Einnahmeausfall – das habe ich schon im Haushaltsaus-
schuss erklärt – sind die stillen Reserven des Bundes-
haushalts weg, um es vereinfacht darzustellen. Das be-
deutet, dass weitere Einnahmeverschlechterungen eine
schwierige Situation ergeben.
Die Risiken haben Sie in einem Presseartikel, der vor
einiger Zeit erschienen ist, sicherlich nicht unzutreffend
beschrieben. Die Frage ist nur, ob die von Ihnen unter-
stellten Schätzungen zutreffen.
Sie haben noch eine Zusatzfrage, Herr Kollege
Austermann.
Sie berufen sich immer auf Eckwerte und Daten, die
Dritte geben müssten, beispielsweise die Steuerschätzer
in Gotha in einer Woche. Ist es nicht so, dass ein wesent-
licher Teil der Basisdaten und die Empfehlungen für die
Steuerschätzer vom BMF erarbeitet werden? Es müsste
doch jetzt schon ein Überblick über die Eckwerte und
Steuereinnahmen vorliegen, der zur Entscheidungsfin-
dung der Steuerschätzer herangezogen werden kann.
K
Herr Kollege Austermann, ich habe mich erkundigt.
Wir alle wissen – es ist auch in den monatlichen Heften
des BMF nachzulesen –, wie sich die Steuereinnahmen
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Frau Präsidentin, wir alle haben im Plenum miterle-
en können, dass Herr Staatssekretär Diller nicht in der
age war, die Fragen des Kollegen Austermann und
eine Fragen zu beantworten. Selbst bei einfachen Fra-
en hat er sich auf Vertraulichkeit berufen. Die Fraktion
er FDP beantragt daher nach der Fragestunde eine Ak-
uelle Stunde. Ich gehe davon aus, dass die Union unser
erlangen unterstützt.
Herr von Klaeden, bitte.
Wir unterstützen das selbstverständlich.
Ich habe aber noch eine Zusatzfrage an den Herrn
taatssekretär. Sie hatten soeben auf die Frage des Kol-
egen Koppelin, ob die Äußerungen von Herrn Poß zu-
reffend seien, gesagt, Sie hätten nicht mit ihm, sondern
it seinem Mitarbeiter gesprochen – –
Herr von Klaeden, ich muss Sie leider unterbrechen.
err Koppelin hat sich zur Geschäftsordnung gemeldet.
Ich mich aber nicht.
Sie haben sich aber auch nicht zu einer Zusatzfrage
emeldet.
Doch, ich habe mich zu einer Zusatzfrage gemeldet.
Gut, ich lasse die Zusatzfrage noch zu.
Metadaten/Kopzeile:
9682 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Mai 2004
)
)
Herr Staatssekretär, Sie haben gesagt, Sie hätten mit
dem Mitarbeiter gesprochen und dieser habe Ihnen ge-
sagt, Herr Poß habe die Aussagen, die in der „Berliner
Morgenpost“ stehen, so nicht gemacht. Ich habe an die-
sem Morgen zufällig den Deutschlandfunk gehört; dort
hat jemand mit einer Stimme, die der von Herrn Poß sehr
ähnlich war, genau die Aussagen gemacht, die heute in
der „Berliner Morgenpost“ zitiert sind, und sich sogar
als „Herr Poß“ ansprechen lassen.
Können Sie mir vielleicht erklären, wie es dazu ge-
kommen ist? Hätten Sie vielleicht die Freundlichkeit,
diese Frage, wenn Sie sie jetzt nicht beantworten kön-
nen, mit dem Mitarbeiter von Herrn Poß zu klären, damit
wir erfahren, wie es dazu kommen kann, dass irgendwel-
che Stimmenimitatoren am Montagmorgen als „Herr
Poß“ Interviews im Deutschlandfunk geben und Äuße-
rungen machen, die es hinterher nicht gegeben hat?
K
Herr Kollege von Klaeden, ich habe Ihnen wahrheits-
gemäß gesagt, was sich abgespielt hat. Bei einem routi-
nemäßigen Treffen – Montag ist da unser Jour fixe –
habe ich den persönlichen Mitarbeiter von Herrn Poß da-
nach gefragt und er hat mir diese Antwort gegeben.
Im Übrigen steht es der Bundesregierung nicht zu, zu
Äußerungen von Mitgliedern des Deutschen Bundesta-
ges interpretierend Stellung zu nehmen. Meine Bitte lau-
tet: Sprechen Sie den Kollegen Poß an!
Nachdem ein Geschäftsordnungsantrag gestellt wor-
den ist, kann ich weitere Zusatzfragen nicht zulassen.
Die Fraktionen der FDP und der CDU/CSU haben zu
den Antworten der Bundesregierung auf die dringlichen
Fragen 1 bis 4 der Kollegen Jürgen Koppelin und
Dietrich Austermann eine Aktuelle Stunde verlangt.
Dies entspricht Ziffer 1 b der Richtlinien für die Aktu-
elle Stunde. Die Aussprache wird nach Schluss der Fra-
gestunde durchgeführt. Die Aktuelle Stunde wird um
16 Uhr beginnen.
Nachdem die dringlichen Fragen aufgerufen und be-
antwortet sind, rufe ich jetzt die Fragen auf
Drucksache 15/3021 in der üblichen Reihenfolge auf.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeri-
ums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend auf. Die
Frage 1 des Kollegen Dr. Egon Jüttner wird schriftlich
beantwortet.
Deswegen rufe ich nun den Geschäftsbereich des
Bundesministeriums für Bildung und Forschung auf. Zur
Beantwortung steht Herr Staatssekretär Wolf-Michael
Catenhusen bereit.
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9690 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Mai 2004
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9692 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Mai 2004
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9694 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Mai 2004
)
)
Ich nehme die mündlichen Ausführungen jetzt so hin
und bekomme sie ja auch noch schwarz auf weiß. Ich
verzichte damit auf die zweite Zusatzfrage.
Wenn Sie keine weitere Frage mehr haben, Herr Kol-
lege, dann schließe ich den Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen.
Vielen Dank, Frau Staatssekretärin, für die Beantwor-
tung der Fragen.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministe-
riums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
auf. Die Fragen beantwortet Frau Parlamentarische
Staatssekretärin Simone Probst.
Die Frage 20 der Kollegin Gitta Connemann wird
schriftlich beantwortet.
Ich rufe die Frage 21 des Kollegen Franz Obermeier
auf:
Mit welchem Geheimhaltungsgrad wurde die Studie der
Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit, GRS, in
Köln über die Sicherheit der Kernkraftreaktoren in Deutsch-
land als Verschlusssache, VS, eingestuft?
Si
Sehr geehrter Herr Kollege Obermeier, das Gutachten
der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit
wurde nach § 4 Abs. 2 des Sicherheitsüberprüfungs-
gesetzes in Verbindung mit § 7 der Verschlusssachen-
anweisung als VS-Vertraulich eingestuft.
Ihre Zusatzfragen.
Frau Staatssekretärin, haben Sie in Ihrem Ministerium
Erfahrungen mit als Verschlusssache eingestuften
Schriftstücken in der Hinsicht, dass, wie es hier der Fall
war, solche Schriftstücke an die Öffentlichkeit geraten
sind?
Si
Wir tun alles dafür, dass die Geheimhaltungsvor-
schriften der Bundesregierung eingehalten werden.
Sie haben noch eine Zusatzfrage.
Ist es in Ihrem Haus schon vorgekommen, dass als ge-
heim eingestufte Schriftstücke an die Öffentlichkeit ge-
raten sind?
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Mai 2004 9695
)
)
Si
Es werden die Geheimhaltungsvorschriften des Bun-
des eingehalten. Einer Ihrer Kollegen hat diesen Punkt in
einer Frage, die später aufgerufen wird, angesprochen.
Im Vorgriff auf die Beantwortung dieser Frage teile ich
Ihnen mit, dass Bundesminister Jürgen Trittin die Durch-
führung von amtsinternen Ermittlungen zur Aufklärung
dieses Vorfalls angeordnet hat. Die Untersuchungen sind
noch nicht abgeschlossen.
Können Sie nachvollziehen, welche Angehörigen Ih-
res Hauses mit der Studie beschäftigt waren?
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Selbstverständlich gibt es einen sehr eng begrenzten
Personenkreis, der nach den Richtlinien der Geheimhal-
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Ich rufe die Frage 24 des Kollegen Georg Girisch auf:
Wann erhielt der zuständige Bundesminister für Umwelt,
Naturschutz und Reaktorsicherheit, Jürgen Trittin, Kenntnis
davon, dass der betreffende Abgeordnete in den Besitz dieser
Studie gelangte, und wurde die Studie von einem Faxgerät aus
dem Leitungsbereich des BMU an diesen Abgeordneten über-
sandt?
Si
Die Vermutung, dass der betreffende Abgeordnete im
esitz der Studie sein könnte, wurde durch einen Artikel
n der „Süddeutschen Zeitung“ gestützt. Der Bundes-
mweltminister erhielt davon Kenntnis. Wie der Abge-
rdnete in den Besitz der Studie gelangte, wird amts-
ntern ermittelt.
Ihre Zusatzfragen, bitte.
Frau Staatssekretärin, sind Sie sich sicher, dass diese
tudie nicht von einem Faxgerät aus dem Leitungs-
ereich Ihres Hauses an den Abgeordneten versendet
orden ist?
Si
Ich habe eben schon ausgeführt, dass der Ministerine amtsinterne Untersuchung angeordnet hat. Diesentersuchung ist noch nicht abgeschlossen. Vor Ab-chluss der Untersuchung kann ich Ihnen auf Detail-ragen keine Auskunft geben.
Metadaten/Kopzeile:
9696 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Mai 2004
)
)
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Girisch.
Sind Sie bereit, die Ergebnisse der amtsinternen Un-
tersuchung an den Umweltausschuss weiterzugeben?
Si
Sie wissen, dass es nicht sachgerecht ist, über Zwi-
schenergebnisse eines laufenden Ermittlungsverfahrens
zu informieren. Selbstverständlich können die Abgeord-
neten und Fraktionen ihr Fragerecht im Umweltaus-
schuss wahrnehmen und die Aufsetzung von Tagesord-
nungspunkten beantragen.
Eine weitere Zusatzfrage des Kollegen Obermeier.
Frau Staatssekretärin, könnten Sie uns sagen, welchen
Zeitraum diese hausinterne Untersuchung in Anspruch
nehmen wird, und ist es sinnvoll, dass wir noch vor der
Sommerpause von unserem Fragerecht Gebrauch ma-
chen?
Si
Wir sind an einer sehr zügigen Ermittlung interessiert.
Die Frage, die Sie stellen, bewegt sich im Bereich der
Spekulation. Insofern müssten Sie vielleicht mit Abge-
ordneten unserer Fraktion, mit mir oder unserem Hause
Kontakt aufnehmen, wenn Sie wissen wollen, ob Ihre
Aktivitäten Sinn machen. Ansonsten vertraue ich auf Ihr
politisches Gespür,
den rechten Zeitpunkt für Fragen im Umweltausschuss
und die Beantragung von Debatten zu finden.
Ich rufe die Frage 25 des Kollegen Holger Haibach
auf:
Hat der Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Re-
aktorsicherheit, Jürgen Trittin, eine Untersuchung zur Aufklä-
rung der Veröffentlichung von VS-eingestuften Akten im Zu-
sammenhang mit der GRS-Studie angeordnet und, wenn ja, zu
welchem Ergebnis hat diese Untersuchung bisher geführt?
Si
Herr Haibach, entschuldigen Sie, dass ich diese Frage
schon dem Kollegen Girisch beantworten musste; aber
diese Doppelung muss sein, damit an der richtigen Stelle
im Protokoll eine Antwort steht: Ja, Umweltminister
Jürgen Trittin hat die Durchführung von amtsinternen
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ie Beantwortung der Frage, was in einem Ermittlungs-
erfahren im Hinblick auf ein Ergebnis zeitnah bzw. zü-
ig ist, empfehle ich den juristisch gebildeten Kollegen
hrer Fraktion zu überlassen. Ich sage „zügig“; ich bin
aturwissenschaftlerin. Ich denke, sobald man ein Er-
ebnis hat, geht man den nächsten Schritt und möchte zu
inem weiteren Ergebnis kommen.
Sie haben noch eine Zusatzfrage.
Meine zweite Zusatzfrage bezieht sich auf den Zeit-
aum, der zwischen dem Bekanntwerden der Vorfälle
nd der Anordnung der Untersuchung durch den Minis-
er liegt. Wie groß war dieser Zeitraum?
Si
Der Minister hat unmittelbar nach Bekanntwerden der
ffentlichmachung dieser Information gehandelt und die
mtsinterne Untersuchung angeordnet.
Ich rufe die Frage 26 des Kollegen Holger Haibach
uf:
Welche Arbeitsbereiche im BMU waren von der Unter-
suchung betroffen und wie viele Personen sind überprüft wor-
den?
Si
Das fällt in die Fragen, die Ihre Kollegen bereits ge-tellt haben: Einzelheiten zu dieser laufenden Unter-uchung können nicht mitgeteilt werden.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Mai 2004 9697
)
)
Ihre Zusatzfrage.
Frau Staatssekretärin, wenn Einzelheiten zu einer lau-
fenden Untersuchung nicht bekannt gegeben werden
können – dafür haben wir alle ja Verständnis –, sind Sie
dann bereit, das Endergebnis Ihrer Untersuchungen, so-
bald es vorliegt, dem Umweltausschuss zur Verfügung
zu stellen?
Si
Ich habe eben schon ausgeführt, dass selbstverständ-
lich alle parlamentarischen Rechte Ihrer Kollegen und
Ihrerseits im Umweltausschuss gewahrt sind und Sie im
Umweltausschuss jederzeit frei sind, das Ministerium zu
bestimmten Tagesordnungspunkten zu befragen. Inso-
fern liegt es in Ihrer Initiative, ob diese Frage beantwor-
tet wird. Wenn Sie dies für sinnvoll halten, beantragen
Sie dies!
Ihre zweite Zusatzfrage, bitte.
Wir können natürlich in jeder Sitzung des Umwelt-
ausschusses davon Gebrauch machen. Meine Frage war
aber gewesen: Sind Sie auch gewillt, Antworten zu ge-
ben?
Si
Sofern es keine juristischen Einschränkungen gibt,
anworten wir auf alle Fragen.
Eine Zusatzfrage des Kollegen von Klaeden.
Frau Staatssekretärin, warum tun Sie sich so schwer
mit der offensichtlichen Selbstverständlichkeit, dem
Parlament Mitteilung zu machen, wenn Ihre Untersu-
chungen abgeschlossen sind? Wenn Sie tatsächlich ein
Interesse daran haben, die Untersuchungen zu einem Er-
gebnis zu führen, und sie zügig durchgeführt werden,
dürfte doch kein Problem darin bestehen, das auch dem
Parlament mitzuteilen.
Si
Herr von Klaeden, Sie wissen, dass wir im Umwelt-
ausschuss und auch im Parlament aus großem Eigeninte-
resse vor allem in der Sache gern zu bestimmten Tages-
ordnungspunkten debattieren. Aber Sie selbst wissen
auch, dass bei amtsinternen Ermittlungen das Dienst-
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9698 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Mai 2004
)
)
Eine weitere Zusatzfrage des Kollegen Girisch.
Frau Staatssekretärin, sind Sie mit mir der Meinung,
dass die Öffentlichkeit, nachdem als geheim eingestufte
Unterlagen aus einem Ministerium an die Öffentlichkeit
gelangt sind, ein großes Interesse an Informationen hat?
Stimmen Sie mir zu, dass über ein solches Thema um-
fassend informiert werden sollte und die Informationen
nicht als geheim eingestuft werden dürfen?
Si
Die Öffentlichkeit, das Parlament, unser Ministerium
und natürlich all diejenigen, die mit solchen brisanten
Informationen zu tun haben, haben ein großes Interesse
daran, dass die Geheimhaltungsvorschriften des Bundes
eingehalten werden. Genau aus diesem Grunde hat Herr
Minister Trittin das amtsinterne Ermittlungsverfahren
eingeleitet. Damit wollen wir sicherstellen, dass brisante
Informationen nicht an die Öffentlichkeit gelangen.
Sie wissen selbst, dass es sich hier um ein Thema han-
delt, über das in der Öffentlichkeit sehr gern diskutiert
wird. Wir wollen aber keine Handlungsanleitung für Ter-
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Mai 2004 9699
)
)
oder es scheinen Missverständnisse im Raum zu stehen.
Ich habe darauf hingewiesen, dass es ganz klare Spielre-
geln zwischen Parlament und Regierung gibt und wir
selbstverständlich allen Wünschen, die das Parlament
hat, nachkommen werden.
– Ja bitte.
Wir werden laufend darüber berichten und auch im Aus-
schuss über die Sache debattieren. Ich glaube, dass das
Wort „Lappalie“ nicht in diesem Zusammenhang gefal-
len ist.
Wir führen hier eine Debatte über die ernsthafte
Frage, dass Informationen über ein ernstes Thema
an die Öffentlichkeit gelangt sind, und zwar Informatio-
nen, die das Umweltministerium nach bisherigem
Kenntnisstand nicht zur Verfügung gestellt hat.
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Metadaten/Kopzeile:
9700 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Mai 2004
)
)
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Wir sind damit am Ende der Fragestunde. Die Fragen
u den Geschäftsbereichen, die heute nicht aufgerufen
urden, werden schriftlich beantwortet.
Die Aktuelle Stunde soll um 16.00 Uhr aufgerufen
erden. Ich unterbreche daher die Sitzung. Der Wieder-
eginn der Sitzung wird rechtzeitig durch Klingelsignal
ngekündigt.
Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.
Die Fraktionen der FDP und der CDU/CSU haben zu
en Antworten der Bundesregierung auf die dringlichen
ragen zum Thema Kurswechsel in der Haushalts- und
inanzpolitik eine Aktuelle Stunde verlangt. Das ent-
pricht Ziffer I.1 b der Richtlinien für die Aktuelle
tunde.
Ich rufe daher auf:
Aktuelle Stunde
Möglicher Kurswechsel in der Haushalts- und
Finanzpolitik
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege
ürgen Koppelin, FDP-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!eit dem letzten Wochenende präsentieren uns die Re-ierung und die Regierungskoalition
ine haushaltspolitische Debatte, die nur noch als füh-ungslos, konzeptionslos und chaotisch bezeichnet wer-en kann. Zickzackkurs – diesen Begriff habe ich in derresse gelesen – ist noch eine harmlose Bezeichnung.Nach einer Spitzenrunde mit dem Bundeskanzler,em Bundesfinanzminister, dem Fraktionsvorsitzendenranz Müntefering sowie Außenminister Fischer darfer Außenminister der staunenden deutschen Öffentlich-eit nun verkünden, dass Sparen und Streichen keinachstum bringen und deshalb von diesem Kurs abge-ichen werden muss.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Mai 2004 9701
)
)
Jürgen KoppelinEigentlich hätten wir den Außenminister herbeizitierenmüssen, damit er sich dazu äußert.
Aber ich habe den Eindruck, der Herr Bundesaußen-minister hat sich in der Haushaltspolitik dieser Regie-rung noch nie zurechtgefunden.Zu den Aussagen des Bundesaußenministers könnenwir heute in der „taz“ lesen – das ist sehr interessant –,dass Haushalts- und Finanzpolitiker der Grünen dieseund weitere Aussagen des Bundesaußenministers als„ziemlichen Stuss“ bezeichnet haben. Dazu kann ich nursagen: Wo sie Recht haben, haben sie Recht.Damit könnte man die Äußerungen des Bundesaußen-ministers eigentlich abhaken und zur Tagesordnungübergehen, wenn nicht fast stündlich Aussagen zurHaushaltspolitik aus dem Regierungslager kommen wür-den, mit denen dieser „Stuss“, den der Außenministervon sich gegeben hat, öffentlich unterstützt wird. Bei-spielhaft nenne ich den stellvertretenden SPD-Fraktions-vorsitzenden Poß. Nachdem ich in einer dpa-Meldungein Interview mit ihm gelesen habe, kann ich nur das be-stätigen, was ich eben gesagt habe. Aber auch der Saar-SPD-Chef Maas begrüßt die Abkehr von der Sparpolitikals ein „wichtiges Signal“. Bundeskanzler Schröder, derletzte Woche in der kleinen Koalitionsrunde die ganzeDiskussion angestoßen hat, rudert nun zurück und er-klärt, es bleibe beim Konsolidierungskurs. Vielleichtsind nun einige in der Koalition endlich aufgewacht,
nachdem die üblichen Verdächtigen wie DGB-ChefSommer oder der ehemalige Finanzminister OskarLafontaine ebenfalls die Aufnahme neuer Schulden ge-fordert haben.
Man muss es aber schon als sehr mutig bezeichnen,dass die Koalition und vor allem der Bundesfinanzminis-ter immer noch davon sprechen, sie würden am Sparkursfesthalten. Wer wie Bundesfinanzminister Eichel in sei-ner Amtszeit über 180 Milliarden Euro neue Schuldenaufgenommen hat, der leidet anscheinend an Realitäts-verlust, wenn er diese Schuldenaufnahme als Sparkursbezeichnet.
Wer so viele Schulden wie Finanzminister Eichel aufge-nommen hat, wer uns Haushaltspläne vorlegt, die verfas-sungswidrig sind und gegen die Maastricht-Kriterienverstoßen, wer wie der Bundesfinanzminister Eichel beiseinen Haushaltsplänen Einnahmen einplant, die unrea-listisch sind, der betreibt keinen Sparkurs, sondern er do-kumentiert der deutschen Öffentlichkeit, dass er haus-haltspolitisch am Ende ist.
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Metadaten/Kopzeile:
9702 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Mai 2004
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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen undHerren! Das, was Kollege Koppelin vorgetragen hat, wa-ren platte Sprüche.
Wie realitätsbezogen seine Ankündigung ist, die FDP seibereit, 20 Prozent aller Subventionen zu streichen, habenwir gemerkt, als wir tage- und nächtelang in den vorbe-reitenden und entscheidenden Sitzungen des Vermitt-lungsausschusses saßen. Da wollte die FDP von Subven-tionskürzungen auf der Einnahmeseite überhaupt nichtswissen. Lesen Sie einmal nach, welche ZickzackpolitikSie selber betreiben. Sie begreifen als Subventionen of-fenbar nur das, was auf der Ausgabenseite erscheint,weil das Ihre Klientel nicht betrifft. Wenn die Kürzungvon Subventionen aber Ihre Klientel trifft, nämlich aufder Einnahmenseite, dann sind Sie strikt gegen Subven-tionskürzungen.
Ich nenne Ihnen folgende Fakten: Die Konsolidierungdes Bundeshaushaltes bleibt ein herausragendes Ziel derFinanzpolitik, denn ohne nachhaltige Konsolidierunggibt es kein Wachstum und umgekehrt gibt es ohneWachstum keine großen Fortschritte bei der Konsolidie-rung.
Wachstum und Konsolidierung gehören untrennbar zu-sammen. Wir haben seit 1999 mit dem ersten Sparpaketvon 20 Milliarden Euro, das immer noch jedes Jahrwirkt, eine Sparpolitik betrieben, die wir fortsetzen. Wirhaben Strukturreformen unter der Überschrift derAgenda 2010 auf den Weg gebracht und wir haben kon-junkturelle Impulse gesetzt, was Sie von der Oppositionnie geschafft haben;
denn während Ihrer Regierungszeit waren der Eingangs-steuersatz und der Spitzensteuersatz astronomisch hoch.
WsnfgsgDneuSdadDaWesptsOmsWfvwhgsOs
Zur Konjunktur möchte ich Folgendes bemerken: Esibt gute Anzeichen eines konjunkturellen Auf-chwungs. Die äußeren Kriterien sind außerordentlichünstig.
ie kurz- und langfristigen Nominalzinsen sind sehriedrig, die Preise sind sehr stabil, die Lohnstückkosten-ntwicklung ist außerordentlich moderat und die Absatz-nd Gewinnperspektiven der Unternehmen sind günstig.chauen Sie sich, wenn Sie abends nach Hause kommen,ie Videotexttafel 703 mit den Wirtschaftsnachrichtenn. Dann sehen Sie die Zahl der positiven Meldungen,ie dort in den Überschriften zusammengeführt werden.
ie weltwirtschaftlichen Perspektiven werden ebenfallsls sehr günstig eingestuft.
ir haben das typische Ablaufmuster der Konjunktur zurwarten: Über die Belebung der Weltkonjunktur werdenich bei uns insbesondere die Ausrüstungsinvestitionenositiv entwickeln.
Wir werden die abwartende Haltung der Konsumen-en noch zu überwinden haben. Das wird unsere gemein-ame Aufgabe sein. Dabei ist das, was infolge derbstruktionspolitik der CDU/CSU und der FDP im Ver-ittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag be-chlossen wurde, sehr hinderlich.
enn Sie nämlich unserem Vorschlag gefolgt wären, dieür das Jahr 2005 vorgesehene Stufe der Steuerreformollständig auf das Jahr 2004 vorzuziehen, dann hättenir ein wesentlich stärkeres Wirtschaftswachstum. Dasaben Ihnen die wissenschaftlichen Institute vor weni-en Tagen noch einmal deutlich ins Stammbuch ge-chrieben. Sie betreiben im Bundesrat eine katastrophalebstruktionspolitik, die aufhören muss, damit es wirt-chaftlich aufwärts geht.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Mai 2004 9703
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Zum Haushalt 2004 will ich anmerken, dass uns dieBundesbank mitgeteilt hat, dass sie statt eines erwartetenGewinns in Höhe von 3,5 Milliarden Euro nur knapp250 Millionen Euro überweisen wird. Damit verfügt derHaushalt 2004 über keine stillen Reserven mehr. Hin-sichtlich der Steuereinnahmen und der Arbeitsmarktpoli-tik bestehen weitere Risiken, die es abzuwarten gilt.
Für den Haushalt 2005 haben wir uns auf europäi-scher Ebene verpflichtet, das Maastricht-Kriterium ein-zuhalten, das heißt, die Neuverschuldung darf 3 Prozentvom Bruttoinlandsprodukt nicht übersteigen. Mit deneingeleiteten Maßnahmen kann dies gelingen, auchwenn sich die wirtschaftlichen Daten des Jahres 2004 alsBasiseffekt auf das Jahr 2005 auswirken werden. Da-durch wird es schwieriger, das Maastricht-Kriterium zuerfüllen.Für den Bundeshaushalt 2005 wird auch die inArt. 115 Grundgesetz festgelegte Obergrenze einzuhal-ten sein. Das erfordert, dass der Bund seinen konsequen-ten Konsolidierungskurs weiter beibehält.
Lassen Sie mich noch einmal deutlich zum Ausdruckbringen, dass wir in dem Gesamtdreiklang von Wirt-schaftswachstum, Haushaltskonsolidierung und Refor-men insbesondere auf Wachstum setzen. Dazu dient dievom Bundeskanzler angekündigte Initiative, die Innova-tionen in unserem Land stärker zu fördern.
Die Wirtschaftsinstitute haben das empfohlen, waswir Ihnen schon vor einem Jahr vorgeschlagen haben,nämlich die Eigenheimzulage komplett zu streichen. DieWirtschaftsinstitute legen Ihnen das noch einmal aus-drücklich nahe. Wir wollen Ihnen vorschlagen, die damitverbundenen Einsparungen ausschließlich für die Erhö-hung der Ausgaben für Bildung und Forschung zu ver-wenden.
Das ist den Gemeinden ebenso möglich wie den Ländernund dem Bund. Denn alle drei Ebenen würden von derStreichung der Eigenheimzulage profitieren.
Alle Ebenen gemeinsam könnten eine Politik gestalten,die nicht länger auf Investitionen in Beton, sondern indie Köpfe unseres Landes ausgerichtet ist. Wir laden Sieein, diesen Weg mit uns gemeinsam zu gehen.
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ein Einziger der für die dramatische Lage unseres Lan-es zuständigen Bundesminister hat es nötig, an der Ak-uellen Stunde zu diesem Thema im Parlament teilzu-ehmen. Was Sie mit uns allen machen – mit demarlament, der deutschen Öffentlichkeit, der deutschenolkswirtschaft und allen Menschen, die noch an diesemand Interesse haben –, ist eine bare Zumutung. Eine soiserable Regierung wie diese hat das Land in seinereueren Geschichte bislang nicht gehabt.
Gestern berichtete die Presse darüber, dass sich deregierungssprecher und sein Kollege aus dem Bundes-inanzministerium vor der Bundespressekonferenz ver-bredet hätten: „Du sagst nichts und ich mache denutisten.“
er „Brockhaus“ führt unter „Autismus“ Folgendes auf:Bezeichnung für psychotische
Persönlichkeitsstörungen, die durch extreme Selbst-bezogenheit und Insichgekehrtheit sowie durchfantastisch-traumhaftes … und affektiv-impulsivesDenken und Sprechen gekennzeichnet sind.
ine bessere Zustandsbeschreibung der Regierung kannan nirgendwo finden.Jenseits aller parteipolitischen Auseinandersetzungen,ie wir auszutragen haben, sage ich Ihnen in der Sacheolgendes: Herr Staatssekretär, Sie haben – das ist dasleiche, was Ihr neuer Chefvolkswirt, der Bundesaußen-inister, dieser selbst ernannte Hobbyökonom, imSpiegel“ von sich gegeben hat; offensichtlich scheintas der neue Sprachgebrauch der Bundesregierung zu
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9704 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Mai 2004
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Friedrich Merzsein – von einem „typischen konjunkturellen Ablauf-muster“ gesprochen. Ich bin angesichts dessen, was wirvon Ihnen gehört haben, geneigt, zu sagen, dass dies dastypische strukturelle Auslaufmuster ist. Aber zur Sacheselbst: Wir haben es in Deutschland nicht mit einemkonjunkturellen Problem, sondern mit einem tief grei-fenden strukturellen Problem auf dem Arbeitsmarkt undbeim Wachstum zu tun. Ihr Glaube, dass Sie die Pro-bleme, die Sie selbst verursacht haben, in den nächstenWochen, Monaten oder sogar Jahren lösen, indem Sienur darauf vertrauen, dass die Weltkonjunktur wieder an-springt, ist ein Irrglaube. Es ist ein grundlegender Fehler,so etwas überhaupt zu denken.
Das zeigt ebenfalls, dass Sie das eigentliche Problemüberhaupt nicht verstanden haben. Die Weltwirtschaftwächst in diesem Jahr um 4,5 Prozent. Warum wächst diedeutsche Wirtschaft nicht wenigstens halb so stark? Wa-rum liegt Deutschland in der gesamten alten Europäi-schen Union mit 15 Mitgliedstaaten noch immer amEnde bei den Wachstumserwartungen? Mit Verlaub, wa-rum hat Deutschland mittlerweile – abgesehen von denvier Ländern Italien, Spanien, Portugal und Griechenland– das geringste Pro-Kopf-Einkommen in der gesamtenalten Europäischen Union? Zehn Mitgliedstaaten der al-ten Europäischen Union haben mittlerweile ein höheresPro-Kopf-Einkommen als Deutschland. Das ist doch keinkonjunkturelles Problem, sondern ein schwerwiegendesstrukturelles Problem. Herr Staatssekretär, dieses Pro-blem hat nichts mit der Opposition, sondern etwas mit derRegierung zu tun, die es in fünfeinhalb Jahren ihrer Ver-antwortung nicht geschafft hat, das Land wieder auf Kurszu bringen. Das liegt nicht daran, dass Sie über den rich-tigen Kurs in der Wirtschafts- und der Finanzpolitik strei-ten, sondern daran, dass Sie gar keinen haben.
Vor diesem Hintergrund sind Vermutungen darüber,ob es in der besagten nächtlichen Sitzung vom letztenMittwoch – Sie haben ja versucht, zu bestreiten, dass sieüberhaupt stattgefunden hat – zu einem Kurswechsel ge-kommen ist, völlig fehl am Platz. Es hat keinen Kurs-wechsel gegeben. Weil Ihnen die Probleme mittlerweileüber den Kopf wachsen, hat vielmehr eine Krisensitzungstattgefunden, an der derjenige, der eigentlich der Shoo-tingstar der zweiten Regierung Schröder sein und mit-helfen sollte, die Probleme zu lösen, gar nicht teilgenom-men hat. Ich möchte Ihnen jenseits aller politischenAuseinandersetzungen ehrlich sagen: Die Art und Weise,wie in Ihrer Regierung – auch durch den Herrn Bundes-kanzler – mit einigen Mitgliedern des Kabinetts inmenschlicher Hinsicht umgegangen wird, ist gelinde ge-sagt eine persönliche Sauerei.
Schlussbemerkung: Dass Herr Clement solche unaus-gegorenen Vorschläge macht wie den Vorschlag betref-fend den Sparerfreibetrag, ist nur die Spitze des Eisber-ges.
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Ich erteile das Wort der Kollegin Anja Hajduk, Bünd-
is 90/Die Grünen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-en! Herr Kollege Merz, Sie haben sicherlich ein rhetori-ches Feuerwerk abgebrannt.
ber die Bierzeltatmosphäre, die sich in Ihren Reihenusbreitet, wird unser Land auch nicht voranbringen.
as Sie eben zur Lösung unserer Schwierigkeiten zu sa-en hatten, das war verdammt wenig.
Es wurde die Frage gestellt, ob es – da teile ich bis zuinem gewissen Grad die Einschätzung meines Vorred-ers – einen Kurswechsel gegeben hat, als letzte Wocheegierungsintern diskutiert wurde. Das war Gegenstander Berichterstattung. Ich sage ganz bescheiden: Dasar kein Kurswechsel, sondern eine Auseinanderset-ung, in der es darum ging, sich die ziemlich dramati-che Lage, in der wir und unsere Regierung stecken, zuergegenwärtigen.
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Anja HajdukMit Blick nicht nur auf 2004, sondern auch auf 2005haben wir es wahrscheinlich mit großen Steuerausfällenzu tun. Genaue Zahlen werden wir im Rahmen der Mai-steuerschätzung hören. Zuzugeben ist: Das ist nicht er-freulich. Ich teile im Übrigen eine sehr ausgewogeneEinschätzung, die der CSU-Kollege Faltlhauser in einemInterview gegeben hat – Sie sehen, ich zitiere Unions-kollegen durchaus gerne; ich habe da keine Scheu –:
Es geht nicht so sehr darum, ob ein Finanzminister imRahmen eines Konsolidierungskurses einmal ein Zielverfehlt, sondern darum, ob man sich weiter zur Haus-haltsdisziplin bekennt.
Für unsere Seite möchte ich ganz deutlich sagen: Wirwerden weiterhin eine strikte Haushaltsdisziplin brau-chen.
Ich weiß, dass es Minister gibt, die gerne etwas strittigstellen. Es ist nichts Neues, dass Fachminister etwasstrittig stellen, bevor das Kabinett entscheidet. Ich wie-derhole: Wir werden weiterhin Haushaltsdisziplin brau-chen. Außerdem werden wir uns von lieb gewonnenenGewohnheiten verabschieden müssen.Herr Merz, Sie haben die Frage der Abschaffung derEigenheimzulage allzu sehr verniedlicht. Damit bin ichnicht einverstanden. Es ist typisch für unser Land, dasswir nicht den Mut aufbringen, lieb gewonnene Subven-tionen – es sich handelt sich um die größte, die wir ver-geben; in Spitzenzeiten hatte sie einen Gesamtumfangvon über 10 Milliarden Euro – abzubauen. Das ist einSkandal. Das trifft auch Sie; denn Sie müssen bei derLösung der Probleme mitmachen.
Es geht nicht darum, ob wir im ersten Jahr hier nur ei-nen kleinen Fortschritt erreichen, sondern um eine län-gerfristige Perspektive. Sie sind in der Pflicht, mitzuma-chen. Wir wollen lieb gewonnene Gewohnheitenaufgeben, nicht um zu sparen und zu streichen, sondernum neue Beweglichkeit herzustellen.Die Regierung hat einen verfassungsgemäßenHaushalt 2005 aufzustellen. In Anbetracht der Entwick-lung der Steuereinnahmen wird das sehr schwierig. Ichfinde es richtig, dass wir Investitionen in Bildung und inandere Zukunftsaufgaben nicht einfach streichen. Manmuss auch in so schweren Zeiten eine Balance findenund Prioritäten setzen. Das ist die wichtigste Aussage,die gemacht wurde, als es in diesen Tagen um die Frageging, ob wir vom Sparkurs abweichen wollen. Wir wer-den weiterhin äußerste Disziplin im gesamten Haushaltbrauchen und wir werden zur Lösung wichtiger Zu-kunftsaufgaben Prioritäten setzen.dtWInSsgLpSzawwEHSFbmvzSIbkeshclF
Sie haben den schweren Vorwurf erhoben, wir hättenas Land in diese – zugegebenermaßen schwierige – Si-uation gebracht.
as ist eigentlich Ihr Anteil – Sie geben zu, dass auch inhrer Regierungszeit die eine oder andere Strukturreformicht durchgeführt worden ist – an dieser schwierigenituation? Worin besteht zurzeit eigentlich Ihre Unter-tützung? Zum Subventionsabbau habe ich schon etwasesagt. Sie haben sich damit gebrüstet, sich bei denandwirten lieb Kind gemacht zu haben und den kom-letten Bereich der Landwirtschaft außen vor zu lassen.
ie zeigen eine große Zögerlichkeit – Herr Merz machtwar manchmal anders lautende Vorschläge –, wenn wirn die Eigenheimzulage herangehen. Gerade hat schonieder ein Kollege ironisch dazwischengerufen: Davonürde besonders die Bauwirtschaft profitieren!
s ist das typische Hickhack. Es ist das typische Hin under. Sie sind uns im letzten Herbst bei entscheidendenchritten zum Subventionsabbau nicht gefolgt. Das istakt.
Jetzt kommt die Spitze: Beim Streit um Hartz IV ha-en Sie gepokert mit dem Ziel, eine der größten Refor-en im Bereich des Arbeitsmarktes – Sie werfen unsor, wir täten in dem Bereich zu wenig – lieber scheiternu lassen als zu akzeptieren, dass wir da einen großenchritt vorankommen.
hnen wäre es lieb, wenn die Zusammenlegung von Ar-eitslosen- und Sozialhilfe nicht zum 1. Januar 2005äme. Das empfehlen Sie uns. Daran sieht man: Sie sindrfolgreich im Blockieren. Das ist nicht zum Guten un-eres Landes.Wir wissen, dass wir eine schwere Zeit zu meisternaben und dass wir nicht fehlerfrei sind; aber Ihre Blo-kadeposition, mit der Sie uns in die Enge treiben wol-en, nützt diesem Land gar nichts.
Das Wort hat nun der Kollege Günter Rexrodt, FDP-raktion.
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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kol-
legin Hajduk, es ist wenig überzeugend, wenn Sie ver-
künden, dass der Konsolidierungs- und Sparkurs beibe-
halten wird. Faktum ist zunächst einmal, dass Herr
Fischer in seiner Eigenschaft als selbst ernannter Haus-
haltsminister in nöliger und missmutiger Form verkün-
det hat, es gehe nicht mehr so weiter wie bisher, und dass
es dann zu einem riesigen Missmanagement der Bundes-
regierung kam. Faktum ist, dass diese Äußerungen von
Herrn Fischer wiederum dazu angetan sind, Zweifel da-
ran aufkommen zu lassen, ob es eine konsistente und
Vertrauen erweckende Politik gibt, wie sie gebraucht
wird.
Diese Äußerungen von Herrn Fischer stehen in einer
Reihe mit dem Durcheinander bei der Gesundheitsre-
form, mit der Drohkulisse, die mit der Vermögensteuer
und der Erbschaftsteuer immer wieder aufgebaut wird,
mit dem Durcheinander bei der Steuerreform und mit der
Ausbildungsplatzabgabe, über die Sie ständig diskutie-
ren und die nun Gesetz werden soll. Das Neueste ist die
Frage, ob der Sparerfreibetrag wegfallen soll. Wie wol-
len Sie mit einer solchen Politik – dazu gehören die Äu-
ßerungen von Herrn Fischer, es gehe mit dem Sparen
und Konsolidieren so nicht mehr weiter – die Menschen
überzeugen und den Mittelstand dazu bringen, zu inves-
tieren? Das geht nicht. Das ist Missmanagement. Das ist
schlechte Politik. Das ist ein Beispiel dafür, dass Sie
auch mit der Haushaltspolitik und mit der Bestimmung
des Kurses in der Haushaltspolitik Menschen verwirren
und vom Investieren abhalten.
Faktum bei der Verschuldungspolitik ist, dass Sie bei
der Verletzung der Kriterien von Maastricht wenigstens
noch ein schlechtes Gewissen gehabt und den Anschein
zu erwecken versucht haben, die Dinge auf die Reihe
bringen zu wollen.
Wenn Sie den Spar- und Konsolidierungskurs aufge-
ben oder in Zweifel ziehen, dann ist das eine offene Ka-
pitulation. Dass Sie faktisch längst kapituliert haben, se-
hen wir daran, dass die Nettoneuverschuldung von 1998
– sie betrug damals 29 Milliarden Euro – bis 2003 auf
38 Milliarden Euro gestiegen ist. Für dieses Jahr, 2004,
gibt es zwar eine Planzahl von 29 Milliarden Euro. In
Wirklichkeit wird die Neuverschuldung jedoch zwischen
40 und 50 Milliarden Euro betragen. Das ist eine Situa-
tion, in der sich die Bundesrepublik Deutschland noch
nie befunden hat.
Wir haben ein Rezept dafür geliefert, wie man die
Dinge Schritt für Schritt in den Griff bekommen kann:
Wir wollen in den nächsten sieben Jahren die Subventio-
nen auf null bringen. Wir wollen den Subventionsabbau
entschieden in Angriff nehmen, das heißt an die Finanz-
hilfen und die Steuervergünstigungen herangehen. Wir
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Die Reformpolitik, die Sie in den letzten zwei bis drei
ahren gemacht haben, mussten Sie deshalb machen,
eil Sie eine Landtags- und Kommunalwahl nach der
nderen verloren haben. Deshalb haben Sie diese Refor-
en angeleiert. Jetzt bekommen Sie aber Ärger von an-
erer Seite. Deshalb haben Sie sich den Herrn
üntefering zum Parteivorsitzenden gewählt. Der soll
ie Dinge auf die Reihe bringen. Aber wie soll man zu-
unftsorientierte Reformen auf der einen Seite und Zu-
timmung bei den Menschen, die Sie ja mitnehmen wol-
en – das ist wohl Ihr Anliegen –, auf der anderen Seite
it einer so schlechten, handwerklich verfehlten Politik
uf die Reihe bringen? An diesem Problem können Sie
ich nicht vorbeimogeln. Die Nörgler sitzen an vielen
tellen. Herr Müntefering wird niemanden aufhalten
der überzeugen können.
Viele Minister – das lesen wir ja auch in der Zeitung –
aben im Übrigen die Faxen dicke mit der Sparpolitik.
eine Damen und Herren, Sie sind zerstritten und inner-
ich nicht gefestigt. Eine von einer Koalition getragene
egierung, die nicht bezüglich Sparkurs und Reform-
olitik gefestigt ist, kann nicht überzeugen.
eil Sie gefällig sein wollen – die Bundestagswahlen
ommen näher –, werden Sie am Ende auch wieder zu-
ätzliche Schulden machen.
Herr Kollege!
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Mai 2004 9707
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Da können Sie so viel erzählen, wie Sie wollen: Es
wird so sein. In diesem Jahr sind es 45 Milliarden, auch
in den nächsten Jahren wird es sich um hohe zweistellige
Beträge handeln. Ich erinnere daran, dass Sie ursprüng-
lich einmal vorhatten, im Jahre 2006 die Staatsverschul-
dung auf null zurückzuführen.
Herr Rexrodt, es hilft alles nichts.
Wir sind im Jahre 2004 aber noch bei 45 Milliarden.
Das ist, meine Damen und Herren, keine glaubwür-
dige Politik. Diese Politik ist darauf angelegt, den Mit-
telstand und die Konsumenten zu verunsichern.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich weise aus gege-
benem Anlass noch einmal darauf hin, dass wir in unse-
ren Richtlinien für die Aktuelle Stunde eine eindeutige
Regelung haben. In der Ziffer 7 heißt es da:
Der einzelne Redner darf nicht länger als fünf Mi-
nuten sprechen.
Ich hoffe, es leuchtet jedem ein, dass diese Formulierung
selbst dem gutwilligsten Präsidenten nur einen begrenz-
ten Interpretationsspielraum eröffnet.
Nun erteile ich dem Kollegen Poß für die SPD-Frak-
tion das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auchdiese Aktuelle Stunde beweist, die Nörgler undSchlechtredner sitzen bei der Opposition,
egal ob sie Rexrodt oder Merz heißen. Der Erregungs-zustand bei Ihrer Rede vorhin, Herr Merz, wirft ein be-zeichnendes Licht auf die Situation von CDU/CSU undauf Sie selber. Wir haben ja hier die Selbstbeschreibungeines pathologischen Falles mit dem Vokabular des„Brockhaus“ erlebt. Mehr war das nicht.
Auch Herr Rexrodt muss sich der Verantwortung stel-len, die er in der Vergangenheit getragen hat.
Er hat nämlich Verantwortung für die falsche Finanzie-rung der deutschen Einheit getragen. Er hat wie HerrMerz Verantwortung dafür getragen, dass die steuerlicheEntlastung in diesem Jahr nicht größer ausgefallen ist.DbsRKMiHraRD1gDlagDLSdghzbWlVkstSsVIpu
Wir, meine Damen und Herren, bleiben auf unseremurs.
it Maßnahmen wie den Konsolidierungsmaßnahmenm Zuge des Zukunftsprogramms 2000 bis hin zumaushaltsbegleitgesetz im letzten Jahr hat es die Regie-ungskoalition geschafft, die Entwicklung der Bundes-usgaben unter Kontrolle zu halten, Herr Haushälterexrodt.
ie Gesamtausgaben des Bundes sind im Zeitraum von999 bis 2003 um durchschnittlich 1 Prozent pro Jahrestiegen. Das heißt, die Ausgaben sind real rückläufig.ie Haushaltsprobleme haben ihren Grund ausschließ-ich darin, dass wegen wirtschaftlicher Stagnation in dreiufeinander folgenden Jahren die Steuereinnahmen seiteraumer Zeit wegbrechen.
as gilt nicht nur für den Bund, sondern auch für dieänder und die Kommunen. Das ist die schwierigeituation, die die Kollegin Hajduk beschrieben hat.Alle Versuche von Hans Eichel und der Koalition,urch die Streichung von ungerechtfertigten Steuerver-ünstigungen und den verstärkten Kampf gegen Steuer-interziehung die Steuerbasis der öffentlichen Haushalteu verbessern, sind von Ihrer Mehrheit im Bundesratlockiert worden. Das ist die Wahrheit!
er im Bundesrat die Mehrheit hat, ist mit verantwort-ich für die Geschicke Deutschlands. Sie haben dieseerantwortung mit Ihrer Blockadepolitik verraten. Daönnen Frau Merkel und Herr Stoiber noch so vieletaatstragende Sonntagsreden halten: Alles, was konkre-es Handeln bedeutet hätte, haben Sie blockiert.
ie haben das Steuervergünstigungsabbaugesetz pau-chal als Steuererhöhung diskriminiert. Damit haben Sieerunsicherung bei den Bürgern erzeugt. Das fällt inhre Verantwortung, meine Damen und Herren.
Das, was die CDU/CSU und die FDP als Alternativeräsentieren, nämlich zum Beispiel eine Staatsquote vonnter 40 Prozent, würde die wirtschaftliche, finanzielle
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Joachim Poßund soziale Situation in Deutschland nur noch weiterverschärfen. Es hätte den Abschied vom sozialen Aus-gleich in der Bundesrepublik Deutschland und die flä-chendeckende Verrottung der staatlichen Infrastrukturim Osten wie im Westen zur Folge.Wenn die dreijährige Stagnation, Herr Merz, alleindas Ergebnis vermeintlich schlechter Regierungspolitiksein soll, warum gibt es dann Wachstumseinbrüche nichtnur in Deutschland, sondern auch in den Volkswirtschaf-ten aller vergleichbaren europäischen Industriestaaten?
Lange hieß es: „Schaut auf die Niederlande; sie habenfrühzeitig die Zeichen der Zeit erkannt.“ Im letzten Jahrist in den Niederlanden das Bruttoinlandsprodukt um0,7 Prozent gesunken; für dieses Jahr erwarten die Wirt-schaftsforschungsinstitute eine Steigerungsrate, die nurhalb so hoch ist wie die, die in Deutschland erwartetwird. Die Wirtschaftsleistung im gesamten Euroraum hat2003 nur um 0,4 Prozent zugenommen. Ähnliche wirt-schaftliche Probleme und ähnliche gravierende Haus-haltsprobleme gibt es fast im gesamten Euroraum, ob inden Niederlanden, in Frankreich oder in Italien; selbstGroßbritannien hat mittlerweile Defizitprobleme, die inBrüssel zu einem Defizitverfahren führen werden.Wir haben gegengesteuert mit dem Prozess derAgenda 2010 und auch mit unserer Haushaltspolitik, in-dem wir die Zukunftsinvestitionen – Bildung, For-schung, Förderung von Familien – gestärkt haben. DiesePrioritäten setzen wir auch im nächsten Jahr.
Wir bleiben in den langen Linien unserer Politik, auchwenn wir durch eine dreijährige Stagnation zurück-geworfen worden sind. Sie haben auch heute wiederkeine Alternativen dazu geboten. Wir sind auf dem rich-tigen Kurs!
Nächster Redner ist der Kollege Peter Ramsauer,
CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Ich habe vor wenigen Stunden eine Agenturmeldung indie Finger bekommen, deren Überschrift lautet:„Müntefering kritisiert Indiskretionen in der Koalitions-spitze“. Da liest man ja gerne weiter, was Münteferingam eigenen Laden kritisiert. Es heißt dann in der Mel-dung, er habe „beklagt, dass über das vertrauliche Ge-spräch zur Haushaltspolitik in der vergangenen Wochebei Bundeskanzler Gerhard Schröder … einer geplap-pert“ habe. Es würde uns interessieren, wer das war,
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s heißt: „,…, dass das jetzt öffentlich diskutiert wird‘,abe Müntefering nach Teilnehmerangaben geschimpft.“as kann ich mir vorstellen. Aber ich kann nur sagen:elbst hineingeritten!Wir werden von den Menschen im Land und vonournalisten natürlich oft gefragt: Was würdet ihr dennnders machen, wenn ihr an der Regierung wärt?
Ja, das wird hier genügend ausdiskutiert. Aber ich darfhnen sagen, wie meine erste Antwort immer lautet: Vorllen Dingen hätten wir Ende 1998 und 1999 nicht un-ere eigenen Reformen zurückgenommen. Das ist dasrste, was Sie damals getan haben.
Was ist 1998 passiert? Die SPD und die Grünen habener Bevölkerung in Deutschland Sand in die Augen ge-treut. Sie haben sie glauben gemacht, unser Land be-ürfe keiner Reformen und die Reformen, die unter derohl-Regierung 1995, 1996 und 1997 durchgeführt wur-en – sie waren in der Tat schmerzhaft –, seien nur ausorsätzlicher Böswilligkeit gegenüber dem Volk ge-acht worden. Leider Gottes hat diese Behauptung ge-ruchtet, weil damals das Bewusstsein für notwendigeeformen vielleicht noch nicht in dem Maße vorhandenar, wie es heute der Fall ist. Sie von Rot-Grün habenich damals 1998 den Wahlsieg erschlichen.
ass Sie jetzt darauf kommen, dass die Rücknahme dereformen falsch war, bestätigt den Wahlbetrug, den Sie998 begangen haben. Jetzt müssen Sie mühsam Stückür Stück wieder das aufholen, was Sie an Reformenückgängig gemacht haben.
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Mai 2004 9709
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Dr. Peter RamsauerWas ist dadurch passiert? Sie sind – man muss nachdem von Ihnen angekündigten Reform- und Sparmorato-rium eigentlich sagen: waren – also erst sehr spät zu derErkenntnis gelangt, dass Reformen notwendig sind.Deutschland hat dadurch sechs Jahre verloren. Deutsch-land im Jahre 2004 wäre ein anderes Deutschland, wennunsere Reformen nicht zurückgenommen worden wären,sondern wenn eine unionsgeführte Bundesregierung mitdem Reformkurs über 1998 hinaus so weitergemachthätte, wie wir es vor den Wahlen 1998 ehrlicherweiseangekündigt hatten.
Es dauert eine lange Zeit, wenn man sechs verloreneJahre aufholen will. Es würde schon lange dauern, wennRot-Grün ein höheres Reformtempo als in den letztenJahren hinlegen würde. Aber selbst dann würde es langedauern. Wenn Sie das gleiche Tempo bei den Reformenoder bei dem, was Sie als Reformen bezeichnen, hinle-gen würden, dann würden wir ewig hinterherhinken.Aber wenn Sie jetzt wahr machen, was manchem vonIhnen vorschwebt, nämlich den Menschen erneut Sandin die Augen zu streuen, dann treiben Sie unser Land ineinen nicht aufholbaren Rückstand. Sie werden vor allenDingen Schiffbruch bei der Zustimmung der Menschenerleiden.Ich möchte ein Wort aufgreifen, das man von Rot-Grün in den letzten Tagen im Zusammenhang mit demKrisengespräch der letzten Woche gehört hat. Es heißt,mit den Zumutungen müsse es ein Ende haben. Ichglaube, dass die Menschen in Deutschland heute ein an-deres Problembewusstsein haben als noch vor Jahrenund dass sie es nicht als Zumutung empfinden, wennnotwendige Reformen durchgeführt werden. Sie empfin-den dies vielleicht als schmerzhaft. Das mag sein.
Als Zumutung empfinden sie vielmehr, wenn sie zu-schauen müssen, wie eine Regierung aus Feigheit daseigene Land sozusagen an die Wand fährt. Das ist dieZumutung!
Wenn ein Bundeskanzler wieder die Politik der ruhi-gen Hand einführen möchte, dann empfinden die Men-schen dies als Arbeitsverweigerung.
Aber Arbeitsverweigerung kann sich Deutschland nichtleisten. Deswegen brauchen wir eine neue Regierung.Vielen Dank.
Nächste Rednerin ist die Kollegin Antje Hermenau,
Bündnis 90/Die Grünen.
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Herr Kollege Merz hat von psychologischen Vorgän-en bei bestimmten politischen Akteuren gesprochen.
ch will das nicht unter behindertenpolitischen Gesichts-unkten bewerten, möchte aber einmal bei diesem Bildleiben. Ich wundere mich nämlich, wie schizophrenhre Fraktion mit dem Alterseinkünftegesetz umgegan-en ist. Sie hat es im Bundestag abgelehnt – alle habens gesehen; das war sehr medienwirksam – und später imundesrat soll dieses Gesetz klammheimlich von eini-en CDU-regierten Ländern mitgetragen werden.
as ist nur schwer nachzuvollziehen.Ich glaube, dass Ihre Machtfixierung – Herramsauer, Sie selber haben das Trauma der verlorenenahl von vor zwei Jahren angesprochen – Sie daran hin-ert, Verantwortung zu übernehmen. Sie haben Verant-ortung; Sie nehmen sie aber nicht wahr. Das ist nichto lustig, wie es klingt.
Im Prinzip erinnert mich das psychologisch ein biss-hen daran, wie die Situation war, als die UdSSR damalsersuchte, den Westen ökonomisch totzurüsten. So be-ehmen sich jetzt die Union und die von ihr geführtenundesländer, indem Sie versuchen, die Regierungsfä-igkeit der Bundesregierung einzuschränken.
ie haben beim Subventionsabbau gekniffen. Sie ver-rösten auf die nächsten zwei, drei Jahre, um dann damitteuersenkungen gegenzufinanzieren.
abei ist Ihnen völlig klar, dass es bei der Mittelvergabewischen den Generationen eine Schieflage gibt und esehr vernünftig ist, Subventionen abzubauen, um dieseseld in Bildung zu investieren; denn die junge Genera-ion ist eigentlich gekniffen.
Adenauer – diese Ära muss in dieser Republik wirk-ich einmal beendet werden – hatte beim Generationen-ertrag maximal zwei Generationen im Auge. Wir alleissen, was der Webfehler bei der Rente ist. Vor diesemintergrund sollte man doch jetzt ehrlich sein und sagen:
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Antje HermenauEs gibt in diesem Land eine investive Schieflage; das be-trifft die Bildung, das, was wir für junge Menschen indiesem Land machen.
Dieses Problem muss man jetzt lösen. Man kann nichtdarauf warten, ob Sie eventuell 2006 erfolgreicher seinwerden als 2002. Ihr Vorgehen halte ich für eine Zumu-tung. Sie haben doch in den Ländern dieselben Pro-bleme. Jetzt, da wir dabei sind, die Wand – sie ist hauch-dünn –, die von den letzten Strukturreformen trennt, dienötig sind, zu erreichen und auch zu durchbrechen, knei-fen Sie, weil Sie durch diese dünne Wand schon erken-nen können, was das alles bedeutet.Wie sich Herr Stoiber in den letzten Monaten aufge-führt hat – meine Einschätzung teilt der Kollege Merz jaganz öffentlich, wie ich aus der Zeitung weiß –, viele Sa-chen verhindert hat und in der öffentlichen Wahrneh-mung sozusagen ein Rollback hinsichtlich der modernenEntscheidungen, die wir treffen müssen, um das Land fitzu machen, versucht, hat mich schon sehr geärgert. Mankann nicht das eine sagen und das andere tun; das istnicht in Ordnung. Sie nehmen Ihre Verantwortung nichtwahr. Sie gehen immer wieder nur den Schritt, dass Siesagen, was Sie anders machen würden, wenn Sie dürf-ten, und dann schmollen Sie ein bisschen und sagen, Siedürften ja nicht. Das ist relativ wenig für eine so großeOppositionsfraktion.
Wenn Ihnen jetzt das Gegrummel des einen oder an-deren Ministers, der sich mal ein bisschen die Krawattelockert, weil ihn der Spardruck ziemlich zwickt,
zu viel ist und Sie Angst haben, es gebe einen finanzpo-litischen Kurswechsel, dann mag es Sie vielleicht zu-mindest trösten, dass die Abstimmung zwischen denDeutschen und den Franzosen in den letzten Jahren starkgestiegen ist und es inzwischen einen sehr verlässlichenArbeitszusammenhang gibt. Sie sollten einmal nachle-sen, was Ihr konservativer Kollege Sarkozy in Frank-reich, der inzwischen sowohl Finanz- als auch Wirt-schaftsminister ist, in den letzten zwei Tagen dargelegthat, was die Haushaltsführung 2005 betrifft. Der 13. Maiist nicht nur der Tag der Steuerschätzung. An diesem Tagfindet auch der deutsch-französische Gipfel statt. Dannwerden wir sehen, was sich im Rahmen dieser engenZusammenarbeit in Bezug auf das Einhalten derMaastricht-Kriterien im Haushalt 2005 in den beidengrößten Volkswirtschaften Europas ergeben wird.Ich sagte: Diese hauchdünne Trennwand erschrecktviele. Es wird der älteren Generation bestimmt nicht sehrleicht fallen, sich von der alten Republik zu verabschie-den. Deswegen gibt es vornehmlich bei älteren Leuten– das fällt mir schon auf – Nervositäten. Das heißt abernicht, dass Sie den Freibrief haben, Reformen zu verwei-gern, nur weil Sie im Bundesrat eine strukturelle Mehr-hbpCK–srvSfldgauEefe––wcdüiev1Ss
Ich erteile das Wort dem Kollegen Laurenz Meyer,
DU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das, wasollege Poß hier vorgetragen hat, macht mir Sorge.
Die Art und Weise vor allen Dingen. – Wenn man die-en Wahrnehmungsverlust und diese Wirklichkeitsstö-ung, das, was Sie hier gemacht haben, im Familienkreisorfinden würde, würde man einen Arzt rufen.
ie haben die derzeitige Lage in Deutschland ganz of-ensichtlich nicht erkannt. Sie fahren – da hat der Kol-ege Merz völlig Recht –
as Land sehenden Auges oder mit geschlossenen Au-en vor die Wand und tun so, als ob das das Normalsteuf der Welt wäre.Wir haben in den letzten Tagen die EU-Erweiterungm zehn Länder erlebt, ein Ereignis, mit dem das großeuropa auf die Weltbühne tritt. Gleichzeitig haben wirine Bundesregierung, die von ihrer Qualität her besten-alls für die Kommunalverwaltung einer Mittelstadt ge-ignet ist.
Bestenfalls!
Gut, Kollegen, ich gebe Ihnen Recht. Wahrscheinlichürde man sich unter den Fraktionen einig werden, sol-he Dezernenten gemeinsam abzuwählen.
Betrachten wir nur einmal die letzten sieben Tageurch das Brennglas:
berbordende Schulden, Schulden noch nie so hoch wien diesem Jahr, höchste Neuverschuldung. Heute lautetine Meldung: Höchste Arbeitslosigkeit seit der Wieder-ereinigung. Die Langzeitarbeitslosigkeit steigt um3 Prozent.Herr Clement schlägt vor, den kleinen Sparern denparerfreibetrag zu streichen. Heute – das muss manich auf der Zunge zergehen lassen – meldet eine Nach-
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Laurenz Meyer
richtenagentur, dass Herr Clement bis zum Nachmittagkeinen neuen Vorschlag gemacht hat.
Kein neuer Vorschlag kam aus seinem Mund – heißt esbei ddp –, zumindest nicht bis zum Nachmittag.Herr Müntefering schlägt eine Ausbildungsplatzab-gabe vor. Diese würde ein Übriges tun, um die Wirt-schaft zu verunsichern. Das, was jetzt an angeblichenzusätzlichen Haushaltsrisiken entdeckt worden ist, be-zeichnen Sie als neu. Dabei sind das Punkte, über die wirim Rahmen der Haushaltsplanberatungen diskutiert ha-ben. Es sind die Luftblasen in Ihrem Haushalt, die jetztnach und nach platzen, nichts anderes.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei der Eigenheim-zulage wird einem wirklich schlecht. Was soll das? Dasist wie der Jäger 90, den die Grünen früher vor sich her-getragen haben.
Sie schlagen die Streichung der Eigenheimzulage regel-mäßig doch nur vor, weil Sie genau wissen, dass wir sieablehnen. Können Sie mir sagen, Herr Poß, was das soll?Ein Irrwitz, wie er schlimmer nicht sein könnte, wirdhier deutlich sichtbar. Indem man weniger Häuser bauenwill, will man die Konjunktur ankurbeln! Ausgerechnetdamit!
Die Streichung der Eigenheimzulage würde dazu führen,dass weniger kleine Leute ein Haus bauen können. Aus-gerechnet so will man die Konjunktur ankurbeln, dasmuss man sich einmal vorstellen.
In einem anderen Bereich haben Sie Gott sei Danknur begrenzte Zuständigkeiten. Ausgerechnet Sie wollensich um die Bildung kümmern. Das müssen die Eltern indiesem Land als Drohung empfinden, wenn sie die Er-gebnisse der Bildungspolitik in den rot-grün geführtenBundesländern sehen.
Ich sage: Gott sei Dank wird die Bildungspolitik inDeutschland nicht zentral von Rot-Grün gemacht, son-dern in den Ländern.
Meine Damen und Herren von den Grünen, ich fanddas, was hier vorgetragen wurde,
am Anfang noch einsichtig. Ich werde in dieser Wocheallerdings den Verdacht nicht los, dass das Getöse umdie Zuwanderung nur dazu dient, davon abzulenken,dass Sie das Nachhaltigkeitsthema, das Sie wie eineFahne vor sich hergetragen haben, jetzt mit Füßen tretenudgSslimmwLBidSIwrHEnDdvDr
Als ersten notwendigen Schritt brauchen wir eine ehr-che Bestandsaufnahme und eine Haushaltssperre, da-it das Ausgeben auf Teufel komm raus aufhört. Ihnen,eine Damen und Herren von der SPD, sage ich vor-eg: Solange fast 50 Prozent der Menschen in diesemand Angst um ihren Arbeitsplatz haben, können derundeskanzler, der Wirtschaftsminister und wer auchmmer die Menschen zum Konsum auffordern, sie wer-en nicht konsumieren.
olange die Menschen keine Planungssicherheit für ihrenvestitionen haben, werden sie nicht investieren. Sieerden auf eine bessere Politik und eine andere Regie-ung warten. Dafür ist es Zeit.
Das Wort hat nun Ortwin Runde, SPD-Fraktion.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen underren! Herr Meyer, ich glaube, ich habe es richtig inrinnerung: 1998 gab es im Januar/Februar 4,8 Millio-en Arbeitslose.
as war der höchste Stand.
Herr Ramsauer, während ich Ihnen zuhörte, habe ichen Eindruck gewonnen, dass Sie die Wahlniederlageon 1998 bis heute psychisch noch nicht verdaut haben.
as ist wirklich ganz erstaunlich. Dass Sie der Bevölke-ung klar machen wollen,
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Ortwin Rundedass 22 Jahre Kohl Fortschritt in Deutschland und dieReform Deutschlands bedeutet hätten, ist wirklich einerückwärts gewandte Utopie ganz besonderer Art. So et-was ist mir bisher noch nicht begegnet.
Dass es seit 1998 eine Reihe von tief greifenden Re-formen gegeben hat, ist jedem, der das objektiv bewer-tet, klar.
Dazu gehört nicht zuletzt die große Steuerreform, die inStufen bis 2005 wirken wird.
Das ist eine große Leistung. Dazu gehören auch andereReformen.Dass wir uns nach drei Jahren Stagnation in einerhaushaltspolitisch schwierigen Situation befinden, istunbestreitbar. Das ist für jeden, der die Situation analy-siert, ganz selbstverständlich, ob auf Landesebene, aufkommunaler Ebene oder hier auf Bundesebene. DieFrage muss doch lauten: Wie können wir diese schwie-rige Situation überwinden? Dabei streiten wir uns in derTat um die Konzepte.Dass es hinsichtlich der Ausgabendisziplin und desEinhaltens von Ausgabenpfaden keinen Kurswechsel ge-ben kann, ist ganz selbstverständlich.
Ich kann nachempfinden – und kenne das aus der eige-nen Vergangenheit –, dass der eine oder andere Fach-minister, wenn er mehrere Jahre unter dem Druck desSparens und der Ausgabendisziplin steht, den Wunschhat, dass das doch einmal zu Ende sein möge. Das kannaber nicht die Strategie sein.Wenn man das Ganze objektiv betrachtet, muss manauch über den Tellerrand Deutschlands hinaus blicken.Dann sieht man, dass alle alten Industrieländer in Europaähnliche Probleme haben. Auch diejenigen, die bei derDiskussion über die Einhaltung des Stabilitäts- undWachstumspakts und hinsichtlich der Maßnahmen, dieerwogen worden sind, eine ablehnende Position vertre-ten haben, befinden sich heute – wie die Niederlandeund Spanien – in einer vergleichbaren Situation. Wirmüssen also darüber diskutieren, wie wir mit der Situa-tion umgehen. Dabei muss der Konsolidierungsweg wei-ter beschritten werden. Ausgabendisziplin ist angesagt.
Zudem müssen die Reformen natürlich umgesetztwerden. Da ist die Opposition gefragt.DkRSdsEwKfjvdgkdlglkiAdHeluKmiWDsihds
er Beitrag, den Sie im letzten Jahr geleistet haben, warein positiver Beitrag. Herr Merz, Sie haben völligecht, wenn Sie sagen: Es dauert eine Weile, ehe derubventionsabbau wirkt. Sie hätten bereits im Frühjahres letzten Jahres beim Steuervergünstigungsabbauge-etz konstruktiv mitarbeiten können.
s ist nicht richtig, im Vermittlungsausschuss Bereicheie die Landwirtschaft völlig herauszunehmen. Das istlientelpolitik übelster Art. Das ist kein Beitrag zur Re-orm.Welche Auswirkungen Ihr Wirken hat, zeigt das Früh-ahrsgutachten auf. Darin steht: Dadurch, dass Sie dasollständige Vorziehen der Steuerreform 2005 verhin-ert haben, haben Sie die Revision der Wachstumspro-nose zu verantworten. Das ist Ihre Verantwortung! Ichann an Sie wirklich nur appellieren – auch bezogen aufie Hartz-IV-Reform, die Zusammenlegung von Arbeits-osen- und Sozialhilfe –, Ihre obstruktive Haltung aufzu-eben und sich darüber klar zu werden, wie Sie hinsicht-ich des Alterseinkünftegesetzes verfahren wollen. Manann nicht von Reformnotwendigkeiten reden, sich abermmer gegenteilig verhalten. Das ist kein Kurs.
Ich erteile das Wort dem Kollegen Dietrich
ustermann, CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es gibtrei Stereotypen, die in der Debatte über die Finanz- undaushaltssituation regelmäßig verwendet werden: Dasrste lautet, die Opposition würde nicht richtig mitspie-en, das zweite, sie würde es auch nicht besser machen,nd das dritte, die Regierung sei dabei, zu sparen.Der erste Punkt lässt sich gut an dem festmachen, wasollege Runde hier gesagt hat. Was würden wir andersachen? Das können Sie im Saarland, in Niedersachsen,n Hessen und in Hamburg sehen.
ir tauschen schlechte Regierungen durch bessere aus.ann läuft es besser.
Herr Runde, Hamburg ist ein Beispiel für Ihre ge-cheiterte Politik. Mit Bezug auf die Bundespolitik sagech: 2006 werden sich die Bürger genauso wie dort ver-alten. Dann wird es automatisch Impulse geben; dennann wird das, was in der gegenwärtigen Situation sochädlich ist, aufhören: eine Politik, bei der jeden Tag)
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Dietrich Austermanneine neue Sau durch das Dorf getrieben wird und bei derkeiner mehr weiß, was gestern gegolten hat und wasmorgen gilt. Sie können von Folgendem ausgehen: So-wohl die Ausbildungsplatzabgabe als auch eine Fülle an-derer Gesetzentwürfe, die in dieser Woche auf der Ta-gesordnung des Bundestages stehen, werden, wenn sie inKraft treten, den Investoren in Deutschland schaden unddas Klima im Lande negativ beeinflussen.
Das, was sich in den letzten sieben Tagen in der Regie-rungsspitze abgespielt hat, war nicht dazu angetan, Ver-trauen zu wecken. Deswegen sage ich: Es geht in ersterLinie darum, bei Investoren und Konsumenten Vertrauenzu schaffen.
In der Situation, in der sich Deutschland befindet, derschlimmsten Finanz- und Haushaltskrise der Nach-kriegszeit, hätte ich mir gewünscht – meine VorrednerFriedrich Merz, Peter Ramsauer und Kollege Meyer ha-ben das erwähnt –, dass sich die Regierung an dem Ortversammelt, an dem das Parlament zusammenkommt,um den Haushalt aufzustellen und ihn zu kontrollieren,einen Bericht über die Situation abgibt und dann darüberdiskutiert und entschieden wird. Stattdessen erscheinthier die C-Besetzung;
die Regierung lässt sich gar nicht sehen. Was in den Zei-tungen steht, wird dementiert.
Auch die Fakten, die auf dem Tisch liegen und die Sieselbst angesprochen haben, werden bestritten. KollegeDiller hat bestritten, dass Ihre Aussage, die in der Zei-tung steht, auch von Ihnen getroffen worden ist. Wenn esso weitergeht, dass Sie das, was Sie sagen, selbst nichtmehr glauben, dann muss man sich nicht wundern, wenndie Menschen erst recht nichts mehr glauben.
Ich will einen weiteren Punkt ansprechen, der zu denStereotypen der gegenwärtigen Diskussion gehört: dieBehauptung, es werde gespart. Das kann ich nicht erken-nen. Beim Personal wird zum Beispiel nicht gespart. Siegliedern zwar Personal aus und gründen neue Gesell-schaften, um Genossen zu bedienen. Aber die Kopfzahländert sich nicht, und wenn, wird sie größer. Sie sparennicht bei den Sozialausgaben und nicht bei den Arbeits-marktausgaben. Sie sparen eigentlich nur an Kreativität.Es gibt Leute, die sagen, dass die Regierung spart.Dazu sage ich: Eichel spart bei der Haushaltswahrheit,Fischer bei seinen Urlaubsausgaben, Schröder bei ver-trauenswürdiger Politik, Struck bei der vorgeschriebenenEinberufung der Wehrpflichtigen, Stolpe bei den Investi-tionen in die Infrastruktur, Clement an Realismus undBulmahn an Kreativität. Alle miteinander sparen beintrSnw1mztuHgAledSfgJDhSraDgdnuglGVwS
Ich beschreibe die tatsächlichen Dimensionen – esird ja immer wieder auf Ihre Ausgangssituation im Jahr998 abgestellt –, um zu erklären, was wir anders ge-acht haben: 1998 hatten wir steigende Beschäftigungs-ahlen, sinkende Neuverschuldung, steigendes Wachs-m und sinkende Arbeitslosenzahlen zu verzeichnen.eute stellen wir in allen wesentlichen Bereichen dasenaue Gegenteil fest.Herr Poß, Sie können so viel lärmen, wie Sie wollen.ber man muss feststellen, dass die Beschäftigungszah-n auf ein Rekordtief gesunken sind. Damit hängt auchie Situation hinsichtlich der Sozialausgaben und derteuereinnahmen zusammen.Wenn Sie sagen, dass wir Ihnen nicht genug helfen,
rage ich Sie: Was ist denn beim Thema Steuersenkun-en geschehen? Die beschlossene Steuersenkung, die imahre 2003 Gesetz werden sollte, haben Sie ausgesetzt.ie Steuersenkung, die Sie auf dieses Jahr verschobenaben, wollten Sie durch Steuererhöhungen an anderertelle konterkarieren. Sie nennen das zwar „Verbreite-ung der Bemessungsgrundlage“; eigentlich müsste esber „Steuererhöhung“ heißen.
em haben wir natürlich nicht zugestimmt; denn in deregenwärtigen Phase wäre es ausgesprochen idiotisch,ie Steuern zu erhöhen.
Ich möchte zum Abschluss die konkreten Zahlen nen-en, die – Gott sei Dank – nicht bestritten werden.
Sie müssen sich aber beeilen, Herr Kollege.
Ich habe noch drei Sekunden. – In den Jahren 2002
nd 2003 haben Sie 85 Milliarden Euro neue Schulden
emacht und die Schulden steigen jedes Jahr in 10-Mil-
iarden-Sprüngen. Sie haben die Dinge nicht mehr im
riff. Deswegen ist es Zeit, dass Sie aufhören und die
erantwortung in die Hände derer legen, die es können,
ie in Hamburg.
Nun erteile ich das Wort dem Kollegen Carstenchneider, SPD-Fraktion.
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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ak-tuelle Stunden dienen ja grundsätzlich dazu, Klarheitüber aktuelle Entwicklungen zu erhalten. In der vorigenWoche hatten wir eine Aktuelle Stunde beantragt, in deres darum ging, die widersprüchlichen Aussagen derUnion zu Ihren Konzepten zum Umbau des Sozial- undSteuerwesens zu erörtern. In der Zeitung hatte sich HerrSeehofer mit Herrn Merz auseinander gesetzt – ichmöchte das einmal positiv formulieren –, so viel zumThema „Schwesterpartei“.
Es geht um eine Deckungslücke von circa 100 Mil-liarden Euro.Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich saß vorige Wo-che hier, habe von Ihnen aber leider keine Aussagegehört, wie diese 100 Milliarden Euro tatsächlich zufinanzieren sind. Wenn ich den Zahlen des Bundes-finanzministeriums traue, komme ich zu dem Schluss,dass diese 100 Milliarden Euro definitiv zu Ausfällen inden öffentlichen Haushalten führen würden.
– Herr Meyer, Sie haben gerne später Gelegenheit, mirAuskunft zu geben, wie Sie diese Lücke schließen wol-len. Das würde mich sehr interessieren!
Ich will nicht sagen, dass die letzten Jahre für einenHaushälter das pure Vergnügen waren, aber wir habenimmer solide Haushalte aufgestellt.
Schauen Sie sich die Ausgabenseite an – der entschei-dende Faktor für die Solidität ist die Ausgabenseite –:Diese ist in den vergangenen Jahren – von 1999 bisheute – um gerade einmal 4 Prozent gestiegen. Das istweniger, als die Wirtschaftsinstitute empfohlen haben.Das Problem liegt auf der Einnahmenseite. Wer die Zah-len liest, muss das eigentlich verstehen. Aber wenn ichdie Reden und die öffentlichen Ausführungen von HerrnAustermann höre, habe ich da manchmal meine Zweifel.Jedes Jahr spricht er von einer Rekordverschuldung; daswar voriges Jahr so und ist auch die letzten Jahre immerso gewesen. Tatsächlich hatten wir nie eine Rekordver-schuldung. Die Rekordverschuldung hat immer noch ihrehemaliger Kollege Theo Waigel zu verantworten. Auchin diesem Jahr werden wir dessen Rekordverschuldungnicht übertreffen; der Pokal wird auf Ihrer Seite bleiben.Ich hätte mir gewünscht – das liegt in der Verantwor-tung der Opposition –, dass wir uns im Vermittlungsaus-schuss beim Subventionsabbau in vielen Punkten einiggewesen wären. Die FDP hat vorige Woche einen Ge-setzentwurf vorgelegt. Herr Stoiber hat angeblich gesagt,er setze sich nicht an den Tisch, um die ProblemeDeutschlands zu lösen, wenn man bei den Agrarsubven-tionen auch nur ein Fingerchen breit etwas ändert. WasigIdwDbIdibAbbDwfEhdbllulwVnimsEdTkenh–oSVIawug
ch wünschte mir wirklich, wir hätten eine Opposition,ie sich Ihrer Verantwortung für dieses Land bewusstird.
Sie tragen in vielen Bundesländern Verantwortung.ie Ausfälle in den Haushalten sind ja nicht nur ein Pro-lem des Bundes, sie sind auch ein Problem der Länder.ch wünschte mir, dass auch die Finanzminister der Län-er sich ihrer Verantwortung bewusst würden. Sie hierm Bundestag tun dies jedenfalls nicht. Sie haben wederei den Beratungen zum Haushalt 2004 einen einzigenntrag eingebracht – die FDP nehme ich aus – noch ha-en Sie zum Thema „Nachhaltigkeit in der Gesellschaft“zw. Rentenreform einen eigenen Entwurf vorgelegt.er Bundeskanzler hat von dieser Stelle aus gesagt: Esar ein Fehler, den demographischen Faktor abzuschaf-en. Herr Merz, Sie haben ihn damals noch zu seinerhrlichkeit beglückwünscht. Wir haben dafür den Nach-altigkeitsfaktor eingeführt und die Rentenversicherungamit langfristig auf sichere Beine gestellt. Wieder ha-en Sie keinen eigenen Entwurf gehabt und nur abge-ehnt. Ich glaube, dies muss wirklich einmal ganz deut-ich gesagt werden: Natürlich bringt es die Regierungnd die sie tragenden Fraktionen in einem wie Deutsch-and föderal organisierten Land in Schwierigkeiten,enn die Opposition sich gänzlich der Realität und jedereränderung der Politik verweigert.
Der letzte Streich ist die Rentenbesteuerung. Ich habeicht verstanden, warum Sie das Alterseinkünftegesetzm Bundestag abgelehnt haben. Sie haben das doch im-er gefordert; man muss nur auf Ihrer Homepage nach-ehen und sich die Stellungnahmen dazu durchlesen.iner Ihrer Geschäftsführer hat gesagt, Thüringen werdeem im Bundesrat wohl zustimmen. Jetzt hört man aushüringen, das sei nicht der Fall. Herr Grund, vielleichtönnen Sie das Rätsel auflösen: Ich wüsste gerne, ob dasin Ja ist, ein Nein oder ein Jein. Haben Sie eine Mei-ung dazu? Ich bin mir angesichts der Parolen, die manört, und der Vorschläge, die nicht finanzierbar sindich erinnere daran: 100 Milliarden Euro –, nicht sicher,b die Opposition wirklich etwas kann.Ich möchte zur Aufklärung beitragen; eine Aktuelletunde dient ja diesem Zweck. Auf die Frage, ob es eineeränderung der finanzpolitischen Linie gibt, sage ichhnen ganz klar: Es gibt keine Veränderung und es wirduch keine Veränderung geben,
eil wir uns das gar nicht leisten können. Wir können esns nicht leisten, die Finanzpolitik im Bereich der Aus-aben zu verändern.
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Carsten Schneider
Das war bisher nicht unsere Politik und wird es auch niesein. Ich kann nur hoffen, dass Sie Ihrer Verantwortunggerecht werden und sich bei der Aufstellung desHaushaltes 2005 wenigstens die Mühe machen, Alter-nativvorschläge vorzulegen.
Das Wort hat nun die Kollegin Gesine Lötzsch.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr ge-
ehrte Gäste, ich bin Abgeordnete der PDS.
Die Finanzpolitik von Herrn Eichel, die Arbeits-
marktpolitik von Herrn Clement und die Gesundheits-
und Rentenpolitik von Frau Schmidt sind Gift für die
Konjunktur. Ihre Politik läuft immer auf das Gleiche hi-
naus: Sie belasten die Menschen mit kleinen Einkom-
men, die Arbeitslosen und die sozial Schwachen und
begünstigen die Bürger mit hohen und sehr hohen Ein-
kommen. Das ist nicht nur unsozial, das ist auch ökono-
misch unsinnig.
Um die Konjunktur anzukurbeln, reicht es offensicht-
lich nicht aus, Exportweltmeister zu sein, man muss
auch etwas zur Förderung der Binnennachfrage tun. Es
ist nachgewiesen, dass Menschen mit mittleren und ho-
hen Einkommen viel Geld sparen, Menschen mit gerin-
gen Einkommen dagegen ihr Geld im Monat vollständig
ausgeben müssen und am Ende des Monats nichts mehr
übrig haben. Die Absenkung des Höchststeuersatzes
wird demzufolge nicht zu der notwendigen Binnennach-
frage führen, sondern die Sparquote weiter erhöhen. Die
Absenkung der Arbeitslosenhilfe auf Sozialhilfeniveau
ist Gift für die Konjunktur, weil dadurch der Massenkon-
sum weiter eingeschränkt wird. Die erhöhten Zuzahlun-
gen zu Medikamenten und die Rentenkürzungen werden
den Konsum weiter drosseln. Es reicht nicht, die Bürge-
rinnen und Bürger aufzufordern, mehr zu kaufen; wenn
sie kein Geld haben, können sie das einfach nicht. Das
beste Konjunkturprogramm wäre demzufolge die Rück-
nahme der von der Bundesregierung beschlossenen so-
zialen Zumutungen. Schon Regierungsmitglieder spre-
chen davon, dass es sich um Zumutungen handelt.
Einige haben das augenscheinlich also schon erkannt.
Der Kanzler und der Vizekanzler möchten offensicht-
lich ohne Herrn Eichel mit staatlichen Investitionspro-
grammen die Wirtschaft ankurbeln. Wir als PDS würden
ein Investitionsprogramm für Bildung, Wissenschaft und
Forschung unterstützen. Wir könnten mit den riesigen
Goldreserven riesige Bildungsreserven in unserer Ge-
sellschaft erschließen. Allerdings liegen die Reserven
unserer Meinung nach nicht in der Bildung von Eliteuni-
versitäten, sondern in der Verbesserung der Bildung
möglichst vieler Menschen.
Abschließend ein Wort an den Kollegen Merz. Er hat
kürzlich erklärt, dass staatliche Programme zur Ankur-
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s hat ihn bisher nicht gegeben und es wird ihn auch inen nächsten Jahren nicht geben. Wir werden nämlichoch eine ganze Zeit lang regieren. Kollege Koppelin,ir, Regierung und Koalitionsfraktionen, halten an deminanzpolitischen Dreiklang aus Strukturreformen, Haus-altskonsolidierung und Wachstumsförderung unverän-ert fest.
err Kollege Meyer, die Strukturreformen im Rahmener Agenda 2010 werden deshalb wie beschlossen, ohnebstriche, umgesetzt. Ich kann Ihnen sagen: Wir setzenie langfristig angelegte Konsolidierung des Bundes-aushaltes fort.
Sie haben davon gesprochen, Sie würden das Landuf Kurs bringen. Kollege Runde hat das noch einmalesagt: Sie haben das Land mit der höchsten Arbeitslo-igkeit, der höchsten Verschuldung und den höchstenbgabenlasten, die Sie den Bürgern zugemutet haben,egen die Wand gefahren. Daran gibt es überhaupt nichtsu beschönigen. Sie wollen hier wieder einmal tarnen,äuschen und ablenken. Das ist die alte Methode, die Sieuch in den letzten Aktuellen Stunden angewandt haben.
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Walter SchölerIch finde es immer angenehm, wenn die Sitzung desHaushaltsausschusses deshalb unterbrochen wird. Daskönnen wir in den nächsten Wochen und Monaten gernfortsetzen.Wir können belegen – ein Blick auf die Ausgabenliniebeweist das –, dass wir bereits beachtliche Konsolidie-rungserfolge erzielen konnten, da wir die Ausgaben desBundes seit 1999 real zurückgefahren haben. Das zeigtsich daran, dass die Gesamtausgaben des Bundes seit1999 im Durchschnitt um 1 Prozent pro Jahr gestiegensind, der Anstieg also hinter der Inflationsrate zurückge-blieben ist.
Wir haben die konsumtiven Staatsausgaben in vielenBereichen begrenzt. Im Gegensatz zu Ihnen wussten wirvon Anfang an, dass an Sparmaßnahmen kein Weg vor-bei führt. Ich muss Ihnen sagen: Die Beschlüsse habenuns oft wehgetan. Die Bürgerinnen und Bürger hattenzwar grundsätzlich Verständnis für die Konsolidierungund für die Strukturreformen, wegen ihrer persönlichenBetroffenheit haben sie sich aber nicht gerne damit iden-tifiziert. Das muss man einmal ganz offen sagen.Der Kollege Austermann hat eben gesagt, was er an-ders machen würde. Was haben Sie denn anders ge-macht? Sie zitieren jetzt hier das Saarland, Niedersach-sen und Hamburg. Was haben Sie denn anders gemacht?Ich erinnere an die Beratung des Haushaltsplanes 2004.Im August haben Sie gesagt, Sie würden knallharteSparmaßnahmen vorlegen.
Das, was Sie gebracht haben, war Makulatur. Ungefährzwei Tage vor den abschließenden Beratungen haben Sie326 leere Seiten Papier im Haushaltsausschuss abgelie-fert. Das muss man der Öffentlichkeit einmal sagen.
Dieses Papier hätte man sich sparen können. Wir wärenschon ein ganzes Stück weiter,
wenn Sie hier konkrete Vorschläge gemacht hätten, an-statt uns Sand in die Augen streuen zu wollen.Uns ist der Einstieg in den Subventionsabbau auf bei-den Seiten gelungen: auf der Einnahmeseite zum Teilund auf der Ausgabenseite hervorragend. Diese Erfolgehaben wir gegen Ihren Widerstand durchgesetzt. DieKollegen haben das eben dargelegt.
Hätten Sie in Ihrer Regierungszeit doch mit all diesenMaßnahmen begonnen! Sie hatten 16 Jahre lang Zeit.
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m Gegenteil: Sie haben immer weiter draufgesattelt, bisie im Stillstand verharrt sind. Kollege Ramsauer, dasar der Grund, weshalb man Sie 1998 abgewählt hat.Unser Ziel bleibt ein ausgeglichener Haushalt. Sieerden uns nicht daran hindern, das zu erreichen. Dieonjunkturelle Stagnation in den letzten Jahren hat dierreichung dieses Ziels wahrlich nicht einfacher ge-acht; das wissen wir alle. Wir haben Ihnen bereits inen letzten Jahren – auch im vergangenen Jahr und inen letzten Wochen und Monaten wieder – bei der Ver-bschiedung der Haushaltspläne gesagt, dass wir dasiel einer Nettokreditaufnahme von Null bis 2006 leidericht erreichen werden. Das ist keine neue Meldung unduch keine neue Erkenntnis und erst recht kein Kurs-echsel in der Haushalts- und Finanzpolitik, die im Üb-igen auch nicht im luftleeren Raum stattfindet.
Ich kann Ihnen nur sagen: Die Umsetzung der bisheron der Union vorgelegten Vorschläge zur Sozialpolitik,ur Steuerpolitik und zur Pflegeversicherung
Herr Seehofer hat die Zahl, ich benutze jetzt einmal dieorte von Herrn Ramsauer, ausgeplappert – soll02 Milliarden Euro kosten. Sie von der Union wissenanz genau, dass diese Vorschläge weder finanzierbarind noch dem Land dienen. Dadurch würden Sie dasoziale Netz zerstören, das wir auch in Zukunft unab-ingbar brauchen. Deshalb sind Ihre Vorschläge keinelternative zu unserer Politik des Dreiklangs aus Struk-urreformen, Innovation und Konsolidierung.Wer in dieser Pseudodiskussion die Frage stellt, ober Konjunkturaufschwung weitere Konsolidierung vo-aussetzt oder die Konsolidierung weiteren Konjunktur-ufschwung, dem kann ich nur antworten: Beide bedin-en einander.
as wissen Sie genauso gut wie wir. Wir setzen aufachstums- und Beschäftigungsimpulse.
Ich fordere Sie auf: Machen Sie mit! Geben Sie Ihrelockadehaltung auf!
egen Sie demnächst seriöse Vorschläge vor! Wir sindereit, darüber zu beraten.
Bei den nächsten Haushaltsberatungen.
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Auf diesen Dialog kann ich mich nicht mehr einlas-
sen.
Zu den nächsten Haushaltsberatungen, die ab August
stattfinden, sind Sie herzlich eingeladen.
Letzter Redner in der Aktuellen Stunde ist der Kol-
lege Manfred Grund, CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen undHerren! 83-mal steht im Koalitionsvertrag zwischen Rotund Grün das Wort Nachhaltigkeit.
– Ich habe nachgezählt: 83-mal. – Nachhaltig soll diePolitik der Bundesregierung im Bereich der Gesell-schaftspolitik, der Wirtschaftspolitik, der Staatsfinanzen,des Haushaltes und auch des Aufbaus in den neuen Bun-desländern sein. Wer in diesen Tagen ein Fazit ziehenwill, braucht nur das Frühjahrsgutachten der fünf Wirt-schaftsinstitute zur Hand zu nehmen, um festzustellen:Diese Politik ist nachhaltig gescheitert.
Sie ist so nachhaltig gescheitert, dass wir heute vor ei-nem großen Scherbenhaufen stehen. Interessanterweisesind die Einzigen, die Nutzen aus diesem nachhaltigenScheitern ziehen, die Grünen. Die Zustimmung für dieGrünen nimmt auf Kosten der SPD zu, Herr Poß. Das istdas einzige Problem der Koalition, das in diesen Tagenausgetragen wird.
Nun würde der Bundeskanzler nicht Schröder heißen,wenn er nicht versuchte, auch aus dieser Situation Nut-zen zu ziehen. Es deutet alles darauf hin, dass die Haus-haltspolitik auf eine Nachfragepolitik und damit auf eineAusgabenausweitung hinausläuft. Dies wurde in einemGeheimtreffen mit Müntefering verabredet. Dieser hatsich noch darüber geärgert, dass das bekannt gewordenist. Aber als DGB-Chef Sommer im Kanzleramt angeru-fen und zu dieser Entscheidung gratuliert hat, ist ihm ge-sagt worden, dass seine Informationen richtig sind. Eskommt also zu einer Ausgabenausweitung. Ich werde Ih-nen anhand eines Beispiels beweisen, dass wir uns indiesem Land in einer Situation befinden, in der der Bun-deskanzler aus einem Flugzeug Euroscheine abwerfenkönnte und es trotzdem nur zu einem kurzfristigenStrohfeuer kommen würde, weil langfristige Reformenausgeblieben sind.
ie Gummistiefel der neuen Länder entsprechen demegelwerk, das nicht geeignet ist, die Probleme zu lösen.
as Ergebnis in den neuen Bundesländern sind eine dop-elt so hohe Arbeitslosigkeit wie in den alten Bundeslän-ern, eine absolute Wachstums- und Einnahmeschwächend eine Produktivität von 70 Prozent.
Herr Poß, es gibt zwei Bereiche, in denen die neuenundesländer wirklich Spitze sind. Das sind genau dieereiche, in denen sie Freiheiten bekommen haben undnen Leine gegeben worden ist.Der erste Bereich ist die Bildung. Die neuen Bundes-nder konnten sich entscheiden – Bildungspolitik fällticht in den Aufgabenbereich des Bundes, sondern iständersache –, ob die Hochschulreife schon nach zwölfchuljahren oder wie in den alten Bundesländern erstach 13 Schuljahren erreicht wird. Bei allen Vergleichenind diejenigen, die wie in Thüringen oder Sachsen nachwölf Schuljahren die Hochschulreife erwerben, auch anen Universitäten Spitze. Es hat sich also gelohnt, in die-em Bereich andere Wege zu gehen und nicht das zubernehmen, was sich in den alten Bundesländern an-eblich bewährt hat.
Der zweite Bereich ist die Verkehrsinfrastruktur. Iniesem Bereich konnten die neuen Länder im Planungs-echt von den üblichen Instrumentarien abweichen. Dasedeutet eine Verkürzung der Planungszeiten und einberspringen von Instanzen bei Einsprüchen, die Ver-ehrsprojekte oftmals monate- und jahrelang blockieren.as Ergebnis ist, dass in den neuen Ländern im Zeit-aum von zwölf bis 13 Jahren Verkehrsprojekte begon-en und beendet wurden, für die die alten Bundesländerittlerweile 40 Jahre brauchen, wenn sie überhaupt zuinem guten Ende kommen.Das zeigt, dass wir in den Bereichen, in denen Regle-entierungen zurückgenommen werden, in denen Frei-eit, Markt und Wettbewerb zugelassen werden, in der
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Manfred GrundLage sind, nach vorne zu kommen, von dem Bild derneuen Bundesländer als Kostgänger wegzukommen unddie Zukunft selber zu gestalten.
Ich sage dies, weil Deutschland im Zeitalter der Globali-sierung und der EU-Osterweiterung mit denselben Pro-blemen konfrontiert ist wie die neuen Bundesländer seitungefähr zwölf oder 13 Jahren. Deutschland hat in ei-nem Wettbewerb Gummistiefel an, in dem andere Län-der Spikes haben. Wir fordern die Bundesregierung auf,auch für Deutschland diese Spikes, die Sportausrüstungzuzulassen.Sollte es nicht möglich sein, weil Ihnen die Kraft dazufehlt – wirklich einschneidende Reformen würden Blut,Schweiß und Tränen bedeuten –, das Ganze gesamt-deutsch zu regeln, dann lassen Sie uns wenigstens in denneuen Bundesländer beweisen, dass es geht. Geben SieFreiheiten! Lassen Sie Wettbewerb zu! Wir fürchten unsdavor nicht.
Die Aktuelle Stunde ist beendet.
Wir sind damit am Ende unserer heutigen Tagesord-
nung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
destages auf morgen, Donnerstag, den 6. Mai 2004,
9 Uhr, ein.
Die Sitzung ist geschlossen.